Stenographisches Protokoll

66. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. März 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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66. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode/P>

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. März 1996

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 19. März 1997: 10.01 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 20. März 1997: 00.00 – 1.33 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 408/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Ing. Leopold Maderthaner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz, das Karenzurlaubserweiterungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Betriebshilfegesetz und das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete geändert werden

3. Punkt: Bericht über die soziale Lage 1995 (III-68 d. B.)

4. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über soziale Sicherheit

5. Punkt: Bericht über den Antrag 345/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend jährlichen Armuts- und Reichtumsbericht

6. Punkt: Bericht über den Antrag 346/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt Armut für das Jahr 1997

7. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1994 (III-32 d. B.)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 368/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Neukodifizierung des ArbeitnehmerInnenschutzes

9. Punkt: Bericht über den Antrag 369/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994 (ASchG) (BGBl. Nr. 450/1994) aufgehoben wird

10. Punkt: Vierter Umweltkontrollbericht (Mai 1993 bis April 1995) des Bundesministers für Umwelt (III-16 d. B.)


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66. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht der Bundesregierung gemäß Entschließung des Nationalrates vom 19. Jänner 1994 "Österreichischer Klimaschutzbericht 1995" (III-8 d. B.)

12. Punkt: Bericht betreffend den Nationalen Umweltplan für Österreich (NUP) (III-55 d. B.)

13. Punkt: Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gesellschaft m.b.H.

14. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Oberösterreichische Kalkalpen

15. Punkt: Kulturbericht 1995 der Bundesregierung (III-63 d. B.)

16. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über die filmwirtschaftlichen Beziehungen samt Anlage und Briefwechsel

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (2. BFG-Novelle 1997)

18. Punkt: Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 1994 samt Anlagen

19. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte

20. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte

21. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Aserbaidschan andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte

22. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte

23. Punkt: Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere Afrika, samt Erklärung

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 23

Ordnungsruf 185

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1687/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 40


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66. Sitzung / Seite 3

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 133

Redner:

Dr. Volker Kier 133

Bundesministerin Eleonora Hostasch 135

Heidrun Silhavy 138

Dr. Gottfried Feurstein 139

Hermann Böhacker 140

Mag. Helmut Peter 141

Karl Öllinger 142

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a Abs. 1 der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlage 577 d. B.)42

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 43

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend Zulassung des Entschließungsantrages der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Arbeitsruhegesetz 53

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zur Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler 53

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic 85

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 144

Aktuelle Stunde (12.)

Thema: "Technologieförderung zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich"

Redner:

Ing. Kurt Gartlehner 25

Bundesminister Dr. Caspar Einem 26

Dr. Ewald Nowotny 29

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 30

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 31

Dr. Volker Kier 32

Ing. Monika Langthaler 33

Erhard Koppler 35

Franz Kampichler 35

Mag. Herbert Haupt 36

Mag. Helmut Peter 38

Karl Öllinger 39

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 23

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Übertragung der sachlichen Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten an Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 23

Ausschüsse

Zuweisungen 41


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66. Sitzung / Seite 4

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Achter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses 42

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich (2148/J) 97

Begründung: Ing. Monika Langthaler 99

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 103

Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 106

Annemarie Reitsamer 108

Dr. Günther Leiner 110

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigungen) 111, 120

Mag. Karl Schweitzer 112

Dr. Günther Leiner (tatsächliche Berichtigung) 114

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (tatsächliche Berichtigung) 114

Mag. Thomas Barmüller 114

Mag. Doris Kammerlander 117

Mag. Johann Maier 118

Katharina Horngacher 121

Anna Elisabeth Aumayr 122

Dr. Martina Gredler 123

Anna Huber 124

Dkfm. DDr. Friedrich König 125

Ing. Mathias Reichhold 127

Georg Schwarzenberger (tatsächliche Berichtigung) 129

Mag. Walter Guggenberger 129

Theresia Haidlmayr 130

Dfkm. DDr. Friedrich König (tatsächliche Berichtigung) 132

Dr. Alois Pumberger 132

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schutz von nicht einwilligungsfähigen Menschen im Rahmen der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (früher Bioethik-Konvention) des Europarates – Ablehnung 132, 133

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 408/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Ing. Leopold Maderthaner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (622 d. B.) 43

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (550 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz, das Karenzurlaubserweiterungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Betriebshilfegesetz und das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete geändert werden (623 d. B.) 43


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66. Sitzung / Seite 5

Redner:

Dr. Jörg Haider 43

Friedrich Verzetnitsch 48

Dr. Volker Kier 50, 83

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 54

Karl Öllinger 56

Bundesministerin Eleonora Hostasch 60

Rudolf Nürnberger 63

Mag. Herbert Haupt 65

Ridi Steibl 68

Mag. Helmut Peter 6


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66. Sitzung / Seite 6

9

Annemarie Reitsamer 72

Mag. Dr. Josef Trinkl 73

Edith Haller 75

Heidrun Silhavy 78

Maria Schaffenrath 79

Dr. Gottfried Feurstein 81

Anton Blünegger 84

Annahme der Gesetzentwürfe in 622 (namentliche Abstimmung) und 623 d. B. 147, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Arbeitsruhegesetz – Annahme (E 46) 50, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zur Arbeitszeitflexibilisierung – Ablehnung 66, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeldbezug – Ablehnung 77, 147

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales (III-68 d. B.) über die soziale Lage 1995 (624 d. B.) 86

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (413 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über soziale Sicherheit (630 d. B.) 86

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 345/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend jährlichen Armuts- und Reichtumsbericht (625 d. B.) 86

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 346/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt Armut für das Jahr 1997 (626 d. B.) 86

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales (III-32 d. B.) über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1994 (627 d. B.) 86

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 368/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Neukodifizierung des ArbeitnehmerInnenschutzes (628 d. B.) 86

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 369/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994 (ASchG) (BGBl. Nr. 450/1994) aufgehoben wird (629 d. B.) 86

Redner:

Sigisbert Dolinschek 87

Annemarie Reitsamer 88

Dr. Volker Kier 90

Edeltraud Gatterer 91

Karl Öllinger 94

Bundesministerin Eleonora Hostasch 148

Mag. Walter Guggenberger 150

Elfriede Madl 150

Karl Donabauer 152

Mag. Helmut Peter 154

Dr. Elisabeth Pittermann 155

Theresia Haidlmayr 156

Winfried Seidinger 158

Josef Meisinger 160

Sophie Bauer 162

Dr. Alois Pumberger 162

Kenntnisnahme der Berichte III-68 und III-32 d. B. 164, 165

Genehmigung des Staatsvertrages in 630 d. B. 165

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 625, 626, 628 und 629 d. B. 165, 166

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 624 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Erweiterung des Sozialberichtes um ein Kapitel zum Thema "Armutsbekämpfung" (E 47) 165

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen betreffend Arbeitnehmerschutz mit Augenmaß – Ablehnung 161, 165

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend rechtzeitige Vorlage des fälligen Gesundheitsberichtes – Ablehnung 163, 165

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Chipkarte – vorsorgliche Vermeidung eines Milliardenflops – Ablehnung 164, 165

10. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Vierten Umweltkontrollbericht (Mai 1993 bis April 1995) des Bundesministers für Umwelt (III-16/351 d. B.) 166

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 166

Karlheinz Kopf 168

Mag. Thomas Barmüller 169

Otmar Brix 171

Ing. Monika Langthaler 173

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 176

Georg Oberhaidinger 179

Dr. Alexander Van der Bellen 180

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 181


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66. Sitzung / Seite 7

Kenntnisnahme des Berichtes III-16 d. B. 182

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Prioritätensetzung Umweltschutz – Ablehnung 174, 182

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Umweltbundesamt – Ablehnung 176, 182

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht der Bundesregierung (III-8 d. B.) gemäß Entschließung des Nationalrates vom 19. Jänner 1994 "Österreichischer Klimaschutzbericht 1995" (352 d. B.) 182

12. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (III-55 d. B.) betreffend den Nationalen Umweltplan für Österreich (NUP) (637 d. B.) 182

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 182

Hermann Kröll 184


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66. Sitzung / Seite 8

Mag. Thomas Barmüller 186

Brigitte Tegischer 187

Ing. Monika Langthaler 189

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 191

Georg Wurmitzer 192

Anna Elisabeth Aumayr 194

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 195

Dr. Stefan Salzl 197

Franz Stampler 198

Robert Wenitsch 199

Franz Kampichler 200

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 201

Kenntnisnahme der Berichte III-8 und III-55 d. B. 202

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 637 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend den Nationalen Umweltplan für Österreich (NUP) (E 48) 202

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umsetzung der im Nationalen Umweltplan (NUP) definierten Ziele – Ablehnung 183, 202

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (551 d. B.): Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gesellschaft m.b.H. (635 d. B.) 202

14. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (568 d. B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Oberösterreichische Kalkalpen (636 d. B.) 203


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66. Sitzung / Seite 9

Redner:

Walter Murauer 203

Rainer Wimmer 205

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 206

Mag. Thomas Barmüller 207

Josef Schrefel 207

Ing. Monika Langthaler 208

Anna Elisabeth Aumayr 208

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 209

Mag. Helmut Peter 210

Annahme des Gesetzentwurfes in 635 d. B. 211

Genehmigung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG in 636 d. B. 211

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Kulturbericht 1995 der Bundesregierung (III-63/632 d. B.) 212

16. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (111 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über die filmwirtschaftlichen Beziehungen samt Anlage und Briefwechsel (633 d. B.) 212

Redner:

Dr. Michael Krüger 212

Franz Morak 214

Klara Motter 215

Dr. Josef Cap 218

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 220

Dr. Gertrude Brinek 221

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 222

Heidemaria Onodi 224

Inge Jäger 224

Helmut Dietachmayr 226

Mag. Walter Posch 227

Kenntnisnahme des Berichtes III-63 d. B. 229

Genehmigung des Staatsvertrages in 633 d. B. 229

17. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (590 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (2. BFG-Novelle 1997) (634 d. B.) 229

Redner:

Mag. Erich L. Schreiner 229

Ing. Kurt Gartlehner 230

Dr. Hans Peter Haselsteiner 231

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 232

Manfred Lackner 233

Mag. Franz Steindl 233

Karl Gerfried Müller 234

Bundesminister Rudolf Edlinger 234

Annahme des Gesetzentwurfes in 634 d. B. 236

18. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (554 d. B.): Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 1994 samt Anlagen (614 d. B.) 236

Redner:

Ingrid Tichy-Schreder 236

Kurt Wallner 236

Helmut Haigermoser 237

Genehmigung des Staatsvertrages in 614 d. B. 238

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 238

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (604 d. B.) 238

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

20. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (605 d. B.) 238

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

21. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Aserbaidschan andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (606 d. B.) 238

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

22. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (607 d. B.) 238

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

23. Punkt: Regierungsvorlage: Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere Afrika, samt Erklärung (565 d. B.) 239

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Genehmigung der Staatsverträge in 604, 605, 606, 607 und 565 d. B. 239, 240

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 239, 240

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 240

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 41

560: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Usbekistan über die bilaterale außenwirtschaftliche Zusammenarbeit

577: Vertrag zwischen der Republik Österreich und Kanada über die Rechtshilfe in Strafsachen

583: Protokoll über den Beitritt des Fürstentums Monaco zum Übereinkommen zum Schutze der Alpen (Beitrittsprotokoll)


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66. Sitzung / Seite 10

585: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll

589: Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien

609: IAKW-Finanzierungsgesetz-Novelle

610: Übereinkommen über nukleare Sicherheit

611: Viertes Zusatzabkommen zum Abkommen vom 15. November 1967 zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit

613: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen und Protokollen

631: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG-Novelle 1997), das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1956, das Nebengebührenzulagengesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Verwaltungsakademiegesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschafltiche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Elternkarenzurlaubsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 1997, das DAK-Gesetz 1996, das Entwicklungshelfergesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Überbrückungshilfegesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden und das ÖBB-Ausschreibungsgesetz aufgehoben wird

Zu 127: Änderung der Regierungsvorlage betreffend Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten samt Erklärungen

Berichte 42

III-76: Bericht betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung; BM f. Landesverteidigung

III-77: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1995; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

Anträge der Abgeordneten

Robert Wenitsch und Genossen betreffend Anrechnung von Winterraps als Begrünungsmaßnahme bei der Fruchtfolgestabilisierung (411/A) (E)


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66. Sitzung / Seite 11

Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend drohende Spitalslastigkeit durch neue Finanzstrukturen im Gesundheitswesen (412/A) (E)

Kurt Eder, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Ermächtigung zur Veräußerung von Anteilsrechten an der "Gemeinnützigen Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Linz GesmbH", an der "Gemeinnützigen Eisenbahnsiedlungsgesellschaft GesmbH in Villach" und an der "Wohnbaugesellschaft der ÖBB gemeinnützige GesmbH" erteilt wird (413/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Konsequenzen aus Vorkommnissen in den österreichischen Justizstrafanstalten (2107/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Abschluß eines Park-&-Ride-Vertrages zwischen Bund und Oberösterreich zur Finanzierung des oberösterreichischen Park-&-Ride-Konzeptes (2108/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Inanspruchnahme von arbeitsmarktrelevanten Förderungen der EU (2109/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Einführung eines Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus (2110/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zukunft der bosnischen De-facto-Flüchtlinge in Österreich (2111/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Inanspruchnahme von arbeitsmarktrelevanten Förderungen der EU (2112/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Teilausgliederung des Umweltbundesamtes (UBA)" (2113/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zurückhaltung des FBI-Täterprofils durch den ehemaligen Innenminister Einem (2114/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Referententätigkeit des linksextremen Journalisten Wolfgang Purtscheller (2115/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Berichtigung der Anfragebeantwortungen 1181/AB vom 5. November 1996 zu Anfrage 1204/J und 1463/AB vom 21. Jänner 1997 zu Anfrage 1724/J wegen einiger darin getätigter falscher Aussagen (2116/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Bewachungsdienst an der Österreichischen Botschaft in Belgrad ("KOMET-TIM") (2117/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Finanzgebarung von Konsulargebühren an der österreichischen Botschaft in Belgrad (2118/J)


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Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 12

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privilegien der ÖBB (2119/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend volle Arbeitsverpflichtung für Frauen mit Betreuungspflichten (2120/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend volle Arbeitsverpflichtung für Frauen mit Betreuungspflichten (2121/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend volle Arbeitsverpflichtung für Frauen mit Betreuungspflichten (2122/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Geschäftemacherei mit medizinischen Hilfsmitteln auf Kosten von Patient und Krankenkasse (2123/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Kunstfehler und Arzneimittelschäden – Verbesserung der Entschädigungsansprüche von Patienten (2124/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Ausgliederung des Umweltbundesamtes (2125/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparungen und Schließung von Polizeiwachzimmern bei der BPD Leoben (2126/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Drittmittelstellen an den österreichischen Universitäten (2127/J)

Brigitte Tegischer und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Streichung der E 66 aus dem "International E Road Network" (2128/J)

Brigitte Tegischer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Streichung der E 66 aus dem "Internationale E Road Network" (2129/J)

Brigitte Tegischer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Streichung der E 66 aus dem "International E Road Network" (2130/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Anhebung des Vorsteuerpauschales für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (2131/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Möglichkeiten für Insassen der österreichischen Haftanstalten, sich über rechtliche Angelegenheiten umfassend zu informieren (2132/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den ehemaligen Welser Staatspolizisten Josef Matejka (2133/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anhebung des Vorsteuerpauschales für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (2134/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 13

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Umweltvergehen am Attersee (2135/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Umweltvergehen am Attersee (2136/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Streichung der Familienbeihilfe aufgrund des Sparpakets (2137/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Angebote kinderpornographischen Inhalts im Internet (2138/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend fehlende Mittel zur Kofinanzierung von EU-Projekten (2139/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Seminar der Universität Salzburg im Landwehrlager Felbertal (2140/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Liegenschaft der Republik Österreich EZ 1325, Grundbuch 63190 Baierdorf, inkl. Wohnobjekt 8020 Graz, Burenstraße 60a (2141/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Österreichische Mensenbetriebsges.m.b.H. (ÖMBG) (2142/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend NS-Kindereuthanasie – Involvierung von Dr. Heinrich Gross (2143/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Demontage der Kinderbegleitung im Krankenhaus durch das Sparpaket (2144/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Studienfortgang und Aufschubrecht in Wehr- und Zivildienst (2145/J)

Andreas Wabl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend mögliche Infektion von Lachsen mit dem BSE-Erreger (2146/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend mögliche Infektion von Lachsen mit dem BSE-Erreger (2147/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich (2148/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die öffentliche Ankündigung einer beabsichtigten Anklageerhebung (2149/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Nichtgewährung der Notstandshilfe an Ausländer (2150/J)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Telefonauskunft der Post und Telekom Austria AG (2151/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 14

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung des Präparates Dexa-Rhinospray der Firma Bender Wien (2152/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundeskanzler betreffend österreichische Postgebühren im Vergleich zu EU-Tarifen (2153/J)

Dr. Sonja Moser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Objektivierung von Schulleiterbestellungen im Bundesbereich (2154/J)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheit in Salzburg (2155/J)

Franz Kampichler und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend die Gefährlichkeit von Virtual-Reality-Spielen und Cyberhelmen (2156/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Rolle von Angehörigen des Bundesministeriums für Landesverteidigung bei der Waffenaffäre im engsten Funktionärskreis der Südtiroler Freiheitlichen (2157/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulversuche zum Ethikunterricht (2158/J)

Sigisbert Dolinschek und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Fragen zum Bericht zur sozialen Lage in Österreich 1995 (2159/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Schießerei an der österreichischen Botschaft in Belgrad (2160/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend CEMT-Genehmigungs-Vergabe 1997 (2161/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Österreichs undichte Grenzen (2162/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 15

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2163/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2164/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2165/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2166/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2167/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2168/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2169/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2170/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2171/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2172/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2173/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2174/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Beschaffung über Leasing von Kfz und mobilen Anlagegütern (2175/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Maßnahmen gegen Kormoranplage (2176/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Müllgeschäfte vor Industrie-Arbeitsplätzen (2177/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Reform der Filmförderung in Österreich (2178/J)

Mares Rossmann und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend den Abbau von Lehrstellen an der Universität Graz (2179/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Einsparungen im Bereich der allgemeinbildenden höheren Schulen in Tirol (2180/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend fehlerhafte Zahlungen des Arbeitsmarktservice (2181/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausgliederung des Publikumsdienstes der österreichischen Bundestheater (2182/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend WWF-Kritik am neuen ÖPUL-Programm – Risiko einer Ablehnung durch die EU (2183/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Auftrag des BMLF an das AIZ (2184/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 16

Dfkm. Holger Bauer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Aussagekraft des "harmonisierten" EU-Verbraucherpreisindex (2185/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Pensionierungen bei der Post und Telekom Austria AG (2186/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1702/AB zu 1822/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1703/AB zu 1872/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1704/AB zu 1826/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1705/AB zu 1770/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1706/AB zu 1810/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hannelore Buder und Genossen (1707/AB zu 1876/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1708/AB zu 1800/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1709/AB zu 1811/J und 1813/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1710/AB zu 1748/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (1711/AB zu 1842/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1712/AB zu 1772/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1713/AB zu 1786/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1714/AB zu 1832/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (1715/AB zu 1738/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen (1716/Ab zu 1806/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (1717/AB zu 1904/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1718/AB zu 1814/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 17

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1719/AB zu 1880/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1720/AB zu 1828/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1721/AB zu 1799/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (1722/AB zu 1879/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1723/AB zu 1787/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1724/AB zu 1769/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1725/AB zu 1797/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1726/AB zu 1764/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (1727/AB zu 1901/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1728/AB zu 1820/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (1729/AB zu 1825/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1730/AB zu 1777/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1731/AB zu 1753/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (1732/AB zu 1789/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1733/AB zu 1889/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1734/AB zu 1827/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1735/AB zu 1798/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1736/AB zu 1796/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1737/AB zu 1803/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1738/AB zu 1747/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1739/AB zu 1792/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1740/AB zu 1916/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1741/AB zu 1745/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (1742/AB zu 1733/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1743/AB zu 1788/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günther Platter und Genossen (1744/AB zu 1841/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1745/AB zu 1771/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1746/AB zu 1773/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1747/AB zu 1835/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1748/AB zu 1848/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1749/AB zu 1816/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (1750/AB zu 1790/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (1751/AB zu 1741/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (1752/AB zu 1737/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (1753/AB zu 1736/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1754/AB zu 1778/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1755/AB zu 1779/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1756/AB zu 1780/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1757/AB zu 1781/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1758/AB zu 1782/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Madeleine Petrovic und Genossen (1759/AB zu 1768/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (1760/AB zu 1742/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1761/AB zu 1760/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1762/AB zu 1747/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1763/AB zu 1798/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1764/AB zu 1775/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1765/AB zu 1818/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1766/AB zu 1751/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1767/AB zu 1746/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1768/AB zu 1757/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1769/AB zu 1812/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1770/AB zu 1794/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (1771/AB zu 1804/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (1772/AB zu 1729/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (1773/AB zu 1793/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1774/AB zu 1774/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1775/AB zu 1795/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (1776/AB zu 1875/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1777/AB zu 1819/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1778/AB zu 1767/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Riedler und Genossen (1779/AB zu 1845/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1780/AB zu 1815/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (1781/AB zu 1732/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1782/AB zu 1801/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (1783/AB zu 1824/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (1784/AB zu 1913/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1785/AB zu 1834/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1786/AB zu 1756/J und 1760/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (1787/AB zu 1821/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1788/AB zu 1744/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1789/AB zu 1752/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1790/AB zu 1808/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1791/AB zu 1807/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1792/AB zu 1763/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1793/AB zu 1853/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (1794/AB zu 1729/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1795/AB zu 1749/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1796/AB zu 1823/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
66. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1797/AB zu 1784/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1798/AB zu 1785/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1799/AB zu 1761/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1800/AB zu 1754/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1801/AB zu 1753/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (1802/AB zu 1909/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (1803/AB zu 1740/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1804/AB zu 1735/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (1805/AB zu 1883/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1806/AB zu 1766/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1807/AB zu 1857/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1808/AB zu 1758/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (1809/AB zu 1805/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1810/AB zu 1868/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1811/AB zu 1730/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1812/AB zu 1759/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1813/AB zu 1862/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (1814/AB zu 1739/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1815/AB zu 1953/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (1816/AB zu 2097/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1817/AB zu 1750/J)


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66. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1818/AB zu 1734/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1819/AB zu 1762/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1820/AB zu 1829/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1821/AB zu 1755/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1822/AB zu 1892/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (1823/AB zu 1881/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1824/AB zu 1860/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (1825/AB zu 1874/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1826/AB zu 1765/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (1827/AB zu 1728/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1828/AB zu 1783/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1829/AB zu 1731/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1830/AB zu 1776/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1831/AB zu 1900/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (1684/AB zu 1708/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (Zu 1777/AB zu 1819/J)


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66. Sitzung / Seite 23

Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich eröffne die 66. Sitzung des Nationalrates und begrüße alle Damen und Herren sehr herzlich.

Die Amtlichen Protokolle der 63. Sitzung vom 26. Feber sowie der 64. und 65. Sitzung vom 27. Feber 1997 sind in der Parlamentsdirektion zur Einsichtnahme aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Preisinger, Dr. Ofner, Ing. Nußbaumer, Fink, Dkfm. Ruthofer und Elmecker.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Molterer wird durch Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten.

Entschließung des Bundespräsidenten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters bringe ich dem Hohen Haus folgende vom Herrn Bundeskanzler mit Schreiben vom 26. Februar übermittelte Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend den Wirkungsbereich von Frau Bundesministerin Mag. Barbara Prammer zur Kenntnis:

"Aufgrund des Art. 77 Abs. 3 B-VG übertrage ich der Bundesministerin im Bundeskanzleramt Mag. Barbara Prammer die sachliche Leitung folgender, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten:

1. Koordination in Angelegenheiten der Frauenpolitik,

Angelegenheiten der Gleichbehandlungskommission und der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen,

Angelegenheiten der Bundes-Gleichbehandlungskommission und der Interministeriellen Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen (BGBl.Nr. 100/1993);

2. Angelegenheiten der Konsumentenpolitik einschließlich des Konsumentenschutzes, soweit dieser nicht in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Justiz fällt,

Koordination der Konsumentenpolitik. Dazu gehören insbesondere auch:

Beschwerden in Konsumentenangelegenheiten,

Angelegenheiten des Konsumentenpolitischen Beirates,

Angelegenheiten des Schutzes vor gefährlichen Produkten, soweit es sich nicht um gewerbe- oder wettbewerbsrechtliche Angelegenheiten handelt;


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66. Sitzung / Seite 24

3. Angelegenheiten der Nahrungsmittelkontrolle.

Dazu gehören insbesondere auch:

Angelegenheiten des Verkehrs mit Lebensmitteln, Verzehrprodukten, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen,

Nahrungsmittelhygiene,

Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals der öffentlichen Nahrungsmittelkontrolle;

4. Angelegenheiten des Veterinärwesens mit Ausnahme der Angelegenheiten, die vom Bundesamt für Agrarbiologie zu besorgen sind.

Dazu gehören insbesondere auch:

Angelegenheiten des Verkehrs mit tierärztlichen Mitteln, Desinfektionsmitteln und Tierimpfstoffen; Preisregelung auf diesem Gebiet,

Angelegenheiten der Futtermittelhygiene und -kontrolle,

Angelegenheiten der Schlachttier- und Fleischuntersuchung,

Angelegenheiten der Tierkörperbeseitigung,

Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals der öffentlichen Veterinärverwaltung,

Angelegenheiten der Tierärzte und der sonstigen Veterinärpersonen einschließlich der Angelegenheiten ihrer beruflichen Vertretung,

Aus-, Fort- und Weiterbildung der Tierärzte nach ihrer Graduierung und der sonstigen Veterinärpersonen;

5. Angelegenheiten des Giftverkehrs;

6. allgemeine Angelegenheiten des Schutzes vor ionisierenden Strahlen;

7. allgemeine Angelegenheiten der Gentechnologie;

8. Die Abs. 1 bis 7 gelten nicht für Aufgaben der Personalverwaltung und der Organisation;

9. Die Abs. 1 bis 7 gelten ferner nicht für Angelegenheiten, die dem Bundeskanzler durch Bundesverfassungsrecht vorbehalten sind."

*****

Ich schlage vor, daß wir den Wortlaut dieser Entschließung dem Hohen Haus auch schriftlich zur Kenntnis bringen werden.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Technologieförderung zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich"

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.


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10.03

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde wird auf Verlangen der Sozialdemokraten abgehalten. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, dieses Thema zu wählen, weil wir zutiefst davon überzeugt sind, daß technologiepolitische Maßnahmen in unserem Land in Zukunft den Wirtschaftsstandort Österreich sichern, Arbeitsplätze schaffen helfen und die Lebensqualität sichern werden. Als Vorsitzender des Unterausschusses, der sich mit dem technologiepolitischen Konzept befaßt, freut es mich natürlich, daß wir heute über dieses Thema diskutieren und daß ich diese Debatte eröffnen darf.

Wie wir wissen, ist Forschungs- und Technologiepolitik ein wichtiges Instrument für die Standort- und Beschäftigungssicherung in unserem Land. Österreich besitzt bekanntlich viele Standortvorteile. Ich erwähne in diesem Zusammenhang etwa nur den sozialen Frieden, die günstige Besteuerung der Unternehmungen im europäischen Vergleich oder die Qualität unserer Facharbeiter und Ingenieure.

Wir müssen aber leider feststellen, daß es in den letzten Jahren in zunehmendem Maße zu einem Nachhinken im Bereich Forschung und Entwicklung gekommen ist; einige Indikatoren bestätigen dies auch. Es ist bedenklich, wenn die österreichischen Exporterlöse pro Kilogramm unter dem europäischen Durchschnitt liegen, und es ist auch nicht sehr erfreulich, wenn die Akademie der Wissenschaften feststellt, daß es in Österreich im Gegensatz zum Jahre 1986 – also rund zehn Jahre später – nur mehr eine qualitativ hochwertige Topregion im Industriebereich gibt, die nicht grundstoff- oder vorproduktlastig ist. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Der Umstand, daß wir als hochwertiger europäischer Staat mit hohem sozialen Standard diese Qualität wahren wollen, erfordert natürlich dringende Maßnahmen im Technologie- und Forschungsbereich.

Es ist bereits eine Trendwende feststellbar: Die Bundesregierung hat sich erst vor kurzem entschlossen, rund 3 Milliarden Schilling aus Privatisierungserlösen für Forschungs- und Technologiepolitik in Österreich zur Verfügung zu stellen, um insbesondere aufgrund der bestehenden Forschungsstrukturen eine industrienahe und anwendungsorientierte Forschungsförderung zu gestalten, da wir auch in diesem Bereich im internationalen Vergleich zu grundlagenorientierte Forschungsausgabenstrukturen aufweisen. Es soll also mit dieser ersten Technologiemilliarde die Kooperation der Universitäten und Fachhochschulen mit den österreichischen Betrieben verbessert und unterstützt werden. Wir wollen zusätzliche außeruniversitäre Forschungsinstitute dezentral in Österreich einrichten, aber auch die bestehenden Forschungsinstitute im außeruniversitären Bereich weiterentwickeln.

Hier gibt es vier Schwerpunkte: neue Werkstoffe, Verkehrstechnologien, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die Umwelttechnik. Darüber hinaus hat auch der betreffende Unterausschuß eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Es muß eine längerfristige Politikgestaltung geben, um die Rahmenbedingungen für Forschungs- und Technologiepolitik in Österreich weiter zu verbessern. Wir sind nämlich zutiefst davon überzeugt, daß es zu einer besseren Organisation beziehungsweise auch zu einem Re-Engineering unserer Förderpolitik – interministeriell oder intern in den Ministerien – kommen muß, und wir stellen fest, daß die österreichischen Betriebe diesbezüglich Handlungsbedarf angemeldet haben. Daher fordern wir eine weitere Erhöhung des Forschungs- und Technologiebudgets – um zumindest den europäischen Durchschnitt in den nächsten fünf Jahren zu erreichen, das heißt 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Wir müssen die Forschungs- und Technologieförderung nicht nur mit direkten Mitteln, sondern auch mit indirekten Förderungen ausstatten, da eben die Anforderungen, der Bedarf und die Möglichkeiten österreichischer Unternehmungen sehr unterschiedlich sind. (Beifall der SPÖ. )

Wichtig ist natürlich auch, daß wir die Forschungs- und Technologiepolitik regelmäßig evaluieren, weil auch hier festzustellen ist, daß sich sehr schnell Änderungen am Bedarf ergeben können. Ich werde dann noch näher darauf eingehen.


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Außerdem ist es notwendig, attraktivste Austauschmodelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu entwickeln. Vorschläge der Industriellenvereinigung – sehr konstruktiver Art – in dieser Richtung liegen bereits vor.

Auch im Bereich der Internationalisierung österreichischer Forscher müssen wir Programme dahin gehend entwickeln, den Anschluß an die Spitzentechnologien weltweit wiederzuerlangen.

Wir sind zutiefst davon überzeugt, daß die Setzung nachfrageorientierter Maßnahmen und die Orientierung am gesellschaftlichen Bedarf ein wichtiger Punkt unserer Forschungs- und Technologiepolitik sein muß, weil wir sonst sozusagen am Markt vorbei Politik machen würden – und das soll auf jeden Fall verhindert werden.

Es ist unbedingt erforderlich, auch die immateriellen Rahmenbedingungen für die Forschungs- und Technologiepolitik, für die Industriepolitik insgesamt, in Österreich auf einen neuen Standard zu bringen. Wir sind davon überzeugt, daß heute noch sehr viele Nachwehen aus der Industriefeindlichkeit, die sich in Österreich vor zehn, fünfzehn Jahren breitgemacht hat – darunter leiden noch immer viele Betriebe und Betriebsansiedlungen –, beseitigt werden müssen. Ich glaube, man kann das am besten an der Debatte über die Biotechnologie erkennen.

Nicht zuletzt bin ich der Meinung, daß wir sehr stark auf die Bedarfsmeldungen und Wünsche der Wirtschaft eingehen sollten. In diesem Unterausschuß haben sich bis jetzt Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zweimal getroffen, und sie haben sich dort, wie auch die politischen Vertreter, in sehr hoher Qualität und Kompetenz eingebracht.

Ich bin daher zutiefst davon überzeugt, daß wir in diesem Segment der Forschungs- und Technologiepolitik demnächst die Weichen für einen Anschluß an den europäischen Durchschnitt stellen können. Ich halte nicht sehr viel davon, wenn nur neue Papiere produziert werden. Ich bin der Ansicht, daß jetzt die Zeit gekommen ist, auch konkrete Aktivitäten zu setzen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zu diesem Thema hat sich der Herr Bundesminister gemeldet. – Bitte.

10.12

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich, zur Entwicklung neuer Chancen für Österreichs Wirtschaft und damit auch neuer Chancen für die Menschen in diesem Lande brauchen wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Die Technologiepolitik hat sich dabei in dieses Bündel an Maßnahmen einzufügen.

Lassen Sie mich aber zunächst eine knappe Skizze dessen geben, was als Rahmen zu dienen hat. Eine der zentralen Herausforderungen, eine zentrale Bedingung, ist die Vorsorge für eine optimale Infrastruktur. Ich verstehe dabei Infrastruktur in weitem Sinne als Summe der institutionellen Voraussetzungen für erfolgreiche Entwicklung: als Summe etwa von Ausbildungseinrichtungen, in denen die notwendigen Qualifikationen erworben werden können, als Summe der gebauten Infrastruktur, die den Verkehr, die die Transportbedürfnisse so sehr wie die Kommunikationsbedürfnisse abzudecken vermögen. Dabei geht es überdies um die umweltschonendsten und preiswertesten Lösungen sowie um eine soziale Ausgewogenheit des Angebotes. Zu diesen infrastrukturellen Voraussetzungen zähle ich aber auch die politische Kultur, insbesondere jene im Verhältnis der Partner im Wirtschaftsleben zueinander. (Unruhe im Saal.) – Ich habe nicht den Eindruck, daß das hier irgend jemanden interessiert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich mache für ein paar Sekunden Pause. (Die Gespräche in den Bankreihen werden eingestellt.) Es geht schon wieder. – Bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem (fortsetzend) : Hohes Haus! Ich habe nur Zweifel gehegt, ob es irgend jemanden hier interessiert, was ich sage – und die Frage war, ob ich Sie störe. (Abg. Dr. Lukesch: Ich bin ganz Ohr!)


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Die andere zentrale Herausforderung, die es zu bewältigen gilt, ist, den Menschen Mut zu machen, ihnen Selbstvertrauen zu geben, daß gemeinsam die Herausforderungen einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung – mehr noch –, einer überaus dynamischen Entwicklung gesellschaftlicher Veränderungen aktiv und gestaltend bewältigt werden können.

Da liegen wesentliche Aufgaben im Bereich der Ausbildung, insbesondere der universitären Ausbildung, vor uns. Dabei geht es um den Ausbau von Ausbildungsinhalten, um die Öffnung der Universitäten für gesellschaftliche und wirtschaftliche Fragestellungen. Es geht um die Vernetzung der Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen untereinander und auch – im Übergang zur angewandten Technologiepolitik – um die Vernetzung der Forschungseinrichtungen mit den Abnehmern, mit den Anwendern, mit den Unternehmern, die aus den Forschungsergebnissen marktfähige Produkte und Dienstleistungen entwickeln.

Eine der bisherigen Schwächen Österreichs auf diesen Gebieten ist die oft mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft zu dieser notwendigen Vernetzung einzelner Bereiche. Da setzen erste Programmelemente unserer Technologiepolitik an: Es geht einerseits darum, sicherzustellen, daß die Fachhochschulen in der jeweiligen Region, in der sie tätig sind, aktiv dazu beitragen, ihr Know-how auch zu den Klein- und Mittelbetrieben der jeweiligen Region zu transferieren. Hauptaufgabe ist es, die Vermittlung dieser Lehr- und zum Teil auch Forschungseinrichtungen an die Unternehmen zu bewerkstelligen, Übersetzer, Dolmetscher zu finden, die in der Lage sind, die Gesprächsfähigkeit zwischen den Einrichtungen der Lehre und den potentiellen Abnehmern und Anwendern der Erkenntnisse aus diesen Bildungseinrichtungen zu schaffen.

Weiters geht es um ein Programm, das wir Post-Doc-Programm genannt haben, das den Transfer von Know-how von den Universitäten zu Betrieben garantieren soll. Dabei handelt es sich um die Bewältigung der Aufgabe, Gesprächsfähigkeit zwischen dem Bereich Wissenschaft und dem Bereich Anwendung dieses wissenschaftlichen Know-hows, zwischen Wissenschaft und Praktikern des betrieblichen Alltags zu schaffen.

Darüber hinaus geht es nicht nur um den Transfer von Wissen, von technologischem Know-how von den Hochschulen an die Betriebe, sondern auch darum, das Risiko der Anwendung neuer Technologien, das Risiko des Einsatzes von Geld für Forschung und Entwicklung möglichst gering zu halten. Das ist zugleich der Grund dafür, warum wir im Rahmen der Technologieförderung ein Programm für Stipendien von Absolventen der Hochschulen in Klein- und Mittelbetrieben eingerichtet haben beziehungsweise einrichten werden. Es ist aber auch ein Grund dafür, daß etwa in dem gestern von der Bundesregierung beschlossenen Jahresprogramm des ERP-Fonds ein neuer Schwerpunkt in Richtung Technologieförderung und Refinanzierung dieser Förderung beziehungsweise der Kredite, die dabei aufgenommen werden, über die Börse vorgesehen ist.

Auch bei diesem neuen ERP-Programm geht es im wesentlichen darum, den Klein- und Mittelbetrieben die Angst vor oder die Zurückhaltung gegenüber neuen Technologien, gegenüber dem eigenen Einsatz im Bereich Forschung und Entwicklung zu nehmen und zugleich auch die Sorge zu nehmen, die vielfach darin besteht, Geld von der Börse zu holen. Diese Maßnahmen sollen nicht ausschließlich auf dem Wege der Fremdfinanzierung betrieben werden.

Schließlich dreht es sich um die schon zitierte Schwäche in der Kooperation sowohl der Forschungseinrichtungen untereinander als auch insbesondere zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen oder Unternehmen, die an ähnlichen Produkten oder ähnlichen Technologien interessiert sind und daran arbeiten, die Kooperation zwischen diesen Einrichtungen zu fördern und zu unterstützen. Auch dafür haben wir im Rahmen der Neukonzeption eines Programms des ERP-Fonds dafür gesorgt, daß diese Kooperationen künftig sehr gut gefördert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Erlauben Sie mir noch einige Anmerkungen zu den konkreten Absichten im engeren Bereich der Technologiepolitik und Technologieförderung.

Wir beabsichtigen, im Rahmen der Schwerpunktsetzungen, die wir jetzt bei der Planung für die Verausgabung der sogenannten Technologiemilliarden vorhaben, in erster Linie die Stärken der


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österreichischen Forschungseinrichtungen und österreichischer Unternehmen, die bereits jetzt technologie- und forschungsorientiert arbeiten, weiter zu fördern und zu unterstützen.

Es hat meiner Überzeugung nach wenig Sinn, die knappen Mittel nach dem Gießkannenprinzip zu streuen; es hat aber sehr viel Sinn, dort anzusetzen, wo wir heute bereits europa- oder weltmarktreife Entwicklungen, Forschungseinrichtungen oder auch Produktentwicklungen haben.

Wir müssen sicherstellen, daß da keine Fehlunternehmung passiert, was bei der Planung der Forschungs- und Technologieförderung vom grünen Tisch aus leicht geschehen kann: Wir dürfen uns nämlich nicht irgendwelche "hübschen" Forschungsgebiete überlegen, von denen wir meinen, daß sie künftig interessant sein werden, sondern wir müssen eine Rückkopplungsschleife einbauen, die gewährleistet, daß wir vor allem dort Technologieförderung betreiben, wo es auch eine Nachfrage von zahlungsbereiten Unternehmen nach dieser Art von Technologie gibt.

Das, was wir vorhaben, ist, Zentren, die schon heute eine sehr gute Leistung erbringen, weiterhin zu unterstützen – sie umso stärker zu unterstützen und zu fördern, je stärker die Nachfrage aus den Unternehmen nach diesen Leistungen ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf bei dieser Gelegenheit kurz auf ein Feld hinweisen, in dem bereits in der Vergangenheit hervorragende Leistungen erbracht wurden und bei dem sich zeigt, daß dieses Konzept sowohl zur technologischen Weiterentwicklung als auch zum Hervorbringen neuer und zukunftsträchtiger Arbeitsplätze geeignet ist und war. Es ist das das Beispiel des Automotivenzentrums im Bereich Graz, wo rund um ein technologieorientiertes Unternehmen, nämlich AVL List, rund um eine in technologischer Hinsicht fortgeschrittendste technische Universität, nämlich die TU Graz, und rund um Betriebe, die bereits im Automobilbau tätig waren, mittlerweile ein ausgesprochen forschungs- und entwicklungsintensiver Cluster von Betrieben entstanden ist. Es zeigt sich, daß sich dort durch das vorhandene Know-how in den Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und in den dort ansässigen Betrieben bereits neue Betriebe ansiedeln und dort Arbeitsplätze geschaffen werden, weil das ein aussichtsreicher Standort mit der Möglichkeit der Vernetzung von Wissen und Know-how ist, was allen Beteiligten hilft.

Genau dieses Konzept – wenn auch nicht immer regional, geographisch angebunden – wollen wir im Laufe des heurigen Jahres mit zwei weiteren Schwerpunkten fördern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Soll-Redezeit zu beachten.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem (fortsetzend) : Ich komme zum Schluß: Erstens wird das der Bereich der werkstofforientierten Forschung und Entwicklung sein – auch in diesem Bereich verfügt Österreich über eine hochentwickelte Industrie mit hochentwickelten eigenem Know-how –, zweitens sind es Forschungseinrichtungen, insbesondere auch an der Montanuniversität in Leoben, die höchsten Ansprüchen genügen.

Das, worum es uns geht, ist, daraus einen – wenn man das so sagen will – virtuellen Cluster zu bilden, der die Position Österreichs, der österreichischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen stärkt, die heute bereits auf dem Weltmarkt bedeutend sind.

Der zweite Bereich, in dem wir ähnliches vorhaben, ist die Anwendung von Telecom-Einrichtungen. Dabei geht es im wesentlichen um den Bereich Netzschaltungen und um Dienstleistungen, die mittels der Telecom-Infrastruktur angeboten werden, kombiniert mit einer Forschungseinrichtung, deren Schwerpunkt an der Technischen Universität Wien angesiedelt ist. – Ich schließe damit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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66. Sitzung / Seite 29

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nowotny. Alle weiteren Maximalredezeiten sind 5 Minuten. – Bitte sehr.

10.23

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Technologiepolitik ist zweifellos ein zentraler Bereich der Politik – bei Betrachtung der Aufmerksamkeit des Hohen Hauses muß ich allerdings sagen: Ich bin mir nicht ganz sicher, daß das allen in diesem Haus bewußt ist. Aber das Faszinierende und auch das Schwierige der Technologiepolitik liegt darin, daß sie ein Bindeglied zwischen Wirtschaftspolitik auf der einen Seite und Wissenschaftspolitik auf der anderen Seite ist.

Ich möchte heute speziell aus wirtschaftlichem und beschäftigungspolitischem Aspekt Stellung zu diesem Thema nehmen, möchte aber aus gegebenem Anlaß vorausschicken, daß ich es für extrem wichtig halte, daß die Kompetenzen für Wissenschaft, Forschung und Universitäten von einem Ministerium wahrgenommen werden. (Beifall des Abg. Dr. Niederwieser. ) Ein Abspalten der Forschung von den Universitäten würde die Forschung wirklich an ihren Wurzeln treffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Sicht der Wirtschaftspolitik sind Forschung und Entwicklung, ist Technologiepolitik heute ja wohl einer der wichtigsten Standortfaktoren für ein hochentwickeltes Land wie Österreich. Wir wissen, daß in Zeiten der Globalisierung genau in diesem Bereich die Voraussetzungen zu schaffen sind, damit unsere Wirtschaft, damit Beschäftigung gesichert ist.

In diesem Sinne hat Bundeskanzler Klima das auch zu einem Schwerpunkt der Regierungsarbeit erklärt und mit Professor Schmidt und Generaldirektor Hochleitner zwei Technologiebeauftragte eingesetzt, die bis Ende Mai der Regierung berichten werden.

Es hat Herr Bundesminister Einem in seiner Rede schon darauf hingewiesen, daß wir in Österreich erfreulicherweise eine ganze Reihe von Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben, die technologiepolitische Weltspitze darstellen.

Ich weiß nicht, ob es Sie interessiert, aber es ist vielleicht nicht unwichtig, zu wissen, daß wir etwa im Bereich der Materialforschung mit Plansee und VA-Stahl weltführende Unternehmen haben; in der Fahrzeugtechnik, im Maschinenbau – das wurde schon angeführt –: List, VA-Tech, Engel. Im Biochemie- und Pharmabereich haben wir die Biochemie Kundl, Immuno und daneben natürlich eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Forschungsunternehmen.

Die erste Aufgabe besteht nun darin, diese bestehenden Stärken entsprechend zu sichern und zu unterstützen. Das gilt einerseits – darauf wurde schon hingewiesen – für die Zusammenarbeit mit den Universitäten, andererseits aber auch – und das ist ein Bereich, der uns hier im Haus speziell berührt – für das gesamte gesetzliche Umfeld der Technologiepolitik. Das beginnt etwa mit Fragen betreffend Arbeitsbewilligungen für ausländische Forscher, geht weiter über gesetzliche Grundlagen – weil wir das heute wahrscheinlich auch diskutieren werden – im Rahmen einer sicherheitsbewußten, aber auch forschungsfreundlichen Gentechnikgesetzgebung – weil auch das eine wichtige Voraussetzung für einen Standort ist – bis hin zur Dauer von Bewilligungsverfahren.

Generell gilt: Wir müssen die Technologiepolitik aus der Sicht der gesellschaftspolitischen Verantwortung sehen. Wir müssen sie dabei im wesentlichen als eine Chance sehen und nicht immer nur als eine Bedrohung, wie das leider in Österreich von manchen Kreisen hier immer einseitig hervorgehoben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zweite große Aufgabe, die sich da für uns stellt, ist, mehr Unternehmen in den Bereich avancierter Technologiepolitik hineinzuführen; das gilt vor allem für den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen. Ein wichtiger Ansatz dafür wird ein anwendungsorientiertes Kompetenzzentrum sein, wie es ja schon geplant ist.

Schließlich – und das ist nicht unwichtig – geht es darum, der Technologiepolitik in der öffentlichen Meinung politisch und psychologisch jenen Stellenwert zu geben, der notwendig ist, um in diesem Bereich Aufbruchstimmung zu schaffen, um tatsächlich jene Voraussetzungen zu schaffen, um die Chancen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts annehmen zu können. –


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66. Sitzung / Seite 30

Darum ist es uns in der heutigen Aktuellen Stunde gegangen – und dafür wollten wir ein Signal setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte.

10.28

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zuerst ein Wort zu den Ausführungen des Kollegen Nowotny. Ich stimme mit Ihnen darin überein, Herr Kollege Nowotny, daß Wissenschaft und Forschung aufgrund der inneren Zusammenhänge wirklich zusammenbleiben sollen. Das ist ein Prinzip, das auch ich vertrete. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man unsere Universitäten und die Forschung auseinanderdividiert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Alles zu Gehrer!)

Allerdings lassen sich auch andere Organisationsmuster als die derzeitige Kompetenzverteilung bei Einhaltung dieses Prinzips – sagen wir es neutral – andenken. (Abg. Dr. Nowotny: Aber nicht sinnvoll!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder Wirtschaftsstudent lernt im ersten Semester, daß Österreich eine kleine offene Volkswirtschaft ist, daß die besonderen Chancen einer solchen kleinen offenen Volkswirtschaft im Export und in einer entsprechenden Intensivierung des Außenhandels liegen. – Das gilt auch für Österreich. Österreich verdankt seine Arbeitsplätze und seinen Wohlstand zu etwa 50 Prozent seiner Beteiligung am internationalen Wettbewerb im Außenhandel.

Es ist ebenso klar, daß eine Grundlage für Exporterfolge, für Wirtschaftserfolge in diesem Bereich in der weltweiten Konkurrenz die technologische Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft darstellt. Ich begrüße daher die intensive Auseinandersetzung um die Technologiepolitik in Österreich, um die Stärkung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, insbesondere unserer mittleren und kleinen Unternehmen, die von Herrn Bundesminister Einem und von der Bundesregierung angekündigt wurde.

Eine Technologieoffensive – das muß uns klar sein – ist die Voraussetzung dafür, daß wir im Bereich der Exportoffensive auch tatsächlich nachhaltigen Erfolg in die Richtung haben, die wir uns wünschen, nämlich den Beschäftigungsstandort zu stärken, die Arbeitsplatzsicherheit in Österreich zu erhöhen.

Ich darf so wie mein Kollege Gartlehner darauf hinweisen, daß wir schon massive Schritte in diese Richtung gesetzt haben. Die drei zusätzlichen Milliarden, die aus den Privatisierungserlösen nun für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen, sind nicht zuletzt auch aufgrund ständigen Drängens der Wissenschafts- und Industriesprecher der Koalitionsparteien in diesem Haus rasch umgesetzt worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es sind auch die ersten Programme für die erste Milliarde entwickelt. Ich denke dabei etwa an das Programm des Wirtschaftsministers Farnleitner zur Stärkung des FFF, des Fonds zur Förderung der Forschung der gewerblichen Wirtschaft.

Aber wir müssen auch die vorhandenen Mittel stärker in Richtung Technologiepolitik einsetzen. Daher begrüße ich die Absicht, Herr Bundesminister, im Rahmen eines ERP-Sonderprogramms im ausgehenden 20. Jahrhundert noch einmal 3 Milliarden Schilling speziell für diesen Bereich zur Verfügung zu stellen und damit sowohl für die Industrie als auch für die kleinen und mittleren Unternehmen die Basistätigkeit für die Wirtschaftstätigkeit im technischen Bereich zu stärken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen folgendes bedenken – vielleicht kann das ein bißchen faszinieren –: Jeder Schilling, der zusätzlich in der Forschung unserer Unternehmen eingesetzt wird, hat acht bis zehn zusätzliche Umsatzschilling zur Folge – und das bedeutet die Sicherung der Arbeitsplätze. So stellen wir uns das vor! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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66. Sitzung / Seite 31

An Wissenschaftsminister Dr. Einem noch ein paar Forderungen aus der Sicht des Wissenschaftssprechers der Volkspartei.

Bundesminister Dr. Einem hat gesagt: Die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten und der Wirtschaft ist zu stärken. – Ich bin froh darüber, aber wir müssen bedenken, daß die Grundlagenforschung bei dieser Betonung der Technologie nicht vergessen, nicht außer acht gelassen werden darf. Wir werden ohne entsprechende Forschungserfolge in der Grundlagenforschung, in der angewandten Forschung vielleicht kurzfristig einige Erfolge erzielen, wir müssen den Forschungs- und Technologiestandort Österreich aber langfristig absichern.

Herr Bundesminister! Sie haben die Fachhochschulen in ihrer neuen Bedeutung auch als Zentren angewandter Forschung hervorgehoben. Ich stimme mit Ihnen darin überein, aber ich ersuche Sie, den derzeit vorhandenen "Flaschenhals" bei der Neugründung von interessanten Fachhochschulen zu beseitigen.

Zum Schluß kommend, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es wurden viele Beispiele genannt. Österreich kann den Wettbewerb um den besseren Technologiestandort durchaus bestehen. Machen wir Mut und Optimismus statt ständig den "Gen-sei-bei-uns" zu zitieren. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

10.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Guten Morgen! Das Interesse an der Technologiepolitik ist wie immer "gewaltig".

Kollege Gartlehner hat bereits eine lange Liste von Wünschen und Bedürfnissen hinsichtlich Technologiepolitik an den Herrn Minister herangetragen. Ich frage nur: Was hat die Verantwortlichen der Regierung in den letzten 20 Jahren eigentlich daran gehindert, all diese Dinge umzusetzen? Diese Dinge sind ja nicht ganz neu, sondern langjährige Forderungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es mußte zuerst einmal der Semperit-Schock so richtig greifen, damit man hier erkennt, aber vor allem die Regierenden erkennen, wie eng Technologie- und Forschungspolitik mit der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen verbunden ist. Sterben die technologische Weiterentwicklung und die Forschung, so sterben langsam auch die Betriebe, und die Arbeitsplätze gehen verloren. – Bis hierher ist es eigentlich ganz einfach. Und gerade weil diese Zusammenhänge so klar auf der Hand liegen, fragt man sich, warum diese Regierung nur so wenig für Technologie und Forschung in Österreich macht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die "Salzburger Nachrichten" haben in einer Ausgabe – sie ist schon fast ein Jahr alt – getitelt: Forschung in Not. Für betriebliche Forschung gibt der Bund nicht mehr aus als für die Mutterkuhförderung. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das soll nichts gegen die Mutterkuhförderung sein, aber die Forschungs- und Technologiepolitik hätte wirklich einen höheren Stellenwert in unserem Land verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es wäre sehr einfach, zu sagen: Ich nehme ein bißchen Geld in die Hand – ich spreche jetzt von der inzwischen schon sagenumwobenen "Technologiemilliarde" – und verteile dieses Geld möglichst gleichmäßig an alle Interessenwerber, und damit sind meine technologiepolitischen Probleme gelöst. Leider ist es nicht so einfach – vor allem deswegen, weil es die Regierung in den letzten Jahrzehnten, kann man fast sagen, verabsäumt hat, ein technologie- und innovationsfreundliches Klima zu schaffen.

Bei der Ansiedlung hochgeförderter, hochsubventionierter ausländischer Unternehmen wurde es verabsäumt, auch die Forschungs- und Entwicklungszentralen nach Österreich zu ziehen. So


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sind letztlich viele Unternehmen, Töchter ausländischer Multis, verlängerte Werkbänke ohne Forschungsbasis geworden und daher als Ganzes besonders leicht transferierbar, sodaß die Arbeitsplätze immer der Gefahr ausgeliefert sind, an Billiglohnländer verloren zu werden.

Meine Damen und Herren! Sie alle kennen diese Situation, aber welche Maßnahmen haben Sie konkret gesetzt? – Sie haben ein Konzept erstellen lassen; ein Konzept (Abg. Koppler: Wir reden von der Zukunft!)  – ich hoffe, du hast eine; Vergangenheit hast du wahrscheinlich eine große –, von dem der ehemalige Vizekanzler Busek sagt, es sei ein "Lavendelschmäh". Er sagt: Ich kenne die Kosten nicht, aber das Ergebnis ist angesichts der technologiepolitischen Situation Österreichs und des Tempos der Veränderung äußerst dürftig. – Es sind Uraltzahlen enthalten, es steht wenig Konkretes drinnen, und überall dort, wo es konkret werden sollte, wird durch eine sehr komplizierte Sprache der Inhalt verschleiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was hat der Bundeskanzler noch gemacht? – Er hat die Technologie- und Exportoffensive zur Chefsache erklärt und den zuständigen Ministern sogenannte Berater zugeteilt – andere sagen, eine Art Beiwagerl, so wie man sie in der Ausbildung in den Schulen hat. Ich würde es für besser halten, statt der außenstehenden Berater kompetente Minister in die Regierung zu holen, dann erspart man sich nämlich die Berater. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß es sich für die Berater auch lohnt, liegt auf der Hand, sind sie doch Repräsentanten namhafter Förderungsnehmer.

Es ist eine Klarstellung notwendig: Es wird immer von "Technologiemilliarden" gesprochen. – Eine wird konkretisiert, die andere liegen in weiter Ferne. Und Sie versuchen seit Monaten, diese als Stein der Weisen zur Lösung des Problems zu vermarkten.

Die Freude vergeht sehr rasch, wenn man sieht, daß in Bayern innerhalb von zwei Jahren 37 Milliarden aus Privatisierungserlösen in die Technologie geflossen sind – da vergeht einem die Freude mit der Technologiemilliarde in Österreich sehr rasch! –, und dadurch verschärft sich natürlich der Druck, dem die österreichische Wirtschaft ausgesetzt ist von zwei Seiten: der Technologieriese Bayern im Norden und die Billiglohnländer im Osten. – So werden wir die rote Laterne nicht los, meine Damen und Herren!

Unser Fördersystem ist zu kompliziert. Es gibt keine Hilfe bei der Markteinführung für High-Tech-Produkte, fertige geförderte Produkte scheitern, das System der indirekten Förderungen durch Steuerbegünstigung ist nur rudimentär vorhanden, und bei Förderungen von Auslandsinvestitionen wird der entsprechende Forschungs- und Entwicklungsanteil nur wenig berücksichtigt. – So, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir das Schlußlicht der OECD-Länder nicht loswerden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

10.40

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde gibt der liberalen Fraktion Gelegenheit, ein paar Forderungen an den anwesenden Bundesminister zu richten. Leider ist der zweite Bundesminister, der in diesen Fragen auch nicht unwesentliche Mitwirkungsverantwortung hat, nicht anwesend, aber ich gehe davon aus, daß all das im Rahmen der Bundesregierung, die ja ein Kollegialorgan ist, sorgfältig weitergetragen wird.

Daß ich den zweiten Bundesminister erwähne, hat einen besonderen Grund: Wir leisten uns eben ein System, bei dem wir nicht einmal diesen Bereich auf der ersten politischen Ebene in einer Hand verantwortlich gestalten, sondern – wir alle wissen ja, warum – zur Wahrung des Proporzes bei der Mittelvergabe auch im Forschungsbereich anscheinend mindestens zwei Bundesminister benötigen, und die müssen auf die Koalitionsparteien aufgeteilt sein: der eine Minister vom einen Koalitionspartner, der andere vom anderen.


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Daß man so etwas im Zusammenhang mit Technologiepolitik erwähnen muß, wirft ein Schlaglicht auf den politischen Zugang der Bundesregierung zu diesem Feld: Nicht einmal dieses Feld wird von parteipolitischen Primärinteressen freigehalten – und das ist sehr schlecht.

Ich stehe nicht an, zu sagen, daß der Expertenentwurf, der vorgelegt wurde, durchaus ein Papier von hoher Reputation, von großem Bemühen und von angemessener und tiefer Fachkenntnis ist – aber es ist eben ein Expertenentwurf. Das heißt, es ist ein Entwurf, in dem alles zusammengetragen ist, was man braucht, wenn man sachorientierte politische Entscheidungen treffen will. Ein politisches Technologiekonzept liegt aber nicht vor, und daher ist die Überschrift "Technologiepolitisches Konzept 1996 der Bundesregierung" teilweise irreführend. Nicht, daß es kein politisches Papier ist – ich will hier nicht mißverstanden werden –, aber die politischen Entscheidungen schweben weiterhin im Raum.

Wenn selbst in diesem Expertenpapier, in dem ja sehr zurückhaltend formuliert wurde, die Aussage getroffen wird, daß diese Ausarbeitung den Charakter eines Strategiepapiers hat, daß es als Grundlage für die Erarbeitung von Maßnahmen und Programmen in der Folgephase konzipiert ist, die Mitglieder der Bundesregierung aber nicht die richtige Konsequenz ziehen, indem sie eben auf dieser Grundlage politisch standfeste und politisch kontrollierbare – das heißt öffentlich entwickelte – Maßnahmen und Programme für die Folgephase vorlegen und entwickeln, dann ist das einfach ein Defizit, ein Zeichen von Unsicherheit.

Ich darf Ihnen jetzt etwas mitteilen, was Ihnen nicht bewußt sein kann, weil Sie nicht im Ausschuß waren: Es wurden uns im Ausschuß von den beiden Regierungsmitgliedern Schwerpunktpapiere vorgelegt. Die Sitzung des Ausschusses hat am 19. Feber stattgefunden. Als Kenner der Materie ist mir aufgefallen, daß das Papier, daß der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vorgelegt hat, wort- und textgleich war mit einem Papier, das derselbe Bundesminister im Dezember 1996 bei einer Pressekonferenz an die Medien verteilt hatte. Zwischen Dezember 1996 und Feber 1997 hat allerdings die sagenumwobene CA-Privatisierung stattgefunden, und es sind die neuen Technologiemilliarden auf die Welt gekommen – die sind am Wirtschaftsminister und seinem Konzept spurlos vorbeigegangen. Daher fordern wir, daß auf hoher politischer Ebene im Rahmen einer Enquete die politischen Konsequenzen gezogen und die künftigen Maßnahmen entwickelt werden.

Ich darf Ihnen einen Schlüsselsatz dieses Expertenpapiers zur Kenntnis bringen – ich hoffe, Sie werden ihn richtig verstehen. Auf Seite 88 heißt es: Die Organisation des österreichischen Hochschulsektors mit seinen derzeitigen dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften ist für neue Formen der Forschungsorganisation nicht geeignet. 

Ich meine, dieser Satz spricht für sich, und möchte Sie wirklich bitten: Gehen Sie mit den Liberalen, die eine tiefgreifende Reform des Dienst- und Besoldungsrechtes fordern. Wenn wir diese Reform nicht durchführen, wird Österreich im Bereich von Technologie und Forschung Schlußlicht bleiben, und wir werden noch weiter zurückfallen und auch erleben, daß die Universitäten ohne Reform kein Partner für die Technologie sind. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Ing. Langthaler zu Wort. – Bitte sehr.

10.45

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf einen speziellen Bereich, der uns Grünen ganz besonders wichtig ist, im Bereich der Forschung und der modernen Technologien zu sprechen kommen, der gerade für ein kleines Land wie Österreich enorme Bedeutung hätte, und möchte dabei weniger neue Konzepte einfordern, als vielmehr drängen und den hier sitzenden Minister auffordern, etwas zu tun.


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Schauen wir uns gerade auch bei dieser Debatte an, was sich in Deutschland in den letzten zwei, drei Tagen getan hat, wie die Stimmung auf dem Arbeitsmarkt derzeit ist und aufgrund welcher falschen Entwicklung die Stimmung dort so brisant ist.

Es gibt in Deutschland seit Jahrzehnten eine Kohlesubvention, obwohl alle wissen, daß diese Art der Energieerzeugung – nicht nur die Form der Förderung, sondern vor allem auch der Gebrauch – nicht nur unökologisch, nicht mehr zeitgemäß ist, sondern auch absolut unwirtschaftlich. Trotzdem wurde es aus politischen Gründen jahrzehntelang verabsäumt, Umstrukturierungsmaßnahmen, die weniger schmerzhaft gewesen wären, hätte man sie vor 30 Jahren begonnen, vorzunehmen. – Heute steht man vor einem wirtschaftlichen, zum Teil aber auch sozialen Desaster.

Zweiter Bereich – das ist gestern bekannt geworden –: Die beiden größten Stahlkonzerne Deutschlands wollen sich fusionieren – von der einen Seite her allerdings nicht freiwillig. Krupp will eine feindliche Übernahme von Thyssen vornehmen. Dabei ist ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen geplant.

Auch das ist ein Bereich, hinsichtlich dessen seit Jahrzehnten bekannt ist, daß es in der jetzigen Form nicht mehr wirtschaftlich ist, daß Umstrukturierungen notwendig sind. Man hat sie ganz einfach aus politischen Gründen immer wieder verschoben, und heute steht man auch dort vor einem ökonomischen und sozialen Desaster, vor einer enorm schwierigen Situation.

Was all das demokratiepolitisch bedeuten wird, werden Sie in ein paar Jahren wahrscheinlich noch viel deutlicher sehen als heute.

Ähnliches – Gott sei Dank nicht so drastisch wie in den beiden Beispielen – muß man auch in Österreich feststellen: Es werden nach wie vor liebgewonnene Technologien, die längst weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll sind, die auch arbeitsmarktpolitisch nichts mehr bringen, am Leben erhalten. Und moderne Technologien, die schon an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit sind, werden nicht eingesetzt.

Ich habe Ihnen wieder etwas mitgebracht (die Rednerin zeigt einige Druckschriften)  – wie bei jeder Debatte zur Technologieförderung und Forschung, Umweltforschung, zu Umwelttechnologien präsentieren wir sie Ihnen hier. Wir haben in "Arbeit durch Umwelt" immer wieder aufgezeigt, durch welche konkreten Investitionen man moderne Technologien gerade in einem kleinen Land wie Österreich einsetzen und dadurch massiv Arbeitsplätze schaffen kann – sei es im Bereich Abfall, sei es im Bereich Energie, sei es im Bereich Verkehr, sei es im Bereich Natur und Landwirtschaft. Es gibt da eine Menge Vorschläge – ich weiß, daß Sie diesen immer reserviert gegenüberstehen, wenn sie von seiten der Grünen kommen.

Ich habe deshalb einen ganz neuen, aktuellen Bericht von der OECD mitgenommen – also bei Gott keine wirklich grüne Organisation –, der vor drei Wochen mit dem Titel "Umweltschutz, Umweltpolitiken und Arbeitsplätze in den OECD-Ländern" publiziert wurde – eine hochinteressante Studie, ein Vergleich aller OECD-Länder, der zeigt, wo es gelungen ist, mit konkreten Umweltschutzinvestitionen und -maßnahmen Arbeitsplätze in Europa beziehungsweise in den OECD-Ländern zu schaffen.

Aus diesem Bericht geht hervor – das sage ich gerade jenen, die immer meinen, Österreich sei ein Vorreiterland –, daß wir in diesem Bereich längst kein Vorreiterland mehr sind, daß uns vor allem die skandinavischen Länder längst uns überholt haben. Es wird genau aufgezeigt – ich lege wirklich allen, die sich mit neuen Technologien beschäftigen, diesen Band sehr ans Herz –, daß sich Umweltschutzinvestitionen nicht nur ökologisch lohnen, sondern auch ein ökonomischer Wachstumsfaktor sind und vor allem langfristige Arbeitsplätze schaffen.

Das Wifo hat vor zwei Jahren auch zu diesem Thema eine große Studie publiziert – "Wachstumsmarkt Umwelttechnologien" – und aufgezeigt, wie es für ein kleines Land durch ganz konkrete, gezielte Investitionen möglich wäre, Arbeitsplätze zu schaffen und modernen Technologien die Möglichkeit zu geben, in ein paar Jahren auch ohne Förderungen auf dem Markt zu überleben.


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Wie ist die Situation in Österreich? – Es gelingt uns hier nicht einmal bei schon beschlossenen Maßnahmen wie der Förderung erneuerbarer Energien, die entsprechenden paar Millionen Schilling zur Verfügung zu stellen. Es gibt einen Entschließungsantrag, in dem es heißt, daß konkrete Investitionsförderungen, aber auch Tarifförderungen für erneuerbare Energie, Windkraft, Biomasse, Solarenergie vorgenommen werden sollen. Bis heute ist das allerdings nicht umgesetzt worden. Hunderte Projekte in Österreich harren ihrer Realisierung.

Ganz zum Schluß möchte ich Ihnen noch eine neue Untersuchung ans Herz legen: Im Rahmen der EU wurde festgestellt, daß man mit erneuerbaren Technologien 500 000 Arbeitsplätze in Europa schaffen kann. – Daher bitte ich Sie: Setzen Sie die vielen Konzepte im Zusammenhang mit Umwelttechnologien, die es gibt, endlich um! – Danke! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Meisinger. )

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koppler. – Bitte.

10.51

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Technologieoffensive der Bundesregierung ist ein wesentlicher Motor für unsere Wirtschaft und für die Zukunft, und ich hoffe, auch für die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Früchte der Technologieoffensive werden vor allem in der Zukunft zu ernten sein: Denn obwohl Österreich hinsichtlich allgemeiner wirtschaftlichen und sozialen Kenndaten im internationalen Spitzenfeld liegt, sind im Bereich der Forschungs-, der Entwicklungs- und Technologiepolitik gravierende Defizite festzustellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies äußert sich beispielsweise darin, daß Österreich im Vergleich mit anderen europäischen Staaten unverhältnismäßig viele industriell gefertigte High-Tech-Produkte importiert. Das heißt, daß sich viele Unternehmen ihre Innovationsschübe durch hochwertige Investitionsgüter von außen beschaffen. Auf die Dauer kann sich dadurch ein bedenklicher Wettbewerbs- und Standortnachteil ergeben. Darum begrüßen wir die Technologieoffensive der Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich wäre an und für sich ein guter Boden für Technologietransfers. Das zeigt sich am Beispiel der aktiven und passiven Direktinvestitionen. Darum sollten wir alle diese Technologieoffensive begrüßen: Sie stellt für uns Sozialdemokraten einen wesentlichen Beitrag zur Beschäftigungsoffensive mit dem Ziel der Vollbeschäftigung dar. Ich erwarte mir dadurch eine höhere Wertschöpfung in der österreichischen Wirtschaft zugunsten der heimischen Arbeitnehmer.

Die wirtschaftliche Unabhängigkeit Österreichs ist für die Stabilität unseres Landes notwendig. Die Technologiepolitik leistet dazu einen wesentlichen Beitrag. Bekennen wir uns also zu dieser Technologieoffensive, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein herzliches "Glückauf"! (Beifall bei der SPÖ.)

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. – Bitte.

10.54

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Arbeitsmarkt ist einem großen Wandel unterworfen, nicht nur österreichweit, sondern europa- und weltweit. Meine Vorredner haben auf diese Tatsache zum Teil bereits hingewiesen.

Durch Automatisierung, durch den Einsatz moderner Technik und der EDV werden viele Arbeitsplätze derzeit überflüssig. Mit geringerem Personaleinsatz wird aber teilweise eine sehr gewaltige Produktionssteigerung erreicht. Das ist ein Grund dafür, daß derzeit Druck auf dem Arbeitsmarkt entsteht. Außerdem wird durch den Wegfall der Grenzen und aufgrund billiger Transportkosten so mancher Betrieb motiviert, auszulagern. Auch das bedeutet Druck auf dem Arbeitsmarkt.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung ist aufgefordert, diese Entwicklungen zu kompensieren und durch neue Aktivitäten Maßnahmen gegen diese Entwicklung zu setzen. Im Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium werden erfreulicherweise wichtige Akzente gesetzt; auch darauf wurde heute bereits hingewiesen.

Die Technologiepolitik gewinnt derzeit sehr stark an Bedeutung. Technologische Konzepte modernen Zuschnitts erfordern aber eine Umschichtung der finanziellen Wirtschaftsförderungsmittel hin zur Technologieförderung. Geschätzte Damen und Herren! Auch die öffentliche Hand muß als Impulsgeber und Gestalter geeignete Rahmenbedingungen bieten. Umgesetzt werden muß die Technologiepolitik jedoch von innovativen Unternehmen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß Österreich auf diesem Gebiet noch einige Defizite aufweist. Die Forschungsquote ist bei uns im internationalen Vergleich noch eher niedrig. Die Wirtschaft ist daher aufgefordert, in dieser Hinsicht verstärkt aktiv zu werden.

Begrüßenswert, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Initiative von Bundesminister Farnleitner, der besonders darauf achtet, daß ausländische Konzerne ihre jeweiligen Forschungsabteilungen entweder bei uns in Österreich belassen oder hier sogar neu ansiedeln. Semperit ist uns als negatives Beispiel noch in Erinnerung. Es gibt aber auch ein positives Beispiel: General Motors wird die Forschung für das Elektroauto bei uns in Österreich etablieren.

Geschätzte Damen und Herren! Eine wichtige Chance für die Zukunft wird natürlich der gezielte Einsatz der Forschungsmilliarden sein, die jetzt zusätzlich zur Verfügung stehen. Wir wünschen uns, daß diese Milliarden besonders wirtschaftsnah eingesetzt und Forschungsbetriebe unterstützt werden, damit die entsprechenden Ergebnisse von der Wirtschaft bestens und raschest umgesetzt werden können; auch das wurde heute schon erwähnt. Klein- und Mittelbetriebe, die keine Chance haben, sich eigene Forschungsabteilungen zu leisten, sollen verstärkt motiviert werden, im Bereich der Universitäten oder bei öffentlichen Forschungseinrichtungen mitzuarbeiten, um auch von diesem Kuchen profitieren zu können.

Österreich bietet an sich optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung. Wir haben hochqualifizierte Wissenschafter, von denen viele ihre Chancen heute im Ausland suchen, wir haben bestens qualifizierte Fachkräfte, und wir haben einen hohen sozialen Frieden. Das sind entscheidende Faktoren für Qualitätsbetriebe, sich in Österreich anzusiedeln. Unser guter Ruf hat sich auch insofern ausgewirkt, als Japan derzeit in Österreich Industrieabläufe studiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch auf die positive Tendenz bei den Patenten hinweisen. Ich wurde aufgrund meiner Anfrage vom Wirtschaftsminister informiert, daß die Tendenz in diesem Bereich steigend ist: Im vergangenen Jahr wurden 2 204 Patentanmeldungen vorgenommen und 1 777 Patente registriert. Das sind positive Impulse, positive Signale für die Leistungsfähigkeit unserer Forscher und unserer Wissenschaftler.

Geschätzte Damen und Herren! Unsere Chance, unsere Zukunft kann nicht darin liegen, daß wir uns dem Lohn- und sonstigen Niveau der Billigländer anpassen. Unsere Chance liegt vielmehr in der Erzeugung und Zurverfügungstellung von hochwertigen Produkten. Wir werden diese Chance in Österreich nützen! (Beifall bei der ÖVP.)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

10.59

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde zur Frage der Forschungs- und Technologieentwicklung in Österreich kommt mir vor wie eine Reprise aus den Jahren 1986/1987.


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Seitdem ich diesem Hohen Hause angehöre, waren fünf Minister für dieses Ressort zuständig: die Minister Tuppy, Mock, Busek und Scholten sowie nunmehr Bundesminister Einem. Die Vorhaben sind jedoch ewig die gleichen, und die Ergebnisse sind ernüchternd. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Österreich ist in den letzten elf Jahren von einem Staat, der zu den Industrienationen der Welt gehörte, zu einem Dienstleistungsland geworden. Ich glaube, daß gerade das Defizit bei der Forschung und bei der Technologieentwicklung in den letzten Jahrzehnten maßgeblich dazu beigetragen hat, daß sich Österreich von einer Industrienation zu einem Dienstleistungsland entwickelt hat. Das braucht uns aber auch nicht zu wundern: Als die Koalitionsregierung 1986 antrat, war die Technologieoffensive das Vorhaben der damaligen Bundesregierung. – Heute befinden wir uns jedoch immer noch auf dem gleichen Stand: Damals betrug der Anteil 1,386 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, heute sind es 1,5 Prozent. – Das ist ein bescheidener Erfolg von elf Jahren Regierungspolitik, Technologieoffensive und Innovation in diesem Bereich!

Ich glaube, daß als Beispiel dazu auch einmal die derzeitige Entwicklung der OECD ins Treffen geführt werden sollte: Als ich hier im Parlament begann, waren es im Schnitt 1,8 Prozent, heute sind es 2,2 Prozent. Daran sieht man, daß wir nicht nur nicht Schritt halten konnten, sondern gegenüber dem OECD-Schnitt sogar ins Hintertreffen geraten sind.

Diese "Technologiemilliarde", mit welcher immer argumentiert wird, wird hauptsächlich von großen industriellen Unternehmen und nicht von der mittelständischen und gewerblichen Wirtschaft in diesem Lande lukriert, welche aufgrund der ausufernden bürokratischen Instrumentarien in diesen Bereich heute, elf Jahre nach Beginn der Technologieoffensive, noch immer keinen gerechten Zugang zu diesen Förderungstöpfen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Vorredner haben einige Zielpunkte angeführt. Ich darf hier wiederholen: Plansee-Werke, VAT-Stahl, KFZ-Graz, Immuno. Aber Hand aufs Herz, Herr Bundesminister: Waren diese fünf Bereiche nicht schon in den achtziger Jahren die Highlights der österreichischen Technologiezentren? Was hat sich hier entwickelt? Was hat sich in diesem Bereich verbessert? (Abg. Koppler: Fahr nach Linz! Fahr nach Donawitz!) Herr Kollege Koppler! Wir konnten mit Müh und Not den damaligen Stand halten!

Im medizinischen Bereich haben wir in diesen elf Jahren maßgeblich verloren. Erinnern Sie sich, daß wir im medizinischen und medizintechnischen Bereich einmal weltführend waren! Herr Kollege Lukesch! Da Sie so zweifelnd schauen, darf ich Ihnen sagen: Sie brauchen nur die Zahlen an internationalen Punkten, die seinerzeit für Publikationen in angesehenen medizinischen Fachschriften vergeben wurden, mit dem heutigen Niveau zu vergleichen: Vor 25 Jahren war eine Publikation im damals neu erschienenen und aufgebauten "Lancet" (vgl.)etwa eineinhalb soviel wert wie eine Publikation in den damals angesehenen und vor langer Zeit eingeführten "Wiener Medizinischen Wochenblättern". Heute sind wir sogar im Inland schon soweit, daß eine Habilitation in Österreich eine Publikation in den "Wiener Medizinischen Wochenblättern" mit eineinhalb Punkten, die Publikation eines Erstautors im "Lancet" hingegen mit zehn Punkten bewertet wird. – Ich glaube, man kann nicht mehr anführen als die eigene Einschätzung im eigenen Land, um nachzuweisen, was wir in diesen Bereichen versäumt haben!

Herr Bundesminister! Als freiheitlicher Sprecher zu diesem Thema fordere ich Sie auf: Machen Sie das, was Ihre Vorgänger versprochen haben, endlich wahr! Sorgen Sie dafür, daß jene Konzepte, die erhoben wurden und mit Ende des Jahres 1996 vorgelegt hätten werden sollen, endlich fertig werden! Wir können uns nicht mehr länger erlauben, zuzuwarten, ob Herr Minister Farnleitner weiterhin mit seiner Gießkannenpolitik durch Österreich fahren wird oder ob Ihre Experten sich mit Schwerpunktförderungen endlich durchsetzen werden.

Für mich als Freiheitlichen ist es unabdingbar, daß die Förderungsfonds noch mehr entbürokratisiert werden, als sie ohnehin schon sind, daß endlich Schwerpunktförderungen in jenen Bereichen vorgenommen werden, wo Österreich seine Zukunftschancen sieht, und daß in jenen Bereichen, die wir nicht bearbeiten können, weil unser Land zu klein ist, die Gießkannen


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förderung gestrichen wird. – In diesem Sinne, Herr Minister, habe ich die Hoffnung, daß diese Bundesregierung nach elf Jahren endlich einmal in der Lage ist, neu zu starten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Helmut Peter. – Bitte.

11.05

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mittlerweile haben alle hier verstanden, daß wir die Preiskonkurrenz auf internationalen Märkten nur mehr zum Teil und in immer geringerem Maße gewinnen und daß wir nur die Qualitätskonkurrenz gewinnen können.

Die Qualitätskonkurrenz hängt wohl mit der Forschungs- und Entwicklungspolitik und der Technologieförderung in Österreich zusammen. Die sozialdemokratische Fraktion hat ihre Aktuelle Stunde "Technologieförderung zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich" genannt. Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Es ist mehr als Semantik. wenn ich das umdrehe und meine: Die Technologieförderung dient erstmalig und in erster Linie der Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreichs, denn nur mit dem Wirtschaftsstandort Österreich schaffen wir letztlich Arbeitsplätze. – Diese Umstellung ist mehr als Semantik!

Herr Bundesminister Einem! Sie haben ein Ressort geerbt, das jetzt Gott sei Dank zumindest von der Kultur befreit wurde: Nicht daß Kulturpolitik nicht wichtig wäre, aber die Ressorts haben nicht zueinander gepaßt! Aber Sie haben immer noch den Verkehr dabei, und Wissenschaft und Forschung sind auch noch in anderen Ministerien angesiedelt. Warum kann sich diese neue Regierung Klima nicht dazu durchringen, einmal klar zu sagen: Wir schaffen ein Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Technologie, in dem man sich auf diese Bereiche konzeptiv konzentriert, und ein Infrastrukturministerium, zu dem selbstverständlich Verkehr, Bauten und so weiter gehören? – Denn diese Kompetenzzersplitterung ist kein gutes Signal nach außen, und auch die Arbeit nach innen läßt folglich zu wünschen übrig.

Das Problem besteht darin, daß es offensichtlich immer eine schwarze und rote Technologieförderung geben muß und daß es auch in der Fondspolitik immer die verschiedenen parteipolitischen Kriterien geben muß, die möglicherweise die Regierungsparteien interessieren, aber nicht den Markt und den Kunden, die aber vor allem für die Wissenschaft und Forschung hinderlich statt förderlich sind.

Ein wichtiger Schwerpunkt bei der Förderung der Forschung und Entwicklung betrifft die Grundlagenforschung. Wir sollten in der Technologie und in der orientierten Forschung meiner und der liberalen Auffassung nach schwerpunktmäßige Prioritäten setzen. Wenn wir mehr Mittel ausgeben, muß das Verhältnis zwei zu eins betragen, wovon zwei Teile davon für technologieorientierte Forschung aufgewendet werden sollen. Wir brauchen diese Forschung nicht nur auf Basis der Universitäten, sondern wir brauchen diese auch auf betrieblicher Ebene. Wenn wir erkennen müssen, daß Österreich nicht über große Konzerne im Inland verfügt – was sehr stark auch mit der Kapitalstruktur Österreichs zu tun hat –, sondern sich hier überwiegend Klein- und Mittelbetriebe befinden, dann muß bei uns der Schwerpunkt auf der Frage liegen: Wie können wir diese Klein- und Mittelbetriebe im Bereich der Forschung stärken? Wie können wir diesen Betrieben in dieser Hinsicht den Rücken stärken? Wie können wir Hilfestellungen geben, daß in den vielen, vielen kleinen Mittelbetrieben Österreichs mit 100, 200 oder 300 Mitarbeitern effizienter gearbeitet werden kann und diese insgesamt gestärkt werden?

Das Technologie-Monitoring in Österreich ist noch nicht gut genug ausgebildet. Wir Liberalen werden uns mit der gesamten Frage des Patentamtes und -rechtes beschäftigten. Denn in diesem Bereich könnte das Technologie-Monitoring besser als bisher fortgesetzt werden.

Wir brauchen eine neue Risikokapitalmarktstruktur. Herr Bundesminister! Sie sind für Wissenschaft und Forschung zuständig, das stimmt schon, aber natürlich sind Sie innerhalb der Bundesregierung auch dafür zuständig, mit dem Herrn Finanzminister in Gespräche einzutreten


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und zu fragen: Wie sollen die Betriebe Risikokapital aufbringen, um neben allen Förderungen ihre langfristig angelegten innerbetrieblichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben finanzieren zu können? Wo ist der Risikokapitalmarkt, auf dem es interessanter ist, sein Geld in neue unternehmerische Perspektiven zu investieren, als mit einer 25prozentigen KESt-Endbesteuerung in Staatspapieren schlummern zu lassen? Das ist ein Thema, daß Sie vielleicht nicht direkt als das Ihre sehen. In Wirklichkeit ist das jedoch Ihre Aufgabe, wenn Sie der Forschungs-, Wissenschafts- und Technologieminister dieser Republik sein wollen. Schaffen Sie auch die finanzielle Basis im Bereich des Risikokapitalmarktes, daß es entsprechende Rahmenbedingungen gibt, daß man sich Forschung und Entwicklung leisten kann!

Ich glaube, die Frage der steuerlichen Behandlung von Forschungszuschüssen ist noch zu diskutieren. Denn macht es Sinn, wenn Sie Forschungszuschüsse an Betriebe geben und diese dann als Vollertrag zur Hälfte weg besteuern? Damit wird das Geld ja die Hälfte wert! Warum können Sie die Verwendung von Forschungszuschüssen nicht gleichzeitig als Betriebsausgaben betrachten, die volle Wirkung im Betrieb haben und von denen nicht die Hälfte wieder aus dem Betrieb weg besteuert wird? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Forschung und Entwicklung sind so wichtig für unser Land, damit wir die Preiskonkurrenz gewinnen, den Wirtschaftsstandort Österreich aufwerten und damit die Arbeitsplätze und die Beschäftigung in diesem Land sichern: In dieser Reihenfolge sollten wir es sehen. Dabei werden wir genauer und präziser als bisher Zielkorridore für unsere Arbeit festlegen müssen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karl Öllinger. – Bitte.

11.10

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Es ist interessant, hier zuzuhören und sich die Stehsätze anzuhören. Was mir bisher bei dieser Debatte gefehlt hat, das war nicht nur das klare Bekenntnis zur Forschungsförderung, zur Technologieförderung, das ohnehin immer wieder kommt und auch erwartet wird, sondern ich hätte mir beispielsweise auch ein Wort zur Technologiefolgenabschätzung, zur Sozialverträglichkeitsprüfung, zur Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Einführung neuer Technologien erwartet. Das ist ein Bereich, den sich anzuschauen interessant wäre, denn wenn ich im Konzept des Wissenschaftsministeriums lese, daß die Technologiepolitik ein "Eckpfeiler des nötigen Modernisierungsschubes" ist, dann möchte ich hier doch die Frage stellen: Was ist nötig, wieviel ist nötig, und welche Form von Modernisierung ist nötig?

Es geht nicht um irgendeine Modernisierung. Wenn man von irgendeiner Modernisierung redet, dann hat man das Ziel des nötigen Modernisierungsschubes eigentlich schon aus den Augen verloren. Geht es um eine gesellschaftliche Frage? Geht es um die Gestaltung neuer sozialer Beziehungen und um den Versuch, auch über Technologieförderung, über Risikoabschätzung Einfluß zu nehmen, sodaß sich dieses Gefüge der Gesellschaft nicht noch weiter auseinanderentwickelt – oder geht es schlicht und einfach nur darum, irgendwo eine Milliarde hineinzupumpen. Zu letzterem sage ich: Nein, das kann es nicht sein.

Die Bundesregierung beziehungsweise der Gesetzgeber müssen sich sehr genau überlegen – diese Überlegung vermisse ich bei beiden Papieren –, wohin das Geld gehen soll.

Wenn ich mir etwa vorstelle, daß – ich glaube, nach wie vor von Ihrem Ministerium – noch immer die Kernfusionsforschung von Österreich gefördert wird, dann kann ich dazu nur sagen: Halt! Das ist der falsche Bereich von Forschungsförderung.

Wenn ich sage, daß noch immer in den Bereich Umwelttechnologie, Solarenergieforschung viel zu wenig investiert wird, so will ich darauf hinweisen: Da wäre anderes notwendig.

Mir gefällt auch der Ansatz, der in der heutigen Diskussion zum Beispiel überhaupt nicht zur Sprache gekommen ist, nämlich daß es bei der Aufteilung dieser Milliarde nicht nur darum geht, daß Rot und Schwarz bedient werden, sondern daß auch beispielsweise die Geschlechter in


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diesem Land bedient werden, daß auch die Frauen einen Zugang zur Forschungs- und Technologieentwicklung haben sollen, daß auch die Frauen ein Recht darauf haben, hier ihren Stellenwert zu finden. Dieser Ansatz würde mir gefallen, aber ich vermisse ihn in all diesen Erklärungen, die Sie gegeben haben.

Es wäre notwendig, auch diese Fragen, vor allem den anderen Umgang von Frauen mit Technologien, mit Forschung zu berücksichtigen und hier etwas zu fördern, was sonst allzu leicht untergeht.

Meine Damen und Herren! In fünf Minuten kann man sich eigentlich nicht mit diesem sehr umfangreichen Thema auseinandersetzen. Trotzdem noch eine Erinnerung (Zwischenruf des Abg. Koppler ): Die Forschungsmilliarde ist gut und schön, aber ich erinnere an die Strukturmilliarde, Kollege Koppler! Du weißt sehr wohl, was ich meine. Dazu hat der Gesetzgeber gesagt: Schön und gut, wir geben für die Förderung der Struktur eine Milliarde an Arbeitsmarktförderungsmitteln aus. Aber niemand hat gewußt, was darunter zu verstehen ist. Und dann ist nicht über ein Jahr, sondern über drei Jahre eine Strukturmilliardenförderung betrieben worden, von der niemand gewußt hat, welchen Effekt sie auf die Struktur hat und welche Struktur man fördern will. Geht es nur um die Qualifikation, geht es um die Bereitstellung von bestimmten Mitteln, oder was war damit eigentlich intendiert?

Ich habe jetzt das Gefühl, daß Sie auch bei dieser Forschungsmilliarde eigentlich nur daran denken, daß diese auf ein rotes und ein schwarzes Ministerium adäquat aufgeteilt werden soll, daß die Wirtschaft ihre Milliarden oder Millionen bekommt soll, daß auch die Universitäten ein bißchen bekommen sollen, aber darüber hinaus ist noch relativ wenig Konkretes, vor allem in bezug auf die Bereiche, die gefördert werden sollen, in bezug auf die Technologien, die gefördert werden sollen, von Ihnen gesagt worden. (Beifall bei den Grünen.)

11.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Damit ist die Rednerliste erschöpft und die Aktuelle Stunde beendet.

Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich teile mit, daß der grüne Klub gemäß § 93 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt hat, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 2148/J der Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich dringlich zu behandeln.

Gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen. – Ich erinnere daran, daß in der heutigen Sitzung Herr Bundesminister Molterer durch Herrn Bundesminister Bartenstein vertreten wird.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über

die Anfragebeantwortung 1687/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung eingebrachte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 1687/AB zur Anfrage 1657/J der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend die Praxis für die Vergabe von Werkverträgen und freien Dienstverträgen im ressortinternen Bereich sowie im Bereich der den Ressorts nachgeordneten Dienststellen durch die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung einer Dringlichen Anfrage vorgesehen ist, wird diese kurze Debatte im Anschluß an die Debatte über die Dringliche Anfrage stattfinden.


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Einlauf und Zuweisung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2107/J bis 2147/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1702/AB bis 1831/AB.

Berichtigungen zu den Anfragebeantwortungen: Zu 1684/AB und Zu 1777/AB.

3. Regierungsvorlagen:

4. IAKW-Finanzierungsgesetz-Novelle (609 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG-Novelle 1997), das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Verwaltungsakademiegesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Elternkarenzurlaubsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 1997, das DAK-Gesetz 1996, das Entwicklungshelfergesetz, das Wachbediensteten-Hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Überbrückungshilfegesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden und das ÖBB-Ausschreibungsgesetz aufgehoben wird (631 der Beilagen).

4. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Änderung der Regierungsvorlage betreffend Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten samt Erklärungen (Zu 127 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Viertes Zusatzabkommen zum Abkommen vom 15. November 1967 zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit (611 der Beilagen);

Außenpolitischer Ausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien (589 der Beilagen),


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Übereinkommen über nukleare Sicherheit (610 der Beilagen),

Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen und Protokollen (613 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll (585 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Protokoll über den Beitritt des Fürstentums Monaco zum Übereinkommen zum Schutze der Alpen (Beitrittsprotokoll) (583 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Usbekistan über die bilaterale außenwirtschaftliche Zusammenarbeit (550 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1995 (III-77 der Beilagen);

Landesverteidigungsausschuß:

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung (III-76 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist ferner folgende Vorlage eingelangt:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und Kanada über die Rechtshilfe in Strafsachen (577 der Beilagen).

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialsitzung schlage ich gemäß § 28a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieses Gegenstandes an einen Ausschuß abzusehen und ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Plenarsitzungen zu stellen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Weiters gebe ich bekannt, daß der Achte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 9, 11 und 12, 13 und 14, 15 und 16 sowie 19 bis 23 der heutigen Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten zur gesamten Tagesordnung erzielt. Demgemäß wurde eine Blockredezeit von 10 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 150 Minuten, ÖVP 140 Minuten, Freiheitliche 130 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten.

Auch darüber hat der Nationalrat zu befinden. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einvernehmlich so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 408/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Ing. Leopold Maderthaner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (622 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (550 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz, das Karenzurlaubserweiterungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Betriebshilfegesetz und das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete geändert werden (623 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der heutigen Tagesordnung. Die Debatte wird darüber unter einem durchgeführt.

Ein Verlangen auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor. Damit erübrigt sich die Berichterstattung, und wir kommen sofort zur Rednerliste.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordneten Dr. Haider. Redezeit: 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.20

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Arbeitswelt ist in einer gewaltigen Veränderung begriffen und hat sehr viele Gesichter bekommen. Demgemäß hat auch in den letzten Jahren, insbesondere seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, die Frage der Gestaltung des Arbeitsmarktes, der Arbeitnehmerschutzbestimmungen, der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen große Bedeutung erlangt. Ich sehe die Debatte, die wir heute führen, auch unter dem Gesichtspunkt, daß man doch auch auf parlamentarischer Ebene versuchen sollte, zu einer Strategie zu kommen, mit der man nicht unbedingt das nachvollzieht, was in anderen Industriestaaten, die mit uns im Wettbewerb stehen, sozusagen gängige Version der Bewältigung steigender Arbeitslosigkeit und industrieller Auszerrung, insbesondere im kerneuropäischen Bereich ist.

Was die Regierung mit dem Initiativantrag Verzetnitsch, Maderthaner beantragt, ist nichts anderes als ein Nachvollziehen dessen, wo man schon jahrelang zugeschaut hat. Wenn es stimmt, was die Medien berichten, dann arbeiten heute bereits 50 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer außerhalb der geltenden Arbeitszeitregelungen. Das heißt, man hat vornehm dort weggeschaut, wo der Druck der jeweiligen Firmeneigentümer aufgrund der Zahl der Arbeitsplätze, die zur Disposition gestellt wurden, entsprechend groß gewesen ist.

Nun versucht man also dies nachzuvollziehen, indem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz geändert werden. Es besteht die Möglichkeit, nun in einem achtwöchigen Durchrechnungszeitraum 50 Wochenstunden zu arbeiten und nicht nur 40 Wochenstunden, bei einem


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längeren Durchrechnungszeitraum 48 und nicht mehr 40 Wochenstunden zu arbeiten, und es besteht auch die Möglichkeit, um einen Kern herauszunehmen, daß es in einem Vier-Tage-Intervall auch wieder zehnstündige Arbeitstage bei uns geben wird.

Das heißt, daß in diesem neuen Arbeitszeitkonzept letztlich eine Verbannung der bezahlten Überstunden im Mittelpunkt steht. Und es stellt sich die Frage, ob es wirklich das Anliegen einer sozialdemokratischen Fraktion sein kann, eine Neugestaltung der Arbeitszeitpolitik ausschließlich auf dem Rücken der Arbeitnehmer durchzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Koppler. ) Auf Betriebsräte ist nicht immer Verlaß, wenn man Sie als Beispiel nimmt, Kollege Koppler! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben auch Ihren VOESTlern sichere Arbeitsplätze versprochen – und am Ende haben fast 50 000 ihren Arbeitsplatz verloren. (Abg. Koppler: Aber den Standort absichern!) Herr Kollege Koppler! (Abg. Koppler: Wenn es nach dir gegangen wäre, gäbe es diesen nicht mehr!) Standortsicherung ist gut, "Standortsicherung" hat man auch bei Semperit betrieben – aber um den Preis, daß dort 1 000 Leute weniger beschäftigt sind. Das ist die Wahrheit über eure Beschäftigungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Wenn es nach dir gegangen wäre, hätten die Betriebe zugesperrt!)

Jetzt kommt der nächste Schritt: Zuerst gefährdet ihr die Arbeitsplätze, und jetzt sagt man: Überstunden im Ausmaß von 10 Milliarden Schilling, die in Österreich geleistet werden (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny ) – Kollege, Sie können sich dann zu Wort melden –, sind jetzt nicht mehr drinnen. Das bedeutet einen Einkommensverlust in Höhe von 10 Milliarden Schilling für die Arbeitnehmer – und das zu einem Zeitpunkt, zu dem Sie hinter verschlossenen Türen über eine Erhöhung der Politikereinkommen verhandeln wollen. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man muß sich vorstellen: 10 Milliarden Schilling, 10 000 Millionen Schilling Einkommensverlust für die österreichischen Arbeitnehmer! Die sozialdemokratische Fraktion hat ein Flugblatt im Jahre 1995 bei den Wahlen verteilt, auf dem steht: Jetzt ein Halali für Arbeitnehmer – Schonzeit für Unternehmer. Deregulierung der Arbeitszeit! Jederzeitige Verfügbarkeit der Arbeitnehmer droht! Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny ) – das bedeutet Einkommensverlust durch Wegfall der Überstundenzuschläge. Das hat die Sozialdemokratische Partei gesagt. Oder: Wegfall der Steuerfreiheit der Überstunden. Das bedeutet massive Lohneinbußen. Jetzt geht’s ums ganze. Verhindern wir die konservative Wende!, hieß es dort. – Heute vollziehen Sie diese konservative Wende, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Pfui!)

Vor wenigen Tagen ist von der Gewerkschaft ein Buch veröffentlicht worden. (Zwischenruf des Abg. Koppler. ) Ja, ich zitiere nur euch, euer Flugblatt zitiere ich, eure Gewerkschaftsbroschüren zitiere ich. Der Herr Präsident der Privatangestelltengewerkschaft, der euch ja bekannt ist, gibt ein Buch heraus: "Stillgelegt." Es ist vor wenigen Tagen erschienen, und da steht – ich zitiere –:

Wirtschaftspolitisch ist meiner Meinung nach ein Kurswechsel dringend geboten – nicht Lohnminderung, Sozialabbau, Arbeitszeitverlängerung und Steuererleichterung in Bereichen, sondern Arbeitszeitverkürzungen und eine Umverteilung der Arbeit auf eine wachsende Anzahl von Beschäftigten. Nicht Einkommensreduktion, sondern Einkommenssteigerung insbesondere bei jenen Gruppen, die unbefriedigte Konsumbedürfnisse haben. – Zitatende.

Sie machen heute aber genau das Gegenteil davon, meine Damen und Herren (Abg. Dr. Nowotny: Das ist eine Verdrehung!) , denn weniger Schutzbestimmungen und weniger Einkommen ... (Abg. Dr. Nowotny: Sie verstehen das nicht!) Kollege Nowotny! Ich weiß, Sie sind nicht betroffen, Sie haben lange zwei Einkünfte bezogen und gar nicht gewußt, daß Sie das nicht mehr dürfen, das wissen wir ja. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Herr Haider! Sind Sie stolz, Unternehmer zu sein?)

Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Nowotny: Sind Sie noch stolz, Unternehmer zu sein?) Der kleine primitive Marxismus, der hier immer wieder prolongiert wird, ist in Wirklichkeit ein beinharter Kapitalismus, bei dem man den kleinen Leuten in die Taschen greift. Da sind sie die Genossen, die heute diese Gesetze durchführen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Der Mensch ist für Sie zum Kostenfaktor geworden. "Stillgelegt", schreibt ein Gewerkschafter, der Mensch gilt nichts mehr. Natürlich im pragmatisierten Bereich, Kollege Nowotny – Sie sind pragmatisiert –, passiert Ihnen nichts. (Abg. Dr. Nowotny: Sind Sie stolz, Unternehmer zu sein? Was ist mit Ihren Betrieben?) Sie haben einen gesicherten Arbeitsplatz. Sie sind auch von den flexiblen Arbeitszeiten ausgenommen, kein Problem, es geht Ihnen ganz gut. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich lade Sie einmal zum Holzhacken ein, damit Sie einmal im Leben beim Arbeiten schwitzen, damit Sie einmal wissen, was Arbeit heißt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie schwitzen aber auch nur beim Marathon!)

Meine Damen und Herren! Lohnverzicht schafft keine Arbeitsplätze, daher sagen wir Freiheitlichen: Wenn es flexible Arbeitszeiten gibt, dann muß es ein zweites Bein geben, und dieses zweite Bein heißt, eine Lohnsteuersenkung jetzt durchzuführen und den Arbeitnehmern, die jetzt verlieren, auch ein Mehr an Einkommenssicherheit zu gewährleisten. Das ist doch ganz logisch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seit dem Jahre 1988 gibt es keine Lohnsteueranpassung. Im heurigen Jahr sind die Lohnsteuereinnahmen von 88 Milliarden auf 190 Milliarden Schilling im heurigen Jahr gestiegen, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Es ist bei den Gewerkschaftern keine Rede mehr von einer Lohnsteueranpassung, es geht nur mehr darum: weg mit den Arbeitnehmerschutzbestimmungen, Einführung flexibler Arbeitszeiten, aber die Löhne werden weiterhin strapaziert.

Wir sagen: Wenn wir flexible Arbeitszeiten machen, dann brauchen wir eine Lohnsteuersenkung, meine Damen und Herren! Das würde eigentlich auch eurer Intention entsprechen, Herr Präsident Verzetnitsch! Man kann nicht immer nur davon reden, gerechte Löhne zu schaffen, sondern man sollte auch entsprechende Anpassungen vornehmen. (Abg. Dr. Nowotny: Auf Kosten des Staates!) Wen trifft es denn heute? – Ich weiß schon, warum Sie so nervös sind, weil wir Sie bei einem Sündenfall erwischt haben, bei einem Sündenfall gegenüber den kleinen Leuten, bei einem Sündenfall gegenüber Ihrer Klientel, bei einem Sündenfall, was die gewerkschaftliche Solidarität anlangt. Sie geben Arbeitnehmerschutzrechte auf und akzeptieren gleichzeitig Einkommensverluste. Mein lieber Freund, das ist sicherlich eine völlig falsche Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wen trifft es denn heute? – Ich zitiere jetzt Professor Lehner vom Wirtschaftsforschungsinstitut –: Jene, die zwischen 12 000 und 25 000 S Einkommen haben, sind diejenigen, die draufzahlen werden. Sie aber sitzen hier und sagen: Da kann man leider nichts machen, das führen wir so durch. Das ist jenes neue arbeitnehmerfeindliche Klima, das unter dieser Regierung jetzt voll zum Durchbruch kommt.

Zuerst das Sparpaket des Herrn Klima. Wen hat es getroffen? – Die Familien, die Karenzgeldbezieher, die berufstätigen Mütter, die auch für Kinder zu sorgen haben. Danach kam das Werkvertragschaos, mit Einkommensverlusten. Jetzt haben Sie bei den Exekutivbeamten eine weitere Kürzung der Überstunden um 5 Prozent vorgenommen. Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Jetzt dieses flexible Arbeitszeitmodell bei gleichzeitigem Einkommensverlust. Sie wollen die Mitversicherung der Familienangehörigen streichen. Herr Kollege Nowotny! Reden wir einmal über diese Dinge. Sie wollen ein Einfrieren der Lehrlingsentschädigung, darüber hat diese Koalitionsregierung bereits verhandelt. Sie wollen ein Lohndumping, und Sie haben Sie über viele Jahre hindurch ein Lohndumping aufgrund eines ungezügelten, völlig irrelevanten und nicht begründbaren Ausländerzuzugs akzeptiert.

Jetzt erst kratzen Sie die Kurve, weil Sie seit dem Jahre 1995 mehr Arbeitsplätze für Ausländer und weniger Beschäftigungsmöglichkeiten für Österreicher geschaffen haben. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Jetzt kommt noch der Euro dazu, zu dem auch im Gewerkschaftsbuch zitiert wird – "Schwachsinn" Gewerkschaftsbuch; ich bin froh, daß das ein "Schwachsinn" ist –, und zwar das Institute for Economical Social Researching, London, Herr Kollege "Schwachsinn". Darin steht nämlich, daß die Einführung des Euro aus der Sicht dieses Instituts, Herr Kollege "Schwachsinn",


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1 Million Arbeitsplätze gefährden wird. Das ist Ihre Politik! Sie sagen ohne Wenn und Aber ja zu diesem Euro! – Das ist der nächste Tiefschlag für die Arbeitnehmer in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie vergessen, daß diese ganze Konzeption, von der Sie ausgehen – flexible Arbeitszeiten ohne gleichzeitige Lohnsteueranpassung, Öffnung für den Euro und Risiko von mehr Arbeitslosigkeit, wie es im "schwachsinnigen" Buch der Gewerkschaft steht –, das ja nur im "schwachsinnigen" Buch der Gewerkschaft steht! Das vergessen Sie! (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. – Abg. Mag. Stadler: Das hat er ja nicht gelesen!)

Herr Kollege Nowotny! Sie vergessen, daß in den letzten fünf Jahren, seit Maastricht in Kraft ist, die Arbeitslosigkeit in der EU von 13 Millionen auf 18 Millionen Menschen gestiegen ist; mit der verdeckten Arbeitslosigkeit 20 Millionen. – Das ist Ihre Politik, die Sie ohne Wenn und Aber mittragen. Ich "gratuliere" Ihnen! – Die Arbeitnehmer bleiben dabei auf der Strecke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sagen Ihnen daher, daß wir im Parlament dann für flexible Arbeitszeiten eintreten, wenn Sie bereit sind, gleichzeitig eine vernünftige, spürbare Lohnsteueranpassung für die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen zu machen. (Zwischenruf des Abg Dr. Nowotny. ) – Wer soll das zahlen, Herr Kollege? – Verzichten Sie einmal auf Ihre Privilegien, machen Sie einmal Ordnung in bezug auf die Verschwendung in diesem Lande! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Nowotny schnüffelt schon um die 23 Milliarden der Oesterreichischen Nationalbank; diese will er den Arbeitnehmern vorenthalten. Geben Sie sie den Arbeitnehmern und machen Sie eine vernünftige Steuerreform, dann haben die Arbeiter und Angestellten in Österreich wenigstens etwas davon! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen heute eines sagen: Wenn man durchrechnet, was die Mitarbeiter in den Betrieben durch die Einführung flexibler Arbeitszeiten verlieren werden, dann kommt dabei heraus, daß etwa jemand im Baugewerbe – nehmen wir einmal die Firma Illbau her –, der 16 000 S verdient hat, heute mit 12 000 S und 13 000 S nach Hause geht, daß ein Baupolier, der 25 000 S verdient hat (Abg. Parnigoni: Völliger Blödsinn!) – ja, Sie sagen, das ist "Blödsinn", weil Sie nicht wissen, wie die Leute wirklich leben! –, der also 25 000 S verdient hat, mit etwa 17 000 S, 18 000 S nach Hause gehen muß. (Abg. Parnigoni: Das stimmt überhaupt nicht!)

Das schreibe ich Ihnen ins Stammbuch, nämlich daß Sie tatenlos zusehen, wie die Einkommenssituation der Arbeitnehmer in Österreich verschlechtert wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Sie haben in Wirklichkeit keine Argumente, warum Sie nicht gleichzeitig eine Steuersenkung für die unteren und mittleren Einkommensbereiche machen sollen. Sie sagen, wir haben kein Geld. – Gestern lasen wir in den Zeitungen und hörten wir in den Nachrichten, daß Absprachen bei öffentlichen Aufträgen stattfinden; und zwar in Milliardenhöhe. – Dann heißt es von der Regierung: Wir haben kein Geld.

Weiters wissen wir, daß Herr Klima als Bundeskanzler nach wie vor das Wahnsinnsprojekt des Semmering-Basistunnels mit 3 Milliarden Schilling aufrechterhält, ohne daß dort Arbeitsplätze geschaffen würden. (Abg. Parnigoni: Das ist auch ein Blödsinn, was Sie sagen!)

Sogar Herr Häupl hat schon gesagt: Streichen wir diesen unsinnigen Semmering-Basistunnel! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie sind heute einfach schlecht drauf, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Lesen Sie in Ihrem "schwachsinnigen" Gewerkschaftsbuch nach, wie es der Herr Kollege gesagt hat. Lesen Sie das nach, darin steht vieles!

Dann haben Sie noch einen Zentralsekretär, Herrn Rudas, der jetzt auch noch den Sonntag als arbeitsfreien Tag abschaffen will. Das ist ja eine "Superpartie", die da beisammen ist, wenn es um Arbeitnehmerinteressen geht!


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Die neue Freundlichkeit Ihres Bundeskanzlers ist eher das gefrierende Lächeln eines Vampirs geworden, der die Arbeitnehmer ausbeutet und dem "kleinen Mann" in die Tasche greift. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Jetzt haben Sie eine Sonntagsruhe-Initiative gemacht. Die Sonntagsruhe, so hat es geheißen, wird jetzt aufgehoben. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Die Sonntagsruhe wird aufgehoben. Jetzt, weil eine Debatte stattgefunden hat, werden sie auf einmal nervös. (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. ) – Nein, ich verdrehe die Tatsachen nicht, ich zitiere jetzt einmal den ORF, damit Sie vielleicht ein bißchen Freude mit mir haben, Frau Kollegin in grün!

