Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

160. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 13. Juli 2006

 

 


Stenographisches Protokoll

160. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                 Donnerstag, 13. Juli 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. Juli 2006: 9.00 – 23.10 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und
das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006)

2. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundes­gesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesund­heitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006)

4. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisen­bahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) ge­ändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 702/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Stra­ßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 843/A (E) der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau von Parkplätzen an Autobahnauffahrten (Initiative Park & Drive)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 847/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 2

dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz und das Umweltver­träglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden

9. Punkt: Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bul­garien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Montenegro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum

10. Punkt: Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Dritt­staaten

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 145/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Verkehrssicherheit durch ein Überholverbot für LKW im oberösterreichischen Autobahnnetz

13. Punkt: Bericht über den Antrag 842/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Verkehrssicherheit durch wirksa­mere Sanktionen im LKW-Bereich

14. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbe­schluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006)

15. Punkt: Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

16. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/2

17. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/4

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichts­gesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassen­gesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden

19. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschät­zungsgesetz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006

21. Punkt: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bun­desland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich

22. Punkt: Bericht über den Antrag 844/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stumm­voll, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 834/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Mag. Johann Maier, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines jährlichen Berichtes über die Vollziehung des Pro­duktpirateriegesetzes 2004


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Inter­nationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD VII)

25. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungsfonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI)

26. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen

27. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bolivarischen Re­publik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll

28. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerum­gehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

29. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerum­gehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Pro­tokoll

30. Punkt: Bericht über den Antrag 845/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Jo­hann Maier, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernah­me von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winter­spiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird

31. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 60, 65, 66, 70, 72 bis 81, 83, 84, 86, 88, 89, 91 und 92 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 und 28 bis 31

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 15

Ordnungsrufe ........................................................................................................  58, 271

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 1630, 1631, 1628, 1627 und 1629 d.B. gemäß § 44 (2) der Ge­schäftsordnung ......................................... 33

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 34

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwor­tung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der feh-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 4

lenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanz­dienstleistern gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 267

Bekanntgabe ................................................................................................................. 204

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ........................................................................................................ 205

Redner:

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 270

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ... 272

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 274

Detlev Neudeck ....................................................................................................... ... 275

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 278

Ablehnung des Antrages (namentliche Abstimmung) .................................................. 280

Wortmeldung der Abgeordneten Heidrun Silhavy betreffend Äußerungen des Abgeordneten Detlev Neudeck in der Debatte über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses                         277

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 277

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 277

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 278

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 279

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 280

Fragestunde (20.)

Finanzen ........................................................................................................................ 15

Mag. Dietmar Hoscher (155/M); Herta Mikesch, Josef Bucher, Michaela Sburny

Jakob Auer (158/M); Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Werner Kogler, Mag. Melitta Trunk

Gesundheit und Frauen .............................................................................................. 20

Doris Bures (166/M); Karl Donabauer, Maximilian Walch, Karl Öllinger

Dr. Erwin Rasinger (163/M); Josef Bucher, Dr. Kurt Grünewald, Heidrun Silhavy

Dr. Kurt Grünewald (171/M); Erwin Spindelberger, August Wöginger, Mares Rossmann

Dipl.-Ing. Elke Achleitner (169/M); Mag. Brigid Weinzinger, Gabriele Binder-Maier, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend enorm gestiegene Steuerbelastung der österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen (4605/J) ......................................................................................................................... 133

Begründung: Dr. Christoph Matznetter ..................................................................... 135

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 140


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 5

Debatte:

Doris Bures ................................................................................................................. 148

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 151

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 151

Herbert Scheibner .............................................................................................  153, 182

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 157

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 160

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 162

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 163

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 165

Michaela Sburny ..................................................................................................... ... 165

Mag. Johann Moser ................................................................................................ ... 167

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 169

Maximilian Walch .................................................................................................... ... 170

Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ... 172

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 174

Detlev Neudeck ....................................................................................................... ... 177

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ... 178

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 180

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 181

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Mittel für die Blum-Förderung sowie Schutz vor Fördermissbrauch – Ablehnung  176, 182

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Einspruch des Bundes­rates (1621 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Kran­kenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtge­setz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1630 d.B.)                            35

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Einspruch des Bundes­rates (1622 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesund­heit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errich­tung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufge­hoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1631 d.B.) ........................................ 35

Redner/Rednerinnen:

Manfred Lackner .......................................................................................................... 35

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ..... 36

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ..... 37

Marialuise Mittermüller .......................................................................................... ..... 39

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ..... 40

Theresia Haidlmayr ................................................................................................ ..... 40

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ................................................................. ..... 42

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 43

Renate Csörgits ............................................................................................................ 44

Beharrungsbeschluss in 1630 und 1631 d.B. ................................................................ 45

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1623 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 6

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsge­setz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1628 d.B.)     ............................................................................................................................... 45

Redner/Rednerinnen:

Doris Bures ................................................................................................................... 45

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 46

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 47

Detlev Neudeck ....................................................................................................... ..... 48

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ............................................................. ..... 49

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ..... 51

Beharrungsbeschluss .................................................................................................... 52

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Einspruch des Bundes­rates (1625 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basis­tunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1627 d.B.) ............................................... 52

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ................................................................................................................. ..... 53

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 54

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 55

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka .................................................................. ..... 56

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ..... 57

Beharrungsbeschluss .................................................................................................... 58

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1564 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (1569 d.B.) .................. 59

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 702/A der Ab­geordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschrif­ten über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (1570 d.B.) .......................................................................... 59

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 843/A (E) der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau von Parkplätzen an Autobahnauffahrten (Initiative Park & Drive) (1571 d.B.) ................................................ 59

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ................................................................................................................. ..... 59

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................ ..... 61

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ................................................................... ..... 63

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 64

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ..... 67

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 68

Johann Rädler .............................................................................................................. 69

Peter Marizzi ................................................................................................................. 70

Anton Wattaul ............................................................................................................... 71

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 71

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ....................................................................................... ..... 72

Christoph Kainz ...................................................................................................... ..... 73


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 7

Günter Kößl ............................................................................................................. ..... 73

Anna Höllerer .......................................................................................................... ..... 74

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka .................................................................. ..... 75

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 76

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 76

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame und gerechte Unterstützung für Pendlerinnen und Pendler – Ablehnung  66, 78

Annahme des Gesetzentwurfes in 1569 d.B. ................................................................ 77

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1570 d.B. ..................................................... 77

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1571 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Ausbau von Parkplätzen (E 204) ................................................................................................. 77

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 847/A der Abgeord­neten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Boden­abfertigungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geän­dert werden (1577 d.B.) .................. 78

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1568 d.B.): Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Montenegro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum (1576 d.B.) ............................... 78

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1543 d.B.): Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten (1575 d.B.) .................... 78

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................  78, 93

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................ ..... 80

Heidemarie Rest-Hinterseer .................................................................................. ..... 81

Kurt Eder ................................................................................................................. ..... 82

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ..... 83

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka .................................................................. ..... 84

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ..... 85

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 86

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 86

Anton Wattaul ......................................................................................................... ..... 86

Franz Xaver Böhm .................................................................................................. ..... 91

Gerhard Steier ......................................................................................................... ..... 92

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1577 und 1575 d.B. ....................................... 94

Genehmigung des Staatsvertrages in 1576 d.B. ........................................................... 94

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1576 d.B. ......... 94


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 8

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrlini­engesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird (1572 d.B.)                       95

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 145/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Verkehrssicherheit durch ein Überholverbot für LKW im oberösterreichischen Autobahnnetz (1573 d.B.) ........................................................... 95

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 842/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­höhung der Verkehrssicherheit durch wirksamere Sanktionen im LKW-Bereich (1574 d.B.) .......................................................................................... 95

Redner/Rednerinnen:

Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 95

Peter Haubner ......................................................................................................... ..... 96

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 97

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ... 101

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 101

Anton Wattaul ......................................................................................................... ... 105

Gerhard Reheis ....................................................................................................... ... 106

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 108

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 108

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tiertransporte – Ablehnung ...................................................................................  99, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung besonders sicherheitsgefährdender Delikte in das Vormerksystem/Punkteführerschein – Ablehnung ..............................................................................................................  99, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend SchülerInnentransport bei Nachmittagsbetreuung – Ablehnung .........................  107, 110

Annahme des Gesetzentwurfes in 1572 d.B. .............................................................. 109

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1573 und 1574 d.B. .......................... 110

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Einspruch des Bundesrates (1624 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nati­onalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasser­rechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1629 d.B.)                                                                                                                                                                           110

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ................................................................................. ... 110

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ... 111

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 112

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ... 113

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 113

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 114

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 115

Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 115


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 9

15. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1398 d.B.): Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens
über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (1613 d.B.)               116

Redner/Rednerinnen:

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 116

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 116

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ....................................................................................... ... 117

Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ... 118

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 119

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 120

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 121

Katharina Pfeffer ..................................................................................................... ... 121

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 122

Georg Oberhaidinger ............................................................................................. ... 123

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 123

16. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht (III-200 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/2 (1580 d.B.) .................................................................................... 123

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ... 124

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 125

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 126

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ... 128

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 129

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 132

Johann Ledolter ...................................................................................................... ... 133

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 182

Detlev Neudeck ....................................................................................................... ... 184

Gerhard Reheis ....................................................................................................... ... 186

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 186

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 187

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka .................................................................. ... 188

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 190

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 191

Kenntnisnahme des Berichtes III-200 d.B. ............................................................... ... 192

17. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht (III-210 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/4 (1579 d.B.) .................................................................................... 192

Redner/Rednerinnen:

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 192

Alfred Schöls ........................................................................................................... ... 193

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 193

Klaus Wittauer ......................................................................................................... ... 196

Dr. Günther Kräuter (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 197

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 197

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 198

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 199

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 199

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 200

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ............................................................................... ... 201

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA ......................................................................... ... 202

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 202


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 10

August Wöginger .................................................................................................... ... 205

Edeltraud Lentsch .................................................................................................. ... 205

Kenntnisnahme des Berichtes III-210 d.B. ............................................................... ... 206

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpa­pieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1585 d.B.)        ............................................................................................................................. 206

19. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsge­setz geändert wird (1586 d.B.)                        206

Redner/Rednerinnen:

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 206

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 208

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 209

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 209

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 213

Mag. Johann Moser ................................................................................................ ... 216

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 216

Mag. Dietmar Hoscher ........................................................................................... ... 217

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ............................................................................... ... 218

Dr. Reinhold Mitterlehner ...................................................................................... ... 218

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................ ... 219

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 220

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 221

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 221

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend fundamentale Verbesserung der Bankenaufsicht – Ab­lehnung ..........................  211, 222

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Offenlegung von Ratingentscheidungen – Annahme (E 205)                                                                        214, 223

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Einbindung des Finanzausschusses in wichtige Vorhaben der FMA – Annahme (E 206) ............................................  215, 223

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1585 und 1586 d.B. ..................................... 222

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1567 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Fi­nanzsenat, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungsgesetz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006 (1587 d.B.) .................................................................................................................... 223

Redner/Rednerinnen:

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 223

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 224


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 11

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 224

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 225

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 225

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 226

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1555 d.B.): Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (1588 d.B.) ...................................................................... 226

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 844/A der Abgeord­neten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (1589 d.B.) .............................................................. 226

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 834/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Mag. Johann Maier, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines jährlichen Berichtes über die Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 (1590 d.B.)             ............................................................................................................................. 226

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 227

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 228

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 229

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 229

Dr. Werner Fasslabend .......................................................................................... ... 230

Mag. Melitta Trunk .................................................................................................. ... 231

Edeltraud Lentsch .................................................................................................. ... 231

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ............................................................................... ... 232

Katharina Pfeffer ..................................................................................................... ... 232

Detlev Neudeck ....................................................................................................... ... 233

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1588 und 1589 d.B. ..................................... 234

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1590 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Vorlage eines jährlichen Berichtes über die Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 (E 207)                       234

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1556 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD VII) (1591 d.B.)                                                                                                                              234

25. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1557 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordent­lichen Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungsfonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI) (1592 d.B.) ......................................................................................................... 234

26. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1494 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Demokrati­schen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1593 d.B.) ............................................................... 234


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 12

27. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1507 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bolivarischen Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinde­rung der Steuerumgehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1594 d.B.) ...................................... 235

28. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1540 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1595 d.B.) .................................................................................................................... 235

29. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1566 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechi­schen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1596 d.B.) ..................................................................................................... 235

Redner/Rednerinnen:

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 235

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 236

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 237

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 237

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1591 und 1592 d.B. ..................................... 238

Genehmigung der vier Staatsverträge in 1593, 1594, 1595 und 1596 d.B. ................. 238

30. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 845/A der Abgeord­neten Peter Haubner, Mag. Johann Maier, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächti­gung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächti­gungsgesetz) erlassen wird (1611 d.B.) .................................................................................................................... 239

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 239

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 240

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 242

Markus Fauland ...................................................................................................... ... 242

Mag. Hans Langreiter ............................................................................................. ... 243

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 244

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .............................................................................. ... 244

Franz Xaver Böhm .................................................................................................. ... 245

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 246

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 246

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 246

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 248

31. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 60, 65, 66, 70, 72 bis 81, 83, 84, 86, 88, 89, 91 und 92 so­wie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 und 28 bis 31 (1612 d.B.) .................................................................................................................... 248

Redner/Rednerinnen:

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 248

Karl Freund .............................................................................................................. ... 250

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 251

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 252


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 13

Mares Rossmann .................................................................................................... ... 253

Mag. Dr. Alfred Brader ........................................................................................... ... 254

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 255

Helga Machne .......................................................................................................... ... 255

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 255

Heidemarie Rest-Hinterseer .................................................................................. ... 256

Anton Doppler ......................................................................................................... ... 257

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 257

Anna Franz .............................................................................................................. ... 258

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 258

Maria Grander ......................................................................................................... ... 259

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 260

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 260

Notburga Schiefermair .......................................................................................... ... 261

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 261

Christine Marek ....................................................................................................... ... 262

Erika Scharer ........................................................................................................... ... 263

Dipl.-Ing. Günther Hütl ........................................................................................... ... 263

Dr. Robert Rada ...................................................................................................... ... 264

Johannes Schweisgut ............................................................................................ ... 265

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 265

Johann Kurzbauer .................................................................................................. ... 266

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 266

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 267

Eingebracht wurden

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend enorm gestiegene Steuerbelastung der österreichischen Arbeitnehme­rInnen und PensionistInnen (4605/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Presseförderung für die österreichische Bauernzeitung (4606/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verlegung einer Schifffahrtsanlegestelle am Traunsee in Gmunden OÖ. (4607/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend AMA-Biozei­chen (4608/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Österreichi­sches Programm für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (4609/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Werbemaßnah­men des BMLFUW (4610/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 14

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Umgang der Krankenver­sicherung mit Menschen mit Behinderung (4611/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Umgang der Krankenversicherung mit Menschen mit Behin­derungen (4612/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Exportförderungsantrag für das Projekt Ilisu Staudamm (4613/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend das Kriegsveteranentreffen am Ulrichsberg (4614/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend das Treffen der Kriegsveteranen am Ulrichsberg (4615/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Kriegsveteranentreffen am Ulrichsberg (4616/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalität in Wien-Donaustadt im 1. Halbjahr 2006 (4617/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Schulveranstaltungen/religiöse Veranstaltungen“ (4618/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Wein – Einfuhrkontrolle durch das BMF“ (4619/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Taxigewerbe in Österreich (4620/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Taxigewerbe und Sicherheit“ (4621/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Überfälle auf BriefträgerInnen“ (4622/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Kosten der Justiz (Eigendeckungsgrad) – Erledigung der Geschäftsfälle (III)“ (4623/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Lebensmittel – Direktvermarktung – Kontrollen bei der bäu­erlichen Direktvermarktung sowie Bio-Kontrollen im Jahr 2005“ (4624/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Erwachsenenbildung als bildungspolitisches Dornröschen (4625/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Gleichbehandlungsgesetz versus Pläne des amtsf. OÖ LSR Präsidenten (4626/J)

*****

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend unzureichende Beantwortung von Schriftlichen Anfragen – Marginalisierung des Interpellationsrechtes durch gewisse Mitglieder der Bundesregierung, insbeson­dere durch Vizekanzler Hubert Gorbach (54/JPR)


09.00.18


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 15

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Ich darf die Damen und Herren im Hohen Haus begrüßen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Stadler, Faul, Lichtenegger, Dipl.-Ing. Scheuch und Dr. Glawischnig-Piesczek.

09.00.32Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich darf an die Geschäftsordnung erinnern: Die erste Frage ist wörtlich zu verlesen. Bei den Zusatzfragen erlaube ich in der Regel einen einleitenden Satz, aber dann soll die Zusatzfrage kommen.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 1. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Mag. Ho­scher. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Staatssekretär, meine Frage lau­tet:

155/M

„Warum wurden Klein- und Mittelbetriebe mit dem von Ihnen jüngst vorgelegten Mini-Paket um nur rund 200 Millionen Euro entlastet, während die Belastungen der letzten Jahre ein Vielfaches ausmachten?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Hoscher, die österrei­chische Bundesregierung nimmt sich schon seit dem Jahr 2000 durch gezielte Maß­nahmenpakete im Rahmen der Wirtschaftsförderung, durch gezielte Maßnahmen zur Konjunkturbelebung sowie durch die große Steuerreform im Jahr 2004/2005 besonders der Klein- und Mittelbetriebe an. Laut einer aktuellen Studie des IHS, die öffentlich zu­gänglich ist, werden die KMUs durch all diese Maßnahmen und vor allem durch die Steuerreform mit 1,3 Milliarden € jährlich entlastet. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Jetzt kommen noch weitere 200 Millionen € dazu. Damit beträgt künftig die Gesamtent­lastung 1,5 Milliarden €.

Es hat noch nie eine Bundesregierung so viel in kurzer Zeit für die KMUs getan. Die Förderung der KMUs ist uns ein besonders wichtiges Anliegen, weil sie bekanntlich das Rückgrat bei der Beschäftigung bilden. Sie beschäftigen ungefähr 2,3 Millionen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 16

Menschen. Das sind zirka 60 Prozent der Gesamtbeschäftigten. Daher ist ihre Förde­rung sehr, sehr wichtig.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Offensichtlich ist dieser Betrag von 1,3 Milliarden € bei den KMUs noch nicht angekommen.

Warum wurde darauf verzichtet, für die KMUs in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft spezielle Entlastungen zu beschließen, etwa eine Erhöhung des Abschreibungssat­zes?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Wie ich bereits ausgeführt habe, haben wir vielerlei Maßnahmen gesetzt. Wir haben auch Abschrei­bungsmöglichkeiten geschaffen, zum Beispiel bei der Forschungsförderung – ich sage nur: „Frascati“ –, wir haben einen Forschungsfreibetrag eingeführt. Es gibt eine Unter­stützung bei der Lehrlingsprämie, eine Lehrlingsoffensive, eine Bildungsprämie, eine Investitionszuwachsprämie, also ein ganzes Paket an Maßnahmen. (Abg. Eder: Ein Mogelpaket! Ein schwaches Paket!)

Wir sind sehr dagegen, dass man branchenweise Erleichterungen macht, denn das ruft natürlich bei den anderen Branchen die Forderung hervor, dort ebenso Spezialpakete zu machen. Wir wollen die gesamte Wirtschaft einheitlich fördern. – Danke. (Abg. Eder: Gießkanne! Eintopf! Eine schwache Antwort!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Mi­kesch. – Bitte.

 


Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Herr Staatssekretär! Wir alle wissen, dass die Klein- und Mittelbetriebe das Rückgrat der heimischen Wirtschaft sind.

Welche konkreten Maßnahmen wurden für die Klein- und Mittelbetriebe umgesetzt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Frau Abgeord­nete, ich darf da besonders an die erste und zweite Etappe der Steuerreform erinnern, wonach der Einkommensteuersatz in neuer Form geregelt wurde. Eine IHS-Studie be­legt, dass sich allein diese Maßnahme für die KMUs mit 70 Millionen € auswirkt.

Weiters erinnere ich daran, dass im Jahr 2004 die Begünstigung der nicht entnomme­nen Gewinne beschlossen wurde. Dieser Anteil für die KMUs ist vom IHS mit 290 Mil­lionen € beziffert worden. Selbstverständlich profitieren die KMUs auch von der Körper­schaftsteuersenkung. Dieser Anteil beläuft sich auf 330 Millionen €. Darüber hinaus gibt es eine Forschungsförderung, die im Rahmen des ersten Konjunkturpaketes be­schlossen wurde. Dieser Anteil macht ungefähr 40 Millionen € aus. Bei der Lehrlings­prämie und der Lehrlingsoffensive wird der Anteil für die KMUs mit 130 Millionen € be­ziffert. Dazu kommen noch die Bildungsprämie und die Investitionszuwachsprämie.

Ganz besonders erwähnen möchte ich das KMU-Förderungsgesetz 2006, das vor we­nigen Monaten oder Wochen beschlossen worden ist. Das bringt Vorteile für die 300 000 Einnahmen-/Ausgabenrechner. Es gibt einen Freibetrag für investierte Ge­winne. Darüber hinaus ist, was vor allem für die Kleinstunternehmer wichtig ist, die Um­satzsteuergrenze von 22 000 € auf 30 000 € angehoben worden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Staatssekretär! Die Wirtschaft klagt über hohen Verwaltungsaufwand – traditionell gesehen, natürlich.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 17

Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung, um den Verwaltungsaufwand gegen­über Steuerbehörden, was statistische Meldepflichten et cetera betrifft, zu reduzieren?

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 18

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Abgeord­neter! Wir haben derzeit ein Projekt laufen, das „Better Regulations“ heißt. Wir wol­len nach holländischem Vorbild im Rahmen dieses Projekts ausforschen, durch welche Vorschriften und Meldepflichten die Wirtschaft am meisten belastet wird. Das wirkt sich für Kleinunternehmungen besonders nachteilig aus, denn diese haben ja kein eigenes Verwaltungspersonal. Da muss sich der Unternehmer entweder in seiner Freizeit oder neben seinen eigentlichen Aktivitäten damit beschäftigen. Wir wollen diesen Bereich durchforsten. Der Betrag wird nach dem holländischen Vorbild berechnet. Wir streben eine Entlastung in der Höhe von 2 Milliarden € an. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Sbur­ny. – Bitte.

 


Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Faktum ist, Herr Staatssekretär, dass Sie für Steuererleichterungen für Großunternehmen Steuerverluste in Milliardenhöhe in Kauf nehmen, während Sie die Kleinunternehmen immer noch oder jetzt erst recht insge­samt mehr belasten als entlasten, was doch sehr eigenartig erscheint angesichts Ihrer Behauptung, dass diese das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft bilden.

Meine Frage in diesem Zusammenhang lautet: Werden Sie, falls Sie der nächsten Re­gierung noch angehören sollten, weiterhin die Kleinunternehmen benachteiligen? (Abg. Dr. Stummvoll: Scherzfrage!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Ich habe be­reits ausgeführt, Frau Abgeordnete, dass es überhaupt nicht in unserem Sinne ist, die Kleinunternehmen zu benachteiligen. Wir haben in kurzer Zeit ein jährliches Entlas­tungsvolumen von 1,5 Milliarden € geschafft. (Abg. Öllinger: Für wen denn?) Wir kön­nen auch beweisen – mit den aufgezeigten Fällen habe ich das ausgewiesen –, dass durch die große Steuerreform nicht nur die Großunternehmen Vorteile haben, sondern natürlich auch die Kleinunternehmen.

Eines muss man schon beachten: dass, wenn wir mit bestimmten Gesetzen, zum Bei­spiel betreffend die Gruppenbesteuerung, einen Anreiz dafür schaffen, dass der Wirt­schaftsstandort Österreich attraktiv wird und sich bei uns große Konzerne niederlas­sen, natürlich im Gefolge der Niederlassung von Großkonzernen viele Kleinunterneh­mungen in der Weitergabe von Aufträgen mitbeschäftigt werden. Die indirekten Maß­nahmen sind da auch für die Klein- und Mittelunternehmungen spürbar. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist die erste Frage beantwortet.

Wir kommen zum 2. Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Auer durch seine Frage einleiten wird. – Bitte.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Staatssekretär, meine Frage lautet:

158/M

 


„Welche positiven Auswirkungen auf die Budgetplanung bzw. -vollziehung erwarten Sie sich durch das geplante neue Haushaltsrecht?“

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Abgeordnete! Durch das neue Haushaltsrecht soll die Mehrjahresplanung zum Regelfall gemacht werden. Derzeit haben wir nur eine budgetäre Einjahresplanung. Die Mehrjahresplanung stellt im Vergleich zur Einjahresplanung nur eine zusätzliche Infor­mation dar, sie ist rechnungsmäßig nicht verzahnt. Die neue große Haushaltsreform soll, wie gesagt, die Mehrjahresplanung als zentrales Projekt bringen.

Weiter ist Gender Budgeting vorgesehen. Es soll die Koordination der öffentlichen Haushalte im Hinblick auf den europäischen Stabilitäts- und Wirtschaftspakt besser ab­gestimmt werden. Durch dieses neue Gesetz sollen die so genannten automatischen Stabilisatoren in die Gesetzestechnik fix eingebaut werden. Das heißt: Wenn es wirt­schaftlich schlechtere Zeiten gibt, sind automatisch höhere Ausgabengrenzen vorgese­hen, in besseren Konjunkturzeiten weniger hohe.

Weiters gibt es für die Ressorts wesentliche Verbesserungen. Sie kennen sicher das berühmte „Dezemberfieber“. Weil wir nur einen einjährigen Haushalt haben und frei verfügbare Budgetmittel am Jahresende verfallen, werden immer sehr viele Beschaf­fungen in sehr kurzer Zeit sehr hastig durchgeführt, wenn freie Kreditmittel vorhanden sind. Das ist dann nicht mehr nötig, denn dann verbleiben frei verfügbare Mittel in den Ressorts und können auch bei neuer Prioritätensetzung für andere Zwecke verwendet werden.

In einer weiteren Etappe der Haushaltsrechtsreform sehen wir eine so genannte wir­kungsorientierte Verwaltung vor. Es muss dann jede Dienststelle in einem Leistungspa­ket bekannt geben, wofür die Mittel verwendet werden. Als Ausgleich dazu gibt es ein so genanntes Globalbudget. Es wird nicht mehr so wie bisher in einzelne finanzgesetz­liche Ansätze portioniert, sondern es steht dann das gesamte Budget des jeweiligen Budgetkapitels zur Verfügung.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Staatssekretär, bedauerlicherweise gibt es bisher noch keine Einigung über dieses neue Haushaltsrecht.

Meine Frage lautet: Worin besteht die erhöhte Flexibilität beim künftigen Budgetvollzug durch das neue Haushaltsrecht?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Wir haben der­zeit eine mangelnde zeitliche Flexibilität. Nach einem Jahr verfallen nämlich frei verfüg­bare Budgetmittel. – Das ist der eine Gesichtspunkt.

Der zweite Gesichtspunkt ist der so genannte Grundsatz der Spezialität. Das heißt, es können Mittel nur für den vorgesehenen Zweck verwendet werden, die dann verfallen. Es ist sehr schwierig, das umzugestalten. Man braucht entweder ein Gesetz dazu, oder es muss, wenn eine gesetzliche Ermächtigung im Budgetgesetz vorgesehen ist, im aktenmäßigen Wege über das Finanzministerium bewilligt werden, dass eine Zustim­mung dazu gegeben wird, dass Mittel für einen anderen Zweck ausgegeben werden. Das alles kann dann das Ressort selbst entscheiden.

 


Wir haben immer eine vierjährige Planung, die fortgeschrieben wird, und für das nächs­te Jahr wird das dann immer noch spezialisiert. Es ist ein Gesamtrahmen da, wo sich jeder Abgeordneter orientieren kann, wohin der Weg geht, und trotzdem bleibt genü­gend Flexibilität, dass dann speziell, wenn unmittelbar ein Anlass gegeben ist, die Mit­tel für andere Zwecke umgewidmet werden können.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 19

Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die SPÖ verhindert durch ihre Weigerung, entsprechende Aus­schusstermine festzulegen, die Behandlung des neuen Haushaltsrechtes hier im Natio­nalrat.

Lassen sich die dadurch entgangenen Einsparungen beziffern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Es lassen sich solche Einsparungen nicht genau beziffern, aber man muss sagen: Das neue Haus­haltsrecht bringt eine wesentliche Verbesserung in der gesamten Haushaltsführung. Es ist ja immer schon ein Wunsch gewesen, dass die große Richtung in einer Legislatur­periode: Welche Pläne gibt es, und wie wirkt sich das im Budget aus? bekannt gege­ben wird. Das würde eine Verbesserung der Transparenz bringen. Ich glaube, dass, nachdem heute sehr viele Anträge an das Finanzministerium notwendig sind, durch Globalbudgets, wo das alles wegfällt, Verwaltungserleichterungen eintreten würden. Wir rechnen damit, dass sich ungefähr 5 bis 10 Prozent des Verwaltungsaufwandes einsparen lassen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Staatssekretär! Die „Segnungen“ dieser Haushaltsrechtsreform wären ja durchaus noch euphorischer zu beschreiben, als Sie das soeben getan haben.

Die Frage ist aber die: Warum legen sich die Landeshauptleute in offenkundiger Art und Weise quer? Und wie verhindern Sie bei den nächsten Regierungsverhandlungen, nachdem Sie vermutlich irgendwen repräsentieren werden, dass die Landeshauptleute ausgerechnet jene Maßnahmen, die wirklich zu Reformschritten führen würden, torpe­dieren?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Abgeord­neter! Wir haben in den zuständigen Ausschüssen des Österreich-Konvents, wo auch die Landeshauptleute vertreten waren, an und für sich sehr konstruktive Gespräche ge­führt. Selbstverständlich möchten die Landeshauptleute in ihren haushaltsrechtlichen Bestimmungen entsprechend unserer föderalistischen Ordnung ihre Eigenständigkeit weiterhin haben. Aber ich bin optimistisch, dass wir so weit koordinieren können, dass wir die übergeordneten Ziele, nämlich die Erfüllung des europäischen Stabilitäts- und Wirtschaftspakts, in Zukunft voll werden erfüllen können. – Danke.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Mag. Trunk. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Staatssekretär! Wie es Herr Kollege Kogler bereits ausgeführt hat, hat ein neues Haushaltsrecht des Bundes natürlich direkte und indirekte Konsequenzen auch für Partner wie die Länder und in indirekter Form auch für Kommunen.

Erstens: in welcher Form?

Zweitens: in welchem Ausmaß?


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 20

Drittens: Es gibt ja so etwas wie informelle Erklärungen, Stellungnahmen, Positionen zu diesem Entwurf. Wie schauen die Stellungnahmen der Länder dazu aus, insbeson­dere der Finanzreferenten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Wir haben in die beiden letzten Finanzausgleiche Bestimmungen hineingenommen, die zur Erfüllung des europäischen Stabilitätspakts dienen. Wir haben, quasi abgeleitet von dem euro­päischen Stabilitätspakt, einen österreichischen Stabilitätspakt nachgeformt, und zwar auch mit Sanktionsmöglichkeiten. Solche werden ja derzeit gegenüber einem Bundes­land angewendet. Also er funktioniert. Wir wollen eigentlich diese in den Finanzausglei­chen getroffenen Lösungen als generelle Regelungen in die neue Finanzverfassung einbauen.

Weiters erscheint es uns wichtig, dass sämtliche öffentlichen Haushalte, also nicht nur jene von Bund, Ländern und Gemeinden, vergleichbar sind, denn nur dann kann man in einem Controlling darauf achten, ob sie auch wirklich eingehalten werden. Also es geht um Vereinheitlichungsgrundsätze, darum, dass Personalausgaben und Sachaus­gaben wirklich in gleicher oder ähnlicher Weise dargestellt werden, nämlich: Was ist normaler Verwaltungsaufwand? Was sind Investitionen und dergleichen mehr? Außer­dem ist ein wichtiger Grundsatz, dass das Gender Budgeting auch in allen anderen Haushalten dargestellt wird, also nicht nur beim Bund.

Die Finanzverfassung ist ja im Rahmen des Österreich-Konvents diskutiert worden. Es gibt noch keine einhellige Zustimmung dazu. Aber ich sehe den künftigen Gesprächen sehr positiv entgegen, und ich glaube, dass es zu einer Einigung kommen wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit sind die Fragen an den Herrn Bundesminister für Finanzen beantwortet.

Bundesministerium für Gesundheit und Frauen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es kommen jetzt die Fragen an die Frau Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen an die Reihe.

Den 1. Fragenkomplex leitet Frau Abgeordnete Bures ein. – Bitte.

 


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Fra­ge lautet:

166/M

„Wie hoch sind die Gesamtabgänge der sozialen Krankenversicherung der Jahre 2000 bis 2005?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete! Ich bringe jetzt die Gesamtabgänge in den jeweiligen Jahren: Im Jahr 2000 wa­ren es minus 231 Millionen €, im Jahr 2001 minus 148 Millionen €, im Jahr 2002 minus 177 Millionen €, im Jahr 2003 minus 139 Millionen €, im Jahr 2004 minus 237 Millio­nen €, und im Jahr 2005 war erstmals ein Plus mit 22 Millionen € zu verzeichnen.

 


Ich darf vergleichend zur Zeit davor sagen: Der Abgang im Jahr 1999 betrug mi­nus 257 Millionen €, er war also höher als alle Abgänge danach. Das zeigt, dass wir uns im Bereich jener Zahlen bewegt haben, in dem sich auch frühere Regierungen be­wegt haben. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 21

Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Frau Bundesministerin, die von Ihnen erwähnten massiven Abgänge in den letzten Jahren, die Sie ja gar nicht addiert und wo Sie gar nicht gesagt haben, welches Ausmaß das annimmt, zeigen, dass in den letzten Jahren leider verabsäumt wurde, notwendige Maßnahmen zu setzen (Abg. Schöls: Frage!), um sicherzustellen, dass die Krankenversicherung auch finanziert werden kann.

Weil diese Maßnahmen nicht gesetzt wurden, frage ich Sie: Wie sind denn Ihre Pro­gnosen? Wie werden denn die Abgänge bis zum Jahr 2008 aussehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Bures, ich muss Sie da leider korrigieren; Sie irren: Es ist in dieser Legislatur­periode eine Reihe von Maßnahmen gesetzt worden, um die Krankenversicherung ent­sprechend abzusichern. Ich darf Sie erinnern – Sie haben es ja hier in diesem Hause selbst beschlossen – an die Angleichung der Beitragssätze für Arbeiter und Angestell­te, nämlich Senkung bei den Arbeitern und Erhöhung bei den Angestellten. Es gibt eine moderate Erhöhung für die Pensionisten und einen Ergänzungsbeitrag für Freizeitun­fälle von 0,1 Prozent.

Allein dieses Paket hat rund 600 Millionen € zusätzlich in die Sozialversicherung ge­bracht. Dazu kamen noch – erstmals in der Geschichte! – 130 Millionen € aus dem Fin­anzausgleich, also aus Bundesgeldern, und ein Finanzierungspaket für die Bäuerliche Krankenversicherung in der Höhe von 50 Millionen €. Also es ist eine Reihe von Maß­nahmen gesetzt worden, die der Krankenversicherung insgesamt zusätzlich 900 Millio­nen € gebracht haben.

Gleichzeitig haben, beginnend mit der Regierung Schüssel I, Frau Bundesministerin Sickl und Herr Bundesminister Haupt bei den Verwaltungskosten der Krankenversiche­rungen einen Deckel eingezogen, der dazu geführt hat, dass dort die Verwaltungskos­ten in der Tat nicht mehr gestiegen sind und sehr effiziente Einsparungen erzielt wer­den konnten.

Ich darf Ihnen auch sagen, dass die plus 22 Millionen € im Jahre 2005 ein durchaus er­freuliches Ergebnis sind, aber in der Tat – und ich habe das auch nie behauptet – noch keine langfristige Sanierung der Krankenkassen, denn Sie wissen ganz genau, dass da auch 100 Millionen € der AUVA dabei waren – auch nichts Unübliches, das ist in der Vergangenheit immer wieder passiert. Auch in sozialdemokratischen Regierungen sind weitaus höhere Beträge von der AUVA abgezogen worden. Allerdings muss ich Ihnen auch sagen, genau diese Summe und noch zusätzliches Geld musste den Abgang der Wiener Gebietskrankenkasse decken; ebenso haben viele positive Ergebnisse von Bundesgebietskrankenkassen, also von Bundesländern, den Abgang der Wiener Ge­bietskrankenkasse decken müssen.

Was die Prognosen anlangt, Frau Abgeordnete Bures, so kann ich Ihnen sagen, dass die Prognosen der einzelnen Krankenversicherungen, also des Hauptverbandes, im­mer weit über den tatsächlichen Ergebnissen liegen. Ich darf Ihnen sagen: Die Progno­se für das Jahr 2000 zum Beispiel waren 413 Millionen €, tatsächlich waren es 231 Mil­lionen €, also fast 200 Millionen weniger. Im Jahr 2005 war die Prognose 280 Millio­nen € Defizit, das Ergebnis waren plus 22 Millionen €. Also eigentlich haben wir in dem Jahr 300 Millionen € wettgemacht. Das heißt, die Prognosen der Krankenversicherun­gen, die Sie ansprechen, werden bis zum Jahr 2008 weit herunterfallen und nicht diese Horrorgrößen erreichen, die Sie erwarten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Donabauer, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 22

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Während Ihrer Regierungszeit sind die Abgänge in der gesetzlichen Kranken­versicherung nicht nur abgebaut worden, sondern im Jahr 2005 wurde ein beachtlicher Überschuss – Sie haben schon darüber referiert – von 22 Millionen € erreicht. Das war eine gewaltige Leistung – Anerkennung! (Rufe bei der SPÖ: Frage! Frage!)

Zur Frage: Gab es für die gesetzliche Krankenversicherung neben den von Ihnen schon ausgeführten Zuführungen neue Geldmittel oder ökonomische Prozesse im Medikamentenbereich, und halten Sie den Verteilungsmechanismus im ASVG-Aus­gleichsfonds für ausreichend solidarisch?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Donabauer, ich habe das, was die zusätzlichen Mittel anlangt, schon ausführlich referiert.

Der Ausgleichsfonds der Sozialversicherung musste auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, wie Sie wissen, neu geregelt werden, weil die bundes­weiten Krankenkassen wegen mangelnder Vergleichbarkeit aus diesem Ausgleichs­fonds herausgenommen wurden. Der Hauptverband hat sich jetzt auf eine neue Rege­lung geeinigt, der alle neun Gebietskrankenkassen auch zustimmen konnten. Weiterhin werden in diesen Ausgleichstopf je 2 Prozent der Gesamteinnahmen von den Kranken­kassen einbezahlt, und die Beitragseinnahmen werden verteilt auf jene Krankenkas­sen, die Abgänge zu verzeichnen haben, wobei hier einige Kriterien angeführt sind.

Erstens: Der Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt dotiert mit einem Fixbetrag von 30 Millionen €. – Ich sage, auch das ist ausschließlich Wien, wo das Hanusch-Kran­kenhaus dotiert wird. Die Wiener Gebietskrankenkasse ist nämlich die einzige Sozial­versicherung, die eine Krankenanstalt führt. Vielleicht sollte man darüber nachdenken, das eventuell auch dem Land zuzueignen.

Zweitens: 45 Prozent für den Strukturausgleich, 45 Prozent für den Liquiditätsausgleich und 10 Prozent zur Deckung eines besonderen Ausgleichsbedarfs. Dabei sollen fol­gende Parameter herangezogen werden: einerseits die Beitragseinnahmen und die Einnahmen aus der Rezeptgebühr abzüglich strukturell bedingter Leistungen, wie zum Beispiel Wahlarztleistungen, dann die Durchschnittskosten nach Alter und Geschlecht sowie für die sehr kostenintensiven Fälle regionale Belastungen und Belastungen aus der Krankenanstaltenfinanzierung. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Walch, bitte.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Wie viel hätte eine Beitragserhöhung, wie von der SPÖ gefordert, die Beitrags­pflichtigen gekostet?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Walch! (Ruf bei den Grünen – in Richtung des Abg. Walch –: Wie viel hat Ihre gekostet?) Die Beitragserhöhung – ich habe es Ihnen schon gesagt – hat den Sozial­versicherungen insgesamt rund 600 Millionen € zusätzliches Geld zugeführt.

Die SPÖ hat einen einzigen sehr konkreten Vorschlag gemacht, nämlich die Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage auf 5 000 €. Eine Steigerung der Höchstbeitragsgrund­lage von derzeit 3 630 € auf 5 000 € würde ein Plus in der gesetzlichen Krankenversi­cherung von 300 Millionen € bringen, in der Pensionsversicherung allerdings ein Plus von 900 Millionen €, wäre aber ein Reichen-Programm auf Kosten der Jungen, denn das würde gleichzeitig auch die Steuerinzidenz, die ja in dieser Gruppe rund 40 Pro-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 23

zent beträgt, reduzieren. Dieser Personenkreis würde gleichzeitig eine bis zu 37 Pro­zent höhere Bemessungsgrundlage in der Pensionsversicherung erreichen, und das würde bedeuten, dass die heutigen Jungen die Pensionen der Alten nicht mehr zahlen können. Damit wird ein Programm auf Kosten der Jungen gemacht, weshalb wir die­sem Vorschlag auch nicht zustimmen können.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Ich möchte von den Pensionen wieder zur Kran­kenversicherung zurückkommen. Den Gebietskrankenkassen geht es immer schlech­ter, den anderen – Bauern, Beamten – noch etwas besser, aber auch nicht sehr gut.

Was, Frau Bundesministerin, gedenken Sie zu tun, damit die Versicherten und mit den Versicherten natürlich auch die Kranken in Zukunft die gleichen Leistungen erhalten?

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 24

Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Öllinger, Sie haben Recht: In der Tat sind die Leistungen der einzelnen Kranken­versicherungen höchst unterschiedlich. Das ist ein historisch gewachsenes Problem aus der Vielzahl der Krankenkassen, die sich in Österreich entwickelt haben. Wie Sie wissen, hat es noch vor wenigen Jahren viel mehr Krankenkassen gegeben, die alle einzelne, individuelle Verträge mit den jeweiligen Landesärztekammern hatten. Es gibt ja auch nur in ganz wenigen Bereichen bundesweite Verträge mit den Ärztekammern.

Wir haben uns in den letzten Jahren bemüht, aus dieser Vielfalt an Krankenkassen eine möglichst einheitliche Strukturierung zustande zu bringen. Das heißt, wir haben einige Krankenkassen zusammengelegt, insbesondere kleine Gebietskrankenkassen; jene der Eisenbahner und jene des Bergbaus sind zusammengelegt worden. Sie wis­sen, dass die Bauern mit den Gewerbetreibenden über eine Fusion verhandelt haben und sehr weit gekommen sind, sodass zu erwarten ist, dass dieser Schritt demnächst auch nachvollzogen werden kann. Sie wissen aber auch, dass sich alle neun Bundes­länder sehr dagegen wehren, zu einer bundesweiten Gebietskrankenkasse zusam­mengefasst zu werden. Es würde die Sache wesentlich erleichtern, einen gemeinsa­men Vertrag mit der Bundesärztekammer beziehungsweise mit den jeweiligen Ver­tragspartnern abzuschließen.

Diese Bemühungen werden natürlich weiterverfolgt. Der Hauptverband ist bemüht, zu Gesamtverträgen zu kommen. Das wird aber nicht von allen Gruppen in der Selbstver­waltung entsprechend goutiert. Sie wissen, dass die Sozialpartnerschaft und die damit verbundene Selbstverwaltung in der Krankenversicherung in Österreich ein relativ un­antastbares Faktum sind, dem man nur in Verhandlungen begegnen kann. Hier mit rigorosen Gesetzen vorzugehen halte ich auch politisch für unklug.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den ersten Fragenkomplex an Frau Bundesministerin Rauch-Kallat erledigt.

Die nächste Frage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. (Abg. Dr. Rasinger sucht in seinen schriftlichen Unterlagen.) – Herr Kollege, formulieren Sie! (Zwischen­rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Ich hatte den falschen Zettel. – Sehr ge­ehrte Frau Ministerin, meine Frage lautet (Beifall bei der SPÖ und den Grünen):

163/M

 


„Wie hat die österreichische Bevölkerung von den von Ihnen gesetzten Maßnahmen in der laufenden Gesetzgebungsperiode profitiert?“

Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Rasinger! Hohes Haus! Wir haben in den letzten dreieinhalb Jahren neben einer großen Gesundheitsreform, die erstmals die gemeinsame Planung und Steuerung des gesamten österreichischen Gesundheitswesens vorsieht, nämlich sowohl des Spitals­bereichs als auch des niedergelassenen Bereichs, sichergestellt, dass die Mittel, die für die Gesundheitsversorgung in Österreich eingesetzt werden, nämlich mehr als 14 Milliarden €, möglichst effizient verplant werden und dass durch die Koordination über eine Bundesgesundheitsagentur und neun Landesgesundheitsplattformen vor allem die Nahtstellen – und ich nenne sie bewusst nicht „Schnittstellen“ – besser ge­worden sind. Das heißt, dass ein Patient, der aus dem Spital entlassen wird, auch gleich all das mitbekommt, was er braucht, um sich zu Hause entsprechend versorgen zu können. Das ist insbesondere für ältere Menschen, die keine oder nur entfernt le­bende Angehörige haben, wichtig.

Wir haben darüber hinaus in dieser Legislaturperiode einen Schwerpunkt auf die Ge­sundheitsförderung und auf die Gesundheitsvorsorge gelegt und mit einer Evaluierung und Neugestaltung der Vorsorgeuntersuchung diese nach 30 Jahren auf den aktuellen Stand der Wissenschaft gebracht. Die Österreicherinnen und Österreicher können jetzt einmal jährlich kostenlos nach den neuesten Erkenntnissen der medizinischen Wissen­schaft altersspezifisch, geschlechtsspezifisch untersucht werden. Wir wollen damit vor allem die Früherkennung lebensbedrohender Krankheiten vorantreiben.

Wir wollen mit diesem Vorsorge- und Früherkennungsprogramm vor allem bei den Frauen die Brustkrebsrate um 30 Prozent reduzieren. Das sind immerhin 1 500 Todes­fälle jährlich, die höchste Zahl an Krebstoten bei Frauen. Wir wollen vor allem die Lun­genkrebsrate durch ein umfassendes Nichtraucherschutzpaket reduzieren. Es gibt 3 800 Todesfälle jährlich, davon 3 400, die unmittelbar auf das Rauchen zurückzufüh­ren sind, auch auf das Passivrauchen. Und letztendlich wollen wir vor allem auch die Herzkreislauferkrankungen reduzieren. Da haben wir mit einem Schwerpunkt auf die Frauengesundheit wesentliche Erkenntnisse der Wissenschaft bearbeitet.

Wir haben weiters nach vielen Bemühungen einiger meiner Vorgänger die Gesund­heitskarte, die e-card, auf die Reihe gebracht. Das heißt, jeder Österreicher/jede Öster­reicherin braucht nun keinen Krankenschein mehr beim Arbeitgeber/bei der Arbeitge­berin zu holen. Man kann mit dieser Gesundheitskarte jederzeit einen Arztbesuch ab­solvieren, auch im Ausland. Innerhalb der EU ist diese Karte ein Ersatz für den Europa­krankenschein, über die europäischen Staaten hinaus gilt die bisherige Regelung.

Wir haben drittens erreicht, dass die Patienten für die Bewilligung eines Arzneimittels nicht mehr in die Krankenkasse fahren müssen, sondern dass diese Bewilligung nun­mehr über das ABS, das Arzneimittelbewilligungssystem, elektronisch zwischen dem Arzt und der Sozialversicherung möglich ist. Damit ist auch sichergestellt, dass der Pa­tient sehr rasch diese Bewilligung hat und dass ihm der unnötige Gang zu einem Chef­arzt, den er in der Regel gar nicht selbst gesehen hat, sondern wo ihm eine Sekretärin entweder ein Ja oder ein Nein übermittelt hat, erspart bleibt.

 


Wir haben weiters den Versicherungsschutz erweitert, insbesondere auf die hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, die in die soziale Krankenversicherung aufgenommen wurden, was sehr wichtig für Asylsuchende, für Migrantinnen/Migranten ist. Wir haben die Berufskrankheitenliste erweitert, und wir haben vor allem die Berechnung des Wo­chengeldes reformiert und wesentlich verbessert. Damit wird auch der Kinderbetreu­ungsgeldbezug stärker berücksichtigt. Eine Günstigkeitsklausel für Notstandshilfebe­zieherinnen wurde ebenfalls eingeführt. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 25

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Rasinger, haben Sie nach dieser umfassenden Beantwortung noch eine Zusatzfrage? (Abg. Schieder: Er hat ja nicht einmal eine Frage gehabt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) – Haben Sie eine Frage?

 


Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie haben die Angehörigen, die 300 000 Beschäftigten in den Gesundheitsberufen, Ärzte, Kran­kenschwestern und so weiter, von diesen Maßnahmen profitiert?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Rasinger! Hohes Haus! Einiges ist für die Patienten wesentlich besser geworden, und natürlich haben wir auch darauf geachtet, dass für die Angehörigen der Gesund­heitsberufe Erleichterungen in der Tat umgesetzt und durchgesetzt wurden. Hier ver­weise ich vor allem auf die umfassenden Mitspracherechte, die sie in den Landesge­sundheitsplattformen und in der Bundesgesundheitsagentur bekommen haben, und ebenso auf den Bürokratieabbau. Die Gesundheitskarte ersetzt ja insgesamt 42 Millio­nen Krankenscheine, die nicht nur von der Wirtschaft ausgestellt werden mussten, son­dern auch von den Ärzten ausgefüllt, von den Arzthelferinnen abgerechnet, dann in der Krankenkasse abgerechnet werden mussten. Das entfällt jetzt alles.

Wir haben darüber hinaus einen neuen Erstattungskodex für die Arzneimittel erstellt. Dieser Erstattungskodex sieht vor, dass nicht wie bisher jährlich rund fünf Millionen Re­zepte chefarzt- und bewilligungspflichtig sind, sondern nur mehr eine Million Rezepte. Das bedeutet eine Reduktion um 80 Prozent und damit auch eine Reduktion der Zahl der Bewilligungsvorgänge.

Wir haben darüber hinaus die Reihungskriterien-Verordnung novelliert, vor allem des­halb, um eine Gleichstellung von Ärztinnen und Ärzten zu erreichen. Damit wurde weiblichen Bewerberinnen um eine Vertragsarztstelle der Zugang zum entscheidenden Hearing erleichtert. Wir haben die Hebammenausbildung und die Ausbildung zu den medizinisch-technischen Diensten auf Fachhochschulebene angehoben und damit er­reicht, dass sie auch europakompatibel sind. Wir haben Fachschulen für Gesundheits­berufe zum Lückenschluss zwischen Pflichtschule und Pflegediplomausbildung ge­schaffen.

Wir haben vor allem eines, und auch das ist ein Thema, das für Frauen ganz beson­ders wichtig ist: Wir haben eine Teilzeitausbildung in der Pflege- und Diplomausbildung ermöglicht, insbesondere auch eine Ausbildung für Pflegewissenschaft Studierende und Wiedereinsteigerinnen, für die das, glaube ich, ein ganz wichtiger Schritt gewesen ist. Um den Mangel an diplomiertem Pflegepersonal zu beheben, haben wir die Auf­schulung von Pflegeassistentinnen, Pflegehelferinnen zu diplomiertem Personal – in der Regel sind das in der Mehrheit Frauen – berufsbegleitend ermöglicht. Damit schaf­fen wir auch ein höheres Einkommen für die Frauen und erreichen gleichzeitig auch ein Schließen der Einkommensschere. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Frau Bundesministerin! Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um eine flächendeckende Versorgung mit Fachärzten im ländlichen Raum zu gewährleisten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter! Wir haben in den letzten dreieinhalb Jahren – ich habe es gesagt – nicht nur die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 26

Gesundheitsstruktur oder die Versorgungsstruktur in Österreich durch eine gemein­same Planung und Steuerung des gesamten Gesundheitswesen in Österreich völlig verändert, sondern wir haben darüber hinaus auch den Österreichischen Strukturplan Gesundheit verabschiedet, und zwar den ersten Teil am 16. Dezember vorigen Jahres und den zweiten Teil mit den Strukturqualitätskriterien und der Berechtigungsmatrix am 28. Juni dieses Jahres.

Es ist hier gelungen, eine Einigung zwischen allen neun Bundesländern und dem Bund zu erreichen, sodass nunmehr sichergestellt ist, dass in den Landesgesundheitsplatt­formen gemeinsam mit den Ländern, die für die Spitäler verantwortlich sind, damit auch für die Ambulanzen, mit der Sozialversicherung, mit dem Bund alle Facharzt­stellen beziehungsweise die fachärztliche Versorgung diskutiert, geplant und gesteuert wird und damit Überversorgung einerseits vermieden, gleichzeitig aber auch ein Lü­ckenschluss in jenen Bereichen vorgenommen werden soll, wo nicht ausreichend fach­ärztliche Versorgung gegeben ist.

Im Österreichischen Strukturplan Gesundheit ist auch festgehalten, innerhalb welcher Zeit ein bestimmter Arzt erreicht werden muss. Das heißt, der Allgemeinmediziner, der Hausarzt muss in einem Umkreis von 15 Minuten erreichbar sein. Die Basisversorgung ebenfalls 15 bis 30 Minuten, auch interne und chirurgische Versorgung. Ein Augenarzt kann bis zu einer Stunde, eineinviertel Stunden entfernt sein, in den entlegensten Regi­onen, da man ja nicht sehr oft zum Augenarzt geht, während man die Basisversorgung sehr rasch braucht.

Hier gibt es eine genaue Definition, auch eine Bedarfsabklärung. Diese findet sich in diesem Strukturplan Gesundheit, und die Länder haben jetzt die Möglichkeit, in ihrer Landesgesundheitsplattform darüber zu entscheiden, wohin eine Facharztstelle kommt, wohin eine Ambulanz kommt, wohin möglicherweise eine Ärztegemeinschaft, eine Ärztegesellschaft kommt. (Abg. Dr. Jarolim: Wer sagt denn, dass man keinen Augenarzt braucht?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grünewald, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ergriffen und gerührt, Kollege Rasinger, über die umfassende Beglückung österreichi­scher PatientInnen möchte ich folgende Frage stellen:

Könnten Sie sich dafür einsetzen, dass parlamentarische Fragestunden nicht als „Ge­sangsübung von Minnesängern“ missbraucht werden, weniger einer bezahlten Ein­schaltung ähneln, sondern vielmehr – und das ist viel wichtiger – ein Stück realer Welt widerspiegeln? – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Grünewald! Ich darf diese Frage an die Präsidiale des Nationalrates weitergeben, um sie dort zu diskutieren, und wünsche Ihnen (in Richtung des Abg. Dr. Grünewald, der auf eine Krücke gestützt ist) auf jeden Fall gute Besserung!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Sil­havy.

 


Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Bundesministerin! Auf die „komplizierte“ Hauptfrage des Kollegen Rasinger, wie denn die Österreicherinnen und Österreicher von Ihrer Gesundheitspolitik profitiert hätten, haben Sie mit Peanuts geantwortet, aber die echten Hämmer der sozialen Belastungen und Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, haben Sie verschwiegen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 27

Ich würde Sie bitten – und jetzt komme ich zur konkreten Frage –, diese Frage auch zu beantworten und nicht wie bei der ersten Frage zu verschweigen, dass 1,67 Milliar­den € Abgang in der Krankenversicherung bis 2008 prognostiziert sind.

Ich schließe beim Kollegen Grünewald an ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, stellen Sie Ihre Frage?!

 


Abgeordnete Heidrun Silhavy (fortsetzend): Ich ersuche aber im Vorhinein um eine konkrete Beantwortung der Frage, da diese bisher ausgeblieben ist, nämlich bei den Abgängen in der Krankenversicherung haben Sie uns die 1,67 Milliarden verschwie­gen. (Rufe bei der ÖVP: Frage!)

Meine konkrete Frage ist: Um wie viel Prozent ist die Rezeptgebühr, die bekanntlich nur kranke Menschen zahlen müssen, denn ein Gesunder nimmt üblicherweise kein Medikament, in der Zeit von 2000 bis 2005 beziehungsweise 2006 gestiegen? (Abg. Dr. Jarolim: Die Antwort kommt auf dem ...!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Silhavy, ich darf darauf verweisen, dass die Rezeptgebühr von dieser Bundesre­gierung absolut nicht erhöht wurde (Abg. Mag. Wurm: Angeglichen!), sondern dass die Rezeptgebühr auf Grund einer Entscheidung aus dem Jahr 1981 unter Bundeskanzler Bruno Kreisky valorisiert wurde (Abg. Marizzi: Der war schuld!) und genauso wie Ihre Mieten oder andere Kosten, die valorisiert sind, jährlich automatisch gestiegen ist.

Diese Bundesregierung und auch die vorhergegangene Regierung Schüssel I haben keinerlei Erhöhung der Rezeptgebühr vorgenommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Die Frage war nach „wie viel“ und nicht „wer“! Eine klare, einfache Frage! – Bundesministerin Rauch-Kallat: Es ist valorisiert worden, nicht erhöht!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Frage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

171/M

„Können Sie ausschließen, dass es im Bereich der Gesundheitsfinanzierung zu weite­ren Erhöhungen bei den Selbstbehalten kommt?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Grünewald! Es hat in dieser Legislaturperiode keine Erhöhungen der Selbstbe­halte gegeben, es hat ausschließlich eine höhere Zuzahlung beim Brillenersatz ge­geben. Sonst sind alle Selbstbehalte, die es im österreichischen Gesundheitswesen gibt, vor dem Jahr 2000 eingeführt worden und gehen nicht auf das Konto der beiden Regierungen Schüssel I und Schüssel II zurück.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass jene Krankenkassen, die Selbstbehalte haben, nämlich jene der Gewerbetreibenden, der Beamten, der Eisenbahner und des Bergbaus, mit diesen Selbstbehalten bei der ärztlichen Leistung durchaus zufrieden sind, die auch dazu führen, dass diese Krankenkassen kostendeckend bilanzieren und geführt wer­den können.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 28

Ich habe nicht vor, in dieser Legislaturperiode noch irgendwelche Erhöhungen vorzu­nehmen, um Ihre Frage ganz konkret zu beantworten. (Ironische Heiterkeit bei Abge­ordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wollen Sie eine Zusatzfrage stellen, Herr Abgeordne­ter? – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die Verkleinerung von Medikamentenpackungen wird als große innovative Idee abgefeiert. Es gibt aber viele Gründe, warum die Verkleinerung von Medikamentenpackungen das Gesundheitssystem auch teuer zu stehen kommen könnte. Nennen Sie mir vielleicht zwei oder drei davon!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Von einzelnen Medikamentenpackungen? – Da muss ich leider passen, Herr Abgeordneter Grüne­wald. Da ich nicht Ärztin bin und auch nicht genau beobachte, welche Medikamenten­packungen verkleinert beziehungsweise vergrößert werden, kann ich Ihnen auch keine dezidiert nennen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.)

Allerdings möchte ich schon festhalten, dass es immer eine intensive Diskussion inner­halb der Sozialversicherung gibt – und die ist ja für die Bewilligung beziehungsweise für die Refundierung von Medikamentenkosten zuständig –, ob es sinnvoller ist, grö­ßere oder kleinere Packungen zu nehmen. Einerseits muss es größere Packungen vor allem für chronisch kranke Menschen geben, weil bei diesen ständiger Bedarf gegeben ist und mit den großen Packungen natürlich beim Einzelnen keine Rezeptgebühr an­fällt, beziehungsweise es gibt ja auch Erleichterungen für chronisch Kranke und sozial Bedürftige, nämlich die Befreiung von der Rezeptgebühr.

Umgekehrt erleben wir immer wieder – ich glaube, das geht uns allen so –, dass Medi­kamente, die in einer Packung sind, nicht aufgebraucht werden und irgendwann einmal hoffentlich, sage ich jetzt als ehemalige Umweltministerin, einer ordnungsgemäßen Entsorgung als Sondermüll zugeführt werden. Was die Kosten der Medikamente an­langt, so ist es natürlich schade, wenn Medikamente weggeworfen werden müssen. Daher die Überlegungen der Krankenversicherungen, auch kleinere Packungen zu nehmen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass für die Refundierung von Medikamenten aus­schließlich die Sozialversicherung zuständig ist, dass ich nicht eingreifen kann, was be­willigt wird und was nicht. Es gibt eine Heilmittelevaluierungskommission, in der 20 Personen sitzen, Expertinnen und Experten aus der Sozialversicherung, aus dem medizinischen und aus dem pharmazeutischen Bereich. Ich habe keine Möglichkeit, in diese Entscheidungen einzugreifen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Spin­delberger.

 


Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Bundesministerin! Für Sie, in Ihrem Ressort muss ja auch das Thema „Spielsucht“ von großer Bedeutung sein. Mich würde interessieren:

Wie verhält es sich aus Ihrer Sicht mit der Steigerung der Spielsucht, wenn heute im Nationalrat von ÖVP und BZÖ beschlossen wird, dass dieses Spielmonopol in Wirk­lichkeit aufgehoben wird, was noch dazu gleichzeitig dazu führt, dass der organisierte Sport in Österreich mittellos dastehen wird?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 29

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Spindelberger! Mein Ministerium beschäftigt sich natürlich mit Fragen der Sucht: sowohl mit legalen als auch illegalen Drogen, insbesondere mit dem Rauchen und Alkohol innerhalb der legalen Drogen und mit Suchtmitteln und Suchtgiften innerhalb der illegalen Drogen.

Auch Spielsucht ist ein Thema. Sie ist ebenso wie Arbeitssucht und andere Arten von Sucht, so zum Beispiel Kaufsucht, zwar nicht substanzgebunden, aber für die Betroffe­nen und vor allem für deren Angehörige existenzbedrohend.

Ich werde alles dazu tun, um Menschen, die in Österreich von Sucht bedroht, von Sucht betroffen sind, Hilfe anzubieten. Wir tun das auch über die psycho-sozialen Dienste, über eine entsprechende Förderung von Selbsthilfegruppen. Ich kann Ihnen daher nur sagen, ich werde das auch in Hinkunft tun.

Was die Änderung des Glücksspielmonopolgesetzes, des Glücksspielgesetzes an­langt, so liegt mir vor allem auch daran, dass der organisierte Sport in Österreich wei­terhin die entsprechenden Mittel hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Auch Raiffeisen sagt nein zum Glücksspiel!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wöginger, bitte.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Bundesministerin, ich habe noch eine Frage zur Diskussion um die Selbstbehalte:

Seit wann gibt es in der österreichischen Sozialversicherung Selbstbehalte, und welche Lenkungswirkungen haben sie?

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Abgeord­neter Wöginger! Es gibt in der österreichischen Sozialversicherung – historisch ge­wachsen – immer schon Selbstbehalte. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Be­reichen, in Form von Zuzahlungen zu den Medikamenten, wie die Rezeptgebühr. Ich habe es schon angeführt: Die Valorisierung der Rezeptgebühr ist mit 1981 eingeführt worden.

Wir haben einige Krankenversicherungen, bei denen es auch Zuzahlungen zur ärzt­lichen Leistung gibt, wie ich vorhin erwähnt habe, und zwar jene der Beamten, der Eisenbahner und des Bergbaus.

Die Ergebnisse dieser Zuzahlungen der Patienten auch bei der ärztlichen Leistung sind vor allem auch in einer Art Kontrolle gegeben, welche ärztlichen Leistungen tatsächlich durchgeführt wurden. Das heißt, hier hat auch der Patient ein höheres Kostenbewusst­sein für die eigentlichen Kosten.

Wir haben darüber hinaus in dieser Legislaturperiode auch eingeführt, um das Kosten­bewusstsein zu steigern, dass auf den Rechnungszetteln der Apotheken der Original­preis der Medikamente angeführt ist, sodass die Patienten auch sehen, welchen Wert diese Medikamente eigentlich darstellen, für die sie 4,45 € Rezeptgebühr zahlen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Rossmann, bitte.

 


Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Bundesminister, können Sie noch einmal ausführen, von wem und wann diese Selbstbehalte eingeführt wur­den? (Abg. Öllinger: Bitte noch ein Mal! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Rossmann! Ich kann nur sagen, diese Bundesregierung beziehungsweise die vorige Bundesregierung hat einen einzigen Selbstbehalt eingeführt (Abg. Dr. Nieder­wieser: Also, die ÖVP war nicht dabei, oder?), nicht eingeführt, sondern nur erhöht, nämlich die Zuzahlung zu den Sehbehelfen, ausgenommen natürlich die Kinder, die Jugendlichen und sozial Schwache. Alle anderen Selbstbehalte, die es derzeit in Ös­terreich gibt, wurden unter sozialdemokratischen Sozialministern beziehungsweise Bundeskanzlern eingeführt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Silhavy: Gut, dass es nie eine Ambulanzgebühr gegeben hat!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der 5. Fragenkomplex in dieser Fragestunde abgearbeitet.

Die 6. Frage leitet Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner ein. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

169/M

„Welche konkreten Maßnahmen haben Sie als Frauenministerin ergriffen, um die For­derung ,gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit‘ zu verwirklichen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Achleitner! Hohes Haus! Wir haben uns in den letzten dreieinhalb Jahren intensiv bemüht, jene drei Kriterien, die für die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen vor allem verantwortlich sind, nämlich die Berufswahl, die Berufsunterbre­chung und den Berufsaufstieg, so weit zu analysieren und entsprechende Maßnahmen in diesen Bereichen zu setzen, dass zunehmend Mädchen und junge Frauen hinsicht­lich der Gleichstellung und damit auch der Gleichstellung der Einkommen vorankom­men.

Gemäß Berechnungen von EUROSTAT ist der Unterschied zwischen den durch­schnittlichen Bruttostundenverdiensten der Männer und der Frauen seit dem Jahr 2000 von 20 Prozent auf 18 Prozent gesunken. Das heißt, es ist uns gelungen, die Einkom­mensschere etwas zu verkleinern. Es ist aber noch nicht zufrieden stellend. Wir wer­den sehr hart weiter daran arbeiten müssen, um die Einkommensschere gänzlich zu schließen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben durch die Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2004 zahlreiche Verbesserungen für Frauen, wie die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf die gesamte Arbeitswelt oder den Mindestschadenersatz mit einer Entgeltdifferenz von drei Monatsentgelten bei der beruflichen Aufstiegsdiskriminierung oder das in der Pra­xis besonders wichtige Benachteiligungsverbot für ZeugInnen und Auskunftspersonen eingeführt, sodass es auch gesetzliche Maßnahmen zur Gleichstellung gegeben hat.

Darüber hinaus haben wir mit sehr viel Informationsarbeit, vor allem der Berufsinforma­tionsmesse unter dem Motto „Mädchen können mehr“, „Mädchen in Handwerk und Technik“, aber auch mit Informationsveranstaltungen für Berufskundelehrerinnen und ‑lehrer, Berufsberaterinnen und Berufsberater Maßnahmen gesetzt, um die Entschei­dungen für junge Mädchen in Richtung besser bezahlte technische, handwerkliche Berufe zu erleichtern. Wir haben ein neues Programm des Wirtschaftsministeriums,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 31

nämlich „Frauen in Handwerk und Technik“, für die Jahre 2006 bis 2008 gestartet, um Frauen und Mädchen für nicht traditionelle Berufe zu motivieren. Und mit dem Projekt „Technik ist weiblich“ sensibilisiert die Fachhochschule fh-campus Wien in der AHS und BHS Jugendliche für Technik und Naturwissenschaften.

Ich habe erst vorige Woche erstmals den Hedy Lamarr-Preis für Frauen in der Nach­richtentechnik verliehen, um hier auch wirklich role models für junge Frauen zu schaf­fen.

Wir haben eine Reihe von Maßnahmen im Mentoring gesetzt, um Frauen den Berufs­aufstieg zu erleichtern, in der Zwischenzeit drei bundesweite Mentoring-Messen abge­halten und auch Cross-Mentoring im öffentlichen Dienst durchgeführt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Bundesministerin! Eine der Problematiken der Einkommensschere ist, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in erster Linie auf den Schultern der Frauen lastet. In Zeiten einer SPÖ-Frau­enministerin hat es während des Bezugs des Karenzgeldes ein Quasiberufsverbot gegeben. Bei Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes kann man jetzt bis zu einer Zuver­dienstgrenze dazuverdienen. Wir sind der Meinung, die Zuverdienstgrenze sollte auf­gehoben werden – und was meinen Sie dazu?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Achleitner, es ist richtig, dass die Zuverdienstgrenze gegenüber 1999 erheblich angehoben wurde. Sie lag im Jahr 1999 bei 296 € monatlich, und das sehr starr und unflexibel. Hat man in einem Monat mehr verdient, hat man sofort das Karenzgeld ver­loren.

Die Zuverdienstgrenze ist seit Einführung des Kinderbetreuungsgeldes auf 14 600 € angehoben worden, und zwar sehr flexibel gestaltet – vorher waren es 3 552 €! An die SPÖ-Damen gerichtet: Das ist fast vier Mal so viel. Ich weiß, dass das wehtut, aber es ist so.

Wir haben darüber hinaus das Kinderbetreuungsgeld für alle Frauen sichergestellt, das heißt unabhängig davon, ob sie vor der Geburt des Kindes unmittelbar berufstätig waren oder nicht. Das bedeutet, dass viel mehr Frauen als je zuvor das Kinderbetreu­ungsgeld bekommen, nämlich auch Bäuerinnen, Gewerbetreibende, aber auch Stu­dentinnen und Schülerinnen, die früher von einer finanziellen Leistung ausgeschlossen waren. Darüber hinaus wurde natürlich auch noch das Kinderbetreuungsgeld auf 436 € erhöht.

Es hat sich gezeigt – das hat die zuständige Frau Bundesministerin Haubner ja auch getan –, dass laut Evaluierung des Kindergeldes hier ein Bedarf besteht, Veränderun­gen vorzunehmen, um gegebenenfalls vor allem auch jenen Frauen, die früher wieder in den Beruf einsteigen wollen, die vor allem auch den Anschluss nicht verlieren wol­len, eine flexiblere Lösung anzubieten. Ich glaube, wir werden in der neuen Legislatur­periode darüber diskutieren, wie und in welcher Form dies geschehen kann.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Ministerin! Frauen verdienen im Gesundheits- und Pflegebereich zum Beispiel ein Viertel dessen, was Männer ver­dienen – also in einem Bereich, wofür Sie zuständig sind. In untypischen Berufen, zum


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 32

Beispiel in Architekturbüros, also in einer selbständigen Tätigkeit, verdienen die Män­ner zweieinhalb Mal so viel wie die Frauen.

Glauben Sie wirklich, dass Sie mit ein bisschen Berufsberatung und ein bisschen Men­toring diese Einkommensunterschiede bewältigen, oder glauben Sie nicht vielmehr, dass eine gesetzliche Maßnahme wie zum Beispiel die Bindung der Wirtschaftsförde­rung an die Einkommensgerechtigkeit und andere Gleichstellungsparameter in den Fir­men notwendig wären?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Weinzinger, ich muss Sie korrigieren: Es gibt in Österreich Kollektivverträge, die streng geschlechtsneutral gehalten sind und in denen es keinerlei Unterschiede zwi­schen Männern und Frauen gibt.

Ich kann auch nicht stehen lassen, dass Frauen in Pflegeberufen ein Viertel von dem verdienen, was Männer verdienen. Wenn sie in gleichen Bereichen eingesetzt sind, dann haben sie auch die gleiche Bezahlung. Sie müssen allerdings eines schon beach­ten: dass Sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen können! Es geht hier immer auch um arbeitszeitbereinigte Daten. Wenn Sie das Gesamteinkommen heranziehen, dann ist zu bedenken, dass eine weitaus größere Zahl von Frauen in Teilzeitarbeit eingesetzt ist. 90 Prozent davon wollen diese Teilzeitbeschäftigung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Nein!)

Eine Studie der Wirtschaftskammer hat sehr deutlich gezeigt, dass nur 10 Prozent der Frauen, die in Teilzeit beschäftigt sind, eine Vollzeitbeschäftigung wünschen. Und wir werden alles daransetzen, für diese 10 Prozent der Frauen, die eine Vollzeitbeschäfti­gung wünschen, auch eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu schaffen. Aber wir werden auch sicherstellen, dass die Frauen, die Teilzeit wollen, auch Teilzeit arbeiten können (Beifall bei der ÖVP), weil das meines Erachtens eine gute Möglichkeit ist – im Übrigen auch für Männer –, Beruf und Familie zu verbinden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Weinzinger: Das war leider keine Antwort auf meine Frage!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Binder-Maier.

 


Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Bei den Frauen erfolgte der Beschäftigungszuwachs vor allen Dingen über die Teilzeit, während die Vollbeschäftigung zurückgegangen ist. – Ich bin da anderer Meinung als Sie, dass die Frauen das freiwillig tun: Gerade im Handel gibt es nur Teilzeitarbeitskräfte und da­durch auch geringen Lohn.

Meine Frage an Sie: Welche konkreten Maßnahmen – vielleicht drei, Frau Ministerin – werden Sie setzen, um Frauen die Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Binder! Wir haben diese konkreten Maßnahmen bereits im vergangenen Herbst gesetzt mit einem Beschäftigungspaket, das 285 Millionen € zusätzlich dem Arbeits­markt zugeführt hat. Davon wurden 100 Millionen € ausschließlich für Frauen reserviert und sind in Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen geflossen. Insgesamt können damit in der Zwischenzeit mehr als 22 500 Frauen besser qualifiziert werden und damit auch die Chance erhalten, einen geeigneten Vollzeitarbeitplatz zu finden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 33

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Frau Bundesministerin! Welche konkreten Maßnahmen wurden seitens dieser Bundesregierung bezüglich einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen gesetzt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Abgeord­nete Scheucher, wir haben im Rahmen der beiden Pensionsreformen und im Rahmen des Kinderbetreuungsgeldes wesentliche Maßnahmen gesetzt, um die Altersversor­gung vor allem von Frauen an jene der Männer anzugleichen, wobei wir wissen, dass ein wesentliches Manko bislang – also in der Vergangenheit – immer die Zeiten der Kindererziehung waren.

Wir haben schon in den neunziger Jahren massiv darauf gedrungen, dass die Kinder­erziehungszeiten auch pensionsbegründend angerechnet werden – es war sehr, sehr schwierig, das auch durchzusetzen. Wir haben jetzt sichergestellt, dass die Kinderbe­treuungszeiten nicht nur pensionserhöhend, sondern auch pensionsbegründend sind, das heißt, dass insbesondere auch Frauen mit mehreren Kindern nicht mehr, wie noch bis vor kurzem, mindestens 15 eigene Beitragsjahre brauchen, sondern auch schon mit sieben eigenen Beitragsjahren ein Pensionsanspruch erworben werden kann.

Darüber hinaus hat diese Bundesregierung sichergestellt, dass bei jeder Geburt eines Kindes vier Jahre lang pro Monat 1 350 € Pensionsbemessungsgrundlage zusätzlich zu jedem Einkommen, das die Frau in dieser Zeit hat, angerechnet wird. Das heißt, wenn eine Frau zum Beispiel nach zwei Jahren, nach 24 Monaten, wieder in den Beruf einsteigt, etwa Halbzeit einsteigt und 800 € verdient, werden diese 800 € zu den 1 350 € dazugezählt, und sie hat für diese zwei Jahre eine Pensionsbemessungs­grundlage von 2 150 €. – Das ist eine Regelung, die besser ist als jemals zuvor! Die Bundesregierung nimmt dafür eine Milliarde € jährlich in die Hand. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit sind wir an das Ende der Fragestunde gelangt. Ich danke der Frau Bundesministerin für die Antworten.

10.05.47Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich bekannt: Der Klub der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion hat gemäß § 93 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 4605/J der Abgeordneten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend enorm gestiegene Steuerbe­lastung der österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen dringlich zu be­handeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Um die Punkte 1 bis 4 und 14 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzuse­hen.

Bei den Punkten 1 bis 4 und 14 handelt es sich

erstens um den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai betreffend Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 34

zweitens um den Einspruch des Bundesrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH erlassen wird, das Bundes­gesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesund­heitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden,

drittens um den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend Wohnrechtsnovelle 2006,

viertens um den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahn­gesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesell­schaft“ geändert werden, und

schließlich – fünftens – um den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend Wasserrechtsgesetznovelle 2006.

In der Präsidialkonferenz ist diese Vorgangsweise so vereinbart worden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist hinsicht­lich dieser Gegenstände ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig und damit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenom­men.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 5 bis 7, 8 bis 10, 11 bis 13, 18 und 19, 21 bis 23 sowie 24 bis 29 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Ge­staltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitliche – BZÖ 96 Minuten sowie Grüne 104 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung. (Ein SPÖ-Klubmitarbeiter spricht mit Abg. Dr. Cap.)

Herr Dr. Schnizer, ich glaube nicht, dass Sie stimmberechtigt sind, und dass Sie mir den Rücken zuwenden, ist nicht besonders elegant – ich rüge das immer wieder!

Wir kommen also zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Die Redeordnung ist also mit der Stimme des Herrn Dr. Schnizer einstimmig angenommen.

Ich muss darauf aufmerksam machen, dass es bei Abstimmungsvorgängen absolut un­gehörig ist, dass Damen und Herren, die dem Hohen Haus nicht durch Wahl des Bun­desvolkes angehören, hier die Sicht verstellen!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 35

10.09.391. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1621 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1630 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1622 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgeho­ben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1631 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Mi­nuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


10.10.43

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sie werden heute ein weiteres Kapitel verfehlter Gesundheitspolitik abschließen, indem Sie trotz heftigster Proteste aus allen Bereichen, von Ländern, Sozialversicherungen und so weiter, die Gesundheit Öster­reich GmbH endgültig absegnen werden. Dieser heutige Beschluss reiht sich, meine Damen und Herren, nahtlos in die lange Liste einer gegen die Menschen gerichteten Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung ein. Chaos, unsoziale Belastungen für kranke Menschen und hemmungsloser Machtausbau sind die Markenzeichen dieser Politik, auf die Sie in der Tat nicht auch noch stolz sein sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen jetzt, meine Damen und Herren, einen kurzen Abriss Ihrer verfehlten Politik vorhalten: Ambulanzgebühr  – Chaos, e-card – Chaos, Hauptverband – Macht­ausbau und enorme Belastungen durch exorbitante Erhöhung der Selbstbehalte. Mei­ne Damen und Herren, Sie haben in Ihrer Zeit das Finanzrisiko fast ausschließlich auf kranke Menschen übertragen und somit die sozial Schwächeren in unserer Gesell­schaft getroffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie, Frau Bundesministerin, heute in der Fragestunde so getan haben, als wäre ohnehin alles schon unter den vorigen Regierungen, also von der Sozialdemokratie sozusagen beschlossen worden, muss ich Sie schon berichtigen, denn in Ihrer Zeit, Frau Bundesministerin, sind zum Beispiel die Selbstbehalte für Brillen um 256 Prozent gestiegen, der Spitalkostenbeitrag um 97 Prozent und die Rezeptgebühr um 36 Pro­zent. Und das, meine Damen und Herren, Frau Bundesministerin, hat mit Valorisierung gar nichts zu tun. Das ist nichts anderes als brutales Abkassieren bei kranken Men­schen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie so wollen, Sie haben wirklich „reiche Ernte“ bei kranken Menschen eingefah­ren. Aber das ist ja noch nicht das Ende, meine Damen und Herren, denn Sie haben schon 2003 die Verordnungsermächtigung für generelle Selbstbehalte für den Haupt­verband beschlossen. Und es stimmt nicht, Frau Bundesministerin, dass Sie keine wei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 36

teren beschlossen haben, denn damit ist es möglich, dass weitere generelle Selbst­behalte für Arztbesuch, für Ambulanzbesuch und Facharztbesuch, Zahnarztbesuch verlangt werden. All das beweist das Scheitern Ihrer Gesundheitspolitik. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lentsch: Wunschdenken!)