Gestern abend hat Herr Bundeskanzler Klima gesagt: Eines muß man klipp und klar sagen:

Das war ein Wunsch der beiden Sozialpartner, hier eine Regelung der Sonntagsarbeit zu schaffen. Also wenn Sie wissen wollen, ob die SPÖ gegen eine Ausdehnung der Sonntagsarbeit ist, dann sage ich Ihnen klipp und klar: nein. – Also die SPÖ ist gegen eine Verhinderung der Ausdehnung der Sonntagsarbeit. – Wenn Sie wissen wollen, ob die SPÖ gegen eine Ausdehnung der Sonntagsarbeit ist, dann sage ich Ihnen klipp und klar: nein. – Also er ist für eine Ausdehnung der Sonntagsarbeit! Eine hochinteressante Aussage!

Frau Kollegin! Das hat Herr Klima gestern im ORF gesagt. Das ist nicht von mir, ich zitiere ihn nur. Sie können es nachprüfen, und Sie können es dann auch nachlesen in diesem "schwachsinnigen" Buch der Gewerkschaft, damit die Dinge klar sind.

Dabei haben Sie gezeigt, daß es Ihnen in Wirklichkeit nur darum geht, bei der Sonntagsarbeit eine Lösung zu finden. Sie sagen: Machen wir das mit Kollektivvertrag, weil wir dann, wenn die Firma Philips kommt und sagt, sie will sieben Tage lang arbeiten, dem Druck nicht standhalten können, und lassen wir sieben Tage Arbeit zu! – Wenn aber ein klein- und mittelständischer Unternehmer sagt, er möchte seine Maschinen auch rund um die Uhr auslasten, dann sagen Sie: Nein, du bist nicht so bedeutend, das gibt es nicht. – Das ist der Hintergrund!

Jetzt haben Sie von der Öffentlichkeit Druck bekommen, jetzt werden Sie nervös, jetzt bringen Sie einen Entschließungsantrag ein. Sie ändern heute die Schutzbestimmungen für die Sonntagsarbeit, bringen aber gleichzeitig einen Entschließungsantrag ein, daß Sie das eigentlich gar nicht wollen, was Sie heute beschließen. Das ist eine hochinteressante Gesetzgebung!

Es heißt nämlich in diesem neuen Entschließungsantrag:

"Die nach dem Arbeitsruhegesetz vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten werden daher im Sinne der von den Sozialpartnern abgegebenen Erklärung restriktiv gehandhabt."

Wenn Sie es sowieso restriktiv handhaben, warum ändern Sie dann heute das Gesetz? Wer hindert Sie daran, das zurückzuziehen? Wer hindert Sie daran, bitte?

Jetzt ändern Sie das Gesetz und erklären gleichzeitig in einem Entschließungsantrag – Kollege Kostelka sagt, Entschließungsanträge seien nur Papier, sie gälten überhaupt nichts, hätten keine Bindungswirkung; ich darf Sie daran erinnern, daß es, als man mit der ÖVP gemeinsam in Sachen CA einen Beschluß gefaßt hatte, hieß es, Entschließungsanträge seien nicht verbindlich –, daß Sie sich damit verpflichten, das restriktiv handzuhaben.

Wenn Sie die Sonntagsarbeit nicht antasten wollen, wenn Sie erkennen, daß es so etwas wie einen Versuch gibt, den Menschen noch ein bißchen Gemeinschaftsleben zu ermöglichen, dann würde ich schon empfehlen, Herr Kollege Verzetnitsch: Seien Sie mannhaft, fummeln Sie nicht mit halben Entschließungsanträgen herum, sondern ziehen Sie einfach Ihre Gesetzesinitiative zurück und belassen Sie den Zustand so, wie er ist! Dann sind Sie glaubwürdig, sonst sind Sie für uns nicht glaubwürdig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Das ist das, was wir Ihnen beibringen wollen. Sie gehen einen falschen Weg! Sie flexibilisieren die Arbeitszeit und riskieren Einkommensverluste für die Mitarbeiter. Sie gehen einen Weg in den Euro, von dem Ihnen heute das Wifo und das "schwachsinnige" Gewerkschaftsbuch bescheinigen, daß dann nur mehr die nationalstaatliche Politik auf eine Lohnkürzung beschränkt bleibt. Lohnkürzungspolitik ist das, was übrigbleibt.

Sie gehen jetzt in bezug auf den Sonntag einen Weg in der Arbeitszeitregelung, der letztlich auch in eine falsche Entwicklung führt. Sie sagen: Eigentlich wollen wir den Sonntag nicht angreifen, aber wir machen ihn jetzt einmal auf, damit wir gegenüber der berühmten Firma Philips erpreßbar gemacht werden können, die uns schon ausgerichtet hat. – Weg mit allen Investitionen in Österreich, wenn wir nicht sieben Tage lang arbeiten dürfen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Frau Kollegin! Ihr Problem ist es nicht, Sie sind sehr abgesichert. Aber es ist das Problem der berufstätigen Mütter, die alleine zu Hause sitzen und mit 9 000 S leben müssen, denen Sie jetzt noch etwas wegnehmen. Das würde ich Ihnen gerne sozusagen in Ihr Stammbuch schreiben, wenn Sie in Ihrer Aufgeregtheit die Geneigtheit haben, mir Ihr Ohr zu leihen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch.

Meine Damen und Herren! Es wurden Ordnungsrufe für das Wort "Schwachsinn" urgiert. Das war ein Zuruf aus den Reihen der SPÖ. Ich habe leider nicht gehört, welcher Abgeordneter das gesagt hat. Wenn es gewünscht wird, werde ich anhand des Protokolls prüfen, welchem Abgeordneten ich für das Wort "Schwachsinn" einen Ordnungsruf erteilen werde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich wünsche keine Beifallskundgebungen, weil das nicht notwendig ist, wenn man sich um eine objektive Vorsitzführung bemüht. (Abg. Mag. Stadler: Wir begrüßen das!)

Bitte, Herr Präsident Verzetnitsch.

11.40

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Herrn Abgeordneten Haider sehr aufmerksam zugehört, und es spricht für seine Flexibilität, wenn er innerhalb von ein paar Wochen Dinge anders sieht. Ich sehe das eigentlich als positiven Ansatz.

Wenn er vor wenigen Wochen noch der SPÖ anbietet, gemeinsam mit ihr das vorliegende Programm zur Arbeitszeitflexibilisierung im Parlament zu beschließen, wenn wir von den Arbeitnehmerschutzbestimmungen Abstand nehmen – ganz konkret zitiert aus Aussendungen der FPÖ vor wenigen Wochen (Abg. Dr. Haider: Steuerreform steht da drinnen!) –, dann sehe ich schon sehr große Flexibilität, die fortsetzbar ist.

Wo ist denn die Erklärung des Abgeordneten Haider hingekommen, der in Donawitz verlangt hat, man solle das Stahlwerk schließen? – Auch daran erinnern wir uns natürlich. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich kann auch durchaus auf aktuelle Dinge Bezug nehmen.

FPÖ-Vertreter haben zum Beispiel in der Arbeiterkammer am 21. November 1996 gegen eine KV-Bestimmung gestimmt, wodurch die Arbeitnehmer bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit abgesichert werden. Dabei wird deutlich, was die FPÖ unter Flexibilität versteht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. )

Es spricht auch sehr für sich, wenn heute wieder die Behauptung aufgestellt wird, mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit werde der gesamte Überstundenzuschlag entfallen. Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder in den Raum gestellt, die 10 Milliarden würden wegfallen, und wenn man die Arbeitszeitflexibilisierung einführt, werde es überhaupt keine Überstundenzuschläge mehr geben. – Die Arbeitnehmer werden in wenigen Tagen feststellen


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können, daß sie ihre Überstundenzuschläge weiterhin bekommen und diese nicht verlorengehen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. )

Das, was wir hier seit langem, seit mehr als einem Jahrzehnt erleben, ist eine sehr wechselhafte Geschichte zur Arbeitszeit. Da wird den Gewerkschaften Sturheit vorgeworfen, da wird den Gewerkschaften Starrheit vorgeworfen, da wird vom Abgeordneten Prinzhorn verlangt, daß Arbeitszeitregelungen ausschließlich in den Betrieben stattzufinden haben. Ich unterstelle das nicht dem Abgeordneten Prinzhorn, aber wir kennen Beispiele, daß die Unternehmensleitung zum Betriebsrat geht und sagt: entweder Flexibilität der Arbeitszeit oder Entlassung. – Ich glaube, daß der Weg Flexibilisierung nur über den Kollektivvertrag ein besserer Schutz ist als solch eine Idee, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. )

Das, was wir mit der Arbeitszeitflexibilisierung zustande gebracht haben, ist keine Mißachtung der Interessen der Arbeitnehmer. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Es findet kein "Wildwuchs" statt, wie er noch wenige Tage vor der Vereinbarung durch die Wirtschaftskammer angesagt war – ausschließlich über die Betriebsvereinbarung, das ist weg. Jetzt können Kollektivverträge verhandelt werden, Kollektivverträge auch mit deiner Mitwirkung. Zum Beispiel können Kollektivverträge fixieren: bei flexibler Arbeitszeit Arbeitszeitverkürzung oder – Kollege Nürnberger wird darauf noch eingehen – Zeitguthaben oder die Ansparmöglichkeit über mehrere Jahre, um einen größeren Freizeitblock zu erreichen.

Diese Arbeitszeitflexibilisierung ist keine Einbahnstraße, die sie aber geworden wäre, wenn sich die Wirtschaft, wenn sich Teile der ÖVP durchgesetzt hätten. Ich glaube, daß das ein richtiger Ansatz ist, zu dem wir uns letztendlich gemeinsam gefunden haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieser Entwurf entspricht dem Bedürfnis vieler Seiten, auch dem der Arbeitnehmer. Ich bin felsenfest davon überzeugt, daß es durch unser gemeinsames Ansinnen gelingen wird, über den Weg der Kollektivverträge die Interessen der Arbeitnehmer nicht zu behindern. Auch mir ist nicht unbekannt, daß die Frage der Flexibilisierung und vor allem die Frage der Sonntagsruhe öffentliche Debatten auslöst. Ich würde mir nur wünschen, daß der gleiche öffentliche Druck auch gegenüber Forderungen der Wirtschaftskammer vorliegt, wenn sie zum Beispiel wie gestern in der Presse verlangt hat, Feiertage zu streichen.

Ich würde mir wünschen, daß diesbezüglich die gleiche Aufregung aufkommt, wie das jetzt bei der Sonntagsruhe der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.) Die Gewerkschaft ist die einzige Organisation, die sich gegen solche Schritte wehrt. Ich würde mir wünschen, daß Kirche, FPÖ, ÖVP, wer immer das ist, gegen die Praktik der Landeshauptleute auftritt, wenn es darum geht, ganze Regionen zu Fremdenverkehrsregionen zu erklären, um die Ladenöffnungszeiten umgehen zu können. Das sind die Ansätze, um die es geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was machen wir? (Abg. Mag. Stadler: Welchen freiheitlichen Landeshauptmann meinen Sie jetzt?) – Ich habe gesagt, die FPÖ-Unterstützung würde ich mir wünschen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja euer Koalitionspartner! Ihr sitzt ja mit denen in der Koalition!) – Schreien Sie nicht nur wegen des Sonntags in der Öffentlichkeit, sondern schreien Sie auch wegen dieser Regelung in den Fremdenverkehrsregionen, dann wird es eine andere Debatte geben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir heute eine Regelung für die Sonntagsarbeit neu fixieren, so ist das eine qualitative Verbesserung. Wir dürfen doch nicht an der Realität vorbeigehen! Wie viele Betriebe treten an und sagen, sie wollen technologisch bedingt über das Wochenende arbeiten? – Da haben die Gewerkschaften keine Möglichkeiten, Einspruch zu erheben oder andere Mittel zu ergreifen. Da findet glatte Erpressung statt! Deswegen meine ich, daß diese Neuregelung sehr wohl auf die Interessen der Arbeitnehmer Rücksicht nimmt, und über den Kollektivvertrag sind dementsprechend andere Regelungen zu finden.

Neben den Ausnahmen in den Bereichen Gesundheit, Verkehr, Dienstleistung, Landwirtschaft, aber auch was die Religion betrifft, wird durch diese Maßnahme, die heute hier vorgeschlagen wird, klar und deutlich die Möglichkeit geschaffen, daß der Kollektivvertrag als Schutzmaßnahme wirken kann. Mittels dieses Kollektivvertrages kann man zum Beispiel auch eine


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zeitliche Befristung einer Zulassung vornehmen, damit man Erpressungsversuche internationaler Unternehmungen hintanhalten kann.

Ich werde mit großem Interesse verfolgen, wie Sie zu einem Entschließungsantrag und auch nachfolgend zur Praxis stehen werden – alle gemeinsam, die wir hier im Haus sitzen –, wenn es darum geht, daß die Sonntagsarbeit nach bestimmten Regelungen stattfinden soll. (Abg. Dr. Haider: Da brauchen Sie nur das Gesetz nicht zu beschließen!)

Herr Abgeordneter Haider! Sie sagen, wir brauchen das Gesetz nicht zu beschließen. Was ist dann? (Abg. Dr. Haider: Laßt es, wie es ist!) – Eben, lassen wir es, wie es ist, nämlich daß Betriebe antreten und sagen, aus technologiebedingten Gründen brauchen wir die Sonntagsarbeit (Abg. Dr. Haider: Also wollt ihr es doch aufmachen!) – ohne Mitspracherecht.

Jetzt kann so etwas nur mehr mit Mitspracherecht stattfinden – und sonst nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher möchte ich zum Schluß meiner Rede folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Steibl, Reitsamer, Dr. Feurstein und Kollegen betreffend Arbeitsruhegesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Novelle zum Arbeitsruhegesetz stellt der Nationalrat fest, daß der arbeitsfreie Sonntag auch künftig Grundprinzip der Arbeitszeitgestaltung ist. Eine generelle Aufhebung des Verbots der Sonntagsarbeit ist nicht vorgesehen.

Sonn- und Feiertagsarbeit bleibt daher grundsätzlich verboten und muß ausdrücklich zugelassen werden.

Die nach dem Arbeitsruhegesetz vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten werden daher im Sinne der von den Sozialpartnern abgegebenen Erklärungen restriktiv gehandhabt.

Zusätzlich geht der Nationalrat davon aus, daß jedenfalls geeignete sozial- und arbeitsrechtliche Bedingungen vorgesehen sind.

Der Nationalrat betrachtet den arbeitsfreien Sonntag als zur Kultur des gesellschaftlichen und familiären Zusammenlebens gehörig.

*****

Mit dieser Entschließung können Sie davon ausgehen – ich habe überhaupt nichts mit Erklärungen auch innerhalb der eigenen Fraktion, die den Sonntag in Frage stellen wollen, am Hut, ich sage das auch hier klar und deutlich –, daß die Sozialdemokratie vor allem aber auch die Gewerkschaften dafür sorgen werden, daß der Sonntag nicht zum Alltag wird. (Beifall bei der SPÖ.)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag trägt sechs Unterschriften, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

11.49

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aufgeregtheit, die jetzt hier herrscht, scheint mir unangebracht zu sein. Ich meine, man sollte doch versuchen, das Problem, das in den Mittelpunkt gestellt


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wurde, nämlich § 12a, einmal in aller Ruhe und mit Gelassenheit zu betrachten. Daß sich das Ganze in einem Gesamtgesetz bewegt, an dem wir aus liberaler Sicht einige Kritik anzubringen haben – mein Kollege Helmut Peter wird dazu auch noch das Wort ergreifen –, weil wir der Auffassung sind, daß die Inhalte zwar grundsätzlich stimmig sind, aber die Regelungsformen keineswegs zeitgemäßen Standards entsprechen, ist ein anderes Kapitel.

Ich wende mich jetzt ganz bewußt, weil es offenbar symbolisch, politisch zugespitzt wird, dem § 12a dieses Antrages zu. Ich möchte nur außer Streit stellen, daß ich der Meinung bin, niemand in diesem Haus verdient sich den Vorwurf, er vertrete keine redlichen Anliegen. Man kann über die Art und Weise streiten, wie Anliegen vertreten werden, aber a priori irgend jemandem zu unterstellen, daß er in einer Frage wie dieser keine redlichen Anliegen habe, halte ich für unerträglich.

Ich wollte das hier feststellen, denn auch bei Kritik muß man die Menschenwürde des Kritisierten schon auch ein bißchen beachten. Man kann sagen, es ist ganz falsch, es geht in die falsche Richtung, Sie machen etwas, was wir nicht akzeptieren können, Sie machen dies und jenes, wir sind dagegen, wir haben eine Mehrheit hinter uns beziehungsweise werden wir eine finden. Man darf aber niemandem unterstellen, daß böse Absicht im Spiel sei, wenn man sich bemüht, für die Regelung der Arbeitszeiten Rahmen zu finden, die mehr Beweglichkeit erlauben, und die ja keineswegs die Verantwortlichkeit aus dem System nehmen, denn das, was vorgesehen ist, delegiert die Verantwortung im konkreten Fall auf die Ebene der Kollektivvertragspartner. Natürlich kann man immer noch fragen, zu welchen Konditionen dies geschieht.

Aber daraus die "Abschaffung des Sonntags" zu machen, das kann ich nicht nachvollziehen. Der Sonntag trägt mehrere Elemente: Er ist der Tag, an dem keine Gerichtsverhandlungen stattfinden dürfen, er ist der Tag, an dem keine Ladungen zugestellt werden dürfen, und er trägt viele, viele andere Elemente. Er ist ein kulturelles Merkmal unserer Gesellschaft. Die Sieben-Tage-Woche ist nicht zufällig am Reißbrett entstanden, sie ist ein Viertel des Mondmonates, und seit Menschengedenken leben wir in einem solchen Zeitrhythmus. Er strukturiert unsere Zeit. Aber ich kann nicht erkennen, daß dieses Gesetz daraufhin orientiert wäre, diese Zeitstruktur vernichtet, sondern es ist ein – vielleicht nicht ganz geglückter, das gebe ich schon zu – Versuch, die Zeitstruktur lebbar zu machen, das heißt, gesellschaftliche, kulturelle, religiöse und sonstige Anliegen mit Notwendigkeiten des Gesamtüberlebens einer Gesellschaft zu kombinieren.

Ich meine, die Notwendigkeit, daß eine Gesellschaft sich selbsterhaltungsfähig hält, ist sowohl ein sozialpolitisches als auch ein wirtschaftspolitisches, einfach ein menschliches Anliegen. Und das wird hier zur höheren Ehre von populär wirkenden Forderungen und von theatralisch aufgebauschten, schwarzen oder roten – was immer Sie in diesem konkreten Fall wollen – Gespenstern, die an die Wand gemalt werden, in den Hintergrund gedrängt, und das eigentliche Problem, das wir haben, nämlich daß wir schonende und lebbare und für die Menschen nicht zur Ausbeutung führende Formen der Flexibilisierung brauchen, das verschwindet völlig hinter dem Horizont.

Ich meine daher, daß diese Aufgeregtheit unangebracht ist. Die Allianzen, die sich da gebildet haben, sind – erlauben Sie mir diesen Ausdruck – nicht heilig, es fehlt vielmehr davor noch ein Wort; und um mir keinen Ordnungsruf einzuhandeln, lasse ich es weg. Diese Allianzen sind nicht heilig. Sie sind billig, sie sind effektheischend. Und das sage ich, obwohl bei dieser Diskussion ein Generalvikar gesessen ist, den ich persönlich durchaus schätze. Er hätte das nicht notwendig gehabt, er hat andere Möglichkeiten, sich zu artikulieren.

Ich erinnere mich an den Antrag der grünen Fraktion, den Kollege Öllinger in den Ausschußberatungen eingebracht hat: Man möge den §12a Abs. 1 dahin gehend ändern, daß, wenn es technologisch notwendig erscheint, auch die Kollektivvertragspartner ermächtigt sein sollen, Ausnahmen zu genehmigen.

Der Abgeordnete der Grünen hat im Ausschuß also noch gewußt, daß es sinnvoll sein kann, den Kollektivvertragspartnern aus technologischen Gründen Ausnahmemöglichkeiten einzu


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räumen. Heute beziehungsweise in den letzten Tagen, im Zuge einer Trendwende, soll der ganze § 12a eliminiert werden, obwohl er im Verständnis des Kollegen Öllinger in der Ausschußsitzung zu wenig weit gegangen ist. Im Antrag, der hier zur Debatte steht, ist von technologischen Gründen keine Rede. Die technologischen Gründe sind im übrigen im Verordnungsweg durch den Minister regelbar. Daher ist es mir, wenn es nicht eine Verordnung des Ministers ist, sondern wenn es die Kollektivvertragspartner sein können, allemal lieber, denn das ist näher am Problem, vielleicht nicht unbedingt schneller – möglicherweise ist es aber schneller –, jedenfalls wesentlich problemorientierter, als wenn das über einen behördlichen Vorgang, das heißt, über eine Verordnung geschehen muß, die im übrigen inhaltlich hoffentlich ohnedies dasselbe bedeuten würde. Mir ist die Flexibilität des Kollektivvertrages lieber.

Die liberale Fraktion bringt daher einen Abänderungsantrag ein, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier und PartnerInnen zum Antrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Leopold Maderthaner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (408/A)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel II

Änderung des Arbeitsruhegesetzes

In Ziffer 4 lautet §12a Absatz 1 wie folgt:

"(1) Der Kollektivvertrag kann in einzelnen Fällen weitere Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe zulassen, wenn dies technologisch oder zur Verhinderung unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteile sowie zur Sicherung der Beschäftigung erforderlich ist."

*****

Das ist eine Synthese – ich gebe das offen zu – des Antrages der Regierungsfraktionen mit dem, was der Kollege Öllinger im Ausschuß noch gewußt hat; jetzt, so scheint es, hat er es vergessen.

Ich glaube, daß das eine kompromißfähige Variante sein sollte. Ich bin der Meinung, wenn alle zu dem stehen, was sie dort sagen, wo nicht so viele zuhören, wenn sie das auch dort wiederholen würden, wo alle zuhören und die Öffentlichkeit mit im Raum ist, dann müßte das Recht mehrheitsfähig sein.

Ich habe im übrigen im Ausschuß diesem Antrag des Kollegen Öllinger zugestimmt, weil er mir sehr konstruktiv erschien. Deswegen bin ich sehr enttäuscht, daß gerade die grüne Fraktion offenbar ihre eigenen Grundwerte verlassen hat. Plötzlich wurde ein technischer Zwang zur Auflockerung von humanen Rechten anerkannt. Ich sage Ihnen, es ist sachlich vernünftig, nur: Warum jetzt dieser Paradigmawechsel kommt, warum jetzt auf einmal der ganze § 12a entfernt werden muß, wo gerade noch ein grüner Abgeordneter selbst sich der Technik unterworfen hätte, das verstehe ich nicht. Und jetzt will er nicht einmal mehr menschliche Gründe gelten lassen, denn die Abwehr unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteile und die Sicherung von Beschäftigung sind humane Gründe für eine Ausnahme, das sind die menschenbegründeten Ausnahmen.

Daher bitten wir die Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses, diesem Abänderungsantrag, der vielleicht ein Beitrag dazu sein kann, daß sich diese sehr verkrampfte Diskussion entspannt, die Zustimmung zu geben. Ausnahmen gibt es jetzt schon, wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Dinge einfach gar nicht anders machbar sind, als 24 Stunden pro Tag


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und 365 Tage im Jahr; die Infrastruktur im Verkehr zum Beispiel, das Gesundheitswesen, das Sicherheitswesen – ich zähle Ihnen das nicht alles auf. Nach den Debattenbeiträgen der Vorredner hätten wir hier offenbar eine Gesinnung, daß der Polizist ein Mensch zweiter Klasse ist, wenn er in der Nacht patrouilliert, daß der Eisenbahner, der um Mitternacht fährt, offenbar ein Paria ist, den man nicht schützen muß, und daß die Krankenschwester, die in der Nacht Dienst macht und der Arzt, der Notdienst macht, Menschen sind, die offensichtlich nicht vom Schutzbedürfnis der "Schutzheiligen", die heute hier gesprochen haben, erfaßt sind.

Ich sage Ihnen: Sie sind genauso schutzbedürftig, daher gibt es durchaus begleitende Rahmenbedingungen für diese Leute. Das zeichnet sich teilweise in der Bezahlung ab, teilweise in anderen Elementen. Genau dasselbe kann überall dort gemacht, wo Ausnahmen geschaffen werden. Daher bitte ich hier wirklich herzlich, Arbeitnehmerschutzrechte nicht als Argument zu mißbrauchen, um kurzfristige, populäre Effekte zu erhaschen. Dazu ist der Sonntag nämlich wirklich aus kulturellen Gründen einfach zu wichtig, als daß man ihn dafür verwendet, scheinheilig zu sein. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemeldet. – Bitte.

11.58

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Artikel 52 unserer Bundesverfassung regelt, daß der Nationalrat seinen Wünschen über die Ausübung der Vollziehung durch Entschließungsanträge und Entschließungen Ausdruck verleihen kann. Der vom Abgeordneten Verzetnitsch eingebrachte und gegenwärtig in Behandlung stehende Entschließungsantrag stellt mit keinem einzigen Satz einen Wunsch an die Vollziehung dar, sondern hat den Inhalt einer Ausschußfeststellung, weil er nämlich für den Nationalrat feststellt, was der Nationalrat heute angeblich selber als Wunsch beschließen möchte.

Mit keinem einzigen Satz wird darin zum Ausdruck gebracht, worin der Wunsch über die Ausübung der Vollziehung bestehen soll, und es ist insbesondere auch die Bundesregierung nicht als Adressat dieses als "Entschließungsantrag" übertitelten und nicht geschäftsordnungsgemäß eingebrachten Textes einer Ausschußfeststellung erkennbar.

Daher bitte ich Sie, Herr Präsident, diesen Entschließungsantrag im Sinne der Geschäftsordnung nicht weiter für die Beratungen zuzulassen.

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich habe mir diesen Entschließungsantrag durchgelesen. Ich habe mir auch die Frage gestellt, ob der Charakter einer Entschließung deutlich genug zum Ausdruck kommt. Ich erinnere mich aber an etwa ein halbes Dutzend Entschließungsanträge, zuletzt zum Beispiel jene über die Politikerbesteuerung, als der Nationalrat die Praxis gewählt hat, quasi Feststellungen zu treffen oder die Formulierung zu wählen, der Nationalrat geht davon aus, daß dieses oder jenes der Fall sein möge.

Ich habe keinen Anlaß gesehen, jetzt in diesem Fall einen strengeren Maßstab anzulegen als bei anderen Anträgen. Wenn es gewünscht ist, können wir diese langjährige Praxis des Nationalrates bei Entschließungsanträgen, die mir aber verfassungsgesetzlich gedeckt erscheint, einmal in der Präsidialsitzung besprechen. Denn: Wünschen Ausdruck zu verleihen, kann man wahrscheinlich in verschiedener Form, insbesondere in der Außenpolitik gibt es auch Präjudizfälle. – Das war der Grund dafür, daß ich die Erklärung abgegeben habe. Der Antrag steht ordnungsgemäß mit zur Verhandlung, und bei diesem Statement bleibe ich.

Auch der Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Kier ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte.


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12.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin meinem Vorredner, der gerade den Saal verläßt, sehr dankbar. Er hat nämlich durch seine Rede die Aufregung, die durch den ersten Debattenbeitrag entstanden ist, ein bißchen überwunden und wieder Ruhe in den Saal gebracht. Lieber Kollege Kier, recht herzlichen Dank!

Meine Damen und Herren! Man sollte diese Diskussion hier wirklich in aller Ruhe und sehr sachlich führen, handelt es sich doch um ein Gesetz, das aus unserer Sicht den größten Modernisierungsschub in der Arbeitszeitgesetzgebung seit vielen Jahren bringt. Dieses Gesetz wird etwas nachvollziehen, was andere europäische Staaten schon in den letzten Jahren gemacht haben, nämlich flexiblere Regelungen einführen, mehr Spielraum schaffen.

Dieses Arbeitszeitgesetz ist nämlich nicht nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz: Es ist alles erlaubt, was nicht verboten ist! konzipiert, sondern es ist ein Gesetz, das den allgemeinen Rechtsgrundsatz umgedreht hat: Es ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Ich bin, ehrlich gesagt, sehr froh darüber, daß nun eine gewisse Durchlüftung, gewisse Freiräume geschaffen werden und daß nach zwölf Jahren Verhandlungen heute dieses weitreichende Gesetz zur Beschlußfassung vorliegt.

Meine Damen und Herren! Ich habe deshalb "nach zwölf Jahren" gesagt, weil bereits im Jahr 1985 – es war damals noch, Frau Ministerin, Ihr Vorvorvorgänger, Sozialminister Dallinger, für dieses Ressort verantwortlich – die Wirtschaftskammer Österreich sehr detaillierte Vorschläge gemacht hat dahin gehend, wie das Arbeitszeitrecht entsprechend flexibler und liberaler gestaltet werden sollte.

Ich glaube, daß es uns heute mit diesem Gesetz gelingen wird, die Weichen in eine Richtung zu stellen, die weltweit und auch in den wichtigsten Industriestaaten Europas eingeschlagen wurde, nämlich im Hinblick auf die globalen Herausforderungen der Wirtschaft Möglichkeiten einer flexibleren Gestaltung zu schaffen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich halte das neue Gesetz auch für viel ehrlicher als das bisherige Gesetz, und zwar deshalb für ehrlicher, weil – wir alle wissen das – das, was in den letzten Jahren in der Praxis der Betriebe – und zwar einvernehmlich zwischen Unternehmen, Betriebsräten und Arbeitnehmern – vereinbart wurde, sehr oft jenseits des Gesetzes war – praeter legem –, nicht aus Jux und Tollerei, sondern aus der Notwendigkeit heraus, im beinharten Wettbewerb, dem wir ausgesetzt sind, Arbeitsplätze zu sichern.

Meine Damen und Herren! Insofern ist es für mich viel ehrlicher, wenn der Gesetzgeber eine Entwicklung nachvollzieht, die in der wirtschaftlichen Praxis in den letzten Jahren schon sehr weit gegangen ist. Es bedeutet mehr Ehrlichkeit in der Arbeitszeitpolitik und Arbeitszeitgestaltung. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Stichwort war für mich jetzt die Ehrlichkeit. Lassen Sie mich das Stichwort der Ehrlichkeit zur Diskussion um die Sonntagsarbeit aufgreifen.

Meine Damen und Herren! Bei allem Respekt vor dem Tag des Herrn, bei aller Bekenntnis zu den Grundwerten unserer Gesellschaft: Führen wir doch diese Diskussion um die Sonntagsarbeit ein bißchen ehrlicher, ein bißchen weniger scheinheilig und auch ein bißchen weniger egoistisch! (Beifall bei der ÖVP.)

Führen wir sie ein bißchen weniger egoistisch! – Was meine ich damit? – Jeder von uns – ich nehme niemanden aus – will haben, wenn er am Sonntag hungrig ist, daß im Gasthaus ein Koch zur Verfügung steht, daß ihm ein Kellner serviert. Jeder, der am Sonntag vom Ort A in den Ort B fahren will, ist froh, daß ein Straßenbahner da ist, ein Eisenbahner da ist, ein Flugzeug fliegt, ein Pilot arbeitet und so weiter. Jeder von uns, der am Sonntag erkrankt, will haben, daß ein Arzt, eine Krankenpflege zur Verfügung steht. Jeder von uns, der am Sonntag einen Gottesdienst besucht, will natürlich haben, daß der Pfarrer die Messe liest.


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Meine Damen und Herren! Seien wir ein bißchen weniger egoistisch. Denken wir vor allem auch an jene im Arbeiterbereich, die Arbeitsplätze vielfach nur dadurch bekommen, daß am Sonntag gearbeitet wird. Viele Betriebe können einen Standort nur nach dem Grundsatz auswählen: Kann dort durchgehend gearbeitet werden, ja oder nein?

Lassen Sie mich folgendes sehr deutlich sagen: Mir ist es lieber, es wird am Sonntag gearbeitet, als es wird die ganze Woche nicht gearbeitet, weil die Arbeitsplätze nicht vorhanden sind. – Meine Damen und Herren! Das ist heute die wirtschaftliche Realität! (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich noch etwas sagen: Der Gesetzgeber überträgt ein großes Maß an Verantwortung an die Kollektivvertragspartner. Es möge einer hier in diesem Hohen Haus aufstehen und den Sozialpartnern nachweisen, daß sie in den letzten 50 Jahren nicht mit einem hohen Maß an Verantwortung in diesem Bereich agiert hätten. Meine Damen und Herren! Wer wagt es, zu sagen: Ich vertraue nicht auf die Verantwortung der Sozialpartner!? – Ich glaube, das kann in diesem Haus niemand sagen.

Ich glaube daher, es ist vom Gesetzgeber sehr weise, daß die Sozialpartner, die Kollektivvertragspartner unter sehr restriktiven Voraussetzungen, unter der Voraussetzung, daß wirtschaftlicher Schaden verhindert werden und Arbeitsplätze gesichert werden sollen, Verträge abschließen können. Wer wagt es aufgrund dieser restriktiven Voraussetzung, die die Sonntagsarbeit nicht generell einführt, sondern nur sehr spezifisch, sehr restriktiv erlaubt, zu sagen: Wir wollen am Sonntag nicht arbeiten, und die Leute sollen keine Arbeit haben!? – Meine Damen und Herren! Wer das haben möchte, soll herausgehen und das hier sagen.

Lassen Sie mich aber folgendes auch noch sagen: Dieses Gesetz, das wir heute beschließen, ist für mich als einen, der in der Sozialpartnerschaft tätig ist, auch deshalb erfreulich, weil die Verhandlungen – vor allem jene der letzten Wochen – bewiesen haben, daß die Sozialpartnerschaft noch Problemlösungskompetenz besitzt.

Ich gebe gerne zu: Wir haben in der Frage Kollektivvertrag allein oder Betriebsvereinbarung grundsätzlich andere Positionen gehabt. Ich bin aber sehr froh darüber, daß wir auch da den Ausweg gefunden haben, nämlich den Ausweg eines Vermittlungsverfahrens, womit die Verantwortung letztlich wieder bei den Sozialpartnern liegt.

Ich glaube, daß sowohl die Regierung als auch dieses Hohe Haus wahrscheinlich gar nicht so unglücklich sind, wenn die Sozialpartner diese Verantwortung übernehmen, wie schon sehr oft in den letzten 50 Jahren gewisse heiße Kartoffeln den Sozialpartnern zur Problemlösung überlassen wurden. Wir bekennen uns dazu, daß wir bereit sind, diese Problemlösungskompetenz auch einzubringen.

Zu der Frage, die immer wieder angeschnitten wird: Wem nützt eigentlich die flexible Arbeitszeit? Nützt sie denn eigentlich nicht nur den Betrieben? – Meine Damen und Herren! Lösen wir uns von diesem kleinkarierten Kasterldenken: Auf der einen Seite sind die Arbeitgeber, auf der anderen die Arbeitnehmer. Ich glaube, gerade die flexible Arbeitszeit ist ein sehr schöner Beweis dafür, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Boot sitzen, daß es beiden nützt. Wem nützt es, wenn ein Betrieb konkurrenzfähig ist, wenn Arbeitsplätze gesichert werden? (Abg. Dolinschek: Der Schattenwirtschaft!) Das nützt den Arbeitnehmern und den Betrieben. – Herr Kollege! Machen Sie keine demagogischen Zwischenrufe, anerkennen Sie die Priorität der Arbeitsplätze! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie nützt den Arbeitnehmern auch deshalb, weil die Möglichkeiten, die wir heute mit diesem Gesetz einräumen, auch längere, zusammenhängende Freizeitblöcke ermöglichen.

Trennen wir uns also von dieser überholten Philosophie: hier die Arbeitgeber, dort die Arbeitnehmer. Wir sitzen in einem Boot. Es sind beide gefordert. Der Wettbewerb ist hart wie nie zuvor. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Ich bin froh darüber, daß wir heute ein Gesetz beschließen, das ein Beitrag dazu sein wird, daß der Wirtschaftsstandort Österreich gefestigter und damit die Sicherheit der Arbeitsplätze auch in den nächsten Jahren leichter möglich ist als ohne dieses Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

12.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

12.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht zufällig diskutieren wir das Thema "Ausweitung der Sonntagsarbeit" im Rahmen einer Gesetzgebung, die sich mit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten beschäftigt. Wer da noch hergeht und behauptet, es handle sich nicht um eine Verschlechterung im Hinblick auf die Sonntagsruhe, sondern – im Gegenteil – um eine Verschärfung, der weiß sehr wohl, daß er wider seine eigene Einsicht und wider dieses Gesetz hier spricht.

Es geht bei der Flexibilisierung schlicht und einfach – und das haben Sie ja sehr schön gesagt – um die Ausweitung von Arbeitszeiten. (Abg. Dr. Stummvoll: Die Sicherung der Arbeitsplätze!) Es geht im Prinzip um die Flexibilisierung von Arbeitsmärkten quer durch Europa, wo wir hier in Österreich inzwischen auch schon keinen Rahmen mehr setzen wollen.

Wir diskutieren hier im Rahmen dieser Debatte über die Flexibilisierung von Arbeitsmärkten, über die Aufhebung von Nachtarbeitsbestimmungen, über die Aufhebung von Feiertagsbestimmungen, über die Einschränkung von Sonntagsruhebestimmungen, über die Ausweitung der Arbeitszeiten und über die Ausweitung des Leistens von Überstunden, ohne Überstundenzuschläge zu bezahlen. Es muß daher die Frage erlaubt sein: Dient die Wirtschaft dem Menschen, oder dient der Mensch der Wirtschaft?

Diese Frage, Herr Abgeordneter Stummvoll, gilt es auch zu behandeln und zu beantworten. Die Antwort aber, die Sie darauf geben, ist falsch! Es darf nicht sein, daß jedes zeitliche und kulturelle Maß, jede kulturelle, religiöse und soziale Tradition in der Debatte über die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsmärkten verlorengeht. Genau das ist aber der Fall! (Abg. Dr. Stummvoll: Das geschieht ja nicht!)

Ich erinnere nur daran, Herr Abgeordneter Stummvoll, daß wir es in Österreich heute mit folgender Überstundensituation zu tun haben: Lag das Ausmaß der geleisteten Überstunden vor einigen Jahren noch bei 20 Millionen pro Jahr, so ist es inzwischen wesentlich angestiegen, und zwar auf 1 Million Überstunden pro Woche! Rechnen Sie das auf ein Jahr um: Gleichgültig, ob die Urlaubszeit herausgerechnet wird oder nicht, halten wir heute bei 40 bis 50 Millionen Überstunden pro Jahr. Innerhalb weniger Jahre hat sich das Ausmaß an Überstunden insgesamt verdoppelt! (Abg. Dr. Stummvoll: Diese werden weniger werden durch die Flexibilisierung! Deshalb brauchen wir die Flexibilisierung! Flexibilisierung heißt Abbau von Überstunden, Herr Kollege!)

Was Sie mit diesen Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen erreichen, ist nur das Umtaufen von Überstunden, die vorher mit Zuschlägen entlohnt wurden, in Mehrarbeitsstunden, die nicht mehr mit Zuschlägen entlohnt werden. Das ist das besondere Problem bei dieser Flexibilisierungsmaßnahme. Es ist das keine Maßnahme zur Eindämmung von Überstunden.

Ich kann Ihnen die Zahlen nennen: Gerade im Bereich der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die im Ausmaß von 0 bis ungefähr 30 Stunden pro Woche arbeiten, ist die Steigerung der Mehrarbeit, das Ausmaß der Arbeitszeit, die über die Normarbeitszeit hinausgeht, am höchsten. Es sind die Teilzeitarbeiterinnen und -arbeiter, die jetzt schon den höchsten Anstieg an Überstunden – und zwar nicht an bezahlten Überstunden; eigentlich ist das ein falscher Begriff –, an Mehrzeit zu verzeichnen haben.

In diesem Bereich fängt das Problem an, da bieten Sie mit den Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen, die mit diesem Gesetz beschlossen werden, überhaupt keinen Schutz. Im Gegenteil! Die Möglichkeiten, in diesem Bereich Mehrarbeit zu leisten, werden ausgeweitet, gerade für jene Berufsgruppen und die Beschäftigten jener Branchen, die jetzt schon dem


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stärksten Druck ausgesetzt sind und die, weil ein geringeres Ausmaß an täglicher Arbeitszeit vereinbart ist, diesem Druck nicht ausweichen können, es sei denn, sie riskieren ihren Arbeitsplatz.

Meine Damen und Herren! Es geht um die allseitige Verfügbarkeit. Ich weiß, daß es nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für die Unternehmen schwierig ist, in dieser Situation nein zu sagen. Für Unternehmen ist das schwierig, wenn sie beispielsweise als Zulieferer großer Konzerne davon abhängig sind, daß ein Auftrag an sie vergeben wird. Aber es geht um die Frage: Wo positioniert sich dieses Land? Wo stehen wir? – Und damit komme ich zum Thema Sonntagsarbeit, dem eigentlichen Thema dieser Debatte.

Meine Damen und Herren! Eines ist klar: Die Sonntagsarbeit in Österreich beziehungsweise die Ausnahmen davon sind von den Sozialpartnern bisher unter dem Tisch gehandelt worden, und zwar unter dem Motto: Nur nicht darüber reden, wir machen das schon!, während in Deutschland, Herr Abgeordneter Nürnberger, beispielsweise im Bereich der IG Metall Widerstand gegen die Ausweitung der Sonntagsarbeit in einem Konzern, der auch in Österreich eine Produktionsstätte hat, geleistet wurde. Es wurde deutlich gesagt: Mit uns geht das nicht! Die Produktion ist dann in Österreich erfolgt, wo sich die Gewerkschaft sehr wohl bereit erklärt hat, diese Sonntagsarbeit stattfinden zu lassen.

Es gibt auch andere Beispiele, nicht nur jenes dieses Konzerns mit einer Produktionsstätte in Österreich, in einem südlichen Bundesland, an denen man erkennen kann – in diesem Punkt will ich auch dem Abgeordneten Kier antworten –, daß die Sozialpartner bisher in alle Ausnahmeregelungen mit einbezogen waren. Es hat keine Ausweitung von Sonntagsarbeit gegeben, bei der nicht die Sozialpartner mit einbezogen waren. Ich nenne das Beispiel Suzuki. (Abg. Verzetnitsch: Gutachten! Keine Zustimmung und Ablehnung möglich!)  – Das stimmt ja nicht, Kollege Verzetnitsch!

Ich nenne das Beispiel Suzuki. Da wurde ein Betrieb angesiedelt, eine Textilspinnerei, die von vornherein erklärt hat: Wir machen das nur, wenn wir sieben Tage in der Woche rund um die Uhr arbeiten können. Wir brauchen das aus technologiepolitischen Gründen. (Abg. Verzetnitsch: Alle sind gerannt und haben gesagt: Wir wollen es!) Schließlich hat auch die Gewerkschaft zugestimmt mit der Begründung, daß es notwendig ist, aus technologiepolitischen Gründen eine Ausnahme zu machen. Später aber hat sich herausgestellt, daß die technologiepolitischen Gründe vom Betrieb nur vorgeschoben waren und daß es möglich gewesen wäre, auch in diesem Betrieb den Rund-um-die-Uhr-Schichtbetrieb einzuschränken beziehungsweise die Produktion auf die Fünftagewoche einzuschränken.

Unbestreitbar waren in diesem Fall die Gewerkschaft und die Unternehmerseite beteiligt. (Abg. Verzetnitsch: Gutachten!) Ich frage mich aber, was durch dieses neue Verfahren verändert wird. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. ) Gar nichts wird verändert, Kollege Verzetnitsch! Es gibt nach wie vor die Ausnahmen. In all diesen Ausnahmefällen nach § 12 sind die Sozialpartner zumindest anzuhören. Und bisher ist noch keine Ausnahme beschlossen worden, wenn die Gewerkschaft nicht zugestimmt hat; zumindest ist mir keine bekannt. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Es gibt nach wie vor die Ausnahmen aus technologiepolitischen Gründen beziehungsweise aus den besonderen Gründen, die im § 12 geregelt werden. Weiters gibt es jetzt zusätzliche Ausnahmen, die aus wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Gründen genehmigt werden sollen. Es handelt sich also um keine Verschärfung, sondern eindeutig um eine Erweiterung der Ausnahmemöglichkeiten – darüber brauchen wir nicht mehr zu diskutieren.

Aufgrund der Debatte der letzten Tage, insbesondere der Nebelbomben, die von sozialdemokratischer Seite geworfen wurden, frage ich: Wird hier wider besseres Wissen gehandelt? – Und ich muß sagen: Offensichtlich ist es so. Entweder kennen die Damen und Herren, die sich in den letzten Tagen dazu zu Wort gemeldet und behauptet haben, es handle sich dabei um eine Verschärfung, das Gesetz nicht – dann sollten sie heute nicht darüber abstimmen; auch Sie, Herr Kollege Guggenberger –, oder sie kennen sehr wohl die Bestimmungen, aber dann können


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sie nicht mehr sagen, es handle sich um eine Verschärfung der Ausnahmemöglichkeiten für die Sonntagsarbeit. Denn selbstverständlich ist es eine Erweiterung der Ausnahmemöglichkeiten ad infinitum.

Ich brauche mir zur Bestätigung nur die einschlägigen Stellungnahmen von Wirtschaftsseite anzusehen. Wir sind heute schon mehrmals aufgerufen worden, dieses Thema nicht emotional, sondern sachlich zu diskutieren. Auch Herr Martin Mayr, Leiter der Sozialpolitischen Abteilung der Bundeswirtschaftskammer, spricht davon, daß die Diskussion sachlich geführt werden solle, und führt in diesem Sinn an:

Angesichts schärferer Wettbewerbsbedingungen und neuer Produktionsmethoden ist damit zu rechnen, daß in Zukunft das Ausmaß der Arbeit am Wochenende zunimmt. Dies haben offenbar auch die Regierungsparteien und der ÖGB erkannt, denn die jüngste Einigung enthält auch den wichtigen Punkt, daß die Kollektivvertragspartner in Zukunft auch die Arbeit am Wochenende zulassen können. Diese überaus vernünftige Maßnahme dient der Sicherung von Arbeitsplätzen wesentlich mehr als emotionsgeladene Polit-Spektakel.

Was wird damit gesagt? – Selbstverständlich geht es um die Ausweitung der Sonntagsarbeit, selbstverständlich steht das zur Debatte. Und selbstverständlich erwartet die Wirtschaft, daß der Ausweitung von Sonntagsarbeit Rechnung getragen wird.

Wenn von gewerkschaftlicher Seite behauptet wird, der Kollektivvertrag biete einen genügend starken Schutz, um das zu verhindern, dann erinnere ich an folgendes: Die Gewerkschaft war in der Vergangenheit, wenn es um Ausnahmen für einzelne Betriebe ging, offensichtlich nicht stark genug; sie hat nicht in der Öffentlichkeit laut aufgeschrien, sondern immer und unter allen Bedingungen zugestimmt, auch wenn sie wußte, daß die Schwestergewerkschaft in Deutschland diese Ausnahmen nicht haben wollte. Österreich war immer und allzeit bereit, diese Ausnahmen zu erdulden. – Siemens.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten das Thema ernster betrachten, und kann nur sagen: Mit dieser Regelung wird eine Tendenz eingeleitet, die klarerweise dazu führt, den Sonntag, die Feiertagsruhe und Wochenendruhe wirtschaftlichen Prämissen und wirtschaftlichen Prioritäten unterzuordnen. (Abg. Verzetnitsch: Was wäre, wenn wir nichts ändern?)

Selbstverständlich wird das von Ihnen verlangt. Ich weiß, auch in anderen Ländern gibt es diese Debatte über die Sonntagsarbeit. Die Frage ist, ob man sie mit einem Achselzucken zur Kenntnis nimmt und versucht, diesen Bedingungen Rechnung zu tragen, oder ob man auch eine Debatte über den Stellenwert von freien Tagen, von Sonntagen und von Wochenendruhe führt. Von Ihrer Seite habe ich diese Debatte bisher vermißt, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! (Abg. Verzetnitsch: Nachlesen!) Es ist nur gesagt worden – genauso wie von seiten der ÖVP –: Wir wollen ja nur, daß im Rahmen des Möglichen – Verschärfung und so weiter – einige Ausnahmen ermöglicht werden, und selbstverständlich werden wir nicht weiter gehen. – Geht es nicht eigentlich um andere Themen? (Abg. Verzetnitsch: Das wird der ÖGB beschließen!)

Geht es nicht eigentlich um andere Themen, die wir heute hier diskutieren sollten: um den tatsächlichen Stellenwert von Sonntagsruhe, darum, welcher Prozeß damit eingeleitet wird, und um den wirtschaftlichen Druck, dem sich offensichtlich auch in Österreich der Gesetzgeber und die Kollektivvertragsparteien unterordnen wollen und sollen? Geht es in Wirklichkeit nicht darum, daß wir uns in einer Situation befinden, in der auf der einen Seite immer mehr Menschen immer mehr arbeiten, immer mehr Zeit in die Arbeit investieren müssen und immer weniger vom Leben herausbekommen, auf der anderen Seite aber Hunderttausende Menschen – die Zahl ist steigend – dazu verdammt sind, arbeitslos zu sein, weil der wirtschaftliche Zyklus, der wirtschaftliche Druck, die wirtschaftlichen Prämissen offensichtlich so gelagert sind, daß ihnen keine Chance gegeben werden soll, an diesem Leben teilzunehmen? (Abg. Verzetnitsch: Zeitguthaben!)

Meine Damen und Herren! Mit dem Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz, das Sie heute beschließen wollen, machen Sie einen weiteren Schritt in diese Richtung. Alle anerkannten Wirt


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schaftswissenschafter werden Ihnen bestätigen, daß Arbeitszeitflexibilisierung, wenn überhaupt, nur dann sinnvoll ist, wenn sie mit Arbeitszeitverkürzung gekoppelt ist.

Ich weiß schon, jetzt kommt wieder die Gewerkschaft und sagt: Das konnten wir nicht durchsetzen, aber immerhin haben wir jetzt eine Arbeitszeitflexibilisierung, die es ermöglicht, Zeitguthaben zu bilden. (Abg. Verzetnitsch: Wir haben die Möglichkeit, Arbeitszeitverkürzungen zu machen!)

Kollege Verzetnitsch, ich habe vorhin schon auf die Ausweitung der in Österreich geleisteten Überstunden hingewiesen! (Abg. Verzetnitsch: Zurückschrauben!) Mit den Maßnahmen, die Sie heute hier beschließen, dämmen Sie das Ausmaß der Mehrarbeit, der Mehrzeit, die die Leute in den Betrieben verbringen müssen, nicht ein. Im Gegenteil: Das Ausmaß wird erweitert. Alle Rahmenbedingungen dieses Gesetzes sind geeignet, Mehrarbeit zu ermöglichen.

Damit komme ich auf die Sonntagsarbeit zurück. Ich halte es für falsch, das Signal zu geben, das Sie mit dieser Ausnahme tatsächlich geben. (Abg. Verzetnitsch: Wenn wir beim gegenwärtigen Zustand bleiben, ist es noch schlechter!) Sie sind im Prinzip bereit, wirtschaftlichen Prämissen alles, auch den Sonntag, unterzuordnen! Es geht nicht, wie Kollege Kier gemeint hat, um die Scheinheiligkeit oder die Heiligkeit dieses Tages, sondern es geht um sehr viel mehr bei dieser Frage.

Natürlich ist der Sonntag auch ein Eckstein für Menschen, die sich einer religiösen Tradition verpflichtet fühlen. Selbstverständlich haben sie das Recht, ihre Traditionen und Werte in diese Gesellschaft einzubringen und zu erwarten, daß sich die Gesellschaft daran orientiert. Selbstverständlich geht es darum – wie in dem interessanten Beitrag des Kollegen Rudas, des neuen Bundesgeschäftsführers der SPÖ, angesprochen –, was wir vom Sonntag wollen: Wollen wir uns in dieser Gesellschaft ein Ausmaß an sozialer Zeit erhalten, das es uns ermöglicht, unsere Beziehungen, unsere Kultur, unsere religiösen Traditionen und unsere familiären Beziehungen zu pflegen, oder wollen wir einen Zuwachs an individueller Verfügung über die Zeit?

Ich sage klar: Es geht darum, daß die sozialen Zeiten erhalten bleiben und ausgeweitet werden. In den letzten Jahren sind nicht nur die Arbeitszeiten ausgeweitet worden, sondern für bestimmte Gruppen hat auch die individuelle Verfügung über die freie Zeit zugenommen. Was aber abgenommen hat, sind die gemeinsamen sozialen Zeiten – egal, ob man sie bei der Feuerwehr, in der Familie, in der Kirche, in politischen Parteien und Vereinen oder in sozialen Einrichtungen verbringt. (Abg. Dr. Mertel: Gesangsverein!) Genau darum geht es, meine Damen und Herren! Und mit den Einschränkungen der Sonntagsruhe, die Sie heute hier beschließen, öffnen Sie die Tür dazu, diese soziale Zeit weiter einzuschränken.

Das, was Herr Bundesgeschäftsführer Rudas als Vorschlag eingebracht hat, ist unglaublich naiv, jedoch charakteristisch für die Entwicklung einer Partei, die sich "sozialdemokratisch" nennt, wenn ihr Bundesgeschäftsführer heute hergehen und fragen kann: Warum denn nicht den Sonntag gegen irgendeinen anderen freien Tag tauschen? Man könne doch versuchen, den anderen freien Tag so zu organisieren, daß der Betroffene die Familie um sich haben kann. – Er kann offensichtlich nicht einmal über seinen eigenen Tellerrand hinausdenken.

Man könnte sich zwar irgendeinen Wochentag als freien Tag für sich selbst organisieren, aber selbstverständlich wäre es nicht möglich, ihn auch zur Pflege sozialer Beziehungen zu organisieren, egal, ob es die Familie oder eine Tätigkeit in einer sozialen Einrichtung betrifft. Das ist nicht möglich! – Es charakterisiert die politische Entwicklung in diesem Land, daß man einen solchen Vorschlag überhaupt in den Kopf bekommen kann, ohne gleichzeitig auch die Folgen zu bedenken, ja daß man einen solchen Vorschlag als Luftballon steigen lassen kann, ohne zu bedenken, welche sozialen Folgen damit verbunden sind.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Daran tragen auch Sie ein gerüttelt Maß an Schuld! Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokratischen Partei einfach nur solche Luftblasen steigen läßt, sondern dahinter muß wohl eine Absicht stehen. Damit muß wohl das erklärte Ziel verbunden sein, bestimmten


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Interessen zum Durchbruch zu verhelfen. Er kann wohl kaum nur gemeint haben, irgendwie werde sich das schon ausgehen.

Meine Damen und Herren! Das ist das Problem, das wir mit der Sonntagsarbeit haben, mit diesen Ideen, die permanent in den Raum gestellt, aber von den Leuten als Verunsicherung erlebt werden, und die selbstverständlich Angst erzeugen. Und wenn Sie vor einer emotionalen Diskussion warnen, müssen Sie es sich daher gefallen lassen, daß man Ihnen sagt, daß Sie selbst ein gerüttelt Maß dazu beigetragen haben, daß diese Verunsicherung in der Gesellschaft Platz greifen kann.

Ich hoffe, meine Damen und Herren, daß einige in diesem Raum dem Abänderungsantrag, den wir einbringen, wonach der Zielparagraph betreffend die Sonntagsruhe gestrichen werden soll, zustimmen werden.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freunde und Freundinnen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes 622 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Artikel II

Änderung des Arbeitsruhegesetzes

Z 4 entfällt.

Die Numerierung der nachfolgenden Ziffern ändert sich entsprechend.

*****

Mit der Unterstützung dieses Antrages würden Sie dem, was die Öffentlichkeit, was die Leute in diesem Land von Ihnen erwarten, Rechnung tragen – eigentlich sind Sie als Volksvertreter dazu verpflichtet! (Beifall bei den Grünen.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Öllinger soeben vorgetragen hat, ist der Geschäftsordnung entsprechend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

12.28

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, Grundsätzliches zur Debatte über das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz in die Debatte einzubringen, da ich glaube, daß manche grundsätzlichen Feststellungen auch dazu geeignet sind, etwas mehr Sachlichkeit in die Gesamtdebatte zu bringen.

Die Novelle zum Arbeitszeitgesetz und zum Arbeitsruhegesetz verfolgt den Grundsatz, flexible Arbeitszeitmodelle nur insoweit zuzulassen, als sie zu den Prinzipien des Arbeitnehmerschutzes und den berechtigten Interessen der Arbeitnehmer auf Wahrung ihrer Zeitsouveränität nicht im Widerspruch stehen. Flexible Arbeitszeiten dürfen – ich glaube, daß im Hohen Haus darüber Konsens besteht – nicht nur wirtschaftliche Vorteile für die Unternehmen bringen, sondern müssen, wie zum Beispiel durch längere Freizeitblöcke, auch Vorteile für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bieten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Die Zulassung von mehr Flexibilität hinsichtlich der Normalarbeitszeit wird durch den Kollektivvertrag geregelt. Das ist der entscheidende Schritt, der mit diesem Gesetz getan wird.

Ich glaube, das ist auch ein richtiger Schritt, denn die Kollektivvertragspartner sind jene, die vor Ort am besten beurteilen können, was notwendig ist und was zu verantworten ist, welche Maßnahmen sowohl im Sinne der Wirtschaft als auch im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umsetzbar, machbar und auch vernünftig sind. Daher bin ich sehr froh darüber, daß dieser politische Konsens, den Kollektivvertrag als Gestaltungselement der Flexibilisierung anzuwenden, erzielt und durchgesetzt werden konnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Gesetz sieht auch vor – wenn kein Kollektivvertrag abgeschlossen werden kann, weil auf der Arbeitgeberseite keine kollektivvertragsfähige Körperschaft besteht, oder wenn der Kollektivvertrag die Betriebsvereinbarung ermächtigt –, eine Zulassung durch Betriebsvereinbarungen zu ermöglichen, direkt mit den Betroffenen in ihrem gemeinsamen Interesse Regelungen zu treffen, aber unter Einbindung der zuständigen Interessenvertretung, der Gewerkschaft, da Betriebsvereinbarungen auch bei der Gewerkschaft hinterlegt und rechtzeitig an sie übermittelt werden müssen. Damit ist die Einbindung und auch die Chance, daß die Gewerkschaften die Entwicklung der flexiblen Arbeitszeit verfolgen können, sichergestellt. Ich glaube, daß das eine sehr wichtige Maßnahme ist.

Hinsichtlich der Meinung, daß aufgrund der Flexibilisierung Nachteile für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entstehen, möchte ich darauf verweisen, daß die Flexibilisierungsmöglichkeiten in diesem Gesetz so gestaltet sind, daß sie nur dann zunehmen, wenn auch die Ausgleichsmechanismen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser sind – im Sinne der Möglichkeit, Freizeitblöcke zu erarbeiten, zu erwirtschaften.

Wir alle wissen, daß größere Freizeitblöcke den Arbeitnehmern mehr Chancen auf Erholung, auch mehr Chancen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bieten, also mehr Zeitsouveränität geben, um diese Zeit besser zu nutzen.

Ich möchte betonen, daß die Tagesnormalarbeitszeit bei den Durchrechnungsmodellen in der Regel mit neun Stunden begrenzt bleibt und es zu keiner generellen Normalarbeitszeit von zehn Stunden kommt. Eine Zehn-Stunden-Normalarbeitszeit ist eben nur bei längeren Freizeitblöcken und nach Vereinbarung möglich, wenn es zu einer Viertagewoche kommen sollte.

Ebenso ist auch eine Durchrechnung über mehr als ein Jahr hinaus nur bei einem blockweisen Zeitausgleich möglich. Wir alle wissen, daß das sicher nicht für eine große Zahl von unselbständig Erwerbstätigen wichtig und möglich ist, aber längere Freizeiträume für Bildungszwecke, wie zum Beispiel Sabbaticals, können nur über einen solchen Weg erreicht werden.

Ich meine daher, daß es wichtig ist, daß das Gesetz den Kollektivvertragspartnern die Chance zu einer derartigen Gestaltungsmöglichkeit gibt.

Ich möchte darauf verweisen – weil uns der Arbeitnehmerschutz in diesem Zusammenhang ein besonderes Anliegen ist –, daß die Flexibilisierung nicht einseitig zu Lasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht, da vorgesehen und sehr ausdrücklich vermerkt ist, daß die Lage der Tagesnormalarbeitszeit jedenfalls zu vereinbaren und daher auch für die einzelne Arbeitnehmerin, den einzelnen Arbeitnehmer nachvollziehbar ist. Damit ist der Arbeitnehmer vor einer willkürlichen einseitigen Verfügung durch den Arbeitgeber geschützt. Es wird damit leichter möglich, Arbeitszeit, Freizeit und Familienleben auch bei flexibler Arbeitszeitgestaltung in Einklang zu bringen.

Die Durchrechnung der Normalarbeitszeit bedeutet keinesfalls, daß Überstunden generell abgeschafft werden – in der Debatte wird sehr oft versucht, diesen Eindruck zu vermitteln.

Ich möchte auch ausdrücklich sagen, daß jener Hinweis auf eine Studie der Arbeiterkammer, wonach 10 Milliarden Schilling Verlust für Arbeitnehmer eintreten werden, in diesem Zusammenhang sachlich nicht richtig ist. Wiederholt wurde auch von der Arbeiterkammer festgestellt, daß die Behauptungen, die fälschlicherweise aufgestellt wurden, nicht in Verbindung mit der


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Arbeitszeitflexibilisierung und nicht in Verbindung mit dem derzeit diskutierten Gesetz stehen, sondern fiktive Hochrechnungen waren, die zeigen, was es bedeuten würde, wenn überhaupt keine Überstunden und Zuschläge im gesamten Arbeitsvolumen anfallen würden, und welches Gesamtvolumen sich fiktiv errechnet.

Ich glaube, diese Klarstellung ist wichtig, um der weiteren Debatte jene Seriosität zu geben, die dieses Thema nach meiner Überzeugung verdient.

Beträgt nämlich die Arbeitszeit mehr als 40 Stunden pro Woche oder mehr als 8 beziehungsweise 9 Stunden am Tag und tritt nicht innerhalb des Durchrechnungszeitraumes ein Ausgleich durch entsprechend kürzere Arbeitszeiten ein, liegen nach wie vor zuschlags- und ausgleichspflichtige Überstunden vor. Ich möchte das wirklich mit allem Nachdruck unterstreichen, weil ich meine, man sollte eine Verunsicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei dieser wichtigen Frage vermeiden.

Vergangene Woche habe ich Gespräche mit Vertretern der Regierung und auch mit Sozialpartnern in den Niederlanden geführt, weil wir die Information bekommen haben, daß in Holland seit Jahren versucht wird, Modelle zu entwickeln, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Beschäftigungschancen zu sichern, zu verbessern.

Auch in der holländischen Diskussion spielt die Arbeitszeitflexibilisierung, die Arbeitszeitgestaltung eine ganz entscheidende Rolle. Die Regierung hat den Sozialpartnern die weitgehende Verantwortung der Ausschöpfung der Potentiale im Sinne einer Verbesserung der Beschäftigungschancen und des Nützens der Möglichkeiten der Wirtschaft in Verbindung mit Beschäftigungssicherung übertragen. – Ich glaube, dieser Schritt war richtig, denn die Beschäftigungsdaten in Holland zeigen, daß es gelungen ist, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und mehr Beschäftigung zu sichern.

Nicht immer sind alle Modelle zu 100 Prozent auf eine andere nationale Volkswirtschaft übertragbar. Für mich war es aber sehr wichtig, in diesen Gesprächen die Bestätigung dafür zu bekommen, daß unser Weg richtig ist. Ich hoffe, daß die Sozialpartner in gemeinsamer Verantwortung die Flexibilisierung zur Arbeitsplatzsicherung, Beschäftigungssicherung und Arbeitsplatzschaffung nützen werden.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, noch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Thema Sonntags- und Feiertagsarbeit. – Wie ist die derzeitige Rechtslage?

Für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft normiert das Arbeitsruhegesetz ein grundsätzliches Arbeitsverbot für das Wochenende – eben von Samstag mittag bis inklusive Sonntag – und auch für Feiertage. Kein gesetzliches Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot gibt es im öffentlichen Dienst, für Lehr- und Erziehungskräfte, für Arbeitnehmer gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie für einige spezifisch genannte Berufsgruppen wie zum Beispiel Hausbesorger, Hausgehilfen, Schauspieler und auch Heimarbeiter.

Das Gesetz legt die Kriterien fest, bei deren Vorliegen Arbeit am Wochenende und am Feiertag erlaubt ist. Neben gesetzlichen Ausnahmen für bestimmte Tätigkeiten – ich meine damit die Bewachung und auch Umbauarbeiten während eines Betriebsstillstandes – und für außergewöhnliche Fälle gibt es einen Katalog von Voraussetzungen für eine Verordnungsermächtigung, wobei die Verordnungsermächtigung sowohl seitens des Sozialministers, des Wirtschaftsministers als auch seitens des Landeshauptmanns wahrgenommen werden kann. Es geht daraus hervor, unter welchen Voraussetzungen Verordnungen zu erteilen sind

Ich sage das jetzt hier ganz bewußt und sehr gezielt, da eben diejenigen, die Verordnungen erteilen werden und erteilen sollen, an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen gebunden sind. Weder der Wirtschaftsminister noch der Sozialminister haben die Möglichkeit, an diese Verordnungsermächtigung auch soziale Kriterien zu binden und zu sagen, diese Ermächtigung gilt nur, sofern für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begleitende Maßnahmen gesetzt sind – das wäre also etwas, das man aus sozialpolitischer Sicht als wünschenswert erachten würde, was aber derzeit im Gesetz nicht vorgesehen ist.


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Ich möchte noch einmal auf die Betroffenheit zu sprechen kommen. Wir haben derzeit die Situation, daß jeder zehnte Arbeitnehmer häufig oder regelmäßig an Sonn- und Feiertagen beschäftigt ist. Weiters arbeiten etwa 15 Prozent der Beschäftigten gelegentlich am Sonntag.

Wenn man sich die einzelnen Berufsgruppen ansieht, stellt man fest, daß in den religiösen Berufen 80 Prozent am Sonntag arbeiten, bei den Hoteliers und Gastwirten 63,7 Prozent, im Bereich des Gartenbaus und der Landwirtschaft 54,7 Prozent, bei Erdöl- und Erdgasberufen sind es 53 Prozent, und die nächstgrößere Gruppe sind die Bergleute, die auch zu 53 Prozent am Sonntag beschäftigt sind, in weiterer Folge kommen Sicherheitsorgane und sonstige Dienstleister.

Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, daß Sonntagsarbeit unter Rahmenbedingungen in unserem Arbeitsrecht bereits verankert ist. Unser Interesse muß es sein, daß bei Sonntagsarbeit entsprechende begleitende Maßnahmen für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen durchgesetzt werden.

Das System des grundsätzlichen Sonn- und Feiertagsarbeitsverbotes wird durch die geplante Novelle in keiner Weise verändert. Das Verbot als solches bleibt aufrecht, Sonntagsarbeit bleibt weiterhin grundsätzlich verboten. – Ich glaube, das ist jene wichtige Information, die wir der Bevölkerung und den Kolleginnen und Kollegen vermitteln müssen, damit nicht aufgrund einer anfänglich vielleicht etwas oberflächlichen Diskussion der Eindruck entsteht, daß der Sonntag zu einem normalen Werktag werden soll. Das ist vom Gesetz her in keiner Weise vorgesehen, und es wurde auch in der Erklärung der Sozialpartner klargestellt, daß etwas Derartiges nicht beabsichtigt ist. (Abg. Öllinger: Maderthaner hat nichts dazu gesagt! – Abg. Verzetnitsch: Aussendung lesen!)

Ich darf mich nicht mehr in der Form in Diskussionen zwischen den Sozialpartnern einmischen, wie ich es noch vor kurzem tun konnte, aber ich verfolge natürlich mit großem Interesse, wie die Diskussion zwischen für das Sozialministerium wichtigen Gesprächspartnern stattfindet.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zusammenfassend zur Sonn- und Feiertagsarbeit noch einmal sagen: Den Kollektivvertragspartnern wird zusätzlich Verantwortung übertragen, und ich glaube, es ist wichtig, daß wir diesen Schritt setzen. Diese Neuregelung stellt weder ein Abgehen vom Grundsatz des arbeitsfreien Sonn- und Feiertages dar, noch wird die Arbeitnehmerposition bei der ausnahmsweisen Zulassung geschwächt. Im Gegenteil. Ich bin überzeugt davon, daß durch die Einbindung des Kollektivvertrages sogar eine bessere, an der Praxis und den Arbeits- und Lebensbedürfnissen der Beschäftigten orientierte Prüfung solcher Ausnahmen möglich ist. – In diesem Sinne würde es mich freuen, wenn das Hohe Haus diesen Gesetzen die Zustimmung gibt.(Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte.

12.43

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß Herrn Abgeordneten Dr. Stummvoll hinsichtlich seiner eingangs gemachten Bemerkungen voll und ganz zustimmen: Wir müssen diese Novelle in einer ruhigen und sachlichen Weise diskutieren, weil es ein sehr ernstes Thema ist. Wir müssen Rechtssicherheit für unsere Betriebe schaffen, und diese Novelle ist auch wichtig, um den Industriestandort Österreich im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu erhalten.

Ich möchte nur zwei Hauptpunkte herausgreifen: erstens die Problematik der Überstunden, über die viel diskutiert worden ist.

Zu den Ausführungen des Kollegen Öllinger: Er mag in vielen Dingen recht haben, aber nur dann, wenn alles so käme, wie er es hier dargestellt hat.


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Ich darf daher eingangs feststellen: Wir beschließen heute ein Gesetz, bei dem wir nur das Spielfeld, den Rahmen vorgeben, und das Umgehen mit der Flexibilisierung in den einzelnen Fällen in der Praxis wird Aufgabe der Gewerkschaft mit dem Instrumentarium des Kollektivvertrages sein. Ich werde später auf einige Beispiele hinweisen, wo wir doch sehr viele Vorteile und Absicherungen für die Arbeitnehmer erreichen konnten in jenen Vereinbarungen, die bis dato abgeschlossen worden sind.

Zur Frage der Überstunden: Herr Abgeordneter Haider hat von einer generellen Rodung der Überstunden gesprochen. Ich werde ihm den Nachweis erbringen, daß das nicht stimmt. Die Frau Bundesministerin hat dankenswerterweise klargestellt, daß jene Horrorzahl von 10 Milliarden Schilling, die eine Tageszeitung, sich auf eine Studie der AK beziehend, groß gebracht hat, nicht richtig ist. Auch die Horrormeldungen von Ihrer Seite – 10 Prozent weniger Lohn, 100 Milliarden Schilling Verlust – stimmen nicht. (Abg. Dr. Haider: Jetzt seid ihr schon gegen eure eigenen Studien!)

Die Studie ist davon ausgegangen ... (Abg. Dr. Haider – ein Schriftstück zeigend –: Das Flugblatt kennen Sie aber schon, Kollege Nürnberger!) Nehmen wir die Tatsachen her, damit wir wissen, von welcher Größenordnung der Überstunden wir sprechen.

Die letzten verfügbaren Zahlen der gesamten Metallindustrie aus dem Jahre 1995: Pro Kopf wurden jährlich 40,5 Überstunden geleistet. – Wir diskutieren hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Schnitt über eine Überstunde pro Woche pro Beschäftigten. Es werden aber nicht alle Überstunden wegfallen, ganz einfach deshalb, weil man nicht alle Überstunden mit dem Instrumentarium der Flexibilisierung beseitigen wird.

Einer großen Gewerkschaft ist es sogar gelungen, Überstundenzuschläge ab der 32. Stunde zu bekommen, weil wir in unserer Vereinbarung klargestellt haben, daß, wenn in einem Bandbreitenmodell gearbeitet wird und in der kurzen Woche, in der 32 Stunden gearbeitet wird, aufgrund eines vermehrten Arbeitsbedarfes länger gearbeitet wird, die 33. Stunde und die folgenden bereits Überstunden sind. Wir haben auch Sorge dafür getragen, daß nicht jongliert werden kann. Wenn es nicht in dem vorgesehen Rahmen zur Abgeltung in Form von Freizeit kommt, dann sind die Überstunden mit Strafzuschlägen – der Überstundenzuschlag beträgt dann 87,5 Prozent – auszubezahlen.

Ich gebe Herrn Kollegen Öllinger recht, wenn er meint, daß viele Wirtschaftsfachleute gesagt haben, Flexibilisierung macht nur Sinn, wenn sie mit einer Arbeitszeitverkürzung einhergeht. Ich muß zugeben, eine generelle Arbeitszeitverkürzung war nicht möglich, aber in den bisher vorliegenden Kollektivverträgen – ich gehe davon aus, daß diese Kollektivverträge beispielgebend für viele andere sein werden – gibt es Zeitzuschläge pro geleisteter Stunde in einem Bandbreitenmodell: 25 Prozent oder 15 Minuten. Das sind auf die gesamte Brandbreite von 45 Stunden gerechnet eineinviertel Stunden und in Wirklichkeit auch eine Arbeitszeitverkürzung um eineinviertel Stunden.

Aber generell zur Problematik der Überstunden – ich glaube, daß wir uns auch im Hohen Haus darüber Gedanken machen müssen; gerade als Gewerkschafter, daher sage ich meine persönliche und auch die Meinung vieler oder fast aller Gewerkschafter –: Gerade angesichts der 300 000 Menschen, die keinen Arbeitsplatz haben, bekenne ich mich zu jener Aussage, die Professor Dr. Bernd Marin (vergl.) am letzten Gewerkschaftstag der Gewerkschaft der Metaller gemacht hat, nämlich: Wenn man einen Großteil der Überstunden – ich weiß, bei allen geht das nicht – durch Zeitausgleich abgelten könnte, würde man auf einen Schlag 30 000 bis 35 000 neue Jobs schaffen.

Ich glaube, daß gerade jene Menschen, die keinen Arbeitsplatz haben, diese Solidarität brauchen würden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt ein Schmankerl: Herr Kollege Haider, ich habe genau hingeschaut: Bei Ihren Ausführungen hat die gesamte Mannschaft, der ganze Klub fest applaudiert, als es geheißen hat: Rodung von Überstunden! (Abg. Dr. Haider: Bei Ihnen applaudiert keiner!) Aber es ist immer etwas anderes,


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was man hier predigt und was man in der Praxis tut. – Kollege Blünegger, dein Name steht auf der Rednerliste, du kannst dann zu meinem Angebot Stellung nehmen.

Kollege Blünegger – ich habe mich heute noch vergewissert –, in deinem Betrieb – ich will die Firma nicht nennen, du weißt ja, wo du beschäftigt bist – wurde auch mit deiner Stimme eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die gegen jedes Gesetz ist, die gegen jeden Kollektivvertrag ist, weil man in Summe 100 Stunden auf die Überstundenzuschläge verzichtet. (Abg. Dr. Haider: Das habt ihr ja genauso akzeptiert! 15 Prozent der Arbeitnehmer außerhalb des Gesetzes! – Weitere Zwischenrufe.)

Kollege Blünegger, ich mache dir jetzt folgendes Angebot, da du Mitglied der Gewerkschaft der Metaller bist: Stelle dich persönlich zur Verfügung, diese Betriebsvereinbarung einzuklagen, weil sie rechtswidrig ist. Du bekommst vollen Rechtsschutz von deiner zuständigen Gewerkschaft! (Beifall bei der SPÖ.)  – Wasser predigen und Wein trinken – das ist wieder ein gutes Beispiel gewesen. So sind Sie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kostelka: Aber das ist nicht das erste Mal! – Zwischenruf des Abg. Blünegger. ) – Du kannst ja dann sagen, ob du den Rechtsschutz annimmst oder nicht. Du kannst gerne diese Klage einbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Bemerkungen zur Sonntagsarbeit. Meine mir freiwillig auferlegte Redezeitbeschränkung läßt längere Ausführungen nicht zu, daher nur soviel: Es wird sicher – ich sage das an die Adresse aller, die sich in den letzten Tagen diesbezüglich skeptisch geäußert haben – zu keiner generellen Zulassung durch die Hintertüre kommen. Anscheinend hat man gemeint, daß die Gewerkschaften, wenn man die wirtschaftliche Notwendigkeit ins Gesetz schreibt, die Sonntagsarbeit zulassen werden.

Wir werden uns jeden einzelnen Fall sehr genau ansehen und werden auch dafür Sorge tragen, daß die sozialrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen für die Beschäftigten gewährleistet sind.

Aber auf eines muß ich schon noch hinweisen, da uns der Generaldirektor eines großen Unternehmens vergangenen Freitag mittels Medien die Rute ins Fenster gestellt. Er hat gesagt: Wenn die Gewerkschaft nicht bis 1. April die Sonntagsarbeit ermöglicht, dann wird man die Produktion verlagern. Ich sage gleich dazu: Erpreßbar ist die zuständige Metallergewerkschaft in dieser Frage nicht. Ich muß aber auch betonen, daß uns niemand, weder von seiten der Kirche noch von anderer Seite, in dieser Frage hilfreich beigestanden ist, es hat diesbezüglich Stillschweigen geherrscht. Wir als Gewerkschaft werden diese Frage aber selbst einer vernünftigen Lösung zuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Novelle, die wir beschließen werden, garantiert, daß Österreich als Industriestandort international konkurrenzfähig bleibt. Neue Arbeitsplätze wird sie sicher nicht bringen, aber sie wird dazu beitragen, daß die bestehenden Arbeitsplätze sicherer werden.

Die Gewerkschaften haben das bisher getan und werden auch in Zukunft dafür Sorge tragen, daß die Arbeitnehmer bei der Flexibilisierung nicht auf der Strecke bleiben, sondern abgesichert sind und aus der Flexibilisierung auch Vorteile ziehen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.52

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal dem Kollegen Nürnberger einiges entgegnen, da er die Betriebsvereinbarung des Betriebes des Kollegen Blünegger angesprochen hat.

Erstens: Wenn Sie sich heute vergewissert haben, Kollege Nürnberger, werden Sie wissen, daß die Betriebsvereinbarung die Betriebsratsobmänner Erler Josef und Wechselberger Fritz unter


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zeichnet haben – beide gehören Ihrer sozialdemokratischen Gewerkschaftsfraktion an. (Abg. Nürnberger: Das wurde einstimmig beschlossen! – Heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Zweitens wird Ihnen klar sein, Herr Kollege Nürnberger, daß im Betriebsausschuß nicht Stimmeneinhelligkeit gegeben war, sondern zwei Freiheitliche nicht mitgestimmt haben. (Abg. Leikam: Einstimmig! Einstimmig!) Ich würde Sie daher ersuchen, Kollege Nürnberger, daß Sie, wenn Sie hier arbeitnehmerfeindliche und gegen alle entsprechenden Gesetze dieser Republik abgeschlossene Betriebsvereinbarungen in die Diskussion einbringen, dort zu beginnen, wo die wirklichen Unterzeichner sitzen, nämlich in Ihrer eigenen Fraktion. Die Namen sind bekannt: Erler Josef und Wechselberger Fritz.

Vielleicht könnten Sie sich in der Fraktion einmal darauf einigen, die Gesetze dieses Staates – dazu gehören selbstverständlich auch die Arbeitnehmerschutzgesetze – einzuhalten und Betriebsvereinbarungen in einer Weise zu treffen, daß die Bundesgesetze eingehalten werden und der Arbeitnehmerschutz nicht vergessen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage das deswegen so deutlich und klar, Herr Kollege Verzetnitsch, weil das, was heute hier zur Debatte steht, in den wichtigsten Punkten eher zu einer Aushöhlung der Arbeitnehmerinteressen führt als das, was die Freiheitlichen zur Flexibilisierung der Arbeitswelt vorgeschlagen haben. Darüber gibt es überhaupt keine Diskussion, aber wir können uns in aller Ruhe darüber unterhalten.

Sie kennen selbstverständlich die Papiere der freiheitlichen Fraktion vom März des Vorjahres betreffend die flexible Arbeitszeitgestaltung. Sie wissen auch, daß dort sämtliche Fristen, die die EU als Höchstfristen gesetzt hat ... (Abg. Verzetnitsch: Herr Kollege Haupt! Was soll ich von einem Angebot Ihres Parteivorsitzenden halten, der sagt, er stimmt dieser Regelung zu, wenn wir den Arbeitnehmerschutz weglassen?)  – Herr Kollege Verzetnitsch! Sie wissen ganz genau, daß sich die Zustimmung des Dr. Haider auf einen anderen Punkt bezogen hat, nämlich auf die Aufhebung des auch meiner Ansicht nach unsinnigen Nachtarbeitsverbotes für Frauen.

Sie erinnern sich sicher an die Diskussion zum Bäckereigesetz. Es ist doch widersinnig, daß jene, die – ich hätte fast gesagt: studiert – die Ausbildung als Bäckerin absolviert haben, nunmehr in der Nacht arbeiten dürfen, während jene, die die Produkte dort verpacken, nach wie vor erst in der Früh zu arbeiten beginnen dürfen.

Das ist die gültige Gesetzeslage. Diese Unsinnigkeiten wurden vor vier Monaten hier im Hohen Haus verabschiedet. Herr Kollege Verzetnitsch! Da wäre sehr wohl einiges möglich, und so waren auch jene Äußerungen unseres Bundesparteiobmanns, die Sie angezogen haben, gemeint. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte, ehe meine knappe Redezeit zu Ende geht, noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haller, Dolinschek, Mag. Haupt betreffend Rahmenbedingungen zur Arbeitszeitflexibilisierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat binnen dreier Monate Gesetzentwürfe zuzuleiten, die folgende für die Arbeitszeitflexibilisierung erforderliche Rahmenbedingungen enthalten:

1. Ausgleich für den Wegfall von Überstundenzuschlägen mittels Beseitigung der ,kalten Progression‘ durch eine Senkung des Lohn- und Einkommensteuertarifs;


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2. Förderung von Betriebskindergärten und allen Formen der Kinderbetreuung; Einführung von Dienstleistungsschecks, mit denen alle Arbeitgeberpflichten abgedeckt werden und die eine volle Sozialversicherung für die Arbeitnehmer sicherstellen; steuerliche Absetzbarkeit der über Dienstleistungsschecks bezahlten Kosten für Kinder- und Haushaltsbetreuung bis zum 15. Lebensjahr des Kindes bis zur Höhe der alternativ notwendigen staatlichen Leistungen wie Kindergarten-, Hort-, Tagesheimplätze etc.;

3. Sicherung und Förderung von Fahrtmöglichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu pendlerfreundlichen Zeiten und

4. familien- und mitarbeiterfreundliche Öffnungszeiten von Schulen, Ämtern und Kindergärten."

*****

Ich darf noch einmal auf die bis dato geführte Diskussion zurückkommen, vor allem auf die Ausführungen des Kollegen Dkfm. Stummvoll. Mir hat bei seiner Aufzählung der Notwendigkeiten für Sonntagsarbeit nur noch gefehlt, daß er auch den Wetterumsturz und den glücklicherweise dann am Sonntag vorhandenen Pelzmantelverkäufer auch noch in die Diskussion gebracht hätte, um nachzuweisen, daß eigentlich jeder in dieser Republik am Sonntag dringend zu arbeiten hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein schwaches Argument!)

Ich komme aus einem Sozialberuf und habe Sonntagsarbeit Jahrzehnte hindurch geleistet, und das bei einem Wochenenddienst, der Samstag um 6 Uhr früh begonnen hat und Montag um 6 Uhr früh geendet hat. Ich weiß daher, wie feindlich für alle Bereiche der Familie, für das gesamte persönliche Umfeld und auch für die eigenen Ruhephasen solche Wochenenddienste und solche Überschreitungsmöglichkeiten sind. (Abg. Dr. Maitz: Weil es notwendig ist, nicht aus Mutwillen! – Abg. Dr. Stummvoll: Willst du die Tiere am Sonntag leiden lassen?)

Herr Kollege Stummvoll! Sie haben auch vom "Schnitzerl am Sonntag" gesprochen. Dieses "Schnitzerl am Sonntag" gibt es in Österreich heute leider nur noch in den Saisonen und in einigen ausgewählten Landgasthäusern und Familienbetrieben. Für den Inländer haben die Wirtshäuser in den Kleinstädten außerhalb der Saison am Sonntag schon lange zugesperrt, weil die Lohnnebenkosten für die Betriebe so hoch geworden sind, daß sie aufgrund der mangelnden Rendite nicht mehr aufsperren.

Wenn nun die Übereinkunft auf die Sozialpartner und nicht mehr auf den Gesetzgeber zurückfällt, sollten doch zwei Dinge auch gesagt werden: Frau Bundesministerin! Die 10 Milliarden, wie sie die Arbeiterkammer errechnet hat, werden nicht in ihrer vollen Höhe schlagend werden, da gebe ich Ihnen recht. Wir haben schon im Ausschuß darüber diskutiert, mit welchem Prozentsatz sie tatsächlich schlagend werden.

Wenn man die Zahlen der letzten Tage heranzieht: 50 Prozent, 35 Prozent ohnehin schon in entsprechenden Flexibilitätsmodellen, und das von den 10 Milliarden Schilling herunterrechnet, wird man etwa auf 4 bis 5 Milliarden an tatsächlichen Einkommensverlusten kommen, die durch mehr Freizeit, das sei zugegeben, ausgeglichen werden.

Aber schauen wir uns doch an, wie es in der Praxis aussieht: Die jungen Arbeitnehmer sind doch, wenn sie in den Beruf gehen, eine Familie gründen, ein Haus bauen oder eine Wohnung einrichten, auf die Überstunden angewiesen gewesen. Das war gerade das, was Überstunden für viele so attraktiv gemacht hat in der ersten Phase ihres Erwerbslebens. Nunmehr werden diese Überstunden in Freizeit abgegolten.

Die jüngsten Zahlen über die Schwarzarbeit in Österreich sind beredt genug – ich möchte jetzt nicht in diesen Bereich verweisen. Aber sehr viele werden dann darauf angewiesen sein, in dieser "Familienstartphase" aufgrund der dann möglichen Flexibilität einen Zweitjob anzunehmen, sodaß Sie nicht neue Arbeitsplätze schaffen, sondern daß Sie vermehrt Arbeitnehmer haben werden, die nicht mehr von einem Beruf leben können, sondern zwei oder drei Berufe ergreifen müssen, um den gleichen Lebensstandard halten zu können und das gleiche Lebens


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ziel umsetzen zu können, das sie heute haben. Kollege Verzetnitsch, ich weiß nicht, ob das besser ist.

Es gibt bereits viele Länder, in denen die Arbeitnehmer zwei oder drei Berufe haben müssen, um einen entsprechenden Lebensstandard erreichen zu können. Ich glaube nicht, daß es ein Fortschritt für die österreichischen Arbeitnehmer ist, was heute hier beschlossen wird, und ich glaube auch nicht, daß das für mehr Beschäftigung in unserem Lande sorgen wird.

Ich habe das bereits vor einem Jahr dem Kollegen Hums im Zusammenhang mit den Schutzbestimmungen für die älteren ArbeitnehmerInnen gesagt, und wie recht ich hatte, wird aus den heutigen Arbeitsmarktdaten ersichtlich. Ich hoffe nicht, daß ich auch da wieder recht haben werde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Haupt verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

13.01

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mein Kollege Stummvoll hat bereits ausgeführt, daß über die Flexibilisierung schon seit Jahren gesprochen wird. Ich kann mich daran erinnern, daß noch vor einem Jahr gesagt wurde, daß diese Diskussion "unnötiger" sei als ein "Kropf".

Wir sind aber jetzt dabei, die Früchte zu sammeln beziehungsweise ... (Abg. Blünegger: Das kann man ja nicht mehr schlucken als Arbeitnehmer, was da an Belastungen auf uns zukommt!) Ich würde nicht darüber reden, wenn ich nichts davon verstehe! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß die Diskussion relativ ruhig und auch sachlich hier in diesem Plenarsaal geführt werden kann, weil die Regierungsparteien wissen, wie wichtig diese Novellierung zur Sicherung der Arbeitsplätze für die Zukunft ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir alle wissen, die Entwicklung der Wirtschaft hin zu einer Dienstleistungswirtschaft bedingt eine Neugestaltung. Die Flexibilisierung kann auch in diesem Sinne gesehen werden, und zwar auch – das wurde heute schon einige Male angesprochen – im Sinne einer verantwortungsvollen Familienpolitik; dazu gehört natürlich auch mehr Zeit.

Eine der Schienen dabei ist der Abbau von Überstunden. Kollege Öllinger hat da einiges nicht verstanden oder nicht verstehen wollen.

In der Folge gehört es natürlich dazu, daß die jungen Menschen mit einem höheren Gehalt beginnen, im Sinne des Senioritätsprinzips, wie es ja in einigen Bereichen schon gehandhabt wird. Das untermauert auch noch eine Studie des österreichischen Instituts für Familienforschung, in der vor kurzem zusammengefaßt wurde, daß über 50 Prozent der Frauen in Österreich und an die 45 Prozent der Männer bessere Arbeitsbedingungen mit mehr flexibler Arbeitszeit benötigen und wünschen.

Ich glaube, daß gerade mit dieser Novellierung ein Schritt in diese Richtung getan wird. Es muß aber natürlich noch weiter in diesem Sinne gearbeitet werden.

Es ist heute schon vom sogenannten Zeitkonto gesprochen worden. Ich glaube, das muß auch während des Jahres angespart werden können, um zum Beispiel in den Schulferien zusätzlich Freizeit zu haben.

Es ist aber auch der Ausbau von qualifizierter Teilzeitarbeit für Männer als auch für Frauen voranzutreiben. Wenn wir über eine Arbeitszeitkürzung reden, müssen wir auch sehen, daß wir


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viel zuviel arbeiten – bezogen auf Zeit – und dann viel zuwenig Zeit für Familie und Freizeit haben.

In diesem Zusammenhang ist auch zu überlegen, wie die Klein- und Mittelbetriebe nun mit der neuen Gesetzeslage umgehen werden. Da fällt mir ein Beispiel aus Deutschland ein, wo die zuständigen BundesministerInnen Einrichtungen für Erwachsenenbildung den Auftrag gegeben haben, Arbeitszeitmodelle vor Ort mit den Klein- und Mittelbetrieben zu erarbeiten, um so für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer positiv tätig zu werden.

Wir wissen, daß es verschiedene Arbeitszeitmodelle in größeren Betrieben und auch in Mittelbetrieben gibt. Daher ist es höchste Zeit, in dieser Frage tätig zu werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich zum Beispiel unseren Wettbewerb "Taten statt Worte" erwähnen. So arbeitet eine Firma etwa mit über 70 Arbeitszeitmodellen, etwas, was vor allem den davon betroffenen Frauen zugute kommt.

Ein weiteres Beispiel ist eine große Kinderstrumpffirma in Vorarlberg, die bei 115 beschäftigten Frauen 45 verschiedene Arbeitszeitmodelle anwendet und bislang eigentlich sehr an die Grenze der Zulässigkeit gegangen ist.

Ich möchte als nächstes zu einem Punkt kommen, der heute immer wieder angesprochen wurde und sicher noch angesprochen werden wird, der der ÖVP, dem ÖAAB und auch mir sehr wichtig erscheint. Bundesgeschäftsführer Rudas von der SPÖ hat die familien- und arbeitnehmerfeindliche Aussage getroffen, den Sonntag auf einen anderen Tag zu "verlegen" – nicht die ÖVP. Das muß einmal klargestellt werden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Wir müssen auch wissen, worüber wir diskutieren, liebe Frau Kollegin Silhavy. Du bist ja eine der Vorreiterinnen in dieser Richtung. Man muß aber auch klar sagen: Den Sonntag auf Dienstag zu "verlegen", ist etwas anderes als das, was in dieser Novellierung steht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte festhalten, daß es der ÖVP immer um das Prinzip des arbeitsfreien Sonntags gegangen ist, es geht nicht um eine generelle Erlaubnis. Wir beharren auf dem Prinzip der Ausnahme bei der neuen Systemänderung, weil zum Verordnungsrecht auch eine kollektivvertragliche Vereinbarung kommt.

Der Sonntag ist eine zentrale Errungenschaft, gehört zur Lebensqualität der Mehrheit der ÖsterreicherInnen und ist ein zentraler Punkt in unserer Kultur seit dem Jahre 1855. Sonntagarbeit ist eine Ausnahme, wird und muß eine solche bleiben.

Man muß aber auch dazusagen: das in Berufszweigen, in denen dies möglich ist; das wurde ja bereits angesprochen. Ich möchte nicht an einem Sonntag einen Verkehrsunfall haben, weil ich dann vielleicht nicht mehr das "Glück" hätte, noch einmal in dieses Hohe Haus zu kommen, um das so salopp zu formulieren, wenn am Sonntag kein Arzt für mich da ist und mir niemand helfen darf.

Ich glaube, daß dieser Entschließungsantrag, eingebracht von SPÖ und ÖVP, eine zusätzliche Abgrenzung in dieser Richtung ist, und ich wünsche mir für uns alle, daß wir diese bereits lange andauernde Diskussion jetzt zu einem positiven Ende bringen und das Beste zum Schutz der ArbeitnehmerIinnen in Österreich tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Peter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

13.08

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Steibl, diese Diskussion wird nicht beendet werden, denn dies ist erst der Beginn einer Diskussion über die Zeitordnung unserer Gesellschaft.


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Seit 1990 hat sich etwas ganz Faszinierendes getan, etwas, was wir alle nicht bemerkt haben: Seit 1990 arbeiten wir weniger Stunden im Jahr, als wir aktive Freizeit haben. Also tun wir doch bitte nicht so, als ob das ganze Leben nur aus Arbeit bestünde!

Die konkrete Frage ist also: Was tun wir mit dieser positiven Entwicklung, mit der positiven Entwicklung, daß der durchschnittliche Österreicher, die durchschnittliche Österreicherin mehr aktive Freizeit, abzüglich der Ruhe- und der Haushaltszeiten, als Arbeitszeit hat? Wie gestalten wir die neue Arbeitszeit neu, wie verteilen wir sie neu? Das ist eine spannende Diskussion, Frau Kollegin Steibl, die nicht zu Ende ist.

Wir beginnen jetzt erst, endlich einmal über die Zeitordnung unserer Gesellschaft wirklich nachzudenken. Die Neuverteilung der Arbeit wird auch heißen: Überstunden gegen Arbeitslosigkeit. Das ist doch ein Thema, über das nachzudenken faszinierend wäre. Da sind nämlich neue Spielregeln zu finden: Überstunden gegen Stempelzeiten, ein Thema, das gerade in Branchen mit sehr starken Saisonstrukturen immer wieder aktuell ist, neue Qualifizierung in der Arbeit, die Einstellung der Arbeitsmenge auf die persönliche Einkommenssituation des Mitarbeiters. Es gibt Mitarbeiter, die ausschließlich von ihrem unselbständigen Einkommen leben, viel zu viele noch, aber es gibt auch Mitarbeiter, die bereits über andere Einkommensarten verfügen, die andere Wünsche bezüglich der Gestaltung ihrer Arbeitswelt haben.

Letztlich geht es um die persönliche Individualisierung der Arbeitswelt. Wenn Sie sagen: Der Sonntag ist mir heilig, und ich will am Sonntag frei haben!, dann sage ich Ihnen: Einverstanden! Akzeptiert! Sie haben recht. Aber woher nehmen Sie das Recht, dem Menschen, der lieber am Wochenende arbeitet und unter der Woche frei hat, zu sagen: Nein, das darfst du nicht, mein Lieber, denn ich weiß, was Glück ist!? Glücklich ist nur, wer am Samstag und Sonntag frei hat. Wer nicht am Samstag und am Sonntag frei hat, muß daher unglücklich sein. Ja woher nehmen Sie denn diesen Mut?

Das ist doch der Punkt in der neuen Gestaltung einer Welt, die den Menschen mehr Freizeit gibt, in einer Welt, in der Arbeit einen wichtigen Stellenwert hat, aber nicht mehr den ausschließlich dominierenden.

Der Wandel auf den Märkten tut ein übriges. Nürnberger sprach von der Qualität des Industriestandortes. Jawohl, Herr Nürnberger, Sie haben ja recht – auf Ihren leeren Platz zeigend –, aber es gibt auch einen Qualitätsstandort der Dienstleistungsgesellschaft, der eine viel größere Bedeutung hat, auch im Bereich der industriellen Dienstleistung, der industriellen Produktion. Warum debattiert das Hohe Haus fast ausschließlich immer konzentriert auf die letzten Reste der industriellen Produktion von 450 000 Mitarbeitern, die wir in Österreich haben und deren Zahl weiter sinken wird? Diskutieren Sie doch über die 2 Millionen Menschen, die in der Dienstleistung, auch im industriellen Bereich, zusätzlich Arbeit finden!

Die Antwort finden Sie in den Rahmenbedingungen: Anpassung nicht nur an die Industriegesellschaft, Anpassung auch an die Dienstleistungsgesellschaft, Teilzeitarbeit als eine neue Möglichkeit, als eine neue Chance. Es gibt viele Untersuchungen, die zeigen, daß bis zu 20 Prozent der Menschen, die heute vollzeitarbeiten, froh wären, wenn sie teilzeitarbeiten könnten. Es gibt aber auch eine Untersuchung, aus der hervorgeht, daß manche jener Menschen, die teilzeitarbeiten, gerne einen Vollzeitarbeitsplatz hätten. – Das meine ich mit der Neuorganisation der Arbeit, die wir nicht von oben hinunter schaffen werden, sondern immer nur von unten hinauf organisieren können.

Die Flexibilisierung ist kein Ziel als solches, sie ist eine Notwendigkeit der Produktivität, denn lieber flexibel Arbeit haben als unflexibel keine haben.

Damit komme ich zum Dogma der Überstunde. Die Überstunde ist doch eine Frage eines Durchrechnungszeitraumes, und ich begrüße, daß Sie den Durchrechnungszeitraum jetzt mit einem Jahr definiert haben. Alles, was über die Jahresstunden hinausgeht, muß selbstverständlich Überstunde bleiben. Alles, was über eine gewisse Wochenregelung hinausgeht, muß selbstverständlich Überstunde bleiben. Aber eines muß klar sein: Stehzeiten zu bezahlen, wo


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man vorher geleistete und bezahlte Überstunden abfeiert, weil man nichts zu tun hat, werden wir uns in dem weltweiten Wettbewerb, in dem wir stehen, nicht mehr gestatten können.

Ich bedauere heute, wenn der Streit zwischen dem Gewerkschafter und dem Betriebsrat ausbricht. Ja woher nimmt denn der Gewerkschafter das Recht, anzunehmen, daß er klüger wäre als ein Betriebsrat? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Freiheitlichen.) Ein demokratisch gewählter Betriebsrat bestimmt eine Regelung für einen Betrieb. Ein demokratisch legitimierter Betriebsrat sagt, so wollen wir in dem Unternehmen arbeiten – und dann kommt die Gewerkschaft und sagt: Nein, nein, das dürft ihr aber nicht! Das ist doch eine Reglementierung von oben nach unten, die vielleicht gewissen Machterhaltungszentren dient, aber weder der Produktivität noch der Lebensqualität der Mitarbeiter, die sich ja mit ihrem Betriebsrat den Kopf darüber zerbrochen haben, wie sie auf ihrem Standort mit ihren Kunden in ihrer Lebenssituation arbeiten wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Folgendes muß klar sein und feststehen: Wirtschaft ist kein Selbstzweck. Wenn wir wirklich glaubten, daß Wirtschaften ein Zweck an und für sich wäre, dann wären wir fehlgeleitet. Wirtschaft hat einen einzigen Grund – je weniger wir ihn brauchen, umso besser –, nämlich die gesellschaftliche Wertschöpfung darzustellen, von der wir leben, mit der wir arbeiten können und in der wir uns kulturell verwirklichen können. Dieser Lebenserwerb muß den Kundenbedürfnissen selbstverständlich folgen, denn wer Kundenbedürfnissen nicht folgt, wird keinen Lebenserwerb haben. Dann muß er einen anderen haben, wenn er sich dem einen verweigert. Das heißt, je mehr wir die Arbeitswelt schützen, desto geringer ist die Chance, mit diesen Regelungsbestimmungen erfolgreich zu sein. Das heißt nicht, daß Arbeitnehmerschutz nicht unverzichtbar und wichtig ist, aber je rigider man ihn gestaltet, desto geringer ist die Chance auf Erfolg. Das hängt zusammen! Das muß man wissen! Da muß man zwischen Gütern abwägen!

Anerkennen wir doch: Die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter sind unterschiedlich. Es gibt Lebenssituationen, in denen Menschen anders arbeiten wollen als die Vielzahl der Menschen. Lassen wir doch etwa das Architekturbüro frei entscheiden, wo zwei Chefs und fünf Mitarbeiter gemeinsam sagen: Wir arbeiten Samstag, Sonntag, Montag und Dienstag. Samstag und Sonntag sind wir kreativ, denn da stört uns niemand. Montag und Dienstag kommunizieren wir mit unseren Kunden, und wenn viel zu tun ist, nehmen wir den Mittwoch dazu. Aber zumindest am Donnerstag und Freitag wollen wir frei haben, um so den Ballungserscheinungen der Freizeitgesellschaft entgehen zu können.

Warum wollen Sie denn das nicht zulassen? – Das hat doch nichts damit zu tun, daß derjenige, für den der Sonntag wichtig ist, innerhalb der innerbetrieblichen Mitbestimmung sagt: Das ist mein Lebensbild, und in diesem Lebensbild will ich verhaftet bleiben. Wir haben doch eine neue Gesellschaft! Wir haben doch Singles, wir haben die berühmten "Dinks" – d ouble i ncome, n o k ids –, wir haben die Familien mit erwachsenen Kindern, wir haben doch in zunehmendem Maße eine sich aus den alten Formen des Zusammenlebens lösende Gesellschaft. Lassen wir ihr diese Möglichkeit! Lassen wir aber genauso Familien mit Kindern – und das geht nur, wenn ich in der innerbetrieblichen Mitbestimmung wirklich auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters eingehe – selbstverständlich das Recht, Tage gemeinsam zu verbringen.

Über die Kultur der Arbeitsverfassung sollten wir diskutieren, wenn wir über die Zeitordnung dieser Gesellschaft sprechen. Die Kultur der Arbeitsverfassung, die gestärkt werden muß, die auszubauen ist, wird der eigentliche Nukleus für die neue Arbeitswelt in einer neuen Zeitordnung unserer Gesellschaft sein.

Meine Damen und Herren! Sonntagsarbeit wird also eine Ausnahme bleiben, solange eine Mehrheit der Menschen in diesem Lande das will, aber nicht, weil wir ein Dogma aufrechterhalten. Sonntagsarbeit wird dort zu leisten sein, wo sie notwendig ist und wo sie gewünscht wird. Und sie wird in einem kleinen, überschaubaren Bereich teilweise gewünscht. Es werden aber mehr Menschen werden.


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Ich meine, daß sich heute kein Unternehmen willkürliche Aktionen leisten kann, wenn es verstanden hat, was Unternehmenskultur ist, und wenn es weiters verstanden hat, daß es heute letztlich nur mit seinen Mitarbeitern, nicht aber gegen sie Kundenbedürfnisse befriedigen kann.

Sie haben eine gesetzliche Regelung gemacht, die einen Schritt in die richtige Richtung geht, haben aber leider wieder eine bürokratische Umsetzung gewählt. Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Haben Sie sich einmal all diese gesetzlichen Regelungen, die Sie heute beschließen werden, angeschaut? Haben Sie sich einmal angeschaut, wie kompliziert sie sind? – Ja glauben Sie, daß die Summe der Mitarbeiter in Österreich, die Summe der Mitarbeiterinnen, der Unternehmerinnen und Unternehmer diese gesetzlichen Regelungen wirklich verstehen können? Glauben Sie wirklich, daß sie diesen Wust von Paragraphen und Ausnahmebestimmungen wirklich erfassen können? Sind Sie sich dessen bewußt, wenn Sie das heute – obwohl es in die richtige Richtung zielt – so beschließen, daß Sie wiederum einen nächsten Stein dazu legen, daß Rechtsunsicherheit in Österreich herrscht? Es herrscht Rechtsunsicherheit deswegen, weil die Menschen, die mit diesem Gesetz arbeiten sollen, nicht in der Lage sind, es im Detail, in seiner Komplexität, in seiner Vielzahl von Bestimmungen – von den Schlichtungsausschüssen, die es da gibt, gar nicht zu reden – zu erfassen.

Unser liberaler Modellvorschlag war einfach. Wir haben gesagt: Jahresarbeitszeit; wer diese überschreitet, Überstunden. Wochenarbeitszeit – International Labour Organisation, Sozialcharta der Europäischen Union – 48 Stunden, alles darüber: Überstunden. Tagesarbeitszeit: zehn Stunden. Was darüber liegt: Überstunden. – Das ist überschaubar, kontrollierbar und erfaßbar. Darunter muß man sich zur Ausgestaltung auf Kollektivvertrags-, auf Betriebsvereinbarungs- und Dienstvertragsebene bekennen.

Wenn man aber glaubt, oben, im unabdingbaren Recht – was Sie mit diesem Gesetzesbeschluß, den Sie heute fassen werden, tun – alles regeln zu müssen, verliert man meiner Ansicht nach an Überschaubarkeit, an Rechtssicherheit und an der Chance, die die Flexibilität für mehr Beschäftigung in Österreich bietet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

13.18

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Sonntagsarbeit bleibt weiterhin grundsätzlich verboten. Ich lasse die Geschichte über die Entstehung des heute zu beschließenden Gesetzes ein bißchen Revue passieren und führe mir die Verhandlungsrunden vom Herbst 1996 vor Augen, nämlich das absolute Nein zur Absicherung über Kollektivverträge und immer die Rute im Fenster: Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Ich darf hier sagen: Ich glaube an die Sicherung von Arbeitsplätzen, aber ich zweifle daran, daß zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Das darf ich hier schon deponieren. (Abg. Mag. Peter: Sie müssen sie nur zulassen!) Langsam! Zu Ihren Ausführungen komme ich noch, lieber Herr Kollege Peter!

Besonders ärgerlich habe ich die Diskussion um die Sonntagsarbeit gestern im Radio gefunden, als ich hörte, daß sich Kollege Kiss von der ÖVP zu dieser Frage geäußert hat und dies jetzt plötzlich so dargestellt wird, als wäre Sonntagsarbeit für alle Arbeitnehmer gang und gäbe. (Abg. Kiss: Wovon reden Sie?)

Schon bisher waren durch Verordnungen Ausnahmen möglich, allerdings Ausnahmen ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen, wie die Frau Bundesministerin heute hier schon gesagt hat. Wenn es um diese Verordnungen gegangen ist, haben nicht selten sogar betroffene Arbeitnehmer aus Angst um ihren Arbeitsplatz interveniert, damit ja die begehrte Ausnahme bewilligt wurde.

Der Druck der Wirtschaft dahin gehend, daß auch wirtschaftliche Aspekte bei der Zulassung von Sonntagsarbeit eine Rolle spielen sollten, ist ja seit Jahren ein ganz erheblicher. § 12a des Arbeitsruhegesetzes verändert das System des grundsätzlichen Arbeitsverbotes an Sonn- und Feiertagen nicht. Allerdings wird es auf kollektivvertraglicher Basis gestattet, bei Vorliegen


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dringender wirtschaftlicher Bedürfnisse und zur Arbeitsplatzsicherung Sonntags- und Feiertagsarbeit zuzulassen. Das wird die Arbeitnehmerposition nicht schwächen. Durch die Einbindung des Kollektivvertrages ist eine bessere, an der Praxis, den Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten orientierte Prüfung solcher Ausnahmen möglich.

Ich möchte nicht verhehlen, daß ich das, was sich in den letzten Tagen rund um das Arbeitsruhegesetz abgespielt hat, äußerst bedenklich finde: zunächst jahrelanger Druck, Drohungen mit Arbeitsplatzverlusten, Betriebsabsiedlungen und anderem mehr. Aber dann, nach einer maßvollen Änderung, wird alles mobilisiert und in der Öffentlichkeit der Eindruck zu erwecken versucht, als wären es die Sozialdemokraten, die das Verbot der Sonntagsarbeit abschaffen wollten. Unsere Antwort müßte nach diesem Verhalten sein, daß wir sämtliche bisher bestehende Ausnahmen abschaffen. Aber das tun wir nicht, obwohl diese Vorgangsweise, wie sie sich abgespielt hat, mein Vertrauen ganz massiv erschüttert hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Gestatten Sie mir, jetzt noch wenige Worte zum Abänderungsantrag des Kollegen Kier zu sagen. Diesem kann ich durchaus Sympathie abgewinnen, aber: Wirtschaftlichkeit schließt eigentlich Technologien mit ein. Da es da eine Mitkompetenz des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gibt, kann man das nicht in fünf Minuten abhandeln. Wir sollten daher auch nach der Beschlußfassung der heutigen Novelle über diese Sache weiter miteinander reden.

Herr Kollege Peter hat gefragt: Was gibt uns eigentlich die Macht, sozusagen Glück zu definieren? – Wir können es nicht definieren, da stimme ich ihm zu. Aber als Mutter eines jungen Mannes, der in einem Gesundheitsberuf tätig ist, der im Turnusdienst arbeitet, muß ich sagen, daß es sich nicht nach seiner Definition von Glück richtet, sondern nach der beinharten Realität seines Dienstplanes. – Aber Herr Kollege Peter hört mir bedauerlicherweise im Augenblick nicht zu. (Abg. Mag. Peter: Frau Kollegin, ich bin ganz Ohr!) In Anbetracht der kurzen Redezeit muß ich fortsetzen.

Da heute hier die freiheitliche Fraktion den Arbeitnehmerschutz so sehr strapaziert hat, muß ich sagen: "Aussetzung des Arbeitnehmerschutzes für ein paar Jahre" heißt es hier – Zitat Ihres Parteiobmannes Haider in der "Presse" vom 7. Feber 1997. Überhaupt muß ich schon sagen, daß ich es eigenartig finde, wenn eine Fraktion Sozialpolitik so strapaziert, wenn zum Beispiel ein Salzburger Landesrat namens Schnell bei Anträgen zur Seniorenhilfe seinerzeit gesagt hat: Stellen Sie sich vor, wir haben eine Rattenplage in Salzburg, und die offiziellen Stellen schreiben 5 bis 10 S pro Rattenschwanz aus. Einige werden sich ehrlich bemühen, die Ratten zu erlegen. Andere werden Ratten züchten, um Geld zu verdienen.

Ich überlasse es Ihnen, wie Sie über so etwas denken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Frau Dr. Petrovic ist nicht im Saal.

Ich rufe daher als nächsten Redner Abgeordneten Dr. Trinkl auf. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

13.25

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion über die Einführung der flexiblen Arbeitszeit ist wirklich ein schönes Beispiel dafür, wie die Opposition hier im Hause und auch in der Öffentlichkeit Politik macht. Noch für die Sondersitzung des Nationalrates am 18. Februar hat die FPÖ ein Papier mit dem Titel "Bündnis für Arbeit" verteilt. Ich hätte zwar gedacht, die Bündnispolitik in Europa hat mit Ende des 19. Jahrhunderts geendet, aber bitte. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) In diesem Arbeitspapier steht: "Eine Flexibilisierung bewirkt eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im internationalen Umfeld und schafft darüber hinaus zusätzlich Arbeitsplätze (Teilzeitbereich)". – Voll d´accord.


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Aber bereits innerhalb von 24 Stunden haben Sie Ihre Meinung geändert: Nachdem die Einigung der Sozialpartner bekannt geworden war, wurden hier im Hohen Haus – und in der Zwischenzeit auch in der Öffentlichkeit – Horrormärchen verbreitet. Es hieß: Diese Maßnahmen bedeuten Einkommensverluste für Arbeitnehmer. 10 Milliarden Schilling – haben wir heute gehört – werden da kolportiert. Es handle sich um eine asoziale Politik. Man müsse schauen, daß der "kleine Mann" nicht vor die Hunde geht, wurde da gesagt. Gleichzeitig wurden Horrormeldungen – so etwa Verlust von 10 000 Arbeitsplätzen durch diese Maßnahmen – in die Welt gesetzt.

Sie wissen, daß das nicht zutrifft, aber wiederholen auch heute hier von dieser Stelle aus diese Behauptungen. Und Sie wissen auch, daß Ihre Milchmädchenrechnung mit den 23 Nationalbank-Reservemilliarden reiner – entschuldigen Sie bitte diesen Ausdruck – Unsinn ist. Dieses Geld steht doch nicht dem Budget zur Verfügung, sondern muß für Geldmengenpolitik Verwendung finden. Bitte: Finger weg von der Nationalbank! Österreich ist doch keine Bananenrepublik! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit der Abg. Aumayr. )

Was Sie von den Freiheitlichen da machen, will ich Ihnen jetzt sagen: Sie versuchen, mit der Angst der Menschen Politik zu machen. Sie wollen den Menschen Angst machen und dann Ihre Mittel zum Zweck zum Einsatz bringen. Das erinnert mich an Werner Fassbinders Film aus dem Jahre 1973: "Angst essen Seele auf"." Das wollen Sie. Was Sie wollen, ist, die Beziehung zwischen dem Bürger, der Republik und den Verantwortlichen des Landes zerstören. Das wollen Sie! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Diese Rechnung wird nicht aufgehen! So dumm sind die Leute wirklich nicht, daß sie Ihnen da auf den Leim gehen werden.

Oder aber ist es die Opposition selbst, die Angst bekommt. Ich zitiere den Wirtschaftssprecher Ihrer Partei, Herrn Abgeordneten Prinzhorn, der wörtlich von einer "Husch-Pfusch-Einigung" gesprochen hat. Anscheinend ist ihm die Einigung der Sozialpartner zu schnell gegangen; damit haben Sie nicht gerechnet. Sie hätten wahrscheinlich gerne gesehen, daß das hinausgezögert wird.

Die Regierung legt da ein hohes Tempo vor. Die Liberalisierung der Öffnungszeiten wurde beschlossen. (Abg. Aumayr: Das Belastungspaket ist geschnürt!) Das Lehrlingspaket ist geschnürt, das Integrationspaket ist ausverhandelt, die Gewerbeordnung hat den Ministerrat bereits passiert, ebenso das Betriebsanlagenrecht. Sie reden von Schnee von gestern, ich rede von der Gegenwart. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Schließlich gelingt den Koalitionspartnern und den Sozialpartnern auch noch die Einigung in bezug auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Da glaube ich schon, daß die Opposition Angst bekommen kann – aber nicht, weil die Lösungen schlecht sind, sondern weil Ihnen die Argumente ausgehen, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die vorliegende Arbeitszeitregelung ist eine soziale und keine asoziale Politik. Sie trägt dazu bei, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und auch die Arbeitsplätze in Österreich zu sichern. Wer das nicht glaubt, möge jene fragen, die für die Arbeitsplätze verantwortlich sind, nämlich die Betriebe. Im "WirtschaftsBlatt" vom 15. März, also ganz frisch, heißt es: "Für Philips ist flexible Arbeit die Kernfrage. Ein deutlicher Warnschuß Richtung Standort Österreich." Lesen Sie das nach! Die Betriebe sichern die Arbeitsplätze, und deswegen müssen wir geeignete Rahmenbedingungen schaffen, damit sie auch hier in Österreich ihre Standorte halten können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Wie Semperit zum Beispiel! Das ist ein gutes Beispiel!)

Niemand behauptet, meine Damen und Herren, daß dieser Kompromiß leicht zu finden war. Selbstverständlich hätten die Wirtschafts-, aber auch die Arbeitnehmervertreter darüber hinausgehende Wünsche gehabt. Aber, wie bereits Präsident Maderthaner gesagt hat: Es liegt eben im Wesen einer Einigung, daß jeder nachgibt, im Interesse des Ganzen. (Abg. Aumayr: Die größte Umfallerpartei, die es gibt! – Abg. Steidl: So eine Frechheit!)


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Ich habe Ihnen vorhin vorsichtig zu erklären versucht, welche Position Sie von den Freiheitlichen im Augenblick einnehmen. Ich glaube nicht, daß man das noch weiter qualifizieren muß. (Abg. Dr. Haider: Das ist nicht sehr gelungen! – Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem vorliegenden Entwurf folgt Österreich einem internationalen Trend. Es gibt aber eine österreichische Spezialität: Der vorliegende Entwurf basiert auf einer Einigung der Sozialpartner. Kollege Stummvoll hat das bereits gesagt: Diese werden ihre Verantwortung sehr, sehr sorgsam wahrnehmen.

Ich bin auch überzeugt davon, daß das vereinbarte Schlichtungsverfahren nur die Ausnahme sein wird und nie zur Regel werden muß.

Machen wir uns aber nichts vor: Die gesetzliche Regelung, die uns heute zur Beschlußfassung vorliegt, folgt sehr wohl der betrieblichen Praxis. Viele Betriebe haben bereits in der Vergangenheit Flexibilisierungsmodelle zur Anwendung gebracht. Es gibt in meinem Bezirk Weiz einen Baubetrieb, der jahrelang Verträge nach dem Jahresarbeitsmodell vereinbart hat, bis diese dann – das gebe ich zu – auf Betreiben der Gewerkschaft gekündigt werden mußten, weil diese Vereinbarungen gegen das Gesetz waren.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Lanze für unsere Lehrlinge brechen, weil mir das wichtig ist: Die Jugendlichen wollen nicht als Kinder behandelt werden. Die Jugendlichen wollen ihre Arbeitszeit ebenso wie die Erwachsenen flexibler gestalten. – Ich denke da an bisher praxisfremde Verbote in manchen Branchen. Ich denke an die Möglichkeit des Einarbeitens von "Fenstertagen". Ich denke aber auch an jene Jugendlichen, die in Betrieben mit Gleitzeitmodellen beschäftigt sind. Ich bin sehr froh darüber, daß auf dem Sektor Lehrlingswesen in dieser Hinsicht der Durchbruch geglückt ist!

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung in Richtung des Herrn Westenthaler machen, der, wie ich glaube, zurzeit Generalsekretär der FPÖ ist: Wenn jemand in diesem Zusammenhang heiße Luft produziert hat, dann er mit seinem "Vertrag mit Österreichs Lehrlingen". Ich habe das genau gelesen! Einerseits wird in diesem Vertrag das ÖVP-Lehrlingspaket in weiten Teilen kopiert. Es ist per se nicht schlecht, wenn Sie dieses anerkennen. Aber abgesehen davon laufen Sie auch in diesem Bereich den Entscheidungen der Regierung hinterher. (Abg. Aumayr: Darum gibt es so "viele" Lehrlingsarbeitsplätze!) Das wird schon besser werden! Sie sind aber schon wieder zu spät dran! Die Regierung, die Koalition haben schon gehandelt. Es tut mir leid, daß Sie zu spät kommen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Wo sind denn die Lehrlingsarbeitsplätze?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluß kommend: Das vorliegende Paket bringt einen wesentlichen Dynamisierungsschub für die Wirtschaft, und es sichert gleichzeitig die Beschäftigung unserer österreichischen Arbeitnehmer. Die neue Regelung ist praxisgerechter, und sie ist auch ehrlicher. Vor allem beruht sie auf der Einigung der Sozialpartner, das heißt, daß sich bei deren Umsetzung Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch künftig in die Augen schauen können. – Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

13.34

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nicht nur ich allein beklage immer wieder die Art und Weise, wie die Gesetzgebung derzeit in Österreich abläuft. Es wird tonnenweise Papier erzeugt, es passieren immer wieder und immer mehr legistische Fehler, die dann peinlicherweise nachträglich irgendwann korrigiert werden müssen, und immer mehr unserer Gesetze sind nicht mehr verfassungskonform. Wenn wir unsere Gesetzgebung auf die sachlichen Inhalte hin genau anschauen, dann stellen wir fest, daß sie meist nur Teillösungen, Kompromisse – und sehr oft schlechte Kompromisse – beinhalten, weil, wie etwa beim heutigen Tagesordnungspunkt 1, beim Antrag 408, wichtige Rahmenbedingungen fehlen.


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66. Sitzung / Seite 76

Mein Vorredner, Herr Kollege Trinkl, der jetzt fluchtartig den Saal verlassen hat, hat gesagt ... (Abg. Schwarzenberger: Er ist ohnedies hier!) Ist er noch da? Na bin ich froh! Er hat gesagt, daß uns Freiheitlichen die Argumente ausgehen. Es verhält sich aber genau umgekehrt! Denn Sie sorgen schon dafür, daß sie der Opposition nicht ausgehen! – Für eine flexible Arbeitszeitregelung sind wir Freiheitlichen auch immer eingetreten, und natürlich sind wir in weiten Bereichen für eine solche Regelung. Aber flexible Arbeitszeitregelungen können doch nicht nur auf Kosten der Arbeitnehmer gehen, so wie das beim vorliegenden Antrag der Fall ist! Außerdem ist dieser Antrag wieder unnötig lang, und er beinhaltet auch wieder einen legistischen Fehler, den man im Ausschuß trotz unseres Hinweises nicht korrigieren wollte.

Wir Freiheitlichen bringen deshalb hier einen Abänderungsantrag dazu ein. Die Regierung wird sich halt dann wieder ein Jahr oder länger dagegen stemmen, bis man bereit ist, diesen Fehler beziehungsweise diese legistische Schlamperei zu korrigieren, wodurch die ohnehin schon überlangen Bestimmungen noch unverständlicher werden.

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haller, Mag. Haupt zum Antrag der Abgeordneten Verzetnitsch, Maderthaner, Nürnberger, Dr. Feurstein, Reitsamer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (408 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (622 der Beilagen)

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert.

Art. I Z. 35 lautet:

"35. In § 28 Abs. 1a wird am Ende von Z. 9 der Strichpunkt durch das Wort "oder" und am Ende von Z. 10 das Wort "oder" durch einen Beistrich ersetzt; Z. 11 entfällt."

*****

Aber wir werden heute nicht nur diesen Abänderungsantrag, sondern auch noch einen weiteren und zusätzlich noch einen


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66. Sitzung / Seite 77

Entschließungsantrag einbringen, und zwar zum neuen Karenzgeldgesetz.

Dieses Karenzgeldgesetz ist nur eine Zusammenfassung von bisherigen Bestimmungen und die Übertragung der Agenden an die Sozialversicherungsträger. Allerdings verursacht dies beträchtliche Kosten, und zwar in Höhe von 60 Millionen Schilling jährlich. In Zeiten wie diesen ist das anscheinend unbedingt notwendig! Der Gesetzesvorschlag beinhaltet aber keine inhaltlichen Weichenstellungen, die EU-Regelung wird nicht umgesetzt, es gibt keine Änderung bei der unflexiblen Regelung betreffend Nebeneinkünfte bei geringfügigen Einkommen von Karenzgeldbezieherinnen.

Einerseits wird von der österreichischen Frauenpolitik immer wieder gefordert, daß man den Frauen die Wiedereinstiegsschwierigkeiten nach der Kinderpause aus dem Weg räumen soll – gleichzeitig verhindert man aber die Schaffung von Möglichkeiten für eine Vorbereitung auf die Rückkehr in den ausgeübten Beruf; zusätzlich behält man einen Hemmschuh wie den bisherigen weiter bei. Da uns die Frau Ministerin Hostasch einen Antrag versprochen hat, kann ich jetzt sagen: Dieser liegt uns bis heute nicht vor!

Ich bringe jedenfalls folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haller, Mag. Haupt zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz, das Karenzurlaubserweiterungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits- und Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Betriebshilfegesetz und das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete geändert werden (550 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (623 der Beilagen) betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeldbezug

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der im Karenzgeldgesetz eine Durchrechnung der Einkommensgrenzen über den gesamten Zeitraum des Karenzgeldbezuges vorsieht."

*****

Das neue Karenzgeldgesetz beinhaltet aber auch keine Valorisierung des Wochengeldes, obwohl die ÖVP bei allen Wahlen zu den Landwirtschaftskammern und seit Jahren querfeldein durch das Bundesgebiet gezogen ist und zieht und immer wieder dieselbe Forderung stellt. Unter anderem hat es vor vier Jahren in Oberösterreich einen einstimmigen Beschluß der Landwirtschaftskammer-Vollversammlung gegeben. Daraufhin gab es Anträge der Freiheitlichen. Diese wurden abgelehnt. Die Bäuerinnen haben das einstimmig beschlossen und eine Resolution gefaßt. Es rührt sich jedoch nichts. Bei der Tiroler Landwirtschaftskammerwahl am vergangenen Wochenende ist jedoch der Bauernbund wieder mit dieser Forderung aufgetaucht. Ich bin neugierig, wie meine Kollegin Kathi Horngacher, die jetzt nicht da ist, sich verhalten wird, wenn wir diesen Abänderungsantrag zum Wochengeld einbringen.

Dieser Abänderungsantrag beinhaltet eine Erhöhung des derzeitigen Wochengeldes. Wenn man bedenkt, daß diese Regelung und somit das Wochengeld für Bäuerinnen seit 1982 gleichgeblieben ist, damals aber ein Wecken Brot 19 S gekostet hat, während er heute 29 S kostet, dann muß man die Bäuerinnen verstehen, wenn sie eine Valorisierung wirklich ernsthaft fordern.

Ich bringe deshalb folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haller, Aumayr, Ing. Reichhold, Koller zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz, das Karenzurlaubserweiterungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits- und Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Betriebshilfegesetz und das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete geändert werden (550 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (623 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel 10 wird nach Z. 1 noch folgende Z. 1a eingefügt:


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66. Sitzung / Seite 78

"1a. In § 3 Abs. 5 wird der Betrag ,250 S‘ durch ,400 S‘ ersetzt und folgender zweiter Satz angefügt:

"An die Stelle des Betrages von 400 S tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 1998, der unter Bedachtnahme auf § 51 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes beziehungsweise § 47 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor vervielfachte Betrag."

*****

Es interessiert mich wirklich, wie sich die Bauern hier heute angesichts der vergangenen Landwirtschaftskammerwahl in Tirol und noch kommender Wahlgänge dazu verhalten und wie sie dann draußen in den Bundesländern agieren werden. Wir werden heute am Abend die Probe aufs Exempel machen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.41


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66. Sitzung / Seite 79

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Alle drei Anträge, die Frau Abgeordnete Haller vorgetragen hat, nämlich zwei Abänderungsanträge und ein Entschließungsantrag, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

13.41

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ohne Zweifel ist das Thema "Arbeitszeit" von elementarer Bedeutung für die arbeitenden Menschen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß beim heutigen Tagesordnungspunkt dieser Thematik so breiter Raum gewidmet wird.

Inhaltlich sind meine Vorrednerin und meine Vorredner bereits auf dieses Thema eingegangen. Auf etwas möchte ich aber doch aufmerksam machen, Herr Kollege Haider: Das Stimmverhalten der FPÖ in der Frage 8. Dezember und die Ausschaltung des Kollektivvertrages in dieser Frage haben verdeutlicht, daß Ihrer Partei nicht die Arbeitnehmer am Herzen liegen, sondern die Ausschaltung der Arbeitnehmerinteressenvertretung. Es ist daher kein Wunder, daß Sie heute auch wieder nicht zustimmen werden.

Frau Kollegin Steibl ist jetzt nicht im Saal. – Ich würde mir die Unterstützung von Frau Kollegin Steibl in der Frage Nachtarbeit erwarten, für welche wir einen Entwurf haben, der an und für sich offensichtlich sehr in Konsensnähe war. Ich möchte Sie ebenfalls daran erinnern, daß Ihr Verhalten nicht unbedingt dazu beigetragen hat, die Arbeitnehmerinnen im Handel besser zu stellen und zu schützen. – Jetzt ist Kollegin Steibl da, aber ich glaube, sie hat nicht gelauscht, denn sonst würde Sie mir durch Zunicken deuten können, ob Sie uns in der Frage des Nachtarbeitsgesetzes unterstützt. Vielleicht kann ich das nachher noch mit ihr klären, denn wir haben relativ kurze Blockredezeiten. Daher ist es jetzt schade um die Zeit.

Ein weiterer Punkt wurde heute von Frau Kollegin Haller gerade vorhin angesprochen. – Wir haben heute unter diesem Tagesordnungspunkt auch das Karenzgeldgesetz zu beschließen. Frau Ministerin! Ich bin erstens sehr dankbar dafür, daß wir endlich das Wort "Urlaub" zumindest aus diesem Bereich entfernt haben. Denn jeder, der weiß, wie Karenzzeiten verlaufen, weiß, daß sich diese qualitativ enorm von einem Urlaub unterscheiden.

Frau Kollegin Haller! Sie haben die Notwendigkeit für dieses Gesetz betreffend die Übertragung der Leistungen an die Krankenversicherungen bereits im wesentlichen erwähnt. Sie haben einige Kritikpunkte angebracht, Sie haben jedoch ein Detail vergessen: In Zukunft werden auch Pflegeeltern Karenzgeld beziehen können, und dafür gebührt unserer Sozialministerin unser herzlicher Dank, denn das ist zweifelsohne eine qualitative Verbesserung. Daher fordern wir Sie auf, diesem Gesetzentwurf auch Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

13.43

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich schon froh darüber, daß zumindest ... (Abg. Schwarzenberger – zu einem Klubbediensteten, der Unterlagen auf dem Rednerpult austauscht –: Lassen Sie der Rednerin ihre Unterlagen!) Ich habe sie schon selber vorbereitet! Aber Sie sind auch nicht immer ganz tadellos organisiert, wie die Vergangenheit ja gezeigt hat!

Ich bin sehr froh darüber, daß meine beiden Vorrednerinnen jetzt zumindest auf den 2. Tagesordnungspunkt eingegangen sind, der bisher im Rahmen dieser Debatte an und für sich zu kurz gekommen ist. Ohne Zweifel ist der 1. Tagesordnungspunkt von wesentlicher Bedeutung. Beim 2. Tagesordnungspunkt geht es jedoch immerhin um jene Personen – und das sind noch dazu fast zu 100 Prozent Frauen –, die, wie ich glaube, eine wesentliche gesellschaftliche Aufgabe übernehmen, nämlich die Betreuung von Kindern.

Ich erkenne zwar durchaus wenige, aber doch einige positive Ansätze in diesem Gesetz. Meine Vorrednerin hat bereits auf eine gewisse Besserstellung hingewiesen, allerdings gehen mir persönlich diese positiven Ansätze viel zu wenig weit. Ich finde es positiv, daß durch dieses Karenzgeldgesetz andere Gesetze ersetzt werden und daß wir jetzt eine klarere Darstellung der gesetzlichen Basis für Bezieher und Bezieherinnen von Karenzgeld haben.

Ich finde es auch positiv – darauf wurde auch schon hingewiesen –, daß das Wort "Urlaub" im Zusammenhang mit Karenzzeit endgültig gefallen ist. Das war ein langer Weg. Die Bewußtseinsbildung ist nur sehr zögerlich vor sich gegangen. Immerhin haben die Liberalen bereits im Juli 1995 einen entsprechenden Antrag eingebracht. Es hat jedoch bis heute gedauert, daß sich die Auffassung durchgesetzt hat, daß die Betreuung von Kindern eine wesentliche gesellschaftliche Aufgabe und keinesfalls mit Urlaub gleichzusetzen ist.

Trotzdem gibt es interessanterweise immer noch grobe Mängel im sprachlichen Bereich. Ich verweise auf § 8, in dem sicherlich Männer und Frauen gemeint sind, diese Begriffe aber nicht eindeutig formuliert wurden. Geradezu kurios ist es allerdings im § 2, in dem es explizit um den Anspruch der "Mütter" im Zusammenhang mit Karenzgeld geht. "Mutter" ist in der Terminologie der deutschen Sprache letztendlich noch immer ein Begriff, mit dem ausschließlich Personen des weiblichen Geschlechtes bezeichnet werden. Trotzdem haben Sie in diesem § 2 Abs. 2 Z. 1 und Z. 5, wo es um den Ausschluß von Karenzgeldbezug geht, wieder männliche Begriffe verwendet, nämlich Begriffe wie "Hausbesorger" und "geschäftsführende Gesellschafter". Dabei handelt es sich meiner Meinung nach nicht nur um einen Mangel an Bewußtsein für die Gleichstellung von Männern und Frauen auch in der Sprache, sondern es kann durchaus berechtigte Sorge bestehen, daß diesfalls auch Anlaß zu einer mißverständlichen und irreführenden Handhabung des Gesetzes gegeben ist.

Ich habe jetzt auf die positiven Verbesserungen hingewiesen, konnte aber, wie Sie gemerkt haben, nicht sehr viele aufzählen. Sie haben in diesem Karenzgeldgesetz zwar eine grundlegende Vereinfachung durchgeführt, aber in letzter Konsequenz haben Sie nur Bauklötze neu geordnet und neu numeriert, inhaltliche Neuorientierungen fehlen jedoch meiner Meinung nach zur Gänze. Es gibt keine echten Reformansätze und keine Ansätze, die Anreize für Männer bieten würden, vermehrt Karenzzeit in Anspruch zu nehmen. Es ist leider nach wie vor traurige gesellschaftliche Realität, daß nicht einmal ein Prozent aller Karenzgeldbezieher und -bezieherinnen von Männern gestellt wird. Es gibt keine realistischen Ansätze, um die Wiedereinstiegsproblematik zu entschärfen. Sie halten an und für sich weiterhin an den starren Regeln der Teilkarenz und den starren Teilzeitbeschäftigungen fest.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie haben heute hier auf die besondere Notwendigkeit der Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt hingewiesen, haben aber die Karenzgeldbezieher und die Karenzgeldbezieherinnen dabei vergessen. KarenzgeldbezieherInnen brauchen mehr Freiraum,


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66. Sitzung / Seite 80

um die Möglichkeiten, die der Arbeitsmarkt bietet, flexibler nützen zu können. Man kann nicht davon ausgehen, daß diese Problematik mit der Teilzeitkarenz schon gelöst ist. Es gibt durchaus Betreuungspersonen, die keine Betreuungsmöglichkeit für eine fixe Teilzeitbeschäftigung finden, denen es aber durchaus möglich wäre, flexiblere Angebote des Arbeitsmarktes wahrzunehmen, zum Beispiel im Rahmen von freien Werkverträgen oder von Urlaubsvertretungen, etwa als SpringerInnen.

Die Notwendigkeit, den Kontakt zur Arbeitswelt nicht zu verlieren, ist, glaube ich, offenkundig. Auf diese Weise könnte auch die Wiedereinstiegsproblematik wesentlich erleichtert werden. Selbstverständlich müßten wir dafür die Geringfügigkeitsgrenze, die Sie gleich belassen haben, deutlich anheben. Wir stellen uns in diesem Zusammenhang den Betrag von 7 000 S vor, analog zur Grenze für die Sozialversicherungspflicht bei den Werkverträgen. Das wäre sowohl arbeitsmarktpolitisch als auch frauenspezifisch eine wesentliche und wichtige Maßnahme. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir bringen daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Maria Schaffenrath, Klara Motter und PartnerInnen zur Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz, das Karenzurlaubserweiterungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Betriebshilfegesetz und das Bundesgesetz über die Gewährung von Überbrückungshilfen an ehemalige Bundesbedienstete geändert werden (550 der Beilagen)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Bundesgesetz über das Karenzgeld

(Karenzgeldgesetz – KGG)

1. In § 2 Abs. 2 Z 1 wird das Wort "Hausbesorger" ersetzt durch "Hausbesorgerin".

2. In § 2 Abs. 2 Z 5 werden die Worte "geschäftsführender Gesellschafter" ersetzt durch "geschäftsführende Gesellschafterin".

3. § 2 Abs. 2 Z 6 lautet:

"6. einen Karenzgeldbezug nicht länger als 30 Tage unterbricht und

a) aus einer oder mehreren vorübergehenden unselbständigen Beschäftigungen innerhalb eines Kalendermonats einen Bruttolohn erzielt oder

b) aus selbständiger Erwerbsarbeit (Arbeit), die an einem oder mehreren Tagen im Monat ausgeübt wird, ein Einkommen gemäß § 40 zuzüglich Sozialversicherungsbeiträgen, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, erzielt oder 11,1 v. H. des erzielten Umsatzes gemäß § 41 einen Betrag ergeben, der (das) den im § 5a Abs. 1 ASVG angeführten Betrag übersteigt, für diesen Kalendermonat.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vergessen wir über die Diskussion im Zusammenhang mit der Karenzzeit nicht, daß durch die Karenzzeit, zu der wir Liberale selbstverständlich stehen und die wir als wichtige soziale Leistung betrachten, die Gefahren für die Frauen auf dem Arbeitsmarkt evident bleiben. Es sind nach wie vor primär Frauen, die Karenzzeit beanspruchen,


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66. Sitzung / Seite 81

und damit sind ihre Karrieremöglichkeiten von vornherein eingeschränkt. Frauenarbeitsplätze werden auch genau aus diesem Grunde nicht im wünschenswerten Maße zur Verfügung gestellt. Zahlen beweisen es deutlich: Je länger die Frauen vom Arbeitsmarkt abwesend sind, umso geringer sind ihre Chancen für den Wiedereinstieg.

Daher ist es mir heute ein besonderes Anliegen, noch einmal auf die unbedingte Notwendigkeit des Ausbaues von Kinderbetreuungseinrichtungen hinzuweisen. Ich fordere Sie hier auf, nicht nur den Ausbau der öffentlichen Einrichtungen voranzutreiben, sondern Maßnahmen zu setzen, die auch privaten Initiativen, die nachweislich flexibler und kostengünstiger arbeiten, faire Wettbewerbsbedingungen zukommen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch eines stimmt mich nachdenklich: Wenn Sie heute die Abwicklung der Karenzzeit bis hin zur Wiedereinstiegshilfe der Gebietskrankenkasse übertragen, dann scheinen Sie vergessen zu haben, daß die Karenzzeit an und für sich eine arbeitsmarktpolitische Frage ist.

Zwei Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang für mich, und ich glaube, der entsprechende Schluß ist an und für sich zulässig. Erstens: Will sich das Arbeitsmarktservice von einem klassischen Aufgabengebiet wie zum Beispiel dem Wiedereinstieg nach der Karenz verabschieden? Und die zweite Frage: Haben Sie sich vielleicht deshalb vom Begriff "Urlaub" im Zusammenhang mit Karenz verabschiedet, um jetzt die Karenzzeit als – man könnte sagen – "überlangen Krankenstand" neu zu definieren?

Nicht nur die Antworten auf diese Fragen, sondern noch viele Antworten sind Sie im Bereich der Karenzzeit bisher schuldig geblieben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Schaffenrath hat einen Abänderungsantrag vorgetragen, der ausreichend unterstützt ist und in die Beratungen mit einbezogen wird.

Als nächstem erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

13.53

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schaffenrath! Ich bin gerne bereit, Ihnen eine Antwort auf Ihre Fragen zu geben.

Erste Antwort: Wir können uneingeschränkt feststellen, daß es wohl kein anderes Land gibt, das eine so großzügige Regelung für das Karenzgeld hat wie Österreich. Es gibt kein anderes Land! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn man Ihrem Antrag Folge leisten würde, daß nunmehr eine Geringfügigkeitsgrenze von 7 000 S eingeführt wird, so gilt diese Geringfügigkeitsgrenze natürlich auch für die Arbeitslosenversicherung, und es müßte jedem klar sein, daß das eine Belastung der Arbeitslosenversicherung in der Größenordnung von mindestens – wir haben das schon einige Male durchgerechnet – 4 Milliarden Schilling bedeuten würde, meine Damen und Herren! 4 Milliarden Schilling hier vom Rednerpult aus zu fordern, finde ich wirklich unseriös. So kann man nicht vorgehen! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Tychtl. )

Genauso ist es mit den Anträgen der Freiheitlichen. Wenn man diese Forderungen zusammenzählt, die Herr Abgeordneter Haupt gemeinsam mit Frau Abgeordneter Haller hier präsentiert hat, so komme ich – mit Lohnsteuerreform und allem Drum und Dran – auf einen Betrag von mindestens 20 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren! Und dann hierherzugehen und zu sagen, diese 20 Milliarden Schilling holen wir bei der Nationalbank, das ist doch nicht seriös! So kann man nicht arbeiten, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Vor allem, wenn man die Rede des Herrn Haider heute vormittag erlebt hat! Das ist unseriös! So können wir die Dinge nicht behandeln. So geht das einfach nicht, meine Damen und Herren! (Abg. Meisinger: Wir werden Ihnen sagen, was unseriös ist!)


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Ja, ich sage Ihnen von den Freiheitlichen und allen von der Opposition – Herrn Abgeordneten Kier nehme ich aus –, die hier gesprochen haben: Die Arbeitszeitflexibilisierung ist von allen hier im Hause seit Jahren gefordert worden. Ich habe von niemandem gehört, daß das Ausmaß an Arbeitszeitflexibilisierung zu großzügig oder zu eng wäre. Niemand von den Rednern hier hat das behauptet; nicht von den Freiheitlichen, nicht von den Grünen (Abg. Öllinger: O ja!) – ich komme noch zu Ihrem Punkt mit der Sonntagsarbeit, Herr Abgeordneter Öllinger, ich komme noch dazu –, niemand hat das sonst gefordert.

Ich möchte das einmal feststellen, daß das einfach ein Anliegen ist, über das man diskutiert hat, das man im Ausschuß behandelt hat und das jetzt umgesetzt wird. Ich würde schon meinen, daß man, wenn so etwas gemacht wird, auch das Positive erkennen und nicht nur einfach dagegenreden soll, meine Damen und Herren!

Arbeitszeitflexibilisierung haben wir im öffentlichen Dienst, aber auch in der Privatwirtschaft in verschiedenen Bereichen schon seit Jahrzehnten. Im öffentlichen Dienst gibt es schon seit langem Durchrechnungszeiträume von 6 Monaten. Es gibt Zeitguthaben von 40 und mehr Stunden, die angesammelt werden können, und niemand sagt, hier seien Überstunden verlorengegangen, Herr Abgeordneter Öllinger, hier sei jemand um etwas geschmälert worden, sondern die Arbeitnehmer, die Dienstnehmer, und zwar gerade im öffentlichen Dienst, schätzen diese Durchrechnungszeiträume, schätzen es, daß man mehr oder weniger arbeiten kann, je nachdem, wie die Arbeit anfällt.

Das sind also Dinge, die auch von den Dienstnehmern, von den Arbeitnehmern positiv gesehen und akzeptiert und sogar gerne gehandhabt werden. In diesem Zusammenhang von "Schmälerungen" von Überstundenleistungen zu reden, so wie das hier formuliert wurde, das halte ich einfach für falsch, denn ich meine, daß durch die Kollektivverträge, die für die Umsetzung dieses Gesetzes vorgesehen sind, sehr wohl die Möglichkeit geboten wird, eben einen Ausgleich zu schaffen, dann nämlich einen Ausgleich zu schaffen, wenn von den Arbeitnehmern zusätzliche Leistungen verlangt werden.

Nun zum letzten Thema, das ich kurz ansprechen möchte, und zwar möchte ich dies der SPÖ sagen: Meine Damen und Herren! Die ganze Diskussion der letzten fünf, sechs Tage haben Sie durch die Aussage Ihres Bundesgeschäftsführers Rudas verursacht. Im Gesetz ist klar verankert – und es ist das klar –, daß niemand daran denkt, die Sonntagsarbeit, die Feiertagsarbeit auszudehnen, sondern es sollte durch die Ergänzung im Arbeitsruhegesetz Klarheit geschaffen werden, daß auch die Kollektivvertragspartner dies vereinbaren können.

Dazu stehe ich, daß auch die Kollektivvertragspartner darüber entscheiden können, aber wenn jemand von der SPÖ, und zwar ein führender Mann der SPÖ, in der Öffentlichkeit erklärt, man könne den Sonntag auch auf den Dienstag "verschieben", da muß man hellhörig werden, und da sind auch wir von der ÖVP hellhörig geworden, Herr Präsident Verzetnitsch! Mit gutem Recht haben wir daher gestern von Ihnen einen Entschließungsantrag gefordert. (Abg. Verzetnitsch: Von mir brauchen Sie das nicht zu fordern!) Wir haben das von Ihnen gefordert, und Sie sind damit einverstanden gewesen. Ich möchte das eindeutig hier feststellen. Diesen Entschließungsantrag werden wir mit Ihnen gemeinsam beschließen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage noch etwas in Richtung Freiheitliche: Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, insbesondere Herr stellvertretender Klubobmann Stadler! Wenn der Nationalrat, wenn das Parlament durch ein Gesetz sagt, Kollektivvertragspartner sollen in einem bestimmten Bereich tätig werden können, nämlich in der Regelung der Sonntagsarbeit – mit klaren, eindeutigen Einschränkungen, die gegeben sind –, so hat das Parlament auch das Recht, zu sagen, in welcher Form das zu geschehen hat, nämlich so, daß ein wichtiges Element unseres kulturellen Lebens, eben der Sonntag, in seinen wesentlichen Bestandteilen erhalten bleiben muß und nicht aufgegeben werden darf. (Abg. Blünegger: Dazu sind Sie nicht imstande!)

Wesentlich ist auch das Religiöse für mich, wesentlich ist auch, daß es, wie das Herr Abgeordneter Kier erwähnt hat, bei der Sieben-Tage-Woche bleibt. Das ist ein wesentlicher


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Bestandteil. Das ist ein Rhythmus, der entstanden ist und der sehr gut und sehr wesentlich ist. Wesentlich ist auch, daß die Familie ihren Platz am Sonntag hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters ist für uns wesentlich, daß grundsätzlich an dem, was sich im Freizeitbereich herauskristallisiert hat, festgehalten wird und daß man gesellschaftliches Leben entfalten kann, also die Arbeitsruhe am Sonntag gewahrt werden muß. – Das sind einige Punkte, die in diesem wesentlichen Zusammenhang von uns zu berücksichtigen sind.

Insgesamt meinen wir, daß wir jetzt die Klarstellung zustande gebracht haben. Ich bitte alle, nicht nur zu Verunsicherungen beizutragen, wie das in den letzten Tagen geschehen ist, sondern daranzugehen, dieses Gesetz zum Wohle der Arbeitnehmer und zum Wohle auch der gesamten Wirtschaft in unserem Lande umzusetzen. Ich bin fest davon überzeugt, daß damit nicht nur Arbeitsplätze gesichert werden können, sondern ich bin auch der Meinung, daß zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten damit geschaffen werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

14.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (den Vorsitz übernehmend): Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter. Zweite Wortmeldung. 11 Minuten Limit.

14.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich nur deshalb ein zweites Mal zu Wort gemeldet, um den Abänderungsantrag, den ich im Rahmen meiner ersten Rede dazu eingebracht habe, zurückzuziehen und durch einen neuen Abänderungsantrag zu ersetzen, den ich zur Verlesung bringe wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, zum Antrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Leopold Maderthaner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz (408/A) in der Fassung des Ausschußberichtes (622 der Beilagen) geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

"In Art. II wird eine Z 3a eingefügt:

,3a. In § 12 Abs. 1 entfallen die Ziffern 4 und 5. Die Ziffern 6 und 7 erhalten die Bezeichnung 4 und 5.‘

In Art. II Z 4 des Antrages 408/A in der Fassung des Ausschußberichtes (622 der Beilagen) lautet § 12a Abs. 1 wie folgt:

,(1) Der Kollektivvertrag kann in einzelnen Fällen weitere Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe zulassen, wenn dies technologisch oder zur Verhinderung unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteile sowie zur Sicherung der Beschäftigung erforderlich ist.‘

Art. II des Antrages 408/A in der Fassung des Ausschußberichtes (622 der Beilagen) wird um eine Z 13 ergänzt:

,13. Verordnungen gem. § 12 Abs. 1 Z 4 oder 5 des Arbeitsruhegesetzes BGBl. Nr. 144/1983 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/1997 gelten bis zum Abschluß einschlägiger Kollektivverträge weiter.‘"

*****

Dieser neue Antrag entspricht in seiner Intention und in seinem Inhalt vollinhaltlich dem ersten. Ich kann mir daher weitere Ausführungen ersparen. Er ist allerdings in legistischer Hinsicht ergänzt um Außerkraftsetzungen von dadurch überflüssig werdenden Bestimmungen und durch eine Übergangsregelung hinsichtlich der bisher durch Verordnungen geregelten Ausnahmen.


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Ich bitte Sie – wie schon vorher – herzlich, diesem Kompromißvorschlag die Mehrheit zu geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Blünegger vor. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung werden angezeigt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.03

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Abgeordnete! Wer diesen Gesetzen, dem Arbeitszeitgesetz und dem Arbeitsruhegesetz, heute zustimmt, vertritt wirklich nicht die Interessen der Arbeitnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Gesetze sind gegen die arbeitenden Menschen und gegen das Einkommen der einzelnen Arbeitnehmer gerichtet. (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. ) Der Kaufkraftverlust sichert sicher keine Arbeitsplätze, Kollege Trinkl. Die Flexibilisierung erfolgt auf Kosten der Arbeitnehmer, wo aber bleibt die Gegenleistung? (Abg. Koppler: Was ist mit den Betriebsvereinbarungen?) Wo bleibt die Leistung bei der Arbeitszeitgestaltung für den einzelnen, Kollege Koppler? Wo bleibt die Arbeitszeitgestaltung für den einzelnen in diesem Gesetz? – Nirgends! (Abg. Koppler: Was bist du für ein Betriebsrat?!)

Ich werde auf deine Frage noch eingehen, Kollege Koppler, wenn ich auf das zu sprechen komme, was Kollege Nürnberger heute hier gesagt hat. Aber ich bringe dir jetzt ein Beispiel, an dem du wahrscheinlich sehen kannst, welche Verluste die Arbeitnehmer mit diesem Gesetz einfahren.

Bei einem Bruttogehalt von 20 000 S im Monat verliert ein Arbeitnehmer 23 000 S im Jahr, wenn er eine Mehrleistung von 10 Stunden im Monat oder von 120 Stunden im Jahr leistet. Diese Einkommensverluste sind nach meinem Dafürhalten sozusagen ein zinsenloses Darlehen an die Arbeitgeber. Sie werden vom Arbeitnehmer als Vorleistung erbracht, aber nie bezahlt. Daher ist das eine Vorleistung und ein Einkommensverlust, und das ist sicher nicht der richtige Weg.

Aber es gibt noch andere Spekulationen – das ist heute noch nicht zur Sprache gekommen –, und zwar bei den Kollektivvertragsvereinbarungen hinsichtlich des Berechnungszeitraumes für das Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder für das 13. und 14. Gehalt. Heute werden darüber schon Spekulationen angestellt, wie diese Auszahlung zustande kommt, wobei eben einfach weniger ausbezahlt werden wird als jetzt.

Es sind auch keine flankierenden Maßnahmen für diese Arbeitszeitflexibilisierung auf dem Gebiet der Verkehrsmittel, die notwendig sind, oder bezüglich Pendlerzeiten, Kinderbetreuungseinrichtungen, Kindergärten, Ämter und Schulen getroffen worden.

Aber, meine Damen und Herren von der ÖAAB-Fraktion der ÖVP in diesem Haus, ich glaube, die Sonntagsarbeit können selbst Sie nicht nach außen hin verkaufen. Was heute hier beschlossen wird, ist ja eigentlich der größte Gummiparagraph, den es in einer solchen gesetzlichen Situation überhaupt geben kann. Ich möchte daher die 27 Abgeordneten des ÖAAB heute auffordern, aus dieser Zwickmühle auszusteigen. Dazu müßten sie aber wahrscheinlich eines tun: Sie müßten dieses Gesetz hier ablehnen, und ich hoffe, daß sie den Mut dazu haben, das auch zu tun. (Abg. Dr. Maitz: Da brauchen wir Sie nicht dazu! Wir wissen schon, was wir tun!)

Wenn ich nur an die Zitate denke, die Präsident Maderthaner in einer Anzeige in einer renommierten Tageszeitung von sich gibt, dann wissen wir genau, wie es vor sich geht: Nach den verschiedenen Belastungen des Sparpakets kommt jetzt die Belastung für die Arbeitnehmer bei der Flexibilisierung. (Abg. Dr. Maitz: Pflichtübung in Polemik!) Seine neueste Forderung – und das wird wahrscheinlich auch über die Bühne gehen – lautet folgendermaßen: Es geht um Tausende Jobs. (Abg. Schwarzenberger: Geht es jetzt nicht mehr um Jobs?) Und dann kommt das nächste: Aber eine Senkung der Lohnnebenkosten ist unabdingbar. – Das ist zwar eine richtige Forderung seitens der Wirtschaft, aber ich habe noch nie gehört, daß er um Tausende


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66. Sitzung / Seite 85

Jobs bemüht ist, damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden. (Abg. Dr. Maitz: Na selbstverständlich! Was denn sonst!)

Kollege Nürnberger hat mich unter anderem hier zitiert, daher möchte ich darauf eingehen und folgendes sagen: Kollege Nürnberger hat behauptet, daß die Betriebsvereinbarung, die in den Jenbacher Energiesystemen beschlossen worden ist, meine Zustimmung gefunden hätte. – Das stimmt schon einmal nicht. Unterschrieben haben das die beiden Vorsitzenden. (Abg. Aumayr: Welcher Fraktion gehören die an?)

Aber ich gehe jetzt auf noch etwas ein, Kollege Nürnberger. Die Gewerkschaft hat geschlafen und hat es verabsäumt, mit entsprechenden Richtlinien für die Unterstützung der Betriebsräte zu sorgen. Ihr sprecht immer eine doppelte Sprache und mit doppelter Zunge! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Schau dir die Vereinbarung an!)

Ich weiß ganz genau: Ich kann hier herinnen handeln, aber Kollege Nürnberger kann da herinnen nicht handeln (Abg. Nürnberger: Du hast Kündigungsschutz! Du kannst klagen!) , denn in den Bundesvorstandssitzungen des ÖBG sagt er etwas, was an und für sich eigentlich richtig ist, aber hier stimmt er einem Gesetz zu, das zu Lasten der Arbeitnehmer und deren Einkommen geht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Nein, das stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren Arbeitnehmervertreter der großen Koalition! Vergessen Sie Ihre Rollen, die Sie spielen müssen, und machen Sie folgendes: Vertreten Sie nur die Interessen der Arbeitnehmer, von denen Sie unter anderem gewählt worden sind, aber wenn Sie so weitertun, nicht mehr gewählt werden sollten! (Abg. Koppler: Mach dir keine Sorgen!) Stimmen Sie diesem Bundesgesetz nicht zu! Stimmen Sie diesem Arbeitszeitgesetz und diesem Arbeitsruhegesetz nicht zu! Ich werde heute genau aufpassen, ob Sie das tun, denn Sie vertreten nicht mehr die Arbeitnehmer! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der zuvor vom Abgeordneten Dr. Kier eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen. (Abg. Dr. Petrovic: Moment!)

Ein Schlußwort der Berichterstatterin findet nicht statt. (Abg. Öllinger: Die Kollegin Petrovic ist noch gemeldet!)

Da umfangreiche und zum Teil kurzfristig eingebrachte Abänderungs- und Zusatzanträge ... Entschuldigung! Ich sehe das jetzt erst, daß Frau Kollegin Petrovic noch zu Wort gemeldet ist. (Abg. Leikam: Es ist abgeschlossen! Die Debatte ist schon geschlossen! – Weitere Zwischenrufe.)

Frau Kollegin Petrovic, es tut mir leid, ich habe die Debatte bereits geschlossen. Ich bitte Sie um Entschuldigung. (Abg. Mag. Kammerlander: Aber sie war gemeldet! – Weitere lebhafte Zwischenrufe.)

Ich darf fortsetzen. Ich habe schon erwähnt, daß umfangreiche und zum Teil kurzfristig eingebrachte Abänderungs- und Zusatzanträge vorliegen, weiters das Verlangen auf getrennte Abstimmung und auch ein Verlangen auf namentliche Abstimmung. Da eine kurze Unterbrechung nicht genügen würde, um die Vorbereitung dieser Abstimmung durchzuführen, verlege ich sämtliche Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 auf die Zeit nach Beendigung der kurzen Debatte über die schriftliche Anfragebeantwortung 1687/AB.

Wir setzen daher in der Erledigung der Tagesordnung fort.


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3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales (III-68 der Beilagen) über die soziale Lage 1995 (624 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (413 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über soziale Sicherheit (630 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 345/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend jährlichen Armuts- und Reichtumsbericht (625 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 346/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt Armut für das Jahr 1997 (626 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales (III-32 der Beilagen) über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1994 (627 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 368/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Neukodifizierung des ArbeitnehmerInnenschutzes (628 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 369/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994 (ASchG) (BGBl. Nr. 450/1994) aufgehoben wird (629 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 9 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich bitte, mir die Wortmeldungen zu übermitteln. (Abg. Schwarzenberger: Der Dolinschek ist der erste!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte, Herr Abgeordneter. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 8 Minuten wird angezeigt.


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66. Sitzung / Seite 87

14.14

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln jetzt den Sozialbericht 1995. Dieser Bericht ist – ebenso wie die Berichte der Vorjahre – eine interessante und gut gestaltete Information und ein Nachschlagewerk.

Auffallend in diesem Bericht sind folgende Punkte:

Der Anteil der ausländischen Beschäftigten – inklusive jener aus dem EWR-Raum – an der Gesamtzahl der Beschäftigten hat 1995 schon 9,8 Prozent betragen.

1995 haben sich Lehrstellensuchende und das Angebot an Lehrstellen in Österreich noch die Waage gehalten. Es herrschte ein Verhältnis 1 : 1. Heute kommen auf 4 855 Lehrstellensuchende nur mehr 2 418 Lehrstellen. Das Verhältnis ist praktisch 2 : 1 gegen Lehrstellensuchende ausgerichtet. Trotz dieser erkennbaren Entwicklung wurde die Zeit zwischen 1995 und 1997 mit politischem Geplänkel vergeudet, ohne zu sachlichen Lösungsansätzen zu kommen.

Die Pensionsversicherung benachteiligt, wie dem Sozialbericht zu entnehmen ist, trotz Pensionsreform die Frauen immer noch deutlich. Die durchschnittliche Pension der Männer beträgt 13 879 S, jene der Frauen liegt mit 7 922 S deutlich darunter. Dazu kommt noch die mit dieser Pensionsreform vor einigen Jahren beschlossene Nettoanpassung, durch die die Pension von Jahr zu Jahr weniger wird.

80 Prozent der Pensionen in Österreich werden heute noch vor dem Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters zuerkannt. Noch immer ist der monatliche Ruhebezug der Beamten im Durchschnitt höher als die höchstmögliche ASVG-Pension. Es steht der durchschnittliche Ruhebezug eines Beamten mit 32 200 S der mit 26 521 S höchstmöglichen ASVG-Pension gegenüber, also eine Schere, die weit offen ist.

Die Lohnquote sinkt weiter. Die Steuern und Sozialabgaben von Lohneinkommen nahmen in den letzten eineinhalb Jahrzehnten stärker zu als das Einkommen aus Besitz und Unternehmungen. 240 000 Personen verdienten in Vollbeschäftigung – nicht in Teilzeitbeschäftigung! – weniger als 12 000 S brutto im Monat. Das muß uns doch sehr, sehr zu denken geben.

Frau Bundesminister! Sie haben im Sozialausschuß gemeint, wir müßten Vertrauen in das österreichische Pensionssystem haben. Das Umlageverfahren werde auch künftig das einzig richtige System sein, um in Österreich den Lebensstandard im Alter abzusichern. Ein Kapitaldeckungssystem als private Zusatzversicherung könne nur ergänzend wirken.

Wir wissen alle, daß die Pensionen nach dem Umlagesystem selbstverständlich die Grundabsicherung sein müssen. Auch wir haben das immer vertreten. Wir haben aber immer wieder bessere Möglichkeiten für eine private Vorsorge und eine betriebliche Vorsorge gefordert. Da ist man in den Ansätzen steckengeblieben. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, im Zuge der Verhandlungen um die flexible Arbeitszeit, wodurch es Lohneinbußen für Mitarbeiter gibt, im Prinzip ein zinsenloser Kredit der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber bezahlt wird und die Wochenend- und Feiertagsruhe in Frage gestellt wird, in diesem Sinne einzugreifen, denn für Konzerne ist diese Regelung maßgeschneidert, familienpolitisch jedoch ist sie äußerst bedenklich.

Es hätte möglich sein müssen, eine Reform des Abfertigungsanspruches zugunsten der Arbeitnehmer durchzusetzen, denn derzeit ist dadurch die Mobilität der Arbeitnehmer – wenn wir schon von Flexibilität reden – noch immer eingeschränkt. Es müßte möglich sein, daß die Abfertigung entweder auch bei Selbstkündigung ausbezahlt wird oder in eine betriebliche Altersvorsorge – was das bessere System wäre – umgeleitet wird. Das haben Sie bei diesen Verhandlungen verabsäumt.

Ebenfalls haben Sie es verabsäumt, gleichzeitig mit den flexiblen Arbeitszeiten eine Lohnsteuerreform durchzuführen. Der Herr Finanzminister hat das auf das Jahr 2000 hinausgeschoben. Wir alle wissen, daß das Lohnsteueraufkommen von 88 Milliarden Schilling im Jahre 1989 auf 160 Milliarden Schilling im Jahr 1996 angestiegen ist und für heuer 183 Milliarden


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Schilling geplant sind. Es steht damit allein durch Lohnsteuereinnahmen ein Anstieg um 72 Milliarden Schilling innerhalb von sieben Jahren zu Buche, den im Prinzip alle unselbständig Erwerbstätigen in Österreich tragen. Wenn man sich die Lohnsteuereinnahmen im Jänner und Februar dieses Jahres anschaut, so sieht man, daß diese im Vergleich zu den entsprechenden Monaten des Vorjahres um 25 Prozent gestiegen sind.

In den Jahren 1998 und 1999 geht es munter weiter. Mein Kollege Blünegger hat schon erwähnt, um wieviel ein Mitarbeiter weniger verdient, ich werde Ihnen sagen, daß ein Mitarbeiter, wenn er 100 S Stundenlohn und 20 Überstunden pro Monat gemacht hat, durch die flexible Arbeitszeit netto 2 000 S im Monat verliert.

100 S sind ein geringer Stundenlohn, und 20 Überstunden werden in der Regel von allen Mitarbeitern in den Betrieben geleistet – und trotzdem verliert er 2 000 S!

Sehr geehrte Damen und Herren! Mich wundert es schon, daß die Sozialdemokratische Partei heute diesen Gesetzentwurf mit beschließt, wenn ich an die Reaktionen im Sozialausschuß denke. Dort hat etwa Herr Kollege Guggenberger gesagt, die flexible Arbeitszeit werde zur Sicherung der Arbeitsplätze beitragen, aber es würden keine zusätzlichen geschaffen, und das sei bedenklich, aber irgendwie notwendig, nur sein sozialdemokratisches Herz könne darüber nicht jubeln. – Herr Kollege Guggenberger! Ich weiß, du jubelst nicht darüber, aber trotzdem stimmst du zu und machst dich so mitschuldig! (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Guggenberger. )

Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Was wir brauchen, ist ein Aufbau und nicht ein Abreißen. Wir wollen mehr Treffsicherheit, und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft. Wir brauchen aber ein gewisses Einkommen, um die Kaufkraft in Österreich zu stärken, denn das, was bisher bei der flexiblen Arbeitszeit passiert ist, ist für Konzerne, aber nicht für jene Betriebe in Österreich, die nur von der Inlandsnachfrage abhängig sind, maßgeschneidert. Das ist meiner Ansicht nach bedenklich. Die Kaufkraft sinkt. Wir nähern uns immer weiter der Situation, daß sich die Lohneinkünfte in Österreich immer mehr an den Kollektivvertragslohn angleichen. Bisher lagen sie noch deutlich darüber, aber wir nähern uns immer mehr dem Mindestlohn. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.22

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Von keinem anderen Politikbereich ist die breite Öffentlichkeit so sehr betroffen wie von der Sozialpolitik. Sie ist sozusagen lebensbegleitend und damit auch permanent in der öffentlichen Diskussion. Sie ist aber, was das Zahlenwerk anlangt, für Herrn und Frau Österreicher nicht ganz einfach zu durchschauen – und wird auch nicht durchschaubarer, wenn über Medien, sei es von irgendwelchen Instituten oder von Oppositionspolitikern, Verunsicherung gesät wird. Wir, die Sozialpolitiker der Regierungsparteien, nehmen die Forderung, permanent auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren zu müssen, sehr ernst und stellen uns den Herausforderungen.

Wir freuen uns aber auch darüber, daß die Ausgaben für die Sozialpolitik im Jahr 1995 mit 693 Milliarden Schilling gegenüber dem Jahr 1994, in dem sie 668 Milliarden Schilling betrugen, ebenso wie die Sozialquote ungefähr gleich geblieben sind. Darüber möchte ich meine Freude zum Ausdruck bringen. Wir können zwar in der Sozialpolitik keineswegs die Hände in den Schoß legen, aber der Vergleich mit den anderen Ländern und auch der Vergleich mit anderen Programmen hier im Lande macht uns sicher.

Ich habe mir aus dem Sozialbericht sehr viel vorbereitet, möchte aber aus Loyalität zu den Nachrednern und auch mit Rücksicht auf die anderen Tagesordnungspunkte – wir haben eine Blockredezeit – meine ursprünglich geplante Rede doch sehr verkürzen. Ich will mich ganz konkret mit zwei Punkten auseinandersetzen.


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Der erste Punkt beinhaltet das Thema "geringfügig Beschäftigte". Nach einer Meldung des Hauptverbandes gab es im Jahresdurchschnitt 136 500 geringfügig Beschäftigte, davon waren – wie könnte es anders sein? – 72 Prozent Frauen. Seit dem Jahr 1994 erfolgen die Meldungen nicht mehr anonym über die AUVA, sondern personenbezogen über die Gebietskrankenkassen. Zirka 80 000 dieser geringfügig Beschäftigten hatten einen anderen Bezug und waren über diesen sozialversichert. Mit Stand Juli 1996 hatten aber 3 032 Personen mehr als ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. Das ist zwar wider Erwarten ein relativ kleiner Teil, aber es würde sich bei einer Zusammenfassung dieser Arbeitsverhältnisse eine Sozialversicherungspflicht und damit auch Anspruchsvoraussetzungen ergeben. Da die Hauptbetroffenen Frauen sind, sollte man den Frauen immer wieder sagen, daß sie sich wegen eines ganz kleinen Vorteils ihrer Anspruchsvoraussetzungen begeben.

Ein weiterer Punkt ist das Pflegegeld. (Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger. ) Nein, in bezug auf Arbeitsplatzsicherung, Herr Kollege Guggenberger. Kein Problem.

19 Milliarden Schilling an Aufwendungen aus dem Bundespflegegeldgesetz gab es im Jahre 1995. Jetzt ist das Pflegegeld eine Pauschalleistung. Von 268 000 Pflegegeldempfängern waren 9 Prozent in der Stufe 4, 7 Prozent in der Stufe 5 und je 1 Prozent in den Stufen 6 und 7 angesiedelt. Das sind insgesamt etwas über 49 000 betroffene Personen. Für diese gibt es einen Pflege- und Betreuungsaufwand von 120 bis 180 Stunden. Im familiären Bereich wird die Pflegebetreuung immer durch eine Bezugsperson getätigt. Wenn man über Vereine betreut, kann man sagen, daß mehrere Pflegebedürftige von einer Person betreut werden. Meine Damen und Herren! Das wären im Schnitt zumindest 20 000 Teilzeitarbeitsplätze, und darauf will ich hinaus.

Ein Beispiel aus meinem Bundesland, wie man dem begegnen könnte: Der Stundensatz für eine Heimhilfe liegt bei 250 S. Davon wird – und jetzt hören Sie bitte genau zu! – pro Stunde eine Eigenleistung aus dem Pflegegeld von genau 50 S verlangt, dazu kommt eine weitere Eigenleistung vom Einkommen, die, je nach Zumutbarkeit, zwischen 35 S und 75 S angesiedelt ist. Bei Kleinsteinkommen wird sie auf 380 S pauschaliert. Danach setzt bereits eine Zuschußleistung des Landes, die nicht unwesentlich ist, ein, das heißt, das Land schießt pro Betreuungsstunde zwischen 100 S und 150 S zu. Das wäre an sich nichts Negatives, aber dadurch werden, weil das Land sparen muß, auch weniger Pflegestunden, als ursprünglich nach der Pflegegeldeinstufung notwendig wären, bewilligt.

Ein Vorschlag wäre, das Pflegegeld für Hilfsmittel, durchaus für mehrere parallel arbeitende Betreuungsdienste, aufzubrauchen – und erst dann, wenn dieses Pflegegeld aufgebraucht ist, weitere Eigenleistungen je nach Einkommen zu verlangen. Danach erst sollte der Zuschuß des Landes einsetzen. Das würde den Ländern vielleicht nicht sparen helfen, hätte aber zur Folge, daß die Qualität der Pflege und auch die Arbeitsplatzbeschaffung ganz massiv angekurbelt werden würden. Das, meine Damen und Herren, scheint mir das wichtigste zu sein.

Wir sind jetzt über den Heimhilfedienst in der Situation, bei jemandem 20 000 S offene Eigenleistungen eintreiben zu müssen. Im selben Zeitraum sind 90 000 S an Pflegegeld geflossen. Der Sohn der betroffenen Dame hat mir erklärt, daß er das Geld zur Abdeckung der Schulden seiner Firma gebraucht hat. – Das, bitte, kann nicht Sinn der Sache sein! Selbst wenn Pflegeartikel angeschafft worden sind, selbst wenn ein zweiter Verein mitbetreut hat, bleiben immerhin 50 000 S, die zweckentfremdet verwendet wurden. Das darf nicht so weitergehen!

Ich habe einer Zeitung entnommen, daß die Frau Bundesministerin gesagt hat, ihr liege das Pflegegeld ganz besonders am Herzen. Meine Damen und Herren! Auch mir liegt es am Herzen. Aber es soll für die Pflege und Betreuung jener Menschen, für die es gedacht war, verwendet werden, und zwar ausschließlich. Das ist meine Meinung.

Ich muß ein bißchen kürzen und komme schon zum Schluß meiner Rede, möchte es aber nicht verabsäumen, allen Mitarbeitern, Kolleginnen und Kollegen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales sehr herzlich für diesen ausgezeichneten und übersichtlichen Bericht


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zu danken. Erst wenn man sich auch mit verschiedenen anderen Berichten auseinandergesetzt hat, weiß man die Übersichtlichkeit des Sozialberichtes sehr zu schätzen! (Beifall bei der SPÖ.)

14.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächste Wortmeldung liegt die des Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.30

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich außerordentlich kurz fassen, weil wir heute bereits eine an sich grundsätzliche sozialpolitische Debatte hatten. Dessen ungeachtet möchte ich aber auf einige Aspekte eingehen. Insbesondere möchte ich den Dank meiner Vorrednerin unmittelbar aufgreifen und ihn an die Spitze meiner Ausführungen stellen. Der Bericht ist eine wertvolle Hilfe, er wird pünktlich vorgelegt, und das ist angenehm für die Arbeit. Den Verfassern und Autoren gilt daher unser Dank.

Gleichzeitig ist dieser Bericht aber auch ein Dokument, das uns zeigt, daß unsere sozialen Sicherungssysteme außerordentlich an Leistungsfähigkeit einbüßen. Darüber kann der Datenbefund, der da oder dort Verbesserungen darstellt, nicht hinwegtäuschen. Die Leistungsfähigkeit eines sozialen Sicherungssystems ist nämlich an seiner Effizienz, an seiner Treffsicherheit und auch an seiner Nachvollziehbarkeit zu messen, und zwar deshalb, weil wir bei sozialen Sicherungssystemen vital darauf angewiesen sind, daß sie von einem breiten Bevölkerungskonsens getragen werden. Wenn sie nämlich von einem breiten Konsens getragen werden, dann kommt eine Debatte, in der das Wort "Sozialschmarotzer" benützt wird, gar nicht erst auf.

Daß solche Vorurteile auf fruchtbaren Boden fallen können, ist ein erster Indikator dafür, daß der soziale Konsens abzureißen beginnt. Daß es hinlänglich politische Kräfte in unserem Land gibt, die daran interessiert sind, daß dieser soziale Konsens bricht, wissen wir. Daher wären wir aus diesem Grund und aus Gründen der Menschlichkeit gut beraten, uns Reformen zu überlegen, die bewirken, daß niemand in diesem Land im Stich gelassen wird. Wir tun letzteres aber dann zunehmend, wenn wir nur mit Kategorisierungen arbeiten, und zum Beispiel dadurch, daß wir an einer ganz bestimmten Form der gesetzlichen Krankenversicherung festhalten, in Kauf nehmen, daß eine wachsende Zahl von Menschen überhaupt nicht mehr gesetzlich krankenversichert ist.

Der Befund in der Arbeitswelt zeigt, daß die Zahl derer, die nachhaltig keine Arbeit haben, möglicherweise weiter steigen wird, insbesondere dann, wenn wir keine Reformen durchführen. Und selbst dann, wenn wir Reformen machen, wird das Tempo dieser Reformen möglicherweise nicht schnell genug sein, um das Tempo von Rationalisierungseffekten zu überholen.

Wir nehmen in Kauf, daß immer mehr Leute vor dem Problem stehen, daß sie nicht nur unter der Armutsgrenze leben müssen, sondern im Krankheitsfall auch nicht wirklich gesichert sind, denn alles läßt sich über die Konstruktion der Mitversicherung nicht lösen.

Frau Kollegin Reitsamer hat sich auf das Pflegegeld bezogen und gemeint, sie mache sich Sorgen, weil es gelegentlich zweckentfremdet wird. Dazu muß ich ihr sagen, sie hat recht, und wenn man sich in diesem Punkt Sorgen macht, dann muß man dieses Problem eben mit berücksichtigen. Aber ich muß ihr auch sagen, daß ein Riesenfeld der Zweckentfremdung des Pflegegeldes – eine Zweckentfremdung von seiner grundsätzlichen Philosophie her – in der bisherigen Diskussion nicht einmal angeschnitten wurde.

Machen Sie sich bitte bewußt: Wenn jemand, der Pflegegeldbezieher ist, ins Krankenhaus kommt, dann ist das jetzt so geregelt, daß unmittelbar ab dem Zeitpunkt der Einlieferung mit ganz kurzen Fristen das Pflegegeld ruht.

Wenn jemand in ein Pflegeheim der öffentlichen Hand kommt, dann wird das Pflegegeld dazu benützt, um quasi als "grauer Finanzausgleich" von einer Gebietskörperschaft zur anderen zu fließen. Wir haben ja deutlich erlebt, daß unmittelbar nach Einführung des Pflegegeldes – das ich hier als große Errungenschaft bezeichnen möchte – die Tarife in den öffentlichen Pflegeeinrichtungen angehoben wurden. Das Geld wurde unmittelbar dafür genützt, um vom Bund


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sozusagen als grauer Finanzausgleich in die Länderkassen zu fließen. Das ist zwar von der Pflegeleistung her gesehen keine Zweckentfremdung, entspricht aber nicht der Philosophie des Pflegegeldes.

Die derzeitige Philosophie setzt nämlich voraus, daß sich der Pflegebedürftige, der Klient im Pflegewesen, selbst organisieren kann. Er kann sicherlich auch die Wahl des Heimes treffen. Da wir aber kein System einer persönlichen Assistenz, keine derartigen Dinge entwickelt haben, sind in der Regel die Heime die einzige Adresse, an die er sich wenden kann, wenn es nicht anders geht. Das führt aber zu dieser De-facto-Zweckentfremdung.

Wenn hingegen im Familienverband Pflegeleistungen erbracht werden, daher teilweise das Geld auch im Familienverband bleibt, dann ist das meiner Ansicht nach keine Zweckentfremdung. Das ist möglicherweise, wenn Sie so wollen, ein quasi grauer Arbeitsmarkt, und man müßte einmal darüber reden, ob man da nicht etwas verbessern könnte. Es kann auch dazu führen, daß das von der unmittelbaren Umgebung des Betroffenen mißbraucht wird. Es ist klar, daß das grundsätzlich möglich ist. Aber man kann doch nicht davon ausgehen, daß Teilzuschüsse für Pflegeleistungen – mehr ist das Pflegegeld ja nicht; das sind ja keine Vollkostenerstattungen – dann, wenn sie im Familienverband bleiben und einem Familienmitglied ermöglichen, dem Betroffenen viel Zeit zu widmen, sowie eine kleine Teilentschädigung für den Betroffenen selbst eine Zweckentfremdung darstellen.

Das ist keine Zweckentfremdung, sondern das ist doch eigentlich das, was wir wollten. Es ist vielleicht nicht sehr transparent, weil sich alles nach der Versteuerung abspielt. Wenn wir das ändern wollen, dann müssen wir die Bilanz verlängern. Dann müßten wir höhere Beträge zahlen, die die Empfänger des Geldes dann selbst versteuern müßten. Das wäre vielleicht sogar eine gute Idee, weil das deutlicher machen würde, was in diesem Bereich geschieht, und weil die Betroffenen damit vielleicht sogar eigene Versicherungsleistungen finanzieren könnten, aber es verlängert die Bilanz. Zunächst würde dies auf der einen Seite mehr Ausgaben bewirken, die erst später auf der anderen Seite als Einnahmen wieder hereinkämen – und derzeit ist es ein ungünstiger Zeitpunkt, so etwas zu fordern. Ein überlegenswerter Gedanke ist es immerhin. Eine Zweckentfremdung ist es jedenfalls nicht!

Ich meine, daß wir nur dann, wenn wir in diesem Geiste weiterdiskutieren, weiterkommen werden. Das wäre nämlich gelebte Nachbarschaft, Familie und Teilzeitarbeit in einem. Natürlich braucht man dann auch eine begleitende Kontrolle, aber das wird bei einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit anderen vertrauenswürdigen Diensten – egal, ob mit Caritas, Rotem Kreuz oder dörflichen Übersichten – wohl möglich sein.

In diesem Sinne bitte ich, im Rahmen solcher Überlegungen nicht immer gleich das Wort "Zweckentfremdung" in den Mund zu nehmen, wenn man einen Einzelfall oder auch mehrere Einzelfälle meint, in denen tatsächlich jemand abgezockt worden ist. Das wird es immer geben. Ein Gesetz, das den Fall ausschließt, daß es irgend jemand auch einmal mißbrauchen kann, werden wir, so fürchte ich, nicht erfinden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Rosemarie Bauer. )

14.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.37

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Obwohl der Sozialbericht aus dem Jahr 1995 stammt, ist er für uns, für die Mitglieder dieses Hohen Hauses, eine sehr wesentliche Arbeitsunterlage. Er zeigt auch die notwendigen Weichenstellungen für die Zukunft auf.

Ich möchte hier auch einen herzlichen Dank an alle Mitarbeiter aussprechen, die zur Erstellung des Berichtes beigetragen haben, deren Arbeit aber manchmal nicht entsprechend gewürdigt wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Die Abgeordneten haben oft das Gefühl, daß es schon sehr aufwendig ist, den Bericht zu lesen und zu studieren, aber noch viel mehr Arbeit steckt dahinter,


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viel mehr Aufwand ist es, ihn zusammenzustellen und zu formulieren. Ich meine, das muß man hier auch einmal sagen. Dieser Bericht ist wirklich eine ganz wertvolle Hilfe für unsere Arbeit!

Der Sozialbericht zeigt positiv auf, daß die gute sozialrechtliche Absicherung in Österreich doch nach wie vor gegeben ist. Die Österreicher sind im Krankheitsfall gut abgesichert. Ich habe Herrn Kollegen Kier in diesem Zusammenhang nicht ganz verstanden. Herr Kollege Kier! Im Sozialbericht 1995 steht doch, daß 99 Prozent aller Österreicher krankenversichert sind. Das ist eine Erfolgsmeldung, die wir, wie ich meine, durchaus selbstbewußt immer wieder aufzeigen sollten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kier: Aber ein Prozent fehlt noch!)

Für die ÖVP möchte ich gleich dazusagen: Wir möchten die Mitversicherung – derzeit gibt es rund 2,9 Millionen Mitversicherte, dies sind vor allem Ehefrauen und Kinder – in keiner Weise in Frage stellen und andiskutieren, weil sie für uns eine ganz wesentliche familienpolitische Maßnahme darstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch im Alter sind die Österreicher sehr gut abgesichert. Mein Kärntner Kollege Dolinschek – er ist jetzt nicht da – hat zwar gesagt, die Pensionen seien im Grunde gefährdet, sie seien viel schlechter geworden, die Beträge seien gesunken. – Im vorliegenden Sozialbericht steht aber, daß die Pensionen von 1970 bis 1995 um 306 Prozent gestiegen sind, der Verbraucherpreisindex jedoch nur um 204 Prozent. Das heißt, daß die Pensionisten in dieser Zeit eine ganz wesentliche Zunahme ihrer Kaufkraft erfahren haben. Ich meine, man muß in diesem Zusammenhang wirklich unterstreichen, daß uns damit sehr viel gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Pflegevorsorge betrifft, die Kollege Kier auch angesprochen hat, bin ich sehr froh, daß wir gemeinsam der Meinung sind, daß die wertvollste und wichtigste Säule bei der Pflegevorsorge, bei der Betreuung und Pflege von Alten und Behinderten, wirklich nach wie vor die Familien sind. Über 80 Prozent der Pflegeleistungen werden in den Familien erbracht! Ich bin sehr froh darüber, daß Kollege Kier auch dieser Meinung ist.

Vielleicht ist das ein gemeinsamer Kampf, den wir einmal gewinnen werden: Ich glaube, in erster Linie ist die Zielsetzung bei der Pflegevorsorge die sozialrechtliche Absicherung der Frauen und der zu Pflegenden, die sonst keine sozialrechtliche Absicherung haben. Ich hoffe, wir erreichen dieses Ziel gemeinsam. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Reitsamer und Mag. Guggenberger. )

Im Sozialbericht wird auch das Klagsrecht, das seit 1. Juli 1997 besteht, erwähnt. Frau Bundesministerin Hostasch! Ich möchte Sie gerne über die Auswirkungen dieses Klagsrechts befragen, obwohl ich weiß, daß das jetzt vom Pult aus schwer zu beantworten ist. Es steht im Bericht nicht, wie viele Menschen das Klagsrecht in Anspruch genommen haben, und auch nicht, wie viele bei der Einklagung einer anderen Pflegestufe recht bekommen haben. Das wird aber sicherlich im nächsten Sozialbericht stehen. Auch das wird für uns eine wesentliche Unterstützung sein, damit wir sehen, ob wir auf dem richtigen Weg sind.

Der Sozialbericht zeigt natürlich auch soziale Ungerechtigkeiten auf. Er ist für uns Frauen – leider oder Gott sei Dank – eigentlich das einzige Nachschlagewerk, aufgrund dessen wir schwarz auf weiß leider immer wieder erkennen müssen, daß die Ungerechtigkeiten noch immer sehr groß sind.

Beim monatlichen Einkommen – die Teilzeitbeschäftigten mit eingerechnet – gibt es immer noch einen Mehrverdienst der Männer von bis zu 43 Prozent. Die Arbeitslosenbezüge sind für Frauen auch wesentlich niedriger: Sie betragen bei den Männern durchschnittlich 9 900 S, bei den Frauen durchschnittlich 7 400 S.

Es wird dabei auch sichtbar, daß das Arbeitslosengeld wirklich nur eine Unterstützung sein kann. Meiner Ansicht nach sollte die Arbeitslosenunterstützung wirklich nur eine Hilfestellung für die Menschen sein, wieder in den Beruf einzusteigen und diese Zielsetzung zu verfolgen, sie sollte aber keine Armutsfalle sein.


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Bei den Pensionen ist es leider noch so, daß die durchschnittliche Frauenpension wirklich beinahe nur die Hälfte der Pension der Männer beträgt. Bei den Männern liegt die Durchschnittspension bei 13 879 S, bei den Frauen bei 7 922 S, wobei man aber sagen muß, daß die Anrechnung der Kindererziehungszeiten schon wesentliche Besserstellungen gebracht hat. Ich meine, wir sind da auf dem richtigen Weg.

Positiv ist zu sagen, daß bei den Löhnen und Gehältern die Beamtinnen ihren männlichen Kollegen gleichgestellt sind. Es gibt sogar Beamtinnen, die ein besseres Lohnniveau als ihre männlichen Kollegen haben. Ich denke, das ist sehr positiv. Man muß allerdings dazusagen, daß nur 23 Prozent der Beamten weiblich sind. Außerdem sind 63 Prozent der öffentlichen Bediensteten nur Vertragsbedienstete. – Dennoch meine ich, daß der Bund stolz darauf sein kann, daß zumindest im Beamtenbereich die Lohngleichheit, die wir in so vielen Ansprachen immer wieder fordern, erreicht ist. Ich meine, das muß man auch einmal herausstreichen.

Das durchschnittliche Fraueneinkommen ist – trotz allen Hinterherhinkens – in den letzten Jahren, das heißt bis 1994, gestiegen, und zwar um 11,5 Prozent stärker gestiegen als das durchschnittliche Männereinkommen. Schade ist – dies zeigt der Bericht ebenfalls auf –, daß sich seit 1995 die Arbeitslosigkeit bemerkbar macht. Es gibt seit 1995 Einbrüche bei den Fraueneinkommen, sodaß sie jetzt wieder hinter den Männern zurückliegen, und zwar auch bei den Zuwachsraten.

Die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes wird im Sozialbericht eingehend behandelt. Ich meine, wir können froh darüber sein, daß diese Horrorzahl von 300 000 Arbeitslosen in Österreich wieder unterschritten wird. Das heißt aber nicht, daß man in diesem Bereich keine Initiativen setzen muß.

Der Sozialbericht macht uns auch bewußt, daß die teuerste Form der Arbeitslosigkeit die Langzeitarbeitslosigkeit ist und daß 20 Prozent der Langzeitarbeitslosen 50 Prozent der Mittel aufbrauchen. Das ist eine erschreckende Tatsache, die uns hier präsentiert wird, und daran sieht man, daß von Regierung und Nationalrat alles unternommen werden muß, um Langzeitarbeitslose wieder ins Berufsleben einzugliedern. Die jüngsten Initiativen, die hier in diesem Haus und auch von der Regierung gesetzt wurden, gehen in diese Richtung; ebenfalls die heutigen Beschlüsse betreffend flexible Arbeitszeit.

Auch die Reform der Gewerbeordnung wird dazu beitragen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Ebenso bieten neue Modelle – wie jenes mit dem Dienstleistungsscheck, welches Rosemarie Bauer präsentiert hat – Frauen und vor allem Langzeitarbeitslosen eine neue Herausforderung und neue Möglichkeiten.

Auch das Lehrlingspaket – der Sozialbericht zeigt, daß in diesem Bereich Handlungsbedarf gegeben ist – ist, wie ich meine, eine Initiative, die den Jugendlichen helfen wird.

Ich möchte aber die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt noch ganz kurz in einer anderen Richtung andiskutieren, und zwar im Hinblick auf die Armutsgefährdung. In einem Sozialstaat müssen wir Augenmerk darauf legen, daß wir die sozial Schwachen wirklich absichern. Mit zunehmender Arbeitslosigkeit – Kollege Öllinger hat hier einige Initiativen vorgeschlagen – müssen wir natürlich besonders darauf achten, daß wir in keinem Sozialbereich eine echte Armutsgefährdung hervorrufen. Es ist deswegen so wichtig, in Zukunft im Sozialbericht auch das Thema Armutsbekämpfung zu behandeln, weil wir wirklich vermehrt unser Augenmerk darauf richten müssen. Namens meiner Fraktion möchte ich betonen: Für uns ist die alleinerziehende Mutter besonders armutsgefährdet, für uns sind vor allem auch kinderreiche Familien armutsgefährdet, und Alleinverdiener sind besonders von Armut betroffen. Wenn wir die Armut erfolgreich bekämpfen wollen, dann brauchen wir eine entsprechende Steuerreform.

Wir sollten uns auch eingehend mit dem Einkommensniveau von Jungfamilien, mit dem Lohnniveau von Berufseinsteigern beschäftigen. Wir müssen uns fragen, ob es wirklich zielführend ist, so große Einkommensdifferenzen, wie sie etwa auch der Sozialbericht aufzeigt, zwischen jungen und älteren Arbeitnehmern aufrechtzuerhalten.


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Ich meine, wir müssen auch dazu kommen, daß Frauen generell sozialrechtlich abgesichert sind. Da wir heute wissen, daß jede fünfte Frau über 60 keinen Pensionsanspruch hat, haben wir erheblichen Handlungsbedarf in diesem Bereich. Wir von der ÖVP würden uns als ersten und wichtigsten Schritt vorstellen, im Scheidungsfall wenigstens einen Versorgungsausgleich für jene Frauen zu schaffen, die sonst keine sozialrechtliche Absicherung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

14.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist der Sozialbericht ein wichtiges Dokument. Er ist eines der seltenen Dokumente, in dem – den Sozialbereich betreffend – zumindest versucht wird, einigermaßen umfassend statistische Daten zusammenzutragen. Daran gibt es keinen Zweifel. Trotzdem haben wir von den Grünen Kritik an diesem Bericht, und zwar deshalb, weil zwar Zahlen präsentiert werden, aber – und das unterscheidet diesen Bericht auch von früheren Sozialberichten – keine Zusammenhänge hergestellt wurden.

Da bin ich gleich bei den Inhalten des Berichtes und bei Ihnen, Frau Kollegin Reitsamer. Ich würde mir wünschen, daß in einem Sozialbericht nicht nur das Faktum erwähnt wird, daß es geringfügig Beschäftigte gibt, und zwar in einer stark steigenden Zahl. Darin sind wir uns ja einig, daß allein dieser starke Anstieg bei den geringfügig Beschäftigten von knapp 100 000 im Jahre 1994 auf über 150 000 Ende 1996 – Tendenz weiter stark steigend – Anlaß zu Sorge geben muß und auch zu einiger Besorgnis über die soziale Absicherung dieser Menschen. – Das ist das eine.

Was ich mir von einem Sozialbericht erwarte, ist, daß er zum Beispiel diesen Anstieg bei den geringfügig Beschäftigten gemeinsam mit der Entwicklung bei den Teilzeitbeschäftigten berücksichtigt und dadurch auch die – man verzeihe mir diesen Ausdruck – Jubelmeldungen über die hohe Zahl der unselbständig Beschäftigten in Österreich etwas relativiert, vor allem dann, wenn man diese Zahlen im Zusammenhang mit der sozialen Sicherung sieht.

Natürlich, wir haben 3 Millionen Beschäftigte, aber hinter diesen 3 Millionen Beschäftigten verbergen sich – anders, als das in den siebziger oder achtziger Jahren der Fall war – immer mehr Personen in prekären Arbeitsverhältnissen, in schlecht sozial abgesicherten Arbeitsverhältnissen. Da gibt es zum einen die 150 000 geringfügig Beschäftigten, die überhaupt keinen Anspruch auf Arbeitslosenversorgung und Altersversorgung haben, und dann gibt es die Teilzeitbeschäftigten, das sind knapp 400 000 Unselbständige, die nur einen schlechten Anspruch auf eine Alterspension haben.

Diesen Zusammenhang zwischen den 3 Millionen Beschäftigten einerseits und der immer prekärer werdenden Absicherung des sozialen Sicherungssystems andererseits vermisse ich. Es wäre Aufgabe des Sozialberichts, sich mit diesen Zahlen in ihrer Zusammenschau auseinanderzusetzen, Tendenzen aufzuspüren, Analysen zu treffen und auch Perspektiven der Entwicklung der sozialen Sicherung oder eines Sozialsystems auszumachen. Es genügt ja nicht, daß wir nur darüber Bescheid wissen, daß es soundso viele Personen gibt, die unter 12 000 S verdienen.

Das ist ja auch ein Punkt, den man noch erwähnen muß: Nach wie vor gibt es eine Viertelmillion Personen, die unter 12 000 S verdienen, der überwiegende Teil davon sind Frauen. 25 Prozent der Arbeiterinnen verdienen unter 12 000 S brutto für Vollzeitarbeit. Diese Zahlen kann man nicht oft genug wiederholen!

Über diese 160 000 Frauen hinaus, die vor allem als Teizeitarbeiterinnen unter 12 000 S verdienen, gibt es jede Menge Beschäftigte – wiederum vor allem Frauen –, die mit einem Entgelt auskommen müssen, das nicht zum Überleben ausreicht. Aber sie sind oftmals in der Lage, daß sie nur diesen Verdienst zur Verfügung haben.


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Diese Zahlen müßten in einem Sozialbericht deutlicher als bisher in einer Zusammenschau sichtbar gemacht werden, und zwar vor allem deswegen, weil das auch mit der Beitragsfrage zusammenhängt. Wenn die Leute schlecht bezahlt, wenn sie geringfügig bezahlt werden, dann haben sie nicht nur kein Anrecht auf eine Alterspension oder auf eine Arbeitslosenversorgung, sondern dann bringen sie auch keinen Ertrag für unser Sozialsystem. Und das ist das Problem, mit dem wir uns in vermehrtem Maße zu beschäftigen haben – angesichts der Notwendigkeit, dieses Sozialsystem nicht nur zu sichern, sondern auch neu zu organisieren, umzubauen, zumindest Mindestsicherungen zu geben!

Ich bin nicht der Meinung wie Sie, Frau Kollegin Gatterer, daß wir es mit einem "ausgezeichneten" Pensionssystem zu tun haben. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich habe auch einmal die Meinung vertreten, daß das österreichische Pensionssystem gar nicht so schlecht ist. Wenn man sich aber mit den Daten etwas näher beschäftigt – gerade mit dem, was vorhin angesprochen wurde: daß nämlich eine große Gruppe von Personen überhaupt aus dem Pensionssystem herausfällt, und zwar wiederum vor allem die Frauen –, dann sieht man, daß das überhaupt nicht gut ausschaut.

Ich habe mir einige diesbezügliche Fälle in den letzten Wochen und Monaten zu Gemüte geführt. Da gibt es Frauen, die nicht ununterbrochen beschäftigt waren, sondern immer wieder mit Unterbrechungen, aber doch insgesamt 11, 12 oder 13 Jahre lang gearbeitet haben und neben ihren 12, 13 Jahren Arbeit auch noch Kinder erzogen haben und keine Pension erhalten. Nach wie vor ist dieses unser Pensionssystem nicht imstande, diesen Frauen eine Altersversorgung zu geben. Ich halte das für unzumutbar! (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt nicht!) Selbstverständlich stimmt das! (Bundesministerin Hostasch: ... kommen sie auf 15 Jahre!) Wenn sie mit den Ersatzzeiten drüberkommen! Das Problem ist, daß es viele trotz der Ersatzzeiten nicht schaffen, drüberzukommen, viele bleiben an diesen Grenzen hängen. Das ist nach wie vor das eigentliche Problem, und zwar gerade unter älteren Frauen, unter geringfügig Beschäftigten.

Aber eine stark steigende Zahl von jüngeren Frauen, würde ich einmal vermuten, und sozusagen nachwachsenden Frauen im Erwerbssystem hat sich mit der Sorge zu plagen, daß sie keine Alterssicherung erhält. Das ist ein Problem! Ich kann also diese Auffassung, auch was die Höhe der Altersversorgung anlangt, nicht teilen.

Eine ASVG-Pension für zwei Personen in der Höhe von 12 000 S reicht nicht aus, das ist das Minimum. Aber eine Pension von 12 000 S, Frau Kollegin Gatterer, erhalten leider viele, viele, die ihr Leben lang gearbeitet haben: Arbeiter, Arbeiterinnen. Bei den Arbeiterinnen – das brauche ich Ihnen ja nicht zu erzählen – ist, wenn sie nicht das Glück haben, eine Ausgleichszulage zu bekommen, die Eigenpension noch geringer. Die Bäuerinnen erhalten ebenfalls sehr geringe Eigenpensionen.

Das heißt, wir haben es beileibe nicht mit einer Situation zu tun, daß wir uns auf die Schulter klopfen und sagen könnten: Gerade gegen die Armut ist unser Pensionssystem, unser Sozialsystem gut! Im Gegenteil!

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß wir es gemeinsam – Sozialdemokraten, ÖVP, Grüne – immerhin geschafft haben, in diesen Sozialbericht ein Armutskapitel aufzunehmen. Es sei mir noch eine Anmerkung gestattet: Ich habe mir, auch wenn es vielleicht nicht so direkt in den Sozialbericht hineinpaßt, auch ein Reichtumskapitel gewünscht, und zwar aus folgendem Grund: Wir werden in Österreich zunehmend mit dem Umstand konfrontiert, daß der Reichtum in unserem Land bei wenigen Personen ansteigt, und niemand, weder der Finanzminister noch der Bundeskanzler, noch irgendeine Behörde, und sei es das Statistische Zentralamt, kann Auskunft darüber geben, wie sich dieser Reichtum verteilt. Es ist ja eine unmögliche Situation, daß wir auf der einen Seite zwar wissen, daß es 6 000 Milliarden Schilling an Vermögen gibt, aber niemand Auskunft darüber geben kann, wie sich dieses Vermögen verteilt, wer die Besitzer dieses Vermögens sind, um wieviel dieses Vermögen steigt.

Ja, meine Damen und Herren, da müssen Sie mir doch zustimmen: Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben, auch wenn dieser Handlungsbedarf nicht unbedingt Ausdruck in einem


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Sozialbericht finden muß. Das ist Aufgabe der Bundesregierung, würde ich meinen, des Finanzministers. Aber wenn die es nicht machen, wäre es schön gewesen, wenn im Sozialbericht nicht nur über die hohen Einkommen, sondern auch über die hohen Vermögen Bericht erstattet worden wäre.

Ein anderes Kapitel, das ich noch anschneiden möchte – und damit bin ich am Ende meiner Ausführungen angelangt; das wird sich bis 15 Uhr noch ausgehen –, betrifft den Arbeitnehmerschutz. (Zwischenbemerkung der Bundesministerin Hostasch. ) Das mache ich leidenschaftlich, Frau Ministerin! – Ich weise darauf hin, daß die Situation im Bereich des Arbeitnehmerschutzes – entgegen den Klagen, die vor allem von der ÖVP, von den Freiheitlichen und vom Liberalen Forum kommen – bei weitem nicht so gut ist. Im Gegenteil: Die Situation, was den Arbeitnehmerschutz anlangt, ist teilweise prekär, meine Damen und Herren.

Auf der einen Seite diskutieren wir zwar über Forschungsförderung und Technologieförderung, aber auf der anderen Seite fehlen die Rahmenbedingungen, unter denen eine Forschungs- und Technologieentwicklung positiv stimuliert werden kann. Ich könnte Ihnen Beispiele nennen, wie in skandinavischen Ländern durch einen strikten Arbeitnehmerschutz, durch Grenzwertsetzungen, die die Betriebe empfindlich getroffen haben, technologische Innovationen ausgelöst worden sind – im Gesundheitsbereich, im Umweltbereich –, die für Österreich unvorstellbar sind, weil bei uns die Rahmenbedingungen so lax sind. Wir haben in Österreich eine Marktwerteliste, eine Grenzwerteliste für den Arbeitnehmerschutz, die in den Laden der Frau Ministerin schon verstaubt. Seit dem Jahr 1992 ist diese Liste nicht mehr geändert worden, während sie in Deutschland jedes Jahr geändert wird und in den skandinavischen Ländern viele andere Stoffe in diese Liste aufgenommen wurden.

Noch ein Punkt zu diesem Kapitel: die Berufskrankheiten. Ich habe es im Ausschuß schon erwähnt: Es gibt offensichtlich in bezug auf Berufskrankheiten oder beruflich bedingte Krankheiten so etwas wie das Bild des "Homo austriacus", das das Denken der Unfallversicherung beherrscht. Wenn man sich die Statistiken ansieht, dann muß man feststellen, daß wir Österreicher gegen Lärm wesentlich unempfindlicher sind als beispielsweise die Bundesdeutschen. Wir haben in Österreich 455 Erkrankungen wegen Lärmschwerhörigkeit auszuweisen, während in Deutschland 8 017 Fälle gemeldet sind. Das paßt auch mit dem Bevölkerungsschlüssel nicht zusammen.

Weitere Beispiele: Hauterkrankungen: Österreich 523, Deutschland 7 333. Erkrankungen bei Asbest – und das ist das Erschreckende, und da sage ich: das ist ganz klar ein politischer, wirtschaftlicher Einfluß von seiten der Unfallversicherungsanstalt! –: 21 Fälle in Österreich. Und das, obwohl wir einer der Hauptverursacher und Hauptdreckproduzenten bei Asbest in Europa waren! In keinem anderen europäischen Land – es sei denn in den südlichen Ländern – ist man mit dieser Frage dermaßen lax umgegangen wie in Österreich. Ich wiederhole: Österreich: 21 Erkrankungen, Deutschland: 3 294 Erkrankungen.

Meine Damen und Herren! Erklären Sie mir diese Differenz! Sie können es nicht erklären. Das ist nur dadurch erklärbar, daß in diesem Bereich sehr viel Druck und wenig Aufklärung vorhanden sind.

Frau Bundesministerin! Das ist nicht unbedingt Ihre Ressortverantwortlichkeit, das weiß ich schon, aber ich halte es für wichtig, in diesem Zusammenhang auch zu thematisieren, daß wir offensichtlich eine Unfallversicherung haben, die zwar gut Spitäler betreiben kann, aber wenig Vorsorge, wenig Aufklärung betreibt, damit tatsächlich mit den Berufskrankheiten anders umgegangen wird und damit auch ein Druck auf die Änderung der Rahmenbedingungen erfolgt. Das ist das Problem!

Letzter Punkt: der Arbeitsinspektionsbericht öffentlicher Dienst: Ich halte es für absurd, daß wir – offensichtlich jetzt schon wieder – über Anwesenheitszeiten, über die Verlängerung von Anwesenheitszeiten beispielsweise von Lehrern in den Schulen angesichts einer Situation, von der der Arbeitsinspektionsbericht jedes Jahr sagt, daß eigentlich jede zweite Schule nicht einmal einen Garderobekasten, geschweige denn einen Schreibtisch für die Lehrer in der Schule hat,


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diskutieren. Es ist doch absurd, meine Damen und Herren, noch über die Verlängerung von Anwesenheitszeiten zu diskutieren, wenn beispielsweise die Lehrer nicht einmal einen Platz haben, wo sie sich in der Schule hinsetzen und ihre Hefte hinstellen können! Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist: Es fällt auf, daß im Bereich des Land- und Forstwirtschaftsministeriums der Arbeitsinspektor fast in jedem Gebäude, das er betritt, entweder über lose Ziegeln fällt oder irgend etwas, beispielsweise der Verputz, von der Decke fällt. Das halte ich für unmöglich! Es ist nicht viel besser im Verteidigungsministerium, und zwar bei den Unterkünften, aber da hat sich teilweise etwas getan.

Ich halte es für unmöglich, daß in Bundesdienststellen ein Zustand herrscht, der unerträglich ist. Dieser ist nur dadurch erklärbar, daß die Arbeitsinspektion für den öffentlichen Dienst keinen genügenden Auftrag hat.

Ceterum censeo: Für den öffentlichen Dienst muß der Arbeitnehmerschutz im gleichen Umfang gelten wie für die Privatwirtschaft. Bei dieser Aufgabe sind Sie, meine Damen und Herren, in dieser Zeit mehr denn je gefordert! (Beifall bei den Grünen.)

15.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 9 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Andreas Wabl, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich (2148/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2148/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"In Europa stagnieren die Herbizid-Umsätze, und so wird es für die Chemiekonzerne immer schwieriger, ihre Produkterlöse zu steigern. Die Firma AgrEvo, die vor allem im Bereich ,Pflanzenschutz‘ tätig ist, wurde vor vier Jahren von den Chemieriesen Hoechst und Schering eigens zum Zweck gegründet, um im Bereich Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfung über mehr finanzielle Mittel für Forschung und Entwicklung zu verfügen. Die Entwicklung eines Herbizides kostet nach eigenen Angaben der Firma AgrEvo zwischen 300 und 400 Millionen D-Mark (,Die Zeit‘, 8.12. 1995). Dementsprechend groß ist der Druck dieser Unternehmen auf die Politik, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen so liberal wie möglich zu gestalten, damit diese Entwicklungskosten rasch hereingespielt werden können. Gentechnisch veränderte Pflanzen sollen jetzt dafür sorgen, daß das Geschäft künftig wieder kräftig boomt.

Bereits im Vorjahr stellte die Firma T.B. Agrartechnik im Auftrag der AgrEvo, gemäß Gentechnikgesetz einen auf zehn Jahre anberaumten Freisetzungsantrag für gentechnisch veränderten Mais. Dieser Antrag wurde jedoch aufgrund des großen Drucks der österreichischen Bevölkerung zurückgezogen. Innerhalb von nur zwei Wochen wurden rund 40 000 Einwendungen gegen diese Freisetzungsversuche im Gesundheitsministerium eingebracht. Aufgrund des breiten öffentlichen Widerstandes drohte damit ,erstmals‘ ein Freisetzungsantrag in einem EU-Mitgliedstaat abgelehnt zu werden. Dieses Risiko wollte der eigentliche Antragsteller, die deutsche Firma Hoechst, sichtlich nicht eingehen, da damit ein Präzedenzfall entstanden wäre, der auf andere Mitgliedstaaten der Union beispielhafte Wirkung gehabt hätte.


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Am 6. 2.1996 wurde seitens der EU-Kommission gentechnisch veränderter Raps der Firma Plant Genetic Systems (PGS) zu Züchtungszwecken zugelassen. PGS wollte bereits im Vorjahr diesen Raps in Österreich freisetzen, doch nahm auch sie aufgrund der Gentechnik-Debatte und des Bevölkerungswiderstandes davon wieder Abstand. Noch im August des selben Jahres wurde die PGS von der Firma AgrEvo für rund 730 Millionen Dollar übernommen. Somit besitzt die Firma AgrEvo die Rechte, gentechnisch veränderten Raps in der EU und somit auch in Österreich freizusetzen. Dabei handelt es sich um herbizidresistenten Raps, der gemäß Beschluß der EU-Kommission zur Saatgutgewinnung freigesetzt werden kann. Unseren Informationen nach will die Firma AgrEvo im Herbst 1997 an mehreren Orten in Österreich diesen herbizidresistenten Raps freisetzen!

Zudem hat die Firma AgrEvo einen EU-weiten Antrag auf das Inverkehrbringen von gentechnisch verändertem Mais gestellt. Sollte dieser Antrag noch im April durch die EU-Kommission genehmigt werden, so beabsichtigt die Firma noch im April/Mai 1997 diesen gentechnisch veränderten, ebenfalls herbizidresistenten (,Liberty‘) Mais in Österreich freizusetzen.

Obwohl über 80 % der österreichischen Bevölkerung und der österreichischen Bäuerinnen und Bauern den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion ablehnen, versuchen die politisch Verantwortlichen immer wieder diese Problematik zu verharmlosen.

Zahlreiche PolitikerInnen und Landwirtschaftsfunktionäre haben sich zu dieser Problematik geäußert, indem sie die Notwendigkeit der Gentechnik in der Landwirtschaft relativiert haben, dennoch aber nicht bereit die politischen Konsequenzen daraus zu ziehen. Generell muß die Frage gestellt werden, ob die Bauernvertreter noch ihre Bauern oder die Interessen von Großkonzernen vertreten. Bauernbu nddirektor Franz Ledermüller etwa erklärte im ,Standard‘ vom 17. Februar 1997, daß die ,Gentechnik für Europas Landwirtschaft zwar nicht nötig sei‘, dennoch ,sei sie unausweichlich‘.

,Ich kann gut verstehen, daß die Bauern keine Notwendigkeit sehen, Gentechnik einzusetzen. Es ist auch eine richtige Beurteilung, daß wir derzeit in Österreich ohne die neuen Maiszüchtungen und die neuen Sojabohnen wunderbar auskommen. Es ist aber etwas anderes zu sagen, wir wollen auf längere Sicht die möglichen Vorteile dieser Technologie ausschließen‘ – August Astl, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer, im ,Standard‘ vom 25. 2. 1997.

,Das Positionspapier der Regierung ist sehr klar: Die Chancen nützen, aber Vorsicht bei gewissen Anwendungen wie etwa weitgehender Herbizid-Widerstandsfähigkeit‘, Landwirtschaftsminister Molterer im ,Kurier‘ vom 17. 3. 1997.

Noch zählt Österreich zu jenen EU-Staaten, wo noch keine Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen stattgefunden haben. Wenn nicht raschest seitens der politisch Verantwortlichen gehandelt wird, drohen noch heuer die ersten Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich durch die Firma AgrEvo. Da die österreichische Bevölkerung ein Anrecht auf eine umfassende und lückenlose Information und Transparenz hat stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft folgende

Dringliche Anfrage:

1. Wie stehen Sie zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft? Und stehen Sie hinter den Forderungen der österreichischen Bauern, die mit fast 90%iger Mehrheit den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft strikt ablehnen?

2. Lehnen Sie den Einsatz der Herbizidresistenz-Technik ab? Wenn nein, warum nicht?

3. Wie stehen Sie zu einem Freisetzungsversuch von herbizidresistenten Pflanzen im Rahmen eines Forschungsprojektes?

4. Würden Sie sich für ein derartiges Forschungsprojekt aussprechen?


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5. Ist es richtig, daß die Firma AgrEvo im März dieses Jahres (u. a. vertreten durch Herrn Nimmerrichter (Hoechst) und Herrn Korosec (T.B. Agrartechnik)) bei Ihnen vorsprach?

6. Wann hat dieser Termin stattgefunden?

7. Ist es richtig, daß Sie dabei darüber informiert wurden, daß die Firma AgrEvo beabsichtige, noch heuer (im Herbst) gentechnisch veränderten Raps in Österreich freizusetzen?

8. Ist es ebenfalls richtig, daß Sie darüber informiert wurden, daß geplant sei, gentechnisch veränderten Mais noch heuer in Österreich freizusetzen, sollte noch im April dieses Jahres die EU-Genehmigung für das Inverkehrbringen erfolgen?

9. Ist es richtig, daß die Firma AgrEvo im Februar dieses Jahres bei Umweltminister Dr. Martin Bartenstein vorsprach?

10. Wann hat dieser Termin genau stattgefunden?

11. Ist es richtig, daß der Umweltminister darüber informiert wurde, daß die Firma AgrEvo beabsichtige, noch heuer (im Herbst) gentechnisch veränderten Raps in Österreich freizusetzen?

12. Ist es ebenfalls richtig, daß der Umweltminister darüber informiert wurde, daß geplant sei, gentechnisch veränderten Mais noch heuer in Österreich freizusetzen, sollte noch im April dieses Jahres die EU-Genehmigung für das Inverkehrbringen erfolgen?

13. Ist es richtig, daß die Firma AgrEvo heuer bei Wirtschaftsminister Dr. Hannes Farnleitner vorsprach?

14. Wann hat dieser Termin genau stattgefunden?

15. Ist es richtig, daß der Wirtschaftsminister darüber informiert wurde, daß die Firma AgrEvo beabsichtige, noch heuer (im Herbst) gentechnisch veränderten Raps in Österreich freizusetzen?

16. Ist es ebenfalls richtig, daß der Wirtschaftsminister darüber informiert wurde, daß geplant sei, gentechnisch veränderten Mais noch heuer in Österreich freizusetzen, sollte noch im April dieses Jahres die EU-Genehmigung für das Inverkehrbringen erfolgen?

17. Welche anderen Minister-KollegInnen haben Sie über diese Gespräche und deren Inhalte informiert und wann (bitte um Angabe der genauen Daten)?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage gemäß §92 (2) GOG verlangt."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zuerst erteile ich Frau Abgeordneter Ing. Langthaler als Fragestellerin zur Begründung der Dringlichen Anfrage das Wort. Gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung darf ihre Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.01

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das Thema Gentechnik hat in den letzten Tagen wieder eine neue Facette dazubekommen, hat zusätzliche Brisanz aufgrund des geklonten Schafes erhalten. Im Zusammenhang mit Klonierung und gentechnisch veränderten Lebewesen gibt es zu Recht ein enormes Informationsbedürfnis der Bevölkerung und eine Menge von Ängsten, denen man zweifellos rational begegnen soll, denen man aber auch vor allem mit offener Information begegnen muß.

Herr Umweltminister! Wir haben in den letzten Tagen Informationen erhalten, die uns sehr an der Erfüllung der Informationspflicht gerade der ÖVP-Minister zweifeln lassen und die den


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Anschein erwecken, daß Sie ganz bewußt sehr wesentliche Dinge geheimhalten, und zwar so lange geheimhalten, bis das Gentechnik-Volksbegehren, das von 7. bis 14. April in Österreich stattfinden wird, vorbei ist.

Meine Damen und Herren! Das Gentechnik-Volksbegehren findet vor allem deshalb statt, weil es die Bundesregierung bis heute nicht geschafft hat, dieses Thema auch gesetzlich entsprechend zu regeln, und zwar so, daß es tatsächlich zu keinem Risiko und zu keiner Gefahr bei Mensch und Umwelt kommen kann, und weil die Unwissenheit von vielen Menschen nach wie vor in keiner Weise befriedigt wurde und deren Befürchtungen nicht widerlegt wurden.

Meine Damen und Herren! Wir Grünen haben bei den vielen Gentechnikdebatten hier in diesem Hohen Haus immer wieder betont, daß wir einen großen Unterschied zwischen den Anwendungen der Gentechnik im Bereich der Medizin, bei der Krebstherapie, bei der Aidstherapie, und den Anwendungen der Gentechnik im Bereich der Lebensmittelproduktion machen. Wir Grünen haben anhand vieler Beispiele immer wieder darauf hingewiesen, daß die Risiken dieser Technologie im Bereich der Lebensmittelproduktion in keiner Weise geklärt wurden, daß sich ganz im Gegenteil die Wissenschaft in vielen Fällen fundamental geirrt hat. Wir Grünen haben auch darauf aufmerksam gemacht, daß man in diesem Bereich die Bevölkerung ohne Not einem großen Versuch aussetzt, daß man die Bevölkerung als Ganzes als Versuchskaninchen benutzt und ohne Not ein Risiko heraufbeschwört.

Meine Damen und Herren! Es ist – und das wissen wir alle – die Frage des Hungers auf der Welt keine Frage von neuen Technologien, sondern eine Frage der Verteilung und eine Frage von Arm und Reich. Bei keiner der von den Chemiemultis bisher vorgesetzten gentechnisch veränderten Pflanzen geht es heute darum, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen, sondern es geht ausschließlich darum, den Profit zu maximieren, und zwar in einer Branche, die deshalb unter Druck gekommen ist, weil beispielsweise der Absatz von Pestiziden stagniert und weil es doch in vielen Ländern aufgrund gesetzlicher Regelungen, beispielsweise aufgrund konkreter Steuern wie der Pestizidsteuer in Schweden, zu einem Abbau des Einsatzes von Pestiziden gekommen ist. Die Chemiemultis haben weltweit die Gentechnik als neue Chance gesehen, mehr Pestizide als bisher zu verkaufen.

Die Firma, über die wir hier heute sprechen wollen und in bezug auf die wir zum Teil sehr schwere Anschuldigungen auch gegen Sie, Herr Umweltminister, hier vorbringen werden, möchte ich zunächst kurz beschreiben. Es geht um die Firma AgrEvo, eine Tochterfirma der Chemieriesen Hoechst und Schäring, die ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurde, im Bereich der Gentechnik im Zusammenhang mit vermehrtem Einsatz von Pestiziden zu forschen und eine entsprechende Entwicklung vorzubereiten.

Die Firma Hoechst, aber auch andere Chemiemultis, beziffert die Aufwendungen für die Entwicklung eines Pestizids mit 300 bis 400 Millionen D-Mark.