Geschätzte Damen und Herren, nun zur Gesundheit Österreich GmbH. Trotz massivs­ter Kritik – ich habe es schon erwähnt – sind Sie trotz anders lautender Absprachen konsequent den Weg des Machtausbaus für die ÖVP gegangen und haben gerade in der Gesundheitspolitik den so wichtigen Weg des Konsenses verlassen.

Es ist sozusagen das Einmaleins der Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren, dass ein funktionierendes Gesundheitssystem die Zusammenarbeit aller betroffenen Berufsgruppen, der Sozialversicherung, der AnbieterInnen von Gesundheitsleistungen, und der Politik braucht. Und gerade in diesem Bereich haben Sie den Weg dieses Kon­senses verlassen. Und wir sind mit dieser Meinung nicht ganz allein.

Die Vorarlberger Landesregierung – wahrlich nicht rot dominiert – hat Ihnen in ihrer Stellungnahme geschrieben, dass das der falsche Weg ist, den Sie hier beschreiten, und dass Sie trotz anders lautender Abmachungen den Weg des Konsenses verlassen haben.

Auch die Landeshauptfrau von Salzburg, die Landesrätinnen Stöger und Brauner ha­ben Sie ersucht, diesen Weg zu verlassen. – Sie aber haben das Ganze nicht einmal ignoriert!

Frau Bundesministerin, wenn Sie immer in den Raum gestellt haben, dass das neue Institut weisungsfrei wissenschaftlich arbeiten darf, so darf ich Ihnen ein Mail vorlesen, das mir zugegangen ist. Ein Mitarbeiter des ÖBIG hat mir geschrieben: Die aktuelle po­litische Situation rund um die Umstrukturierung des ÖBIG und der daraus resultierende Verlust an Unabhängigkeit und das Ignorieren der Stellungnahme im endgültigen Ver­fahren sowie die immer dreister werdende Einflussnahme auf wissenschaftliche Ergeb­nisse haben mich bewogen, ... Und so weiter und so weiter.

Frau Bundesministerin, da sind unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt worden. Sie wollen sich einen Machtapparat schaffen, auf den Sie bedingungslos Einfluss ha­ben, und die Gesundheitspolitik ohne andere Stellungnahmen beeinflussen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, Sie sind in der Gesundheitspolitik gescheitert, Sie sind mit Ihrer Gesundheitspolitik in einer Sackgasse gelandet, aus der Sie nicht mehr her­auskommen werden. Denn das wahre Ziel in Ihrer Gesundheitspolitik ist die Segmen­tierung der Gesellschaft in einige wenige, die alles haben, und viele, die sich in der Bürgergesellschaft um Almosen anstellen können, mit dem Ergebnis – und ich habe es schon gesagt –, dass der sozial schwächere Teil der Gesellschaft in der medizinischen Versorgung massivst benachteiligt wird. Es ist daher höchste Zeit für einen Kurswech­sel in der Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren, und am 1. Oktober werden die ÖsterreicherInnen reichlich davon Gebrauch machen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger ans Rednerpult. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.16.31

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Eigentlich war ich der Meinung, dass wir über den Einspruch des Bun­desrates reden. Was Sie da abgeliefert haben, war eigentlich eine vorgeschriebene Wahlkampfrede, und die war schwach. (Beifall bei der ÖVP.) Gott behüte, dass wir in


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 37

dieser „Sackgasse“ sind. Ich bin froh darüber, dass wir in dieser „Sackgasse“ sind, von der Sie reden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Es sind die neuesten OECD-Daten interessant: Österreich auf Platz 11 bei den Kosten, in der Performance, in der Leistung des Gesundheitswesens immer unter den ersten drei bis maximal fünf. Ich möchte gerne mit einem derartigen Gesundheitswesen leben, wie es das österreichische ist, aber wenn Sie auswandern wollen, ist das Ihr Problem. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage ein Dankeschön den 300 000 Beschäftigten im Gesundheitswesen, die diese Leistung mit hoher Motivation und Herz erbringen.

Ich hätte mir eigentlich gedacht, dass wir über den Einspruch reden. Da geht es auch um den Solidaritätsfonds. Der war Ihnen kein einziges Wort wert, sondern im Gegen­teil, Sie beeinspruchen das und zeigen, dass Sie kein Herz haben für eine Patientin, die durch einen Arzt vorsätzlich geschädigt wurde.

Ihr Volksanwalt Kostelka hat diesen Vorschlag gemacht, Ihr Volksanwalt Kostelka hat gesagt, man möge einen Härtefonds schaffen. Sie tun das nur, weil der Herr Ärztekam­merpräsident gezielt, bewusst ständig verwirrende Äußerungen von sich gibt und sagt, na ja, da müssen alle Ärzte haften. Ich schäme mich, dass so etwas passiert ist, dass ein Arzt so daneben behandelt hat, und ich glaube, man kann mit allem Geld der Welt diesen zwei an Krebs erkrankten Frauen in Wirklichkeit nicht helfen.

So, wie die Ärztekammer für die Tsunami-Opfer 100 000 € gespendet hat und andere positive Sachen gemacht hat, dient dieser Fonds ausdrücklich zur Wiederherstellung des Standesansehens, ist also eine Unterstützung und Entlastung. Es ist keine Haf­tung – dies entgegen den Äußerungen der Ärztekammer.

Ich muss das ganz ehrlich sagen: Mich macht das sehr betroffen, wenn man Patienten so im Kreis schickt, und gerade Sie von der SPÖ und gerade Sie von den Grünen, die immer hohe Standards fordern, verstecken sich hier hinter juristischen Argumenten und sagen, geht nicht, machen wir nicht, brauchen wir nicht. Ich glaube, wir wären alle gut beraten, wenn wir einmal versuchten, die Welt aus der Sicht des Patienten zu se­hen, und fragen, was braucht der Patient in dieser Phase. – Ich glaube, am wenigsten braucht er juristische Kleinkrämerei. Und deshalb stehen wir dazu, dass es einen Soli­daritätsfonds geben soll für Frauen, für alle Patienten, die derart zu Schaden gekom­men sind. Ich glaube, es wäre gescheiter, wenn die Ärztekammer, anstatt teuerste Gut­achten in Auftrag zu geben, das Geld, das sie für Gutachten ausgibt, noch dazu unter falschen Voraussetzungen, dafür verwendet, diesen zwei Frauen zu helfen.

In diesem Sinn hoffe ich, dass Herr Abgeordneter Grünewald vielleicht auch ein Zei­chen der Versöhnung setzen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

10.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


10.20.01

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Frau Bundesministerin! Glauben Sie nicht, dass die Opposition nur aus Jux und Tollerei oder in Vorwegnahme eines Wahlkampfes im Bundesrat etwas beeinsprucht, was nicht in jedem einzelnen Punkt generell schlecht war – das muss ich fairerweise dazusagen. Ich möchte Ihnen aber schon Gründe nennen, warum man glaubt, Zeichen setzen zu müssen, und in welchen Punkten unserer Kritik auch Zeichen notwendig sind. Ich bringe diese Punkte nunmehr in bunter Reihenfolge hier vor.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 38

Sie haben versucht, und das wäre im Prinzip ja nicht schlecht, geistig abnorme Rechts­brecher nicht nur in Justizanstalten zu therapieren und zu behandeln, sondern auch in einer Allgemeinpsychiatrie, unabhängig von Justizstrafanstalten.

Punkt 1: „Geistig abnormer Rechtsbrecher“ oder „geistig abnorme Rechtsbrecherin“ ist ein Ausdruck, den ich gerne anders formuliert hätte. Wenn ich „geistig abnorm“ bin – und auch „abnorm“ ist kein glücklicher Ausdruck –, kann ich de facto nur sehr schwer Recht brechen, weil ich krank bin. Das sollte man, glaube ich, schon etwas diffiziler überdenken.

Zweitens würde es Sinn machen, die Betreffenden aus Justizanstalten herauszuneh­men, weil sie dort aufgrund ihrer Krankheit de facto fehl am Platz sind und die Betreu­ung dort auch eine Diskussion in der Öffentlichkeit wert wäre. Dort nur einige Psycho­therapeuten, einige Psychiater einzustellen, die eine wirkliche Therapie und Betreuung aufgrund schlechter Ressourcen nicht bewältigen können, ist eine Feigenblatt-Politik und für die dort sitzenden und liegenden PatientInnen kein Vergnügen und keine reale Chance, sich bessern zu können oder gesund zu werden.

Drittens zeigen ausländische Beispiele, zum Beispiel Italien, dass das ohne die ent­sprechenden Begleitmaßnahmen nicht machbar ist. Der berühmte Psychiater Basaglia wollte die großen psychiatrischen Ghettos schließen und die PatientInnen hinaus in ihre Städte, Landgemeinden, Dörfer bringen – eine wunderbare, eine sehr gute Idee. Man hat aber damals in diesem „Modell Triest“ übersehen, dass es auch dort Ressour­cen braucht: in den Städten, in den Gemeinden, in den Ländern und Regionen. Leute einfach aus der Psychiatrie zu entlassen und sich selbst zu überlassen ist nicht das Gelbe vom Ei.

Daher sehe ich auch diesen Punkt bei Ihnen kritisch. So gut es wäre, die PatientInnen hinauszuführen in die regulären Psychiatrien, so schlecht ist es, diese Psychiatrien nicht dafür auszustatten, um das auch bewältigen zu können. Wenn Sie das tun, wenn das gesichert ist, haben Sie natürlich meine Stimme.

Weiters wäre es nicht schlecht – obwohl es ein makabres Beispiel österreichisch-deutscher Zusammenarbeit ist –, einen entsprechenden Beschluss bezüglich Braunau und Simbach herbeizuführen. Es wäre gut gewesen, das zu beschließen, aber Sie ha­ben das in eine Materie verpackt, die eine differenzierte Abstimmung letztlich verun­möglicht hat. Man müsste einmal darüber reden, ob es hier nicht andere Möglichkeiten gäbe.

Was mir nicht gefällt, demokratiepolitisch nicht gefällt, ist, dass Sie zu „freundlich“ wa­ren zu Teilen der Ärztekammer, sodass bei Wahlen in leitende Organe der angestellten Kurie es ein Verein der Primarärzte geschafft hat, dass ein Primararzt kraft seines Amtes, kraft seines Titels automatisch – ich sage es jetzt juridisch ungenau – in den Vorstand gekommen ist, ohne dafür gewählt zu werden. Diesem Verein sitzt Ex-Staats­sekretär Waneck vor, der sage und schreibe mit seinen Kollegen, die bei mir waren, behauptet, das geschehe zum Wohle Österreichs. Sie seien die Wissenden, und die Wissenden müssten verankert werden. – Gestatten Sie mir, dass ich da Bedenken an­melde.

Bezüglich der Gesundheit Österreich GmbH war ich immer der Meinung, dass ein Ministerium stark sein soll und auch Kompetenzen haben soll, auch wissenschaftlicher Natur. Diese ganze Auslagerungsmaschinerie, um Maastricht-Kriterien zu erfüllen oder Budgetkosmetik oder BeamtInnenkosmetik zu betreiben, halte ich langsam für grotesk, wenn alles zugekauft werden muss von Gesellschaften, die wiederum natürlich im Ein­flussbereich bestimmter Parteien stehen können, deren Geschäftsführer bestellt wer­den. Dass hier Misstrauen in dieser Legislaturperiode entstanden ist, mögen Sie mir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 39

bitte nachsehen. Dieses Misstrauen ist nicht unbegründet; ich will das aber jetzt nicht belegen, weil das in sechs Minuten gar nicht möglich wäre.

Dass Patientenrechte und Schäden durch medizinische Behandlungen oder durch das Medizinsystem insgesamt – es müssen ja nicht Ärzte allein sein, die diesen Schaden verursachen – besser geregelt werden könnten, war Gegenstand von x Anträgen hier im Parlament auf eine verschuldensunabhängige Medizinhaftung. Wenn nun aufgrund einzelner Fälle in Österreich ein Fonds gegründet werden muss, der wieder so etwas wie Almosencharakter hat, erinnert mich das etwa an die Schiedsstellen der Ärztekam­mer, die besser sind als nichts, aber die Optik ist unbefriedigend.

Bekennen Sie sich dazu, einmal eine verschuldensunabhängige Patientenhaftung an­zugehen, die einerseits den Gesundheitsberufen nützt und andererseits den PatientIn­nen schneller zu ihrem Recht verhilft, weil sie sonst durch unendliche Zivilprozesse, Gutachterkriege die Hälfte ihres Vermögens verlieren und dann vielleicht nur mit einem Trinkgeld abgespeist werden.

Es gibt noch viel zu tun. Es war nicht alles schlecht, aber trotzdem gibt es genügend Gründe, dazu zu stehen, im Bundesrat nicht zu allem Ja und Amen zu sagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Mittermüller wünscht, 2 Minuten zu sprechen. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


10.26.55

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Die Qualität des österreichischen Gesundheitswesens ist zweifellos eine sehr hohe. Dass wir diese Qualität erhalten wollen und sogar noch um Verbesserungen bemüht sind – und das auch im Hinblick auf die großen Herausforde­rungen in der Finanzierung, auch hier sind wir auf einem guten Weg –, ist sehr erfreu­lich.

Wir diskutieren heute über die vorgesehene Zusammenlegung des Fonds Gesundes Österreich und des „Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen“ zu einer gemeinsamen Einrichtung. Diese Zusammenlegung macht Sinn, um Synergieeffekte zu nutzen und ein Kompetenzzentrum für Gesundheitsförderung in Österreich zu schaffen.

Die geplante Einrichtung wird in der Lage sein, an der künftigen Entwicklung im Ge­sundheitsbereich gezielt mitzuwirken. Die Zusammenführung in ein nationales For­schungs- und Planungsinstitut wird es ermöglichen, alle wesentlichen Daten zum Ge­sundheitswesen zu sammeln und wirtschaftlich auszuwerten. Ein wichtiger Aspekt da­bei ist auch das Mitwirkungsrecht aller Bundesländer und der Sozialversicherungen.

Ein wesentlicher Aspekt im Gesundheitswesen und ein Aspekt der Weiterentwicklung in diesem Bereich ist sicherlich die Einrichtung eines Solidaritätsfonds. Damit soll Pati­entInnen geholfen werden, welche durch verschuldete ärztliche Kunstfehler Schaden erlitten haben und keine Aussicht haben, in angemessener Zeit zu Schadenersatz zu kommen. Diesen Menschen wird dadurch schnell und unbürokratisch geholfen werden können.

Wie notwendig diese Einrichtung ist, können wir am Beispiel eines Gynäkologen und seines Fehlverhaltens sicherlich nachvollziehen; der Fall ging kürzlich durch die Me­dien. 16 700 Krebsabstriche von Frauen wurden von ihm nicht zur Befundung ins La­bor weitergeleitet! Viele seiner Patientinnen sind leider erkrankt, und ihre Schadener­satzforderungen blieben bisher leider erfolglos. Diesen Patientinnen könnte der Fonds sofort helfen, um wenigstens ihr menschliches Leid etwas zu mildern.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 40

Die Bundesregierung zeigt also wiederum, dass sie um alle Anliegen der PatientInnen in Österreich bemüht ist, und wir hoffen auf Zustimmung zu diesem Punkt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Spindelberger ist der nächste Red­ner. Auch er wünscht, 2 Minuten zu reden. – Bitte.

 


10.29.26

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Hohes Haus! Als wir gestern im An­schluss an die Plenarsitzung noch einen Gesundheitsausschuss abhielten, musste ich mit großer Verwunderung feststellen, dass Sie, Frau Bundesministerin, Ihre Agenden nicht gerade mit großem Eifer wahrnehmen. Es ist schon bezeichnend, wenn die Abge­ordneten der Regierungsparteien hier noch Fristsetzungsanträge einbringen, um alles durchzupeitschen, aber die Frau Bundesministerin es nicht einmal der Mühe wert fin­det, sich mit uns zusammenzusetzen und über eine sinnvolle Änderung dieses Geset­zes zu diskutieren, so nach dem Motto: Die anderen sollen arbeiten, Hauptsache ist, ich bringe mein Gesetz durch, so wie es da vorliegt.

Das ist eine Vorgangsweise, die ich mir von einer Gesundheitspolitikerin sicherlich so nicht vorstelle! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Aber das war vereinbart in der Präsidiale!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, darf ich Ihnen sagen, dass wir die­sen Gesundheitsausschuss im Konsens der Präsidiale spät am Abend beschlossen haben; die Frau Ministerin konnte das nicht wissen. – Bitte, Sie sind wieder am Wort.

 


Abgeordneter Erwin Spindelberger (fortsetzend): Was mich aber zusätzlich auf die Palme bringt, ist, dass bei Gesetzesvorlagen kein einziges Argument, und wenn es noch so sinnvoll ist, berücksichtigt wird. Schauen wir uns das am Beispiel der Ände­rungen des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärzte- und Rezeptpflichtgesetz an! Diesbezüglich haben wir als Opposition wirklich nicht aus Spaß in den Ausschusssitzungen und auch am 23. Mai hier herinnen unsere Bedenken ge­äußert, und auch der Bundesrat, welcher in der Vorwoche getagt hat, hat unsere Be­denken geteilt. Aber Sie pfeifen auf alles, was eingebracht wird, und mit Ihrer abgeho­benen Art sind Sie nicht einmal bereit, die in der Vorbegutachtung von sieben Bundes­ländern geäußerten Bedenken anzudiskutieren oder gar in die Gesetzeswerdung ein­fließen zu lassen. (Abg. Dr. Fekter: Haben wir alles berücksichtigt!)

Die Bedenken der Landeshauptleute sind nicht ohne gewesen. Sogar Landeshaupt­mann Pröll aus Niederösterreich wirft Ihnen vor, mit diesem Gesetz die Kompetenzen der Grundsatzgesetzgebung zu überschreiten. Aber Sie ignorieren seit eh und je alles. Diese Vorgangsweise ist durch nichts zu rechtfertigen. In der Gesundheitspolitik brau­chen wir Politikerinnen und Politiker an der Spitze, die Politik für die Menschen machen (Abg. Großruck: Elsner, Flöttl, Verzetnitsch ...!), und nicht solche, die trotz vieler Be­denken nur an Parteipolitik denken und das eigene Ego in den Vordergrund stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Immer alles schlechtmachen!)

10.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ihre Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.33.08

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Präsident, natürlich kann man eine Ministerin nicht zwingen, um 22.30 Uhr oder 23 Uhr in einen Ausschuss zu gehen, aber dürfen hätte sie schon. Und wenn Sie sagen, sie konnte nicht verständigt werden, möchte ich


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 41

nur daran erinnern: Es gibt ein Handy – auch für die Frau Ministerin. (Abg. Großruck: Hört auf mit eurer Kinderei!) Also so ist es nicht, dass die Frau Ministerin überhaupt keine Information gehabt hätte oder die Informationsschiene komplett abgebrochen ge­wesen wäre, dass sie nicht hätte kommen können. Bleiben wir einfach bei der Realität: Sie war nicht da.

Wir haben es zur Kenntnis genommen, Frau Ministerin, aber ich persönlich finde es schade, denn es hätte noch Möglichkeiten gegeben, diese zwei Gesetze, die Sie heute noch einmal beschließen, anders zu gestalten und mit einem Inhalt mit Substanz aus­zustatten, der wirklich etwas gebracht hätte und wo es nicht nur darum geht – und ich möchte in diesem Zusammenhang das GÖGG erwähnen –, dass Sie politisch Ihnen nicht unbedingt nahe Stehende gegen Ihre eigenen Leute austauschen wollen. Da hät­ten wir noch etwas machen können, aber Sie haben es nicht gewollt, und wir müssen es zur Kenntnis nehmen.

Frau Ministerin! Ich möchte noch die Gelegenheit dazu nutzen, weil ich bei der Frage­stunde nicht mehr drangekommen bin mit meiner Frage, Sie auf Folgendes hinzuwei­sen. Sie haben vorhin gesagt: Wir haben überhaupt keine Selbstbehalte eingeführt – das waren alles die bösen, bösen anderen, da haben wir nichts dazu getan. Ganz im Gegenteil: Wir haben jetzt sogar erreicht, dass man nicht mehr wegen aller Medika­mente zum Chefarzt muss.

Frau Ministerin, für wie dumm halten Sie die Leute?! Natürlich gibt es jetzt weniger Me­dikamente, die chefarztpflichtig sind, aber dafür müssen sich die Leute selber diese Medikamente bezahlen und bekommen sie nicht mehr über die Krankenkasse. Wenn das keine Form von Selbstbehalt ist, bitte was denn dann?

Lesen Sie nur allein den letzten Bericht der Volksanwaltschaft! Da werden Sie sehen, welche Leistungen zurückgefahren worden sind. Ein Beispiel: Rollstühle. Früher muss­ten die Leute einen kleinen Selbstbehalt zahlen, heute können sie sich das Stück sel­ber kaufen, wenn sie es wollen – oder sie bleiben bis an ihr Lebensende zu Hause im Wohnzimmer sitzen.

Wenn Sie sagen, es habe keine Belastungen gegeben für die Patientinnen und Patien­ten: Was ist denn das sonst, Frau Ministerin?! Dafür tragen Sie auch Sorge; und da können Sie nicht sagen: Das ist nur der böse Hauptverband, ich habe damit nichts zu tun. So einfach ist die Sache nicht zu lösen! Ich denke, der Fairness halber müssten Sie auch sagen, dass es so ist, anstatt so zu tun, als hätten Sie überhaupt keine Erhö­hungen vorgenommen, sondern nur Verbesserungen gemacht für Menschen mit Be­hinderungen, für Patienten, für Erkrankte. Sie haben ganz ordentlich in die Taschen dieser Menschen hineingelangt und alles herausgeholt, was Sie irgendwie erwischen konnten, und Sie haben vor nichts zurückgescheut.

Diese Menschen haben jetzt mehr oder weniger nur mehr zwei Alternativen: Sich das Geld für einen Elektro-Rollstuhl zum Beispiel – lesen Sie den Bericht der Volksanwalt­schaft! – irgendwo zu erschnorren oder bis an ihr Lebensende im Wohnzimmer zu sit­zen. Wenn das Ihre Gesundheits- und Sozialpolitik ist, dann sage ich: Danke, dass die Legislaturperiode aus ist!, und ich hoffe, dass wir nie wieder Berichte darüber lesen müssen, dass diese Menschen derart schikaniert und wirklich mies behandelt werden, dass man ihnen beispielsweise sagt: Wenn du nicht mehr leistungsfähig bist, dann brauchst du auch keinen E-Rolli, bleib zu Hause, es zahlt sich für dich nicht mehr aus!

Frau Ministerin, da sind Sie mitverantwortlich! Ich sage nicht, dass Sie alleine schuld sind, aber da tragen Sie eine große Mitverantwortung. Dazu haben Sie keinen Ton, keinen Satz gesagt, und das finde ich nicht in Ordnung. Das sage ich Ihnen als Patien­tin, das sage ich Ihnen als Betroffene, und das sage ich Ihnen, Frau Ministerin, weil es einfach nicht stimmt, was Sie sagen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 42

Sie haben im Bereich behinderte Menschen in dieser Legislaturperiode kaum etwas getan, denn die Forderung: Gleiches Recht auf Rehabilitation für alle!, Frau Ministerin, haben Sie nicht einmal angerührt. Nicht einmal angerührt haben Sie dieses Thema, obwohl es seit zehn Jahren auf der Tagesordnung ist und seit zehn Jahren die Forde­rungen der behinderten Menschen aktuell sind.

Aber Sie wollen damit nichts zu tun haben. Es ist okay, wenn das so ist. Wenn das Ihre Haltung ist, dann passt das schon. Aber dann tun Sie nicht so, als würden Sie genau das Gegenteil von dem tun, was Sie tatsächlich tun, denn so ist es nicht. Und die Wahrheit ist meiner Überzeugung nach immer wichtig. (Beifall bei den Grünen.)

10.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


10.37.22

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich nur ganz kurz Stellung nehmen. Dieses Gesetz, das Sie heute erneut beschließen werden und das Sie schon vor einigen Wochen hier be­schlossen haben, umfasst eine Reihe von Maßnahmen, die für das österreichische Gesundheitswesen wichtig sind, wie zum Beispiel eine Zusammenarbeit Braunau – Simbach oder auch die Fragen des Rauchverbotes in Krankenhäusern, im Rahmen der Infektions-Surveillance auch eine entsprechende Absicherung, Sicherstellungen in den Berufsgesetzen, den Solidaritätsfonds, also eine Fülle von notwendigen Maßnahmen, und die Zusammenlegung vom Fonds Gesundes Österreich und dem Bundesinstitut für Gesundheitswesen und einem Qualitätssicherungsinstitut, das ein Planungs- und Steuerungsinstitut auch für das Bundesministerium sein wird.

Herr Abgeordneter Spindelberger, Sie sagten, die Bundesländer hätten dazu negativ Stellung genommen. Sie haben aber verschwiegen, dass aufgrund der Stellungnah­men der Bundesländer ja das Gesetz wesentlich abgeändert wurde. Dazu dient ein Begutachtungsverfahren ja, dass man seine Kritik anbringt. Es hat dann umfassende Verhandlungen gegeben, und selbstverständlich waren dann die Bundesländer damit einverstanden. Sie haben auch viel mehr Rechte, als sie früher gehabt haben.

Ich darf Ihnen schon sagen: Früher haben die Bundesländer einen Sitz im Bundesinsti­tut für Gesundheitswesen gehabt, geschaffen unter Bruno Kreisky, heute haben Sie neun Sitze in den Bundesländern! Es ist ganz einfach zu beantworten: Wo ist mehr Demokratie, mehr Mitspracherecht?

Was den Gesundheitsausschuss anbelangt, darf ich festhalten, dass er spätabends festgelegt wurde und die Präsidiale des Parlaments beschlossen hat, dass die Minister nicht geladen werden müssen, weil es zu kurzfristig war. Ich habe auch eine andere Verpflichtung wahrgenommen. Aber Sie können nicht sagen, dass ich nicht jederzeit dem Ausschuss oder dem Parlament zur Verfügung gestanden bin in dieser Legislatur­periode.

Frau Abgeordnete Haidlmayr, wenn Sie hier sagen, dass in dieser Legislaturperiode nichts für behinderte Menschen passiert ist, dann muss ich das striktest zurückweisen. Es ist zwar die unmittelbare Kompetenz der Frau Bundesminister Haubner, aber die gesamte Bundesregierung hat im Bereich der Gleichstellung behinderter Menschen – und Sie haben es hier im Parlament auch beschlossen: ein Behindertengleichstellungs­gesetz – unglaublich viel gemacht, und zwar mehr gemacht als viele, viele Regierun­gen davor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Haidlmayr: Was haben Sie im Gesundheitsbereich gemacht? – Nichts!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 43

Ich darf auch festhalten, Frau Abgeordnete Haidlmayr, dass die Bezahlung eines Elekt­rorollstuhls nicht allein in der unmittelbaren Verantwortung der Krankenversicherung liegt und auch nie gelegen ist. Es gibt ja Gott sei Dank auch entsprechende andere Töpfe für Elektrorollstühle.

Wenn Sie sagen, dass die Patienten jetzt ihre Medikamente selber bezahlen müssen, so muss ich entgegnen: Auch dies stimmt nicht, Frau Abgeordnete. (Abg. Haidlmayr: Fragen Sie die Leute!) Und wenn Sie darauf verweisen – auch das halte ich hier fest –, dass die Heilmittelevaluierungskommission die Refundierung von homöopathischen Medikamenten ablehnt, sage ich Ihnen, da kämpfe ich mit Ihnen. Ich habe nämlich mehrfach den Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die Heilmittelevaluie­rungskommission aufgefordert, diese Praxis zu überdenken und den Menschen, die tatsächlich Hilfe durch homöopathische Medikamente erfahren oder aus Mistelpräpara­ten in der Krebstherapie Nutzen ziehen, diese auch weiter auf Krankenkassenkosten zu ermöglichen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

10.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


10.41.22

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Welt aus Sicht der Patienten sehen, hat Kollege Rasinger gemeint. – Das ist eine späte Erkenntnis, die ihn ereilt hat, eine Erkenntnis, die offensichtlich die Frau Bundesministerin und die Bundesregierung noch überhaupt nicht ereilt hat.

Frau Bundesministerin, die heutige Fragestunde war wohl Ausdruck des größten Zynis­mus, den ich jemals erlebt habe. Sie sagten, Sie haben keine Selbstbehalte eingeführt. Ich darf Sie daran erinnern, trotz sämtlicher sachlicher Argumente haben Sie nicht da­von Abstand genommen und haben Ambulanzgebühren eingeführt. Dank des Verfas­sungsgerichtshofes müssen die Menschen diese nicht mehr zahlen, aber nicht dank der Erkenntnis dieser Bundesregierung.

Wenn Sie sagen, es habe keine Erhöhung der Rezeptgebühren gegeben, sondern nur Anpassungen, so ist das Zynismus pur, muss ich Ihnen sagen, Frau Bundesministerin, denn den Menschen ist es Wurscht, ob man es „Erhöhung“ oder „Anpassung“ nennt, sie müssen sie trotzdem zahlen. Und viele von ihnen haben schon große Probleme, diese Rezeptgebühren zu zahlen. Das müsste Sie bedenklich stimmen, wenn Sie das Patienten- und Patientinnenwohl im Auge haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist ein spärlicher Applaus gewesen!)

Frau Kollegin Fekter, wenn das Ihre einzige Anmerkung zu dieser traurigen Bilanz der Gesundheitspolitik ist, dann sollten Sie sich wirklich zutiefst schämen (ironische Heiter­keit bei der ÖVP), denn das ist ein Zeichen, dass es Ihnen nicht um die Menschen in diesem Land geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Sie sind ja auch Frauenministerin. Bereits bei der Novelle des Gesund­heits- und Krankenpflegegesetzes haben wir die LeiharbeiterInnenregelung, die darin enthalten ist, kritisiert. In einem Industriebetrieb gibt es 5 Prozent Begrenzung, im Ge­sundheitsbereich 15 Prozent. Wo haben Sie denn da das Wohl der Menschen und der PatientInnen im Auge?

Last but not least zum Einspruch des Bundesrates betreffend das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH. Auch da geht es Ihnen nicht um das Wohl der Men­schen. Da geht es Ihnen um die Macht, die Sie selber haben, um Durchgriffsrechte, die Sie haben, da geht es Ihnen darum, eigenständige Organisationen sozusagen wei­sungsgebunden zu machen. Das heißt, es geht um reine Machtstrukturen, die Sie in


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 44

der letzten Phase Ihrer Regierungspolitik noch umzusetzen versuchen, weil Sie nach­her keine Chance mehr dazu haben. Aber das ist erschreckend, das hat mit dem Wohl der Patientinnen und Patienten nichts zu tun!

Die Österreicherinnen und Österreicher erwarten sich eine Gesundheitspolitik, die aus Sicht der Patienten gesehen wird und wo auch Maßnahmen für die Patientinnen und Patienten getroffen werden. Die Österreicherinnen und Österreicher haben am 1. Okto­ber die Möglichkeit, das zu bestimmen, wenn sie die SPÖ wählen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csörgits. Auch sie spricht 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


10.44.08

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! (Abg. Großruck: Ist das Ihre Abschiedsrede? Als Gewerkschafterin dürfen Sie nicht mehr rein!) Grundsätzlich eine Bemerkung: Von Mitbestimmung und Mitbestimmungsmög­lichkeiten in diesem neuen Institut kann für die Bundesländer keine Rede sein. Es ist schon ein ganz gewaltiger Unterschied, ob man in einer Institution sitzt und dort mit­bestimmen und mitwirken kann oder ob das einzig und allein nur darauf beschränkt ist, dass man dort drinnen sitzt und ab und zu reden darf. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied!

Die Kritik der Bundesländer haben Sie nicht zur Kenntnis genommen. Sie haben schlicht und ergreifend dieses Gesetz hinter dem Rücken der Sozialversicherung und der Bundesländer gemacht. Es soll einzig und allein dazu dienen, Ihr Machtpotential auszubauen. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Aber dafür werden Sie sicherlich dem­nächst die Rechnung präsentiert bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Erzählen Sie uns über die Stiftungen!)

Was die Gesundheitspolitik in Österreich anbelangt, so darf ich Ihnen Folgendes sa­gen: Innerhalb dieser sechs Jahre Schüssel-Politik ist es gelungen, obwohl das nicht für möglich gehalten worden ist, dass in diesem Land die Gesundheitspolitik ver­schlechtert worden ist, dass wir bei einer Zwei-Klassen-Medizin angekommen sind, dass sich die Reichen in diesem Lande alles leisten können und jene Menschen, die arm sind, schlicht und ergreifend das Vertrauen in Ihre Gesundheitspolitik verloren ha­ben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) So schaut es aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Heute glauben zwei Drittel der Österreicher und Österreicherinnen, dass Sie ganz ent­schieden keine gesunde Gesundheitspolitik für die Menschen machen. Sie haben die Rezeptgebühren erhöht, auch wenn Sie es abstreiten. (Abg. Kößl: Das stimmt nicht! Sie haben sie eingeführt!) Sie haben den Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung beschlossen, auch wenn Sie es nicht hören wollen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben die Einführung der Freizeitunfallversicherung beschlossen, eine hö­here Zuzahlung bei Brillen sowie eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge. (Abg. Steibl – die Hände zusammenschlagend –: Das ist ja schlimm!)

Ihre Gesundheitspolitik ist gescheitert, und die Rechnung dafür werden Sie am 1. Okto­ber serviert bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Das war ein Hilfeschrei, Frau Csörgits!)

10.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 45

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses in 1630 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses in 1631 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich wiederum die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­sundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errich­tung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden, zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

10.48.253. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1623 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsge­setz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1628 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Bures. Sie hat eine Redezeit von 2 Minuten ge­wünscht. – Bitte.

 


10.48.59

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich denke, es war eine kluge Entscheidung des Bundesrates, dieser Vorlage nicht die Zustimmung zu geben, nämlich deshalb, weil das eine weitere Maßnahme ist, die zu Lasten der Mieter und der kleinen Wohnungseigentümer geht. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 46

Lassen Sie mich das in der Kürze der Zeit, die ich habe, mit ein paar Beispielen bele­gen! Wir haben mit dieser heutigen Novelle bereits die 16. Wohnrechtsnovelle in den letzten Jahren. Das führt in Wirklichkeit zu mehr Rechtsunsicherheit für die Mieterinnen und Mieter in Österreich. Sie haben mit diesen Novellen den Mieterschutz in den letz­ten Jahren fast zu Grabe getragen und das Ganze nur zu Gunsten einiger weniger Im­mobilieninvestoren, für die Sie Politik gemacht haben, beschlossen.

Ich möchte Ihnen das an einigen Punkten klar zeigen, denn das Schlimmste für die Menschen ist, wenn sie sich das Dach über dem Kopf nicht mehr leisten können. (Abg. Sieber: Hören Sie doch auf!) Die Mieten sind auf Grund Ihrer Novellen – und die heutige soll wieder eine solche sein – in den letzten Jahren exorbitant gestiegen. (Abg. Sieber: Warum?) Die Menschen können sich das Wohnen oft nicht mehr leisten.

Ich nenne Ihnen Zahlen. Im Jahr 2005 sind durch Ihre Politik die Mieten in Österreich um 6,4 Prozent gestiegen. Das ist drei Mal so hoch, wie die Inflationsrate in diesem Jahr war! (Abg. Dr. Fekter: Das ist ein Unsinn!) Ich weiß, dass Sie das nicht hören wol­len, aber ich nenne Ihnen noch eine Zahl. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gu­senbauer: Diese Schreierei! Das ist ja kein Wirtshaus! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Im Jahre 1997 mussten die Haushalte rund 17 Prozent ihres Einkom­mens fürs Wohnen verwenden. Nach Ihren 16 Novellen müssen sie heute 30 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen verwenden. Fast doppelt so viel! Das ist die Folge Ihrer schlechten Wohnpolitik auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: ... Elsner und der Vorstand!)

Wenn Sie noch ein Beispiel hören wollen, was die Menschen heute an Miete, an Miet­belastung zu tragen haben, dann sind die Frauen ein gutes Beispiel. Alleinerzieherin­nen müssen fast 40 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben, weil Sie die Mieten in Österreich so teuer gemacht haben. Und bei den Pensionistinnen sind es 55 Prozent der Pension, die dafür aufgewendet werden müssen, damit sie sich ein Dach über dem Kopf leisten können. (Abg. Mag. Donnerbauer: Kanalgebühren er­höht!)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Da bleibt den Menschen nicht mehr viel zum Leben übrig. Das ist Ihre schlechte Wohnpolitik auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter. Ich verspreche Ihnen, dass wir von der SPÖ dafür sorgen werden, dass es in Zukunft wieder leistbares Wohnen und einen guten Mieterschutz für alle gibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ellmauer: Nur Pole­mik, billige Polemik! Sonst nichts!)

10.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.51.50

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Gäste! Alles madig machen und schlecht machen, das ist das SPÖ-Programm! Wir hingegen arbeiten und be­schließen hier ein ausgewogenes Paket, das gleichermaßen Mieterinteressen wie Ver­mieterinteressen in ausgewogener Art und Weise berücksichtigt.

Zum Mietrechtsgesetz. Wir haben die Gebäudeaufstockung in die Teilausnahme gege­ben, das heißt: Kündigungsschutz ja, aber freie Preisvereinbarung. (Abg. Neudeck: Da wird der Verzetnitsch keine Freude haben!) Wir haben den Vermieter verpflichtet, Ur­sachen für erhebliche Gesundheitsschäden im Haus zu beseitigen.

Wir haben beispielsweise dem Mieter eine bessere Investitionskostenrückerstattung er­möglicht. Wenn also eine Heiztherme durch den Mieter erneuert wurde und dieser spä-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 47

ter auszieht, so muss ihm der Hausherr die Kosten dafür ersetzen. Wir haben Neure­gelungen für Seniorenwohnungen eingeführt, und wir haben festgehalten, dass, wenn eine Wohnung unbrauchbar ist, der Mieter das rügen muss, sodass der Hausherr diese Unbrauchbarkeit abstellt.

Wir haben weiters Erleichterungen betreffend Kündigung vorgenommen. Das heißt, der Mieter muss nicht mehr bei Gericht kündigen, sondern kann das schriftlich tun. Der Vermieter muss jedenfalls zu Gericht gehen. Wir haben weiters Möglichkeiten geschaf­fen, dass befristete Mietverhältnisse eine flexiblere Regelung in der Auflösung erfah­ren.

Im Wohnungseigentumsgesetz haben wir bessere Regelungen betreffend Kfz-Abstell­plätze und Regelungen im Hinblick auf die Eigentümerpartnerschaft im Todesfall ge­troffen.

In das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz haben wir diese Neuerungen des Mietrechts mit übernommen, damit diese auch harmonisiert werden. (Abg. Eder: Arme Mieter!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist dies die letzte Rede, die ich hier im Plenum für diese Periode zu Justizthemen halten werde. Erlauben Sie mir daher, dem Justizausschuss herzlich für die Zusammenarbeit zu danken! Als Justizausschussvor­sitzende möchte ich der Frau Ministerin für die bevorstehende Geburt alles Gute wün­schen. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.54.37

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Meine Damen und Herren! Mein Dank gilt vor allem den MitarbeiterInnen im Res­sort, auch Ihnen, Frau Fekter, als Vorsitzende und vor allem Ihnen als verständnisvolle Ministerin, die ja immer wieder in den Vordergrund stellt, dass es sich manchmal um gesellschaftspolitisch sehr kontroverse Materien handelt, bei denen es eben die so genannte Ausgewogenheit anzustreben gilt. „Ausgewogenheit“ war ja auch ein Wort, das Sie, Frau Kollegin Fekter, verwendet haben.

Aber: Unserer beziehungsweise meiner Einschätzung nach bringt die vorliegende Wohnrechtsnovelle 2006 eher eine Ausgewogenheit in Richtung der Vermieter. Sie ha­ben zu Recht angeführt, dass es auch Verbesserungen bei den Investitionskostenrück­erstattungen und bei der Beseitigung von Gesundheitsgefahren gibt, die zu Lasten der Vermieter gehen. Das sind zwei Aspekte.

Sie haben viele Punkte aufgezählt – ich habe sie jetzt nicht durchnummeriert, aber ich glaube, es waren mindestens ein halbes Dutzend –, die doch eher den Vermietern dienen und ihnen Vorteile bringen. Ich brauche nicht zu wiederholen, was Kollegin Bures gesagt hat, ich brauche Ihnen nur zu zeigen, dass verschiedene Studien stei­gende Wohnkosten attestieren. (Die Rednerin hält ein Exemplar des „Kurier“ in die Höhe.) Kollege Neudeck wird das sicher wieder bestreiten. (Abg. Dr. Fekter: Haupt­sächlich Wasser, Kanal, Müll!) – Dieser Hinweis ist ja mein Lieblingszwischenruf.

Wenn Sie von den Betriebskosten reden, dann sage ich immer: Folgen Sie unserem Antrag zur verstärkten Wohnungssanierung, zur verstärkten Berücksichtigung der Kyoto-Ziele! Dann gibt es nicht diese Betriebskosten- und Heizkostensteigerungen, dann wird Wohnen wieder billiger.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 48

Aber wenn Sie unseren mietrechtlichen Vorschlägen folgen würden, wenn Sie auch ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) – Das haben Sie zum Teil, aber es gibt noch viel bessere Maßnahmen, das weiß Kollege Großruck sehr gut. – Wenn Sie vor allem unseren mietrechtlichen Vorstellungen folgen würden, dann würde Wohnen auch etwas billiger werden, es würde zumindest das Reglement des MRG nicht ständig aus­gehöhlt werden. Mit Ihren Zubauten, die jetzt in die Novelle aufgenommen wurden – die Aufbauten sind sowieso schon aufgenommen –, wird ein Bereich geschaffen, von dem Sie selber sagen, das sei freie Preisbildung. (Abg. Neudeck: Das ist ja positiv!) Und freie Preisbildung heißt auch oft Verteuerung. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Nicht im­mer!) – „Heißt auch oft“, habe ich gesagt.

Ich sehe nicht ein, dass im selben Erdgeschoß wohnende Menschen unterschiedliche Preise zahlen, nur weil das eine ein Zubau ist, der im Erdgeschoß errichtet worden ist, und im alten Bereich noch das MRG gilt. (Abg. Neudeck: Also, Frau Kollegin Moser!)

Ich habe eingangs den MitarbeiterInnen des Ressorts gedankt, wobei sich ja der Jus­tizausschuss gegenüber anderen Ausschüssen dadurch auszeichnet, dass man als Opposition durchaus noch Gehör und zum Teil auch Verständnis finden kann. Ich möchte deshalb abschließend darauf hinweisen, dass die günstigen Änderungen für die MieterInnen wahrscheinlich der sensiblen Obsorge des Ressorts oder der Frau Mi­nisterin zu verdanken sind und weniger den Regierungsfraktionen. (Abg. Neudeck: Na, na, na! Vorsicht!)

Angesichts meiner relativ ausgewogenen Darstellung – damit zitiere ich Ihr Wort zum dritten Mal – ist es, glaube ich, relativ klar, dass wir den Änderungen im Wohnungsge­meinnützigkeitsgesetz, auch im Wohnungseigentumsgesetz durchaus etwas abgewin­nen können, dass wir jedoch den Änderungen im Mietrecht sehr kritisch gegenüberste­hen und deshalb hier im Plenum dem Beharrungsbeschluss nicht zustimmen können, die Ablehnung der Wohnrechtsnovelle – wie im Bundesrat beim Einspruch und vorher im Plenum – leider beibehalten müssen und auf bessere Zeiten hoffen. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

10.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Neudeck 2 Minuten lang. – Bitte.

 


10.58.21

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Moser ist mit den Worten weggegangen, dass sie diesem Beharrungsbeschluss leider nicht zustimmen kann. Das zeigt, dass es ihr eher um Oppositionspolitik geht als um die Vertretung der Mieter und vor allem der Mietsuchenden.

Sie beschweren sich und sagen, man habe Teilbereiche aus dem strengen Mietrechts­regime ausgelagert, obwohl ein wesentlicher Teil, der Kündigungsschutz ja nach wie vor gegeben ist. Sie sagen, damit gebe es zwei Klassen und unterschiedliche Mieten in einem Haus.

Frau Moser, schauen Sie sich ein durchschnittliches Althaus an! Da gibt es Altmieter, die Sie privilegieren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Ja, dazu muss man stehen. Dann gibt es Altmieter, die vielleicht hohe Pensionen haben, die mit einem billigen Mietzins in großen Wohnungen wohnen. Und dann gibt es Familien, die eine Wohnung suchen und einen hohen Mietzins für kleine Wohnungen zahlen müssen, weil Sie einfach den Markt auf diesem Sektor nicht herrschen lassen.

Es ist ja das Problem, dass wir den sozialen Wohnungsgedanken genau in den priva­ten Bereich transferieren, obwohl gerade zum Beispiel in Wien ein hoher Anteil des


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 49

Hausbestandes der Gemeinde Wien oder den Gemeinnützigen gehört. (Abg. Dr. Fek­ter: 500 000 Wohnungen! Wien ist der größte Hausherr Europas!) Nur: Da müssen Sie Mittelverdiener sein, damit Sie einziehen können. Der wirklich soziale Wohnbedarf wird auf dem privaten Sektor gedeckt.

Wenn Sie zum Beispiel sagen ... (Abg. Eder: Das ist ja lächerlich!) – Kollege Eder, das kann ich beweisen, das ist kein Problem! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.) Das ist sehr ehrlich und ist auch beweisbar!

Frau Kollegin Moser, Sie sagen, man sollte im thermischen Bereich etwas machen, dann würden die Betriebskosten sinken. Wenn in Wien der Bürgermeister Häupl die Kanalgebühren, die sowieso schon hunderte Millionen Überschuss bringen und daher keine Gebühren, sondern eine Steuer sind, jetzt im Jänner um 28 Prozent erhöht, dann frage ich Sie: Was nützt Ihnen da die Wärmedämmung? – Das sind Gebührenerhöhun­gen, die sich in den Betriebskosten niederschlagen und nicht durch den Eigentümer oder durch den Mieter selbst abzufangen sind. Hier macht sich die Gemeinde Wien als der größte Hausherr Europas über die Betriebskosten ein erhebliches Körberlgeld.

Frau Kollegin Bures, Sie haben gesagt, dass sich das Mietregime bei Aufbauten jetzt gelockert hat und dass das furchtbar ist. – Das wird vielleicht eine Mietzinserhöhung bringen: am Fleischmarkt und auf der Tuchlauben, bei Elsner, Flöttl und Verzetnitsch. Natürlich kann auf dem privaten Sektor zu diesem Preis, der dort bezahlt wird, sicher nicht angeboten werden.

Dazu muss ich Ihnen sagen, wenn Sie die Preise der letzten zehn Jahre vergleichen, dann müssen Sie auch mit bedenken, dass es heute eine ganz andere Wohnungsaus­stattung gibt. Es ist logisch, dass, vor allem in Wien, der Substandard zu einem großen Teil zurückgedrängt wurde und Sie heute bei einer Standardwohnung einen anderen Mietzins, aber auch eine andere Nutzung haben. Sie haben vor zehn, 15 Jahren noch Ablösebeträge gehabt, die die Mieter über Kredite finanzieren mussten, dafür aber eine niedere Miete zahlen mussten. Ich merke, dass es auf dem Markt, auch in Wien, in fast keinem Bereich mehr Ablösen gibt. Also mir ist es jedenfalls nicht bekannt. Wenn Sie etwas anderes wissen, kommen Sie heraus und sagen Sie es! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Die Wohnkosten sind transparenter geworden. Es sind nicht einmal ... (Abg. Eder: Das haben Keimel und ich noch gemacht!) – Ja, ich habe jetzt mit Ihnen gar nicht diskutie­ren wollen, aber ich sage Ihnen: Solange Sie die Wohnpolitik in der SPÖ gemacht ha­ben, war sie noch nachvollziehbar, war sie nicht nur von Parteipolitik geprägt, sondern Politik für Eigentümer und Mieter.

Dieses Gesetz, das wir heute noch einmal beschließen, ist eine Symbiose zwischen Mieter und Vermieter. Es haben beide Seiten interveniert, dass ihnen dieses und jenes nicht gefällt. Und wenn die Grünen auch noch dagegen stimmen, liegen wir mit dem Gesetz ganz richtig. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

11.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Mag. Gastinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


11.02.40

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte eingangs sagen, dass wir schon sehr oft hier gesessen sind, um diese Mietrechtsnovelle und diese Wohnungseigentumsgesetznovelle zu diskutieren, und ich möchte noch einmal beto­nen, dass dies ein sehr sensibler Bereich ist. Die Beiträge meiner Vorredner und Vor­rednerinnen haben wieder einmal gezeigt, wie kontroversiell hier die Standpunkte sind.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 50

Ich möchte dem Hohen Haus in Erinnerung rufen, dass die letzte wirklich essentielle Mietrechtsnovelle – es ist nicht so, wie Frau Abgeordnete Bures ausgeführt hat, dass es 15 während dieser Legislaturperiode gegeben hätte – die Mietrechtsgesetzno­velle 2001 war, die mit 1. Jänner 2002 in Kraft getreten ist. Dazwischen hat es sehr wohl Außerstreitnovellen und Ähnliches gegeben, die mittelbar Einfluss genommen ha­ben auf das Mietrecht, aber keine essentiellen Mietrechtsnovellen waren. Das ist jetzt die nächste Mietrechtsnovelle, die hier wieder für Diskussion sorgt.

Ich möchte dem Hohen Haus auch in Erinnerung rufen, dass die auch mit beschlos­sene Wohnungseigentumsgesetznovelle sehr wohl auch in der Praxis auf breite Zustimmung stößt und dass darin sehr, sehr viele Verbesserungen enthalten sind, die von der Praxis dringendst herbeigesehnt werden. Also ich glaube, dass wir uns auch damit auseinander setzen müssen.

Das Justizministerium hat diesen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet und dem Hohen Haus vorgelegt. Wir haben uns in dieser Ausarbeitung bemüht, die Balance zwischen Vermieterinteressen und Mieterinteressen wirklich herzustellen. Ich hoffe auch, dass uns das bestmöglich gelungen ist.

Sie sehen, dass hier sehr wohl auch Mieterinteressen mit berücksichtigt sind. Ich nenne nur die Erweiterung der Erhaltungspflicht des Vermieters hinsichtlich gesund­heitsgefährdender Mängel, die Einführung eines Investitionsersatzanspruches des Mieters für die Erneuerung einer Heiztherme und eines Wasserboilers, was bis dato auch unklar war und in vielen Fällen für finanzielle Verluste der Mieter gesorgt hat, die Erleichterung der Durchsetzung von Investitionsersatzansprüchen oder die Erleichte­rung der Kündigung eines Mietvertrages durch den Mieter.

Ich glaube, dass hier ganz wesentliche Änderungen gelungen sind. Ich bin mir auch dessen bewusst, dass wir im Bereich Mietrecht wahrscheinlich nie zu dem Ergebnis kommen werden, dass wir einstimmige Beschlüsse im Nationalrat zusammenbringen. Diese Hoffnung habe ich aufgegeben; ich muss dazusagen: leider, weil ich glaube, dass das eine sehr wichtige Materie ist, wo es wirklich sehr darum geht, diese Balance zwischen Vermieterinteressen, die sehr wohl berechtigt und begründet sind, und den Mieterinteressen, die auch ihre Berechtigung und Begründung haben, vor allem auch was den Schutz der Mieter anbelangt, bestmöglich durchzusetzen. – So weit, so gut.

Ich möchte jetzt auch die Gelegenheit nützen und mich bei Ihnen, vor allem bei der Frau Abgeordneten Fekter und allen Mitgliedern des Justizausschusses, recht herzlich für die sehr gute Kooperation in den letzten zwei Jahren bedanken. Ich glaube, dass wir alle, so wie wir hier sitzen, trotz teilweise unterschiedlicher Auffassungen und unter­schiedlicher Meinungen – das ist durchaus gerechtfertigt und auch gut so – sehr viel weitergebracht haben.

Ich möchte mich auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich be­danken, die in den letzten zwei Jahren wirklich immens viel gearbeitet haben. Wenn Sie sich unser Programm anschauen, das wir in dieser Legislaturperiode abgearbeitet haben, dann werden Sie sehen, dass in dieser Legislaturperiode sehr viel weitergegan­gen ist, und darauf können wir durchaus stolz sein. Das ist sicherlich nur deshalb mög­lich gewesen, weil Sie alle so aktiv mitgearbeitet und uns unterstützt haben. Ein herz­liches Dankeschön Ihnen. Wir sehen uns ja morgen wieder, aber ich wünsche Ihnen schon jetzt eine schöne Sommerpause. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitli­chen – BZÖ und der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

11.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Großruck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 51

11.06.42

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Es gibt ein Motto, das heißt: Doppelt hält besser! – Nach diesem Motto muss die Wohnrechtsnovelle ganz etwas Besonderes sein und ganz besonders gut halten, weil wir sie heute – nach dem oppositionsbedingten Einspruch im Bundesrat – das zweite Mal beschließen. Das gibt uns natürlich die Möglichkeit, die Vorteile und Vorzüge die­ser Novelle noch einmal darzustellen.

Sie kennen die Vorzüge, und ich stelle fest: Keine einzige Maßnahme in dieser neuen Wohnrechtsnovelle sorgt für Mieterhöhungen oder Wohnkostenerhöhungen. Das stelle ich fest, das ist Tatsache. Wenn Sie das Gesetz durchgelesen haben, dann werden Sie mir Recht geben. Also ist die erste Argumentation von der Frau Kollegin Bures schon einmal falsch, sie stimmt nicht.

Zweitens sind einige wesentliche Verbesserungen sowohl für Mieter als auch für Ver­mieter verwirklicht worden: Öffnung für Betreubares Wohnen für Gemeinden, aber auch für private Anbieter, Verpflichtung zu Sanierungsmaßnahmen bei eventuellen Ge­sundheitsgefährdungen, die gravierend sind, Vergütung von Investitionen an Mieter zum Zeitwert, drei Jahre Sanierungsfrist bei Mietverträgen, keine gerichtliche Kündi­gungsverpflichtung mehr für Mieter, wenn sie ihr Mietverhältnis aufkündigen wollen – und so weiter und so fort.

Meine Damen und Herren, dass wir mit diesem Gesetz richtig liegen und Sie rein par­teipolitisch handeln, beweist auch eine Stellungnahme der Gemeinnützigen, und zwar aller Gemeinnützigen in Österreich, von denen 60 Prozent der linken Reichshälfte, der SPÖ, zugerechnet werden. Sie haben eine Resolution verabschiedet, in der unter Punkt 1 Folgendes steht:

„Der Verbandstag“ – das ist die Versammlung dieser Gemeinnützigen – „nimmt mit Ge­nugtuung“ – meine Damen und Herren, Frau Bures: mit Genugtuung!; das sagen Ihre Leute – „zur Kenntnis, dass der Justizausschuss am 19. Mai 2006 die Wohnrechtsno­velle 2006 beschlossen hat und damit für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft und ihre Kunden wesentliche Verbesserungen und Klarstellungen gebracht hat.“

Eine Stellungnahme, der, glaube ich, nichts hinzuzufügen ist!

Auch Ihre Debattenbeiträge über die Erhöhung von Kosten sind falsch. Auch die sozia­listische Arbeiterkammer in Wien bringt permanent falsche Meldungen bezüglich Kos­ten. Wir wissen, dass die Kostenerhöhung bei den Mieten durch eine Änderung des Mikrozensus bei der Statistik Austria zustande gekommen ist. Dazu hat es voriges Jahr eine Studie vom Wirtschaftsministerium gegeben, wo das hundertmal widerlegt wurde. Sie erzählen diesen Unsinn nach wie vor immer wieder. Das stimmt nicht!

Hören Sie doch auf die objektiven Berichterstattungen! Im Buch „Der soziale Wohnbau in Europa – Österreich als Vorbild“, das von Professor Klaus Lugger und vielen ande­ren Fachleuten geschrieben wurde, steht:

„Die Wohnungsmarktpreise haben sich in Österreich im abgelaufenen Jahrzehnt sehr moderat entwickelt. (...) Lagen die Wohnkosten in Österreich 1995 noch 6 Prozent über dem Durchschnitt der EU-15, erreichten sie bis 2002 einen Wert 6 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt.“

Dann wird weiters festgestellt: „Demnach liegen die Konsumausgaben für Wohnen ein­schließlich Energie und Instandhaltung in Österreich mit nur 19,1 Prozent deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 23 Prozent.“

Wir sind also kontinuierlich weit besser als der europäische Durchschnitt, und das ist zurückzuführen auf die gute Wohnbauförderung und auf die guten Wohnbaumaßnah-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 52

men, die wir in Österreich haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Bures: Nein! Nein!)

Frau Kollegin Moser, ich bin bei Ihnen, wir werden – Kollege Stummvoll hat es auf Schiene gebracht – diese thermische Sanierung in der nächsten Legislaturperiode ver­wirklichen. Es gibt bereits ganz konkrete Maßnahmen, Sie kennen diese Studie. Das ist also akkordiert, und ich hoffe, dass wir gemeinsam in der nächsten Legislaturperio­de dieses große Werk zur Senkung der Kosten und zur Erreichung des Kyoto-Zieles verwirklichen können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss meinen Vierzeiler, der heute ein dreifacher ist, weil es wahrscheinlich meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode sein wird (Abg. Silhavy: Wie traurig!), an die linke Reichshälfte gerichtet:

Gilt es jetzt oder gilt es nicht,

was der Vorsitzende spricht?

Gewerkschaft rein, Gewerkschaft raus –

niemand kennt sich heut’ mehr aus!

Zickzack ist unsere Parole,

koste es uns, was es wolle!

Sind wir dafür oder dagegen –

wo sollen wir unser Ei hinlegen?

Wenn Sie meinen Rat einholen:

Legen Sie’s hin, wohin Sie wollen!

Der Wähler hat schon längst entschieden:

Solche Eier lässt er liegen!

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen daher zur Abstimmung. – Ich ersuche um die nötige Aufmerksamkeit!

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses in 1628 der Bei­lagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend Wohnrechtsnovelle 2006 zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

11.12.504. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1625 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 53

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundes­bahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1627 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Eder. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.13.24

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Staats­sekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man heute hier zuhört, dann ge­winnt man immer mehr den Eindruck, dass die Länderkammer, der Bundesrat, hier wirklich nicht ernst genommen wird und damit auch der Föderalismus nicht sehr ernst genommen wird, und ich halte das für schlecht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es beispielsweise auch um eine Erleichterung der Einstellung von Regionalbahnen. Wir alle miteinander fordern in Sonntagsreden: Die Regionalbahnen sollen ausgebaut, anstatt eingestellt werden! Es sollen die Trans­porte vom LKW auf die Bahn verlagert werden! – Und was ist die Realität? Die Realität ist, dass man die Einstellung von öffentlichen Eisenbahnen mit diesem Gesetz erleich­tert. Es wird die Entscheidung dem Betreiber der Eisenbahn überlassen, der diese nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten treffen kann. Die Länder haben früher mitsprechen können, das können sie jetzt nicht mehr. Das heißt, im Wesentlichen ent­scheidet das Bahnmanagement, ob es eine Regionalbahn in Zukunft geben wird oder nicht.

Angeblich gibt es eine Liste, wie viele Regionalbahnen eingestellt werden sollen. (Abg. Marizzi: Eine Geheimliste!) Ich weiß nicht, wo die Liste ist, aber man sollte sie jeden­falls auch einmal dem Parlament vorlegen, damit wir alle im Wahlkampf sagen können, welche Bahnen in Niederösterreich, in Oberösterreich, in der Steiermark et cetera ein­gestellt werden. Niemand weiß das, alle diskutieren darüber.

Im Endeffekt wird es so sein, dass diese Bahnen in einigen Jahren nicht mehr existie­ren werden, dass man sie ganz einfach dem Rechenstift zum Opfer fallen lässt. Tras­seneinstellungen werden in Zukunft leichter möglich sein, und irgendwann wird man draufkommen, dass es schade war, diese Trassen einzustellen.

Ein zweiter Punkt ist die Sicherheit. Entgegen einer eindeutigen Vorgabe der Sicher­heitsrichtlinie der EU, die mit dieser Gesetzesvorlage umgesetzt werden soll, fehlen im Regierungsentwurf behördliche Kontroll- und Überwachungsorgane. Es fahren in Zu­kunft alle möglichen Bahnen im österreichischen Schienennetz, und hier muss kontrol­liert werden, ob die Fahrer geeignet und berechtigt sind, diese Züge zu fahren, um entsprechende Sicherheit zu bieten. Dies wird mit diesem Gesetz unseres Erachtens nicht gewährleistet.

Der letzte Punkt, auch ein wichtiger Punkt in diesem Gesetz, betrifft auch die Regio­nen: die Trassenknappheit bei vielen Verkehren, vor allem was den Nahverkehr anbe­langt, sei es jetzt um Linz, sei es um Innsbruck, sei es um Wien. Es ist so, dass angeb­lich nur in den Hauptverkehrszeiten der Regionalverkehr gegenüber dem Güterverkehr Vorrang haben soll. Aber was ist die Hauptverkehrszeit? Das kann wieder unterschied­lich geregelt sein, was dazu führt, dass diese Regelung dann wieder kaum vollziehbar ist und vor allem den Taktverkehr stört. Jeder, der mit Bahn zu tun hat, weiß, wenn der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 54

Taktverkehr nicht eingehalten werden kann, dann verliert man Kunden, weil sich die Leute darauf verlassen können müssen.

Das „Geheimnis“ in der Schweiz zum Beispiel ist, dass der Taktverkehr wirklich halb­stündig funktioniert, und dann wird er auch angenommen. Aber wenn man immer erst in den Fahrplänen suchen muss, wann der nächste Zug fährt, dann wird das Angebot nicht angenommen. Daher wäre es auch in diesem Punkt vernünftig gewesen, zu einer besseren Lösung zu kommen.

Aus all den genannten Gründen werden wir daher auch weiterhin die Vorschläge in dieser Form ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.16.59

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss betreffend den Brenner-Basistunnel ist aus meiner Sicht unverantwortlich und zeigt ganz klar, dass es SPÖ und Grüne mit dem Thema Verkehr nicht ernst meinen. Es ist ein Projekt mit regionaler, nationaler und internatio­naler Bedeutung, und wir müssen auch den Tatsachen ins Auge schauen, dass der Verkehr auf der Straße immer mehr wird, dass die Mobilität zunimmt und dass der Wettbewerb im Wirtschaftsleben in Europa härter wird.

Daher muss es ein Gebot der Stunde sein, dass wir den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern, dass wir die Belastungen für Mensch und Umwelt reduzieren und dass wir Alternativen schaffen – und die Verlagerung des Verkehrs auf die Schie­ne ist eine der wichtigsten und sinnvollsten Alternativen.

Mit dieser Gesetzesvorlage wird der Bund ermächtigt, dass Anteile an der Brenner Ba­sistunnel Aktiengesellschaft an die ÖBB-Infrastruktur Bau AG und an die ÖBB-Infra­struktur Betriebs AG veräußert werden können. Es können also die 25 Prozent des Anteilbesitzes des Bundes aufgeteilt werden.

Dieses Projekt Brenner-Basistunnel ist ein Jahrhundertprojekt, und erfreulicherweise konnten wir kürzlich den Spatenstich für den Probestollen vornehmen. Ich glaube, ganz wichtig ist auch, dass die Österreichischen Bundesbahnen sich aktiv an diesem Projekt beteiligen und damit eine europäische Dimension erhalten können.

Insgesamt kann man aus Tiroler Sicht sagen, dass dieser Einspruch nur ein Aufschub war, aber nicht das gesamte Projekt verhindern kann. Ich möchte nur daran erinnern, die grüne Fraktion war vor vier Jahren gegen die Unterinntaltrasse – sie wird derzeit in­tensiv gebaut, und es werden damit Perspektiven geschaffen. Die Grünen sind derzeit gegen den Brenner-Basistunnel – der Spatenstich ist erfolgt. Und was ich auch fest­stellen muss: Die Grünen sind insgesamt gegen umweltentlastende Projekte, wenn sie solche Projekte ablehnen.

Der Brenner-Basistunnel ist ein Zukunftsprojekt, er bringt Perspektiven für Österreich und Europa, aber natürlich auch für die Regionen. Er ist ein Zukunftsprojekt für Mensch, Umwelt und Wirtschaft, und er ist ein Zukunftsprojekt für eine effektive Bahn­verbindung in Europa. Wir stehen zum Brenner-Basistunnel, weil ihn die Bevölkerung ganz einfach braucht und weil er im Interesse von uns allen ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.19



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 55

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.20.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ja, die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene wird hier immer als generelles Anliegen thematisiert, unterstützt, verbal vorangetrieben. Nur: Wenn es dann wirklich um konkrete Maßnahmen geht, um die Verlagerung auch wirklich zu ermöglichen, dann bleibt halt alles wieder beim Alten, und dann wird sogar Kontraproduktives beschlossen.

Wie zum Beispiel – erstens – dieses Eisenbahngesetz und dieses Bundesbahngesetz, denn: Wie Kollege Eder schon ausgeführt hat, ist ja die Regelung, die Sie vorsehen, auf der einen Seite von einer Überreglementierung, Überbürokratisierung geprägt, teil­weise auch rein rechtstechnisch schwer nachzuvollziehen, sehr kompliziert formuliert mit sehr vielen Verweisen – in der Praxis also für die im Bahnbereich Tätigen äußerst schwierig zu vollziehen. Und man sollte doch eigentlich der Bahn das Leben erleich­tern – das ist ja die Voraussetzung für die Verlagerung! Was Sie da machen, ist aber eher ein Erschweren des Lebens auf der Bahn und des Lebens mit der Bahn.

Wir brauchen im Ministerium auch mehr Menschen, die diese Gesetzesmaterie vollzie­hen. Es sind viel zu wenig Mitarbeiter in diesem Bereich tätig! Deswegen ist die For­derung nach einer Eisenbahnsicherungsbehörde mit ausreichendem Personal eine Grundforderung, die Sie nicht erfüllen.

Anderseits der zweite Aspekt: Verlagerung des Verkehrs auf die Bahn. Was aber wird durch dieses Gesetz erleichtert? – Die Streckeneinstellung! Sicherlich, die Landes­hauptleute können noch gehört werden, haben aber nicht mehr die Möglichkeiten, die derzeit noch gelten, was die Einstellung von Regionalbahnen anlangt. Sie können ruhig mit mir auch darüber diskutieren, dass die ÖBB den Betrieb der einen oder anderen Regionalbahn nicht mehr selbst in die Hand nehmen, sondern ausschreiben und das Land einen privaten Betreiber bestellen kann. Da gibt es sehr erfolgreiche Modelle im deutschen Sprachraum, in Süddeutschland und auch in Norddeutschland. Diese Re­gionalbahnen, die dann von anderen, von Privaten betrieben wurden, haben massive Fahrgaststeigerungen verzeichnet.

Nur: Sie tun nichts, um diese Ausschreibungen und diese Bestellungen, diese Über­nahmen durch die Privaten auch nur in irgendeiner Weise zu fördern oder zu erleich­tern – nein, es bleibt immer nur beim Erschweren, und es bleibt immer nur beim Er­leichtern des Zusperrens! – Das ist der zweite Kritikpunkt.

Der dritte wurde auch schon genannt, allein was die Trassenknappheit anlangt: Bitte, wir brauchen Taktverkehre, wenn die Menschen nicht mehr mit dem Auto zur Arbeit fahren sollen, sondern verstärkt den Zug oder den Bus nehmen sollen! Das funktioniert nur, wenn die Menschen garantierte Umsteigerelationen haben, wenn gute Schnittstel­len existieren und wenn die Verkehre vertaktet sind.

Was aber macht dieses Eisenbahngesetz? – Es räumt außerhalb der Stoßzeiten – wo­bei der Begriff nicht definiert ist; es wird die Formulierung „Hauptverkehrszeiten“ ver­wendet, aber wann das ist, wird nicht definiert – dem Güterverkehr Vorrang ein. Da haben die Waggons zu Magna nach Graz Vorrang, da haben die Waggons zu den Schiffswerften et cetera Vorrang. – Bitte, da kommt kein Takt zustande! Da haben wir dann nicht die Qualität, die zur Attraktivierung notwendig ist, damit die Menschen end­lich die Verlagerung auf die Schiene vollziehen.

Zum Schluss komme ich noch auf die Ausführungen des Kollegen aus Tirol zu spre­chen: Ich bin ja sofort für den Brenner-Basistunnel, wenn die Verlagerung auf die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 56

Schiene möglich wäre! Wir haben ohnedies schon lange diskutiert, und ich sage es noch einmal: Es hat inzwischen auch Herr Professor Kummer von der Wiener Wirt­schaftsuniversität klar festgehalten (Abg. Mag. Hakl: Seit 15 Jahren ...!), dass unter den jetzigen Rahmenbedingungen dieser Tunnel nicht angenommen wird, dass es zu keiner Verlagerung kommt.

Herr Staatssekretär Kukacka, ich brauche Sie ja nur an die Veranstaltung des Busi­ness Circle zu erinnern. Da wurde im Rahmen von EU-Diskussionen – es waren ja auch viele Experten aus der EU, wie zum Beispiel van Miert, anwesend – von allen gesagt, wir brauchen erstens zunächst einmal andere verkehrspolitische europäische Rahmenbedingungen, und wir brauchen zweitens – denken Sie nur an den Vertreter aus Italien von den Staatsbahnen – zuerst die Sanierung und den Ausbau der Zulauf­strecken. Und für den Zulauf in Italien hat er als Datum das Jahr 2030 genannt. – Was nützt mir also eine Röhre, wenn der Zulauf zur Röhre verstopft ist oder nicht ausgebaut ist? – Nichts! Ich kann in der Röhre spazieren gehen, ich kann Elektroleitungen legen, oder ich kann sie für irgendeinen Ausflugsverkehr als Grottenbahn gestalten.

Zweites Beispiel: Denken Sie an diese Tagung und die dort anwesenden Vertreter aus Deutschland, aus unserem nördlichen Nachbarland: Keinerlei Zusage! Und da brau­chen Sie nur mit der Baufirma PORR zu reden: Keine Zusage von Seiten der Deut­schen, dass sie den Zulaufbereich durch Bayern annähernd zeitlich akkordieren mit unserem Brenner-Basistunnel! (Abg. Mag. Hakl: Das stimmt ja nicht! Das ist ja falsch! Mit den Bayern reden ...!)

Solange diese Rahmenbedingungen nicht passen, bitte, werden wir doch nicht so widersinnig budgetär handeln und in ein Projekt investieren, das nicht angenommen werden kann! Ich meine, da müssen klare Entscheidungen in Italien getroffen und Vor­aussetzungen in Deutschland geschaffen werden, dann ist es für mich ein geringeres Problem. (Abg. Mag. Hakl: Dann stimmen Sie endlich zu, wenn Sie ...!) Aber unter diesen Bedingungen geht es nicht.

Noch etwas, Frau Kollegin Hakl – Sie rühmen sich ja, genau Bescheid zu wissen –: Reden Sie auch einmal mit den Mitarbeitern der Firma PORR! Geologisch ist der Brenner-Basistunnel um ein Vielfaches anspruchsvoller als der Gotthard- oder der Simplon-Tunnel! (Abg. Mag. Hakl: Das ist eine Baufirma, die viel Geld verdienen möchte, Frau Kollegin!) Das ist die Schwierigkeit auch bei der Kosteneinschätzung. Und deswegen haben wir noch immer kein internationales Finanzkonsortium, das über­haupt daran denkt, sich daran zu beteiligen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Staatssekretär Mag. Kukacka zu Wort. (Zwischenruf des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Witt­auer.) – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


11.25.48

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Kollege Wittauer, es ist parlamentarischer Usus, dass das Regierungsmitglied vor dem letzten Debattenredner spricht! (Abg. Scheibner: Das brauchst du uns aber nicht zu erklären, das wissen wir selbst auch!) Ja, aber ich weise darauf hin, weil mich Kollege Wittauer diesbezüglich kritisiert hat, dass ich das Wort ergreife. Aber, Herr Klubobmann, Sie wissen doch, was parlamentarischer Usus ist. (Abg. Neudeck: Also wir werden jetzt keinen Schiedsrichter brauchen!) Ich würde gerne immer als Letzter reden! Ich habe überhaupt kein Problem damit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Ausschuss! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Frau Präsidentin! (Abg. Schieder: Es stimmt schon die Anrede nicht!) Ho-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 57

hes Haus!Lieber Kollege Schieder, wenden wir uns den eigentlichen Dingen zu, und da gibt es einiges aufzuklären: Ich möchte festhalten, dass diese Eisenbahngesetz-No­velle natürlich ein wichtiger Punkt ist, um zu mehr Liberalisierung im Schienenverkehr zu kommen. Wir brauchen das.

Gleichzeitig kommt es zu mehr Sicherheitsauflagen für Eisenbahnunternehmen – auch etwas, was uns in Österreich in dieser Frage sehr gut tut, damit eben der kommende Wettbewerb nicht auf Kosten der Sicherheit geht. Und darüber hinaus werden, ganz im Gegensatz zu dem, was hier gesagt wurde, auch die Behördenverfahren vereinfacht. Das ist alles im Ausschuss des Langen und Breiten diskutiert worden, und ich glaube, das sollten wir auch in diesem Sinne akzeptieren.

Wirklich zurückweisen muss ich, Kollege Eder, die Behauptung, dass Regionalbahnen in einem umfassenden Sinne geschlossen werden sollen. (Abg. Eder: Wo ist die Liste, Herr Staatssekretär?) Das ist einfach unrichtig!

Was es gibt, Herr Kollege Eder – und das ist Verantwortung der ÖBB und auch politi­sche Verantwortung –, ist ein umfassendes Konzept über die Reorganisation (ironische Heiterkeit des Abg. Gradwohl) der Nebenbahnen und der Regionalbahnen, in dem Sinne, dass wir selbstverständlich den öffentlichen Verkehr neu und besser organisie­ren müssen und auch entsprechend optimieren müssen. (Zwischenruf des Abg. Grad­wohl.) Wir wollen mehr Fahrgäste auf der Schiene, wir wollen mehr Fahrgäste in den Bussen, und wir wollen einen umfassenderen und einen effizienteren Einsatz von Steu­ergeldern. Das soll mit diesem Konzept erreicht werden, meine Damen und Herren, denn wir geben jetzt schon jedes Jahr 500 000 € für die Erhaltung von bereits seit Jah­ren eingestellten Eisenbahnstrecken aus!

Das können und wollen wir einsparen, und deshalb werden wir in diesem Bereich auch umfassende Reorganisationen durchführen, meine Damen und Herren. Das ist auch notwendig, weil, wie Sie ja selbst wissen, der Kostendeckungsgrad vieler dieser Ne­benbahnen nur zwischen 5 und 10 Prozent beträgt. Und das ist einfach zu wenig. Hier müssen wir die Effizienz verbessern.

Auch was zum Thema Taktverkehre gesagt wurde, ist einfach nicht richtig. Was wir hier umsetzen, geht auf den Wunsch der Bahn zurück. Die Bahn, die ÖBB haben von uns verlangt, dass eine entsprechende Klarstellung erfolgen soll (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser) und dass auch selbstverständlich wie bisher am Tag die gemein­wirtschaftlichen Personenverkehre Vorrang haben, dass es aber in der Nacht möglich sein soll, dass auch der Güterverkehr – und wir brauchen insbesondere den internatio­nalen Güterverkehr! – bisweilen Vorrang haben kann. Genau das, was uns die ÖBB hier vorschlagen, wird umgesetzt, und das, meine Damen und Herren, ist richtig.

Es geht hier also überhaupt nicht darum, Streckeneinstellungen zu erleichtern, sondern es geht eher darum, die Übernahme zu erleichtern. Es soll auch ermöglicht werden, dass andere, dass alternative Betreiber Bahnstrecken führen können. Diese Möglich­keit wird hier auch geschaffen, und insofern ist diese Novelle, meine Damen und Her­ren, ein Beitrag dazu, dass sich der Schienenverkehr in Österreich in Zukunft effizien­ter und besser entwickelt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Wittauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.30.37

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Herr Staatssekretär, ich wollte nur sagen: Das nächste Mal vielleicht vor dem Redner Ihrer Fraktion sprechen und nicht immer vor mir!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 58

Frau Abgeordnete Moser, wenn Sie beim Spatenstich dabei gewesen wären, dann hät­ten Sie vielleicht die gleichen Informationen wie wir. Es hat ein klares Bekenntnis von Landeshauptmann Durnwalder und von der italienischen Regierung gegeben, den Aus­bau bis Verona durchzuführen. (Abg. Eder: Von der alten Regierung!) Weiters gibt es eine Zusage von Bayern, dass von München bis Kufstein die Bahn ausgebaut wird.

Da Sie weiterhin die Finanzierung ansprechen, weise ich darauf hin: Die Kommission hat ein Bekenntnis abgegeben, die Finanzierung auf 20 Prozent festzuschreiben! Auch das war Inhalt einer der Reden des Kommissionsmitglieds.

Man kann also jetzt noch weiter gehen und sagen, dass es ein Bekenntnis nicht nur von zwei oder von drei Ländern gibt, sondern dass es jetzt auch ein europäisches Be­kenntnis dazu gibt, und man kann sagen, dass über 400 Millionen € in einen Probe­stollen investiert werden – und Sie reden immer noch davon, dass vielleicht dieser Brenner-Basistunnel nicht angenommen wird?! Es hat auch bei den Rednern ein klares Bekenntnis gegeben: Wenn man so viel Geld ausgibt, sei es von Europa, sei es von Österreich, sei es von italienischer Seite, glauben Sie dann tatsächlich – das hat Lan­deshauptmann Durnwalder gesagt –, dass wir so blöd sind, Geld auszugeben und danach keine Maßnahmen zu treffen, um diesen Brenner-Basistunnel zu bedienen? – Glauben Sie das wirklich? Wollen Sie diesen Schwachsinn weiter in der Bevölkerung verzapfen, obwohl die Wahrheit eine ganz andere ist?

In 15 Jahren ist dieser Tunnel fertig – und Sie erwarten heute, dass wir Maßnahmen setzen, wo wir nicht einmal das Angebot haben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Könnten Sie ein bisschen zuhorchen? Dann hätten Sie vielleicht, wenn Sie in den Wahlkampf gehen, eine Ahnung von dem, worüber hier in Tiroler Angelegenheiten ge­sprochen wird!

Jetzt zum Nahverkehr. Es gibt eine Linie – Sie haben den süddeutschen Raum ange­sprochen –: Die Strecke Scharnitz wurde privatisiert. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ja!) Das ist eine erfolgreiche Story! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Habe ich als Beispiel ge­nannt!) – Gut. Zillertalbahn: eine erfolgreiche Story! – Auf der Salzburger Seite passiert witzigerweise gar nichts. Die sind nicht einmal dazu fähig, dass sie ihre Linie dort in eine positive Richtung bringen. Da muss einmal ein Bekenntnis vom Land kommen und von der Region! Wenn Petitionen mehr Unterschriften erhalten, als die Linien Fahr­gäste haben, dann muss ich mich schon fragen, was diese Petitionen wert sind. Immer dagegen zu sein ist eine Sache. Für uns ist wichtig, dass die Menschen im ländlichen Raum von A nach B kommen, dass ein Angebot besteht – ganz Wurscht, ob das jetzt eine Bahn oder ein Bus ist. Das ist wichtig für uns, und dafür werden wir auch sorgen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Wittauer, für den Ausdruck „Schwachsinn“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Scheibner: Er hat es ja zu­rückgenommen!) – Das kommt zu spät! Ich habe auch gestern für dieselben Worte Ordnungsrufe erteilt.

Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses in 1627 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 59

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden, zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

11.34.575. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1564 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (1569 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 702/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), ge­ändert wird (1570 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 843/A (E) der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ausbau von Parkplätzen an Autobahnauffahrten (Initiative Park & Drive) (1571 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Eder zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.36.02

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssek­retäre! Sehr geehrte Damen und Herren! (Der Redner platziert eine Tafel mit der Abbil­dung des Warnschildes „Achtung Geisterfahrer“ auf dem Rednerpult.) Ich möchte mich heute mit einer Verkehrssicherheitsfrage beschäftigen, wobei ich meine, dass wir selbstverständlich alle, die wir hier im Haus sind, für Verkehrssicherheit, für mehr Ver­kehrssicherheit eintreten.

Was wir aber hier heute als Regierungsvorlage vorgelegt bekommen haben, führt un­seres Erachtens leider wesentlich mehr zur Verkehrsunsicherheit als zur Verkehrssi­cherheit. Man braucht sich nur die neue Verkehrstafel – ich habe sie extra mitgebracht und hierher gestellt – einmal anzuschauen, damit man sieht, wie dieses Verkehrszei­chen aussehen wird. (Zwischenruf des Abg. Schöls.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 60

Dieses Verkehrszeichen hat noch dazu den Nachteil, dass man es nie sieht, Kollege Schöls. Man sieht es nur dann, wenn eine Geisterfahrerwarnmeldung – eine Falsch­fahrerwarnmeldung, wie es richtig heißt – käme. Und dann ist die Frage: ... (Abg. Schöls – auf das rote von den drei auf der Tafel abgebildeten Autosymbolen wei­send –: Die Roten sind die Geisterfahrer!) – Das ist nicht zum Lachen, das ist eine ganz ernste Sache, denn wenn die Ersten frontal zusammenfahren, dann wird Ihnen anders werden!

Jetzt frage ich mich: Wenn das Schild dann irgendwo erscheint – und wie es wo erscheinen kann, sage ich dann noch –, wie verhält sich jetzt der Autofahrer, der in der richtigen Fahrtrichtung ist? Fährt der rechts? Fährt der links? Und kommt der Geister­fahrer in der Mitte? Oder wie soll das sein?

Der ÖAMTC hat diesbezüglich größte Skepsis gehabt (Abg. Wittauer: Der war aber dabei!), der ARBÖ hat größte Skepsis gehabt, alle Fachleute haben größte Skepsis ge­habt. – Der ÖAMTC war nur bei einer Ausschreibung dabei, bei der es um Vorschläge gegangen ist, aber nicht dort, wo es dann um Entscheidungen gegangen ist.

Meine Damen und Herren! Minister Gorbach, der heute nicht da ist (Abg. Reheis: Der ist in den Ausschüssen auch nie da!), hat im Ausschuss gemeint, das ist so wie beim Wildwechsel: Da ist auch eine Tafel mit „Wildwechsel“, und man weiß auch nicht, ob das Wild von links oder von rechts kommt. – Das ist ein bisschen kurzsichtig gedacht, denn dort weiß man den genauen Abschnitt, wo immer wieder Wildwechsel erfolgt, und man weiß dann, dort muss man vorsichtig fahren.

Wo ein Geisterfahrer kommt, das weiß man nicht! Und da ist die nächste Problematik jene, dass wir rund 850 Auf- und Abfahrten bei Autobahnen haben. Das ganze mal vier ergibt eine relativ hohe Zahl an Möglichkeiten, wo Geisterfahrer falsch auf eine Auto­bahn fahren können. Dazu kommen noch alle Parkplätze und alle Tankstellen. (Abg. Neudeck auf die Darstellung des Verkehrszeichens weisend –: Euch stört nur, dass zwei schwarze und nur ein rotes Auto drauf sind!)

Jetzt frage ich mich, wenn man von Seiten der Regierung groß verkünden wird, dass wir – mit diesem Unsicherheitsschild! – verkehrssicherer werden, dass die Autofahrer gewarnt werden: Wenn die Geisterfahrermeldung durch den ORF, meistens im Sen­der „Ö3“, kommt, dann erwartet sich der Autofahrer vielleicht auch dieses Schild. Nur ist die Möglichkeit auf Seiten der ASFINAG – und das wurde vom Unternehmen schrift­lich mitgeteilt; ich bitte Sie, den Brief zu lesen – derzeit sehr gering: Sie können nur bei den Überkopfbügeln dann auf Warnschildern diese Möglichkeit aufnehmen, aber nicht bei den derzeitigen Schildern (Abg. Wittauer: Sechs große Vorhaben, jeweils 35 Mil­lionen!), sondern die müssen neu installiert werden, weil nur Programmieren, wie der Herr Minister meint, nicht funktioniert. – Bitte, diesen Brief zu lesen!

Darum wundert es mich auch nicht, dass Herr Staatssekretär Kukacka heute in einer Presseaussendung meint: Ja, unter Umständen werden wir auch die PKW-Maut wieder ein bisschen erhöhen müssen!, denn Autofahrer zu schröpfen ist „natürlich“ klass und leiwand. – Daher frage ich Sie gleich, Herr Staatssekretär Kukacka: Haben Sie diese Absicht, wie sie in Ihrer heutigen Presseaussendung angeklungen ist? Sollen die Auto­fahrer wieder neu geschröpft werden, weil Sie heute eine Menge von zusätzlichen Kos­ten – die verkehrssicherheitsmäßig nichts bringen! – hier ganz einfach beschließen?

Dazu muss man auch wissen, dass zum Beispiel bei den ORF-Geisterfahrermeldun­gen überhaupt keine Evaluierung erfolgt, ob diese stimmen oder nicht. Wenn man nämlich genau hinhört, dann weiß man, dass Geisterfahrermeldungen mit dem Zusatz kommen: Bleiben Sie so lange am Sender, bis die Entwarnung kommt! – Es gibt dann auch Situationen, wo nie eine Entwarnung kommt, weil der ORF natürlich Wert darauf


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 61

legt, möglichst viele Hörer bei seinem Sender zu haben. Wir haben aus Tirol eine – nicht bestätigte, aber doch – Abfrage, wonach von 50 Geisterfahrermeldungen lediglich zwei bis drei relevant waren.

Das heißt also, dass es leider auch eine Reihe von Autofahrern gibt, die Geisterfahrer-Warnmeldungen an den ORF liefern, die aber gar keine sind. Es kommt oft zu Geister­fahrer-Warnmeldungen bei Baustellen, bei entgegenkommendem Verkehr, wo dieser aber entgegenkommen darf – daher muss man mit diesen Meldungen sehr sorgsam umgehen.

Hauptursachen für das Geisterfahren sind Alkohol und Übermüdung. Diese Ursachen müssen wir bekämpfen, meine Damen und Herren – und nicht Schilder wie bei den Schildbürgern aufstellen, die man nicht kennen kann, weil sie nie aufgestellt sind, son­dern nur im Ernstfall aufgestellt werden sollten; dann ist es aber meistens zu spät. (Abg. Wittauer: Nicht aufgestellt!)

Nehmen Sie diese Dinge ernst! Wir arbeiten gerne bei der Verkehrssicherheit mit, aber bei diesem Schild kennt sich niemand aus! Das wird auch in der nächsten Zeit nie­mand sehen, sondern erst dann, wenn es schon zu spät ist. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

11.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.41.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte zur gegenständlichen Vorlage betreffend Novelle zur Straßenver­kehrsordnung einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Wittauer, Regler, Kolle­ginnen und Kollegen einbringen und bitte die Frau Präsidentin, diesen zur Verteilung bringen zu lassen.

Es geht darum, dass wir eine Entbürokratisierung betreffend Wochenend- und Feier­tagsfahrverbot vornehmen wollen, dass diejenigen Beförderungen, die ohnedies ge­macht werden müssen und für die es derzeit Ausnahmegenehmigungen gibt, automa­tisch durchgeführt werden dürfen.

Im Einzelnen betrifft dies die Fahrzeuge nach Schaustellerart – das sind die so ge­nannten Hutschenschleuderer, die ja auf ihren Fahrzeugen das Ringelspiel et cetera aufgebaut haben, die manchmal von Samstag auf Sonntag den Standplatz wechseln müssen, weil es dann woanders ein Fest gibt –, es geht weiters um die Beförderung periodischer Druckwerke, und wir wissen alle, die Zeitungen werden befördert, in der Regel mit Ausnahmegenehmigungen oder mit kleinen Fahrzeugen; wenn sie größere Fahrzeuge verwenden dürfen, könnten damit Fahrten eingespart werden.

Es gibt auch eine Klarstellung, dass Postsendungen – wir wollen ja alle schnelle Zu­stellungen der Österreichischen Post haben – grundsätzlich ausgenommen sind.

Ein weiterer wichtiger Punkt für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich ist die Luftfracht: Beförderungen zu und von Flughäfen. Das soll jetzt ausgenommen wer­den – auch etwas, was bisher mit Ausnahmegenehmigungen durchgeführt wird. Es wird damit auch die Position von Austrian Airlines gestärkt. Es ist insbesondere ein Problem des Wiener Flughafens; in den anderen Flughäfen wird es nicht in wesentli­chem Ausmaß zum Tragen kommen.

Und dann wird die Verbesserung einer Regelung getroffen, die bisher völlig unlogisch war: dass Beförderungen, die ausgenommen sind, am Wochenende zwar mit Sattel­kraftfahrzeugen durchgeführt werden dürfen, aber nicht mit Kraftwagenzügen, also


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 62

LKW mit Anhänger, obwohl dies sinnvoll wäre. Wenn zum Beispiel für einen Einsatz in Katastrophenfällen Sandsäcke zu einem Deich gebracht werden, der zu brechen droht, darf das immer nur mit einem Einzel-LKW gemacht werden. Dieser darf keinen Anhän­ger mitführen, sondern muss zweimal fahren und braucht damit doppelt so lange. – Das soll in diesem Zusammenhang besser geregelt werden.

Noch einmal: Der Sinn ist eine Entbürokratisierung. Das, wofür die Behörden ohnedies Genehmigungen erteilen, wodurch es sogar zu weniger Verkehr kommt, soll jetzt klar im Gesetz geregelt werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang sowohl den Kolleginnen und Kollegen unseres Koalitionspartners danken, vor allem Verkehrssprecher Klaus Wittauer, aber auch den Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion – vor allem Verkehrs­sprecher Kurt Eder –, die diesem Antrag dann in der Abstimmung zustimmen wer­den. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Regler eingebrachte Abänderungsantrag wurde in seinen Kernpunkten erläutert und ist ausreichend unterstützt. Ich lasse ihn auf Grund seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung zur Verteilung bringen. Der Antrag steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wittauer, DI Regler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (1564 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1969) geändert wird, 1564 d.B., wird wie folgt geändert:

Die vorgeschlagene Änderung des § 50 StVO 1960 erhält die Ziffernbezeichnung „4.“ und die Legende unter der Abbildung lautet: „Dieses Zeichen zeigt an, dass ein Fahr­zeug auf einer Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung fährt, ob­wohl das nicht durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen erlaubt ist.“; davor werden folgende Z 1 bis 3 eingefügt:

„1. § 42 Abs. 1 lautet:

‚(1) An Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feier­tagen von 00 Uhr bis 22 Uhr ist das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit An­hänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt.‘

2. § 42 Abs. 2a lautet:

‚(2a) Von den in Abs. 1 und 2 angeführten Verboten sind Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Gütern von oder zu Flughäfen (§ 64 Luftfahrtge­setz) oder Militärflugplätzen, die gemäß § 62 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes für Zwecke der Zivilluftfahrt benützt werden, dienen oder ausschließlich im Rahmen des Kombi­nierten Verkehrs (§ 2 Abs. 1 Z 40 KFG 1967) innerhalb eines Umkreises mit einem Radius von 65 km von den durch Verordnung gemäß Abs. 2b festgelegten Be- oder Entladebahnhöfen oder Be- und Entladehäfen durchgeführt werden.‘


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 63

3. § 42 Abs. 3 lautet:

‚(3) Von den im Abs. 1 und 2 angeführten Verboten sind Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh, Milch oder anderen leicht verderblichen Lebensmitteln, von Postsendungen sowie periodischen Druckwer­ken oder der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophen­fällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Müllabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, Fahrten mit Fahrzeu­gen nach Schaustellerart (§ 2 Abs. 1 Z 42 KFG 1967) sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres und mit selbstfahrenden landwirtschaftlichen Ar­beitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24. Dezember.‘“

Begründung:

In Abs. 1 kann der letzte Halbsatz der derzeit geltenden Regelung entfallen, da sämt­liche Ausnahmen in Abs. 3 zusammengefasst werden.

In Abs. 2a erfolgt die Ausnahme für Fahrten von oder zu Flughäfen; diese sind in § 64 Luftfahrtgesetz definiert. Wegen der Besonderheiten bei der Luftfracht erscheint hier eine Einschränkung auf einen Umkreis mit einem Radius von 65 km nicht zweckmäßig.

Die Ausnahme für periodische Druckwerke in Abs. 3 hat sich bereits im Rahmen der Ferienreiseverordnung bzw. des Fahrverbotskalenders seit vielen Jahren bewährt und soll nunmehr als gesetzliche Ausnahme in die StVO übernommen werden. Die Aus­nahmen für Postsendungen und Fahrzeuge nach Schaustellerart dienen der Klarstel­lung, da es immer wieder zu Unsicherheiten kommt, ob derartige Fahrten einer Aus­nahmebewilligung bedürfen oder nicht.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


11.44.55

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren des Hohen Hauses! Ich möchte kurz auf die Rede des Herrn Abgeordneten Eder betreffend Warnschild „Achtung Geisterfahrer“ eingehen und dabei auch einiges richtig stellen.

Faktum ist, dass leider – trotz aller Bemühungen – immer mehr Geisterfahrer auf Ös­terreichs Straßen unterwegs sind. Das hat auch damit zu tun, dass natürlich das Ver­kehrsaufkommen steigt.

Faktum ist weiters, dass es bisher nur ein akustisches Hilfsmittel gibt, um vor Geister­fahrern zu warnen, nämlich die Meldungen auf „Ö 3“.

Das Ministerium wollte zu dieser akustischen Warnung auch eine optische Warnung ermöglichen. (Abg. Eder: Das sind Schilder auch!) Dazu haben wir einen internatio­nalen Wettbewerb gestartet. Faktum ist nämlich, Kollege Eder, dass es in der ganzen Europäischen Union derzeit noch kein derartiges Warnschild gibt. Wir in Österreich sind die Ersten, denn wir machen uns Gedanken und greifen die Themen auf.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 64

Das Verkehrsministerium hat deshalb eine Ausschreibung gemacht, es wurden Hun­derte teilweise sehr interessante Vorschläge unterbreitet. Eine international besetzte Jury hat einstimmig dieses Warnschild als das geeignetste erachtet. Dieses Warnschild erscheint nur, wenn bei Überkopfwegweisern die optische Möglichkeit zur Anzeige für Autofahrer gegeben ist – bekanntlich schaltet nicht jeder Autofahrer immer das Radio ein, wenn er auf der Autobahn unterwegs ist. – Das ist die Realität.

Dieser Überkopfwegweiser und die dazu gehörigen Warnschilder – wo im Übrigen auch „Achtung Geisterfahrer“ dabei steht – dienen zur Erhöhung der Verkehrssicher­heit! (Abg. Eder: Überhaupt nicht!) Selbstverständlich wird dieses Warnschild auch in den Unterricht mit aufgenommen, dass die Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenker, die Schülerinnen und Schüler, rechtzeitig wissen, was dieses Warnschild bedeutet, meine Damen und Herren.

Realität ist, dass das von Österreich ausgegangen ist; es dient zur Erhöhung der Ver­kehrssicherheit, und Realität ist auch, dass das ein Vorbild für die gesamte Europäi­sche Union werden wird; das haben ja die EU-Verkehrsminister bereits signalisiert. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.47.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Mainoni, Österreich möchte hier wieder Vorreiter sein, die EU wird unserem Schild folgen – das hoffen Sie.

Herr Minister und Vizekanzler Gorbach hat uns im Verkehrsausschuss auch Folgendes mitgeteilt: Geisterfahrer verursachen 0,028 Prozent der Verkehrsunfälle und zwei bis drei der Getöteten – das ist die Prioritätensetzung. (Abg. Wittauer: Er hat aber noch was dazugesagt!) Ich bin dafür, dass jedes Menschenleben im Verkehrsbereich ge­schützt wird. Jeder Tote ist zu viel, nur: Die Relevanz, dass man für 0,028 Prozent eine Gesetzesänderung bezüglich eines Schildes vornimmt, das keiner gekannt hat und das auf Unverständnis stoßen wird, wage ich sehr zu bezweifeln.

Reden sie mit dem ÖAMTC, dem ARBÖ, reden Sie auch mit anderen Sachverständi­gen, dann werden Sie hören: Wir haben, was Verkehrssicherheit anlangt, in Österreich in vielerlei Hinsicht bezüglich angepasster Geschwindigkeit massiven Handlungsbe­darf! Da geht es um weniger Tote in der Größenordnung von 100 bis 200 pro Jahr – und Sie machen nichts! Das regt mich jedes Mal auf!

Die Frage „Geschwindigkeitsdelikte“ gibt es für Sie nicht! (Abg. Mag. Tancsits: Frau Moser, wo leben Sie?) Da gibt es nichts, da wird gesetzlich nichts geändert, obwohl unangepasste Geschwindigkeit die Unfallursache Nummer 1 ist! Sie machen gesetzlich keinerlei Änderungen, um dem Abhilfe zu schaffen und Menschen damit am Leben zu erhalten! Im Vormerksystem kommt kein Geschwindigkeitsdelikt vor. Dass verschärfte Kontrollen stattfinden würden, entspricht Sonntagsworten! – Hauptsache, Sie machen ein neues Verkehrsschild: „Achtung Geisterfahrer“.

Dabei sagen Sie ja selbst: Wesentlich ist es, an der Quelle anzusetzen, nämlich bei den 850 – oder wie viele Sie da genannt haben – Autobahnauffahrten. Dort können Sie ja gerne ein Schild hinstellen: Bitte fahren Sie nicht falsch! – Diejenigen, die abfahren, sehen es nicht, und diejenigen, die falsch auffahren, würden es wenigstens sehen. Ihr Geisterfahrerschild ist ja ein Mitternachtsgeist – den kennt ja niemand!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 65

Dieses Schild soll auf den Baken der ASFINAG aufscheinen, diese muss das finanzie­ren – sündteuer! –, und effizient ist es nicht, weil es dann ja schon passiert ist, weil dann der Geisterfahrer schon auf der Autobahn ist! – Darum: Bitte tun Sie dort etwas, wo Dutzende, Hunderte von Menschenleben gerettet werden können, nämlich im Ge­schwindigkeitsbereich!

Ein anderer Sektor: Vor zwei, drei Tagen schrieb die „Presse“ auf der Titelseite: Handy-Telefonieren am Steuer reduziert die Aufmerksamkeit massiv, auch trotz des Benützens einer Freisprechanlage.

Ich habe vom ÖAMTC erfahren, dass sogar das Führen von Gesprächen während des Autofahrens zu einer Reduktion der Konzentration führt. Da sollte man Aufklärungs­arbeit machen. Das gefährdet Leben, das gefährdet AutofahrerInnen, FußgängerInnen und RadfahrerInnen! Dort müssten wir ansetzen.

Oder aber bei den Alko-Delikten. Glücklicherweise gibt es jetzt die Vortestgeräte. Ich kann Ihnen gerne noch die Kurve zeigen. (Die Rednerin zeigt Staatssekretär Mag. Mai­noni eine Abbildung der genannten Graphik.) Es gibt glücklicherweise einen gewissen Rückgang, aber das Kurvenniveau der Getöteten bei Unfällen in Zusammenhang mit Alkohol ist leider wieder gestiegen. Sie haben selbst gesagt, die Ursache für Geister­fahren ist oft auch Alkohol. Da müssen wir noch mehr Vortestgeräte einsetzen und noch wirksamer vorgehen, auch was die Strafen anlangt. Das wären meiner Überzeu­gung nach die primären Aufgaben einer Verkehrssicherheitspolitik – und nicht so ein Schildbürgerstreich mit einem Geisterfahrerschild. Wir werden daher diese Maßnahme massiv ablehnen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder.)

Sogar ich habe mir schon gedacht, schön langsam möchte ich eine Interessenvereini­gung oder irgendeine Bürgerinitiative oder ein Volksbegehren für die Autofahrer grün­den. Diese werden geschröpft, werden zum Narren gehalten, teilweise müssen sie da­für auch bezahlen – und insgesamt gilt es auch aus Verkehrssicherheitsgründen, den Schilderwald eher abzubauen als zu verstärken.

Da unter diesen Tagesordnungspunkten eine Maßnahme enthalten ist, die wir unter­stützen, nämlich das Schaffen von PendlerInnen-Parkplätzen, möchte ich zur Ergän­zung dieses Ansatzes, der spät von Ihrer Seite kommt, der in erste Linie die Mitfahrge­meinschaften im Auto stärkt, einen Antrag einbringen, der insgesamt das Pendeln mit den öffentlichen Verkehrsmitteln verbessern helfen soll.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame und gerechte Unterstützung für Pendlerinnen und Pendler

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Pendlerinnen und Pendler sowie BenutzerIn­nen öffentlicher Verkehrsmittel durch folgende Maßnahmen gerecht und wirksam zu unterstützen und von hohen und absehbar weiter steigenden Kosten zu entlasten:

Angebots- und Qualitätsoffensive bei Bus und Bahn;

eine Nahverkehrsreform; die nicht Einsparen, sondern Umsteigen zum Ziel hat und Schluss mit schlechtem Service zu jährlich steigenden Preisen macht;

Einführung eines gerechten, einheitlichen, entfernungsabhängigen Mobilitätsgeldes, das – im Gegensatz zum derzeitigen Kilometer-Geld und Pendlerpauschale – Benut-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 66

zerInnen öffentlicher Verkehrsmittel und Wenigverdienende beim Pendeln nicht mehr benachteiligt;

steuerliche Besserstellung von Fahrgemeinschaften anstelle der derzeitigen steuerli­chen Benachteilung;

Ausbau von Mobilitätsmanagement sowie Park & Ride beim nächstgelegenen Bus- oder Bahnkontenpunkt.“

*****

Ja, wir wollen mehr Verkehrssicherheit, wir wollen mehr für die PendlerInnen tun, nicht nur bei den Parkplätzen bei der Autobahn, sondern insgesamt durch eine Qualitäts- und auch Angebotsoffensive bei Bus und Bahn. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Dr. Moser eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame und gerechte Unterstützung für Pendlerinnen und Pendler, eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 843/A(E) der Abge­ordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausbau von Autobahnauffahrten (Initiative Park & Drive) (1571 d.B.)

Pendlerinnen und Pendler sind mit hohen und weiter steigenden Treibstoffkosten und zugleich vielfach schlechter statt besser werdendem Angebot bei den Alternativen Bahn und Bus konfrontiert. Dabei sind die Öffentlichen Verkehrsmittel die kostengüns­tigste, sicherste und umweltverträglichste Art von Massenmobilität.

Die Regierung hat in den letzten sechseinhalb Jahren weder die gravierenden Unge­rechtigkeiten bei der PendlerInnenunterstützung - etwa die Benachteiligung von Bus- und BahnbenutzerInnen bei Kilometergeld und Pendlerpauschale – in Angriff genom­men noch haben ÖVP und BZÖ sich für die wirksame Unterstützung von Fahrgemein­schaften, etwa durch steuerliche Besserstellung, engagiert. Ebensowenig ist die Regie­rung bisher dem Aufruf des Rechnungshofs gefolgt, verkehrspolitische Schwerpunkte beim öffentlichen Verkehr anstelle autozentrierter Politik zu setzen. Die im ÖVP-Wahl­programm von 2002 sowie im geltenden Regierungsprogramm versprochene Offensiv­reform beim Öffentlichen Verkehr ist ebenso ausständig, sie ist bisher an der geplanten inhaltlichen Kindesweglegung und der Absicht zur Finanzierung zulasten Dritter (Län­der, Gemeinden, Fahrgäste) gescheitert. Eine Offensive gab es nur bei den ÖBB-Vor­standsposten und Beraterverträgen, wo zig Millionen Euro verschwendet wurden.

Zudem bereiten die Regierungsparteien mit der ASFINAG zur Finanzierung der zahlrei­chen von Baukonzernen und Großbanken betriebenen hochrangigen Straßenprojekte die Einführung einer PKW-Maut und damit massive Mehrbelastungen vor.

Statt einseitigen Mehrbelastungen für PendlerInnen und Herunterwirtschaften der Alter­nativen Bahn und Bus ist jedoch gezielte und wirksame Unterstützung nötig. Eine Be-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 67

darfserhebung und Konzepterstellung für mehr Sammelparkplätze an Autobahnauffahr­ten geht hier entschieden zu wenig weit.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, Pendlerinnen und Pendler sowie BenutzerIn­nen öffentlicher Verkehrsmittel durch folgende Maßnahmen gerecht und wirksam zu unterstützen und von hohen und absehbar weiter steigenden Kosten zu entlasten:

Angebots- und Qualitätsoffensive bei Bahn und Bus;

eine Nahverkehrsreform, die nicht Einsparen, sondern Umsteigen zum Ziel hat und Schluss mit schlechtem Service zu jährlich steigenden Preisen macht;

Einführung eines gerechten, einheitlichen, entfernungsabhängigen Mobilitätsgeldes, das – im Gegensatz zum derzeitigen km-Geld und Pendlerpauschale - BenutzerInnen öffentlicher Verkehrsmittel und Wenigverdienende beim Pendeln nicht mehr benachtei­ligt;

steuerliche Besserstellung von Fahrgemeinschaften anstelle der derzeitigen steuerli­chen Benachteiligung;

Ausbau von Mobilitätsmanagement sowie Park & Ride beim nächstgelegenen Bus- oder Bahnknotenpunkt

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Witt­auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.53.21

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Frau Abgeordnete Moser und Herr Abgeordneter Eder, bei aller Kritik an diesen Tafeln betreffend Geisterfahrer: Es hat dazu fast tausend Einsendungen gegeben, fast tausend! Dann hat es eine Jury gegeben ... (Abg. Dr. Gabriela Moser: Preisausschrei­ben?) – Nein, es ging um Vorschläge, wie so eine Tafel oder so ein Verkehrszeichen ausschauen soll.

Da gab es eine Jury, in der der ÖAMTC, der ARBÖ und alle maßgeblichen ... (Abg. Marizzi: Abgelehnt!) – Nein, das stimmt ja gar nicht! Es hat einen einstimmigen Be­schluss von dieser Jury gegeben, dass dieses Verkehrszeichen kommen soll. (Abg. Eder: Dass es kommen soll, nicht!) Ob es mir gefällt oder nicht, das ist eine andere Frage (Abg. Eder: Es geht nicht ums Gefallen!), aber wenn eine Jury darüber entschei­det, warum soll der Verkehrsminister dann sagen: Mir gefällt es eigentlich nicht, wir nehmen das nicht? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.)

Das ist eine Doppelgleisigkeit. Der ÖAMTC schickt eine Aussendung und ist selbst in dieser Jury vertreten und entscheidet mit. Beim ARBÖ ist es das Gleiche. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Eder.) Und das ist falsch. Worum geht es? – Dieser Verkehrs­minister hat die Zahl der Verkehrstoten von 1 076 auf ungefähr 700 im letzten Jahr und auf noch weniger in diesem Jahr gesenkt. Man muss also sagen: Diese Regierung macht etwas für die Verkehrssicherheit. (Staatssekretär Mag. Mainoni: So ist es! – Ge­genruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 68

Sie haben das eine vergessen: Der Verkehrsminister hat im Ausschuss gesagt, das stimmt, das ist ein ganz ein kleiner Teil, aber es ist auch ein Mosaikstein im gesamten Verkehrssicherheitssystem. (Abg. Eder: Wildwechsel!) Ich denke, man sollte jede Maßnahme treffen und jede Maßnahme unterstützen. Ich erinnere mich: Bei fast allem, was er gemacht hat, haben Sie den Herrn Bundesminister kritisiert, aber die Zahlen, die Statistik spricht für ihn!

Der Herr Minister setzt diese Maßnahme, und Sie reden immer davon, dass Verkehrs­schilder aufgestellt werden. So schnell kann er sie gar nicht aufstellen! Sie wissen genau, dass wir ein Verkehrsleitsystem haben, wo das oben automatisch angezeigt wird. Wenn ein Geisterfahrer unterwegs ist, dann wird das auf dem Verkehrsschild an­gezeigt. Wenn man die Leute darüber informiert, ist es eine Maßnahme, die Sicherheit bringt. Ich habe ein schlechtes Gefühl, wenn ich Geisterfahrermeldungen im Radio höre – und jetzt wird eine Maßnahme gesetzt, die vielleicht hilft. (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Herr Abgeordneter Eder, Sie wissen ja ... (Abg. Eder: Das gibt es ja schon von der ASFINAG, das Verkehrsleitschild!)

Es gibt sechs verschiedene Bereiche. Diese Jury hat dies jetzt auf einen Stand ge­bracht, wo man sagen kann: Das ist das Verkehrsschild.

Ich würde mir auch andere Maßnahmen wünschen. Vielleicht wäre es notwendig, auf der anderen Seite etwas zu machen, damit dem Geisterfahrer angezeigt wird: Achtung, Sie sind ein Geisterfahrer! – Vielleicht wäre das eine Möglichkeit! (Abg. Neudeck: Aber viersprachig! – Gegenruf des Abg. Eder.)

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie wir mit diesem Verkehrsleitsystem arbeiten können – das muss man einmal zur Kenntnis nehmen! Ich bitte auch Sie darum, Herr Abgeordneter Eder, auch wenn dieses Verkehrsschild für Sie einen Schönheitsfehler hat! Vielleicht wissen Sie nicht, dass „rot“ Gefahr bedeutet – das ist einmal so in der realen Verkehrswelt. (Heiterkeit sowie Beifall des Abg. Neudeck.) Wenn Sie das zur Kenntnis nehmen könnten, wäre ich froh, denn dann würden wir über Verkehrssicher­heit reden und nicht darüber, wie eine Tafel ausschaut. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Eder: Kann man das auch diskutieren, oder muss man pole­misieren?)

11.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder-Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.57.05

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wittauer, es ist das für uns keine Glaubensfrage, sondern es geht darum, ob eine Novelle zur Stra­ßenverkehrsordnung sinnvoll und effizient ist. Die Warnung vor Falschfahrern bezie­hungsweise der Hinweis „Geisterfahrer“ ist natürlich ein wichtiger Beitrag, damit Auto­fahrerInnen gerüstet sind, dass da etwas auf sie zukommt, dass Gefahr droht.

Wir nehmen die vorliegenden Stellungnahmen sehr ernst, meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre und meine Damen und Herren. Was sagen diese aus?

Erstens gibt es die Hinweistafel „Geisterfahrer“ bereits. Dieses neue Schild wird ein Teil des elektronischen Verkehrsleitsystems sein. Das ist vom Grundansatz her gut.

Dort, wo Hinweistafeln absolut notwendig sind, bei Auf- und Abfahrten, an Autobahnen, gibt es derzeit nur drei Leitsysteme.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 69

Es ist kein international anerkanntes Zeichen oder Schild. Besonders verwirrend ist meiner Überzeugung nach, dass es mit dem Hinweis „Rettungsgasse bilden!“ verwech­selbar ist.

Die ASFINAG weist weiters auf die beträchtlichen Kosten hin und zweifelt auch an der Wirksamkeit und Effizienz der neuen Schilder.

Zusammengefasst, meine Damen und Herren, meinen wir: eine mangelhafte und un­ausgereifte Maßnahme, die mehr Verwirrung schafft als Schutz bietet.

Letzter Punkt und Hinweis, Herr Kollege Regler: Die Ausnahmeregelungen haben sehr wohl ihre Berechtigung, ich befürchte nur, dass wir in Zukunft so viele Ausnahmerege­lungen haben werden, dass es sehr schwierig sein wird, diese auch zu kontrollieren. Dahin gehend müssen wir uns etwas überlegen, um diese Fülle wirklich in den Griff zu bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.59.29

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Herr Abgeordneter Eder, mit Ihren in den beiden Redebeiträgen ver­tretenen Standpunkten begeben Sie sich fast schon in eine Position des politischen Geisterfahrers. Anders kann es nicht sein, wenn Sie gegen alles sind, das zukunfts­orientiert ist und mehr Verkehrssicherheit bringt.

Die Geisterfahrer-Warntafeln können meiner Überzeugung nach dazu beitragen, Men­schenleben zu retten. (Abg. Mag. Johann Moser: ... Zauberlehrling!) Ihr Auftreten da­gegen ist so wie jenes gegen die Maßnahme der Bundesregierung, mehr Liberali­sierung bei den Regionalbahnen und Nebenbahnen zu ermöglichen: Da erkennen Sie eigentlich nicht die Kompetenz der Länder, die mit eingebunden sind (Abg. Mag. Jo­hann Moser: ... werden zusperren, Herr Kollege!), die Entscheidungen zu treffen haben in diesem Konzept, das bis September vorliegen wird. (Abg. Reheis: Die Regie­rung setzt keine Maßnahmen!)

Beide Dinge sind zukunftsorientiert, aber Sie von der SPÖ wenden sich dagegen. Wir nehmen es zur Kenntnis, dass Sie eben dort beheimatet sind, wo es keine Reformbe­reitschaft gibt. (Abg. Reheis: ... sind die Methoden!)

Ich darf noch zu einem Punkt Stellung nehmen, und zwar zur Änderung der Straßen­verkehrsordnung in die Richtung, dass man nur noch ein österreichweites Konzept unter Einbindung der Länder, der Gemeinden und des Bundes ermöglicht, dass an den Autobahnauffahrten Park & Drive-Anlagen errichtet werden. Niederösterreich ist diesen Weg schon sehr lange gegangen, wir haben bereits mehr als 1 000 solcher Parkplätze.

Das entspricht genau jener Antwort, die wir auf die Verkehrspolitik geben. Der erste Schritt, uns europaweit an der Verkehrspolitik zu orientieren, sind gewaltige Investitio­nen in Milliardenhöhe in die Straße und in die Schiene. Jetzt geht es darum, den zwei­ten Schritt zu setzen, nämlich auch die regionalen Maßnahmen durchzuführen, ent­sprechend den Bedürfnissen jener Verkehrsteilnehmer, die in den ländlichen Regionen wohnen und die auf das Pendeln zum Arbeitsplatz angewiesen sind.

Mit solchen Anlagen können wir einen Schritt zu einem stärkerem Umweltbewusstsein und zur Verringerung der Abgase tun. Wir können damit auch zur Kostenersparnis bei­tragen. Ich glaube, es ist dies ein weiterer bedeutender Schritt, ein richtiger Schritt in der österreichischen Verkehrspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

12.01



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 70

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Marizzi zu Wort. Wunschredezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


12.01.48

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Geschätzte Herren Staatssekretäre! (Der Redner dreht sich zur Regierungsbank um und überreicht Staatssekretär Mag. Kukacka eine Tafel, auf der das neue Geisterfahrer-Warnschild abgebildet ist.) Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Verkehrsausschuss sind wir darin übereinge­kommen, dass diese Park & Ride-Anlagen eine sinnvolle Sache sind, und wir haben in den letzten drei Jahren im Verkehrsausschuss in Bezug auf die österreichische Bevöl­kerung in vielen Dingen, Herr Kollege Rädler, sehr konstruktiv zusammengearbeitet. Meinen Kollegen Eder als „politischen Geisterfahrer“ zu titulieren, ist jedoch nicht gera­de die angenehme Art, sondern das ist schon ein bisschen unter der Gürtellinie. (Abg. Wattaul: ... aber nicht der Rädler!)

Wir haben nämlich Herrn Bundesminister Vizekanzler Gorbach angeboten – vielleicht ist Ihnen das im Ausschuss entgangen –, an der Einführung dieser Geisterfahrer-Warntafel mitzuwirken und vielleicht eine Nachdenkpause einzulegen. (Abg. Neudeck: Es ist eh Rot darauf!) Wir werden die Ersten in Europa sein, die diese Tafel auf ihren Autobahnen haben. (Der Redner stellt das Schild mit dem Geisterfahrer-Verkehrszei­chen, das er zuvor Staatssekretär Mag. Kukacka überreicht hatte, nunmehr auf das Rednerpult.)

Herr Staatssekretär Mainoni, man kann sich vorstellen, dass ausländische Kraftfahrer mit dieser Tafel wahrscheinlich wenig anfangen werden, und ich glaube auch, dass die Österreicherinnen und Österreicher damit sehr wenig anfangen werden. Da geht es nicht ums Lustigsein und um „Haha“, sondern da geht es um Geisterfahrer und Tote, Herr Kollege Rädler! (Abg. Rädler: ... mitstimmen!) So lustig ist die ganze Sache also nicht. (Abg. Neudeck: Aber verursachen wird das Schild keine!) Nein, nicht mitstim­men! (Abg. Neudeck: Verursachen wird das Schild keine! Nur wenn es einem auf den Kopf fällt!) Wir haben gesagt: Machen wir eine Nachdenkpause, machen wir etwas Besseres!

Ich muss Ihnen leider widersprechen, Herr Staatssekretär Mainoni, denn: Lesen Sie den Brief der ASFINAG vom 31. Mai! Ich kann jetzt aus Zeitgründen nicht alles vorle­sen. (Abg. Neudeck: Das ist ja eine freiwillige Redezeit! Du hast 10 Minuten!) Aber da steht genau das drin, was die ASFINAG richtig gesagt und Sie leider falsch gesagt haben. Da wird nämlich das unterbunden – Sie können den Brief nachher haben und durchlesen –, was Sie behauptet haben, und das ist das Problem.

Ich glaube, die Sache ist zu ernst, als dass man sagen könnte: hallo, lustig!, oder Sie, Herr Kollege Rädler, der Sie von einem „politischer Geisterfahrer“ gesprochen haben. Wir sagen, wir arbeiten gerne an dieser Sache mit, aber es soll keine Husch-Pfusch-Aktion werden, denn da geht es um Menschenleben, da geht es um Verkehrssicher­heit. Wir haben im Ausschuss nichts anderes gemacht, als dass wir gesagt haben: Drehen wir sozusagen noch eine Runde, denn auch Autofahrerorganisationen und andere sind dagegen, denken wir noch einmal nach, und dann führen wir es zum Erfolg! – Ich bedanke mich in diesem Sinne recht herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Wattaul zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck: Aber den Brief haben wir noch immer nicht! Herr Staatssekretär, haben Sie den Brief gekriegt? – Staatssekretär Mag. Mainoni: Nein!)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 71

12.05.01

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Die Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Auch was das Thema Sicherheit betrifft, kann man alles hinterfragen. Ich gebe zu, dass die Sozialdemokratie im Verkehrsausschuss sehr kon­struktiv mitarbeitet. Aber wenn man das Thema Sicherheit anschaut, dann zeigt die Statistik, dass man dieser Regierung ganz sicher nichts vorwerfen kann. Wenn man eine Statistik vorweisen kann, wonach rund 350 Verkehrstote pro Jahr sozusagen ein­gespart werden können, dann kann man nicht so wie Frau Moser hier hergehen und behaupten: „Sie machen nichts!“

Frau Abgeordnete Moser, das ist nicht fair! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie machen nichts beim Geschwindigkeitsbereich!) Das ist nicht fair und auch nicht glaubwürdig! Man kann andere Meinungen haben, man kann sagen, da geht es vielleicht um zwei bis drei Verkehrstote. Aber ich sage Ihnen etwas: Wenn es Ihr Sohn ist, dann ist ein Verkehrstoter zu viel! (Abg. Dr. Gabriela Moser: ... habe ich nicht gesagt!)

Ich sage Ihnen, ich war anfangs auch sehr kritisch. Aber man muss das anerkennen. Man kann kritisch sein, so viel man will, aber die Statistik können auch Sie nicht weg­bringen, und die Statistik spricht für diese Regierung, spricht für die Verkehrssicherheit und für die Politik, die jetzt in Österreich gemacht wird! Ich hoffe, es geht so weiter.

Ein Wort noch zur Fahrverbotssache: Ich sehe es als Unternehmer so, dass es wirklich nicht angeht, dass man jetzt aufmacht und sagt, es werden viel mehr LKW-Transporte am Wochenende durchgeführt, es wird eine Vereinfachung geben. Da sieht man wie­der, dass die Regierung nicht nur sinnvoll, sondern auch praxisorientiert arbeitet.

Bedanken möchte ich mich noch bei der Sozialdemokratie dafür, dass sie das auch so sieht und dass sie bei unserem Antrag mitgehen wird. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

12.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Schultes. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.07.11

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir diskutieren die Park & Drive-Plätze, die es in Niederösterreich schon gibt: Parkplätze an Autobahnauffahrten. Gescheite Leute haben gesagt, so etwas braucht man; Leute mit Hausverstand haben sich das ausgedacht. Entstanden ist es, weil Pendler gemeinsam ihren Arbeitsplatz erreichen wollten; sie wollten ihr Reiseziel er­reichen und haben vereinbart, wo sie sich treffen und ein Auto stehen lassen. „Sprit sparen, gescheit sein!“, daraus ist das entstanden. Der Hausverstand unserer Pendler war die Vorlage dafür, und Niederösterreich hat es bürgernah sehr rasch umgesetzt.

Wir werden deshalb diesen Antrag einbringen, damit das auch in allen anderen Bun­desländern sehr flott umgesetzt wird, weil es hilft, Sprit zu sparen – ein wichtiger Punkt in der heutigen Zeit. Es hilft auch in der Hinsicht, dass nicht so viele Autos auf den Straßen sind, und es verhilft dazu, die Parkplätze in den Städten zu entlasten. Es ist also eine rundum gescheite Sache.

Das Wichtigste in der heutigen Zeit ist sicher das Thema Sprit-Sparen, denn die große Abhängigkeit von den Erdölimporten ist für alle sehr besorgniserregend. Deswegen ist es sicher auch eine Sache des Hausverstandes, zu sparen und neue Quellen zu su­chen. Eine der wichtigsten neuen Quellen, die gerade jetzt erschlossen werden, sind die „grünen Ölfelder“, die die österreichischen Landwirte bewirtschaften, die „grünen Ölquellen“, wenn man so will, die die EU noch erschließen wird, keine Frage. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 72

Das sind auch, wenn man das sachlich betrachtet, die Felder, die weder ein Soldat bewachen muss noch ein Terrorist bedroht. Deswegen ist das eine gute Sache, etwas, das auch bei den Pendlern gut ankommt: Viele stellen sich auf Pflanzenöl um. Das Besondere daran ist eben, dass es eine Sache des Hausverstandes ist. Die wichtigste Energiequelle, die Österreich hat, ist der Hausverstand, deswegen werden wir weiter­hin mit Verantwortung und Hausverstand die Dinge weiterentwickeln. (Abg. Sburny: Das ist eine gefährliche Drohung!)

Beim Kollegen Eder bedanke ich mich ausdrücklich dafür, dass er so sehr gegen diese Tafeln ist, denn: Wenn ihr nicht dagegen seid, werden sie nicht so schnell bekannt; wenn es aber einen Wirbel gibt, werden die Leute sie schneller kennen! Das ist gut dafür, dass sie wirksam werden, daher bedanke ich mich ausnahmsweise auch bei der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.09.34

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Eder, mir kommt es schon so vor, dass Sie in letzter Zeit nur noch fundamentale Opposition betreiben, einfach ständig nur noch dagegen sind, und zwar generell dagegen sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es geht bei Ihnen sogar schon so weit, dass Sie eigene Anträge, die Sie stellen und die dann in Regierungsvorlagen verwirklicht werden, ab­lehnen.

Da möchte ich nur den jetzigen Antrag von Ihnen zitieren, in dem Sie sagen, dass mo­derne Verkehrsbeeinflussungsanlagen dazu genutzt werden sollen, Immissionsbelas­tungen bei Luft und Lärm, insbesondere bei Überschreitung der Grenzwerte, rasch zu senken. Da möchte ich Sie daran erinnern, dass wir erst Ende vergangenen Jahres ein Umweltrechtsanpassungsgesetz verabschiedet haben, das Sie abgelehnt haben: Sie haben es im Ausschuss abgelehnt, Sie haben es im Nationalrat abgelehnt, und Sie haben sogar im Bundesrat einen Einspruch dagegen gemacht (Abg. Reheis: ... beein­flussen kann! Es gibt nur ganz wenige! Es gibt kaum Verkehrsbeeinflussungen ...!), in dem genau das drinsteht, dass die Regelung der Geschwindigkeit bei Überschreitung von Grenzwerten durchgeführt wird.

Das haben wir in dieser Regierungsvorlage verabschiedet – und Sie sind dagegen! Aber dann stellen Sie einen Antrag, dass Sie genau das wollen. Ich denke, Sie wissen eigentlich nicht mehr, was Sie in Ihrer Politik verwirklichen wollen. (Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen – BZÖ.)

Genau das zeigt sich auch im Bereich Verkehrssicherheit. Herr Kollege Eder, einer­seits sagen Sie heute wieder, jede Initiative ist wichtig, die dazu führt, dass Unfälle reduziert werden können. Aber wenn es konkrete Maßnahmen dieser Regierung gibt, dann sagen Sie: Nein, das ist nichts, das ist schlecht, das wollen wir nicht! (Abg. Re­heis: Das ist keine gute Maßnahme!)

Wenn Sie aber die einzelnen Maßnahmen berücksichtigen, die zu den jetzigen Zahlen im Bereich der Verkehrssicherheit geführt haben, dann denke ich, dass Sie der Regie­rung sehr wohl recht geben müssen. (Abg. Eder: Waren Sie im Verkehrsausschuss? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Zu dem, was wir erreichen konnten im Hinblick auf die Reduzierung von Unfällen und der Zahl an Verkehrstoten, müssen Sie sagen: Super, danke dem Verkehrsminister für all diese Maßnahmen, die gesetzt worden sind!, denn die Zahlen geben uns wirklich ganz klar Recht. (Abg. Dr. Gabriela Moser:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 73

Danken Sie den Rettungsorganisationen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Dass Sie sich selber nicht einig sind – Sie in der SPÖ sind sich selber nicht einig! –, zeigt sich daran, dass Ihre Konsumentenschutz-Landesrätin in Niederösterreich eine Aussendung gemacht hat, in der sie sagt: Super, dieses Geisterfahrer-Warnschild ist eine ganz gute Lösung, um weiterhin Verkehrsunfälle zu vermeiden! (Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Also, Herr Eder – ich zitiere Sie –, nehmen Sie Verkehrssicherheit ernst! Stimmen Sie mit uns, und schauen auch Sie, dass wir die Zahlen in der Unfallstatistik weiterhin sen­ken können. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

12.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Kainz zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.12.32

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Wenn ich mir die Debattenbeiträge der Oppo­sition anhöre, wundert es mich nicht, dass die rhetorische Geisterfahrer-Entwarnung noch nicht erfolgt ist. Das hat mit Verkehrssicherheit relativ wenig zu tun; ich vermute, dass es auch da an der Oppositionspolitik liegt, dass Sie gegen diese Maßnahmen sind. Es ist dies ein weiterer Beweis und ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie in Wirk­lichkeit Arbeitnehmerinteressen und Interessen der Pendlerinnen und Pendler letztend­lich verkaufen und nicht umsetzen.

Diese Bundesregierung setzt sich für eine konsequente Politik für Pendlerinnen und Pendler ein. Ich denke nur an die Erhöhung der Pendlerpauschale, an die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes und in weiterer Folge auch – das ist ein sehr prakti­sches und auch praktikables Beispiel – an die Einführung von Park&Drive-Anlagen bei Autobahnauffahrten. Ich denke, das ist ein vernünftiger und sehr logischer Schritt, der einfach umgesetzt werden kann und durch den wir einen Beitrag zu einer aktiven Um­weltpolitik leisten können.

Wir haben in Niederösterreich schon sehr viele Schritte in diese Richtung gesetzt. Es gibt nicht nur im Bereich der Autobahnauffahrten Beispiele dafür, sondern auch im Be­reich der Bahnhöfe gibt es Tausende Park & Ride-Parkplätze. Ich denke, dass mit die­ser Maßnahme auch ein weiterer Schritt einer aktiven Arbeitnehmerpolitik, aber vor allem ein Schritt einer aktiven Pendlerpolitik gesetzt wird.

Daher darf ich Sie ersuchen, diesem Antrag zuzustimmen. Wenn es nicht dazu kommt, wird es gute Gelegenheit geben, bis 1. Oktober auch den Bürgerinnen und Bürgern draußen zu sagen, wer in diesem Lande eine aktive Arbeitnehmerpolitik vertritt und sich dafür einsetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Ja, vor allem die Grünen!)

12.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Kößl zu Wort. Wunschredezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


12.14.38

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Moser, ich glaube, Folgendes ist nicht zu bestreiten: Die Verkehrspolitik der letzten sechs Jahre ist eine Erfolgsstory. Wenn man die Zahl der Verkehrstoten um mehr als 30 Prozent reduzieren kann, dann kann man, glaube ich, wirklich von einer erfolgreichen Verkehrspolitik sprechen. Das ist nicht


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 74

zu bestreiten, und diese Zahlen zeigen ganz deutlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es geht um Verkehrssicherheit! Es geht nicht um Ver­kehrspolitik!)

Diese heutigen Änderungen in der Straßenverkehrsordnung sind ebenfalls wieder ein wichtiger Schritt zu mehr Verkehrssicherheit und zu einer generell besseren Ver­kehrssicherheit. Auf der anderen Seite ist dies, wenn wir es verwirklichen und die Park & Drive-Anlagen bei den Autobahnauffahrten verbessern, ergänzen und aus­bauen, ebenfalls ein wichtiger Schritt in die Richtung, dass wir Fahrgemeinschaften för­dern, dass wir die Verkehrssituation auf den Autobahnen und auf den Straßenzügen zu reduzieren beziehungsweise einzudämmen versuchen. Es ist dies auch ein wichtiger Schritt in Richtung eines verstärkten Umweltschutzes.

Ich komme aus einem Bezirk mit vier Autobahnauffahrten, dort gibt es bereits derartige Parkflächen. Ich meine aber, dass es ganz wichtig ist, dass diese Parkflächen weiter verbessert und ausgebaut werden, damit sie von den Verkehrsteilnehmern noch bes­ser angenommen werden.

Bezüglich des Verkehrszeichens „Geisterfahrer“ möchte ich eines schon vorweg sa­gen: Wenn durch diese Verkehrstafel ein Verkehrsunfall verhindert wird – wir wissen ganz genau, dass es bei Geisterfahrer-Unfällen immer tragische Ausgangssituationen gibt –, dann ist das, glaube ich, ein wichtiger Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit.

In diesem Sinne ersuche ich darum, dass wir diesem Antrag und dieser Änderung der Straßenverkehrsordnung geschlossen die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Höllerer. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


12.17.06

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Verkehrszeichen, wenn es noch dazu vor Geis­terfahrern warnt, kann Leben retten.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Moser, wenn Ihnen dieses Verkehrszeichen nicht ge­fällt oder Sie andere gute Argumente haben, die dagegen sprechen, dann sagen Sie es ganz einfach. Aber ich bin sehr erschüttert darüber, dass Sie hier einfach gesagt ha­ben, dass es eine so geringe Prozentzahl an Verkehrstoten gibt, die auf das Konto von Geisterfahrern gehen, sodass Sie diesbezügliche verkehrspolitische Maßnahmen nicht für relevant halten. Das hat mich wirklich zutiefst erschüttert, weil ich denke, dass es um jedes einzelne Menschenleben geht. Auch wenn es sich um ein Verkehrszeichen handelt, das Ihnen nicht gefällt, finde ich es sogar sehr vernünftig, dass damit Men­schen erreicht werden können, die nicht deutschsprachig sind, aber trotzdem vor einem gewaltigen Gefahrenpotenzial auf der Autobahn gewarnt werden können. (Abg. Reheis: Warum bringen Sie dieses Verkehrszeichen zum Einsatz? Wie kommt dieses Verkehrszeichen zum Einsatz? Es gibt keine Verkehrsbereiche, wo es zum Einsatz kommen kann!)

Zu Park & Drive möchte ich noch kurz Stellung nehmen. Ich denke, dass dieser Ent­schließungsantrag, der heute verabschiedet und in dem der Bundesminister aufgefor­dert wird, mit den Ländern, den Städten und den Gemeinden in Kontakt zu treten, um diese Park & Drive-Anlagen bundesweit einzurichten, eine sehr vernünftige und sehr gute Möglichkeit ist, den Pendlern und allen, die dadurch den Personennahverkehr ent­lasten wollen, Hilfestellung zu geben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 75

Niederösterreich spielt da eine Vorreiterrolle: Wir sind mit sieben Wiesel-Bussen auf zehn Linien unterwegs, es werden 620 000 Personen befördert. Auch da werden ent­sprechende Parkplätze an den Haltestellen angeboten.

Auch Park & Ride-Anlagen sind vorhanden. Es bestehen mittlerweile schon 30 000 PKW- und 21 000 Zweirad-Stellplätze, und der Ausbau in dieser Richtung wird weiterhin forciert. Park & Drive ist in Niederösterreich bereits etabliert, es gibt 1 000 Stellplätze – wie bereits einer meiner Vorredner gesagt hat –, die eine hundert­prozentige Auslastung haben.

Daher ist zu befürworten, dass auch bundesweit Interesse an solchen Park & Drive-An­lagen gezeigt wird. Das ist wichtig; keine Frage. Selbstverständlich sind damit Vorteile für alle verbunden: Vorteile für die Umwelt und für die Menschen, und es wird dadurch auch die Infrastruktur entlastet.

In diesem Sinne denke ich, dass mit diesem Entschließungsantrag wieder ein positiver Schritt zur Verkehrsentlastung auf unseren Straßen und Autobahnen gesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Mag. Ku­kacka zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.20.02

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich wollte abschließend zu diesem Thema nur sagen, dass es sich um einen Versuch han­delt, ein selbsterklärendes Verkehrszeichen zu machen, das heißt, das Problem zu übergehen, dass beim Gefahrenzeichen drunter steht: Achtung! Gefahr! Geisterfahrer!

Ausländer, Nicht-Deutschsprachige können das Wort „Geisterfahrer“ nicht lesen und verstehen es nicht. Deshalb ist es darum gegangen, ein Verkehrszeichen zu schaffen, das man versteht und das sich selbst erklärt. Das war die Intention. Das sollte man akzeptieren, meine Damen und Herren, und ich halte es deshalb wirklich nicht für gerechtfertigt, da von einer „Schildbürgerlösung“ zu sprechen.

Noch einmal: Wenige Dinge in der Politik kann man so gut messen wie die Erfolge in der Verkehrssicherheitspolitik. Man muss sagen, dass sich diese Regierung und der Herr Verkehrsminister im Besonderen die Verkehrspolitik zu einem Anliegen gemacht hat. Und die Erfolge sprechen für sich. Es hat viele Maßnahmen gegeben, über die dis­kutiert wurde, aber letztlich waren sie erfolgreich, und es hat sich gezeigt, dass wir auch in diesem Bereich in Europa geradezu vorbildlich unterwegs sind.

Abschließend möchte ich noch etwas klarstellen, was Kollege Eder in Zweifel ziehen wollte, nämlich meine Ablehnung der PKW-Maut. Ich möchte ganz klar festhalten, was ich hier gesagt habe und was auch in der APA steht: Eine Notwendigkeit für die Einfüh­rung einer PKW-Maut gibt es nicht, betonte Kukacka. Eine PKW-Maut wird sicher auch in keinem Wahlprogramm der ÖVP stehen. „Mit der Autobahn-Vignette gebe es ohne­hin heute schon eine Art ,PKW-Maut‘ für Autobahnen und Schnellstraßen. Zusammen mit den Einnahmen aus der LKW-Maut sei die Autobahngesellschaft ASFINAG damit bereits ,solide finanziert‘, so Kukacka. (Abg. Marizzi: „Solide finanziert“?)

Und ich zitiere weiter: „Daher bestehe ‚keine Notwendigkeit, daran irgendetwas zu än­dern‘.“

Das ist wortwörtlich aus der APA zitiert. Und dem habe ich nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.22



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 76

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.22.45

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine geschätzten Damen und Herren! Jetzt stehen drei Themenbereiche zur Debatte. Der erste ist das neue Verkehrszeichen „Achtung Falschfahrer“, und ich meine, dass das durchaus eine Möglichkeit ist, eine verbesserte Verkehrssicherheit zu erzielen. Bis­her hat es keine Möglichkeit gegeben, Hinweisschilder anzubringen, aber mit den tech­nischen Änderungen, die in letzter Zeit hinzugekommen sind, dass man nämlich Wech­selverkehrszeichenanlagen hat, gibt es diese Möglichkeit. Man sollte das durchaus machen.

Frau Abgeordnete Dr. Moser sagte, dass das ein Schild sei, das keiner kenne. – Das wird in der Anfangsphase durchaus so sein. Das Schild wird ja erst beschlossen und wird dann erst an die Öffentlichkeit gebracht. Dann wird sicherlich auch dazu beigetra­gen werden, dass jeder das erkennt.

Darf ich dann noch einen Satz zum Antrag der Abgeordneten Niederwieser und Eder sagen, die in der Straßenverkehrsordnung Überschreitungen von Grenzwerten ahnden wollen. – Das ist meiner Auffassung nach in anderen Gesetzesmaterien bereits gere­gelt. Doppelt gemoppelt ist nicht unbedingt das, was wir brauchen, nicht unbedingt das, was notwendig ist.

Als Drittes haben wir noch den Entschließungsantrag betreffend den Ausbau von Park­plätzen an Autobahnauffahrten. Ich würde sogar sagen, man sollte sich generell dar­über Gedanken machen, nicht nur bezüglich Autobahnauffahrten, dass wir auf diesem Gebiet noch Verbesserungen schaffen. Wichtig ist, dass wir gemeinsam – so, wie es im Antrag auch drinnen ist – mit den Städten, mit den Ländern, mit den Gemeinden den Bedarf erheben und das Konzept erstellen. Das trägt dann dazu bei, dass Einspa­rungen erzielt werden können.

Ich komme aus einem Bezirk, in dem sehr, sehr viele Pendler zu Hause sind. Es ist wichtig, dass die Möglichkeit geschaffen wird, dass Personen, die im näheren Umkreis wohnen und den gleichen Zielort haben, auch die Möglichkeit erhalten, das Auto ir­gendwo abzustellen und dann gemeinsam weiterzufahren. Stimmen Sie daher bitte diesem Antrag zu. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Preine­der zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.25.16

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Als einer der Mitinitiatoren der „Initiative Park & Drive“ möchte ich zu diesem Entschließungsantrag Stellung nehmen. Ich denke, es ist eine gute Idee, für den Ausbau von Parkplätzen bei Autobahnauffahrten einzutreten, weil dadurch die Bildung von Fahrgemeinschaften gefördert wird, weil es, wie ich meine, sinnvoll ist, weniger Fahrzeuge auf der Straße zu haben, mehr Fahrzeuge auf den Parkplätzen und dadurch mehr Menschen in den einzelnen Fahrzeugen. Das ist eine aktive Hilfe für unsere Pendler, schont unsere Umwelt – und hilft vor allem, Staus zu vermeiden. Gerade Pendler, die täglich fahren müssen, haben dadurch die Möglichkeit, durch die Bildung von Fahrgemeinschaften und die angebotenen Parkplätze Geld und Nerven zu sparen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 77

Wir haben für die in Niederösterreich bestehenden tausend Parkplätze errechnet, dass pro Parkplatz und Tag in etwa 2,2 kg CO2 und 0,72 kg NOX gespart wird. Das sind bei tausend Parkplätzen im Jahr 1 500 Tonnen CO2. – Das ist also eine konkrete Umwelt­maßnahme!

Es freut mich zwar, dass die Grünen diesem Antrag zugestimmt haben, aber in einem Gegenantrag noch viele andere Maßnahmen zusätzlich gefordert haben, Maßnahmen, die teilweise auch schon umgesetzt wurden mit der Pendlerpauschale beispielsweise, mit dem entscheidenden Ausbau des hochrangigen Straßennetzes und des bevorzug­ten Ausbaus der Schiene, mit steigenden Ausgaben für den Nahverkehr, mit einer Stärkung der regionalen Verantwortung und mit einer Reform des Kraftfahrliniengeset­zes.

Diese Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren neben dem Ausbau der Schie­ne und der Straße auch sehr viel für die Erhöhung der Sicherheit getan sowie für eine Senkung der Zahl der Verkehrstoten. Park & Drive ist eine zusätzliche moderne Initia­tive in Richtung Stärkung der heute zeitgemäßen Mobilität.

Stimmen Sie diesem Antrag zu, denn die Österreichische Volkspartei ist eine Partei für mobile Wähler! (Beifall bei der ÖVP.)

12.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Herren Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, in 1564 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Mag. Regler, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der eine Abän­derung des § 50 sowie eine Einfügung neuer Ziffern 1 bis 3 zum Inhalt hat.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrags der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Mag. Regler, Kolleginnen und Kolleginnen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenom­men. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1570 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 1571 der Beilagen angeschlossenen Entschließung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 78

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 204.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame und ge­rechte Unterstützung für Pendlerinnen und Pendler.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag findet damit nicht die Zustimmung.

12.30.028. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 847/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Boden­abfertigungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geän­dert werden (1577 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1568 d.B.): Über­einkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Monte­negro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum (1576 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1543 d.B.): Bun­desgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten (1575 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen sogleich zur Debatte.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.31.24

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Die zwei letztgenannten Tagesordnungs­punkte, bei welchen es um Übereinkommen geht, werden wir selbstverständlich mittra­gen und ihnen zustimmen. Beim ersten Punkt, dem Tagesordnungspunkt 6, wo es um die Änderung des Luftfahrtgesetzes und um eine Änderung des Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetzes geht, werden wir massive Ablehnung bekunden und unsere massive Ablehnung auch begründen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 79

Lassen Sie sich zunächst einmal die Anlässe, warum diese zwei Gesetze gemäß Ihrer Vorlage geändert werden sollen, noch einmal vor Augen halten. Die Änderung des Luftfahrtgesetzes wird angepeilt, Artikel 1, um die Beschaffenheit der Dienstkarte per Verordnung und so weiter festlegen zu können. Wir beraten und beschließen über die Beschaffenheit der Dienstkarte. (Abg. Wittauer: Das ist eine wichtige Geschichte!) Dann geht es um die Drittabfertigung – na gut, das hat wenigstens einen höheren Stel­lenwert.

Im Artikel 3 kommt es dann noch besser: Wir müssen diese Gesetzesmaterie extra im Nationalrat behandeln und beraten, weil es darum geht, die Landwirtschaftskammer Österreich als LKÖ abgekürzt im Gesetzestext zu verankern. (Abg. Wittauer: Das ist schon wichtig!) Bitte, diese zwei Kleinigkeiten, Kinkerlitzchen, ja geradezu Lappalien sind für Sie Anlass, den Gesetzgebungsprozess anzukurbeln und in Gang zu setzen.

Wir wissen genau, dass Sie etwas anderes vorhaben, dass Sie das Umweltverträglich­keitsgesetz und das Luftfahrtgesetz jetzt als Vorlage im Parlament haben wollen, damit Sie im Laufe dieser Debatte vielleicht in fünf Minuten, vielleicht in zehn Minuten, viel­leicht in einer Viertelstunde einen Abänderungsantrag einbringen können, der dann womöglich vorsieht – bitte, halten Sie sich fest –, dass in Österreich die Grenzwerte für Fluglärm verzehnfacht werden. Das ist für uns das Bedrohungspotential. (Staatssek­retär Mag. Kukacka: Das ist doch absurd!)

Sie sagen „absurd“, Herr Staatssekretär. – Ja, so ist es! Man braucht Ihnen ja nur im Verkehrsausschuss zuzuhören. Im Verkehrsausschuss haben Sie auf meine Frage hin, wieso wir uns da überhaupt die Mühe machen, die Beschaffenheit von Dienstkarten und die Abkürzung für Landwirtschaftskammer ausgiebig zu diskutieren, zugegeben, dass eine Änderung des UVP-Gesetzes notwendig ist, damit die dritte Piste in Wien-Schwechat errichtet werden kann.

Sie, Herr Staatssekretär, haben gesagt, das sei notwendig, damit passive Lärmschutz­maßnahmen, sprich: Lärmschutzfenster und so weiter, eingebaut werden können. Sie haben zwar auch gesagt, dass die Grenzwerte nicht erhöht werden, allein ich frage Sie: Welche Grenzwerte? Derzeit sind weder im Umweltverträglichkeitsgesetz noch im Luftfahrtgesetz irgendwelche Grenzwerte enthalten. Derzeit werden die Bewilligungen und Bescheide über Flughäfen sozusagen ad hoc ausgestellt. Die Judikatur hat dann festgehalten, was gesundheitlich zuträglich ist und was keine Beeinträchtigung dar­stellt. Das war immer Ergebnis einer Judikatur in Form eines Bescheides. Das war auch das Ergebnis von Gutachten.

Sie wollen jetzt im Zuge dieser Debatte wahrscheinlich durch irgendeinen Abände­rungsantrag eine solche Sachlage schaffen, dass in Österreich die Grenzwerte, die wir im Umgebungslärmgesetz per Verordnung festgehalten haben, nämlich die 65 Dezibel bei Tag und die 55 Dezibel bei Nacht, dann womöglich auch im UVP-Gesetz und im Materiengesetz Luftfahrtgesetz verankert werden. Das ist Ihr Trick, damit die dritte Piste UVP-mäßig praktisch einwandfrei über die Bühne gehen kann. Und dagegen wehren wir uns, und da sagen wir jetzt schon nein und werden also deshalb diese zwei Gesetzesvorschläge von vornherein ablehnen.

Es ist ja nicht nur Sache von Herrn Minister Gorbach oder von Ihnen, Herr Staatssekre­tär, es ist ja auch der Umweltminister wieder einer, der umfällt – umfällt vor den Inter­essen der Flugindustrie, umfällt vor den Interessen eines Tourismus, wo man in erster Linie mit dem Flugzeug unterwegs ist. (Beifall bei den Grünen.)

Für uns hat die anrainende Bevölkerung Priorität, die Gesundheit der AnrainerInnen, die Ungestörtheit der AnrainerInnen, und, bitte, denken Sie doch daran: Das Mediati­onsergebnis setzt 45 Dezibel am Tag und 45 Dezibel in der Nacht fest. Im Umge­bungsschwellenwertgesetz gibt es diese 65 Dezibel. Wir befürchten, dass Sie das jetzt


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 80

auch zur Norm für alle Flughäfen in ganz Österreich machen werden, nur weil Sie die dritte Piste in Wien möglichst schnell durchziehen wollen. Dagegen wehren wir uns. Wir wollen keine zweite Lex Spielberg haben und keine weitere Aushöhlung des Um­weltverträglichkeitsgesetzes oder des Lärmschutzes von AnrainerInnen. Das ist uns zu wichtig. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Argument noch: Die WHO empfiehlt 55/45, und die 10 Dezibel Unterschied – und das erkläre ich Ihnen jetzt noch zum Schluss – bedeuten auf Grund der Logarithmi­schen Skala in Wirklichkeit eine Verzehnfachung. Das ist nicht plus 10 Prozent, das ist keine Verdoppelung, nein, das ist eine Verzehnfachung. Ich könnte Ihnen das gerne mit einem Lärmmessgerät vorführen, aber technische Hilfsmittel sind ja im Parlament nicht gestattet. Deshalb sozusagen das bildliche, das visuelle Hilfsmittel.

Halten Sie sich das jetzt vor Augen angesichts der Abänderungsanträge, die jetzt kom­men werden, beziehungsweise der Formulierungen, die jetzt beschlossen werden. Es könnte in Zukunft eine Verordnung – das wäre der raffiniertere Weg – ermöglicht wer­den, sodass dann auf dem Verordnungsweg die 65 Dezibel eingeführt werden können zum Schaden vieler Wiener und vieler niederösterreichischer Anlieger; auch zum Schaden vieler Flughafen-Anrainer in anderen Bundesländern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.37.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir beschließen heute ein ganzes Luftfahrtpaket. Der erste Punkt ist die Umset­zung einer einschlägigen EU-Richtlinie: Sicherheitsmaßnahmen auch für Luftfahrzeuge aus Drittstaaten. Sie sollen gleich behandelt werden, den gleichen Sicherheitsmaßnah­men unterzogen werden wie Luftfahrzeuge aus EU-Staaten.

Das Zweite ist ein internationales Übereinkommen zwischen EU und EU-Staaten einer­seits und Norwegen, Island und den Balkanstaaten andererseits zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraumes. Auch da geht es darum, gleiche Wettbewerbsbedingungen durch gleiche Regeln in der Sicherheit, im Sozialbereich und im Umweltschutz herzustellen.

Zum dritten Punkt wird, wie Frau Kollegin Dr. Moser schon gesagt hat, heute ein Abän­derungsantrag der Abgeordneten Klaus Wittauer, Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen eingebracht werden, durch den ermöglicht werden soll, die Umweltverträglich­keitsprüfung bei notwendigen Ausbauten von Flughäfen beziehungsweise bei Schaf­fung weiterer Pisten, für die ja die UVP notwendig ist, auch tatsächlich durchzuführen.

Auf Seiten der Luftfahrzeuge wurde ohnedies bereits alles gemacht, was möglich ist, indem man zum Beispiel nur Chapter 3- oder Chapter 4-Flugzeuge landen lässt. Das ist aber noch zu wenig. Es zeigt sich, dass es, um die Werte einhalten zu können, oft notwendig ist, auch objektseitige Maßnahmen zum Immissionsschutz zu ermöglichen, also in den Wohneinheiten der Betroffenen. Und das soll jetzt damit ermöglicht werden.

Wann ist es notwendig? – In der Vorlage, die mein Kollege Klaus Wittauer einbringen wird, stehen keine Grenzwerte, wie die Frau Abgeordnete Moser hier vermutet hat, sondern es steht drinnen, dass für die Beurteilung des Fluglärms der Verkehrsminister im Einvernehmen mit dem Umweltminister durch Verordnung die Immissionsschwellen­werte und die Art der Berechnung festzulegen hat. Und wenn diese überschritten wer­den, dann sind objektseitige Maßnahmen zu setzen. Ebenso gibt es diese Verord­nungsermächtigung für die Art der Maßnahmen, die zu setzen sind.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 81

Es wird darin auch festgehalten, dass der Prognosezeitraum zehn Jahre sein muss. Man muss also überlegen, wie es in zehn Jahren mit dem Fluglärm sein wird. Und der soll hier abgedeckt werden.

Es ist dies, wie gesagt, unbedingt notwendig, damit tatsächlich UVPs durchgeführt wer­den, die objektseitige Maßnahmen erfordern, und ich bitte Sie deshalb um Zustim­mung, weil das für den Wirtschaftsstandort Österreich, für den Flughafen Wien und vor allem für den Osten Österreichs von ganz besonderer Bedeutung ist. (Beifall und Bra­vorufe bei der ÖVP.)

12.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.41.03

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Über diesen letzten Applaus und über die Bravorufe muss ich mich schon sehr wundern. Wir haben diesen Abänderungsantrag noch nicht einmal gesehen und sollen jetzt darüber abstimmen. Das ist eine Ungeheuerlichkeit! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Dazu kommt noch, dass es hierbei um eine schwere Belastung für die Bevölkerung, die im Umfeld von Flughäfen lebt, geht. Also Sie planen hier eine schwere Belastung, ohne der Opposition auch nur die Gelegenheit zu geben, Einblick zu nehmen.

Die Regierungsparteien haben Zeit dafür, Kärtchen zu entwickeln, womöglich in Oran­ge, damit die Leute in den Flughafen hineinkommen, sie entwickeln Abkürzungen, aber sie haben keine Zeit, sich um Mahnschreiben zum Beispiel der EU zu kümmern, in denen es um den regelmäßigen bürgerfeindlichen Umgang Österreichs mit der UVP – in der Zwischenzeit schon im Monatstakt – geht.

Am 3. Juli ist wieder eine Androhung einer Klage gegen Österreich eingetroffen. Öster­reich hat nun zwei Monate Zeit zum Reagieren und das Gesetz zu verbessern. Es wird wahrscheinlich auch in diesem Fall wieder notwendig sein – und das genau nicht ein­mal eine Woche nach Ende der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Das ist wirk­lich zum Schämen.

Zu den Neubauprojekten, insbesondere zur dritten Piste in Wien-Schwechat möchte ich sagen: Eine deutsche Studie hat ergeben, dass 2 Prozent aller Herzinfarkte durch Straßenverkehrslärm verursacht werden. Nun ist der Straßenverkehrslärm etwas, dem man großflächig noch ein bisschen ausweichen kann, das ist aber nicht so beim Flug­lärm. Ein Flugzeug bürdet einer ganzen Region den Lärm auf.

Das überproportionale Anwachsen des Flugverkehrs hat ja auch mit der fehlenden Ke­rosinbesteuerung zu tun. Eine Abstimmung darüber, dass da endlich europaweit etwas geschehen muss, wurde im Ausschuss „glücklich“ wieder vertagt. Die Kosten des Flug­verkehrs werden außerdem nicht direkt verrechnet, sondern werden externalisiert.

Wenn ich bedenke, dass die dritte Flugpiste in Wien-Schwechat 900 Millionen € kostet, so muss ich Ihnen schon sagen: Stellen Sie sich einmal vor, was Sie mit diesem Geld sonst für die Mobilität anfangen könnten! Mobilität heißt nicht, dass man jederzeit überall hinfliegen kann, sondern Mobilität heißt, dass man sinnvoll wirtschaften kann und dass man regionale Wirtschaftsformen unterstützt. Das bedeutet Mobilität und das bedeutet auch ein sinnvolles Wirtschaften.

Dieses Brummen des Fluglärms ist ein besonders tieffrequentes Geräuschspektrum und kann auch durch leichte Gebäudeteile nur schwach gedämmt werden. Das heißt, wenn jetzt im Verordnungsweg festgelegt werden soll, wie hoch die Lärmimmissionen sein dürfen, und so getan wird, als könnte man hier durch Gebäudeschutzmaßnahmen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 82

etwas ausrichten, dann macht man den Menschen ein X für ein U vor. Das ist Sand-in-die-Augen-Streuen, um den Menschen nicht tatsächlich zu sagen, was auf sie zukom­men wird.

Wir können daher mit diesem Abänderungsantrag, den wir noch nicht einmal kennen, natürlich nicht einverstanden sein und werden diesen Tagesordnungspunkt ablehnen. (Beifall bei den Grünen.)

12.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Eder zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.44.46

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir als Vorsitzendem des Verkehrsausschusses und da das heute wahrscheinlich meine letzte Rede in die­ser Legislaturperiode sein wird, all jenen herzlich zu danken, die hier immer sehr ko­operativ mitgearbeitet haben. Natürlich haben wir unterschiedliche Auffassungen ge­habt, aber ich glaube, dass das Klima im Ausschuss immer so war, dass wir weiter mit­einander sprechen konnten und immer wieder versuchten, zu guten Ergebnissen zu kommen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Zum Zweiten erlauben Sie mir einige Anmerkungen zur Änderung des Luftfahrgesetzes und zu Vorhaben gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, das heute hier auch in Diskussion steht, zu machen.

Ich darf zu dem Abänderungsantrag, den Kollege Wittauer dann einbringen wird, der mir aber schon überreicht wurde, sagen, dass wir diesem Antrag sehr wohl zustimmen werden, und zwar aus dem einfachen Grund, weil gerade im Bereich Wien, wo die Ein­flugschneisen ja liegen, vier Jahre lang ein Mediationsverfahren stattgefunden hat, in das alle betroffenen Bürger, Bürgerinitiativen, Länder, Gemeinden, Bezirke eingebun­den waren, mitdiskutiert haben und zu einem Mediationsvertrag gekommen sind, der ein zivilrechtlicher Vertrag ist und Gültigkeit hat. Und wie immer jetzt Verordnungen, die mit diesem Abänderungsantrag möglich gemacht werden, aussehen werden, es gilt dieses Mediationsverfahren und dessen Festlegungen und Festsetzungen, die drinnen stehen.

Damit glaube ich, dass es durchaus gerechtfertigt ist – da sind wir unterschiedlicher Meinung, Frau Kollegin Rest-Hinterseer –, dass man für den Bereich Flughafen Wien-Schwechat, der einer der ganz wesentlichen Wirtschaftsfaktoren unserer Stadt, aber auch der Umgebung unserer Stadt, etwa Schwechat, ist, mit rund 40 000 Beschäf­tigten, ein Investitionsvolumen in größeren Größenordnungen tätigt. Das ist das Tor zur Welt, und wir können als Österreich, als Wien ganz einfach nicht zu stark in eine de­struktive Situation kommen. (Abg. Öllinger: Aber es muss ja nicht so laut sein! – Wei­tere Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist ganz einfach eine wichtige wirtschaftliche Notwendigkeit mit allen Maßnahmen, die dazu gehören, um für die Menschen und auch für die Menschen, die in der Umgebung wohnen, ein entsprechendes weiteres vernünftiges Leben zu gestalten.

Wie gesagt: Vier Jahre wurde verhandelt. Jetzt ist es so weit. Die meisten Menschen, die in diesen Mediationsvertrag involviert waren, haben dem zugestimmt und werden auch bestens damit leben können. Machen Sie den Menschen keine Angst! Wir wer­den schauen, dass die auch ohne diesen Lärm ... (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf ein Schriftstück zeigend –: Und warum steht das da nicht drinnen?) Wir haben das gleiche Problem, natürlich, wir wollen nicht, dass die Menschen in einer Lärmhölle wohnen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 83

aber wir wollen, dass wir auch die Wirtschaft entsprechend in Schwung halten. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Wittauer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.47.40

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Flughafen – das ist eine alte Geschichte. Mich wundert es aber, dass das gerade ausgerechnet von den Grünen kritisiert wird. Jetzt findet dort ein Media­tionsverfahren statt. Sie stellen selber die Regeln auf. Es wird 900 Millionen € kosten, haben sie gesagt. Da sind viele Maßnahmen dabei, die den Menschen dort helfen sol­len mit dem Lärm, direkte und passive Lärmschutzmaßnahmen, dann haben wir also noch zusätzlich die Absiedelung. Sie wissen ja, bei 65 Dezibel wird entschädigt und abgesiedelt.

Da gibt es also viele Maßnahmen, die in diesem Mediationsverfahren mit den Bürgern gemeinsam getroffen worden sind. Jetzt regen Sie sich schon über Bürgerbeteiligung auf, nur weil Sie gegen Flughäfen sind, gegen Autobahnen, gegen Straßen, gegen alles, gegen den Brenner-Basistunnel sogar. Ich weiß nicht, wogegen Sie noch alles sind. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Gegen das Konstrukt, das Sie hier vorsehen!) Sie müssen schon einmal fragen, Frau Abgeordnete, was konstruktives Mitarbeiten heißt. An diesem Mediationsverfahren waren Sie – nicht Sie als Person, aber Ihre Gruppe – ja auch beteiligt. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Und warum schreiben Sie dann nicht die 54 Dezibel hinein?)

Jetzt geht es darum, dass das, was die Bürger dort wollen, umgesetzt wird. Wir sind ja die Vertreter derer, die dort betroffen sind. Und wir probieren, ihre Argumente oder die Dinge, die sie hineinverhandelt haben, per Gesetz umzusetzen.

Der Kollege Eder hat Recht: Einen Flughafen zuzusperren oder zu verringern oder zu verkleinern geht nicht für eine Weltstadt wie Wien. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es geht um den Ausbau!)

Zwei Länder, Wien und Niederösterreich, wollen das, die Bürger wollen es, Maßnah­men werden gesetzt. Und jetzt gibt es eine kleine Gruppe, die wieder dagegen ist und die wieder anfängt, sage ich einmal, lautstark Angst zu machen. (Abg. Neudeck: Ge­fällt euch der Lärm nicht? Warum seid ihr dann selber so laut?)

Wir haben einen anderen Zugang gehabt. Wir haben gesagt, eine Lex Wien kann es nicht geben, sondern diese Maßnahmen, die passiven Lärmschutzmaßnahmen, sollen für alle gelten. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Warum schreiben Sie es dann nicht hinein? – Abg. Neudeck – in Richtung der Grünen weisend –: Vielleicht wollen sie einen Segel­flughafen!) Jeder, der in der Nähe eines Flughafens wohnt, hat ein Recht darauf, dass er Lärmschutzfenster bekommt, wenn heute dort etwas erweitert wird. Jeder von denen hat ein Recht darauf, dass er sagt, es sollen zusätzliche Schutzmaßnahmen gesetzt werden.

Es freut mich heute im Besonderen, dass der Kollege Krainer dieser Gesetzesvorlage auch zustimmen wird. Ich hoffe, dass er ein paar positive Dinge dazu sagen wird, denn für die Wiener tun wir gern etwas. Wien ist eine Weltstadt, Wien soll das Tor zur Welt weiterhin haben. Die dritte Landebahn ist notwendig und wichtig aus wirtschaftlichen Gründen. Wir unterstützen es, und ich hoffe, die Grünen werden sich ein bisschen in die innere Einkehr begeben und sagen: Auch wir unterstützen das, was die Menschen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.49



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 84

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Mag. Ku­kacka zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.50.32

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte eindeutig festhalten, dass es durch diese heutige Gesetzesänderung und durch diese Novelle, Frau Kollegin Moser, zu keiner Erhöhung der Lärmschwellenwer­te kommen wird, wie Sie das ständig behaupten! Dieses Argument ist reine Angst­mache, ist der übliche Alarmismus, der hier von den Grünen immer ausgeübt wird. Es geht vielmehr darum, dass es Flughäfen generell ermöglicht wird, lärmdämmende Maßnahmen bei Objekten betroffener Anrainer zu setzen und so überhaupt zu einem positiven Abschluss eines UVP-Verfahrens zu kommen (Abg. Dr. Gabriela Moser: Warum schreiben Sie es dann hier nicht hinein?), das wir eben für diese dritte Piste brauchen und zu dem wir uns auch bekennen, meine Damen und Herren. Wir beken­nen uns sowohl zur dritten Piste als auch zu dem dazu notwendigen UVP-Verfahren.

Ziel unseres Antrages ist es eben, für Flughafenprojekte eine Genehmigung nach dem UVP-Gesetz überhaupt erst zu ermöglichen. Sie wissen ja, derzeit gelten Flughäfen als Betriebsanlagen, die nur dann eine UVP-Genehmigung erhalten dürfen, wenn die Aus­wirkungen der Anlage durch Maßnahmen an der Emissionsquelle eingedämmt werden. Aber das ist ja bei einem Flughafen nur sehr beschränkt möglich, und bei einem Flug­zeug, das hier ja die Lärmquelle ist, kann eben Lärmschutz, kann Beschränkung der Lärmemission nur durch laufende technische Weiterentwicklung gewährleistet werden.

Das geschieht auch, meine Damen und Herren, doch darauf haben wir in Österreich mit unserer Lärmschutzgesetzgebung keinen maßgeblichen Einfluss. Aber wir können dafür sorgen, dass etwa durch Lärmschutzmaßnahmen beim Betroffenen entsprechen­de Reduzierungen eintreten, und durch diese Gesetzesänderung ist es möglich, dass eine UVP-Genehmigung dann erteilt wird, wenn Lärmschutzmaßnahmen bei den be­troffenen Anrainern gesetzt werden. Das sind eben zum Beispiel Maßnahmen wie der Einbau von Schallschutzfenstern und Ähnliches. Werden bestimmte Immissions­schwellenwerte überschritten, so müssen eben dann bei diesen betroffenen Wohnun­gen und Häusern diese Maßnahmen getroffen werden.

Ab welchen Schwellenwerten nun solche Maßnahmen vorgesehen werden, das muss nach einer genauen Prüfung durch Experten, durch Fachleute, durch Gutachten mittels einer entsprechenden Verordnung in Übereinstimmung mit dem Umweltminister vom Verkehrsminister festgelegt werden. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Dazu hätten Sie jahre­lang Zeit gehabt! Sechs Jahre schon!) Das hat durch eine Verordnung deswegen zu geschehen, Frau Kollegin, damit wir die Ergebnisse des Mediationsverfahrens hier ausreichend berücksichtigen können. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es gibt Ergebnisse! Schreiben Sie sie hinein!) Wir können nicht einfach 65 dB oder 55 dB hineinschreiben, wenn wir gar nicht wissen, wie das Mediationsverfahren bei dem einzelnen Projekt ausgesehen hat und zu welchen Ergebnissen es gekommen ist. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ich kann es Ihnen vorlegen! Wir haben es ja!)

Es ist auch ein Unterschied, ob man eine solche Lärmverordnung bei einem Regional­flughafen macht oder bei einem Großflughafen inmitten einer Großstadt. Hier muss selbstverständlich unterschiedlich reagiert werden, und deshalb sind wir zu dieser Lösung mit der Verordnung gekommen. Das war richtig und notwendig so, und ich glaube, das werden vor allem jene bestätigen und unterstützen können, die jahrelang an diesem Mediationsverfahren mitgewirkt haben.

Ich betone noch einmal, dass der Flughafen Wien ausdrücklich erklärt hat, dass er auch zu den Ergebnissen dieses Mediationsverfahrens steht, und all das, was dort ver-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 85

einbart wurde, wird dann im Wesentlichen auch in die Verordnung aufgenommen wer­den. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ja, im Wesentlichen!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass hier eine gute, eine richtige Lösung gefun­den wurde (Abg. Mag. Hakl – in Richtung der Abg. Dr. Gabriela Moser –: Was schla­gen Sie vor statt einer Verordnung, Frau Kollegin?), eine Lösung, die auch individuelle und regionale Unterschiede berücksichtigt, und dass es gar keine andere sinnvollere Lösung in diesem Zusammenhang gegeben hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.55.34

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Im Unterschied zum Kollegen Wittauer wundert es mich nicht, dass die Grünen nicht zu­stimmen. Ich möchte – vielleicht nicht uninteressant für alle Anwesenden – einmal er­zählen, was vor 14 Tagen in Tirol Frau Dr. Christine Baur, Nummer zwei auf der Grü­nen-Liste im Land Tirol – erklärtes Ziel der Grünen: ihr Einzug ins Parlament –, zu Flughäfen in Österreich gesagt hat. Sie hat ganz ausdrücklich gesagt, sie ist dafür, dass der Flughafen in Innsbruck zur Gänze geschlossen wird. (Abg. Böhm: Unerhört!) Wir bräuchten ihn nicht. Der Flughafen gehöre ganz weg!

Das ist ein Niveau, ein Konzentrieren auf Teilaspekte in einer Gesellschaft, das den Grünen überhaupt eigen zu sein scheint. Aus diesem Grund wundert mich bei den Grünen gar nichts mehr.

Frau Kollegin Moser, ich empfehle Ihnen dringend, einmal in den eigenen Reihen ein paar Dinge klarzustellen und damit aufzuräumen, denn ich halte Sie doch für zu intelli­gent, um sich einer solchen Meinung anzuschließen! Vielleicht sollten Sie eigene Er­kenntnisse wenigstens einmal intern weitergeben. Darüber hinaus sind sie ohnehin schon weniger interessant und in Summe nicht so wahnsinnig relevant.

Der Flughafen Wien und dessen Absicherung und Funktionieren, das derzeit nicht aus­reichend der Fall ist, ist nicht nur für Wien, sondern für ganz Österreich von essenziel­ler und zentraler Bedeutung. Alles andere nabelt uns von der Welt ab, können wir uns nicht leisten. Die dritte Landebahn ist für Österreich, und zwar auch für den Wissen­schaftsstandort, nicht nur für den Wirtschaftsstandort, eine unumgängliche Notwendig­keit, und wir schaffen heute die Voraussetzungen dafür.

Ich möchte noch eingehen auf den Tagesordnungspunkt, der bereits vorher im Rah­men der Abänderung der Straßenverkehrsordnung diskutiert wurde, nämlich die nun­mehr zulässige Zubringung von Gütern von und zu Flughäfen auch am Wochenende durch LKW, und möchte dazu ausführen, dass ausdrücklich von mir und den Kollegen darunter verstanden wird und wurde, dass nur solche Zubringungen zu Flughäfen unter diese Ausnahmeregelung fallen, die unaufschiebbar sind und zwingend notwendig am Wochenende durchgeführt werden müssen. Das sind in Summe 60 Fahrten am Wo­chenende. Alles andere ist unter diese Ausnahmebestimmung jedenfalls nicht zu sub­sumieren. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

12.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 86

12.58.27

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einige Sätze zu der Vorlage Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten an­bringen.

Es geht hier um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Es geht darum, dass die Bestim­mungen zur Überprüfung von Flugzeugen aus Drittstaaten, die auf Flughäfen der Europäischen Union landen, harmonisiert werden, und zwar geht es vor allem um die Frage der Erhebung von Informationen über Unfälle, Störungen, Beschwerden und so weiter. Diese Informationen dürfen mit den Behörden der anderen EWR-Staaten und auch der Schweiz ausgetauscht werden. Es geht um Vorfeldinspektionen, es geht um die Befugnisse im Rahmen dieser Vorfeldinspektionen, insbesondere um Zutritt zum Luftfahrzeug und Ähnliches. Es werden auch die Maßnahmen im Falle eines Sicher­heitsrisikos geregelt. Diese gehen bis zu Flugverboten.

Es handelt sich hier um eine sinnvolle Harmonisierung, und wir werden daher unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie ken­nen die GO-Bestimmungen: 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.00.05

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Nationalratsabgeordnete Hakl hat behauptet, dass meine Kollegin in Tirol, Frau Baur, gemeint habe, dass sie prinzipiell gegen Flughäfen sei. – Das entspricht nicht den Tatsachen!

Ich berichtige: Meine Kollegin Baur in Tirol hat gesagt: Wenn Sie mich persönlich fra­gen, dann sage ich Ihnen persönlich als lärmgeplagte Anrainerin, dass ich persönlich Flughäfen nicht für günstig halte. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schweis­gut: Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

13.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.

 


13.00.30

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Ich bringe jetzt offiziell den viel diskutierten, von Herrn Abgeordnetem Roderich Regler und vom Herrn Staatssekretär schon erläuterten Antrag der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Regler betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz 2000 geändert werden.

Es geht dabei darum, dass man UVPs einbindet, dass man wirklich eine sinnvolle Maßnahme macht, wenn man einen Flughafen erweitert.

Frau Abgeordnete Moser, wenn man gegen die Regierung wettert, dann kann man das in der Politik noch verstehen. Aber es ist wirklich der Gipfel, wenn man hergeht und die Bevölkerung verunsichert, indem man sagt: Das alles stimmt nicht, der Fluglärm wird in Wirklichkeit verzehnfacht!

Jeder weiß, Frau Abgeordnete Moser, dass es ein fünf Jahre langes Mediationsverfah­ren gegeben hat, wo man ganz genau die Schwellenwerte und so weiter ausverhandelt hat. Da sind all die Maßnahmen verhandelt worden: vom Schallschutz über Winter-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 87

gärten bis zur Ablöse von Häusern. Es ist genau bestimmt worden, welchen Wert die Häuser haben. Das alles ist in Wien mit den betroffenen Bürgern vereinbart worden. Ich glaube, dass man mehr, als dass man, wie in Wien, die Bürger einbindet, nicht ma­chen kann.

Aber was machen jetzt die Grünen? – Weil es gut hineinpasst, wird verunsichert, wird von einer „Katastrophe“ gesprochen, weil jetzt Flughäfen ausgebaut werden. Sie ma­chen eine Politik, bei der Sie Leute verunsichern – und das finde ich mies! (Abg. Eder: He!) Das ist wirklich nicht in Ordnung!

Wenn man agiert, dann muss das den Tatsachen entsprechen. Das, was Sie machen, ist nichts anderes, als Verunsicherung zu betreiben. Das ist nicht der richtige Weg!

Jetzt gibt es erstmals die Möglichkeit, dass man – und hier arbeitet der Verkehrsminis­ter mit dem Umweltminister zusammen – die Bevölkerung befragt und die Länder mit einbezieht, die dann eine Stellungnahme abgeben können.

Es steht hier kein Schwellenwert drinnen, das ist ja das Wesentliche, sondern es wird im Verfahren festgelegt, welche Schwellenwerte es überhaupt geben darf. Man muss schon bei der Wahrheit bleiben und darf die betroffenen Menschen nicht verunsichern. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

13.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Wattaul in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Wittauer und Dipl.-Ing. Regler ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Auf Grund des Umfanges dieses Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilen und dem Stenographischen Protokoll beifügen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wittauer, DI Regler, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 847/A der Abgeordneten Wittauer, DI Regler betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luft­fahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz und das Umweltverträglichkeits­prüfungsgesetz 2000 geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der Antrag 847/A der Abgeordneten Wittauer, DI Regler betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz und das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden, wird wie folgt geändert:

1. Der Artikel 1 lautet:

„Artikel 1

Änderung des Luftfahrtgesetzes

Das Bundesgesetz vom 2. Dezember 1957 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz), BGBl. Nr. 253/1957, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 88/2006, wird wie folgt geändert:

1. Im § 62 Abs. 4 wird die Zitierung „136 Abs. 1 und 142“ durch die Zitierung „136 Abs. 1, 142 und 145b“ ersetzt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 88

2. Nach § 145a wird folgender § 145b samt Überschrift eingefügt:

„Vorhaben gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz

§ 145b. (1) Für Vorhaben, die Flughäfen (§ 64) betreffen und die einer Geneh-
migung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, bedürfen, gelten ergänzend zu den Bestimmungen des
UVP G 2000 die nachstehenden Bestimmungen.

(2) Die Vorsorge gegen durch das Vorhaben bedingte Beeinträchtigungen von Nach­barn kann auch dadurch erfolgen, dass vom Zivilflugplatzhalter auf fremden Grundstü­cken mit Zustimmung des Eigentümers oder des sonst Berechtigten geeignete objekt­seitige Maßnahmen, wie insbesondere Baumaßnahmen an Gebäuden, gesetzt wer­den. Die Maßnahmen sind nur bei jenen Gebäuden zu setzen, für die im Zeitpunkt der Kundmachung gemäß § 9 UVP-G 2000 eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt. Bei Beeinträchtigungen von durch das Vorhaben bedingtem Fluglärm sind jene Maßnah­men zu setzen, die mit Verordnung gemäß Abs. 4 festgelegt worden sind. Wird die Zustimmung verweigert, ist der Nachbar so zu behandeln, als wären die Maßnahmen gesetzt worden.

(3) Für die Beurteilung von durch das Vorhaben bedingtem Fluglärm hat der Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nach Maßgabe der Erfordernisse des Lärmschutzes mit Verordnung Immissionsschwellenwerte und die Art und Weise der Berechnung dieser Lärmindizes festzulegen. Werden diese Im­missionsschwellenwerte überschritten, sind geeignete objektseitige Maßnahmen bei jenen Wohneinheiten zu setzen, für die im Zeitpunkt der Kundmachung gemäß § 9 UVP-G 2000 eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt.

(4) Geeignete objektseitige Maßnahmen im Sinne des Abs. 3 sind Schallschutzmaß­nahmen für Räumlichkeiten, die zumindest überwiegend Wohn- und Schlafzwecken dienen. Diese Maßnahmen sind mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, In­novation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nach Maßgabe der Erfordernisse des Lärmschutzes festzulegen.

(5) Für die Berechnung der Immissionen sind der genehmigte Ist-Zustand zum Progno­sezeitpunkt (Nullszenario) und der durch das Vorhaben geänderte Zustand zum Pro­gnosezeitpunkt (Planszenario) heranzuziehen. Diesen Szenarien ist der Betrieb im Prognosezeitpunkt zugrunde zu legen, wobei mittel- und langfristige technische und betriebliche Entwicklungen zu berücksichtigen sind. Der Prognosezeitpunkt muss min­destens 10 Jahre nach Antragstellung liegen.“

3. Im § 173 wird folgender Abs. 27 angefügt:

„(27) Die §§ 62 Abs. 4 und 145b samt Überschrift, jeweils in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. XXXX, treten mit 1. September 2006 in Kraft.““

2. Der Artikel 3 lautet:

„Artikel 3

Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000

Das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeits­prüfungsgesetz 2000), BGBl. Nr. 697/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 14/2005, wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 89

Im § 17 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

„Für Vorhaben der Ziffer 14, sofern sie Flughäfen gemäß § 64 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, betreffen, ist die Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinn des Abs. 2 Z 2 lit. c nach bestehenden besonderen Immissionsschutzvorschriften zu beur­teilen.““

Begründung

Zu Z 1 (Art 1 - Änderung des Luftfahrtgesetzes):

Die im Initiativantrag vorgesehene Änderung des § 141a soll durch den neuen § 145b ersetzt werden.

Mit dem neuen § 145b sollen spezifische Vorgaben für die Bewilligung von Flughäfen gemäß dem UVP-G 2000 normiert werden. Diese spezifischen Vorgaben sind aus mehreren Gründen erforderlich: Flughäfen sind Infrastruktureinrichtungen, die in be­sonderem Maße öffentlichen Interessen dienen; insbesondere größere Flughäfen sind räumlich gebunden, sodass ein Ausweichen in andere Regionen unmöglich ist; emitter­seitige Maßnahmen (am Luftfahrzeug) zur Emissionsminderung sind faktisch nicht möglich, es kann lediglich die Emission durch laufende technische Weiterentwicklung reduziert werden; die Dosis-Wirkungsbeziehungen insbesondere bei Fluglärm sind spezifisch; das zu betrachtende Immissionsgebiet (Untersuchungsgebiet) ist unge­wöhnlich groß und mit herkömmlichen Methoden nicht bzw. nicht sinnvoll erfassbar.

Das gilt insbesondere hinsichtlich Fluglärm, der sich durch folgende schalltechnische Eigenheiten auszeichnet:

Eine Einflussnahme des Flughafenbetreibers auf die Emissionen der Luftfahrzeuge ist nur in beschränktem Umfang möglich. Emissionsmindernde Maßnahmen reduzieren sich international auf die Beschränkung auf bestimmte Flugzeugmuster gemäß ICAO Annex 16 (zB Chapter 3 oder 4) und die technische Weiterentwicklung der Luftfahr­zeuge (ANC Active Noise Control, Triebwerke, Fahrwerk sowie Klappensysteme). Quellenseitige Maßnahmen (zB Kapseln und Schirme) sind nicht möglich.

Die Wahl von An- und Abflugrouten ist schon aus meteorologischen Gründen nur be­dingt frei disponibel. Auf Grund der Lage der Schallquelle sind Schirmungen und Ab­sorptionseigenschaften im Bodenbereich de facto unwirksam.

Mit dem neuen § 145b soll diesen Besonderheiten Rechnung getragen werden. Die Regelungen orientieren sich an bestehenden Sonderregelungen für andere Infrastruk­tureinrichtung (Straße, Schiene) und berücksichtigen die Besonderheiten des Flug­lärms.

Im Abs. 1 soll klargestellt werden, dass diese Vorschriften nur für Vorhaben gelten, die einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bedürfen. Für alle anderen Vorhaben gel­ten weiterhin ausschließlich die übrigen Vorschriften des Luftfahrtgesetzes.

Da quellenseitige (emissionsseitige) Maßnahmen vielfach (zB bei Fluglärm) nicht mög­lich sind, sollen mit Abs. 2 objektseitige Maßnahmen zum Immissionsschutz ermöglicht werden. Diese Maßnahmen sind für den Eigentümer oder sonst Berechtigten kostenlos durchzuführen, sollen jedoch nicht gegen deren Willen durchsetzbar sein (Enteignung oder Zwangsrechte sind nicht vorgesehen). Allerdings soll die Verweigerung des Eigentümers oder sonst Berechtigten nicht dazu führen, dass das Vorhaben verhindert wird; vielmehr gilt in diesem Fall die Maßnahme als gesetzt. Abs. 2 und 3 gelten für alle vom konkreten Vorhaben verursachten Emissionen und Immissionen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 90

Hinsichtlich des Fluglärms sollen nach Maßgabe der Erfordernisse des Lärmschutzes mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie im Ein­vernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft bestimmte Immissionsschwellenwerte festgelegt werden, bei deren Über­schreitung besondere objektseitige Maßnahmen vorzunehmen bzw. zumindest anzu­bieten sind (im Fall der Verweigerung des Eigentümers oder sonst Berechtigten gelten diese Maßnahmen gemäß Abs. 2 als gesetzt). Diese besonderen objektseitigen Maß­nahmen sind ebenfalls nach Maßgabe der Erfordernisse des Lärmschutzes mit Verord­nung festzulegen.

Fluglärm als großflächige Immission unterliegt einer spezifischen Bewertung. In der zu erlassenden Verordnung wird daher klarzustellen sein, dass die Beurteilung von Flug­lärm ausschließlich als spezifische Immission zu erfolgen hat.

Schließlich soll auch die Art und Weise der Berechnung der Lärmindizes mit Verord­nung erfolgen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass derzeit die Fluglärmimmissio­nen grundsätzlich nach ÖAL-Richtlinie Nr. 24 (Blatt 1 Punkt 5, Ausgabe Jänner 2004) zu berechnen sind, wobei nur die Berechnungsvorschriften dieser ÖAL-Richtlinie maß­geblich sein sollen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass die ÖAL-Richtlinie Nr. 24 an die internationale Entwicklung angepasst wird (vgl. ECAC.CEAC Doc 29R der Euro­pean Civil Aviation Conference, Draft 6.0 vom Mai 2004). Weiters ist zu berücksichti­gen, dass Messungen für eine Beurteilung nicht heranzuziehen sein werden, diese können jedoch zur Kontrolle und Dokumentation verwendet werden.

Im Fall der Bilanzierung von Fluglärm bei Erweiterung und Ausbau genehmigter Flug­häfen sind die Fluglärmimmissionen der genehmigten Anlage zum Prognosezeitpunkt (Nullszenario) und des Planfalls zum Prognosezeitpunkt einander gegenüber zu stel­len.

Um Widmungskonflikte zu vermeiden, ist es unabdingbar, entsprechende Vorkehrun­gen auch durch raumordnerische Maßnahmen zu treffen, die ein weiteres Heranwach­sen von Bebauung mit möglichen Betroffenen an Flughäfen bzw. an durch Flugverkehr belastete Korridore verhindern. Fluglärmbelastete Gebiete sollten widmungsrechtlich entsprechend ausgewiesen werden. Als raumplanerische Maßnahme käme ua die Rückwidmung von noch nicht bebauten, ausgewiesenen Widmungen für Wohnzwecke bei Überschreitung bestimmter Richtwerte in Betracht. In Betracht kämen auch baube­hördliche Vorschriften für rechtskräftig ausgewiesene Wohngebietswidmungen (Min­destanforderungen an den Schallschutz der Außenbauteile gemäß ÖNORM B 8115-2). Aus Gründen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung haben derartige Rege­lungen die Länder bzw. die Gemeinden zu treffen.

Bei Festlegung der Maßnahmen, die ab Überschreiten der Immissionsschwellenwerte zu setzen sind, wird zu beachten sein, dass objektseitige Maßnahmen jedenfalls so zu gestalten sind, dass die zur Nutzung des Wohnraums unumgänglich erforderlichen Be­dürfnisse gegeben sind. Es sind dies einerseits Kommunikationsbedürfnisse am Tag, abendliche Erholungsbedürfnisse und das Bedürfnis an ungestörtem Schlaf in der Nacht. Gleichzeitig muss die hygienisch erforderliche Luftqualität sichergestellt werden. Auf Grund der durch geschlossene Fenster verminderten Schlafqualität wird in belaste­ten Gebieten der Einbau von mechanischen Be- und Entlüftungsgeräten notwendig sein. Am Tag ist eine Stoßbelüftung durch geöffnete Fenster zumutbar.

Die großflächige Einwirkung in Verbindung mit der Eigenschaft als infrastrukturelle Ein­richtung schließt eine individuelle Beurteilung in sämtlichen Räumen der möglichen be­troffenen Anrainerobjekte aus. Technische Konventionen zur Festlegung der Transmis­sion zwischen Freiem und Innenräumen sind unumgänglich. Bei der Beurteilung von Flughäfen wird für die Nachtzeit grundsätzlich von der Schallimmission am Ohr des


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 91

Schläfers bei gekippten Fenstern ausgegangen, weil durch das Kippen des Fensters sichergestellt ist, dass der hygienisch erforderliche Luftwechsel gegeben ist und damit ein gesunder Schlaf der Betroffenen gewährleistet werden kann.

Zu Z 2 (Art. 3 - Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000)

Die im Initiativantrag vorgesehene Änderung des § 26 soll durch eine Änderung des § 17 ersetzt werden.

Als zusätzliches Genehmigungskriterium für alle UVP-pflichtigen Vorhaben verweist § 17 Abs. 2 Z 2 lit. c auf den Schutz vor unzumutbaren Belästigungen nach dem Stan­dard der Gewerbeordnung. Zu dieser für das österreichische Umweltrecht besonders bedeutenden Vorschrift haben Verwaltungspraxis und verwaltungsgerichtliche Judika­tur einen relativ strengen Maßstab für die Zumutbarkeit von Belästigungen entwickelt.

Für die Genehmigung von Linienvorhaben im öffentlichen Interesse (Eisenbahn, Stra­ße), die in aller Regel durch die Betroffenheit sehr vieler Einzelpersonen gekennzeich­net ist, wurden bereits durch die UVP-G-Novelle 1996, BGBl. Nr. 773/1996, davon ab­weichende Standards festgelegt (§ 17 Abs. 3 i.V.m. § 24h Abs. 1 und 2 UVP-G 2000 i.d.g.F.). Für Eisenbahnvorhaben wurde dabei bestimmt, dass die Zumutbarkeit einer Belästigung nach bestehenden besonderen Immissionsschutzvorschriften zu beurteilen ist. Solche sind in Bezug auf Lärm in der Schienenverkehrs-Immissionsschutzverord­nung, BGBl. Nr. 415/1993, enthalten. Diese stellt aus der Sicht des Nachbarschutzes einen tragfähigen Kompromiss zwischen dem Schutz der Nachbarn/Nachbarinnen vor Belästigungen durch Bahnlärm und den Interessen der Öffentlichkeit an der Verwirkli­chung eines Bahnvorhabens dar.

UVP-pflichtige Vorhaben an Flughäfen (§ 64 des Luftfahrtgesetzes) betreffen in der Regel eine noch größere Anzahl von Personen, wobei eine Genehmigung derartiger Vorhaben nach der für Gewerbeanlagen entwickelten Judikatur von vornherein nicht möglich erscheint, ja schon die Berechnung der Änderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse nicht immer durchführbar ist. Da solche Vorhaben jedoch im öffentlichen Interesse stehen können, werden mit der Novelle des Luftfahrtgesetzes in Artikel 1 spezielle Immissionsschutzvorschriften einschließlich einer Verordnungsermächtigung zur Festlegung von Immissionsschwellenwerten und Schutzmaßnahmen für derartige Flugplatzvorhaben geschaffen, die – ebenso wie die SchIV für Eisenbahnvorhaben – als Maßstab für den Belästigungsschutz betroffener Nachbarn in der UVP herangezo­gen werden können.

Dabei ist davon auszugehen, dass im Regelfall bei Erfüllung der Immissionsschwellen­werte bzw. nach Setzung der mit Verordnung festzulegenden objektseitigen Maßnah­men nicht nur auszuschließen ist, dass ein Nachbar/eine Nachbarin durch vom Vorha­ben ausgehenden Fluglärm unzumutbar beeinträchtigt wird, sondern auch eine Ge­sundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann. Ist es der betreffenden Person zumutbar, sich in (durch objektseitige Maßnahmen) geschützten Innenräumen aufzu­halten, so können auch keine gesundheitlich nachteiligen Folgen auftreten.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhm. – Bitte.

 


13.03.39

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist schon recht interessant, was ich mir hier in den vier Jahren, die ich jetzt im Parlament bin, alles anhören musste; ich meine vor allem das, was von Seiten der Grü-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 92

nen kam. Der Herr Staatssekretär hat es schon gesagt, und auch Frau Kollegin Hakl hat es schon gesagt, und auch ich bin der Meinung: Die wenigen Grünen, die noch vorhanden sind, dürften sich wirklich nicht sehr um den österreichischen Parlamenta­rismus kümmern. Ich kann mich auch nur der Meinung von jenen anschließen, Frau Dr. Moser und Frau Rest-Hinterseer, die sagen: Das, was Sie über den Fluglärm be­richten, zeugt wirklich von Dilettantismus.

Ich wohne in Salzburg direkt neben dem Flughafen und kann das daher sagen. In Salzburg haben wir mehr als 300 Flugbewegungen pro Tag. Was die Entwicklung auf dem Salzburger Flughafen betrifft, so hatten wir vor 20 Jahren noch eine Flugbewe­gung von zirka zehn bis 20 Flugzeugen pro Tag. Mittlerweile haben wir, vor allem im Winter – Frau Kollegin, Sie kommen ja aus Dorfgastein, aus dem Gasteinertal, und wissen, wie sehr der Winter-Tourismus mit neuen Gästen, nämlich vorwiegend aus Russland, zugenommen hat –, jedes Wochenende zwischen 20 und 35 Flugzeuge und damit zwischen 2 000 und 3 000 Personen aus Russland abzufertigen. (Zwischenruf der Abg. Rest-Hinterseer.)

Man muss schon relativieren. Sie behaupten, dass der Lärm zunimmt. Ich hingegen kann sagen: Der Fluglärm hat auf Grund der technischen Entwicklung, und zwar gera­de in Bezug auf die Technologie der Flugzeuge und vor allem auf die Technologie der Triebwerke, stark abgenommen. (Abg. Brosz: Sind Sie irgendwann im Süden Wiens herumgefahren?)

Früher hat man Flugzeuge gehabt mit zirka 4 000 bis 5 000 Kilopond Schubkraft, wie etwa bei der DC-9. Diese Flugzeuge hatten eine Lärmentwicklung wie eine heutige Boeing 747. Mittlerweile werden Triebwerke verwendet, die es ermöglichen, dass 300 bis 400 Personen in einem Flieger befördert werden. Ich erwähne da die Boeing „Triple Seven“, die nur mehr zwei Triebwerke hat. Diese Boeing erzeugt nicht einmal mehr die Hälfte des Fluglärms einer Boeing 747 oder einer Boeing 707. Ich glaube, da muss man schon relativieren. (Abg. Sburny: Erklären Sie das den Anrainern!)

Weil Sie sagen, dass Sie so viele Anrainer kennen, die sich beschweren, möchte ich Ihnen zum Abschluss eine Zahl nennen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass man relativiert. (Abg. Brosz: Sind das Querulanten nach Ihrer Diktion?) So hat etwa der Klub der Freunde des Flughafens am Salzburger Flughafen mittlerweile über 1 000 Mit­glieder, während man den Klub der Flughafengegner auflösen musste, da er weniger als zehn Mitglieder hatte. Auch das sei angemerkt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: ... Bürgerinitiativen!)

13.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. Ich erteile es ihm.

 


13.06.23

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekre­tär! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Erweiterung des europäischen Luftver­kehrsraumes um die Balkanländer ist ein ganz wichtiger Schritt zur Einbindung dieser Staaten in die europäische Luftverkehrspartnerschaft.

Harmonisierte Vorschriften in Europa, wie schon von einem meiner Vorredner erwähnt, sind wichtig für die Entwicklung eines gemeinsamen Luftverkehrsmarktes. Dem Luft­verkehr kommt damit eine wesentliche Rolle nicht nur bei der Entwicklung der gesam­ten Region im Interesse der VerbraucherInnen und der Wirtschaft, sondern auch bei der politischen und wirtschaftlichen Integration Europas zu.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 93

Meine geschätzten Damen und Herren! Der künftige Luftverkehrsbinnenmarkt wird aus 35 Staaten mit mehr als 500 Millionen EinwohnerInnen bestehen. Das lässt auch neue Marktchancen für die europäische Luftfahrtindustrie entstehen.

Das Luftverkehrsaufkommen zwischen der EU und Südosteuropa ist seit 2001 um 121 Prozent gestiegen. Für die kommenden Jahre ist ein jährliches Wachstum von 6 Prozent prognostiziert.

Mit dem Übereinkommen werden eine effiziente Flugsicherung und die optimale Steue­rung der Verkehrsströme gewährleistet, was einer Überlastung des Luftraumes entge­genwirkt und die Sicherheit erhöht. Wir werden daher diesem Übereinkommen unsere Zustimmung geben.

Meine geschätzten Damen und Herren! Das Übereinkommen sieht neben dem freien Marktzugang, der Niederlassungsfreiheit und gleichen Wettbewerbsbedingungen auch gemeinsame Regeln beim Flug und bei der Luftsicherheit, beim Flugmanagement, bei Sozialvorschriften und beim Umweltschutz vor.

Gerade der Umweltschutz ist, wie wir soeben in der Diskussion verfolgen konnten, ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit dem Luftverkehr. Die gleichen Bedingungen sind ein wesentliches Element europäischer Politik, wie man auch bei den aktuellen Daten, wie zum Beispiel bei der Kerosin-Besteuerung oder bei der Umweltbelastung durch den Flugverkehr, sehr deutlich sehen kann.

Geschätzte Damen und Herren! Angesichts der Umweltauswirkungen des Flugver­kehrs hat das Europäische Parlament vor kurzem eine Entschließung verabschiedet, in welcher ein gesondertes System für Emissionen des Luftverkehrs, Kerosin-Besteue­rung und Abgaben auf Inlandsflüge gefordert werden. Gerechte Lösungen für die durch den Luftverkehr verursachten Umweltprobleme zu finden, ohne das Wachstum dieser Schlüsselbranche zu kappen, wird zu den großen Herausforderungen der nächsten Jahre zählen.

Wir stimmen auf jeden Fall diesem Übereinkommen zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


13.09.12

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sie alle haben vor zirka drei, vier Minuten den Abänderungsantrag erhalten. Sie alle haben hier gehört, dass seit fünf Jahren ein Mediationsverfahren läuft.

Ich frage Sie nur: Warum hat man nicht eine normale Gesetzesänderung mit Begutach­tung anberaumt? Wir hatten ja dazu fünf Jahre Zeit.

Warum muss jetzt, fünf oder sieben Minuten vor der Abstimmung, ein Abänderungsan­trag her? Noch dazu lässt er in seiner Formulierung alles offen. Schauen Sie sich ein­mal den § 145b im Artikel 1, betreffend das Luftfahrtgesetz, an, und zwar dessen Ab­satz 3! Da steht – ich zitiere –:

„Für die Beurteilung von durch das Vorhaben bedingtem Fluglärm hat der Bundesmi­nister für Verkehr, Innovation und Technologie ... nach Maßgabe der Erfordernisse des Lärmschutzes mit Verordnung Immissionsschwellenwerte und die Art und Weise der Berechnung dieser Lärmindizes festzulegen.“ 

Das heißt: Alles ist offen! Und dann gibt es ein Mediationsverfahren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 94

Herr Staatssekretär, warum schreiben Sie nicht hinein: 54 Dezibel? Warum schreiben Sie nicht hinein: An Minimalgrenzen der Nachbarn zu orientieren? (Zwischenbemer­kung von Staatssekretär Mag. Kukacka.) Warum legen Sie das nicht fest? Warum las­sen Sie alles offen?

Eine Verordnung entzieht sich jeder Kontrolle des Parlaments. (Abg. Dr. Baumgart­ner-Gabitzer: Das stimmt ja nicht!) – Das ist Ihre Umweltpolitik! Das ist Ihre Gesund­heitspolitik! Das alles nur, damit die Anrainer praktisch betrogen werden und die Wirt­schaft und der Flughafen expandieren kann. Deswegen noch einmal unser Protest!

Ihre Vorgangsweise mit der Einbringung des Antrages 5 Minuten vor der Abstimmung und die von mir zitierte Formulierung beweisen eindeutig, dass da mehr dahinter steckt als das, was Sie zugeben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme. 

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz und das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz geändert werden, in 1577 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Regler, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 und 3 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des soeben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Reg­ler, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist ebenfalls mit Mehrheit in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags: Übereinkommen zwischen der Euro­päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Montenegro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Na­tionen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum (1568 der Beilagen) die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die albanische, bosni­sche, bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, isländische, italienische, kroatische, lettische, litauische, maltesische, mazedonische, niederländische, norwegische, portugiesische, rumänische, serbische, spanische, slo­wakische, slowenische, schwedische, tschechische und ungarische Sprachfassung da-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 95

durch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministe­rium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten, samt Titel und Ein­gang in 1543 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

13.14.0111. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegen­heitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird (1572 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 145/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Verkehrssicher­heit durch ein Überholverbot für LKW im oberösterreichischen Autobahnnetz (1573 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 842/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Ver­kehrssicherheit durch wirksamere Sanktionen im LKW-Bereich (1574 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zu den Punkten 11 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


13.14.48

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Union verlangt die positive Ablegung einer Prüfung über spezielle Inhalte, um einen LKW oder um einen Bus lenken zu dürfen. Deutschland zum Beispiel geht in der Um­setzung den Weg, dass es die einschlägige Berufsausbildung dahin gehend adaptiert.

Wir haben übrigens mit Deutschland ein gegenseitiges Anerkennungsübereinkommen in dieser Frage. In Österreich gibt es bereits einen Verordnungsentwurf des B-BABs, des Bundes-Berufsausbildungsbeirats, betreffend eine neue Ausbildungsverordnung für den Lehrberuf „Berufskraftfahrer“, der alle inhaltlichen Erfordernisse dieser Richtli­nie erfüllen würde. Aber nein, Österreich geht diesen Weg, der eine relativ einfache Lö-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 96

sung bedeutet, nicht. Das, was der Wirtschaftsminister mit einer einfachen Verordnung machen könnte, macht der Verkehrsminister mit der Änderung von vier Gesetzen, und das, was die Bildungsministerin immer wieder verlangt, nämlich dass Bildungsab­schlüsse oder dass Kenntnisse, dass Fertigkeiten anerkannt werden, ganz egal, wo sie erworben werden, verhallt überhaupt im Raume.

Was Sie da machen, ist eine reine Verkomplizierung der Regelungen für die Ausbil­dung von LKW- und BuslenkerInnen. Obwohl diese eine Lehrabschlussprüfung ma­chen, obwohl diese eine Führerscheinprüfung machen, müssen sie jetzt nach Ihrem Vorschlag noch eine dritte Prüfung machen, um berufsbedingt fahren zu dürfen. Der Einzige, dem das hilft, ist die Fahrschule. Den Menschen selber stiehlt es Zeit, stiehlt es Geld.

Ich bin der Meinung, dass das keine sinnvolle Lösung ist, und bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eder, Heidrun Silhavy, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage 1554 der Beilagen

Danach sollen Artikel 1, wo es um die Frage der Lenkerberechtigung für die Klas­sen C1 oder C geht, Artikel 2, wo es um die Lenkerberechtigung für die Klassen D geht, und zwar für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Omnibussen, und Artikel 3, wo es um das Lenken von Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs geht, jeweils gleich lautend insofern geändert werden, als der Nachweis der Qualifikation durch 1) eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prü­fung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder 2) die er­folgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraftfahrer/in“ gemäß der dann geltenden Verordnung erbracht werden soll.

*****

Ich denke, dass das der weitaus intelligentere Weg ist. Ein Beharren auf Sturheit, die Sie hier an den Tag legen, und ein Nicht-Klären von Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Ministerien bringen niemanden weiter. Das „verunattraktiviert“ diesen Lehrberuf. Ich glaube nicht, dass das irgendeine positive Lösung herbeiführen könnte, und hoffe sehr, dass Sie diesem unserem Abänderungsantrag zustimmen werden. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


13.17.44

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wenn wir heute mit diesem Bundesgesetz die Umsetzung einer gemeinschaftlichen EU-Richtlinie beschließen, dann ist das die eine Seite. Die andere Seite ist, dass wir durch diese verpflichtenden Regelungen zur Grundqualifikation und zur Weiterbildung der Lenker bestimmter Kraftfahrzeuge im Güterkraft- und Personen­verkehr mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen bringen.

Sicherheit wird von dieser Regierung in allen Bereichen großgeschrieben. Die neue Regelung betrifft das Güterbeförderungsgewerbe – ein Gewerbe, das für die Wirtschaft sehr, sehr wichtig ist –, das zwei Drittel des Transportaufkommens in Österreich be-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 97

wältigt und mit den 11 000 Mitgliedern 100 000 Mitarbeiter beschäftigt. Das ist also ein wichtiger Wirtschaftszweig, und in diesem werden Erlöse beziehungsweise Erträge von annähernd 10 Milliarden € erwirtschaftet.

Mit dieser Regelung wird das Güterbeförderungsgewerbe in Hinkunft auch auf ausrei­chendes Fachpersonal zurückgreifen können, und damit werden wir einen wesent­lichen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten.

Wenn man sich die Verkehrsunfälle im Straßenverkehr vor Augen führt, dann stellt man fest, dass die schweren LKWs bei einer Beteiligung von zirka 5 Prozent liegen. Mit dieser Maßnahme zur Höherqualifizierung und zur Weiterqualifizierung des Personals werden wir auch einen Beitrag zur Sicherheit im Straßenverkehr leisten.

Frau Kollegin Bayr! Ich glaube, es ist so, dass halt momentan diese Berufskraftfahrer­ausbildung nicht den Richtlinien der EU entspricht. Momentan können wir es nicht machen, aber es wird sicher  – und das ist auch in unserem Interesse – dahin gehend an einer Lösung gearbeitet, dass wir die Lehrabschlussprüfung diesen neuen Richtli­nien anpassen, und wenn das der Fall ist, dann können wir auch dieses Kapitel ab­schließen. In diesem Sinne: für ein sicheres Österreich! (Beifall bei der ÖVP.)

13.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Moser. – Bitte.

 


13.20.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Jetzt geht es einerseits um das Thema „Güterbeförderung“, ande­rerseits auch um eine Änderung des Führerscheingesetzes. – Ihre Vorlage können wir aus verschiedenen Gründen nicht unterstützen; einige davon hat schon Kollegin Bayr vorweggenommen. Ich möchte mich daher aus Zeitgründen auf die Einbringung von zwei Entschließungsanträgen, die positive Aspekte haben, konzentrieren.

Bei Güterbeförderung geht es ja auch um den Tiertransport, und obwohl die EU einige Verbesserungen vorgenommen hat, liegt hier noch sehr, sehr viel im Argen: lange Transportzeiten, oft werden die Limits von acht Stunden überschritten, es gibt kaum Notversorgungsstellen für verletzte und durstige und hungernde Tiere.

Ich möchte deshalb folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tiertrans­porte

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, die massiven Kon­trolldefizite bei den Tiertransporten zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass Notversor­gungsstationen für verletzte Tiere eingerichtet und pro Bundesland mindestens zwei TiertransportinspektorInnen für Kontrollzwecke bestellt werden.

Darüber hinaus werden die zuständigen Bundesminister ersucht, auf EU-Ebene für fol­gende Reformen einzutreten:

1. Verringerung der Transportzeit auf vier Stunden und sofern die Tiertransporter über eine geeignete Ausstattung verfügen (Belüftung, Wasser- und Futterversorgung, aus­reichendes Platzangebot) auf maximal 8 Stunden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 98

2. Schaffung wirksamer Prüfsysteme an Stellen, die Tiertransporte regelmäßig bei Ferntransporten passieren

3. Abschaffung der Ausfuhrerstattungen für Zuchttiere.

*****

Bitte, denken Sie daran: Tiere sind Lebewesen! Befördert werden meistens Güter – und Tiere sollten nicht zu Gütern werden, sondern möglichst artgerecht und möglichst „human“ behandelt werden.

Es gibt noch einen zweiten Aspekt, der zu verbessern wäre. Wir reden jetzt ja unter an­derem über das Führerscheingesetz, und ich möchte hier vor der Abstimmung noch einmal in Erinnerung rufen, dass ich es durchaus als sehr positiv erachtet habe, dass diese Bundesregierung das Vormerksystem im Führerscheinbereich eingeführt hat. Ich möchte aber daran erinnern, dass der Delikte-Katalog mehr als ergänzungsbedürftig ist. Erst kürzlich haben Untersuchungsergebnisse gezeigt, dass man beim Führer­scheingesetz weitere Änderungen vornehmen sollte, zum Beispiel ein Mehrphasensys­tem für den Moped-Führerschein einführen sollte.

Als positiven Beitrag zu diesem Thema insgesamt folgender Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbezie­hung besonders sicherheitsgefährdender Delikte in das Vormerksystem/Punkteführer­schein

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

den Deliktkatalog des Punkteführerscheins/Vormerksystems hinsichtlich Schnellfah­rens zu erweitern

im Vormerksystem/Punkteführerschein das Delikt Alkohol am Steuer strenger zu ahn­den;

Telefonieren am Steuer entsprechend den Erkenntnissen über die beträchtliche Beein­trächtigungswirkung in den Deliktkatalog aufzunehmen;

und im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für Inneres für entsprechende Schwerpunkte in der Kontrolltätigkeit zu sorgen.

*****

Das wäre auch ein wesentlicher Punkt, um die Verkehrssicherheit zu verbessern – wo­für Sie ja alle sind! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die beiden soeben verlesenen Entschlie­ßungsanträge der Abgeordneten Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen und Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 99

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tiertrans­porte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsge­setz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraft­fahrliniengesetz - KflG und das Führerscheingesetz - FSG geändert wird (1572 d.B.)

Noch immer werden Millionen von Tieren über Tausende von Kilometern (EU-weit oder in Drittländer) gekarrt und müssen in stickigen Transportern und Schiffen unvorstellba­res Leid ertragen.

Im November 2004 verabschiedeten die EU-Landwirtschaftsminister zwar eine neue EU-Tiertransportregelung, die vorsieht, dass die Transportfahrzeuge durch satelliten­gestützte Systeme überprüft werden sollen und es wurden auch stringentere Anforde­rungen an Registrierung, Zulassung, Verantwortlichkeiten und Sachkunde im Trans­portgeschehen erlassen. Allerdings wurden Regelungen über die Transportzeiten, Ladedichten weiterhin aufgeschoben. Nach wie vor sind die Transportzeiten viel zu lang (es gibt kein allgemein gültiges Transportzeitlimit von acht Stunden, sondern lediglich Pausen ohne Entladung der Tiere, die beliebig oft wiederholt werden können), es gibt kaum Notversorgungsstellen für verletzte, durstige oder hungernde Tiere und die Kontrollen – wenn sie überhaupt stattfinden – sind viel zu lasch.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, die massiven Kon­trolldefizite bei den Tiertransporten zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass  Notversor­gungsstationen für verletzte Tiere eingerichtet und pro Bundesland mindestens zwei TiertransportinspektorInnen für Kontrollzwecke bestellt werden.

Darüber hinaus werden die zuständigen Bundesminister ersucht, auf EU-Ebene für fol­gende Reformen einzutreten:

1. Verringerung der Transportzeit auf vier Stunden und sofern die Tiertransporter über eine geeignete Ausstattung verfügen (Belüftung, Wasser- und Futterversorgung, aus­reichendes Platzangebot) auf maximal 8 Stunden

2. Schaffung wirksamer Prüfsysteme an Stellen, die Tiertransporte regelmäßig bei Ferntransporten passieren

3. Abschaffung der Ausfuhrerstattungen für Zuchttiere.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbezie­hung besonders sicherheitsgefährdender Delikte in das Vormerksystem/Punkteführer­schein


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 100

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsge­setz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraft­fahrliniengesetz - KflG und das Führerscheingesetz - FSG geändert wird (1572 d.B.)

Die Einführung wirksamer Punkteführerschein-Modelle hat in vielen europäischen Län­dern maßgeblich zur Verbesserung der Unfallbilanz, zur Erhöhung der Verkehrssicher­heit und zur Erziehung von Hochrisiko-LenkerInnen beigetragen.

Österreich liegt bei der Unfallbilanz nach wie vor im hinteren europäischen Mittelfeld und auch weit hinter den Zielsetzungen zur Senkung der Unfall- und Opferzahlen aus dem „Nationalen Verkehrssicherheitsprogramm“ der Bundesregierung. Dennoch fehlen in Österreichs nach langem Widerstand eingeführten Punkteführerschein-Modell (Vor­merksystem) zentrale Delikte: Weder wurde das Rasen als die Unfallursache Nr.1 in Österreich aufgenommen, noch sind Alkoholdelikte als nächstgrößte Ursache von Ver­kehrsunfällen in der nötigen Griffigkeit und Wirksamkeit enthalten. Damit kann der Punkteführerschein/Vormerksystem in Österreich bei weitem nicht das volle unfallsen­kende Potenzial ausspielen.

Im Gegensatz etwa zu Italien oder Frankreich wurde mit wenigen Ausnahmen auch verabsäumt, gesellschaftlich breit „eingerissene“, die Verkehrssicherheit beeinträchti­gende Verhaltensweisen wie insbesondere Telefonieren am Steuer in den Deliktkata­log aufzunehmen.

Erst jüngst hat jedoch eine umfangreiche Untersuchung in den Vereinigten Staaten bis­herige Forschungsergebnisse bestätigt und belegt, dass die Beeinträchtigung durch Telefonieren am Steuer etwa mit der Beeinträchtigung durch 0,8 Promille Alkohol ver­gleichbar und die Kollisionsgefahr mehr als fünfmal so groß wie bei Unbeeinträchtigen ist. Weiters liegen auch Untersuchungsergebnisse vor, wonach die Zahl der Fahrfehler bei Verwendung von Freisprecheinrichtungen nur geringfügig niedriger als beim „Han­dy-am-Ohr-Telefonieren“ und immer noch um fast ein Drittel höher als bei Nichttele­fonierenden ist. Auch besteht noch längere Zeit nach dem Ende eines Telefonats ein mehrfach höheres Unfallrisiko als im „normalen“ unbeeinträchtigten Zustand.

Diese eindeutigen Ergebnisse sollten nach Überzeugung der Grünen Anlaß sein, den Punkteführerschein/Vormerksystem an internationale Standards heranzuführen und neben der wirksamen Erweiterung im Bereich Schnellfahren und Alkohol auch Telefo­nieren am Steuer in den Deliktkatalog aufzunehmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

den Deliktkatalog des Punkteführerscheins/Vormerksystems hinsichtlich Schnellfah­rens zu erweitern

im Vormerksystem/Punkteführerschein das Delikt Alkohol am Steuer strenger zu ahn­den;

Telefonieren am Steuer entsprechend den Erkenntnissen über die beträchtliche Beein­trächtigungswirkung in den Deliktkatalog aufzunehmen;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 101

und im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für Inneres für entsprechende Schwerpunkte in der Kontrolltätigkeit zu sorgen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


13.23.02

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Frau Abgeordnete Moser! Ich bin daccord mit Ihnen, Tiere nicht nur als Ware zu sehen. Bei mir ist das gang und gäbe, ich verabscheue diese Transporte. Mir wäre es auch lieber, wenn wir im europäischen Raum nur Tiefgefrorenes von A nach B trans­portieren würden, aber dazu braucht es einen europäischen Konsens – das wissen wir.

Der Auftrag an die Bundesregierung, das zu ändern, ist nur schwer umzusetzen, gera­de in diesen Bereichen. Die Landwirte, die ihre Tiere lebend verkaufen, tun dies nicht, weil sie wissen, die Tiere werden nach drei, vier Wochen geschlachtet, sondern in dem Bewusstsein, dass ein Lebendverkauf auch bei Zuchttieren für eine höhere Qualität sorgt. – Aber man sollte darüber reden, man sollte gewisse Dinge einschränken.

Eine Sache ist besonders schwierig: Wenn Transporte aufgehalten werden, die Tiere ausgeladen werden, weil irgendwelche Vorschriften nicht eingehalten worden sind, dann sollte die Bestrafung anders aussehen, als die Tiere erst nach einer bestimmten Frist wieder einzuladen. Das wäre mir lieber; von mir aus könnte man den gesamten LKW beschlagnahmen. – In diesem Sinne könnte ich den Antrag der Grünen wirklich unterstützen, nur werden wir keine Mehrheit dafür bekommen.

Es gibt aber noch andere Anträge, betreffend Vormerksystem und Mehrphasen-Führer­schein. Ich sage Ihnen, erst vor kurzem kam die Meldung: Ein Drittel weniger Tote bei den Jugendlichen – ein Drittel weniger Tote! –, seit dieser Mehrphasen-Führerschein eingeführt worden ist. – Die restlichen zwei Drittel sind natürlich immer noch zu viel.

Einen Mehrphasen-Führerschein für Mopedlenker könnte man sich überlegen, sollte man von mir aus auch diskutieren.

Zur Ausweitung des Vormerksystems: Warten wir ab, was das Vormerksystem tatsäch­lich bringt! Ich sage Ihnen, Sie werden überrascht sein, die Zahl der Verkehrstoten wird wieder sinken, die Unfallrate wird wieder sinken, weil das Vormerksystem eine Be­wusstseinsbildung hervorgerufen hat. Jetzt herzugehen und noch ein bisschen mehr Strafen oder noch ein bisschen mehr Maßnahmen zu verlangen, da bin ich dagegen.

Warten wir ab, was das Vormerksystem gebracht hat, diskutieren wir dann, wenn wir die ersten Ergebnisse haben, aber überbringen wir der Bevölkerung, den Autofahrern nicht jetzt schon wieder die Meldung: Jetzt strafen wir euch noch einmal ein bisschen mehr! – Ich würde davon Abstand nehmen, daher werden wir diesen Anträgen natür­lich nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

13.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


13.25.43

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich darf den von Frau Abgeordneter Petra Bayr eingebrachten Ab­änderungsantrag zur Verlesung bringen:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 102

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eder, Heidrun Silhavy, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GübefG, das Gele­genheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird (1572 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 wird wie folgt geändert:

§19 a Abs. 1 lautet wie folgt:

(1) Lenker von Kraftfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 1, denen nach dem 9. September 2009 eine Lenkberechtigung für die Klassen C1 oder C, erstmals erteilt wurde, haben eine Grundqualifikation nachzuweisen. Der Nachweis der Grundqualifikation wird durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prüfung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder

2. die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 103

Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2006, erbracht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 104

Der Nachweis der Grundqualifikation einer dieser Klassen gilt als Nachweis der Grund­qualifikation für die anderen Klassen.

Art. 2 wird wie folgt geändert:

§ 14b. Abs. 1 lautet wie folgt:

(1) Lenker von Kraftfahrzeugen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Omnibussen, denen nach dem 9. September 2008 eine Lenkberechtigung für die Klas­se D erstmals erteilt wurde, haben eine Grundqualifikation nachzuweisen. Der Nach­weis der Grundqualifikation wird durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prüfung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder

2. die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2006, erbracht.

Art. 3 wird wie folgt geändert:

§ 44b. Abs. 1 lautet wie folgt:

(1) Lenker von Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs, denen nach dem 9. Septem­ber 2008 eine Lenkberechtigung für die Klasse D erstmals erteilt wurde, haben eine Grundqualifikation nachzuweisen. Der Nachweis der Grundqualifikation wird durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prüfung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder

2. die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2006, erbracht.

*****

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen!

Ich möchte aber diese Gelegenheit auch dazu nutzen, in Bezug auf den Antrag auf Überholverbot für LKW in Oberösterreich, dem wir heute nicht zustimmen können, eine Anregung zu geben.

Vor nicht allzu langer Zeit hat so etwas in Tirol große Erfolge gebracht. Allerdings sollte man vorausschicken: Um so etwas kontrollieren zu können, müssen möglichst alle Bundesländer eingebunden werden. Wenn man so etwas macht, sollte man natürlich entsprechend Vorsorge treffen, dass das auch kontrolliert werden kann; man kann nicht einzelne Landesteile herausbrechen.

Da sind aber in erster Linie die Länder gefordert, dem Bund zu sagen, was sie selbst gerne hätten. Dass ich als Autofahrer es gerne hätte, dass die LKW nicht direkt vor meiner Nase auf meine Spur wechseln, nämlich ohne zu blinken, im Wissen, der Stär­kere zu sein, dagegen ist bestimmt nichts einzuwenden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Eder, Silhavy, Bayr, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eder, Heidrun Silhavy, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GübefG, das Gele­genheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird (1572 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 wird wie folgt geändert:

§19 a Abs. 1 lautet wie folgt:

(1) Lenker von Kraftfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 1, denen nach dem 9. September 2009 eine Lenkberechtigung für die Klassen C1 oder C, erstmals erteilt wurde, haben eine Grundqualifikation nachzuweisen. Der Nachweis der Grundqualifikation wird durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prüfung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder

2. die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2006, erbracht.

Der Nachweis der Grundqualifikation einer dieser Klassen gilt als Nachweis der Grund­qualifikation für die anderen Klassen.

Art. 2 wird wie folgt geändert:

§ 14b. Abs. 1 lautet wie folgt:

(1) Lenker von Kraftfahrzeugen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Omnibussen, denen nach dem 9. September 2008 eine Lenkberechtigung für die Klas­se D erstmals erteilt wurde, haben eine Grundqualifikation nachzuweisen. Der Nach­weis der Grundqualifikation wird durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prüfung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder

2. die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2006, erbracht.

Art. 3 wird wie folgt geändert:

§ 44b. Abs. 1 lautet wie folgt:

(1) Lenker von Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs, denen nach dem 9. Septem­ber 2008 eine Lenkberechtigung für die Klasse D erstmals erteilt wurde, haben eine Grundqualifikation nachzuweisen. Der Nachweis der Grundqualifikation wird durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen Prüfung vor einer Prüfungskommission und einer praktischen Fahrprüfung oder

2. die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ gemäß der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2006, erbracht.

Begründung:

Mit der Richtlinie 2003/59/EG vom 15. Juni 2003 über die Grundqualifikation und Wei­terbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftver­kehr wollte der Rat und das Europäische Parlament eine über die Lenkberechtigung hinausgehende Vermittlung besonderer tätigkeitsbezogener Fertigkeiten und Kennt­nisse durch eine Grundqualifikation und regelmäßige Weiterbildung der Fahrerinnen und Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge im Güterkraft- und Personenverkehr in der Europäischen Union gewährleisten. Mit der Richtlinie ist auch die Hoffnung verknüpft, bei jungen Menschen das Interesse für den Beruf des „Berufskraftfahrers“ oder der „Berufskraftfahrerin“ zu wecken, was dazu beitragen soll, dass Berufsanfänger und Be­rufsanfängerinnen den Weg in diesen Beruf finden.

Abs. 1 der Regierungsvorlage legt fest, ab welchem Zeitpunkt eine Grundqualifikation nachzuweisen ist, und dass diese grundsätzlich nur durch Ablegung einer Prüfung zu erlangen ist.

Dies ist allerdings nicht ausreichend, da damit der bestehende Lehrberuf „Berufskraft­fahrer/in“ für Jugendliche unattraktiv wird, weil sie nach Ablegung der Führerscheinprü­fung und der Lehrabschlussprüfung noch immer nicht entsprechende Fahrzeuge len­ken dürften, sondern eine zusätzliche Prüfung für den Nachweis der Grundqualifikation nach der EG-Richtlinie absolvieren müssten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 105

Ein wichtiges Anliegen bei der Schaffung des Lehrberufes Berufskraftfahrer/in im Jahr 1987 war, dass AbsolventInnen eines Lehrberufes (absolvierte Lehrabschlussprü­fung) einen Berufsschutz im Sinn des ASVG haben. Im österreichischen Pensionsrecht spielt der so genannte „Berufsschutz“ bei Prüfung der Voraussetzungen einer Invalidi­tätspension eine wesentliche Rolle. Gemäß § 255 Abs 1 und 2 ASVG hat Berufs­schutz, wer in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend in einem erlernten (angelernten) Beruf tätig war.

Als erlernt gilt ein Beruf, wenn die Lehrabschlussprüfung abgelegt wurde; als angelernt gilt ein Beruf dann, wenn die wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Lehrberufs in der Praxis erworben und nachgewiesen werden. Die ständige Judikatur des OGH ist streng: Gibt es keinen Lehrberuf, wird die Dauer einer Ausbildung als wesentliches Kri­terium herangezogen. So wurde beispielsweise der Beruf des Pflegehelfers als unqua­lifizierte Tätigkeit betrachtet; aus Sicht des OGH reicht eine Ausbildungsdauer von 1600 Stunden (zur Hälfte in Theorie und Praxis) nicht für den Berufsschutz.

Im Ergebnis bedeutet das, dass die Lenker/innen eine Ausbildung im Sinn der EG-Richtlinie machen müssen, um ihren Beruf überhaupt weiter ausüben zu können und um den Berufsschutz zu erlangen, auch eine Lehrabschlussprüfung ablegen müssten – beide Ausbildungen in den meisten Fällen auf eigene Kosten und in der Freizeit, da die Arbeitgeber nicht verpflichtet sind, die für die Ausbildung erforderliche Zeit freizugeben bzw. diese auch zu bezahlen.

Die in Österreich seit 1987 bestehende Berufsausbildung im Rahmen des Lehrberufes „Berufskraftfahrer/in“ ist inhaltlich voll an die EG-Richtlinie angepasst und bietet die beste Grundlage zur Ausübung des Berufs. Sie soll deshalb erhalten bleiben und wei­ter gefördert werden.

In Absatz 1 wird daher die Berufsausbildung mit Lehrabschlussprüfung der Option Grundqualifikation mit Beschränkung auf Prüfung gleichgestellt. Die dort erworbenen Kenntnisse übersteigen die nach der Richtlinie 2003/59/EG zu stellenden Anforderun­gen deutlich, so dass der Abschluss der Berufsausbildung der Grundqualifikation ohne weiteres entspricht.

Die hier im Änderungsantrag vorgeschlagene Vorgangsweise wurde im Übrigen auch in Deutschland gewählt, um die Berufsausbildungen „Berufskraftfahrerin/Berufskraft­fahrer“ und „Fachkraft im Fahrbetrieb“ aufzuwerten. Zwischen Österreich und Deutsch­land besteht ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung des jeweiligen Lehr­abschlusses, das durch die Regierungsvorlage gefährdet wäre.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. (Abg. Dr. Cap: Jetzt gehen wir ein bisschen in die Tiefe!)

 


13.29.54

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche - BZÖ): In der Tat, es wird Zeit, dass man wieder einmal etwas zur Sache sagt!

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Diese Ausbildungsverordnung ist natürlich in ers­ter Linie deshalb so wichtig, weil eine jährliche Auffrischung gemacht werden muss. Das heißt, der LKW-Lenker macht nicht nur eine Grundausbildung, sondern er muss jedes Jahr einen Tag lang eine zusätzliche Schulung machen. Da geht es aber nicht nur um die Fahrpraxis – diese hat er ja –, sondern eben um Dinge wie Ladungssiche-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 106

rung in Bezug auf zu transportierende Materialien, um den Umgang mit gefährlichen Gütern und so weiter.

Aus der Sicht der Wirtschaft glaube ich, dass diese Neuerung wirklich als sehr gut be­zeichnet werden kann, wobei ich schon auch noch dazusagen möchte, dass es doch irgendwann einmal dazu kommen sollte, dass man mit Abschluss der Lehrausbildung den Grundkurs anerkannt bekommt. Das ist jetzt jedoch nicht möglich, da in der EU die Ausbildung nicht so geregelt ist, wie das in Österreich der Fall ist. Aber daran kann man ja arbeiten; dann wird es eine Prüfung geben – und das ist, finde ich, gut.

Was die Glaubwürdigkeit der Grünen anlangt: Ich glaube, dass Frau Abgeordnete Mo­ser, als sie über Tiertransporte gesprochen hat, das nur aus einem Ablenkungsmanö­ver heraus angeschnitten hat, denn: Wie schaut denn die Verkehrspolitik der Grünen aus? – Sie sagen, es gebe zu viele LKW, daher: Was sollen wir machen? – Die Strafen erhöhen!; das ist Ihr Ansatz.

In diesem Zusammenhang hat Frau Abgeordnete Moser im Verkehrsausschuss einen Antrag in die Richtung eingebracht, dass das zur Folge hätte, dass Arbeitnehmer, die den ganzen Monat lang fleißig arbeiten, höhere Strafen zahlen sollen! Und damit, so meinen Sie von den Grünen, könnte man erreichen, dass Waren, die mit dem LKW transportiert werden, auf den Gütertransport der Bahn sozusagen umgelenkt werden.

Allein das ist schon so widersinnig – und dass Sie von den Grünen sich getrauen, das in einen Antrag hineinzuschreiben, beweist, dass die Grünen nicht einmal im gerings­ten Ansatz eine Ahnung von Verkehrspolitik haben, geschweige denn, da irgendeine Verantwortung übernehmen wollen. Ich hoffe wirklich, dass das auch nie der Fall sein wird, denn die Grünen – heute haben Sie das wiederum bewiesen – sind nicht nur nicht ernst zu nehmen, sondern eigentlich überhaupt kein politischer Faktor mehr. (Bei­fall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das war aber hart!)

13.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Re­heis. – Bitte.

 


13.32.20

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Ich darf zunächst einen Entschließungsantrag der Ab­geordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen einbringen, und zwar betreffend SchülerInnentransport bei Nachmittagsbetreuung. Es ist so, dass nach dem Familienlastenausgleichsgesetz ein Anspruch auf die Teilnahme an der Schülerfreifahrt besteht, wenn ein Kind eine öffentliche beziehungsweise eine mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule besucht. Davon betroffen sind alle Fahrten von der Wohnung zur Schule.

Kinder, deren Nachmittagsbetreuung nicht in der Stammschule stattfindet, sondern beispielsweise in einem Hort, kommen leider nicht in den Genuss dieser SchülerIn­nenfreifahrt. Davon besonders betroffen sind vor allem Kinder in ländlichen Regionen, die meist auf Schulbusse angewiesen sind.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend SchülerInnentransport bei Nachmittagsbetreuung


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 107

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 108

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu setzen, damit die SchülerInnenfreifahrt zum und vom Ort der Nachmittagsbetreuung bzw. ganztägi­ger Schulformen im Gelegenheitsverkehr sichergestellt wird.“

*****

Ich ersuche da ganz besonders die Regierungsparteien, dem zuzustimmen – und an die Adresse der ÖVP: Ein solcher Antrag liegt ja auch von der Tiroler Regierungskoali­tion vor, seitens der ÖVP-Tirol unterzeichnet von Herrn Klubobmann Dr. Madritsch, wo­bei dieser Antrag im Tiroler Landtag angenommen wurde, da eben die Sorge des Lan­des und vor allem der Tiroler Gemeinden die ist, dass diese Finanzierung nicht ge­währleistet ist; nach dem Familienlastenausgleich ist ja der Bund hiefür zuständig.

Ich bitte daher, meine Damen und Herren, um Zustimmung zu diesem Antrag, denn das ist wirklich im Sinne der Gemeinden, der Kinder und natürlich auch der Eltern. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend SchülerInnentransport bei Nachmittagsbetreuung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsge­setz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverK, das Kraft­fahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird (1572 d.B.)

Nach dem Familienlastenausgleichsgesetz besteht ein Anspruch auf Teilnahme der SchülerInnenfreifahrt, wenn das Kind eine öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule besucht. Davon betroffen sind alle Fahrten von der Wohnung zur Schule. Alle Kinder, deren Nachmittagsbetreuung nicht direkt in der Stammschule statt­findet, sondern beispielsweise in einem Hort, kommen nicht in den Genuss der Schüle­rInnenfreifahrt. Besonders betroffen sind Kinder in ländlichen Regionen, die zumeist auf eigene Schulbusse angewiesen sind.

Einzelne Bundesländer, wie z.B. der Tiroler Landtag, haben bereits diesbezügliche An­träge zur Sicherung der SchülerInnenfreifahrten bei der Nachmittagsbetreuung durch den Bund gestellt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu setzen, damit die SchülerInnenfreifahrt zum und vom Ort der Nachmittagsbetreuung bzw. ganztägi­ger Schulformen im Gelegenheitsverkehr sichergestellt wird.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


13.34.19

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Seitens der ÖVP wird behauptet, dass die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene dritte Prüfung, die gemacht werden muss, um Berufskraftfahrer sein zu dürfen, sozusagen auf dem Mist der EU gewachsen sei, aber nicht auf dem eigenen.

Tatsache ist, dass in Österreich seit 1987 insgesamt 40 000 Personen eine Lehrab­schlussprüfung als Berufskraftfahrer abgelegt haben. Das hatte bis jetzt den Vorteil sowohl eines wirklich hohen Ausbildungsniveaus als auch eines verbesserten sozial­rechtlichen Schutzes der Lenkerinnen und Lenker.

Da stellt sich daher berechtigterweise die Frage: Warum soll es ab jetzt in Österreich – und wohlgemerkt: nur in Österreich! – notwendig sein, dass ein Berufslenker nach der Führerscheinprüfung und nach der Lehrabschlussprüfung auch noch eine dritte Prü­fung machen muss, um seinen Beruf ausüben zu können?

Die Bundesarbeitskammer, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellte dazu fest, dass der vorliegende Entwurf nicht nur erhebliche legistische Mängel aufweist, sondern zum Teil nicht einmal EU-Richtlinien entspricht. Darüber hinaus schätzt selbst das BMVIT die Folgekosten dieses Gesetzeskonstruktes auf fast 19 Millionen € jährlich.

Ziel, sehr geehrte Damen und Herren, sollte doch eine Straffung der Verwaltung sein, aber damit wird dieses Ziel ganz sicherlich nicht erreicht. Ganz im Gegenteil! Deshalb ersuche ich abschließend, diesem entsprechenden Antrag von uns Sozialdemokratin­nen und Sozialdemokraten die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Aber bei der Begründung geht das nicht!)

13.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

 


13.36.31

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir behandeln jetzt unter anderem auch das Führerscheingesetz, und ich glaube, es ist in der Debatte schon zum Ausdruck gekommen, dass es uns allen am Herzen liegt, dass höchste Qualität der Lenker im Vordergrund zu stehen hat. Bei dieser Bundesregierung jedoch scheinen die Wege ein wenig verschlungen zu sein, denn österreichische LKW-Lenker müssen in Zukunft drei Ausbildungsschienen haben, nämlich Lehrabschluss­prüfung, LKW-Führerschein und dann auch noch die von der EU vorgeschriebene Prü­fung.

Wie Herr Abgeordneter Heinzl schon gesagt hat: 40 000 österreichische LKW-Lenker haben bereits die Lehrabschlussprüfung absolviert, wobei das Ausbildungsniveau in Österreich sehr hoch ist – und auch ich kann daher nicht nachvollziehen, warum in Ös­terreich nicht, wie das ja jetzt auch in Deutschland geschieht, die Lehrabschlussprü­fung sozusagen in die Grundqualifikation mit aufgenommen wird. Das haben übrigens


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 109

sowohl die Arbeiterkammer als auch die Wirtschaftskammer Österreichs so vorge­schlagen beziehungsweise verlangt.

Mit unserem Abänderungsantrag geben wir Ihnen die Gelegenheit, doch noch eine sinnvolle Lösung zustande zu bringen. Ich lade Sie ein, das zu tun. Falls das nicht ge­schieht, müssen wir Ihren nicht ganz korrekten Vorschlag ablehnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Bitte Platz zu nehmen, denn wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Kraftfahrliniengesetz und das Führerscheingesetz geändert wird, in 1554 der Beila­gen.

Hiezu haben die Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsan­trag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen.

Die Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 § 19a Abs. 1, Artikel 2 § 14b Abs. 1 sowie Artikel 3 § 44b Abs. 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Be­jahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tiertransporte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung be­sonders sicherheitsgefährdender Delikte in das Vormerksystem/Punkteführerschein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 110

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend SchülerInnentrans­port bei Nachmittagsbetreuung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1573 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1574 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit der Fall und damit angenommen.

13.41.2114. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Einspruch des Bundesrates (1624 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1629 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tages­ordnung.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

 


13.41.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist nicht sehr überraschend, dass wir uns neuerlich mit der Wasserrechtsgesetznovelle 2006 beschäftigen müssen: Der Einspruch des Bundesrates war zu erwarten. (Abg. Grillitsch: Geh weiter! Jetzt hör auf!)

Warum war dieser Einspruch zu erwarten? – Nicht nur wegen einer rot-grünen Mehr­heit, sondern weil dabei eine der seltenen Situationen eingetreten ist, in der ein Ge­setzentwurf beschlossen wurde, mit dem keine Fraktion des Hauses einverstanden war. Im Ausschuss war versprochen worden, dass es zu Änderungen kommt. Änderun­gen wurden jedoch nicht durchgeführt! Der Bundesrat hätte uns neuerlich die Chance gegeben, dieses Gesetz zu überdenken, aber auch diese wurde vertan.

Noch einmal die Kritikpunkte: Es finden sich da schwammige Definitionen, die Rechts­unsicherheit erzeugen, statt die Administration zu erleichtern. Die Verantwortung wird zu Zivilingenieuren abgeschoben. Außerdem gibt es eine neuerliche Belastung für die Gemeinden, ohne einen finanziellen Ausgleich für die Übernahme zusätzlicher Aufga­ben. Kollege Auer hat darauf hingewiesen.

Meine Damen und Herren! Das Wasserrechtsgesetz ist seit 1959 in Kraft. Bis 1999, also in 40 Jahren, wurden 15 Novellen durchgeführt, die Verbesserungen und – das gebe ich durchaus zu – auch Verschärfungen brachten. Seit 2000, also in den letzten sechs Jahren, gab es wiederum 11 Novellen, die meiner Ansicht nach mehrmals Rück-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 111

nahmen und Rückschritte brachten, wie auch diese Wasserrechtsgesetznovelle 2006, der wir daher nicht zustimmen werden.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich habe in den letzten zwölf Jahren versucht, meine praktischen Erfahrungen betreffend Grundwasserschutz und Möglich­keiten der Sanierung hier im Hohen Haus in das Wasserrecht einfließen zu lassen: manchmal mit Erfolg, manchmal ohne Erfolg.

Ich werde dem neuen Nationalrat nicht mehr angehören. Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit, für die teilweise emotionalen Diskussionen – und insbesondere bei Heinz Gradwohl für seine Geduld! (Allgemeiner Beifall. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute!

Lassen Sie mich mit einer Bitte schließen: Grundwasserschutz ist ein prioritäres Pro­jekt für unsere Republik. Und das soll auch in Zukunft so bleiben. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

13.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gril­litsch. – Bitte.

 


13.44.54

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Irgendwie wurde in der heutigen Rede des Kollegen Kummerer sicht­bar, dass es ihm nicht leicht gefallen ist, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ sowie Zwischenruf der Abg. Pfeffer.)

Kollege Kummerer hat offenbar wirklich mit seinem Gewissen gerungen, ob er diesem sinnvollen Gesetz als letztem Akt im Plenum des Nationalrats nicht doch zustimmen sollte, weil das wichtig für die Zukunftssicherung des österreichischen Wassers ist.

Nichtsdestotrotz, lieber Werner Kummerer, möchte auch ich mich bei dir für deine sachliche Zusammenarbeit bedanken! Es hat natürlich auch immer wieder emotionale Auseinandersetzungen gegeben, aber das belebt ja das politische Geschäft. Letztlich warst du, Kollege Kummerer, aber ein Handschlagspartner, und ich wünsche mir, dass dein Nachfolger eine ebensolche Handschlagsqualität haben und hoffentlich auch im Landwirtschaftsausschuss vertreten sein wird, damit wir auch weiterhin eine gute Agrarpolitik für Österreich machen können! – Herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

Jetzt kann ich schon fast zum Wasser nichts mehr sagen, aber das war mir wichtig, lie­ber Werner! – Ich sage aber auch allen Kritikern, dass diese Novelle wirklich wichtig und richtig für dieses Land ist und ich daher nicht ganz verstehe, dass diese im Bun­desrat mit der entsprechenden Mehrheit abgelehnt wurde!

Zirka 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind an öffentliche Abwasserreini­gungsanlagen angeschlossen. Und ich sage auch hier im Parlament: Die Bauern ha­ben das Land und die Wasserressourcen nachhaltig bewirtschaftet. Akzeptieren wir das, respektieren wir das – und anerkennen wir das! In Anbetracht dessen lasse ich nicht zu, dass man auf dem Rücken der österreichischen Bauern hier versucht, immer wieder politisches Kleinholz zu schlagen!

Wir schlagen drei wesentliche Ziele vor, nämlich erstens die Umweltziele, einen guten ökologischen und chemischen Zustand der Oberflächengewässer und einen guten chemischen Zustand des Grundwassers zu erhalten, zweitens eine ganzheitliche Poli­tik für Flussräume und drittens auch die Europäisierung der Gewässerpolitik.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 112

Ich bitte ich Sie daher, Ihre Position eventuell nochmals zu überdenken, ob Sie diesem Zukunftssicherungsgesetz nicht doch zustimmen können! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Ich erteile es ihm.

 


13.47.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Kollege Kummerer hat zum Schluss etwas ge­sagt, wofür er immer gestanden ist und wofür ich ihn besonders schätze: Grundwas­serschutz hat Vorrang und darf auf keinen Fall vergessen werden.

Jetzt haben wir diese – wie ich sagen möchte – inhaltlich leere Rede des Kollegen Grillitsch gehört, der mit keinem Wort wirklich klargelegt hat, worin die großen Schritte bei dieser Novelle bestehen. (Abg. Grillitsch: Warst du nicht da?)

Kollege Grillitsch, unsere Kritik bleibt aufrecht: Bundesminister Pröll hat in den letzten Monaten mehrere Dinge umgesetzt, die in die Gegenrichtung beziehungsweise in die falsche Richtung gehen. Es gibt nämlich nicht mehr Grundwasserschutz, sondern mehr Nitrateintrag und mehr Verschmutzung von Wasser in Österreich, und zwar konkret durch die Änderung des Nitrataktionsprogramms. Die Stickstoffwerte wurden erhöht, das habe ich letztes Mal schon erklärt. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Zweiter Punkt: Das Agrar-Umweltprogramm ÖPUL wird zwar noch mit der EU verhan­delt, und ich erwarte auch, dass es im Rahmen von Debatten im Herbst und vor allem auch bei allfälligen Regierungsverhandlungen – egal, wer diese führen wird – zu mas­siven Anpassungen kommen wird. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Das erwarte ich mir, weil dieses Programm erst ab 2007 zur Umsetzung kommt. Es besteht da ein Nach­schärfungs- und ein dringender Handlungsbedarf.