Nur damit Sie sehen, um welche Summen es da insgesamt geht: Die Firma AgrEvo hat in den letzten Jahren sehr große Unternehmen aufgekauft, die auch in Österreich schon versucht haben, gentechnisch veränderte Pflanzen freizusetzen. Letztes Jahr wurde in der Steiermark – vielleicht erinnern sich besonders die Steirer in diesem Haus daran – von der Firma Plant Genetic Systems, PGS, für genveränderten Mais in Österreich ein Freisetzungsantrag gestellt, der nicht zur Begutachtung beziehungsweise Behandlung gekommen ist, weil es in Österreich dagegen so großen Widerstand gab. Diese Firma wurde jedenfalls von der Firma AgrEvo aufgekauft, und zwar um eine Summe von – und das müssen Sie sich einmal vorstellen! – mehr als 8 Milliarden Schilling. Das sei nur erwähnt, damit Sie einen Eindruck bekommen, um welche Summen es da insgesamt geht und welche ökonomischen Interessen da dahinterstehen.

Noch einmal: Die Firma PGS wird von einer größeren, nämlich der, der wir uns heute hier widmen wollen, und zwar der Firma AgrEvo, um 8 Milliarden Schilling aufgekauft! Es gibt außerdem noch andere enorme Investitionen: Parallel dazu wird in die Entwicklung neuer Herbizide, neuer Pestizide und natürlich auch in die Entwicklung entsprechender herbizidresistenter Pflanzen investiert.


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Das alles kostet eine Menge Geld, und entsprechend dem ökonomischen Druck wird auch versucht, massiven Druck auf die Politik auszuüben, und zwar überall in Europa, natürlich auch in Österreich.

Nun wird in Österreich aufgrund eines großen Widerstandes in der Bevölkerung ein Gentechnik-Volksbegehren stattfinden, das drei wesentliche Forderungen hat. Eine dieser Forderungen heißt: keine gentechnisch veränderten Lebensmittel in Österreich, und die zweite Forderung betrifft das Verbot der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Es scheint so, als ob die Minister, egal ob von SPÖ- oder von ÖVP-Seite, über dieses Thema keine öffentliche Debatte vor diesem Volksbegehren mehr haben wollten, um es nicht noch mehr ins Rampenlicht zu stellen und nicht noch mehr Menschen dazu zu motivieren, dieses Volksbegehren zu unterschreiben, denn je mehr Personen unterschreiben, umso mehr – das wissen wir – steigt auch der politische Druck.

Herr Umweltminister! Wir Grünen haben diese Dringliche Anfrage ursprünglich an den Landwirtschaftsminister gestellt. Wir wissen, daß sich der Herr Bundesminister Molterer mehrmals ganz konkret gegen die Anwendung herbizidresistenter Pflanzen ausgesprochen hat und daß er auch in der letzten Fernsehsendung "Zur Sache" immer wieder massiv darauf hingewiesen hat, wie wichtig doch die Information in diesem sensiblen Bereich für die Öffentlichkeit ist. Aber diese Information – und das sollen wir Ihnen ganz genau zeigen – findet in keiner Weise vor allem von den ÖVP-Ministern statt.

Die Firma AgrEvo ist im Besitz von etwas, worum alle Firmen, die sich um herbizidresistente Pflanzen bemühen, ersuchen, nämlich von einer EU-weiten Bewilligung für die Aussaat, für das Inverkehrbringen von – in diesem Fall – gentechnisch verändertem Raps. Man braucht dazu in Österreich keine Bewilligung mehr. Es gibt eine EU-Bewilligung, die bereits im Februar letzten Jahres von seiten der Kommission gewährt wurde, und es besteht dadurch für diese Firma die Möglichkeit, auch in Österreich dieses Saatgut auszusetzen. Wir wissen nun aus unseren Recherchen, daß diese Firma plant, noch heuer, und zwar spätestens im Herbst, Aussetzungen von gentechnisch verändertem Raps auf sechs Feldern in Österreich zu machen, und wir wissen auch, Herr Umweltminister, daß die Vertreter dieser Firma bei Ihnen und bei Ihren Kollegen Molterer und Farnleitner vorgesprochen haben.

Wir haben in der Dringlichen Anfrage das genau und präzise formuliert und wollen heute von Ihnen eine Antwort auf die Frage haben, ob es richtig ist, daß Firmenvertreter, zum Beispiel der Herr Nimmerrichter von der Firma Hoechst und der Herr Korosec von der Firma T.B. Agrartechnik, nicht nur beim Bundesminister Molterer, sondern auch bei Ihnen vorgesprochen haben, Sie anläßlich eines Termines im Februar ganz klar darüber informiert haben, daß es heuer im Herbst in Österreich zu einer Freisetzung von gentechnisch verändertem Raps kommen wird, daß Sie und auch Ihre Kollegen aber angedeutet haben, daß dazu derzeit politisch keine günstige Situation bestünde, da wir in wenigen Wochen ein Volksbegehren zu diesem Thema in Österreich haben und daher alles dazu getan werden muß, diese Information von der Öffentlichkeit fernzuhalten.

Wenn das stimmt, ist das einfach ein unfaßbarer Skandal, Herr Umweltminister! Das, was Sie hier machen, findet in einem wirklich wichtigen, sensiblen Bereich statt, in dem die Öffentlichkeit ein Recht auf Information hat. Da verschweigen Sie etwas! Sie machen genau das, was viele seit Monaten vermuten, nämlich daß vor allem die ÖVP längst einen mehr oder weniger informellen Vertrag mit der Genlobby und den Chemiemultis abgeschlossen hat, daß alles, was mit Biobauern und dem ganzen Programm der ökosozialen Landwirtschaft zu tun hat, nichts weiter als Lippenbekenntnisse sind und Sie politisch schon längst zugestimmt haben, daß in Österreich großflächig gentechnisch veränderte Pflanzen ausgesetzt werden sollen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Umweltminister! Wir wollen heute von Ihnen wissen, ob diese Gespräche entsprechend uns vorliegenden Recherchen mit dieser Firma stattgefunden haben und ob es richtig ist, daß Sie ihnen mehr oder weniger grünes Licht gegeben haben. Wir haben auch Informationen von


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seiten dieser Firma eingeholt, die diese Gespräche mit Ihnen und Ihren Kollegen offensichtlich sehr genossen hat – das Klima muß ja ausgesprochen nett gewesen sein – und die offensichtlich überhaupt nicht mit einem Widerstand von seiten der Politik, der Bundesregierung und insbesondere der drei ÖVP-Minister rechnet.

Herr Umweltminister! Das ist einer der vielen Bereiche, wo Sie uns sehr enttäuschen und wir das Gefühl haben, daß Sie die Öffentlichkeit nicht ehrlich informieren. Wir werden das heute auch noch im Rahmen des Umweltkontrollberichtes diskutieren, wo Sie planen, wichtige Teile der Umweltkontrolle in diesem Land schlichtweg abzuschaffen. Mir ist es ein Rätsel, warum Sie als Umweltminister permanent eher auf seiten der Wirtschaft stehen, wiewohl ich schon weiß, daß Sie eigentlich nicht Umweltminister werden wollten, sondern viel lieber Wirtschaftsminister geworden wären. Vielleicht werden Sie es ja bald! Das könnte man vermuten, wenn man sich ÖVP-intern umhört, wie unpopulär dort der derzeitige Wirtschaftsminister ist. Allerdings wäre es in diesem Falle fairer, gleich das Ressort zu wechseln und nicht das Umweltressort dazu zu nützen, höhere Weihen zu bekommen.

Wir haben wirklich das Gefühl, daß Sie die Umweltorganisationen im Stich lassen, daß Sie ein wichtiges Thema wie die Gentechnik in keiner Weise adäquat behandeln, daß Sie uns nicht unterstützen, damit Österreich eine gentechnikfreie Zone bleibt, daß Sie uns vor allem nicht darin unterstützen, zu zeigen, daß es möglich ist, in Österreich ökologischen Landbau, ökologische Landwirtschaft so zu betreiben, daß es zu einem wirklichen Qualitätssiegel für Österreich wird. Denn ich möchte sehen, was die österreichischen Bauern in drei, vier Jahren machen werden, wenn die entsprechenden Förderungen auslaufen. Die gesamten ÖPUL-Förderungen sind degressiv, das wissen Sie genauso gut wie ich. Die meisten von ihnen werden vor einer ruinierten Existenz stehen. Wo sind denn die Rahmenbedingungen, die diese Existenzen auffangen werden?

Sie erzählen uns zu allen möglichen Gelegenheiten, wie wichtig es ist, im Bereich biologischer Landbau etwas zu tun und in diesem Bereich Initiativen zu setzen. Was im Bereich der Gentechnik passiert, macht auf sehr, sehr lange Zeit ökologische Landwirtschaft unmöglich und auch, daß wir Österreich zu einem echten Standort für eine ökologische Produktion sowohl im klassischen wirtschaftlichen Bereich, im Industriebereich als auch im Bereich der Landwirtschaft ausbauen können.

Es gäbe eine große Chance, und zwar vor allem, weil die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auch wirklich dahinterstehen würde. Es gäbe große Unterstützung für diesen Bereich von einem Großteil der dafür aufgeschlossenen Bevölkerung.

Was wir aber heute von Ihnen wollen, ist eine Antwort auf diese Fragen, die wir Ihnen sehr präzise gestellt haben, eine Antwort auf die Frage, inwiefern es stimmt, daß Sie dieser Firma schon längst das Pouvoir gegeben haben, noch heuer in Österreich im Herbst Raps und für den Fall, daß diese Firma im April noch die Genehmigung für Mais bekommt, auch Mais bereits im April oder Mai entsprechend auszusetzen.

Herr Umweltminister! Diese Anfrage hätten wir an alle drei ÖVP-Minister stellen können, und zwar sowohl an Minister Molterer, an Sie als auch an Minister Farnleitner. Wir hoffen sehr, daß Sie uns vielleicht auch mitteilen können, wie sich denn die ÖVP jetzt insgesamt zum Thema Gentechnik positionieren will. Es wäre ehrlicher, dann wenigstens offen zu sein, wie es ja teilweise Bundesminister Farnleitner macht, der meint, daß er selbst mit dieser Technologie überhaupt kein Problem hat und sie ruhig im Bereich der Lebensmittel und herbizidresistenten Pflanzen angewendet werden kann.

Dann soll man aber die Bevölkerung ehrlich informieren, dann können auch wir mit Ihnen einen besseren Diskurs mit unterschiedlichen Argumenten führen. Aber sich davor drücken, sich darüber hinwegschwindeln und abwarten wollen, bis das Gentechnik-Volksbegehren vorbei ist, um danach erst die Öffentlichkeit zu informieren, daß bereits mehr oder weniger "ausgepackelt" ist, daß im Herbst auf sechs Feldern gentechnisch veränderter Raps ausgesetzt werden soll,


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das ist einfach unverantwortlich! Da, Herr Umweltminister, sind Sie eindeutig am falschen Platz! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich nunmehr, und zwar in Vertretung des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Herr Bundesminister Dr. Bartenstein gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.16

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Bundesregierung drückt sich nicht, die Bundesregierung schwindelt nicht, Frau Kollegin Langthaler, sondern – und das ist Ihnen vielleicht entgangen – sie hat in den letzten Tagen zum Thema Gentechnik eine klare Position eingenommen, die im Ministerrat abgestimmt wurde und die umfassend zu den aktuellen Fragen, einschließlich dieser Frage und unserem klaren Nein gegenüber dem Klonieren im menschlichen Bereich, Stellung bezogen hat, auch wenn wir wissen, daß das Klonieren kein gentechnisches Verfahren an und für sich ist, aber im allgemeinen dort hingerückt wird.

Wir packeln auch mit niemandem, sondern wir fahren eine klare Linie, die verantwortbar, aber gleichzeitig auch differenziert ist, etwas, was Sie, Frau Abgeordnete Langthaler, ganz sicherlich nicht tun.

Trotzdem begrüße ich es, daß heute im Hohen Haus aufgrund dieser Dringlichen Anfrage die Gelegenheit zu einer Diskussion über dieses wichtige Thema besteht. Sie, Frau Langthaler, haben erwähnt, daß zumindest im Bereich der Gesundheit und der Medizin die Anwendung der Gentechnik auch von Ihnen begrüßt wird, einige Sätze später wiederum haben Sie von der gentechnikfreien Zone Österreich gesprochen – also ein gewisser Widerspruch in sich selbst.

Es ist festzuhalten, daß Gentechnik heute schon Hunderttausenden Menschen hilft und noch helfen wird. Ich denke nur daran, daß es allein in Österreich mehr als 250 000 Diabetiker gibt, die zum guten Teil an gentechnisch hergestelltem Insulin interessiert sind, weil es klare Vorteile gegenüber dem Insulin hat, das aus Schweinen oder Rindern isoliert wurde. (Abg. Dr. Petrovic: Reden wir hier über Diabetiker oder Raps?)

Andererseits ist es aber auch eine klare Position der Bundesregierung, daß wir aus ethischen Gründen für eine Grenzziehung im Bereich der Anwendung von Gentechnik eintreten, nämlich dort, wo es um den Respekt vor Leben und den Respekt vor der Schöpfung geht. Wir sprechen uns daher für eine klare und strenge Prüfung aller Risiken aus. Insbesondere dort, wo es um die Frage von Herbizidtoleranzen, um unerwünschte Antibiotikaresistenzen oder um nicht klar ausdiskutierte Allergiepotentiale geht, mahnen wir zur Vorsicht.

Hohes Haus! Wir mahnen auch zur besonderen Vorsicht und Prüfung, wenn es darum geht, Produkte, die gentechnisch verändert sind, in die Nahrungsmittelkette einzubringen, weil da die Nutzen-Risiko-Relation eine fragwürdige sein kann und sein sollte: wenig Nutzen und unter Umständen ein gewisses Risiko.

Frau Abgeordnete Langthaler! Darüber hinaus treten wir für eine umfassende Information der Konsumenten ein, wenn es sich um Gentechnikprodukte handelt. Sie wissen, daß die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Prammer eine Verordnung im Einvernehmen mit dem Herrn Wirtschaftsminister zur Negativkennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln unterschrieben hat, die in den nächsten Tagen in Kraft tritt.

Wir haben – und darauf darf ich mit Stolz verweisen – auch einiges dazu beigetragen, daß es im EU-Bereich nicht nur zu größerer Vorsicht, sondern auch zu einem gewissen Umdenken hinsichtlich der Anwendung von Gentechnik gekommen ist. Ich kann mich noch genau an die Ratssitzung der Umweltminister im Juni 1996 erinnern, als es Österreich war, das seine Aufmerksamkeit auf die Mängel der EU-Freisetzungsrichtlinie und auf die überaus problematische Zulassung von Genmais gerichtet hat. Wir haben insofern Erfolg gehabt, als diese


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Zulassung zumindest um ein halbes Jahr verzögert wurde, worauf ich später noch zu sprechen kommen werde.

Es war Österreich, das mit Hilfe eines wesentlichen Teils seiner EU-Parlamentarier auch auf eine rasche Verabschiedung der Novel-Food-Verordnung hingewirkt hat und – ich habe das schon gesagt – diese Novel-Food-Verordnung jetzt mit der Verordnung von Frau Ministerin Prammer auf nationaler Ebene vorwegnimmt. Es war auch Österreich, das eine nochmalige Überprüfung der Genmaiszulassung erwirkt hat. Ich habe bereits darauf hingewiesen. Österreich hat sogar den Artikel 16 der Freisetzungsrichtlinie 90/220 in Anspruch genommen, damit dieses Produkt, zumindest bis die EU-Kommission neuerlich entscheidet, für den Verkehr und den Import nach Österreich verboten ist.

Es war auch Österreich – Frau Abgeordnete Langthaler, Sie wissen das ja alles; was Sie gesagt haben, war zum gut Teil wider besseres Wissen –, das diesbezüglich Vorreiter für andere Länder war. Österreich hat zum Beispiel auch Luxemburg und Italien motiviert, diesen Artikel 16 hinsichtlich der Zulassung von Genmais in Anspruch zu nehmen und damit quasi ein Importverbot auszusprechen.

Es war wiederum Österreich, das – zuletzt in der Ratssitzung der Umweltminister – auf die Reformbedürftigkeit der Freisetzungsrichtlinie hingewiesen und auf eine Reform gedrängt hat, wobei wir von der Kommission diese Reform schon zugesichert bekommen haben. Kommissarin Bjerregaard hat zugesagt, daß bereits in der Junisitzung der Umweltminister zu diesem Thema ein Richtlinienentwurf auf dem Tisch liegen soll.

Ich darf weiters darauf verweisen, daß wir erfolgreich Initiativen gesetzt haben, um auch die Kennzeichnung von Futtermitteln voranzutreiben, und zwar sowohl was Überlegungen in Richtung einer Novel-Feed-Verordnung als auch die Möglichkeit, innerhalb der Freisetzungsrichtlinie 90/220 eine derartige Kennzeichnung zu verankern, anlangt.

Ich darf darauf verweisen, daß wir es waren, die auf EU-Ratsebene die Widersprüchlichkeiten des Genmais-Zulassungsverfahrens insofern angesprochen haben, als gerade Frankreich als Antragsteller eine generelle Freisetzungsgenehmigung haben wollte, nun aber ein Anbauverbot für diesen Genmais erlassen hat, ein Widerspruch, der einen Großteil meiner Kollegen auf Umweltministerebene in Europa zum Nachdenken gebracht hat.

Ich darf abschließend zu diesen Aktivitäten Österreichs auf EU-Ebene festhalten, daß auch wir es sind, und zwar in dem Fall Frau Ministerin Prammer und meine Wenigkeit, die über unsere Botschafter jetzt initiativ werden, um neben Italien und Luxemburg möglichst viele andere Länder, wenn es um die neuerliche Zulassung oder Nichtzulassung von Genmais geht, sozusagen an Bord zu bringen und eine Sperrminorität von 26 Stimmen im Artikel-21-Ausschuß zu erwirken, um so das Thema "Zulassung von Genmais" noch einmal auf die politische Ebene, und zwar auf die Ratsebene, zu bekommen. Ich bedanke mich bei Frau Bundesministerin Prammer für diese Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Langthaler! Zu Ihrer allgemeinen Frage nach der Position der Bundesregierung: Ich meine, daß die Position der Bundesregierung eine klare ist und daß auch die Handlungen und Aktivitäten, die wir gesetzt haben, klar waren. Die Initiativen sind nachvollziehbar. Was mich besonders freut, ist, daß diese Initiativen auch im Hinblick auf unsere Größe und Position in Europa gerade in den letzten Monaten doch von überdurchschnittlichem Erfolg gekrönt waren.

Frau Abgeordnete Langthaler! In Vertretung des Herrn Landwirtschaftsministers Molterer komme ich konkret zu Ihren Fragen und damit zu den notwendigen Antworten.

Zu Ihrer Frage 1:

Die österreichische Bundesregierung hat eine gemeinsame Position zur Gentechnik vorgelegt – ich habe bereits darauf verwiesen –, die auch die Haltung gegenüber dem Einsatz der Gen


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technik in der Landwirtschaft klar zum Ausdruck bringt. Grundsätzlich halte ich fest, daß die Gentechnik eine neue Zukunftstechnologie ist, die bereits jetzt in vielen Forschungs- und Anwendungsbereichen zum Wohle der Menschen eingesetzt wird. Dies kann auch für die Landwirtschaft gelten. Ein undifferenziertes Nein, wie es von Ihrer Seite kommt, zur Gentechnik in der Landwirtschaft ist daher aus Sicht des Landwirtschaftsministers keine gangbare Strategie.

So bietet die Gentechnik durchaus Perspektiven, wie etwa in der Veterinärmedizin oder bei der Resistenz gegen Krankheiten. Es bedarf im Einzelfall einer Abwägung der Vor- und Nachteile. Da muß von Fall zu Fall entschieden werden, ob die Anwendung einer gentechnischen Veränderung positiv oder negativ zu beurteilen ist. In diesem Sinne wird durch die weltweit zunehmende Verbreitung der Gentechnik auch in der Landwirtschaft und die zweifellos durch die Gentechnik eröffneten neuen Möglichkeiten für die Landwirtschaft eine vorurteilsfreie Abwägung und Prüfung von Projekten im Einzelfall vor einer etwaigen Befürwortung beziehungsweise Ablehnung notwendig sein.

Bei der Beantwortung dieser Fragen verweist der Landwirtschaftsminister auch auf die Wettbewerbsposition der heimischen Bauernschaft. Zur ablehnenden Haltung eines Teiles der österreichischen Landwirte gegenüber der Gentechnik ist zu sagen, daß es ein Bestreben sein muß, denjenigen Produzenten – etwa den Biobauern –, die ohne den Einsatz der Gentechnik in der Produktion auskommen wollen, diese Möglichkeit zu geben. Voraussetzung dafür ist eine strikte Kennzeichnung sowohl im Food- als auch im Feed-, also sowohl im Nahrungsmittel- als auch im Futtermittelbereich. Dies muß jedoch auf europäischer Ebene erfolgen, um gleiche Maßstäbe und eine umfassende Deklaration zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! In diesem Sinne hat sich auch die Bundesregierung für die Nutzung der Chancen einer freiwilligen, nachprüfbaren und zuverlässigen Positivkennzeichnung ausgesprochen.

Nun zur Frage 2:

Zur Herbizidresistenztechnik ist zu sagen, daß auch da die Abwägung der konkreten Umstände maßgebend ist. Geht eine Herbizidresistenz von Pflanzen mit der Möglichkeit einher, im gesamten Produktionsprozeß eine Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes – und in Österreich ging der Pflanzenschutzmitteleinsatz während der letzten Jahre zurück, und dies wird auch in den nächsten Jahren der Fall sein – beziehungsweise den Einsatz umweltfreundlicherer und grundwasserschonenderer Mittel zu erreichen, muß der ganzheitliche Effekt dieser Resistenz in Betracht gezogen werden. Auf keinen Fall darf es jedoch zu einem gesteigerten Herbizideinsatz kommen. Es muß abgewogen werden, ob die möglichen Nachteile wie Auskreuzungsgefahr, Schäden bei fehlerhafter Anwendung, Nichtbekämpfbarkeit in Nachfolgekulturen höher einzuschätzen sind als etwaige Vorteile, wie zum Beispiel die Verbreitung des Wirkungsspektrums, die Vereinfachung der Unkrautbekämpfung oder auch die Reduktion des Wirkstoffaufwandes und damit des Aufwandes an Pflanzenschutzmitteln. (Abg. Ing. Reichhold: Herr Bundesminister! Das steht fast wortgleich im Prospekt der Firma Pioneer!) Ich beantworte jetzt eine Anfrage der Abgeordneten Langthaler und nicht notwendigerweise Ihre Zwischenrufe, Herr Abgeordneter Reichhold! (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Fragen 3 und 4:

Aus der zuvor beantworteten Frage geht hervor, daß es unbedingt notwendig ist, eine genaue Erforschung unter strengen Sicherheitsauflagen aller Auswirkungen bestimmter Resistenzen durchzuführen. Aus diesem Grund kann eine Durchführung von Forschungsvorhaben, die auch den Einsatz herbizidresistenter Pflanzen mit ihren Umweltauswirkungen zum Inhalt haben, ein wichtiger Beitrag sein, um notwendige Informationen für die Abwägung für- und widersprechender Argumente zu gewinnen. Eine solche Überprüfung der gesamten Auswirkungen kann nicht allein auf theoretische Beurteilungen beschränkt sein. Wenn zu dieser Evaluierung praktische Auspflanzversuche notwendig sind, kommt das österreichische Gentechnikgesetz zur Anwendung. Dies regelt auch die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für solche Freisetzungsversuche.


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Nun zu den Fragen 5 bis 17:

Dazu, Frau Abgeordnete Langthaler, möchte ich grundsätzlich feststellen, daß ich nicht der Auffassung bin, daß es sich dabei um Fragen der Vollziehung handelt. Ich möchte aber trotzdem festhalten, daß zu einem sensiblen Thema wie dem Einsatz der Gentechnik sowohl Befürworter als auch Gegner laufend das Gespräch mit Regierungsmitgliedern und politischen Funktionsträgern, vielleicht auch mit Ihnen, suchen. Es ist auch die Pflicht eines jeden Entscheidungsträgers, sich möglichst umfassend zu informieren und sich mit den Pro- und Contra-Argumenten einer derart diskutierten neuen Technologie auseinanderzusetzen.

Aus diesem Grund haben wiederholt Vorsprachen von involvierten Gruppen, seien es Vertreter der Pflanzenschutzmittelindustrie, der Landwirtschaft, seien es Vertreter der Lebensmittelindustrie, des Lebensmittelhandels oder auch von Umweltorganisationen, bei den angesprochenen Ministerien stattgefunden.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Langthaler! Ich darf Ihnen mitteilen, daß Vertreter der Firma AgrEvo in der Tat am 11. Februar 1997 bei mir vorgesprochen haben, um mich über ihre Positionen zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu informieren. Ich kann Ihnen aber darüber hinaus versichern, daß ich dabei keine über die Medienberichterstattung hinausgehende Informationen erhalten habe, und weise Ihre Vorhalte, daß Verträge abgeschlossen worden wären oder daß es eine Zustimmung meinerseits zu Freisetzungsprojekten gegeben habe, auf das entschiedenste zurück.

Ich möchte Sie darüber hinaus informieren, daß ich meinerseits im Rahmen solcher Besprechungen stets auf die nötige Einhaltung aller Vorschriften, auf die besonderen Problemzonen – insbesondere bei Genmais –, auf die Erfordernisse der Kennzeichnung, auf die Bedeutung eines gentechnikfreien biologischen Landbaues, auf die Möglichkeiten der Positivkennzeichnung, aber auch und insbesondere auf die große Skepsis vieler Bürger in Österreich und in der Europäischen Union hingewiesen habe. Über konkrete Freisetzungspläne, wie Sie von Ihrer Seite aus angesprochen wurden, bin ich jedenfalls nicht informiert worden.

Frau Abgeordnete Langthaler! Soviel zu den von Ihnen gestellten Fragen und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, aus Anlaß dieser Dringlichen Anfrage zur insgesamt sehr klaren und nachvollziehbaren Position der österreichischen Bundesregierung zum Thema Gentechnik. Das ist die Position, die von der Bundesregierung vor etwas mehr als einer Woche publiziert wurde. Frau Abgeordnete Langthaler hat das offensichtlich nicht registriert, was ein weiterer Grund dafür ist, dieses Thema heute hier im Hohen Haus zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich erinnere daran, daß die maximale Redezeit pro Redner 10 Minuten beträgt, und zwar im Rahmen einer Gesamtredezeit von 25 Minuten pro Klub.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

15.32

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! – Herr Bundesminister! Sie haben in Vertretung des Landwirtschaftsministers auf die veröffentlichte Stellungnahme der Bundesregierung aufmerksam gemacht. Sie haben in einer ziemlich harmlosen – ich würde sagen: verharmlosenden – Art und Weise von Gesprächen, die Sie mal mit diesen, mal mit jenen führten, berichtet. (Abg. Dkfm. Mühlbachler: Er hat eindeutig berichtet!) Der Herr Bundesminister hat gesagt – was auch zutreffend ist –, daß er am 11. Feber mit Vertretern der Firma AgrEvo gesprochen hat. Nur: Das, was meine Kollegin Monika Langthaler gesagt hat, geht sehr weit über das hinaus, was der Herr Bundesminister hier erwähnt hat; man läßt sich eben informieren und tauscht Argumente aus.

Das passierte knapp vor einem Gentechnik-Volksbegehren, dessen Erfolg nicht unwesentlich davon abhängen wird, wie stark und wie breit in der Öffentlichkeit diskutiert wird, wie gut die


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Bevölkerung darüber informiert ist, was sich tatsächlich zurzeit in Österreich ereignet, und welche Haltung – vielleicht auch in unterschiedlicher Art und Weise – von den Koalitionsparteien dazu eingenommen wird.

Es handelte sich nicht um irgendein Gespräch, sondern die Vertreter der Firma AgrEvo haben ganz gezielt mit der ÖVP-Regierungsriege das Gespräch gesucht. Es fand eine knapp hintereinander veranstaltete Abfolge von Gesprächen mit Minister Farnleitner, Minister Molterer und eben mit dem Umweltminister statt. Dabei ist es sehr konkret um Freisetzungen gegangen. (Abg. Ellmauer: Woher wissen Sie das?) Unter anderem teilt der Sprecher der Firma AgrEvo in der morgigen Ausgabe des Magazins "NEWS" mit, man habe mit Regierungsvertretern geredet. Er spricht vom "politischen Klima" in Österreich und – wie gesagt – nach Gesprächen mit drei ÖVP-Regierungsmitgliedern in diesem Zusammenhang auch davon, daß da eine – im Vergleich zu anderen europäischen Ländern – tolerante Einstellung herrsche.

Meine Damen und Herren vor allem von der sozialdemokratischen Regierungsfraktion! Ich weiß nicht, was das für Sie bedeutet, aber mit der zuständigen Bundesministerin haben die Herren von der Firma AgrEvo nicht das Gespräch gesucht. Ich glaube auch nicht, daß sonst mit irgendeinem SPÖ-Regierungsmitglied das Gespräch gesucht wurde.

Herr Bundesminister! Sie sagen hier und heute, die umfassende Information der Konsumentinnen und Konsumenten sei anzustreben. Aber, bitte, wann und worüber? Wollen Sie erst dann informieren, wenn die Ernte dieser Rapssaat eingebracht wird? Wollen Sie über vollendete Tatsachen informieren, oder wollen Sie, daß jetzt, im Vorfeld des Volksbegehrens, ein breiter und demokratischer Diskussionsprozeß abläuft?

Es ist sehr löblich, wenn sich jetzt diverse Regierungsvertreter negativ zum Thema "Klonen" äußern, aber was eigentlich im Moment hier und heute vor der Tür steht, das sind Freisetzungen auf sechs Feldern in Österreich, ohne daß die Bevölkerung hievon informiert wird, ohne daß in den Gemeinden eine Debatte geführt wird. Die ÖVP-Minister sind jedoch sehr wohl informiert, was da bevorsteht.

Das positive Klima bei diesen Gesprächen wird von Herrn Waitz, Sprecher der Firma AgrEvo, ausdrücklich erwähnt. Ich frage: Wo und bei wem gibt es dieses positive Klima? – Offenbar beim österreichischen Umweltminister, beim österreichischen Landwirtschaftsminister und beim österreichischen Wirtschaftsminister; aber offenbar nicht in Übereinstimmung mit dem Koalitionspartner.

Ich weiß nicht, wie lange es sich die Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion gefallen lassen, daß hier eine Politik vollendeter Tatsachen geschaffen wird. Soja wurde den Konsumentinnen und Konsumenten bereits untergejubelt. Nun sagt man: Wir wollen von Fall zu Fall das Risiko und den Nutzen abwägen. Wann wollen wir denn abwägen? – Wenn das Zeug auf den Feldern ist? Ich will das jetzt, wenige Monate vor der Freisetzung! Wann ist es denn Zeit für diese Risikodebatte? Herr Bundesminister! Wie sieht es denn bei besagtem Raps ganz konkret aus? Wie sieht denn die Herbizidbilanz aus? Ist die Anzüchtung von Herbizidresistenzen nicht an sich etwas höchst Problematisches?

Von Vertretern der Landwirtschaft, wie Bauernbunddirektor Franz Ledermüller, kann ich Aussagen lesen wie, daß die "Gentechnik für Europas Landwirtschaft zwar nicht nötig sei", dennoch "sei sie unausweichlich". Ist es nur mehr der Sachzwang, der zählt? Wer arbeitet denn vor allem mit daran, daß diese Sachzwänge entstehen? Sind es nicht diejenigen, die im Vorfeld Gespräche in diesem positiven Klima führen, aber nicht informieren, die sagen: Macht es nur so! Jetzt reden wir lieber nicht laut darüber, weil das könnte vielleicht noch ein paar zehntausend Leute dazu bringen, dieses Volksbegehren zu unterschreiben. Und nachher sagen sie: Bringt diese Saatgut nur aus! Eine Genehmigung braucht ihr nicht, das ist ja nur ein "Inverkehrbringen" – unter Anführungszeichen –, und die Öffentlichkeit wird das schlucken müssen.

Der Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Astl sagt: Wir können ohne die neuen Maiszüchtungen, ohne die neuen Sojabohnen wunderbar auskommen. Was sind denn das für Sachzwänge? Wieso stolpern wir andauernd in eine derartige Sachzwanglogik hinein? Da gibt


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es einige Leute und ein paar auf der Regierungsbank, die heftig daran mitarbeiten, daß diese Sachzwänge entstehen. Irgendwann stehen wir dann vor der Frage: Was sollen wir denn jetzt machen? Jetzt ist es wieder einmal zu spät. – Diese Frage muß jetzt diskutiert werden!

Das Ganze geht aber noch weiter. Aus welchen Händen wird das Saatgut denn kommen? Von den großen Gentechnik-Konzernen, die gleich im Doppelpack das Spritzmittel mitliefern? – Das ist das wahrscheinlichste.

In einem anderen Bereich, mit Duldung des Herrn Landwirtschaftsministers, passiert noch etwas ganz anderes. Es handelt sich hiebei um das sogenannte "Bauernprivileg" beim Saatgut. Bauern dürfen alte Saatgutsorten mit der größten Selbstverständlichkeit für den Eigenbedarf, aber auch für die gegenseitige bäuerliche Hilfe herstellen. Das wird nun gestrichen! Das heißt, die Bauern dürfen nicht einmal mehr ihre alten und bewährten Saatgutsorten dem Nachbarn – entsprechend bewährten Praktiken – anbieten. Nein! Das würde ja die milliardenschweren Geschäfte von AgrEvo und Co durchkreuzen. Das wird nun nicht mehr erlaubt sein!

Der Herr Landwirtschaftsminister hat das im Ministerrat bereits abgesegnet. Dieser Umstand erhellt sehr deutlich die Situation, vor der wir stehen. Es gibt zwei Wege: Entweder den Weg der flächendeckenden Ökologisierung – in meinen Augen das einzige Erfolgsrezept für die österreichische Landwirtschaft. Flächendeckend ökologisieren paßt nicht zur Gentechnik. Flächendeckend ökologisieren, fair kennzeichnen und das als Vermarktungsargument in ganz Europa verwenden – das ist der Weg, den die Ökologinnen und Ökologen vorschlagen.

Der andere Weg heißt, sich in den immer intensiveren Wettbewerb der Agrarfabriken und Gentechnikkonzerne mit hineinzubegeben. Das ist ein Wettbewerb, den die österreichischen Bäuerinnen und Bauern nicht gewinnen können. Da werden sie hoffnungslos auf der Strecke bleiben. Diesen Intensivwettbewerb kann die österreichische Landwirtschaft nicht gewinnen. Daher kommt von seiten der Grünen der harte Vorwurf, daß Sie, die ÖVP-Ministerriege, hier die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten genauso verraten wie die der österreichischen Landwirtschaft, wenn Sie, ohne ein Wort der Öffentlichkeit gegenüber, ganz konkrete Freisetzungsverhandlungen in einem – wie der Sprecher von AgrEvo sagt – "positiven politischen Klima" abführen. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist subjektiv!)

Ich denke, diese Geheimhaltungspolitik wird Ihnen nicht gelingen. Die Frage, warum Sie den Koalitionspartner ebenso wenig wie die breite Öffentlichkeit informieren, wird auch ab dem 7. April zur Entscheidung stehen, und ich gehe davon aus, daß diese Geheimhaltungspolitik à la Molterer und Bartenstein auch von der Bevölkerung sehr wohl in die Entscheidung mit einbezogen wird. (Beifall bei den Grünen.)

15.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

15.42

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich denke, daß Agrarpolitik insgesamt nicht über das Gentechnikgesetz zu regeln ist. Dazu kann ich heute auch sehr viel zitieren, weil ich einige sehr interessante Fakten bei Vorbereitung dieser Rede gefunden habe.

Es ist unbestritten, daß die Landwirtschaft ein sehr umstrittenes Einsatzgebiet der Gentechnik ist. Dabei sind diesbezüglich sinnvollerweise zwei Bereiche grundsätzlich zu unterscheiden. Das ist zum einen die Lebensmittelproduktion und zum anderen die Produktion von Rohstoffen und Energiepflanzen. Wir haben es heute bereits gehört: Die Ziele der Gentechnik in der Landwirtschaft sind in erster Linie die Sicherung von Erträgen, die Steigerung von Erträgen und die qualitative Anpassung an die Nachfrage. Dem steht aber ganz entschieden und kontroversiell gegenüber, daß die österreichischen Bauern im Inland wie auch im europäischen Wettbewerb große Erfolge mit Bioprodukten haben. Landwirte, die sich dem biologischen Landbau verschrieben haben, müssen in Zukunft die besten Möglichkeiten haben, ihre Bioprodukte anzubieten. Gentechnik hat, wie ich meine, im biologischen Landbau nichts verloren.


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Die Dringliche Anfrage der Grünen hat sich sehr stark mit Freisetzung – darum geht es ja generell – und auch mit Herbizidresistenzen auseinandergesetzt. Bei der Herbizidresistenz handelt es sich meist um Versuche, bestimmte Kulturpflanzen gegen ein Totalherbizid unempfindlich zu machen. Diese Totalherbizide töten alle oder fast alle grünen Pflanzen ab, mit Ausnahme jener, die gentechnisch dagegen resistent gemacht wurden. Natürlich – das wurde schon von Kollegin Petrovic gesagt – versprechen sich Chemie- und Saatgut-Multis von dieser Technik beträchtliche Gewinne, weil sie die Herbizide und das Saatgut gleich gemeinsam verkaufen können. Was das in bezug auf Abhängigkeit, gerade der ärmeren Bevölkerung und auch der kleineren Landwirte, bedeutet, ist auch schon angesprochen worden.

Ich habe, was die Herbizidresistenztechnik anbelangt, Zitate in "Nature" und "Science" gefunden, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: Ob sich für die Umwelt die Herbizidresistenztechnik unterm Strich als Nutzen oder Schaden herausstellen wird, ist äußerst fraglich. In Dänemark wurde heuer erstmals nachgewiesen, daß Resistenzgene vom Raps binnen kürzester Zeit auch auf verwandte Unkräuter übergingen. Die erwünschte Wirkung wäre damit verloren. Da verschiedenste Kulturpflanzen mit Resistenzgenen gegen dieselben Totalherbizide ausgestattet werden, könnte sich vor allem bei Fruchtfolgewirtschaft außerdem das Problem ergeben, daß die Kulturen des einen Jahres in der nächsten Wachstumsperiode als Unkräuter aufgehen. Dann müßten zusätzliche Herbizide aufgebracht werden.

Für den Konsumenten ergeben sich aus der Herbizidresistenztechnik primär keine Vorteile. Für die Konsumenten ist auch nicht nachvollziehbar, ob ein neues Herbizid eventuell irgendwelche Vorteile gegenüber einem früher verwendeten aufweist. Was die Rückstandsproblematik betrifft, sind keine entscheidenden Verbesserungen zu erwarten.

Meine Damen und Herren! Was ich hier zitiert habe, wäre nicht bekannt, wenn es keine Forschung gäbe. Mit Forschungsverhinderung habe ich also ein Problem. Es wird Freisetzungen zu Forschungszwecken geben müssen. Für Freisetzungen zur Gewinnmaximierung bin ich allerdings nicht zu haben. (Abg. Ing. Reichhold: Wie wollen Sie das verhindern?)

In der Einleitung zur Dringlichen Anfrage ist von Pflanzenfreisetzung die Rede. In den einzelnen Fragen geht es aber generell um die Einsetzung der Gentechnik in der Landwirtschaft.

Die grüne Fraktion spricht von einer EU-Genehmigung im April. Im April wird es auch das Gentechnik-Volksbegehren geben. Die wichtigsten Forderungen sind: Kein Essen aus dem Genlabor in Österreich, keine Freisetzung genmanipulierter Organismen in Österreich. Die Auswirkungen dieser Freisetzungen – ich denke dabei an Pollenflug und so weiter – machen aber ebenso wenig wie atomare Strahlen vor Grenzen halt. Die dritte Forderung, kein Patent auf Leben, wird heute ... (Abg. Mag. Schweitzer: Was heißt das jetzt? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ja warten Sie halt einmal, zum Kuckuck! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie schreien da immer in der Gegend herum! Sie leben nur vom Hineinquatschen, und wenn Sie hier heraußen stehen, rührt sich absolut nichts! (Abg. Ing. Reichhold: Wir sind hier im Parlament und nicht bei einer SPÖ-Sektionssitzung!)

Jetzt passen Sie einmal gut auf! Das vergessen Sie von den Freiheitlichen am allermeisten, wo Sie sind! Denn meistens führen Sie sich auf wie im Kindergarten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Bravo! Laß dir nichts gefallen, Annemarie!) Aber wir stellen Ihnen keine Kinderbetreuungseinrichtung zur Verfügung! Ihrer Fraktion nicht! Nur daß Sie das auch genau wissen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich denke aber, daß vor dem Gentechnik-Volksbegehren keiner der ressortverantwortlichen Bundesminister vor einer solch wichtigen Entscheidung irgendeine Genehmigung für einen beantragten Freisetzungsversuch geben wird. (Abg. Ing. Reichhold: Sie leiern eine Rede runter! Sie müssen ein bißchen mit Herz dahinterstehen!) Was regen Sie sich denn so auf? (Abg. Ing. Reichhold: Sie regen sich auf!) Nein, ich rege mich absolut nicht auf. Daß ich mich über Sie aufregen könnte, das gibt es gar nicht! Dazu sind Sie mir zuwenig wichtig! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Ich habe gesagt, daß ich kaum glaube, daß eine Genehmigung für eine Freisetzung kommen wird, bevor nicht diese Entscheidung über das Gentechnik-Volksbegehren gefallen ist. Unsere Zielsetzungen müssen sein: Sicherheit, Verbraucherschutz, Verträglichkeit – und zwar Umwelt- und soziale Verträglichkeit –, Information, Transparenz, auch was Kennzeichnung betrifft. Es ist schon sehr viel von der Kennzeichnung gesprochen worden. Wichtig ist uns aber auch der Tier- und Artenschutz.

Wir müssen über diese Problematik wirklich einen weitreichenden Dialog führen. Ich denke, daß das heute hier eine Fleißaufgabe war. Denn vor dem Gentechnik-Volksbegehren kann nur Information stattfinden. Entscheidungen kann man nicht vorwegnehmen. Das wäre eine Mißachtung der Initiatoren dieses Volksbegehrens. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

15.49

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur vorausschicken, Frau Petrovic, die Damen und Herren waren auch bei der zuständigen Gesundheitsministerin. Es ist unrichtig, daß sie nicht auch bei SPÖ-Ministern waren. Das ist sehr wichtig, weil das hier ganz besonders betont wurde. (Abg. Dr. Lukesch: Das war eine wichtige Feststellung!)

Ich gebe Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Buchleitner völlig recht, wenn er in einem Zeitungsinterview der "SN" sagt, daß die Gentechnik in der breiten Bevölkerung ein "Bauchthema" ist, also ein von Emotionen beherrschtes Thema. 80 Prozent der Menschen wissen laut Umfragen über die Chancen und Risiken der Gentechnik viel zuwenig Bescheid. Es ist daher erklärbar, daß sie diese auch im Lebensmittelbereich ablehnen. Wir sollten wesentlich mehr seriöse Information bieten und nicht Angstmacherei betreiben, wie es von den Grünen dauernd gemacht wird. Wir sollten wissen, daß es ein gentechnologiefreies Österreich nicht gibt. Darüber müssen wir uns einmal klar sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun einige Bemerkungen zum Gentechnikvolksbegehren. Statt eines Verbots gentechnologischer Lebensmittel wären Information und eine Wahlmöglichkeit der Konsumenten, die durch eine angemessene Kennzeichnung sichergestellt wird, zu fordern. Wir wissen, daß es in Bayern schon jetzt Dutzende, Aberdutzende Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen gibt. Es muß sich nur um streng kontrollierte Forschungsergebnisse und -projekte handeln, dann ist nichts dagegen einzuwenden. Im Gegenteil, dabei wird die Risiko- und Sicherheitsforschung eigentlich erst richtig angeregt und vorangetrieben.

Zweitens: Das Volksbegehren bedeutet – und darauf möchte ich schon hinweisen – de facto doch eine starke Behinderung der gentechnischen Forschung auch im Bereich der Medizin und in der Folge auch die Verhinderung wirksamer Therapien von heute nur symptomatisch oder gar nicht heilbaren Krankheiten. Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen – ich weise hier auf Medikamente hin – wäre ja gar nicht denkbar. Denken Sie, wie der Herr Minister schon erwähnt hat, an das gentechnologisch hergestellte Insulin oder an das Erythropoetin, das so vielen nierenkranken Menschen hilft, ohne Blutkonserven weiterleben zu können.

Ich denke hier auch in bestimmten Bereichen an transgene Tiere und erwähne diesbezüglich die Onko-Maus. Wir wissen, daß es Krankheiten von Menschen gibt, die bei Tieren nicht vorkommen, und wir können diese gentechnologisch auch im Tier erzeugen. Damit können wir Medikamente entsprechend testen. Andererseits können wir Substanzen herstellen. Ich erinnere an das transgene Schaf, das den Faktor 8 produziert. Der Faktor 8 ist ein Gerinnungsfaktor, der dem Menschen verabreicht werden kann. Dieser wurde früher aus dem Plasma hergestellt, und wir wissen, daß damit Aids in den ersten Phasen den gerinnungsgestörten Patienten übertragen wurde. Das sind doch alles Dinge, die wir bei unseren Forderungen mit überlegen müssen.

Diese Probleme müssen natürlich kritisch beobachtet werden, und dabei muß das Gentechnologiegesetz weiterentwickelt werden. Hinterfragungen dieser Problemkreise können wohl nicht direkt vom Hohen Haus getätigt werden; ich glaube, daß da die Fachleute gefordert sind.


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Was ist eigentlich dagegen zu tun? – Ich glaube, es sind bereits viele, viele Maßnahmen vorhanden, die umgesetzt werden können. Erstens die Umsetzung der EU-Richtlinien 90/219: Umgang mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen im geschlossenen System. Das betrifft die präzise Klassifizierung der einzelnen Arbeiten je nach deren Risiko, eine Vereinfachung der verwaltungsbehördlichen Verfahren je nach Risikoklassen der Arbeiten, präzise Vorschriften für die Risikobewertung, Sicherheitsmaßnahmen in den einzelnen Risikoklassen. Auf diese Weise werden bürokratische Hürden abgebaut und zugleich das Sicherheitsniveau erhöht. Österreich sollte schleunigst diese Richtlinien einführen.

Außerdem haben wir die Lugano-Konvention unterschrieben. Ich glaube, es wäre angezeigt, daß wir auch eine Haftungsregelung in das Gentechnologiegesetz mit einbauen. (Beifall bei der ÖVP.) Da ist die Bundesregierung aufgerufen, eine Vorlage vorzubereiten. Dabei sollten die haftungsrechtlichen Vorschriften des deutschen Gentechnologiegesetzes berücksichtigt werden.

Ich plädiere auch für einen nationalen Bioethikrat. Meine Damen und Herren! Das hat bereits Landeshauptmann Schausberger aus Salzburg vorgeschlagen. Die gesamte der modernen Forschung zugewandte Problematik, insbesondere medizinische Entwicklungsbereiche, sollte dort behandelt werden. Der Bioethikrat soll maßgeblich in die Fortentwicklung der allgemeingesellschaftlichen Ethik, besonders im Medizinrecht, integriert sein und diesbezüglich voraus- und mitwirken. Er soll als nationale Prüf- und Förderinstanz für neue, auch gentechnologische Fortschritte tätig werden.

Die skandinavischen Länder haben bereits einen solchen Bioethikrat eingerichtet. In Dänemark besteht er seit 1987. Dort hat dieser Bioethikrat auch die Macht, Initiativanträge im Parlament einzubringen, er hat die Beratung der Ethikkommissionen vorzunehmen und dem Parlament einen Überblick über den jeweiligen Forschungsstand zu geben sowie ihm die ethische Bewertung der vermutlichen zukünftigen Forschungsergebnisse zuzuführen. Ich glaube, das wäre auch ein für Österreich geeignetes Instrumentarium, das mit Fachkräften, Wissenschaftlern, Ethikern und Parlamentariern bestückt werden sollte. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde vor kurzem auch von einer Seite eine neuerliche Gentechnologieenquete gefordert, um all diese neuen Problemkreise zu diskutieren. Ich würde mich sehr dafür einsetzen, daß man noch einmal solch eine Enquete veranstaltet. Die Problemkreise, die sich aus der Fortentwicklung der Gentechnologie ergeben, sind zu hochqualifiziert und, wie ich glaube, auch zu sensibel und zu weittragend für die Auswirkungen des Wirtschaftsstandorts Österreich, für die Wissenschaft und auch für die Forschung, als daß sie nur so emotional abgetan werden können. Ich glaube, das muß auf eine wissenschaftliche und objektive Ebene gehoben werden, die das Parlament dann auch entsprechend informiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. Die Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt.

15.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Abgeordneter Leiner hat in seinen Ausführungen dargelegt, daß die Vertreter der Firma AgrEvo auch bei der für Gentechnik zuständigen Ministerin vorgesprochen haben. Das ist unrichtig. Es war im Rahmen meiner Ausführungen von einer ganz konkreten Informationstour in Sachen Freisetzung von gentechnisch verändertem Raps auf sechs österreichischen Feldern die Rede. Davon wurden drei ÖVP-Minister informiert, nicht jedoch die zuständige Bundesministerin Prammer. Es fand vor geraumer Zeit ein Gespräch bei der damals, aber heute nicht mehr zuständigen Bundesministerin Krammer statt, bei dem es jedoch nicht um dieses konkrete Freisetzungsvorhaben auf sechs österreichischen Feldern ging. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Wobei aber die Gesundheitsministerin zuständig ist für die Freisetzung!)


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15.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Mag. Schweitzer vor. – Bitte.

15.59

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Reitsamer hat in ihrer Wortmeldung gemeint, Samenflug mache vor nationalen Grenzen nicht halt, ähnlich wie das bei Atomstrahlen der Fall ist. Sie hat aber dann vergessen, zu sagen, was sie damit zum Ausdruck bringen will. Heißt das, daß die SPÖ in dieser Frage resigniert und sagt, da könne man halt nichts machen, es sei halt so, daß wir uns dem Schicksal fügen müssen, die Folgen der Gentechnik seien zwar nicht abschätzbar, aber da sie vor den nationalen Grenzen nicht haltmachen, sei es, wie es sei?

Wenn sie das gemeint hat, dann ist das eine äußerst enttäuschende Haltung dieser Regierungspartei. Das heißt, Sie sind also mit allem einverstanden, so wie auch Kollege Leiner der Ansicht ist, wir sollen alles dürfen, was wir können. (Abg. Dr. Leiner: So ein Unsinn! So dumm können nur Sie sein! Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Ich bin anderer Ansicht. Ich glaube nicht, daß wir alles dürfen sollen, was wir können, Herr Kollege Leiner. Sollen wir alles tun, was kurzfristig nützlich ist (Abg. Schwarzenberger: Lesen Sie seine Rede nach, dann kommen Sie drauf, daß das nicht stimmt!) , auch dann, wenn eine Bedrohung damit einhergeht, die man noch nicht ganz klar definieren kann? Sollen wir alles tun, was kurzfristig hilft? Wenn Sie dieser Meinung sind, Herr Kollege Leiner, dann sagen Sie ja, dann sagen Sie auch dazu ja, denn das wollten Sie doch mit Ihrer Rede zum Ausdruck bringen.

Unbestritten, Herr Kollege Mühlbachler, da gebe ich Ihnen recht, spricht einiges für die Gentechnik, etwa im Bereich der medizinischen Forschung. Kollegin Langthaler hat das in ihrer Rede auch zum Ausdruck gebracht. Aber unbestritten ist auch, daß es in dem konkret diskutierten Fall vor allem um die Gewinne geht, die sich damit machen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sind die Argumente, die in diesem Fall für die Anwendung der Gentechnik sprechen.

Herr Kollege Mühlbachler, ich weiß nicht, ob Sie das wissen: Innerhalb der EU-Staaten liegen 732 Anträge auf Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen auf. Ich glaube, diese 732 Anträge sprechen eine klare Sprache. Frankreich allein hat 228 Anträge gestellt und wird gefolgt von Italien. Auch Österreich holt zusehends auf, wenn man den Dingen Glauben schenken darf, die heute hier im Parlament gesagt wurden. Österreich holt vor allem deshalb auf, weil es offensichtlich eine tolerante Einstellung seitens der ÖVP gibt, wie heute bereits ausgeführt wurde. Die Konzerne wollen jetzt Länder finden, in denen sie die Rendite für ihre hohen Investitionen kassieren können, und wir sind offensichtlich bereit, diesen Konzernen die Möglichkeit zu geben, die Rendite für die Investitionen, die sie getätigt haben, abzukassieren. Es gibt immerhin einen Kuchen von ungefähr 500 Milliarden Schilling, der jetzt aufzuteilen ist. – 500 Milliarden Schilling! Da wird man schon einiges tun, um an dieses Geld heranzukommen.

Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft, pauschal die Europäische Union und offensichtlich mehr und mehr auch die österreichische Regierungspolitik setzen ohne Wenn und Aber auf die Gentechnik. (Ruf bei der ÖVP: Das ist die Unwahrheit!) Kommissar Bangemann in Brüssel läßt keine Zweifel daran aufkommen, wenn er sagt, der Gentechnik gehöre die Zukunft. Bangemann sagt weiters – ich zitiere –: Die EU wird dafür sorgen, daß die Gentechnik nicht aus Europa auswandert.

Offensichtlich wird auch die ÖVP mit ihren Ministern Bartenstein, Farnleitner und Molterer dafür sorgen, daß die Gentechnik im landwirtschaftlichen Bereich in Österreich in breitem Maße Einzug hält, weil diese Minister der Ansicht sind, die Gentechnik sei ein Heilsbringer. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Da wird uns etwas als Heilsbringer verkauft! Die Langzeitfolgen interessieren Sie relativ wenig. Weil diese noch nicht klar definiert werden können, geht man über die entsprechenden Argumente hinweg. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Unkritische Befürworter – das muß ich der ÖVP schon einmal sagen – haben nichts aus den Folgen von Tschernobyl gelernt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren von


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der ÖVP! Sie waren ja vehemente Befürworter dieser Technik und sind erst teilweise belehrt worden durch das Ereignis von Tschernobyl. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Offensichtlich lernen Sie nichts aus dem Ozonloch und offensichtlich lernen Sie nichts aus dem Treibhauseffekt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Das sind Bedrohungen, die wir uns selbst eingehandelt haben und die heute nicht mehr umkehrbar sind. Wir können heute diese Entwicklung – so sieht es zumindest aus – nicht mehr stoppen. Wir müssen mit der Bedrohung und mit den schon gezeitigten Folgen leben.

Das sind Beispiele für massive Eingriffe, die uns zwar kurzfristig Vorteile gebracht haben, aber heute müssen wir mit deren Langzeitfolgen leben, und diese sind nicht sonderlich angenehm. Aber Sie ziehen keine Lehre daraus! Das unverantwortliche Gewinnstreben ist im Begriff, uns weitere auf lange Sicht unlösbare Probleme aufzuhalsen. Ich glaube, das ist der falsche Weg, der mit Sicherheit in einer Sackgasse enden wird. Aber selbst um den Preis großer, irreparabler Schäden gehen Sie diesen Weg.

Herr Bundesminister! Ein Eingriff in die Evolution bedeutet unter Umständen, daß sich die Veränderungen über Generationen fortpflanzen werden. Komplexe Systeme werden verändert. Wie sich das im Endeffekt auswirken wird, wissen wir heute noch nicht. Die molekulare Uhr wird verstellt. Ich weiß nicht, ob man das wirklich so mir nichts, dir nichts machen soll. Wer kann heute sagen, was das wirklich bedeutet? Kann das bedeuten, daß etwa nur neue Unkräuter entstehen? Kann das bedeuten, daß neue Rekombinate von Viren entstehen? – Es gibt so viele ungeklärte Fragen, aber trotzdem wollen Sie diese Technologie problemlos übernehmen und ihr in Österreich entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Sicher ist, daß ein horizontaler Gentransfer ein enormes Risikokapital in sich birgt.

Herr Bundesminister! Ein Wort auch noch zur Patentierung von Genen. Ich würde gerne Ihre Haltung in diesem Zusammenhang erfahren. Ich bin erschüttert über die Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen. Diese Stellungnahme stammt von hochangesehenen österreichischen Wissenschaftern unter dem Vorsitz von Universitätsprofessor Dr. Günther Kreil. Die weiteren Mitglieder werden Sie wahrscheinlich kennen: Bachmaier, Bydlinski, Hron, Kucsko, Schlögl, Tuppy.

Diese Kommission stellt fest, angesichts der Natur der Gene als chemische Substanzen bestehe kein Grund, Gene bezüglich der Patentierbarkeit anders zu behandeln als andere chemische Substanzen. – Herr Bundesminister! Für diese Kommission gibt es offensichtlich keine ethischen und sozialen Motive, die zur Ausschließung der Patentierbarkeit führen. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Mich würde Ihre Position in dieser Frage sehr interessieren, Herr Bundesminister. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie noch heute dazu Stellung nähmen.

Die freiheitliche Position in dieser Frage ist klar: Die genetischen Grundlagen allen Lebens sind das gemeinsame natürliche Erbe der Menschheit; ein privater Eigentumsanspruch sollte in diesem Bereich nicht gegeben sein. Herr Bundesminister! Sie sind aufgefordert, auf internationaler Ebene, auf europäischer Ebene Initiativen zu ergreifen, um zu verhindern, daß es zur Patentierung solcher Organismen kommt. Sie sind aufgefordert, ein generelles Patentierungsverbot auf internationaler Ebene voranzutreiben. Sie könnten uns auf Ihre Seite bekommen, wenn Sie bereit wären, sich dafür einzusetzen.

Herr Bundesminister! Der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft trägt ja auch Ihr erklärtes Ziel, nämlich den "Feinkostladen Österreich", zu Grabe. Es wäre ja die Chance, wenn wir in Österreich gentechnikfrei produzieren und damit einen Markt erschließen würden, auf dem man wirklich bereit ist, dafür auch entsprechende Preise zu zahlen. Das ist eine Chance, die es zu nützen gilt, Herr Bundesminister! Ich kann mir nicht vorstellen, wie das gehen soll, wenn nicht mehr garantiert werden kann, daß gentechnikfrei produziert wird, wie dann unsere kleinen bäuerlichen Familienbetriebe in dieser internationalen, mörderischen Konkurrenzsituation überleben sollen. Es wird in erster Linie die ÖVP zu verantworten haben, wenn die letzten bäuer


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lichen Familienbetriebe – vor allem dann, wenn diese nicht mehr mit Förderungen aus der EU rechnen können – zugrunde gehen.

Herr Bundesminister! Ich würde es nicht verantworten, daß die österreichische Bevölkerung, daß jeder einzelne Konsument zum Versuchskaninchen der Gentechnologen wird. Ich würde das an Ihrer Stelle nicht verantworten! Deshalb werden wir von den Freiheitlichen dieses Volksbegehren auch vollinhaltlich unterstützen. Wir sind gegen die Produktion und den Verkauf gentechnisch veränderter Lebensmittel. Das muß verboten werden. Wir sind – wie auch die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung – gegen die Patentierung von Lebewesen, und wir sind für ein Freisetzungsverbot. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Leiner gemeldet. Ich bitte, die Geschäftsordnung genauestens zu beachten. (Rufe: Leiner!)

16.10

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich stelle tatsächlich fest, daß ich nicht gesagt habe, daß sich die Gentechnologie völlig frei entfalten kann, sondern daß ich die Emotionalisierung der Gentechnologie, der Gentechnik in Österreich, wie sie zurzeit von den Grünen und auch durch das Volksbegehren betrieben wird, ablehne. Es ist dies zu hochqualifiziert und auch zu schwierig zu erklären. Ich habe auf eine wissenschaftliche Objektivierung und auf eine der allgemein gesellschaftlichen Ethik gerechten Lösung hingewiesen. Ein Bioethikrat beziehungsweise eine neuerliche Enquete sollte das Parlament entsprechend beraten. Das Heil im Ewiggestrigen liegt eben bei der FPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

16.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das war die Wortmeldung des Kollegen Leiner.

Jetzt hat sich noch Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.11

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Herrn Kollegen Schweitzer tatsächlich berichtigen. Er hat in seinem Hang zur Skandalisierung festgestellt, daß bis Juni 1996 712 Anträge auf Freisetzung bei der EU eingebracht wurden, und er hat behauptet, daß es in Österreich ein ganz starkes Drängen auf Antragstellungen gäbe. – Dies ist unrichtig. Von österreichischer Seite sind bisher zwei Anträge eingebracht worden, das sind von den Gesamtanträgen nicht einmal 0,3 Prozent.

Herr Kollege Schweitzer! Sie wollten etwas skandalisieren, was sich tatsächlich anders ausnimmt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

16.12

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, daß jetzt bei der ÖVP die Ehrlichkeit durchgekommen ist und man einmal klargelegt hat, was wirklich die Dimension ist, nämlich daß es nicht nur darum geht, irgendwelchen Widerstand zu leisten, sondern nur noch darum, einen geordneten Rückzug zu machen, Herr Abgeordneter! Genau das ist es doch.

Es kommt noch etwas hinzu: Wenn der Herr Bundesminister hier in der Beantwortung sagt, daß die Gentechnologie in der Landwirtschaft ein gangbarer Weg ist, dann ist ihm zuzustimmen: Sie ist ein gangbarer Weg. Man sollte aber den österreichischen Bauern und Bäuerinnen, also gerade Ihrer Wählerklientel, auch sagen, welchen Preis sie dafür zahlen werden. Dieser Preis steht außer Diskussion: Gentechnologie bedeutet Agrarindustrie , und es bedeutet nicht das, was Herr Bundesminister Molterer gesagt hat und was auch von Ihrer Seite immer wieder den


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Damen und Herren des bäuerlichen Standes in Österreich gepredigt wird, nämlich daß die Bauern so wichtig sind, daß man sie erhalten muß, sondern es bedeutet in Wahrheit das Auslöschen der Bauern – des Berufsstandes der Bauern – in Österreich.

Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie diesen Weg weitergehen, aber es ist nicht sinnvoll, weil gerade wir in Österreich mit unserer Struktur, gerade im Bereich der Alpen, dafür sorgen müssen, daß die Bauern in Österreich auch ihr Auskommen haben können. Das, meine Damen und Herren, wird derzeit von der Bundesregierung aber nicht verfolgt. Es klafft das, was gesagt wird, und das, was getan wird, weit auseinander.

Es ist interessant, daß diese Debatte gerade bei einer Pflanze – nämlich dem Raps – ausbricht, bei der die Bedenken, die es gegeben hat, Realität geworden sind. Denn die im Enquetebericht über die Gentechnologie, der hier im Hause einstimmig – also auch mit den Stimmen der Regierungsparteien – beschlossen worden ist, beschriebenen wüstesten Vorstellungen und schlimmsten Szenarien sind eingetreten.

Ich war gemeinsam mit Frau Abgeordneter Motter in dieser Enquete-Kommission, auch im Redaktionskomitee, in dem es letztlich darum ging, den Bericht zu formulieren. Offenbar übersehen die Regierungsparteien, daß Rückkreuzungen aus der Pflanze, die verändert worden ist, auf verwandte Wildpflanzen tatsächlich geschehen sind.

Meine Damen und Herren! Zu dem Zeitpunkt, als der Bericht hier im Hause gemacht worden ist, sind all jene, die behauptet haben, daß das möglich ist, als diejenigen verschrieen gewesen, die nur technologiefeindlich sind. Aber wahr ist, daß genau das eingetreten ist. Und jetzt erfahren wir auch noch, daß es ohnehin schon so quasi PR-mäßige Vorbereitungen dafür gibt, daß es in Zukunft eine Freisetzung in wesentlich stärkerem Ausmaß geben soll, und zwar genau von Raps, genau von modifiziertem Raps, der herbizidresistent ist und bei dem Sie in keiner Art und Weise ausschließen können – nein, im Gegenteil, es gibt bereits Beweise dafür –, daß es Rückkreuzungen geben wird.

Ich sage Ihnen, wenn Rückkreuzungen in Dänemark stattfinden, dann finden sie auch in Österreich statt. Und daß man von Ihrer Seite, also jener Seite, die eigentlich die Bauern in Österreich vertreten will, nicht mehr Sensibilität an den Tag legt, ist in höchstem Maße bedenklich und wird von uns kritisiert, Herr Abgeordneter Mühlbachler! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Noch einmal: Es geht nicht nur darum, durch eine positive Kennzeichnung gentechnikfreier Lebensmittel den Biobauern eine Chance zu geben, sondern es geht auch darum, meine Damen und Herren, daß jene Bauern in Österreich, die keine Biobauern sein wollen, eine Chance zum Überleben haben. Das werden Sie in diesem Berufsstand mit der Einführung der Gentechnologie aber nicht erreichen.

Ich spreche nur das Beispiel Pflanzenschutzmittel an. Der Herr Bundesminister, der sich gerade darüber informieren läßt, was wirklich Sache ist, hat genau diesen Part angesprochen. Wir haben diesen Part auch im Vierten Umweltkontrollbericht, dort kann man das nachlesen.

Es wird immer gesagt: Schauen Sie sich doch den Pflanzenschutzmitteleinsatz an, dieser geht doch mengenmäßig zurück. – Alles atmet auf. Gehen Sie aber einmal in ein Geschäft und kaufen Sie ein Waschmittel, dann werden Sie sehen, daß Sie früher, also vor ein paar Jahren, noch fünf Kilo getragen haben, heute aber nur mehr ein Kilo. Warum? – Weil es einfach viel höher konzentriert ist; und das ist bei den zuvor erwähnten Stoffen dasselbe. Die Pflanzenschutzmittel werden nicht mehr gestreckt und teuer verkauft, sondern hoch konzentriert. Man sagt, das sei viel wirksamer. In Wahrheit ist es nur viel konzentrierter. Alle schauen auf die Statistik und sagen: Wunderbar, die Menge hat sich halbiert, aber niemand sagt, daß die Konzentration wesentlich gestiegen ist. Aber Sie können das im Wasser nachweisen, weil die Stoffe im Wasser nicht abnehmen, und damit ist klar, daß nach wie vor derselbe Weg der Industrialisierung beschritten wird. Das ist etwas, was einer fairen Diskussion in diesem Bereich nicht dienlich ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Ich komme noch einmal zum konkreten Beispiel "Raps": Es muß doch jedem auffallen, daß kein großes Unternehmen einen herbizidresistenten Raps auf den Markt bringt, wenn es nicht gleichzeitig jenes Herbizid patentmäßig ihr eigen nennen kann, gegen das diese Pflanze quasi immunisiert worden ist. Natürlich kann doch niemand – wenn man so etwas tut, wenn man dafür sorgt, daß eine Pflanze, egal, wie hoch der Einsatz an Herbiziden ist, dadurch nicht beeinträchtigt wird – behaupten, daß das ein Weg ist, um den Einsatz von Herbiziden zu reduzieren. Selbstverständlich nicht! Es geht darum, daß die Bauern unter der Knechtschaft der großen Konzerne stehen. Sie wissen, das gilt generell für das Hybrid-Saatgut, da ist das heute schon ein Problem, aber durch die Gentechnik wird das alles noch verstärkt. Diese Konzerne halten einerseits die Patente auf die ganz konkrete Pflanze, die der Bauer jedes Jahr neu kaufen muß, und haben gleichzeitig das Patent vom entsprechenden Herbizid in der Hand.

Herr Abgeordneter! Das ist nicht dazu geeignet, eine ökologische Landwirtschaft durchzusetzen. Das ist auch nicht dazu geeignet, die Erträge der Bauern zu steigern. Das ist nur dazu geeignet, die Erträge jener zu steigern, die die Patente innehaben, und dafür wird es auch gemacht, und dem sollten Sie nicht Vorschub leisten, auch nicht durch Verharmlosung.

Meine Damen und Herren! Sie sehen auch, daß die Widersprüche, die es in den Regierungserklärungen, in den Berichten, die diese Regierung dem Hause vorlegt, und in den tatsächlichen Handlungen dieser Regierung gibt, in zunehmendem Maße größer werden. Es sei nur das Schlagwort vom "Feinkostladen Österreich" angesprochen: In Wahrheit geht man immer mehr den Weg der Agrarindustrie. Und obwohl wir wissen, daß die Probleme zunehmen, obwohl wir wissen, daß der Gentechnologie etwa auch mit haftungsrechtlichen Vorschriften, die wir heute haben, nur in begrenztem Maße beizukommen ist, also eine faire Risikoabwägung und Risikoaufteilung derzeit nur in begrenztem Maße möglich ist, gibt es bis heute kein Umwelthaftungsgesetz.

Meine Damen und Herren! Als das Gentechnikgesetz hier im Hause verabschiedet worden ist, wollte man gleichzeitig auch – das war damals ein Bestreben der Kommission – die Haftungsbestimmungen mit hineinnehmen. Das ist abgelehnt worden mit dem Hinweis darauf, daß es ein Umwelthaftungsgesetz geben wird. Bis heute gibt es aber kein Umwelthaftungsgesetz. Sie sehen, daß in Wahrheit nicht das gemacht wird, was einer fairen Risikoverteilung entspricht, sondern in Wahrheit wird das gemacht, was der Profitmaximierung entspricht – aber interessanterweise nicht einmal den Profiten der Bauern, sondern den Profiten der internationalen Konzerne. Sie seien ihnen gegönnt, aber nicht unbedingt auf Kosten der österreichischen Bauern.

Mir ist das auch deshalb wichtig, weil im Hause bereits mehrere Anträge auf Änderung des Gentechnikgesetzes liegen. Auch die Liberalen haben einen solchen Antrag eingebracht. Bis heute, seit über eineinhalb Jahren, ist es nicht möglich, eine Debatte über diesen Antrag abzuhalten; wir haben ihn nämlich gleich nach der letzten Wahl wieder eingebracht.

Aber es ist nicht möglich, in diesem Haus mit Ihnen darüber zu reden, daß Umweltanwälte in Zukunft Parteistellung und Beschwerderecht an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts haben sollen, wenn es um Gentechnikverfahren geht. Es ist in diesem Hause nicht möglich, darüber zu diskutieren und gesetzlich festzuschreiben, daß es eine klar ersichtliche und verständliche Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Produkten geben soll. Produkt- und Haftungsregeln habe ich bereits angesprochen.

Ich möchte nur noch auf eines hinweisen, und das ist ein Zeichen dafür, daß hier im Parlament – auch von der Regierungsbank aus – oft nur die halbe Wahrheit ausgestreut wird: Nach meinem Wissen ist es so, daß seit letztem Sommer, nämlich seit Sommer 1996, beim Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zwei Verordnungen liegen, die er seit damals nicht unterfertigt hat. Ich lese in der Zeitung, daß er mittlerweile eine unterfertigt hat. Das ist jene, die die Kennzeichnung von Lebensmitteln betrifft. Und bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln, meine Damen und Herren, haben wir ohnehin gewartet, bis die Novel-Food-Verordnung der EU da ist. Aber die zweite Verordnung, die nach meinem Wissen noch von Frau Bundesministerin Krammer vorgelegt worden ist, liegt noch immer bei Herrn Bundesminister


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Farnleitner. Und er scheut sie – jetzt wollte ich sagen: wie der Teufel das Weihwasser; aber so ist es natürlich nicht –, er bringt es nicht fertig, seine Unterschrift darunter zu setzen. Er schafft es einfach nicht.

Wissen Sie, was die zweite Verordnung betrifft? – Sie betrifft das Saatgut. Wenn ich mir jetzt anschaue, worüber wir heute diskutieren, nämlich über den Raps, und wenn ich weiß, daß Herr Bundesminister Farnleitner einen Vorstoß der Regierung gemacht und endlich die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung unterschrieben hat, die Saatgutverordnung aber noch immer nicht, dann brauche ich nicht einmal gelernter Österreicher zu sein, um zu wissen, was das in Wahrheit heißt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

16.22

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die erste Runde der Debatte über diese Dringliche Anfrage angehört hat, dann kann man eines feststellen: Wir können hier lange über Gefahren, über Gefahrenpotentiale diskutieren und darüber, wie wir das einschätzen – das haben wir ja in dieser Frage schon öfter gemacht –, aber ein Faktum bleibt, und das macht mich besonders stutzig: Es wurden – unserer Meinung nach wissentlich und mit voller Absicht – Informationen verschwiegen. Sie wurden dem Parlament und der Öffentlichkeit verschwiegen, und zwar einzig und allein mit dem Sinn und zu dem Zweck, ein Volksbegehren, das breite Zustimmung in der österreichischen Bevölkerung hat, nicht dadurch zu unterstützen, daß diese für die Bundesregierung nachteiligen Informationen rechtzeitig an die Öffentlichkeit kommen.

Herr Minister! Sie können uns nicht glaubhaft machen, daß Sie nicht informiert waren oder daß Sie nichts von den geplanten Freisetzungsversuchen gewußt haben, obwohl wir heute darüber in einer Zeitschrift lesen konnten. Sie können mir nicht weismachen, daß ein Journalist mehr weiß als Sie als Minister, vor allem dann nicht, wenn eine bestimmte Firma – und das ist nicht irgendeine Firma, wie schon angeführt und ausgeführt wurde, es ist ein ziemlich großer Konzern – ganz klar sagt: Wir werden im Herbst in Österreich dieses Saatgut an mehreren Standorten aussetzen.

Frau Kollegin Reitsamer – sie ist jetzt nicht da – und allen anderen, die hier ähnliche Vorstellungen haben und sagen: Ich glaube nicht, daß es eine Genehmigung geben wird, weil das ja eine Brüskierung des Volksbegehrens wäre!, kann ich nur sagen: Ihr Glaube ist schön und gut, aber er ist woanders besser aufgehoben als hier im Parlament und gegenüber der Regierung. Denn dieser Konzern braucht keine Genehmigung von Ihnen, Herr Minister, und auch von keinem anderen hier im Hause, denn dieser Konzern macht das nach dem europäischen Zulassungsrecht.

Erzählen Sie uns doch hier nicht, Sie glauben nicht, daß der Herr Minister oder die Bundesregierung so etwas Böses machen würden, denn das wäre eine Brüskierung des Volksbegehrens. – Es ist eine Brüskierung, daß Sie Informationen haben und diese verschwiegen haben beziehungsweise nicht dem Parlament bekanntgegeben haben. Diese Tatsache reicht und ist Grund genug dafür, daß es eine Brüskierung des Volksbegehrens ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es würde mich schon interessieren, was Sie dazu sagen, Herr Minister. Sie machen es sich relativ leicht, Sie stehen da und sagen: So böse Sachen werden mir vorgeworfen, das alles ist gar nicht wahr! – Was sagen Sie denn dazu? Es ist ja auch nicht gerade sehr ruhmreich – sollte es wirklich stimmen, daß Sie nicht informiert waren –, daß offensichtlich eine Zeitschrift besser informiert ist als der zuständige Minister. Es spricht nicht gerade für die Qualität der österreichischen Politik und für die Qualität der österreichischen Bundesregierung, wenn Journalisten mehr wissen und diese Information auch entsprechend weitergeben. Aber die Bundesregierung


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will uns allen Ernstes weismachen, sie hätte das nicht gewußt. Das ist doch ein Märchen! Das kann doch nicht wahr sein.

Es kann auch nicht wahr sein, daß Sie als Abgeordnete hier sitzen und sich das sagen lassen und keinen Widerspruch vorbringen. Das mindeste wäre, daß Sie als Abgeordnete verlangen müßten, informiert zu werden, und daß Sie sagen, daß Ihnen ein auf Wahrheit beruhender Informationsgehalt zusteht und daß Sie ihn auch bekommen. Aber Sie lassen sich offensichtlich mit jeder Ausrede und mit jeder noch so beliebigen Bemerkung regelrecht abspeisen. Man hat halt nichts gewußt, da haben wir halt Pech gehabt. Aber in der Zeitung ist es zu lesen.

Das ist die Konsequenz Ihrer wetterwendischen und in Slalomkurven verlaufenden Politik in dieser Frage. Das Ganze ist für Sie wie eine heiße Kartoffel. Und es ist wirklich so, wie Kollege Barmüller gesagt hat: Sie schauen nur noch, daß Sie den geordneten Rückzug antreten können. Aber ab und zu kommt Ihnen etwas in die Quere, und dann brennt die Suppe an.

Das erinnert mich sehr stark an die Zeit von Zwentendorf, das erinnert mich sehr stark an die Zeit der Atomdiskussion, wo Sie alle längst gewußt haben, daß das, was Sie in der Öffentlichkeit beteuern, was Sie in der Öffentlichkeit sagen, gar nicht stimmt. Und es ist inzwischen bewiesen, daß es nicht gestimmt hat, daß keines der Argumente je gestimmt hat. Aber weil Sie es irgendwann beschlossen haben und weil Sie es irgendwann einmal gesagt haben, sagen Sie es weiter.

Genauso machen Sie es jetzt. Sie stehen hier heraußen und sagen Dinge, von denen Sie wissen, daß sie nicht stimmen. Sie behaupten zum Beispiel – ich greife nur ein Beispiel Ihrer vielen, vielen Argumente heraus –, daß der Einsatz von Herbiziden zurückgeht. – Daran ist kein Wort wahr! Lesen Sie in den Gutachten nach, lesen Sie im Gutachten des Umweltbundesamtes Berlin nach, in dem klar die Rede davon ist, daß man nur mehr darüber spricht, daß es keinen weiteren Anstieg geben wird, aber von Reduktion redet in Fachkreisen kein Mensch mehr.

Das war nur eines von vielen Argumenten, die hier schon gebracht worden sind und die alle nur eines beweisen: Diese durchgängige Politik betreiben Sie seit 20 Jahren. Seit 20 Jahren! Sie glauben, sich immer wieder jenen Technologien anhängen und anbiedern zu müssen, die völlig unausgereift, extrem aufklärungsbedürftig und in ihren langfristigen Auswirkungen völlig zweifelhaft sind. Sie merken dann, daß Sie sich auf etwas eingelassen haben, was nicht hält. Aber statt daß Sie sagen: Wir haben uns getäuscht, wir haben uns geirrt!, wird ein Slalomkurs gefahren, werden Informationen unterschlagen und nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben, nur um das Bild zu vermitteln, es wäre alles nicht so schlimm.

Ich hoffe sehr, daß die 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung, die gegen jeden Einsatz der Gentechnik im Bereich der Nahrungsmittel, im Bereich der Lebensmittel sind, auch wirklich unterschreiben und daß Sie sodann einen geordneten Rückzug antreten müssen. (Beifall bei den Grünen.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maier. Er hat das Wort.

16.29

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer die Diskussion verfolgt hat, kann nur feststellen, daß Gentechnik oder Biotechnologie ein Bauchthema ist. Es wird skandalisiert, Kollege Schweitzer behauptet einfach, die Menschen wären Versuchskaninchen. Es wird verallgemeinert, und die Biotechnologie und die Gentechnik werden absolut und generell in Frage gestellt.

Ich verhehle nicht meine persönliche Skepsis gegenüber der Gentechnologie und werde im folgenden versuchen, sie auch zu begründen.

Vorweg zur Dringlichen Anfrage der Grünen: Ich glaube nicht, daß die politisch Verantwortlichen, wie es in dieser Anfrage heißt, verharmlosen. Ich möchte darauf hinweisen, daß ein 12-Punkte-Programm der Bundesregierung beschlossen wurde. Ich habe bisher keine kritischen Stimmen


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der Grünen, der Liberalen oder der Freiheitlichen zu diesem 12-Punkte-Programm gehört. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Die Grünen haben es offensichtlich nicht gelesen!)

Zweitens möchte ich auch darauf hinweisen, daß das zuständige Bundesministerium – das dürfte Ihnen allen entgangen sein – seit einiger Zeit mit Informationsmaterialien, und zwar mit sehr kritischen Informationsmaterialien arbeitet, beispielsweise mit diesem Folder über Gentechnik.

Ich möchte Sie auch darüber informieren, daß die Arbeiterkammern als gesetzliche Interessenvertretungen ihrer Informationsverpflichtung gegenüber ihren Mitgliedern nachkommen. Die Arbeiterkammer Niederösterreich hat gemeinsam mit der Arbeiterkammer Salzburg etwa diese Gentechnik-Broschüre herausgebracht. Ich lade Sie recht herzlich ein, sich bei diesen Broschüren zu bedienen.

Ich möchte Sie auch daran erinnern, daß vor kurzem eine Verordnung erlassen wurde, in der ganz klar geregelt wurde, daß bei möglichen Freisetzungen die Länder mit einzubeziehen sind und unsere Bevölkerung eine klare Stellungnahme dazu abgeben kann.

Die gesamte Diskussion steht aber auch unter dem Eindruck des Gentechnik-Volksbegehrens. Ich sage hier ganz klar und deutlich: Ich werde dieses Gentechnik-Volksbegehren unterschreiben – aber nicht deswegen, weil die Textierung dieses Volksbegehrens besonders intelligent wäre. Im Gegenteil, es ist patschert formuliert und es ist unintelligent formuliert. Denn was heißt der erste Punkt: "Kein Essen aus dem Genlabor in Österreich"? – Jeder Lebensmittelhändler, jeder Produzent müßte wissen, ob eine Zutat, ob ein Zusatzstoff jemals gentechnisch verändert oder mit gentechnisch veränderten Organismen behandelt wurde.

Oder: "Keine Freisetzung genmanipulierter Lebewesen in Österreich". – Wie steht man zur Risikoforschung in Österreich? Wie steht man überhaupt zur Forschung? – Ich bedanke mich übrigens bei den Grünen für ihre Anfrage zur Gentechnikforschung in Österreich, sie war sehr informativ. Ich hätte heute gerne darüber diskutiert, wie wir die Risikoforschung in Österreich verschärfen und verbessern könnten.

Oder der dritte Punkt: "Kein Patent auf Leben". – Auch dieser Punkt hätte anders formuliert gehört. Ich bedauere das. Ich werde trotzdem unterschreiben, verhehle aber nicht meine Kritik.

Ich verhehle nicht meine Kritik, insbesondere deswegen, weil mit diesen Formulierungen der Glaube erzeugt wird, daß allein mit einer Art "Kantönligeist" oder einer "My home is my castle"-Mentalität gentechnische Probleme in Österreich gelöst werden könnten. Ich erinnere an die Diskussion um die Luftgüte in Österreich, in der immer wieder damit argumentiert wurde, daß wir internationale Abkommen mit unseren Nachbarn benötigen, um diese grenzüberschreitenden Probleme zu lösen.

Auch in der Gentechnik kann dies der Fall sein, insbesondere dann, wenn der transgene Pollenflug kommt. Ich frage Sie: Was sollen wir in Salzburg machen – in Bayern sind 22 Freisetzungen genehmigt –, wenn der Pollenflug das Salzburger Ufer diesseits der Saalach erreicht? Sollen wir nun das Bundesheer oder die Gendarmerie einsetzen oder Zivilschutzgruppen bilden? – Ich meine, wir sollten ganz klar über Sicherheitsanforderungen diskutieren. Bedauerlicherweise wurde von den Oppositionsparteien dazu noch nichts gesagt und es wurden keine Anforderungen an eine Sicherheitspolitik festgelegt.

Nun zum herbizidresistenten Raps der Firma AgrEvo. Ich darf hier ganz klar festhalten: Aussetzen bedeutet in diesem Zusammenhang In-Verkehr-Bringen. Was will die Firma AgrEvo? – Die Firma AgrEvo will die Zulassung dieser Sorte als Saatgut erreichen. Ich darf schon daran erinnern, daß dafür nationalstaatliche Regelungen gelten. Das heißt, es wird an uns liegen, ob und unter welchen Bedingungen dieses Saatgut zugelassen wird.

Wenn man über Gentechnik in der Landwirtschaft diskutiert, dann muß man über die Risken diskutieren. An der Salzburger Universität beschäftigen sich zahlreiche Wissenschafter mit dieser Problematik, darunter Universitätsprofessor Dr. Breitenbach. Professor Breitenbach hat


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seine Kritik an der Gentechnik in der Landwirtschaft in Thesen formuliert. Ich möchte sie Ihnen nicht vorenthalten. Ich persönlich schließe mich diesen Thesen an.

Er spricht erstens davon, daß der Stand der Gentechnik in der Landwirtschaft 1996, also 20 Jahre nach dem Beginn der Entwicklung der Gentechnik, immer noch primitiv ist und keine Zukunftsperspektiven, keine schon klar erkennbaren positiven Anwendungsmöglichkeiten zeigt.

Zweitens heißt es – ich zitiere –: Daher sind viele, aber nicht alle der jetzt stürmisch auf den Markt drängenden gentechnisch veränderten Nutzpflanzen und Nutztiere abzulehnen.

Drittens: Es ist aber jetzt schon klar zu erkennen, daß weitere Fortschritte in der Aufklärung der genetischen Grundlagen, zum Beispiel der natürlichen Resistenz von Pflanzen gegen Pilze, Bakterien, Viren, Insekten, und weitere Verbesserungen der Pflanzen-Gentechnik in den nächsten Jahren zu Produkten führen werden, die wesentlich umweltfreundlicher als jetzige landwirtschaftliche Produkte sind und gleichzeitig hohe Erträge liefern.

Es ist ein bedauerliches grundsätzliches Mißverständnis der jetzigen grünen Parteien und Umweltschutzorganisationen, daß biologischer Landbau und Gentechnik als angeblich unversöhnliche Gegensätze angesehen werden. Das Gegenteil ist wahr, wie hier an Beispielen ausgeführt werden soll.

Soweit seine ersten drei Thesen. Ich schließe mich ihnen an und stehe persönlich Freisetzungsmaßnahmen daher sehr kritisch gegenüber.

Wenn man aber über die Gentechnik spricht, geht es nicht nur um Fragen der Gesundheit, um Fragen der ökologischen Risken, sondern es geht auch um Fragen der Arbeitsplätze. Ich möchte das mit aller Deutlichkeit auch am Beispiel der nicht vorhandenen Forschung hervorheben.

Ich habe mir die Mühe gemacht und versucht, den Arbeitsmarkt in Salzburg dahin gehend zu analysieren, welchen Einfluß die Biotechnologie auf den Bereich der Beschäftigung hat. Zu analysieren war der Bereich der chemischen Betriebe.

Das Bundesland Salzburg hat von 1991 bis 1996 1 200 Arbeitsplätze – das sind zirka 25 Prozent – der in diesem Segment beschäftigten Arbeitnehmer verloren. Wenn man sich dann im Detail mit den Unternehmen auseinandersetzt, dann stellt man fest: Diejenigen, die in der Zeitung stehen, die Arbeitsplätze verlieren, sind jene, die sich in der Grundstoffindustrie engagiert haben. Ich habe gleichzeitig festgestellt, daß hingegen in den Klein- und Mittelbetrieben – und das deckt sich mit der europäischen Linie – mit eigenen Forschungsabteilungen im Bereich der Biotechnologie zusätzliche Arbeitsplätze gewonnen werden konnten.

Ich glaube daher, daß dem Bereich der Forschung in Österreich verstärkt Augenmerk geschenkt werden muß – nicht zuletzt im Hinblick auf die europäische Dimension der Biotechnologie. Biotechnologie ist eine Schlüsselindustrie des 21. Jahrhunderts. Wir können damit Arbeitsplätze sichern, wenn wir gleichzeitig sicherstellen, daß alle Risken, nämlich ökologische Risken und gesundheitliche Risken, ausgeschlossen werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic gemeldet. – Bitte.

16.39

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Abgeordneter Maier hat gesagt, es hätte seitens der Grünen keine öffentliche Kritik an der 12-Punkte-Erklärung der Bundesregierung gegeben. – Dies ist unrichtig, wie zum Beispiel in der Tageszeitung "Standard" in der Ausgabe von vor einer Woche nachzulesen ist.


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16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte. Redezeit: 10 Minuten.

16.40

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Dringliche Anfrage behandelt die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich. Zu gentechnischen Veränderungen insgesamt möchte ich sagen, daß Forschung und Anwendung im medizinischen Bereich schon relativ weit fortgeschritten und auch sehr nützlich sind. Es muß natürlich verantwortungsbewußt damit umgegangen werden, und es muß eine klare Abgrenzung geben.

Gentechnische Veränderungen bei der Lebensmittelproduktion aber werden von sehr vielen Bauern und Bäuerinnen und auch von den Konsumenten instinktiv abgelehnt. Die Arbeitsgemeinschaft Landfrauen hat eine Resolution verfaßt, in der deutlich zum Ausdruck kommt, daß der Einsatz von gentechnischen Veränderungen in der Lebensmittelproduktion abgelehnt wird und daß, sollte das nicht mehr abzuwenden sein, eine EU-weite, strenge Kennzeichnungspflicht eingeführt werden muß. Damit hätten die Konsumenten zumindest die Möglichkeit, solche Nahrungsmittel bewußt zu vermeiden. Dabei wäre natürlich die Information absolut zu verbessern. Die Kennzeichnung müßte so sein, daß sie ins Auge springt.

Besorgt bin ich aber über diese Entwicklung ganz grundsätzlich deshalb, weil die Wissenschaftsgläubigkeit schon manches Unheil angerichtet hat. Ich erinnere mich noch gut an den Einsatz von Contergan. Es wurde als Wundermittel gepriesen, und die Folgen waren furchtbar. Als weiteres Beispiel führe ich die friedliche Nutzung der Kernenergie an. Es sei eine billige, saubere Sache, hat man uns damals gesagt. – Tschernobyl hat uns gezeigt, welch schreckliche Folgen es haben kann, wenn der Mensch den Zauberlehrling spielt: Denn die Geister, die ich rief, werde ich nun nicht los. (Abg. Aumayr: So ist es!) – Schreckliche Folgen hatte es deswegen, weil der Mensch nicht Sorge dafür getragen hat, daß sämtliche Sicherheitsvorkehrungen den Anforderungen entsprechend getroffen wurden.

Herr Abgeordneter Dr. Schweitzer hat vorhin gesagt, die ÖVP wäre der Befürworter der Kernenergie gewesen. Ich bitte, das doch differenzierter zu sehen. Es hat in jeder Partei Befürworter und Gegner gegeben, so wie es auch in dieser Frage sicherlich in allen Parteien Befürworter und Gegner gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Koppler. )

Sicherheit ist der Punkt, den ich deutlich ansprechen möchte. Niemand kann heute die Spätfolgen abschätzen. Jedenfalls ist eine gentechnische Veränderung ein massiver Eingriff in den Organismus und kann auch ein Störprozeß sein. Das Gleichgewicht der Natur kann dadurch gefährdet sein.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht wird in den USA von vielen landwirtschaftlichen Betrieben Kritik geübt, nämlich daß es keine intensive Auseinandersetzung, keine Diskussion über den Einsatz von gentechnisch behandeltem Saatgut gegeben hat, sondern daß es einfach zugelassen wurde. Jetzt sind jene Landwirte unter Druck, die dem marktwirtschaftlichen Diktat der Großkonzerne nicht standhalten können. (Abg. Aumayr, Beifall spendend: So ist es!)

Wir sollten diese Fehler nicht begehen. Als Bäuerin bin ich der Ansicht, daß unser gemeinsames Ziel sein muß, gesunde Lebensmittel aus nachhaltig bewirtschafteter Landwirtschaft zu erzeugen und die Produktion der Nahrungsmittel nicht den Genwerkstätten zu überlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Bauern bekennen sich zu weitgehend naturschonender Wirtschaftsweise, zur Kreislaufwirtschaft und zu biologischer Produktion. Ob aber nun ein kleines Land wie Österreich in der Lage ist, sich auf Dauer aus einer solchen Entwicklung, nämlich der gentechnischen Veränderung von Lebensmitteln, herauszuhalten, wird sehr wohl vom Konsumenten abhängen. Denn wir brauchen dann auch die Rahmenbedingungen dazu. Es geht natürlich nicht, daß bei uns in Österreich gentechnisch veränderte Nahrungsmittel eingeführt und zu billigen Preisen verkauft werden und wir mit diesen Preisen konkurrieren müssen. Grundsätzlich bin ich froh darüber, daß dieses Thema hier diskutiert wird – und zwar sehr heftig –, denn es ist für die Zukunft unseres Landes ein sehr wichtiges Thema.


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Zur Frau Abgeordneten Petrovic möchte ich folgendes sagen: Sie haben davon gesprochen, daß Geheimverhandlungen über Freisetzungen stattgefunden hätten. Sie haben es dann aber selber relativiert, indem Sie gesagt haben, es war eine Informationstour. Ich glaube, Information ist wichtig, und Information sollte überall stattfinden und zugelassen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Insgesamt wünsche ich mir, daß man an dieses Thema sehr verantwortungsbewußt herangeht, daß man bedenkt, daß es verschiedenste Arten gibt, es zu sehen, daß es um die Zukunft unserer Kinder geht, daß es nicht um einen kurzlebigen wirtschaftlichen Erfolg gehen darf, sondern daß es in die nachhaltige Bewirtschaftung paßt, wenn man sich alles genau überlegt und sehr langsam, sehr genau – ohne zu versuchen, daraus parteipolitisch schnelle Erfolge zu erzielen – an die Sache herangeht und alles ernsthaft diskutiert. (Beifall bei der ÖVP.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. Sie hat das Wort.

16.46

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Maier – ich glaube, er ist jetzt nicht im Saal – hat unter anderem der Gentechnik das Wort geredet, beziehungsweise er hat Vorteile der Gentechnik in der Landwirtschaft aufgezählt. Unter anderem führte er dabei die hohen Erträge an, die die Bauern durch die Gentechnik erwirtschaften können. Jetzt frage ich mich, Herr Kollege Schwarzenberger, Herr Kollege Maier: Was ist denn bisher mit den sogenannten hohen Erträgen der Bauern, mit den hohen Weizenerträgen oder Maiserträgen passiert? Warum haben wir denn jetzt, noch bevor die Gentechnik eingesetzt wird, Flächenstillegungen? Warum haben wir denn Preissenkungen von bis zu 50 Prozent beim Getreide? – Weil zu viel da ist, und jetzt wollen Sie und mit Ihnen die Sozialisten die Gentechnik einsetzen, damit noch höhere Erträge erwirtschaftet werden. Das paßt doch hinten und vorne nicht mehr zusammen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Wir wollen es ja gar nicht einsetzen!) – Herr Kollege Schwarzenberger! Sie wollen es nicht einsetzen?

Herr Kollege Schwarzböck! An Sie müßte eigentlich Ihre Kollegin Horngacher die Resolution der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Landfrauen schicken, in denen sie sich gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft aussprechen. Herr Kollege Schwarzböck! Sie werben in den Belangsendungen in "Radio Niederösterreich" für die Einsetzung der Gentechnik in der Landwirtschaft. Herr Kollege Schwarzenberger! Wissen Sie, mit welchem Argument? – Mit dem Argument, daß, wenn die Gentechnik in der Landwirtschaft nicht eingesetzt werden darf, das Bauernsterben fortgesetzt wird, und zwar in einem verstärkten Ausmaß. Herr Kollege Schwarzenberger! Bei Ihnen weiß man langsam nicht mehr, wofür Sie eigentlich stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Kollegin Horngacher sagt so, Herr Kollege Schwarzböck macht eine Belangsendung – wahrscheinlich bezahlt vom Bauernbund –, und Sie sagen, wir wollen es eigentlich gar nicht einsetzen.

Herr Kollege Schwarzenberger! Eines kann ich Ihnen schon sagen: Mir steigen die Grausbirnen auf, wenn ich daran denke, daß die Technik demnächst so weit sein wird, daß Sie geklont werden können. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, es war Österreich, das auf eine Reform in bezug auf die Gentechnik gedrängt hat. Es war Österreich, das sich für eine umfassende Kennzeichnung eingesetzt hat. Es war Österreich, das im Bereich der Gentechnik weit vor allen anderen EU-Staaten tätig geworden ist. Aber Sie, Herr Minister, verschweigen, daß es vor allem ein Österreicher war und ist, der der Gentechnik in der Europäischen Union und damit in Österreich Tür und Tor öffnet. Es ist jener Österreicher, der mittlerweile als Kommissar in Brüssel agiert und der bei der Gentechnik in der gleichen Art und Weise vorgeht wie beim BSE-Skandal.

Er hat im Hauptausschuß des Nationalrates keine Antwort darauf gegeben, welche Wissenschaftler oder welche wissenschaftlichen Erkenntnisse ihn dazu bewogen haben, den genmani


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pulierten Mais freizugeben. Er hat keinen Namen genannt. Er hat gesagt, einhellige Meinung habe ihn zur Freigabe von Mais veranlaßt. – Das ist falsch. Dieser Kommissar hat nun zum zweiten Mal gelogen! Denn in den wissenschaftlichen Ausschüssen – und ich habe das auch schon über die APA abgesetzt ... (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das macht es auch nicht besser!) Herr Minister! Ich kann den Beweis führen: Er hat wieder Protokolle unterdrückt und hat wieder der Öffentlichkeit verheimlicht, daß es im wissenschaftlichen Ausschuß anderslautende Minderheitenmeinungen gegeben hat und sehr wohl vor der Freisetzung des genmanipulierten Maises gewarnt worden ist.

Etwas werfe ich Ihnen, und zwar vor allem Ihnen von der ÖVP, massiv vor: Sie vergeben jetzt wirklich eine historische Chance für die österreichischen Bauern. Sie vergeben eine ganz große Chance für die österreichische Lebensmittelindustrie. Sie versäumen jetzt die Möglichkeit, Tausende zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen. Sie trennen Biobauern von normalen Bauern: Die einen sind die braven Biobauern, und die anderen verschmutzen die Umwelt und gehen das Risiko ein.

Sie treiben die Bauern in die völlige Abhängigkeit von den Saatgutmonopolisten. Das kann ich Ihnen beweisen. Denn so schreibt etwa Herr Professor Ruckenbauer: Die weltweit bekannten Resistenzen gegen Totalherbizide bei Raps-, Soja- und Maissorten sind die logische Konsequenz, die enormen Kosten dieser hervorragend abbaubaren Herbizide trotz aller Bedenken hereinzuspielen. Die dabei unweigerlich entstehende Abhängigkeit der Käufer von Sorte und Herbizid müssen dafür natürlich in Kauf genommen werden. – Ich glaube, es erübrigt sich jeder weitere Kommentar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Gredler vor. – Bitte.

16.52

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eine Äußerung meiner Vorrednerin, wonach ihr die Grausbirnen aufsteigen, wenn sie über die Klonung eines ÖVP-Abgeordneten nachdenkt, halte ich eigentlich für eine persönliche Beleidigung, die in diesem Haus fehl am Platz ist! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Ing. Reichhold: Wie oft sind Sie schon beleidigt worden?) Ich bin auch von Abgeordneten Ihrer Fraktion schon beleidigt worden! Ich halte es aber jedenfalls für unmöglich, wenn hier bei einem wichtigen Gespräch in einem solchen Ton gesprochen wird! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Hören Sie einmal, wie Herr Schwarzenberger mit uns redet!)

Zu den Inhalten: Ich glaube, daß es legitim ist, daß die Bundesminister Gespräche mit Personen, die verschiedene Ansichten zum Stand der Technik haben, führen. Ich glaube nicht, daß die Bundesminister eine Liste jener Personen veröffentlichen müssen, mit denen sie Gespräche führen. Ich halte es absolut für ihre Pflicht, das zu tun. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Danke, Frau Abgeordnete!)

Allerdings muß ich auch sagen: Ich halte es für einen Unsinn, Gentechnik einzusetzen, um Nahrungsmittel resistenter gegenüber Herbiziden und Pestiziden zu machen. Ich halte es für keinen Fortschritt, wenn mehr dieser gefährlichen Mittel verwendet werden können, um einen höheren Ertrag zu erzielen. Ich halte das – im Gegenteil – vielmehr für einen Rückschritt. In dieser Beziehung fehlt uns in Österreich die Haftungspflicht. Das Liberale Forum regt schon seit langem an, daß die Haftungsfrage geklärt wird, denn wir halten es für ein Schlüsselelement in der gesamten Diskussion rund um die Gentechnologie, daß klare Richtlinien ausgearbeitet werden, sodaß auch der Konsument weiß, an wen er sich im Schadensfall halten muß.

Außerdem sind die Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen ungeklärt. Das ist ein Bereich, der in der Forschung durchaus beachtet wird. Wenn Frau Kollegin Petrovic sich die Anfragebeantwortung vom 14. März 1997 betreffend die Förderung von Gentechnikprojekten anschaut, dann wird sie selbst merken, daß sich eine Reihe von Forschungsprojekten im speziellen im Rahmen des vierten EU-Rahmenforschungsprogrammes damit befassen, welche Auswirkungen die


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Gentechnik auf Tiere und Pflanzen haben könnte. Wir sollten daher, wie ich glaube, die Ergebnisse dieser Forschungsprojekte abwarten, bevor wir ein endgültiges Ja oder ein endgültiges Nein aussprechen.

In Anbetracht dessen halte ich es für nicht legitim, Österreich als gentechnikfreie Zone zu erklären, denn dann wären all die Forschungsprogramme im universitären und außeruniversitären Bereich nicht mehr möglich und müßten eingestellt werden. Das würde einen Rückschritt und sicherlich keinen Fortschritt im Dialog um die Gentechnik bedeuten!

In dieser Diskussion wird immer wieder von Etikettierungen gesprochen, die notwendig sind, damit der Konsument sich orientieren kann, was gentechnikfrei ist und was nicht. Auf diese Weise ist etwa die Nachweislichkeit bei Ölen nicht gegeben. Es gibt keine Methode, die angewendet werden kann, um in Ölen gentechnisch veränderte Bestandteile nachzuweisen. Wir wollen daher eine Etikettierung betreffend die nachweisliche Verwendung von Gentechnologie und nicht nur den Hinweis darauf, daß ein Produkt gentechnologiefrei ist. Denn sonst wären die Öle ausgenommen, und Sie wissen genau, daß Öle, Fette, Margarine und so weiter in sämtlichen Produkten enthalten sind, die wir als Nahrungsmittel bezeichnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Im Bereich der Etikettierung ist daher an einen umfassenden Schutz des Konsumenten zu denken, und es darf nicht kleinlich an den Nachweismethoden im Reagenzglas festgehalten werden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

16.58

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gentechnik in der Landwirtschaft und bei Nahrungsmitteln ist bei uns außerordentlich umstritten. Wir alle wissen ganz genau, daß das Gros der Bevölkerung hierzulande dem Salathäuptel aus dem Reagenzglas nichts abgewinnen kann, und ich sage Ihnen ehrlich: Ich auch nicht.

Es wäre auch unverständlich, würden wir die Furcht, ob sie nun begründet oder unbegründet ist, nicht ernst nehmen. Der Eingriff in die Grundstruktur unseres Lebens ist ein heikler und nicht unproblematischer Akt. Die Gentechnik erfordert daher eine seriöse und sachliche Debatte. In diese Debatte ist die Bundesregierung mit ihrem 12-Punkte-Programm eingetreten.

Betreffend die konkrete Freisetzung und das In-Verkehr-Bringen von gentechnisch veränderten Organismen ist meine Haltung sehr eindeutig. Ich werde mich als Parlamentarierin nicht hier lauthals für ein gesetzliches Importverbot aussprechen oder für ein Aussetzungsverbot eintreten, weil ich ganz genau weiß, daß dies rechtlich auf der Basis des EU-Rechtes de facto undurchführbar ist. Eine solche Handlungsweise wäre meiner Meinung nach eine bewußte Täuschung des Konsumenten und der verunsicherten Bevölkerung. Das heißt aber nicht, daß ich für den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft eintrete.

Herr Minister! Sie haben in der Beantwortung gemeint, daß die Risiken und die Chancen des Einsatzes der Gentechnik in der Landwirtschaft abzuwägen sind. – Ich meine, daß Herbizidresistenzen von Pflanzen wohl den großen, multinationalen Konzernen in Form von Gewinnen nützen. Das Risiko ist in Wahrheit jedoch noch nicht abschätzbar. Daher kann man meiner Meinung nach die Risiken und Chancen derzeit nicht wirklich abwägen. Ich stehe daher dem Einsatz der Gentechnologie vorerst sehr ablehnend gegenüber. In Anbetracht dessen spreche ich mich für strengste – ich wiederhole: strengste – Auflagen aus, die aber rechtlich haltbar sein müssen. Ich erwarte daher von der Konsumentenschutzministerin, daß sie auch weiterhin alle Möglichkeiten ausschöpft, um eine Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in Österreich zu verhindern.

Die Österreicher wollen nämlich zu einem sehr, sehr hohen Prozentsatz keine Lebensmittel, die gentechnisch verändert wurden. Eine lückenlose Kennzeichnung, wie sie in Form einer Ver


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ordnung, die ab der nächsten Woche gelten soll, erlassen wurde, ist daher für den Konsumenten das beste Mittel, um tatsächlich festzustellen, was er in seinen Einkaufskorb legt.

Ich denke, daß bei dieser Debatte betreffend die Landwirtschaft mehr als deutlich wird, daß wir in Österreich mehr Bauern brauchen, die sehr bewußt auf den Einsatz der Gentechnik verzichten. Die Anzahl der Biobauern beträgt in Österreich bereits 20 000. Daß der Markt für biologische Lebensmittel aber noch lange nicht ausgeschöpft ist, wurde schon durch sehr viele Marktanalysen schwarz auf weiß nachgewiesen. Darin liegt meiner Meinung nach eine sehr, sehr große Chance für unsere Landwirtschaft. In Anbetracht dessen wünsche ich mir gerade von den Herren der Landwirtschaftskammer eine bessere und stärkere Unterstützung der Biobauern.

Zum Gentechnik-Volksbegehren meine ich, daß diese Initiative sehr, sehr gut ist, weil auf diese Weise eine umfassende Diskussion über diese doch sehr einschneidenden neuen Techniken stattfindet. Das ist wichtig und notwendig. Der Schluß der Eintragung darf allerdings nicht Schluß der Debatte sein! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. König. Er hat das Wort.

17.02

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen haben im Zusammenhang mit ihrer Dringlichen Anfrage einen Entschließungsantrag eingebracht. Sie fordern in ihrem Entschließungsantrag: "Der Nationalrat wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, vor einer Ratifizierung der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (früher: Bioethik-Konvention des Europarates) den Nationalrat einzubeziehen."

Dieser Aufforderung wird sicherlich nachgekommen werden, auch wenn wir diesen Entschließungsantrag ablehnen. Wir lehnen ihn deshalb ab, weil schon in der Bundesverfassung steht, daß keine Regierung einen internationalen Vertrag völkerrechtlich ratifizieren kann; sie kann ihn nur unterschreiben. Das Parlament ist in jedem Fall das Forum, welches das letzte Wort hat. Dem Antrag wird also entsprochen werden, auch wenn er nicht angenommen wird, denn wir brauchen die Bundesverfassung nicht neu zu erfinden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute mehrmals – vor allem von der Freiheitlichen Partei – gehört, daß man doch alles verbieten und zusperren möge. Das liegt natürlich auf derselben Linie, die von den Freiheitlichen gegen die EU vertreten wird. – Ich glaube, daß wir, gerade weil wir in der EU mitreden können und weil vor allem die großen Fraktionen im Europäischen Parlament seit Maastricht ein Mitbestimmungsrecht haben, in unserem Sinne echt Einfluß nehmen können.

Es haben ja mittlerweile alle Fraktionen erkannt, daß das kleine Österreich allein nicht den Gang der Welt bestimmen kann. Wenn wir aber in der Lage sind, einheitliche Regelungen für die gesamte Europäische Union auch in unserem Sinne durchzusetzen, dann gelten diese überall, und wir können sicher sein, daß wir nicht von Produkten überschwemmt werden, die nicht auch unseren Anforderungen entsprechen.

Der erste große Erfolg diesbezüglich war die Kennzeichnungsverordnung über Novel Food, also über gentechnisch veränderte Produkte, durch die nach dem Entscheid des Parlaments – im Gegensatz zum Mehrheitsentscheid des Ministerrates gegen die Stimmen von Österreich, Deutschland, Schweden und Dänemark – festgelegt wurde, daß jedes Produkt, das nachweislich gentechnisch verändert wurde, egal ob es signifikant oder weniger signifikant verändert wurde, zu kennzeichnen ist.