Dritter Punkt: Herr Bundesminister, Sie haben auch im Bereich der Hochwasserschutz­maßnahmen kläglich versagt, und zwar speziell im Zusammenhang mit dem Wasser­rechtsgesetz. Sie haben einen Brief von Landesrat Anschober und von Landeshaupt­mann Pühringer bekommen, in dem man Sie ersucht hat, den § 38 des Wasserrechts­gesetzes insofern zu ändern, als im Bereich des dreißigjährigen Hochwassers ein generelles Genehmigungsverbot für Anlagen verordnet werden soll, weil damit quasi vorgesorgt wird, dass Schäden gar nicht erst auftreten können. Das oberösterreichi­sche Raumordnungsgesetz sieht auch ein Bauverbot im Bereich des dreißigjährigen Hochwassers vor, und es wäre nur vollkommen folgerichtig gewesen, das auch im Wasserrechtsgesetz zu verankern. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.)

Das ist ein Ersuchen des Landeshauptmannes von Oberösterreich. Wir waren vom Hochwasser massiv betroffen, und man sieht ja, was die oberösterreichischen Abge­ordneten hier tun, nämlich gar nichts! (Abg. Prinz: Sie haben keine Ahnung!) Sie ha­ben sich weder im Ausschuss dafür eingesetzt noch bisher in irgendeiner Wortmeldung für diese Initiative Oberösterreichs stark gemacht!

Da sieht man, wie weit es her ist mit dem Herrn Umweltminister: In der Sache selbst schöne Worte, keine Frage, das versteht er! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ell­mauer.) Das ist ein Teil des politischen Geschäfts! Wenn man sich die Dinge aber im Detail anschaut –diese Kritik kann ich Ihnen nicht ersparen, Herr Bundesminister! –, sieht man, dass der Weg, den Sie jetzt eingeschlagen haben, ein Weg in Richtung In­tensivierung der Landwirtschaft ist. – Wir werden diesen Weg sicherlich nicht mitge­hen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.50



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 113

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Witt­auer. – Bitte.

 


13.50.48

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Herr Abgeordneter Pirklhuber, das war jetzt wieder eine Fortsetzung der Grün­politik, nämlich sich lediglich hier herzustellen und zu fordern – und das in Anbetracht dessen, dass wir in Österreich im Umweltbereich – wie ich sagen möchte: weltweit – die Nummer eins sind!

Das haben wir unseren Bauern zu verdanken, und in der Landwirtschaftspolitik und in der Umweltpolitik werden zahlreiche Maßnahmen gesetzt, etwa im Rahmen von ÖPUL und anderen Bereichen. Diese Verbesserungen finden aber nicht nur statt, weil Sie herausgehen und etwas fordern. Herr Anschober soll das in Oberösterreich tun! Er kann raumordnungsmäßig etwas tun, und die Bürgermeister können auch etwas tun. Es ist aber wirklich nicht notwendig, da herauszugehen und den Bundesminister aufzu­fordern, dass er etwas tun soll, damit man sich dann wieder an jemandem abputzen kann!

Es gibt genug Maßnahmen, und der Landtag hat eh wenig zu tun. Er soll sich mit sol­chen Dingen beschäftigen, denn das ist nicht Aufgabe des Nationalrates! Unsere Auf­gabe ist es vielmehr, den Bauernstand biologisch so stark zu machen, dass wir weiter­hin die Gewährleistung haben, dass die Umwelt gesichert ist.

Ich sage Ihnen etwas: Wenn man sich unsere Seen und unsere Flüsse anschaut und vergleicht, wie es vor 15 bis 20 Jahren war und wie es heute ist, dann können wir fest­stellen, dass das eine Erfolgsgeschichte ist! Und es ist ein bisschen wagemutig, wenn wir hier eine EU-Richtlinie beschließen, so zu tun, als könnte der Landwirtschaftsminis­ter oder der Umweltminister jetzt alles auf einmal ändern! Aber Sie sind herzlich einge­laden, unsere gute Umweltpolitik im Herbst weiterhin mit zu tragen. Wir laden Sie ein, mit uns zu reden, denn ich glaube, diese Regierung wird weiterhin die Funktion über­nehmen, unseren Lebensraum zu schützen, unsere Landwirtschaft schützen, die Men­schen zu schützen und alle Maßnahmen zu treffen, damit es in unserem Lande weiter­hin nach oben geht. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

13.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


13.52.49

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir hatten hier schon einmal die Chance, über die Wasserrechts­gesetznovelle zu diskutieren und zu erörtern, was wir damit bewegen wollen und was zu tun ist.

In Österreich ist die Situation im Vergleich zu unseren europäischen Mitbewerbern gut. Wir liegen in der Wasserpolitik sehr weit vorne, und wir haben mit mehreren Wasser­rechtsgesetznovellen die Wasserrahmenrichtlinie, ein wirklich richtungsweisendes Pro­jekt der Europäischen Union, umgesetzt.

Auch im Bereich der Verwaltungsreform haben wir für dieses Land viel weiter gebracht, um effizienter zu werden. Das betrifft auch die Frage der Ressourcenbewirtschaftung im Wasserbereich. Diese Wasserrechtsgesetznovelle ist nichts anderes als die Re­aktion auf die Verwaltungsreform II in Abstimmung mit den Zielen der Wasserrahmen­richtlinie der EU und unseren eigenen Ziele, nämlich die Wasserqualität in Österreich beständig zu verbessern. Wir tun das mit einer Effizienzsteigerung in verschiedenen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 114

Bereichen, die ich heute nicht mehr anzuführen brauche, weil ich das bereits beim letz­ten Mal taxativ getan habe, wobei wir vor allem im Bereich der Bewilligungsverfahren einen wesentlichen Schritt weiterkommen wollen.

Diese Wasserrechtsgesetznovelle ist in der logischen Kette der ständigen Verbesse­rung der Wasserqualität in Österreich zu sehen. Und ich stehe nicht an, mich bei je­mandem zu bedanken, der mich sowohl in meinem Wahlkreis im Weinviertel, zwar als politischer Konkurrent, aber doch, ständig begleitet hat. Ich bedanke mich bei Werner Kummerer an dieser Stelle recht herzlich! Ich möchte das sagen, weil du sicherlich auch in den letzten Jahren und über ein Jahrzehnt die Wasserpolitik mit beeinflusst hast, und zwar sehr oft mit sehr brauchbaren, manchmal auch mit weniger brauchba­ren Vorschlägen, aber das ist so im politischen Geschäft. Ich danke dir auch persönlich für die sehr anregenden Diskussionen, die wir auf Ebene unserer gemeinsamen Hei­matregion in Niederösterreich, aber auch hier im Parlament und im Landwirtschafts­ausschuss führen konnten. Das war mir immer ein Vergnügen. Alles Gute und danke für die tolle Unterstützung!. Schade, dass es heute nicht so weit gekommen ist! (Allge­meiner Beifall.)

13.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordne­ter Auer. – Bitte.

 


13.55.04

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war heute wirklich interessant, Kollegen Pirklhuber zuzuhören, der beklagt hat, welche Verschlechterungen plötzlich eingetreten seien. – Herr Kollege Pirklhuber, es ist Ihnen dringend anzuraten, sich mit Ihrem Landesrat Anschober in Verbindung zu setzen, der diese Woche in einer Presseaussendung in Oberösterreich die hervorragende Verbesserung der Wasserqualität gelobt hat! Mehr braucht man da wohl nicht dazu zu sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Herr Kollege Pirklhuber, zum Zweiten: Sie sind ja nicht erst seit heute hier im Parla­ment. Sie wissen selbst, dass Bauordnung und Raumordnung Landessache sind. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wasserrecht ist aber Bundessache!) Wenn Sie sich abputzen wollen und meinen: Der Herr Bundesminister soll das machen!, damit Sie dann im Lande sagen können: Diese „Bösen“ in Wien haben wieder neue Vorschriften ge­macht!, dann sage ich Ihnen, Herr Kollege: So einfach geht das nicht! Nur zu kritisie­ren, ist herzlich wenig!

Meine Damen und Herren, es stimmt auch nicht, dass es innerhalb des 30-jährigen Hochwassers ein Bauverbot gibt. Es gibt innerhalb des 100-jährigen Hochwassers in Oberösterreich ein Bauverbot. Betreffend das 30-jährige Hochwasser wurde fixiert, dass entsprechende Maßnahmen vorzuschreiben sind. Sie müssten das wissen! Und wenn Sie es nicht wissen, dann schauen Sie nach! (Abg. Freund: Er kennt sich nicht aus!) Das ist sein Problem – und nicht unseres! (Heiterkeit der Abg. Lentsch.)

Meine Damen und Herren, auch ich möchte mich bei Herrn Abgeordnetem Kummerer sehr herzlich bedanken, der tatsächlich in zwölf Jahren hervorragend mitgearbeitet, ge­kämpft und gestritten – und es uns nicht immer leicht gemacht hat. Aber das soll ja in der politischen Diskussion so sein! Kollege Kummerer ist ja der prädestinierte Konsu­ment des Wassers: Wenn man seine schlanke, sportliche Figur anschaut, dann kann man ihm dazu nur gratulieren!

Ich möchte jetzt die Chance wahrnehmen, auch den Kollegen Gradwohl anzusprechen, der in der kommenden Legislaturperiode, wie ich erfahren habe, auch nicht mehr hier


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 115

sein wird: Er verkörpert die andere Seite, nämlich die des Genießers. (Heiterkeit.) Auch dir, lieber Heinz Gradwohl, sage ich ein besonderes Dankeschön! Das Arbeiten mit dir war angenehm, war anstrengend, war aber immer fair, und du hattest immer Hand­schlagqualität. Das gilt übrigens für beide. Herzlichen Dank! Herzliche Gratulation zu dem, was ihr hier gemacht habt! Ihr habt uns manchmal zu Recht erinnert und manch­mal vielleicht zu Unrecht „sekkiert“. Jedenfalls war es aber insgesamt ein schönes Ar­beiten!

Meine Damen und Herren, es ist nicht verwunderlich, dass wir überzeugt davon sind, dass diese Wasserrechtsgesetznovelle der richtige Weg ist. Schauen Sie doch nach, ob das Wasser besser oder schlechter geworden ist! – Die Qualität hat sich auf Grund gesetzlicher Rahmenbedingungen, durch vernünftige Bewirtschaftung und durch die hervorragende Arbeit unserer Wasserbauer verbessert! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


13.57.58

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Einspruch des Bundesrates gegen die Wasserrechtsgesetznovelle 2006 ist heute auf der Tagesordnung und jetzt unser The­ma.

Wenn Kollege Pirklhuber hier herauskommt und schlecht über die Wasserqualität redet, dann frage ich ihn: In welchem Land dieser Welt ist die Wasserqualität besser? Wo ist sie so gut wie in Österreich? – Ich sage Ihnen: Sie ist nirgends so gut wie in Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Dazu trägt sicherlich das Wasserrechtsgesetz bei, das die Grundlagen vorgibt. In ers­ter Linie hängt die Wasserqualität aber vom tatsächlichen Handeln ab. Unsere Bauern bewirtschaften Grund und Boden in einer hervorragenden, nachhaltigen und ökologi­schen Weise, wie man sie sonst nirgendwo findet. Deshalb haben wir eine so gute Wasserqualität.

Dass diese Gesetzesnovelle vom Bundesrat beeinsprucht wurde, verstehe ich insofern nicht, als diese Wasserrechtsgesetznovelle Vereinfachungen und Erleichterungen bringt. Die Mehrkosten, die bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinien ent­standen sind, sollen abgegolten werden. Wasserrechtliche Bewilligungsverfahren sol­len in ein Anzeigeverfahren umgewandelt werden. Bei verschiedenen Anlässen soll die Überprüfung der Ausführung nicht mehr unbedingt vorgenommen werden müssen; die Ausstellung einer Bestätigung zu einer bescheidmäßigen Ausführung der Wasseran­lage soll genügen.

In Summe ist das also ein gutes Gesetz, und ich glaube, wir alle sollten dem zustim­men. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft in 1629 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 116

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend Wasserrechtsgesetznovelle 2006 zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

14.00.4715. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1398 d.B.): Be­schlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umweltver­träglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (1613 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte. (Abg. Kopf sucht kurz, be­vor er sich zum Rednerpult begibt, in seinen Unterlagen.)

 


14.01.12

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung für die kleine Verzögerung. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Darum habt ihr mich als Sportsprecher.

Wir geben mit dieser Beschlussfassung das Übereinkommen von Espoo über die Um­weltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen frei, sodass auch nach­teilige Umweltauswirkungen grenzüberschreitend einer Umweltverträglichkeitsprüfung zugeführt und damit nachteilige Auswirkungen verhindert werden können.

Das Ganze sollte weitestgehend unbestritten sein – war es ja auch in den Debatten –, und ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Neudeck: Nach diesen Argumenten bin ich auch dafür!)

14.02


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krai­ner. – Bitte.

 


14.02.30

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hohes Haus! Die SPÖ stimmt den vorlie­genden Änderungen des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen zu; dazu gibt es nicht viel zu sagen. Viel mehr gibt es aber zur UVP im Inland zu sagen.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat ja die Regierung hier den Vorschlag vorgelegt, das UVP-Gesetz massiv zu verschlechtern, und zwar auf Kosten der Umwelt, der betroffe­nen Menschen, der Anrainer, der Nachbarn. Hintergrund war der Versuch, der strau­chelnden ÖVP in der Steiermark zu helfen. Sie erinnern sich daran: Es hat nichts genützt. Die ÖVP ist tief gefallen, und hat die Wahl zu Recht verloren – nicht nur aus diesem Grund, aber auch aus diesem Grund. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Die ÖVP ist damals nicht müde geworden, zu sagen, das UVP-Gesetz sei in Wirklich­keit ein Verhinderungsgesetz, ein Verlangsamungsgesetz. Das war die Argumentation der ÖVP.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 117

Nun hat uns das Umweltministerium einen Bericht über den Vollzug der UVP vorgelegt. Die Regierungsparteien verhindern natürlich, dass er hier im Plenum besprochen wird – und das aus gutem Grund, denn in diesem Bericht steht nämlich Folgendes:

Erstens: Die Zeit für die Genehmigung von Anlagen und von Projekten ist kürzer ge­worden durch das UVP-Gesetz.

Zweitens: Es wurden von mehr als 200 Verfahren nur zwei abgelehnt. Zwei von mehr als 200 Verfahren; das sind weniger als 1 Prozent.

Das heißt nichts anderes, als dass das UVP-Gesetz kein Verhinderungsgesetz, son­dern ein Verbesserungsgesetz ist, weil es die Projekte verbessert und nicht verhin­dert. Und zweitens ist es kein Verlangsamungsgesetz, sondern ein Beschleunigungs­gesetz.

Die ÖVP war und ist aber offensichtlich der Meinung, dass auf Grund der UVP kein einziges Projekt abgelehnt werden darf, denn sonst hätten Sie ja nicht, nachdem ein­mal nach vielen Jahren ein Projekt abgelehnt wurde, nämlich Spielberg, sofort das Ge­setz ändern wollen; Sie haben es dann ja auch getan. Womit sich zeigt – ich bin schon am Ende meiner Redezeit angekommen –, dass für die ÖVP nicht nur soziale Fragen und Fragen der Gerechtigkeit überhaupt keine Rolle spielen, Herr Klubobmann Molte­rer, sondern auch die Frage der Umwelt maximal rhetorisch eine Frage spielt, aber nicht im Handeln.

Es ist am 1. Oktober dieses Jahres Zeit für die Bevölkerung, etwas zu ändern (Abg. Rädler: Genau! Ja!), dass Umwelt wieder eine Rolle spielt. Dafür bedarf es aber an­derer Regierungsparteien und auch eines anderen Umweltministers. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Krainer, der Hellseher!)

14.05



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 118

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


14.05.22

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Selbstverständlich stimmen auch wir dieser Ratifikation zu, der Ratifikation eines Übereinkommens, durch das die Nachbarstaaten bei mögli­chen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen mit einbezogen werden.

Einmal mehr ist zu erwähnen, dass genau diese Änderungen, die in diesen Vereinba­rungen enthalten sind, von Österreich schon gesetzlich umgesetzt sind. Österreich spielt generell im UVP-Bereich eine sehr vorbildliche Rolle, das sagt auch der Bericht der EU-Kommission, wenn es um die Anwendung der UVP-Richtlinien der EU geht (Abg. Mag. Weinzinger: „Wir sind Weltmeister!“ Mindestens!) – auch im Inland. Wenn Sie den Bericht genauer lesen, erkennen Sie das.

Herr Kollege Krainer, wir diskutieren diesen Bericht sehr gerne, denn er zeigt, wie vor­bildlich die UVP-Verfahren in Österreich durchgeführt werden, dass sie einen sehr po­sitiven Einfluss auf beide Seiten haben: einen positiven Einfluss auf der einen Seite auf die Öffentlichkeit, die sich besser informiert fühlt, die sich stärker einbezogen fühlt, aber auf der anderen Seite auch auf die Projektwerber, die besser Bescheid darüber wissen, die wissen, wie sie dran sind, wo Hemmnisse sind, an denen sie arbeiten müs­sen, um ihre Projekte umweltkonform durchführen zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind im Umweltbereich auf einem guten Weg, wir müssen aber ständig wachsam sein, um diesen unseren guten Standard zu halten. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger.

 


14.07.08

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Auch wir begrüßen die Ratifikation der Espoo-Konvention. Ich finde zwar die Wortwahl des Herrn Kollegen Kopf, der davon gesprochen hat, dass wir sie „frei­geben“, ein bisschen merkwürdig, aber das sei ihm als künstlerische Freiheit zugestan­den. (Abg. Neudeck: Das ist aber nett! So ein Glück, was er hat!) Ja, stellen Sie sich vor! (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein!) – Man könnte das auch kritischer würdigen.

Ich begrüße vor allem zwei Punkte, die durch diese Ratifikation beziehungsweise die Änderungen verbessert werden: das eine ist die klare Ausweitung der betroffenen Öffentlichkeit, da jetzt in der Konvention explizit erwähnt wird, dass NGOs und Bürger­initiativen als betroffene Öffentlichkeit einzubinden sind, und das andere, dass auch die Liste jener Projekte, die unter die Espoo-Konvention fallen und damit einer grenzüber­schreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung zugeführt werden müssen, ausgeweitet wurde.

Bevor sich hier jetzt der Weihrauch, den die Regierungsparteien in ihrer rituellen Selbstbeweihräucherung verströmen, wieder zu besonders dichten Schwaden verdich­tet, zwei Anmerkungen genau zu denselben Punkten, wo wir in Österreich sehr wohl grobe Defizite haben und wo wir sehr wohl durch die Aufweichung auch des UVP-Ge­setzes im letzten Jahr Kritik anbringen müssen.

Erstens: In der Espoo-Konvention wurde der Kreis ausgeweitet – wir müssen allerdings auch feststellen, dass in der österreichischen Praxis ein Umstand einreißt, der eigent­lich zur Verringerung der Öffentlichkeit, die sich einklinken kann, führt, nämlich die Ten­denz, verstärkt Feststellungsverfahren durchzuführen, insbesondere bei strittigen Pro­jekten, in denen die öffentliche Hand selbst direkt oder indirekt über Tochterunterneh­mungen als Auftraggeberin auftritt, wo die skurrile Situation entsteht, dass die Stadt Wien oder das Land Steiermark selbst ein Projekt betreibt – sei das Spielberg, das Sta­dion oder was immer –, im Feststellungsverfahren selbst die Instanz ist, die zur Ent­scheidung kommt, dieses Projekt braucht gar keine UVP, und sich selbst damit grünes Licht gibt, womit die Öffentlichkeitsrechte, die in der UVP selbst gewährt werden, und die Möglichkeiten der Parteistellung im Feststellungsverfahren selbst ja bei weitem nicht so gegeben sind. Das heißt, da hält man die Öffentlichkeit draußen und gibt sich selbst einen Freibrief für das Projekt, das man gerne haben möchte.

So kann das nicht weitergehen. Und wir werden mit sehr kritischen Augen die Entwick­lungen in der Steiermark rund um Spielberg verfolgen.

Der zweite Punkt, der dabei auch auffällt, ist, dass die Liste jener Projekte, die einer UVP zu unterziehen sind, zwar bei der Espoo-Konvention jetzt ausgeweitet wird, wir in Österreich aber noch immer sowohl im Gesetz als auch in der Praxis große Lücken aufweisen.

Ich bringe nur ein Beispiel: Bis heute ist der gesamte Bereich der Spanplattenproduk­tion zum Beispiel nicht UVP-pflichtig. Und es kann mir niemand erklären, dass dabei keine bedenklichen Umweltbelastungen auftreten können.

Ein anderes Beispiel: Es ist so, dass Massentierhaltungen bis heute keiner einzigen vollen inhaltlichen Prüfung unterzogen worden sind, sondern alle im Feststellungs­verfahren abgehandelt werden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Abg. Grillitsch: Wo gibt es Massentierhaltung? Die gibt es nicht! – Ironi­sche Heiterkeit bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 119

Herr Abgeordneter Grillitsch, dass gerade Sie Interesse daran haben, dass es in Öster­reich offiziell keine Massentierhaltung, die UVP-pflichtig wäre, gibt (Abg. Hornek: Die kleinststrukturierte Form in Europa!), überrascht mich jetzt nicht besonders. Dass der Bauernbund immer die eigene Klientel besonders schützt, ist sein gutes Recht und seine Aufgabe, ist aber jedenfalls kein Schutz der Umwelt, den Sie damit betreiben.

Als Niederösterreicherin könnte ich Ihnen eine ganze Reihe von Schweinemastbetrie­ben zeigen (Abg. Hornek: Wo? Wo?), die eigentlich unter das UVP-Gesetz fallen wür­den, wenn man im Projekt nicht immer die Besatzzahlen so angeben würde, dass sie damit durchkommen. – Stinken tut es dann trotzdem, sowohl im übertragenen als auch im buchstäblichen Sinne. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne kann ich Sie nur auffordern, sich vor der Umweltverträglichkeitsprü­fung nicht zu fürchten, schon gar nicht in der Landwirtschaft, wenn Sie nichts zu ver­bergen haben. Warum gehen die Projekte immer so aus, dass Sie die UVP vermei­den? Nehmen Sie sich ein Herz, unterziehen Sie sich auch der Umweltverträglichkeits­prüfung, und machen Sie endlich Nägel mit Köpfen und ein schärferes UVP-Gesetz! (Beifall bei den Grünen.)

14.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


14.11.45

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Mit großer Verwunderung habe ich die Worte der Frau Abgeordneten Weinzinger gehört, die trotz wiederholter Nachfrage nicht beantworten konnte, wo diese großen Viehställe in Österreich stehen. (Abg. Mag. Weinzinger: Seitenstetten, ...!)

Wir haben in Österreich eine der kleinststrukturierten landwirtschaftlichen Formen, die es in Europa gibt. Nur in Griechenland und in Portugal sind die Strukturen noch kleiner.

Gnädige Frau, eines sei hier klar und deutlich festgehalten: Wenn Sie Niederösterreich ansprechen, darf ich Ihnen in diesem Zusammenhang ein Beispiel bringen. Der Bezirk Gmünd im nördlichen Waldviertel hat bei der Schweinehaltung einen Gesamtbestand von 5 000 Stück – einen Kilometer von meiner Heimatgemeinde entfernt gibt es in Tschechien einen Schweinestall, in dem allein 10 000 Stück stehen.

Gnädige Frau, ich würde Ihnen ans Herz legen: Setzen Sie sich mit der Realität aus­einander! Wenn Sie nämlich sachliche Politik machen, sind Sie wesentlich glaubwürdi­ger.

Heute wird bei diesem Tagesordnungspunkt als Letzter ein Kollege ans Rednerpult tre­ten, den ich schätze, Herr Kollege Oberhaidinger. Er wird heute zum letzten Mal hier ans Rednerpult treten. (Abg. Oberhaidinger: Nein!) Er ist einer, der sich immer an Fakten gehalten hat (Abg. Oberhaidinger: Kollege Hornek, ich muss dich enttäu­schen, ich komme noch einmal!), nicht in Bezug auf Viehställe, sondern in Bezug auf Energie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch einige Sätze zur Espoo-Konvention. Diese Konvention zielt darauf ab, dass, wenn es im grenzüberschreitenden Bereich Projekte gibt, die nachteilige Auswirkungen auf das Nachbarland haben könnten, das Nachbarland eingebunden wird und eine umfassende UVP durchzuführen ist.

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass diese Konvention bereits am 10. September 1997 in Kraft getreten ist. Die Konvention wurde durch die UVP-Richtli­nie europarechtlich umgesetzt. Ziele der Änderungen sind eine Anpassung des Begrif-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 120

fes Öffentlichkeit an die in der Aarhus-Konvention verwendete Definition und die Öff­nung des Abkommens auch für Nicht-ECE-Mitglieder.

Kollege Scheibner hat gestern im Zuge der Europa-Diskussion davon gesprochen, man möge sich von Definitionen wie Aarhus, Espoo und ähnlichen verabschieden und dafür konkrete Fälle nennen. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang solche vorstel­len, und zwar sind dabei Fälle gemeint wie das Zwischenlager für abgebrannte Brenn-Elemente am Kernkraftwerkstandort Temelín in Tschechien, die Schnellstraßenverbin­dung, die das nördliche Oberösterreich betrifft, vom tschechischen Inland zur österrei­chischen Staatsgrenze, konkret Budweis–Wullowitz, von Znaim Richtung Kleinhaugs­dorf in Niederösterreich und der Eisenbahntunnel an der Brenner-Basis zwischen Ös­terreich und Italien.

Dies sind mehrere Beispiele dafür, dass Europa zusammenwächst, auch dann, wenn es um Umweltthematiken geht, die über nationale Grenzen hinausgehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


14.14.58

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Änderung des Übereinkommens über die UVP im grenzüberschreitenden Raum ist natürlich zu­zustimmen – es ist immer gut, wenn es ein Mehr an Information gibt –, ich fände es allerdings auch sehr, sehr wichtig, dass wir gleichzeitig auch unsere eigenen Gesetze wirklich ernst nehmen und neben Umweltkriterien auch Kriterien der Menschenrechte und den Schutz von Kulturgütern beherzigen, nicht nur in Österreich, auch grenzüber­schreitend im Ausland.

In den nächsten Wochen entscheidet sich, ob mit österreichischem Steuergeld eine Exporthaftung für den Ilisu-Staudamm im Südosten der Türkei gewährt wird oder nicht, durch die Oesterreichische Kontrollbank. Es sind bereits sehr viele Unternehmen aus anderen Ländern von diesem Projekt wieder abgesprungen, weil die Probleme sehr brisant und sehr vielfältig sind. Zum einen ist es das Umweltdebakel, das dort auf der Hand liegt, weil es natürlich zu einer riesigen Überflutung von großen Regionen kom­men wird, parallel dazu auch zu Abholzungen. Die historischen Kulturgüter von Städ­ten, die 10 000 Jahre alt sind, werden förmlich in den Fluten untergehen, werden über­schwemmt. Nur ein Bruchteil dessen kann wirklich in Museen gerettet werden, denn Höhlen, die bewohnt waren, kann man einfach nicht in ein Museum transferieren.

Ganz besonders problematisch ist jedoch, dass die dort lebenden Menschen zwangs­umgesiedelt werden, ohne dass irgendwelche Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass sie nachher auch die Möglichkeit haben, einen Arbeitsplatz zu haben und damit Einkommen zu erwerben. Die Städte, in die sie umgesiedelt werden sollen, sind Bat­man und Diyarbakir, denen jede infrastrukturelle Voraussetzung fehlt, um dieses Mehr an Bevölkerung wirklich und unter menschenwürdigen Bedingungen aufnehmen zu können.

Alle Experten und Expertinnen sagen uns, dass die Umsiedlungspläne, die bestehen, erstens jeder einklagbaren Rechtsgrundlage entbehren und zweitens auch den inter­nationalen Menschenrechtsstandards und den Standards der Weltbank, die es dazu gibt, nicht entsprechen.

Als letzten wirklich großen Teil dieser Problematik möchte ich anführen, dass es auch ein grenzüberschreitendes Problem mit diesem Staudamm, mit diesem Kraftwerk ge­ben wird. Nachbarländer der Türkei, nämlich Syrien und der Irak, werden zum Teil vom


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 121

Wasser abgekoppelt, wenn der Tigris trockengelegt wird, und es würde eine sehr gro­ße Menge des Wassers des Tigris aufgestaut. Es gibt keinerlei bilaterale Übereinkom­men zwischen den betroffenen Ländern, wie mit der Ressource Wasser dort umzuge­hen ist. Ich, aber nicht nur ich, sondern auch viele Experten und Expertinnen fürchten, dass es dadurch zu weiteren Nachbarschaftskonflikten in dieser ohnehin sehr sensib­len Region kommen könnte.

Ich glaube, das Zauberwort der Politik auch in dieser Frage muss für uns „Kohärenz“ sein. Es reicht nicht, wenn wir in Österreich Gesetze beschließen, um Umweltinforma­tion zu verbessern. Ich denke, dass es ebenso wichtig ist, im Ausland dieselben Maß­stäbe zu setzen, die wir hier setzen. Es kann nicht sein, dass wir mit österreichischem Steuergeld über Exporthaftungen dazu beitragen, Umwelt- und Menschenrechte zu unterminieren.

Ich möchte an dieser Stelle an den Finanzminister – nicht an Sie, Herr Bundesminister Pröll, denn der Finanzminister ist der Zuständige – appellieren, die Prüfung dieser Exporthaftung seriös und wirklich umsichtig vorzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Das soll in den nächsten vier bis acht Wochen entschieden werden. Ich glaube, dass ein Nein möglicherweise eine sinnvollere Entscheidung ist als ein Ja mit großem Bauchweh. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rädler.

Die Abstimmung könnte sich als schwierig erweisen, da die Einläutglocke das Zeitliche gesegnet hat. (Ironische Heiterkeit.) Sollten die Damen und Herren hier nicht über­nachten wollen, dann sollte man Abgeordnete herbeischaffen.

Herr Abgeordneter Räder, Sie sind am Wort. (Abg. Rädler – auf dem Weg zum Red­nerpult –: Gut, dann gibt es keine Redezeitbeschränkung, nicht?)

 


14.19.15

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach diesem Ausflug in die türkische Umweltpolitik, angesichts dieser Problematik natürlich sehr bedrohlich, kehren wir zu­rück nach Österreich zur grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung.

Ich glaube, dass das UVP-Gesetz seit 1994 zahlreiche Verbesserungen begleitend bei Großprojekten in Österreich – egal, ob Schiene, Straße oder Infrastruktur – gebracht hat. 136 Verfahren wurden abgewickelt, davon allein 32 Prozent in Niederösterreich. Sehr erfolgreich wird durch die Novellierung seit 2004 auch die breite Öffentlichkeit mit eingebunden; es wurden auch NGOs in das Verfahren mit aufgenommen.

Ich meine, dass das UVP-Gesetz ein taugliches Instrument ist, den Umweltstandard in Österreich zu sichern und auszubauen und dass diese Bundesregierung mit dieser neuerlichen Maßnahme einen weiteren positiven Schritt in der österreichischen Um­weltpolitik gesetzt hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Frei­heitlichen – BZÖ.)

14.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Ich erteile es ihr.

 


14.20.32

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Übereinkommen, welches heute diskutiert wird, verpflichtet die Vertragsparteien, ihre Nachbarstaaten im Genehmigungsverfahren von


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 122

Vorhaben, die voraussichtlich erhebliche nachteilige grenzüberschreitende Umweltaus­wirkungen haben, einzubeziehen.

Nach längeren Verhandlungen konnte schon ein solches Abkommen mit der Slowakei unterzeichnet werden, welches bereits seit 1. Feber 2005 in Kraft ist. Dieses Abkom­men regelt den Verlauf sowie die Vorgangsweise Österreichs beziehungsweise der Slowakei im UVP-Verfahren bei Projekten mit grenzüberschreitenden Auswirkungen.

Eine ähnliche Vereinbarung ist seit Jahren mit Tschechien in Verhandlung.

Mit der Schweiz und Liechtenstein wurde als Vorstufe für ein allfälliges trilaterales Ab­kommen eine gemeinsame Richtlinie festgelegt, die in der Praxis bereits angewandt wird.

Durch die letzte Erweiterung der EU am 1. Mai 2005 sind bis auf die Schweiz und Liechtenstein sämtliche Nachbarstaaten Österreichs EU-Mitgliedstaaten, und somit ist in diesen Ländern die UVP-Richtlinie anzuwenden und umzusetzen. In der Schweiz und in Liechtenstein sind vergleichbare Regelungen in Kraft.

Da wir der Meinung sind, dass dieses Übereinkommen für den Umweltschutz von gro­ßer Wichtigkeit ist, stimmen wir dieser Regierungsvorlage natürlich zu. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner am Wort: Herr Abge­ordneter Heinzl.

Abstimmung in 4 Minuten – wenn möglich.

 


14.22.14

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Auch ich begrüße die in den vorliegenden Beschlüssen vorgesehene An­passung des Espoo-Übereinkommens über transnationale Umweltverträglichkeitsprü­fung, insbesondere die in den Beschlüssen enthaltene Feststellung, dass zu der Öf­fentlichkeit, die am Verfahren im Rahmen des Übereinkommens teilnehmen kann, auch die Zivilgesellschaft und insbesondere nicht-staatliche Organisationen gehören. Dies ist beispielsweise im Hinblick auf grenznahe Atomkraftwerke sehr notwendig.

Gerade deshalb ist es aber auch notwendig, dass die Öffentlichkeit nicht dadurch aus­gebremst wird, dass erstens die Schwellenwerte für Projekte so hoch angesetzt wer­den, dass es praktisch nie zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung kommt, oder dass zweitens kritische Projektarten nur einer Schein-UVP im vereinfachten Verfahren unter­zogen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe schon Anfang vorigen Jahres den Antrag gestellt, bei zwei Projektkategorien, die es laut geltendem UVP-Gesetz überhaupt nur als Schein-UVPs geben kann, wieder Schwellenwerte für eine richtige Umweltverträglichkeitsprüfung einzuführen.

Fall Nummer eins ist die Errichtung von Windkraftanlagen, die technisch und vom Bau­volumen her auch schon den Kinderschuhen entwachsen sind; der Fall Nummer zwei ist die Errichtung von Betrieben für Intensivtierhaltung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich fordere für diese Projekte eine Ab­senkung der Schwellenwerte und die Wiedereinführung einer echten Umweltverträg­lichkeitsprüfung mit Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung in das Genehmigungs­verfahren. Leider wurde dieser mein Antrag in der letzten Sitzung des Umweltaus-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 123

schusses vertagt. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Der Minister hat heute nichts zu sagen!)

14.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

 


14.24.14

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hornek, herzlichen Dank für die anerkennen­den Worte im Voraus, aber ich habe noch einmal die Gelegenheit, hier im Haus zu sprechen, und da werde ich dann auch Abschiedsworte mit einflechten können.

Es wurden so viele lobende, aber auch kritische Worte gesprochen. Erlauben Sie mir einige kritische Worte.

Ich bin wirklich sehr, sehr betrübt, denn: Im Umweltausschuss hatten wir insgesamt neun Tagesordnungspunkte, aber ein einziger dieser Tagesordnungspunkte fand den Weg hierher ins Hohe Haus, ins Plenum. Die Berichte, meine Damen und Herren, wur­den enderledigt – wie es so üblich ist –, und die Anträge wurden zum x-ten Mal vertagt.

Lieber Kollege Kopf, es wundert mich daher nicht, dass du etwas zu spät zum Redner­pult gekommen bist. Du hast wahrscheinlich rein reflexartig geglaubt, dass dieser Tagesordnungspunkt auch noch vertagt wurde und daher das Thema Umwelt eigent­lich gar nicht auf der Tagesordnung steht. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich schätze Kollegen Kopf an und für sich sehr: Es kommt aber nicht von ungefähr, dass er meiner Ansicht nach der „Vertagungssprecher“ der ÖVP-Fraktion ist. (Abg. Kopf: Beim letzten Mal nicht!)

Meine Damen und Herren, meine Redezeit geht leider schon dem Ende zu. Daher nur noch ein Wort zur Politik des Umweltministers, der sich so gerne als „Lebensminister“ bezeichnen lässt. Ich stelle für mich fest, wie dies auch die österreichische Bevölke­rung, wie ich meine, tut, dass von verbesserter Lebensqualität im Zusammenhang mit Umwelt keine Rede sein kann.

Die Belastungen sind gestiegen – ich denke da etwa an die CO2-Belastung –, wir ent­fernen uns vom Kyoto-Ziel und nähern ihm uns nicht; ich denke an steigende Fein­staubbelastung. Herr Bundesminister Pröll, ich glaube, die breite Öffentlichkeit hat keine Geduld mehr, sie hat kein Vertrauen mehr, und sie wird bei den Wahlen einfach eine andere Regierung wählen, damit sie jene Umweltpolitik erhält, die sie sich wünscht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Der nächste Prophet!)

14.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Bitte, Platz zu nehmen! (Abg. Krainer: Der Landwirt­schaftsminister findet es überhaupt nicht mehr wert, zu sprechen!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages Beschlüsse II/14 und III/7 zur Ände­rung des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüber­schreitenden Rahmen in 1398 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

14.27.1316. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht (III-200 d.B.) des Rech­nungshofes, Reihe Bund 2006/2 (1580 d.B.)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 124

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


14.27.36

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsi­dent! Heute geht mir ja hier nicht nur der Vizekanzler und Verkehrsminister ab, sondern ausnahmsweise sogar der Staatssekretär für Verkehr. Vielleicht kommt er noch, denn er ist ja auch einer der größten Kritiker des Herrn ÖBB-General Huber (Abg. Neudeck: Welchen Staatssekretär meinen Sie?) – wie ich hier lese –:

„... heftige Kritik und Aufregung – bei Opposition und Regierung.

Goldmann-out ...

Beraterkosten ...

Alte Züge“ und so weiter.

Meine Damen und Herren, ich glaube, das Maß ist voll, was den ÖBB-General betrifft. Sogar Kollege „Neudeck (F) bezeichnete die Art und Weise“ – ich zitiere da aus der „Parlamentskorrespondenz“ –, „wie Huber auf die Kritik des Rechnungshofes einge­gangen ist, ... als ,kaltschnäuzig und schnoddrig‘“.

Ich erinnere auch an den damaligen glatten Bruch des Vergabe- und Aktienrechtes bei der Bestellung von Herrn Zimmermann oder an die Wahlwerbung gemeinsam mit Frau Klasnic in der Steiermark oder an die Fehldispositionen Hubers im Zusammenhang mit der Slowakei. (Abg. Neudeck: Warum sagen Sie nicht, dass ...? – Abg. Steibl: Und was ist mit dem ÖGB in der Steiermark?) Stark ist Herr Huber beim Klagen von Abge­ordneten; allerdings hat er auch diese Klage verloren.

Ich erinnere an die Vorstände, an die 90-Millionen-Beraterverträge: Aus 7 Vorständen und 11 Prokuristen wurden 17 Vorstände und 21 Prokuristen gemacht.

„Nicht die feine englische Art“ – schreibt ein Leitartikler im „WirtschaftsBlatt“, was Frau Goldmann betrifft.

Und Malik, der Aufsichtsratschef der ÖBB – diesen erbärmlichen Fernsehauftritt haben wir alle in Erinnerung, wie er seine Beraterverträge als Aufsichtsratschef verteidigt hat. Also Corporate Governance Codex, meine Damen und Herren, das müsste man hier wirklich einmal diskutieren. Leider findet sich auf der Regierungsbank noch immer nie­mand, mit dem man das besprechen könnte. Von den aktuellen Ereignissen ganz zu schweigen!

Aber die „Krone“ des Ganzen ist ja Folgendes: Da finanzieren die ÖBB „Kinder treffen Manager“. Das machen die ÖBB, das bezahlen die Bundesbahnen. Da gibt es so ein Projekt – Haupt-Sponsor ÖBB – „Kinder treffen Manager“, und da heißt es:

„Manager erklären das Geheimnis ihres Erfolgs

Unternehmer und Manager erfolgreicher Firmen wie beispielsweise Mag. Huber (ÖBB) ... stellen sich eine Woche lang den Fragen der Kinder.“

Also mir wäre es wirklich lieber, wenn sich Herr Huber einmal den Fragen der Abge­ordneten hier im Parlament stellen würde, aber nicht den Fragen der Kinder! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein anderes Thema – jetzt ist auch der Herr Staatssekretär schon eingetroffen –: Am 20. Juni hat bei einer internationalen Tagung der Rechnungshofpräsidenten Herr Natio-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 125

nalratspräsident Andreas Khol gemeint, der Rechnungshof und die Volksanwaltschaft seien die „Wachhunde des Parlaments“. Ich habe mir das sofort aufschreiben müssen, denn in Wirklichkeit haben die Regierungsfraktionen diesen Wachhund zu einem Schoßhündchen der Regierung gemacht!

Was passiert denn mit Kritik des Rechnungshofes? – Die wird ganz einfach in Lob um­gewandelt! Gestern, ein typisches Beispiel: Massive Kritik an der ganzen Visa-Affäre, aber das Außenministerium sagt: Alles in Ordnung, wir werden gelobt! Oder was Aus­kunftspersonen betrifft, so werden die durchwegs abgelehnt. Selbst die führenden Ver­fassungsrechtler wie Funk, Mayer und Öhlinger hat man einfach abgelehnt. Oder Ter­mine – trotz Präsidialkonsens einfach abgelehnt!

Was wird kontrolliert? – Das, was der Regierung im Wahlkampf nützt. (Abg. Wittauer: Das ist ja ungeheuerlich! Das ist ungeheuerlich, was Sie hier behaupten!) Was wird nicht kontrolliert? – Das, was der Regierung schadet. Was ist mit Berichten vom Rech­nungshof mit Konsequenzen, was ist mit der e-card, was mit den Panzern, die Herr Fasslabend in der Wiese hat verrosten lassen? Was ist mit dem Visa-Skandal? Was ist mit den Auskunftspersonen Grasser und Flöttl junior in der BAWAG-Affäre? (Abg. Neu­deck: Kann man den Redner zur Sache rufen?)

Meine Damen und Herren! Das, was hier betrieben wird, ist nicht anderes als Demo­kratieverwüstung, und es ist in Wirklichkeit blanker Zynismus, wenn der Nationalrats­präsident sagt, der Rechnungshof ist ein „Wachhund des Parlaments“. – Das stimmt einfach nicht! Sie sind dafür verantwortlich, dass er zu einem Schoßhündchen degra­diert wurde, und dafür sollten sich die Regierungsparteien schämen, denn das ist eine bleibende Unkultur, die Sie in dieser Legislaturperiode hier hereingebracht haben! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war eine weitläufige Rede!)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


14.31.53

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Die Rundumschläge des Kollegen Kräuter sind aus dem Ausschuss bekannt, aber das, was Kollege Kräuter hier von sich gegeben hat, entbehrt jeder Grundlage. Klar festgestellt sei, dass die Rund­läufe sehr oft im SPÖ-Klub hängen bleiben und wir zig Vorschläge für Termine im Rechnungshofausschuss gemacht haben. Die vorletzte Sitzung des Rechnungshofaus­schusses konnte wegen der Sondersitzung nicht stattfinden. Aber Kollege Kräuter stellt hier wieder Behauptungen auf, die einfach jeder Grundlage entbehren. Kollege Kräu­ter, ich glaube, Sie sollten einmal ein bisschen darüber nachdenken, was Sie hier alles von sich geben!

Es geht heute um die externen Beraterleistungen bei den ÖBB. Ich glaube, es ist kei­nem Staatsbürger geholfen, wenn mit solchen Unterstellungen gearbeitet wird, sondern es ist unserem Staate dann geholfen, wenn es uns gelingt, das Unternehmen ÖBB fit zu machen für die Zukunft. Die ÖBB haben derzeit einen staatlichen Zuschussbedarf von immerhin über 4 Milliarden €. Wir haben derzeit eine riesige Herausforderung, nämlich dafür zu sorgen, dass das Unternehmen ÖBB zukünftig im Personen-, aber auch im Güterverkehr große Aufgaben und Herausforderungen bewältigen kann.

Eines ist auch ganz klar: In der Vergangenheit hat es vielleicht da und dort Fehler im Management gegeben, aber es ist auch wichtig, dass man derzeit auf einem ordent­lichen Weg ist, einige Missstände der Vergangenheit aufzuarbeiten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 126

Ich denke, es ist insgesamt wichtig und richtig, dass der Rechnungshof einige Dinge aufgezeigt hat, aber das betrifft eben das Jahr vor 2005, und da hat es eben Zunah­men bei den Beraterleistungen beziehungsweise beim Einsatz der Geldmittel gege­ben. – In der Zwischenzeit wurden die Beratungsleistungen klar reduziert. Es gab von 2003 bis 2005 bei den Beratungsleistungen einen Rückgang von 60 Prozent. Bera­tungsleistungen werden dort in Anspruch genommen, wo es Kompetenzaufstockungen braucht. Die Ergebnisse daraus kann man sehen: Die ÖBB sind schneller, besser kun­denorientiert unterwegs, es gibt ein Plus beim Personenverkehr, es gibt insgesamt bei den Erträgen ein Plus von 8,4 Prozent. Die Rollende Landstraße wird verstärkt, besser angenommen. Die Beiträge des Bundes wurden um 174 Millionen € reduziert.

Ich meine, die Fehler der Vergangenheit soll man aufarbeiten, die soll man offen disku­tieren und nicht verschweigen, aber es hilft überhaupt nichts, Kollege Kräuter, wenn man mit Diffamierungen alles schlecht macht und damit die Mitarbeiter und die Mit­arbeiterinnen der ÖBB in ein schräges Licht stellt. Davon distanzieren wir uns klar, Herr Kollege Kräuter.

Wir stehen zu den ÖBB, wir stehen zur Reform – und wir stehen auch zu diesem Rech­nungshofbericht und machen das Beste daraus. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Hoffentlich steigerst du dich! – Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

 


14.34.40

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Wittauer, der Sie auf dem ÖVP-Klubobmannsessel sitzen: Die Kühlung des Plenarsaales ist an sich dazu gedacht, dass man nicht in der ersten Reihe irgendwelche sozusagen Hitzeferien ähnliche Ver­anstaltungen abhält. (Abg. Wittauer: Da seid ihr aber die Besten ...!)

Nur zur Einordnung der Berichte. (Abg. Dr. Fekter: Aber Ihre Kollegen sind schon in Hitzeferien! – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) – Herr Präsi­dent!

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Erheben Sie Ihre Stimme, Herr Abgeord­neter! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Hornek – in Richtung des Abg. Mag. Kogler –: Wenn Sie nichts zu sagen haben, dann setzen Sie sich! – Abg. Neudeck: Ich glaube, er ist so kaputt wie die Glocke!)

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Herr Präsident des Rechnungsho­fes, vielen Dank, trotz allem. Das ist sicher der letzte Tag zumindest vor der Sommer­pause, an dem wir hier RH-Berichte behandeln. Es ist deshalb Dank auszusprechen, weil eine gute Tradition – das gab es schon unter ihrem Vorgänger – weiter fortgesetzt wurde, da oder dort sogar Verbesserungen hinzugekommen sind, was das Berichtswe­sen betrifft.

Zu den hier in Verhandlung stehenden externen Beratungsleistungen bei den ÖBB möchte ich gar nicht viel sagen, außer, dass es wieder sehr eigenartig ist, dass der ÖBB-Vorstandschef in der Öffentlichkeit dem Rechnungshof ausrichtet, wo er Recht hat und wo nicht, die ÖVP-Fraktion im Hause aber dagegen ist, dass Vorstandsdirektor Huber überhaupt in den Ausschuss geladen wird. Aber so etwas ist man von Ihnen ja schon gewohnt.

Im Übrigen dürfte der Finanzminister Pate gestanden haben bei dieser Idee, denn der ist auch immer vom Rechnungshof kritisiert worden und hat dann mit Steuergeld ein


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 127

Gutachten in Auftrag gegeben, um den Rechnungshof zu widerlegen. Das ist offen­sichtlich das, was jetzt hier Einzug hält, aber nicht nur auf der Regierungsbank, son­dern auch bei allen nachgelagerten Organisationen.

Es ist auch noch bemerkenswert, dass der Beratungsaufwand natürlich im Zusammen­hang mit dieser angeblichen ÖBB-Reform in einer Art und Weise explodiert ist, die Sie den Tabellen entnehmen können. Wir hoffen, dass sich die Erfolge der ÖBB-Reform nicht nur an den vermehrten Beratungsaufwendungen messen lassen, denn wenn da wirklich irgendetwas besser funktionieren sollte – wenn das überhaupt stimmt –, dann trotz dieser Reform, trotz der ständigen Einmischung von blauen und orangen Politi­kern in das Unternehmen und trotz dieser Verschwendungssucht, die man sich dort offensichtlich von der Regierungsbank abgeschaut hat. (Abg. Wittauer: Das war jetzt aber witzig! Gefällt uns gut!)

Es ist eigentlich gar nicht mehr so interessant, hier im Plenum des Nationalrates dar­über zu debattieren, welche Berichte zur Behandlung in das Plenum kommen und wel­che Gegenstände hier noch verhandelt werden können, denn viel interessanter ist es eigentlich, darüber zu reden, welche Berichte nicht hereinkommen und welche Ursa­chen das hat, nämlich unabhängig vom üblichen Fraktionsstreit, den es da gibt.

Es ist nämlich so, dass am Schluss der Übung, die Sie mit Ihrer Mehrheit durchaus zu verantworten haben, wie ich meine, einfach im Ergebnis herauskommt, dass die kri­tischsten Berichte am besten nicht einmal mehr im Ausschuss verhandelt werden.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir vor allem das Berichtswesen im Ausschuss besser behandeln können als hier. Hier kann man nur noch einen Überblick geben, darin werden wir uns alle einig sein. Deshalb sind auch die Ausschussverhandlungen so wichtig.

Aber selbst die Verhaltensweisen, die im Ausschuss an den Tag gelegt werden, führen nachweislich dazu, dass in den letzten Monaten – eigentlich hat das schon vor Jahren angefangen – die kritischsten Berichte gar nicht mehr auf die Tagesordnung kommen. Das korrespondiert damit, dass die wirklich brauchbaren Zeugen als Auskunftsperso­nen nicht zur Verfügung stehen, weil Sie das mit Ihrer Mehrheit einfach nicht zulassen wollen, nur: Stehen Sie dann auch dazu!

Interessant ist allenfalls die umgekehrte Vorgangsweise im Unterausschuss. Wenn Sie mit Ihrer Mehrheit und Ihrer Vorsitzführung dort etwas haben, wovon Sie meinen, dass Sie da – im Übrigen zu Recht – Aufklärung üben müssen, wie in Sachen BAWAG, dann geht auf einmal alles.

Da geht es plötzlich: Auskunftspersonen, Termine um Termine. Aber wenn es darum geht – damit wir wissen, wovon wir reden –, die Jagdpanzerbeschaffung zu untersu­chen, die in den neunziger Jahren schon dazu geführt hat, dass Staatsanwaltschafts­anzeigen gemacht wurden, wo sich herausgestellt hat, dass die Grünen Recht gehabt haben (Abg. Neudeck: Brauchen wir nur einen Termin für einen Ausschuss!), dass hier um zig Millionen mehr oder weniger Schrott angehäuft wurde, der dann irgendwo im niederösterreichischen Flachland in der Gegend vor sich hinrostet, darf nichts ge­macht werden! Die e-card – dritter Teilbericht – darf nicht sein; der fällt verheerend für die ganze Vorgangsweise aus, und so weiter. (Abg. Neudeck: Sie machen keinen Ausschuss und sagen uns ...!)

Kollege Neudeck oder auch mein Vorredner, Kollege Gahr, Sie können da hundertmal behaupten; die Sozialdemokraten oder gar wir würden irgendwelche Ausschusstermine verhindern: Das ist doch lächerlich! Lesen Sie in den Präsidialprotokollen nach: Seit Monaten werden diese Termine gefordert! Sie hätten ... (Abg. Neudeck: Und ihr macht eine Sondersitzung an dem Tag!) Hören Sie doch auf mit der Sondersitzung, das ist


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 128

doch völliger Humbug! Es hätten diese Ausschüsse schon viel früher stattfinden müs­sen! Seit März wird protokolliert, dass diese Ausschüsse bis zum Ende der Legislatur­periode, also jetzt, stattfinden sollten. (Abg. Gahr: Das glaubt Ihnen ja niemand!) Das kann ja nicht sein, dass eine einzige Sondersitzung der Grund dafür ist. Abgesehen davon werden Sie das nicht so ausspielen können. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben Kompromissangebote bis zum Schluss gemacht. Erklären Sie doch, warum es gestern um 8 Uhr nicht möglich war – für den Kulturausschuss war nämlich schon Zeit! –, warum es gestern um 8 Uhr nicht möglich war, ohne Minister – ohne Minister, auch das ist noch zugestanden worden –, diese Dinge zu verhandeln? (Abg. Neudeck: Weil Kulturausschuss war!) Sie hätten auch heute auf der Tagesordnung sein können.

Aber wir werden uns um diese Dinge ohnehin noch öfter kümmern müssen, und ich will Sie da auch nicht weiter strapazieren; es muss das nur der Vollständigkeit halber ge­sagt werden. Aber das Bild, das Sie hier abgeben, ist schlicht und ergreifend kein gutes! – Genauso ist es mit dem Unterausschuss, der dazu unterbrochen wird, dass die ganze ÖVP-Fraktion beim Klubobmann Molterer unten eine Stunde lang antreten muss, damit die Befehlsausgabe erfolgt und die Befehle im Ausschuss weitergegeben werden. Parteienverhandlungen gibt es dort überhaupt nicht mehr.

Das ist ein glatter Missbrauch der Geschäftsordnung! Sie verwenden das Parlament als Vorstube und als „Sakristei“ der ÖVP-Parteizentrale, und auch wenn Sie hier noch so sehr Ihren Predigtdienst ableisten, es wird einfach nichts helfen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gahr: „Sakristei“ ist da nicht am Platz! – Abg. Wittauer: Die Geschäftsordnung legst du auch so aus, wie du sie gerne haben möchtest!)

Man sollte sich grundsätzlich als Abgeordneter zumindest hin und wieder daran erin­nern, dass man den Auftrag hat, die Regierung auch zu kontrollieren. (Abg. Neudeck: Auf diesem Niveau ist schwer zu diskutieren!) Sie wissen ganz genau – und der über­nächste Tagesordnungspunkt ist der Beweis dafür –, dass wir in vielen Materien, na­mentlich in den meisten Punkten – und dort gibt es ja die längsten Tagesordnungen – des Finanzausschusses, immer auf Konsens verhandeln. Immer auf Konsens, jahre­lang bei manchen Materien! Ich lasse mir von Ihnen nicht in dieser simplen und primi­tiven Art und Weise vorwerfen – ich schaue nicht Sie an, Herr Kollege Stummvoll, aber die anderen (Abg. Dr. Stummvoll: Habe ich immer anerkannt!) –, dass wir immer und überall nur dagegen sind.

Sie verwenden das Parlament zur Ausübung Ihrer Macht in dieser Art und Weise, und das grenzt an Machtmissbrauch. Eigentlich müssten Sie drei Mal „Machtmissbrauch – hipp, hipp, hurra!“ schreien in Ihren Reihen.

Aber Sie werden’s weiter so halten. Schauen Sie, wie weit Sie damit kommen. Sie wer­den aber sehen, dass das auch einmal Konsequenzen auf der anderen Seite hat! (Bei­fall bei den Grünen.)

14.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Witt­auer. – Bitte.

 


14.42.48

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Herr Rechnungshofpräsident! Es ist schon bezeichnend, wenn Abgeordneter Kräu­ter so argumentiert, wie er es eben tut. Wir kennen Sie ja gar nicht mehr anders! Allein die Wortwahl: Jeder weiß, wie Sie beispielsweise über den Vizekanzler reden, wie Sie über die Regierung reden. Ich erinnere auch daran, dass Sie die Vertraulichkeit gebro-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 129

chen haben. Wissen Sie, was Sie haben? – Sie haben einen Huber-Komplex. Inzwi­schen haben Sie einen Huber-Komplex und verirren sich in Dinge – das sind dann die Anfragen, die Sie stellen –, die in diesem Hohen Haus nichts verloren haben. Das müs­sen Sie vielleicht daheim in Ihren Kreisen bereden, aber uns damit zu belästigen und mit Menschen in der Art und Weise umzugehen, wie Sie es tun; Herr Abgeordneter Kräuter, dafür würde ich mich persönlich schämen! Und wenn Sie es schon nicht tun – ich schäme mich dafür, dass sich die Menschen das anhören müssen, was hier im Hohen Haus in diesem Zusammenhang passiert. (Abg. Dr. Kräuter: Eine Frechheit!)

Wenn ich mir anschaue, wie Martin Huber seine Aufgabe als Manager bei der ÖBB wahrnimmt, und wenn ich mir die Zahlen anschaue, muss ich sagen: Im Gegensatz zu den Zeiten, wo Sie Ihre Gewerkschaftsleute und alle möglichen Personen hineinge­setzt haben in die ÖBB, die Sie missbräuchlich verwendet haben für Ihre Posten­schachereien, haben wir jetzt eine Steigerung der Produktivität um 15,2 Prozent. Das Ergebnis ist also ein besseres.

Und wenn ich alleine den Personenverkehr hernehme: Es sind 4,3 Millionen Menschen mehr, die die ÖBB transportiert. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Der Zuwachs – es ist interessant, das will keiner von Ihnen hören –, der Zuwachs be­trägt 8,4 Prozent oder 5,034 Millionen €.

Oder wenn ich die Reduktion der Beiträge des Bundes betrachte: Ihr habt seinerzeit nur hineingezahlt, da war es wurscht. Da habt ihr nichts gesagt darüber, was es den Steuerzahler kostet, weil eure Leute damit bedient worden sind. Jetzt müssen die Steu­erzahler um 174 Millionen € weniger zahlen! Kommen Sie da heraus und sagen Sie: Das ist eine gute Leistung! – Nein, das können Sie nicht. Weil Martin Huber Sie einmal verklagt hat, haben Sie heute einen Komplex und müssen bei jeder Gelegenheit da heraußen das Hohe Haus mit Ihren Beschimpfungen belästigen.

Ich sage Ihnen: Wenn es mehr Abgeordnete wie Sie geben würde (in Richtung des Abg. Dr. Kräuter) und manche bei den Grünen, dann könnte ich es hier im Hohen Haus nicht aushalten. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP. – Abg. Eder: Bist eh nicht mehr lang da!)

14.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es spricht nun der Herr Präsident des Rech­nungshofes. – Bitte.

 


14.45.23

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte, nachdem morgen der Nationalrat aufgelöst wird (Abg. Dr. Fekter: Nein, nicht aufgelöst, er arbeitet weiter!) und damit die XXII. Legislaturperiode zu Ende geht und das auch in diesem Zusammenhang vom Abgeordneten Kräuter angespro­chen wurde, darauf hinweisen, dass in dieser Legislaturperiode vom Rechnungshof 33 Berichte mit 191 Prüfungsergebnissen vorgelegt worden sind. Alleine in den letzten zwölf Monaten waren es 13 Berichte mit 53 Prüfungsergebnissen. (Abg. Gahr: Fleißig!)

Ich möchte weiters darauf hinweisen, dass eine Vielzahl der Anregungen und Empfeh­lungen des Rechnungshofes auch tatsächlich umgesetzt worden ist, und ich möchte mich auch herzlich dafür bedanken, dass die Berichte im Ausschuss eingehend bera­ten worden sind beziehungsweise, wie es auch heute der Fall ist, im Nationalrat einer Debatte zugeführt wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Es ist daher aus der Sichtweise des Rechnungshofes erfreulich, dass auf die Empfeh­lungen des Rechnungshofes gehört wird, weil dadurch nicht nur die Effizienz und Wirk­samkeit des Verwaltungshandelns erhöht wird, sondern darüber hinaus mehr Augen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 130

merk auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gelegt wird. Ich glaube, dass gerade die Berichte, die heute auf der Tagesordnung stehen, ein Beispiel dafür sind, dass sehr viel umgesetzt worden ist, aber es gibt genügend Belange, wo die Empfehlungen des Rechnungshofes nicht mit der nötigen Konsequenz und nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt wurden. Darauf möchte ich in weiterer Folge noch ein­gehen.

Ein wichtiger Aspekt – er ist heute noch nicht angesprochen worden, hat aber budge­täre Bedeutung, und deshalb spreche ich ihn extra noch einmal an – ist das Prüfungs­ergebnis betreffend Semmering-Basistunnel, Sanierung der Bestandstrecke. Sie wis­sen, dass durch das Verschleppen der notwendigen Verfahren beziehungsweise durch das möglichst lange Unterlaufen von höchstgerichtlichen Entscheidungen durch die belangten Behörden – das haben Gutachter in Rechtsgutachten festgehalten – die Re­alisierung des Semmering-Basistunnels über zwei Jahrzehnte hinausgezögert wurde. Die Folge ist, dass mittlerweile ein Aufwand von 94 Millionen € entstanden ist, der als nahezu verlorener Aufwand zu bezeichnen ist.

Ich möchte darauf hinweisen, dass am 30. März 2005 ein Ministerratsbeschluss ge­fasst wurde, mit dem die weitere Vorgangsweise betreffend Semmering-Basistunnel festgelegt wurde. Ich kann aus der Sichtweise des Rechnungshofes nur hoffen, dass sich jetzt alle dazu bekennen und dementsprechend das Projekt auch tatsächlich reali­siert wird.

Allein für die Sanierung der Bestandstrecke müssen 205 Millionen € bis zur Nutzung des Semmering-Basistunnels ab dem Jahre 2020 aufgewendet werden. Wenn also das Projekt länger verzögert wird, ist ein weiterer Aufwand von 83 Millionen € erforderlich, und dieser Aufwand wird verloren sein, wenn der Semmering-Basistunnel realisiert ist.

Ich glaube, dass man die Verantwortung hat, wenn man sich zu einem Projekt bekennt, dass man dieses Projekt auch in der Zeitabfolge rechtzeitig fertigstellt, um einen verlo­renen Aufwand gar nicht entstehen zu lassen.

Ein Punkt, der auch angesprochen wurde: Was bringt der Rechnungshof?

Ich möchte darauf hinweisen, dass im Rahmen dieser Prüfung aufgezeigt wurde, dass bei der Sanierung der Bestandstrecke, die, wie bereits erwähnt, 205 Millionen € aus­macht, ein Einsparungspotential von 44 Millionen € gegeben ist. Davon wurde von der ÖBB bereits ein Potential von 25 Millionen € als realisierbar einbekannt, und es wird auch dementsprechend vollzogen werden.

Das heißt also, der Rechnungshof hat sich allein mit einer Prüfung sein Jahresbudget selbst erarbeitet. Ich glaube, das ist ein Punkt, auf den man hinweisen muss, um deut­lich zu machen, welche Bedeutung der Rechnungshof für diese Republik hat. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ein weiterer Aspekt, der sehr wichtig ist und den ich extra anspreche, weil er auch zeigt, dass in diesem Bereich die Empfehlungen des Rechnungshofes nicht mit der nötigen Konsequenz umgesetzt worden sind, sind die externen Beratungsleistungen bei den ÖBB. In diesem Bereich wurde nicht mit der nötigen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes vorgegangen, und es wurden in wesentlichen Belangen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht beachtet.

Wenn man sich den Zeitraum von 1999 bis 2004 anschaut, sieht man, dass in diesen Jahren ein Aufwand für externe Beratungsleistungen in der Höhe von 90,73 Millionen € entstanden ist. Das heißt, dass der durchschnittliche Aufwand für externe Beratungs­leistungen 18,73 Millionen € im Zeitraum 2002 bis 2004 betragen hat.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 131

Das heißt weiters, dass beispielsweise im Jahr 2004 allein für Rechtsberatung 6,34 Millionen € und für Kommunikationsleistungen 1,2 Millionen € im Zeitraum 2002 bis 2004 aufgewendet wurden.

Es wurden vom Rechnungshof gravierende Mängel festgestellt, und es geht darum, diese gravierenden Mängel nicht mehr entstehen zu lassen, weil es dem Steuerzahler und auch Ihnen hier nicht zumutbar ist, dass dermaßen vorgegangen wird.

Ich möchte jetzt nur ein paar dieser Fehler aufzeigen. So beispielsweise formulierten die Auftragsnehmer ihre Folgeaufträge erst nach Leistungsbeginn und teilweise selbst. Die Berater veranschlagten bereits nach Einsetzen der Leistungserbringung den Bera­tungsbedarf beziehungsweise die erforderliche Beratungsteamgröße.

Weiters: Die Grundsätze des fairen und lauteren Wettbewerbs wurden nicht beachtet. Die Rahmenverträge wurden im Durchschnitt drei Mal – ohne Anpassung der Ziel­werte – nach oben korrigiert. Die Überschreitungen der Kosten wurden nicht begründet beziehungsweise auch nicht dokumentiert. Die Erfassung der Verlängerung der Lauf­zeiten erfolgte nachträglich beziehungsweise rückwirkend. Die schriftlichen Bestellun­gen erfolgten nach Leistungserbringung beziehungsweise nach Einlangen der ent­sprechenden Rechnungen.

Auf tageweise oder personenbezogene Leistungsnachweise wurde verzichtet, obwohl das Grundlage für die Abrechnung war.

Die Festlegung des Vertragsbeginnes erfolgte fiktiv, um den Kriterien eines Folgeauf­trages zu entsprechen.

Das könnte man beliebig fortsetzen – aber allein das zeigt schon, dass da nicht mit der nötigen Sorgfalt vorgegangen wurde. Anzuführen ist auch noch, dass ein Bera­tungsunternehmen mit hohem Aufwand beauftragt worden ist, die Reisen und das Auf­treten des Vorstandes zu organisieren, und gleichzeitig das Auftreten des Vorstandes vor den eigenen Mitarbeitern zu organisieren beziehungsweise durchzuführen.

Wenn man das Ganze betrachtet und weiß, dass es in den ÖBB einen ständigen Orga­nisationsprozess gibt, wenn man weiters weiß, dass Liberalisierungsschritte zu setzen sind und dass gleichzeitig auch der Kauf der Postbus AG durchgeführt wurde, sieht man auch, dass auf der einen Seite sehr wohl ein externer Beratungsaufwand ge­geben ist – das ist unbestritten, das möchte ich betonen –, aber: Die Art und Weise des Vorgehens, die Gründe für die Heranziehung externer Berater sowie der Inhalt der Be­ratungsverträge zeigen, dass die Höhe dieses Aufwandes beziehungsweise wie da vorgegangen wurde, in keinster Weise gerechtfertigt waren – und dass auch nicht der Aufwand als solcher gerechtfertigt war.

Es wurde hier angesprochen, es sei alles besser geworden: Leider ist es so, dass die dem Rechnungshof vorliegenden Informationen für das Jahr 2005 zeigen, dass der Beratungsaufwand für die gesamte ÖBB 21,34 Millionen € betragen hat, das heißt, nur um 0,5 Millionen € geringer war als der höchste Wert im Jahre 2003. Und wenn man die neu gegründeten Firmen vom Aufwand des Jahres 2005 abzieht, sieht man, dass der Beratungsaufwand mit 17,15 Millionen € noch immer hoch ist. Das ist der dritt­höchste Wert seit dem Jahre 1994!

Das heißt, man kann sicherlich einige Punkte dieser Beratungsleistung auf Einmal­effekte zurückführen, so beispielsweise IT-Leistungen oder beispielsweise auch Prü­fungskosten, trotzdem ist es so – und das zeigen auch die Informationen, die der Rechnungshof hat –, dass da bei den ÖBB nicht mit der nötigen Sparsamkeit, Wirt­schaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vorgegangen wurde.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 132

Aus der Sicht des Rechnungshofes wäre es notwendig, dass auch in diesem Bereich good governance eingehalten und alles unternommen wird, um in Zukunft die Bera­tungskosten effizient zu halten, sprich: zu reduzieren.

Da es jetzt um die Vergabe von Beratungsleistungen geht, möchte ich auch sagen, dass ich mich dem anschließe, was Professor Malik in seinem Fachbuch „Die Neue Corporate Governance“ ausführt: Ein Aufsichtsratsmitglied soll nicht in seiner Interes­senlage vom Unternehmen berührt sein, denn es sollte, so Professor Malik, das Min­deste sein, dass für die Zeit des Aufsichtsratsmandats keine kommerziellen Beziehun­gen nennenswerten Umfanges mit dem Unternehmen gegeben sind.

Weiters sagt Professor Malik, dass – neben einer Reihe anderer Aspekte – die Auf­sichtsräte gleich oder ähnlich unabhängig wie Richter sein müssen, weil sie ansonsten ihre Funktion nicht wirksam wahrnehmen können. (Abg. Neudeck: Hat er das selber auch gelesen?)

Ich glaube, meine Damen und Herren, diesen Ausführungen von Professor Malik ist nichts hinzufügen, und wir alle können nur hoffen, dass das, was Herr Professor Malik ausgeführt hat, in Zukunft beachtet wird.  – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Neudeck: Wir könnten ihm sein Buch schenken! Vielleicht liest er es dann!)

14.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. Ich erteile es ihr.

 


14.54.11

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte anschließen an die Worte des Herrn Rechnungshofpräsidenten zum Thema externe Beraterverträge. Herr Präsident Dr. Moser hat ja erwähnt, dass in den Jahren 1999 bis 2004 90 Millio­nen € hiefür ausgegeben wurden; von 2002 bis 2004 hat es sogar eine jährliche Stei­gerung um 7,2 Millionen € gegeben.

Der Rechnungshof hat dazu auch eine sehr interessante Rechnung angestellt, nämlich was mit diesem Geld hätte gemacht werden können, und er hat errechnet, dass mit diesen 7,2 Millionen € 103 Arbeitsplätze hätten finanziert werden können.

Dazu darf ich noch folgende Rechnung anstellen: Ein Lokführer bei den ÖBB hat ein Anfangsgehalt von 1 600 € brutto, im Jahr also rund 22 000 € brutto. – Mit diesen 7,2 Millionen € hätten insgesamt mehr als 200 zusätzliche Lokführer eingesetzt werden können. Das sage ich jetzt gerade vor dem Hintergrund, dass in der Ostregion zurzeit 100 Lokführer fehlen.

Ein sehr gutes Beispiel für das Agieren hochdotierter Manager in den Vorständen und Aufsichtsräten der ÖBB, das den Unterschied zwischen Theorie und Praxis aufzeigt, ist ja auch der Aufsichtsratsvorsitzende Fredmund Malik. Malik ist sozusagen in seinem Brotberuf Unternehmensberater, hat das Malik Managementzentrum in St. Gallen – und auch sehr gute Geschäftsbeziehungen zur Regierung.

Aus einer aktuellen Anfragebeantwortung, die ich diese Woche erhalten habe, geht hervor, dass Herr Malik im Jahre 2005 seitens des Wirtschaftsministerium Beratungs­aufträge in der Höhe von 66 000 € erhalten hat; seitens des Verkehrsministeriums er­hielt er im Vorjahr Aufträge in Höhe von 60 000 €.

Wenn man dann noch die Kosten für den Rahmenvertrag, über den wir ja in den Zei­tungen nachlesen konnten, dazurechnet, kann man nur mehr sagen: Da gibt es wahr­lich einen großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis! – Die Theorie hat ja der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 133

Herr Rechnungshofpräsident aus diesem Buch Maliks zitiert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ledol­ter. – Bitte.

 


14.57.01

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu Beginn meiner kurzen Ausführungen möchte ich dem Herrn Präsiden­ten des Rechnungshofes Respekt zollen für die Leistungen, die seitens des RH in der vergangenen Periode erbracht wurden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Danken möchte ich auch für die Berichte des Rechnungs­hofes, die in großer Qualität und Objektivität von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes erstellt werden und die ja die Grundlage für eine seriöse und ernsthafte Behandlung hier im Parlament darstellen.

Meine Damen und Herren, zum Thema externe Beraterleistungen bei den ÖBB möchte ich nur Folgendes anmerken: Endlich ist in diesem Unternehmen so etwas wie Auf­bruchstimmung bemerkbar! Endlich bewegt sich etwas bei den ÖBB, und zwar in die Richtung, dass das Pensionsantrittsalter sinkt, dass die Krankenstände zurückgehen, dass es mehr Bahnfahrer gibt, ein größeres Investitionsvolumen, eine bessere Logistik und damit bessere Service- und Dienstleistungen für den Bahnbenutzer, was nur posi­tiv vermerkt werden kann. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn die Grünen, insbesondere durch Herrn Abgeordneten Kollegen Kogler, immer wieder alte Zustände monieren und an Fehler der Vergangenheit anknüpfen wollen, so fällt mir dazu nur ein – das auch an die Kolleginnen und Kollegen von der roten Reichs­hälfte –. Es wäre gescheit, wenn Sie einmal über die Versäumnisse der Vergangenheit nachdenken, nachdenken über all das, was unter roten Verkehrsministern versäumt wurde, als es im Unternehmen ÖBB Erstarrung und Stillstand gab und nicht einmal eine Annäherung an die Bedürfnisse der Gegenwart zu bemerken war!

Tatsache ist, dass sich die ÖBB in einem neuen Fahrwasser befinden, dass – so, wie bei den ÖBB – unser Land offen ist, dass die Regierung arbeitet und dass Österreich durch die Bundesregierung Schüssel wieder zukunftsfähig und chancenreich geworden ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

14.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 16 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.01Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend enorm gestiegene Steuerbelastung der österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen (4605/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 4605/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 134

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Seit dem Jahr 2000 gab es eine deutliche Umverteilung von „unten nach oben“ bezie­hungsweise von ArbeitnehmerInnen und Klein- und Mittelbetrieben zu internationalen Konzernen und dem internationalen Finanzkapital.

Trotz stagnierender Nettolöhne und einer von 58,1 % (1999) auf 54,7 % (2005) gesun­kenen Lohnquote ist der Anteil der Lohnsteuer am Gesamtsteueraufkommen um 5,7 % gestiegen.

Die ArbeitnehmerInnen sind doppelt belastet, da die indirekten Steuern (Umsatz-, Ver­brauchsteuern etc.) überproportional zur Lohnentwicklung gestiegen sind. Im selben Zeitraum ist der Anteil der Körperschaftssteuer am Steueraufkommen um 15 % gesun­ken.

Die Bilanz in den Jahren 2000-2006 ist für die kleinen und mittleren Unternehmen kata­strophal:

Die Einkommensteuer ist trotz rückläufiger Gewinne bei Einzelunternehmen und Per­sonengesellschaften kaum gesunken. Die Abschaffung der steuerlichen Investitionsbe­günstigungen verschlechterte das Investitionsklima. Der Faktor Arbeit wurde so gut wie nicht entlastet, 1,5 Mio. LohnsteuerzahlerInnen gingen bei der Steuerreform 2005 über­haupt leer aus.

Die Bilanz für die internationalen Konzerne und die sie beherrschenden internationalen Finanzkapitalgruppen ergibt hingegen ein anderes Bild.

Das Privileg der Gruppenbesteuerung wurde eingeführt und damit hunderte Millionen Euro an Steuergeschenken den internationalen Konzernen geschenkt.

Die BezieherInnen kleiner Einkommen gingen nahezu leer aus und wurden belastet:

Die Armut ist eklatant gestiegen, die Arbeitslosigkeit auf Rekordständen und die Sozial­versicherungsleistungen (insbes. Pensionen) stark gekürzt.

Die Reaktion des verantwortlichen Finanzministers Grasser ist an Zynismus kaum zu überbieten:

„Ich ersuche Sie ganz dringend, sich entlastet zu fühlen“

Karl-Heinz Grasser, Finanzminister, bei der Präsentation des Wirtschaftsberichts der Regierung (Profil, 10.7.2006)

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen fol­gende

Anfrage:

1. Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich ent­lastet fühlen, wenn das Lohnsteueraufkommen seit 2000 um 22 % gestiegen ist?

2. Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich ent­lastet fühlen, wenn das Umsatzsteueraufkommen seit 2000 um 14 % gestiegen ist?

3. Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich ent­lastet fühlen, wenn seit 2000 das Aufkommen an Mineralölsteuer 33,9 % und das Auf­kommen an Energieabgabe um 35,2 % gestiegen ist und Sie sich seit Jahren weigern wenigstens einen Heizkostenzuschuss für die Ärmsten in Österreich zu gewähren?

4. Warum sollen die österreichischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sich ent­lastet fühlen, wenn seit 2000 das Aufkommen an motorbezogener Versicherungssteuer


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 135

um 35,4 % und das Aufkommen an NOVA um 17,8 % gestiegen ist und Sie die Pend­lerpauschale um lächerliche 15 % angehoben haben?

5. Wie erklären Sie sich den Umstand, dass das reale Nettoeinkommen pro Kopf nur um 1,3 % gestiegen ist, während das reale Bruttoinlandsprodukt in diesem Zeitraum um 7,6 % gestiegen ist?

6. Wie erklären Sie sich, dass in den Medien Österreich als „Steuer-Oase“ für Auslän­der bezeichnet wird? Der Kurier schreibt in seiner Ausgabe vom 11. Juli 2006, dass Ausländer nur 13 Mio. € EU-Zinssteuer zahlen müssen. Stimmt das?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a IVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Matznetter als ers­tem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage das Wort. 20 Minuten Rede­zeit. – Bitte. (Abg. Dr. Fekter: Alles ist schlecht! Alles ist so schlecht!)

 


15.00.24

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Der vorletzte Tag dieser Gesetzgebungsperiode (Abg. Neudeck: Das ist eine matte Sache!) ist ein guter Anlass, sich mit der Bilanz der Arbeit dieser Re­gierung unter Bundeskanzler Schüssel auseinander zu setzen. (Abg. Neudeck: Das ist eine gute Bilanz! – Abg. Dr. Fekter: Wie viele Bilanzen habt ihr ...?)

Während wir in diesem Land in den Jahren, seitdem Wolfgang Schüssel Bundeskanz­ler ist (der Redner hält ein Schriftstück mit einer Graphik in die Höhe), ein sehr mä­ßiges, aber doch immerhin ein Realwachstum von knapp unter 8 Prozent – nämlich 7,6 Prozent – in insgesamt sechs Jahren hatten (Abg. Neudeck: Die Graphik sieht man so gut, wie man Sie versteht: nämlich gar nicht!), blieb das Realeinkommen – nämlich jener Menschen, die arbeiten, Herr Kollege Neudeck ... (Abg. Neudeck: Els­ner, Flöttl!) – Nein, nicht! Die Menschen, die überall arbeiten, sind nämlich diejenigen, die auch Ihr Abgeordnetengehalt finanzieren, Herr Kollege Neudeck! (Abg. Neudeck: Das zahle ich von meinen Steuern selber!) Die Realeinkommen sind nur um 1 Prozent gewachsen. Die Differenz davon ist nicht angekommen.

Sie regen sich wahrscheinlich darüber auf, weil Sie noch mehr in Ihrer Tasche haben wollen. Aber ganz ehrlich, Herr Kollege Neudeck: Das ist keine positive Nachricht für die Menschen, denn in den Jahren seit 1945 bis vor dieser missglückten Regierungs­bildung war es niemals so, dass es eine so hohe eklatante Differenz zwischen dem realen Wachstum und dem, was für die arbeitenden Menschen übrig geblieben ist, ge­geben hat. (Abg. Dr. Fekter: Wir haben einen Wachstumsrekord, Herr Kollege!)