Damit – und nur damit – hat der Konsument die Sicherheit, daß er informiert wird, ob ein Produkt, das er in einem Regal sieht, gentechnisch verändert ist, egal ob es importiert ist oder


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nicht. (Abg. Ing. Reichhold: Das stimmt doch nicht!) So steht das im Gesetz: "nachweislich gentechnisch verändert". (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Was ist mit den Folgeprodukten?) Wenn die gentechnische Veränderung nachweisbar ist und nicht nur behauptet wird, ist zu kennzeichnen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Ing.  Reichhold. ) Schreien Sie nicht immer drein, ich habe nicht so viel Zeit! Sie sind ohnedies auf der Rednerliste, und ich werde Sie sicherlich nicht unterbrechen.

Es gibt jetzt im Europäischen Parlament eine Patentrichtlinie für gentechnisch veränderte Produkte. Das ist ganz, ganz wichtig. Denn auch dabei kommt es darauf an, daß die strengen Zulassungsbestimmungen, die wir haben wollen, anläßlich der Patentierung europaweit gelten. Nur so kann man den Schutz vor dem Import von Produkten gewährleisten, die dann nach strengen Zulassungsbedingungen abgelehnt werden müssen. Das gilt in erster Linie für medizinische Produkte, aber natürlich auch für gentechnisch veränderte Lebensmittel.

Ich bin der Meinung, daß wir in Österreich wahrscheinlich von den Konsumenten her eine klare Entscheidung für nicht gentechnisch veränderte Lebensmittel haben. Es hat sich schon gezeigt, daß auch die großen Ketten darauf Wert legen, nur gentechnisch nicht veränderte Lebensmittel zu führen, weil die Konsumenten das verlangen. Die Vernunft unserer Konsumenten entscheidet letzten Endes, was in Österreich gekauft und damit auch verkauft werden kann. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Wir können kein Verbot an Österreichs Grenzen einführen. Zuerst wollen Sie von der Freiheitlichen Partei Arbeitsplätze in Betrieben beseitigen, indem Sie sagen, daß auf keinen Fall am Sonntag gearbeitet werden darf, egal was passiert, wodurch wirtschaftlicher Schaden und Beschäftigungsverlust droht. Jetzt sagen Sie: Sperren wir zu, egal was passiert. – Ihre Haltung ist in höchstem Maße arbeitsplatzvernichtend und arbeitsplatzbedrohend! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie waren einmal eine Partei, die sich zugute gehalten hat, daß sie wirtschaftliches Verständnis einbringt. Sie haben noch ein paar Leute in Ihrer Fraktion, die wirtschaftliches Verständnis haben. Diese haben allerdings bei Ihnen nichts mehr zu plaudern. (Abg. Aumayr: Das ist ja unglaublich!) So sieht es bei Ihnen heute aus! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt heute in Österreich erfolgreiche Firmen, die auf dem Gebiet der Gentechnik verantwortungsbewußt sind. Was wir auf dem Gebiet der Medizin leisten, ist beachtlich. Diese unsere Wissenschaftler insgesamt zu vernadern, indem man sagt, sie würden nur dem Gewinnstreben erliegen, wenn sie in dieser Branche arbeiten, ist zutiefst ungerecht gegenüber diesen Menschen, die eine sehr hohe Verantwortung in ihrem Beruf haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Für den medizinischen Fortschritt ist die Gentechnik nicht mehr wegzudenken. In den Entwicklungsländern werden wir das Nahrungsmittelproblem angesichts des ungeheuren Schädlingsbefalls ohne Gentechnik nicht bewältigen können. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) Frau Kollegin Aumayr! Sie können ruhig schreien! Das ist die Wahrheit.

Wir werden in Europa, in Österreich dafür sorgen, daß wir strenge gesamteuropäische Bestimmungen haben und daß der Konsument weiß, was auf den Tisch kommt beziehungsweise was er selber kauft, wenn er die Entscheidung selbst fällt.

Ich muß Ihnen noch etwas sagen. – Abgeordneter Schweitzer ist jetzt nicht da. Er hat hier behauptet, daß die österreichischen Biobauern zugrunde gehen. Wir haben 20 000 Biobauern in Österreich, doch damit nicht genug: Wir stellen mit dieser Anzahl 50 Prozent aller Biobauern in der Europäischen Union! Diese brauchen ja auch die Marktnischen in den anderen Ländern der Europäischen Union, um zu verkaufen.

In Österreich haben wir – wie bereits gesagt – 50 Prozent aller Biobauern der Union. Und es ist für beide – sowohl für die Biobauern, für die es eine Selbstverständlichkeit ist, aber auch für die anderen österreichischen Landwirte – wichtig, daß man zu einer freiwilligen Positivkennzeich


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nung kommt, indem man ausdrücklich draufschreibt: "genetisch nicht verändert, gentechnikfrei", und zwar nicht nur auf Importprodukte, sondern auch auf die Produkte, die aus Österreich kommen.

Ich glaube, daß dieser Schutz auch den Konsumenten zugute kommt. Alles andere ist nur Demagogik und dient weder den österreichischen Interessen noch den Interessen der Konsumenten, sondern ausschließlich einer billigen und sehr demagogischen Propaganda. (Beifall bei der ÖVP.)

17.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Reichhold. – Bitte.

17.10

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter König, zum ersten: Die freiheitliche Fraktion im Europaparlament stellt einen Abgeordneten, einen der wenigen österreichischen Abgeordneten, der einen sehr wichtigen Bericht verfassen wird, nämlich zur Bioenergie und zu alternativen Energieformen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das zeigt, daß unsere Fraktion, Herr Abgeordneter König – auch wenn das dem Herrn Khol sehr weh tut und er das eigentlich nicht zur Kenntnis nehmen möchte (Abg. Dr. Khol: Das tut dem Herrn Khol nicht weh, das amüsiert den Herrn Khol! Dem österreichischen Steuerzahler wird das weh tun!) – , daß unsere Fraktion und unsere Abgeordneten im Europaparlament voll anerkannt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter König, zum zweiten: Sie haben gemeint, die Arbeitsplätze und die Gentechnik seien miteinander eng verquickt. – Mag sein. Aber die Gentechnik wird die Industrialisierung in der Landwirtschaft vorantreiben. Sie werden gar nicht so schnell schauen können, wie viele kleinbäuerliche Betriebe diesem Wettbewerbsdruck nicht mehr standhalten können. Aber ich weiß, Ihnen – und offenbar der gesamten ÖVP – ist ja das Gefühl für den "Arbeitsplatz Bauernhof" schon längst abhanden gekommen, sonst könnten Sie hier nicht so etwas verkünden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter König, zum dritten: die Gentechnik und die Europäische Union. Sie sagen, wir Freiheitlichen seien gegen die Europäische Union. Wir haben klar dargelegt, warum wir gegen Maastricht sind und damit gegen den Zentralismus in der Europäischen Union. (Abg. Mag. Kukacka: Weil ihr gegen alles seid!)

Mir liegt hier eine Stellungnahme der Präsidentenkonferenz vor, aus der klar hervorgeht, daß ein Verbot gentechnisch veränderter Produkte in Österreich EU-widrig wäre. Daher können Sie hier nicht sagen, wir sind froh, daß wir in der Europäischen Union sind, da können wir wenigstens mitreden, weil wir das Heft und das Gesetz des Handelns schon längst aus der Hand gegeben haben.

Und noch etwas, Herr Abgeordneter König: Sie sagen, das Gentechnikgesetz sei eine Chance für Biobetriebe. Wissen Sie, daß die deutschen Biobauern auch gentechnisch manipulierte Waren als Bioprodukte verkaufen dürfen, die dann als deutsche Bioprodukte nach Österreich importiert werden und hier am Markt landen? Wissen Sie das? Erkundigen Sie sich einmal! Dann können wir weiterreden über die Chancen der Biobauern im Zusammenhang mit der Gentechnik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Bauern stehen vor dem Frühjahrsanbau und werden jetzt von vielen Farbprospekten der Saatgutkonzerne überflutet. – Sündteuer! – Mais, Sojasorten werden da angepriesen. Natürlich wird dort auch Werbung gemacht für die Gentechnik, und natürlich überwiegen die positiven Argumente. Es gibt quer durch Österreich derzeit Hunderte Versammlungen, zu denen die großen Saatgutkonzerne die Bauern einladen und den Bauern erklären, daß das eigentlich alles kein Problem ist.


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Ich war bei einigen dieser Veranstaltungen und werde auch weiterhin zu solchen Veranstaltungen gehen. Ich habe mir diese Prospekte sehr genau durchgelesen, und mich hat die Diktion und die Argumentation dieser Saatgutkonzerne, Herr Bundesminister, an Ihre Ausführungen hier im Parlament erinnert. Sie waren fast identisch! Ich würde fast sagen, sie sind geklont. Und ich muß den Konzernen ein Kompliment machen: Ihnen gelingt es, die Argumentation der Brüsseler Zentralbürokratie, selbst die der Minister hier im Parlament, bis an den Wirtshaustisch zu den Bauern zu tragen. Perfekt, wie diese Gehirnwäsche organisiert ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur: Wir Freiheitlichen sind da nicht dabei, und zwar aus gutem Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir wollen nicht mitmachen, daß diese in der Wissenschaft umstrittene Technologie, die für den Konsumenten Gefahren birgt, zur Normalität wird. Das Argument, das immer wieder im Zusammenhang mit der Medizin verwendet wird, ist für mich ein echtes Totschlagargument, ein zynisches Argument. Natürlich, wenn jemand todkrank ist, dann wird er jede Chance in Anspruch nehmen – auch Gentechnologie –, um wieder gesund zu werden. Aber ist es das Risiko wirklich wert, daß gesunde Menschen durch gentechnisch veränderte Produkte krank werden? – Uns ist das Risiko zu hoch, daher lehnen wir diese Technologie im Lebensmittelbereich ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde auch die Aussagen einiger Repräsentanten der Wirtschaftskammer, die in Vorträgen und in öffentlichen Erklärungen sagen, diese Gentechnik sei eigentlich gar nicht so schlimm, denn die Gefahr, daß jemand krank wird, ist geringer als ein Lotto-Sechser – so hat es einer von der Wirtschaftskammer gesagt –, zynisch. Das heißt, die Wirtschaftskammer rechnet damit, daß durchschnittlich zumindest ein Konsument pro Woche an gentechnisch veränderten Produkten erkrankt. Das ist eine Argumentation, die ich ablehne, und gleichzeitig ist es der Beweis für die Gefährlichkeit dieser Technologie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaftskammer selbst hat auch zur Gentechnologie eine völlig zerrissene Einstellung. Es gibt eine offizielle Stellungnahme der Präsidentenkonferenz. Da wird einerseits von neuen Chancen für die Landwirtschaft gesprochen, andererseits aber bejammert, daß mit der Gentechnik das ökologische Image der Landwirtschaft in Mißkredit gezogen wird. Das können Sie in Ihrer eigenen Stellungnahme nachlesen.

Weiters wird davon gesprochen, daß die Bauern auf der einen Seite durch die Gentechnik dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind. Gleichzeitig jedoch propagieren Sie die ökosoziale Agrarpolitik!

Sie fordern auf der einen Seite die strikte Kennzeichnung – das hat auch Herr König heute gesagt –, vergessen aber, daß Soja als Saatgut zwar gekennzeichnet werden muß, das daraus gewonnene Sojaöl aber nicht mehr. Ich frage mich: Wie soll der Konsument wissen, aus welcher Produktion die Lebensmittel stammen?

Sie sind dafür, über die Gentechnik den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu verringern, wollen sich aber in der Gentechnik aus dem Bereich der Herbizidresistenz zurückziehen.

Sie fordern eine Intensivierung der Forschung auf der einen Seite, wollen aber auf der anderen Seite auch den Biolandbau stärker fördern.

Ich weiß nicht, was Sie eigentlich wollen, Herr Präsident Schwarzböck! Sie sind der Vorsitzende, Sie wissen offenbar nicht, was Sie wollen, aber das mit ganzer Kraft. Das ist typisch für die Landwirtschaftskammern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Angelegenheit hinsichtlich der Abhängigkeit betreffend das Saatgut. Ich bin ein Bauernsohn, und mein Vater hat immer vom besten Acker das Saatgut beiseite getan, um es im nächsten Jahr wieder anzubauen. Das soll ja jetzt nicht mehr möglich werden, für die Kleinerzeuger zwar schon, für jene aber, die nicht Kleinerzeuger sind, nicht mehr. Das heißt, für den Nachbau muß man jetzt oder wird man in Zukunft wahrscheinlich auch Lizenzgebühren zahlen müssen.


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Verstehen Sie, was ich meine? – Die Abhängigkeit der Landwirte, der Bauern von den großen Saatgutkonzernen wird eine immer größere, ebenso wird die Manipulation und die Einflußnahme auf die Landwirtschaft über die Gentechnik natürlich eine noch viel größere.

Ich glaube, daß es unsere Aufgabe ist, uns zu einer wirklich naturnahen Landwirtschaft zu bekennen, in Österreich diesen Teufelskreis zu durchbrechen und mit aller Kraft dafür einzutreten, das zu erreichen, was Sie auch wollen: daß nämlich unsere Chancen im großen europäischen Markt als ökologisch orientierte Landwirtschaft gewahrt bleiben. Das kann uns nur dann gelingen, wenn diese Technologie in Österreich nicht Einzug hält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man kann eben nur entweder schwanger sein oder nicht, ein bisserl schwanger, das geht nicht. Das heißt, wir haben da eine Grundsatzentscheidung zu fällen. Wir sind an einer Weggabelung angelangt und müssen uns entscheiden, in welche Richtung wir zu gehen haben. Daher fordern wir Freiheitlichen wirklich eine strikte Kennzeichnung, von der auch die Folgeprodukte erfaßt sind. Das heißt, es muß eine Art Genpickerl geschaffen werden, eine Negativkennzeichnung, wenn Sie so wollen, und es muß aufbauend auf dieser Kennzeichnung natürlich auch das österreichische Umweltprogramm so gestaltet werden, daß jene Bauern, die auf diese Technologie verzichten wollen, auch eine Abgeltung ihres Wettbewerbsnachteiles bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

17.19

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Reichhold hat vorhin gesagt, die FPÖ lehnt Gentechnologie entschieden ab. Ich habe hier vor mir das "Bündnis für Arbeit" der FPÖ, und da ist unter "Erhaltung bäuerlicher Arbeitsplätze" ein Vorschlag für ein Umweltprogramm, und zwar eine Forderung:

Erstens: Verzicht auf Stickstoffdüngung; zweitens: Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und drittens: Verzicht auf Hormone und Gentechnik. Dann heißt es aber, die Teilnahme am Umweltprogramm soll selbstverständlich freiwillig sein. Entweder ist das Gedächtnis zu kurz – oder die Aussagen sind nicht ehrlich! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

17.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Guggenberger. Restliche Redezeit: 5 Minuten.

17.20

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ausschließlich mit einem Entschließungsantrag auseinandersetzen, den nach mir Kollegin Haidlmayr namens der Grünen einbringen wird, den sie mir zwecks Herstellung von Übereinstimmung vorgelegt hat, und deshalb weiß ich über den Inhalt dieses Entschließungsantrages selbstverständlich Bescheid. Sie wird den Antrag stellen: Der Nationalrat wolle beschließen, vor einer Ratifizierung der sogenannten Menschenrechtskonvention den Nationalrat einzubeziehen.

Erlauben Sie mir dazu ein paar grundsätzliche Bemerkungen.

Ich konzediere, daß diese Initiative der Grünen von echter, ernster Sorge getragen ist. Dieses Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin, wie es richtig heißt, ist national und international durchaus nicht unumstritten. Österreich hat im Ministerkomitee des Europarats am 19. November 1996 zugestimmt, hat aber zu diesem Übereinkommen zusätzlich folgende Erklärung abgegeben – erlauben Sie mir, daß ich sie wörtlich zitiere –:

"Aus leidvoller historischer Erfahrung tritt Österreich für einen größtmöglichen Schutz der Rechte des Menschen und für die beste Wahrung der menschlichen Würde in Bereichen ein, in


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denen der Mensch Forschung und Medizin gegenübersteht. Österreich begrüßt daher, daß ein internationales Instrument geschaffen wurde, das die Mitgliedstaaten verpflichtet, in vielfältiger Weise entsprechend Schutz vorzusehen. Nicht nur, weil das österreichische Recht einen in manchen Punkten weit über die Konvention hinausgehenden Schutz vorsieht, sondern auch aus Gründen der Menschlichkeit bedauert es Österreich aber, daß der in der Konvention vorgesehene Schutz nicht nur hinter den Erwartungen Österreichs, sondern auch vieler Menschen in Europa zurückbleibt. Wir werden uns daher" – und das ist ein entscheidender Satz – "für die Verankerung weitergehender Verpflichtungen in den Zusatzprotokollen einsetzen." – Soweit die Erklärung Österreichs im Ministerkomitee des Europarates.

Und jetzt kommt es – und das war die Sorge der Grünen – am 4. April in Spanien zu einer Unterzeichnung dieses Übereinkommens durch mehrere Mitgliedsländer des Europarates; Österreich wird nicht dabei sein. Ich stelle das fest: Österreich wird nicht dabei sein. Österreich wird aktiv mitarbeiten, um bei der Formulierung dieser Zusatzprotokolle seine Einwände vorzubringen.

Erst dann kann es dem Nationalrat seriöserweise möglich sein, das in den Verhandlungen Erreichte positiv oder negativ zu beurteilen, und nur deshalb halten wir Sozialdemokraten es nicht für seriös, heute diesem Entschließungsantrag der Grünen beizutreten und heute schon – bevor wir den Inhalt der Zusatzprotokolle kennen – nein dazu zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ich erteile es ihr.

17.24

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist verwunderlich, daß Herr Abgeordneter Guggenberger soeben zum Thema der Bioethikkonvention zum ersten Mal Stellung genommen hat, und das auch nur deshalb, weil wir bereits seit Stunden draußen darüber diskutiert haben.

Im Rahmen der Gentechnologie darf nicht vergessen werden, daß es gerade auch im Bereich der Biomedizin, wo es zu fatalen Verschlechterungen für einwilligungsunfähige Personen kommen soll, ein ganz, ganz großes Gefahrenpotential für behinderte Menschen, für kranke Menschen, für Menschen mit Alzheimer, für Menschen mit Schlaganfall, für Komapatienten, für Säuglinge und für geistig Behinderte geben kann und auch geben wird. Wenn Sie sich die Textierung der Konvention anschauen, dann werden Sie darin Begriffe und Formulierungen finden, die Ihnen kalte Schauer über den Rücken laufen lassen werden.

Bis heute wurde über die Textierung dieser Bioethikkonvention, darüber, daß im Europarat Österreich zugestimmt hat, noch kein einziges Wort verloren. Nicht ein einziges Wort wurde darüber gesagt, was man mit Menschen vorhat, die nicht einwilligungsfähig sind. Es wurde nichts dazu gesagt, ob man bereit ist, diese Menschen im Sinne der Forschung, im Sinne der Medizin, im Sinne der Macht, im Sinne der Wirtschaft, im Sinne von Geld und Lobbyismus preiszugeben.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich nur einmal damit beschäftigt hätten, was es heißt, als behinderter Mensch mit diesen Kriterien leben zu müssen, wüßten Sie, daß wir uns Schritt für Schritt wieder unserer Geschichte, die eigentlich Vergangenheit sein sollte, nähern.

Es sind in Zukunft in der Biomedizin und in der Bioethik nicht mehr die Menschenrechte ausschlaggebend, sondern Menschenrechte können im Zuge dieser Bioethikkonvention durch Leistung und Qualität des Menschen erworben werden. In der Bioethik hat niemand mehr mit seiner Geburt den Anspruch auf Menschenrechte und deren Schutz. In der Bioethik hat nur mehr jener die Chance, sich Menschenrechte zu erwerben, der Qualität anbieten kann – Qualität in dem Sinn, daß er nicht behindert ist, daß er nicht alt ist, daß er kein Schlaganfallpatient ist, daß er nicht Alzheimer hat oder daß er nicht vielleicht Gefahr läuft, einmal im Koma zu liegen.

Diese Tatsachen, die sich in der Bioethikkonvention wiederfinden, werden in Österreich verschwiegen. Meine Damen und Herren! Ich und viele betroffene Menschen – und wir haben


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es gestern bei unserer Enquete gesehen – haben Angst vor dieser Zukunft, haben Angst, daß behinderte Menschen, beeinträchtigte Menschen nicht mehr als Menschen gesehen werden, sondern nur mehr als Nutzen oder Unnutzen für die Wissenschaft. Und dazu darf es in Österreich ganz einfach nicht kommen!

Ich weiß, daß es immer heißt, das eine sind die Kriterien der Bioethikkonvention, das andere sind die Menschenrechtsstandards, die wir in Österreich haben. Ich möchte hinzufügen: die wir in Österreich noch haben. Denken Sie einmal darüber nach, wie viele Standards, hohe Standards, wir in Österreich bereits hatten, die im Interesse der Wirtschaft, der Forschung, im Interesse von Geld und Macht bereits reduziert und aufgegeben wurden. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Das kann genauso im Bereich der Menschenrechte passieren.

Herr Minister Bartenstein! Sie sagten gerade: Nein, Frau Abgeordnete, das stimmt nicht. – Es stimmt schon. Man braucht eigentlich nur daran zu denken, wie im Umweltbereich die Standards Schritt für Schritt fallen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Welche denn?!) Man braucht nur daran zu denken, wie sich auch im Bereich der Verkehrssituation die Standards nach unten verschoben haben (Abg. Aumayr: Lebensmittelgesetz!) , und auch die Menschenrechtsstandards werden nicht davor verschont bleiben, nach unten revidiert zu werden.

Das ist die große Gefahr, die sich für uns behinderte Menschen auftut, und dieser Gefahr wollen wir Grünen im Interesse der beeinträchtigten Menschen in Österreich nicht tatenlos entgegensehen.

Der Entschließungsantrag, den ich heute eingebracht habe, verlangt nicht die Welt von allen Abgeordneten, die hier sitzen. In diesem Entschließungsantrag, den ja Herr Guggenberger bereits verlesen hat, ersuche ich das Parlament lediglich, sich dazu zu bekennen, daß es den Schutz der Menschenrechte und den Schutz von nicht einwilligungsfähigen Personen nicht aufgibt, sondern aufrechterhält.

Das wollen die Menschen in Österreich wissen. Die Menschen wollen wissen, wie es um ihre Menschenrechte steht, wenn sie nicht mehr zu denen gehören, die den Ansprüchen von Leistung und Qualität genügen, sondern aufgrund einer Behinderung, einer Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage sind, dem sogenannten Normmenschen zu entsprechen.

Die Bioethik als ein Teil der gesamten neuen Technologien ist eine gefährliche Ethik. Die Bioethik hat uns gerade in den letzten Wochen gezeigt, was mit Tieren bereits alles möglich ist. Es wurde nicht verschwiegen, daß das, was heute mit Tieren gemacht werden kann, schon sehr bald auch mit Menschen möglich ist. Es ist eine Horrorvision, daran zu denken, daß man behinderte Menschen in Zukunft wieder auslöschen beziehungsweise ihnen nicht mehr die Chance geben wird, daß sie geboren werden, daß sie die Freiheit haben, als behinderte Menschen zu leben.

Es wird wieder versucht, zwischen lebenswertem und unlebenswertem Leben zu selektieren, und zum unlebenswerten Leben gehören eben Menschen mit Beeinträchtigungen. Die Bioethikkonvention in der Form, wie sie jetzt besteht, ist der erste Schritt dazu, daß behinderte und beeinträchtigte Menschen ihr Lebensrecht wieder diskutieren müssen. Das darf nicht passieren!

Ich fordere Sie daher auf, heute zu beschließen, den Schutz von einwilligungsunfähigen Personen zu gewährleisten. Das ist, glaube ich, nicht zuviel verlangt. Jeder Österreicher und jede Österreicherin kann von diesem Parlament erwarten, daß der Schutz der Menschenrechte in Österreich nicht nur heute, sondern langfristig besteht (Beifall bei den Grünen), daß der Schutz der Menschenrechte nicht durch eine Bioethikkonvention oder durch andere Gesetze in Gefahr gebracht wird und daß behinderte Menschen weiterhin dasselbe Recht auf Leben haben, wie es nichtbehinderte Menschen für sich in Anspruch nehmen.

Wir behinderten Menschen haben auch etwas anzubieten. Wir haben Lebenserfahrung, wir haben Selbstbestimmung, und das wollen wir der Bioethik und den Bioethikern entgegensetzen. Wir erwarten, daß unser persönliches Ich von den sogenannten Nichtbehinderten angenommen


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wird und wir als vollwertige Partnerinnen und Partner in dieser Gesellschaft in Österreich auch weiterhin unseren uneingeschränkten Platz haben dürfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haidlmayr, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, vor einer Ratifizierung der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarates den Nationalrat einzubeziehen, ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Entschließungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Schutz von nicht einwilligungsfähigen Menschen im Rahmen der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (früher Bioethik-Konvention) des Europarates

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, vor einer Ratifizierung der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (früher Bioethik-Konvention) des Europarates den Nationalrat einzubeziehen.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung wünscht Herr Abgeordneter Dr. König. Ich bitte um Beachtung der Spielregeln. 2 Minuten Redezeit.

17.33

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haidlmayr hat hier behauptet, daß die Bioethikkonvention des Europarates den Schutz geistig Behinderter und Kinder nicht gewährleisten würde, daß sie sozusagen dem wissenschaftlichen Drang von Ärzten hilflos ausgeliefert werden.

Das ist unrichtig. Ich war selbst zu dieser Zeit in der Delegation beim Europarat, und es haben die österreichischen Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei und der Volkspartei, aber auch die deutschen Sozialdemokraten und die deutschen Christdemokraten der Konvention im Europarat erst zugestimmt, als genau diese Ergänzung in die Ministerratsvorlage aufgenommen wurde, die vorsieht, daß in diesen Fällen ohne Einwilligung des gesetzlichen Vormundes, was bei Kindern normalerweise die Eltern sind, nichts erfolgen kann. Es kann also auch nicht zum Zwecke eines Eingriffes im Interesse des Betreffenden ohne Zustimmung des gesetzlichen Vormundes eingegriffen werden. Der Schutz geistig behinderter Kinder ist also durch diesen Einsatz der Abgeordneten im Europarat eindeutig sichergestellt worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt eine Wortmeldung des Abgeordneten Pumberger vor. Die restliche Redezeit der Freiheitlichen beträgt eine Minute. – Bitte.

17.35

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich melde mich abschließend noch ganz kurz zu Wort, weil ich Kollegen Leiner darauf hinweisen will, daß es nicht nur negative Aspekte in der Gentechnologie gibt, sondern gerade in der Medizin besondere Fortschritte erzielt wurden und werden, und das wird auch in Zukunft der Fall sein.

Wir müssen also wirklich Wert darauf legen, das auseinanderzuhalten. Die Gentechnik ist wie ein Messer zu handhaben. Mit der Gentechnik kann man wie mit einem Messer Brot schneiden – oder töten. Im medizinischen Bereich kann man Menschenleben retten, Gesundheit fördern.


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Man kann Medikamente entwickeln. Man kann Tumorgene erforschen, die Prophylaxe ausbauen und viele andere positiven Dinge für die Gesundheit mehr.

Bei der Lebensmittelproduktion verhält es sich genau umgekehrt. Die Notwendigkeit, Lebensmittel gentechnisch zu erzeugen, ist nicht gegeben, und daher müssen wir dafür sorgen, daß das Freisetzungsverbot aufrechtbleibt, daß wir ein Freisetzungsverbot erzielen und wir eine lückenlose Kennzeichnung für unsere Konsumenten durchsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haidlmayr betreffend Schutz von nicht einwilligungsfähigen Menschen im Rahmen der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarates.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haidlmayr zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag wurde abgelehnt.

Damit ist die Dringliche Anfrage beendet.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1687/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1687/AB.

Die schriftliche Anfragebeantwortung ist verteilt worden.

Wir gehen in die Debatte ein. Erstredner: 10 Minuten, andere Redner – mit Ausnahme der Frau Bundesministerin –: 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Anfrage, die wir an die Frau Bundesministerin gerichtet hatten, haben wir annähernd gleichlautend – mit einer ganz kleinen Mutation, die sich ausschließlich auf das Sozialministerium bezogen hatte – an alle Mitglieder der Bundesregierung gerichtet. Ziel der Anfrage war es, herauszufinden, wie viele Vertragsverhältnisse, die unter das Regime der sogenannten Werkvertragsregelung – nämlich § 4 Abs. 4 und 5 ASVG – fallen, von den einzelnen Ministerien abgeschlossen wurden. Wir haben uns dabei bemüht, auch ein paar Zusatzfragen zu stellen im Zusammenhang mit der Größe des Problems, mit der Menge der administrativen Aufwendungen und so weiter.

Wir haben von allen Ministerien Anfragebeantwortungen bekommen, so auch von der Frau Bundesministerin. Diese Anfragebeantwortungen sind in mancher Hinsicht sehr aufschlußreich gewesen.

Punkt 1: Wir mußten feststellen, daß die Anfragen zwischen den Häusern sehr gut koordiniert waren. Das finde ich positiv. Daß daher die Antworten aller Ministerien in der Struktur annähernd gleich und in manchen Passagen auch textgleich waren, das finde ich auch gut, weil es teilweise Rechtsfragen waren. Aber dadurch ist auch hervorgekommen, daß in keinem einzigen Ministerium bekannt war beziehungsweise bekannt ist, wie viele Verträge, die seit 1. Juli 1996 unter das neue Regime fallen, in den früheren Perioden abgeschlossen wurden.


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Auf den Punkt gebracht: Kein einziges Ministerium war in der Lage, für sich selbst zu ermitteln, wie viele Verträge nach statistischer Wahrscheinlichkeit in den künftigen Perioden durch diese Regelung erfaßt sein werden.

Nur wenn man weiß, was es in den zurückliegenden Referenzperioden von ein, zwei, drei oder vier Jahren für Volumina von Aufträgen gegeben hat, die jetzt unter das neue Regime fielen, kann man die Lage abschätzen beziehungsweise vielleicht die Vergabepolitik ändern und für die Zukunft anpassen.

Darüber hinaus sind in den derzeit geltenden Bundeshaushaltsgesetzen keine diesbezüglichen Positionen vorgesehen. Wir wissen auch aus der Anfragebeantwortung, daß logischerweise, weil das eine Gesetz früher, das andere später geschaffen wurde, erstmals ab 1998 damit gerechnet werden kann, daß Budgetansätze für solche Vertragsverhältnisse gebildet werden.

Wir haben also aufgrund der Beantwortung unserer Anfragen feststellen können, daß die Bundesministerien nicht gewußt haben, worum es sich dabei im Hinblick auf ihre eigenen Häuser handelt. Sie haben keine Budgetansätze, die sie in die Lage versetzen, Auftragsverhältnisse, die unter dem Regime der Werkvertragsregelung liegen, so zu vergeben, daß nicht auch der sogenannte Auftraggeberanteil von den Auftragnehmern bezahlt werden muß, beziehungsweise wurde dadurch das Volumen solcher Aufträge um ein Sechstel gekürzt, das heißt, im Ausmaß von 17 Prozent wurden dort Arbeitsplätze vernichtet. Das ist aus der Auswertung der Anfragen zu erkennen, und zwar aus jeder einzelnen, daher auch aus der Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin.

Es ist dies nicht explizit in den Antworten enthalten, aber implizit, und die Fragen waren so gestellt, daß sie uns bei seriöser Beantwortung in die Lage versetzt haben, sie auszuwerten. Es ist mir ein Bedürfnis, von dieser Stelle aus das, was wir zu allen Zeiten gesagt haben, festzuhalten, daß nämlich diese Regelung in der vorliegenden Form, indem man sich an der Pflichtversicherung festklammert, statt sich dem Grundsatz der Versicherungspflicht zu öffnen, im Rahmen der Bundesministerien zu einer Arbeitsplatzvernichtung im Umfang von einem Sechstel geführt hat. – Punkt 1.

Punkt 2 – die Sache wird interessanter: Wir hatten uns die Mühe gemacht, alle Ministerien abzufragen, und haben daher eine Quersumme gebildet. Wir haben festgestellt, wie viele Verträge dieser Art in allen Ministerien in Summe vergeben wurden. Es waren 535 sogenannte Werkverträge – ich verkürze das immer – im zweiten Halbjahr 1996.

Dankenswerterweise hat Herr Kollege Öllinger annähernd zur gleichen Zeit eine Anfrage ebenfalls an die Frau Bundesministerin gerichtet und wollte wissen, wie viele Werkverträge dieser Art bei den Gebietskrankenkassen in derselben Referenzperiode zur Anmeldung gelangt sind.

Das wurde auch sehr sorgfältig beantwortet, allerdings offensichtlich von anderen Abteilungen im Haus der Bundesministerin beziehungsweise ohne Berücksichtigung der Tatsache, daß Abgeordnete in der Lage sind, zwei oder mehrere Anfragebeantwortungen nebeneinanderzulegen und im Sinne einer sogenannten Kontrollmitteilung miteinander zu vergleichen.

Dabei stellte sich heraus, daß in der Anfragebeantwortung, die darauf abzielte, festzustellen, wie viele Anmeldungen zur Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 und 5 bei den Gebietskrankenkassen eingelangt sind, unter der Rubrik "Bund" sprich Bundesministerien von 289 Vertragsverhältnissen berichtet wurde.

Ich möchte heute von dieser Stelle aus festhalten: Diese gesetzliche Regelung führt dazu, daß seitens der obersten Behörden und Dienststellen des Bundes, wenn man sie fragt, wie viele Verträge sie abgeschlossen haben, die unter das Regime des § 4 Abs. 4 und 5 ASVG fallen, die Summe von 535 für eine bestimmte Referenzperiode genannt wird, und wenn man dann fragt, wie viele bei der Gebietskrankenkasse gemeldet worden sind, 289 genannt werden, sodaß also 246 irgendwo schweben, am Postweg im weitesten Sinn des Wortes.


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Das wollte ich im Rahmen dieser Anfragebesprechung gerne der Frau Bundesministerin so mitteilen, daß sie in der Lage ist, darauf zu antworten.

Die Vertreter der Bundesregierung, die mit derselben Frage im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof konfrontiert waren, waren nicht in der Lage, darauf zu antworten – verständlicherweise, sie sind vielleicht durch diese Frage überrascht worden.

Eine Antwort, die wir dort bekommen haben, nenne ich jetzt gleich vorweg, damit sie nicht versehentlich der Frau Bundesministerin von ihrem Stab empfohlen wird. Man hat gemeint, vielleicht waren bei den 535 auch Gewerbliche dabei oder Unternehmen, die gar nicht unter das Regime fallen. – Ich halte hier ganz ausdrücklich fest: Die auf der rechtlichen Seite wirklich sehr seriöse Anfragebeantwortung stellt ausdrücklich klar, daß diese 535 nur solche Verträge sind, die eben nicht unter das gewerbliche Regime und nicht unter ein anderes Regime fallen, sondern die eben ausdrücklich und nur freie Dienstverträge oder dienstnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse sind, also solche nach § 4 Abs. 4 und 5 ASVG. Diese Abgrenzung ist in der Anfragebeantwortung ganz sauber vorgenommen worden, und die Differenz von 246 erklärt sich keineswegs dadurch, daß vielleicht Gewerbliche dabei waren.

Ich meine, die Sache ist deswegen so ernst, weil die Leute, die in den Bundesministerien diese Dinge abwickeln, alle rechtskundig sind, alle gewissenhaft sind, alle sorgfältig arbeiten und trotzdem offenbar nicht in der Lage sind, wenn man so fragt und so fragt, Zahlen zu berichten, die einigermaßen deckungsgleich sind. Daß es eine kleine Differenz geben kann durch Fristenverschiebungen, das würde ich einsehen, aber eine Differenz im Ausmaß von 50 Prozent scheint mir doch mehr als aufklärungsbedürftig zu sein.

Ich hätte sogar Verständnis dafür, wenn die Frau Bundesministerin heute hier von der Regierungsbank aus sagen würde: Ich kann das im Detail nicht beantworten, ich bitte, teilweise schriftlich antworten zu dürfen. Aber ich insistiere auf einer Aufklärung, weil sonst bleibt womöglich im Raum stehen, daß die fehlenden 246 Verträge nicht gemeldet wurden und es sich um Hinterziehungstatbestände handelt.

Das glaube ich nicht, aber dann muß es irgendeinen anderen Grund geben. Ich sehe nicht, welchen, aber ich bin der Meinung, die Frau Bundesministerin, in dem Fall als im Bereich der Sozialversicherungsträger aufsichtsführend, wäre die richtige Adresse, deswegen haben wir sie um Antwort gebeten.

Aus der Anfragebeantwortung ergibt sich Schritt für Schritt, daß alle kritischen Fragen – und zwar absolut korrekt – zwischen den Ministerien koordiniert und abgestimmt wurden, teilweise daher in den rechtlichen Passagen wortgleich sind, was ich für vernünftig halte, und sie verweisen teilweise sogar ausdrücklich auf die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin als fachlich zuständig. Das finde ich korrekt, und auch aufgrund dessen ist auszuschließen, daß diese Differenz von 246 durch unterschiedliche rechtliche Interpretationen in den Häusern entstanden ist. Ich darf daher in gespannter Erwartung sein, welche Aufklärung wir bekommen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesminister. – Bitte.

17.48

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kier! Lassen Sie mich, bevor ich zur konkreten Anfrage komme, einige grundsätzliche Bemerkungen zu jenen gesetzlichen Veränderungen machen, die im Strukturanpassungsgesetz vergangenes Jahr beschlossen wurden.

Hintergrund war, daß wir zunehmend mit einer Flucht aus dem Arbeitsrecht konfrontiert gewesen sind, daß zunehmend nicht "normale", sondern atypische Arbeitsverhältnisse abgeschlossen wurden. Durch die Inanspruchnahme von Werkvertragsregelungen oder dienst


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nehmerähnlichen Verträgen wurde die Flucht aus dem Sozialversicherungsrecht angetreten. Damit wurde aber auch die gesamte sozialversicherungspolitische Grundlage entzogen und auch die Solidargemeinschaft der Versicherten in der Sozialversicherung in Frage gestellt.

Ich glaube, man muß sich noch einmal in Erinnerung rufen, warum diese Entscheidung so wichtig war und warum sie ganz einfach notwendig geworden ist: Einerseits, um jene Betroffenen, die von diesen arbeitnehmerähnlichen Vertragsformen erfaßt sind, in den Schutz der Sozialversicherung zu bekommen, auf der anderen Seite aber auch, um dafür Sorge zu tragen, daß Umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen sind, und zum dritten, um die Finanzierungsgrundlagen für die Sozialversicherung auch für die Zukunft festzuhalten und sicherzustellen.

Ich möchte Sie auch daran erinnern, daß wir im vergangenen Jahr gesagt haben, daß diese Maßnahmen ein erster Schritt sind. Wir haben von der Bundesregierung den Auftrag bekommen, ein Konzept zu erarbeiten, in das alle Erwerbseinkommen innerhalb bestimmter Grenzen, von der untersten bis zur Höchstbemessungsgrundlage, in die Sozialversicherungsbemessungsfrist einzubeziehen sind.

Es wurde eine diesbezügliche Studie noch von meinem geschätzten Vorgänger, dem Kollegen Hums, in Auftrag gegeben. Diese Studie wird in den nächsten Wochen vorliegen, und sie wird auch die Basis für die kommenden politischen Beratungen sein. Ich hoffe, daß ich die Unterstützung des Hauses finden werde, um dieses auch von Ihnen formulierte Ziel zu erreichen, alle Erwerbseinkommen in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte auch festhalten, daß diese Vorgangsweise nicht nur zum Vorteil jener ist, die auf der Vertragsnehmerseite sind, sondern sie ist auch zum Vorteil jener Unternehmen, die Auftraggeber sind. Diese Vorgangsweise ist nämlich in der Vergangenheit ein Wettbewerbsvorteil für jene Unternehmen gewesen, die sich daraus Kostenvorteile zu Lasten jener Unternehmen verschafft haben, die sich bisher an die Logik unseres Sozialversicherungssystems gehalten haben. Ich glaube, auch im Sinne einer Beseitigung dieses nicht sehr seriösen Wettbewerbs war es wichtig und im Sinne der Unternehmungen, diese Maßnahmen zu setzen.

Sehr geschätzter Kollege Kier! Ich möchte auf das zurückkommen, was Sie hier schriftlich und mündlich vorgetragen haben. Ich lege Ihre Fragestellung in der Richtung aus, daß Sie wissen möchten, wie viele Aufträge in Form von Verträgen gemäß § 4 Abs. 4 und 5 des ASVG vom 1. Juli 1996 bis zum Tage Ihrer Anfragebeantwortung im Bereich meines Ressorts – ich sage hier: im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, denn es war ja diese Spanne, die hier angesprochen wurde – sowie der nachgeordneten Dienststellen vergeben wurden und wie hoch das Auftragsvolumen gewesen ist.

In meinem Ressort, eben dem Ressort des Kollegen Hums, wurden in diesem Zeitraum drei sozialversicherungspflichtige Verträge mit einem Gesamtauftragsvolumen von insgesamt 1 689 246,40 S abgeschlossen.

Ich habe einer Aussendung von Ihnen und auch einer Pressekonferenz entnommen, daß Sie gemeint haben, es gebe im Sozialministerium einen EDV-Techniker in einem derartigen Vertragsverhältnis; es wurde mir zumindest so von Ihrer Pressekonferenz vermittelt.

Ich habe versucht, diesen Techniker in unserem Ministerium ausfindig zu machen. Er war nicht auffindbar, sodaß ich also bei dieser Angabe bleiben kann und muß und Ihnen nur drei derartige Verträge anbieten kann.

Ich möchte auch auf die 535 Werkvertragsnehmer, die vom Bund errechnet wurden, Bezug nehmen. Ich habe mich bemüht, hier zu recherchieren, wie man auf die Zahl von 535 kam, und nach meiner Berechnung wären es eigentlich 536, wenn man alles genau zusammenzählt. Wir kommen also doch weitgehend zu den gleichen Daten.


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Es ist mir aber nicht bekannt gewesen – und daher tue ich mich schwer, Ihre Anfrage absolut zufriedenstellend zu beantworten –, ob diese Zahl an einem bestimmten Stichtag erhoben wurde oder sich auf einen laufenden Zeitraum bezieht. Es ist daher für mich sehr schwer, hier entsprechende Vergleiche anzustellen.

Lassen Sie es mich ein bißchen salopp darstellen: Es ist schwer, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, und wenn hier nicht die gleichen Werte gegenübergestellt werden, ist es auch schwer, die richtigen Interpretationen zu finden und die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen.

Was ich zum Ausdruck bringen möchte, ist, daß es doch sehr schwer ist, Stichtagserhebungen immer mit langfristigen Interpretationen zu versehen. Ich meine, daß Stichtagserhebungen nicht jene Aussagekraft haben, die eine langfristige Betrachtung hat.

Ich möchte auch grundsätzlich sagen, daß es unser Bestreben war, von Werkvertragsregelungen alten Stils wegzukommen, daß es unser Ziel war, echte Arbeitsverträge abzuschließen oder Auftragsvergaben im Sinne eines allgemeinen Auftrages vorzunehmen.

Geschätzter Herr Abgeordneter! Sie haben auch die Anfrage des Kollegen Öllinger im Zusammenhang mit der Werkvertragsregelung angesprochen, und ich möchte daher auch darauf kurz eingehen.

Aus dieser Antwort ergibt sich aufgrund einer Tabelle – ich glaube, sie ist Ihnen bekannt –, daß seitens des Bundes, der Länder und der Gemeinden Anmeldungen zur Pflichtversicherungen in einem Gesamtausmaß von 289 getätigt wurden und damit unter dem Titel Bund: Werkverträge in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 17. Jänner 1997 diese Anzahl gemeldet wurde.

Ich gestehe Ihnen zu, daß ein gewisser Widerspruch zwischen der Zahl 536 und der Zahl 289 auffällt. Ich habe folgende Erklärung für diese Diskrepanz, wobei ich glaube, daß sie nicht wirklich eine politische Aussage hat und auch keine Bewertung des Funktionierens der neuen Regelung ist, sondern tatsächlich nur eine Iststandserhebung bedeutet.

Es war grundsätzlich vereinbart, daß die Ressorts nur solche Werkverträge melden, die auch tatsächlich der Sozialversicherungspflicht unterliegen – so hat es zumindest das Sozialministerium gemacht. Tatsächlich dürften die Ressorts aber auch Werkverträge mitgezählt haben, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, indem etwa auch Verträge gezählt wurden, die unter der Versicherungsgrenze von 7 000 S liegen, oder Verträge von Personen, die aufgrund dieser Tätigkeit bereits anderweitig sozialversichert sind, oder es liegt überhaupt ein sogenannter echter, nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegender Werkvertrag vor.

Ich glaube, auch diese Darstellung zeigt, daß hier verschiedene Vorgangsweisen rechtens gewesen sind und daher Querschlüsse nicht wirklich jene Aussagekraft haben, die Sie da hineininterpretieren.

Ich möchte aber, weil Sie es in Ihrer Anfrage angesprochen haben, noch einmal kurz zum Arbeitsmarktservice Stellung nehmen. Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Sie wissen, daß das Arbeitsmarktservice aus der Hoheitsverwaltung ausgegliedert ist und daher auch in der Gebarung autonom entscheiden kann. Für mich als Aufsichtsbehörde ist es wichtig, daß das AMS im Sinne der Gesetze handelt und dementsprechend auch die arbeitsmarktpolitischen Vorgaben einhält. Soweit ich es nachvollziehen kann, ist das AMS auch korrekt vorgegangen.

Lassen Sie mich zum Schluß nur noch sagen, daß wir in der Zeit von Juli 1996 bis Februar 1997 tatsächlich 32 000 Anmeldungen von Werkverträgen nachvollziehen konnten.

Der aktuelle Versicherungsstand zum 28. Februar 1997: Bei den Gebietskrankenkassen sind 12 200 Personen angemeldet. Sie sehen schon aus dieser Darstellung, daß hier eine Fluktuation gegeben ist, weil gerade Werkverträge, bei denen im Sinne dieser Meldung vorgegangen wird, oft sehr kurzfristige Verhältnisse beinhalten und die Zahlen daher nicht wirklich vergleichbar sind.


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Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Aussagen die schriftliche Anfragebeantwortung noch etwas näher erläutern. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

In der weiteren Debatte betragen die Redezeiten bekanntlich 5 Minuten.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Kier! Sie haben schon recht, daß Abgeordnete in der Lage sind, zwei Anfragebeantwortungen miteinander zu vergleichen. Sie sind auch in der Lage, die Anfragen zu vergleichen, und Ihre Anfrage hat gelautet, wie viele Werkverträge es im Ressort und in den nachgeordneten Dienststellen gibt.

In der Anfrage des Kollegen Öllinger sind die nachgeordneten Dienststellen nicht angesprochen. Ich denke, das könnte eventuell auch diese Differenzen erklären, weil ja die Anfragestellung inhaltlich nicht mehr identisch ist. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Das ist schon richtig, aber es werden die nachgeordneten Dienststellen nicht aufgrund ihrer Wertigkeit und ihres Stellenwertes hinterfragt.

Grundsätzlich möchte ich feststellen, daß wir das Thema "Werkverträge" in diesem Haus schon mehrmals behandelt haben.

Ich akzeptiere Ihre Argumentation, daß die Verringerung des Volumens von 17 Prozent zugleich weniger Arbeitsplätze bedeutet, nicht ganz, denn da müssen wir einmal wissen, über welche Arbeitsplätze wir reden. Reden wir über Arbeitsplätze, bezüglich derer es eine sozialrechtliche Absicherung gibt, oder reden wir über Arbeitsplätze, die keine sozialrechtliche Absicherung inkludieren?

Das ist der springende Punkt, warum wir uns überhaupt für eine Werkvertragsregelung entschieden haben. Gerade Sie, Herr Kollege Kier, wissen ganz genau, daß es ein Mißbrauch war, der mit arbeitslosen Menschen betrieben worden ist, indem man mit den Werkverträgen sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnisse umgehen wollte.

Eines der extremsten Beispiele gab es schon vor Jahren, als eine Handelskette ihre Filialleiter angeschrieben hat, sie sollen Leute mit Werkverträgen stundenweise auf Abruf beschäftigen, vorwiegend Frauen, die mit dem Mann mitversichert sind. Er soll sich erkundigen, daß das auch geschieht. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Das war schon vor Jahren. So hat es angefangen und immer weiter Platz gegriffen.

Ich finde es nicht zulässig, Herr Kollege Kier – obwohl es natürlich Ihr Recht ist, es zu tun –, die Sozialversicherungspflicht und die Thematik Pflichtversicherung und Versicherungspflicht da mit hineinzunehmen. Das halte ich für äußerst polemisch, das möchte ich hier ganz offen und deutlich zum Ausdruck bringen.

Wir kennen Ihre Position zu dieser Frage, Sie kennen unsere Position zu dieser Frage. Es ist Ihnen schon mehrmals anhand von Zahlen und Fakten nachgewiesen worden, daß es kein Vorteil für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, wenn wir nicht bei diesem System bleiben, sondern daß es ein Nachteil für sie ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grund halte ich es für nicht ganz fair, daß Sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit diese Thematik mit zumindest einem Satz ansprechen. Ich sage es Ihnen aus meiner Position, Herr Kollege Kier.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt eingehen. Wir haben hier in diesem Haus, gerade weil wir uns der Problematik bewußt sind, die sich hier ergibt und die sich in Zukunft noch


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stärker ergeben wird, auch durch den Einsatz von Telekommunikation, von Informationssystemen und dergleichen mehr, einen Entschließungsantrag eingebracht, in welchem wir die Regierung auffordern, sich zu überlegen, wie wir für alle Erwerbseinkommen eine Sozialversicherungspflicht erreichen können.

Ich bin der Frau Bundesministerin sehr dankbar dafür, daß sie diese Anfragebesprechung auch dazu verwendet hat, uns in diesem Haus darüber zu informieren, daß von ihrer Seite, von ihrem Ressort her diese Arbeiten bereits im Gang sind, und ich möchte mich ganz offiziell namens meiner Fraktion dafür recht herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kier! Damit ist gesichert, daß sich dieses Hohe Haus weiterhin mit dieser Thematik befassen wird. Es ist aber auch gesichert, daß es vor allem die sozialdemokratischen Abgeordneten sein werden, die sich diesem Thema verstärkt widmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte. 5 Minuten Redezeitbeschränkung.

18.03

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß anerkennen, daß der Abgeordnete Kier seine Position sehr sachlich dargelegt hat. Ich möchte das ausdrücklich feststellen, denn ich begrüße es, wenn man konkret sagt, worum es geht, und danach versucht, auf dieser Ebene die Fragen zu klären.

Ich bin der Meinung, daß man die Frage mit den Arbeitsplätzen nicht so klären kann, wie das mit den 17 Prozent zu erklären versucht wurde. Wenn es nämlich Erwerbseinkommen gibt, so gehe ich davon aus, daß Erwerbseinkommen auch sozialversicherungspflichtig sind. Und wenn eine Sozialversicherungspflicht besteht, sind natürlich von Werkvertragseinkommen Sozialversicherungsbeiträge zu leisten.

Man kann also nicht von vornherein sagen, daß dadurch Arbeitsplätze verlorengegangen sind, sondern es ist ein Faktum, daß wir Wettbewerbsnachteile, Wettbewerbsverzerrungen verhindern und beseitigen wollten. Das war ein ganz wichtiges Anliegen dieser Werkvertragsregelung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum zweiten Punkt, zur Frage, daß nur 289 Anmeldungen bei den Gebietskrankenkassen erfolgt sind und 535 Werkverträge vergeben worden sind. – Ich glaube, daß man diese Frage noch prüfen sollte, und ich bin auch der Meinung, daß das Sozialministerium der Frage nachgehen sollte, ob dieses Argument, das hier vorgebracht worden ist, tatsächlich das entscheidende ist.

Ich möchte aber noch auf ein Drittes hinweisen, dies vor allem deshalb, weil eine so sachliche Argumentation geführt worden ist. Auch ich bin der Sache heute nachgegangen und habe mich bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erkundigt. Ich bin immer davon ausgegangen, daß, wenn es zu dieser Neuregelung kommt, zur Sozialversicherungspflicht für diese Art von selbständigen Einkommen, sich diese Personen, die selbständige Erwerbseinkommen erzielen, auch einen Gewerbeschein holen und damit bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sozialversicherungspflichtig werden.

Was ist tatsächlich geschehen? – Im ersten Halbjahr 1996 gab es 19 000 Neuanmeldungen, im zweiten Halbjahr waren es über 24 000 Neuanmeldungen. Das ist ein positiver Effekt, und genau das wollten wir mit dieser Werkvertragsregelung erreichen: nicht, daß man jetzt einfach nur bezahlt, sondern daß man sich korrekt zur Sozialversicherung meldet. Das haben wir damit erreicht, und ich meine, daß 5 000 neue Sozialversicherungsverhältnisse ein sehr positiver Aspekt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das bedeutet, daß 5 000 Personen, die vorher nicht sozialversicherungspflichtig waren, nun sozialversicherungspflichtig geworden sind, in das System unserer Sozialversicherung hineingenommen worden sind. (Abg. Dr. Khol: Und eine Rente


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kriegen!) Das ist, so meine ich, doch etwas ganz Wesentliches, denn natürlich bekommen sie eine Pension, sind sie krankenversichert, genießen also einen Sozialversicherungsschutz.

Ein letzter Punkt: Wir können es nicht nachweisen, aber ich vermute, daß in vielen Fällen solche freien Dienstverträge in echte Dienstverträge umgewandelt worden sind, daß die betreffenden Personen in die normale ASVG-Versicherungspflicht aufgenommen worden sind. Wir können die Zahlen natürlich nicht eruieren, aber ich vermute, daß hier eine ganze Reihe neuer Versicherungsverhältnisse entstanden ist. Das heißt, auch Unselbständige sind nun in die Versicherungspflicht hineingenommen worden.

Diese Nebenwirkungen, die von uns beabsichtigt waren, beweisen, daß der Weg im Grunde der richtige war. Ich freue mich, daß wir, SPÖ und ÖVP, grundsätzlich der Meinung sind, daß wir die Pflichtversicherung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit umfassend zu regeln haben. Daran werden wir sicherlich in den nächsten Monaten arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.08

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Bundesministerin! Ich erlaube mir, ebenso wie Sie, Frau Bundesministerin, zunächst einmal ein paar allgemeine Ausführungen zu den Bestimmungen des § 4 Abs. 4 und Abs. 5 ASVG zu machen.

Frau Bundesministerin! Ich habe hier mehrfach gesagt, daß diese Regelungen von vornherein zum Scheitern verurteilt waren. Man hat versucht, eine Tätigkeit, die vom Inhalt her eine selbständige Tätigkeit ist, in das Korsett einer Versicherung für Unselbständige zu pressen. Frau Bundesministerin, das wäre die Quadratur des Kreises gewesen, und es hat sich gezeigt, daß diese Regelung in der Praxis nicht umzusetzen ist, daß diese Regelung nicht vollziehbar ist, daß mit dieser Regelung nicht das erreicht werden kann, was ursprünglich gemeint war.

Meine Damen und Herren! Die Frau Bundesministerin hat hier ganz offen zugegeben, daß einer der Hauptgründe war, Mehreinnahmen zu lukrieren. Und ich sage Ihnen eines, Frau Bundesministerin: Mehreinnahmen – jawohl, aber nur kurzfristig. Sie vergessen, daß durch diese Werkvertragsregelungen auch Pensionsanwartschaften erworben werden. Es gibt viele Fachkommentatoren, die heute schon sagen, daß gerade diese Regelungen, wenn sie massiv umgesetzt werden, das Pensionssystem zum Platzen bringen werden.

Meine Damen und Herren! Es war ursprünglich immer von einer Größenordnung von etwa 300 000 Anmeldungen die Rede, die das Ministerium erwartet hat. Auch "Werkvertragsman" Hums hat immer von etwa 300 000 Anmeldungen gesprochen.

Nun, Frau Bundesministerin, bisher waren es nur etwa 12 000, 15 000, 20 000 Anmeldungen. Das heißt, das System funktioniert nicht. Und es gibt viele Gründe dafür: Entweder werden heute keine Werkverträge mehr abgeschlossen, oder die Auftraggeber negieren einfach die Bestimmungen des § 4 Abs. 4 und 5, oder man weicht in andere Rechtsformen aus – Vergesellschaftung, OEG, KEG et cetera –, oder man macht sich selbständig. Herr Kollege Feurstein hat schon richtigerweise vermerkt, daß es 5 000 Gewerbescheinanmeldungen mehr gegeben hat. Vor allem Ihre Kammerfunktionäre werden sich freuen: 5 000 neue Zwangsmitglieder bei der Wirtschaftskammer.

Aber es kommt noch dazu – und das weiß ich aus meiner Erfahrung –, daß sehr viele Werkverträge ins Ausland verlagert werden. Schlicht und einfach! Es ist in Zeiten der Telekommunikation kein Problem mehr, sich Software im benachbarten Ausland zu bestellen, und damit werden Arbeitsplätze im Inland vernichtet.


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Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wenn Sie in Ihrer Anfragebeantwortung schreiben, daß diese Bestimmungen als eine der Maßnahmen zur Verhinderung der Umgehung der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung zu verstehen sind, dann geht das am Kern vorbei. Es war bisher immer schon so: Wenn Mißbrauch betrieben wurde, dann konnte mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen sehr wohl ein volles Dienstverhältnis geschaffen werden.

Nur eines haben Sie jetzt gemacht: Sie haben mit diesen Bestimmungen eine Beweislastumkehr eingeführt. Nicht mehr der Sozialversicherungsträger, nicht mehr die Gebietskrankenkasse hat im Zuge der Prüfungstätigkeit festzustellen, ob hier ein echter Dienstvertrag vorliegt oder nicht, sondern der Auftraggeber. Es ist dies eine neue, massive bürokratische Belastung für die österreichische Wirtschaft.

Und wenn Sie vermeinen, sagen zu müssen, daß dadurch die Menschen in das Pensionssystem kommen: Mit dieser Regelung werden Sie die zukünftige Pensionssicherung sicherlich nicht gewährleisten.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe nur, daß der Verfassungsgerichtshof in absehbarer Zeit einen entsprechenden Entscheid treffen wird. Als einer, der bei der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH dabei war, war ich eigentlich erschüttert, daß die Vertreter des Sozialministeriums dort nicht in der Lage waren, Fragen der Verfassungsrichter zu beantworten. Der Referent Dr. Korinek hat es auf den Punkt gebracht, als er meinte, er habe sich intensiv und lange mit der Materie beschäftigt, aber er kenne sich noch immer nicht aus. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Damit reiht er sich würdig ein in die Aussage des ehemaligen Finanzministers und nunmehrigen Bundeskanzlers Klima, der auch gesagt hat, er kenne sich bei diesen Bestimmungen nicht aus. – Daher: weg damit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.14

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Wann immer diese Bundesregierung ein Problem sieht, hat sie eine Lösung (Beifall des Abg. Wallner ) : Sie schafft eine Reglementierung. Hervorragend! Sie schafft eine neue Bürokratie, und wir brauchen dann den Verfassungsgerichtshof, damit er sie wieder zur Ordnung ruft. (Abg. Sigl: Nein, das ist schon entschieden!) Das ist es doch, was sich hier abspielt.

Sie gehen in einer Art und Weise an die Themen heran! Sie denken, Sie haben Glück, es gibt 5 000 neue Versicherte. Wissen Sie, was Sie in den Unternehmungen angerichtet haben an Bürokratie, an Frust? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die sagen, wir müssen das alles durchführen, was Sie beschlossen haben. Aber Sie haben 5 000 neue Versicherte! Mein Gott, wie stolz Sie darauf sind! Das ist ja das reine Vergnügen! – Das ist doch der wirkliche Punkt, meine Damen und Herren!

Die Frau Ministerin sagt es uns noch ganz offen, daß sie ja gar keine Werkverträge will. Sie will ein ordentliches Dienstverhältnis. Das ist aber leider zu teuer geworden, Frau Bundesministerin! Das haben Sie über Lohnnebenkosten so lange verteuert, daß das ordentliche Dienstverhältnis eben nicht stattfindet. Der Werkvertrag findet jetzt auch nicht mehr statt, also gehen wir jetzt zu den Selbständigen. Hervorragend! Da sind aber die Selbständigen wieder dagegen wegen der Gewerbeordnung.

Sie verhindern die Beschäftigung, wo es geht, weil Sie reglementieren wollen in diesem Land! Wie die Zauberlehrlinge reglementieren Sie: Alles muß ausreglementiert werden! Von oben nach unten, nicht subsidiär von unten nach oben. Nein, eine Werkvertragsregelung brauchen wir. Von oben nach unten! Bis ins Detail. (Abg. Haigermoser: Ein Arbeitsverbot ist das!) Wir werden euch schon knuten! Und wenn es dann in die Schwarzarbeit geht – das passiert nämlich jetzt; die Schwarzarbeit steigt dramatisch –, dann sind diejenigen, die in die Schwarzarbeit gehen, die Bösen.


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Merken Sie nicht, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien: Je mehr Sie reglementieren, desto attraktiver wird die Schwarzarbeit, und je stärker Sie an der Steuerschraube drehen, desto mehr wird der Pfusch. Das ist die Realität, der Sie sich einmal stellen müssen! Ich hoffe nur eines: daß der Verfassungsgerichtshof wirklich hergeht und diesen Unsinn aufhebt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Warum haben Sie, meine Damen und Herren, denn nicht den Mut, ganz klar zu sagen: Wir erfassen das Einkommen jedes Bürgers in allen Einkommensarten. – Einverstanden! Wir erfassen es durch die Selbstveranlagung des mündigen Bürgers. Sie kommen darum nicht herum! Danach können Sie die Bemessungsgrundlage des selbstveranlagten Bürgers definieren und festlegen, welche Teile dieser Selbstbemessungsgrundlage im Sinne einer Versicherungspflicht – die Sie ja in einem Freudschen Versprecher auch gefordert haben, liebe Frau Ministerin; vielleicht ist es Ihnen nicht aufgefallen; Sie haben von der Versicherungspflicht gesprochen und haben die Pflichtversicherung gemeint – zu sehen sind. Und wenn Sie dann die neue Bemessungsgrundlage bei der Versicherungspflicht haben, soll sich jeder in der Sozialversicherung versichern, wo er es für richtig hält, und zwar mit einem Kontrahierungszwang, Frau Bundesministerin, damit keine Wettbewerbsverzerrung eintritt.

Diese Werkvertragsregelung ist, wie so vieles, was Sie in den letzten eineinhalb Jahren beschlossen haben, das Gegenteil von dem, was Sie immer sagen. Sie reden von Deregulierung, Sie reden von Entbürokratisierung, schaffen jedoch eine bürokratische Regelung nach der anderen in diesem Land und wundern sich, wenn Sie dann wenige Selbständige haben, wenn Sie keine Beschäftigung haben, wenn Sie kein Wirtschaftswachstum haben und die Schwarzarbeit blüht. Das ist Ihre Politik! (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

18.17

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Schade, daß Abgeordneter Peter jetzt noch die Versicherungspflicht hereingebracht hat. Wir hätten sowieso schon genug zu diskutieren, aber bitte nicht die Versicherungspflicht!

Zur Versicherungspflicht nur eine Anmerkung am Rand: Schauen Sie doch in die Bundesrepublik Deutschland, Herr Abgeordneter Peter, oder in die Schweiz! Dort gibt es die Versicherungspflicht, dort gibt es auch den Kontrahierungszwang – es ist eine Katastrophe, schlichtweg eine Katastrophe! Das müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen, denn ich denke, mit Ihnen kann man darüber reden. Sie meinen, bei der Versicherungspflicht – vor allem, wenn ich nur die bestehenden Sozialversicherungen nehme, aber selbst wenn ich Private dazunehmen würde – kann ich es mir aussuchen. Ja, glauben Sie wirklich, Herr Abgeordneter Peter, daß das eine große Wahlfreiheit ist, wenn ich zwischen der Salzburger Gebietskrankenkasse und der Wiener Gebietskrankenkasse wählen kann? Glauben Sie wirklich, daß das kostenmindernd wirkt, wenn sich die Salzburger Gebietskrankenkasse dann einen Apparat in Wien aufbauen muß? – Aber Schluß damit! Das war nur eine Anmerkung am Rand. (Abg. Mag. Peter: Sie glauben nicht an die Kraft des Wettbewerbs!)

Wir sollten über die Werkverträge diskutieren und über die verfehlten Regelungen sozialer Absicherung bei den Werkverträgen. Denn eines hat mir die Debatte bis jetzt schon wieder gezeigt: Da wird jubiliert, Herr Abgeordneter Feurstein, daß 5 000 Personen in die gewerblichen Sozialversicherungen hinübergegangen sind, und auf der anderen Seite müssen Sie aber zugeben: Wir wissen nicht, wie viele von denen, die als Werkvertragsnehmer beschäftigt waren, jetzt Arbeitnehmer geworden sind. – Das hätten Sie, das hätte auch ich gerne gewußt.

Das heißt, wenn man schon so eine Regelung wie die Werkvertragsregelung macht, dann sollte man das auch begleitend beobachten, damit man weiß, was sich da tut. Das ist das Problem, das wir alle haben: Wir wissen, ins GSVG haben 5 000 übergewechselt, aber was Sie nicht wissen und ich nicht weiß: Wie viele davon haben vorher tatsächlich eine unternehmerähnliche


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Tätigkeit gemacht und wie viele von diesen 5 000 zum Beispiel machen nach wie vor arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten und sind nur deswegen in das GSVG gewechselt, weil das immer noch besser ist, als gar keine oder eine schlechte Versicherung wie bei den Werkverträgen zu haben? – Und das ist doch das eigentliche Problem!

Ich hätte jedem und jeder Abgeordneten hier im Haus gewünscht, sich die Debatte – eigentlich war es eher eine spannende Fragestunde – beim Verfassungsgerichtshof anzuhören, sich auch die Not und die Pein jener Beamten anzusehen, die Rede und Antwort stehen mußten für ein Gesetz, das sie nicht zu verantworten haben, weil sie es nicht gemacht haben – zumindest nicht in den heiklen Bestimmungen. Und ich kann Ihnen nur sagen, die Verfassungsrichter – ich war selbst verwundert – haben sehr präzise nach den Bestimmungen dieser Werkvertragsregelung gefragt. Ich kann mir nach dem, was ich dort gehört habe, nicht vorstellen, daß diese Werkvertragsregelung aufrechtbleibt.

Aus guten Gründen kann das nicht aufrecht bleiben. Denn es ist völlig unverständlich, daß ich etwa jemandem, der in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis mit 2 000 S tätig ist und der zusätzlich noch einen Werkvertrag von 2 000 S hat, zumute, daß er jetzt beide Verträge voll sozialversichern muß, während ein Beamter einen Werkvertrag von 7 000 S haben kann, ohne ihn sozialversichern zu müssen.

Es gibt noch etliche Skurrilitäten allein in diesem Teil der Regelung zu beobachten, aber was mich an der Anfrage besonders stört, das ist natürlich die Antwort der Frau Ministerin das AMS betreffend.

Frau Ministerin! Es ist mir eigentlich schon klar ... (Bundesministerin Hostasch ist im Gespräch mit einigen Beamten.) Frau Ministerin, ich hätte Ihnen gerne auch meine Stellungnahme zu dieser Antwort gesagt. (Rufe: Frau Bundesministerin! Hallo! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Frau Ministerin! Nur eine Anmerkung zu Ihrer Antwort betreffend das AMS. Sie und ich, wir wissen, es gibt diese AMS-Regelung betreffend die Werkverträge. Ich verstehe schon und akzeptiere auch – ich muß es akzeptieren –, daß Sie sagen, Sie haben damit nichts zu tun, denn Sie haben nur die Dienstaufsicht. Ich hätte mir nur ein etwas klareres Wort zu dieser Praxis, daß das AMS in Zukunft keine Werkverträge an private Werkvertragsnehmer mehr vergibt, gewünscht. Das hängt natürlich auch damit zusammen, daß diese Werkverträge eben jetzt der Sozialversicherungspflicht unterliegen, das heißt, die Belastungen für das AMS gewachsen sind, und diese Belastungen für das AMS, die aus der Vergabe von Werkverträgen an Private entstehen, nirgendwo ihre Entsprechung im Budget des AMS finden.

Aber das war ja der Grund, warum wir von vornherein daran gezweifelt haben, daß diese Regelung, so wie sie gemacht wurde, tatsächlich positiv und sinnvoll einen Beitrag dazu darstellen kann, die Personen, die vorher in Werkverträgen und werkvertragsähnlichen Verhältnissen gearbeitet haben, tatsächlich in eine soziale Sicherung zu bringen. Erreicht wurde unter anderem damit, sie aus einer sozialen Sicherung herauszubringen und teilweise ohne einen Job zu lassen. (Beifall bei den Grünen.)

18.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 wurde gemäß § 65 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes auf die Zeit nach Beendigung dieser Anfragebesprechung verlegt.

Wir kommen daher jetzt zu den Abstimmungen, die Punkt 1 und 2 der Tagesordnung betreffen.


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Ich werde über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen lassen und bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 622 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haller und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 35 eingebracht.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Z 3a in Artikel II sowie Anfügung einer Z 13 in Artikel II eingebracht.

Die Abgeordneten Öllinger und Genossen sowie die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben weiters je einen Abänderungsantrag betreffend Artikel II Z 4 eingebracht.

Schließlich liegt ein Verlangen auf namentliche Abstimmung hinsichtlich der Abstimmung über Artikel II Z 4 in der Fassung des Ausschußberichtes vor.

Ich werde daher über die von den erwähnten Abänderungs- und Zusatzanträgen betroffenen Teile des Gesetzentwurfes – und zwar der Systematik entsprechend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teil des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Haller und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 35 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für Artikel I Z 35 in der Fassung dieses Abänderungsantrages aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Wir stimmen nunmehr über Artikel I Z 35 in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer hier zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Die genannte Gesetzesbestimmung ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen worden.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung neuer Z 3a sowie 13 in Artikel II eingebracht.

Wer für diesen Zusatzantrag des Abgeordneten Dr. Kier ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Zusatzantrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Öllinger und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Z 4 in Artikel II zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel II Z 4 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel II Z 4 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen ist von 20 Abgeordneten unterstützt worden, daher ist die Abstimmung in dieser Form durchzuführen.

Ich lasse mittels Stimmzettel abstimmen und erläutere ganz kurz den Stimmvorgang.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in Ihren Laden. Sie tragen den Namen des Abgeordneten und die Bezeichnung "Ja" – das sind die graufarbenen Stimmzettel – bezie


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hungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Für die Abstimmung können nur amtliche Stimmzettel verwendet werden.

Die Abgeordneten werden dem Namen nach aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen. Jene Abgeordneten, die für Artikel II Z 4 in der Fassung des Ausschußberichtes stimmen, mögen "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne werfen.

Ich bitte nun die Frau Schriftführerin, Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie später dabei ablösen. – Bitte.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die Bediensteten des Hauses werden jetzt unter der Aufsicht des Schriftführers die Stimmenauszählung vornehmen.

Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für einige Minuten.

(Die Sitzung wird um 18.34 Uhr unterbrochen und um 18.40 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, die Plätze einzunehmen. Wir haben noch Abstimmungen durchzuführen.

Zunächst gebe ich das Ergebnis der namentlich durchgeführten Abstimmung bekannt. Es wurden 162 Stimmen abgegeben, davon "Ja"-Stimmen: 116 und "Nein"-Stimmen: 46.

Artikel II Z 4 in der Fassung des Ausschußberichtes ist somit mehrheitlich angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja " stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmyer, Donabauer;

Eder, Edler, Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Huber, Hums;

Jäger, Jarolim;

Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maderthaner, Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;


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Neisser, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Platter, Posch;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindlegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten :

Apfelbeck, Aumayr;

Barmüller, Bauer Holger, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Gredler;

Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haselsteiner, Hofmann;

Jung;

Kammerlander, Kier, Koller, Krüger;

Lafer, Langthaler;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Motter;

Öllinger;

Peter, Petrovic, Povysil, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schöll, Schreiner, Schweitzer;

Trattner;

Van der Bellen;

Wenitsch.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf in dritter Lesung sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch, Dr. Feurstein und Genossen betreffend Sonn- und Feiertagsarbeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entschließungsantrag ist mehrheitlich angenommen. (E 46.)

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haller und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zur Arbeitszeitflexibilisierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haller und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeldbezug.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Karenzgeldgesetz erlassen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzurlaubszuschußgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 623 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen sowie ein Zusatzantrag der Abgeordneten Haller und Genossen vor.

Weiters liegen Verlangen der Abgeordneten Öllinger und Mag. Haupt auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Artikel 1 § 2 Abs. 1 sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Haupt betreffend Artikel 1 § 3 Abs. 4 Z 2 vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungs- und Zusatzanträgen und den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – und zwar entsprechend der Systematik des Gesetzentwurfes – und anschließend über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 1 § 2 Abs. 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 § 2 Abs. 2 Z 1, 5 und 6 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Artikel 1 § 2 Abs. 2 Z 1, 5 und 6 in der Fassung des Ausschußberichtes.


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66. Sitzung / Seite 148

Ich ersuche diejenigen Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die genannten Gesetzesstellen sind in der Fassung des Ausschußberichtes angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 1 § 3 Abs. 4 Z 2 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Diese Gesetzesstelle ist angenommen.

Die Abgeordneten Haller und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Z 1a in Artikel 10 eingebracht.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Zusatzantrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit . Der Entwurf ist in dritter Lesung angenommen.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 9 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Ministerin.

18.45

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mir erlauben, in Kürze auf einige der Debattenbeiträge zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 9 einzugehen und vielleicht noch einige Informationen zu geben.

Zuerst möchte ich mich aber bei Frau Abgeordneter Gatterer ganz herzlich dafür bedanken, daß sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Ressorts Respekt für die Formulierung dieses Sozialberichtes und auch, was den Inhalt betrifft, gezollt hat. Ich werde diesen Dank gerne weiterleiten. Es ist immer schön, auch Lob zu hören. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte auch das unterstreichen, was Sie, Frau Abgeordnete Gatterer, gesagt haben, nämlich daß im Zusammenhang mit der gesetzlichen Krankenversicherung die beitragsfreie Mitversicherung von 2,9 Millionen Menschen eine der größten familienpolitischen Leistungen ist, die wir in unserem gesamten Sozialsystem anbieten können. Ich glaube, das ist wirklich ein ganz großes, außerordentlich wichtiges Ergebnis unserer Sozialpolitik.

Es wurde von einigen Damen und Herren in den Debattenbeiträgen auf die Pflegevorsorge verwiesen. Ich möchte Sie darüber informieren, daß eine Studie von Herrn Professor Badelt in wenigen Tagen der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Diese Studie wurde von meinem Ressort mit dem Ziel in Auftrag gegeben, dieses sehr junge Gesetz, eben das Bundespflegegeldgesetz, auf seine Umsetzung hin zu hinterfragen, erste Analysen zu erstellen und die ersten Erfahrungen aufzuarbeiten, um uns dann in der weiteren politischen Entscheidung entsprechende Grundlagen dafür zu geben, wie wir dieses Gesetz im Sinne der pflegebedürftigen Menschen weiter


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66. Sitzung / Seite 149

entwickeln können, aber auch, welche Möglichkeiten es gibt – ich bleibe bei den Pflegestufen –, was die Pflegepersonen und die Frage ihrer Mitversicherung beziehungsweise eigenständigen Versicherung betrifft.

Frau Kollegin Gatterer! Sie haben auch gefragt, wieviele Klagen bezüglich der Einstufungen bisher eingebracht wurden. Ich teile Ihnen mit, daß etwa 4 000 Verfahren geführt wurden beziehungsweise noch anhängig sind. Die Hälfte davon wurde für den Klagestellenden positiv entschieden, es steht bezüglich des Ausganges der Verfahren etwa pari.

In der Frage der Versorgung im Scheidungsfall beabsichtige ich, gemeinsam mit Frau Ministerin Prammer zu überlegen, in welcher Form – auf jeden Fall jedoch in einer aufkommensneutralen – wir in der Lage sein könnten, diese mögliche Lücke in unserem Pensionsversicherungssystem zu schließen. Die Gespräche sind im Gange. Wir sind dabei, Modelle zu berechnen, und wir werden Sie, wenn wir konkrete Vorschläge haben, selbstverständlich davon in Kenntnis setzen. Ich hoffe, daß wir dann in diesem Plenum auch Zustimmung zur Schließung dieser letzten Lücke finden können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. )

Ich möchte weiters darauf verweisen, daß wir – im Zusammenhang mit dem Beitrag des Herrn Abgeordneten Öllinger – vereinbart haben, daß im Sozialbericht über das vergangene Jahr, also im nächsten Sozialbericht, auch dem Thema Armut entsprechende Bedeutung beigemessen wird. Es wird in meinem Ressort zu diesem Thema sehr profunde Grundlagenforschung betrieben. Woran es uns im gesamten Datenmaterial unserer Statistiken – nicht im Ressort, sondern insgesamt – mangelt und worauf Kollege Öllinger bereits verwiesen hat, sind Daten zum Vermögen, zu dem, was wir manchmal auch als Reichtum definieren.

Es ist sicherlich auch eine wichtige Aufgabe, wenn wir die Frage von Ausgrenzung und Armut ansprechen, dabei auch Verteilungsfragen und damit Vermögens- und Reichtumsfragen zu betrachten.

Wir können zwar auf einige Unterlagen der Arbeiterkammer verweisen, aber insgesamt sind die Daten, die wir aus den bisherigen wissenschaftlichen Expertisen beziehen konnten, nicht sehr zufriedenstellend.

Ich meine auch, daß man bei der Diskussion über Armut immer zu hinterfragen hat, wodurch sie entsteht, welche Formen von Armut es gibt und was Armut für den einzelnen bedeutet. Man muß da wirklich bei den Wurzeln ansetzen und eine sehr ins Detail gehende Debatte führen, damit man entsprechende Lösungsansätze finden kann.

Zur Frage der gesamten Weiterentwicklung unseres Sozialversicherungsrechtes konnten wir schon in der vorigen Anfragebeantwortung einige Punkte diskutieren. Was das Pensionsrecht betrifft, so möchte ich Sie in diesem Zusammenhang davon in Kenntnis setzen, daß in den nächsten Wochen eine Studie von Herrn Professor Rürup – einem sehr anerkannten deutschen Professor –, veröffentlicht wird, die sich, wie auch schon Studien von österreichischen Experten, mit der zukünftigen Entwicklung des Pensionssystems befaßt.

Nicht zuletzt hat auch die OECD vor wenigen Tagen unser Arbeitsmarktsystem, unser Wirtschaftssystem insgesamt, aber auch das Gesundheitssystem einer sehr kritischen Beurteilung unterzogen und ist zu der Auffassung gekommen, daß wir in großen Zügen sehr gut liegen und ein herzeigbares System haben. Ich meine, es ist gut, selbst von einer so kritischen Instanz wie der OECD eine positive Referenz zu erhalten.

Wichtig ist beim Pensionsrecht, daß wir die Grundlagen dafür schaffen, daß dieses Pensionssystem auch für die Zukunft jene Sicherung erfahren kann, die unsere Bevölkerung benötigt, das heißt: eine hohe Beschäftigung, eine konsolidierte Einnahmenseite und dementsprechend auch die Chance, an den Rädern, die sich im Pensionssystem ergeben, immer wieder so drehen zu können, daß wir die Qualität dieses Systems auch für die Zukunft sichern können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.52


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. – Bitte.

18.52

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Einführung des Pflegegeldes werden ständig Angaben verbreitet, die falsch sind. Die einen tun dies aus mangelnder Information, die anderen tun es offenbar, weil sie bestimmte Absichten damit verbinden.

Ich möchte auf der Grundlage des uns vorliegenden Sozialberichtes einige Klarstellungen treffen. Es wird häufig gesagt, wir hätten uns damals bei der Beschlußfassung massiv verschätzt, die seinerzeit prognostizierten Ausgaben würden den tatsächlichen Ausgaben davonlaufen. – Das stimmt überhaupt nicht! Es ist so, daß die tatsächlichen Kosten des Pflegegeldes erheblich unter jenem Betrag liegen, den wir bei den damaligen Beratungen, bei der Beschlußfassung dieses Gesetzes in diesem Haus angenommen haben. – Das war der wichtige erste Punkt der Klarstellung.

Zweite Klarstellung: Das Pflegegeld hat eine erhebliche Umverteilungswirkung. Es kommt in hohem Ausmaß den Beziehern niedriger Einkommen zugute. Ein Blick in den Sozialbericht beweist dies sehr deutlich: 93 Prozent all jener, die von der Sozialversicherung Pflegegeld bekommen, verdienen monatlich unter 15 000 S brutto. Und wissen Sie, wie hoch die Zahl jener ist, die als Pflegegeldbezieher über 30 000 S brutto verdienen? – Das sind ganze 0,04 Prozent der Pflegegeldbezieher, also nicht einmal 100 Menschen in ganz Österreich. Es ist mir sehr wichtig, das zu erwähnen, um jede Diskussion darüber im Keim zu ersticken, daß man dieses Pflegegeld an Einkommen binden müsse. Ich glaube, das wäre ein sinnloser bürokratischer Aufwand, der uns überhaupt nichts brächte.

Ich darf meinen Bemerkungen noch ein abschließendes Ceterum censeo hinzufügen: Im übrigen bin ich der Meinung, daß wir an der Pflichtversicherung aus prinzipiellen Gründen festhalten sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.55

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich gebe Ihnen darin schon recht, daß der vorliegende Sozialbericht wieder sehr gut aufbereitet ist. Aber leider ist es nur Schnee von gestern, über den wir heute hier diskutieren. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Ruf: Von vorgestern!) Denn leider Gottes spiegelt die soziale Lage, in der sich Österreich im Moment befindet, nicht mehr wider, was 1995 der Fall war. Gerade zum Beispiel im Bereich der Arbeitslosenziffern ist es nahezu gefährlich, sich heute mit den Ziffern von 1995 zu beschäftigen, da diese derzeit – und das sollten wir uns wirklich alle vor Augen halten – ja eklatant höher sind.

Wenn ich mir die Kommentare, die von "leicht steigend gegenüber dem Jahre 1994" bis "leicht fallend gegenüber dem Jahre 1994" lauten, so durchlese, dann muß ich sagen, dies müßte zumindest um den Vermerk "und rasant steigend bis zum Jahre 1997" ergänzt werden. Das wurde hier total verschwiegen! Wir kennen ja die Ziffern von 1996 schon und teilweise auch von 1997. Ich meine, ein Bericht – auch wenn er zwei Jahre alt ist – sollte dazu dienen, daß man, wenn man ihn liest, weiß, wie die Konsequenzen daraus für die Gegenwart aussehen.

Aber egal, ob es um den Bereich der Arbeitslosenquoten geht, die Männer und Frauen betreffen, ob es das Verhältnis der aktiven Beschäftigten gegenüber den Pensionisten ist, ob es die Entwicklung des Realeinkommens der Arbeitnehmer zwischen 12 000 S und 25 000 S widerspiegelt oder ob es um die Entwicklung am Lehrstellenmarkt geht: Überall zeigen sich heute wesentliche Verschlechterungen gegenüber 1995. Diese Tendenzen, so meine ich, hätten doch in diesen Bericht 1995 einfließen müssen – wenn wir ihn schon zwei Jahre später verhandeln.


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Ein Bericht macht doch nur dann Sinn, wenn man daraus Konsequenzen ziehen kann, und das sollte auch der Sinn der Sache sein. Aber wenn diese Konsequenzen dann so ausschauen wie das soeben beschlossenene Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz, wodurch es zusätzlich zu bereits sinkenden Realeinkommen auch noch zur Streichung der Überstunden kommt, ohne daß durch eine Lohnsteuersenkung ein Ausgleich dafür geschaffen wird, dann ist der fortschreitenden Verarmung Tür und Tor – und auch noch die Scheunentüre – geöffnet.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Der Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich, Fritz Freyschlag, hat in einer Publikation vom März etwas Interessantes festgestellt, was sich auch mit meiner Meinung deckt: Es heißt da: Und weniger Lohn bedeutet im Wirtschaftskreislauf auch weniger Kaufkraft, heißt weniger Wirtschaftsleistung, heißt schlechterer Lebensstandard und weniger soziale Sicherheit. Das fördert Radikalisierung und Kriminalität. Das sind die logischen Schlußfolgerungen.

Meine Herren von der SPÖ – und Damen, aber Damen sitzen fast keine mehr in den Reihen der Sozialdemokraten –: Wenn Sie schon Personen in Ihren Reihen haben, die etwas so Vernünftiges hervorbringen, die die Tendenzen klar erkennen, dann frage ich Sie: Warum handeln Sie nicht danach? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde es Ihnen sagen: Sie wollen nicht danach handeln, weil Sie den Sinn für und das Wissen um die Realität bereits verloren haben. Sie sind nicht mehr jene Arbeitnehmerpartei, die Sie vor 20 Jahren proklamiert haben. Das haben wir besonders in der letzten Viertelstunde feststellen müssen. Gott sei Dank ist das Abstimmungsverhalten auch namentlich festgehalten.

Wenn ich schon von Realität spreche, dann muß ich sagen: Sogar die Zahlen in diesem Bericht sind nicht real, sie entsprechen nicht der Wirklichkeit. Ich beleuchte nur die Arbeitslosenquote: Diese Zahlen sind ja geschönt, und zwar deswegen, weil sie nur durch verschiedene Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, erreicht werden.

Einige Beispiele dazu: Viele ältere Beschäftigte sind so früh wie möglich aus dem Arbeitsleben ausgeschieden und in die Frühpension gedrängt worden. Diese Personen sind in der Statistik überhaupt nicht erfaßt! Auch jene, die zurzeit in Arbeitsstiftungen arbeiten, sind in Wirklichkeit Arbeitsuchende und finden keine Arbeit, aber auch sie sind in dieser Arbeitslosenstatistik nicht enthalten.

Oder: Die in Österreich steigende Jugendarbeitslosigkeit wird dadurch frisiert und etwas entschärft, weil jemand, der keine Lehrstelle findet, ja in der Schule bleibt, und zwar ohne zu wissen, ob er diese Schule abschließen möchte oder nicht. Daher ist der Drop-out aus den höherbildenden Schulen auch so hoch.

Oder: Auch arbeitslose Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen sind in der Arbeitslosenstatistik nicht erfaßt. – All diese Personen sind in der Arbeitslosenstatistik nicht enthalten, und dadurch werden die Zahlen geschönt.

Die logische Schlußfolgerung daraus ist, daß Sie, Frau Bundesministerin, das wirkliche Ausmaß der Arbeitssuchenden überhaupt nicht kennen! Die wahre Zahl ist Ihnen gar nicht bekannt, weil die oben erwähnten Gruppen einen großen Teil der Bevölkerung ausmachen. Oder Sie wollen die Zahl nicht wissen, was ich eher annehme, sonst müßten Sie ja rechtzeitig Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mißstände ergreifen.

Es gibt einen Spruch, der, wie ich glaube, auch hier unumstritten ist: Er besagt, daß Arbeitslosigkeit den sozialen Frieden gefährdet. Mit dem Argument, den sozialen Frieden erhalten zu wollen, haben Sie von den Koalitionsparteien, Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP – ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit vor dem EU-Beitritt –, der österreichischen Bevölkerung den EU-Beitritt schmackhaft gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber statt einer Eindämmung der damals schon herrschenden Arbeitslosigkeit ist die Zahl arbeitsloser Menschen hinaufgeschnellt. Aber das verschweigt dieser Bericht, diese Tendenz zeigt er nicht auf! Wir reden hier über Dinge, die vor zwei Jahren noch maßgeblich waren, jetzt aber


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nicht mehr. Das heißt, dieser Bericht stellt die Tatsachen nicht richtig dar. Er verschleiert Entwicklungen und führt letztendlich – wir haben es jetzt gerade erlebt – zu Gesetzesbeschlüssen, die die derzeit schlechte Situation für die Österreicher noch verstärkt. Deshalb lehnen wir Freiheitlichen diesen Bericht ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

19.02

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sozialpolitik ist wie kaum ein anderer Bereich ein Thema, das alle berührt. Es gibt niemanden, der davon ausgenommen ist, denn in irgendeiner Weise sind alle an dieser Entwicklung beteiligt. Ich glaube, mit dem vorliegenden Bericht brauchen wir in keinster Weise einen Vergleich zu scheuen. Hier wird aufgezeigt, daß dem Sozialbereich 683 Milliarden Schilling zugeführt wurden – das sind fast 30 Prozent unseres Bruttoinlandproduktes –, und das ist eine enorme Leistung.

Meine Damen und Herren! Man kann zur EU-Integration stehen, wie man will: Dieser Bericht ist jedenfalls der erste, der Auskunft gibt über das Jahr 1995, in dem Österreich erstmals Mitglied der Europäischen Union war. Auch aus diesem Bericht kann man ersehen, daß sich der Beitritt zur EU absolut vernünftig und gut auf unsere Wirtschaft ausgewirkt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Bericht zeigt das Ergebnis der Leistungen aller Bürgerinnen und Bürger auf. Dieser Bericht zeigt auch das Ergebnis der Leistung unserer gesamten Wirtschaft auf. Daher meine ich, daß wir den Bürgern dafür danken müssen, daß sie diesen Weg mit uns gegangen sind. Wir werden gemeinsam mit ihnen noch vieles zu bewältigen haben. Diese stolze Leistungsbilanz, die hier vorgestellt wird, zeigt natürlich auch, daß nicht nur im Ministerium daran gearbeitet wurde, sondern daß auch die Interessenvertretungen sehr maßgeblich daran mitgewirkt haben, daß wir diese Qualität der Sozialpolitik überhaupt in diesem Land leben und gestalten können. Ich meine, daß dieser Bericht auch sehr deutlich zeigt, daß auch die soziale Verwaltung mit ihren 28 000 Mitarbeitern, mit einem Verwaltungsaufwand von 2,9 Prozent, sehr gut gearbeitet hat. Auch das können wir sagen, auch darauf sollten wir Bezug nehmen.

Wenn sich "Pflichtkritiker" hier herausstellen, dann, so muß ich sagen, fällt ihnen einfach nicht viel ein. Ich habe genau zugehört. Der Hinweis auf den "Schnee von gestern" ist zwar rhetorisch eine sehr gut hörbare Floskel, aber das alleine ist zu wenig! Mir fehlen dabei – ich habe eigentlich darauf gewartet – Ihre Vorstellungen für morgen. Wenn man einerseits "Schnee von gestern" sagt, dann sollte man doch andererseits auch sagen, was morgen sein soll. Das habe ich von Ihnen nicht gehört. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daher ist Ihre Kritik dünn ausgefallen, Frau Kollegin Madl. Wenn Sie meinen, daß die Arbeitslosenstatistik dadurch "getrickst" ist, daß die Leute in die Pension abgewandert sind, dann muß ich Sie fragen: Was wollen Sie? Wollen Sie die Arbeitslosen in der Pension oder die Pension für die Arbeitslosen machen? Was wollen Sie? (Abg. Dr. Krüger: Seriosität! – Abg. Madl: Es sind geschönte Zahlen!) – Beides geht eben nicht. Ich wiederhole: Beides geht nicht! (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Aber trotz Lob und Freude haben wir auch einige Themen und Bereiche zu überdenken. Wir müssen erstens darüber reden, wie sicher unser System überhaupt ist, und zwar für morgen, für übermorgen, für das nächste Jahrtausend. Das ist eine wichtige Frage, der wir uns nicht entschlagen können. Wir müssen darüber nachdenken, wie sich das Verhältnis der Beschäftigten zu den Pensionisten, also zu jenen Leuten, die in der berechtigten Alterssicherung stehen, weiterentwickeln wird. Denn, meine Damen und Herren, es gibt zwar, wenn auf der Beschäftigungsseite 3 Millionen Menschen oder etwas mehr stehen, Applaus und Freude. Wenn wir aber nahezu 2 Millionen Menschen in der Alterssicherung haben, dann müssen wir wissen, daß dieses Verhältnis enger wird und für uns eine große Herausforderung bedeutet. Wir brauchen Antworten darauf.


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Wir müssen diesem Bericht auch entnehmen, daß es enorme Pensionsunterschiede gibt. Ich zähle sie nicht auf, meine Redezeit ist dafür zu kurz, außerdem wissen Sie alle – da ich annehme, daß alle den Bericht gelesen haben –, was im Bericht steht. Aber als bäuerlicher Vertreter habe ich schon eine Bitte: Vergessen wir alle – und besonders Sie, Frau Minister, denn da setzen wir große Hoffnung in Sie – nicht unsere Frauen und Männer in der bäuerlichen Sozialversicherung hinsichtlich des fiktiven Ausgedinges: 72 000 Menschen sind davon betroffen. Wir brauchen Lösungen! Wir sind auch bereit, über vernünftige Vorschläge zu reden, also nicht nur zu fordern, sondern konstruktiv darüber zu reden. Wir haben ja auch Ideen, wie wir das vielleicht gemeinsam lösen könnten.

Die Frage, ob wir eine Pflichtversicherung oder eine Versicherungspflicht haben sollen, ist, wie ich meine, gar kein Thema mehr. Schauen wir einfach dorthin, wo andere die Versicherungspflicht haben, schauen wir, wie es dort läuft, ob die Bürger glücklicher sind, ob die Verwaltung billiger ist: mitnichten, kann ich nur sagen, das hat keinen Sinn.

Reden wir über andere Dinge, etwa darüber, wie wir den Generationenvertrag absichern, wie wir die Beschäftigungspolitik vorantreiben und die Beschäftigung stärken können. Meine Damen und Herren! Wir haben allen Grund, eine Diskussion darüber zu führen. Auf Seite 7 dieses Berichtes steht genau, wie sich alles entwickelt hat.

Was mir im Zusammenhang damit besonders große Sorge bereitet, ist die Jugendarbeitslosigkeit. Laut Statistik – ich habe mir das genau angesehen – liegen wir zwar ganz günstig. Im Jahr 1995 – und das ist eben ein Bericht aus dem Jahre 1995 und nicht eine Vorschau auf das Jahr 2000! – sind wir mit 5,9 Prozent sogar Spitzenreiter in Europa, und zwar im positiven Sinn. Mir sind aber diese 5,9 Prozent zuviel. Und mir macht Sorge, daß sich dieser Prozentsatz inzwischen noch verstärkt hat. Daher wird es unsere Aufgabe sein, gerade das Problem Jugendarbeitslosigkeit ganz stark anzugehen und zu versuchen, Lösungen zu finden. Ein junger Mensch, der trotz Ausbildung keinen Arbeitsplatz, keinen Job hat, der keinen Sinn im Leben findet, hat wahrscheinlich wenig Hoffnung für die Zukunft und wenig Vertrauen in die Gesellschaft. Darüber haben wir nachzudenken, daran haben wir zu arbeiten!

Wir müssen auch bedenken, daß die Lebenserwartung von 69,6 Jahren im Jahre 1970 bis heute schon auf nahezu 77 Jahre angestiegen ist. Das ist zwar etwas sehr Positives, aber auch diese positive Entwicklung braucht Antworten, braucht klare Regelungen.

Sie sehen also, es gibt so manches zu erledigen. Ich denke, wir müssen besondere Anstrengungen gerade in Richtung Beschäftigung unternehmen, denn Arbeitslosigkeit ist eine der Menschenwürde unzumutbare Situation, und da darf man nicht zuschauen! Außerdem glaube ich auch als Christ, als Demokrat und als Bürger, der versucht, kritisch zu denken, daß wir uns nicht in Ratlosigkeit zurückziehen sollen, sondern so wie bisher gemeinsam in der Regierung Konzepte entwickeln und neue Modelle erfinden, wie wir die Arbeitszeit neu strukturieren, wie wir verschiedene Möglichkeiten der Beschäftigung in unserem Land schaffen, wie wir die Wirtschaft letzten Endes auch konkurrenzfähig für morgen machen. Wir müssen wissen, daß wir nur dann reüssieren können, wenn wir auf weltwirtschaftlicher Ebene konkurrenzfähig sind. Eine positive Bilanz unserer Wirtschaft ist wichtig! Die Einhaltung der Konvergenzkriterien ist zwar ebenfalls wichtig, aber auch die sozialen Belange dürfen dabei nicht außer acht gelassen werden. Meine Damen und Herren! Das ist eine ganz wichtige Sache, die wir zu beachten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Daß unsere Fraktion – unsere Gruppe mit Gottfried Feurstein – erfolgreich für die Sozialpolitik gearbeitet hat, daß wir nicht nur das Gefühl haben, erfolgreich zu sein, sondern tatsächlich etwas weiterbringen, brauchen wir, wie ich glaube, niemandem zu erzählen, das weiß jeder. Wir werden uns gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auch in Zukunft bemühen, die soziale Sicherheit in diesem Land zu festigen, die Sozialpolitik weiterzuentwickeln und somit für den sozialen Frieden in Österreich zu arbeiten! (Beifall bei der ÖVP.)

19.10


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

19.10

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Kollege Donabauer! Jetzt müssen wir es nur noch tun. Sie haben genau gesagt, wie es geht. Sie von der ÖVP sind seit zehn Jahren in der Regierung. Also bitte, tun Sie es endlich! Erzählen Sie uns nicht nur, wie es geht. (Abg. Donabauer: Wir sind dabei! – Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben heute das unerfreuliche Vergnügen – eigentlich ist es ja traurig, aber es ist doch ein Vergnügen, wenn man den Bericht durchliest –, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1994 – man höre! – zu behandeln. Es ist wirklich skurril, was da drinnen steht. Offensichtlich gibt es in diesem schönen Österreich zwei Realitäten: zum einen die des geschützten Bereiches der Bundesbediensteten. Da gibt es Sachen, die wir Unternehmer uns in der Privatwirtschaft schon gar nicht mehr vorstellen können. Das ist wie in Kakanien, offensichtlich handelt es sich um ein Obergebilde über uns.

Frau Bundesminister! Sie sind ja dafür zuständig. Dieser Bericht ist voll von Abortanlagen und Klobrillen und Duschräumen, also lauter wichtigen Dingen. Das Erstaunliche ist aber, daß der Bericht festhält, daß die Beseitigung der Mängel nicht erfolgt, und zwar nicht, weil die Kooperationsbereitschaft der einzelnen Ressorts nicht da wäre, sondern weil dies zumeist maßgeblich von deren budgetärer Situation abhängig ist. Erstaunlicherweise gibt es doch so etwas wie das Diktat der leeren Kassen. Das gibt es offensichtlich in der Privatwirtschaft nicht. Denn für diese wird eine Sache nach der anderen verordnet. Wie der Unternehmer damit zu Rande kommt, das ist Ihnen Wurscht, er hat das einfach durchzuführen. Nur wenn es um unsere Bundesbediensteten geht, dann haben wir auf einmal budgetäre Engpässe. Das ist doch ganz erstaunlich. Merken Sie nicht, wie Sie da mit zwei Maßstäben durch die Welt gehen, mit zwei Brillen: einmal Brille rauf, einmal Brille runter? Ich finde das ganz erstaunlich.

Noch erstaunlicher finde ich, daß die Ressortleiter zu umgehender Stellungnahme zu den Mängeln verpflichtet sind, daß aber nicht einmal zum Bericht 1994 alle Ressortleiter ihre Stellungnahme abgegeben haben. Das schaue ich mir an, wenn in der Privatwirtschaft einer vom Arbeitsinspektor eine aufs Häupel kriegt und dann nicht innerhalb von 14 Tagen auf den Binnenbrief antwortet.

Wieso führen Sie denn in dieser Republik zwei Realitäten, Frau Bundesminister? Uns drücken Sie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz aufs Auge. – Der größte bürokratische Schwachsinn, der jemals in diesem Land beschlossen wurde. Arbeitnehmerschutz – das habe ich von diesem Pult aus schon mehrfach gesagt – ist unverzichtbar. Arbeitnehmerschutz ist wichtig – aber die Art und Weise, wie Sie ihn umsetzen, finde ich wirklich bedenklich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie nehmen einen Produktionsbetrieb, Frau Bundesminister – Sie sind ja stolz auf dieses Gesetz, ich weiß es –, der mit gefährlichen Stoffen arbeitet, einen hochtechnologischen Betrieb, ein Stahlwerk, als Beispiel und scheren alle anderen Unternehmen über einen Kamm: eine Versicherung, eine große Steuerberatungskanzlei, einen Hotelbetrieb oder sonstige Dienstleistungsunternehmen. Überall gelten dieselben Spielregeln. Sie haben das in Ihrem Bericht verschwiegen. Was haben Sie dort geschrieben? – Bei 81 bis 90 Dienstnehmern – das betrifft auch mich – kann ich nicht sagen, ich führe das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nicht durch, weil die budgetäre Situation nicht danach ist. Das können nur Ihre eigenen Firmen machen, Frau Minister. Bei den Firmen, die in der Privatwirtschaft sind, interessiert Sie die budgetäre Situation überhaupt nicht. Da schreiben Sie doch glatt vor, daß der Sicherheitsbeauftragte jedes Jahr 86 Stunden – genau 86 Stunden! – im Betrieb zu sein hat.

Ja was soll denn das? Es ist notwendig, Evaluierung zu machen, einverstanden. Ein Sicherheitsbeauftragter, der den Betrieb begeht und sich anschaut, ob dort wirklich die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden, ist notwendig. Aber Sie schreiben vor, daß er 86 Stunden


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im Jahr zugegen sein muß. Wir werden also mit einem Zeugen Arbeitszeitaufzeichnungen führen, und dann kommt ein Inspektor und kontrolliert, ob es wirklich 86 Stunden im Jahr waren. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist unerträglich!)

Einen Betriebsarzt brauchen wir auch – 57 Stunden im Jahr. Was wird er denn 57 Stunden lang in einem Betrieb tun? (Abg. Dr. Pittermann: Das ist wichtig!) Er ist wichtig, gnädige Frau. Richtig, er ist wichtig. Er ist wichtig, solange er vonnöten ist. Aber es ist doch blanke Bürokratie, vorzuschreiben, daß er 57 Stunden im Jahr in einem Betrieb sein muß, wo fünf Jahre nichts investiert wird. (Beifall beim Liberalen Forum.) – Aber er muß 57 Stunden anwesend sein. Er darf zwar keinen Krankenschein ausstellen. – Schnupfen darf er mittlerweile behandeln, habe ich gehört. Was macht der Betriebsarzt in einem Dienstleistungsbetrieb, in dem es keine gefährlichen Dämpfe und Produktionen gibt? (Zwischenruf der Abg. Dr. Pittermann. )

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Sie können solche Sachen beschließen, solange Sie wollen. Sie haben die Mehrheit, solange Sie gewählt werden. Aber Sie machen den Wirtschaftsstandort Österreich Stück um Stück teurer, und Sie schaffen damit in diesem Lande Arbeitslosigkeit, weil es sich nicht mehr lohnt, in diesem Land zu investieren. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Dort, wo Sie verantwortlich sind – im Bereich des Dienstnehmerschutzes, im Bundesdienst –, handeln Sie in einer Art und Weise, daß es uns Unternehmern in der Privatwirtschaft die Schamröte ins Gesicht treibt. Das ist die Realität. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben Ihnen zwei Anträge vorgelegt: Zum einen den Antrag betreffend Neukodifizierung des ArbeitnehmerInnenschutzes, weil wir Liberalen uns ausdrücklich im Sinne der EU-Richtlinie dazu bekennen. Wir haben klar gesagt, daß Sie das bis Oktober 1997 vorlegen sollen. Und wir haben einen zweiten Antrag eingebracht, der zum Inhalt hat, daß dann, wenn dieser neue Vorschlag vorliegt, der alte Schwachsinn, den Sie beschlossen haben, außer Kraft gesetzt wird.

In diesem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sind Sie einen weiten Schritt über das hinausgegangen, was Unternehmungen in Österreich im Bereich der privaten Wirtschaft bereit sind, in die Realität umzusetzen. Sie sind weit über das Ziel hinausgeschossen: Sie haben wiederum – wie es die Koalitionsparteien so oft machen – die bürokratischste Reglementierung gewählt, die einem überhaupt nur einfallen kann. Das wird nicht nur Ihnen als Regierung, sondern leider der gesamten österreichischen Wirtschaft und damit auch den Beschäftigten auf den Kopf fallen. Denn bürokratisch reglementierende Schutzvorschriften können sich auch ins Gegenteil verkehren und Arbeitslosigkeit schaffen. Und diese steigt leider in Österreich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.15

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In diesem sehr aufschlußreichen Sozialbericht, für den ich besonders der Beamtenschaft herzlichst danken möchte, interessierte mich besonders das Kapitel soziale Krankenversicherung, um die wir weltweit beneidet werden.

Bei relativ geringen Beiträgen – der durchschnittliche Beitrag eines Angestellten selbst beträgt 800 S pro Monat, eines Arbeiters selbst 750 S pro Monat – werden großartige Leistungen geboten. Die gesetzliche Krankenversicherung versichert rund 99 Prozent der ÖsterreicherInnen wesentlich billiger und effizienter als das amerikanische oder deutsche Versicherungssystem. Für diesen hohen Standard ist aber das Instrumentarium der Pflichtversicherung unumgänglich. Eine Versicherungspflicht gefährdet unser soziales Gesundheitssystem. Eine Konkurrenzierung der einzelnen Pflichtversicherungen, wie sie manche fordern, hätte negative Folgen. Einnahmen und Ausgaben der Krankenversicherung sind großteils gesetzlich vorgegeben. Die Folge: Kostspieliger Wettbewerb um junge, gesunde Menschen – die günstigen Risken. Die ungünstigen würden ausgestoßen oder blieben einer Versicherung, die Beiträge erhöhen oder Leistungen vermindern müßte. Deutschland zeigt, wie unsinnig und kontraproduktiv ein derartiges Unter


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fangen ist. Mit Urlaubsreisen, Schönheitsfarmen, Surfkursen und ähnlichem wird um Junge, Gesunde geworben, Alten, Kranken und Behinderten wird nahegelegt, die Versicherung zu wechseln. – Das lehnen wir Sozialdemokraten entschieden ab. Daher: kein Abweichen von der Pflichtversicherung! (Beifall bei der SPÖ.)

Knapp zwei Drittel des versicherten Personenkreises leisten Beiträge, ein Drittel der Anspruchsberechtigten zahlt als Mitversicherte selbst keine Beiträge. Die Prämien der Privatversicherungen sind abhängig von Risiko und Anzahl der zu versichernden Familienmitglieder, höher als die gesetzlichen Beiträge, unabhängig von der Einkommenshöhe, bei geringerem Leistungsvolumen. Hohe Prämien, Verzicht auf Riskenträger, weniger Leistungen heißen die "Zauberworte", die den Versicherungen Finanzierungsprobleme ersparen.

Die Privatversicherungen decken meist nur den Mehraufwand zur Sozialversicherung, die den Hauptteil der Leistungen trägt. Der Verwaltungsaufwand der Sozialversicherung ist viel geringer als der von Versicherungen, deren Preis-Leistungsverhältnis einen hohen Aufwand zuläßt. Der Abgang der sozialen Krankenversicherung von 2,2 Milliarden Schilling im Jahr 1995 war durch hohe Zuwachsraten bei den Positionen ärztliche Hilfe, Heilmittel, Spitals- und KRAZAF-Zahlungen bedingt. Die Sozialversicherten kommen – bis auf die Krankenversicherung der Bauern, die mit über 800 Millionen Schilling jährlich aus Steuermitteln unterstützt wird – für ihre Leistungen selbst auf. Die Ausgaben für das Krankengeld stiegen prozentuell geringer als die Ausgaben für ärztliche Hilfe, Heilmittel, Zahnbehandlung, medizinische Hauskrankenpflege und Spitalskosten.

Es ist populistisch und unseriös, mehr Leistungen von der Sozialversicherung zu fordern, wenn man höheren Beiträgen nicht zustimmen will. Maßnahmen der 53. ASVG-Novelle dienten der Finanzierungssicherung. Die Erhöhung der Rezeptgebühr, ein hoher Selbstbehalt, vor allem für Einkommensschwächere, Multimorbide und Mehrpersonenhaushalte, war ebenso wie die Krankenscheingebühr eine koalitionäre Notwendigkeit – nicht unser Wunsch. Eine minimale lineare Beitragserhöhung wäre sozial verträglicher und effizienter gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Verbesserungen sind – wie überall – wünschenswert, erstrebenswert und nötig. Wir Sozialdemokraten sind ebenso offen für Weiterentwicklungen wie stolz auf unsere erschwingliche, umfassende, effiziente soziale Krankenversicherung. Jede Demontage werden wir zu verhindern wissen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte. Redezeit: 5 Minuten.