Die Lohnquote – eines der wichtigsten Kriterien, um ableiten zu können, wie sich die Verteilung des jährlichen Volkseinkommens entwickelt hat – zeigt eine schauderliche Bilanz Ihrer Politik. (Abg. Neudeck: Das ist so wie bei Ihren Budgets!) Im Jahr 1999 war die Lohnquote noch 58,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, letztes Jahr nur noch 54,7 Prozent. (Abg. Bucher: Wie hoch war der Schuldenstand? – Abg. Neudeck: Radio Eriwan!) – Ich weiß nicht, ob Sie die Oesterreichische Nationalbank als „Radio Eriwan“ bezeichnen. Sie können gerne die Qualität des Dr. Christl, der dort als Vor­stand die Statistische Abteilung leitet, kritisieren – tun Sie das nachher, Herr Kollege Neudeck! (Abg. Neudeck: Aber überhaupt nicht! Ich kritisiere nur Ihre Interpretation!) Das ist heutigen Datums bei der Oesterreichischen Nationalbank der ausgewiesene Wert.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 136

Es ist natürlich unangenehm, einen solchen Umstand hören zu müssen, denn er be­deutet nichts anderes, als dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch diese Poli­tik verraten wurden. Und das BZÖ und die FPÖ haben da sechs Jahre lang mitge­macht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Und der ÖGB!)

Das Schlimme dabei ist, dass Sie auch die Erwartungen wesentlicher Teile jener Klien­tel, die neben vielen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gehofft hat, eine Regie­rung zu bekommen, die auf ihrer Seite steht, bitter enttäuscht haben. Das sind die Hunderttausenden kleinen und mittleren Unternehmen. Sie sind es nämlich, die in all diesen Jahren nicht jene Rekordgewinnzuwächse verzeichnen konnten, die die Groß­unternehmen hatten. Nein, sie sind es, die Jahr für Jahr – und inzwischen das dritte Jahr in Folge – einen Pleitenrekord nach dem anderen erleben mussten.

Ich weiß schon, da sind dann jeweils die Einzelnen schuld, nie Sie selbst, denn selbst hat man eine perfekte Politik gemacht. Wir loben uns für das Wirtschaftswachstum – so wie es Herr Bartenstein gestern gemacht hat. Österreich ist an der 18. Stelle in der Europäischen Union, im letzten Drittel! (Abg. Dr. Stummvoll: Überdurchschnittlich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Dass Sie von Pleite reden, ist vermessen!) Unfassbar, welche Selbstbeweihräucherung Sie an den Tag legen!

Diese Chuzpe zu entwickeln, sich in solch einer Situation, statt sich ernsthaft Gedan­ken zu machen, wie man diese evident gewordene Schieflage behebt, selbst zu be­weihräuchern, ist peinlich, Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wenn Sie die Frage der Verschuldung ansehen, dann schauen wir uns doch gleich den Teil an, wo Sie – ja, Kollege Fasslabend! – mit verantwortlich sind, weil bei jeder Abstimmung aufgestanden, nämlich die schlechte Entwicklung bei den Steuern!

Der Herr Finanzminister hat doch tatsächlich – wenn wir schon vorhin das Wort „Chuzpe“ verwendet haben (Ruf bei der ÖVP: Reden Sie im Pluralis Majestatis?) – am 10. Juli bei der Präsentation des Wirtschaftsberichtes der Regierung – nein, zitiert wurde es am 10. Juli, danach konnten es alle nachlesen – folgende Aufforderung aus­gesprochen: „Ich ersuche Sie ganz dringend, sich entlastet zu fühlen.“ – Wissen Sie, was das für die Mehrheit bedeutet? – Dass sie sich ganz dringend sehr gefrotzelt füh­len muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sagt dieser Finanzminister, obwohl wenige Tage vorher die Schlagzeilen in den Zeitungen ganz anders gelautet haben, nämlich: Nichts da mit einer Reduktion der Lohnsteuer! Nein, allein 400 Millionen € mehr an Lohnsteuer gegenüber dem Vor­jahr 2005. (Abg. Kopf: Gott sei Dank!) Und genau in dieser Situation kommt der zy­nische Ausspruch: „Ich ersuche Sie ganz dringend, sich entlastet zu fühlen.“ (Abg. Dr. Fasslabend: Mehr Arbeitsplätze! Das ist der Grund!)

Der wohl nicht gerade als linkssozialistisches Kampfblatt bekannte „Kurier“ untertitelt das zu Recht mit: Progression trifft den Mittelstand.

Die Überschrift der „Oberösterreichischen Nachrichten“ – auch nicht gerade ein Partei­organ linker Kreise – lautet: „Wir mussten noch nie so viel Steuer zahlen wie jetzt.“ – Und die „Oberösterreichischen Nachrichten“ haben Recht. Sie haben auch Recht mit der Untertitel-Zeile: „Noch nie wurde so viel Lohnsteuer gezahlt wie jetzt.“

Sie knöpfen diesen Menschen, deren Lohnanteil am BIP zurückgegangen ist, die höchste Steuer seit je ab! Mit jeder Abstimmung ... (Abg. Rädler: Sie haben nicht Recht!) Ich verstehe Ihre Empörung. Sie ärgern sich wahrscheinlich selbst, dass Sie mit aufgestanden sind, aber Sie werden sich dafür verantworten müssen. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Rädler und Hornek.) Sie sind bei der Abstimmung aufgestan­den, Sie sind damit verantwortlich für diesen Beutezug in den Geldtaschen der arbei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 137

tenden Menschen in diesem Lande. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Das ist ja un­glaublich! Das ist peinlich!)

Wenn es nur im Bereich der direkten Steuern gewesen wäre! Aber nein! Gleichzeitig ist es so, dass im Bereich der indirekten Steuern ... (Ironische Heiterkeit des Abg. Scheib­ner.) – Ich weiß schon, dass es für Sie extrem unangenehm ist, das hören zu müssen. Ich lese Ihnen nur die Daten aus den eigenen Budgetberichten des Herrn Finanzminis­ters vor. (Abg. Amon: Der Gusenbauer ist schon gegangen! Der hält Ihre Rede nicht aus! – Abg. Dr. Stummvoll: Wirtschaftsaufschwung!)

Da heißt es: Die Umsatzsteuer ist in der Zeit von 2000 bis 2006 um 14 Prozent gestie­gen, die Lohnsteuer um 22 Prozent. Die Körperschaftsteuer ist um 2 Prozent zurückge­gangen.

Damit aber nicht genug! Dieser Griff in die Taschen der österreichischen Steuerzahle­rinnen und Steuerzahler ging ja unverdrossen weiter, und zwar im Bereich der Mineral­ölsteuern plus 33,9 Prozent!

An der Stelle, wenn so das zynische Lächeln mancher zu sehen ist, gleich einmal Fol­gendes: Das ist eine Abgehobenheit, die unglaublich ist. Denn was bedeutet diese Steuererhöhung? – Für jemanden mit 1 200, 1 500 € netto – und ich habe noch nicht die Pensionen genommen, die noch tiefer liegen – bedeuten die Heizkosten den Winter über, dass er dafür einen ganz wesentlichen Teil seines Einkommens aufbringen muss! (Abg. Mag. Hakl: Sie tun mir Leid! Sie tun mir Leid!) Für den bedeuten 33,9 Pro­zent Erhöhung eine Verschärfung der Lebensbedingungen, die Frau Hakl oder Frau Fuhrmann mit ihren Wurstsemmel-Preisannahmen natürlich nicht verstehen kann, denn dort ist der Anteil geringer. Sie sollten sich einmal in eine solche Situation hinein­fühlen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wiener Belastungswelle! Wiener Belastungswelle!)

Aha, Herr Molterer glaubt, dass die Entwicklung dieser Bundesabgaben in Wien anders war. – Herr Klubobmann! Sie haben mit Ihrer Methode überall zugeschlagen: in Wien, in Niederösterreich, in Tirol und in Vorarlberg. Sie waren mit dieser Steuererhöhung überall mit Ihren Fingern in den Geldtaschen der Menschen.

Damit man es klarer sieht, die zweite wichtige Kennzahl: In jedem OECD-Vergleich, wie die Steuerstrukturen ausschauen, ist das Verhältnis der jeweiligen Steuern zum gesamten Steueraufkommen ausgewiesen. Und auch hier wiederum eine hoch interes­sante Entwicklung! (Der Redner zeigt eine Graphik mit einem roten und einem grünen Balken. – Abg. Donabauer: Die Tafel haben Sie schon gebracht!) Der Anteil der Lohn­steuern am gesamten Steuerkuchen stieg um fast 6 Prozent, die Körperschaftsteuer ist in ihrem Anteil um 15 Prozent gefallen. Das heißt, Sie haben eine Verteilung gemacht: Sie haben aus der Tasche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Zwischenrufe bei der ÖVP), der Pensionistinnen und Pensionisten, aus der Tasche der kleinen und mitt­leren Unternehmen zusätzlich Geld in die Tasche der Großkonzerne geschaufelt. (Abg. Mag. Hakl: Mehr Arbeitsplätze! Niedrigere Steuern! – Zwischenruf des Abg. Parnigo­ni.)

Richtig, denn das ist eines im Kern ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Herr Kollege Molterer, das ist für Sie, da Sie den ÖVP-Klub leiten, der das eingebracht und mit beschlossen hat, ganz besonders wichtig: Das ist ein Verrat an den Interessen der Mehrzahl der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – nichts anderes ist das! (Beifall und Jawohl-Rufe bei der SPÖ.)

Sie haben eine Politik gemacht, die nicht nur von unten nach oben verteilt hat, Sie haben eine Entwicklung zugelassen, die durch die Steuern verschärft wurde. (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das mit der BAWAG?) Und Sie haben auch im Bereich der Wirt-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 138

schaft von Klein zu Groß gearbeitet. Sie haben den Nährboden für die Entwicklung der großen internationalen Konzerne bereitet. Sie waren jene, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den kleinen und mittleren Unternehmen das Leben schwerer ge­macht haben. Das ist die Bilanz dieser Politik, sichtbar in Ihren eigenen Abgabenzah­len! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Traumdeuter!)

Wenn wir uns der Kernfrage zuwenden, nämlich wie die Bilanz ausschaut und wie es dazu kommen konnte, dann, muss ich sagen, sind ja manchen die Maßnahmen, die sie hier in diesem Haus beschlossen haben, entfallen: die Halbierung des Absetzbetrages für die Arbeitnehmer, die Kürzung des Pensionistenabsetzbetrages, die unzureichen­den Erhöhungen der Pendlerpauschalen, zuerst die jahrelang nicht durchgeführte Er­höhung der Kilometergelder und dann die unzulängliche Erhöhung derselben. (Abg. Walch: Du kennst dich nicht aus!)

Hier sitzen Unternehmer, die bei der Abstimmung aufgestanden sind, als dieser Fi­nanzminister den IFB abgeschafft hat. Und als er die Investitionszuwachsprämie auf unser Drängen hin behandelte – es war nämlich meine Fraktion im April 2002, die das im Hochwasserpaket eingebracht hat –: Was haben Sie gemacht, meine Damen und Herren? – Aufgestanden sind Sie bei der Abschaffung! Das war Ihre Steuerreform: Be­strafung der Unternehmen, die im Inland investieren, und Förderung der anderen! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Herr Kollege, Sie haben die Befristung beschlossen!)

Das ist auch interessant. Kollege Kopf schreit hier heraus, obwohl die Kernforderung der Wirtschaft, nämlich den Faktor Arbeit zu reduzieren, genau nicht stattgefunden hat. Die einzige Reduktion, die Sie gemacht haben, war ein Attentat auf die kleinen Un­ternehmen, nämlich die Abschaffung des Entgeltfortzahlungsfonds. (Abg. Großruck: Das ist ungeheuerlich!) Das ist eine Bilanz, bei der man feststellen muss: Investitions­förderung gestrichen, Entgeltfortzahlung gestrichen, keine Entlastung gewährt!

Keine Regierung unter Beteiligung der SPÖ hat jemals in der langen Geschichte Öster­reichs (Abg. Großruck: So viel Erfolg gehabt wie wir!) auch nur die Idee gehabt, die Investitionsbegünstigungen zu streichen. Sie haben es zusammengebracht. Gratuliere! Das ist eine investitionsfeindliche Politik, die wir jetzt in ihren Folgen für die Beschäf­tigung gegen die Menschen im Land erleben müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Spärlicher Applaus!)

Wenn Sie sich diese Bilanz vor Augen halten, dann ist es ja interessant, wen Sie aller im Fokus hatten, um in Wirklichkeit deren Leben schwerer zu machen. Fangen wir mit den Seniorinnen und Senioren an: Pensionskürzungen, unzureichende Erhöhungen, Hinaufsetzung des Erwerbsalters mit gleichzeitigem Anstieg der Altersarbeitslosigkeit, gleichzeitig stagnierende Reallöhne, Teilzeit statt Vollzeit. Das alles haben Sie in die­sen Jahren beschlossen. (Abg. Murauer: Na geh!) Das alles haben Sie gemacht – kühl lächelnd wie der Kollege, der da lacht –, obwohl es gleichzeitig eine Vervielfachung der Armut gibt. (Zwischenruf des Abg. Walch.) Wenn es gleichzeitig eine Verdreifachung der Zahl der Sozialhilfefälle gibt, da lachen Sie, Herr Kollege? Da sollten Sie sich in Wirklichkeit schämen! (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Steibl und Großruck: BAWAG! BAWAG! BAWAG!)

Es ist schon lustig, es ist schon hoch interessant: Was fällt Ihnen darauf ein statt einer Entschuldigung? Was fällt ihm (in Richtung des Abg. Großruck) ein statt einer Ent­schuldigung? Er schreit heraus: BAWAG, BAWAG, BAWAG! (Abg. Großruck: So ist es!) So peinlich ist Ihnen Ihre Politik, dass Sie nicht einmal ein Wort darüber diskutie­ren können. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Nein, Sie hoffen, dass mit einem Krimi­nalfall all diese Dinge, die dem Land angetan wurden, keine Berücksichtigung finden. Das Gegenteil wird der Fall sein, Sie werden die Quittung dafür bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 139

Sie können doch nicht gegen alle regiert haben. Nein, das ist nicht so. Wie heißt es so schön bei der Oscar-Verleihung? And the winner is: die großen internationalen Kon­zerne.

Aber wer ist denn das? Sind das die mit den Volksaktien? Nein! Wem gehören diese Unternehmungen? (Rufe bei der ÖVP: BAWAG! BAWAG!) – Schon wieder! Es ist wirk­lich interessant, wie schlecht Ihr Gewissen sein muss, dass Sie nicht einmal anhören wollen, wie die Entwicklung aller Unternehmen ist.

Dann wollen wir uns gerne einmal damit auseinander setzen. Sie kritisieren bei der BAWAG den Heuschreckenkapitalismus? Das sind genau jene, die die Profiteure sind, die Hedgefonds, die Investmentfonds, die Spekulanten. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie sind die Profiteure, und die wurden von Ihnen gefördert: mit einem Viertel Senkung der Körperschaftsteuer für Großkonzerne und einem Gruppenbesteuerungsprivileg. (Abg. Dr. Stummvoll: Und die vielen kleinen GesmbHs!?) Das ist die interessanteste Maßnahme dabei.

Diese Regierung hat die Investitionsbegünstigung im Inland gestrichen, sie wollte nicht, dass Unternehmen investieren, damit Arbeitsplätze entstehen. Und sie hat gleichzeitig ein Gruppenbesteuerungsprivileg eingeführt, mit dem die Verluste internationaler Kon­zerne, und zwar jene ihrer ausländischen Töchter, voll von der österreichischen Steu­ergrundlage abgezogen werden können. Das ist eine unglaubliche Maßnahme: Feind­schaft gegen Investitionen im Inland, Förderung von Verlustbetrieben im Ausland. Das ist Politik Marke Regierung Wolfgang Schüssel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mol­terer: Das Wachstum ist höher!)

Wir sehen ja die Konsequenzen dieser Entwicklung. Nicht nur dass wir im untersten Drittel beim Wachstum liegen – ein paar Unternehmen profitieren überproportional. Nehmen wir allein die Veränderung in den Jahren 2004/2005! Bei den 20 größten Kon­zernen im ATX – bei allen 20! – ist in einem Jahr der Gewinn um 53 Prozent auf 8,3 Milliarden € gestiegen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner.)

Ja, jetzt applaudiert er auch gleich zur zweiten Zahl. Und das, weil der Lohnaufwand nur um ein Prozent gestiegen ist! Das gefällt dem Herrn Scheibner: die Gewinne 53 Prozent und für die Arbeitnehmer ein Prozent. Es ist bezeichnend, wo Sie ange­kommen sind, Herr Kollege Scheibner. Wir halten das für einen Skandal. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nur für euch sind die Gewinne gestiegen!)

Das Topping darauf ist, dass gleichzeitig die Steuerleistung bei den Unternehmen ge­sunken ist. Bei 53 Prozent mehr Gewinn ist sie gesunken! Das ist das Ergebnis dieser Politik. Es ist daher auch kein Wunder, dass in seinem Budget 2006 (in Richtung Bun­desminister Mag. Grasser) nur noch 3,8 Milliarden € Körperschaftsteuer stehen. Im Jahr 2001 waren es noch weit mehr als 5 Milliarden €. Diese Reduktion bei gleichzeitig explodierenden Konzerngewinnen, das ist Politik Marke pro Finanzkapital und gegen die Arbeit und gegen die KMUs. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Wurm: Leider!)

Sie werden, nicht nur der Herr Finanzminister, heute einige Fragen beantworten müs­sen. Sie werden in diesem Wahlkampf genau folgende Fragen beantworten müssen: Warum haben Sie als Vertreter des internationalen Kapitals ausschließlich für die Ge­winne der Großkonzerne gesorgt? Warum sind die Leute, die dort arbeiten, nicht daran beteiligt worden? Warum wurde die Situation durch die Steuerpolitik dieser Bundes­regierung verschärft?

Sie von den Koalitionsparteien werden unsere Konzepte zur Kenntnis nehmen müs­sen: sofortige Senkung von 300 bis 400 € für den Mittelstand, sofortige steuerliche In­vestitionsbegünstigung, Wachstums- und Stabilitätsfonds für kleine und mittlere Unter­nehmen, die die Haftung bekommen, dass sie wieder Kredite bekommen, Abschaffung


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 140

der Mindestkörperschaftsteuer, hunderttausend neue Kinderbetreuungsplätze, hundert­tausend neue Ganztagsplätze, Erhöhung des Pendlerpauschales, Erhöhung des Kilo­metergeldes.

Das werden wir umsetzen, und wir werden das Mandat dafür bekommen – und Sie werden es entzogen bekommen! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundes­minister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Ihre Redezeit, Herr Bundes­minister, soll 20 Minuten nicht überschreiten. Ich stelle die Uhr ein.

 


15.21.15

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Danke vielmals, Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Staatssekretär! Ich darf mich zunächst bei den Sozialdemokraten sehr herzlich für diese Dringliche An­frage bedanken. Sie gibt mir ein weiteres Mal Gelegenheit, die Erfolge in der Finanz- und Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung darzustellen. Und ich freue mich, dass Sie es gar nicht oft genug hören können, es wird mir ein Vergnügen sein, sie wiederum auszuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Herr Abgeordneter Matznetter hat gesagt, es ist Zeit, Bilanz zu ziehen. Das ist einer der wenigen Punkte in seinen Ausführungen, die ich unterstreichen kann.

Meine Damen und Herren! Die Bevölkerung hat die Wahl zwischen zwei sehr unter­schiedlichen Konzepten, wirtschafts- und finanzpolitischen Programmen. Die SPÖ hat Jahrzehnte Gelegenheit gehabt, mit Bundeskanzlern, mit Finanzministern zu zeigen, was sie zusammenbringt, und diese Bundesregierung unter unserem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat jetzt einige Jahre lang für Österreich arbeiten können.

Die Frage, die wir uns nüchtern stellen sollten und die sich die Bevölkerung stellen soll­te, ist: Was ist besser für Österreich? Was ist besser für die Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer, für die Pensionisten, für die Unternehmen, für den Standort? (Abg. Bures: Österreich hat sich Besseres verdient!) Und ich glaube, die Ergebnisse sollten ganz nüchtern entscheiden, wer hier eine bessere Politik gemacht hat. Schauen wir uns die Ergebnisse an!

Unselbständig Beschäftigte im Jahr 1999 – das letzte Jahr, in dem Sie Verantwortung gehabt haben –: 3 107 000 Beschäftigte; jetzt, in unserer Zeit: 3 228 000 Beschäftigte. (Abg. Sburny: Und Arbeitslose?) Das heißt, immerhin um 120 000 mehr Menschen in Beschäftigung. Das ist Rekordbeschäftigung in Österreich, so viele Menschen hatten noch nie einen Arbeitsplatz. Diese Entwicklung zeigt ganz klar, welchen Weg wir ge­hen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Arbeitslosigkeit ist angesprochen worden. – Sehr geehrte Frau Abgeordnete, wenn Sie eine Regierung finden, die mehr an aktiver Arbeitsmarktpolitik getan hat, eine Re­gierung finden, die mehr für unsere Jugendlichen getan hat (Abg. Gradwohl: Da finden wir mehrere!), eine Regierung finden, der es ein größeres Anliegen war, die Jugend­arbeitslosigkeit zu reduzieren (Ruf bei der SPÖ: Ha, ha, ha, ha!), wenn Sie eine Regie­rung finden, die nach schwierigen konjunkturellen Jahren jetzt die Wende auf dem Ar­beitsmarkt so wie wir in Österreich geschafft hat – ich sage Ihnen, Sie werden keine finden, denn eine Bundesregierung, der es ein größeres Anliegen als der unseren ist, die Arbeitslosigkeit auf europäischer Ebene und im eigenen Land zu reduzieren, gibt es nicht. – Auch in dieser Frage eine klare, erfolgreiche Bilanz für uns. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 141

Zum Budgetsaldo, meine Damen und Herren: Was ist uns übergeben worden? 3,1 Pro­zent Defizit im Durchschnitt – ich sage Ihnen gar nicht die schlechten Jahre – von 25 Jahren sozialdemokratischer Finanzpolitik, hoch rote Zahlen. Wir haben es nach den 25 Jahren in den ersten zwei Jahren unserer Budgetpolitik geschafft, sofort einen ausgeglichenen Haushalt zustande zu bringen. (Abg. Eder: Haben alles die Leute be­zahlt!) Wir haben jetzt im Durchschnitt ein Defizit von 1,1 Prozent zu verantworten, und dieses Defizit kommt zustande, weil wir ganz klar gesagt haben: Entlastung, wir wollen den Menschen mehr Freiheit geben, wir wollen, dass ihnen mehr Geld in der Brief­tasche bleibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da bin ich auch schon beim nächsten Punkt: Abgabenquote. Die Steuerbelastung ist angesprochen worden. – Meine Damen und Herren! Es hat eine Partei gegeben, die in Richtung skandinavisches Modell gegangen ist, die gesagt hat: immer mehr an Steu­ern, an Abgaben, an Belastungen für die Bevölkerung. Knapp 44 Prozent Abgaben­quote haben wir zu übernehmen gehabt. Jetzt, heuer, stehen wir bei 40,7 Prozent. Das heißt, es gibt eine deutliche Reduktion, was die Belastung der Bevölkerung betrifft.

Anders ausgedrückt: In Ihrer Zeit, in der Sie die Finanzminister gestellt haben, hat die Bevölkerung bis Mitte Juni für den Staat arbeiten müssen, jetzt ist es Ende Mai. (Abg. Mag. Kogler: So ein dummer Vergleich! Das ist unwürdig für einen Finanzminister!) Wir haben die Entlastung umgesetzt. Auch hier spricht die Bilanz sehr klar für uns. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Schauen Sie sich die Schuldenquote an! Sie haben einen Weg vorgezeigt, der in Ös­terreich zu einer Schuldenquote von fast 70 Prozent geführt hat. Wir haben mit der Sa­nierung begonnen und uns schön langsam vorgearbeitet in Richtung 60 Prozent. Knapp 70 Prozent übernommen, jetzt liegen wir bei 60 Prozent – ein sehr klarer Ver­gleich.

Meine Damen und Herren, wenn Sie schauen wollen, wie gut es der Bevölkerung geht: Sparguthaben in Ihrer Zeit 122 Milliarden €, jetzt knapp 140 Milliarden €. Das heißt, der Bevölkerung geht es offensichtlich besser als zuvor. (Abg. Eder: Und wer hat die Spar­guthaben? Sie selber? Oder Ihre Frau? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gott sei Dank können die Leute sich etwas auf die Seite legen, Gott sei Dank kann sich die Be­völkerung mehr leisten. Daher, meine Damen und Herren: Diese Bilanz könnte eindeu­tiger wohl nicht ausfallen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

Sie von der SPÖ haben Österreich zum Schlusslicht in Europa gemacht. Sie von der SPÖ stehen für hohe Steuern. Sie stehen für hohe Schulden. Sie stehen für den Bruch des Generationenvertrages. Sie stehen für staatliches und gewerkschaftliches Eigen­tum. Und wo das hinführt, das wissen wir.

Wir, die Regierung, die unter Bundeskanzler Schüssel in den letzten Jahren gearbeitet hat, stehen für stabilitätsorientierte Staatsfinanzen. Wir stehen für das Halten des Ge­nerationenvertrages. Wir wissen, dass die Kinder die Zukunft unseres Landes sind. (Abg. Eder: Lauter Floskeln!) Wir stehen für Entlastung. Wir stehen für mehr Freiheit des Einzelnen. Wir stehen für Rekordbeschäftigung. Und wir wissen, das sorgt für den besten sozialen Zusammenhalt, den es in Österreich geben kann. Das ist ein guter, ein richtiger, ein notwendiger Weg für unser Land. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Sie sind ja auf Ihrer eigenen NLP-Platte hängen geblieben! – Lebhafte Heiterkeit sowie Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Sie die eigene NLP-Platte ansprechen, Herr Abgeordneter Kogler, dann darf ich Ihnen sagen: Diese Regierung hat es nicht notwendig, sich selbst zu loben! (Der Red-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 142

ner hält ein Blatt mit Kopien von Schlagzeilen verschiedener Zeitungen in die Höhe. – Lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich kann Ihnen eine Reihe von Stimmen anführen; ich habe die deutschen genommen, damit sie auch verständlich sind. Der „Stern“ hat geschrieben: Warum Österreich Spitze ist. Die „FAZ“ hat geschrieben: Österreich, Du hast es besser. Der „Focus“ hat geschrieben: Felix Austria – glückliches Österreich. Die „Neue Zürcher Zeitung“ hat ge­schrieben: Österreich, ein Erfolgsmodell. „Die Welt“ hat geschrieben: Österreichs Er­folg heißt Wolfgang Schüssel. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Machen wir doch bitte nicht immer unser eigenes Land schlecht! Es geht uns gut, Österreich ist auf einem guten Weg, und das wird international anerkannt und honoriert. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.) Wir werden eingeladen in ganz Europa. Meine Damen und Herren! Wir fahren mittlerweile nach England, wir fahren nach Italien, wir fahren nach Spanien, wir fahren nach Deutschland. (Abg. Sburny: Sie! Sie! – Abg. Riepl: Sie sind ein Reise­minister, kein Finanzminister! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Und wissen Sie, was das Thema ist? – Wir sollen erklären, wie wir diesen österreichi­schen Erfolgsweg möglich gemacht haben. Wir haben Preise bekommen für die beste Finanz- und Wirtschaftspolitik im Jahr 2004 in Europa.

Ich glaube, in Ihrer Zeit hat Sie niemand eingeladen, irgendwo hinzufahren, um zu er­klären, warum Österreich besonders gut ist, warum Österreich ein besserer Standort ist, warum Österreich eine bessere Politik macht, als das anderen Ländern in Europa gelingt.

Darauf, meine Damen und Herren, kann man zu Recht stolz sein, dass uns hier einiges gelungen ist für unser Land und für unsere Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren, es gibt noch einen zweiten Punkt. Das eine sind die Pro­gramme, die Inhalte und die Ergebnisse, worüber jeder von uns die Bevölkerung infor­mieren wird, damit man sieht, was am Ende des Tages für das Land, für die Menschen unseres Landes herausgekommen ist. Dann gibt es aber noch die zweite Frage, die man der Bevölkerung stellen wird: Wem traut man etwas zu? Wem vertraut die Bevöl­kerung ihr Geld an? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wem vertraut die österreichische Be­völkerung, was die Zukunft unseres Landes betrifft? Und das wird eine ganz einfache Frage sein: Sagt die Bevölkerung, sie vertraut die Zukunft unseres Landes dem Alfred Gusenbauer an, dem Herrn Cap, dem Herrn Matznetter (Abg. Dr. Stummvoll: Nein!), dem Herrn Verzetnitsch – ah, der ist nicht mehr da (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ) –, oder traut es die Bevölkerung dem Team unter Bundeskanzler Schüssel zu, die Zukunft Österreichs weiter positiv zu gestalten? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Schauen Sie sich die Ergebnisse an! – Sie haben das Wachstum angesprochen. Wir haben ein höheres Wachstum als der Durchschnitt in Europa. Österreich wächst stär­ker als Deutschland. Österreich wächst stärker als Italien. Österreich wächst stärker als die Schweiz. Das sind unsere drei Nachbarländer, unsere drei wichtigsten Handels­partner. Österreich wird heuer mit 2,5 bis 3 Prozent realem Wachstum Werte errei­chen, von denen andere unserer Nachbarländer und wichtigsten Handelspartner nur träumen können.

Österreich ist das Land mit dem dritthöchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der Eurozone, also eines der reichsten Länder in der Europäischen Union. (Abg. Parni­goni: Und was haben die Menschen davon?)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 143

Österreich ist das Land mit der viertniedrigsten Inflationsrate, also eines der Länder mit der höchsten Preisstabilität.

Österreich ist das Land, in dem es Rekorde bei der Zahl neu gegründeter Unterneh­men gibt.

Österreich ist das Land, in dem es Rekorde gibt, was Foreign Direct Investments be­trifft, Investitionen ausländischer Unternehmen in den Standort Österreich.

Österreich ist das Land, das der Export-Europameister ist. Wir konnten eine Steigerung an Exporten von etwa 60 Milliarden € auf mehr als 100 Milliarden € heuer verzeichnen. Wir haben die Schweiz mittlerweile eingeholt.

Österreich ist ein kleines Land mit 8 Millionen Einwohnern, und unsere Wirtschaft hat es verstanden, führender Investor in den osteuropäischen, in den südeuropäischen Ländern zu werden.

Ja, meine Damen und Herren, da kann man mit Recht sagen und kann diese Regie­rung für sich in Anspruch nehmen, wir haben Rahmenbedingungen geschaffen, mit denen Österreich moderner wurde, mit denen Österreich sicherer wurde, mit denen Österreich menschlicher wurde und mit denen wir es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Unternehmern ermöglicht haben, einen erstklassigen Standort vor­zufinden: ein erfolgreiches Österreich mit mehr Wachstum, mit mehr Beschäftigung, mit weniger Arbeitslosigkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheit­lichen – BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ein interessanter Punkt ist angesprochen worden, nämlich die Frage der Steuerpolitik. Herr Abgeordneter Matznetter hat gesagt: Verrat am Steuerzahler. (Ruf bei der SPÖ: Da hat er auch Recht!) Meine Damen und Herren, schauen wir uns auch hier die Bilanz an! – 44 Prozent, genau 43,8 Prozent, Abgabenquote haben wir übernommen. Jetzt ist sie um mehr als 3 Prozent niedriger und liegt bei 40,7 Prozent heuer. (Abg. Mag. Wurm: Für wen? – Abg. Riepl: Für wen?)

Die SPÖ hatte in ihrer Zeit immer mehr an Belastungen zu verantworten. Ich bringe Ihnen ein paar Zitate, weil ich mich nicht auskenne: Wollen Sie jetzt entlasten oder wol­len Sie belasten? Historisch gesehen haben Sie immer belastet.

Da gibt es zum Beispiel das Buch des Michael Häupl „Wirtschaft für die Menschen“, das im Jahr 2003 erschienen ist. Herr Abgeordneter Matznetter sagt darin: Das stetige Anwachsen der Steuer- und Abgabenquote ist ein Naturgesetz, weil es dem Staat mehr Handlungsspielraum gibt in der Umverteilung.

Herr Abgeordneter Matznetter sagt im August 2004: Eine hohe Abgabenquote spiegle den Zivilisationsgrad der Gesellschaft wider. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.– An Ihrer Stelle würde ich mich an meine eigenen Zitate auch nicht gern erinnern. (Hei­terkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Matznetter hat die Lohnnebenkosten­senkung angesprochen und gesagt, wir haben nichts in diese Richtung getan. – Ers­tens sage ich Ihnen dazu, Faktum ist, wir haben die Lohnnebenkosten um 648 Millio­nen € reduziert. Und zweitens darf ich Ihnen ein Zitat Ihres Parteivorsitzenden Alfred Gusenbauer bringen, „profil“, 3. September 2001: Eine Senkung der Lohnnebenkosten halte ich offen gesagt für gefährlich. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer war das? Wer hat das gesagt?) – Das war der Herr Abgeordnete Gusenbauer.

Herr Abgeordneter Matznetter, wenn Sie sich hier herausstellen und von Belastung und vom Verrat der Steuerzahler reden, dann haben Sie offensichtlich vergessen, dass Sie im Jahr 2004 ein Wirtschaftsprogramm der Sozialdemokratie präsentiert haben. (Oje-Rufe bei der ÖVP.) In dem Programm haben Sie verlangt: höhere Sparbuch-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 144

steuer, höhere Besteuerung von Vermögen, höhere Krankenkassenbeiträge, stärkerer Einfluss des Staates auf die Wirtschaft. (Abg. Dr. Matznetter: Wieso sagen Sie die Un­wahrheit, Herr Minister?)

Das hat Herrn Dr. Gusenbauer dazu gebracht, in den nächsten Tagen danach Ihre Aussagen zu korrigieren und klarzustellen: Die Steuer- und Abgabenquote wird nicht erhöht. Die Sparbuchsteuer wird nicht erhöht. Vermögensteuer wird nicht erhöht. (Abg. Großruck: Zickzack!) Zickzack, genau!

Dann fordern Sie, bevor diese Bundesregierung die Steuerreform 2004/2005 umge­setzt hat, eine Milliarde € an Entlastung für die breite Bevölkerung, für die Arbeitneh­mer. – Diese Bundesregierung macht genau das, beschließt sogar 1,5 Milliarden € an Entlastung für die Bevölkerung, und die Sozialdemokratie stimmt hier im Parlament gegen diese Entlastung. Wenn es darauf ankommt, ist man für oder ist man gegen Ent­lastung, stimmen Sie dagegen. (Abg. Dr. Stummvoll: Weil sie erhöhen wollen, das ist ja logisch!)

Sie haben einmal 25 Prozent Körperschaftsteuer gefordert, das wäre doch gescheit für den Standort. – Diese Bundesregierung beschließt 25 Prozent Körperschaftsteuer, und die Sozialdemokratie stimmt dagegen.

Meine Damen und Herren! Wir, diese Bundesregierung, haben eine Steuerreform umgesetzt, eine Steuerreform, von der alle profitieren: 2,6 Millionen Arbeitnehmer – 990 Millionen € Entlastung (Abg. Mag. Kogler: Falsch!); 1 050 000 Pensionisten – 450 Millionen € Entlastung. – Was ist der richtige Wert, Herr Kogler? (Abg. Mag. Molte­rer: Er weiß ja nichts!) Sie haben gesagt, das ist falsch – was ist also der richtige Wert? (Abg. Mag. Kogler: Es sind nicht 2,6 Millionen!) 2,6 Millionen Arbeitnehmer, die Steuern zahlen, das ist falsch? (Abg. Gradwohl: Herr Finanzminister! Wo glauben Sie, dass Sie sind? ...!) Jetzt müssen Sie in Ihrer Programmierung nachschauen und den richtigen Takt finden, Herr Kogler!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, Sie haben jetzt 13 Minuten gere­det und noch keine Frage beantwortet. Irgendwann einmal müssen wir uns den Fragen zuwenden. – Bitte. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Selbstver­ständlich, Herr Präsident! Es sind aber nur sechs Fragen, die haben wir schnell erle­digt.

Wer profitiert noch von der Steuerreform? 900 000 Alleinerzieher – 230 Millionen € Ent­lastung; 680 000 Pendler – 20 Millionen € Entlastung; 130 000 Bauern – 50 Millionen € Entlastung

Klein- und Mittelbetriebe wurden angesprochen. Meine Damen und Herren! Nicht die Bundesregierung sagt, wir haben jetzt die Klein- und Mittelbetriebe groß entlastet. Wir sagen es auch, aber wir wollten es objektivieren. Das Institut für Höhere Studien hat errechnet: 1,3 Milliarden € Entlastung für die Klein- und Mittelbetriebe. Warum, meine Damen und Herren? – Weil wir wissen, dass sie die Säule der Wirtschaft sind. Weil wir wissen, dass sie die Arbeitnehmer beschäftigen. Weil wir wissen, dass sie die Wert­schöpfung in Österreich erwirtschaften.

Genau deswegen haben wir jetzt noch ein Paket obendrauf gelegt mit 200 Millionen € weiterer Entlastung für 300 000 Einnahmen-/Ausgabenrechner. In Summe also 1,5 Mil­liarden € an Entlastung für unsere Klein- und Mittelbetriebe. Wir haben es umgesetzt, wir haben es ermöglicht – Sie haben dagegen gestimmt. Das zeigt sehr klar, wer wofür steht: Wir stehen für Entlastung, Sie stehen für die Belastung, und der Wähler wird zei­gen, was sein Weg ist, was der richtige Weg ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Wurm: Fühlen sie sich entlastet?)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 145

Fühlen sie sich entlastet? – Absolut, und dazu stehe ich, weil es auch um die Psycho­logie und um den Optimismus für ein Land geht. Wenn Sie sich anschauen, wie Öster­reich dasteht und die Menschen in diesem Land auf diesem erfolgreichen Weg mitge­hen, dann sehen Sie, das ist extrem wichtig. Und dann wollen wir nicht immer Schieds­richter sein, die nicht wissen, wie es geht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Frage 1:

Meine Damen und Herren, ich möchte einmal feststellen, da Sie es bei mir auch immer sehr genau nehmen: Sie reden davon, dass das Lohnsteueraufkommen seit dem Jahr 2000 um 22 Prozent angestiegen ist. – Diese Behauptung ist falsch! Meine Exper­ten haben errechnet, dass es 14,3 Prozent sind. (Ruf bei der SPÖ: Steht im Finanz­bericht! – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Sie haben also kritisiert, jetzt abgesehen vom falschen Prozentsatz, dass das Lohn­steueraufkommen steigt. (Ruf: Gott sei Dank!) „Gott sei Dank“, ist die Antwort, danke vielmals! Wir haben die Lohnsteuer gesenkt. Wir haben eine Steuerreform gemacht, die die Lohnsteuer senkt, trotzdem steigt das Aufkommen. Was können die Gründe dafür sein? Wenn eine Regierung eine Steuersenkung beschließt und das Aufkommen trotzdem steigt, dann gibt es zwei Gründe dafür. Erstens: Es zahlen viel mehr Men­schen Steuer, weil viel mehr Menschen einen Job, einen Arbeitsplatz haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich habe Ihnen zuvor die Zahl gesagt: Jetzt sind es 3 228 000, der Vergleichswert un­ter Ihrer Zeit ist 3 107 000. Das heißt, 120 000 mehr Menschen haben Gott sei Dank zusätzlich einen Arbeitsplatz und zahlen daher zusätzlich Steuer.

Zweiter Punkt: Schauen Sie sich an: Wie viel hat man damals verdient, wie viel ver­dient man heute? Auch das ist ein wesentlicher Punkt für die Steuern. Im Jahr 1999 war die Lohn- und Gehaltssumme 82,75 Milliarden €. Heute, im Jahr 2005 – das ist der letzte Wert –, verdienen die Österreicherinnen und Österreicher 96,76 Milliarden €. Das heißt, die Bemessungsgrundlage ist um etwa 14 Milliarden € angestiegen.

Mehr Menschen in Beschäftigung, die um 14 Milliarden € mehr verdienen, trotz Steuer­senkung kommt mehr Geld heraus – meine Damen und Herren, mehr kann man sich überhaupt nicht wünschen, eine erfolgreiche Steuerreform, die für den Standort gut ist, die für die Beschäftigten gut ist und die auch noch ein bisschen mehr an Steuern bringt, weil wir mehr Menschen in Beschäftigung haben, bei individueller Entlastung, bei Entlastung des Einzelnen.

Sie kennen die Werte, und Sie wissen, dass wir vor allem die kleinen Einkommensbe­zieher entlastet haben. Ich kann Ihnen nochmals gerne ein Beispiel geben: Eine allein erziehende Mutter von zwei Kindern mit 1 500 € brutto im Monat – 1 500 €, ein kleines Einkommen (Zwischenruf der Abg. Bures) – wird mit 744 € entlastet, Frau Abge­ordnete! 744 € im Jahr hat sie netto mehr in der Brieftasche. Das ist eine Politik, für die wir stehen wollen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie schon etwas von der kalten Progression gehört?)

Zur Frage 2:

Sie kritisieren auch, dass das Umsatzsteueraufkommen steigt. Sie sagen, es ist um 14 Prozent gestiegen. – Zweite Frage, zweiter Fehler. Auch das ist falsch von Ihnen berechnet worden. Herr Abgeordneter Gusenbauer, es sind nicht 14 Prozent! (Abg. Dr. Gusenbauer: Ist das in der NLP-Schule nicht vorgekommen, die kalte Progres­sion?)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 146

Auch hier gilt: Die Bundesregierung hat die Umsatzsteuer selbstverständlich nicht er­höht, hat also hier keine Steuererhöhung vorgenommen, aber das Umsatzsteuerauf­kommen hat zugenommen. Meine Damen und Herren! Wiederum die Frage: Warum nimmt die Umsatzsteuer zu, wenn die Steuer nicht angehoben worden ist? – Vielleicht kommen wir auf die Idee: Weil die Wertschöpfung steigt, weil die Menschen konsu­mieren, weil sie einkaufen, weil sie mehr Geld in der Brieftasche haben, weil der Wirt­schaftsmotor läuft, weil es Österreich gut geht, weil der Privatkonsum seit dem Jahr 2000 um 14 Prozent angestiegen ist! (Abg. Dr. Gusenbauer: Oder weil der Öl­preis so hoch ist!) – Und damit sage ich Ihnen: Ich bin froh, dass die Umsatzsteuer steigt! Die Menschen haben mehr Geld zum Ausgeben, sie haben mehr Geld in der Brieftasche, und das zahlt sich aus für den Standort Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Der hohe Öl­preis wirkt sich nicht aus, oder?)

Wir haben einen weiteren Erfolg bei der Umsatzsteuer erreicht: Wir sind die erste Bun­desregierung, die Umsatzsteuerbetrug wirkungsvoll bekämpft – „Rerverse Charge“ sei als Stichwort genannt. Auch das hat geholfen, das Umsatzsteueraufkommen zu erhö­hen.

Zu den Fragen 3 und 4:

In den Fragen 3 und 4 finden sich gleichzeitig der dritte Fehler und der vierte Fehler in den Zahlen, die Sie präsentieren:

Sie sagen, die Mineralölsteuer sei um 33,9 Prozent gestiegen. – Das ist falsch! Sie ist um 30,7 Prozent gestiegen.

Sie sagen, die Pendlerpauschale sei um 15 Prozent gestiegen – von uns erhöht wor­den. – Das ist falsch! (Abg. Dr. Stummvoll: Alles falsch!) Sie ist in zwei Schritten um 26,5 Prozent erhöht worden. (Abg. Bures: Haben Sie die Pendlerpauschale einge­führt?)

Erstens möchte ich daher anführen: Mineralölsteuer. – Meine Damen und Herren! Wir wissen alle, und ich bin froh, dass ich das ... (Ruf bei der SPÖ: Die Fragen beantwor­ten! Nicht ...! – Abg. Bures: Haben Sie die Pendlerpauschale eingeführt, Herr Minis­ter? – Abg. Scheibner – in Richtung der Abg. Bures –: Nicht nervös werden, ...!)

Herr Abgeordneter, wenn mir die sozialdemokratischen Abgeordneten eine Frage stel­len und die Zahlen in der Frage falsch sind, dann betrachte ich es als meine Verant­wortung als Minister, Ihnen die richtigen Zahlen zu sagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich darf etwas Zweites klarstellen: Die Mineralölsteuer ist eine Mengensteuer. Das heißt, wir alle würden uns niedrigere Ölpreise wünschen, wir alle würden uns niedri­gere Benzin- und Dieselpreise wünschen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie nicht, denn Sie kassieren!) Faktum ist aber, dass ein Finanzminister nichts von höheren Preisen ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie kassieren!) – Danke für das Stichwort. Ich kassiere eben nicht! Und damit darf ich das klarstellen (Abg. Dr. Gusenbauer: Mit der Erdölsteuer kassieren Sie nicht?): Nein, weil es eine Mengensteuer ist und ich pro Liter Treibstoff immer nur die gleichen Einnahmen habe! Und ob der Preis am Ende des Tages höher ist oder nicht, erhöht die Einnahmen für den Finanzminister überhaupt nicht. (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Mehrwertsteuer ist keine Mengensteuer!) Daher ist das Mineral­ölsteueraufkommen eines, das rein an der konsumierten Menge liegt. (Abg. Dr. Gu­senbauer: Die Mehrwertsteuer ist keine Mengensteuer! – Reden Sie keinen Unsinn!)

Und auch da muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie sich anschauen, wer in Europa welche Steuern zahlt (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Mehrwertsteuer ist keine Mengensteuer, Herr Finanzminister!) – nehmen Sie Dieselkraftstoff heute als Beispiel –, dann sehen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 147

Sie: Es wird in Großbritannien 1,41 € pro Liter bezahlt, in Schweden 1,20 €, in Italien 1,20 €, in Deutschland 1,14 €. Europäischer Mittelwert: 1,12 €. – In Österreich liegen wir bei 1,045 €! Wir liegen um 8 Cent pro Liter unter dem europäischen Durchschnitt (Abg. Reheis: Und wo in Österreich? Da sind unterschiedliche Preise! – Abg. Dr. Par­tik-Pablé: Nicht auf der Autobahn! Da ist es am teuersten! – Abg. Reheis: Schauen Sie einmal die Preise in Tirol an!) – mit ein Grund, warum sehr viele nach Österreich kommen, zum Beispiel unsere deutschen Nachbarn, und in Österreich tanken und der Tanktourismus zu positiven Einnahmen für Österreich führt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Die Normverbrauchsabgabe wurde hinterfragt. – Ich darf Ihnen versi­chern, dass diese Bundesregierung die Normverbrauchsabgabe selbstverständlich auch nicht erhöht hat. Wenn wir Mehreinnahmen bei der Normverbrauchsabgabe ha­ben, dann hat das sicherlich mit dem PKW-Absatz – wie viele Autos werden in Öster­reich verkauft? – und mit der Preisentwicklung auf dem PKW-Markt zu tun.

Weiterer Punkt: Wir haben ein Bonus-Malus-System eingeführt, was den Diesel betrifft. Wir haben gesagt: 300 € quasi Strafzahlung als Malus, wenn man einen Diesel-PKW ohne Filter kauft, 150 € Bonus, also Entlastung, wenn man einen mit Filter kauft. Ich darf Sie darüber informieren, dass die jetzigen Werte, die uns vorliegen, dahin gehend sind, dass bereits 35 Prozent aller Neuzulassungen von Diesel-PKW mit Partikelfiltern ausgestattet sind (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ) – ein so großer Erfolg, dass Deutschland dieses Bonus-Malus-System nachge­macht hat, weil man dort gesagt hat: Das ist eine gute Politik für eine saubere Umwelt!

Ich darf am Rande darüber informieren, weil Sie das weggelassen haben: Wir haben natürlich auch das Kilometergeld entsprechend angehoben. (Abg. Riepl: Zu wenig! Viel zu wenig!) Das Kilometergeld wurde um rund 2 Cent angehoben und liegt damit viel höher als in Deutschland und anderen Ländern. (Abg. Riepl: ... die Arbeitslosen! Die sind auch mehr geworden!)

Zur Frage 5:

Hier ist die Lohnpolitik angesprochen, und ich muss Ihnen sagen: In der Lohnpolitik sollten wir den Sozialpartnern vertrauen (Ruf bei der ÖVP: Was schwierig ist!), und wir sollten anerkennen, dass das Primat der Lohnpolitik bei den Sozialpartnern liegt. Daher glaube ich, dass die Wirtschaftskammer mit der Gewerkschaft hier einen verantwor­tungsvollen Weg für Österreich gegangen ist. Wenn Sie das anders sehen, würde ich Sie bitten, hier mit der Gewerkschaft und mit der Wirtschaftskammer in eine Diskussion einzutreten.

Uns war es ein großes Anliegen, die Realeinkommen in der Bevölkerung zu erhöhen. Wir haben eine Steuerreform gemacht: 500 € im Durchschnitt an Entlastung für jeden Einzelnen. Steuerfreiheit der Bruttojahreseinkommen: 15 770 €; darunter zahlt nie­mand in Österreich Steuern. Und wenn Sie sich die Entwicklung anschauen, sehen Sie: 2005 und 2006 sind die Realeinkommen in Österreich netto um 2,5 Prozent ge­stiegen, in der Eurozone waren es 0,9 Prozent, in Deutschland waren es 0,7 Prozent. Ich glaube also, auch mit den Sozialpartnern ein verantwortungsvoller, ein guter Weg für unser Land. (Abg. Riepl: Warum kritisieren Sie dann die Kollektivvertragsabschlüs­se?)

Zur letzten Frage, zur Frage 6, der Frage nach der „Steuer-Oase“ – wie behandeln wir Ausländer steuerlich in Österreich? –:

Selbstverständlich gilt, dass vor dem Steuerrecht im Grundsatz alle gleich sind, egal, ob Ausländer oder Inländer. Ich möchte auch korrigieren: Es ist nicht richtig, dass Aus­länder in Österreich wie in einer Steueroase behandelt werden, aber richtig ist: Wir ha­ben ein Interesse an einem attraktiven Standort. Wir haben ein Interesse daran, dass


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 148

in Österreich investiert wird, dass die heimische Wirtschaft in Österreich investiert, dass international in Österreich investiert wird. Und daher freuen wir uns, dass die Investitionen in Österreich – 1999 waren es 23 Milliarden € – im letzten Jahr 52,9 Milli­arden € betragen haben (Abg. Dr. Fekter: Ja schau! Mehr als das Doppelte!) – weil man dem Standort, weil man unseren Beschäftigten entsprechend vertraut! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Letzte Bemerkung, weil Sie die Ausländer und ausländisches Kapital angesprochen haben: Meine Damen und Herren! Es war Finanzminister Lacina, der die österreichi­schen Privatstiftungen eingeführt hat – übrigens auch die Kapitalertragsteuer, über die Sie dann gesagt haben: Eigentlich gar nicht gescheit! – Ich glaube, dass es gescheit ist, eine Privatstiftung zu haben; ich glaube, dass es gescheit ist, eine Kapitalertrag­steuer zu haben; ich glaube, dass es gescheit ist, ein Bankgeheimnis zu haben; ich glaube, dass es gescheit ist, 25 Prozent Körperschaftsteuer zu haben: weil all das für die Attraktivität des Finanzplatzes Österreich spricht und uns positiv abhebt von vielen anderen Ländern!

Insofern, meine Damen und Herren: Die Bilanz stimmt! Ich hoffe, dass dieser Weg so fortgesetzt werden kann. (Abg. Riepl: Einen Satz zu den Arbeitslosen, bitte! Einen Satz! Ein Wort zu den Arbeitslosen!)

Der Wähler hat die Möglichkeit, am 1. Oktober diese Bilanz zu ziehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein, und nach dem ersten Debattenbeitrag werde ich Herrn Abgeordnetem Matznetter das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung erteilen.

Jetzt sind Sie am Wort, Frau Kollegin Bures. Ihre Wunschredezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Prinz: ... wenn die SPÖ eine Dringliche stellt! – Abg. Mag. Hakl: Selber schuld! – Abg. Prinz: Das war ein Schuss ins eigene Knie!)

 


15.47.00

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben nur mehr zwei Tage in diesem Haus. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Ich würde Sie ersuchen, sich ein bisschen darauf zu konzentrieren, wofür uns die Leute gewählt haben, nämlich um eine gute Politik in diesem Land zu machen. Das ist allerdings für Sie ein Fremdwort. (Ruf bei der ÖVP: Bleiben Sie bei der Wahrheit!) – Ich weiß, dass das so ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich ersuche um ein bisschen Höflichkeit, wenn man am Rednerpult steht. Und ich denke, der Herr Bundesminister hat ja einigen Raum geboten, hier heute zu antworten. (Abg. Mag. Donnerbauer: ... so eine Politik wie bei der BAWAG und beim ÖGB?! – ... doch keine Ahnung! Keine einzige Zahl stimmt!)

Herr Bundesminister! Was ich Ihnen vorwerfe, ist, dass Sie die Chance heute nicht ge­nützt haben, sich auch nur eine Sekunde lang in irgendeiner Form in die Lebensrealität und die Lebenssituation einer durchschnittlichen Familie, eines durchschnittlichen Ös­terreichers oder einer durchschnittlichen Österreicherin zu versetzen (Abg. Großruck: Kennen Sie den Herrn Elsner?), denn anders kann ich mir Ihre Aussagen nicht er­klären. Jeder Österreicher und jede Österreicherin, der/die diese Aussagen hört (Abg. Großruck: Kennen Sie den Herrn Elsner? – Ruf bei der ÖVP: Und den Herrn Zwettler? Und den Herrn Verzetnitsch?), muss ja glauben, dass ein Paradies in Österreich herrscht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 149

Herr Bundesminister! Das haben Sie vielleicht zu Hause, aber die Lebensrealität der österreichischen Familien, der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sieht leider auf Grund Ihrer schlechten Politik traurig aus. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer – auf die auf der Galerie anwesenden Besucher weisend –: Frau Bures, fragen Sie die Men­schen da oben, ob das stimmt!)

Sie haben heute hier nur heiße Luft und Häme für diese Menschen übrig gehabt, und allein schon deshalb gehören Sie abgewählt. Aber ich möchte doch Bilanz ziehen über Ihre politische Tätigkeit und das, was Sie heute hier gesagt haben, denn von all dem, was Sie heute hier verkündet haben (Unruhe im Saal – Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer – Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen), spüren die Menschen nämlich in Wirklichkeit nichts! – Entweder leiden Sie unter Realitätsver­lust, oder Sie sind irgendwie ein professioneller Spaßvogel (He-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ); anders kann ich mir das, wie gesagt, wirklich nicht erklären. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist die eingeforderte „Höflichkeit“, Frau Bures!)

Herr Bundesminister – jetzt gehe ich konkret auf Ihre Punkte ein –, Sie reden davon, dass es Beschäftigungswachstum in Österreich gegeben hat, seit Sie an der Regie­rung sind. Was ist denn die Realität? – Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit! Wir haben Zigtausende Menschen in Österreich, die keinen Job haben! Und wir haben 85 000 Vollzeitarbeitsplätze weniger! (Abg. Kößl: Sie reden von einem anderen Land, nicht von Österreich!) Wovon wir mehr haben, das sind geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit, und das ist Arbeit, bei der die Menschen schwer und hart arbeiten. Aber wissen Sie, was: Sie können davon nicht leben! – Und Vollzeitarbeitsplätze sind auf Grund Ihrer Politik abgebaut worden! Nicht ein einziger kam dazu. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: ... die Gewerkschaft!)

Wir haben Working poor: Wir haben Menschen, die 38,5 Stunden hart arbeiten und ein Einkommen haben, von dem sie nicht leben können! Das ist ein Phänomen (Abg. Scheibner: Weil die Gewerkschaften nichts mehr tun! Das ist die Aufgabe der Gewerk­schaften!), das es erst gibt, seit Sie in der Regierung sind: Working poor – hart arbei­ten, aber davon nicht leben können, weil das Einkommen so gering ist! – Das sind die Probleme, die die Menschen in Österreich haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Groß­ruck: Was hat der ARBÖ-Generalsekretär verdient?)

Herr Bundesminister, richten Sie den 500 000 Menschen, die in akuter Armut leben, aus, wie toll Sie nicht alles gemacht haben, wie super es ist, wie man jetzt nach Grie­chenland fahren kann, nach Italien fahren kann, nach Spanien fahren kann? – Sie kön­nen dort in der Badehose herumrennen, aber die Menschen, die können dort nicht her­umfahren! (Abg. Scheibner: ... in Frankreich Golf spielen!) Das ist das Problem, das die Menschen haben, weil sie arm sind auf Grund Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum sind Sie so unhöflich, sagen Sie?)

170 000 Menschen mehr leben in akuter Armut, seit Karl-Heinz Grasser Finanzminis­ter ist. Das sind um 60 Prozent mehr Menschen, die in akuter Armut leben! (Abg. Ell­mauer: 40 000 weniger!) – Ihm geht es gut, den Menschen geht es aber bekanntlich viel schlechter und lange nicht so gut, und es könnte ihnen besser gehen. (Abg. Fau­land: Wenn die BAWAG ...! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn wir vom Herrn Elsner das Geld hätten, dann könnte es ihnen besser gehen!)

Das Problem ist, es könnte ihnen besser gehen, denn was Sie machen, ist Folgendes: Sie machen Steuergeschenke an ein paar Große. Großkonzerne werden entlastet – Klein- und Mittelbetriebe haben nichts davon, Mittelverdiener haben nichts davon, die Familien haben nichts davon. (Abg. Ellmauer: Die Gewerkschaften haben viel von Ihrer Politik, sehr viel!) Die sind einer Belastungspolitik ausgesetzt, und die hatten in


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 150

den letzten Jahren unter Ihrer Politik zu leiden, und daher werden Sie am 1. Oktober dafür auch Ihre Rechnung bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, den Vergleich zwischen Ihrer Finanzpolitik und der Finanzpolitik der Jahre zuvor ziehe ich auch gerne: Auf Grund Ihrer großzügigen Steuergeschenke, die Sie an Großkonzerne getätigt haben – während Sie auf die Klein- und Mittelverdie­ner völlig vergessen haben (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das geht in Ihren kleinen Kopf nicht hinein, dass man die Industrie unterstützen muss!) –, haben wir auch eine Steuer­situation, die dramatisch ist – und auf Grund der hohen Kosten der Arbeitslosigkeit haben wir, im Übrigen, natürlich auch eine Situation, die ganz dramatisch ist –: Herr Bundesminister, auf Grund Ihrer schlechten Steuerpolitik sind Sie damit konfrontiert, dass es ein Mahnverfahren der EU gibt. Das ist Ihre Steuerpolitik und Ihre Finanzpoli­tik: ein Mahnverfahren der Europäischen Union! (Beifall bei der SPÖ.)

Finanzminister Ferdinand Lacina hingegen war der beste Finanzminister Europas. Das ist ein Vergleich, den ziehe ich gerne! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Bundesministers Mag. Grasser.)

Vielleicht hätten Sie von Ferdinand Lacina einiges lernen können. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Das hätte Ihnen nicht geschadet!

Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir sind leider damit konfron­tiert, dass es auf Grund Ihrer Politik weniger Jobs gibt, dass es weniger Ausbildungs­chancen gibt (Abg. Dr. Partik-Pablé: Den Herrn Elsner hat er ausgebildet!), dass weni­ger Menschen einen Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung haben, dass die Menschen im Alter leider weniger haben (Abg. Steibl: Das ist eine Zumutung! Das ist eine bodenlose Zumutung!), dass ihre Pensionen immer weniger werden und dass wir eine soziale Schieflage haben, die in einem so reichen Land wie Österreich nicht not­wendig wäre.

Daher verspreche ich, dass wir das gerechter verteilen werden! (Abg. Fauland: Keine Drohungen!) Wir werden diese soziale Schieflage aufheben. (Abg. Großruck: ... BAWAG!) Wir werden dafür sorgen, dass im Mittelpunkt die Bekämpfung der Ar­beitslosigkeit (weitere Zwischenrufe – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wir werden dafür sorgen, dass es sehr wohl eine Steuersenkung gibt, aber nicht für die Großkonzerne, sondern für die Klein- und Mittelbetriebe und für die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen. Und wir werden dafür sorgen, dass investiert wird in die Zukunft, in die Forschung und in die Bildung. Und wir werden dafür sorgen, dass man auch in der Pension ein würdiges Leben führen kann, ohne Altersarmut (Abg. Großruck: So wie der Herr Elsner!), und dass man sich, wenn man krank ist, auch – unabhängig davon, ob man arm oder reich ist – eine gute Gesundheitsversorgung leisten kann. Dafür werden wir sorgen!

Ich sage Ihnen: 68 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sagen, durch Ihre Politik ist die Kluft zwischen Arm und Reich leider größer geworden. (Abg. Scheibner: Wo haben Sie denn da eine Umfrage gemacht? Im Karl-Marx-Hof?) Und ich denke mir, dass es mit unserem Programm gelingen wird, Österreich ein gutes Stück sozialer, ge­rechter und fairer zu machen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der „arme“ Herr Elsner!) Das ist etwas, was sich die Österreicherinnen und Österreicher wünschen. – Wir werden dafür sorgen, und die Österreicherinnen und Österreicher haben es sich auch verdient! Sie haben sich etwas Besseres verdient als Ihre Politik und als diese soziale Schieflage, die Sie zu verantworten haben! (Beifall bei der SPÖ.)

15.53



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 151

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Matznetter hat sich zu einer tatsäch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Geschäftsordnung: 2 Minu­ten und Fakten gegen Fakten. – Bitte.

 


15.54.08

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Mag. Grasser hat behauptet, dass die Angabe in der Dringlichen Anfrage der SPÖ, dass das Lohnsteueraufkommen seit 2000 um 22 Prozent gestiegen sei, nicht richtig ist.

Ich berichtige tatsächlich: Gemäß Budget des Jahres 2006 eben jenes Finanzministers beträgt das Lohnsteueraufkommen 17,7 Milliarden im Jahr 2006. Demgegenüber be­trug das Lohnsteueraufkommen 14,468 Milliarden im Jahr 2000.

Ich weiß schon, PISA-Test, geht nicht. Jene, die nachrechnen: 22,34 Prozent. – Das könnte ich für alle anderen Zahlen auch machen. Sie sollten eine PISA-Studie ma­chen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll ans Rednerpult. Seine Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Wurm: Das wird wieder teuer!)

 


15.55.09

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzmi­nister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst sagen: Ich habe Verständnis dafür, dass die Opposition heute eine Dringliche Anfrage macht. Ich habe Verständnis dafür! Wenn man so tief im roten Netzwerk des BAWAG-Skandals steckt (Zwischenruf des Abg. Parnigoni – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), versucht man Ablenkungsstrategien, Herr Kollege! Und dies, meine Damen und Herren, umso mehr, als die bisherigen Ablenkungsstrategien in sich zusammen­gebrochen sind.

Strategie Nummer 1 war: Schuld ist nicht der Dieb, schuld ist der Polizist, er hätte den Diebstahl verhindern müssen! (Abg. Parnigoni: Wenn Ihnen nichts Gescheiteres ein­fällt, das ist wirklich schlimm – für den Finanzsprecher der ÖVP! Unfassbar!) – Meinen Sie wirklich, dass irgendjemand in diesem Land wirklich glaubt, dass nicht der Eigentü­mer und die BAWAG schuld sind, sondern dass der Finanzminister schuld ist am BAWAG-Skandal?! Glauben Sie das wirklich? Halten Sie die Menschen für so dumm, meine Damen und Herren? – Strategie in sich zusammengebrochen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Die zweite Strategie war: Das waren ein paar kriminelle Manager. – Ja glauben Sie, dass das die Menschen akzeptieren – bei höchsten Politfunktionären der SPÖ: Verzet­nitsch, Tumpel, Hostasch, Weninger? – Also auch diese Strategie ist zusammengebro­chen.

Jetzt sagen Sie zu Recht: Jetzt werden wir ganz etwas anderes machen, jetzt lenken wir überhaupt vom Thema ab! Wir reden über etwas anderes! – Das verstehe ich. Ich verstehe das Bestreben einer Ablenkungsstrategie. Was ich jedoch nicht verstehe, meine lieben Kollegen von der SPÖ, ist, dass Sie sich als Thema gerade einen Bereich aussuchen, der eine klassische Erfolgsstory der Regierungspolitik ist! Das verstehe ich, ehrlich gestanden, nicht. Ein aufgelegter Elfmeter für den Herrn Finanzminister, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Materie, wo Sie einen der erfolgreichs­ten Finanzminister dieser Republik angreifen und keine Chance haben, dieses Duell zu gewinnen! – Das verstehe ich eigentlich nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 152

Ich verstehe zweitens nicht, meine Damen und Herren, dass Sie einen direkten Ver­gleich provozieren zwischen einer erfolgreichen Finanzpolitik dieser Bundesregierung und einer desaströsen Finanzpolitik führender SPÖ-Funktionäre. (Abg. Parnigoni – in Richtung Redner sowie Regierungsbank weisend –: ... desaströs!) Das wollen Sie wirk­lich? Diesen Vergleich wollen Sie durchführen? – Also das verstehe ich nicht, Herr Kol­lege. (Abg. Parnigoni:  ... desaströs!) Und, Rudi Parnigoni, wenn du noch so laut zwi­schenrufst (Abg. Parnigoni: Ja, ja: Ihr habt eine desaströse Finanzpolitik!), dann muss ich sagen, die Stärke der Zwischenrufe ist immer umgekehrt proportional zum Inhalt der Argumente, Herr Kollege Parnigoni. Genau so ist es! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Und was ich auch nicht verstehe, meine Damen und Herren, ist die Tatsache, dass Sie mit dieser Dringlichen Anfrage den direkten Zusammenhang herstellen (Abg. Dr. Witt­mann: Hochmut kommt vor dem Fall!) zwischen der Finanzpolitik dieser Bundesre­gierung (Abg. Dr. Wittmann: Sehr hochmütig!) und der BAWAG. Was ist das Verbin­dende, meine Damen und Herren? – Ja ist Ihnen nicht aufgefallen, Herr Parnigoni: die Zahl drei, 3 Milliarden €? (Abg. Parnigoni: Unglaublich!) 3 Milliarden € Steuersenkung und 3 Milliarden € Gesamtschaden der BAWAG, meine Damen und Herren! (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ: Mehr! Mehr!) Mehr noch, mehr noch! 3 Milliar­den €, um die die Regierung die Steuerzahler entlastet – und 3 Milliarden €, durch die Gewerkschaftsmitglieder belastet werden!

Rechnen Sie zusammen, meine Damen und Herren – ich habe meinen Kollegen Fritz Neugebauer gefragt –: Der durchschnittliche Gewerkschaftsbeitrag, sagte er mir, be­trägt ungefähr 250 € im Jahr. (Abg. Dr. Wittmann: Warum erwähnen Sie die Hypo Alpe-Adria nicht?) Das heißt, ein Schaden von 3 Milliarden € bedeutet, dass die Mit­gliedsbeiträge von 1,5 Millionen Gewerkschaftern von 15 Jahren in der Karibik und bei Refco versenkt wurden! 15 Jahre Mitgliedsbeiträge aller Gewerkschaftsmitglieder in der Karibik und bei Refco versenkt! – Also wer da die Bürger entlastet und wer sie be­lastet, davon würde sich der Wähler anhand dessen ein schönes Bild machen können, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ.)

Also noch einmal: Verständnis für die Ablenkungsstrategie – kein Verständnis dafür, warum Sie uns hier als Regierung den Ball auf den Elfmeter-Punkt legen. Aber wir sind dankbar dafür, gar keine Frage. Herzlichen Dank dafür! (Abg. Dr. Wittmann: Sehr hochmütig! Sehr hochmütig!)

Schauen wir uns ein bisschen die konkreten Daten und Fakten an! Ich möchte in diesem Zusammenhang ein bisschen auf den Kollegen Matznetter eingehen (Abg. Hornek: Das ist sinnlos!) und auf die „bösen Konzerne“, meine Damen und Herren. Als die großen Konzerne erstens verstaatlicht waren, zweitens große Verluste gemacht ha­ben, drittens Milliarden an Schulden gemacht haben, viertens 50 000 Arbeitsplätze ab­gebaut haben, da waren sie „gut“. Jetzt, da die Konzerne Gewinne machen, Arbeits­plätze schaffen, sind sie plötzlich „böse“. – Erklären Sie mir das, Herr Kollege Matznet­ter! Kommen Sie heraus und erklären Sie mir, warum die verstaatlichten Konzerne, die Schulden gemacht und Arbeitsplätze verloren haben, gut waren und jene Konzerne, die Zehntausende Klein- und Mittelbetriebe beschäftigen, Gewinne machen und Ar­beitsplätze schaffen, plötzlich schlecht sind!

Falsche Konzepte führen zu echten Pleiten, Herr Kollege Matznetter. Sie können nichts dafür. Ich bin froh darüber, dass Ihr Wirtschaftskonzept wieder in den Schubladen ver­schwunden ist, denn es würde sonst wahrscheinlich auch zu fürchterlichen Pleiten füh­ren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 153

Herr Finanzminister Grasser hat richtig ausgeführt – ist Ihnen das nicht aufgefallen? –: Egal, ob das der Raab-Kamitz-Kurs in den fünfziger Jahren war, ob das der Schüssel-Grasser-Kurs jetzt ist, immer dann, wenn Steuersätze gesenkt werden, bewirkt dies einen Wirtschaftsaufschwung, und der Wirtschaftsaufschwung bedeutet mehr Arbeits­plätze, mehr Einkommen, mehr Steueraufkommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) Das ist ja eine Banalität, Herr Kollege Matznetter. Das haben Sie nicht verstan­den? Da brauchen Sie offensichtlich Nachhilfeunterricht. Das ist der typische Zusam­menhang einer erfolgreichen Steuerpolitik: Runter mit den Sätzen heißt Wirtschaftsauf­schwung, heißt mehr Einkommen, heißt mehr Arbeitsplätze, heißt mehr Steueraufkom­men! Eine Win-Win-Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns die Fakten an. Kollege Matznetter hat vorher eine tatsächliche Berich­tigung gemacht. Eigentlich hätten ja wir gleich nach der Rede des Kollegen Matznetter ans Rednerpult kommen müssen!

Was steht da zum Beispiel in der Dringlichen Anfrage in der letzten Zeile? – Die Pen­sionen in Österreich wurden stark gekürzt.

Meine Damen und Herren, was heißt denn das? Sie verwechseln uns mit Rot-Grün und Deutschland. Dort gab es sieben Jahre lang keine Pensionsanpassung – unvor­stellbar! Bei einer jährlichen Preissteigerung von 2 Prozent entspricht das de facto einer Pensionskürzung von 15 Prozent.

In Österreich gibt es jedes Jahr Pensionserhöhungen: Erhöhung der Mindestpensionen in diesen sechs Jahren um 100 € für Alleinstehende. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bau­er.) In den sechs Jahren SPÖ davor gab es 29 € Erhöhung! Erhöhung der Mindestpen­sionen für Ehepaare um über 200 €. – Das ist soziale Verantwortung!

Sozial ist, wer Arbeit schafft. Und wer Arbeit schafft, kann dann auch Gewinne vertei­len, meine Damen und Herren. Das ist die Basis unserer sozialen Verantwortung, die wir wahrnehmen.

Und lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas sagen, meine Damen und Herren.

Es ist interessant, dass es jetzt so ruhig geworden ist, das freut mich! Ihre Zwischen­rufe haben die Wirkung verfehlt. Danke vielmals, das haben Sie damit eingestanden!

Lassen Sie mich auch noch Folgendes sagen: Wir haben seinerzeit bei der politischen Wende im Frühjahr 2000 bewusst gesagt, wir machen eine strategische Planung nicht für eine Legislaturperiode, sondern für die Periode 2000 bis 2010. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Abg. Öllinger: Da ist etwas daneben gegangen!)

Schauen Sie sich jetzt die Kennzahlen an, Herr Kollege Matznetter, da können Sie noch so viel nörgeln, noch so viel Schwarzmalerei betreiben – mich wundert ja, dass ein Roter so viel schwarzmalen kann (Abg. Schieder: Sie werden nicht schwarz, sie werden rot, wenn Sie das sagen!), aber okay, sei es drum –: Wir werden diese Ziele früher erreichen, als wir uns seinerzeit vorgenommen haben. Wir sind gut unterwegs, und wir sind überzeugt und selbstbewusst genug, dass wir den Auftrag der Wählerin­nen und Wähler bekommen, diese erfolgreiche Politik für die nächsten Jahre fortzuset­zen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


16.02.36

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat sich ja


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 154

schon für diese Dringliche Anfrage bedankt. Kollege Matznetter muss uns nicht Leid tun dafür, dass er hier sozusagen als Notnagel auftritt und ein dringliches Anfragerl be­gründen muss. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Leid tun muss einen nur der Sekretär, der das schreiben musste, denn ich glaube, der wird sich nicht wohl gefühlt haben. Ich stelle mir das so vor: Kurz vor dem Einbringen, eine Viertelstunde vorher wird der Kollege Cap gekommen sein und gesagt haben: Wir müssen irgendetwas einbringen, denn vielleicht wird sonst irgendetwas zur BAWAG oder irgendetwas Unangenehmes eingebracht! Haben wir nicht irgendetwas in der Schublade? – Dann hat man halt diese Zeilen zusammengeflickt und schnell noch sechs Anfragen geschrieben (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), hat den Kollegen Matznetter sozusagen zur Strafaktion eingeteilt, das hier zu begründen. Das kennen wir schon. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ein bisschen mehr Genauigkeit hätten wir uns erwartet, aber da kann der Sekretär nichts dafür. Ihr werdet es wahrscheinlich nicht einmal mehr durchgelesen haben. Da steht nämlich, dass die indirekten Steuern, die Umsatzsteuer, so stark gestiegen seien. Ich zumindest weiß nichts davon! Vielleicht hat man die deutschen Verhältnisse heran­gezogen, wo es nach vielen Jahren Rot-Grün notwendig ist, die Umsatzsteuer stark anzuheben. In Österreich haben wir diese furchtbare Situation Gott sei Dank nicht. Alleine schon das ist falsch. (Abg. Mag. Kogler: In Deutschland ist die Steuer- und Ab­gabenquote wesentlich niedriger!) – Ja, ja, auch das Defizit! Verteidigt das nur weiter!

Ich sage euch nur: Eure Dringlichen Anfragen sind ja wenigstens noch wirklich mit Kern gefüllt. Auch wenn man sich manchmal ärgert, man kann darüber diskutieren. Aber so etwas als Dringliche Anfrage einzubringen, ist eigentlich eine Verhöhnung hin­sichtlich eines Oppositionsmittels – das sollte man in Bezug auf die Geschäftsordnung einmal festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Sie sind ja sonst nicht so vernunftresistent!)

Frau Kollegin Bures, wir sind ja gerne Ihre Sparringpartner für Ihr Wahlkampfredentrai­ning. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie geniert sich ja!) Vielleicht, Herr Kollege Matznetter, sagen Sie uns, wo Sie dann im September auftreten werden. Wir kommen gerne und schauen uns dann einmal in der Realität an, wie das ankommt – vielleicht im Karl-Marx-Hof oder sonst irgendwo. Wir kommen gerne hin und hören uns an, ob das die Leute glauben – ich denke nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren, es gehört ja schon wirklich einiges an schauspielerischer Qualität dazu, dass man sich ans Rednerpult stellt, wie das Frau Kollegin Bures ge­macht hat, um sich dann als die Vertreterin der Armen, Schwachen in Österreich auf­zuspielen und auf die hohe Steuerlast, auf die hohen Abgaben, auf die Kollektiv­verträge, auf die Lohn- und Einkommenssituation hinzuweisen und zu jammern, wie furchtbar das alles ist. (Abg. Bures: Auf Grund der Belastungspolitik!)

Frau Kollegin Bures! Wie ist denn das in Österreich? Legt die Bundesregierung die Löhne fest? (Zwischenrufe der Abgeordneten Bures und Dr. Matznetter.) Wer legt denn die Löhne fest? – Das sind die Sozialpartner – Stichwort: Kollektivverträge! Wer war in den letzten Jahren dafür verantwortlich, dass es höhere oder niedrigere Löhne gab, Frau Kollegin? (Abg. Bures: Sie!) Auf Ihrer Seite der Österreichische Gewerk­schaftsbund.

Jetzt frage ich Sie: Wer hat denn den Österreichischen Gewerkschaftsbund so weit ge­bracht, wie er jetzt ist, dass er eben überhaupt keine Möglichkeit, keine Machtposition hat, die von Ihnen kritisierte schlechte Einkommenssituation – ich weiß ja nicht, ob es stimmt, Sie behaupten es – zu verbessern? (Abg. Bures: Warum haben Sie keine Steuerreform für diese Menschen gemacht?) – Wir hätten keine Steuerreform ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 155

macht? Sie haben die letzten sechs Jahre geschlafen, das ist mir schon klar. Ich weiß ja nicht, wie Ihre Realitäten sind – das kann ich nicht beurteilen. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Bures.)

Wir haben die größte Steuersenkung in der Geschichte der Zweiten Republik gemacht. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Sie sind in den neunziger Jahren stecken geblie­ben! Das verstehen wir: Der Schock der Wahlen 1999 und der Regierungsbildung 2000 sitzt Ihnen ja jetzt noch in den Knochen! Und dass das so eine positive Entwicklung genommen hat, sitzt Ihnen auch noch in den Knochen. Sie haben ja damals gehofft, dass diese Bundesregierung auf Grund Ihrer Demonstrationen und der Sanktionen, die Sie bestellt haben, nach wenigen Wochen wird abdanken müssen und Sie Ihre Wirt­schaft werden weitermachen können.

Im Jahr 1999 gab es dann folgende Situation: höchstes Defizit, höchste Steuern- und Abgabenquote und eine Problematik in der Wirtschaftsentwicklung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.) Das wollten Sie schön weitermachen, denn damals hat man ja auch schon Spekulationen bei der REFCO und bei der BAWAG und beim ÖGB gemacht – ohne Kontrolle! (Abg. Bures: Ach so?) Das hätte man gerne noch weitergemacht, Frau Kollegin Bures!

Wir sind einen anderen Weg gegangen. Und es ist richtig: Wir mussten am Anfang, in den Jahren 2000 und 2001 die Steuerquote anheben, um das Budgetdefizit, das Sie uns hinterlassen haben, zu sanieren. Das haben wir auch klar und deutlich gesagt, aber wir haben auch gesagt, das muss sich für die Sanierung auswirken. Wir haben es geschafft: Das Nulldefizit ist gelungen. (Abg. Bures: Das ist in Ihrer Regierungszeit ge­stiegen!)

Weiters haben wir gesagt: Als zweiter Schritt muss diese Steuer- und Abgabenquote gesenkt werden. Genau deshalb haben wir diese Steuersenkung – gegen Ihre Stim­men – durchgesetzt und freuen uns, dass heute die Steuer- und Abgabenquote wieder bei 40 Prozent ist. Man wird weitermachen müssen, Herr Finanzminister, Sie selbst ha­ben es gesagt: Eine Steuersenkung rechnet sich in Wahrheit von selbst. Wir erwarten uns daher auch, dass weitere Schritte folgen werden. (Abg. Dr. Cap: Warum betreiben Sie keine bessere Politik?)

Ja, dein besorgtes Gesicht verstehe ich. Wenn es nämlich wirklich darum geht, die Ar­men und die Leute in den unteren Einkommensschichten zu belasten, gibt es ja andere aus eurem Bereich, die da ordentlich in die Taschen greifen – so ganz unbeachtet von der großen Öffentlichkeit, etwa auf der Landesebene, in Wien.

Frau Kollegin Bures, Sie sind ja auch Wien-Abgeordnete. Es ist nicht lustig! Sie stellen sich schauspielerisch ans Rednerpult ... (Abg. Bures: Ihre Rede ist so lustig!) Ihnen wird das Lachen schon vergehen, denn die Leute, die Sie zu vertreten vorgeben, wer­den nämlich belastet: etwa über die Erhöhung der Kanalgebühren im Jahr 2006 um 28 Prozent, die Gebühren für die Müllentsorgung ab 1. März 2006 um 20 Prozent, die Erhöhung der Gaspreise bei dem schweren Winter ab 1. März 2006 um 17 Prozent, die Erhöhung der Strompreise um 5 Prozent, meine Damen und Herren.