19.21

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialbericht 1995 spiegelt in vielen Bereichen genau das wider, was wir seit langem kritisieren. Ich brauche mir ja nur den Bereich Behinderung und Pflegevorsorge anzuschauen. Frau Ministerin, es war klar, daß es durch die Einführung einer zusätzlichen Pflegegeldstufe, nämlich der Stufe 1 mit 2 000 S, zu einer Reduktion des Pflegegeldes für viele Menschen in Österreich kommen würde. Daß diese Vermutung stimmt, zeigt sich auch daran, daß sich, wenn man die Pflegegeldbezieher der letzten Jahre vergleicht, die Zahl der kleinen Pflegegeldgruppen, nämlich der Stufen 1 und 2, massiv erhöht hat.

Auf der anderen Seite ist in den oberen Pflegegeldstufen die Zahl gleich geblieben. Schon allein die Tatsache, daß von 1994 auf 1995 der Zugang zur Pflegestufe 1 um 68 Prozent gestiegen ist – bei einer Gesamtsteigerung von nur 2 Prozent der Pflegegeldbezieher –, zeigt ganz deutlich, wie hoch Einsparungen auf Kosten behinderter Menschen bereits gehen, und daß sie sich in Zukunft noch mehr verstärken werden. Immer mehr Menschen werden dazu gedrängt, nur mehr Pflegegeld der Stufe 1 und 2 zu erhalten. Wie sie sich damit durchwurschteln, interessiert das Sozialministerium nicht. Behinderte Menschen, die für sich in Anspruch nehmen wollen, selbständig und selbstbestimmt zu leben, können dies mit der geringen Höhe des Pflegegeldes immer weniger. Wenn sie mehr Pflegegeldbedarf haben, sind sie notgedrungen dazu gezwungen, auf stationäre Einrichtungen auszuweichen.


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Deshalb hat mir auch die Diskussion, so wie sie in den letzten Wochen zu den Themen Pflegevorsorge, Leistungsscheck, Sachleistung, Geldleistung geführt wurde, überhaupt nicht zugesagt. Wenn Sie wissen, Frau Ministerin, daß noch immer mehr als 80 Prozent der behinderten und alten Menschen in Pflegeheimen leben, dann wissen Sie auch, daß diese Menschen nicht einen einzigen Schilling ihres Pflegegeldes in die Hand bekommen – abgesehen von 562 S pro Monat –, und daß diese Mittel im Verhältnis 1 : 1 den stationären Einrichtungen zufließen. – Wenn das keine Sachleistung ist, was ist dann bitte eine Sachleistung?

Nur ganz wenig Behinderte haben wirklich die Chance, mit ihrem Pflegegeld dort und so zu leben, wie sie es wollen, nämlich selbstbestimmt und in ihrer eigenen Wohnung. Auch die Diskussion, daß man das Pflegegeld bei hohen Einkommen einschleifen oder einstellen soll, hat sich, glaube ich, aufgrund dieses Sozialberichtes erübrigt. Denn wenn man ihn genauer anschaut, sieht man, daß nur 0,04 Prozent aller Pflegegeldbezieher in Österreich ein Bruttoeinkommen oder eine Bruttopension von mehr als insgesamt 30 000 S beziehen. Diese Diskussion erübrigt sich, denn jeder Verwaltungsaufwand, um die Besserverdienenden zur Kassa zu bitten, würde ein Vielfaches von dem kosten, was Einsparungsmaßnahmen mit sich bringen würden.

Auch im Bereich der Beschäftigung, Frau Ministerin, hat sich in den letzten Jahren nur Negatives entwickelt. Es wurde und wird noch immer verhindert, daß man auch im Sozialbericht niemals die Zahl der arbeitslosen Beschäftigten in Prozentsätzen festschreibt. Es steht immer nur drinnen: Die Zahl der arbeitslosen Behinderten ist gestiegen. Sie liegt bereits bei 40 Prozent. Noch immer leistet sich alleine der Bund 1 400 Behindertenstellen, die er nicht besetzt.

Auf der anderen Seite werden 82 Millionen Schilling im Jahr lukriert, indem man an Behinderteneinrichtungen, in denen die Behinderten weder versichert sind, noch irgendeine sozialrechtliche Absicherung haben, Aufträge vergibt und sich so wieder das Geld zurückholt. Im Rahmen meiner kurzen Redezeit habe ich nicht die Möglichkeit, auf alle Dinge einzugehen, die im Behindertenbereich zu diskutieren und klarzustellen wären. Eines möchte ich allerdings nicht unerwähnt lassen: Im Sozialbericht wird wieder – als Errungenschaft – die sogenannte CD-ROM für die Hilfsmittelberatung angeführt.

Frau Ministerin! Im Bericht steht, daß auf der CD-ROM zum Beispiel der Hersteller eines Produktes, der Preis eines Produktes, die Beschaffenheit eines Produktes und, und zu finden sind. – Klingt sehr gut. In der Praxis sind diese Daten auf der CD-ROM nicht enthalten. Es finden sich keine Preise, und Herstellerfirmen sind auch kaum vorhanden. Wären diese Daten auf der CD-ROM gespeichert, dann müßte die CD-ROM regelmäßig neu überarbeitet werden. Das hat man sich jedoch erspart. Diese CD-ROM ist also hinausgeworfenes Geld, das wir für andere Bereiche viel notwendiger gebraucht hätten. Anscheinend hat man sich damit einen Luxus geleistet, der niemandem dient, sondern nur Geld gekostet hat.

Auch dem Bereich der Information, Beratung und Betreuung durch das Bundessozialamt kann ich in der derzeitigen Form nichts abgewinnen. Die Betreuung mag schon ganz gut sein – bei der Beratung ist es allerdings schon wieder vorbei. Durch die Auslagerung arbeitsloser, behinderter Menschen in die sogenannten Assistenzzentren ist es dem Sozialministerium gelungen, die Arbeitslosenzahlen noch einmal nach unten zu revidieren, denn alle Menschen, die von Arbeitsassistenzzentren betreut werden, scheinen in der Arbeitslosenstatistik behinderter Menschen nicht mehr auf.

Frau Ministerin, Sie wissen: Sonderprogramme zur Ausbildung und Arbeitsplatzbeschaffung für behinderte Menschen haben nicht gegriffen. Die Zahl stationärer Einrichtungen und geschützter Werkstätten ist größer geworden; die Zahl der Arbeitsplätze auf dem freien Arbeitsmarkt wurde geringer. Frau Ministerin, ich würde Sie bitten – weil es uns behinderten Menschen zusteht, auch zu wissen, wieviel Prozent von uns arbeitslos sind –, daß endlich die Arbeitslosenzahl in Prozenten ausgeworfen und nicht nur gesagt wird, diese ist gestiegen. Wenn jeder einzelne im Parlament einmal klar vor Augen geführt bekäme, daß die Arbeitslosenrate bei 40 Prozent liegt, so würde man sehen, daß das ein Alarmsignal ist, etwas, das man nicht mehr so einfach hinnehmen kann.


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Frau Ministerin! Ich sehe es schon ein, daß es gut ist und auch einen gewissen Beschäftigungseffekt bringen kann, wenn man Prämien an Dienstgeber bezahlt, sofern sie Aufträge an geschützte Werkstätten erteilen. Das kann etwas bringen, aber: Was derzeit damit passiert, läuft genau in die entgegengesetzte Richtung. Frau Ministerin! Prämien sollten nur an jene Firmen ausbezahlt werden, die gleichzeitig auch in ihren Unternehmen die Einstellungspflicht erfüllt haben. Es bringt ganz einfach nichts, wenn man einerseits Arbeitsaufträge einer geschützten Werkstätte erteilt und auf der anderen Seite im eigenen Unternehmen die Einstellungspflicht nicht erfüllt.

Es gäbe noch so viel zu sagen zu diesem Sozialbericht, ich werde das auch noch in Form einer Anfrage beziehungsweise Stellungnahme schriftlich einbringen. Ich habe jetzt nicht die Zeit, auf all diese Bereiche hinzuweisen.

Frau Ministerin! Ich hoffe, daß wir im nächsten Sozialbericht einen besseren und übersichtlicheren Bericht zum Thema "Behinderte" erhalten werden als den, der uns jetzt vorliegt. Dafür werden dann Sie die Verantwortung zu tragen haben. Für diesen Bericht kann man Ihnen die Verantwortung aber noch nicht zuschreiben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte.

19.30

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Letzte noch verbliebene Damen und Herren hier im Saal! Der Sozialbericht 1995 steht zur Diskussion. Kollegin Madl hat ihn als "Schnee von gestern" bezeichnet. Vielleicht ist sie den Schnee suchen gegangen, sie ist nämlich auch nicht mehr hier im Saal. (Abg. Meisinger: Das ist ja gar nicht wahr! Schon wieder eine Unwahrheit! – Abg. Madl betritt soeben den Sitzungssaal.) Jetzt ist sie hereingekommen! Ich freue mich, daß sie da ist.

Kollegin Haidlmayr hat gemeint, daß im Rahmen des Bundespflegegeldgesetzes mit Sachleistungen, Schecks und dergleichen operiert werden sollte, und sie ist hier darüber in die Diskussion eingetreten. Ich erinnere mich an die Entstehung, die Diskussion und die Beschlußfassung dieses Gesetzes, daran, daß es gerade die Behindertenverbände waren, die enorm darauf gedrängt haben, daß die ganze Leistung in barem Geld ausbezahlt wird. – Das nur zur Erinnerung.

Der vorliegende Bericht über die soziale Lage enthält Daten, die für das Jahr 1995 signifikant sind, aber es sind auch Zahlen darin enthalten, die das Jahr 1996 betreffen. Die Statistiken und die Vergleiche, die man anstellen kann, sind sehr aussagekräftig.

Ich möchte mich nun ein bißchen mit den Pensionen beschäftigen. Ich erinnere daran, daß bei der Beschlußfassung über das ASVG auch von einem Dreisäulenmodell die Rede war, allerdings in einem anderen Sinn als dem jetzt oft gebrauchten, nämlich daß die drei Säulen der Staat – die Bundesmittel –, der Arbeitgeberbeitrag und der Arbeitnehmerbeitrag sind. Ich glaube, daran sollte man weiterhin festhalten und sich in Erinnerung rufen, was damals damit gemeint war.

Die Pensionsversicherung hatte im Jahre 1995 Einnahmen in der Höhe von 253,6 Milliarden Schilling zu verzeichnen. Davon sind 75 Prozent, nämlich 189 Milliarden Schilling, von den Versicherten aufgebracht worden. Die Ausgaben in der Höhe von 254,6 Milliarden Schilling haben 25 Prozent Bundesmittel enthalten. Diese Bundesmittel sind sicher gerechtfertigt.

Es wird bei einer Zahl von 3,03 Millionen Versicherten eine Menge an Mitteln aufgebracht; die Bundesmittel sind im Schnitt der Jahre sinkend. Während für die Unselbständigen 16 Prozent aufgebracht werden müssen, sind es für die Selbständigen 71 Prozent.

Der Generationenvertrag – immer wieder in den Medien als Konfliktsituation zwischen Jung und Alt betrachtet – sollte uns auch nachdenklich stimmen. Wenn man den Jungen immer wieder


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einreden möchte, daß sie zahlen und in Zukunft vielleicht selbst nichts mehr davon haben werden, wenn im Umlageverfahren nichts mehr für sie übrigbleibt, dann muß ich sagen: Das ist sicher genauso falsch, wie wenn man der älteren Generation nachsagt, daß sie jetzt nur das genießen möchte, was sie aufgebaut hat, ohne daran zu denken, daß in Verbindung damit auch ein Recht auf Sicherheit besteht.

Wenn die Pensionslastquote, ausgedrückt in 1000 Beitragszahlern und 600 Pensionisten, im Steigen begriffen ist – aufgrund kürzerer Lebensarbeitszeit, höherer Lebenserwartung, höherer Pensionszeiten –, dann müssen wir Überlegungen anstellen, wie wir das System auch in Zukunft sichern können.

Wir müssen auch auf folgendes acht geben: Zwei Drittel der Pensionen werden an Frauen ausbezahlt, aber die Frauen bekommen nach wie vor erklecklich weniger Pension als Männer – egal, ob das die Eigenpension oder die Witwenpension ist. Es gibt verschiedene Gründe, warum das so entstanden ist, aber es besteht da ein Handlungsbedarf für alle. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Steigerung der Pensionen – und ich glaube, das sollte man auch einmal sehr deutlich zum Ausdruck bringen – betrug von 1970 bis 1995 über 306 Prozent. Das ist weit mehr, als die Bereinigung der Inflationsrate ausmacht, und das bedeutet, daß es neben der Abgeltung der Inflationsrate immer wieder auch eine Kaufkraftsteigerung gegeben hat.

Eine interessante Studie, eine Diplomarbeit von einer Studentin an der Wirtschaftsuniversität – Susanne Fischer heißt sie –, ist jüngst zitiert worden. Darin heißt es, daß die Senioren noch nie so viel Geld hatten wie jetzt und so viel Spaß, es auszugeben. Es werden dann in dieser Studie verschiedene Kommunikationsstrategien entwickelt. Interessant ist die Feststellung, daß der älteren Generation rund 250 Milliarden Schilling im Jahr zur Verfügung stehen und diese 250 Milliarden Schilling auch an den Mann oder an die Frau gebracht, also in die Wirtschaft gepumpt werden. Ich glaube, dieses Signal für die Wirtschaft sollte man nicht übersehen, denn nicht nur jung ist immer "in", sondern auch die ältere Generation hat einen Anspruch darauf, als das behandelt und geachtet zu werden, was sie ist.

Letztendlich ist es doch so, daß die ältere Generation etwas erarbeitet hat, was der jüngeren später zugute kommt. So steht in diesem Bericht, daß jeder über 50jährige heute annähernd 625 000 S hinterlassen kann und ein Drittel dieser Gruppe sogar mehr als 1 Million Schilling. Das sollte auch die Jüngeren zu einer Überlegung veranlassen. Ich meine, daß sich auch die Wirtschaft darauf einzurichten hat, was sie der älteren Generation schuldig ist.

Ich glaube auch, daß bei den älteren Menschen ein gewisses Selbstbewußtsein und eine gewisse Verantwortung vorhanden ist, daß die ältere Generation aber auch Vertrauen in den Sozialstaat braucht und daß sie gegen Verunsicherung und gegen verschiedene andere Methoden der Panikmache ist.

In den letzten Wochen konnten wir in den Zeitungen Überschriften wie "Das Niveau der Pensionen wird weiter sinken müssen" oder "Reform der Pensionen oder Chaos?" lesen. Ich meine, man sollte auch immer das Kleingedruckte lesen und schauen, was dort steht.

Die Frau Bundesminister hat heute schon darauf hingewiesen, daß die OECD Österreich in bestimmten Bereichen Lob ausgesprochen hat. Die OECD vertritt aber auch Dinge, die uns nachdenklich machen sollten, und zwar redet sie beispielsweise der Vermehrung der Arbeitsplätze durch Niedriglöhne, schlechtere Versicherungen, schlechtere soziale Bedingungen, schlechtere Pensionsleistungen und dergleichen mehr das Wort. Diesen neoliberalen Ansichten der OECD kann nur ein ganz entschiedenes Nein entgegengesetzt werden.

Unsere Aufgabe ist es, alle Anstrengungen zu unternehmen und alle Kraft dafür aufzuwenden, die Wirtschaft zu beleben und die Arbeitsplätze zu sichern. Dann können wir auch die soziale Sicherheit für die älteren Menschen gewährleisten.


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Zur Diskussion, zur Auseinandersetzung über "Mehr Privat und weniger Staat!", die immer wieder geführt wird – auf der einen Seite das Kapitaldeckungsverfahren, auf der anderen Seite das Umlageverfahren, das nicht mehr sicher zu sein scheint –, verweise ich nur auf Erfahrungen aus dem "Schweizer Modell"; vielleicht wird bei einem anderen Thema hier noch davon die Rede sein. Mit dem "Schweizer Modell" gibt es zehnjährige Erfahrungen, die nicht unbedingt zu den Erfolgen zählen, die manche immer als solche hinzustellen versuchen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Meisinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Kommen Sie mit 4 Minuten aus? – Versuchen wir es.

19.39

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich nehme heute in bezug auf den Sozialbericht zu einem Bereich Stellung, der noch nicht angesprochen wurde, und zwar zur Beschäftigungspflicht gegenüber begünstigt Behinderten.

Mit Ende 1995 gehörten dieser Gruppe 66 087 Personen an. Insgesamt ist dieser Beschäftigungspflicht zu 59 Prozent in den Betrieben nachgekommen worden. Dann heißt es weiter, daß beim Bund von 7 500 Pflichtstellen rund 1 400 nicht besetzt wurden, das wären 81 Prozent. An dieser Stelle beginnt man in diesem Bericht nicht ganz die Wahrheit zu sagen, denn die derzeitige Gesetzeslage bevorzugt den öffentlichen Dienst, indem bei der öffentlichen Hand nur jeder 31. begünstigte Behinderte beschäftigt werden muß, in der Privatwirtschaft jedoch jeder 26. Das ist eine 20prozentige Begünstigung, und diese ist ehemöglichst auszugleichen.

Außerdem bekommen jene Dienstgeber, die darüber hinaus Behinderte beschäftigen, pro zusätzlich Beschäftigtem eine Ausgleichstaxe. Das waren im Jahre 1994 zirka 53 Millionen Schilling. In erster Linie betraf das den öffentlichen Dienst aufgrund der besonderen Begünstigung, die die Gesetzeslage vorschreibt.

Da versteigt sich jetzt der sozialistische Behindertensprecher Guggenberger zu einer wirklich doppelbödigen Ankündigungspolitik, die nicht mehr zu überbieten ist. Er schreibt in der Zeitschrift "Domino", er wäre gegen Privilegien bei behinderten Beschäftigten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz; in Bund, Ländern und Gemeinden sei die Besserstellung durch nichts zu rechtfertigen und müsse daher schleunigst abgeschafft werden.

Ich möchte Herrn Abgeordneten Guggenberger daran erinnern, daß wir Freiheitlichen das schon vor Jahren vorgeschlagen haben, er uns aber damals mit niedergestimmt hat. Ich frage mich: Wir kommt er jetzt dazu, in doppelzüngiger Art, in mieser Art öffentlich in einer Behindertenzeitschrift solches zum besten zu geben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er versteigt sich dann noch zu einer weiteren Forderung, indem er schreibt: Wir müssen die Pflichtzahl von 25 Prozent auf 20 Prozent reduzieren, um dadurch mehr behinderte Menschen in Beschäftigung zu bringen.

Abgeordneter Guggenberger verlangt damit von der Privatwirtschaft wieder eine zusätzliche 20prozentige Belastung, etwas, was wir Freiheitlichen entschieden ablehnen!

Wir Freiheitlichen verlangen mit allem Nachdruck vorerst die Gleichbehandlung mit den Gebietskörperschaften, also mit Bund, Ländern und Gemeinden, die eine 20prozentige Besserstellung haben. Diese ist gegenüber der Privatwirtschaft auszugleichen – und nicht generell eine Ausweitung um weitere 20 Prozent auf 20 Personen zu verlangen.

Weiters sollten in Zukunft auch kirchliche Institutionen, Gewerkschaften, Sozialversicherungen, halbstaatliche Betriebe und Banken ihrer moralischen Pflicht nachkommen (Beifall bei den Freiheitlichen), die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtzahlen einzuhalten – und sich nicht, wie häufig üblich, über Ausgleichstaxenzahlung in Höhe von zirka 2000 S pro Monat und Nichteingestellten davonstehlen.


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Geschätzte Damen und Herren! Wo bleibt da die Vorbildfunktion des öffentlichen Dienstes, wenn sich beinahe alle der Genannten einer so wichtigen Aufgabe entledigen und sich von der Einstellung Behinderter verabschieden?

Den Vogel hat aber geradezu SPÖ-Klubobmann Dr. Kostelka im politischen Teil dieser Zeitschrift abgeschossen, indem er unter dem Titel "Das war schon immer ein großes Anliegen" – in gewohnt doppelzüngiger und sehr verabscheuungswürdiger Weise – die Verankerung eines Diskriminierungsverbots in der österreichischen Bundesverfassung verlangte und im Untertitel schrieb: Das ist kein verfrühter Aprilscherz, sondern Realität! – Also er beliebt, auch noch mit diesem Titel zu spaßen. Wir wissen ja von vergangenen Sitzungen, daß gerade dieser Klubobmann Kostelka mit einem Antrag dem Artikel 7 Abs. 1 der Bundesverfassung folgenden Satz hinzufügen will: "Niemand darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden."

Meine Abgeordnetenkollegin Partik-Pablé hat Dr. Kostelka schon mehrmals den Spiegel vorgehalten und ihm gesagt, daß er selbst als Obmann eines Fischereivereines Behindertendiskriminierung in diesem Verein zuläßt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Er wurde von der Abgeordneten Partik-Pablé immer wieder aufgefordert, diese Diskriminierung abzustellen. Aber ein Klubobmann der Sozialistischen Partei hat das doch nicht notwendig. Er fährt wie der Panzer über die Behinderten – und stellt bloß schöne Anträge. Das ist eine miese Parteipolitik! Das ist das Sittenbild dieser Bundesregierung, von doppelzüngigen Behindertensprechern und einem Klubobmann, der zwar schöne Worte spricht, aber schwer belastete Gruppen weiterhin diskriminiert.

Genauso mies haben sich diese Koalitionspartner heute beim Arbeitszeitgesetz und beim Arbeitsruhegesetz verhalten, indem sie durch die Hintertür familienfeindliche Sonntagsarbeit zulassen wollen.

Wir Freiheitlichen werden uns aber nicht nur mit jährlichen Armutsberichten beschäftigen, die Abgeordneter Öllinger verlangt hat, sondern wir Freiheitlichen werden dieser versagenden Bundesregierung mit ihren Abgeordneten ein Armutszeugnis ausstellen und ihnen immer wieder den Spiegel ihres Versagens vorhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weil aber auch die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet der Bundesbediensteten im argen liegt, Mängel festgestellt wurden und keine Verbesserungen erfolgen, bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Meisinger, Sigisbert Dolinschek, Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Arbeitnehmerschutz mit Augenmaß

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat binnen dreier Monate Gesetzentwürfe zuzuleiten, die folgende gesetzlichen Maßnahmen beinhalten:

Erweiterung des Geltungsbereiches des Arbeitnehmerschutzgesetzes auf alle Arbeitnehmer der Gebietskörperschaften;

Änderung aller Regelungen im Bereich des gesamten Arbeitnehmerschutzes, die eine – verglichen mit dem konkreten Nutzen für die Arbeitnehmer – unverhältnismäßig große Belastung für die Betriebe darstellen oder verhindern, daß Lehrlinge die von ihnen zu erlernenden Arbeiten auch ausführen dürfen; die Vollziehung der entsprechenden Regelungen ist umgehend bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderungen auszusetzen;

geschlechtsneutrale Regelung der Nachtarbeit für alle Berufsgruppen unter den gleichen Voraussetzungen im Interesse besserer Beschäftigungschancen für Frauen."

*****


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Ich fordere die Frau Bundesministerin auf, im Bereich der Behinderteneinstellung raschest eine Gleichstellung des öffentlichen Dienstes mit der Privatwirtschaft herzustellen – außer Sie wollen in den alten sozialistischen Gleisen weiterfahren und einer Benachteiligung der privaten Wirtschaft weiterhin das Wort reden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich als nächste Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

19.48

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich müßte man auf die Ausführungen des Abgeordneten Meisinger eine Antwort geben. (Abg. Gaál: Na net!) Aber dessen ist er nicht würdig, denn außer jene, die wirklich schon sehr viel für Behinderte geleistet haben, massiv anzugreifen, fiel ihm nichts ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute auch den Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahre 1994. Dazu möchte ich feststellen, daß die Überprüfungen in Form von nicht angekündigten Besichtigungen durchgeführt wurden. Im Berichtsjahr 1994 wurden insgesamt 843 Dienststellen besucht. Es haben sich 2 171 Unfälle ereignet, wovon zwei leider tödlich ausgegangen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Arbeitsinspektion wurde zum Schutze des Lebens und der Gesundheit der Bundesbediensteten eingesetzt. Die Arbeitsinspektoren stellen Mängel am Arbeitsplatz fest, und sie sind auch in der Lage, Empfehlungen zu geben oder an Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel mitzuwirken. Die Arbeitsinspektion soll mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen, den Dienstnehmerschutz betreffend, zur Unfallverhütung beitragen.

Für mich als Betriebsrätin ist es sehr wichtig, daß die Kontrollen der Arbeitsinspektion auch weiterhin unangemeldet erfolgen (Beifall bei der SPÖ ), denn bei einer Voranmeldung der Arbeitsinspektoren würden zum Beispiel Arbeitsplätze, an denen der Arbeitnehmerschutz nicht gewährleistet ist, in der Zeit der Kontrolle stillgelegt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muß für uns alle oberstes Gebot sein, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Dienstnehmerschutz gewährleistet ist.

Ich möchte jetzt noch kurz auf den Antrag der Abgeordneten Kier und Genossen betreffend Aufhebung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes eingehen. Als Gewerkschafterin verwahre ich mich natürlich gegen eine solche Aufhebung, denn es ist gerade in den letzten Jahren für die ArbeitnehmerInnen Wesentliches verändert und verbessert worden, und es müssen auch weiterhin Verbesserungen erzielt werden. Es kam auch durch die Anpassung an die EU-Richtlinien zu positiven Veränderungen, allerdings: Ein ArbeitnehmerInnenschutzgesetz für den öffentlichen Dienst ist noch offen. – Ein Abrücken vom bestehenden ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ist für uns Sozialdemokraten undenkbar.

Ich möchte den verantwortlichen Damen und Herren im Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die gute Darstellung des Berichtes der Arbeitsinspektion herzlichen Dank sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als vorläufig letzter Redner hiezu gelangt nunmehr Abgeordneter Dr. Pumberger zu Wort. – Herr Abgeordneter, bitte. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

19.52

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Sozialbericht, der uns vorgelegt wurde, ist wieder sehr umfangreich. Es freut mich, daß Herr Kollege Öllinger in einem Antrag


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angeregt hat, diesen um den Armutsbericht zu erweitern. Wir haben dem zugestimmt. Ich habe außerdem noch angeregt, daß dieser Sozialbericht, da das Sozialministerium mit dem Gesundheitsministerium zusammengelegt wurde, jährlich zur gleichen Zeit wie der Gesundheitsbericht herauskommt – aber getrennt, nicht in einem einzigen Bericht zusammengefaßt.

Daher stelle ich den Entschließungsantrag, den längst fälligen Gesundheitsbericht in diesem Zusammenhang einzufordern, jenen Bericht, der für die Jahre 1992 bis 1994 hätte erstellt werden sollen. Jetzt haben wir 1997. Er sollte, wenn möglich, auch gleich die Jahre 1995 und 1996 inkludieren – zumindest das Jahr 1995.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Povysil, Mag. Haupt betreffend rechtzeitige Vorlage des fälligen Gesundheitsberichtes

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, im Sinne der Entschließung E 103/XVII. GP vom 16. 12. 1988 den bereits fälligen Gesundheitsbericht einschließlich des Berichtsjahres 1996 bis 1. September 1997 dem Nationalrat zur Beratung vorzulegen."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Grund, warum ich mich jetzt zu Wort gemeldet habe, ist in erster Linie die Situation der Sozialversicherungen, die ja im Ressort von Frau Bundesministerin Hostasch angesiedelt sind. Es hat sich mittlerweile herausgestellt, daß das gesamte Belastungspaket auf dem Rücken der Patienten nicht notwendig gewesen wäre, weil uns – und jetzt passen Sie bitte genau auf! – getürkte Zahlen über die Abgänge der Sozialversicherung vorgelegt worden sind. – Herr ehemaliger Sozialminister Hums, Sie brauchen nicht verneinend zu nicken. (Ruf bei der SPÖ: Er hat nicht genickt, er hat den Kopf geschüttelt!)

Es wurde vom Österreichischen Statistischen Zentralamt bei der vorgenommenen Revision der Berechnungen festgestellt, daß die gesamten Gesundheitsausgaben für 1995 nicht 227, sondern nur 185 Milliarden Schilling betragen haben. Man hatte Kosten einberechnet, die nach europäischem Standard nicht dazugehören. Außerdem hat man festgestellt, daß auch falsche Zahlen von den Krankenkassen verwendet wurden. Man wollte politischen Druck auf uns Abgeordnete ausüben, damit die Kasse ihre Auflagen für die Patienten begründen kann: die Krankenscheinsteuer, die Erhöhung von 0,25 Prozent für die Pensionisten, die gesamten Sparvorschriften, Leistungseinschränkungen, Rezeptgebührerhöhungen und so weiter.

Man hat uns vorgerechnet, daß das Defizit der Krankenkasse im Jahr 1996 3,5 Milliarden Schilling ausmachen würde. In der Tat hat es nur zirka 1 Milliarde Schilling ausgemacht. Für 1997 hat man schon 3,1 Milliarden Schilling an Abgang prognostiziert. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Damit hat man uns auch unter Druck gesetzt. Tatsächlich gibt es ein ausgeglichenes Ergebnis, null Abgang 1997.

Ich sage Ihnen klipp und klar, daß wir uns das nicht bieten lassen (Beifall bei den Freiheitlichen) , daß man uns mit falschen Zahlen konfrontiert, um Druck auszuüben, damit Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Patienten gerechtfertigt erscheinen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte das nur erwähnt haben, denn das hat noch niemand hier im Hohen Haus dargelegt, und es ist ganz wichtig, daß man Ihnen, Frau Sozialministerin, das sagt. (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt nicht!) Wenn es nicht stimmen sollte – wovon ich nicht ausgehe, denn ich bin davon überzeugt, daß es stimmt; das ist vom Statistischen Zentralamt überprüft und festgestellt worden –, dann würde ich Sie höflich


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ersuchen, mir diese Zahlen genau zu erklären und uns das ohne neuerliches Vortäuschen von eventuellen Abgängen, die dann in der Tat nicht stattfinden, glaubhaft zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen abschließend: Bevor die Sozialversicherungen bei den Patienten die Leistungen kürzen und beispielsweise bei den Pensionisten die Beiträge erhöhen, sollten sie sich einmal selbst reformieren und bei sich selbst zu sparen anfangen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Pumberger! Nur zur Klarstellung: Sie haben einen Entschließungsantrag betreffend rechtzeitige Vorlage des fälligen Gesundheitsberichtes verlesen. Sie haben allerdings dem Präsidium noch einen zweiten Antrag überreicht, den Sie nicht vorgetragen haben. War das ein Irrtum? (Abg. Dr. Pumberger – zum Rednerpult eilend –: Ich habe das vergessen!) – Bitte.

19.57

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (fortsetzend) : Entschuldigung, Herr Präsident! – Zur Sanierung der Krankenkassen ist auch die Chipkarte nicht geeignet. Sie würde ein Milliardenflop. Daher bringe ich noch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Mag. Haupt, Haller, Apfelbeck, Dr. Povysil und Kollegen betreffend Chipkarte – vorsorgliche Vermeidung eines Milliardenflops

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, vor der Einführung einer Gesundheits-Chipkarte sicherzustellen,

daß dadurch die Ausstellung von Krankenscheinen und damit auch die Krankenscheingebühr entfällt,

daß ein EU-einheitliches System installiert wird, das den versicherten Österreichern im gesamten EU-Raum die ärztliche Versorgung zugänglich macht."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Beide Entschließungsanträge, die Herr Abgeordneter Dr. Pumberger vorgetragen hat, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Auf ein Schlußwort der Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir haben jetzt einige Abstimmungsvorgänge durchzuführen.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-68 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der genannte Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen worden.


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Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 624 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Entschließung ist mehrheitlich angenommen worden. (E 47.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen betreffend rechtzeitige Vorlage des fälligen Gesundheitsberichtes.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen betreffend Chipkarte – vorsorgliche Vermeidung eines Milliardenflops.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des Staatsvertrages in 413 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer für die Erteilung der Genehmigung ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung wird einstimmig erteilt. Ich stelle die einstimmige Beschlußfassung fest.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 625 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Die Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 626 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich. Mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-32 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme dieses Berichtes ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Meisinger und Genossen betreffend Arbeitnehmerschutz mit Augenmaß.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 628 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen worden.

Schließlich lasse ich über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 629 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen, abstimmen.


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Wer für die Kenntnisnahme dieses Berichtes ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich. Mehrheitlich angenommen.

10. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Vierten Umweltkontrollbericht (Mai 1993 bis April 1995) des Bundesministers für Umwelt (III-16/351 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.

Als erster hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

20.03

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spät, aber doch wird über den Umweltkontrollbericht, dessen Zahlen inzwischen nicht mehr die aktuellsten sind, hier im Haus diskutiert. Aber selbst dieser nicht mehr ganz neue und somit nicht aktuelle Umweltbericht zeigt, daß die Ökolage der Nation, wenn man das so bezeichnen will, nicht mehr so positiv ist, wie wir das gerne hätten. Österreich ist nicht mehr das Umweltmusterland, als das man es so gerne darstellt, als das es seitens der Regierungsfraktionen immer wieder bezeichnet wird. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Es ist unbestritten, daß es in den letzten Jahren respektable Erfolge gegeben hat. Ich verweise etwa auf die Verringerung des SO2-Ausstoßes. Da ist ein Erfolg zu verzeichnen, Herr Minister. Was den Ausstoß von Stickoxiden und Kohlenmonoxyd betrifft, hat es ebenfalls Rückgänge gegeben, die auch in diesem Umweltkontrollbericht verzeichnet werden.

Wir dürfen uns aber von Detailerfolgen nicht täuschen lassen. Österreich tritt in vielen und wesentlichen Bereichen der Umweltpolitik auf der Stelle. Wesentliche Zielsetzungen werden nicht annähernd erreicht. Wir kommen ihnen keinen Schritt näher, ja zum Teil entfernen wir uns sogar von diesen Zielsetzungen.

Herr Bundesminister! Ein Beispiel dafür – ich glaube, hier handelt es sich um eine wesentliche Materie – ist der Bereich des CO2-Ausstosses. Trotz anderslautender Bemühungen wird uns im Umweltbericht klar und deutlich mitgeteilt, daß wir uns Jahr für Jahr vom in Aussicht genommenen Toronto-Ziel wieder entfernen (Abg. Auer: Außer Oberösterreich!) , und zwar mit einer Steigerung von bis zu 6 Prozent pro Jahr. Obwohl wir im Parlament einen sehr, sehr guten und über einen langen Zeitraum tätigen CO2-Unterausschuß eingerichtet hatten, der eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet hat, wie wir dieser Entwicklung begegnen können, und trotz der Empfehlungen der CO2-Kommission, die Ihnen bekannt sind, Herr Bundesminister, entfernen wir uns mit Riesenschritt von diesem Ziel.

Maßnahmen, die von der CO2-Kommission empfohlen wurden, wozu es eine Reihe von Entschließungsanträgen gab, die hier im Hause beschlossen wurden, werden einfach nicht ergriffen. Ein besonders signifikantes Beispiel ist die Situation der Förderung von erneuerbarer Energie. Bis heute waren Sie nicht in der Lage, ein entsprechendes Konzept vorzulegen und dessen Umsetzung durchzuführen. Viele in Österreich, die auf diese neue Art der Energiegewinnung, die auch eine Unzahl von Arbeitsplätzen in sich birgt, setzen, sind schwer enttäuscht darüber, daß von Ihnen keine Maßnahmen ausgehen, daß es keine entsprechende Einspeisregelung gibt (Beifall bei den Freiheitlichen), die für alle, die Interesse an der Produktion dieser Energie haben, die in diese Technologie einsteigen wollen, vonnöten wäre.

60 Groschen pro Kilowattstunde, wie sie zum Beispiel im Burgenland gezahlt werden, sind geradezu ein Hohn. Dabei liegen die Burgenländer noch um 10 Groschen höher als die Kärnt


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ner, die angeblich 50 Groschen pro Kilowattstunde bekommen. Herr Bundesminister! 50 Groschen für eine Kilowattstunde, die aus erneuerbarer Energie erzeugt wird – das ist ein Hohn, ein Beweis dafür, daß Umweltpolitik in diesem Lande einfach nicht funktioniert! Und Sie tragen zu einem gut Teil die Verantwortung dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die sehr, sehr hilfreiche Ökologisierung des Steuersystems, zu der es eine Reihe von Bekenntnissen quer durch alle Fraktionen gibt, ist nicht einmal ansatzweise in Angriff genommen worden, Herr Bundesminister Bartenstein, obwohl Sie, als Sie Ihr neues Amt – jetzt auch schon vor längerer Zeit – angetreten haben, die Ökologisierung des Steuersystems als "zentralen Punkt" Ihrer Tätigkeit bezeichnet haben. Das einzige Ergebnis in Richtung Ökologisierung des Steuersystems – zumindest haben Sie es so zu verkaufen versucht – war eine Erhöhung der Mineralölsteuer. Herr Bundesminister! Das kann es wohl nicht gewesen sein, was Sie mit Ökologisierung des Steuersystems gemeint haben!

Ähnlich problematisch wie der CO2-Bereich ist jener der Böden und des Wassers. Die Böden in Österreich sind nicht nur durch sauren Regen belastet, sondern weisen auch irreparable Schäden durch Anreicherungen mit Blei und Kadmium auf. Herr Bundesminister! Ich glaube, es wird sehr wichtig sein, dieser Entwicklung entgegenzutreten, ihr einen Riegel vorschieben. Besonderen Anlaß zur Sorge bietet vor allem die großflächige Belastung des Grundwassers mit Nitrat durch den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Deshalb habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, daß es immer wieder Versuche gibt, das Atrazinverbot aufzuheben. Herr Bundesminister! Selbst wenn EU-Regelungen den Einsatz von Atrazin erlauben, wären wir gut beraten, davon Abstand zu nehmen, weil die Belastung des Bodens bereits sehr, sehr besorgniserregend ist.

Der Kontrollbericht bestätigt auch im Bereich der Abfallwirtschaft und der Altlastensanierung die Kritik von uns Freiheitlichen. Die Altlastensanierung haben Sie und Ihre Vorgänger einfach nicht in den Griff bekommen. Ich glaube, an Beispielen wie vor allem den österreichischen Kunststoffkreislauf konnten wir in den letzten Jahren aufzeigen, daß Sie die Abfallwirtschaft absolut nicht im Griff haben.

Die Verpackungsverordnung samt Novellierung löst dieses Problem nicht, weil einfach keine Vermeidungsziele, sondern nur Sammelziele darin enthalten sind. Ich bin schon neugierig darauf, wie Sie das Gesetz erfüllen werden, das vorsieht, daß im heurigen Jahr ein Teil der Kunststoffsammlung verwertet werden muß. Ich bin neugierig darauf, wie Sie diese Verwertung, die gesetzlich vorgesehen ist, schlußendlich zustande bringen werden. Es sind jetzt mehr als 100 000 Tonnen in ganz Österreich gelagert, aber es wurden keine Verwertungskapazitäten aufgebaut.

Herr Minister! Da brechen Sie Ihre eigenen gesetzlichen Grundlagen! Ich bin gespannt darauf, wie Sie damit zurechtkommen werden. Die Kritik von uns Freiheitlichen an der Verpackungsverordnung hat sich eindeutig als richtig herausgestellt. Sie ist ein Instrument, das der Abfallvermeidung überhaupt nicht entspricht.

Herr Bundesminister! Einen Punkt möchte ich noch ganz kurz ansprechen, und zwar den Bereich der künftigen Organisation der Umweltkontrolle. Ich kann Ihre diesbezüglichen Vorstellungen nicht teilen. Das Ausgliederungskonzept, das offensichtlich auch von Bundeskanzler Klima gewünscht ist, schwächt die Umweltkontrolle dramatisch. Vor allem kann das Umweltbundesamt keine unabhängige Institution bleiben, wenn das so erfolgt, wie es Ihr Wille ist.

Das kann doch nicht im Sinn des Umweltministers sein. UBA-Vizedirektor Peter hat völlig recht mit seiner Feststellung, wenn er sagt, wenn man überall das dereguliert, was gut ist, kann man nicht auch noch die Kontrolle deregulieren. – Da muß ich ihm absolut recht geben.

Die durch Ihr Vorhaben eintretende Situation, Herr Bundesminister, ist äußerst problematisch, da der amtliche Teil als Sektion des Bundesministeriums, Ihres Ministeriums, als Sektion dort angegliedert wird, und somit wird dieses Kontrollorgan direkt vom zu Kontrollierenden abhängig. Das kann es ja wohl nicht sein! Oder wollen Sie, daß das Kontrollorgan von Ihnen abhängig ist, Herr Bundesminister? – Wenn ja, dann müssen Sie das auch hier sagen.


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Der Bundesminister würde damit in Hinkunft den Vollzug seiner Umweltpolitik gänzlich selbst kontrollieren. Herr Bundesminister! Wenn Sie das wollen, dann stehen Sie dazu und sagen Sie das. Für uns ist das eine völlig inakzeptable Vorstellung. (Beifall den Freiheitlichen.)

20.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

20.11

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schweitzer, ich bin überrascht, daß du im Umweltkontrollbericht dieselben positiven Meldungen gefunden hast, die auch ich gefunden habe, nämlich die Reduktion der SO2 und NOx-Emissionen, und das auch noch hier erwähnt hast. Herzlichen Dank dafür! Weniger überrascht bin ich – ich nehme an, es war nur ein Versehen –, daß du bei den CO2-Emissionen gleich von einer jährlichen 6prozentigen Steigerung gesprochen hast (Abg. Mag. Schweitzer: Bis zu 6 Prozent!), es war gab eine 6prozentige Steigerung im Zeitraum 1988 bis 1994. Das ist aber auch nicht sehr erfreulich, das gebe ich schon zu, aber damit wir bei der Wahrheit und bei der Realität bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Themen erneuerbare Energieträger, Stromerzeugung, auf die auch du eingegangen bist, ist zu sagen: Im Umweltkontrollbericht ist nachzulesen, daß gerade bei der Stromerzeugung und auch in der Industrie deutliche Reduktionen der CO2 – Emissionen erreicht werden konnten, also in diesem Bereich ist uns einiges gelungen, wenngleich ich nicht verhehle, daß diese Energieträger von uns gefördert und forciert werden sollten (Abg. Mag. Schweitzer: Sind 50 Groschen für eine Kilowattstunde ein angemessener Tarif?) , auch im Sinne von Technologieentwicklung.

Der Nationalrat hat ja kürzlich eine Entschließung verabschiedet, die genau das zum Inhalt hatte. In dieser wurde der Wirtschaftsminister aufgefordert, in nächster Zeit ein neues Konzept dafür vorzulegen. Das wird auch in allernächster Zeit seitens des Herrn Wirtschaftsministers geschehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Sind 50 Groschen ein angemessener Tarif?) Davon war in diesem Entschließungsantrag nicht die Rede (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer ), sondern die Frage ist, welche begleitenden Maßnahmen, welche Förderungen es dazu gibt. Das kann man so nicht beantworten, das weißt du ganz genau.

Zum Thema Wasser hast du, Kollege Schweitzer, verschwiegen, daß uns im Bereich der Fließgewässer wesentliche Verbesserungen gelungen sind. Im Bereich der Böden sind zwar – zugegebermaßen – hohe Belastungen da, aber wir haben langfristig große und gute Aussichten, nicht zuletzt durch das ÖPUL-Programm verursacht und dadurch, daß die Zahl biologisch wirtschaftender Betriebe in der Landwirtschaft von 1993 auf 1995 um 150 Prozent zugenommen hat, wir daher langfristig gute Chancen haben, auch in diesem Bereich gute Erfolge zu erzielen.

Schließlich konnten wir im Abfallbereich doch eine starke Steigerung der getrennten Sammlung verzeichnen, vor allem auch eine nachhaltige Reduzierung der Deponierung ohne Vorbehandlung. Ich meine, das ist ein wesentlicher Punkt. Ich bekenne mich von dieser Stelle aus dazu, daß wir rasch zu einer gänzlichen Verhinderung von neuen Altlasten kommen, indem wir in Zukunft keine unbehandelten Abfälle mehr auf unseren Deponien lagern.

Ich muß an dieser Stelle aber kurz auf eine heutige APA-Aussendung meines Kollegen Keppelmüller eingehen, die ich nicht nur unfair finde, sondern gelinde gesagt auch unsachlich und unseriös. Du weißt, daß Vorarlberg – du beziehst dich darauf, daß sich Vorarlberg im Moment bei der Wasserrechtsgesetz-Novelle querlegt – eine ganz spezifische Sondersituation in der Kombination Größe oder umgekehrt Kleinheit des Bundeslandes und vorhandene Restkapazität der Deponien hat (Abg. Dr. Keppelmüller: Drei private Deponien!), die es in keinem anderen Bundesland in dieser Konstellation gibt.

Es sind private Betreiber, allerdings mit Haftungen des Landes versehen. Daß sich das Land gegen den Verlust dieser Investitionen wehrt, ist in dieser Sondersituation durchaus verständlich. Es wird aber hier sicher eine ökologisch vertretbare Lösung geben, die auch wirtschaftlich


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für das Bundesland akzeptabel sein wird. Ich bin mir dessen sicher, daß es dem Herrn Bundesminister gelingen wird, eine solche Lösung zu finden.

Noch ganz kurz zum Umweltbundesamt, weil es hier angesprochen wurde: Im Budgetprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1996 bis 2000 ist eine Ausgliederung von Teilen des Umweltbundesamtes deutlich und explizit festgeschrieben. Es ist auch tatsächlich nur eine Teilausgliederung erfolgt, und zwar jener Teile, die durchaus marktfähig sind – ohne dabei den Kontrollauftrag des Umweltbundesamtes im entferntesten zu schmälern –, nämlich die Labors, die technischen Dienste, die Meßgeräte und so weiter, nicht jedoch der Kontrollteil und Kontrollapparat als solcher. (Abg. Mag. Schweitzer: Der wird als Sektion ausgegliedert!) Auf ausdrücklichen Wunsch – weil du das vorhin erwähnt hast – der Beamten des UBA selbst bleibt das so, wie es ist, es wird nur die Nachordnung aufgehoben. Auch das war Wunsch des UBA, diese Nachordnung aufzuheben.

Also alles in allem ist das ein Streit um des Kaisers Bart. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist eine weisungsunabhängige Sektion innerhalb des Bundesministeriums!) Lieber Kollege Schweitzer! Das ist ein Sturm im Wasserglas, ein Streit um Kaisers Bart, weil eigentlich nur jene marktfähigen Teile ausgegliedert werden, die bei guter Arbeit unangreifbar, unantastbar und in ihrer Arbeit völlig unbeeinträchtigt weiter dem im hoheitlich verbleibenden Teil des UBA durch hoffentlich auch weiterhin seriöse und fachlich fundierte Arbeit zuarbeiten können. Nichts anderes soll es sein. Hier wird künstlich ein Streit angezettelt, wird medial ein Wirbel verursacht, der jeder sachlichen Grundlage entbehrt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller vor. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

20.18

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, das erste, was zum Vierten Umweltkontrollbericht anzumerken ist, ist, daß es hauptsächlich eine historische Nachlese ist, denn der Bericht behandelt den Zeitraum Mai 1993 bis April 1995, und wir haben jetzt immerhin schon 1997 und bald Frühling. Herr Abgeordneter Kopf! Aber das hat nichts daran geändert, daß das, was hier ist, welkes Laub ist und nicht das Frühlingshafte, das wir uns erwarten sollten. Insofern ist es sicherlich interessant, vor allem wenn man sich die Maßnahmen ansieht, die damals noch festgehalten wurden, die die Bundesregierung machen solle, und bei manchen steht sogar dabei: 1996 starten. Wir können heute definitiv sagen, daß das nicht geschehen ist. Insofern ist das ein schöner Beweis dafür, daß diese Berichte zwar durchaus gut sind, gut erhoben, gut gemacht werden, aber auch neben der in manchen Bereichen bedenklichen Umweltsituation in Österreich vor allem eines zeigen, nämlich die mangelhafte Umsetzung der notwendigen Maßnahmen durch die Bundesregierung.

Damit komme ich schon zu einem Bereich, den Herr Abgeordneter Kopf angesprochen hat, zu den erneuerbaren Energieträgern. Nicht nur in diesem Bericht wird klargelegt, daß die Nutzung erneuerbarer Energieträger sinnvoll ist, es wird das auch im Nationalen Umweltplan getan. Aber sich herzustellen und zu sagen, wir haben einen Entschließungsantrag verabschiedet, der dafür sorgt, daß quasi noch weiter nachgedacht wird, ob es erhöhte Einspeisetarife für erneuerbare Energieträger geben soll, entspricht nicht ganz der Wahrheit. Denn diese Fortsetzung ist deshalb notwendig, weil bis heute keine gesetzliche Regelung eine Einspeiseordnung betreffend getroffen wurde. Das ist ja der eigentliche Mangel, und das ist auch das Schädliche. Das kann man überall dort nachlesen, wo es um erneuerbare Energieträger in den Berichten der Bundesregierung geht.

Dort steht, daß eines der essentiellen Hemmnisse die nicht verbindlichen Rückspeisetarife in die öffentlichen Netze sind. Es ist noch etwas dabei, was eigentlich auffällig ist: Wenn gesagt wird, wir brauchen erneuerbare Energieträger, wir brauchen – ich nehme nur einmal die Windkraft heraus – vermehrt Windkraftnutzung in Österreich, weil sie im saisonalen Aufkommen das Wasserkraftaufkommen ergänzt und daher die Einschaltzeiten kalorischer Kraftwerke senkt,


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dann verstehe ich nicht, wie eine EVN in Niederösterreich Netzbereitstellungsgebühren verlangen kann, die für eine Windkraftanlage im Ausmaß einer Leistung von 650 Kilowatt pro Monat fast 14 000 S ausmachen. Dann stellen Sie sich, Herr Abgeordneter Kopf, hier herunter und sagen: Mein Parteikollege, Herr Landeshauptmann Pröll in Niederösterreich – implizit sagen Sie das –, ist genauso wie ich für erneuerbare Energieträger. – Er tut aber alles, um sie zu behindern und nicht marktfähig zu machen. Das ist nämlich die Wahrheit.

Das ist eines der Probleme, die wir in diesem Zusammenhang haben. Sie können auch in diesem wunderbaren Bericht nachlesen, wie wichtig die erneuerbaren Energieträger sind. Sie können nachlesen, daß in den letzten 20 Jahren die Energieeffizienz nicht gestiegen, sondern gleichgeblieben ist. Sie können nachlesen, wo die wichtigen Bereiche sind und wo die Politikmacher etwas tun müßten. Es wird aber nichts getan. Insofern ist dieser veraltete Bericht interessant, weil man nachlesen kann, was die Bundesregierung zwar gesagt hat, was sie tun will, aber nicht getan hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es wäre glaubwürdig, Herr Abgeordneter Kopf, wenn Sie sich herstellen und sagen würden: Ich bin dafür, daß die Netzbereitstellungsgebühren abgeschafft werden; ich werde meinen lieben Kollegen Landeshauptmann Pröll anrufen, der auch bei anderen Organisationen Mitglied ist, die sich der Durchsetzung erneuerbarer Energieträger in Österreich verschrieben haben und an maßgeblicher Stelle mitwirken, und ihm sagen: Nimm die Netzbereitstellungsgebühren doch zurück, oder mach deinen Einfluß geltend, daß das nicht so gehandhabt wird.

Wenn Sie sagen, wir haben doch einen Entschließungsantrag gemacht, dann verschweigen Sie damit die freiwillig erhöhten Gebühren, die gezahlt wurden und die durchaus mit einer Kostendeckung einhergehen sollen, weil etwa auch die Einrechnung der Umweltkosten bei vielen fossilen Verwendungen nicht gegeben ist, bei den erneuerbaren aber sehr wohl. Sie sollten das auf den Tisch legen und sagen, daß wir eigentlich ein Einspeisegesetz mit langfristig gesicherten Tarifen brauchen, weil nur das diesen Markt ankurbeln wird. Wenn das nicht gemacht wird, dann werden alle Erklärungen pro erneuerbarer Energieträger hier vom Pult aus, die von Ihrer Seite gemacht werden, nur Lippenbekenntnisse bleiben können.

Was die Deponierung ohne Vorbehandlung angeht, Herr Abgeordneter Kopf, ist auch klar: Selbstverständlich liegt es an Vorarlberg, daß das bisher nicht gegangen ist. Da sind ja Sie auch in hohem Maße eingebunden; Sie wissen das doch. Das möchte ich auch, ich möchte irgendwo in Vorarlberg für das Ablagern von Müll verantwortlich sein. Dafür kann ich dann von den Steuerzahlern kassieren, dafür haftet aber das Land, wenn etwas passiert. Das ist ein Supergeschäft. Das ist wirklich toll. Sie nehmen auf der einen Seite den Müll, kassieren bei den Leuten ab und sagen dann auf der anderen Seite: Das geht mich nichts mehr an. Wenn etwas passiert, haftet ohnehin das Land. (Zwischenruf des Abg. Kopf. )

Jetzt kommt der Umweltminister und sagt: Wir brauchen eigentlich drei Schritte, um zu einer Abfalldeponierung zu kommen, die unsere Grundwasserressourcen, die letztlich auch die Klimarelevanz berücksichtigt und die etwas macht, was bisher nicht gemacht wurde, nämlich all die problematischen Substanzen zu inertisieren zu versuchen. Dann wird er von seiner eigenen Partei blockiert. Sie blockieren das dann, weil Sie sich offenbar nicht dafür einsetzen wollen, daß das geschieht. Denn der dritte Schritt, die Änderung und Novellierung des Wasserrechtsgesetzes, ist ausständig. Ohne diesen dritten Schritt, ohne die Änderung des Wasserrechtsgesetzes, ist das in Wahrheit null und nichtig. Das wissen Sie. Alle Vorschritte, alle Änderungen im AWG sind nicht sinnvoll, wenn das WRG nicht auch novelliert wird.

Wir sind jetzt in der gleichen Situation wie zum Beispiel beim Gentechnikgesetz. Da hat es geheißen: Wir machen das Gentechnikgesetz, und dann machen wir die Haftungsbestimmungen. Das Gentechnikgesetz haben wir schon, aber auf die Haftungsbestimmungen warten wir noch immer. Es wird auch in diesem Bereich so weitergehen, wenn es nicht endlich hier im Haus die Überzeugung und auch von Ihrer Seite her den Wunsch gibt, das durchzusetzen und abzuschließen. Sie unterstützen damit Ihren eigenen Bundesminister. Das sollte Ihnen eigentlich Motivation und nicht Hindernis sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Zum UBA sei auch noch ein Wort gesagt. Ich verstehe nicht, daß man, wenn es etwa darum geht, am Markt Privaten Konkurrenz zu machen, das unbedingt mit einer Bundesanstalt machen will. Ich verstehe auch nicht, wenn man sich diese Ausgliederungsüberlegungen anschaut, warum übersehen wird, daß gerade das UBA in hohem Maße auch in der Analytik und Meßtechnik Bereiche und Gebiete beschreitet, die von Privaten nicht beschritten werden können. Ich bin überzeugt davon, daß viele Entwicklungen von Methoden letztlich im UBA angesiedelt sein müssen, damit es wirklich effiziente Methoden sind. Ich glaube, daß es im privaten Bereich nicht gut aufgehoben wäre, solange wir End-of-pipe-Technologien präferieren. Das tun wir aber derzeit noch. Da ist es sinnvoll, meinetwegen mit einer Teilrechtsfähigkeit zu arbeiten. Das würde auch das UBA in die Lage versetzen, Drittaufträge heranzuziehen, es würde es aber nicht ausschließlich davon abhängig machen.

Ich glaube, wenn wir eine Umweltschutzinstitution in Österreich haben wollen, die wirklich unbestechlich ist, dann ist es sinnvoll, zu überlegen, wie wir das UBA effizienter gestalten können. Aber die Überlegungen bezüglich Umweltkontrolle in Österreich, die mir bekanntgeworden sind, werden nicht zielführend sein, sondern werden zwangsläufig zu einer Schwächung und letztlich auch den Deregulierungsgedanken ad absurdum führen. Und gerade das wollen die Liberalen nicht.

Wir sind überzeugt davon, daß man viele Aufgaben in den privaten Bereich verlagern kann. Wir halten nichts davon, daß der Staat in diesem Bereich, in dem die Privaten tätig sind, den Privaten Konkurrenz macht und quasi Geld absaugt. Wir sind dafür, daß man eine Umweltkontrolle macht, die dem Umweltministerium auch zugeordnet und mit der gewährleistet ist, daß auch Methoden und Analyseverfahren entwickelt werden, die auch in Zukunft sinnvoll verwendet werden können. Das ist notwendig.

Aber wenn die Berichte ohnehin immer erst zwei Jahre später ins Parlament kommen, dann, Herr Bundesminister, stimmt es allerdings, dann ist es Wurscht, was wir mit dem UBA machen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

20.27

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eigentlich sollten jetzt der Umweltkontrollbericht und der Nationale Umweltplan gemeinsam diskutiert werden. Ich weiß nicht, wieso das wieder getrennt wurde. Ich halte es für sinnvoll, daß ich mich beim Thema Umweltkontrollbericht auch mit dem Nationalen Umweltplan beschäftige.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Nationale Umweltplan setzt die Leitlinien der österreichischen Umweltpolitik für die nächsten zehn bis 15 Jahre und ist somit das strategische Planungsinstrument Österreichs in der Umweltpolitik. Der Nationale Umweltplan soll allen Beteiligten als verbindlicher Orientierungsplan dienen, wobei die Autoren festgestellt haben, daß die Notwendigkeit grundlegender ökologischer Veränderungen innerhalb eines Zeitraumes von 20 bis 25 Jahren gegeben sei. Maximale Ressourcenschonung und Minimierung von ökologischen Risken im Sinne der Nachhaltigkeit sind die Ziele in allen Bereichen.

Herr Bundesminister Bartenstein hat festgestellt – das kann ich nur unterstreichen –: Österreich hat als einer der Umweltmusterländer mit diesem Nationalen Umweltplan als zweites Land Europas – nach den Niederlanden – diesen Plan vorgelegt. Für den Wirtschaftsstandort Österreich ist dieser Nationale Umweltplan ein sehr wichtiges Instrument, da nämlich der ökologische Strukturwandel vorprogrammiert ist. – So hat es der Umweltminister festgestellt. Das heißt, die verfügbaren Rohstoffe sollen besser eingesetzt, Umweltschäden von vornherein vermieden werden.

Als Lösungsansätze sind im NUP unter anderem der Umstieg auf erneuerbare Rohstoffe und Energieträger, Einsparungen von Energie, die Verwirklichung der ökologischen Kostenwahrheit,


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die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus eines Produktes und die bessere Ausnützung der Primärenergie festgeschrieben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich zwei Bereiche des NUP herausgreifen, zum ersten den Bereich der Landwirtschaft. Dazu schreibt der NUP: Die Ökologisierung der Landwirtschaft sieht den breiten Umstieg auf den biologischen Anbau und eine standortangepaßte Naturbeschaffung an Leistungen, die die Bauern erbringen, vor. – Ich glaube auch, daß der Umstieg für den Biobauern ein wesentlicher Produktanreiz ist, weil er damit nicht mehr so in Konkurrenz mit anderen steht. Überall sagt man uns, daß gerade der Biobauer mehr Zukunft haben wird.

Ein anderes heikles Thema, das im NUP auch angeschnitten wird, ist der Wald. Da gilt es vor allem das umzusetzen, was hier niedergeschrieben ist, nämlich daß man in bezug auf Wildschäden mehr unternehmen muß. Das heißt, man muß den Bestand des Wildes so reduzieren, daß der Wald nicht mehr gefährdet ist.

Der zweite Punkt, den ich mir aus dem NUP herausgeschrieben habe, betrifft das Wasser. Der gesamte Pro-Kopf-Verbrauch betrug 1991 rund 1 500 Liter Wasser pro Tag, wobei rund ein Drittel des Gesamtbedarfs auf Industrie und Gewerbe und ein weiteres Drittel auf den Kühlwasserbedarf von Wärmekraftwerken entfielen. Die Landwirtschaft verbraucht rund 6 Prozent des gesamten Wasserbedarfs, die Haushalte 9 Prozent. Kollege Kopf hat kurz angesprochen, was wir vor allem in der nächsten Zeit verstärkt machen müssen, nämlich die Rückführung der Flüsse, der Fließgewässer in die natürlichen Bahnen. Das würde dem Wasserhaushalt sehr helfen.

Was im Zusammenhang mit dem NUP und mit dem Umweltkontrollbericht steht, ist natürlich das Instrument, das diesen Umweltkontrollbericht, den wir auch beim NUP brauchen, herstellt, nämlich das Umweltbundesamt. Auf Seite 318 des NUP steht: Das Umweltbundesamt wird im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung ebenfalls eine Evaluierung der Umsetzung der Ziele des Nationalen Umweltplanes durchführen und diese Bewertung im Umweltkontrollbericht vorlegen.

Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Vorredner haben das Thema Umweltbundesamt auch schon angesprochen. Ich zitiere aus den "Oberösterreichischen Nachrichten" vom 18. März 1997, in denen unter dem Titel "Kommentar – falscher Ehrgeiz" von Karl Danninger steht:

"Der Minister für Umwelt, Jugend und Familie Martin Bartenstein will dem Spargedanken der Regierung dadurch Rechnung tragen, daß er das bestens funktionierende und allseits gelobte Umweltbundesamt zersägt. Ein Teil wird privatisiert, ein Teil wird der Ministerialbürokratie einverleibt."

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als im Jahre 1985 – ich habe mir diese Protokolle heraussuchen lassen und sie auch kopiert – das Umweltbundesamt durch Minister Steyrer geschaffen wurde, gab es keine breite Zustimmung. Es waren die damaligen Vertreter der Volkspartei damit nicht einverstanden, und sie haben in ihren Reden an diesem für die Umwelt so wichtigen Instrument kein gutes Haar gelassen, und sie haben nicht mit Begeisterung zugestimmt. Heute soll das Umweltbundesamt, wie wir lesen und wie, so glaube ich, auch zu hören ist, dem Sparstift zum Opfer fallen.

Herr Bundesminister! Wir wissen doch genau, daß diese wichtigen Aufgabenbereiche nur ein objektives Unternehmen durchführen kann. Es gibt doch angeblich bereits die Endvorlage des Focus-Berichtes. Herr Bundesminister! Legen Sie uns diesen in der Diskussion vor! Zeigen Sie uns bitte diesen Focus-Bericht und das, was tatsächlich dort steht, damit wir auch darüber diskutieren können! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie berufen sich darauf, daß in der Vereinbarung steht, daß das Umweltbundesamt unbedingt ausgegliedert werden muß. Mir ist bekannt, daß Sie das in der Vereinbarung zum Spargedanken hineingeschrieben haben. Aber es ist ja nirgendwo festgeschrieben, daß es auch so sein und so bleiben muß. Es ist doch nirgendwo festgehalten, daß unbedingt


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jenes Amt, das der Umwelt dient, herausgenommen werden muß. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Doch, im Budgetprogramm!) – Nein, das ist ein Vorschlag von Ihnen im Budgetprogramm.

Herr Bundesminister! Ich schätze Sie als sehr kreativen, innovativen Menschen. Das sind Sie wirklich! Daher weiß ich, daß Sie soviel Phantasie haben werden, daß Sie das neu gestalten und andere Methoden finden werden können, um dem Spargedanken Rechnung zu tragen. Aber es muß doch nicht gerade beim Umweltbundesamt sein, das wir alle brauchen! (Beifall bei der SPÖ.) Ich weiß nicht, warum das so sein soll.

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie wirklich, sich mit den Vertretern unserer Partei – wir haben uns die Mühe gemacht und eine Vorschlagsliste erstellt, die wir mit Ihnen diskutieren wollen – zusammenzusetzen. Ich glaube, daß auch andere Fraktionen nicht damit einverstanden sind, daß das Umweltbundesamt ausgegliedert wird. Setzen wir uns doch alle zusammen und sprechen wir darüber! Diskutieren wir über diesen Vorschlag, den wir Ihnen gerne vorlegen wollen, damit wir dieses Umweltbundesamt erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das haben sich erstens einmal die Beamten verdient, die eine Arbeit geleistet haben, die sich sehen lassen kann. Es hat sich auch der Umweltminister verdient, solch ein Umweltbundesamt zu haben, weil er mit ihm gut operieren kann, und es haben sich auch die Umwelt und damit die Republik verdient, daß dieses Umweltbundesamt weiterhin dazu beiträgt, daß wir auch in Zukunft auf ein Umweltmusterland Österreich stolz sein können! (Beifall bei der SPÖ.)

20.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

20.36

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Ich möchte in erster Linie zum aktuellen Thema der Umstrukturierung des Umweltbundesamtes sprechen. Zum Bericht selbst, den wir heute debattieren, habe ich schon im Ausschuß angemerkt, daß, so wie eigentlich jeder Umweltkontrollbericht, auch dieser von seiner Aufgabenstellung her sehr ordentlich gemacht wurde, daß das Umweltbundesamt diesen Auftrag, der gesetzlich vorgegeben wurde, immer sehr engagiert und gut in diesem Bericht zusammenfaßt. Wir meinen, daß es genauso, wie meine Vorredner seitens der Opposition angeführt haben, vor allem natürlich an der konkreten Umsetzung vieler auch im Umweltkontrollbericht enthaltenen Leitmotive abhängt, wie erfolgreich die konkrete Umweltpolitik selbst ist.

Da gibt es viele Beispiele, die auch schon Abgeordneter Barmüller aufgezählt hat, gerade im Energiebereich, in dem wir weit davon entfernt sind, daß es bisher zu einer ökologisch und auch ökonomisch vernünftigen Weichenstellung gekommen wäre. Der Bericht selbst ist aber auch aus meiner Sicht sehr ordentlich gemacht, und dem Bericht selbst werden wir gerne unsere Zustimmung geben.

Ich möchte mich aber einem derzeit viel aktuelleren und bedrohlicheren Bereich widmen, nämlich der von Ihnen geplanten Umstrukturierung.

Wie ist die Situation, wie ist die Ausgangssituation? – Der Umweltminister muß sparen. So wie seine Ressortkollegen ist er dazu veranlaßt, sich auch für sein Ressort entsprechende Sparmaßnahmen zu überlegen. Daran ist im Prinzip einmal nichts auszusetzen, wiewohl ich meine, daß es, wenn es uns mit dem Umweltmusterland Österreich und einer gewissen Prioritätensetzung ernst ist – gerade in Zeiten, in denen der Umweltschutz jetzt von angeblichen Sachzwängen im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftspolitik immer verdrängt wird –, für den Bereich des Umweltschutzes als von uns aus weitestgehende Forderung eigentlich keine budgetären Einsparungen geben dürfte.

Ich bringe auch in diesem Zusammenhang gleich einen


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Entschließungsantrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Langthaler, Van der Bellen, Freunde und Freundinnen betreffend Prioritätensetzung Umweltschutz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird beauftragt, die Budgetverhandlungen für die Jahre 1998 und 1999 so zu führen, daß eine klare Prioritätensetzung zugunsten der Umweltpolitik deutlich erkennbar ist.

*****

Dieser Antrag, Herr Umweltminister, ist also nicht an Sie, sondern an den Finanzminister gerichtet. Er macht natürlich nur dann Sinn, wenn sich der Umweltminister auch selbst dafür einsetzt, daß sein Ressort nicht entsprechend beschnitten wird, und wenn der Umweltminister natürlich in erster Linie selbst darauf hinweist, wie notwendig es ist, gerade in einem immer wichtiger werdenden Bereich entsprechende – auch personelle – Ausstattung zu haben.

Genau das, Herr Umweltminister, werfe ich Ihnen im Bereich der Umorganisation des Umweltbundesamtes vor, nämlich daß Sie die angebliche oder auch notwendige Budgetkonsolidierung in Ihrem Bereich nur dazu benutzen, Ihnen unliebsame Stellen einfach kaputtzumachen beziehungsweise auch entsprechende Personen hinauszuschmeißen.

Es soll bereits eine interne Vereinbarung der Minister geben – man hört ja nichts Genaueres über die konkreten Budgeterstellungen. Was aber sehr offensichtlich ist und worüber es eine Übereinkunft geben soll, ist, daß die Personalkosten für die Budgets 1998/1999 auf dem Stand von 1996 eingefroren werden sollen. Wir haben im Budgetprogramm extra noch einmal nachgesehen, denn eine solche Forderung an sich steht nicht im Budgetprogramm. Im Budgetprogramm selbst steht eine Summe von möglichen Umstrukturierungen verschiedener Ministerien. Ich habe mir das Budgetprogramm extra mitgenommen, Herr Umweltminister!

Darin steht natürlich als Vorschlag eine Teilausgliederung des Umweltbundesamtes, wie insgesamt etwa 150 verschiedene Vorschläge darin stehen, die sicher nicht annähernd alle umgesetzt werden.

Wir haben das auch mit dem damaligen Finanzminister Klima im Budgetausschuß diskutiert, und wir haben das schon vor einigen Monaten zur Debatte gebracht, daß diese Maßnahmen aus unserer Sicht völlig falsch sind. Es ist auch der Verkauf von Förderungen des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds enthalten, das halte ich auch für richtig, das ist auch schon teilweise geschehen.

Die anderen Vorschläge, wo man in einigen Ressorts liberalisieren, privatisieren kann, mögen im Detail auch sinnvoll sein. Diesen Bereich aber, in dem es um die Kontrolle und um die konkrete Überprüfung und Einholung von Daten geht, diesen sensiblen Bereich zu privatisieren oder auszugliedern, ist völlig absurd. Macht braucht Kontrolle – das sagt der von allen hier geschätzte Herr Bundespräsident, und zwar nicht nur während seines Wahlkampfes, sondern seither immer wieder. Macht braucht eine entsprechende Kontrolle, und eine solche Kontrolle muß unabhängig sein, und eine solche Kontrolle kann man deshalb auch nicht privatisieren. Sie können nicht den sensibelsten Bereich, der Ihnen offensichtlich politisch unliebsam ist, einfach ausgliedern.

Ich nehme nicht an, daß Sie glauben – da würden Sie wider besseres Wissen sprechen –, daß sich, wenn Sie die Analytik, die Labors, die EDV ausgliedern, tatsächlich ein Markt auftut, mit dem es möglich wäre, diesen Bereich stabil zu halten. Das heißt nicht, die Personalkosten zu senken, Personal abzubauen beziehungsweise auf Qualität zu verzichten. Wie soll denn das in der Praxis funktionieren? Soll das Umweltbundesamt am Montag die VOEST prüfen und am Dienstag hingehen und darum bitten, ob es nicht möglich wäre, einen Auftrag durchzuführen?


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Jeder Mensch, der in der Praxis war oder ist, weiß doch, daß es eigentlich mehr als schwierig ist – noch dazu in einem solch kleinen Land wie Österreich –, eine unabhängige Kontrolle durchzuführen, sich aber gleichzeitig bei jenen, die man kontrollieren soll, um Studien und um entsprechende Geldmittel anzustellen. Das ist nicht möglich. Genau das aber versuchen Sie.

Ich unterstelle Ihnen jetzt einmal, Herr Umweltminister, daß ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Dann frage ich Sie, weil Sie sehr beleidigt reagieren, warum Sie dann nicht in Ihrem eigenen Ressort geschaut haben, ob es denn nicht möglich wäre, Parallelstrukturen, die es gibt, zu verbessern. – Nein, Sie haben sogleich all Ihre Aufmerksamkeit dem Umweltbundesamt gewidmet. Das ist ja kein Geheimnis, das weiß doch jeder: Das Umweltbundesamt – 1985 installiert – wird weitgehend, wenn man so will, im SPÖ-Bereich gesehen, mit einem SPÖ-Direktor. Allen Umweltministern, Ihnen und auch Ihren Vorgängerinnen, ist das in vielen Bereichen eher unliebsam, weil da die für sie nicht so kontrollierbaren Leute sind, die noch dazu viel zu kritisch sind.

Sie haben Ihr Ministerium, in dem seit Jahren beinharte Personalpolitik in der Form gemacht wird, daß Sie sehr viele Ihrer Partei nicht nur Nahestehende, sondern auch Mitglieder dort einfach anstellen. Diese haben Sie ordentlich an der Kandare und ziemlich unter Kontrolle. Also das Umweltbundesamt ist nicht so angenehm, das ist zu kritisch, das muß jetzt geschwächt werden.

Das unterstelle ich Ihnen deshalb, denn wenn das nicht so wäre, dann hätten Sie sich in allererster Linie oder wenigstens parallel dazu auch das Umweltministerium ansehen müssen. Ich habe hier eine Schnittstellenanalyse, die Dr. Schäffer gemacht hat, in der er verschiedene Aufgaben aufgelistet hat, die sowohl das Umweltministerium als auch das Umweltbundesamt machen. Ich zitiere konkret aus diesem Gutachten:

Eine Übertragung all dieser verschiedenen Aufgaben in den eigenen Zuständigkeitsbereich des Umweltbundesamtes könnte das Bundesministerium für Umwelt von Aufgaben entlasten, die grundsätzlich nicht zur staatstragenden Funktion eines obersten Vollzugsorganes des Bundes im System der Gewaltenteilung gehören. Damit würde die parallele Beschäftigung von Beamten mit denselben Angelegenheiten im Ministerium einerseits und im Umweltbundesamt andererseits entfallen. Wertvolle kostspielige Dienstposten des Ministeriums könnten eingespart werden. – Zitatende.

Darin gebe ich Dr. Schäffer völlig recht. Es gibt Parallelstrukturen, die Sie aufgebaut haben, weil Sie die Leute im Umweltministerium besser unter Kontrolle haben. Dort könnte man tatsächlich schauen, wo es konkrete Möglichkeiten zur Einsparung gibt.

Abgeordneter Kopf hat vorhin gemeint, das sei auch der Wunsch der Personalvertretung. Ich weiß nicht, mit wem Sie geredet haben. Ich habe hier einen offenen Brief der Personalvertretung an den Umweltminister von vor einigen Tagen, in dem noch einmal dezidiert gesagt wird:

"Durch diesen Vorschlag werden hauptsächlich jene Einheiten in die GesmbH verlegt, die konkret mit der Durchführung von Umweltkontrollen und der Information der Öffentlichkeit und des Parlaments, also Umweltkontrollbericht, über die Arbeiten des Umweltbundesamtes befaßt sind. Jede Art einer solchen Ausgliederung würde daher fachlich eindeutig den Absichten widersprechen, daß die Funktionen der Umweltkontrolle völlig unberührt bleiben."

Es heißt hier weiters: "Das Umweltbundesamt ist eine junge und effizient arbeitende und geführte Dienststelle mit einem außerordentlich hohen Level an Motivation, Einsatzbereitschaft, Kollegialität und Freude an der Arbeit. Um dieses Arbeitsklima und die daraus resultierende flexible und effiziente Arbeit des UBA zu erhalten, ersuchen wir Sie, in unser aller Interesse auf die geplante Teilausgliederung zu verzichten."

Es gibt mehrere solcher Stellungnahmen der Personalvertretung. Das sind lauter Hilfeschreie, Herr Abgeordneter Kopf! Also ich weiß nicht, mit wem Sie geredet haben, vielleicht nur mit dem Ministerbüro. Ich weiß, daß das den Beamten oder den Mitarbeitern im Ministerbüro ganz recht ist. Das ist ganz angenehm. In ihrem Sprachgebrauch heißt es dann, diese Rot-Grünen im Um


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weltbundesamt machen immer so kritische Arbeiten, und da ist es sehr angenehm, wenn man sie an die Kandare nimmt. Der eine Bereich wird teilausgegliedert, beziehungsweise es ist – so wie ich höre, wie mir die letzten Entwürfe von Ihrem neuen Gesetz bekannt sind – eigentlich eine Teilrechtsfähigkeit einerseits und eine direkte Unterstellung ins Ministerium andererseits, also ein ziemliches An-die-enge-Leine-Nehmen.

Herr Umweltminister! Wenn es Ihnen tatsächlich um Effizienzsteigerung und Einsparungen geht, dann würden wir uns wünschen, daß Sie, bevor Sie irgendwelche Maßnahmen zum Umweltbundesamt setzen, zuerst in Ihrem eigenen Ministerium schauen, wo es mögliche Einsparungseffekte gäbe. Wir würden Sie in erster Linie unterstützen – deshalb auch dieser Antrag an den Finanzminister –, wenn Sie sich dafür einsetzen, daß der Bereich des Umweltbudgets überhaupt nicht von Budgetkürzungen betroffen werden wird. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, daß Ihr Kollege im Kunstbereich das geschafft hat, das steht auch im Budgetprogramm: Stabilisierung der Ausgaben, aber – jedenfalls wenn man sich die letzten Budgets anschaut – ziemliche Erhöhungen.

Wir hätten uns ein solches Engagement eines Ministers für den Umweltbereich gewünscht. Wir wünschen uns auch, daß sich ein Umweltminister mit allen Mitteln dafür einsetzt, eine unabhängige Umweltkontrolle in diesem Land aufrechtzuerhalten.

Ich bringe daher einen zweiten Entschließungsantrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Langthaler, Dr. Van der Bellen, Freunde und Freundinnen betreffend Umweltbundesamt

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Umwelt und Familie wird ersucht, von einer Teilausgliederung des Umweltbundesamtes abzusehen und eine Überprüfung hinsichtlich möglicher anderer Einsparungspotentiale im eigenen Ressort zu veranlassen.

*****

Ich würde Sie also ersuchen, daß Sie auch von der Firma Focus, deren Bericht wir alle nur aus den Medien kennen, oder von einer anderen Firma Ihr Ministerium prüfen lassen, um zu sehen, wo es Doppelgleisigkeiten gibt. Dann können wir im Ausschuß sehr detailliert darüber diskutieren, wo diese Aufgaben sinnvollerweise besser gemacht werden sollen: ob das in Ihrem Ressort oder im Umweltbundesamt geschehen soll. Danach kann man sich überlegen, welche Maßnahmen aufgrund budgetärer Zwänge tatsächlich auch noch im Umweltbundesamt notwendig wären. Aber eine kritische, Ihnen zum Teil aus parteipolitischen Gründen unliebsame Institution, die ausgezeichnet funktioniert, kaputtzumachen und im eigenen Ressort gar nichts einzusparen, so kann es nicht gehen. Wir kündigen Ihnen daher diesbezüglich massiven Widerstand der Grünen an. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden eben verlesenen Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.49

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf auch von meiner Seite vor allem auf die im Mittelpunkt der Debatte stehende geplante Teilausgliederung des Umweltbundesamtes eingehen.


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Frau Abgeordnete Langthaler! Ich darf Sie in zweierlei Hinsicht beruhigen: Zum ersten: Eine entsprechende Analyse und eine daraus resultierende Strukturreform des Bundesministeriums für Umwelt ist bereits nicht von der Firma Focus, aber personalidentisch von einer Vorläuferberatungsfirma durchgeführt worden und hat nicht nur zum Abbau von zwei Hierarchiestufen, zur deutlichen Abschlankung, zur deutlichen Einsparung von Abteilungen, zur Abschaffung von Referaten und Gruppen geführt, sondern hat nach abschließender Beurteilung und Bewertung auch 10 Prozent unserer Personalkapazität für neue Aufgaben freigesetzt. Diesen Weg werden wir im übrigen auch im Bereich des Umweltbundesamtes weitergehen. Eine vergleichbare Strukturreform im Jugend- und Familienbereich wurde im März dieses Jahres umgesetzt.

Ich darf Sie beruhigen: Ich bin stolz darauf, daß im Bereich unserer Mitarbeiter – das äußert sich letztlich auch in den Ergebnissen der Personalvertretungswahl – Parteipolitik eine untergeordnete Rolle spielt und daß eine unabhängige Liste mit einem hervorragenden Personalvertreter an der Spitze in den Personalvertretungsangelegenheiten unseres Hauses tonangebend ist. (Abg. Ing. Langthaler: Unabhängig!) Dabei wird und soll es auch bleiben. Ich darf Ihnen versichern, daß irgendwelche rot-grünen oder sonstigen Überlegungen im Rahmen der Teilausgliederung des Umweltbundesamtes nicht die geringste Rolle spielen, Frau Abgeordnete Langthaler. (Beifall bei der ÖVP.)

Was aber, Frau Abgeordnete Langthaler und Herr Abgeordneter Brix, zweifellos eine Rolle spielt, ist die Tatsache, daß die Teilausgliederung des Umweltbundesamtes zwischen den Regierungspartnern akkordiert und auf Vorschlag des Finanzressorts sowie nach Übereinstimmung mit uns ins Budgetprogramm aufgenommen wurde. Es sind das nicht nur Vorschläge: Dieses Budgetprogramm ist von der Bundesregierung beschlossen worden und ist für mich bindend. Im übrigen ist diese Beschlußfassung und diese Position in der Ministerratssitzung vom letzten Dienstag übereinstimmend wiederholt und bekräftigt worden, sehr geehrter Herr Abgeordneter Brix.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einigen Mißverständnissen aufräumen. Frau Abgeordnete Langthaler, ich kenne und schätze Sie zu sehr, um nicht anzunehmen, daß Sie es ohnehin besser wissen, aber lassen Sie es mich trotzdem sagen. Sie sprechen von Zerschlagung und Abschaffung, Sie sprechen, wie andere auch, von Privatisierung. – Das ist überhaupt nicht wahr. Eine Teilausgliederung des Umweltbundesamtes bedeutet, daß diejenigen technischen Dienste, von denen wir annehmen, daß sie sich auf dem Markt behaupten können, als 100prozentige Tochtergesellschaft des Bundes – ja was denn sonst! – ausgegliedert werden. Diese Gesellschaft bleibt selbstverständlich im Bundesbesitz, und es wird der derzeitige Direktor, Herr Direktor Struwe – er leistet hervorragende Arbeit –, mit der Leitung dieser GesmbH betraut werden, allerdings einen zweiten, einen kaufmännischen Geschäftsführer dazubekommen.

Ich kann nicht verstehen, daß Sie nicht in der Lage sind, nachzuvollziehen, daß gerade diese Teilausgliederung das Umweltbundesamt in Zukunft in die Lage versetzen wird, den rigiden Sparkurs, dem wir alle unterworfen sind und weiterhin unterworfen sein werden, nicht in vollem Umfang mitmachen zu müssen, weil es sich zusätzlich zur gleichbleibenden nominalen Budgetierung durch mein Haus mit der Übernahme externer Aufträge gewissermaßen die Butter aufs Brot wird verdienen können. Wäre es weiterhin nur eine nachgeordnete Dienststelle meines Ministeriums, so müßte das Umweltbundesamt mit Sicherheit rigide Personaleinsparungen zur Kenntnis nehmen. Durch die Teilausgliederung von ungefähr 70 bis 80 Mitarbeitern wird es möglich sein, zusätzlich Umsatzvolumen und Wertschöpfung zu schaffen und damit den Personalstand zu halten oder vielleicht sogar aufzustocken.

Sie haben von Einverleibung gesprochen, indem Sie einen oberösterreichischen Journalisten zitierten, Herr Abgeordneter Brix, und Sie haben Bundespräsident Klestil zitiert: "Macht braucht Kontrolle". Wo, glauben Sie, ist die Selbständigkeit von Direktor Struwe und des Umweltbundesamtes, in dem die hoheitliche Funktion wahrgenommen wird, größer: im Rahmen einer nachgeordneten Dienststelle, der dieser Status überhaupt nicht willkommen war, oder aber als Annexamt, gleichwertig einer Sektion, aber direkt im Ministerium beheimatet? – Die Selbständigkeit ist selbstverständlich im Rahmen dieses Annexamtes größer. Es war der konkrete Wunsch der Mitarbeiter des Umweltbundesamtes, Frau Abgeordnete Langthaler, aus dem


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Status einer nachgeordneten Dienststelle herausgenommen und aufgewertet zu werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Es ist aber nicht direkt unterstellt! Das ist doch lächerlich!)

Sie wissen es nicht, oder Sie wollen es nicht wissen. Ich sage es Ihnen hiermit und füge hinzu: Wenn es von seiten des Umweltbundesamtes mehrheitlich den Beschluß und den Wunsch gibt, nachgeordnete Dienststelle zu bleiben, dann gereicht es, Frau Langthaler und Frau Brix (Abg. Brix: Herr! – Abg. Leikam: Das hat er nicht verdient!), dem Umweltbundesamt und den dortigen Mitarbeitern zum Nachteil, diesen Zustand aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Doppelbödigkeit wird in der Frage der Unvereinbarkeit zur Potenz erhoben, Frau Abgeordnete Langthaler. Gerade Sie, die Sie so exzellente Verbindungen dorthin haben, wissen genau, daß Aufträge in Richtung Strahlenanalytik und Strahlenmessung oder Aufträge in Richtung Wasseranalytik schon heute nur in geringem oder gar keinem Ausmaß im Rahmen des Umweltbundesamtes erledigt werden, und zwar wegen der Spezialisierung. Man vergibt auch Aufträge nach außen. Dort besteht nicht das Problem eines Interessenskonfliktes.

Es ist nicht so, daß das Umweltbundesamt im Regelfall wie ein Betriebsprüfer in die Betriebe geht, sondern das Umweltbundesamt macht Umweltkontrolle und mißt vor Ort. Das sind objektivierbare und objektive Messungen. Das ist Analytik. Wir beide sind Chemiker und wissen, wovon wir reden. Dabei ist der Interessenskonflikt wohl kein großes Risiko. Wenn es dazu kommen sollte, traue ich den Mitarbeitern des Umweltbundesamtes ohne weiteres zu, einmal einen Kunden nicht zu akquirieren und auf einen Auftrag zu verzichten, um einem möglichen Interessenkonflikt aus dem Weg zu gehen. Damit müssen wir jeden Tag leben, daß wir abwägen, ob es einen Interessenkonflikt gibt oder nicht. Es wird in Zukunft sicher möglich sein, das auszuschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen versichern, daß noch ausreichend Zeit bleiben wird, das Thema der Teilausgliederung des Umweltbundesamtes zu diskutieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der von meinem Haus ausgearbeitet wurde, wird in Kürze in Begutachtung gehen. Ich versichere Ihnen, daß sämtliche Begutachtungen sehr ernst genommen werden. Allerdings darf ich Ihnen auch sagen – wahrscheinlich wissen Sie das nicht –, daß bereits ausgezeichnete Gesprächsbeziehungen zur Leitung des Umweltbundesamtes und zur Personalvertretung bestehen, um die Zukunft gemeinsam zu bestreiten.

Sie haben auch unrecht, Frau Abgeordnete Langthaler, was die bisher erreichten Einsparungen betrifft: Im Umweltressort sind letztes Jahr mehr als 10 Planstellen eingespart worden, im Umweltbundesamt ganze zwei. Damit hat das Ressort sogar einen etwas größeren Anteil an den notwendigen Einsparungen übernommen. (Abg. Ing. Langthaler: Das waren aber Pensionierungen!) Ich verstehe die Aufregung nicht ganz und appelliere insbesondere an die Abgeordneten des sozialdemokratischen Parlamentsklubs, in dieser Angelegenheit der gemeinsam getroffenen und jetzt erneut bekräftigten Regierungsposition zu folgen. Wir werden das diskutieren und sind für Verbesserungsvorschläge offen. In einigen Monaten werden wir Gelegenheit haben, dieses konkrete Gesetzesvorhaben im Parlament zu diskutieren, um die Teilausgliederung des Umweltbundesamtes schließlich – so ist es von mir geplant – mit 1. Jänner nächsten Jahres über die Bühne zu bringen.

Aber gestatten Sie mir noch einmal, dieses grundlegende Mißverständnis, diese Fehlinterpretation auszuräumen, daß von "Privatisierung" gesprochen wird, obwohl es bei einer Ausgliederung zu 100 Prozent eine Tochtergesellschaft des Bundes bleibt, und daß von einer "Einverleibung" ins Ministerium die Rede ist, wenn man in Wirklichkeit einen Wunsch der Mitarbeiter des Umweltbundesamtes erfüllen und die nachgeordnete Dienststelle aufwerten möchte, was im übrigen auch besoldungstechnisch und karrieremäßig Konsequenzen haben könnte. Diese grundlegenden Mißverständnisse – um es höflich auszudrücken – sollten damit im Rahmen dieser Debatte ausgeräumt worden sein. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

20.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Danke, Herr Bundesminister.


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Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

20.58

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nahezu alle meine Vorrednerinnen und Vorredner haben auf die positiven Ergebnisse hingewiesen, die im Umweltkontrollbericht ausgewiesen werden. Aber auch ich möchte sagen, daß seine Erstellung schon etwas weit zurückliegt und er daher nicht mehr sehr aktuell ist. Vor allem im Energiebereich läßt er einiges offen, deshalb möchte ich mich im Zusammenhang mit dem Thema Energie gleich mit den Maßnahmen aus dem Nationalen Umweltplan, der uns ja ebenfalls vorliegt und heute insgesamt debattiert wird, auseinandersetzen.

Grundsätzlich möchte ich zum Nationalen Umweltplan sagen, daß er meiner Ansicht nach nicht nur richtungweisend für die künftige Umweltpolitik ist, sondern auch riesige Chancen für zukunftsweisende Technologien und damit für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik in unserem Lande aufzeigt.

Ich möchte einige für mich besonders wichtige Denkansätze aus den neun Thesen herausgreifen, die den Beitrag über Energie im Nationalen Umweltplan zusammenfassen, weil sie mir sehr wichtig für die in den nächsten Monaten und Jahren erforderlichen Maßnahmen erscheinen.

Laut Nationalem Umweltplan ist der schrittweise Ersatz von fossilen durch erneuerbare Energieträger anzustreben, wobei die Kriterien der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten sind – ein Grundsatz und eine Aufforderung, die bis dato sicherlich ein wenig zu kurz gekommen sind. Bei jeder Energienutzung ist die Energieeffizienz zu erhöhen. Ich denke dabei an die vielen Möglichkeiten im Gewerbebereich oder Dienstleistungssektor und vor allem auch im Hauptbereich, in den Haushalten. Bei thermischer Nutzung von Energie ist soweit wie möglich der Einsatz von Wärmekrafttechnologie vorzuziehen, woraus sich ein klares Primat für Kraft-Wärme-Kupplungen ergibt.

Meine Damen und Herren! Weiters ist aus Detailstudien ersichtlich, daß für CO2-relevante Schlüsselbereiche wie Verkehr und Wohnbau Wärmekrafttechnologien mit vertretbarem technischen und kostenmäßigen Aufwand möglich wären und eine Struktur für das österreichische Energiesystem erreichbar wäre, die eine CO2-Reduktion entsprechend dem Toronto-Ziel ermöglichen würde. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Feststellung und Aussage im Nationalen Umweltplan, und wir sollten daher diese Anregung unbedingt aufgreifen, wenn wir uns nicht weiter von dem angestrebten Ziel entfernen wollen. Das geht zum Teil auch aus dem Kontrollbericht hervor. Allerdings erfordert schon die Erreichung des Toronto-Ziels eine deutliche Verschiebung der Investitionsaktivitäten von der konventionellen Energiebereitstellung hin zur effizienten Energietransformation und zur effizienten Energieverwendung.

Meine Damen und Herren! Dem Bund, den Ländern und den Gemeinden kommt in diesem Zusammenhang verstärkt die Aufgabe zu, die langfristigen Ziele der Energiepolitik – wie die Strukturen für ein nachhaltiges Energiesystem – zu formulieren und die institutionellen und rechtlichen Voraussetzungen zur Erreichung dieser Ziele zu schaffen. Die Instrumente und Rahmenbedingungen für eine neu strukturierte Elektrizitätswirtschaft – wir stehen mitten in der Diskussion dazu –, gesetzlich neu zu formulierende Bedingungen für eine effiziente Förderung erneuerbarer Energieträger wie Wasserkraft, Biomasse, Sonne und Wind – in dieser Debatte auch bereits mehrmals angesprochen und eingemahnt – und laufende Verhandlungen zu Artikel 15a-Vereinbarungen, um die Länder und Gemeinden in diese Zielsetzung einzubinden, müssen dazu optimal genutzt werden. In den dafür erforderlichen ressortübergreifenden Verhandlungen mit dem Wirtschaftsministerium – darum handelt es sich in erster Linie, Herr Bundesminister – ist unsere Fraktion gerne bereit, Sie zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.04


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Dr. Khol: Diesem Redner zuzuhören, ist auch in 5 Minuten interessant!)

21.04

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Bartenstein! Sie haben ein anregendes Stichwort fallenlassen, das Wort "Betriebsprüfer" ist so nebenbei gefallen.

Spielen wir das einmal durch: Nehmen wir an, es gäbe einen Finanzminister namens Meier – ein unverfänglicher Name –, der, weil in der Verwaltung gespart werden muß, eines Tages auf die Idee kommt, die Betriebsprüfung und die Steuerfahndung ganz oder teilweise in Form irgendeiner gesellschaftsrechtlichen Konstruktion auszugliedern. Wir wissen, daß niemand gerne Steuern zahlt, deshalb muß die Steuerzahlung überprüft werden, schon damit die ehrlichen Steuerzahler geschützt werden. Deswegen werden die Betriebsprüfer weiterhin gebraucht, aber dieser Bereich wird ausgegliedert.

Außerdem erklärt "Finanzminister Meier" den Beamten von Betriebsprüfung und Steuerfahndung: Sehr verehrte Damen und Herren, Sie wissen, wie schlecht die Budgetsituation ist; ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Lohn- und Gehaltssumme mit sofortiger Wirksamkeit eingefroren ist, und von 1998 an können Sie nur dann mehr verdienen, wenn Sie sich die nötigen zusätzlichen Einnahmen auf dem freien Markt besorgen. Das bedeutet, daß man innerhalb von, sagen wir, zehn Jahren mit einer Gehaltseinbuße von rund 30 Prozent zu rechnen haben wird, wenn man sich diese Einnahmen nicht auf dem freien Markt verschaffen kann.

Die Steuerfahnder sind bekanntlich sehr gut ausgebildete Leute. Mit ihrem Know-how werden sie sofort ihre spezifische Chance auf dem Markt erkennen und feststellen, daß diese in der Steuerberatung liegt. (Abg. Dr. Khol: Auch ein überzeugendes Szenario!) Was werden sie also tun? – Montag bis Mittwoch machen sie Steuerfahndung, aber Donnerstag und Freitag betreiben sie Consulting und erklären ihren Kunden, wie man es vermeidet, Steuern zu zahlen.

Das klingt, wie Sie zugeben werden, nach einem absurden Szenario. Ich bin aber nicht überzeugt davon, Herr Bundesminister, daß es so absurd ist und überhaupt keinen Bezug hat zu dem, was Sie mit dem Umweltbundesamt vorhaben. Eine Gemeinsamkeit besteht sicherlich darin, daß das Umweltbundesamt auch Kontrollaufgaben zu tätigen hat. Der Unterschied ist, daß die Betriebsprüfer es immer mit Individuen und Firmen zu tun haben, das Umweltbundesamt jedoch nicht. Dieses ist von Zeit zu Zeit auch unterwegs, etwa auf der Donau, um dort etwas zu messen, oder irgendwo die Luftgüte zu überprüfen. Das ist zugegebenermaßen ein öffentliches Gut, und es kann nicht auf dem Markt verkauft werden, was dabei gemessen wird, weil es dafür keine private Nachfrage gibt.

Aber außerdem hat es das Umweltbundesamt mit Firmen oder Gemeinden zu tun, sozusagen mit Individuen, die überprüft werden. Wollen Sie mir nun weismachen, daß es dabei keinen ernstzunehmenden Interessenkonflikt gäbe? Es ist genauso wie bei den Betriebsprüfern. Wie soll das funktionieren, daß am Montag im Zuge der Überprüfung der Einhaltung irgendeines Immissions- oder Emissionsgesetzes eine Messung vorgenommen wird, und am Dienstag dieselben Leute ebendort vorstellig werden, um einen Auftrag zu bekommen?

Ich übertreibe jetzt, das ist mir klar. Aber man sollte die Dynamik des Ganzen betrachten: Jetzt werden die Gehälter eingefroren, und innerhalb relativ kurzer Zeit – damit meine ich fünf bis zehn Jahre – wird sich dieses Amt entweder auflösen, oder es muß sehr viel stärker als jetzt, nämlich über den Daumen gerechnet mit 30 Prozent seines Umsatzes, sozusagen auf den freien Markt gehen, um zu überleben. Wir werden die Folgen zwar nicht morgen und auch nicht im Jahr 1998 sehen – das gebe ich zu –, aber innerhalb relativ kurzer Zeit wird sich zeigen, was die Politik mit dem Umweltbundesamt von heute eigentlich gemacht hat.


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Deshalb bitte ich Sie, in irgendeiner Form zu dokumentieren, daß Sie eine solche Entwicklung nicht einleiten wollen. Denn was Sie bis jetzt gesagt haben, kann mich nicht überzeugen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

21.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als vorläufig letzter Redner zum Umweltkontrollbericht glaube ich feststellen zu können, daß wir uns von ganz links bis ganz rechts über folgendes einig sind: Das Umweltbundesamt arbeitet gut, das Umweltbundesamt hat gut gearbeitet, und das Umweltbundesamt wird gut arbeiten. Dafür möchte ich mich bei den Bediensteten herzlichst bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder. )

Ich möchte nicht nur über die Organisationsform sprechen, sondern auch über die Leistungen. Die Leistungen sind in diesem Umweltkontrollbericht in tadelloser Form aufbereitet und gut brauchbar. Ich kann Aussagen einiger Vorredner nicht nachvollziehen, denen zufolge er veraltet oder nicht mehr aktuell sei und somit keine Gültigkeit mehr hätte. Diese hat er mit Sicherheit.

Es ist mir aber bewußt, daß die Oppositionsparteien Schwierigkeiten haben, Negatives aus diesem Kontrollbericht herauszulesen und der Regierung anzuhängen. Denn es ist das sehr wohl ein Erfolgsbericht dieser Bundesregierung, nicht nur hinsichtlich der Schwefeldioxidwerte, bei denen es, wie auch von den Oppositionsparteien zugegeben wird, zu einer Minderung von 81 Prozent gekommen ist. Es ist schwer für die Oppositionsparteien, die Aussage zu widerlegen, daß die österreichische Umweltpolitik erstrangig ist, wenn wir – wie auf Seite 5 nachgelesen werden kann – mit einer Reduktion der Schwefeldioxid-Emissionen von 81 Prozent in Europa einsam an erster Stelle liegen.

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns überlegen, wie es zu dieser Reduktion gekommen ist. Diese Leistung ist auch eine technologische Leistung, denn sie resultiert nicht aus einer End-of-pipe-Technologie, wie uns von den Grünen oft vorgehalten wird, sondern aus einer Technologie, in der beim Einsatzprodukt der Schwefelgehalt massiv reduziert wird, was sich letztlich in der Luft auswirkt.

Wir haben auch Probleme, das sei nicht abgestritten. Solange es Menschen gibt, solange wir Umweltpolitik betreiben, werden wir mit diesen Problemen nicht zu einem Ende kommen können. Wir können nur versuchen, die Probleme möglichst rasch, möglichst gut zu lösen und in den Griff zu bekommen. Aber wir werden uns jährlich neue einhandeln. Eines dieser Probleme ist die Deposition von Schwefeldioxid. Diese Deposition ist gleichgeblieben, hervorgerufen durch Import und Export von Schwefeldioxid. Dieses Problem werden wir sicherlich nur im europäischen Rahmen lösen können, indem wir auch in Europa unsere österreichischen Standards durchsetzen.

Meine Damen und Herren! Wir werden in drei bis vier Monaten im Hohen Haus wieder eine Ozondebatte führen. Wir werden dabei vermutlich feststellen, daß es, obwohl es auch bei den Vorläufersubstanzen zu einer Verringerung gekommen ist, Überschreitungen gibt. Wir werden uns rechtzeitig darauf vorbereiten müssen, daß wir nur durch dramatische Maßnahmen hinsichtlich LKW-Verkehr eine Überschreitung der Grenzwerte hintanhalten können.

Abschließend möchte ich noch ein paar Worte zur Grundwassersituation sagen. Wir haben Nitratprobleme, das ist bekannt. Aber es ist mir neu, Kollege Schweitzer, daß durch Herbizide und Pestizide Nitrate ins Grundwasser gelangen. Ich nehme an, du hast dich dabei versprochen – oder ich habe das falsch verstanden. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe mich versprochen, ja!)

Wenn man sich den Umweltkontrollbericht ansieht – auch das sei offen gesagt –, merkt man, daß sich eines wie ein grüner Faden durch den ganzen Bericht zieht: die Landwirtschaft als Verursacher. Es soll aber die Landwirtschaft nicht gegeißelt werden, sondern es soll gemeinsam


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mit der Landwirtschaft mit dem ÖPUL-Programm flächendeckend dafür gesorgt werden, daß auch Grundwasser und Oberflächengewässer europäische Spitzenqualität erreichen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten damit in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht in III-16 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen betreffend Prioritätensetzung Umweltschutz.

Ich bitte Sie im Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den zweiten Entschließungsantrag von Frau Abgeordneter Ing. Langthaler und Genossen betreffend Umweltbundesamt.

Ich bitte Sie im Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

11. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Bericht der Bundesregierung (III-8 der Beilagen) gemäß Entschließung des Nationalrates vom 19. Jänner 1994 "Österreichischer Klimaschutzbericht 1995" (352 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Umweltauschusses über den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (III-55 der Beilagen) betreffend den Nationalen Umweltplan für Österreich (NUP) (637 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur ersten Wortmeldung. Sie liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer vor. – Bitte. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

21.15

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Nationalen Umweltplan wurde – das haben wir im Ausschuß einhellig festgestellt – ein hervorragendes Instrument für die zukünftige Umweltpolitik in diesem Lande geschaffen. Mit dem Nationalen Umweltplan könnte Österreich, könnte die österreichische Umweltpolitik endlich den Weg in Richtung eines vorsorgenden Umweltschutzes einschlagen – davon ist der Herr Minister auch in seiner Pressekonferenz ausgegangen –, und damit könnte die Sicherung der Umwelt- und Lebensqualität möglich gemacht werden, wie es einer Zielsetzung im Nationalen Umweltplan entspricht. Österreich könnte damit


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die Vorreiterrolle im Umweltbereich zurückgewinnen und einen ökologischen Strukturwandel einleiten.

Dazu ist aber nicht nur der Nationale Umweltplan mit seinen hervorragenden Leitlinien notwendig, Herr Bundesminister: Dazu sind auch die dort angeführten Maßnahmen notwendig, jene Maßnahmen, die wir bereits im Umweltausschuß im Rahmen eines Antrages eingefordert haben. Diese Maßnahmen fordern wir heute noch einmal im Rahmen eines Antrages ein. Aus diesem Grunde bringen die Abgeordneten Schweitzer, Aumayr, Hofmann und Kollegen betreffend Umsetzung der im Nationalen Umweltplan definierten Ziele folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Aumayr, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen betreffend Umsetzung der im Nationalen Umweltplan (NUP) definierten Ziele

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, wird ersucht, alle relevanten Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene zu treffen, um zu erreichen, daß folgende Ziele des Nationalen Umweltplanes (NUP) für die Wirtschaftspolitik als verbindlich eingestuft werden:

a) ökologische Steuerreform zur steuerlichen Entlastung der menschlichen Arbeitskraft;

b) Schaffung eines einheitlichen Anlagenrechts;

c) Neugestaltung der Umwelthaftung;

d) Vollzugsverbesserung im Umweltstrafrecht;

e) Ausweitung der Emissionskontrolle;

f) schrittweise Reduktion der CO2-Emissionen zur Erreichung des Toronto-Ziels;

g) erhöhte Förderung der Erzeugung und Netzeinspeisung erneuerbarer Energie;

h) erhöhte Förderung von Kraft-Wärme-Kupplungen;

i) erhöhte Förderung der wasserschonenden Landwirtschaft;

j) Verbesserung der unbefriedigenden Datenlage in der Abfallwirtschaft;

k) Maßnahmen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen.

2. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung ersucht, einen Umsetzungsplan mit Zeitrahmen für die Vorlage von Regierungsvorlagen betreffend die oben angeführten Maßnahmen auszuarbeiten und diesen dem Nationalrat binnen eines Jahres zur Beschlußfassung vorzulegen.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Kröll vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

21.17

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In meinem Debattenbeitrag möchte ich mich mit dem Österreichischen Klimaschutzbericht 1995 in 352 der Beilagen beschäftigen.

Verehrte Damen und Herren! Der eben zitierte Klimaschutzbericht aus 1995 zeigt besonders die weltweit zunehmende Bedeutung des Klimaschutzes auf. Schon in den Vordebatten wurde aus verschiedenen Bereichen darauf Bezug genommen. Österreich ist davon – wie alle anderen Staaten auch – zutiefst betroffen. Die Vereinbarung von Toronto hat daher nichts an Aktualität verloren. Im Gegenteil: Um die CO2-Minderungspotentiale im Sinne des Toronto-Zieles zu erreichen, müssen entsprechende Maßnahmen im Bereich der Energie, der Abfallwirtschaft, des Verkehrs, der Industrie, des Kleinverbrauchs – Hausbrand – sowie der Land- und Forstwirtschaft getroffen werden.

Bei ernsthafter Umsetzung des Toronto-Zieles müßten laut Ergebnissen der wissenschaftlichen Konferenz von 1988 zur nachhaltigen Sicherung des Weltklimas unter anderem weltweite Reduktionen der CO2-Emissionen erreicht werden.

Für Österreich bedeutet das, daß – gemäß der Zielsetzung, die Toronto-Erkenntnisse auch praktisch umzusetzen – eine Reduzierung der globalen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2005 um 20 Prozent, bezogen auf die Werte von 1988, vorzunehmen wäre, das heißt auf 45,15 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß. – Diesem für die Menschheit so wichtigen Ziel hat sich die Bundesregierung 1988 verpflichtet. Dies kann aber nur erreicht werden, wenn alle betroffenen Verantwortungsbewußten nachhaltig handeln.

Verehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Anläßlich der Bürgermeister-Klimaschutzkonferenz in Schladming am 10. Oktober 1996 zum Thema "CO2 – die Hälfte" referierten unser erfolgreicher Bundesminister für Umweltschutz Dr. Martin Bartenstein sowie namhafte Experten, an der Spitze Professor Dr. Bert Bolin von der Universität Stockholm als Vorsitzender des IPPC der UNO und Professor Dr. Stefan Schleicher und weitere Referenten, über die Klimaveränderung als globale Bedrohung und ihre Auswirkungen auf Österreich. Minister Bartenstein verwies unter anderem darauf, daß die europäische Bergwelt bei einem Temperaturanstieg von 2 Prozent im Jahresmittel und von 3 Prozent im Wintermittel laut Berechnungen der Akademie der Wissenschaften stark betroffen wäre. Die Auswirkungen auf das österreichische Alpengebiet wären besonders gravierend: Folgen wären zum Beispiel die Erhöhung der Niederschläge im Winter um etwa 10 bis 20 Prozent, die Abnahme der Dauer der Schneebedeckung um zehn bis 20 Tage pro Grad Celsius im Jahr, der Verlust oder die Beeinträchtigung der Schutzwaldfunktionen, das Anheben der Schneelage in höhere Regionen, die Ausdehnung von Trockengebieten, Hochwassergefahr, Rutschungen und vieles andere mehr.

Eine Tatsache wurde mir als Teilnehmer dieser Klimaschutzkonferenz und als Bürgermeister einer sich um den Beitritt bewerbenden Gemeinde besonders bewußt: Klimaveränderungen haben gravierende Auswirkungen für die ganze Menschheit, also für uns und all unsere Nachbarn. Die Schaffung eines ökologischen Gleichgewichts ist das Gebot der Stunde in der Welt – und folglich auch bei uns in Österreich. Es muß alles getan werden, um gegen Ursachen und Folgen der Klimaveränderungen anzukämpfen. Und Österreich hat als Vorreiter viel Positives auf allen Gebieten des Umweltschutzes in Europa geleistet.