Das trifft alle, ohne jede Einkommensbeschränkung. Das haben Sie, das hat Ihre rote Stadtverwaltung in Wien gerade den unteren Einkommensschichten verordnet! Und dann kritisieren Sie hier vom Rednerpult aus noch die Steuerentlastung der Bundesre­gierung! Dazu gehört wirklich eine gute schauspielerische Leistung, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Was wollen Sie denn in Wahrheit? Sie sind doch die Steuererhöhungspartei! Kollege Matznetter kritisiert hier die KöSt-Senkung. Kollege Matznetter, haben Sie so ein kur­zes Gedächtnis, dass Sie Ihre eigenen Anträge nicht kennen? Im Jahr 2002 haben Sie


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 156

selbst die Absenkung des Steuersatzes auf bis zu 25 Prozent verlangt. Und Sie haben dann im Jahr 2003 gesagt, das wäre eine Signalwirkung und als Marketingmaßnahme für den Wirtschaftsstandort Österreich zu verstehen. – Jetzt auf einmal sind Sie dage­gen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Freilich, wir haben es umgesetzt, Gott sei Dank. Wir sehen, dass der Wirtschaftsstand­ort Österreich belebt worden ist, dass sich Wirtschaftsbetriebe wieder ansiedeln. Aber da fallen Sie wieder in den alten „Murks und Marx“ hinein, wo Sie sagen: Gewinn ist ein Verbrechen! – so, wie Sie es jetzt gesagt haben.

Wir sind froh darüber, dass die österreichischen Unternehmen Gewinne machen, denn dann können Sie wieder mehr Leute beschäftigen. Das steigert die Kaufkraft und er­höht das Steueraufkommen, so wie wir das heute hier auch wieder gehört haben. (Abg. Bures: Aber Sie glauben das selbst nicht, was Sie sagen!)

Frau Kollegin Bures, ich glaube das schon. Sie glauben das hoffentlich nicht selbst, was Sie gesagt haben, als Sie wieder über die schlechte Einkommenssituation referier­ten und sagten, wir würden nicht verstehen, wovon wir reden. (Abg. Bures: Ich habe Sie für intelligenter gehalten!)

Verstehen Ihre Spitzenfunktionäre, wovon Sie reden, etwa die ÖGB-Aufsichtsräte in der BAWAG, die als Nebengschafterl für vier Sitzungen im Jahr, fürs Nichts-sehen, Nichts-reden und Nichts-wissen-wollen 22 000 € im Jahr bekommen haben? Das ist ein Durchschnittseinkommen von den Leuten, die Sie vertreten wollen! 22 000 € dafür, nichts zu wissen, keine Verantwortung zu übernehmen – als Nebengeschäft für Ge­werkschaftsfunktionäre. Wunderbar! Ich habe von Ihnen nicht gehört, dass es da Kon­sequenzen gäbe. Da werden Einkommensbeschränkungen für die Spitzenfunktionäre im ÖGB verordnet. Was war das? 11 000 €, Kollege Cap? 11 00 € für einen Arbeitneh­mervertreter als großes Signal der Reformbereitschaft? Sind das die Signale?

Oder wie ist das mit den 300 000-€-Jobs für den Herrn Elsner als „Belohnung“ für seine 4-Milliarden-€-Pleite? Frau Kollegin Bures, 4 Milliarden €! Was könnte man da für die von Ihnen angeblich vertretene Bevölkerungsgruppe alles leisten? Das ist halt die Rea­lität, die sich von Ihren Theorien ganz stark abhebt.

Eine Zahl noch: Müssten wir die Zinsen und die Schuldenrückzahlungen Ihres Schul­denberges nicht nach wie vor bedienen, hätte wir in sechs Jahren dieser Wendere­gierung einen Überschuss von 20 Milliarden € erwirtschaftet! (Abg. Bures: Das ist so absurd!) 20 Milliarden €, die wir dem Steuerzahler zurückgeben könnten! Diese zahlen aber heute noch für die Schulden, die Sie in 30 Jahren erwirtschaftet haben. – Das ist die Realität, meine Damen und Herren! Und trotz dieser Bürde haben wir Österreich weitergebracht.

Sie haben eine Drohung ausgesprochen. Sie haben gesagt, wenn Sie wieder in der Regierung sind, dann werden Sie das alles anders machen. (Abg. Bures: Soziale Schieflage beseitigen!) Und Sie haben dann noch gesagt, Sie wurden gewählt dafür, eine gute Politik zu machen, und der Wähler werde das entscheiden.

Wenn ich mir das alles anhöre, was Sie hier bei diesem Dringlichen Anfragerl bringen, wo Sie sich selbst nicht ernst nehmen, dann muss ich sagen: Wir werden alles daran­setzen, dass Ihre Vision wirklich eine Vision bleibt und dass Sie Ihre Energien noch lange in Dringliche Anfragen stecken. (Abg. Bures: Sie haben ein schlechtes Gewis­sen!) Wir werden unsere Energie auch weiterhin dahingehend einsetzen, dass es Ös­terreich gut geht und dass Österreich auch in Zukunft gut und aktiv und modern regiert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.12



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 157

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das An­hängsel von der SPÖ! Verteidiger! Pflichtverteidiger!)

 


16.13.04

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Bei allem Wahlkampftraining, das hier absolviert wird, kann man es sich vielleicht doch leisten, auf ein paar grundsätzliche Fragestellungen hinzuweisen. Das Thema lautet offensichtlich „Steuerreformen, Steuersystematiken“.

Eins vorweg: Aus der Sicht unserer Fraktion geht es nicht primär darum, Herr Finanz­minister, diesem Quotenfetischismus zu frönen und einfach immer zu behaupten: 38 Prozent, 36 Prozent, 34 Prozent – man hat auch schon 33 Prozent gehört –, die Steuer- und Abgabenquote ist viel besser als etwas anderes, weil sie niedriger ist! – Wir werden darauf noch zurückkommen.

Umgekehrt ist natürlich auch klar, meine Kolleginnen und Kollegen von den Sozialde­mokraten, dass wir die Defizitentwicklung auch im Auge haben müssen, denn manch­mal habe ich das Gefühl, wenn ich den Vorschlägen zu den Maßnahmen zuhöre, dass zwar alles Mögliche auf der Ausgabenseite gefordert wird, aber auf der Einnahmen­seite ein gewisser Lapsus Einzug hält. Dieser Verdacht, den ich da immer wieder hege, ist wieder bestätigt worden, wenn ich diese Anfrage betrachte – ich beginne mit diesem Teil.

Es hat auch statistisch wenig Sinn, Kollege Matznetter, einfach Zeitreihen in der Lohn­steuerentwicklung, im Umsatzsteueraufkommen et cetera herzunehmen. Was soll uns das sagen? – Der Finanzminister hat es kurz angedeutet, aber im Prinzip gibt es meh­rere Bestimmungsgrößen für das Aufkommen der Lohnsteuer: Einer ist natürlich der Mengeneffekt der Beschäftigung zu Beginn, der zweite ist der Preiseffekt, entspre­chend dem Steigen der Löhne, und der dritte ist, dass die Progression entsprechend greift, wenn die Löhne steigen.

Es ist nicht so verwunderlich, dass die Lohnsteuereinnahmen, also das Aufkommen steigt. Darin würde ich noch nicht so sehr ein Problem orten. Das Problem liegt in der Gesamtstruktur des Steuersystems. Darauf wird gleich noch einzugehen sein. (Abg. Dr. Matznetter: Wenn die Lohnquote sinkt, kann nicht die Lohnsteuer steigen!)

Nein, die Lohnquote – das ist eine davor liegende Frage – gemessen am gesamten Realeinkommen sinkt tatsächlich, das ist richtig. Trotzdem ist es so, dass in der Zeit­reihe absolute Zahlen vergleichen werden, wenn man sagt, es steigt um 22 Prozent. Man müsste dann auch die Anteile vergleichen. Überfordern wir aber jetzt unsere Kol­legen und Kolleginnen hier herinnen nicht, Kollege Matznetter! Das ist ja die Schwäche dieses Konzeptes und dieser Anfrage, dass man einfach eine lineare Zeitreihe als Be­gründung für etwas hernimmt.

Fakt ist natürlich – das ist die Primärverteilung, bevor die Steuersystematik überhaupt greift –, dass die Lohnquote, also der Anteil der Lohneinkommen am Gesamteinkom­men ständig zurückfällt. Das ist tatsächlich eine Frage, der man sich zuwenden muss, wo man sich fragen muss, wie man das bekämpft. Natürlich kann man da über die Steuersystematik umverteilend eingreifen – und das sollen und wollen wir auch. Die 22 Prozent, die da steigen, sind einfach eine redundante Erklärung.

Genauso ist das bei der Umsatzsteuer. Diese steigt eben entsprechend dem Aufkom­men des BIP in einem bestimmten Maß. Das ist aus meiner Sicht völlig unaufregend.

Die wirklichen Fragestellungen – da sind wir uns dann vielleicht schon wieder eine Spur näher – sind doch folgende: Wie hoch ist die Steuer- und Abgabenquote? Die je-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 158

weilige Antwort ist einfach ideologiedurchtränkt. Das ist einfach so, dazu müsste man sich bekennen. (Abg. Mag. Molterer: Das ist auch gut so!) – Ja, das ist in Ordnung!

Die andere Sache ist dann immer noch: Wie ist die Struktur des Steuer- und Abgaben­aufkommens auf bestimmter Höhe?

Zunächst zur ersten Frage: Offensichtlich sind wir schon die einzigen, die sich dazu be­kennen, dass wir auch vor Wahlen nicht durch die Lande rasseln und Steuersen­kungen gleich welcher Klientel gegenüber versprechen sollten. Wir sind der Meinung, es ist nicht so viel zu versprechen. Es ist auch nicht primär schlecht, wenn die Steuer- und Abgabenquote bei 40 oder 41 Prozent liegt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donner­bauer.)

Da geht es schlicht und ergreifend um die Vorfrage und um die Beantwortung der Fra­gen: Wie finanzieren wir die Bildungsoffensive? Wie finanzieren wir oder wie erhalten wir uns überhaupt den Spielraum, um Armutsbekämpfung und wenigstens in dem Aus­maß Umverteilung zu betreiben, wie es aus sozialpolitischen Überlegungen nur not­wendig erscheinen kann, ohne deshalb gleich wieder einen „Marx-Vorwurf“ ernten zu müssen, weil das nämlich ohnehin in relativ bescheidenem Ausmaß geschieht.

Genau für diese Dinge braucht es ein staatliches Manövriervolumen. Das liegt eben im Budget, und wenn das kein besonders Defizit verursachen soll, was wir auch nicht wol­len – da bin ich mir eben nicht so sicher –, dann brauchen wir entsprechende Steuer- und Abgabeneinnahmen! (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Finanzminister ist ja konsistent. Ich würde mich wirklich fragen, ob das der ÖVP-Philosophie, der christlich-sozialen Wirtschaftslehre entspricht, herumzurennen und einfach zu sagen, dass mit aller Gewalt Steuern und Abgaben gesenkt werden sollen. Ich weiß nicht, wo das hinführen soll. Sie verlieren selbst viel Spielraum für die Umsetzung dessen, was Sie vorhaben.

Herr Kollege Stummvoll, es war schon eine Spur enttäuschend, dass Sie dann selbst das verstärken und sagen: Die Senkung der Steuersätze – und damit auch des Auf­kommens zunächst einmal – führt immer dazu, dass am Schluss das Aufkommen steigt. – Das mag sein, wenn das Abgabenaufkommen auf einem bestimmten hohen Niveau ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Wenn man einmal weit genug nach unten gegangen ist, dann stimmt die Rechnung nicht mehr.

Das ist im Übrigen so ähnlich wie die Frage der Gegengeschäfte, da müssten wir auch doppelt so viele Abfangjäger kaufen, um dann noch einmal doppelt so viele wunder­wirksame Gegengeschäfte zu machen. Irgendwann hört sich diese Rechnung auf. Das ist ein bisschen eine Hausnummern-Ökonomie. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) In den USA ist es dem wegweisenden Ökonomen Präsident Reagan ja gelungen, diese Philosophie auf einen Bierdeckel zu knallen – und das hat ihm so gut gefallen, seitdem ist das als Bierdeckel-Ökonomie bekannt, was Sie hier verbreiten. Davon halte ich nichts. Darüber kann man reden, wenn man ganz hohe Steuer- und Abgabenquoten hat und am Schluss nichts Gescheites damit öffentlich finanziert wird, denn das führt zwangsläufig zur Ineffizienz im öffentlichen Bereich.

Zur Steuerstruktur: Wo sind denn die Probleme in Österreich? – Unabhängig davon, wie sich die Dinge in den letzten zwei bis vier Jahren verschoben haben mögen, sind es im Wesentlichen immer noch die gleichen Probleme; teilweise haben sie sich ver­schärft, da gebe ich Ihnen Recht, Kollege Matznetter. Sie liegen darin, dass wir unter dem Strich ein kaum umverteilendes Steuersystem haben, wenn wir alle Effekte zu­sammenzählen, nämlich die Lohnsteuer, vor allem aber die Abgaben, die Sozialver­sicherungsabgaben. Das ist nämlich Flat-Tax pur: Die Sozialversicherungsabgaben ar­beiten wie eine Flat-Tax, schlimmer noch, durch die Höchstbemessungsgrundlage er-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 159

spart man sich oben sogar noch etwas. Das alles führt dazu, dass unser Steuersystem am Schluss nicht umverteilend wirkt.

Nun wurde gesagt: Das kann man wollen. Wir wollen das aber anders. Die indirekten Steuern haben einen relativ hohen Anteil, die ökologischen Effekte im System sind re­lativ bescheiden ausgebaut, und dann kommt noch etwas hinzu – auch das muss man sich einmal anzusprechen trauen, und wir tun das –: Wir haben in Österreich eine Ver­mögensverteilung, die wesentlich ungleicher ist als die in der Bundesrepublik oder in anderen europäischen Staaten. Ich sage Ihnen nur Folgendes: Nach dem Bericht des Sozialministeriums besitzen in Österreich 1 Prozent ein Drittel des Vermögens, 10 Pro­zent schon zwei Drittel, und für die restlichen 90 Prozent bleibt nur noch ein Drittel übrig.

Jetzt kann man sagen – Herr Staatssekretär, Sie sind ja für diese Formulierung Pate gestanden –, dass bei uns die Erbschaftssteuer und die Schenkungssteuer schon eine Bagatelle sind. Also aufheben? – Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Es geht nicht darum, dass man die kleine Erbschaft der kleinen Häuselbauerin über Gebühr belastet; da kann man mit großzügigeren Freibeträgen noch viel machen. Aber was hier geschehen ist, ist, dass wir Schlusslicht in Europa und in der OECD bei den Vermögenssteuern sind, und da geht es um jene Bereiche, in denen wirklich hohe Ver­mögen kumuliert werden. Das halte ich nicht für gescheit. Ich halte das steuerpolitisch auch ein bisschen für schändlich, wie es bei uns zugeht, und wir sollten da einmal mit ein paar Privilegien aufräumen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Da geht es in erster Linie um die Stiftungsprivilegien. Diese kann man so gestalten – Sie wissen das ganz genau –, dass nicht, wie Sie sonst antworten würden, gleich das ganze Kapital sich selbst in die Hand nimmt, wie das berühmte scheue Reh nach Liechtenstein hüpft und, husch, weg ist. Da kann man schon noch sehr viel tun, um Un­gerechtigkeiten zu beseitigen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Denn: Mittlerweile gibt es – das sollte Sie interessieren – mehr Stiftungen als Aktienge­sellschaften! Wie kann denn das sein? – Weil alle ihr Vermögen dort verramschen, weil sie überhaupt keine Steuern mehr zahlen wollen. Hätten wir doch ein Gesetz gemacht, dass besonders reiche Vermögende keine Steuern mehr zahlen, das wäre ehrlicher gewesen! – Das Zitat habe ich mir im Übrigen ausgeborgt, das stammt aus Ihren Rei­hen.

Jetzt muss ich Ihnen sagen, es braucht keinen Quotenfetischismus, der unbedingt nach unten weist, und keine Bierdeckel-Ökonomien, sondern es ist einfach die Frage zu beantworten: Wie wollen wir das Steuersystem umstrukturieren? – Das ist ganz ein­fach: Im Bereich der Lohnsteuer kann man mit der negativen Einkommensteuer unten sehr viel machen; das ist angesprochen worden. Herr Finanzminister, das würde im Übrigen auch einmal das Defizit beseitigen und mit Ihrer Mär aufräumen, dass mit der letzten Steuerreform alle entlastet worden wären. Natürlich waren mehr als eine Million davon überhaupt nicht betroffen, weil sie zuvor schon keine Steuer gezahlt hatten – aber nur im Lohnsteuerbereich, die anderen Abgaben zahlen sie natürlich sehr wohl! Die sind aber gestiegen, daher hat sich die Umverteilungs-Schräglage in diesem Be­reich verschärft. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Deshalb geht es um eine Umstrukturierung des Steuersystems, damit wir erstens ein­mal etwas finanzieren können – Armutsbekämpfung, Bildungsoffensive, das sollte Ihnen auch nicht mehr fremd sein –, und die restlichen Elemente des Steuersystems sollten dazu führen, dass wir auf der einen Seite Realinvestitionen fördern und auf der anderen Seite noch ein paar ökologische Elemente unterbringen. So viel Spielraum, wie Sie vorgeben, haben wir nicht, es gibt nichts zu verschenken. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

16.23



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 160

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Katzian. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck  in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Katzian –: Wie komme ich mit 11 000 € über die Runden?)

 


16.23.41

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Herr Scheibner, Sie haben sich hier heute demas­kiert – ich glaube, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen, was sie davon zu halten haben –: Sie sagten im Zusammenhang mit dieser Debatte kein Wort über die steigende Armut in Österreich, Sie sagten aber, dass Sie sich über die Vielzahl von steigenden Gewinnen freuen.

Ich glaube, jeder weiß, wie er das einzuschätzen hat. Dem ist nichts hinzuzufügen. (Abg. Scheibner: Die Arbeitsplätze ...!) Und unter uns gesagt: Bei den Umfrageergeb­nissen hinsichtlich Ihrer Partei würde ich mich hüten, hier an den Wähler zu appellie­ren. (Abg. Scheibner: Im ÖGB werden die Arbeitsplätze ...!) Sie werden die Rechnung für das, was Sie getan haben, sowieso präsentiert bekommen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Jetzt vernichten Sie sogar die eigenen Arbeitsplätze ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Frau Kollegin, Sie kommen ohnehin als Nächste dran. Sie können ja nachher sagen, welcher Meinung Sie sind.

Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat erklärt (Abg. Scheibner: Sind Sie dann im November noch hier?): Liebe Leute in Österreich, fühlen Sie sich ent­lastet! – Die Menschen haben kurz innegehalten, sie haben gemerkt, dass sie irgend­wie nicht entlastet sind, und weil sie sich nicht ausreichend entlastet fühlen, bekommen wir hier Länge mal Breite Zahlenfriedhöfe vorgelegt. Diese Zahlenfriedhöfe ... (Abg. Scheibner: Ist das Ihre Abschiedsrede?)

Oh, das würde ich aber nicht tun, Herr Abgeordneter Scheibner! Wenn Sie mir sagen, dass das meine Abschiedsrede ist (Abg. Scheibner: Ich frage Sie!), dann würde ich einmal nachschauen, wie die Umfrageergebnisse hinsichtlich Ihrer Partei sind, und würde dann die Frage stellen, wer hier eine Abschiedsrede zu halten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ungeachtet der Zahlenfriedhöfe, die wir präsentiert bekommen, meine Damen und Herren, ist ja die eigentliche Frage, die sich stellt und die meiner Meinung nach die Sauerei – ich verwende das Wort ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das Wort „Sauerei“ verwenden wir im Hohen Haus nicht! Nehmen Sie es zurück, Herr Abgeordneter?

 


Abgeordneter Wolfgang Katzian (fortsetzend): Ich nehme dieses Wort zurück, Herr Präsident.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank.

 


Abgeordneter Wolfgang Katzian (fortsetzend): Selbstverständlich nehme ich dieses Wort zurück. Ich werde mir erlauben, dann auch darauf hinzuweisen, wenn andere dieses Wort in den Mund nehmen.

Mir geht es um das, was immer wieder all jenen geschieht, die aufzuzeigen versuchen, wie es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich geht und auf welche Art und Weise sie belastet werden. Sie zeigen auf, dass wir einen dramatischen An­stieg der Armut in Österreich haben, sie zeigen auf, dass wir eine dramatische Arbeits­losigkeit haben, ein dramatisches Ansteigen prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Aber wenn man das tut, dann wird immer wieder behauptet: Das sind die, die unser Land


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 161

schlechtreden, und das sind die, die schwarz malen. (Ruf bei der ÖVP: Genau das ist es!)

In Wirklichkeit wollen Sie das nicht haben, dass es hier Menschen in unterschiedlichs­ten Funktionen gibt, die die Wahrheit aussprechen. (Abg. Amon: Schauen Sie einmal Ihre Partei an!) Die Wahrheit ist, dass es einen dramatischen Anstieg der Armut gibt. Die Wahrheit ist, dass es eine Zunahme bei der Arbeitslosigkeit gibt, umgerechnet in Vollzeitäquivalente. Und die Wahrheit ist, dass die prekären Dienstverhältnisse zuneh­men. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie Gegenrufe bei der SPÖ.) Wir haben heute um 85 000 Vollzeitbeschäftigte weniger, als es noch vor sechs Jahren der Fall war. Aber wir haben eine Zunahme bei den prekären und Teilzeitverhältnissen um 43 Prozent seit dem Jahr 2000.

Das ist die Realität! Die wollen Sie nicht hören, daher sind alle, die das ansprechen, „Land-Schlechtmacher“ und „Schwarzmaler“. Das ist ein Schmäh, den Ihnen niemand abnehmen wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zur Entwicklung der Realeinkommen: Lieber Herr Scheibner, Sie haben zuvor in Ihrem Diskussionsbeitrag natürlich auch deutlich gemacht, dass Sie von Kollektivver­tragspolitik nicht sehr viel verstehen. Ich möchte daher versuchen, einen kurzen Abriss darüber zu geben, wie das funktioniert. (Abg. Scheibner: Wer verhandelt denn die Löhne?)

Meine Damen und Herren! Faktum ist, dass die österreichischen Gewerkschaften und die Wirtschaftskammer sowohl im Herbst des vergangenen Jahres als auch im Früh­jahr dieses Jahres eine sehr erfolgreiche Kollektivvertragspolitik durchgeführt haben (Abg. Scheibner: Aber Frau Kollegin Bures sagt, das ist alles zu niedrig!), eine erfolg­reiche Kollektivvertragspolitik mit Abschlüssen über der Inflationsrate. (Abg. Scheib­ner: Dann sagen Sie das der Frau Kollegin Bures! – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Wenn daher trotz erfolgreicher Lohnabschlüsse und Gehaltsabschlüsse die realen Ein­kommen stagnieren, dann hat das zwei Gründe. (Abg. Scheibner: Niedrige Löhne ...!) Der eine Grund ist, dass es weniger Vollzeitbeschäftigung und mehr prekäre und Teil­zeit-Dienstverhältnisse gibt. Der zweite Grund ist, dass es eine Steuer- und Abgaben­politik gibt, die den Menschen ein Vielfaches von dem, was Sie draufbekommen, wie­der wegnimmt. Das ist eine Tatsache. Die Körperschaftsteuer sinkt, die Lohnsteuer steigt (Abg. Scheibner: Nein, das war nicht die Behauptung von Frau Kollegin Bures!), und die Arbeitnehmer zahlen einen großen Teil der Erhöhung, die wir für sie heraus­verhandeln, wieder an den Staat zurück.

Meine Damen und Herren! In Wirklichkeit war die „größte Steuerreform in der Ge­schichte“ ein Über-Schmäh, der nicht einmal das Papier wert ist, auf dem das geschrie­ben ist (Abg. Murauer: Wer hat Ihnen denn das ausgerechnet?), weil sie für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer nicht die entsprechenden Ergebnisse gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie machen sich ...!)

Meine Damen und Herren! Wenn es Ihnen wirklich darum geht, für die Mindesteinkom­men- und für die kleinsten Einkommensbezieher etwas zu tun (Abg. Murauer: Wer hat Ihnen das ausgerechnet? Ich hoffe, niemand vom ÖGB!), dann frage ich Sie: Wieso gibt es immer noch Bereiche, in denen wir den Mindestlohn von 1 000 € nicht durchge­setzt haben? – Ich kann Ihnen sagen, sie sind in Ihrem Nahbereich angesiedelt. Ein paar ernste und aufmunternde Worte etwa an die Ärzte und an die Rechtsanwälte wür­den dafür sorgen, dass wir auch in diesem Bereich bald einen Mindestlohn von 1 000 € im Kollektivvertrag verankern könnten. In diesen Bereichen wird das nämlich seit Jah­ren blockiert. – Da sind Sie jetzt schmähstad, denn da fällt Ihnen nichts mehr dazu ein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 162

Es geht darum: Die Kleinen sollen „abgeräumt“ werden, die Großen sollen gewinnen. Dieser Politik muss ein Ende gesetzt werden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.29.51

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Katzian, natürlich haben Sie Ihre Abschiedsrede gehalten – außer Sie haben es mit Ihrem Vor­sitzenden noch nicht wirklich besprochen, ob Sie herinnen sitzen dürfen oder nicht.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, da Sie jetzt davon gesprochen haben, dass der Mindestlohn von 1 000 € nicht durchgesetzt worden ist: Die Gewerkschaft verhandelt ja, bitte, warum haben Sie es dann nicht durchgesetzt? Und warum stimmen Sie immer wieder zu? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das muss man hier schon auch einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Matznetter, ich glaube, dass Sie heute wieder einmal das „Steuerberater-Kapperl“ heruntergenommen und sich das „SPÖ kann nicht wirtschaften-Kapperl“ auf­gesetzt haben. Denn: Was soll diese Dringliche Anfrage bedeuten? – Ich bin zwar kein Fußballfan, aber ich meine, wir haben doch eine sehr große Freude, weil das ein glat­ter Elfer ist, den Sie uns hier aufgelegt haben. Auch der Herr Finanzminister hat sich gefreut, weil er jetzt natürlich wieder seine erfolgreiche Wirtschafts- und Steuerpolitik präsentieren durfte. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Ihre Mieselsüchtigkeit hilft Ihnen über­haupt nicht weiter. Hätten Sie der Steuerreform zugestimmt, dann hätten Sie wenigs­tens das bekommen, was wir heute haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In puncto Lohnsteuer: Herr Matznetter, Sie wollen ein Experte sein? – Das ist eine Milchmädchenrechnung. Wenn wir bei der Einkommensteuer die Stufen senken und im untersten Einkommensbereich sogar 2 555 000 Menschen, 46 Prozent aller Steuer­pflichtigen, keine Steuer mehr zahlen, dann ist das nichts? – Hätten Sie dem zuge­stimmt! Wir haben uns sehr wohl dafür entschieden, dass die Menschen in den unteren Einkommensschichten entlastet werden.

Warum ist die Lohnsteuer jetzt trotzdem gestiegen? – Weil es mehr Beschäftigung gibt! (Abg. Dr. Matznetter: Nein!) Bitte, wir haben jetzt eine Rekordbeschäftigung: Ende Juni sind um 1,57 Prozent mehr Menschen in Beschäftigung gewesen.

Und was ist mit dem Umsatzsteueraufkommen? – Das Umsatzsteueraufkommen ist eine ganz glatte Sache. Sie haben sich hierher gestellt und haben gesagt, die Umsatz­steuer sei so hoch gestiegen. Ist denn der Satz gestiegen? Haben ihn wir erhöht? – Nein, wir haben ihn nicht erhöht, sondern die Leute können sich auf Grund unserer Steuerreform, der größten in der Zweiten Republik, mehr leisten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Sie haben mehr im Tascherl, daher können sie sich mehr leisten, und daher ist auch das Umsatzsteueraufkommen gestie­gen. (Abg. Dr. Matznetter: Die meisten sind auf dieser Seite belastet!)

Wollen Sie vielleicht eines vertuschen, nämlich dass die Kaufkraft in Wien nicht so stark gestiegen ist wie in Gesamt-Österreich? Wollen Sie vertuschen, dass im letzten halben Jahr die Belastungswelle in Wien gerollt ist? – Jemand, der nur das Licht oder die Heizung aufdrehen möchte, den Müll entsorgen möchte oder die Wassergebühr zahlen muss (Zwischenrufe bei der SPÖ), der muss in Wien, also eine Wienerin oder ein Wiener, 294 € pro Jahr jetzt mehr bezahlen! Wollen Sie das vertuschen? – Das können Sie nicht vertuschen, Herr Matznetter! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 163

Wenn sich jemand dann noch den Luxus leistet, Kinder zu haben, muss er auch für den Kindergartenplatz 230 € an Mehrbelastung hinnehmen. Dazu muss ich Ihnen sa­gen, dass an all dem die rote Alleinregierung in Wien schuld ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Weil Frau Kollegin Bures gemeint hat, wir würden für Familien nichts tun und die Armut schüren: Ich habe Ihnen soeben erklärt, wie wir die Menschen in den unteren Einkom­mensschichten entlastet haben, und ich muss Ihnen jetzt noch ein bisschen Nachhilfe geben und sagen, was wir bei der Steuerreform auch für Familien gemacht haben.

Beispielsweise für Alleinerzieherinnen und auch für Alleinverdienerfamilien sind die Zu­schläge für die Kinder gestaffelt: erstes, zweites, drittes Kind, 130, 175 – seien Sie mir nicht böse, aber Sie sagen: Das alles ist nichts? Wo setzen Sie die Armutsgrenze an? Haben Sie vielleicht im „Report“ gesehen, wie arm die Leute in Rumänien sind? – Ru­mänien kommt mit 1. Jänner 2007 zur Europäischen Union, und die Leute haben dort in verschiedenen Regionen keine Schuhe, kein Gewand zum Anziehen, und es gibt weit und breit nirgendwo Arbeitsplätze.

Ich glaube, dass dieses Ihr Krankjammern den Österreicherinnen und Österreichern so auf die Nerven geht, dass sie Ihnen am 1. Oktober die Rechnung dafür präsentieren werden und Sie dort lassen werden, wo Sie sind, nämlich in der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.34.31

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Wird das jetzt besser als das von der Vorrednerin?) Ich werde mich sehr bemühen, Herr Kollege Öllinger. (Abg. Neudeck: Aber so schlecht war das nicht!) Aber das fällt einem ziemlich schwer, wenn man sich so ein „Dringerl“ anschaut, das hat ja Kollege Scheib­ner schon richtig erkannt.

Herr Kollege Matzenetter wirft uns vor, dass wir einen Verrat am Steuerzahler begangen hätten. (Abg. Dr. Einem: Er heißt Matznetter! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Matznetter, ja.

Herr Kollege Matznetter, wissen Sie, was Sie uns verraten haben? – Sie haben uns verraten, dass Sie von Finanz- und Wirtschaftspolitik offensichtlich nicht sehr viel Ahnung haben, wenn Sie solche Fragen formulieren (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das haben wir schon gewusst! – Abg. Lentsch: Er ist leider nicht da!): „Wie kann sich das Lohnsteueraufkommen erhöhen?“, wenn gleichzeitig 120 000 mehr in Beschäftigung stehen; „Wie kann sich die Umsatzsteuer erhöhen?“, wenn wir in den letzten Jahren Gott sei Dank ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen gehabt haben? – Das ist Ihr Verständnis von Wirtschaftspolitik.

Oder was die Mineralölsteuer betrifft: Sie wissen, dass das eine Mengenabgabe ist und dass es in Österreich Gott sei Dank einen Tanktourismus gibt, weil wir im Vergleich zu anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union und Nachbarstaaten eine sicher hohe, aber doch relativ moderate Treibstoffpolitik haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zu erfahren, ist bei weitem nicht drin­gend, denn das sollten Sie schon längst wissen, und das sollte das Basiswissen eines jeden Abgeordneten sein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nie am Laufenden!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 164

Wenn man in den Ausführungen des Kollegen Matznetter weitergeht und vom „Verrat am Steuerzahler“ hört, dann frage ich mich wirklich: Welchen Verrat hat denn die SPÖ vor dem Jahr 2000 begangen? War das kein Verrat, frage ich mich, 130 Milliarden € an Schulden zu hinterlassen? Ist das kein Verrat? (Abg. Reheis: Das hat die SPÖ getan?) Ist das kein Verrat, der zukünftigen Regierung 7 Milliarden € an Schuldenzinsen „um­zuhängen“? Ist das kein Verrat? (Abg. Broukal: Kann es sein, dass die ÖVP auch in dieser Regierung war?)

Das ist der buchstäbliche Verrat, von dem auszugehen ist, meine sehr geehrten Da­men und Herren! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sag ihm, dass Edlinger ein sozialdemokrati­scher Finanzminister war!) Und dass wir heute 70 Prozent dieser Zinsen ins Ausland zahlen müssen! Wieso schütteln Sie den Kopf? (Abg. Broukal: Kann es sein, dass auch ÖVP-Minister ...?) – Das ist der absolute Verrat: Wir müssen 70 Prozent der Zin­sen in Höhe von 7 Milliarden € ins Ausland bezahlen! Daher wäre ich schon vorsichtig mit dem Vorwurf, wer wen in dieser Republik verrät, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Johann Moser: Was ist die Botschaft, Herr Kollege?)

Wenn wir uns genau anschauen, wie sich das Budget in den letzten Jahren entwickelt hat, dann können wir uns doch glücklich schätzen, dass diese Bundesregierung den Haushalt saniert hat und dass es gelungen ist, einen Primärsaldo, einen Primärüber­schuss von 20 Milliarden € zu erzielen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Herr Kollege Matznetter, Sie haben sich heute mit Ihren Äußerungen disqualifiziert. Der Pri­märsaldo ist so etwas wie der Cashflow in einem Unternehmen. Ohne die Zinsen, die Sie uns „umgehängt“ haben, hätten wir heute 20 Milliarden € mehr für eine Umvertei­lung, ein Mehr an Wirtschaftsdynamik in unserem Land, mehr Entlastung in diesem Land!

Ich weiß schon, das wollen Sie nicht. Das wollen Sie nicht, deshalb haben Sie ja so ein tolles Buch veröffentlicht, das ich jetzt vor allem der SPÖ – so gutmütig sind wir – nicht nahe legen möchte. (Der Redner hält ein rotes Buch mit der Aufschrift „alfred gusen­bauer“ und „netzwerk innovation“ in die Höhe.) Es ist das eine Bombe, die da drin­steckt. Aber der ÖVP darf ich das näher bringen, ein Buch, in dem der Wirtschafts- und Steuerexperte der SPÖ Gusenbauer zum Ausdruck bringt, was da alles drinsteht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Hoffentlich wird das nicht umgesetzt in Österreich!) Sie haben ja tolle Organisationen, die das unter die Leute bringen können. Daher empfehle ich Ihnen: Bringen Sie das in Österreich unter die Leute, und der Wahlerfolg der ÖVP und des BZÖ ist uns sicher, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wissen Sie, was da drinsteht? – Entfall der Steuerbegünstigung auf die Sonderzahlun­gen des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes (Oh-Rufe bei der ÖVP), das steht hier drin. Entfall der Steuerbegünstigung der ersten fünf Überstunden, Vermögensbesteuerung, Steuer auf Zweitwohnsitze (Abg. Dr. Niederwieser: Wo steht das? Vorlesen!), Bei­tragserhöhungen zur Finanzierung des Gesundheitssystems. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Da kommt zum Ausdruck, was geschehen würde – das ist eine Drohung (Abg. Dr. Niederwieser: Sie haben es nicht einmal gelesen!) –, wenn Sie den Finanz­minister stellen würden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Eines haben wir in den letzten Wochen und Monaten gelernt: Geld dürfen wir Ihnen keines anvertrauen, und das Budget des Staates Österreich dürfen wir Ihnen auch nicht anvertrauen. Das haben wir gelernt, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen und Tagen! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 165

Herr Kollege Matznetter hat es noch zusätzlich untermauert vor zwei Tagen in der „Presse“, dort war zu lesen: Die Abgabenquote will Matzenetter aber nicht senken. (Abg. Dr. Einem: Matznetter!) Matznetter – die Abgaben in Österreich will er nicht senken. (Abg. Dr. Matznetter: Wenn das Defizit bei 3 Prozent ist ...!) Sie wollen also die Steuerpolitik Lacinas und Vranitzkys weiter fortführen, die Österreicherinnen und Österreicher weiterhin so besteuern. Wissen Sie denn nicht, was das für die Wirtschaft und für den Mittelstand in Österreich heißt? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Wissen Sie nicht, was das heißt? – Sie sind gegen Wachstum, Sie sind gegen Be­schäftigung in Österreich (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), und Sie sind für eine weitere Versteuerung des Einkommens der Österreicherinnen und Österrei­cher, der leistungswilligen Menschen in unserem Land. Das können Sie von uns nicht erwarten, deshalb werden wir das auch weiter bekämpfen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. 2 Minuten. – Bitte.

 


16.40.00

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie mich auf­rufen! (Abg. Neudeck: Sie haben sich ja gemeldet!)

Frau Abgeordnete Tamandl – sie ist nicht mehr im Raum, soweit ich das sehe – hat be­hauptet, in Wien müsse man seit dem Februar dieses Jahres mehr für Gas und Strom zahlen.

Ich berichtige tatsächlich: Gas- und Strommarkt sind seit Jahren liberalisiert, niemand in Wien ist gezwungen, Gas und Strom bei der Wien Energie zu kaufen. (Abg. Fau­land: ... das ist eine Ausrede!)

Ich berichtige allerdings: Es ist weiter wahr, dass man nach den Berechnungen der E-Control in Österreich Gas und Strom nicht billiger kaufen kann als bei der Wien Energie. (Abg. Gahr: Das ist keine Berichtigung! Abg. Neudeck: Wem gehören denn die Leitungen in Wien?)

Frau Abgeordnete Tamandl hat weiters behauptet, man müsse in einem Kindergarten in Wien 264 € im Monat bezahlen. – Das ist unwahr.

Wahr ist vielmehr: Ein Drittel der Eltern, deren Kinder in Wien in den Kindergarten ge­hen, zahlen dafür null Euro, ein weiteres Drittel zahlt zwischen null und 264 €, und nur das wohlhabende Drittel der Wiener Eltern – von denen gibt es Gott sei Dank in Wien sehr viele – zahlen diese 264 €. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neu­deck: Ein Drittel sind ja nicht wohlhabend, haben Sie zuerst gesagt!)

16.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.41.21

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Es ist ein Faktum, dass der Wohlstand in Österreich steigt – so viel, so klar. (Abg. Neudeck: Ihr habt gerade gesagt, 80 Prozent sind arm! Wie kann dann ein Drittel wohlhabend sein?) – Genau, es gibt Wohlhabende. (Abg. Murauer: Auf einmal gibt es Wohlhabende!) Zu denen gehört ganz sicher der Herr Finanzminister. (Abg. Lentsch: Auch Sie!– Na ja, in gewisser Weise und im Vergleich zu vielen anderen gehören wahrscheinlich die meisten Abgeordneten hier im Haus zu den Wohlhaben-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 166

den. Das ist auch die Problematik unserer Durchschnittswerte, denn der Wohlstand in Österreich ist ein Durchschnittswert, so wie auch die Steigerung dieses Wohlstandes ein Durchschnittswert ist.

Das ist das, was Sie sich standhaft weigern anzuerkennen und zu akzeptieren: dass ein Durchschnittswert eben genau dadurch zustande kommt, dass es eine Menge gibt, die darüber sind, und unter Umständen ganz viele, die darunter sind, und um diese Leute geht es ja jetzt in erster Linie.

Es kann ja wohl auch Ihnen nicht nur darum gehen, dass die Reichen immer reicher werden, sondern es wird ja wohl auch darum gehen, dass die, die unter dem Durch­schnitt liegen, auch etwas von diesem Wohlstand bekommen. – Und darum geht es mir, darum geht es uns, und das ist das, was Sie sich beharrlich weigern anzuerken­nen oder worüber Sie sich weigern auch nur zu reden. (Abg. Ellmauer: Stimmt nicht! Schauen Sie die Mindestrenten an!)

Das, was das Wifo – ganz unverdächtig, das Wirtschaftsforschungsinstitut – im Sep­tember 2005 sagte, bestätigt nämlich das, was die österreichische Bevölkerung – näm­lich jener Teil, der immer unter diesem ominösen Durchschnitt liegt – ja seit Jahren am eigenen Leib merkt, und zwar – ich zitiere –:

Die Verteilung der Einkommen wurde in Österreich ungleicher. Das gilt sowohl für die Verteilung innerhalb der unselbständig Beschäftigten als auch zwischen den Lohnein­kommen einerseits und Einkommen aus Besitz und Unternehmung andererseits. – Und weiter: – Das Abgabensystem hat kaum umverteilende Wirkung. – Zitatende.

Das sagte das Wirtschaftsforschungsinstitut im September 2005. Sie haben da schwarz auf weiß, dass diese ungleiche Situation in Österreich durch diese Regierung einzementiert wird. (Beifall bei den Grünen. Abg. Neudeck: Das hat aber schon einer von euch gesagt!)

Ähnliches sagt im Übrigen das Sozialministerium – bekanntlich auch nicht in der Hand der Grünen. Das stellt nämlich 2004 fest, dass Österreichs Vermögensverteilung ex­trem ungleich ist: 1 Prozent der Österreicher – vielleicht sind auch ganz wenige Öster­reicherinnen dabei – besitzen 34 Prozent des Vermögens, 10 Prozent besitzen 69 Pro­zent, und dem stehen 90 Prozent gegenüber, die 31 Prozent des Vermögens besit­zen. – Wenn das nicht Ungleichverteilung ist, dann weiß ich nicht, ob bei Ihnen dieses Vokabel überhaupt vorkommt. (Beifall bei den Grünen.)

Am interessantesten finde ich ja Kollegen Stummvoll, der jetzt leider nicht mehr da ist. Ich hätte mit ihm gerne Folgendes besprochen: Kollege Stummvoll ist – so wie ich – viel im Waldviertel unterwegs. Wir waren vor gar nicht allzu langer Zeit gemeinsam bei einer Veranstaltung der EU Plattform Pro Waldviertel, bei der sich so ziemlich alle Bürgermeister und die eine Bürgermeisterin, die es im Waldviertel gibt, versammelt haben, um über die Situation im Waldviertel zu diskutieren. – (Abg. Hornek: Es gibt drei Bürgermeisterinnen!) – Dort war eine.

Kollege Stummvoll hat dort ganz große Worte gesprochen, was man alles für das Waldviertel tun müsste, und hat nur leider überhaupt nichts dazu gesagt, wie denn das passieren soll – nämlich wie sich die Arbeitsplatzsituation im Waldviertel verbessern soll oder wie er die regionale Wirtschaft ankurbeln will.

Mit der Politik, die die Regierung derzeit betreibt – nämlich dass sie genau solche Re­gionen wie das Waldviertel aushungert, indem genau diese EPUs, die Ein-Personen-Unternehmen ... (Abg. Hornek: Das ist unseriös, was Sie da behaupten!) – Nein, das ist nicht unseriös! Dann gehen Sie einmal dorthin und hören Sie den Bürgermeistern zu! (Abg. Hornek: Ich wohne dort!) – Ja, aber hören Sie denen einmal zu, dann wer­den Sie es bemerken! (Abg. Walch: Er ist selber Bürgermeister dort!) – Ja, dann waren


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 167

Sie nicht dort, denn sonst wüssten Sie nämlich, dass dort ganz große Betroffenheit darüber herrschte, wie sich die Situation im Waldviertel entwickelt, und dass es da ganz große Angriffe gegen die Politik der Regierung gab. (Beifall bei den Grünen. Abg. Hornek: Das ist ja absurd! Abg. Parnigoni: Ich kann das bezeugen! Ich war auch dort!)

Genau das wollen Sie nicht wahrhaben: dass es da nämlich ganz große Unterschiede gibt und dass Sie eigentlich aufgerufen wären, endlich etwas dafür zu unternehmen, dass diese völlige Ungleichbelastung und Ungleichbehandlung zwischen armen und reichen Regionen, zwischen großen und kleine Betrieben und zwischen wohlhabenden und armen Leuten endlich beendet wird. – Da werden Sie sich etwas überlegen müs­sen! Da nützt Ihr ganzes Gejohle, Geklatsche und Gekreische nichts, wenn irgend­jemand von der SPÖ oder von den Grünen auch nur darauf hinweist. Sie werden sich das irgendwann von der Bevölkerung anhören müssen und vielleicht auch einmal ir­gendeine Maßnahme dazu treffen müssen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. Abg. Hornek: Schwachsinnig! Das G’schichterl ist danebengegangen!)

16.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.46.41

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur eine Korrektur zu dem anbringen, was der Herr Finanzminister gesagt hat, nämlich dass sozialdemokratische Finanzminister nirgendwohin eingeladen worden wären. Ich möchte in Erinnerung rufen und „Oral History“ betreiben, Herr Fi­nanzminister:

Finanzminister Lacina wurde 1992 von der renommierten britischen Finanzzeitschrift „International Financing Review zum besten Finanzminister 1992 gekürt – nur zur Erinnerung für Sie! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Neudeck: Da hat er wahrscheinlich ein Inserat geschaltet!)

Die zweite Information: In der renommierten britischen Zeitschrift „Economist“ (Abg. Neudeck: In welchem „erschienen ist“?) erschien ein Beitrag über Österreich mit dem Titel „A Small House in Order“, in dem der damalige Finanzminister Androsch lobend hervorgehoben wurde – ebenfalls zur Erinnerung für Sie. (Abg. Neudeck: Aber Sie wissen schon, was er über Sie sagt!) – Ich weiß nicht, wo überall Sie schon waren – vielleicht waren Sie irgendwann einmal auch bei einer gesponserten Rede vom Hayek-Institut –, aber Sie können das ja dann hier vortragen. (Abg. Parnigoni in Richtung von Bundesminister Mag. Grasser, der mit einem Mitarbeiter spricht : Der führt Ge­spräche, der Herr Minister!)

Ein zweiter Punkt, den Sie in Ihren ökonomischen Analysen wieder so brillant vorgetra­gen haben – Kollege Kogler hat es ja schon erwähnt –: Natürlich steigt das Mehrwert­steueraufkommen auch, wenn es eine Inflation gibt – na selbstverständlich! Der Begriff heißt „kalte Progression“. Das haben Sie vergessen zu sagen. (Abg. Parnigoni: Er hat scheinbar Bürogespräche! Herr Präsident! Können Sie da nicht eingreifen? Unglaub­lich!)

Ich habe es mir ausgerechnet: Zwei Drittel dieses Aufkommens haben als Grund die kalte Progression, aber das haben Sie bewusst verschwiegen, weil Sie hier parteipoli­tische Aktivitäten betreiben. – Ich halte es nicht für gut, das vor solch einem Publikum zu tun. (Abg. Parnigoni in Richtung von Bundesminister Mag. Grasser, der mit einer Mitarbeiterin spricht : Interessiert Sie das nicht? Abg. Mag. Gaßner: Herr Finanz­minister, können Sie nicht aufpassen?)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 168

Ein nächster Punkt: Wenn Sie da so großartig von sich geben, dass das Sparguthaben in Österreich steigt, dann muss ich sagen: Das ist richtig. Wichtig ist aber vor allem die Zusammensetzung des Sparvermögens, und da liegen Sie verkehrt, da das eigentlich das Sparvermögen der Reichen ist. Wenn Sie sich im Vergleich dazu die Konsumquote anschauen, so ist sie gesunken – also stimmt Ihr ökonomisches Verständnis nicht be­sonders! (Abg. Neudeck: Ab mit dem Geld in die Karibik!)

Letzter Punkt als Anmerkung: Es wird in diesem Haus immer von Österreich als Ex­port-Europameister gesprochen. – Ich konnte diesen Begriff und die Zahlen dahinter bis jetzt nicht nachvollziehen. Bitte nennen Sie mir die statistische Quelle, mit der das gemessen wird, und in welcher Zeitschrift das auch entsprechend publiziert wird!

Es ist ja gut, wenn man viel exportiert, weil wir im Inland nichts verkaufen können – das ist sowieso klar –, weil die Leute kein Geld mehr haben. – Das ist der eine Zusam­menhang.

Aber kommen wir zum nächsten Punkt: Es gibt auch noch einen Befund über die Ein­kommensverteilung, was Kollegin Sburny vorher schon angesprochen hat. Der World Wealth Report 2006 von Capgemini und Merrill Lynch vom 20. Juni kommt zu folgen­dem Ergebnis: In Österreich hat es 2005 67 700 Dollar-Finanzvermögensmillionäre ge­geben. Das ist eine Zunahme von 4 400 gegenüber dem Vorjahr.

Das Interessante dabei ist, dass Österreich damit fast Weltmeister bei der Zunahme gewesen wäre, denn die Zunahme in Österreich ist wesentlich höher als der EU-Schnitt, der nur 4,6 Prozent betrug, und auch als der weltweite Schnitt, der knapp – einen halben Prozentpunkt – darunter gelegen ist. – Das ist eigentlich ein interessanter Aspekt. Das ist nämlich Ihre Politik!

Den Armutsbericht, der auch schon zitiert wurde, mit der Vermögenssituation, dass 1 Prozent in Österreich ein Drittel des Gesamtvermögens besitzt und 10 Prozent zwei Drittel, während der Rest – 90 Prozent – nur über ein Drittel verfügt, müssen Sie auch in Ihre Überlegungen einbauen.

Es kommt aber nicht von ungefähr, dass die Vermögensverteilung und die Einkom­mensverteilung so dramatisch auseinander klaffen. Am Arbeitsmarkt kann man das sehr gut beobachten. Sie reden immer wieder davon, dass Sie die Wende am Arbeits­markt geschafft haben. – Ja, wer hat denn überhaupt dazu beigetragen, dass eine Wende notwendig ist? Seitdem Sie regieren, seit sieben Jahren steigt die Arbeitslosig­keit kontinuierlich, eine Rekordhöhe löst die andere ab, und dann sind Sie auch noch stolz auf das Ganze! (Abg. Prinz: Schauen Sie einmal, was 1998 unter Klima war mit der Arbeitslosigkeit! Unter Klima war sie höher!)

Das funktioniert überhaupt nicht. Die Arbeitslosigkeit kostet uns in Österreich 5,5 Milli­arden €. Das ist Verschwendung! Das sind soziale Kosten, die sich auf andere volks­wirtschaftliche Bereiche auswirken. (Abg. Murauer: Moser! Hast du irgendein Beispiel, wie es besser geht? Wo haben sie es besser? Ein Beispiel, das man nachahmen kann!)

Herr Minister! Sie sind mit dem Ziel eines Nulldefizits angetreten. Tatsache ist, dass Sie gemäß den Maastricht-Kriterien ein Defizit von 2,2 Prozent haben. Das ist das höchste, das wir in der letzten Zeit je gehabt haben. Von 16 400 € auf 18 400 € pro Kopf ist die Verschuldung gestiegen – das ist Ihre Steigerung! Und dann reden Sie von großartiger Finanzpolitik. Sie sind auch von der EU massiv gerügt worden, dass Sie Ihre budgetpolitischen Ziele nicht eingehalten haben.

Ein letzter Punkt: Sie haben dieses Defizit, obwohl Sie Volksvermögen verschleudert haben. Allein bei den sechs Verkäufen der ÖIAG haben Sie 8 Milliarden € umverteilt –von uns Österreichern, von der Volksaktie zu anonymen Anlegern und so weiter. Das


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 169

ist eine Politik, die Sie zu verantworten haben, und am 1. Oktober werden Sie dafür auch die Rechnung präsentiert bekommen. – Sie werden sicher abgewählt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

16.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


16.52.23

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da am Sonntag das Endspiel der Fußballweltmeis­terschaft stattgefunden hat, war ich eigentlich der Meinung, dass diese Zeit der Eigen­tore und des Selbstüberdribbelns vorüber ist. Das bringen nur noch Sie zusammen, meine Damen und Herren, wenn ich mir heute Ihre sehr dünne und dürftige Dringliche Anfrage anschaue!

Den Kollegen Kogler möchte ich ausdrücklich ausnehmen. Ich habe Respekt vor sei­nem Debattenbeitrag heute, aber was da ansonsten bisher geboten wurde, muss man sagen, ist politische Selbstverstümmelung. Aber das ist euer Problem. – Macht nur so weiter, ich gratuliere euch dazu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Frei­heitlichen BZÖ. Abg. Dr. Matznetter: Herr Bürgermeister, Sie können das besser!)

Meine Damen und Herren! Kollege Matznetter behauptet hier ganz einfach, dass das Pensionsantrittsalter steigt, dass die Armut steigt, dass verschiedene Dinge katastro­phal seien. Ich würde ihm dringend empfehlen, dieses nette Büchlein wieder einmal zu studieren. Es kommt von der Arbeiterkammer. Im Titel steht das Jahr 2006. (Der Red­ner hält eine Ausgabe des „Wirtschafts- und Sozialstatistischen Taschenbuches 2006“ der Arbeiterkammer in die Höhe.)

Dem kann man nämlich entnehmen, dass das Antrittsalter der Pensionisten aller Pen­sionsversicherungen statt 58 – wie im Jahre 2002 – jetzt noch ganze 57,7 Jahre be­trägt, und so weiter. Meine Damen und Herren! Sie sollten das einmal nachlesen. Es ist Ihr Büchlein, nicht unsere Unterlage.

Zum Zweiten: Meine Damen und Herren! Ich habe hier ebenfalls von der Arbeiterkam­mer Oberösterreich die letzte Arbeitslosenstatistik von Österreich und von Oberöster­reich. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.)

Sie können hier überall von einem deutlichen Rückgang lesen, von höherer Beschäfti­gung, von mehr offenen Stellen. Auch da sollten Sie sich mit Ihren Freunden unter­halten, meine Damen und Herren! Die Ziffern waren im Mai gut und sind im Juni noch einmal deutlich besser geworden.

Meine Damen und Herren! Fassen Sie Folgendes bitte nicht als Belehrung auf, aber vielleicht einmal als Hilfestellung (Abg. Dr. Puswald: Das will ich mir auch verbitten, von Ihnen belehrt zu werden! Ruf bei der SPÖ: Oberlehrerhaft!): Wenn man im öster­reichischen Fernsehen den einen oder anderen Beitrag der Opposition vernimmt, dann wird alles in diesem Land als schlecht und furchtbar dargestellt.

Dreht man hingegen das deutsche Fernsehen auf – ob ARD oder ZDF oder was auch immer – und sieht dort SPD-Kollegen – nicht CDU/CSU-, sondern SPD-Kollegen! – in verschiedensten Sendungen, dann hört man plötzlich, man sollte sich an Österreich, an dem kleinen Nachbarn ein Beispiel nehmen.

Der deutsche SPD-Finanzminister – auch keiner von uns – will jetzt unbedingt die Kör­perschaftsteuer senken, damit der Standort Deutschland gefestigt wird. Meine Damen und Herren! Jetzt erklären Sie mir bitte: Entweder versteht dieser es nicht, oder ver­stehen Sie es nicht! Erklären Sie mir das einmal, denn ich will einmal den Unterschied


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 170

kennen lernen, wer vielleicht wirklich der Politiker ist, der von Wirtschaftspolitik etwas versteht! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Kollege Matznetter! Wenn man schon die Pressestimmen der „Frankfurter Allge­meinen Zeitung“, der „Neuen Zürcher Zeitung“, des „Focus“ und so weiter nicht ganz ernst nimmt (Abg. Dr. Matznetter: Das waren „Bild-Zeitung“ und „Stern“!) – ich weiß, dass das eine oder andere Mal Medienberichte etwas schöner oder weniger schön dar­stellen –, aber wenn ein deutscher Finanzminister, der kein politisches Leichtgewicht ist, genau das machen will, was in Österreich zum Erfolg geführt hat, dann erklären Sie mir bitte schön, was daran falsch sein soll!

Meine Damen und Herren! Das sagt einmal allerhand. Man müsste ja heute mit dem Kollegen Matznetter fast ein bisschen Nachsicht haben. (Abg. Lentsch: Ja, das haben wir eigentlich immer!) Er ist ein viel beschäftigter Mann, hat ungeheuer viel zu tun und ist als Finanzsprecher engagiert. – Das soll ihm niemand absprechen. Wirtschaft und Finanzen sind sowieso ein Problem in der SPÖ. Wenn man sich verschiedene Be­reiche ansieht, dann muss man sagen, das ist nicht gerade kompatibel mit euch, aber das müsst ihr auch untereinander ausmachen.

Kollege Matznetter hat die Parteifinanzen und auch vieles andere zu sanieren, ÖGB und BAWAG sind auch nicht gerade eine freundliche Begleiterscheinung, und dann soll er noch schnell eine Dringliche zusammenzaubern. – Das geht sich eben zeitlich wirk­lich nicht ganz aus. Vielleicht hat er auch nicht genug Zeit zum Lesen gehabt, denn sonst wären die Fragen 1, 2, 3, 4 und 6 wirklich nicht passiert, denn so weit kennen wir ihn, meine Damen und Herren.

Er behauptet, es findet eine Umverteilung von unten nach oben statt. – Das habe ich mir gedacht, als ich mir die Vorgänge im ÖGB und in der BAWAG angesehen habe! Je höher oben im Penthouse, umso besser ist es manchen ergangen. Je höher oben, desto besser geht es denen. Aber wie es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im ÖGB und in der BAWAG (Abg. Mag. Molterer: Den Mitgliedern!) oder gar den Mitglie­dern geht, da würde ich mich einmal ein bisschen erkundigen, meine Damen und Her­ren! Offensichtlich steigt auch die Kaufkraft jener Bewohner umso deutlicher, je weiter sie oben sind, wenn ich mir nämlich ansehe, was man sich damit alles kaufen könnte.

Oder vielleicht war es jener Grund: Es gab ja eine wunderschöne Budgetunterlage des Kollegen Matznetter. „Vorsicht Schummelbudget!“, meinte er zum Budget des Jah­res 2006, denn die Konjunktur werde schwächeln, die Arbeitslosigkeit werde steigen und die Budgeteinnahmen seien falsch. Tatsache ist, dass alle Ihre Ankündigungen und Prognosen ins Leere gelaufen sind.

Meine Damen und Herren! Oder vielleicht sollte es nur von der heutigen Schlagzeile ablenken: ÖBG – weitere Stiftungen gefunden. – Meine Damen und Herren! Daher würde ich Ihnen dringend raten: Überlegen Sie sich in Zukunft die Dringlichen! Wir sind Ihnen dankbar, machen Sie weiter so, vielleicht jede Woche! – Es kann uns nichts Bes­seres passieren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen BZÖ.)

16.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. 5 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.58.25

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Finanzminister! Werter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Kollege Matznetter, ich würde an Ihrer Stelle in Zukunft ein wenig vorsichtiger sein, was Sie auf ein solches Papier schreiben, denn wenn das Ihre Kunden erfahren,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 171

dass da falsche Zahlen enthalten sind, dann könnte das eine Gefahr für Ihren Betrieb sein, und das will ich nicht. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen BZÖ und der ÖVP.) Ich will Ihnen da helfen und Sie schonen, denn der SPÖ ist das egal: Die schicken Sie zuerst vor, und dann lassen sie Sie fallen. – Das ist so typisch. (Beifall bei den Frei­heitlichen BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich die Kollegin Bures schon höre, wie sie von Menschen spricht, die 38,5 Wo­chenstunden arbeiten und davon nicht leben können, weil sie so wenig Lohn haben! Kollegin Bures! Welcher Partei gehören Sie denn an? Gehen Sie zu Ihrer Kollegin Csörgits, die ist hauptverantwortlich für die letzten Jahrzehnte, als Sie in wirtschaftlich guten Zeiten verschlafen haben, dementsprechende Kollektivverträge abzuschließen, damit diese Frauen beziehungsweise diese Beschäftigten bei Vollzeitarbeit lebensfähig sind! – Das ist Ihre Aufgabe. (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Kollege Katzian ist mir eigentlich zwei Tage lang nicht aufgefallen – vielleicht war er beim Verzetnitsch im Penthouse oben –, aber heute tritt er wieder schnell ans Redner­pult und sagt zuerst, wie gut wir die letzten Kollektivvertragsverhandlungen abge­schlossen haben und wie viel wir für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heraus­geholt haben, und im selben Absatz sagt er – und das sei eine Sauerei –, dass es Leute gibt, die nicht einmal 1 000 € Mindestlohn haben.

Jetzt kenne ich mich aber nicht mehr aus: Zuerst ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das Wort „Sauerei“ hat er zurückgenommen, Herr Kol­lege.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): Also sich zuerst belobigen, um sich dann selber zu kritisieren – da müsste man vor Inbetriebnahme des Mundwerkes eigentlich ein bissel überlegen.

Ich muss wirklich sagen: Diese Regierung, den Erfolgskurs, den diese Regierung ge­fahren hat, das würdet ihr euch wünschen. Wenn ihr nur solche Regierungsmitglieder hättet wie das BZÖ und die ÖVP! Das Haus Österreich, das ihr in dem letzten Jahr­zehnt heruntergewirtschaftet habt, wie das heute schon benannt wurde, mit 174 Milliar­den € Schulden, mit 7,5 Milliarden € Zinsen, die wir im Jahr zahlen müssen, mit einer total heruntergewirtschafteten Verstaatlichten und vielem mehr, mit einer Verstaatlich­ten-Politik, durch die über 60 000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verloren haben – das habt ihr uns hinterlassen. Wir haben darauf geschaut, dass wir genau dieser Verstaat­lichten wieder dementsprechend unter die Arme gegriffen haben, dass es wieder berg­auf gegangen ist. Damit sind wieder zusätzlich über 100 000 neue Arbeitsplätze ge­schaffen worden und vieles mehr. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Also, da nehmt euch ein Beispiel! Wo wir arbeiten, damit es bergauf geht in Österreich, und Privilegien abschaffen, Reformen durchführen, könnt ihr es nicht lassen, wie in den vergangenen 30 Jahren weiterzumachen: Privilegien, Penthouse-Politik und vieles mehr. Allein wenn ich mir anschaue, was unter der SPÖ-Regierung mit dem „Konsum“ passiert ist! Der ÖGB hat nie wirtschaften können, hat mit den ÖGB-Mitgliedsbeiträgen nie umgehen können. Bei der SPÖ ist es dasselbe. Überall, wo ihr die Finger drinnen habt, geht es bergab: Arbeitsplatzverlust, Arbeitsplatzvernichtung. Und dann noch der größte Skandal in der Zweiten Republik! Das ist unerhört, das muss ich euch wirklich sagen.

Ich glaube es schon, dass ihr euch nicht mehr in die Betriebe hinaus traut, denn ihr habt da Eintrittsverbot. In Braunau haben die oberösterreichischen Gewerkschafter Zu­trittsverbot. Der Betriebsrat von der AMAG hat dazumal gesagt, dass er nicht mehr für die Sicherheit der Gewerkschafter und des Kammerpräsidenten in Oberösterreich in


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 172

seinem Betrieb einstehen kann. Er kann die Sicherheit nicht zusichern, weil diese Ge­werkschaftsfunktionäre hergegangen sind und gegen die Interessen der AMAG-Mitar­beiter gearbeitet haben, die zu ihrem Geld, das dort in der Stiftung drinnen ist, kommen wollten. Da muss ich euch sagen: Die werden sich bedanken bei euch. Die sind aus der Gewerkschaft austreten, dann sind sie aus der SPÖ ausgetreten. Sogar Landtags­abgeordnete haben das gemacht!

Wir sind hergegangen, haben die Familien gestärkt, haben die Arbeitsplätze gesichert, haben die Wirtschaft angekurbelt, haben die größte Steuerentlastung in der Zwei­ten Republik gemacht, und zwar sowohl für die Arbeitnehmer, die bis zu 60 € im Monat mehr im Geldtascherl drinnen haben, als auch für die Pensionisten, denen die Pensio­nen entsprechend erhöht wurden. – Das ist schwierig, das tut euch weh, denn das habt ihr nie zusammengebracht.

Wir haben die Arbeitnehmer zusätzlich entlastet. Ihr wisst nicht einmal, um wie viel sie entlastet sind. Darum ist es auch gut, wenn ihr nicht zu viel hinausgeht, denn ihr sagt ja nur die Unwahrheit.

Die Pendlerpauschale ist nicht um 15 Prozent erhöht worden, sondern um über 25 Pro­zent, Kollege Matznetter; da sieht man, dass ihr nicht einmal den Zettel gelesen habt. Familienpolitik, Abfertigung für alle – Jahrzehnte hättet ihr Zeit gehabt, das durchzufüh­ren, gemacht habt ihr nichts. Außer Spesen nichts gewesen.

Angleichung Arbeiter und Angestellte, Alleinverdienerabsetzbetrag, mehr Geld für Fa­milien, mehr Geld für Pensionisten, mehr Geld für Menschen mit Behinderung. Das ist Arbeitnehmer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik in Österreich!

Ich hoffe, dass die Österreicherinnen und Österreicher sich von eurer Penthouse-Po­litik ein dementsprechendes Bild machen und alles tun, um zu verhindern, dass ihr wieder einmal an die Regierung kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Geh Walch, was habt ihr denn schon getan? – Ruf bei der SPÖ: Das war jetzt seine Abschiedsrede!)

17.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen – BZÖ.) – Meine Damen und Herren, bitte!

Frau Abgeordnete: 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; die Gesamtrestrede­zeit für Ihren Klub beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


17.04.32

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglie­der der Bundesregierung und des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Walch, ich darf einmal kurz den Schleier lüften, der Sie offensichtlich von einer korrekten Sicht auf die Kollektivvertragsverhandlungen trennt, denn wissen Sie, Herr Abgeordneter, da ver­handelt nicht der ÖGB mit der Arbeiterkammer darüber, wie hoch die Gehälter sein werden, sondern da verhandeln die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen und die Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen. Darum kann es auch nicht ganz so sein, dass der ÖGB allein dafür verantwortlich ist, was dabei rauskommt. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Walch: Die Koalition funktioniert, gell!)

Der Ausdruck „schauspielerische Leistung“ ist heute schon ein paar Mal gefallen. Herr Minister Grasser hat sich heute einem Höhenflug der Selbstparodie hingegeben, hat aber ein bemerkenswertes Beispiel gebracht. Um die Segnungen der Steuerreform an­zupreisen, die uns diese Regierung beschert hat, hat er eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern und – man höre! – 1 500 € Gehalt antreten lassen. Da kann man nur sagen: Man höre und staune!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 173

Herr Minister, in Niederösterreich, wo ich herkomme, ist das Durchschnittseinkommen sämtlicher Frauen 1 400 €. Alleinerzieherinnen mit zwei Kindern, vielleicht noch im be­treuungspflichtigen Alter, und das in Niederösterreich mit seiner Versorgung mit Kin­derbetreuungsplätzen, die dort vor allem bei den unter Dreijährigen sehr mangelhaft ist, die können nur träumen davon, dass sie 1 500 € verdienen. (Abg. Dr. Fekter: Dafür sind sie kostenlos und nicht so teuer wie in Wien!) Die verdient unter 1 000 €, und für die trifft genau das zu, was viele schon kritisiert haben: Die hat von Ihrer hochge­jubelten Steuerreform genau gar nichts! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie haben außerdem als eine der Errungenschaften Ihrer Regierungspolitik darauf hin­gewiesen, dass die Beschäftigung so zugenommen hat. Sie haben jedoch die Arbeits­losenzahlen zu erwähnen vergessen. Die haben nämlich auch saftig zugenommen. Das Beispiel wieder aus dem Frauenbereich genommen: Seit Sie mit Kanzler Schüssel in dieser Regierung zusammenarbeiten, sind jeden Tag 18 Frauen zusätzlich arbeitslos geworden. Das haben Sie nicht gesagt in Ihrer Statistik. (Die Rednerin dreht sich zur Regierungsbank um, die Bundesminister Mag. Grasser jedoch mittlerweile verlassen hat.) – Weg ist er! Hops! So schnell kann’s gehen. Nicht, dass ich traurig wäre darüber! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn ich bei diesen Beschäftigtenzahlen dann noch bedenke, dass gerade für Frauen, aber nicht nur bei ihnen, die Beschäftigungszuwächse auf das Konto der prekären Be­schäftigung und der Teilzeitbeschäftigung gehen, dann ist das wieder eine große Gruppe von Menschen, die unter Garantie nicht über die 1 000-€-Einkommensschwelle kommt und daher von der viel gerühmten Steuerreform null profitiert hat.

Das heißt, wir haben in Summe bestätigt, was mehrere Vorredner und Vorrednerinnen schon ausgeführt haben: Es wird eine Steuerreform gemacht, die symptomatisch ist für die Politik, die von dieser Bundesregierung gewählt wurde, die einigen wenigen Gut­verdienenden, Vermögenden, in der Wirtschaft gut Positionierten einiges bringt, aber der großen Menge an Menschen als Lohnempfänger und Lohnempfängerinnen, als kleine Unternehmer und Unternehmerinnen nichts bringt.

Spannend ist, dass es dabei noch eine weitere Schieflage gibt. Es ist nicht nur so, dass die Reichen etwas davon haben und die weniger Reichen wenig, sondern es fällt auch auf, dass es eine deutliche Schieflage nach Geschlechtern gibt, wenn man sich das genauer anschaut.

Wir haben zum Beispiel die Entlastung bei den großen Unternehmen, keine Entlastung hingegen für die Ein-Personen-Unternehmen. Wenn ich mir anschaue, wie die Füh­rungsetagen in Österreich besetzt sind und wie die Eigentümerstrukturen sind, dann weiß ich, dass ich die Frauen bei den großen Unternehmen mit der Lupe suchen kann. Bei den Ein-Personen-Unternehmen, die leer ausgegangen sind, die sich noch immer mit unglaublichen Schikanen herumschlagen müssen, deren Wirtschaftskraft Sie dros­seln, obwohl es gar nicht so viel kosten würde, sie zu beleben, da habe ich mehrheit­lich Frauen, und da passiert nichts.

Bei der Lohnsteuer haben Sie entlastet, allerdings nicht in den Bereichen, wo mehrheit­lich Frauen zu finden sind, nämlich bei den ganz niedrigen Einkommen, die gar keine Lohnsteuer mehr zahlen, wo man also die Negativsteuer erhöhen müsste.

Sie haben bei der Steuerreform die Alleinverdiener und Alleinverdienerinnen entlastet und damit ein Familienmodell entlastet, das darauf abstellt, dass die Frau gerade ein bissel dazuverdient, denn im Regelfall gestaltet sich das ja so. Jegliche Form von part­nerschaftlichen Familienmodellen, die darauf abstellen, dass beide sich gleichermaßen Erwerbs- und Familienarbeit aufteilen, geht völlig leer aus.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 174

Sie haben, als ein weiteres Beispiel nur, die Pendlerpauschale erhöht. Wir wissen, dass die Pendlerpauschale mehrheitlich den Männern zugute kommt, auf Grund der Struktur, wie sie nun einmal ist. Es gibt nichts, was Sie im Ausgleich dafür für haupt­sächlich weibliche zu Entlastende gemacht hätten.

In Summe bleibt eine Schieflage in der Steuerreform und in dem, was die Regierung in der gesamten Budgetpolitik betreibt – trotz der Tatsache, dass Sie hin und wieder im Lauf der letzten paar Jahre das Wort „Gender Budgeting“ verloren haben; Sie rechnen dann ohnehin komische Dinge wie etwa die Behinderten-Milliarde dazu. Sie haben eine Politik betrieben, die die Reichen reicher gemacht, die Männer günstiger gestellt, die Frauen weiterhin benachteiligt und die Armen ärmer gemacht hat. – Danke, das reicht. Zurücktreten wäre fein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort. 5 Minuten Wunschredezeit; Gesamtrestredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.10.14

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Die Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Auer, wenn Sie und andere Redner und Redne­rinnen der Regierungsfraktionen die heutige Dringliche mit einem Fußballspiel vergli­chen haben, dann fällt mir dazu ein: Sie erinnern mich an die Leute, die in der VIP-Lounge sitzen, keinen Kontakt mehr haben zu den ZuschauerInnen und auf die Leute, die vor dem Stadion stehen, schon lange vergessen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie wissen ja, wie das ist!)

Herr Bundesminister, Sie haben erwähnt, dass Österreich zu den reichsten Ländern der Welt gehört. Es stellt sich allerdings die Frage: Wer hat etwas davon? Herr Bun­desminister, die Pensionisten und Pensionistinnen können sich nur gefrotzelt fühlen von Ihren Ausführungen, die Sie hier und heute geliefert haben.

Fakt ist, dass sich viele Pensionisten und Pensionistinnen von ihren Pensionen heute weniger leisten können als vor sechs Jahren. Und das ist es, was die Menschen tag­täglich spüren. Das ist es, was diesen Menschen sozusagen täglich auf den Kopf fällt – und da hilft Ihnen Ihr ganzes Schönreden letzten Endes nichts! Diese Menschen ver­dienen sich eine bessere, eine fairere und sozialere Politik. Wir von der SPÖ bieten diesen Menschen diese fairere und sozialere Politik an. (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Wattaul und Neudeck: Theoretisch!)

Meine Herren vom BZÖ, ich finde es beachtlich, wenn Sie darüber lachen, wenn man von einer sozialen und fairen Politik spricht. Es ist aber klar: Wenn man Klientelpolitik betreibt, dann weiß man nicht, was fair und sozial ist. Das ist richtig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, was haben jene 480 000 von Armut betroffenen Menschen davon, dass Österreich reich ist? Herr Bundesminister, für diese Menschen sind Ihre Ausführungen blanker Zynismus! Die akut von Armut betroffenen und die 1 Million von Armut gefährdeten Menschen verdienen sich ebenfalls eine fairere und sozialere Po­litik. Und diese Konzepte bieten wir, die SPÖ, an, denn Sie haben diese Menschen schmählich im Stich gelassen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktio­nen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Was nützt jenen Österreichern der Reichtum dieses Staa­tes, die dank Ihrer Politik von der Rekordarbeitslosigkeit betroffen sind? Sie fühlen sich von Ihrer Politik höchstens verraten und verkauft, denn sie empfinden die Arbeitslosig-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 175

keit nicht als die Freiheit, die Sie den Menschen gesegnet haben, Herr Finanzminister. Das ist eine Verhöhnung für diese Menschen, und dagegen treten wir auch entschie­den auf. Wir, die SPÖ, bieten auch für diese Menschen faire und soziale Konzepte in der Politik an.

Besonders dramatisch aber ist die Klientelpolitik dieser Bundesregierung für jene Men­schen, denen die Perspektiven für die Zukunft fehlen, nämlich für jene jungen Men­schen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Ich darf Sie daran erinnern: Wir haben jedes Mal, wenn die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, Anträge eingebracht, die die Situa­tion der betroffenen Menschen verbessern sollten. Sie sind darüber hinweggegangen und haben gesagt: Die Talsohle ist durchschritten. Es wird alles besser, es wird alles schöner. Sie haben mit keiner Wimper gezuckt, um für diese Menschen tatsächlich etwas zu tun. Was ist das Ergebnis? – Wir haben im Jahr 2006 70 Prozent mehr Ju­gendliche, die von Arbeitslosigkeit betroffen waren, als im Jahr 2000. Im ersten Halb­jahr 2000 haben 5 500 Lehrstellen gefehlt. 2006 waren es bereits 13 500 Lehrstellen. – Herr Kollege, das finde ich nicht sehr witzig. Wenn das BZÖ das witzig findet, dass die Jugend keine Perspektiven hat, dann werden die Wählerinnen und Wähler daraus ihre Schlüsse ziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Blum-Förderung wurde hier so großartig von Ihnen verkündet, meine Damen und Herren. 3 743 Lehrstellen mehr, aber 11 422 Förderungen. Wie können Sie denn das erklären, meine Damen und Herren von der ÖVP? Das heißt, in Wahrheit haben wir mehr Lehrstellen gefördert, als zusätzliche vorhanden sind. Wie gibt es das? Dazu kommt noch, dass diese Förderung mit 31. Juni ausläuft. Diese Förderung ist bereits jetzt aufgebraucht, und für das zweite und dritte Lehrjahr sind keine Förderungsmittel mehr da, geschweige denn für neue Lehrstellen.

Da wir – einmal mehr – unter Beweis stellen wollen, dass wir eine faire und soziale Politik und eine zukunftsorientierte Politik für junge Menschen machen, bringe ich fol­genden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Mittel für die Blum-Förderung sowie Schutz vor Fördermissbrauch einge­bracht im Zuge der Debatte zur dringlichen Anfrage 4605/J der Abgeordneten Matznet­ter, Kolleginnen und Kollegen

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert unverzüglich die erforderlichen Mittel für die Fortführung der so genannten Blum-Förderung – sowohl für die Förderungen des 2. und 3. Lehrjahres be­reits geförderter Lehrverträge sowie auch für neue Lehrverträge ab September 2006 – sicherzustellen.

Weiters wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aufgefordert umgehend dafür Sorge zu tragen, dass jedweder Fördermissbrauch verhindert wird.“

*****


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 176

Meine Damen und Herren! Wir, die SPÖ, machen soziale und faire Politik für die Ju­gend, für die Menschen und für Österreich. Und die Österreicherinnen und Österrei­cher werden uns das am 1. Oktober auch bestätigen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Silhavy ein­gebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Mittel für die Blum-Förderung sowie Schutz vor Fördermissbrauch einge­bracht im Zuge der Debatte zur dringlichen Anfrage 4605/J der Abgeordneten Matznet­ter, Kolleginnen und Kollegen

Die Lehrstellenlücke (Differenz zwischen angebotenen Lehrstellen und Zahl der Ju­gendlichen ohne betrieblichen Ausbildungsplatz) ist von 2000 bis 2006 um fast 150 Prozent gestiegen. Fehlten im ersten Halbjahr 2000 im Monatsschnitt etwas mehr als 5.500 Lehrstellen, so waren es im ersten Halbjahr 2006 bereits mehr als 13.500. Trotz Einführung der Blum-Förderung 2005 ist auch im letzten Jahr die Lehrstellen­lücke um weitere fünf Prozent gewachsen. Die Blum-Förderung konnte also nur das weitere Aufgehen der Lehrstellenlücke bremsen, die Lücke aber nicht verkleinern.

Im Rahmen der Blum-Förderung bekommt ein Lehrbetrieb vom Arbeitsmarktservice pro zusätzlich aufgenommenen Lehrling im 1. Lehrjahr 400 Euro monatlich, im 2. Lehr­jahr 200 Euro und im 3. Lehrjahr 100 Euro (insgesamt 8.400 Euro für 3 Lehrjahre). Ent­scheidend für die Förderwürdigkeit ist, dass der geförderte Lehrplatz zusätzlich zu den bisher vom Betrieb geführten Lehrstellen hinzukommt. Aber gerade das wird in der Realität nicht eingehalten.

Eine Analyse der zum Stichtag Ende Mai bestehenden Lehrverträge hat ergeben, dass es zwar 3.743 zusätzliche Lehrplätze gibt (im Vergleich zum Vorjahresstichtag), dass aber die Blum-Förderung für 11.422 Lehrstellen ausgeschüttet wurde. Das entspricht einem Mitnahmeeffekt von über 200 Prozent. Das heißt: es wurden dreimal so viele Lehrplätze gefördert wie tatsächlich neu entstanden sind. In anderen Worten: Zwei Drittel des Geldes, das für die Blum-Förderung ausgegeben wird, werden in den Sand gesetzt.