Wir müssen weiterhin international – weltweit in Europa – alle Kompetenzen wahrnehmen, damit die internationalen Ziele erreicht werden können. Bund, Länder und Gemeinden müssen mit dem Wirtschaftssektor, den Energieversorgungsbetrieben und den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zusammenarbeiten. Wir müssen unsere Bemühungen fortsetzen und weiterhin das Bewußtsein unserer Bürger für diese wichtige Zielsetzung schärfen: Wir müssen sie auf ihre


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Verantwortung für die nachfolgenden Generationen aufmerksam machen, denn es geht um unsere gemeinsame Zukunft!

Hohes Haus! Die Erkenntnis aus dieser und anderen Tagungen kann daher nur lauten: Jeder muß selbst vor Ort etwas zu tun, damit die gemeinsamen Ziele erreicht werden können. Damit die in der Lokalagenda 21 von Rio aus dem Jahr 1992 formulierten Ziele betreffend die Halbierung des Treibhauseffektes bis zum Jahr 2010 erreicht werden können, hat jeder seine Hausaufgabe zu leisten.

Ein geeigneter und wirkungsvoller Beitrag ist das Klimabündnis der Kommunen in Österreich und weltweit. Im Hinblick auf eine weltweite Partnerschaft der Gemeinden haben sich mittlerweile 153 österreichische Gemeinden verpflichtet, diesem Gedanken beizutreten und aktiv Arbeit dafür zu leisten. 153 Beschlüsse gab es dazu in den Gemeinderäten aufgrund der Erkenntnis betreffend die Bedeutung der Nachhaltigkeit der Politik für unsere Zukunft.

Erfreulicherweise gibt es viele Gemeindewettbewerbe und Modelle für entsprechende Projekte. Zum Thema "CO2 – die Hälfte" wurde 1996 ein konkreter Gemeindewettbewerb durchgeführt. 45 Projekte wurden eingereicht, und eine gut zusammengestellte Jury hatte es gar nicht leicht, die besten Bewerber zu ermitteln. Getrennt nach ihrer Größe wurden folgende Gemeinden zu Bundesländersiegern erklärt: Graz, Linz, Schwaz in Tirol, Laussa in Oberösterreich, Villach in Kärnten, Tamsweg in Salzburg, Wolkersdorf in Niederösterreich. Dazu kam noch eine große Zahl von Projektsiegern, welche Anerkennungspreise im Bereich der Gemeinden, aber auch in Kombination mit Privaten erzielten.

Abschließend: Was ist der eigene Beitrag im eigenen Fall? – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schladming bewarb sich – wie ich bereits sagte – während dieser Konferenz um die Aufnahme als jüngste Kleinstadt Österreichs zum Klimabündnis. Wir konnten unseren Willen dort kundtun, und wir hatten die Möglichkeit, in Anwesenheit von Minister Bartenstein unseren Beitritt zu bekunden. Daß unsere Bemühungen angenommen wurden, wurde uns mit Schreiben des Internationalen Büros vom 3. März bekanntgemacht.

Das ist ein Aspekt: Die Willensstärke aufzubringen, den Beschluß zu fassen, daß alle im Gemeinderat zusammenarbeiten, wirklich alle: die Wirtschaft, die Bauern, die Lehrer, die Unselbständigen, die Frauen, die Jungen und die Älteren, denn das ist ein großes gemeinsames Ziel.

Was wollen wir konkret unternehmen, und was wollen wir erreichen? – Fernwärmeversorgung, die Nutzung erneuerbarer Energieformen im Zusammenwirken mit 51 Prozent der regionalen Bauernschaft und der Forstwirte und 49 Prozent der Fernwärmegesellschaft, einer Tochter der STEWEAG, die das Know-how zur Verfügung stellt. Die Gemeinde bringt den Grund ein.

Ich hoffe, Herr Bundesminister, daß dieses Beispiel beweist, daß wir nicht nur warten sollen, was in der hohen Politik geschieht, damit die Ziele erreicht werden, sondern daß wir auch vor Ort entscheidende Beiträge leisten können. Wenn es gelingt – was ich sehr hoffe –, das bis zum Sommer durch den Gemeinderat zu haben, wenn in einer Vorreiterrolle die Stadtgemeinde die wichtigsten Anschlüsse zur Verfügung stellt, obwohl heute noch nicht kostendeckend gearbeitet werden kann wie mit der üblichen Ölfeuerung, dann im Vertrauen auf die richtige Umweltpolitik der Bundesregierung, auf die richtigen Beschlüsse dieses Hauses, auch was Rahmenprogramme und Besteuerung nicht erneuerbarer Energie betrifft.

Wir sehen das als Investition für die Zukunft. Bei langfristiger Betrachtung ist das heute schon die bessere Lösung, vor allem auch für unsere Kinder, und auch wirtschaftlich ist diese Art der Energiegewinnung sinnvoller. Ich glaube daher, daß wir mit 6 000 Tonnen weniger CO2 im Schladminger Luftraum einen wichtigen Beitrag leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nach Einsicht in das Protokoll erteile ich Frau Abgeordneter Aumayr für den Gebrauch des Wortes "gelogen" einen Ordnungsruf . (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Die Entscheidungen des Präsidiums müssen nicht kommentiert werden.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

21.28

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Da zwei Tagesordnungspunkte unter einem abgehandelt werden, möchte ich zuerst ganz kurz zum Österreichischen Klimaschutzbericht 1995 sagen, daß er den gleichen Mangel trägt wie der Vierte Umweltkontrollbericht: Er betrifft eigentlich das Jahr 1995 und wurde bereits Mitte Oktober 1996 hier im Hohen Hause, und zwar im Umweltausschuß verhandelt. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Dort war allerdings Abgeordneter Haigermoser nicht anwesend – was die Qualität der Diskussion gehoben und deren zeitliche Ausdehnung verkürzt hat. (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ.) Dieser Bericht wird aber erst jetzt hier im Nationalrat diskutiert.

Es stimmt, was Herr Abgeordneter Kröll gesagt hat, der hier zum Zusammenwirken aller aufgerufen hat, damit es zu nachhaltigen Änderungen kommt. Aber wahr ist natürlich auch, meine Damen und Herren – und das weiß gerade auch Herr Abgeordneter Kröll, der ja Bürgermeister in Schladming ist –, daß es auch einen Aufruf zum politischen Handeln hier im Hause geben muß. Es ist gut, daß es in den Gemeinden entsprechende Initiativen gibt, es ist gut, daß dort in Biomasseanlagen investiert wird. Es muß aber hier im Hause endlich auch Vorsorge dafür getroffen werden, daß es dann zum Beispiel Wegerechte nicht für Erdgasleitungen, Herr Abgeordneter, sondern für Biomasseleitungen gibt. (Zwischenrufe des Abg. Haigermoser und des Abg. Auer. ) Herr Abgeordneter Auer, ich kann Sie leider überhaupt nicht verstehen, weil Abgeordneter Haigermoser immer dazwischenruft! (Abg. Auer: Womit heizen Sie selbst?) Wenn Sie darauf anspielen, daß ich in meiner Wiener Wohnung eine Photovoltaik-Anlage unmittelbar angeschlossen habe, dann nehme ich diesen Hinweis gerne auf. Ich halte das für sehr sinnvoll, und wenn Sie wollen, vermittle ich Ihnen gerne einen kleinen "Solarzwerg", den Sie recht billig anschließen können! Kommen Sie dann auf mich zu, damit können Sie beweisen, daß auch Sie in diesem Bereich tätig sein wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wahr ist natürlich auch, daß mit der heißen Luft, die hier im Plenum von den Regierungsparteien in Sachen erneuerbarer Energieträger produziert wird, leicht auch das Haus geheizt werden könnte. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. ) Herr Abgeordneter Wurmitzer! Wir haben uns in diesem Zusammenhang nicht wirklich hervorgetan. Wir haben hier im Hause nicht die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, die notwendig wären, erneuerbaren Energieträgern wirklich zum Durchbruch zu verhelfen.

Das macht sich auch beim Klimaschutzbericht bemerkbar. Denn es ist unbestritten – und der Herr Bundesminister hat das auch klar gesagt –: Das Toronto-Ziel kann erreicht werden, all diese Reduzierungsmaßnahmen können umgesetzt werden. Das geht, wird jedoch nicht in Angriff genommen.

Auch der Herr Bundesminister wird am Ende zur Kenntnis nehmen müssen, daß das UBA ihn zu Recht kritisiert hat, wenn es etwa in einer seiner Aussendungen heißt: Es ist schon richtig, daß die Ziele erreichbar sind, und es ist auch richtig, daß wir zu bestimmten Zeiten zu einer CO2-Reduktion gekommen sind. Der Grund dafür war aber eher, daß zum Beispiel energieintensive Firmen umgestellt haben oder daß es zu Abwanderungen industrieller Betriebe gekommen ist. Das hat letztlich eine CO2-Reduktion bewirkt, jedoch nicht die politischen Rahmenbedingungen, die geschaffen wurden.

Meine Damen und Herren! Ich komme damit zum Nationalen Umweltplan, der hier im Hause eigentlich zu Tode gelobt wurde. Dieser Bericht weist aber wirklich in die Zukunft, alle wesentlichen Problembereiche werden darin bereits beschrieben. Es fehlt jedoch etwas: Es werden keine ökologischen Leitlinien formuliert, die in den Gesetzwerdungsprozeß eingebracht werden können, obwohl Sie von den Regierungsfraktionen bereits im Juli 1996 zur Kenntnis nehmen


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mußten, daß die Bundesregierung gesagt hat: Dieses Konvolut ist die Leitlinie unserer ökologischen Bemühungen. – Das war im Juli 1996!

Es hat aber auch bereits im Arbeitsübereinkommen der Koalitionsparteien im März vorigen Jahres einen klaren Satz gegeben, der da lautet – nachzulesen auf Seite 46 im Kapital X, Umwelt –: "Die im Nationalen Umweltplan formulierten ökologischen Leitlinien sind zu berücksichtigen." – Sie haben sich ganz klar und eindeutig darauf festgelegt, daß die ökologischen Leitlinien, die in diesem Bericht formuliert wurden, zu berücksichtigen sind.

Meine Damen und Herren! Im Hinblick darauf ist es interessant, daß in diesem ganzen Bericht keine einzige Leitlinie formuliert ist. Im Umweltplan gibt es keine Leitlinien! Man findet darin Problembeschreibungen und Projekte für Maßnahmen, die umgesetzt werden sollen. Die grundsätzliche ökologische Linie wird jedoch nicht offengelegt.

Es war in drei Unterausschußsitzungen zu diesem Bericht nicht möglich, eine ökologische Leitlinie zu formulieren. (Abg. Wurmitzer: Das ist unrichtig!) Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sie wissen das! Es steht jetzt auch in diesem Entschließungsantrag, den Sie dem Bericht beigegeben haben, daß die Bundesregierung ersucht wird, sich bei ihren Maßnahmen und Planungen an den im NUP fixierten Leitlinien zu orientieren. – Diese existieren jedoch nicht, Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sie sind nirgends formuliert!

Mein Bestreben, daß wir im Ausschuß die ökologischen Leitlinien definieren und in den Plan definitiv aufnehmen ... (Abg. Wurmitzer: Du warst doch nicht im Ausschuß!) Selbstverständlich war ich in allen Unterausschußsitzungen! Das weiß Herr Abgeordneter Wurmitzer! Und daß bei uns Sitzungen des Umweltausschusses, überhaupt Ausschußsitzungen, so angesetzt werden, daß die Opposition Mühe hat, daran teilzunehmen, ist eine Tatsache, die Sie hier nicht erwähnen sollten. Denn das ist nicht kooperativ von Ihnen und dient auch nicht einer sachlichen Problemlösung. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. )

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten – ich sage das nur der Vollständigkeit halber –, daß diese ökologischen Leitlinien noch formuliert werden müssen, wenn man die Vorhaben im Zusammenhang mit dem Nationalen Umweltplan ernst meint. Sie wissen, daß etwa Herr Universitätsprofessor Schleicher, den Herr Abgeordneter Kröll bereits angesprochen hat, in jener Unterausschußsitzung, in der es um die einzelnen Arbeitskreise ging, klar gesagt hat, daß nachhaltige Umsetzungsstrategien formuliert werden müssen, da allen Vorschlägen gemeinsam ist, daß sie keine genaue Zielsetzung haben. Und Herr Universitätsprofessor Moser hat gesagt: Technologisch ist Nachhaltigkeit möglich, politisch ist sie jedoch nicht möglich.

Meine Damen und Herren! Ich sage das noch einmal – und das sei insbesondere auch Herrn Abgeordneten Haigermoser mitgegeben, damit auch er aus dieser Debatte etwas lernen kann –: Wir brauchen ökologische Leitlinien, die dezidiert formuliert sind, damit man sie wirklich in den Gesetzwerdungsprozeß einfließen lassen kann. (Abg. Haigermoser: Warum hat man dich in der Steiermark abgewählt?) Deshalb wird es von unserer Seite noch zwei Entschließungsanträge geben, die als Selbständige Entschließungsanträge eingebracht werden. Sie betreffen genau die Formulierung jener ökologischen Leitlinien, die wir im Nationalen Umweltplan vermissen. Ich hoffe, daß wir noch Gelegenheit haben werden, im Umweltausschuß darüber zu reden. Noch einmal: Sie werden dieses 1,34 Kilo schwere Papier, das der Nationale Umweltplan umfaßt, nicht in den Gesetzwerdungsprozeß einfließen lassen können, wenn Sie nicht den Mut haben, die ökologischen Leitlinien auch tatsächlich zu formulieren! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tegischer. – Bitte.

21.34

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Österreichischen Klimaschutzbericht 1995 einige Bemerkungen machen.


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Der weltweite Anstieg der Temperatur wird eindeutig durch menschliche Aktivitäten verursacht. Drei Stoffe, die den Treibhauseffekt verursachen, möchte ich hervorheben – das wurde bereits im Bericht des CO2-Unterausschusses vom März 1993 erwähnt –: Das Gesamtausmaß des Treibhauseffektes wird zu fast 50 Prozent durch CO2, produziert durch Verkehr und Kleinverbraucher, zu 30,9 Prozent durch Methan, wovon 56 Prozent durch die Landwirtschaft verursacht werden, welches aber auch in Abfällen und Abwasser zu finden ist, und zu 20 Prozent durch halogenierte Kohlenwasserstoffe bewirkt, wobei wieder der Verkehr Verursacher ist, aber auch die nicht verbrennungsbedingten Emissionen hauptsächlich aus der landwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung.

Ich möchte nun auf die einzelnen Verursacher eingehen und möchte mit den Kleinverbrauchern beginnen: Viele Maßnahmen gegen die CO2-Emissionen werden teilweise bereits umgesetzt. Trotzdem besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Wir brauchen sinnvolle Förderungen auf allen Ebenen, auch auf kommunaler und regionaler Ebene, vor allem für Wärmedämmung, was Arbeitsplätze schafft, für den Einsatz von Biomasse, für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energieformen in das öffentliche Netz. Man muß alles tun, um alternative Energieformen aus erneuerbaren Energieträgern zu erschließen und der Schaffung wirksamer Energiesparmaßnahmen eine faire Chance zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Erwähnen möchte ich noch bestimmte Heiztechnologien: So zum Beispiel amortisiert sich eine Hackschnitzelheizung in sieben Jahren. Die Betriebskosten betragen nur 60 bis 80 Prozent jener einer Ölheizung. Eine interessante Variante ist auch die Kombination von Biomasse und Solarenergie, wobei Biomasse in der kalten Jahreszeit verwendet werden und die Solarenergie 70 Prozent der notwendigen Energie für Warmwasser und Heizung bringen kann.

Verehrte Damen und Herren! Besonders erwähnenswert finde ich, daß es notwendig wäre, in allen Bundesländern zu einer einheitlichen Regelung für die Förderungen zu kommen. Auch Bauherren, die energiebewußt planen, sollten durch die Wohnbauförderung in stärkerem Maße begünstigt werden.

Zum Thema Verkehr: Wie schon erwähnt, ist der Verkehr Hauptverursacher des CO2-Ausstoßes: Deshalb ist es notwendig, den Ausbau der schienengebundenen Infrastruktur zu verbessern. Eine intelligente, sinnvolle Verkehrspolitik ist zu betreiben durch Maßnahmen in der Raumplanung, die zur Verminderung der Verkehrsbewegungen beitragen. Ferner sollen kurze Transportwege und dezentrale Nahversorgungseinrichtungen geschaffen werden. Weiters soll das transeuropäische Schienennetz ausgebaut werden, und es soll eine Neustrukturierung des Güterverkehrs und im Individualverkehr eventuell auch die Realisierung des Drei-Liter-PKW geben.

Diese Maßnahmen können aber nur durch die Autobahnvignette und später durch ein Road-Pricing-System finanziert werden. Maßgebend hiefür ist meiner Meinung nach die Zweckgebundenheit, und ich glaube, daß die Akzeptanz für das Road-Pricing sicherlich größer wäre. Ich begrüße es, Herr Bundesminister, daß Sie beim Entwurf des Artikel 15a-Vertrages zum Klimaschutz das flächendeckende Road-Pricing für LKW und PKW als eine Maßnahme angeregt haben und daß der Entwurf diese Maßnahme auch enthält.

Ein weiterer Verursacher ist die Landwirtschaft, auch das ist schon mehrmals erwähnt worden. Bemerkenswert finde ich, daß ein Viertel des CO2-Ausstoßes aus dem Verkehr durch die Landwirtschaft verursacht wird: In Österreich gibt es eine hohe Anzahl an landwirtschaftlichen Maschinen, darunter allein 400 000 Traktoren, die keinen Abgasvorschriften unterliegen, obwohl übrigens Bio-Diesel in Österreich produziert, jedoch leider nur exportiert wird.

Der Bundesminister für Umwelt hat den Ländern 680 Millionen Schilling für Klimaschutz zur Verfügung gestellt, davon allein 28 Millionen für die Land- und Forstwirtschaft. Ich frage mich, was mit diesem Geld passiert ist. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ich auch!) Sie auch? – Vielleicht können Sie mir berichten, wie die Länder dieses Geld verwenden, denn der Verdacht, daß damit Budgetlöcher gestopft werden, drängt sich mir leider auf!


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Meine Damen und Herren! Österreich emittiert jährlich 400 000 Tonnen Methan, 230 600 Tonnen wurden durch tierische Verdauungsprozesse freigesetzt. – Mein Vorschlag dazu: Am sinnvollsten wäre eine Angleichung der Milch- und Rindfleischerzeugung an den Inlandsverbrauch.

Zum Schluß kommend: Um die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen, aber auch unsere eigene Zukunft zu sichern und um sie lebenswerter gestalten zu können, müssen wir national, vor allem aber auch auf internationaler Ebene tätig werden. Denn durch den Klimaschutz werden wir eine positive Zukunft der Menschheit entscheidend beeinflussen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

21.41

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Ich weiß, Sie wollen, daß ich statt 10 Minuten nur 5 Minuten spreche. Aber ich muß mich diesen zwei wichtigen Berichten doch etwas ausführlicher widmen.

Zuerst ganz kurz zum Klimaschutzbericht. – Meine Vorredner seitens der Oppositionsparteien haben es schon angeführt: Großes Ziel der österreichischen Bundesregierung ist es, minus 20 Prozent CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2005 auf der Basis des sogenannten Toronto-Zieles von 1988 zu erreichen. Davon sind wir jedoch weit entfernt. Unsere Kritik, die wir schon mehrmals dazu angebracht haben, ist natürlich, daß im Bereich der Energiepolitik keine ökologischen Weichenstellungen sichtbar sind.

Herr Umweltminister! Bei der Umstrukturierung der E-Wirtschaft wird es darum gehen, auch ökologische Parameter einzubauen und sich nicht ausschließlich auf die notwendigen Liberalisierungsschritte aufgrund der Elektrizitäts-Binnenmarktrichtlinie einzulassen. Es soll wirklich das ökologische Moment zum Tragen kommen, daher soll sich das Umweltministerium in irgendeiner Form in die Verhandlungen mit den Landes-EVUs einklinken. Ich glaube nicht, daß Sie bisher in irgendeiner Form daran beteiligt waren. Ich halte das aber für mehr als sinnvoll.

Wie Sie wissen, sind in Dänemark das Energieressort und das Umweltressort zusammengelegt. Ich halte das für eine absolut vernünftige Zusammenlegung. Wir unterstützen eine solche Lösung seit sehr, sehr vielen Jahres. Es gelingt jedoch nicht, dies umzusetzen, vor allem auch deshalb, weil die E-Wirtschaft in Österreich föderalistisch aufgebaut ist. Unserer Ansicht nach sollte es zu einer Kompetenzerweiterung für den Bund kommen, wenn man mit der österreichischen E-Wirtschaft im europäischen Wettbewerb weiterhin einen gewissen Stellenwert haben will. Wenn man auf diesem Gebiet überleben will, braucht man eine österreichische Lösung mit einem – wie wir meinen – entsprechenden Energiekonzern, wie immer er heißen mag: "Verbund neu" oder "Verbund grün" oder so ähnlich. (Abg. Koppler: Nein, bitte das nicht! Letzterer Name paßt mir nicht!)

Kollege Koppler! Wenn der Verbund sich endlich wirklich erneuerbaren Energieformen, nicht nur der Wasserkraft, sondern vor allem der Biomasse, den Windenergiequellen und der Photovoltaik zuwendet, könnte man einen solchen Namen sehr wohl in Betracht ziehen. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtig wäre eine österreichische Lösung, mit welcher garantiert wird, daß die Energiepolitik tatsächlich im österreichischen Einflußbereich bleibt, damit wir diese in unserem Land tatsächlich betreiben und die ökologische Kompetente einbringen können. Denn ich hoffe, daß sich das Umweltressort in die Verhandlungen einklinken wird.

Aber jetzt zum Nationalen Umweltplan: Sie wissen, daß wir es sehr begrüßt haben, daß überhaupt ein solcher Nationaler Umweltplan hier in Österreich gemacht wird. Es ist dies der Versuch, interdisziplinär an die Lösung eines Problems heranzugehen. Schade ist jedoch, daß dieser Nationale Umweltplan, wie er jetzt vorliegt, so unverbindlich bleiben wird, wie er das auch in den letzten Monaten war. Insgesamt sind im Nationalen Umweltbericht 472 Maßnahmen für verschiedene Bereiche vorgeschlagen, die auf den ersten Blick wahrscheinlich für die meisten mit Umweltschutz gar nicht viel zu tun haben. So sind etwa Maßnahmen für den Bereich Tou


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rismus oder – was schon logischer ist – für die Bereiche Landwirtschaft, Verkehr und Energieabfallwirtschaft vorgesehen. Wir haben immer verlangt, man solle den nationalen Umweltbericht nach einzelnen Kapiteln – so wie er selbst gegliedert ist – in den entsprechenden Fachausschüssen separat diskutieren. Es wäre viel spannender gewesen, etwa den Touristikbereich im Wirtschaftsausschuß und den Verkehrsbereich im Verkehrsausschuß zu diskutieren, um auch den Abgeordneten, die ansonsten mit ganz anderen Sachzwängen konfrontiert sind, die Vorschläge des Nationalen Umweltplans näherzubringen.

Wir befürworten eine entsprechende Enquetekommission, in welcher der Nationale Umweltplan entsprechend gewürdigt wird. Sie wissen, daß es in anderen Ländern – jedenfalls seit der Rio-Konferenz – den Versuch gibt, so etwas wie ständige Enquetekommissionen oder Sustainable-Development-Ausschüsse zu integrieren. Solche Kommissionen gibt es etwa in Irland oder Deutschland und in den skandinavischen Ländern ansatzweise.

Ich glaube, der Nationale Umweltplan ist viel besser, als es seine Behandlung hier im Parlament gewesen ist. Es ist eine Schande, wie wir diesen hier behandelt haben. Es gab zwar drei Sitzungen des Umwelt-Unterausschusses, in denen es zum Teil, insbesondere in der letzten Sitzung, sehr gute Diskussionen gab. Es herrscht jedoch Unverbindlichkeit vor, und es ist wirklich sehr schade, daß jene Instrumente, die vorgeschlagen wurden, meiner Meinung nach überhaupt keine Wirksamkeit haben.

Herr Minister! Vielleicht können Sie, wenn Sie sich noch einmal zu Wort melden, ein bißchen darstellen, was jetzt geschehen soll. War das heute schon alles? Wir diskutieren diesen Plan heute hier zum letzten Mal öffentlich zu später Stunde. Es gab einige Unterausschüsse, und es gibt einen Entschließungsantrag der Regierung, den ich für absolut unnotwendig halte, denn das, was darin gefordert wird, ist ohnedies zum Teil im Nationalen Umweltplan enthalten. Aber das machen Sie halt, weil es besser ausschaut. Was wird nach dieser Pflichtübung in Form der jetzigen Diskussion über den Nationalen Umweltplan, der eigentlich auf breite Zustimmung stößt, tatsächlich geschehen?

Wir haben im Ausschuß vorgeschlagen, daß man jetzt wirklich versucht, aus den konkreten Maßnahmen, die im Umweltplan dargestellt sind, Gesetzentwürfe zu formulieren oder die bestehenden Gesetze entsprechend anzupassen. Ich habe immer wieder versucht, alle Kolleginnen und Kollegen darauf aufmerksam zu machen, daß permanent in allen anderen Ausschüssen Gesetze beschlossen werden, die ganz fundamental den Leitlinien des Nationalen Umweltplans widersprechen.

In Kürze werden wir nun das Anlagenrecht in der Gewerbeordnung verhandeln, welches ein ganz zentraler Bestandteil für den Umweltschutz ist. Der Regierungsentwurf hiefür läuft nicht nur den Leitlinien des Nationalen Umweltplans diametral entgegen, sondern auch einem Bericht über ein einheitliches Umweltanlagenrecht, in dem sehr konkrete Maßnahmen beschrieben sind, ein Bericht, den wir hier leider nicht diskutieren, weil ihn die Regierung lieber im Ausschuß enderledigt hat. Es soll also – und das ist unsere Hauptkritik – von den guten Vorschlägen, die im Nationalen Umweltplan enthalten sind, nichts umgesetzt werden; es soll daran nicht konkret weitergearbeitet werden, und wenn doch, dann jedenfalls ohne das Parlament.

Herr Umweltminister! Sie haben nach der Fertigstellung des NUP dem Österreichischen Institut für nachhaltige Entwicklung einen Auftrag gegeben, eine Studie hinsichtlich der Grundlagen einer integrativen Umsetzung zu erstellen. Damals wurden die 472 Maßnahmen des Nationalen Umweltplans auf 357 Maßnahmen reduziert, davon wurden 39 Maßnahmengruppen in einem entsprechenden Steuerungsmodell zusammengefügt et cetera, et cetera. Ich möchte jetzt all das nicht anführen. Aber was geschieht jetzt? – Es gibt offensichtlich eine gewisse Prioritätensetzung. Wo aber sind Ihre konkreten Schritte, wo werden Sie anknüpfen? Welche Initiativen planen Sie im Umweltministerium? Aufgrund welcher Leitlinien im Nationalen Umweltplan werden Sie bestimmte Politikbereiche auch in Ihrem Ressort ändern? Was bedeutet das zum Beispiel für eine künftige Abfallpolitik? – All das ist völlig ungeklärt!


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Es ist leider bei diesem unverbindlichen Werk geblieben. Dieser Nationale Umweltplan ist zwar ein sehr gutes Werk, das hier heute auch mit unserer Zustimmung zur Kenntnis genommen werden wird. Er wird jedoch leider – und damit wird er auch diskreditiert werden – keine Umsetzung gemäß einer konkreten Politik finden. Denn dazu bedarf es nicht nur ordnungspolitischer Maßnahmen. Ich glaube nicht, daß man in diesem Bereich alles in Gesetze und Verordnungen gießen sollte. Oft wären Konsensmodelle fernab eines Gesetzentwurfes und Überzeugungsarbeit vonnöten. In vielen Bereichen geht es allerdings sehr wohl um konkrete legistische Maßnahmen. Vor allem im Verkehrs- und Energiebereich geht es um konkrete Incentives im Bereich marktökonomischer Steuerungsmechanismen, etwa in Form von Ökosteuern.

Wo sind da die konkreten Vorschläge?! Ich fürchte, das wird nach dieser späten Debatte hier im Hohen Haus sanft entschlummern, und wahrscheinlich werden wir erst wieder bei einer Überarbeitung des NUP in zwei oder drei Jahren darüber diskutieren, was eigentlich konkret geschehen soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier. )

21.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

21.51

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! In aller Kürze möchte ich aufgrund der Bedeutung des Nationalen Umweltplanes und des Klimaschutzberichtes einige Sätze sagen.

Zum Nationalen Umweltplan: Die von Ihnen kritisierte "Unverbindlichkeit", Frau Abgeordnete Langthaler, ist keine solche. Der Nationale Umweltplan ist und wird für uns Leitlinie sein ... (Abg. Dr. Khol: Der Herr Minister redet mit Ihnen!) Ich bin es gewohnt, daß Frau Abgeordnete Langthaler mir nicht zuhört. (Abg. Ing. Langthaler: Immer höre ich sonst zu!) Umso schärfer sind dann ihre Attacken! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Nationale Umweltplan wird für uns Leitlinie sein und auch meiner Arbeit im Regierungsbereich dienen, gerade dann, wenn es gilt, Ressortkollegen darauf aufmerksam zu machen, was darin steht und was letztlich auf Regierungsebene mitbeschlossen wurde. Ich lade die Umweltbewegung und die Umweltbewegten im Hohen Haus ein, es ähnlich zu tun. Denn, Frau Abgeordnete Langthaler, wir wissen genau, was in Diskussionen über die einzelnen Kapitel mit den jeweiligen Spezialisten in den Ausschüssen des Hohen Hauses unter Umständen auch einmal der Fall sein könnte: daß unsere Kollegen nicht unbedingt immer und zu 100 Prozent und sofort hinter uns stehen, wenn es darum geht, umweltpolitische Ziele zu verwirklichen. Das ist, glaube ich, fraktionsübergreifend der Fall.

Soviel zum Nationalen Umweltplan. Weiters bitte ich um Ihr Verständnis dafür, daß es nicht denkbar ist, einem Entschließungsantrag zu folgen, der für wesentliche Bereiche dieses Nationalen Umweltplans bis zum Jahresende die Umsetzung in Gesetzesform erfordert. Das ist arbeitstechnisch undenkbar. Das ist auch nicht der Sinn des Nationalen Umweltplanes. Das würde uns alle inhaltlich und technisch überfordern und ist daher nicht möglich.

Nun zum Klimaschutzbericht. Ich bin sehr dankbar dafür, daß vorhin schon ein Bürgermeister das Wort ergriffen hat und nach mir ein weiterer, ein – auch was das Ergebnis der Kärntner Gemeinderatswahl anlangt – erfolgreicher Bürgermeister sprechen wird. Denn, meine Damen und Herren, Klimaschutz fängt ganz unten an: Klimaschutz beginnt in der Familie, in den Gemeinden, ist aber auch ohne Länder und ohne Bund nicht denkbar.

Frau Abgeordnete Tegischer! Ihre hervorragenden Ausführungen sind auch von Kollegen beklatscht worden, deren industrielle Vergangenheit ich kenne und von denen es mich freut, daß ein entsprechender Gesinnungswandel eingetreten ist; ich selbst komme ja aus der Industrie. Ich möchte Ihnen sagen, daß ich sehr wohl die Länder kontaktiert habe, und zwar mit der Bitte an die Landeshauptleute um Antwort auf die Frage, was mit dem geplanten Energie


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steueranteil von 830 Millionen Schilling geschehen wird. Es gibt ja eine Zweckbindung im FAG: Das Geld ist für umweltschützende und energiesparende Maßnahmen einzusetzen.

Weiters kann ich Ihnen sagen, daß in der Vorbereitung eines FAG-Treffens mit den Ländern am Freitag dieser Woche die Reaktionen von zufriedenstellend bis weniger zufriedenstellend gereicht haben. Jedenfalls haben drei Länder – diese möchte ich namentlich erwähnen, die anderen nicht, nämlich Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg – eine entsprechende Zweckbindung dieser Mittel in ihren Budgets vorgesehen. Im übrigen kann ich aus allen drei Ländern einige sehr gute Beispiele dafür nennen, daß Klimaschutz dort nicht nur eine leere Worthülse darstellt, sondern in der Landespolitik tatsächlich betrieben wird.

Meine Damen und Herren! Was den Bund anlangt, möchte ich in ein paar Sätzen auf zwei wesentliche Meilensteine eingehen, die in den letzten Wochen auf Ebene der Europäischen Union gesetzt wurden. Ich erwähne das nicht nur, weil ein Bild von Bill Clinton mit Al Gore den "Kurier" von morgen ziert, sondern weil ich immer wieder an etwas denke, das Al Gore in seinen Büchern geschrieben hat, bevor er Vizepräsident wurde: Entweder es wird die Europäische Union bei der dritten Vertragsstaatenkonferenz im Rahmen der Klimaschutzkonvention in Kyoto in Japan im Herbst dieses Jahres die Vorreiterin sein, oder es wird das niemand sein – die Vereinigten Staaten von Amerika jedenfalls ganz sicher nicht.

Daher war es enorm wichtig, daß wir vor kurzem in Brüssel ein Verhandlungsmandat für Kyoto erreicht haben, das zumindest eine 15prozentige CO2-Reduktion mit dem Jahre 2010 vorsieht. Ein Ziel per 2005 werden wir in der Ratstagung vom Juni vereinbaren.

Da ist Österreich Vorreiter. Ich freue mich darüber und bekenne mich dazu: Nur Österreich hat ein nationales Reduktionsziel eingebracht, und zwar minus 25 Prozent für alle drei Treibhausgase – Kohlendioxid, Methan und Lachgas – zusammen. Das entspricht einer CO2-Reduktion von zirka 20 Prozent, allerdings per 2010 auf Basis 1990. Zu nennen sind auch die Deutschen – sie könnten allerdings aufgrund ihrer Wiedervereinigungsbenefizien mehr tun – und die Dänen, deren Energie- und Umweltminister von Frau Kollegin Langthaler bereits als Vorbild erwähnt wurde, weil er auch die Energiekompetenzen innehat.

Das ist der eine Meilenstein gewesen. Der zweite ist, daß die Kommission vor kurzem eine Energiesteuerrichtlinie als Entwurf verabschiedet und zumindest in den Kodezisionsprozeß eingebracht hat, und es gibt Ansätze dafür, in diesem Bereich ein bißchen weiterzukommen, jedenfalls weiter als bisher.

Das Match wird vorläufig im Dezember dieses Jahres in Kyoto entschieden werden. Es ist darauf hinzuweisen, daß Österreich ein Vorbild ist – das betrifft Gemeinden, Länder und Bund. Ich hoffe, daß am Freitag dieser Woche in Artikel 15a-Verhandlungen mit den Ländern hinsichtlich einer Toronto-Vereinbarung entsprechende Weichenstellungen getroffen werden können, damit nach der jetzt schon erreichten Stabilisierung der CO2-Emissionen eine Senkung in Richtung minus 20 Prozent bis zum Jahre 2005 in die Tat umgesetzt werden kann. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

21.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten.

21.57

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Vor fünf Jahren wurde der Auftrag zur Erstellung des Nationalen Umweltplanes erteilt, und heute liegt dieses Werk dem Nationalrat zur Begutachtung vor. Ich möchte daher zu Beginn meiner Ausführungen meinen Dank an Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein, aber auch an seine Vorgängerinnen richten, die damit Epochemachendes geleistet haben. Ich danke auch jenen 400 Experten, die mitgewirkt und ihr geistiges Wissen und Können eingebracht haben, um den Nationalen Umweltplan Österreichs zu dem zu machen, was er ist.


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Ich sage aber auch, daß diese Diskussion heute nicht beendet ist, sondern daß die Diskussion über die Umweltthemen Österreichs in eine neue Dimension eintritt und erst am Beginn steht.

Erfreulich ist, daß sich der Nationale Umweltplan in seiner Analyse im Einklang mit dem OECD-Bericht beziehungsweise dem OECD-Urteil über Österreich befindet. Österreich ist in der Umweltpolitik vorne, und das möchte ich an zwei Beispielen zeigen. Österreich ist Europameister (Abg. Haigermoser: Geh!) im Bereich der Landwirtschaft, in der Umweltpolitik – Herr Kollege Haigermoser, bitte hör zu! Österreich hat mit seinem Anteil von 3 Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche der EU Anspruch auf 29 Prozent der Umweltförderung der EU. Das ist zehnmal soviel, und das bedeutet Europameisterschaft! Wir sollten stolz darauf sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rossmann: Wie lange?)

Zumindest ist es heute so, und diesen Standard müssen wir halten! Es ist auch erfreulich, daß Österreich mehr Biobauern hat als die übrigen Länder der EU insgesamt.

Österreich ist Weltmeister, was den Anteil an erneuerbaren Energieformen anlangt. Deutschland hat einen Anteil von 2 Prozent an erneuerbarer Energie am Gesamtenergieverbrauch, auch die EU hat nur 2 Prozent – Österreich hingegen 24 Prozent, das ist zwölfmal soviel wie der europäische Durchschnitt. Auf diese Leistung sollten wir stolz sein, und dafür möchten wir uns bei den Österreichern bedanken! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Abgesichts dieser Tatsachen bin ich sehr verwundert über die abenteuerlichen Aussagen, die in diesem Haus getroffen werden. Da sagt Abgeordneter Barmüller, die Regierungsparteien hätten die Opposition von der Mitwirkung im Umweltausschuß ausgeschlossen. Wahrscheinlich hat er nicht bedacht, daß den Vorsitz im Umweltausschuß eine Oppositionspartei in der Person des Kollegen Schweitzer innehat. Er hat auch behauptet, es gebe keine ökologischen Leitlinien im Nationalen Umweltplan. Ich darf sagen, daß es im wesentlichen drei sind. Für Kollegen Barmüller zur Erinnerung: Erstens: Globale Stoffkreisläufe dürfen durch menschliche Eingriffe nicht nachhaltig gestört werden. Das ist Prinzip Nummer 1.

Prinzip Nummer 2: Die lokalen Tragfähigkeitsgrenzen sollen nicht überschritten werden.

Prinzip Nummer 3: Gesellschaftliche Entwicklungen, welche zur momentanen Bedürfnisbefriedigung dienen, dürfen den künftigen Generationen nicht nachhaltigen Schaden zufügen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Der Nationale Umweltplan ist eine Vision und eine ökologische Leitlinie. Wer verlangt, daß er binnen weniger Wochen umgesetzt werden soll, ist ein Illusionist. Man geht von einem Umsetzungszeitraum von 20 Jahren aus. Ernst Ulrich von Weizsäcker sagt in seinem Buch "Erdpolitik", daß eine jährliche Veränderungsrate von mehr als 4 Prozent sozial nicht tragbar ist. Das sollten wir uns bei allen unseren politischen Entscheidungen in Erinnerung rufen, und zwar in Richtung Wirtschaft, in Richtung soziale Verträglichkeit und in Richtung Arbeitnehmer.

Daher ist es notwendig, den Nationalen Umweltplan alle vier Jahre zu überprüfen und zu überarbeiten. Es muß ein ständiger Soll-Ist-Vergleich stattfinden, und es müssen die neuesten Erkenntnisse einfließen. So gesehen ist die heutige Beschlußfassung ein Meilenstein in der Umweltpolitik der Republik Österreich.

Ich bin froh darüber, daß es im Unterausschuß keine Widersprüche gegeben hat, obwohl dort intensiver Informationsaustausch und heftige Diskussionen stattgefunden haben. Im Unterausschuß herrschte nämlich jener politische Grundkonsens, welcher im Interesse Österreichs absolut wünschenswert ist. Heute aber verabschiedet sich eine Fraktion von diesem politischen Grundkonsens hier im Haus, obwohl ihre Vertreter viel Lobendes gesagt haben: Kollegin Aumayr: NUP ist eine tolle Unterlage, Kollege Dipl.-Ing. Hofmann: NUP ist eine ausgezeichnete Arbeit, und heute Abgeordneter Schweitzer: NUP ist ein hervorragendes Instrument.

Obwohl Sie solche Urteile über diesen Bericht fällen, sind Sie nicht bereit, ihn hier im Haus zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Haigermoser: Wenn wir "Europameister" sind!) Bei Ihnen steht


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Parteipolitik vor Staatspolitik. Diesen Vorwurf müssen Sie sich von dieser Stelle aus gefallen lassen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Damit wird eine große Chance für Österreich vertan. Wenn es einen politischen Konsens über den Nationalen Umweltplan gäbe, wäre die Umsetzung bedeutend leichter, und das wäre sicherlich im Interesse unseres Staates. Wir von der Österreichischen Volkspartei werden unseren Bundesminister Bartenstein und die gesamte Bundesregierung bei der Umsetzung des Nationalen Umweltplanes vehement unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.03


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr zu Wort. – Bitte.

22.03

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Herr Kollege Wurmitzer! (Ruf bei der ÖVP: Guter Mann!) Sehr guter Mann (Heiterkeit), aber nur für die ÖVP! – Herr Kollege Wurmitzer! Ich erkläre Ihnen jetzt ganz genau – das ist gar nicht schwierig –, warum die Freiheitliche Partei dem NUP nicht zustimmt.

Sie verkennen wahrscheinlich die Funktion und die Aufgabe des Nationalrates, wenn Sie hier stehen und sagen, der Nationale Umweltplan, das sind Pläne, Visionen für die nächsten 20 bis 25 Jahre. Herr Kollege Wurmitzer, Sie sitzen nicht in diesem Haus, um Visionen für die nächsten 20 Jahre zu besprechen (Abg. Wurmitzer: Auch!) , sondern Sie sitzen hier, um Gesetze zu machen! (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie sitzen in erster Linie hier, um Gesetze zu machen, damit die kommenden Generationen ähnlich gute Lebensbedingungen vorfinden können, wie wir sie heute haben. Aber die Politik dieser Regierung geht in eine völlig andere Richtung, Herr Kollege Wurmitzer. Nehmen wir die Verkehrspolitik her; auch sie wird im Nationalen Umweltplan angesprochen. Wissen Sie, Herr Kollege Wurmitzer, wie hoch die Zunahme des LKW-Transits seit dem EU-Beitritt in Suben in Oberösterreich ist? – Die Zunahme beträgt 70 Prozent. Innerhalb von zwei Jahren ist es dort zu einer Zunahme des LKW-Transits um 70 Prozent gekommen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wissen Sie, Herr Kollege Wurmitzer, warum ich diesen Nationalen Umweltplan ablehne? Würden die Regierungsparteien den Nationalen Umweltplan auf Punkt und Beistrich umsetzen, dann würde das die gesamte Politik betreffen. Wir haben aber unsere Erfahrungen mit Ihrer Politik gemacht: Sie werden einzelne Maßnahmen aus diesem Umweltplan heraussuchen, und zwar solche, die in erster Linie budgetwirksam sind.

Alle, die heute diesem Nationalen Umweltplan zustimmen, stimmen auch dem Road-pricing zu, und zwar einem flächendeckenden Road-pricing nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Bundesstraßen (Abg. Schwarzenberger: Ist das Ihr Verlangen? – Abg. Dr. Khol: Das wollen Sie auch noch?), und einer Erhöhung der Mineralölsteuer, Herr Kollege Wurmitzer! (Abg. Wurmitzer: Wollen Sie das?) Nein, das steht hier im Nationalen Umweltplan. Das beschließen Sie heute! (Abg. Dr. Khol: Nein! Keine Mineralölsteuer! Auch kein Road-pricing!)

Herr Kollege Khol! Ich lese Ihnen aus dem Nationalen Umweltplan vor, den Sie in der nächsten halben Stunde beschließen werden. (Abg. Dr. Khol: Sie wollen mehr Steuern! Sie wollen Gesetze machen! Wir beschließen keine Steuererhöhung! Auch kein Road-pricing!) Eine Maßnahme ist: Um echte Marktpreise zu erfahren, müssen auch die externen Kosten und Nutzen des Verkehrs schrittweise internalisiert werden. Zur Einführung kostenwahrer Preise im Straßenverkehr eignen sich flächendeckendes Road-pricing und ein Zuschlag zur Mineralölsteuer.

In Oberösterreich sagt der Landeshauptmann, daß er gegen das Road-pricing ist, und die Handelskammer sammelt Unterschriften gegen das Road-pricing. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie aber beschließen heute mit Ihrer Zustimmung zum Nationalen Umweltplan, daß die Regierung jederzeit eine einzige Maßnahme herausnehmen kann. Sie werden genauso wie bei der Energiesteuer agieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

22.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im wesentlichen, Herr Bundesminister, sollten Sie sich durch die Wortmeldungen von (in Richtung Freiheitliche) dieser Seite nicht entmutigen lassen. Sie sind ähnlich zu werten wie diejenigen des Kollegen Schweitzer über die 6 Prozent CO2 oder die Vermischung der Pestizide mit den Nitraten. Es wird ja noch erlaubt sein – vielleicht bekennen sich auch die Freiheitlichen dazu –, daß Experten ... (Abg. Haigermoser: Du hast ja heute dein Reiseprospekt auf der Krawatte!) Kollege Haigermoser, mir fehlt der Stadler, du bist nicht so gut. (Abg. Haigermoser: Das Reiseprospekt auf der Krawatte! Ich will dein Urlaubsziel gar nicht wissen!) Das ist eine Umweltkrawatte. Schaut euch das an! Ich versuche, ein ebenso "bunter Vogel" zu sein, wie manche bei euch das von Natur aus sind. (Heiterkeit.)

Die Experten haben für den Nationalen Umweltplan einiges zur Auswahl, zum Nachdenken vorgeschlagen. Es gibt also Lösungsvorschläge. Daß die Kosten für den Verkehr in irgendeiner Form von Kostenwahrheit geprägt sein und internalisiert werden sollen, müssen wir in vielen Einzelgesprächen den Kollegen von dieser Seite klarzumachen versuchen. Einige, wie zum Beispiel Kollege Hofmann, werden uns sicherlich schneller verstehen.

Herr Bundesminister! Ich finde die Berichte sehr gut, auch den Umweltkontrollbericht, und möchte etwas anmerken zur Kritik, daß der Bericht überaltert sei. Wir können, auch wenn er etwas spät ins Parlament gekommen ist, noch eine Zeitlang damit arbeiten. Zusätzlich verweise ich darauf, daß das Umweltbundesamt – es ist gut, daß wir es haben, auch in der bestehenden Form – regelmäßig Informationen herausgibt, die brandaktuell sind und die vermutlich alle Fraktionen bekommen. Wer sich dafür interessiert, kann das lesen und verarbeiten. Ich habe keine Schwierigkeiten mit diesem Bericht.

Herr Bundesminister! Weil Herr Kollege Wurmitzer gemeint hat, daß wir den Standard beibehalten müssen, merke ich an, daß das eine wertvolle Zeitung ist. In Ergänzung zu den Berichten des Umweltbundesamtes läßt uns der Minister darin aktuell wissen, was er vorhat, und ein fesches Bild ist auch dabei. Man muß auch solche Unterlagen lesen. (Abg. Koppler: Zeig einmal das Bild!) Wenn man beim Umweltbundesamt zu sparen anfängt, Herr Minister, sollte man trotzdem die Standards beibehalten. So hat Kollege Wurmitzer das auch gemeint.

Den Entschließungsantrag der Grünen halte ich eher für überflüssig. Damit komme ich zurück auf das Umweltbundesamt, an dem ich mit besonderem Herzblut hänge, weil ich sozusagen einer seiner ganz kleinen Mitväter war. Der große Vater war Kurt Steyrer, die ÖVP war damals nicht einmal ein Stiefvater, sondern spielte eher die Rolle der bösen Königin in Schneewittchen. (Abg. Haigermoser: Das war in der kleinen Koalition!) Ich habe heute nachgelesen: Haigermoser ist einer der letzten Vertreter jener Spezies der liberalen Freiheitlichen aus der kleinen Koalition, die damals dieses Gesetz mitgetragen haben. (Abg. Haigermoser: Willst du mir schaden?) Wir haben um das Gesetz gekämpft, und wir wollten ein Umweltbundesamt, das ähnlich kompetent ist wie das deutsche Umweltbundesamt. Das ist es geworden. (Abg. Koppler: Was ist aus dem Haigermoser geworden?)

Man muß darüber reden, Herr Minister, und man kann Ihnen ein wenig vorwerfen, daß Sie mit den kompetenten Leuten des Koalitionspartners nicht ein bißchen mehr geredet haben. Beim Reden kommen die Leute zusammen. Es gibt einige Möglichkeiten, etwa daß man die Laboreinrichtungen des Umweltbundesamtes nicht in Form einer GesmbH ausgliedern müßte; das bringt angeblich ohnehin nur 4 Millionen Schilling mehr. In fundierter Kenntnis der Praxis wage ich auch zu bezweifeln, daß entsprechende Aufträge zu bekommen wären, weil schon ein sehr breiter Markt von Zivilingenieuren und Instituten besteht. Eher ist es möglich, daß es zu Krampflösungen kommt. Ich kann mir aber vorstellen, daß man den Status als nachgeordnete Dienststelle aufgibt und die Lage mit anderen Konstruktionen, etwa einer direkten Unterstellung mit


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einer Teilrechtsfähigkeit, wesentlich verbessern könnte. Dann könnten auch Aufträge angenommen werden, die genau zu überprüfen wären.

Es gibt sicherlich einiges zu verbessern. Auch ist der Vorwurf, daß im Ministerium Parallelstrukturen zum Umweltbundesamt aufgebaut wurden, nicht ganz unberechtigt. Ich habe diese Entwicklung schon vor Ihrer Zeit, Herr Minister, mit Mißtrauen verfolgt. Sicherlich haben Sie in dieser Hinsicht einiges getan.

Wir sind gesprächsbereit, allerdings nicht für die Variante, die zunächst im Raum steht; eine GesmbH und diese komische Transferierung eines Teiles ins Ministerium möchten wir nicht haben. Vorerst möchte ich den "FOCUS"-Bericht lesen, auch liegen mir Briefe des Betriebsrates vor, wenn auch nicht ganz so, wie Kollege Kopf hier gesagt hat. Man wird darüber reden, und dabei werden wir hart verhandeln. Das Umweltbundesamt ist für die Umweltfraktion der Sozialdemokraten fast so etwas wie ein Lebensnerv, das darf ich Ihnen hier im Namen aller sagen.

Einige Worte zur Zukunft: Ich bin auch davon überzeugt, daß der NUP eine Leitlinie ist und daß es bei der Politik liegt, Maßnahme für Maßnahme umzusetzen. Daran wird man die Koalition oder die Verantwortlichen messen können, und es geht nicht darum, jetzt einige Gesetze vorzulegen, und das haut dann schon alles hin.

Herr Minister, in einem Punkt muß ich um mehr Standfestigkeit gegenüber Vorarlberg bitten: Es muß alles getan werden, um endlich jene Deponien an das Wasserrecht anzupassen, die nicht unter die Deponieverordnung fallen, sondern vor Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes bereits genehmigt waren. Es gibt ein Bundesland, das sich wehrt, und das ist Vorarlberg. (Abg. Ing. Reichhold: Die Lobbyisten!) Ich habe kürzlich bei einer Sitzung des Umweltfonds mit Frau Landesrätin Sickl darüber gesprochen. Sie hat gesagt, daß auch das Land Kärnten dafür eintritt, und mir weiters berichtet, daß so gut wie alle Umweltlandesräte dafür sind, den Termin 2004 einzuhalten. Das ist auch notwendig. Hingegen sind mir die Vorstellungen der Vorarlberger unverständlich. Sie wollen – das entnehme ich den mir vorliegenden Unterlagen über eine Ermächtigung des Landeshauptmannes – den Termin auf 2008 verschieben. (Abg. Ing. Reichhold: Das muß man dem Molterer sagen!) Wenn wir darauf eingehen, machen das die Vorarlberger, und wenn dann die Lobbyisten anderer Deponien politischen Druck ausüben, folgen andere Bundesländer diesem Beispiel, sodaß wir im Jahr 2004 ohne Verbrennungseinrichtungen dastehen und weiterhin den Dreck in der Erde vergraben würden. So würde es kommen.

Ich verstehe auch nicht, daß trotz der bestehenden drei privaten Deponien in Vorarlberg – die Haftungsfragen müßte man gesondert betrachten – meines Wissens sehr viel vom Vorarlberger Müll, anscheinend weil die drei privaten Deponien zu teuer sind, in die Steiermark ausgelagert oder in andere Bundesländer transferiert wird. Sie kennen das üble Geschäft, das derzeit im Gange ist, daß nämlich all diejenigen, die Deponien besitzen, auf Teufel komm ’raus versuchen, ihre Deponien noch anzufüllen. (Abg. Ing. Reichhold: Das ist ja ein schönes Geschäft!) Dadurch werden Verbrennungsanlagen wie die Musteranlage in Wels kaufmännisch in Schwierigkeiten gebracht. Wer aber wird für die Altlasten, die jetzt noch flugs angehäuft werden, schließlich wieder zahlen müssen? – Wir alle werden das sein. Herr Bundesminister, ich bitte Sie dringend, mit den Vorarlbergern darüber zu reden. Es darf diese Ausnahme meiner Ansicht nach nicht geben.

Herr Bundesminister, ich glaube auch, daß wir in nächster Zeit ... (Abg. Ing. Reichhold: Mich interessiert, ob der betreffende Deponiebetreiber ein Funktionär der ÖVP ist!) Das sehe ich überhaupt nicht politisch. Das sind Geschäftsleute, die von jeder Farbe sein können. Wenn es darum geht, zu cashen, ist man, wie wir wissen, in allen Parteien – bis hin zu den Kommunisten, die auch Riesenbetriebe gehabt haben – relativ hemmungslos.

Herr Bundesminister, ich lade Sie ein, ernsthaft mit uns zu reden. Eines muß Ihnen klar sein: Es geht um ein Gesetz, und dazu werden Sie auch die Umweltfraktion der Sozialdemokraten brauchen. Wir erwarten solche Gespräche. Mit den Berichten sind wir, wie gesagt, einverstanden und zufrieden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.16


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66. Sitzung / Seite 197

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. – Bitte.

22.16

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht näher auf die Ausführungen meines Vorredners eingehen, des "bunten Vogels", wie er sich selbst genannt hat, und zwar im Sturzflug, wie ich meine. Statt dessen möchte ich mich mit dem Nationalen Umweltplan befassen. Seit 1992 haben sieben Expertengruppen versucht, den Istzustand im Umweltbereich zu erheben. Dabei zeigen sie in aller Deutlichkeit auf, wo es umweltrelevante Probleme gibt, und sie versuchen, mittel- und langfristige Konzepte zur nachhaltigen Umweltvorsorge vorzulegen.

Es wird im NUP darauf hingewiesen, daß der Großteil der ökologischen Probleme von den nördlichen Industriestaaten verursacht worden ist, und zwar durch das enorme Wirtschaftswachstum, durch jene gewaltige Entwicklung, in deren Verlauf sich während der letzten hundert Jahre der Verbrauch fossiler Energieträger verdreißigfacht und die industrielle Produktion sogar um den Faktor 50 erhöht hat.

Das Bedrohliche daran, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, daß diese Entwicklung hauptsächlich ab dem Jahre 1950 erfolgt ist. Daraus ist eindeutig ersichtlich, daß die Zunahme unserer Umweltprobleme nicht linear, sondern logarithmisch vor sich geht, und daß sich die Spirale der Umweltvergeudung und Umweltschädigung immer schneller dreht. Zusätzlich wird sich nach vorsichtigen, konservativen Prognosen der Vereinten Nationen die Bevölkerungszahl in den nächsten 50 Jahren zumindest verdoppeln. Ich sage deshalb "nach vorsichtigen, konservativen Prognosen", weil dabei die enorme Entwicklung in der Medizin, und zwar vor allem in der Gentechnik, nicht oder nur unzureichend berücksichtigt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zirka 100 Jahren lag die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen bei ungefähr 35 Jahren; bis heute hat sie sich mehr als verdoppelt. Diese Entwicklung wird sich noch beschleunigen. Es gibt Prognosen, daß in zirka 20 bis 30 Jahren die Lebenserwartung des Menschen bei 100 bis 120 Jahren liegen wird und daß es durch den Einsatz der Gentechnik sogar zu einer weitaus höheren Lebenserwartung kommen könnte, nämlich dann, wenn das sogenannte Clock-Gen – dieses steuert den Alterungsprozeß der Zellen – manipuliert und dadurch das Altern der Zellen verlangsamt werden könnte. Es wurde dies bereits bei gewissen Wurmarten – bei Nematoden – erfolgreich durchgeführt; dabei konnte die Lebenserwartung bis zum Fünffachen erhöht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit würde durch Überalterung der Gesellschaft nicht nur der Generationenvertrag obsolet werden, sondern es würden die Probleme im gesamten Umweltbereich noch weitaus größer, als bisher angenommen worden ist. Es ist daher zwar richtig und wichtig, daß Experten Entwicklungen abzuschätzen versuchen und Visionen und Ziele formulieren, aber die Politik müßte den Weg und den Zeitplan für die Umsetzung konkret vorgeben und darf sich nicht in unverbindliche Absichtserklärungen flüchten.

Genau letzeres tut diese Bundesregierung jedoch: Sie flüchtet sich in unverbindliche Absichtserklärungen. Ohne solche konkreten Vorgaben für die Umsetzung ist dieser Nationale Umweltplan aber lediglich ein Beruhigungsmittel, mit dem Versäumnisse im Umweltbereich kaschiert und kritische Personen ruhiggestellt werden sollen. Er dient dieser Regierung offensichtlich nur als Feigenblatt, mit dem man versucht, Maßnahmen – das wurde hier heute bereits angeführt – wie das Road-pricing oder Zuschläge zur Energie- und Mineralölsteuer als Umweltabgaben darzustellen. – In Wahrheit dienen diese Zuschläge und Steuererhöhungen lediglich der Budgetsanierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wenig ernst es diese Bundesregierung mit der Umsetzung des NUP wirklich meint, hat sich in der letzten Sitzung des Umweltausschusses nur allzu deutlich gezeigt. Der Entwurf eines Umweltanlagengesetzes wurde behandelt und enderledigt. Dabei sollen im Genehmigungsverfahren die Rechte der Nachbarn und die Bürgerbeteiligung, aber auch die Zuständigkeit der Gemeinden eingeschränkt werden. (Bundesminister


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66. Sitzung / Seite 198

Dr. Bartenstein: Wer sagt denn das?) Das ist selbstverständlich im Umweltanlagengesetz so enthalten!

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn Sie aufgepaßt haben, müssen Sie es gehört haben: Auch die Zuständigkeit der Gemeinden soll lediglich auf Parteienstellung reduziert werden. In den Erläuterungen steht ganz genau, daß zwar Baupolizei und Feuerpolizei im ureigensten Wirkungsbereich der Gemeinden liegen, daß man aber mit verfassungsrechtlichen Bestimmungen ohne weiteres über diese hinweggehen könne. Bitte, lesen Sie das nach! So steht das tatsächlich im Gesetzentwurf!

Die Zielsetzungen, die im Nationalen Umweltplan formuliert sind, sind ganz anders, geradezu konträr dazu. Darin heißt es unter "Ortsbildschutz und Ortsgestaltungskonzept", daß ein ungestörtes Orts- und Landschaftsbild zu wahren und zu erhalten ist, daß mit Bebauungsplänen die Bautypen oder der Ortscharakter erhalten werden sollen und daß "Fremdkörper" – gemeint sind damit vor allem Betriebe, die nicht in das Ortsbild passen – nicht neu errichtet oder, wenn möglich, sogar entfernt werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Herr Bundesminister! Sie beschließen innerhalb weniger Minuten im gleichen Ausschuß Gegenteiliges und wollen uns hier allen Ernstes einreden, daß Sie es ernst mit diesem Nationalen Umweltplan meinen! Er wurde vorgestellt, und er wurde zur Kenntnis genommen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das Anlagenrecht ist nicht beschlossen worden, Herr Dr. Salzl!) Es wurden ein Entwurf und eine Stellungnahme dazu vorgelegt. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ein Gutachten von Dr. Raschauer!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wollen mit diesem Nationalen Umweltplan lediglich, wie ich meine, von Versäumnissen im Umweltbereich ablenken. Wir Freiheitlichen werden der Fortsetzung dieser Versäumnisse und diesem Ablenkungsmanöver jedenfalls sicherlich nicht Vorschub leisten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stampler. – Bitte.

22.23

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der erstmals für Österreich erstellte, langfristig orientierte Nationale Umweltplan ist als langfristiger Orientierungsrahmen für alle Beteiligten gedacht. Mit den Vorarbeiten wurde bereits 1992 begonnen, und er wurde in sieben Arbeitsgruppen zu den Themenbereichen Verkehr und Transportwesen, Landwirtschaft, Wald, Wasser, Industrie und Gewerbe, Energie, Tourismus und Freizeitwirtschaft, Ressourcenmanagement sowie Verbraucher und Konsumenten erarbeitet.

Der Nationale Umweltplan, der heute zur Diskussion und zur Beschlußfassung steht, stellt somit nicht nur ein Nachschlagwerk für Statistiker oder Öko-Romantiker dar: Er ist vielmehr auch Ausdruck eines politischen Willens für die Zukunft der Ökologie, des Umweltschutzes insgesamt und der Gesetzgebung und Vollziehung im Detail.

Um effizient arbeiten zu können, war es notwendig, einmal Zahlen betreffend den Ressourcenverbrauch zu ermitteln, die zukünftige Entwicklung darzustellen und Gegenstrategien dort zu erstellen, wo es notwendig ist.

Spätestens dann, wenn man den NUP genau gelesen hat, muß einem klar werden, wie vernetzt die einzelnen Themen miteinander sind. Gerade deshalb war es notwendig, alle Daten zu erfassen und daraus Schlüsse für ein umfassendes Maßnahmenpaket zu ziehen. Daß der Nationale Umweltplan eine hervorragende Leistung darstellt und eine zukunftsweisende Idee ist, beweist auch die Tatsache, daß bereits andere europäische Länder wie zum Beispiel Deutschland oder Schweden dafür enormes Interesse gezeigt haben.

Daß wir dieses Thema sehr ernst nehmen, kann man daran ersehen, daß in drei Sitzungen, am 14. November 1996, am 10. Dezember 1996 und am 13. März 1997, in einem eigens dafür


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eingerichteten Unterausschuß über den Inhalt und die Probleme des NUP ausführlich diskutiert werden konnte. Denn eines ist sicher: Dieses Thema ist zu wichtig, um schubladisiert zu werden. Es ist aber auch zu wichtig, um damit mit billigen Anträgen Kleingeld zu machen. Mit einem einzigen Gesetz oder einer einzigen Regierungsvorlage sind die Ziele des NUP unmöglich zu erreichen. Die Regierungsparteien erachten dies als nicht zielführend, weil im NUP insgesamt zirka 360 Maßnahmen enthalten sind, die jeweils mit kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Diese einzelnen Maßnahmen sind im jeweiligen Kapitel angeführt und mit einem Zeithorizont für die Umsetzung versehen.

Die Einzelmaßnahmen in diesem Bericht führen die Möglichkeit an, wie wir den Ressourceneinsatz optimieren und damit deren Verbrauch senken können: "Die Technik für den Umweltschutz nutzen, nicht die Technik verteufeln", das ist der Wahlspruch und die Aufgabe der Politik. Daß all das nicht von heute auf morgen gehen kann, ist wohl jedem klar. Daß es allerdings manchen Oppositionspolitikern immer zu langsam gehen wird, ist ebenfalls klar.

Ich glaube, wie es ja heute schon erwähnt wurde, daß dieser NUP eine langfristige Leitlinie für einen permanenten Prozeß sein wird. Auch die Bundesregierung hat sich in einem Ministerratsbeschluß zu den Zielen dieses Nationalen Umweltplans bekannt. Aufgabe wird es in den nächsten Jahren sein, jedem einzelnen den Umweltschutz in seinem Bereich noch schmackhafter zu machen und auch finanzielle Anreize zu schaffen. Gerade zum Beispiel beim Energiebedarf der Haushalte gäbe es unzählige Möglichkeiten, wie man den Verbrauch senken und außerdem noch beschäftigungspolitische Impulse setzen könnte.

Daß ökologisch sinnvoll gebaut werden soll, ist nicht nur ein Schlagwort, sondern ein sinnvoller Weg zu jedem einzelnen. Der weitaus größte Teil an Energie in einem privaten Haushalt wird für das Heizen aufgewendet. Mit vernünftiger Isolierung rechnen sich wärmedämmende Maßnahmen schon nach einigen Jahren. Dazu wird man den einzelnen nicht zwingen können, man muß jedoch die bestehenden Anreize verstärken.

Wie gesagt: Österreich hat bereits, was Ökologie betrifft, in vielen Bereichen Vorreiterrolle übernommen. Auf europäischer Ebene gilt es, auf andere Staaten einzuwirken und sie einzuladen, mitzuwirken und unserem Beispiel zu folgen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte.

22.28

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie die Vorredner meiner Fraktion schon näher erläutert haben, ist dieser Nationale Umweltplan ein recht interessanter Bericht und großteils zu begrüßen. Er enthält allerdings einige Vorschläge, die meiner Ansicht nach nur bedingt nachvollziehbar sind.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf das Road-pricing und die Mineralölsteuererhöhung zu sprechen kommen. Für mich persönlich wäre eine Mineralölsteuererhöhung nur im Zusammenhang mit einer generellen Ökosteuer denkbar. Diese Einnahmen aus einer Ökosteuer sollen jedoch nicht dazu dienen, das Bundesbudget zu sanieren, sondern sie müssen dazu dienen, eine merkbare steuerliche Entlastung für den Faktor Arbeit hier in Österreich herbeizuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Bei unserer Regierung ist jedoch zu befürchten, daß nur jene Forderungen aus diesem Umweltplan, die höhere Einnahmen zur Sanierung unserer abgewirtschafteten Staatskasse bringen, punktuell aufgegriffen werden könnten. Das beweist übrigens auch die heutige Aussage Ihres Kollegen Stummvoll, der Medien gegenüber klar dazu Stellung genommen und gemeint hat, die Bundesregierung versuche krampfhaft, die Einnahmen zu erhöhen, beim Sparen spiele sich aber nach wie vor nichts Besonderes ab.

Ich kann mich den Ausführungen des Kollegen Stummvoll in diesem Punkt anschließen: Es ist zu befürchten, daß die guten Gedanken dieses Nationalen Umweltplanes schubladisiert werden.


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Da das bei dieser Regierung zu befürchten ist, werde ich diesem Umweltplan auch keine Zustimmung geben.

Im Umweltausschuß wurde neben dem NUP auch der Entwurf eines neuen Umweltanlagenrechtes beraten, wobei wieder einmal die Geisteshaltung der Regierungsparteien zum Vorschein kam. Ich persönlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde ein effizientes Anlagenrecht natürlich begrüßen. Unzulässige Einschränkungen der Rechte der Anrainer oder der Grundbesitzer lehne ich jedoch ab. Das Zustandekommen einer Bewilligung durch Untätigkeit der Behörde, Herr Minister, öffnet der politischen Willkür Tür und Tor. Sie haben gesagt: Wenn die zuständige Behörde, der Senat, der geschaffen werden soll, drei Monate lang keinen Bescheid erläßt, dann kann jeder Baubetreiber mit dem Bau beginnen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das habe ich sicherlich nicht gesagt!) Aber es steht dort zumindest so, Herr Minister, das müssen Sie zugeben! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Vielleicht steht dort, daß ich es gesagt habe, ich habe es aber nicht gesagt!)

Unter Umständen ist es auch ein volkswirtschaftlicher Schaden, wenn jemand noch vor Eintritt der Rechtskraft ein Bauvorhaben beginnen kann. Denn was geschieht wirklich, wenn ein Bauwerber, ein Baubetreiber dann wirklich aufgrund der hohen Baukosten Konkurs macht? Wer haftet für die Entsorgung, falls diesem Bescheid im Rechtsweg nicht stattgegeben wird und der Betreiber die Anlage wieder abmontieren muß? Das könnte den Steuerzahler hier in Österreich – das gebe ich wirklich zu bedenken – sehr viel Geld kosten!

Noch etwas: Wie wir es vom tatsächlichen Gebrauch – ich möchte das einmal vorsichtig formulieren – des bisherigen Berggesetzes ja gewohnt sind, werden natürlich gewisse Lobbies, ich formuliere das auch wieder vorsichtig, begünstigt beziehungsweise zuvorkommend behandelt. Und es nützt dem Betroffenen, Herr Minister, recht wenig, wenn dann Maßnahmen ergriffen werden, wie etwa gestern in der "Kronen Zeitung" in riesigen Buchstaben zu lesen war: "Landeshauptmann Pröll und Umweltlandesrat Wagner laufen gegen das Berggesetz Sturm." – Meine Damen und Herren! Wir hier im Nationalrat können das Berggesetz abändern, aber nicht die Landeshauptleute und nicht die Landesräte! Darum wäre es notwendig, dieses Bergrecht wirklich neu zu gestalten und zu reformieren, meine Damen und Herren.

Ich fordere im Zusammenhang mit dem Berggesetz für die Zukunft eine nur mehr verpflichtende, beratende Stellung der Berghautpmannschaften. Außerdem fordere ich, daß der Begriff "öffentliches Interesse" hier in diesem Haus beziehungsweise in einem Gesetz ganz klar definiert wird. Denn derzeit ist der Begriff "öffentliches Interesse" ein Spielball, Herr Minister, und der "kleine Mann" hier in Österreich wird in diesem Zusammenhang wirklich mit Füßen getreten. Das begünstigt gewisse Lobbies, und dagegen bin ich wirklich!

Im Hinblick auf das Umweltanlagenrecht, Herr Minister, fordere ich eine Totalreform der Gewerbeordnung. Ich verlange aber auch, daß im Hinblick auf die Gewerbeordnung nicht bei den Bauern die Gesetze verschärft werden. Ich verlange vielmehr, daß die Gewerbeordnung so reformiert wird, daß es die jetzigen beziehungsweise die künftigen Gewerbetreibenden leichter haben, in Zukunft einen Betrieb zu gründen beziehungsweise zu erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. Er hat das Wort für 5 Minuten. – Bitte.

22.34

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Nationale Umweltplan wird natürlich von den Regierungsparteien und sogar von der Opposition gelobt, und ich kann mich diesem Lob und vor allem dem Dank nur anschließen. Mit diesem Umweltplan wird uns der Weg Österreichs zu einer nachhaltigen umweltgerechten Entwicklung gezeigt.

Der Nationale Umweltplan – es ist mir persönlich sehr, sehr wichtig, das zu betonen – versteht sich selbst als die Auflistung von Maßnahmen für einen in der Zukunft offenen und innovativen


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Prozeß. Das heißt, es sollen immer wieder neue Erkenntnisse einfließen und Maßnahmen fortgeschrieben werden. Auf diese Weise soll der Nationale Umweltplan auch in Zukunft Aktualität und Gültigkeit behalten. Mit ihm soll ein neues Verständnis von Umwelt und umweltadäquaten Einflüssen vermittelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wichtig bei der Umsetzung dieses Nationalen Umweltplanes ist es, daß wir uns auch Verbündete unter den Nachbarländern suchen, denn Umweltschutz macht vor Grenzen nicht halt. Wir müssen europaweit einen Gleichklang anstreben, und wir von der Österreichischen Volkspartei werden sicherlich in dieser Richtung initiativ sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man den Nationalen Umweltplan durchblättert, kann man feststellen, daß sehr viele Inhalte bereits heute auf den verschiedensten Ebenen – auf Bundesebene, auf Landesebene und vor allem auf Gemeindeebene – umgesetzt werden. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Meine Vorredner, speziell die Herren Bürgermeister, haben bereits darauf hingewiesen, was schon jetzt in den Gemeinden geschieht; ich kann das nur unterstreichen. Es gibt in diesem Bereich großartige Initiativen zur Förderung alternativer Energieträger, Förderung von Solaranlagen zur Warmwasserbereitung oder der Wärmedämmung im Bereich kommunaler Bauten et cetera.

Ich möchte auch die Milliardenbeträge erwähnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die in den Bereich der Abwasserentsorgung investiert werden. Auch gibt es Initiativen zur Müllvermeidung, Mülltrennung, Kompostierung, Müllverwertung. All das ist im Nationalen Umweltplan vorgesehen und in der Praxis schon sehr, sehr gut umgesetzt worden. Ich verweise in diesem Zusammenhang etwa auf die vielen Aktivitäten engagierter Umweltgemeinderäte in unseren Gemeinden.

Erlauben Sie mir, daß ich auch die Initiativen des Landes positiv erwähne. Herr Kollege Barmüller hat Landeshauptmann Pröll einige Male genannt. – Ich darf in Erinnerung rufen, daß Landeshauptmann Pröll einer der großen Pioniere im Bereich des Umweltschutzes ist und daß in Niederösterreich großartige Aktionen im Bereich Umweltschutzmaßnahmen gesetzt werden: Energiesparmaßnahmen werden gefördert; die Wohnbauförderung soll in Zukunft aufgestockt werden, wenn das Wohngebäude besonders umweltfreundlich gestaltet wird beziehungsweise wenn Energiesparmaßnahmen gesetzt werden. Ich möchte außerdem daran erinnern, daß auch die Errichtung von Alternativ-Energieanlagen sehr intensiv durch das Land gefördert wird.

Geschätzte Damen und Herren! Viele Vorgaben des Nationalen Umweltplanes lösen auch wertvolle wirtschaftliche Impulse aus, die sich auch rechnen. Ich erwarte mir bei der Umsetzung selbstverständlich auch für die Wirtschaft und für die Beschäftigungspolitik eine ganz besonders positive Entwicklung. Der Umweltplan stellt eine Grundlage für die Erhaltung unserer intakten Umwelt, eine Grundlage für die Erhaltung der lebenswerten und lebensnotwendigen Ressourcen für die kommende Generation, für die Generation unserer Kinder dar! (Beifall bei der ÖVP.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vorläufig letzte Wortmeldung hiezu: Herr Abgeordneter Hofmann. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

22.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich im Zusammenhang mit dem Nationalen Umweltplan zum Thema erneuerbare Energieformen noch einige Worte sage.

Wenn Kollege Wurmitzer meint, daß wir Weltmeister oder Europameister – ich weiß nicht mehr genau, was er gesagt hat – im Bereich erneuerbarer Energieformen sind und dazu 70 bis 72 Prozent Wasserkraft anführt (Abg. Wurmitzer: 24 Prozent!) , so muß ich einwenden: Auf jeden Fall muß man dazu sagen, daß wir hier in Österreich eine besonders begünstigte Situation vorfinden. Kollege Wurmitzer! Die Regierungsparteien werden in nächster Zeit Gelegenheit haben, zu beweisen, wie ernst es ihnen mit den Richtlinien – denn so wird der NUP offensichtlich verstanden und so ist er zu verstehen – ist.


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Ich spreche in diesem Zusammenhang das Energieorganisationsgesetz und die Einspeisevergütungsregelung an. – Im NUP heißt es auf Seite 93: "Als Bewertungskriterium sind nicht allein die aktuellen Preise geeignet, die sich vorwiegend an kurzfristigen Entscheidungskriterien orientieren. Grundsätzlich ist bei allen wirtschaftlichen Bewertungen der gesamte Lebenszyklus der involvierten Produkte zu beachten." – Dies ist im Kapitel 3.4.1 unter "Energie" nachzulesen.

Diese Einspeisevergütung und das Energieorganisationsgesetz werden die Nagelprobe für die Bundesregierung sein, wie ernst es ihr im Endeffekt tatsächlich damit ist, auch erneuerbaren Energieträgern – es gibt auch andere, nicht nur die Wasserkraft – eine entsprechende Chance für die Zukunft zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Wunsch nach einem Schlußwort des Berichterstatters liegt ebenfalls nicht vor.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen. Diese werden getrennt über die einzelnen Ausschußanträge durchgeführt.

Zuerst stimmen wir ab über den Antrag des Umweltausschusses, den Bericht der Bundesregierung III-8 der Beilagen betreffend den "Österreichischen Klimaschutzbericht 1995" zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Regierungsberichtes stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Umweltausschusses, den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie betreffend den Nationalen Umweltplan für Österreich zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Nationalen Umweltplanes stimmen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Nationalrat beschließt dies mit Mehrheit.

Weiters stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 637 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Ausschußentschließung Ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Diese Entschließung findet die Zustimmung der Mehrheit des Hauses. (E 48.)

Schließlich stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Umsetzung der im Nationalen Umweltplan definierten Ziele.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Schweitzer eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag Schweitzer ist abgelehnt.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung erledigt.

13. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (551 der Beilagen): Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gesellschaft m.b.H. (635 der Beilagen)


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14. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (568 der Beilagen): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Oberösterreichische Kalkalpen (636 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem abgeführt.

Es liegt mir kein Wunsch nach Einleitung durch den Berichterstatter vor. Wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Murauer vor. – Bitte. (Abg. Dr. Khol nimmt ein Glas Wasser aus jenem Krug, der beim Rednerpult steht.) – Herr Abgeordneter Murauer, lassen Sie sich nicht das Wasser abgraben! (Heiterkeit.)

22.43

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben im Bereich Nationalpark Kalkalpen so viel Wasser, daß durchaus ein Glas Wasser für unseren Klubobmann zur Verfügung steht! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Lassen Sie mich heute mit großer Freude über die Artikel 15a-Vereinbarung betreffend Nationalpark Kalkalpen berichten. (Abg. Wabl: Halleluja!) Es könnte auch ein Halleluja angestimmt werden, vollkommen richtig! Ich hoffe, Sie stimmen mit ein, daß der Nationalpark Kalkalpen etwas besonderes ist. Jeder, der ihn jemals gesehen und besucht hat, wird mit mir darin einstimmen.

Gestatten Sie, daß ich Ihnen nun einige Fakten aufzähle. Es handelt sich dabei um ein Gebiet mit einem Flächenausmaß von 185 Quadratkilometern oder 18 500 Hektar. 80 Prozent davon, meine Damen und Herren, bedecken 30 verschiedene Waldgesellschaften. Sie werden es kaum glauben: Sie können allein in diesem Gebiet 10 Millionen Bäume vorfinden. Jeder, der Zeit hat – ich denke, das sind gerade Sie von den Freiheitlichen –, kann diese nachzählen.

Dieser Nationalpark hat 180 Kilometer unverbaute Flußlandschaften. Meine Damen und Herren! Zerfurchte, tiefe Schluchten prägen die Landschaft, und Hunderte Quellen entspringen diesem Gebiet. Außerdem gibt es in diesem wunderschönen Gebiet des Nationalparks Kalkalpen 800 Großschmetterlingsarten, 2 000 Käfer-, 1500 verschiedene Pflanzen- und 3 000 Großpilzarten.

Frau Kollegin Aumayr! Sie sind oberösterreichische Abgeordnete und haben sicher etwas Bedeutendes zum Nationalpark zu sagen. Ich bitte Sie darum! (Abg. Aumayr: Ich bin auf der Rednerliste!) Aha, Sie kommen noch dran. Ich werde gespannt Ihren Ausführungen lauschen!

Meine Damen und Herren! Der Nationalpark Kalkalpen stellt eine Kombination aus unberührter Naturlandschaft und seit Jahrhunderten bäuerlich bewirtschaftetem Kulturland in der Pyhrn-Eisenwurzen-Region dar. Es handelt sich dabei um das größte geschlossene Waldgebiet in den Ostalpen. Es erstreckt sich vom Reichraminger Hintergebirge über das Sensengebirge, das Ennstal, das Steyr- und das Teichltal bis zum Windischgarstener Becken und zum Hengstpaß. Der Nationalpark Kalkalpen ist in seinem subalpinen Charakter unser Waldnationalpark mit dem größten Wasserschutzgebiet Österreichs. Viele nennen dieses Gebiet auch das "Wasserschloß" unserer Nation.

Wir beschließen heute diese Artikel 15a-Vereinbarung. Der Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer nannte diesen Staatsvertrag wegen seiner Bedeutung für Oberösterreich einen "Meilenstein in der Geschichte unseres Landes". – Ich darf erwähnen, daß wir von Anbeginn an die IUCN-Kriterien als deklariertes Ziel betrachtet haben und natürlich der Akzeptanz der Bevölkerung entsprechende Bedeutung eingeräumt haben.


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Ich freue mich, daß eine Erweiterung in Richtung Totes Gebirge, Haller Mauern, Warscheneckgruppe bis in die Steiermark vorgesehen ist. Eine entsprechende Resolution des Landtages, geschätzte Kollegen aus der Steiermark, liegt bereits vor.

Der Nationalpark Kalkalpen beherbergt aber nicht nur Urwälder – wie Sie vielleicht meinen könnten – oder Karstwüste oder Flüsse in Trinkwasserqualität, sondern auch deutliche Spuren einer einst blühenden Eisenindustrie. In den achtziger Jahren bestand deshalb die Absicht, neben diesem Nationalpark einen Kulturpark in unserer Region zu errichten, mit dem man auch der Tradition der Eisenverarbeitung gerecht wird. Im nächsten Jahr dürfen wir eine Landesausstellung unter dem Titel "Land der Hämmer" ins Leben rufen. Es wird dies die erste regionale Landesausstellung sein, die sich über eine ganze Region erstreckt, und Niederösterreich und Steiermark haben hiebei ihre Anteile. "Natur und Kultur" ist die Überschrift für die Entwicklungsstrategie einer ehemaligen Randregion geworden.

Meine Damen und Herren! Es gab natürlich nicht immer nur Einverständnis, sondern auch entsprechende Schwierigkeiten. Durch jahrelanges Bemühen, die Akzeptanz der Bevölkerung zu verbessern, Gespräche zu führen, sie mitreden zu lassen, sie in Projekte einzubinden, Projektgruppen mit den Betroffenen zu bilden und sie in die Gestaltung miteinzubeziehen, haben wir es mit den Bürgerinnen und Bürgern geschafft, einen Nationalpark zu errichten, der akzeptiert wird.

Die unmittelbaren Anrainergemeinden waren dabei besonders gefordert. Es sind deren acht: Reichraming, Großraming, Weyer Land, Rosenau, Molln, Windischgarsten, Roßleithen und St. Pankraz. Sie alle waren sehr gefordert. Sie konnten sich aber mit dem Motto: "Soviel Naturnähe wie möglich, soviel Pflege wie nötig" einverstanden erklären.

Mittlerweile gibt es, wie gesagt, große Akzeptanz hiefür. Ganz besonders freut es mich, daß gerade die Jugend hinter diesem großen Projekt des Naturschutzes steht und mit Begeisterung diesen Nationalpark befürwortet. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist selbstverständlich unsere Aufgabe, den Menschen auch einen erkennbaren wirtschaftlichen Nutzen aufzuzeigen. Es ist die Politik der ÖVP, für nachhaltiges Wirtschaften unter dem Gütesiegel "Nationalpark" alle Marketingmaßnahmen zu vereinen. (Zwischenruf.) Natürlich hat nicht jeder Verständnis dafür, und ich habe von Ihnen eigentlich auch nicht erwartet, daß Sie für Natur und Naturschutzangelegenheiten größeres Verständnis aufbringen. Aber das stört mich in keiner Weise. Warum soll es diesen Unterschied nicht geben? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Die haben die hohen Berge nicht!)

Meine Damen und Herren! Der wirtschaftliche Nutzen ist etwas Wesentliches für die Menschen, die dort leben. Weil heute über den Nationalen Umweltplan gesprochen wurde, füge ich hinzu, daß in den einzelnen Gemeinden dieser Region Teile dieses Nationalen Umweltplanes bereits verwirklicht werden. In diesen Gemeinden wird alternative Energie zur Selbstverständlichkeit. Es werden Sonnenenergie, Windenergie und Hackschnitzelheizungen angewandt. Es gibt eine Reihe von Energiespargemeinden beziehungsweise Klimabündnisgemeinden. Ein Nationalpark bringt eine besonders behutsame Strategie und behutsame Weiterentwicklung in eine Region.

Aber wir dürfen nicht nur der Natur Rechnung tragen, sondern müssen auch die wirtschaftliche Entwicklung entsprechend fördern. Dem "sanften Tourismus" in der Region wird man Impulse geben. In diesem Zusammenhang darf ich auf die Eröffnung einer Mountainbike-Strecke von 140 Kilometern aufmerksam machen, die bereits jetzt touristisch wirksam gemacht werden kann. (Abg. Koppler: Das war der Gartlehner!) Eine Arbeitsplatzinitiative im Einklang mit Natur und Umwelt: Das ist der Nationalpark Kalkalpen. (Beifall bei der ÖVP.)

Er bedeutet für uns, meine Damen und Herren, Zukunftsicherung, Sicherheit für Natur und Kultur, reines Trinkwasser, touristische und wirtschaftliche Entwicklung.

Abschließend möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Es waren viele engagierte Bürger und Grundbesitzer (Abg. Mag. Peter: Und Bürgerinnen!), es waren engagierte alpine Vereine und Naturschutzvereine, es waren Politiker und Beamte auf allen Ebenen daran beteiligt. Ich bedanke mich bei den Bürgermeistern, für die es nicht immer leicht gewesen ist, für dieses Projekt


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einzutreten. Ich danke unserem Landeshauptmann Dr. Pühringer dafür, daß er von Anbeginn an für diesen Nationalpark eingetreten ist, und ich richte auch ein Dankeschön an unsere zuständigen Minister Bartenstein und Molterer. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Anscheinend wollen dies die Kollegen von den Sozialdemokraten nicht hören; warum, weiß ich nicht. Aber sie werden später ans Rednerpult kommen und mir das sicherlich erklären können. (Ruf bei der SPÖ: Weiterreden!) Die Verhandlungen waren zwar nicht immer einfach, aber immer fair. Ich freue mich, daß wir heute diesen Nationalpark gemäß der Artikel 15a-Vereinbarung beschließen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. Er hat das Wort.

22.54

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Murauer, wer freut sich heute nicht?! Oberösterreich bekommt seinen Nationalpark. Nach Abschluß erfolgreicher Verhandlungen ist es soweit, der Nationalpark Kalkalpen wird nun tatsächlich verwirklicht. Da heute bereits so viele Dankesworte gesprochen wurden, möchte ich als Oberösterreicher zum Ausdruck bringen, daß ich schon ein bißchen stolz darauf bin, daß die damalige Naturschutzreferentin und jetzige Bundesministerin Mag. Prammer federführend dieses für uns so wichtige Projekt zum Abschluß bringen konnte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Kollege Murauer hat zu Recht hier Landeshauptmann Pühringer zitiert und sich bei ihm bedankt. Allerdings hatte ich den Eindruck, daß der Landeshauptmann gerade im vergangenen Jahr, als die Hauptverhandlungen geführt wurden, in erster Linie sehr viel Zeit aufwenden mußte, um sich mit Lambach zu beschäftigen. Darum hat mich ein bißchen verwundert, was Sie hier gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um einen einmaligen Naturraum von nationaler und internationaler Bedeutung, der zu fördern und zu erhalten ist. Diese Flächen umfassen – das wurde heute schon angesprochen – drei wesentliche Teile: erstens das in Mitteleuropa höchstgelegene Hochmoor, zweitens den größten österreichischen Karstkomplex – das Tote Gebirge – und drittens eine europaweit einzigartige Flora und Fauna. Kollege Murauer hat die Zahl der Bäume schon aufgezählt, das werde ich mir jetzt ersparen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Naturschützer, vor allem die alpinen Vereine, jahrzehntelang gefordert haben, wird nun tatsächlich Wirklichkeit. Es ist geplant, diesen Naturpark im mehreren Abschnitten zu gestalten. Dabei betrifft die erste Etappe die Gebirgszüge Sensengebirge und insbesondere das Hintergebirge; erst im zweiten Abschnitt soll eine Erweiterung erfolgen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, noch einmal darauf hinzuweisen, daß es – ungeachtet dessen, wer im einzelnen daran beteiligt war – in kürzester Zeit gelungen ist, diese Verhandlungen zum Abschluß zu bringen. Man weiß auch aus internationalen Vergleichen und Erfahrungen, daß die Umsetzung solcher Projekte oft Jahrzehnte in Anspruch nimmt, weil es nicht einfach ist, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen. (Abg. Aumayr: So lange hat es bei uns auch gedauert!)

Was waren die wesentlichen Voraussetzungen für dieses Projekt? – Erstens die Zustimmung der Grundeigentümer – diese einzuholen, war relativ einfach, weil vor allem ein Großgrundbesitzer, nämlich die Österreichischen Bundesforste, betroffen war –, und zweitens das freiwillige Einbringen der Flächen in diesen Nationalpark. Das sind zwei besonders wichtige Elemente für die Umsetzung eines solchen Projekts. Was die Einbindung der Österreichischen Bundesforste betraf, konnte eine für alle Seiten akzeptable Lösung gefunden werden. Im Ausschuß wurde auch besprochen, daß Entschädigungsleistungen für Nutzungsentgang oder Wirtschaftserschwernisse an die Grundeigentümer zu erfolgen haben.


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Es war das legitime Recht der Österreichischen Bundesforste, zu fordern, daß anfallende Managementmaßnahmen von den eigenen Mitarbeitern durchgeführt werden. Denn es bestand die Sorge unter den Mitarbeitern der Österreichischen Bundesforste, daß verschiedene Maßnahmen in Zukunft von der Gesellschaft und nicht mehr von der Belegschaft durchgeführt werden. – Ich glaube, diese Ängste konnten ausgeräumt werden.

Geschätzte Damen und Herren! Die Eröffnung des Nationalparks wird im kommenden Herbst stattfinden. Ein einzigartig schönes Naturparadies wird nun unter Schutz gestellt. (Abg. Mag. Peter: Noch vor dem 5. Oktober?) Ganz sicher, wahrscheinlich am 4. Oktober. Wir Sozialdemokraten nehmen diesen Umstand mit Freude zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hofmann. Freiwillige Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

22.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Errichtung des Nationalparks im oberösterreichischen Bereich der nördlichen Kalkalpen findet selbstverständlich die Zustimmung der Freiheitlichen. Geht man von dem ursprünglichen Ansinnen aus, so sollte das Gebiet des Nationalparks eine Fläche von rund 100 000 Hektar umfassen – möglicherweise ein Traum; geblieben ist die Realität mit 16 400 Hektar. Aber es ist auf jeden Fall ein Anfang.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man mit den privaten Eigentümern im Bereich der Haller Mauern intensiv verhandelt, dann kann ich mir vorstellen, daß auch dort der Widerstand gegen eine Erweiterung des Nationalparks reduziert werden und möglicherweise auch eine größere Fläche hin zur Steiermark Realität werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erlaube mir, zur Regierungsvorlage einen Abänderungsantrag einzubringen. Es ist festzustellen, daß vom Budget der Nationalparkgesellschaft nach vier Jahren rund 24 Millionen Schilling für die Bundesforste aufzubringen sein werden. Darin sind auch deren Anlagen, die genutzt werden sollen, inkludiert. Wir kritisieren, daß die Hälfte des zur Verfügung stehenden Budgets hierfür Verwendung finden soll.

Seit dem EU-Beitritt haben die kleinen Waldbauern mit einem dramatischen Preisverfall bei Holz zu kämpfen. Wir wollen die Subventionierung eines staatseigenen Betriebes unterbinden, sind aber der Meinung, daß tatsächlich erforderliche Managementleistungen durch die Österreichische Bundesforste AG selbstverständlich in Anspruch genommen werden können und auch mit marktgerechten Preisen zu honorieren sind. Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abg. Dipl.-Ing. Hofmann, Mag. Schweitzer, Aumayr und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage "Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gesellschaft m.b.H. (551 der Beilagen)"

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage "Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Oberösterreichische Kalkalpen Gesellschaft m.b.H. (551 der Beilagen)" in der Fassung des Ausschußberichtes (635 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

In § 3 Abs. 1 Z 3 entfallen der zweite, dritte und vierte Satz.

*****


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66. Sitzung / Seite 207

Ich kann es mir nicht verkneifen, sehr geehrte Damen und Herren, zur ursprünglich geplanten Vorgangsweise Stellung zu nehmen. Ich erinnere an das Jahr 1993, in dem sich der sozialistische Parteichef in Oberösterreich, Hochmair, offen für eine Enteignung ausgesprochen hat und ebenso, wenn auch auf etwas verdeckte Art und Weise, der VP-Altlandeshauptmann Ratzenböck. (Abg. Murauer: Das stimmt nicht!) Selbstverständlich stimmt das! Aber solche Dinge, Herr Kollege, werden immer wieder vergessen. Ich bin sehr froh darüber, daß der Ent-eignungsparagraph nicht zur Anwendung gekommen ist, sondern gestrichen wurde, und ich glaube, daß auch das ein gangbarer Weg ist im Hinblick auf eine mögliche Erweiterung dieses Nationalparkes. Ich denke, daß mit den Menschen für die Natur geplant wurde, und ich wünsche aus freiheitlicher Sicht dem Nationalpark eine gute Zukunft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. Redezeit: 5 Minuten.

23.03

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Rede des Abgeordneten Murauer war wirklich beeindruckend, da ist offensichtlich gut gearbeitet worden. Ich habe hier den Vierten Umweltkontrollbericht aufgeschlagen und lese in Teil A unter "Flächenschutz" – ich erinnere daran, daß das vorhin gerade mit Mehrheit in diesem Hause zur Kenntnis genommen wurde –, daß einige Maßnahmen unbedingt notwendig sind. Es wird dabei auch die baldige Errichtung der Nationalparks Donauauen und Kalkalpen genannt.

Herr Abgeordneter Murauer, so prompt wie in diesem Fall ist von der Koalition selten gearbeitet worden. Ich hoffe, daß die Erstellung und Umsetzung von Managementplänen für Naturschutzgebiete, die Normierung weiterer Ramsauer Gebiete oder eine ausreichende Ausweisung von Schutzgebieten entsprechend den EU-Naturschutzrichtlinien, mit derselben Schnelligkeit betrieben wird, mit der Sie jetzt die Errichtung eines Nationalparks vorgeführt haben. In diesem Sinne schließe ich mich den Redebeiträgen meiner Vorredner an und bin froh, daß wir das heute beschließen können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

23.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Schrefel. Redezeit: 5 Minuten.

23.05

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Seit dem Jahre 1989 laufen Planungs- und Vorarbeiten zur Errichtung und Erhaltung des Nationalparks Kalkalpen, wobei das Projekt vom Umweltministerium durch die Finanzierung von Planungsarbeiten unterstützt wurde. Das zentrale Anliegen des Ministeriums stellt die nachhaltige Sicherung und Entwicklung von Naturlandschaften dar, so wie sie in Österreichs größtem Karstkomplex mit seiner immensen Artenvielfalt in Fauna und Flora sowie der Vielfalt der Waldgesellschaften vorzufinden sind.

Ähnlich wie in unserem Nationalpark Donauauen in Niederösterreich soll auch dort eine effiziente Nationalparkverwaltung errichtet werden, welche am 2. Mai 1997 ihre Arbeit aufnehmen und zunächst eine Fläche von, wie wir gehört haben, 18 500 Hektar verwalten wird. Die laufenden Kosten der Nationalparkgesellschaft für den Betrieb sollen jährlich höchstens 50 Millionen Schilling betragen. Hierin sind die Kosten für Entschädigungsleistungen an die Grundbesitzer sowie die Kosten für Managementmaßnahmen enthalten.

Zu dem vorhin eingebrachten Abänderungsantrag der Freiheitlichen Partei, worin kritisiert wird, daß die Nationalparkgesellschaft gezwungen sein wird, ab dem vierten Jahr 24 Millionen Schilling jährlich an die Österreichische Bundesforste AG zu überweisen, muß festgestellt werden,


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66. Sitzung / Seite 208

daß das Recht der Grundeigentümer auf Entschädigung für Ertragseinbußen und Nutzungsentgang für die Volkspartei unteilbares Recht ist und auch auf die Bundesforste AG zutrifft.

Weitere 25 Millionen Schilling fließen den anderen Grundeigentümern für Entschädigungen sowie dem Management der AG zu. (Abg. Dr. Cap: Gott sei Dank!) Die Kosten für die Durchführung der Managementmaßnahmen auf Flächen der Bundesforste durch die Österreichischen Bundesforste betragen jährlich 11 Millionen Schilling, das ist ein Teil der 24 Millionen Schilling. Sie sind nach Maßgabe des jeweiligen Rechnungsabschlusses abzurechnen. Mit dem Artikel 15a-Vertrag zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich muß jetzt alles darangesetzt werden, den ersten Schritt umzusetzen, das Vertrauen der Bevölkerung in der Region zu gewinnen und das Bewußtsein für Natur in den Menschen zu wecken. (Abg. Dr. Cap: Richtig!)

Herr Kollege Wimmer! Es wurde vorhin zum Thema Nationaler Umweltplan von erneuerbaren Energieformen gesprochen. Ich wundere mich, daß Sie Landeshauptmann Pühringer Vorhaltungen machen, weil er sich für das Kraftwerk Lambach engagiert hat. Ich verstehe Ihre Argumentation wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

23.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte.

23.08

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Landtagswahlkämpfe haben manchmal auch ihr Gutes (Abg. Auer: Für euch nicht in Oberösterreich!), diesmal, daß wir noch vor der nächsten Landtagswahl in Oberösterreich die Errichtung des Nationalparks Kalkalpen beschließen. Das hat sicherlich eine gewisse Beschleunigung bewirkt, zumal wenn zu hören ist, daß die Eröffnung sicher vor dem 5. Oktober stattfinden wird.

Die Grünen begrüßen es selbstverständlich, daß es einen zusätzlichen Nationalpark gibt, und wir werden diesem Gesetzesvorschlag gerne zustimmen, wiewohl ich vor allem den Rednern der ÖVP hier folgendes nahelegen möchte: Man sollte Naturschutz nicht nur in ökologisch geschützten Gebieten wie Nationalparks, nicht nur in Öko-Reservaten ernst nehmen, sondern ich rate Ihnen, Naturschutz ein bißchen umfassender zu sehen. Sagen Sie das auch Ihrem Landeshauptmann Pühringer, besonders wenn es um das Kraftwerk Lambach geht, weil ihm dort der Naturschutz völlig egal war und ausschließlich ökonomische Interessen wichtig waren – nicht energiepolitische, denn das haben wir ihm hundertmal widerlegt. (Abg. Auer: Unwahrheit! – Abg. Dr. Fekter: Sie kennen das Budget gar nicht!)

Sagen Sie das ihm und auch Ihren anderen ÖVP-Landeshauptleuten! Andere Parteien versuchen immer wieder, in die Richtung zu verhandeln, daß Naturschutz endlich Bundeskompetenz werden kann und nicht in jedem Land völlig andere Kriterien fixiert sind. Im internationalen Vergleich können wir, was den Naturschutz betrifft, keine sehr gute Bilanz ziehen. Wir holen aber jetzt mit einem Nationalpark auf, dem auch wir heute sehr gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Dr. Cap und Mag. Barmüller. )

23.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte.

23.10

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Präsident! Auch die Freiheitlichen begrüßen die Errichtung des Nationalparks Kalkalpen. Herr Kollege Murauer! (Abg. Murauer: Ja! Bitte!) Ich verzeihe Ihnen die Rede, die Sie hier gehalten haben. (Abg. Murauer: Freut mich!) Ich glaube, Herr Kollege Murauer, Sie sind ein wenig frustriert darüber, daß Sie bei der Eröffnung des Nationalparkes nicht zu Wort gekommen sind, deshalb haben Sie heute hier die Eröffnungsrede gehalten. (Zwischenruf: Die war noch nicht!) Wo waren dann die 250 ... (Abg. Murauer: Die waren nicht dort, im Unterschied zu Ihnen!) Sie haben aber auch nicht reden können! Aber Kollegin Madl war dort, und sie kommt aus dieser Region. (Abg. Murauer: Sie ist das erste Mal dort gewesen! – Heiterkeit.) Wie wollen Sie wissen, wo Kollegin


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Madl zum ersten Mal war? Herr Kollege Murauer, ich glaube, damit übernehmen Sie sich ein bißchen.

Der Nationalpark hat viele Millionen gekostet, lange bevor er errichtet worden ist. Was für Planung und Gesellschaften aufgewandt worden ist, macht enorme Beträge aus, Herr Kollege Murauer. Lange ist debattiert, Gruppen sind gegründet worden, da und dort ein Forum, und alle möglichen sonstigen Institutionen hat man eingerichtet, um die Opposition fernzuhalten. Ich kann mich gut daran erinnern. (Beifall der Abg. Madl. )

Wir können es uns nicht leisten, Nationalparks sozusagen als Feigenblatt für unsere Wirtschaftspolitik zu verwenden. Denn auf der einen Seite Nationalparks zu errichten, jedoch außerhalb der Nationalparks der industrialisierten Landwirtschaft und der Gentechnik das Wort zu reden, überdies die Preise für die Produkte der Bauern zu halbieren, weshalb die Bauern höhere Erträge erwirtschaften müssen, um ihre Verluste auffangen und ihre Kosten hereinbekommen zu können, das nenne ich eine Politik, die stark an eine Feigenblattpolitik erinnert. (Ruf bei der ÖVP: 150 Prozent mehr Biobauern!)

Von dieser Stelle aus möchte ich aber auch den Naturschützern danken, die auf eigene Kosten und mit viel Engagement das Kraftwerk Reichraminger Hintergebirge verhindert haben. Sonst könnten Sie nämlich heute nicht den Nationalpark errichten. Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich danke vor allem der Kanzlei Dr. Gugerbauer dafür, daß diese Naturschützer kostenlos vertreten wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

23.13

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Aumayr, als Augenzeuge möchte ich sagen, daß ich bei der Eröffnung, die keine war, sondern die Staatsvertragsunterzeichnung – die Eröffnung des Nationalparks Kalkalpen wird erst im Juli dieses Jahres stattfinden –, Frau Abgeordnete Madl als Gast gesehen habe. Ich war dort und habe sie getroffen, Sie waren nicht dort. Herr Abgeordneter Murauer war auch dort. – Das nur, um einige Unklarheiten zu beseitigen.

Weswegen ich mich zu Wort melde – und das scheint mir wesentlich zu sein –, ist die Aussage des Herrn Abgeordneten Hofmann, die ich bereits im Ausschuß zu hören bekommen habe und die sich in diesem vorliegenden Abänderungsantrag wiederfindet: Es sei nicht akzeptabel, daß die Entschädigung der Bundesforste ab dem Jahre 2001 auf 24 Millionen Schilling angehoben wird.

Zum ersten: Die Summe von 24 Millionen Schilling stimmt.

Zum zweiten: Es ist wesentlich, festzuhalten, daß sich diese Summe etwa zur Hälfte aus Vertragsnaturschutzgeldern und zur anderen Hälfte aus Managementleistungen, sprich Leistungen, die Mitarbeiter der Bundesforste im Nationalparkgelände vollbringen, zusammensetzt. Ich danke der Bundesforste AG dafür, daß sie sich bereit erklärt hat, die Entschädigungszahlungen von 6,5 Millionen ansteigend innerhalb von fünf Jahren auf 13,1 Millionen Schilling zu akzeptieren.

Ich frage Sie, da Sie einen relativ bedeutenden Forstbesitzer in Ihren Reihen haben – er wird in der morgigen Ausgabe einer Zeitschrift wiederum als solcher erwähnt –, ob Ihr Führer und Forstbesitzer-Chef mit weniger als 1 000 S Pacht und Entschädigung für ein Hektar seines Waldes im Bärental glücklich und zufrieden wäre. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Madl: Das ist Privatgrund!)

Herr Abgeordneter Hofmann ist zum Rednerpult gekommen und hat von Enteignung gesprochen – Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Hochmair habe enteignen wollen, Herr Landeshauptmann Ratzenböck habe enteignen wollen: Die einzigen, die enteignen wollen und wollten,


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sind Sie! (Abg. Madl: Aber wirklich nicht! Wir haben das verhindert!) Denn die Bundesforste AG ist ein Eigentümer wie jeder andere auch, und dieses Eigentum ist zu entschädigen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Schreiben Sie sich das ins freiheitliche Stammbuch! Reden Sie mit dem Eigentümer des Bärentales darüber, was er von diesen Fragen hält und was bei ihm ein Hektar pro Jahr an Pachtzins allenfalls wert ist.

Es ist auch deshalb wesentlich, das hier festzuhalten, weil meiner Überzeugung nach in der Nationalparkfrage zwei Prinzipien gelten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Nehmen Sie einmal die Hand aus der Hosentasche!) Herr Staatssekretär außer Dienst! Das war Ihr erster Beitrag heute abend, und es war nicht der allerbeste, den ich gehört habe. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zwei Dinge sind in der Nationalparkdiskussion sehr wesentlich. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Die Hand ist nun heraußen!) Es freut mich, daß ich eine neue Dynamik bei Ihnen wecken konnte! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich komme trotzdem auf diese zwei Prinzipien zurück, weil sie mir wesentlich sind. Erstens: Das Wort "Enteignung", meine Damen und Herren, hat in einer Debatte im Zusammenhang mit Nationalparks überhaupt nichts verloren. (Abg. Madl: Das war geplant!) Ich stehe dafür, daß der Nationalparkgedanke in Österreich ohne das Wort "Enteignung", ohne die Drohung mit Enteignung auszukommen hat. Das gilt heute, und das gilt in alle Zukunft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zweitens: Ein Nationalpark kann nur auf der Basis eines wirksamen und fairen Vertragsnaturschutzes funktionieren. Das heißt, Grundstückseigentümer – egal, ob Bundesforste AG oder die Waldbauern, deren Entschädigung sich auch daran orientieren wird – haben dafür entschädigt zu werden, daß sie Flächen für Österreichs Nationalparks, sei es Donauauen, Hohe Tauern, Kalkalpen, Neusiedlersee/Seewinkel oder sonstwo, zur Verfügung stellen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Helmut Peter. – Bitte.

23.17

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich höre mit großem Interesse, daß das Bärental in Kärnten jetzt ein Nationalpark wird. (Heiterkeit.) Ich hoffe, Sie treten rechtzeitig vor der nächsten Kärntner Landtagswahl in die Verhandlungen ein. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Und der dortige Eigentümer wird unter Artenschutz gestellt!) Gut! (Abg. Schieder: "National" stimmt, aber "Park" nicht! – Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wie Murauer begonnen hat, so soll die Feierstunde auch enden. Wir freuen uns alle, daß wir einen Nationalpark haben und daß rechtzeitig etwas daraus geworden ist. Ich rufe nur in Erinnerung, daß es einmal ein umfassenderes Konzept gab. Es kam erwartungsgemäß zu Mißverständnissen und Schwierigkeiten mit den Grundeigentümern. Man hat sich nunmehr auf die 16 400 Hektar der Bundesforste geeinigt. Es besteht Vertragsnaturschutz, ein Betrag wurde bezahlt, das soll in Ordnung sein.

Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Gelingt es durch diesen ersten Kern-Nationalpark, den Menschen, die in dieser Gegend leben, klar zu zeigen, daß damit eine neue Bodenrente für sie heranwächst? Denn die Grundeigentümer sind verständlicherweise mißtrauisch. Sie sagen: Bisher habe ich gewußt, daß ich von meiner Landwirtschaft und meinem Wald leben kann; was aber kommt jetzt? – Vielleicht können wir diese große Chance nützen, um deutlich zu machen, daß ein Nationalpark nicht nur in seiner Kernzone ein sehr wesentlicher Beitrag zur Erhaltung der Natur ist, sondern in seiner Randzone auch eine klare freizeitpolitische Nutzung bekommt, und zwar für die Menschen – die Linzer, die Steirer, die Gäste –, die in diese Gegend kommen


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und die Natur in der Randzone erleben können, die Menschen, die dort in begrenzter Zahl die Natur erleben können, ohne sie kaputtzumachen.

Ich wünsche mir, daß dieser Nationalpark einen Prozeß einleitet, im Zuge dessen die Menschen aus dem Reichraminger Hintergebirge, aus den Haller Mauern, aus dem Ennstal verstehen, daß das eine neue Art ihres Einkommenserwerbs sein kann, eine neue Art, in den schönsten Gegenden Österreichs, in den allerschönsten Gegenden Oberösterreichs nicht nur von Industrie und Landwirtschaft zu leben, sondern auch aus der Freizeitnutzung ein einträgliches Auskommen zu gewinnen.

In diesem Sinne wünsche ich mir, daß der Nationalpark wächst und bald größer wird und daß die privaten Eigentümer ebenfalls bereit sein werden, im Rechtsrahmen des Vertragsnaturschutzes ihre Grundstücke einzubringen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen , getrennt nach den einzelnen Ausschußanträgen.

Zunächst stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 551 der Beilagen.

Dazu hat Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den von dem betreffenden Abänderungsantrag berührten Teil, schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Abgeordneter Hofmann hat einen Abänderungsantrag betreffend § 3 Abs. 1 Z 3 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag Hofmann ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse über § 3 Abs. 1 Z 3 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Damit ist § 3 in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist einstimmig beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf in dritter Lesung einstimmig angenommen wurde.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluß der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Oberösterreichische Kalkalpen samt Anlagen in 568 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Artikel 15a-Vertrag einstimmig genehmigt wurde.


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15. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Kulturbericht 1995 der Bundesregierung
(III-63/632 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (111 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über die filmwirtschaftlichen Beziehungen samt Anlage und Briefwechsel (633 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit verhandeln wir als nächstes die Punkte 15 und 16 der Tagesordnung. Die Debatte wird unter einem geführt.

Ein Vorschlag auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Damit gehen wir in die Beratungen ein.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

23.22

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Nationalpark-Experten meinen Dank dafür aussprechen, daß sie mit einer sehr lebhaften Debatte wieder etwas Leben in das schon müde gewordene Hohe Haus gebracht haben.

Nun zum Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes: Kulturbericht 1995. Es war ganz interessant, festzustellen, daß einzelne Journalisten, einzelne Medien in den vergangenen Tagen irrtümlich davon ausgegangen sind, daß heute ein Auftritt des Staatssekretärs Wittmann in Kulturfragen stattfindet. – Ich glaube, daß dieser Irrtum betreffend die Ressortzuständigkeit ein deutliches Indiz dafür ist, daß diese Verteilung der Ressortzuständigkeit überarbeitungsbedürftig ist. Denn die jetzige Kompetenzregelung Kultur und Kunst betreffend ist nur sehr schwierig zu durchschauen. Sie berührt nicht nur das Ministerium, dem Frau Bundesministerin Gehrer vorsteht, und das Staatssekretariat beziehungsweise das Bundeskanzleramt, sondern auch andere Ministerien. Denken Sie etwa an die Kulturinstitute, die zum Außenministerium ressortieren oder das Heeresgeschichtliche Museum, das zum Landesverteidigungsressort gehört.

Kurzum: Dieser Kompetenzwirrwarr zeigt, daß da Reformbedarf besteht. Es ist nicht einzusehen, daß insbesondere Kultur- und Kunstagenden in verschiedene Ministerien ressortieren. Dafür gibt es meines Erachtens keine sachliche Rechtfertigung, außer – und man soll das auch klar aussprechen, wenn man es so will – der "Farbenlehre" zwischen Rot und Schwarz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zuge der Bildung der neuen Regierung durch Bundeskanzler Klima gab es auch eine Debatte über die Kompetenzverteilung. Es wurde davon gesprochen, daß in der Koalition ein großes Bildungsministerium geplant sei. Wir meinen, daß es durchaus Sinn machen würde, daß man Wissenschaft und Forschung, also die Universitäten, mit dem Unterrichtsministerium zusammenlegt. Es gab auch Debattenbeiträge von Rednern der Koalitionsparteien, insbesondere von der ÖVP, in diese Richtung zu hören. Es wurde ein Koordinationskomitee gegründet, in welchem man sich bis zum Sommer über diese neue Kompetenz einigen soll.

Ich habe es schon einmal von dieser Stelle aus gesagt: Es wird sicherlich "bis zum Sommer" eine Einigung geben – Sie können aber gewiß sein, daß es diese Einigung ganz bestimmt nicht bis zum Sommer 1997 geben wird.

Es würde aber, wie gesagt, durchaus Sinn machen, daß man ein großes Bildungsministerium einrichtet und die Kultur und die Kunst ebenfalls in dieses Ministerium eingliedert. Es wird doch


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wohl niemand bestreiten, daß es zwischen diesen Gebieten einen sehr engen Konnex gibt, daß Bildungsfragen untrennbar mit Kulturfragen und mit der Kunst verbunden sind.

Die jetzige Kompetenzregelung ist wirklich unbefriedigend. Ich glaube, es gibt nur sehr wenige Menschen in diesem Land, die mit dieser Kultur- und Kunstkompetenzaufteilung einverstanden sind. Tatsächlich hat es für mich einen wirklich unangenehmen Beigeschmack, wenn plötzlich gesagt wird: Kunst ist Chefsache – und man sich das ins Bundeskanzleramt arrogiert, sich noch einen Staatssekretär nimmt und versucht, die Kunst an sich zu ziehen, an die Brust zu nehmen. Das ist eine Ideologie, die meiner Meinung nach von dem Gedanken getragen ist, sich der Kunst auch politisch zu bemächtigen. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung!

Ich meine, der Staat muß für die Rahmenbedingungen sorgen. Er muß dafür eintreten, daß ein möglichst freies Kunst- und Kulturklima geschaffen wird, in welchem sich die Künstler frei entwickeln können, ohne daß eine zu starke Nähe zwischen dem Staat und der Kunst besteht. Denn in letzterem Fall liegt naturgemäß der Verdacht nahe, daß ein Staatskünstlertum entstehen könnte.

Es ist sicherlich ein richtiger Weg, wenn man möglichst viele private Kulturinitiativen, private Stiftungen und Sponsoring-Modelle zuläßt und möglichst wenig staatlich regelt: so wenig wie möglich, jedoch so viel wie notwendig. Klar ist aber, daß ohne eine staatliche Kulturförderung viele Bereiche, insbesondere die Avantgarde-Bereiche, in sich zusammenbrechen würden. Das soll durchaus an dieser Stelle auch gesagt werden.

Nun zum Kulturbericht selbst: Es ist bedauerlich, daß nach der Besucher-Statistik festzustellen ist, daß 1995 weniger Besucher in den Museen waren als 1994. Das zeigt das bestehende Dilemma, denn wir wissen, daß dieser Besucherschwund in erster Linie darauf zurückzuführen ist, daß nach wie vor die Graphische Sammlung der Albertina unzugänglich ist und das Technische Museum sich nach wie vor im Umbau befindet. Dieser Schwund in der Besucherzahl ist insbesondere auch deshalb bedauerlich, weil man gerade in Zeiten, in denen der Tourismus darniederliegt, auf der anderen Seite aber der Städtetourismus floriert und man auf diesem Gebiet Zuwachsraten zu verzeichnen hat, erkennen sollte, daß der falsche Weg beschritten wird, wenn man dieses Potential nicht entsprechend zu nutzen versucht.

Ich habe bereits einmal in einer Fragestunde diese Kritik anklingen lassen und möchte sie heute gerne wiederholen: Auf der einen Seite – wir vom Kulturausschuß haben uns an Ort und Stelle davon überzeugen können – beläßt man die Albertina in einem wahrlich beklagenswerten Zustand, auf der anderen Seite werden neue Museumsprojekte betrieben, etwa das Projekt Museumsquartier; bei letzterem buttert man Hunderte Millionen Schilling in die Planung. Mir kommt diese Situation so vor, als ob ein Hausbesitzer, dessen Haus schon fast am Zusammenkrachen ist und es daher naheliegend wäre, daß er sich endlich zu Sanierungsarbeiten durchringt, dieses weiter in sich zusammenfallen läßt und ein neues Haus errichtet.

Diesbezüglich scheint mir Ausgewogenheit nicht vorzuliegen, wenngleich nicht zu bestreiten ist, daß man insbesondere für die moderne Kunst und auch für die "Sammlung Leopold" einen Raum braucht, um diese auch entsprechend präsentieren zu können. Denn es ist sicherlich ein bedauerliches Moment, daß man einerseits um einen sehr erklecklichen Betrag die "Sammlung Leopold" kauft – obwohl ich glaube, daß das für diese Republik ein sehr gutes Geschäft war, eine wirklich gute Investition in die Zukunft –, auf der anderen Seite jedoch nicht die Ressourcen dafür schafft, damit diese tollen Kunstwerke, die der leidenschaftliche Sammler Leopold zusammengetragen hat, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, sondern diese lediglich bei irgendwelchen Wanderausstellungen insbesondere im Ausland präsentiert werden.

Als positiven Aspekt möchte ich die Teilrechtsfähigkeit in den Museen anführen, die weiter fortschreitet: Man sieht die Früchte dieser Teilrechtsfähigkeit etwa beim Kunsthistorischen Museum. Dort liegen die Einnahmen aus der Teilrechtsfähigkeit aufgrund der sehr guten Nutzung des Museums-Shops und anderer Rechtsgeschäfte, die getätigt werden, bereits über den Einnahmen aus den Eintrittskartenverkäufen. Das soll hier positiv angemerkt werden. Denn es


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soll nicht nur Negatives von der Opposition aufgezeigt werden, sondern es sollen durchaus auch positive Ansätze hier zur Sprache kommen. – Das ist aber überhaupt nichts Neues; das war schon immer so.

Insgesamt meine ich aber, daß der Kulturbericht inhaltlich in weiten Bereichen nicht positiv und nicht uneingeschränkt zur Kenntnis genommen werden kann, insbesondere was die Abwägung der Interessen der einzelnen Museen betrifft.

Es gibt Museen, die möglicherweise auch aufgrund ihrer Leitung einfach zu kurz kommen, weil sich deren Direktoren wenig oder schlecht artikulieren können, während andere Museen von Direktoren geleitet werden, die einen guten Auftritt nach außen haben und die ihre Kontakte auch geschickt einsetzen können. Das Image dieser Museen profitiert dann selbstverständlich davon.

Insgesamt ist der Weg jedoch nicht richtig. Denken Sie etwa an die Kunstwerke, die sich in der Albertina befinden. Viele Österreicherinnen und Österreicher wissen gar nicht, welche Kunstschätze in der Albertina verwahrt sind, zum Beispiel die "Betenden Hände" oder der "Hase" von Dürer. Es ist vielfach unbekannt, daß wir diese einzigartigen, einmaligen und unbezahlbaren Kunstschätze, auf die wir wirklich stolz sein können, in der Graphischen Sammlung in Österreich haben. Aber was nützt die schönste, größte, eindrucksvollste und bedeutendste graphische Sammlung der Welt, wenn sie durch eine verfehlte Prioritätensetzung der breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wird? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Halleluja!)

23.35

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem Gedächtnis des Abgeordneten Krüger ein bißchen auf die Sprünge helfen: Daß wir die "Sammlung Leopold" in Wien nicht so sehen, wie wir sie eigentlich sehen wollten, daran ist die Wiener FPÖ nicht ganz unschuldig. Daran möchte ich ihn erinnern! (Beifall bei der ÖVP.)

Abgesehen davon möchte ich sagen: Daß wir heute erstmalig über den Kulturbericht diskutieren können, verdanken wir zum Teil auch dem Paradigmenwechsel, der im Museumsbereich gerade in den letzten Jahren stattgefunden hat und durch den das Verhältnis der Öffentlichkeit zu den musealen Einrichtungen neu definiert wird. Sowohl der Bericht als auch der in Gang gekommene Diskurs der letzten Jahre sind Beweis für eine veränderte Wahrnehmung des Themas Museum, sind Beweis für eine Veränderung im Erscheinungsbild der Museen und für die Bedeutung, die die Museen und ihre Ausstellungen in diesem Land erworben haben.

Die Bilanz ist meiner Ansicht nach im großen und ganzen positiv. Die baulichen Maßnahmen und die Investitionen in diesem Bereich haben sich – das kann man dort feststellen, wo sie abgeschlossen wurden – rentiert. Ich möchte nur auf den boomenden Städtetourismus hinweisen, das hat natürlich auch mit der Bespielung der musealen Einrichtungen in dieser Stadt zu tun.

Die Veränderung der Präsentation innerhalb der Museen und auch deren mustergültige Darstellung im Internet sind ein Zeichen dafür, daß die Museen auf die Kulturkonsumenten zugehen, ein Beweis für eine neue Qualität der Publikumserschließung. Die Präsentation unserer Sammlungen hat eine neue offensive Wertigkeit jenseits des Sammelns und Forschens bekommen, das Ausstellung-Machen ist bedeutender geworden. Das ist quasi eine neue Standortbestimmung unserer Museen.

Dazu beigetragen hat vor allem die 1989 in Kraft getretene Teilrechtsfähigkeit der Museen. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Einnahmen aus der Teilrechtsfähigkeit die Einnahmen aus der ständigen Schausammlung bei weitem überholt haben. Das Verhältnis beträgt 75 zu 51 Millionen, die Einnahmen aus der Teilrechtsfähigkeit sind also um fast ein Viertel höher. Das macht Lust darauf – und man hat auch den entsprechenden Willen –, diese Teilrechtsfähigkeit als


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Schritt in die Vollrechtsfähigkeit weiter auszubauen, indem man weitere Institutionen, nämlich die Hofmusik-Kapelle und das Bundesdenkmalamt, in die Teilrechtsfähigkeit miteinbezieht.

Weiters ist aber auch die Ausweitung der Teilrechtsfähigkeit in materieller Hinsicht geplant, und zwar durch Einbeziehung von Vermietung und Verpachtung in die Teilrechtsfähigkeit, unentgeltliche Nutzung des beweglichen und unbeweglichen Bundesvermögens, Einbeziehung der Verwertung von Ergebnissen konservatorischer und technologischer Forschung und von Pilotprojekten sowie – ich glaube, das ist ein Knackpunkt, der den Weg in Richtung mehr Markt und mehr Eigenverantwortung ganz genau vorgibt und auch die Direktoren fordert – durch Einbeziehung der Eintrittsgelder für die ständigen Schausammlungen sowie für die Sonderausstellungen von Objekten der eigenen Sammlungsbestände.

Zurück zum Kulturbericht: Erfreulich sind die Steigerungen im Bereich der Ankäufe – das Ankaufsbudget der Museen ist um beinahe 100 Prozent in den letzten vier Jahren, also von 1991 bis 1995, gestiegen – sowie die starke Auslastung der Hofmusik-Kapelle. Außergewöhnlich dokumentiert werden die Nationalbibliothek und der Denkmalschutz. Das zeigt im Jahr des Sparpakets, in dem die Bundesregierung außergewöhnliche Sparmaßnahmen im Bereich des Denkmalschutzes vorgenommen hat, nämlich solche von 80 Millionen Schilling, wie sensibel dieses Thema ist, wie groß jedoch die öffentliche Akzeptanz des Denkmalschutzes in unserem Lande ist: Ein Viertel des Gesamtbudgets haben nämlich Einnahmen aus Spenden ausgemacht.

Gerade im Bereich des Denkmalschutzes sollte aus Sicht der ÖVP eine neue Zielsetzung formuliert werden: Aufwendungen für unter Denkmalschutz stehende Objekte sollten – dazu sollten wir uns wirklich durchringen – entweder vorzeitig abgeschrieben oder als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Zweckgewidmete Spenden an das Bundesdenkmalamt sollten steuerabzugsfähig sein. Aufwendungen im Interesse der Denkmalpflege sollten auch dann vorsteuerabzugsberechtigt sein, wenn die Eintrittsgelder nicht, wie heutzutage, als Liebhaberei gelten. Bei unter Denkmalschutz stehenden Objekten, die sich im Eigentum öffentlich-rechtlicher Körperschaften befinden, sollen Aufwendungen im Interesse der Denkmalpflege vorsteuerabzugsberechtigt sein.

Dringend notwendig wäre auch noch die Einführung eines Rechtsanspruches auf Abgeltung jener Mehrkosten, die sich ausschließlich aus der Tatsache ergeben, daß das Haus oder die Kirche unter Denkmalschutz steht – ich verweise zum Beispiel auf das Salzburger Altstadterhaltungsgesetz –, wenn man etwa auf Verordnung des Denkmalamtes ein Haus mit Holzschindeln statt mit Ziegeln decken muß.

Für den Folgebericht könnte ich mir allerdings vorstellen – das wurde im Ausschuß auch mehrmals gesagt, vor allem von Frau Kollegin Petrovic, aber auch von anderen Kollegen –, daß sich die Direktoren der Museen hinsichtlich ihrer Vorstellungen von musealer Arbeit, von Ausstellungsarbeit, über die Betriebsergebnisse hinaus darstellen sollten, Konzeptionen preisgeben, Schwerpunkte setzen und erläutern sollten, denn der Name ist teilweise auch schon das Programm.

Im großen und ganzen möchte ich abschließend sagen: Es ist dies ein sehr informativer und werbender Bericht – über ein wesentliches Darstellungspotential, nämlich die Museen in diesem Lande. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

23.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

23.42

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir feiern heute wirklich eine Premiere, denn wir diskutieren hier zum erstenmal einen Bericht über die Lage der Bundesmuseen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich daran erinnern, daß es auf Initiative der Liberalen im Mai 1995 einen Fünfparteienantrag gab, welcher zu dieser Premiere führte.


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Meine Damen und Herren! Da im Museumsbereich immerhin 1 Milliarde Schilling jährlich an Steuergeldern verbraucht wird, ist es besonders wichtig, zu erfahren, wie diese Gelder verwendet wurden beziehungsweise inwiefern auf diesem wichtigen kulturellen Gebiet noch Verbesserungen vonnöten sind.

Der durchgehend vierfarbig bebilderte und mit Graphiken versehene Kulturbericht 1995 ist eine seriöse Selbstdarstellung und beschreibt den positiven Istzustand der zehn Bundesmuseen. Mein Vorredner hat alles in den schönsten Farben dargestellt. Wir vermissen allerdings an diesem Kulturbericht, daß in keinster Weise auf die zahllosen Probleme – es gibt tatsächlich zahllose Probleme bei den Museen sowie auch bei der Nationalbibliothek und beim Bundesdenkmalamt – eingegangen wurde. Es wird über den positiven Istzustand berichtet, man geht jedoch nicht auf Probleme ein und diskutiert keine Lösungsansätze.

Ich vermisse an diesem Kulturbericht besonders, daß kein einziges Wort über ein kulturpolitisches Gesamtkonzept im Museumsbereich verloren wird. Frau Ministerin! Auch in dem von Ihnen verfaßten Vorwort ist kein Ansatz dazu zu erkennen. Ich meine, es wäre wichtig, zumindest im Vorwort ein Museumskonzept darzustellen!

Meine Damen und Herren! Wenn man den Kulturbericht genau liest, dann kommen einem Zweifel, ob es überhaupt eine koordinierte Sammelpolitik in Österreich gibt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß jedes Museum beziehungsweise jede größere Abteilung eines Museums eine eigene Sammlungspolitik beziehungsweise darüber hinaus überhaupt eine eigene Politik betreibt.

Ich möchte da gleich ein Beispiel anschließen: Am besten ist die fehlende Koordination zwischen den Museen an den Eröffnungsdaten der einzelnen Ausstellungen abzulesen: Am 25. Februar dieses Jahres wurde zum Beispiel um 19 Uhr eine Ausstellung im Kunsthistorischen Museum eröffnet, eine Stunde später eine andere Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst. – In Anbetracht dessen meine ich, daß regelmäßige Koordinationsgespräche der Herren Direktoren der Häuser sehr wohl zielführend sei könnten, zumindest was Ausstellungseröffnungen betrifft.

Meine Damen und Herren! Die Diskussion der neuesten Entwicklung, nach welcher die Bundesmuseen aus dem Budget ausgegliedert und in die Vollautonomie entlassen werden sollen, kann ich nur begrüßen, zumal das eine alte Forderung der Liberalen ist. Ich gehe davon aus, daß die jahrelange Diskussion um die Ausgliederung der Bundestheater dazu beigetragen hat, daß sich endlich auch im Museumsbereich etwas bewegt. Deshalb begrüßen wir auch ein Expertenhearing zu diesem Thema im Kulturausschuß. Infolge einer Ausgliederung käme es zu zeitgemäßen Verbesserungen, und aufgrund der Befreiung von der Kameralistik könnten die Museumsführungen in Zukunft wie Privatunternehmer agieren (Beifall beim Liberalen Forum) , ohne daß dem Bund das Verfügungsrecht über die Objekte und Gebäude genommen wird. Letzteres wollen wir nämlich auch nicht, weil wir glauben, daß der Bund dafür zuständig bleiben sollte.

Außerdem bliebe der Bund Eigentümer und Rechtsinhaber des Vermögens. Die operativen Geschäfte würden allerdings in der privaten Führung der Anstalt öffentlichen Rechts liegen. Durch den Status der Anstalt öffentlichen Rechts hätten die Museumsleiter die Möglichkeit, Leihgebühren und Einnahmen zu behalten, und sie könnten, wenn notwendig, eine Fremdmittelakquirierung durchführen, das heißt, sie könnten Kredite aufnehmen, Belehnungen beziehungsweise Beleihungen vornehmen, und die Sponsorengelder würden dem Betrieb direkt zugeführt werden und auch dort bleiben.

Durch die angestrebte Reform – davon sind wir Liberalen überzeugt – könnten Betriebsstrukturen eingeführt werden, mit welchen bei geringstem Aufwand die größten Erfolge zu erzielen wären. In Zukunft könnte dann kulturökonomisch gearbeitet werden. (Beifall bei den Liberalen.)

Frau Ministerin Gehrer! Ich erwarte von Ihnen, daß Sie die Möglichkeiten einer öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung über diese Ausgliederung in jeglicher Form ernst nehmen und


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auch unterstützen. Denn als sogenanntes Kulturland muß sich Österreich auch auf dem Gebiet der Museumslandschaft weiterentwickeln.

Meine Damen und Herren! Zurück zum Kulturbericht. Es ist erfreulich, daß sich die Einnahmen aus der Teilrechtsfähigkeit wiederum erhöht haben und 1995 insgesamt 75 Millionen betrugen. Allerdings möchte ich auf folgenden Umstand hinweisen und Sie, Frau Ministerin, um Aufklärung bitten: In der Novelle zum Forschungsorganisationsgesetz vom 1. Juli 1989 ist folgendes zu lesen – ich zitiere –:

"Die Museen haben dem zuständigen Bundesminister jährlich einen Gebarungsvorschlag sowie einen Rechnungsabschluß vorzulegen und jederzeit Einsicht in die Gebarungsunterlagen zu gewähren."

Dazu konkret meine Frage: Wie kommt das Ministerium seiner Prüfungspflicht nach? Wurde und wird bei allen Bundesmuseen die Prüfung der Rechnungsabschlüsse vorgenommen? Welche Museen übergeben diese Arbeiten Wirtschaftsprüfern? Werden Stichproben gemacht beziehungsweise Belege genau angeschaut? – Ich hoffe, Frau Ministerin, daß Sie uns diese Fragen auch schriftlich beantworten.

Zum Thema "Ertragsmöglichkeiten für die Museen" erlaube ich mir noch folgende Nebenbemerkungen: Im Rahmen der letzten Urheberrechtsgesetznovelle wurde ein beschränktes Ausstellungsrecht eingeführt. Dem Urheber kann der Anspruch auf angemessene Vergütung eingeräumt werden, wenn Werkstücke der Bildenden Künste zu Erwerbszwecken entgeltlich ausgestellt werden. Allerdings ist in diesem Anwendungsbereich der neue § 16b bereits strittig. So ist die Verwertungsgesellschaft der Bildenden Künstler der Überzeugung, daß entgeltlich zugängliche Sonderausstellungen in den Museen vergütungspflichtig sind, während die Direktoren der Museen der Meinung sind, daß im § 16b Urheberrechtsgesetz die Sonderausstellungen der Häuser nicht angesprochen werden.

Um diesen widersprechenden Auslegungen entgegenzutreten, haben wir Liberalen einen Antrag zum Ausstellungsrecht eingebracht, weil wir der Auffassung sind, daß es Aufgabe eines Rechtsstaates ist, Gesetze eindeutig zu formulieren und nicht auf die Rechtsprechung der Gerichte zu warten, und jene Gesetze, die sich als nicht sinnvoll herausstellen, zu ändern. In diesem Fall sind wir überzeugt davon, daß § 16b Urheberrechtsgesetz aufgehoben werden muß.

Ich lade daher Sie alle, meine Damen und Herren, ein, diesem Antrag, der bereits im Justizausschuß liegt und behandelt wird – hoffentlich bald –, beizutreten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Abschließend einige Bemerkungen zum Bereich Albertina und zur Zusage des Bundes von 230 Millionen Schilling. Frau Ministerin! Wann wird endlich mit dem Zubau begonnen werden können?

Zum Bereich Museumsquartier – für mich nach wie vor eine unbefriedigte Kulturinitiative in Österreich – meine Frage: Liegt nun ein endgültiger Bescheid des Bundesdenkmalamtes vor, und wann wird voraussichtlich mit dem Umbau begonnen werden?

Zum Thema Nationalbibliothek: Es gibt laut Kulturbericht nach wie vor keine automatischen Brandmeldeeinrichtungen. Warum nicht? Wir wissen auch, daß Bücher nicht restauriert werden können, weil keine Mittel vorhanden sind. Wir wissen, daß Zeitungen und Zeitschriften zerfallen und so der Nachwelt verlorengehen, weil kein Geld vorhanden ist, um Mikroverfilmungen vornehmen zu können. – Damit zeige ich nur einige der Versäumnisse in der Nationalbibliothek auf.

Obwohl dringend mehr finanzielle Mittel erforderlich wären, sank das Budget von 229 auf 226 Millionen Schilling. Frau Ministerin, ich appelliere dringend an Sie: Dort ist Handlungsbedarf angesagt, um die größte Bibliothek Österreichs für das 21. Jahrhundert vorzubereiten, und zwar auch auf dem Gebiet der Elektronik!


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Zum Schluß möchte ich nochmals betonen, daß im Kulturbericht ausschließlich die positiven Umstände im Museumsbereich beschrieben und jegliche kritischen Umstände verschwiegen werden. Dies ist ein Grund, warum wir diesen Bericht ablehnen.

Der zweite Grund ist, daß die gesamte Situation der Museen nicht befriedigend ist, da weder die Renovierung der Albertina in Angriff genommen wurde, noch das Technische Museum nach siebenjähriger Schließung wieder eröffnet ist. Es ist ein Kuriosum: In den sieben Jahren der Schließung des Technischen Museums sind die Personalkosten gleichgeblieben. Ich weiß nicht, warum, wenn keine Besucher kommen, die Personalkosten gleichbleiben müssen. (Abg. Mag. Peter: Das waren die Bauarbeiter!) Ich glaube nicht, daß alle am Umbau beteiligt sind. Das ist eine Frage, die Sie uns einmal beantworten sollten.

Auch mit dem Bau des Museumsquartiers wurde nicht begonnen. Die Ausgliederung der Museen wird zwar diskutiert, aber es deutet noch nichts darauf hin, wann diese Ausgliederung vorgenommen werden wird.

Frau Ministerin! Gestatten Sie mir, Sie zu zitieren: "Die Erhaltung und die Öffnung österreichischer Kulturgüter ist daher Hauptverantwortung österreichischer Kulturpolitik, um den kommenden Generationen diese Schätze zu erschließen." – Ich hoffe und wünsche, daß diesen Worten bald Taten folgen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

23.53

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Frage ist, ob eine Kulturdebatte langweilig sein muß oder nicht. Ich glaube, daß die Exponenten durchaus imstande wären, eine spannendere Diskussion zu führen. Wenn der Abgeordnete Morak sagt, es habe einen ausgiebigen Diskurs über das Selbstverständnis der Museen gegeben, dann frage ich mich, von welchem Land er dabei gesprochen hat: von Österreich?

Ich empfehle, daß wir diesen Diskurs wirklich führen. Weil ich die Frau Ministerin sehr schätze und glaube, daß sie diesen Diskurs auch führen kann, wiederhole ich hier die Frage, die ich bereits im Ausschuß eingebracht habe: Nach welchem Gesamtkonzept, nach welchem Verständnis läuft das eigentlich ab?

Ich kann diesen Bericht sehr loben, er gefällt mir, und ich habe bunte Bilder gern. Seit meiner Kindheit habe ich mir immer gerne bunte Bilder angesehen – warum sollte sich das mit zunehmendem Alter ändern? In diesem Sinn gefällt mir der Kunstbericht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie sollten sich Ihr kindliches Gemüt bewahren!) Aber ich muß sagen, ich werde nicht schlau daraus hinsichtlich Verständnis und Gesamtkonzeption, die dahinter stehen, welcher Museumsdirektor mit welchem Konzept welche Ausstellung macht und warum er das tut. Welche Einkaufspolitik steht dahinter? Ich kann das nicht herausfinden. (Abg. Dr. Schmidt: Es steht drin!) Es steht nicht drin, und es ist, glaube ich, vieles auf Zufälligkeiten aufgebaut.

Ist diese Zufälligkeit Absicht? – Das ist die entscheidende Frage. Steht dahinter das Konzept der Konzeptlosigkeit – was ja auch ein Konzept sein kann? – Dann aber, Frau Minister, seien Sie so lieb und lassen Sie uns nicht weiter im Museumsdunkeln tappen! Fünf vor zwölf kann ja gar kein Licht mehr sein, außer die Sicherheitslampen oder die von Frau Kollegin Motter eingeforderten Lampen für die Brandmeldeeinrichtungen brennen. Sagen Sie es uns bitte! Das erfordert natürlich auch Mut zum Konflikt und Risikobereitschaft. Man muß sich "outen". Man muß sagen: Das ist in etwa mein Konzept. Damit wird man aber auch angreifbar.

Wir können uns freilich weiter so unterhalten: Das Gebälk ist brüchig; dort brauchen wir ein paar Schilling für irgendeinen Bilderrahmen; irgendwo sind die Fliesen auf der Toilette schon angeknackst und müssen erneuert werden und überhaupt – auf dieser Ebene können wir auch weiterdiskutieren.


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Ich meine aber, Sie können es auch anders. Ich glaube, Sie haben die Kompetenz dazu und eine wachsende innere Bereitschaft. Man muß diese nur vollständig wecken und herausfordern, damit Sie es auch wirklich tun. Ich sehe es: Sie haben fast schon den Entschluß gefaßt, das zu tun.

"Kunst ist eine in Form gebrachte Forderung nach Unmöglichem" – als alter Freund und Anhänger zitiere ich Camus; leider Gottes durfte ich ihn nie persönlich kennenlernen, aber ich schätze ihn sehr –: Diese Forderung nach dem Unmöglichen sollte man, glaube ich, auch in diese Debatte und diesen Diskurs einbringen.

Es ist – das sei hier wieder erwähnt, ich habe mir das noch genauer angesehen – ein weiterer Aspekt unter dem Titel "Ausstellungen der Bundesmuseen im Ausland" eingebracht worden. Wenigstens da, in diesem überschaubaren Bereich – er umfaßt eineinhalb Seiten – müßte man fragen: Mit welchem Konzept gehen wir mit welcher Ausstellung ins Ausland? Was wollen wir den Spaniern, den Franzosen, den Japanern mitteilen? Ist es Zufall, daß in Japan kaiserliche Schätze ausgestellt werden? Ich kann noch verstehen, daß man das dort präsentiert. Doch in Deutschland, in Finnland – warum, weshalb? Ist es ein Erfolg gewesen? Was steckt dahinter? Warum bringen wir in Frankfurt "Messer, Löffel, Gabel – Museum für Kunsthandwerk"? Warum gerade in Frankfurt? Was ist der Hintergrund?

Ich spitze es bewußt ein bißchen zu und bin jetzt vielleicht ungerecht. Teile einer Antwort waren im Ausschuß bereits zu hören. Ich denke aber, solche Fragen dienen dem Diskurs, den Kollege Morak heute auf seine Art eingefordert hat, indem er davon gesprochen hat, daß es ihn schon gibt – wohl wissend, daß die nachfolgenden Redner dies selbstverständlich einfordern werden.

Resümierend zum tragfähigen Konzept für sämtliche Bundeskunstmuseen: Die Debatte über das Museumsquartier müßte man hier kritisch reflektieren, statt zu sagen: Hurra, jetzt kommt es endlich, wir spüren, es kommt, die Bagger fahren schon in der Gegend herum. Vielmehr müßte man besonders kritisch hinterfragen, wer daran mitgekocht und -geköchelt hat und was alles im Konzept stand und nicht zustandegekommen ist.

Zur Frage des Marketings: Wir können nicht einfach nur feststellen, daß es sinkende Besucherzahlen gibt, vor allem bei den zahlenden Besuchern, sondern wir müssen nach dem Marketing fragen. Gibt es ein Gesamt-Marketingkonzept? Ist zum Beispiel Noever besonders begabt, weil er ein herrlicher Selbstdarsteller ist, bringt er daher im Marketing etwas Besseres zustande?

Das fordere ich ein, dazu möchte ich mich auch einbringen und, wenn wir mehr Zeit haben, die Debatte darüber führen (Abg. Dr. Khol: Du hast eh viel Zeit! Er hat viel Zeit!) : zu Fragen der Kunstvermittlung, der Klassischen Moderne, der Ankaufspolitik – lauter Punkte, die wirklich von Bedeutung sind.

Zu einem Besuch vor kurzem – ich weiß, das gehört nicht in Ihr Ressort, sondern zum Verteidigungsminister, es ist mir aber auch ein Anliegen, trotz der etwas differierenden sicherheitspolitischen Vorstellungen, die ich in letzter Zeit geäußert habe – im Heeresgeschichtlichen Museum: Das wäre ein klassisches Beispiel, anhand dessen man diskutieren könnte. Welches Selbstverständnis hat das Heeresgeschichtliche Museum? Gehen wir alle mit offenem Mund dort vorbei und bewundern, in welchen Epochen und mit welchen Methoden einander die Leute möglichst effizient umgebracht haben, oder kann man daraus – ich unterstelle das nicht – wirklich Lehren ziehen? (Abg. Schieder: Niederlagen feiern!) Könnte man es zu einem "Friedensmuseum" machen? (Abg. Dr. Khol: Bündnismuseum! Dreibund-Museum!)

Das wären zugespitzt einige Überlegungen, die man einbringen könnte, und das wäre meine Forderung. Für diesen Diskurs und für kritische Reflexion trete ich ein, für einen unbequemen Kulturbegriff! Aber nicht Hofmusikkapelle mit Hofberichterstattung verwechseln, lieber Kollege Morak! Darin würde ich an Ihrer Stelle sehr genau sein. (Beifall bei der SPÖ.)


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23.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Petrovic ist die nächste Rednerin.

23.59

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vielleicht gelingt es jetzt einmal, im Rahmen einer Plenardebatte einen Gedanken weiterzuentwickeln und ein Resultat, das offenbar von mehreren Fraktionen gewünscht wird, zu erzielen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Frau Bundesministerin! Auch ich denke, daß der vorliegende Bericht ein schöner Bericht ist, ein Bericht, den man gerne zur Hand nimmt. Daß wir ihm trotzdem nicht zustimmen können, liegt nicht daran, daß dieser Bericht von seiner Machart her nicht ansprechend wäre, sondern daran, daß eine politische Philosophie – was will man mit den Bundesmuseen? – nicht wirklich erkennbar ist. Wir haben diese Debatte im Ausschuß zu führen versucht, sind dort aber nicht weit gekommen. Sie haben im Ausschuß gesagt, Frau Bundesministerin, daß die Philosophie der Museen in den einzelnen Häusern entwickelt wird.

Grundsätzlich halte ich die Museumsautonomie für richtig, ich würde sogar sagen, daß die einzelnen Museen viel mehr Autonomie brauchen. Ich werde am Schluß auf die Frage der Autonomie zurückkommen. Es ist aber festzustellen, daß gewisse politische Vorgaben erforderlich sind. Sie haben ein Ressort übernommen, Frau Bundesministerin, das durch viele verschiedene Hände gegangen ist. Es kann nicht erwartet werden, daß in kürzester Zeit von Ihnen etwas auf den Tisch gelegt wird, das entsprechender Vorarbeiten bedarf. Wir könnten uns in dieser Frage darauf verstehen, daß die Mitglieder des Kulturausschusses gemeinsam mit Ihrem Ministerium ein entsprechendes Konzept entwickeln.

Ohne die Entscheidungen der einzelnen Museumsdirektionen beschneiden zu wollen, vermisse ich Aussagen beispielsweise zu einer Sammelstrategie für die Museen dahin gehend, was nach welchen Prinzipien angekauft wird. Trachtet man danach, sich in Bereichen, in denen das jeweilige Haus schon recht gut bestückt ist, zu perfektionieren, oder will man den breiten Überblick vergrößern? Haben die Museen einen klaren Forschungsauftrag oder nicht? Sammeln sie nur, machen sie Dinge nur sichtbar, oder sollen sie auch Forschungsergebnisse liefern? Wie steht es mit einer Politik der Erneuerung, mit modernen Konzeptionen von Museen, mit einer Einbindung didaktischer Ideen? – Das ist etwas, das nicht in den einzelnen Häusern entwickelt werden sollte, sondern worüber wir eine politische Debatte brauchen. Es würde die Autonomie der einzelnen Museen in keiner Weise beschränken, sondern im Gegenteil vergrößern, wenn man dem Ganzen ein derartiges politisches Konzept zugrunde legen könnte.

Vielleicht läßt sich am Beispiel der Museen eine grundsätzliche Frage andiskutieren, nämlich die Frage, ob die nach wie vor sehr einheitlichen Handlungsformen im Bereich der Verwaltung noch zeitgemäß sind. Ich habe den Eindruck, daß im Bereich der Hoheitsverwaltung die Kontrollmöglichkeiten zu gering sind, auch die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments, angesichts der Gefahren, die diese Verwaltungsbereiche in sich bergen. Ich verweise nur auf BürgerInnenrechte und die Gefahr des Mißbrauchs. Die Kontrollmöglichkeiten müssen weiterentwickelt werden. Angesichts von Polizei, Militär oder diversen nachrichtendienstlichen Tätigkeiten besteht immer noch das Gefühl – ich denke, nicht nur bei mir –, daß wir die Rechtsstaatlichkeit betonen und die Kontrollmöglichkeiten verbessern müssen.

Dasselbe Dienst- und Budgetrecht ist für den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung überhaupt nicht geeignet. Wenn wir wollen, daß der Staat in Bereichen wie Umwelt, Soziales und vor allem Kultur einen Auftrag hat und ihn wahrnimmt, dann bedarf es dafür geeigneter Handlungsformen. Solche Handlungsformen sind heute schmerzlich zu vermissen. Alle Museumsdirektoren klagen darüber, daß sie noch immer in einem Korsett stecken, und sagen, daß sie bei gleichzeitiger Erfüllung eines öffentlichen kulturellen oder didaktischen Auftrags viel wirtschaftlicher arbeiten könnten, dafür jedoch Budgethoheit bräuchten; daß sie vielleicht nicht so viele Planposten bräuchten, wenn sie mehr Autonomie hätten, größere Freiheiten, sich zu bewegen, und einen mittelfristigen Planungshorizont, sodaß sie nicht immer wieder von einem Jahr aufs andere von großer Unsicherheit bedroht wären.

Sie wissen, daß das keine allgemeinen Ausführungen sind, sondern daß in Österreich konkrete Namen damit verbunden sind: zum Beispiel Albertina oder Technisches Museum. Im Ausschuß


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haben Sie gesagt: Wir haben einen Gesamtbetrag, und wenn die Einrichtung des Technischen Museums nirgends budgetiert ist, dann müssen wir das bei den anderen Museen abzwacken. – Das darf nicht sein, und so kann es nicht gehen.

Frau Bundesministerin! Sie haben von einer, wie ich denke, sehr deutlichen Mehrheit in diesem Hause jede Unterstützung in der Hinsicht, daß Kultur Geld kostet, daß ein kultureller Auftrag für die Museen Geld kostet, und daß mit diesem Geld nicht umgegangen werden kann wie mit dem Inhalt kommunizierender Gefäße, sodaß die Mittel, die für ein Großbauvorhaben benötigt werden, den anderen Betroffenen im laufenden Betrieb oder sonstwo abgehen. Aber ohne politisches Konzept ist es sehr schwer, dafür einzutreten. Denn einfach zu sagen, es braucht mehr Geld, ohne daß eine entsprechende Philosophie zu erblicken ist, das kann in Zeiten wie diesen aus budgetären Gründen wahrscheinlich nur schwer oder gar nicht beschlossen werden.

Zuletzt bringe ich ein persönliches Anliegen vor und komme damit auf die Museumsphilosophie zurück, die ich mit einem sehr deutlichen Forschungsauftrag versehen würde. Es geht um den Rassensaal im Naturhistorischen Museum. Ich bin sehr froh, Frau Bundesministerin, daß dieser Saal unter Ihrer Amtsführung geschlossen wurde, weil ich denke, daß er ein nicht mehr akzeptables und wissenschaftlich eindeutig überholtes Konzept präsentiert hat. Ich denke aber auch, daß im Sinne einer wissenschaftlichen Dokumentation festgehalten werden soll, was einmal der breiten Öffentlichkeit zugänglich war. Es soll dokumentiert werden. Es soll in dieser Form nie wieder eröffnet werden, wohl aber soll es eine Nachfolgeausstellung geben. Auch dafür, diese seriös und sinnvoll zu planen, haben Sie sicherlich von diesem Haus breite Unterstützung.

Daher noch einmal mein Appell: Entwickeln wir gemeinsam eine Museumsphilosophie im Rahmen dieses Hauses!

Zweitens, Frau Bundesministerin: Setzen Sie sich in der Regierung dafür ein, daß im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung flexible Handlungsformen unter Wahrung des öffentlichen Auftrags und des öffentlichen Eigentums geschaffen werden, sodaß wir nicht privatisieren müssen, weil es anders nicht mehr geht oder erkennbar unwirtschaftlich wird.

Drittens, Frau Bundesministerin: Hinsichtlich dieser konkreten Projekte haben Sie dann die Unterstützung dieses Hauses, wenn wir auch von Ihnen klare und deutliche Worte hören, in welche Richtung Sie in all diesen Fragen zu gehen gedenken. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.10

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gestatten Sie mir zum Einstieg ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner.

Kollege Cap hat sich in sehr klassischer Form, nämlich mit dem Diskurs der Krisis und der "Hofberichterstattung", als "’68er" erwiesen – vielleicht konservativer, als er es je sein wollte. Die Bewertung überlasse ich ihm. So ist es ihm auch gelungen, Kollegen Morak der "Hofberichterstattung" zu zeihen. Vielleicht hat er sich in der Praxis der "Hofberichterstattung" geübt, die wir aus den Berichten des anderen Kunstministers kennen. – Das nur als Anmerkung. (Abg. Dr. Cap: Aber getan hat er es!) Getan hat er es, ja, das ist eine Bewertungsfrage, die wir gemeinsam diskutieren könnten.

Der Kulturbericht steht zur Diskussion. Ich sehe ihn im Zusammenhang mit einem Thema, das wir am Vormittag angesprochen haben. Flexible Arbeitszeiten schaffen vermehrt Freizeit; Familien wollen vermehrt die Kulturgepflogenheiten des Sonntags üben und ihnen nachgehen. Die Bundesmuseen sind diesbezüglich Asse, meine ich, und sie helfen, den Familien und Jugendlichen Antwort zu geben, wenn sie Freizeitaktivitäten suchen, die nicht bloß monotoner Kulturkonsum im Sinne von TV-Konsum oder Aufenthalt in virtuellen Räumen sind.


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In all diesen Häusern gibt es – liebe Frau Abgeordnete Petrovic, ich muß Sie nicht einladen, sich selbst davon zu überzeugen – großartige Besucherangebote und didaktische Konzepte für alle Altersgruppen. Es gibt dort Kinderführungen, Kinderkataloge, Mitmachführungen, Mitmachübungen, Unterstützung der Gestaltung von Projektunterricht und von Projekten für Schulen, Seminare für Lehrer, Lehrerführungen sowie individuelle und globale Kooperationsangebote. – Bitte stellen Sie die Dinge nicht so dar, als würde in dieser Hinsicht nichts geschehen!

Ich erwarte mir auch, daß die im Bericht angesprochenen Synergien stärker ausgebaut werden, die in der Vereinigung der Schulabteilung, der Erwachsenenbildungsabteilung und der Kulturabteilung liegen. Insofern ist es sinnvoll, diese Abteilungen in einem Ressort, unter einem Dach zu vereinen.

Apropos Synergien: Das Museumsquartier ist angesprochen. Erlauben Sie mir, zu der langen Geschichte die Hoffnung aussprechen zu dürfen, daß es dieser Frau Ministerin in dieser Legislaturperiode des Nationalrates gelingen wird, den Spatenstich in diesem Jahr zu vollziehen und endlich die Verwirklichung des Museumsquartiers zu starten. – Was ist das Faszinierende am Quartier? – Es ist die Chance, unter einem Dach verschiedene Kunst- und Kulturgenres, verschiedene Kultur- und Kunstsparten zu vereinigen, und das an einem zentralen Ort, nicht irgendwo auf der Vorstadtwiese, sondern inmitten der Umgebung der traditionellen Museen, wo eine gute Kooperation in bezug auf Sammlungen, Ausstellungen und so weiter bewerkstelligt werden könnte. Andere Metropolen sind diesen Weg schon gegangen; sie sind ihn erfolgreich gegangen. Wien soll da um nichts nachstehen. Auch aus einer langen Geschichte kann man lernen.

Meine Damen und Herren! Ich denke, daß wir uns daran erinnern sollten, was mit dieser anschaulich dargestellten Kulturleistung gemeint ist. Die Alltagsobjekte unserer heutigen Zeit sind von immer kürzerer Lebensdauer. Die Kunst- und Kulturobjekte sind ebenfalls vielfach von Anfang an auf Verschwinden angelegt – denken Sie nur an die traditionelle Konzeptkunst oder an Videoinstallationen. Früher war das durchschnittliche Lebensalter der Dinge höher als das der Menschen. Heute ist es umgekehrt. Seit der Hang zum Konsumgut – zum Verbrauchen und Verdauen, wenn Sie so wollen – um sich greift, ist das Erinnern, Erhalten und Bewahren immer schwieriger. Die im Kulturbericht angesprochenen Institutionen – Bundesmuseen, Denkmalschutzeinrichtungen – sind eine ausgezeichnete Möglichkeit, uns an dieses Erinnern zu erinnern.

Der Bericht ist in hohem Maß im Sinn von Selbstanwendung, nämlich einem hohen ästhetischen Anspruch folgend, gestaltet. Daß er inhaltlich noch ausgebaut werden könnte, ohne zentralistisch zu sein und ohne Vorgaben hinsichtlich des Konzepts zu machen, soll damit nicht in Abrede gestellt werden. Wir stehen am Beginn einer Diskussion. Wenn wir sie gemeinsam führen, werden wir zu einem guten Ergebnis kommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

0.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

0.15

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich freue mich, daß sich der Nationalrat heute intensiv mit dem Kulturbericht 1995 auseinandersetzt. Um Klarheit zu schaffen: Wofür ich zuständig bin, das ist vorne im Kulturbericht ganz klar zu lesen, nämlich für Bundesmuseen, Österreichische Nationalbibliothek, Österreichische Phonothek, Hofmusikkapelle, Bundesdenkmalamt. Es gibt daher keine Probleme in der Abgrenzung, es wird aber immer so sein, daß verschiedene Ressorts in verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten müssen. Da wird man nie ganz genaue Abgrenzungen treffen können.

Der Bericht gibt eine Darstellung über die Arbeit in den genannten Bereichen. Ich denke, daß diese Bereiche für unser Kulturleben und für das Bewußtsein unserer Nation sehr wichtig sind. Damit komme ich zu einigen Fragen, die aufgeworfen wurden.


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Zur Besucherzahl ist zu sagen, daß diese zwar im Jahr 1995 rückläufig war gegenüber 1994 – das ist im Bericht zu lesen –, die Zahlen des Jahres 1996 sagen aber aus, daß die Besucherzahl gegenüber 1995 um 20 Prozent zugenommen hat. Im Jänner 1997 war gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme von 23 Prozent zu verzeichnen, und das, obwohl in ganz Europa – sei es in Paris im Louvre, oder sei es in Deutschland – Besucherrückgänge von etwa 24 Prozent zu verzeichnen sind. Wir können also eine steigende Tendenz in diesen Bereichen verzeichnen.

Eine weitere Frage hat die Überprüfung der Museen betroffen. Dazu kann ich feststellen, daß die Museen von der Sektion 4 in unserem Bundesministerium laufend überprüft werden und daß zwei Museen, das Museum Moderner Kunst und das Kunsthistorische Museum, von Wirtschaftstreuhändern geprüft werden.

Zu den einzelnen Baumaßnahmen ist bereits ausführlich im Ausschuß diskutiert worden. In der Albertina gibt es eine fixe Planung für den Tageslichtspeicher. Die Renovierung des Hauses wird Zug um Zug vorgenommen. Ich habe bereits im Ausschuß festgestellt, daß wir, auch wenn wir das Geld hätten, es nicht in einem Jahr machen könnten, weil uns die nötigen Fachbetriebe fehlen, um die Umsetzung sofort zu ermöglichen.

Zum Technischen Museum ist zu sagen, daß der Betrieb nicht vollständig eingestellt ist und die Mitarbeiter sehr wohl weitersammeln und weiterforschen.

Nun komme ich zu der Frage, die immer wieder gestellt wird, zur Frage der Sammlungspolitik und Museumspolitik. – Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß wir als politische Mandatare, als politisch Verantwortliche Rahmenbedingungen vorgeben müssen, daß wir aber nicht mit ganz genauen Vorgaben in die Arbeit der einzelnen Häuser hineinregieren dürfen. Dazu sind die Häuser auch zu unterschiedlich. Ganz klar ist im Kulturbericht zum Beispiel auf den Seiten 33 bis 35 die Sammlungspolitik des Museums Moderner Kunst/Stiftung Ludwig festgehalten. Weiters ist die sammlungspolitische Gliederung der Museumsbestände auf den Seiten 80 und 81 festgehalten. Das ist also sehr wohl bereits dort dargestellt.

Ich möchte Ihnen auch die politischen Vorgaben bekanntgeben, die für alle Museen gelten. Für alle Museen gilt, daß sie sammeln und in planmäßigem Ausbau ihre spezifischen Sammlungen, die sehr unterschiedlich sind – das Naturhistorische Museum ist etwas ganz anderes als das Museum Moderner Kunst –, vervollständigen müssen. Das Museum Moderner Kunst/Stiftung Ludwig berät in eingehenden Sitzungen mit dem Stiftungsrat die Ankäufe. Das wird jeweils von Fachleuten entschieden.

Es geht um das Bewahren der vorhandenen Objekte, um die Restaurierung und Sicherung und um die Präsentation der Objekte. Es geht um die Forschungsarbeit an diesen Projekten, und es geht auch um Sonderausstellungen, in denen gewisse Teile immer wieder gezeigt werden. Es geht um die Hinführung der Jugend zu unseren Wurzeln und unserer Kultur. Alle Museen haben den Auftrag, museumspädagogische Arbeiten zu leisten, museumsdidaktisch tätig zu sein und die Jugend zu Kunst und Kultur hinzuführen. Es geht darum, nicht Vielfalt oder Masse, sondern wichtige Gegenstände exemplarisch zu zeigen. Es geht um die ästhetische Darstellung der einzelnen Gegenstände. Es geht um den Aufbau einer publikumsfreundlichen Infrastruktur mit modernen Maßnahmen, und es geht um eine Anpassung an die moderne Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft.

Diese Anpassung dient vor allem auch der Weiterentwicklung der Museen zu einer Teilrechtsfähigkeit auf Gebieten, in denen der Staat in keiner Weise verantwortlich ist. Dadurch besteht aber die optimale Möglichkeit, die einzelnen Museen ihre eigene Sammlungspolitik selbst erarbeiten und sie selbst gewähren zu lassen.

Ich fasse zusammen: Für eine positive Zukunftsbewältigung ist es notwendig, daß wir unsere kulturellen Wurzeln und unsere Vergangenheit kennen. Museen sind dazu der wichtigste Beitrag; sie müssen ein wichtiger Bestandteil der Kulturpolitik sein. Mit der Rekonstruktion der Geschichte wird in unseren Museen ein ganz wichtiger Beitrag zur Erhaltung unseres Kulturgutes geleistet. Das gilt ebenso für die Nationalbibliothek und für den Denkmalschutz. Durch den Denkmalschutz wird außerdem noch ein Anstoß für wirtschaftliche Entwicklung gegeben,


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denn jeder Schilling, den wir in Denkmalschutz investieren, bewirkt, daß weitere 10 S in der allgemeinen Wirtschaft ausgegeben werden.

Ich meine, daß diese Institutionen ein unverzichtbarer Teil unserer Kultur sind, und ich freue mich, daß von allen Fraktionen hier erklärt wurde, daß gerade dieser Teil des Kulturbereichs von ihnen die so wichtige politische Unterstützung bekommt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Onodi. – Bitte.

0.21

Abgeordnete Heidemaria Onodi (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Denkt man an Bundesmuseen und verfolgt man die Debatte über dieses Thema, könnte man oft den Eindruck gewinnen, daß es sich dabei nur um Sammlungen der Bildenden Kunst handelt.

Ich möchte jedoch Ihr Augenmerk auf das zweitgrößte der Bundesmuseen lenken, nämlich auf das Naturhistorische Museum: Für dieses Museum hat der Bund die zweithöchsten Ausgaben. 1995 waren das immerhin etwa 142 Millionen Schilling. Das Naturhistorische Museum umfaßt auch die zweithöchste Zahl an Planstellen. Die Einnahmen, meine sehr geehrte Damen und Herren, sind hier im Vergleich zu den Ausgaben mit nur etwa 4,7 Millionen eher bescheiden.

Die Besucherzahlen im Naturhistorischen Museum sind nach einer Positiventwicklung zwischen 1991 bis 1993 wieder drastisch zurückgegangen. Das ist kein Wunder, da sich die aufwendigen Ausbauten, wie zum Beispiel der Dachbodenausbau und auch der Bau des Tiefspeichers, zwar positiv auf die Infrastruktur des Hauses ausgewirkt haben, sich jedoch für den Besucher selbst eigentlich keine wirksamen Sanierungseffekte bemerkbar machten.

Es sind auch keine nennenswerten Aktivitäten auf dem Sektor der attraktiven Sonderausstellungen zu bemerken. Außerdem sind besucherfreundliche Einrichtungen oder die Präsentation von Ausstellungen nach modernen pädagogischen Gesichtspunkten zwar in Planung, werden aber immer noch weitgehend vermißt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade beim Naturhistorischen Museum besteht aufgrund der Eigenart und des Umfangs der Sammlung aber ein ganz besonderer Auftrag: Die Aufbereitung von Themen betreffend die Natur und die Naturgeschichte für die Öffentlichkeit stellt eine Aufforderung zur Auseinandersetzung mit dem kollektiven Bewußtsein dar. Bei allem Respekt vor Wissenschaft und Forschung muß betont werden, daß gerade im musealen Bereich auf diesem Gebiet die Präsentation und das Aufzeigen von Zusammenhängen von eminent großer gesellschaftspolitischer Bedeutung sind.

Das Naturhistorische Museum ist sozusagen ein ideales "Einsteigermuseum" für Kinder und Jugendliche, da für diese Altersgruppe die Faszination Natur besonders groß ist. Deshalb erwarten wir gerade in dieser Hinsicht neue Impulse. Es wäre sehr bedauerlich, wenn trotz des großen Einsatzes von Finanzmitteln dieses Museum diesem Auftrag nicht wirklich gerecht werden könnte. Es ist also notwendig, für das auch von den Medien weniger beachtete Naturhistorische Museum ein klares Konzept vorzulegen, durch welches die Attraktivität des Hauses eindeutig gesteigert wird. Daß positive Entwicklungen durchaus im Bereich des Machbaren liegen, hat nämlich die Entwicklung der Museen für bildende Kunst in den letzten Jahren gezeigt. (Beifall bei der SPÖ.)

0.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

0.24

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Kulturbericht ist anspruchsvoll gestaltet und bietet einen guten Überblick über Aufgabenbereiche und Leistungen der Bundesmuseen und des Bundesdenkmal


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amtes, aber auch anderer Institutionen, wenngleich – das wurde schon angesprochen – Zielformulierungen und auch Problembereiche viel zu wenig angesprochen wurden.

Ich möchte mich jetzt auf einen Teilbereich, und zwar auf die Arbeit des Bundesdenkmalamtes beschränken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wertvoll die Arbeit des Bundesdenkmalamtes ist, ist nicht nur anhand dieses Katalogs ersichtlich. Man braucht sich nur zum Beispiel die Denkmalorte in Oberösterreich anzusehen, wie etwa Freistadt, Braunau, Steyr oder auch andere. Dort ist in den letzten Jahren nach den Zerstörungen und den Bausünden der sechziger und siebziger Jahre eine sehr erfreuliche Entwicklung zu erkennen.

Die Erhaltung und Restaurierung von Baudenkmälern liegt in unser aller Interesse. Die Erhaltung der historischen Ortskerne und Baudenkmäler ist nicht nur für den Fremdenverkehr und für den Städtetourismus wichtig, sondern auch für unsere eigene Lebensqualität, für unser Wohlbefinden und auch für unsere Identität.

Es müssen aber nicht nur öffentliche Gebäude erhalten und saniert werden: Ein Großteil der Erhaltung ist vielmehr den Eigentümern von Privathäusern vorbehalten. Das ist oft eine große Belastung für die Bürger und Bürgerinnen in diesem Land. Dabei geht es nicht nur um die finanzielle Belastung. Oft fühlen sich diese Bürger entmündigt, wenn das Bundesdenkmalamt bestimmte Anforderungen an sie stellt. Heutzutage hat das Bundesdenkmalamt sehr oft damit zu kämpfen, daß viele konservatorische und wissenschaftliche Ziele im Gegensatz zu Forderungen der Öffentlichkeit und zu ästhetischen Wertvorstellungen der Bevölkerung stehen. Seit Jahren steigt die Zahl der Berufungen gegen die Bescheide des Bundesdenkmalamtes, was zu immer aufwendigeren und länger dauernden Unterschutzstellungsverfahren führt.

Das ist natürlich ein großes Problem angesichts der – international gesehen – sehr bescheidenen personellen und finanziellen Möglichkeiten der staatlichen Denkmalpflege. Wir müssen bedenken, daß es 1995 schmerzliche finanzielle Einschnitte gab, was Gott sei Dank 1996 und 1997 wieder ausgeglichen wurde.

Ich halte es für besonders wichtig, daß finanzielle Zuwendungen für das Bundesdenkmalamt auch in Zeiten von Sparpaketen fließen. Das ist insofern wichtig, als dies arbeitsplatzfördernd ist: Es handelt sich hiebei vor allem auch um Arbeitsplatzbeschaffung in den kleinen Gewerbebetrieben vor Ort. Zugleich geht es dabei selbstverständlich auch um die Erhaltung des traditionellen Handwerks.

Meiner Meinung muß es heute eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Bundesdenkmalamt, den Landeskonservatoraten und regionalen und lokalen Behörden geben. Dafür gibt es sehr gute und sehr wertvolle Beispiele: Ich denke zum Beispiel an meine eigene Heimatgemeinde Pupping, wo es tatsächlich gelungen ist, anläßlich der Tausendjahrfeier der Ortserhebung das Kloster, die Kirche, umliegende Bauernhöfe und auch Privathäuser in einer wirklich vorbildlichen Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung und Behörden zu sanieren und sehr vorbildlich neu zu gestalten.

Es geht heute auch darum, die Autonomie und die Teilrechtsfähigkeit des Bundesdenkmalamtes tatsächlich zu forcieren und auszugestalten, wie das der Rechnungshof bereits 1993 gefordert hat.

Wichtig scheint mir auch die rasche Fertigstellung und Veröffentlichung der – so viel mir bekannt ist – in Bearbeitung befindlichen Denkmalliste zu sein, damit alle denkmalgeschützten Objekte in Österreich tatsächlich einmal aufgelistet und protokolliert sind und jeder Bürger und jede Bürgerin davon Kenntnis erlangen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.3


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0

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

0.31

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! "Mehr Beweglichkeit soll in die Museumslandschaft kommen", sagte die Frau Bundesministerin vor kurzem anläßlich einer Sitzung des Stiftungsrates der "Sammlung Leopold" in Wien. – Da gebe ich ihr vollkommen recht! Wir müssen neue Lösungen finden, die die Verwaltung der Museen aus den Zwängen bürokratischer Strukturen herauslöst.

Der vorliegende Kulturbericht ist zwar sehr aufwendig, er ist aber umso anschaulicher geworden und daher auch sehr wertvoll. Er vermittelt einen interessanten und umfassenden Überblick. In Anbetracht der vielen Themen, die hier bereits angeschnitten wurden, möchte ich nur einen Bereich der Bundesmuseen ganz kurz ansprechen.

War es früher die althergebrachte Aufgabenstellung des Sammelns, Bewahrens und Erschließens, so umfaßt der heute neue, ganzheitliche Museumsbegriff sämtliche Bereiche der Gegenwartsgesellschaft und vermittelt die Anschauung, daß Museen wichtige Stätten der außeruniversitären Forschung und Begegnung mit dem gesamten Schul- und Bildungsbereich darstellen. Daraus resultiert aber auch, daß es sich dabei um sehr personalintensive Betriebe mit gut ausgebildetem wissenschaftlichen Personal wie etwa Präparatoren und Technikern handelt, die in Labors, Bibliotheken und in der Verwaltung für eine zeitgemäße Museumskultur arbeiten. Je nach Themenstellung des Museums haben die Bundesmuseen auch den Auftrag, sich neben den vorhin zitierten traditionellen Aufgaben wie Sammeln und Bewahren auch der wissenschaftlichen Forschung und der Erschließung der Künste zu widmen.

Einen Lichtblick in der österreichischen Museumsgeschichte der Gegenwart stellt zweifellos auch das österreichische Museum für Angewandte Kunst dar. Das 1864 gegründete MAK wurde zwischen 1988 und 1993 generalsaniert und mit ergänzenden Neubauten vollständig umgestaltet und renoviert. Dabei wurde aber auch eine grundsätzliche und grundlegende inhaltliche Neudefinition mit dem Ziel vorgenommen, ein Kunstmuseum im weitesten Sinn zu schaffen und ein neues, vor allem auch junges Publikum für das Museum zu interessieren. Belohnt wurden diese Bemühungen – das sollte hier auch einmal gesagt werden – damit, daß das MAK im April vergangenen Jahres mit dem Museumspreis des Europarates 1996 ausgezeichnet wurde.

Gestatten Sie mir nun noch ganz kurz einen Ausflug außerhalb Wiens: In Linz erregt seit einigen Monaten ein Haus, in dem die Zukunft Wirklichkeit wird, die Gemüter. Die Stadt Linz hat ein Museum neuen Typs geschaffen, nämlich das Ars Electronic-Center. Das Ars Electronic-Center bietet mit seinem future-lap eine interdisziplinäre Arbeitsplattform für Wissenschaft, Kunst und Unterhaltung und auch für die Wirtschaft. Künstlern, Technikern und der Wirtschaft wird die europaweit einzigartige Infrastruktur des Ars Electronic-Centers für Forschung, Entwicklung und Präsentation zur Verfügung gestellt. Es dient auch als Medienzentrum und Schnittstelle zwischen Kunst, Technik und Wirtschaft. Das Ars Electronic-Center in Linz beeinflußt die innovatorische Atmosphäre im Wirtschaftsraum Linz sehr positiv und fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Forschung und Kunst.

Das am 2. September vergangenen Jahres eröffnete Museum dieses völlig neuen Typs wurde mit einem Gesamtaufwand von 180 Millionen Schilling von der Stadt Linz errichtet und bietet auf fünf Ebenen Raum für die Technologien und Ideen des 21. Jahrhunderts. Es ist ein Museum der Zukunft zum Kennenlernen, zum Ausprobieren, zum Selbstgestalten und zum interaktiven Lernen.

Einmal im Jahr ist Linz auch Zentrum der Computer-Kultur. Das AEC-Festival, bereits 1979 mit dem Bestreben einer offenen Begegnung von Künstlern und Wissenschaftlern ins Leben gerufen, entwickelt sich seither zu einem weltweit renommierten Forum der Kunst und Technologie.

Ich möchte abschließend noch erwähnen, daß sich die internationale Ausstrahlung des Ars Electronic-Centers nicht nur bei den zahlreichen ausländischen Gästen des Hauses niederschlägt, sondern auch enorm großes internationales Medienecho hervorruft. Die weltweit renommierteste amerikanische Computerzeitschrift "Computerworld" bezeichnet in einem Artikel das


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AEC als das beste Computermuseum der Welt und stellt mit Bedauern fest, daß es in Amerika eine Einrichtung dieser Qualität nicht gibt.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Ausflug nach Linz möchte ich einmal mehr unterstreichen, wie wichtig es ist, Kunst und Kultur sich in einer sich ständig ändernden Gesellschaft frei und unbeeinflußt entwickeln zu lassen. Der Wert unserer Gesellschaft wird von späteren Generationen daran gemessen, was wir an kulturellen Gütern geschaffen und der nächsten Generation überlassen haben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

0.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Hiezu ist jetzt noch Herr Abgeordneter Mag. Posch zu Wort gemeldet. – Bitte.

0.36

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Der erstmalig vorliegende Kulturbericht trägt eigentlich einen falschen Namen, weil er in Wirklichkeit kein Kulturbericht, sondern ein Bericht über die Bundesmuseen, die Nationalbibliothek, die Österreichische Phonothek, die Hofmusikkapelle sowie die Arbeit des Bundesdenkmalamtes ist. Insofern korreliert er auch mit dem falschen Namen "Bundesministerium für kulturelle Angelegenheiten", denn der Name des Ministeriums bezieht sich eigentlich nur auf die genannten Bereiche.

Dennoch sollte festgehalten werden, daß der vorliegende Bericht, der sich über einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren erstreckt, einen hervorragenden Überblick über die Entwicklung des Musealwesens in Österreich bietet. Er ist sehr übersichtlich gegliedert. Er bietet sehr viel Bildmaterial, und er hat einen sehr übersichtlichen statistischen Teil, aus dem sich schnell und effizient die wichtigsten Parameter der Entwicklung ersehen lassen.

Generell ist zu sagen, daß die Bundesmuseen sowie die anderen genannten Institutionen ihrer Aufgabe des Sammelns, Bewahrens und Erschließens hervorragend nachkommen und somit einen ganz wesentlichen Teil zur Definition und Erhaltung Österreichs als Kulturnation beitragen.

Nun zu einigen Details, zunächst zu den Eintrittspreisen: Die Eintrittspreise decken bei weitem nicht die Ausgaben, sondern sie liegen eklatant darunter, was angesichts des großen Aufwandes für Erhaltung, Sammlung und der umfangreichen Tätigkeit durch die genannten Institutionen verständlich ist. Die Einnahmen liegen konstant bei etwa 53 Millionen Schilling, wobei man bemerken muß, daß die Eintrittspreise, international gesehen, als äußerst günstig zu bezeichnen sind; sie liegen zwischen 30 S und 60 S für Vollzahler. Selbstverständlich sind Eintrittspreise eine sensible Angelegenheit, dennoch halte ich eine Erhöhung für gerechtfertigt, um die hohen Kosten einigermaßen abdecken zu können. International gesehen werden wesentlich höhere Preise in gleichwertigen Museen verlangt und auch bezahlt; die Besucherzahlen sind dennoch nicht niedriger als in Österreich.

Erfreulich ist, daß die Novelle zum Forschungsinvestitionsgesetz 1991 diesen Museen die Teilrechtsfähigkeit gebracht hat, und mit der Teilrechtsfähigkeit 1995 75 Millionen Schilling lukriert werden konnten, ein Betrag, der über den Eintrittsgeldern liegt. Die Teilrechtsfähigkeit hat sich also offensichtlich bewährt.

Was die Besucherzahlen anlangt, wurde schon festgestellt, daß diese leider rückläufig sind, wobei gesagt werden muß, daß sie 1996, bedingt durch die Monet-Ausstellung, erfreulicherweise wieder anstiegen. Das wurde ja schon erwähnt. Trotzdem ist vor allem der Besucherrückgang im Bereich des Kunsthistorischen Museums auffällig: Im Vergleichszeitraum von 1991 bis 1995 ging er von 1,51 Millionen Besuchern auf 1,38 Millionen zurück.

Einige Worte noch zur baulichen Restaurierung: 1987 und 1990 wurde vom Ministerrat je eine Museumsmilliarde verabschiedet – mit dem Ziel der Verbesserung der Bausubstanz und deren Adaptierung. Die Sanierung der Österreichischen Galerie ist mittlerweile abgeschlossen. Auch am Kunst- und Naturhistorischen Museum wurden Teilsanierungen fertiggestellt. Demnächst erfolgt hoffentlich die Übergabe des Technischen Museums. Das Investitionsprogramm ist mit 3,3 Milliarden Schilling limitiert, wobei auffällig ist, daß die Kosten für die Sanierung meist


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deutlich über den Voranschlägen gelegen sind. Wenn auch 90 Prozent der Mittel über das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgebracht werden und somit Sie, Frau Bundesminister, nicht unmittelbar ressortzuständig sind, sind doch bei einigen Adaptionen beträchtliche Baukostenüberschreitungen festzustellen.

Besonders eklatant ist die Baukostenüberschreitung beim Technischen Museum Wien. Das Gebäude des Technischen Museums in der Mariahilfer Straße befand sich in einem generell schlechten Zustand, sodaß eine Generalsanierung gerechtfertigt war. Dafür waren 400 Millionen Schilling vorgesehen. Man hat sich für eine sehr aufwendige Form der Renovierung entschieden, unter anderem wurden die Kuppeln mittels Hydraulik gehoben, was zu gewaltigen Problemen und teilweise chaotischen Zuständen bei der Sanierung geführt hat. Und wenn nunmehr der Direktor des Technischen Museums mitteilen ließ, daß er für die Aufstellung der Objekte nicht 50 Millionen, sondern 220 Millionen Schilling benötigt, womit sich die Kosten für die Generalsanierung mit Sicherheit verdoppeln und jenseits der Dreiviertelmilliarde Schilling liegen werden, dann muß man doch feststellen, daß man mit dieser Summe auch ein neues Museum bauen hätte können, das allen modernen Anforderungen gerecht geworden wäre, zumal der Raumbedarf für eine zeitgemäße Präsentation der Objekte in den Bereichen Energie und Rohstoff, Industrie, Gewerbe, Technik, Information und Kommunikation sehr groß ist.

Daß mit den investierten Mitteln nur geringfügige Raumgewinne erzielt werden konnten, ist ein Aspekt. Das Technische Museum wird sicherlich ein sehr schönes Museum werden. Es grenzt allerdings beinahe an einen Schildbürgerstreich, daß nach dem Umbau und trotz des Raumgewinnes für den Bereich Verkehr und damit für den Kernbereich, nämlich für die Lokomotiven, die Automobile, die Motorräder, die Schiffe und die Luftgeräte, kein Platz mehr ist. Im Hinblick darauf wird die Verantwortlichkeit des gegenwärtigen Direktors noch zu überprüfen sein.

Man wird also davon ausgehen können, daß man ein neues Verkehrsmuseum braucht, in dem die Objekte des Technischen Museums ausgestellt werden können. Und es wird ziemlich einmalig in der Museumsgeschichte sein, daß man ein Museum generalsaniert, die Ausstellungsfläche um 30 Prozent vergrößert und dann für den Kernbereich keinen Platz mehr hat.

Noch einige Worte zur Ausgliederung der Bundesmuseen: Wie Sie wissen, Frau Ministerin, stehen die Direktoren der Bundesmuseen Ihren Plänen zur Ausgliederung aus der Kameralistik sehr skeptisch gegenüber. Denn sie befürchten – ähnlich wie die Direktoren der Bundestheater –, im Falle einer Ausgliederung unter die Räder zu kommen.

Der Forschungsbetrieb und die Erhaltung eines Musealerbes ist sicherlich anders zu beurteilen als ein auf Gewinn orientierter Produktionsbetrieb. Der Staat hat selbstverständlich die Verpflichtung, sein Erbe zu erhalten, zu pflegen und weiterzuvermitteln. Kunst entzieht sich meist den gängigen Marktmechanismen. Ich ersuche ich Sie daher angesichts der großen Bedeutung der Museen und im Interesse der Erhaltung des österreichischen Kulturerbes, da äußerst behutsam vorzugehen und die bevorstehende Ausgliederung noch einer intensiven parlamentarischen Beratung zu unterwerfen. Andere Kulturnationen wie etwa Frankreich würden eine solche Behandlung ihrer Museen, Bundestheater und kultureller Institutionen nicht zulassen!

Abschließend kann festgestellt werden, daß – bei aller Kritik im Detail – der vorliegende Kulturbericht nicht nur durch seine gefällige Form auffällt, sondern ein hervorragendes Instrument ist, die wichtigsten Parameter der österreichischen Museumspolitik darzulegen, und zwar in zeitgemäßer Form. Er ist somit ein guter Ausgangspunkt für die gemäß Entschließung des Nationalrates von 1966 nunmehr jährlich auszuarbeitenden Berichte über die vom Bundesministerium für Unterricht zu verwaltenden Museen, die Österreichische Nationalbibliothek, die Phonothek, die Hofmusikkapelle sowie das Bundesdenkmalamt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es gibt hiezu keine Wortmeldung mehr. Die Debatte ist geschlossen.

Auf ein Schlußwort des Berichterstatters wurde verzichtet.


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Wir kommen jetzt zur Abstimmung. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, den vorliegenden Bericht III-63 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anlage und Briefwechsel in 111 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Genehmigung sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung wurde einstimmig erteilt. Ich stelle die einstimmige Beschlußfassung fest.

17. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (590 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (2. BFG-Novelle 1997) (634 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Mag. Schreiner das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.45

Abgeordneter Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gegenständliche 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle beschäftigt sich mit der Erhöhung von Ausgaben im Budget des Bundes und der gleichzeitigen Erhöhung der Einnahmen um jeweils 3,3 Milliarden Schilling. Herr Bundesminister! Die Mehraufwendungen des Bundes resultieren aus der Krankenanstaltenfinanzierung, der Umsatzsteuerentlastung, die aufgrund der Anpassung der Umsatzsteuer notwendig wurde, den daraus resultierenden Mindereinnahmen bei den Krankenanstalten und den, ebenfalls dadurch bedingten, Mindereinnahmen des Bundes im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Bundesforste. Ein weiterer Nachteil dabei ist, daß es zusätzlich Mehrausgaben im Bereich des Arbeitsmarktservice gibt.

Herr Bundesminister! Diese Ausgaben waren nicht planbar, das ist klar. Daher war die 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle notwendig. Uns Freiheitliche stört dabei die einnahmenseitige Lösung. Denn es sind Vorauszahlungen für Pensionsleistungen von der Postsparkasse ganz einfach ins Budget eingezahlt worden. Das sind Taschenspielertricks, die man im Budget ganz einfach nicht anwenden kann, wenn man ein ordentlicher Kaufmann ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Man hat eine Sonderdividende von den Bundesforsten gezogen. Für diese Sonderdividende mußten die Bundesforste sogar Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Dazu halte ich fest: Eine Dividende kann nur gezahlt werden, wenn ein Gewinn erwirtschaftet wurde. Eine Dividende kann hingegen nicht gezahlt werden, wenn man dafür Kredite aufnehmen muß! – Das ist der zweite Taschenspielertrick, Herr Bundesfinanzminister, der bei dieser Bundesfinanzgesetz-Novelle angewendet wurde.


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Herr Bundesfinanzminister! Mir kommt außerdem vor, daß die Aussage Jim Rogers, des sogenannten Börsen- und Devisengurus, möglicherweise auch auf Österreich zutreffen könnte. Er hat gemeint: Frankreich fälscht die Bücher – er meinte die Bücher der Finanzen dieser Republik – so, daß selbst den Italienern, die bisher nicht zimperlich waren, die "Luft wegblieb". Das heißt: Um die Konvergenzkriterien für den Euro zu erreichen, versuchen die europäischen Finanzminister, die es nicht schaffen, diesen Kriterien zu entsprechen, mit Taschenspielertricks und mit Fälschen von Büchern das Ziel zu erreichen. So kann man aber nicht vorgehen, Herr Bundesfinanzminister, denn dieser Euro wird irgendwann einmal auf dem Prüfstand des internationalen Kapitalmarktes und des internationalen Devisenmarktes stehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesfinanzminister! Sie haben uns das angekündigt, und wir bedanken uns dafür, daß jeder Abgeordnete hier einen Wifo-Bericht über die Auswirkungen der Wirtschafts- und Währungsunion bekommt. Dieser Wifo-Bericht ist sehr interessant. Sie, Herr Bundesfinanzminister, müßten sich diesen einmal genauer ansehen! Wir haben im Ausschuß, nachdem wir diesen erhalten hatten, eine Stunde sehr heftig über die Fragen der Auswirkungen dieser Währungsunion debattiert, und Sie haben in dieser einen Stunde sehr ausführlich auf Fragen geantwortet und versucht, die Vor- und Nachteile herauszuarbeiten. Ich empfehle Ihnen, sich einmal Seite 63 dieses Wifo-Berichtes zu Gemüte zu führen. Wir haben nämlich im Ausschuß um die Frage der Stabilität einer neuen Währung sehr hart debattiert, und Sie sagten: Das ist eine stabile Währung, es wird ganz einfach umgetauscht, und die Frage der Außenstabilität ist eigentlich uninteressant.

Herr Bundesfinanzminister! Es ist aber auch notwendig, darzulegen, daß das Preisniveau in Österreich mittelfristig um rund 6,75 Prozent ansteigen wird, daß die Hartwährungsländer einen Anstieg des Preisniveaus und die Weichwährungsländer eine Reduktion des Preisniveaus zu verzeichnen haben werden. Insgesamt heißt das: Wenn dieser Wifo-Bericht zutreffen sollte, werden wir die Verlierer dieser Währungsunion sein! (Abg. Dr. Nowotny: Auf Basis welcher Annahme?) Herr Kollege! Lesen Sie einmal Seite 26 des Wifo-Berichtes. Es ist dies das berühmte Szenario der Sozialdemokratie, daß man sagt: Jemand geht nach Finnland und beginnt zum Zwecke des Geldwechsels eine Reise durch Europa mit 100 000 S und kommt dann beim 15. EU-Land an – und hat nur mehr 50 000 S! (Abg. Dr. Gusenbauer: Was hat das mit der Inflation zu tun?)

Herr Bundesfinanzminister! Das ist ein hanebüchenes Argument. Es geht um die Frage des Wechselkurses und der Umtauschkosten. (Abg. Schieder: Schillinge kann man nicht umtauschen!) Das würde bedeuten, ökonomisch verrückte Touristen reisen quer durch Europa, wechseln aus Finnland kommend an der Grenze zu Schweden ihre sämtlichen Finn-Mark in schwedische Kronen, dann in dänische Kronen und danach in englische Pfund, anstatt stets nur soviel Geld zu wechseln, wie sie für das jeweilige Land brauchen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was hat das mit der Außenstabilität zu tun?) Herr Bundesfinanzminister, das ist ein hanebüchenes Argument, mit dem Sie versuchen, der Bevölkerung in der Frage Euro Sand in die Augen zu streuen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das, Herr Bundesfinanzminister, ist der Grund dafür, daß wir, genauso wie wir das Budget 1997 abgelehnt haben, auch die 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

0.51

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz zu den Ausführungen des Kollegen Schreiner: Ich glaube, es ist nicht ideal, wenn wir große Börsengurus kommentieren lassen (Abg. Dr. Cap: Er kennt doch nur den Börsel!) , und es ist schon gar nicht fair, wenn ein Börsenguru dem französischen Finanzminister eine Manipulation an seinen Büchern vorwirft und Sie das jetzt Herrn Finanzminister Edlinger auch unterstellen wollen. Ich glaube, daß Leute,


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die in erster Linie mit virtuellem Kapital arbeiten – das wäre, glaube ich, auch für Sie als freiheitlicher Wirtschaftssprecher interessant –, ihre Aussagen nicht so bewerten und beurteilen, wie das Volkswirte und Leute, die mit Realkapital agieren müssen, tun sollten.

Grundsätzlich zur Regierungsvorlage: Wir werden dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben. Es handelt sich im wesentlichen um Kompetenzadaptierungen, die jetzt auch im Bundesfinanzgesetz realisiert werden, und um Vereinbarungen mit den Gebietskörperschaften beziehungsweise um Ausgliederungen der Bundesforste und anderer Gesellschaften. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.53

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesfinanzgesetz-Novelle 1997 ist aus bereits angeführten Gründen zweifellos notwendig geworden. Es gibt eine Ministerienreform, es gibt Ausgliederungen, und es gibt Änderungen im Finanzausgleich. Die technische Notwendigkeit ist daher unbestritten. Daß Sie diese Gelegenheit dazu genützt haben, Herr Bundesminister, eine Art Bilanzverlängerung zu betreiben, indem Sie sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite einen erheblichen Milliardenbetrag hinzugefügt haben, entspringt, glaube ich, auch einer Notwendigkeit.

Sicherlich ist die Notwendigkeit auf der Ausgabenseite vorhanden. Wir können uns die Gründe vorstellen. Wir haben noch immer Finanzierungsprobleme im Gesundheitsbereich, und wir haben sicherlich unterschätzte Ansätze, was die Pensionszuschüsse des Bundes betrifft.

Auf der Einnahmenseite, Herr Bundesminister, wird es meiner Ansicht nach etwas problematischer. Ich glaube zwar, daß die Ansätze, die Sie gewählt haben, realistisch sind, aber ich glaube auch, daß Sie sie zweimal verkaufen. Bedauerlicherweise kann ich Ihnen das deshalb nicht nachweisen oder vorrechnen, weil diese Bundesfinanzgesetz-Novelle insgesamt, so wie das Bundesfinanzgesetz selbst, für nicht täglich mit dem Budget und mit dem Budgetvollzug Befaßte schwer überschaubar und nachvollziehbar ist. Wir können aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen Kausalzusammenhänge nicht in vernünftiger Zeit und mit vernünftigem Aufwand herstellen.

Herr Bundesminister! Wenn wir die Bilanzverlängerung kurz beleuchten, so stellen wir im OECD-Bericht, im Wifo-Bericht und in der Einnahmenentwicklung – vor allem in der Entwicklung der Umsatzsteuer, der Mehrwertsteuer – alarmierende Signale fest. Ich will die Prognosen beziehungsweise Feststellungen dieser Berichte nicht überbewerten, glaube aber doch, daß sie ein gewisses Alarmsignal für das Budget des Jahres 1998 und vielleicht auch für den Vollzug des Budgets 1997 darstellen.

Es wäre für uns alle wesentlich leichter, diese schwer vermeidbaren Entwicklungen zu diskutieren, wenn es uns gelänge, dafür ein taugliches Instrument zu haben, und wenn wir einen Schritt weiterkämen in der Frage, wie Budgets überschaubarer und besser miteinander vergleichbar dargestellt werden können. Was für die Wirtschaft gilt – daß man Budgets oder Geschäftspläne erst dann erstellt, wenn man den vergangenen Zeitraum einigermaßen abschätzen kann –, wäre auch ein tauglicher Grundsatz für Budgeterstellung und Budgetvollzug. Wir diskutieren den Rechnungsabschluß eines Jahres ja immer erst dann, wenn inzwischen zwei weitere Budgets verabschiedet worden sind. Wir können daher kaum Schlüsse und Ableitungen aus dem vom Rechnungshof geprüften Rechnungsabschluß ziehen.

Ich erlaube mir daher, zwei Anträge einzubringen. Der eine bezieht sich darauf, daß wir in Zukunft den Rechnungsabschluß eines Jahres binnen fünf Monaten nach Stichtag vom Rechnungshof geprüft bekommen sollen. Das entspricht der Frist, die im Handelsgesetzbuch für


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große Industrieunternehmungen vorgeschrieben ist. Wenn der Gesetzgeber meint, daß das einem großen Industrieunternehmen zumutbar ist, dann sollte er mit gutem Beispiel vorangehen und dieselben strengen Maßstäbe für sich selbst gelten lassen. Zusammen mit einer Änderung der Geschäftsordnung würde uns das in die Lage versetzen, künftig in allen Budgetberatungen den Rechnungsabschluß des Vorvorjahres als Grundlage heranzuziehen. Ich glaube, das würde uns allen, die wir mit dem Budget befaßt sind und im Budgetausschuß diese Probleme beraten, eine wertvolle Hilfe sein.

Das zweite, Herr Bundesminister, habe ich Ihnen bereits im Ausschuß angekündigt. Ich habe großes Unbehagen dahin gehend, daß im Fall von Regierungsumbildungen oder neuen Ministeriengesetzen jegliche Vergleichbarkeit in den Ansätzen und Gruppensummen verlorengeht. Dieser zweite Antrag zielt darauf ab, daß sozusagen historisch nachvollzogen werden kann, was sich verändert hat. Auch das ist in der Wirtschaft selbstverständlich, weil ja sonst ein völliger Mangel an Entscheidungsgrundlagen bestünde. Ich hoffe, daß dieser Antrag von Ihren Beamten auf seine Machbarkeit hin überprüft wird und daß letztendlich der gute Wille da ist, diese wesentlichen Voraussetzungen, die mehr sind als nur Arbeitsbehelfe oder Erleichterungen, zu schaffen, damit unsere Budgetpolitik, vor allem aber unsere parlamentarische Kontrolle über das Budget effizienter gestaltet werden kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner! Die beiden Anträge, die Sie genannt haben, sind offensichtlich Selbständige Anträge, die Sie einbringen werden und die jetzt auf den Ablauf dieser Diskussion keinen Einfluß haben. (Abg. Dr. Haselsteiner: So ist es! Ich habe sie nur erwähnt!)

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler zu Wort gemeldet. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

0.59

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte die Worte von Herrn Dr. Haselsteiner aufgreifen. In der Tat ist es so, daß uns bei Rechnungsabschlüssen nur sehr schwer eine Kontrolle des Vollzugs möglich ist. Ich ersuche daher, daß im Ministerium Überlegungen in die Richtung angestellt werden, wie diese Kontrolle künftig formell besser dargelegt werden kann, damit sie auch für Abgeordnete nachvollziehbar ist.

Es kommt dabei nicht darauf an, daß die Werke, die wir zur Verfügung gestellt bekommen, absolut vollständig sind und darin jeder Posten angeführt wird, sondern es geht darum, sich darauf zu einigen, daß die relevanten Abweichungen dargestellt und die anderen unterdrückt werden. Ich weiß, daß es dazu auch gesetzlicher Änderungen bedarf. Wir können im Budgetausschuß darüber diskutieren, und ich meine, daß damit allen Abgeordneten ein zufriedenstellendes Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden könnte.

Mit einem weiteren Gedanken repliziere ich auf die Ausführungen von Herrn Mag. Schreiner: Herr Mag. Schreiner, es ist richtig, daß in dieser Wifo-Studie mehrere Szenarien dargestellt sind, ich glaube aber, in dieser Kürze kann man diese Szenarien nicht so darlegen, daß der vollständige Wahrheitsgehalt der einzelnen Aussagen gegeben wäre. Von vornherein eine 6,75prozentige Abwertung durch die Teilnahme an der Währungsunion in den Raum zu stellen, ist, meine ich, so nicht zulässig. Es bedarf zusätzlicher Erklärungen darüber, unter welchen Voraussetzungen es tatsächlich so sein könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein letzter Gedanke: Die Gemeinden werden zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien wahrscheinlich einen wesentlich größeren Beitrag leisten, als bisher angenommen wurde. Allerdings sollten auch die formellen Voraussetzungen erleichtert werden, wenn es um die Ausgliederung von Gebührenhaushalten geht. Im Ausschuß habe ich darauf hingewiesen, daß es für Gemeinden schwierig ist, diese Ausgliederung so durchzuführen, daß für die ausgegliederten Betriebe selbständige Geschäftsführer bestellt werden müssen. – Herr Bundesminister, wenn man uns in dieser Richtung entgegenkommen würde,


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dann könnten die Gemeinden auch einen größeren Betrag leisten. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

1.03

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Die zweite Änderung des Bundesfinanzgesetzes, der wir heute unsere Zustimmung erteilen werden, steht im wesentlichen unter zwei Leitmotiven: Einerseits wird der Kurs der Budgetkonsolidierung weiterhin konsequent weitergeführt, andererseits wird das Budget, das wir bereits im Frühjahr 1996 beschlossen haben, in den notwendigen Punkten den neuen Gegebenheiten angepaßt.

Ich denke hiebei insbesondere an die Arbeitsplatzsituation, die leider nicht sehr erfreulich ist, vor allem nicht für jene, die zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft gehören, nämlich die Behinderten. Es ist aber von Anfang an unser Ziel gewesen, gerade jene, die besonders hart den Gegenwind des neoliberalen Denkens in der Wirtschaft spüren, zumindest dort zu entlasten, wo man direkten Einfluß in der Personalstruktur hat, nämlich im öffentlichen Dienst. So werden durch die Änderungen im Stellenplan 50 neue Arbeitsplätze geschaffen, die direkt behinderten Menschen zugute kommen werden. Ich gebe zu, das wird nicht zu einer riesigen Besserstellung im Berufsleben führen, aber es zeigt sich darin ein politisches Bekenntnis, das wir heute gerne hier abgeben. Außerdem sind weitere Umschichtungen im Bereich des Innenministeriums nötig geworden, um dem Abkommen von Schengen wie geplant und nicht erst später beitreten zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn das Budget die in Zahlen gegossene Politik ist, dann bedeutet das Nachtragsbudget ... (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist ein Gerücht, Herr Kollege!) Bitte? (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist ein Gerücht!) Was ist ein Gerücht? (Abg. Dr. Haselsteiner: Daß das Budget ein in Zahlen gegossenes ...!) Für Sie vielleicht, Herr Kollege Haselsteiner, für mich nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner .) Versteckt? Gut, okay! (Bundesminister Edlinger: Aufgeblickt! – Heiterkeit.) Lassen Sie mich in Ruhe fertigreden!

Das ist auch der Grund, meine Damen und Herren, warum wir Sozialdemokraten dieser Regierungsvorlage, diesem Nachtragsbudget unsere Zustimmung erteilen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

1.05

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte die 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle zum Anlaß nehmen, auf die aktuelle Situation einzugehen. Es steht außer Zweifel, daß der vorgegebene Budgetkurs striktest einzuhalten ist. Der Budgetvollzug muß ständig geprüft werden, und das ist auch die Aufgabe des Finanzministers.

Zur angesprochenen Wifo-Studie: Man kann zwar einzelne Seiten herausklauben, sollte die Studie aber besser im ganzen betrachten, sie ist nämlich hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion sehr positiv formuliert.

Auf eines möchte ich hinweisen, Herr Minister, und Sie bitten, in Ihrer Rede darauf einzugehen. Ich nehme an, Sie werden sich zu Wort melden, da das Mikrophon schon vor Ihnen steht. Es gibt im Budget einige Unsicherheiten – gestern sind einige Artikel über Fehlbeträge für die Jahre 1997 und 1998 erschienen –, deshalb bitte ich Sie, darauf einzugehen.

Die Gemeinden nehmen den Budgetvollzug sehr ernst und werden ihr vorgegebenes Ziel erfüllen. Ich bin aber skeptisch, daß man für den Bund etwas an Überschuß wird hergeben


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können, sondern ich halte es für wichtig, daß der Bund alleine diese 2,7 Prozent erreicht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. – Bitte.

1.08

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Beim Vollzug des Bundesvoranschlages für das Jahr 1997 sind einige Änderungen notwendig geworden, die in Summe allerdings das vorhandene Defizit nicht erhöhen werden. Entwicklungen wie die Änderung der Ressortzuständigkeit durch die Regierungsumstellungen, aber auch Änderungen des Krankenanstaltengesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes haben diese Maßnahmen erforderlich gemacht. Nicht zu vergessen ist die erfolgte Ausgliederung der Bundesforste und des Bundesrechenamtes sowie die Auflassung der Verwertungsstelle des österreichischen Alkoholmonopols und die Gründung der Wertpapieraufsicht.

Nun zu einigen Veränderungen: Um Langzeitarbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, werden in diesem Gesetzesvoranschlag für das Jahr 1997 dem Arbeitsmarktservice zusätzlich 500 Millionen Schilling für besondere Eingliederungsbeihilfen bereitgestellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Maßnahme wird die Zahl der Langzeitarbeitslosen verringern.

Diese Eingliederungsbeihilfe finanziert sich teilweise aus dem Voranschlagsposten für die Notstandshilfe. Gerade den Notstandsbeihilfenbeziehern und Langzeitarbeitslosen soll der Arbeitsmarkt dadurch leichter zugänglich gemacht werden, indem jene Unternehmen gefördert werden, die Langzeitsarbeitslose mindestens 12 Monate lang beschäftigen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade der erste Schritt der Wiedereingliederung in das Berufsleben ist der schwerste, deshalb sind diese 500 Millionen Schilling sicherlich richtig am Platz. (Beifall bei der SPÖ.)

Ferner haben wir kürzlich im Parlament beschlossen, die Bundesforste auszugliedern und in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, wobei Grundeigentümer zu 96 Prozent nach wie vor der Bund bleibt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Grund für die Umwandlung war die bessere Beweglichkeit des Unternehmens und die Anpassung an die internationalen Märkte.

Analog hiezu sind die Einnahmen und Ausgaben des laufenden Betriebes nicht mehr im Staatshaushalt zu veranschlagen. Der Privatisierungserlös von 700 Millionen Schilling und die jährlichen Fruchtgenußzahlungen in Höhe der Hälfte der Gewinne wirken sich in Zukunft positiv auf den Budgetvollzug aus.

Mit 1. Jänner 1997 läuft der 1978 als Provisorium eingeführte und seither vieldiskutierte Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds aus. Damit der Bund in die nunmehr von den Ländern errichteten Fonds die bisherigen KRAZAF-Mittel von 37 Milliarden Schilling plus die zusätzlich ausverhandelten Milliardenbeträge einzahlen kann, ist diese Gesetzesänderung nötig.

Hohes Haus! Die vorliegende 2. Bundesfinanzgesetz-Novelle ist aufgrund der in diesem Haus in letzter Zeit zusätzlich beschlossenen Gesetze notwendig. Damit diese Gesetze finanztechnisch auch vollzogen werden können, werde ich dieser Regierungsvorlage selbstverständlich meine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

1.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Herr Bundesminister Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

1.12

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon darauf hingewiesen, daß diese 2. Novelle zum BFG durch Rahmenbedingungen bestimmt ist, die nach der Beschlußfassung


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des Budgets eingetreten sind. Sie ist bedingt durch die Änderung der Ressorts und durch Entscheidungen und Vereinbarungen mit den Finanzausgleichspartnern, vor allem Krankenanstaltenfinanzierungen und diverse Ausgliederungen, die aber letztendlich rechts und links des Budgets zu gleichen Veränderungen geführt haben und daher als neutral zu bezeichnen sind.

Ich möchte in aller Kürze auf ein paar Anmerkungen eingehen. Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner hat das, was er hier angemerkt hat, auch schon im Ausschuß gesagt. Ich habe Ihnen und allen anderen Mitgliedern des Hauses zugesagt, daß wir die Hauptveränderungen des Budgets, die durch bestimmte Novellen entstehen, neu darstellen werden. Auch ich teile die Meinung, daß es dem Zweck einer seriösen Diskussion dient, wenn Budgetveränderungen überschaubar sind und bessere Unterlagen für Vergleiche und tragfähige Schlußfolgerungen zur Verfügung stehen. Damit kann die Diskussion zum laufenden Budgetvollzug versachlicht werden.

Ich möchte auch sagen, daß die Frage der Ausgliederung der Gemeinden gerade hinsichtlich der Schaffung von Verrechnungskreisen ein Debattenthema in den Verhandlungen mit den Finanzausgleichspartnern am Freitag sein wird. In der Tat ist das nicht nur eine Hilfe für die Gemeinden, sondern es eröffnet auch eine Möglichkeit, den gesamtösterreichischen Schuldenstand zu reduzieren und damit einen merkbaren Schritt in Richtung 60 Prozent Verschuldung zu tun. Damit wollen wir allen Gebietskörperschaften, selbstverständlich auch den Gemeinden, helfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn Herr Abgeordneter Schreiner, aus der Wifo-Studie zitierend, zu einer sehr einseitigen Betrachungsperspektive gekommen ist, so ist das legitim. Im Budgetausschuß habe ich Ihnen allen angekündigt, Ihnen die gesamte Studie zur Verfügung zu stellen – ich glaube, diese Studie ist in der Zwischenzeit bei allen Abgeordneten eingetroffen –, weil ich meine, daß es sich dabei um ein sehr umfassendes Werk handelt und daß darin in äußerst interessanter Form die Vor- und Nachteile sowie bestimmte Entwicklungen, die eintreten können, dargestellt werden.

Wenn Sie sagen, daß auf der von Ihnen zitierten Seite 37 die Möglichkeit angesprochen wird, daß die Hartwährungsländer mit einem Preisanstieg konfrontiert sein könnten – so formuliert das nämlich das Wifo –, dann möchte ich dem entgegenstellen, daß der Euro als gemeinsame Währung und die Währungsunion gerade für Hartwährungsländer ganz besondere Vorteile bringen, nämlich beispielsweise den Wegfall von Währungsschwankungen, wie sie uns allein im Jahre 1995, als es galt, die Wechselkursschwankungen mit unserem zweitwichtigsten Handelspartner Italien auszugleichen, 0,5 Prozent des sauer erarbeiteten BIP gekostet haben.

Bei allem Respekt vor der freien Meinungsäußerung: Wenn man so etwas beurteilt, darf man es sich nicht so einfach machen, nur irgend etwas herauszunehmen und daraus einen Schluß zu ziehen, weil man sich damit der Gefahr aussetzt, eine falsche Interpretation einer, wie ich glaube, wertvollen Studie zu liefern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich hoffe daher und würde Sie dringend bitten, sehr geehrter Herr Abgeordneter Schreiner, die gesamte Studie zu lesen, und ich bin auch gerne bereit, danach mit Ihnen darüber zu diskutieren.

Abschließend möchte ich zur weiteren Budgetentwicklung des laufenden Jahres feststellen – damit beurteile ich Kommentare, die in den letzten Tagen erschienen sind und auch morgen erscheinen werden –, daß nach zwei Monaten seriöserweise keine exakten und verbindlichen Aussagen über einen möglichen Gebarungserfolg für das Gesamtjahr getroffen werden können. Jeder, der Budgetpolitik ein wenig kennt, weiß, daß zu einem Zeitpunkt, zu dem die Jännerdaten die Hauptdaten sind, von denen weitergerechnet wird, sehr viele Abgrenzungsunsicherheiten und Sonderfaktoren insbesondere hinsichtlich der Einnahmenentwicklung eine seriöse Hochrechnung nicht zulassen.

Die bisher vorliegenden Daten für den Februar lassen erwarten, daß das zweite Jahr des seinerzeitigen Doppelbudgets genauso wie das Jahr 1996 erfolgreich und im Rahmen des angepeilten Zieles abgeschlossen werden wird, sodaß im Jahr 1997 ein Abgang von 68 Milliarden Schilling erreichbar erscheint. Das wird nicht leicht sein, und es sind sicherlich Maßnahmen


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äußerster Sparsamkeit notwendig, aber dazu haben wir uns verpflichtet, und darüber werde ich wachen. Ich bin sicher, daß wir die Ziele des Budgets 1997 erreichen werden. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

1.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wurde nicht begehrt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Ich lasse abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 590 der Beilagen, unter Berücksichtigung der dem schriftlichen Ausschußbericht 634 der Beilagen angeschlossenen Abänderungen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen .

18. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (554 der Beilagen): Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 1994 samt Anlagen (614 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.

Ich erteile Frau Abgeordneter Tichy-Schreder als erster Rednerin das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

1.19

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere heutige Tagesordnung hat uns gezeigt, wie vielfältig die parlamentarischen Themen sind, die wir hier behandeln. Es war inhaltlich ein sehr reicher Tag. Es ist umso erfreulicher, daß gerade das internationale Tropenholz-Übereinkommen, das wir heute beschließen, auch im Wirtschaftsausschuß einstimmig beschlossen werden konnte, da wir vor Jahren heftige Debatten zu diesem Thema hatten. Ich möchte festhalten, daß dieses Übereinkommen ein Rahmenübereinkommen ist, aus dem sich ergeben soll, daß Erzeugerländer und Importländer gemeinsame Richtlinien darüber erarbeiten, wie in Zukunft eine nachhaltige Bewirtschaftung des Tropenwaldes erfolgen soll. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

1.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wallner. – Bitte.

1.20

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Gemäß dem vorliegenden Tropenholzabkommen werden vor allem drei wichtige Hauptziele verfolgt: Erstens wird die Zusammenarbeit in allen Sektoren des internationalen Tropenholzmarktes angestrebt, zweitens soll die nachhaltige Nutzung der Tropenwälder gefördert werden, und drittens gibt es erstmals eine Fristsetzung für die Einführung einer Beschränkung der Ausfuhren von Produkten nachhaltig bewirtschafteter Bestände bis zum Jahre 2000.


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Wir Österreicher – die meisten hier haben das miterlebt – haben 1993 eine Kennzeichnungspflicht eingeführt. Diese mußte jedoch aufgrund massiven Drucks auf zahlreiche unserer Wirtschaftsbetriebe durch Länder aus Fernost wieder abgeschafft werden.

Wir hatten geglaubt, daß uns andere europäische Staaten bei unserem Entschluß folgen werden – dem war jedoch nicht so.

Die Gemeinden tun sehr viel. Es gibt 140 Klimabündnisgemeinden, wie wir heute schon mehrfach gehört haben, und auch die Einwohner dieser Gemeinden zahlen ihren Obolus.

Ich möchte dazu noch sagen: Die österreichische Bundesregierung hat anläßlich der Konferenz in Rio de Janeiro im Jahre 1992 eine eigene nationale Initiative beschlossen: 200 Millionen Schilling auf drei Jahre. Es ist festzuhalten, daß diese 200 Millionen Schilling noch nicht verbraucht sind. Für das Jahr 1997 sind in etwa 36 Millionen Schilling veranschlagt.

Die Grünen haben im Ausschuß einen Antrag gestellt, diese Initiative zu verlängern. Wir haben vorhin den Herrn Finanzminister gehört: Die budgetäre Situation ist sehr angespannt. Aus diesem Titel wird das daher nicht möglich sein. Es besteht aber die Möglichkeit, daß das Außenministerium im Hinblick auf Mittel, die für Entwicklungshilfe zur Verfügung stehen, in Betracht zieht, eine Umschichtung vorzunehmen.

Ich darf Ihnen sagen, daß die sozialdemokratische Fraktion diesem Tropenholz-Übereinkommen gerne die Zustimmung geben wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste und vorläufig letzte Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Reichen 6 Minuten? – Bitte.

1.22

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Inhalte dieses Tropenholzabkommens sind von den Vorrednern schon dargelegt worden.

Was fällt einem noch zu diesem Tropenholzabkommen ein? (Abg. Leikam: Nichts!) Vielleicht die kurz ins Gespräch gebrachte Blamage Österreichs seinerzeit, als man glaubte, hier im Parlament dem "Rest" der Welt erklären zu müssen, was Tropenholzsache sei, schlußendlich mit dem Ergebnis, daß sich die Republik zurückziehen und einen peinlichen Kniefall vor einigen Nationen machen mußte.

Die Moral von dieser Geschichte: Auch bei derlei Dingen liegt die Wahrheit meist in der Mitte. Vielleicht fällt einem zu dieser Tropenholzangelegenheit noch der Mahagonischreibtisch des Herrn Haselsteiner ein. (Abg. Dr. Haselsteiner: Mein Schreibtisch ist aus Glas, Herr Haigermoser!) Das ist, meine Damen und Herren, aber nicht so wichtig. Wichtig ist vielmehr das gegenständliche Übereinkommen, wie es dann schlußendlich umgesetzt und wie auf jene Länder eingewirkt wird, welche heute noch Raubbau insbesondere an den Regenwäldern betreiben.

Den Vogel meinen Sie mir zeigen zu müssen. Ich halte das von Ihnen selbstverständlich gerne aus, Frau Dr. Schmidt! (Abg. Dr. Schmidt: Diese Unterstellung ist eine Unverschämtheit!) Vielleicht sollten Sie sich einen Kinderfilm anschauen, Frau Kollegin Schmidt, der zurzeit wirklich ein Kassenknüller ist, einen Trickfilm. Wir meinen sicherlich das gleiche! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn es gelänge, seitens Österreichs die Aufklärungsarbeit eben in diesen angesprochenen Ländern zu unterstützen, dann wären die geringen Budgetmittel jedenfalls zu rechtfertigen. Dies gehört, so meine ich, zu einer glaubwürdigen österreichischen Waldpolitik insgesamt und auch zu einer Unterstützung dieser Länder.


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Der Antrag der Grünen im Ausschuß war deswegen abzulehnen, weil er inhaltlich nicht durchdacht war und weil vor allem die geforderten Budgetmittel in Zeiten wie diesen nicht aufzubringen sind.

Wir Freiheitlichen werden – trotz des Vogelzeigens von Frau Dr. Schmidt zu mir her – diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schmidt: Das ist eine Unverschämtheit!)

1.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wurde nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anlagen in 554 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Genehmigung ist einstimmig erteilt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß dieser Staatsvertrag dadurch kundzumachen ist, daß er samt seiner Übersetzung ins Deutsche im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieser Beschluß ist einstimmig gefaßt worden.

19. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (604 der Beilagen)

20. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (605 der Beilagen)

21. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Aserbaidschan andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (606 der Beilagen)

22. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte (607 der Beilagen)


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23. Punkt

Regierungsvorlage: Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere Afrika, samt Erklärung (565 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zu den Punkten 19 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Von einer Zuweisung dieser Vorlagen an einen Ausschuß wurde abgesehen.

Es liegt hiezu keine Wortmeldung vor, und wir kommen daher sogleich zur Abstimmung, die über jeden Verhandlungsgegenstand getrennt vorgenommen wird.

Gegenstand der Abstimmung ist zunächst die Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in 604 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrstimmig erfolgt.

Wir kommen nun zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß das Abkommen samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in allen authentischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen ist, daß dieses zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Beschlußfassung erfolgte ebenfalls mehrstimmig.

Wir kommen jetzt zur Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in 605 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diesfalls erfolgt eine mehrstimmige Beschlußfassung.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung in Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß das Abkommen samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in allen authentischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen ist, daß dieses zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgt mehrheitlich.

Wir kommen nunmehr zur Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in 606 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Zustimmung ist gleichfalls mehrstimmig erteilt worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung in Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß das Abkommen samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in allen authentischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen ist, daß dieses zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Wer dieser Vorgangsweise zustimmt, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Auch in diesem Fall erfolgt eine mehrstimmige Annahme.

Wir kommen jetzt zur Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in 607 der Beilagen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Beschlußfassung erfolgt mehrheitlich.

Ich lasse jetzt im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes abstimmen, daß das Abkommen samt Anhängen, Protokoll und Schlußakte in allen authentischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen ist, daß dieses zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dieser Vorgangsweise einverstanden sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Zustimmung erfolgt mehrheitlich.

Schließlich kommen wir zur Genehmigung des vorliegenden Staatsvertrages samt Anlagen und Erklärung in 565 der Beilagen, dessen Artikel 31 verfassungsändernd ist.

Mit Rücksicht auf die erwähnte verfassungsändernde Bestimmung stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich für die Genehmigung des vorliegenden Staatsvertrages samt Anlagen und Erklärung aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen, wobei ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderlich Zweidrittelmehrheit feststelle.

Ich lasse nunmehr darüber abstimmen, daß der vorliegende Staatsvertrag samt Anlagen und Erklärung im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Wer für diesen Beschluß ist, möge bitte ein Zeichen der Zustimmung geben. – Auch diese Beschlußfassung erfolgt mehrheitlich.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, daß das Übereinkommen in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen ist, daß es im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur Einsichtnahme aufliegt.

Ich bitte diejenigen, die mit dieser Vorgangsweise einverstanden sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Beschluß ist mehrheitlich gefaßt worden.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 411/A (E) bis 413/A eingebracht wurden. Ferner sind die Anfragen 2148/J bis 2186/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 20. März 1997, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.33 Uhr