Fließt ein zu hoher Anteil der Blum-Förderung an die Betriebe, ohne dass dort tatsäch­lich neue Lehrstellen entstehen, wird Geld verschwendet, mit dem z.B. Ausbildungs­plätze für Lehrstellensuchende in überbetrieblichen Ausbildungen angeboten werden könnten.

Mit 31. August 2006 läuft nun auch die so genannte Blum-Förderung aus. Die jetzt budgetierten knapp 59 Millionen Euro reichen bestenfalls aus, das erste Lehrjahr in der jetzt laufenden Förderperiode auszufinanzieren. Schon für das 2. und 3. Lehrjahr der jetzt geförderten Lehrverträge gibt es keine Mittel, geschweige denn für neue Lehr­stellen ab September 2006. Die für 2006 und 2007 budgetierten zusätzlichen 285 Milli­onen Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik sind bereits vollständig verplant, und im regulä­ren AMS-Budget bestehen angesichts der angespannten Arbeitsmarktlage ohnehin keine Spielräume mehr. Für eine zweite Periode der Blum-Förderung sind also unbe­dingt zusätzliche Mittel aus dem Bundesbudget erforderlich.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 177

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert unverzüglich die erforderlichen Mittel für die Fortführung der so genannten Blum-Förderung – sowohl für die Förderungen des 2. und 3. Lehrjahres be­reits geförderter Lehrverträge sowie auch für neue Lehrverträge ab September 2006 – sicherzustellen.

Weiters wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aufgefordert umgehend dafür Sorge zu tragen, dass jedweder Fördermissbrauch verhindert wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Neudeck zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten; Gesamtrestredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.15.52

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Kollegen von der SPÖ haben sich hier heruntergestellt und gejammert, schlechte Stimmung verbreitet und haben so getan ... (Abg. Silhavy: Sie müssen mit den Menschen reden!)

Was glauben Sie, mit wem ich rede? Ich rede jetzt auch mit Menschen, aber ich rede auch mit Menschen, die nicht im Nationalrat sitzen. Die sind nicht so unzufrieden wie Sie. Die fragen mich: Wie kann es passieren, dass Gewerkschafter im BAWAG-Auf­sichtsrat sitzen, dort Millionen und Milliarden verschleudert werden, keiner etwas sieht, Leute mit Penthäusern und mit Abfertigungen belohnt werden? Das fragen die Leute. So schlecht, wie Sie behaupten, geht es den Leuten nicht. Das ist das, was Sie gerne hören würden. Sie kommen mir vor wie so ein riesiger Tanker, der im Trockendock steht, mit großen Rostlöchern, einer Riesenfahne drauf: „Startklar“, und bei jedem Wahltermin steht der SP-Parteivorsitzende mit einer großen Sektflasche da und will den Stapellauf in Gang bringen. Die Löcher sind aber so groß, dass Ihnen die Flasche immer durchfällt. Sie bringen einfach das startklare Schiff mit den großen Löchern aus dem Trockendock nicht ins Wasser, Sie kommen nicht ins Schwimmen, obwohl Ihnen das Wasser bis zum Hals steht, Kollegen. Das kann doch nicht sein! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, das kann wirklich nicht sein!

Kollege Matznetter bringt eine Dringliche Anfrage ein. Die kann er nicht gelesen haben, bevor er versucht hat, sie hier in einer gewissen Weise unter das Publikum zu bringen. Kollege Wittmann, was haben Sie? (Abg. Dr. Wittmann: Jetzt ist mir klar, warum das BZÖ nicht gewählt wird!) Wer sagt denn das? Wer sagt Ihnen das? (Abg. Dr. Fekter: Wieder ein Prophet!) Da sind Sie schon wieder als Traumdeuter unterwegs. Das ist das, was Sie sich wünschen. Das hat mit der Wahrheit nichts zu tun.

Meine Damen und Herren! Der IWF sagt, seit der letzten Dekade habe ein strategi­scher Wandel in der Politik Österreich zu einem europäischen Vorzeigeland bei Refor­men gemacht. Diese Reformen tun Ihnen weh. Das ist schon klar. Und Sie wollen jetzt zu den Leuten hingehen und ihnen sagen, es geht ihnen so schlecht, und am Tag nach den Wahlen sagen Sie, das ist ein super Land, es ist saniert, um es in den nächsten 30 Jahren wieder ruinieren zu können, wie Sie es bereits gemacht haben. Diesen Ge­fallen wird Ihnen der Wähler nicht tun. Da können Sie noch so herumrennen und jam-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 178

mern. Das wird nicht geschehen. Die Leute sind nicht so dumm, wie Sie es glauben und wie es Kollege Matznetter bräuchte, damit er seine Argumente unter die Leute bringen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Eder: Eine Abschiedsrede!)

17.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Maier zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten; Gesamtrestredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


17.19.02

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einleitend ein Sprichwort abwandeln, das lautet abgewandelt: Wenn du glaubst, das gibt es nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her, ein rotes. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ein klei­nes Licht!)

Herr Matznetter als Licht der SPÖ in Wirtschaftsfragen, in dem Sinne sind wir Ihnen sehr dankbar für diese Dringliche Anfrage, weil sie natürlich auch wieder ein wenig Transparenz in die Wirtschaftskompetenz der SPÖ gebracht hat. Herr Dr. Einem, Sie sind auch sehr skeptisch bei dieser Frage? Das glaube ich. Ich glaube auch, dass es eine gewisse Orientierungslosigkeit, eine gewisse Ahnungslosigkeit, eine gewisse Kon­zeptlosigkeit gezeigt hat. Das ist aber auch zu verstehen, denn wenn man das Kom­petenzteam des Dr. Gusenbauer kennt, das es ja kaum mehr gibt, bleibt ja der arme Matznetter allein über.

Ich glaube aber trotzdem – manche Kollegen von uns glauben das auch, und auch die Damen und Herren auf der Besuchergalerie sind sehr froh darüber –: Die Gefahr, dass das Schattenkabinett des Dr. Gusenbauer in etwa so ausschauen könnte, dass der Fi­nanzminister Elsner heißt, der Wirtschaftsminister Gerharter und der Verkehrsminister Hellar vom ARBÖ, die ist ja gebannt.

Wir haben aber noch immer das Problem, dass Sie jetzt, geleitet aus der Sicht eines Oberbuchhalters, versuchen, die Wirtschaftspolitik zu machen. Und insofern ist der Kollege Matznetter der Einäugige unter den Blinden bei Ihnen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Er ist in irgendeiner Form ein Mann, der zu wissen glaubt, was die Wirtschafts­politik braucht, und hat Ihnen daher auch diese Fragen eingeredet. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Abg. Dr. Fekter: Keine Ahnung, Kollege Matznetter! Keine Ahnung!)

Wissen Sie, das ist irgendwie ein bissel der Retro-Trend der Wirtschaftspolitik, den der Kollege Matznetter vertritt. Er glaubt, höhere Steuern sind das Rezept, höhere Defizite sind das Rezept. Damit könnte es natürlich allen besser gehen. (Abg. Dr. Matznetter – eine Graphik zeigend –: Da sieht man Ihre Steuerpolitik!)

Ich habe ein wenig nachgelesen, wie Kollege Matznetter seine Wirtschaftsideen vorge­stellt hat, und da habe ich gelesen, dass der Andreas Schwarz am Tag darauf unter der Überschrift „Vorwärts – zurück!“ Folgendes in einem Artikel geschrieben hat – das, Herr Finanzminister und Herr Matznetter, ist ganz interessant –:

Wahlen gewinnt man heutzutage in erster Linie mit einem zugkräftigen Gesicht, schreibt er. Wenn dieses idealerweise noch Kompetenz transportiert, etwa im Wirt­schaftsbereich, umso besser. Die SPÖ hat dieses Gesicht nicht. – Bitte, das habe ich am 31. August 2004 gelesen. Ich zitiere nur, und ich bin dankbar dafür, dass Sie uns die Gelegenheit geben, hier das zitieren zu können.

Weiters schreibt er dann: Wir können nicht mit der Steuerquote ständig hinunterge­hen – Meinung innerhalb der SPÖ. Das erinnert fatal an die Kreisky’sche Wirtschafts­politik der siebziger Jahre, an deren Folgen Österreich heute noch kaut. – Wissen Sie,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 179

das sollten Sie sich auch wieder vor Augen halten! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.)

Jetzt lassen Sie mich noch einen Herrn zitieren, der leider Gottes viel zu früh verstor­ben ist, Günther Nenning, der in der „Kronen Zeitung“ vom 8. September 2004 ge­schrieben hat (Abg. Brosz: Ist das eine Rede oder zitieren Sie nur?):

Gusenbauer hat gar nichts in der Hand, auch sein Team nicht, sein Programm, er hat gar nichts, außer – und ich lese wörtlich vor – „die Selbstmordbrigade“. – Da meint er den Klub, Herr Klubobmann. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Sein Finanzschattenminister Matznetter, gegen den ist ja Grasser ein Genie. – Bitte, ich zitiere nur Nenning. (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) – Matznetter spielt mit tödlichem Sprengstoff: Steuererhöhungen. – Ihr Rezept damals waren Steu­ererhöhungen.

Meine Damen und Herren, jetzt lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Als uns der Herr Kollege Van der Bellen zu einer Sondersitzung wegen des ORF geladen hat, da habe ich etwas vermisst. Da hätte ich schon erwartet, dass Sie sich darüber aufregen, dass gerade die Wiener Sozialdemokraten die ORF-Gebühr im Wege des Kulturschil­lings um beträchtlich mehr als einen Euro erhöht haben. Eine Ungeheuerlichkeit, was die Belastung der ORF-Seher anbelangt. (Abg. Dr. Fekter: Ja, genau! Gegen die klei­nen Leute!) Das hätte ich mir von Ihnen erwartet.

Ich weiß schon, dass Sie keine Ahnung haben von Steuerreformen. (Abg. Dr. Matznet­ter weist wieder auf die vorhin erwähnte Graphik.) Ihr ehemaliger – lang, lang ist es her! – Vertreter der Wirtschaftspolitik, ein gewisser Finanzminister Salcher, hat ja ge­glaubt, Steuerreform heißt, die Gültigkeit der Lohnsteuerkarte von einem Jahr auf zwei Jahre zu verlängern. (Lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP.) Das war die große Errungen­schaft in der Kreisky-Ära. Erst mit dem Eintritt der ÖVP in die Bundesregierung 1987 kam es zum ersten großen Steuerreformwurf. Und in der Folge gab es mehrere. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich verstehe schon, dass Sie natürlich aus ideologischen Gründen das nicht wollen. Sie wollen den Steuerdruck. Sie wollen die Abhängigkeit. Sie denken ja gar nicht dar­an, diesen Freiraum zu schaffen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist in Wirk­lichkeit Ihr Problem. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Ihr Problem ist, dass an­dere besser gelesen haben als Sie!)

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, wenn ich das von der „Selbstmordbrigade“ ge­lesen habe, dann muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen, dass Ihr Lan­desrat aus Oberösterreich, Ackerl, heute eine Pressekonferenz abhält und Folgendes verlangt: dass der Kindergarten wie die Schule für alle Kinder beitragsfrei angeboten wird, dass das letzte Kindergartenjahr für alle Kinder verpflichtend gemacht wird.

Also, nicht bös sein! Sie stellen sich da her, bejammern irgendwelche Erhöhungen – dabei weiß ich ja gar nicht mehr, was Sie bejammern, denn Sie reden sich das ja nur ein –, und in Wirklichkeit kommt ein anderer Kollege, ein Landesrat aus Oberöster­reich, daher und verlangt irgendwelche Dinge.

Meine Damen und Herren, das sage ich Ihnen jetzt unter dem Titel der „Selbstmord­brigade“: Sie sollten sich überlegen, ob Sie wieder so eine Aktion machen wie heute diese Dringliche. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich höre, im August sind Sondersitzun­gen kurz vor dem Wahlkampf angesagt. Bei „Selbstmordbrigaden“ könnte das gefähr­lich werden. In dem Sinne wäre es ja schade, wenn Sie sich selbst ins Knie schießen, wie Sie es heute probiert haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.25



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 180

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Öllinger. Gesamtrestredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.25.43

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Wissen Sie, Herr Maier, eine Ansammlung von Sätzen, auch wenn sie von einem Sprichwort garniert wird, ergibt noch nicht eine gute Rede. Aber das sei einmal dahingestellt. (Abg. Dr. Wolfmayr: Sprichwörter kennen Sie wahrscheinlich keine!)

Beim Sprichwort, das Sie genannt haben, ist mir gleich der Herr Finanzminister einge­fallen, der ja ebenfalls einmal ein Sprichwort umgedeutet hat in einer seiner berühmten Budgetreden, wo er sich zu lyrischen Höhen aufgeschwungen und gesagt hat: „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget.“ (Bundesminister Mag. Grasser: Ja­wohl!) – „Jawohl“, sagt er noch! (Bundesminister Mag. Grasser: Jawohl! – Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Er hat darauf gewartet!) Ich kann mich noch an den Zwi­schenruf dazu erinnern: „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!“, Herr Finanz­minister. Und der hat gestimmt – nicht Ihr Satz! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich finde die Debatte teilweise absurd. Da stellt sich der Herr Maier heraus und kritisiert die SPÖ als Steuererhöhungspartei. Mag sein! Aber das, was die SPÖ hier vorgeschlagen hat, war ein massives Steuersenkungsprogramm (Abg. Scheibner: Wo denn?), ein massives Steuersenkungsprogramm, zu dem wir Grüne sagen: Na halt! Aufpassen! Wenn wir öffentliche Ausgaben finanzieren wollen, dann werden wir auch diese Einnahmen und Steuermittel brauchen. (Beifall bei den Grünen.) So einfach, dass wir uns gegenseitig nach unten konkurrieren und derjenige der Gewinner ist, der den niedrigsten Steuer- und Abgabensatz ausruft, wird es nicht gehen, auch wenn das der Herr Stummvoll selbst in einem seiner wunderbaren Lehr­sätze so darzustellen versucht hat. Er hat nämlich ganz simpel behauptet: Je niedriger die Steuern, desto höher der Aufschwung.

Also so etwas Banales von Ihrer Seite, Herr Abgeordneter Stummvoll, hätte ich mir nicht vorstellen können. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie hätten aufpassen sollen!) Denn das bedeutet nichts anderes als: Wenn die Steuern auf Null sind, dann haben wir den höchsten Aufschwung. Und so funktioniert leider Wirtschaft mit Sicherheit nicht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Da können Sie noch so oft daher­kommen und sich gegenseitig Steuersenkungsprogramme an den Kopf werfen – das löst unsere Aufgaben nicht.

Was mich an dieser Debatte allerdings am meisten verwundert, ist, dass das eigentlich am ernstesten zu nehmende Problem, das wir tatsächlich haben, nämlich auf dem Ge­biet der Verteilung, der ungleichen Verteilung von Einkommen und Vermögen, von Ihnen so einfach nonchalant weggewischt wurde. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist etwas zu einfach.

Ich sage Ihnen, warum – meine Kollegin, die Abgeordnete Weinzinger, hat Ihnen ein Beispiel gebracht; nehmen wir dieses Beispiel noch einmal –: Die Verkäuferin – die wird ja gerne apostrophiert –, die 800 € verdient, hat durch die letzte Steuerreform keinen Cent Entlastung bekommen. Die hat vorher keine Steuer bezahlt, die hat auch jetzt deswegen nicht mehr und nicht weniger an Steuer bezahlt beziehungsweise an Entlastung erhalten.

Was wissen wir aber noch aus den Unterlagen, die Gott sei Dank noch aus dem Minis­terium kommen? Dass gerade bei den niedrigen Einkommen die Einkommenszuwäch­se minimal sind. Wenn Herr Abgeordneter Matznetter den durchschnittlichen Einkom­menszuwachs in den letzten fünf Jahren mit plus 1 Prozent beziffert, dann ist das der Durchschnitt, aber in den unteren Einkommensklassen gibt es keine Einkommenszu­wächse, da gibt es nur Einkommensverluste. Die untersten, nicht nur 10, 20, 30, son-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 181

dern 40 Prozent der EinkommensbezieherInnen haben über die Jahre nur verloren. Minus steht da drunter. Die haben keinen Groschen Steuerentlastung durch die groß­artige Steuerreform des Herrn Finanzministers erhalten. Die haben schon zu diesem Zeitpunkt keine Steuern bezahlt, die zahlen aber mehr an Abgaben und sonstigen Belastungen durch alles das, was aufgezählt wurde.

Das heißt, wir haben eine gar nicht kleine Gruppe in der österreichischen Bevölkerung, die durch alles das, was Sie da jetzt lautstark verkündet und heruntergebetet und von vorne bis hinten buchstabiert haben – da ist ja der Kollege Walch ein Meister –, über­haupt nicht entlastet worden ist. Und dazu fällt Ihnen nichts ein, außer mit der Schulter zu zucken oder zu sagen: So ist es eben!?

Das ist unbefriedigend, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn wie schon – jetzt komme ich mit noch einem Zitat – Augustinus, ein Kirchenlehrer – ah, es ist jetzt die Frau Präsidentin Prammer oben und nicht der Herr Khol; der hätte das sicher ge­wusst –, gesagt hat: Was anderes sind große Staaten, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als Räuberbanden? – Und Recht hat er, der Augustinus! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Das sagen Sie?)

17.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. Gesamtrestredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.31.20

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wunderbares Beispiel: Überheblicher und arro­ganter, als sich die ÖVP heute dargestellt hat, kann man es fast nicht mehr machen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie glauben, Sie haben die Wahl schon gewonnen. Sie sagen es ja selbst: Eine kleine, aber feine absolute Mehrheit ist jetzt schon drinnen. Und so sind auch Ihre Auftritte. Die Rede des Ferdinand Maier war ein Paradebeispiel dafür. Schade, dass sie nicht übertragen worden ist, dann könnte sich der Wähler und die Wählerin ein Bild machen, mit welcher Überheblichkeit Sie hier auftreten und wie Sie glauben, hier ununterbrochen immer nur das Richtige zu ma­chen.

Aber genauso der Finanzminister. Bitte, erinnern wir uns daran – weil hier dauernd die Frage nach der Kompetenz gestellt wurde –, wie der Finanzminister bei seinen Börse­gangversuchen dilettiert hat, bei seinen Privatisierungsschritten dilettiert hat und wie aus ideologischen Gründen und wegen eines PR-Gags in Kauf genommen wurde, dass es nicht zu Wachstum gekommen ist, dass die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, dass es Arbeitsplätze gekostet hat, nur damit Sie aus ideologischen und PR-Gründen sagen können, das ist Ihre Politik des Kaputtsparens und des Nulldefizit-Sparens. Dafür stehen Sie, und das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher sage ich Ihnen, es war völlig richtig, heute diese Dringliche zu stellen, denn heute haben wir gesehen, auf welchem DKT-Niveau Sie sich befinden, dass Ihnen, außer mit Zahlen zu jonglieren, nichts einfällt, dass das Wort „Fairness“ bei Ihnen keine Bedeutung hat. Und wenn es Zuwächse gibt, wenn die Gesellschaft reicher wird, dann sollen nur ganz wenige reicher werden und die anderen nicht. Die sind Ihnen nämlich völlig gleichgültig und egal.

Das ist Ihre Geisteshaltung, das ist Ihre christliche oder in Wirklichkeit unchristliche Geisteshaltung. Wo ist denn Ihr christlicher Anspruch, wenn Sie dauernd auf Ihre christlich-sozialen Wurzeln verweisen? Na nirgends! Sie heulen mit den neoliberalen Wölfen. Das ist in Wahrheit Ihre Politik, und das haben wir heute dargestellt. Und Sie haben sich jetzt überheblich hergestellt und gesagt: Ihre Politik ist richtig, Wurscht, was rauskommt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 182

Wunderbar! Machen Sie so weiter! Mehr Maier, mehr Molterer, mehr Grasser, und das am besten direkt übertragen in die Wohnungen der Wählerinnen und Wähler (Bravo­rufe und Beifall bei der ÖVP), dann garantiere ich Ihnen: Es wird das Gegenteil von dem herauskommen, was Sie glauben, heute schon im Sack zu haben, nämlich die absolute Mehrheit. Das wollen Sie, und Sie glauben, das haben Sie schon. (Beifall bei der SPÖ.)

17.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Scheibner. Gesamtrestredezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


17.34.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Ich wollte nur noch einmal kurz darauf hinweisen, dass das eine Inszenierung ist, die wir schon kennen: Zuerst eine sehr, sehr schwache Performance einer dringlichen Sonderaktion der SPÖ, und zum Schluss kommt dann noch der Klubobmann Cap heraus und ver­sucht, mit einer flammenden Rede zumindest die eigenen Abgeordneten davon zu überzeugen, dass es doch nicht so schlecht war.

Wir würden uns das wünschen, dass das alles direkt übertragen wird, denn mit jeder Dringlichen hätten Sie wieder ein Prozenterl weniger bei den nächsten Wahlen. Aber wir werden dafür sorgen, dass diese wirtschaftspolitische Kompetenz, diese demokra­tiepolitische Kompetenz, diese Reformkompetenz der SPÖ trotzdem in der Öffentlich­keit entsprechend bekannt wird.

Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Ein Cap-Auftritt zum Schluss macht aus einem Rohrkrepierer, aus einem Durchfaller noch keine Glanzpremiere. Das wollte ich Ihnen zum Schluss noch ins Stammbuch geschrieben haben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

17.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Mittel für die Blum-Förderung sowie Schutz vor Fördermissbrauch.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

17.35.44Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 16. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.35.56

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich danke Ihnen ja, Herr Präsident Dr. Moser, für die sehr, sehr klaren und eindeutigen Worte, die Sie vor zweieinhalb Stunden gefunden haben, denn selten hat ein Rechnungshofpräsident nach der Vorlage eines Berichtes des Rech-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 183

nungshofes derart deutliche Kritik hier formuliert, was die Beraterverträge der ÖBB an­langt.

Aber der Bericht, den wir heute diskutieren, umfasst ja noch viel mehr, und ich erinnere Sie nur noch an die Schlagzeilen, die damals im März zu lesen waren: „Semmering und Koralm vom Rechnungshof zerpflückt“; in der „Presse“: „Rechnungshof liest ÖBB die Leviten“; im „Kurier“: „ÖBB:“ Reform „Gutes Geschäft für Berater“.

Dieser Titel, Herr Staatssekretär, bringt mich ja bereits zum Kern der Sache. Diese Bundesregierung hat eine ÖBB-Reform angestrebt und durchgeführt, die zur Folge hatte, dass die damals bestehende ÖBB-Führung ihr Heil nur mehr in Beraterverträgen suchte. Es ist also ganz dezidiert gesagt worden – ich habe ja ausführliche Gespräche mit den Beamten des Rechnungshofes geführt –, und es ist eindeutig klar: Verantwort­lich sind Vorm Walde, Schmidt, Zimmermann und Söllinger. Diese Herren haben verur­sacht, dass, wenn ich es in Schilling umrechne, über 300 Millionen Schilling, das sind 22 Millionen €, in Unternehmensberatung gesteckt worden sind, weil Sie die Aufteilung der ÖBB politisch durchführen wollten – wir haben ohnehin schon darüber diskutiert, wie sinnhaft sie ist –, und es wurden 6,24 Millionen € in Rechtsberaterverträge ge­steckt, also 82 Millionen Schilling. Ich meine, das ist ein ungeheurer Umfang. Wenn man das zusammenrechnet, kommt man ja fast an die halbe Milliarde Schilling. Das alles nur, weil Sie glaubten, erstens Vorm Walde sei gut, zweitens die ÖBB muss refor­miert werden, muss unterteilt werden, muss neu strukturiert werden.

Dann hat ja der Herr Rechnungshofpräsident sehr, sehr klar dargelegt: Es geht um Reiseorganisationskosten, die völlig unbegreiflich sind, es geht um Leistungen, die vor­her erbracht werden und erst nachher bestellt werden, in einer Größenordnung, wo man sich an den Kopf greift; es geht um Beraterverträge, die ein Ausmaß von 17 Mo­natsgehältern von Vorständen umfassen. Ich will da gar nicht die Höhe der Gehälter wiederholen, die Kollegin Becher schon genannt hat.

Also in Summe ist das eine Verprasserei von öffentlichen Mitteln, die Ihnen eigentlich, Herr Staatssekretär, sehr wehtun müsste, denn Sie sagen ja immer wieder, wie viel der Bund jetzt für öffentliche Bestellungen und Nahverkehrsleistungen und so weiter und so fort aus dem Budget berappen muss.

Sagen Sie doch bitte auch, dass Ihre Reform der ÖBB an Beraterverträgen Millionen gekostet hat. Und das wurde letztlich auch aus dem Budget bezahlt, letztlich deshalb, weil die Verschuldung des Unternehmens insgesamt gestiegen ist.

Ich möchte zum Schluss nun noch einen Hinweis auf den anderen Teil geben und auf diese Baumaßnahmen verweisen, denn Westbahn und Semmering-Basistunnel wur­den ja von Ihnen auch kritisch unter die Lupe genommen. In dem Gespräch mit den zu­ständigen Beamten hat sich deutlich herausgestellt, dass – egal, ob wir jetzt Infrastruk­tur Bahn/Schiene oder Infrastruktur Straße vom Rechnungshof durchleuchten lassen – jedes Mal dieselbe Frage unbeantwortet sozusagen in der Öffentlichkeit beziehungs­weise in der Diskussion steht, und zwar die Frage der Wirtschaftlichkeit.

Es ist weder bei Bahninvestitionen noch bei Straßeninvestitionen die Wirtschaftlichkeit in irgendeiner Weise im Vorhinein festgestellt oder berechnet worden, und es ist auch der volkswirtschaftliche Aspekt sowohl bei Straßenprojekten als auch bei diesen dezi­diert genannten Bahnprojekten weder in irgendeiner Weise erkundet noch durch eine Studie ermittelt worden. Nein, es wird politisch beschlossen, es wird dann durchgeführt oder nicht durchgeführt, wie beim Semmering-Basistunnel. Und für Sanierungsmaß­nahmen zur Erhaltung der Bestandsstrecke sind jetzt bald 82 Millionen € notwendig.

Das wird immer unter den Tisch gekehrt. Daher bin ich dem Rechnungshof sehr, sehr dankbar dafür, dass er den Finger immer wieder auf dieselbe Wunde legt. Wenn es um


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 184

öffentliche Mittel geht, wenn es um Budgetmittel geht, um Mittel, die wir hier in diesem Parlament immer wieder beschließen, dann hat auch die Wirtschaftlichkeit einen Hauptaspekt darzustellen, dann geht es auch darum, dass man volkswirtschaftliche Aspekte wirklich mittels Studien absichert, denn nur so können wir der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit – diesem Credo des Rechnungshofes – in irgendeiner Weise gerecht werden. Nur unter diesem Aspekt ist es auch möglich, wirklich die Gelder zu sparen, die wir dringend für eine bessere Steuerreform brau­chen.

Deshalb ein Dank an den Rechnungshof und ein Dank an Sie, Herr Präsident, persön­lich und auch ein Dank an Ihre Mitarbeiter.

Auch diesmal kommt von mir wieder die Aufforderung an die Bundesregierung, bei den ÖBB jetzt endlich für die richtige Vorgangsweise zu sorgen.

Ich glaube, Sie, Herr Präsident, haben auf die Managementschule in St. Gallen hinge­wiesen, deren Chef Fredmund Malik heißt, der die Grundsätze der „Corporate Gover­nance“ als so wunderbar bezeichnet hat. Nur: Wer ist es, der sie nicht einhält? – Er selbst bei den ÖBB. Und Sie, Herr Staatssekretär Kukacka, schauen zu, wie diese Firma des Herrn Malik dann auch noch Berateraufträge bekommt. Neues Futter für den Rechnungshof. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Neudeck. – Bitte.

 


17.42.08

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Moser hat hier auch in den Chor der Kritiker eingestimmt – allerdings nicht ganz so laut, wie das der Kollege Kräu­ter immer macht, der grundsätzlich die Kritik des Rechnungshofes, die ja etwas Positi­ves bewirken soll, als etwas Spezielles sieht. Es gibt ja nur ganz wenige „museale“ Direktoren, die trotz Rechnungshofkritik noch immer der Meinung sind, dass das, was sie gemacht haben, richtig ist. (Abg. Reheis: Seipel zum Beispiel! – Abg. Dr. Kräuter: Seipel!) Ja, tut’s ein bisserl kritisieren. Das Hölzl habe ich geworfen, ihr könnt es appor­tieren. Danke.

Grundsätzlich ist es ja so, dass die meisten den Rechnungshof als etwas sehen, als das er agieren soll: als eine Kontrolle, die durchaus auch dazu dient, so manchen Wunsch oder so manche Fehlentwicklung, die auch Vorstandsdirektoren so sehen, abzuwehren, indem sie sagen: Wir sind rechnungshofgeprüft, und das geht nicht!, oder um auch Änderungen im Nachhinein durchzuführen, wo man sagt: Der Rechnungshof ist dieser Meinung!

Kollege Kräuter, es ist richtig: Ich habe den Pressedienst des Vorstandsdirektors Huber nicht wirklich sehr positiv gefunden und habe gesagt: Das ist schnoddrig! Dazu stehe ich auch. Nur: Er hat dort schon auch eines gesagt: dass große Teile in Änderung sind und er diese Rechnungshofkritik ernst nimmt.

Ein bisschen ist es schon so wie politische Kleingeldwechslerei, wenn man mit parla­mentarischen Anfragen die Verwaltung beschäftigt bei Geschichten, wo man sich die Fragen, wenn man in das Firmenbuch schaut, selbst beantworten kann. Diese politi­sche Kleingeldwechslerei brauchen Sie vielleicht im Wahlkampf in der Steiermark, um auf die Liste zu kommen, aber damit werden Sie keine großen Unternehmen, wie es die ÖBB oder andere sind, auf eine Linie bringen, die in Ordnung ist.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 185

Frau Kollegin Moser, die Beratungsverträge zum Zeitpunkt der Trennung dieses Rie­senunternehmens in Profit Centers sind etwas, was man durchaus noch verteidigen kann. Nur: Man muss jetzt aufpassen, dass auch das, was aus diesen Beraterverträ­gen geflossen ist, umgesetzt wird und man nicht das Ganze wieder in ein Kuddel­muddel hineinschmeißt und dann mit Geldverschieben von einem Profit Center zum anderen schaut, dass jeder gut aussteigt. (Abg. Broukal: Ein bisschen mitschneiden bei dieser Gelegenheit!)

Ja, genau, es wird wieder irgendeine Moderation geben, Kollege Broukal, wo man ein bisschen mitschneiden kann. Natürlich, es sei Ihnen vergönnt, Sie zahlen ja auch Steu­er dafür. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Wenn Sie dann bei Diskussionen als Moderator auftreten und zu einem Nationalratskollegen sagen: Sie im Nationalrat!, was soll man sich dann denken? Sie kassieren für die Moderation, sagen aber nicht, dass Sie gleichzeitig Abgeordneter sind. (Abg. Broukal: Die Leute wissen das bei mir! So einfach ist das!) Die Leute wissen es schon. Aber solche Geschichten passieren.

Schauen Sie, wenn Kollege Jarolim dann bei seinen Zwischenrufen zu den Beraterver­trägen des Herrn Malik die Brille herunternimmt und genau zuhört, dann muss ich sa­gen: Reden Sie einmal mit dem Kollegen Lansky, ob es ihm besser geht, wenn er von den ÖBB nichts mehr bekommt! Fragen Sie einmal nach! Es war im Rechnungshof nicht zu erfahren, wer die Beraterverträge bekommt, wer mit dem Privatjet nach Berlin fliegt, obwohl es noch gar keinen Auftrag gibt. (Ruf bei der SPÖ: Wer?) Lansky. Das ist eine Rechtsanwaltskanzlei bei der Rotenturmstraße in einem Haus mit einer Glaskup­pel. Der Flöttl und der Verzetnitsch sehen genau bei ihm in die Kanzlei hinein, in die Glaskuppel – und umgekehrt. Also da gibt es offenbar irgendeine Wahlverwandtschaft zwischen den Bewohnern der Penthäuser.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich beim Rechnungshofpräsidenten und bei seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bedanken, dass sie trotz politischer Kleingeld­wechslerei da und dort und obwohl manchmal die Mehrheit sagt: Wir wollen jetzt nicht mehr darüber reden, ob die Opposition da Recht hat oder nicht!, nach wie vor hervor­ragende Arbeit leisten und Berichte liefern, die zu lesen interessant sind.

Kollege Kogler, wenn Sie einen Termin festlegen, werden wir die Berichte, die vorlie­gen, noch erledigen. Das liegt an Ihnen als dem Vorsitzenden. Sie tun immer so, als ob wir nicht wollten. (Abg. Mag. Kogler: Das ist eine Provokation!) Ich bin arbeitsbereit, ich stehe zur Verfügung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Der zweite Kollege, der im Ausschuss ist, steht auch zur Verfügung. Tun Sie etwas! Nicht hinsetzen und sagen: Die Regierung will nicht! – Ich glaube, Sie wollen einen schönen Sommer erleben, Sie wollen den Ausschuss nicht tagen lassen. (Abg. Mag. Kogler: Wir werden eh einen Antrag stellen, den Ausschuss für permanent erklä­ren zu lassen! Da werden wir dann schauen, ob Sie mitstimmen!)

Meine Damen und Herren, es ist notwendig, dass der Rechnungshof weiterhin in der bisherigen Qualität arbeitet. Wir haben einen Unterausschuss gehabt, wo es um die Prüfung der Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften gegangen ist, und dort ist meiner Meinung nach eindeutig herausgekommen, dass es sich bei zirka 10 Prozent des Bestandes der Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften, die vom Rechnungs­hof geprüft werden, gezeigt hat, dass das, was der Revisionsverband, die Landesregie­rung et cetera bisher machten, nicht ganz ideal ist, dass eine Prüfung, bei welcher der Finger auf die Wunde gelegt wird, notwendig ist.

Ich lade SPÖ und ÖVP ein, noch einmal darüber nachzudenken, ob man wirklich – vor allen Dingen nach den Geschehnissen in der BAWAG – so einfach über eine Prüfkom­petenz des Rechnungshofes bei den Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften hin­weggehen kann. Vielleicht führt diese Einladung dazu, dass wir da noch einen Antrag


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 186

zusammenbringen und eine zukunftsweisende Regelung beschließen können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Reheis zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.47.56

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Kollege Neudeck hat gesagt, ob die Opposition Recht hat oder nicht, sei nebensächlich. – Tatsache aber und nicht nebensächlich ist, was der Herr Rechnungshofpräsident heute hier referiert hat.

Wenn man hier ein bisserl beobachtet hat, was in diesen Reihen (in Richtung ÖVP weisend) passiert ist, als der Rechnungshofpräsident gesagt hat, dass bei den ÖBB nicht mit der notwendigen Sorgfalt gearbeitet wurde, dann hat man gesehen, wie die Gesichter langsam eingeschlafen sind. Er hat nämlich Recht.

Wenn man den Bericht des Rechnungshofes liest, der darin alles sehr genau auflistet, und alles über die Vorgänge in den ÖBB hört, dann weiß man, warum Ihnen die Ge­sichter eingeschlafen sind. Denn: Was derzeit unter den Augen und unter dem Schutz dieser Bundesregierung im Management der ÖBB passiert, das ist eigentlich, gelinde ausgedrückt, eine Frechheit.

In Anbetracht dessen, was hier an Günstlingswirtschaft vom Rechnungshof und auch von unserem Rechnungshofsprecher Günther Kräuter aufgedeckt wurde, sollten Sie sich, meine Damen und Herren, einmal an der Nase nehmen. Nämlich: 18,73 Millio­nen € externe Beratungskosten. Ein ÖBB-Chef, der seine Gattin in seine Günstlings­wirtschaft mit einbezieht. Über den Kollegen Malik wurde heute ja schon einiges gesagt. Aber etwas möchte ich schon auch zur Dienstauffassung des ÖBB-Chefs zur Kenntnis bringen.

Wie sieht die Arbeitswoche eines ÖBB-Topmanagers mit 500 000 € Gage aus? – Der findet es nicht notwendig, beim Rechnungshof zu erscheinen und zu den Vorwürfen Rede und Antwort zu stehen. Das braucht er nicht: Er fuhr lieber zum Semifinalspiel der WM nach Deutschland, nach Dortmund. Sein Fahrer fuhr mit der Gattin seines Chefs nach München, der Chauffeur reiste per Bahn zurück. Der gestresste Herr Hu­ber flog von Dortmund nach München, um seine Gattin zu ersuchen, mit dem Dienst-Audi-A8 zu einem Golfturnier nach Linz zu fahren. Danach leistete er weitere unver­zichtbare Arbeit für die ÖBB, indem er nach Wien flog, um anschließend zum Golftur­nier nach Linz weiterzureisen. – So sieht eine Arbeitswoche eines ÖBB-Topmanagers aus, und das zeigt, wie die „Qualität“ dieses Managements ist.

Traurig, meine Damen und Herren, denn: Dieser Manager ist genauso abrufreif wie Sie als Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.50.40

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Herr Kollege Reheis, wenn ich eine Unternehmung so hinterlassen würde, wie Sie uns die ÖBB hinterlassen haben (Abg. Reheis: Ich war nicht bei den ÖBB!), dann würde ich den Mund nicht so voll nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 187

Es ist doch so, dass bei einem Unternehmen, wo für Pensionsabgänge derzeit aus dem Budget in etwa 1,9 Milliarden € zu zahlen sind, was in etwa dem Umsatz des Un­ternehmens entspricht, allerhöchster Reorganisationsbedarf gegeben ist. (Abg. Eder: Wer war denn der Vorgänger von Huber? Der Herr Vorm Walde!)

Meine Damen und Herren, leider haben wir nicht alle notwendigen Kompetenzen in der Unternehmung ÖBB und sind deswegen auf externe Beratungsleistungen angewiesen. (Abg. Reheis: Sie geben den Menschen keine Pension, aber Millionen Ihren Günstlin­gen!) Sie werden kein Unternehmen und keinen Konzern in dieser Größenordnung fin­den, der ohne externe Beratungsleistungen auskommt.

Selbstverständlich ist den vom Präsidenten des Rechnungshofes aufgezeigten Maß­nahmen und Unstimmigkeiten nachzugehen, und diese sind auch auszumerzen. Es sind verschiedene Maßnahmen getroffen worden, welche sich für das Unternehmen sehr positiv auswirken, die Qualität und die Effizienz der Beratungsleistungen sind im Jahr 2006 massiv verbessert worden.

Bei der Vorbereitung dieses Unternehmens auf das neue EU-Verkehrsrecht müssen wir auch die Maastricht-Kriterien im Auge behalten, und deswegen ist es höchst an der Zeit, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Dabei sind wir auf gutem Weg. (Bei­fall bei der ÖVP.)

17.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Prä­hauser zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.52.47

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Präsident Dr. Moser, Respekt! Ich hätte Ihnen am Beginn Ihrer Amtszeit nicht zugetraut, dass Sie mit solcher Selbstverständlichkeit Pro­bleme beim Schopf nehmen und nennen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Zu­erst waren Sie dagegen!) Man kann auch einmal ein bisschen Lob ausstreuen, wenn man vielleicht Kritik erwartet. Noch einmal: Respekt! (Abg. Scheibner: Wir haben euch das gleich gesagt!)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute vom Herrn Präsidenten schon gehört – ich habe mir diesen Punkt herausgesucht –: Kommunikationsberatungsunternehmen, et­was Privates, weil die Eisenbahn selbst so etwas nicht hat oder zumindest nicht von jener Qualität, dass der Vorstand dabei profitiert.

Wenn ich weiß, dass Vorstände dort zusammen Millionen € verdienen, wenn ich gleichzeitig erfahre, dass man für Coaching, um das Auftreten vor den eigenen Mitar­beitern zu erleichtern, Millionen ausgibt (Abg. Scheibner: Habt ihr das nicht?), dann habe ich ein Problem, meine Damen und Herren. Ich würde kein Problem damit haben, einen jungen Abteilungsleiter oder eine Abteilungsleiterin in eine Schulung zu schicken, damit er/sie das lernt. Für jemanden, der an der Spitze der Eisenbahn ist, Millionen auszugeben, um ihn zu schulen, wie er vor seinen Mitarbeitern aufzutreten hat, ist et­was, wofür ich kein Verständnis habe, denn da frage ich mich: Wer hat denn bei diesen Managern das Hearing gemacht? (Abg. Scheibner: Ihr braucht auch ein Coaching! Da braucht ihr auch Millionen!)

Wer hat die Verantwortung dafür, dass diese Herren in dieser Position sitzen? Eigent­lich meine ich, dass das Geld für die Kosten für dieses Coaching diese hoch bezahlten Manager selbst berappen sollten. Man kann dieses Geld an das Unternehmen refun­dieren, das ist kein Problem. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Das würde diesen Herren nicht schaden. Vielleicht würden sie dann darüber nachden-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 188

ken, ob die eigenen Abteilungen nicht Qualität genug hätten, um ihnen das mitzuge­ben. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

In einem anderen Punkt habe ich wieder Verständnis: Man kann sich auch coachen lassen, um mit streikenden Mitarbeitern umgehen zu können. Das verstehe ich, denn in der Privatwirtschaft, wo der Chef selbstherrlich anschafft, ist man nicht gewöhnt, dass sich jemand wehrt. Gott sei Dank ist es bei der Eisenbahn anders. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Das ist ein Blödsinn!)

17.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.54.52

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Auch ich möchte mich sehr herzlich beim Rechnungshof bedanken für die sicherlich sehr gute und qualifizierte Arbeit, die in den letzten Jahren geleistet wurde. Heute tun Sie dem Rechnungshof allerdings ein bisschen zu viel der Ehre an (Zwischenruf bei der SPÖ), denn diese Beratungsleistungen, meine Damen und Herren, sind nicht auf Initia­tive des Rechnungshofes untersucht worden, sondern auf Initiative des Verkehrsminis­teriums und des Verkehrsministers und Vizekanzlers, der den konkreten Auftrag gege­ben hat, man möge die Jahre 1999 bis 2004 entsprechend untersuchen.

Diese Prüfung ist deshalb zustande gekommen, weil auch wir im Ministerium der Mei­nung waren, dass die ÖBB und die damaligen Manager – ich möchte doch betonen: die damaligen Manager!; in diesem Zeitraum waren Herr Generaldirektor Draxler und Herr Generaldirektor Vom Walde (Ruf bei der SPÖ: Vorm Walde!) dafür verantwortlich und zuständig – in dieser Zeit Beratungsleistungen in Anspruch genommen haben. (Abg. Eder: Das ist Ihr Mann gewesen, der Herr Vorm Walde!)

Es war also das Ministerium, dem offensichtlich Umfang und Höhe der Kosten der Beratungsleistungen zu hoch erschienen sind und das deshalb auch dieses Ersuchen gestellt hat.

Ich bin überzeugt davon, ja ich weiß es, dass natürlich auch wir, soweit das in unseren Möglichkeiten als Eigentümer steht, die entsprechenden Konsequenzen aus diesem kritischen Bericht ziehen werden.

Ich weise aber doch darauf hin, dass nach Auskunft der ÖBB der neue Vorstand be­reits umgehend mit dem operativen Start des neuen ÖBB-Konzerns ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist Ihnen offensichtlich nicht ganz klar, dass diese neue Gesellschaft und diese neue Struktur erst mit 1. Jänner 2005 operativ begonnen haben, meine Da­men und Herren! Wir werden dafür sorgen und darauf Obacht geben, dass tatsächlich jetzt die notwendigen Konsequenzen aus diesem Bericht gezogen werden. (Abg. Dr. Kräuter: Was sagen Sie zum Fall Malik?)

Ich sage auch etwas zum Fall Malik – aber ich sage auch etwas zum Fall Lansky, mei­ne Damen und Herren. Sie sollten den ganzen Bericht lesen und nicht immer versu­chen, nur der einen Seite die Schuld zuzuschieben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Eder: Wer von den beiden war im Aufsichtsrat?)

Kollege Lansky, der Ihnen nicht unbekannt ist, weil er der Obmann des „Change 06“-Vereines ist, der die politische Wende in Österreich herbeiführen will, war der Haupt­nutznießer dieser Beratungstätigkeit, meine Damen und Herren. (Abg. Eder: Ist er im Aufsichtsrat?) Also seien Sie einmal auch selbstkritisch diesbezüglich und fragen Sie


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 189

einmal Herrn Lansky, ob das gerechtfertigt war, was da in diesem Zusammenhang ge­schehen ist!

Wir werden dafür sorgen, dass die Corporate Governance-Regeln eingehalten werden. Und ich bin überzeugt davon, dass sich der ÖBB-Aufsichtsrat und auch der Holding-Aufsichtsrat noch einmal mit dieser Frage beschäftigen werden. Und ich vertraue dar­auf und ich weiß auch, dass Herr Generaldirektor Reithofer als Aufsichtsratspräsident der Holding dafür sorgen wird, dass diese Regeln in einer ganz klaren und eindeutigen Weise auch für die Zukunft interpretiert und umgesetzt werden, meine Damen und Her­ren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Der ist mit involviert!)

Ich möchte schon darauf hinweisen, Herr Kollege Eder, weil Sie hier ein bisschen ein­seitig vorgehen ... (Abg. Eder: Was Sie da zusammenreden, ist arg!) Ich habe jedes Verständnis für parlamentarische Kritik, und Sie haben kritisiert, dass Herr Huber im letzten Rechnungshofausschuss nicht anwesend war, sondern beim Fußballspiel war. Ja, war er – als Privatmann.

Herr Huber hat auch keine Ladung vom Rechnungshofausschuss erhalten; das ist doch sonst üblich, ich habe auch jahrelange Praxis. Es ist noch nie eine Auskunftsper­son nur auf Zuruf über die Medien vor dem Rechnungshofausschuss oder vor einem Untersuchungsausschuss erschienen, Herr Kollege Kräuter! Selbstverständlich muss es entsprechende Ladungen geben, und diese sind zu diesem Zeitpunkt nicht vorgele­gen. Das, glaube ich, muss man der Ehrlichkeit und der Objektivität wegen auch dazu­sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Bei der letzten Diskussion hier im Haus, als wir über ähnliche Themen diskutiert haben: Wer war nicht anwesend? – Herr Klubobmann Gusenbauer war nicht anwesend! Wir haben schon einmal so eine Debatte geführt, und Klubobmann Gusenbauer war wäh­rend dieser Nationalratsdebatte beim letzten Fußballländerspiel, meine Damen und Herren! Also seien Sie doch bei Privatpersonen nicht anspruchsvoller als bei Ihren eigenen Funktionären und Klubobmännern, was die Anwesenheit in parlamentarischen Gremien betrifft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich möchte auf Folgendes hinweisen, und wir werden überprüfen, ob das dann auch tatsächlich so stattfindet. Der Sprecher des Vorstandes der ÖBB-Holding AG hat ge­sagt, sozusagen in Reaktion auf diesen Bericht des Rechnungshofes: „Wir stimmen mit der Analyse des Rechnungshofs überein. Der Rechnungshof hat jene Punkte aufge­zeigt, bei denen auch das Management einen dringenden Handlungsbedarf festgestellt und sofort nach Übernahme der operativen Verantwortung geeignete Gegenmaßnah­men eingeleitet hat.“

Gut, das hat der Sprecher des Vorstandes gesagt. Er hat deutlich gemacht, dass im Jahr 2006 die Beraterhonorare drastisch sinken werden. – Wir und Sie und das neue Parlament in der nächsten Legislaturperiode werden dann diese Angaben tatsächlich überprüfen können.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass bereits Ende 2004 der Vorsitzende des Hol­ding-Aufsichtsrates veranlasst hat, dass die Beratungsleistungen in den Katalog der genehmigungspflichtigen Geschäfte aufgenommen werden, und dass auch die diesbe­züglichen Genehmigungsgrenzen entsprechend reduziert wurden, meine Damen und Herren. (Abg. Eder: Die sind ja alle verbandelt untereinander!)

Ich möchte auch darauf hinweisen – um hier auch einen klaren Vergleich zu ziehen –, dass im Zeitraum 2004 und 2003 für Beratungsleistungen des BMVIT im Zusammen­hang mit der ÖBB-Reform und all den sozial-, arbeits-, dienstrechtlichen, organisatori­schen und unternehmensrechtlichen Maßnahmen nur 780 000 €, also nur 2 Prozent


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 190

dessen ausgegeben wurden, was vom Unternehmen selbst ausgegeben wurde. (Abg. Eder: Gibt es keine Beamten mehr, die sich auskennen?)

Sie sehen also, dass wir im Ministerium sehr wohl sparsam umgehen, dass das hier auch Ihrer Kontrolle unterliegt und dass wir uns keinerlei Vorwürfe machen lassen müssen, meine Damen und Herren!

Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass die notwendigen Konsequenzen aus diesem Bericht gezogen werden, dass wir aber doch nicht vergessen sollten bei der vielen Kritik, die auch hier und heute am neuen Vorstand geäußert wurde: Es sind bereits nachhaltige Maßnahmen gesetzt worden! Die wirtschaftliche Situation der ÖBB hat sich verbessert, das EGT hat sich deutlich verbessert, die Produktivität ist klar an­gestiegen. (Abg. Eder: Nichts hat sich verbessert!) Es hat einen Zuwachs der Gesamt­erträge gegeben, die Beiträge des Bundes sind bereits um rund 180 Millionen € im Jahr 2005 reduziert worden. (Abg. Eder: Das gibt es ja normal nicht!) Es gibt mehr Fahrgäste, es gibt weniger Krankenstände, es gibt ein höheres Pensionsantrittsalter. Es gibt eine große Investitionsoffensive sowohl bei der Infrastruktur als auch bei den Fahrbetriebsmitteln, und es gibt einen deutlichen Rückgang beim Personalaufwand um rund 300 Millionen €. (Abg. Eder: Wo ist eigentlich der Minister?)

Das alles, meine Damen und Herren, zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg – auch deshalb, weil wir die langjährigen Empfehlungen des Rechnungshofes zum ersten Mal annehmen! Früher sind diese vollkommen negiert worden. Diese Regierung war die erste, die die langjährigen Hinweise, die die langjährige Kritik, die die langjährigen Vor­schläge des Rechnungshofes tatsächlich berücksichtigt und umgesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

18.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort ge­meldet. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.05.44

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Der Herr Präsident des Rechnungshofes hat uns in seinen Ausführungen mitge­teilt, dass in dieser Legislaturperiode 33 Berichte abgegeben wurden; 33 Berichte, die sich durch Qualität und Objektivität ausgezeichnet haben, die eine Vielzahl von Anre­gungen und Empfehlungen enthalten haben, die zum Teil auch umgesetzt wurden, so habe ich das zumindest verstanden.

Der Präsident hat auch den Semmering-Basistunnel angesprochen und die Mängel aufgezeigt, die vom Rechnungshof festgestellt wurden. Kritisiert wurde, dass der bereits 1994 begonnene Sondierstollen, der nie zu Ende geführt wurde, und alle Vor­leistungen, die daraus erwachsen sind, 93,25 Millionen € erbracht haben. Es wird vor allem auch befürchtet, dass ein eventueller Rückbau dieses Sondierstollens noch wei­tere Kosten verursachen wird.

Ich möchte als Niederösterreicherin hier anmerken, dass diese Verschleppung der Ver­fahren, so wie Sie das dargestellt haben, auch dazu beigetragen hat, dass jetzt ein gu­tes, ein neues Projekt auf dem Tisch liegt, ein neues Projekt, das vor allem auch davon profitiert, dass diese Erkenntnisse, die aus dem Bau des Sondierstollens gewonnen wurden, in dieses neue Projekt einfließen können. Dass der Semmering eine sehr sen­sible Region ist, wo ganz besonders auf die Umwelt zu achten ist, ist nicht allen be­wusst, und dass damals beim Bau des Sondierstollens bereits massive Wassereinbrü­che zu verzeichnen waren, hat natürlich auch dazu beigetragen, dass diese Verfahren verschleppt und hintangestellt wurden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 191

Aber es ist gelungen, ein gutes neues Projekt auf die Beine zu stellen, ein Projekt, das vor allem auch den sicherheitstechnischen Erkenntnissen der modernen Zeit ent­spricht. Es ist ein zweiröhriger Tunnel geplant und nicht nur ein einröhriger, so wie das ursprünglich der Fall war. (Zwischenruf des Abg. Schöls.)

Es ist ein neues Projekt, das eine ganz andere Steigung als die alte Trasse aufweist, bei der es zu großen Problemen gekommen wäre. Hätte der Zug im ursprünglich ge­planten Tunnel anhalten müssen, hätte er nur mit einer zusätzlichen Lok wieder in Be­wegung gebracht werden können.

Also: ein neues Projekt, ein neuer Tunnel, wo die Erkenntnisse aus dem alten Bauvor­haben einfließen werden, wo selbstverständlich mit größter Vorsicht im Hinblick auf die Wasserressourcen und die Umwelteinflüsse vorgegangen werden muss, wo vor allem auch die sicherheitstechnischen Erkenntnisse voll einfließen werden, wo zweiröhrig im Sinne einer Flachbahn gebaut wird. – Ich denke, dass in diesem Sinne und auf Grund der Erfahrungen, die man aus dem alten Projekt Semmering-Basistunnel gewonnen hat, in Zukunft ein effizientes neues Projekt entstehen wird! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Glauben Sie das, was Sie da sagen, Frau Kollegin? – Abg. Höllerer – das Rednerpult verlassend –: Ja! – Abg. Gradwohl: Die Enttäuschung wird groß sein!)

18.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.09.00

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär Kukacka, angesichts dessen, wie Sie heute in der Diskussion zum Rechnungshofbericht in Ihrer Argumentation geschwommen sind, muss man ja den Herrn Vizekanzler bitten, bei der Bodenseeschifffahrt vielleicht dafür zu sorgen, dass dort noch ein Platz für Sie frei wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Im Übrigen lassen die Äußerungen der Kolleginnen und Kollegen von den Regierungs­fraktionen darauf schließen, dass sie anscheinend nicht sehr viel mit der Bahn fahren. Die WCs auf Bahnhöfen werden gesperrt, viel weniger Schienen werden transportiert (Abg. Großruck: Weniger Schienen werden transportiert? – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es wird „auf den Schienen“ transportiert, nicht „die Schienen“ werden transportiert!), und es wird auf Grund der Filetierung der ÖBB schon öffentlich darüber diskutiert, dass im Jahr 2008 verschiedene Gesellschaften kein Geld mehr haben werden. Als das Frau Direktorin Goldmann thematisiert hat, wurde ihr nachgestellt, wie es in der Ge­schichte noch nie vorgekommen ist.

Wenn Sie hier davon sprechen, dass die ÖBB auf einem guten Weg ist, dann kann man nur sagen: Träumen Sie weiter! Es wird Zeit, dass in die Infrastruktur Ordnung gebracht wird.

Im Rechnungshofbericht wird auch darüber gesprochen, dass die externen Beratungs­leistungen exorbitant gestiegen sind. Im Bericht ist die Rede von einem „wenig spar­samen und wirtschaftlichen Umgang“ – Herr Präsident Moser hat das heute in seinen Ausführungen noch wesentlich verstärkt. Er hat gesagt, es war kein sparsamer Umgang und auch ein sehr unwirtschaftlicher Umgang. Die Rechtsberatung für die Umstrukturierung hat sehr hohe Kosten verursacht, die um 80 Prozent über Durch­schnittshonoraren gelegen sind. Es gab keine Rahmenvereinbarungen, schriftliche Be­stellungen wurden erst nach der Leistung erbracht, und es gibt auch keine Dokumen­tation.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 192

In diesem Sinne kann man nur sagen: Hören Sie auf und widmen Sie sich dem Schwimmen – das ist besser für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

18.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-200 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

18.11.4117. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht (III-210 d.B.) des Rech­nungshofes, Reihe Bund 2006/4 (1579 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.12.07

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich lenke Ihre Aufmerksamkeit auf eine Ansammlung von Schildbürgerstreichen, auf sagenhafte Unfähigkeit und auf die Tatsache, dass beim Logistik Center Linz der ÖBB die Verantwortlichen die Be­griffe „Lagerlogistik“ und „Transport“ wohl allzu wörtlich genommen haben. Auf 30 Sei­ten zerlegt der Rechnungshof die Vorgänge bei diesem Projekt, und spricht man dann auch noch mit den direkt Betroffenen vor Ort, drängt sich einem wirklich die Frage auf, welche überbezahlten Stümper da am Werk waren und wer dafür zur Verantwortung zu ziehen ist.

Einige „Schmankerln“, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen nicht vorenthalten. Von Anbeginn an hat es erhebliche Kommunikationsprobleme – um das höflich zu for­mulieren – zwischen der Projektleitung und der Führung der ÖBB Cargo gegeben.

Die ursprünglich vorgesehene österreichische Lebensmittelgroßknotenlösung, Lager- und Transportlogistik in Linz, konnte nicht realisiert werden, da man vergessen hatte beziehungsweise nicht in der Lage war, eine entsprechende Kühlanlage einzubauen. Der Materialflussrechner der EDV und das hochmoderne Hochregallager lassen nicht zu, dass Stückgut, welches größer als eine Palette ist, gelagert werden kann. (Abg. Neudeck: Was bedeutet das? Vorlesen kann ich es auch!)

Transportlifte, die die verschiedenen Ebenen miteinander verbinden, wurden viel zu klein dimensioniert, Linz kann daher für unhandliche, größere Güter nicht mehr direkt angefahren werden.

Eine viel zu kleine und völlig falsch angelegte Gleishallenebene zwingt beim Beistellen und Abziehen der Wagons zum Queren der Westbahnstrecke. Das führt zu Verspätun­gen und behindert den schnellen und reibungslosen Arbeitsablauf im Bahnexpress-Verkehr.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 193

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen – Leidtragende, meine Damen und Herren, und das ist das Bedauerliche, sind die dort beschäftigten Mitarbeiterinnen, aber das kümmert die hoch bezahlten Manager überhaupt nicht!

Wer ist verantwortlich für dieses Chaos? – Mit Sicherheit jene, denen Freunderlwirt­schaft im Aufsichtsrat, die Bodenseeschifffahrt und Golfspielen während der Dienstzeit wichtiger sind als die wahren Probleme im Betrieb. Diese unhaltbaren Zustände sind unmittelbar mit den Namen Huber und Gorbach verbunden – deren Rücktritte sind längst überfällig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Das ist doch einmal eine Ansage!)

18.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schöls. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.14.33

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Frau Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Präsident des Rechnungshofes hat in seinem Bericht darauf hingewiesen, dass in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode über 30 Berichte im Rechnungshofausschuss behandelt wurden. Ich stelle wirklich mit Bedauern fest, dass die Opposition diese Rechnungshof­ausschüsse immer als Tribunal gesehen hat, um gegen die Regierung zu polemisieren.

Kollege Kräuter ist ein Meister seines Faches: Solange es nicht um die Bawag ge­gangen ist, hat er vom Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofes immer von einem „Untersuchungsausschuss“ gesprochen; jetzt geht er ein bisschen moderater mit der Bezeichnung „Untersuchungsausschuss“ um.

Kollege Krist, Frau Präsidentin – ich habe sehr darauf Acht gegeben –, hat für den Ausdruck „Stümper“ keinen Ordnungsruf bekommen, daher darf ich jetzt sagen: Wenn Kollege Krist Stümper gesucht hat, dann darf ich ihm einen nennen beziehungsweise einen heißen Tipp geben. (Abg. Gradwohl: Er hat gar nicht gesucht, er hat sie schon gefunden gehabt! Du hast nicht zugehört, das ist das Problem!) In der Frage der Ener­giebesteuerung kritisiert der Rechnungshof zu Recht, dass diese Regelung keine Re­gelung für Energiesparen war, sondern ausschließlich fiskalischen Charakter hatte und nur der Sanierung des Budgets diente.

Kollege Krist, auf der Suche nach Stümpern: Kollege Hoscher kann Ihnen vielleicht einen heißen Tipp geben, denn er war seinerzeit Kabinettschef von Finanzminister Sta­ribacher, der diese stümperhafte Vorlage gebracht hat, die der Rechnungshof zu Recht kritisiert! (Abg. Gradwohl: Noch einmal: Er hat keine Stümper gesucht, sondern er hat sie schon gefunden!)

Daher: Sie sind in der Sackgasse – der Wähler wird es Ihnen am 1. Oktober klar sa­gen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Für das Wort „Stüm­per“ ist bislang kein Ordnungsruf verhängt worden, und ich werde auch dabei bleiben. Man sollte dieses Wort aber trotzdem nicht überstrapazieren.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.16.53

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Zum geschätzten Vor­redner Kollegen Schöls: Wenn das zutrifft, was Sie sagen – auch ohne dieses Wort –, dann ist ja der Gesetzgeber, der Nationalrat gemeint, also wir hier; ich damals noch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 194

nicht, aber einige von uns hier vielleicht noch, jedenfalls aber die Parteien, die hier im Haus sind; die Orangen allerdings auch wieder nur in ihrer Vorgängerversion. Dann hat eben der Rechnungshof, wie es ja des Öfteren vorkommt, auch schon das ganze Nor­menwerk sozusagen überprüft hinsichtlich der Zielerreichung dessen, was vorgegeben wurde. Na dann ist es halt auch einmal der Nationalrat gewesen – aber woraus Sie schon überall einen Fingerzeig auf die SPÖ konstruieren wollen, da kann ich nicht folgen.

Zum Ersten ist das eine Regierungsvorlage und kein Entwurf eines einzigen Ministers. Damals war der wegweisende jetzige Kanzler Schüssel sicher in Amt und Würden, wahrscheinlich als Wirtschaftsminister, und hat die wegweisende Ausführung nicht be­einsprucht.

Im Übrigen ist die Energiematerie, wenn es nicht gerade um die Besteuerung geht, seit langer Zeit im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Ich kann daher überhaupt nicht ver­stehen, dass Sie da nach zehn Jahren mit Steinen herumschmeißen, nur weil es ge­rade en vogue ist. Was Sie ausgelassen haben, ist, dass die Bawag auch noch dazu­passt. – Mit diesem Niveau, bitte, behelligen Sie uns hier herinnen nicht mehr! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das hat aber nichts damit zu tun, dass man nicht auf die Kritiken hinschauen soll. Da gäbe es tatsächlich einiges, aber wieder einmal haben wir jetzt einen Bericht, der nach einem korrekten Procedere hier im Nationalrat zum Abschluss kommt. Die Energiebe­steuerung wäre natürlich – jetzt als Beispiel genommen – ein verlockendes Thema, auch für die Grünen. Natürlich lässt sich das nicht so ohne weiteres trennen.

Was ist das Ziel einer Abgabe? – Sie erzeugt aus sich heraus einen Lenkungseffekt, auch wenn sie nur fiskalisch gemeint war, weil sie die relativen Preise beeinflusst und damit die Nachfrage. Man kann sagen, ob das zu viel oder zu wenig war hinsichtlich eines bestimmten Ziels, aber natürlich muss der Vergleich angestellt werden: Was wäre denn gewesen, wenn es gar keine Energieabgabe gegeben hätte? Wie hätte sich dann der Verbrauch entwickelt? Daran kann man Lenkungseffekte messen.

Das ist im Prinzip alles ein bisschen komplizierter, aber hinsichtlich der Zielerreichung kann man die Kritik des Rechnungshofes sicher teilen.

Ähnliche Kritikpunkte, die man teilen sollte und müsste, beziehen sich auf den Ablauf im Finanzministerium selbst. Herr Staatssekretär, Sie waren ja in der letzten Aus­schusssitzung, wie ich glaube, mich zu erinnern, auch anwesend. Sie sagten, dass Sie – und mich hat das wirklich gewundert – bei der EDV, ausgerechnet bei dieser Steuer besondere Schwierigkeiten hätten. Das ist schon komisch. Irgendwie hat man das Gefühl, dort, wo es ein bisschen schärfer an die produzierende Industrie und an die größeren Unternehmen geht, hat man schnell g’schwind Schwierigkeiten.

Was diesen Verdacht natürlich nährt, ist, dass die ursprüngliche Regelung – das ist ja alles genauestens aufgeführt –, nämlich die Vergütungsregelung, die ja von der EU ge­kippt wurde, ganz offensichtlich mit der Auflage oder zumindest mit der rechtlichen In­tention und Auslegung versehen wurde, dass dann eine Zeitlang bis zur Klärung nicht rückzuvergüten wäre. Was ist passiert? – Es ist natürlich sozusagen ein Konto für die Abgabepflichtigen eröffnet worden, die sich da etwas holen wollten, und die durften dann eben je nach Maßgabe verfügen. – War auch nicht im Sinne der Erfindung. Ob das eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme war oder nicht, da müssten Sie eben dazu stehen. Jedenfalls ist sie ja auch aus diesem Grund mit aufgehoben worden.

Aber jetzt ist es ja saniert, und weitere Energiesteuermaßnahmen in diesem Bereich müssten sicherlich die Erkenntnisse, die wir hier gewonnen haben, nutzen. Wir haben ja in verschiedenen Parteiengesprächen beziehungsweise auch in Gesprächen mit In-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 195

teressenvertretern – dort ist das ja immer ein großes Thema – auch schon öfter dar­über debattiert, wie man bei einer allfälligen weiteren Erhöhung der Energieabgabe, wenn die Arbeitskosten gesenkt würden, dann ganz speziell auf die Rückvergütungsre­gelung schauen muss, wenn man bestimmte volkswirtschaftliche Effekte erzielen will.

Da sind diese Erkenntnisse samt Kritik vom Rechnungshof natürlich ein großer Ge­winn. Insofern kann man auch wieder einmal sagen, dass auch für den Gesetzgeber und seine Weisheit selbst etwas gewonnen wurde und nicht nur in seiner Funktion als Kontrollor der Regierung, sondern eben auch als Gesetzgeber für sich selbst. Daher auch an dieser Stelle: vielen Dank!

Da muss ich natürlich wieder auf das Hauptthema zurückkommen, das hier immer wie­der aufgeworfen wird – gerade vorher wieder –, nämlich darüber zu reden, welche Be­richte nicht im Haus erscheinen. Und schauen Sie, Sie können das jetzt noch weiß ich wie oft wiederholen, ich meine, draußen wird es sowieso keinen interessieren, aber auch wenn Sie es dort tun ... (Abg. Neudeck: Herinnen auch nicht!) – Herinnen weiß ich nicht.

Aber einfach nur der guten Ordnung halber, denn alles muss man sich da ja nicht gefallen lassen und muss auch nicht einreißen: Es ist absurd, zu behaupten, dass die Oppositionsfraktionen oder die Grünen oder auch der Vorsitzende des Ausschusses die Termine und die Berichtsabwicklung verhindern würden! (Abg. Neudeck: Das ist absurd, aber es ist wahr!)

Wir haben weiß ich wie oft Präsidialrundläufe ausgeschickt – und deswegen haben wir es nämlich auch gemacht und einen mittlerweile so breiten E-Mail-Verkehr dokumen­tiert –, wo immer wieder Vorschläge gemacht wurden, aber keine Termine zustande kamen, weil eben Minister tatsächlichen verhindert waren, einen Termin wahrzuneh­men, oder nur vorgaben, verhindert zu sein. Der Grund ist nämlich immer, dass die Mi­nister nicht Zeit hätten, nicht, dass Kollege Kräuter nicht Zeit hätte oder ich nicht Zeit hätte, sondern weil die Regierungsfraktionen behaupten, dass die Minister nicht Zeit hätten, werden keine Termine gefunden! Daran krankt es!

Und ein Letztes sage ich Ihnen auch noch: Wenn Sie die Geschäftsordnung einmal genau lesen würden, würden Sie draufkommen, dass das Abhalten einer aktuellen Aussprache – und zwar in jeder Ausschusssitzung, wenn er will! – ein Recht des Vor­sitzenden ist, ein mit Buchstaben in der Geschäftsordnung verbrieftes Recht des Vor­sitzenden! So, wie Sie das jetzt interpretieren und durchführen, führt das dazu, dass der Vorsitzende das Recht nie ausüben kann, denn wenn das nämlich im Rundlauf vor­geschlagen wird, stimmt wer der Tagesordnung und der Einberufung nicht zu? – Die Regierungsfraktionen! So gehen Sie vor!

Sie verhindern in der konkreten Abfolge die Möglichkeiten der Geschäftsordnung! (Abg. Dr. Fekter: Es gibt eine jahrzehntelange Usance, dass das im Konsens stattfin­det! Und Sie verabschieden sich davon!) Das ist schon eine vernünftige Usance, dass etwas im Konsens stattfindet!

Es ist überhaupt keine Rede davon! Was Sie nicht verstehen, ist, dass der Usus des Parlaments nicht so weit gehen kann, dass geschäftsordnungsgemäße Rechte über­haupt nie ausgeübt werden können. Das ist doch logisch! (Abg. Dr. Fekter: Sie verab­schieden sich vom Konsens!) – Sie haben ja überhaupt keine Ahnung von den Vorgän­gen dort! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Neudeck: Also bitte!) Na wirk­lich wahr!

Ich mische mich jetzt nicht in den Justizausschuss ein, aber ich sage Ihnen nur: Wenn eine aktuelle Aussprache vom Vorsitzenden gewünscht wird und deshalb nicht zustan­de kommt, weil die Regierungsfraktionen den diesbezüglichen Rundlauf nicht unter-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 196

schreiben, dann wird das damit blockiert! (Abg. Dr. Fekter: Nicht zustande kommt, weil die Opposition nicht unterschreibt! Ist doch genau dasselbe!) – Hören Sie das Argu­ment zu Ende an! – Dann würde mir ja nur mehr die Möglichkeit bleiben ... (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Ferdinand Maier.) Das ist deshalb wichtig, weil es um ein paar demo­kratische Spielregeln geht! Ich weiß schon, dass die ÖVP auf diesem Auge schon blind ist. (Abg. Dr. Fekter: Sie verabschieden sich von diesem Konsens!) – Nein! Jetzt hören Sie endlich zu, bis das Argument fertig ist!

Ich würde erst den Konsens verlassen, wenn ich selbst einen Ausschuss ohne Präsi­dialrundlauf einberufen würde, aber in Wahrheit wäre es die letzte Möglichkeit, dass wir überhaupt wieder aktuelle Aussprachen abhalten könnten, weil es ja nicht anders geht, denn Sie verhindern es vorher! – Das ist es immerhin wert, im Protokoll festgehalten zu werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Neudeck: Es ist trotzdem nicht wahr!)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Herr Abgeordneter Wittauer am Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.25.01

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Rech­nungshofpräsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Kogler, wir haben gerade mit Ihnen, der Sie sagen, die Regierung würde etwas missbräuchlich verwenden, die Erfahrung gemacht, dass Sie alles tun, um diesen Rechnungshofausschuss miss­bräuchlich zu verwenden und Ihre Spiele zu spielen, Ihre Polit-Show abzuhalten. Und das müssen wir uns gefallen lassen – auch als Regierungspartei.

Wenn Herr Abgeordneter Kräuter hat in seiner Eingangsrede gesagt, der Rechnungs­hof oder der Rechnungshofausschuss sei nicht der „Wachhund“, sondern der „Schoß­hund“ der Regierung!, dann muss doch einer von Ihnen erwarten, dass ich da heraus­gehe und Herrn Abgeordnetem Kräuter sage: Der Rechnungshof ist kein Schoßhund der Regierung! Er macht nicht das, was die Regierung sagt, sondern er hat einen Auf­trag, und er prüft gut! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Auf der einen Seite loben Sie ihn, auf der anderen Seite wissen Sie aber nicht, was Sie mit dem Lob anfangen sollen und müssen ihn gleich wieder kritisieren. – Das ist Ihr Problem! (Abg. Dr. Kräuter: So ein Blödsinn!) – Klar ist das ein Problem von Ihnen: dass Sie nicht einfach positiv kritisch sind oder jetzt kritisch mit einem Zugang, sondern Sie kritisieren einfach! Und das, was Ihnen am liebsten ist, wenn Ihnen keine Antwort mehr einfällt, ist eine Geschäftsordnungsdebatte, die brauchen wir auch noch, weil die Geschäftsordnung immer dafür herhalten muss, um der Regierung zu erklären, wie undemokratisch sie sei. (Abg. Dr. Puswald: Das stimmt ja!) – Und das stimmt eben nicht!

Da reden wir weiter! Was war bei der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses? Was war dort? – Ihr seid auf einmal hergegangen und habt gesagt: Den ÖBB-General wollen wir vorladen; der muss jetzt sofort her! Der hat ja keine Verpflichtung, der hat ja kein eigenes Leben, sondern Kräuter will ihn haben. Dann war er zornig, weil wir ge­sagt haben: Das geht nicht! Du kannst nicht im Rechnungshofausschuss auf einmal jemanden vorladen! Das geht nicht! Das haben Sie ja auch gesagt.

Was tut dann die Sozialdemokratie, wo sie den Rechnungshofausschuss doch so liebt, wo sie kritisieren kann? – Gesammelt verlässt sie den Raum. (Abg. Mag. Gaßner: Je­der einzeln!)

Ich erinnere mich, wie der Vorsitzende Kogler auf einmal zählen hat müssen: Sind wir überhaupt ...? Wie viele haben wir da? – 14? (Abg. Dr. Fekter: So wie heute, auch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 197

keiner mehr da!) Genau! Man sieht also, wie groß das Interesse der Sozialdemokratie ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) – Nein, nein! Ihr seid ja diejenigen, die kon­trollieren oder kritisieren wollen! Aber da macht ihr euch nicht einmal die Mühe, weil keine Fernsehübertragung mehr ist!

Und Sie haben dann die Mühe gehabt und haben abgezählt: Sind wir ja genug? Sind wir ja genug? (Weitere Zwischenrufe.) – Ja klar! Klar! Aber wie mühevoll ist es, wenn Abgeordnete, die eine Pflicht hätten, im Ausschuss zu sitzen und ihre Arbeit zu ma­chen, nur deshalb, weil sie nicht den ÖBB-General Martin Huber vorladen haben kön­nen, den Raum verlassen! – Ja wo sind wir denn? Wir haben da ja keine Diktatur! (Abg. Gradwohl: Manchmal hat man als Oppositionsabgeordneter den Eindruck!)

Ob es Opposition oder Regierungspartei ist: Beide haben die Pflicht, für die Bevölke­rung zu arbeiten – und nicht den Raum zu verlassen wie beleidigte Kinder, wenn es um etwas geht, was vielleicht jetzt, sage ich einmal, nicht in ihrem Sinn funktioniert. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: 2 Minuten, zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt.

 


18.28.20

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Präsidentin! Mein Vorredner hat tatsachenwidrig behauptet, ich hätte gemeint, der Rechnungshof wäre ein Schoßhund der Regierung. – Das entspricht nicht den Tatsachen! (Abg. Mag. Kogler: Ja!)

Ich habe ausgeführt – nachdem Präsident Khol den Rechnungshof als „Wachhund des Parlaments“ bezeichnet hat –, dass Ihre Politik, Ihr Verhalten und Ihr Umgang mit Rechnungshofberichten diesen Rechnungshof durch Ihre Vorgangsweise zu einem Schoßhund machen. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

18.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.29.00

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Ich möchte kurz auf diesen RH-Bericht eingehen und zur Betrugsbekämpfung Stellung nehmen.

Die zentrale Aufgabe der Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung, kurz KIAB, ist die Kontrolle vor Ort, die Kontrolle auf der Baustelle, in den Gaststätten oder an anderen Arbeitsstätten, wo mit illegaler Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte gerechnet werden muss.

Diese Kontrolle erfüllt eine sehr wichtige Funktion für die österreichische Wirtschaft und sorgt für die Einhaltung arbeitsrechtlicher Grundlagen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Neudeck.)

Umso wichtiger ist es, dass diese Kontrolle einwandfrei funktioniert. Aus diesem Be­richt des Rechnungshofes geht aber hervor, dass dies nicht der Fall ist. Nicht nur dass dies konkrete Kontrolle in den Arbeitsstätten zu wenig intensiv durchgeführt wird: Auch die Informationsweitergabe zwischen den Finanzämtern, dem AMS und der KIAB läuft laut Rechnungshof nicht optimal.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 198

Auch die Aufteilung der Kontrollorgane auf die einzelnen Branchen und Bundesländer scheint einigermaßen willkürlich und spontan zu erfolgen. Es fehlt ein Gesamtkonzept. Der Rechnungshof empfiehlt daher eine Personalbedarfsermittlung. Es ist schon ein Zeichen von höchster Unprofessionalität, wenn eine Organisationseinheit des Finanz­ministeriums nicht einmal überlegt, wie viel Leute sie für welche Aufgaben und an welchen Orten einsetzen wird – und dies, bevor sie zu arbeiten anfängt.

Es stellt sich die Frage, warum in der Steiermark zum Beispiel fünfmal mehr Arbeits­stätten und sechsmal mehr Beschäftigte kontrolliert werden als im Burgenland. Auch der Rechnungshof kann keinen Grund für diese ungleiche Verteilung finden.

Viele Punkte also, geschätzte Damen und Herren, die auf eine schlechte Organisation hindeuten und nahelegen, dass es bei der Einrichtung der KIAB an fundierter Planung gefehlt hat. Der Finanzminister – und ich ersuche Sie, Herr Staatssekretär Finz, ihm dies auszurichten – ist gefordert, diese so wichtige Kontrolle zu optimieren und dafür zu sorgen, dass die KIAB professionell arbeiten kann.

Ich danke dem Rechnungshof für seine hervorragende Arbeit. (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Hornek. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.31.56

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ziel der Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung ist die Überprüfung der Einhaltung der im Ausländerbeschäftigungsgesetz definierten Vorschriften im Interesse aller Ar­beitssuchenden, aber auch der Unternehmer, die die gesetzlichen Vorschriften einhal­ten. Dies erfolgt durch die bundesweite, flächendeckende Kontrolle der KIAB-Einsatz­teams. Die Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung, kurz KIAB, ist seit 1. Juli 2002 im Bundesministerium für Finanzen angesiedelt. Dafür wurden bei zwölf Zolläm­tern Kontrollteams eingerichtet.

Weiters haben die Geschäftsstellen des Arbeitmarktservice und die Zollbehörden die zuständigen Behörden zu verständigen, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit zu dem begründeten Verdacht gelangen, dass eine Übertretung arbeitsrechtlicher, sozialrecht­licher, gesundheits- und umweltschutzrechtlicher Vorschriften vorliegt.

Der Rechnungshof überprüfte von Jänner bis März 2005 die Maßnahmen des BMF zur Betrugsbekämpfung mit dem Schwerpunkt der Arbeitnehmerbeschäftigung und der so genannten schnellen Eingreiftruppe.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anzahl der Bediensteten erhöhte sich von ur­sprünglich 88 im Jahre 2002 auf 178 im Jahre 2005 – also um mehr als 100 Prozent. Eine weitere Personalaufstockung ist geplant.

Im Jahre 2004 wurden bundesweit 23 222 Kontrollen durchgeführt und dabei 6 200 ille­gal Beschäftigte festgestellt. Diese gehörten zu je einem Drittel dem Bau- und Bau­nebengewerbe und der Gastronomie an.

Bei der Tätigkeit der KIAB wurde 2004 im Bundesdurchschnitt nicht einmal ein Drittel der Gesamtarbeitszeit für den Außendienst aufgewendet. Nach Ansicht des Rech­nungshofes lag darin ein Potential zu einer Intensivierung der Kontrolltätigkeit. – Die­sem Standpunkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, pflichte ich bei.

Steuer- und Abgabenbetrug führt zu Wettbewerbsverzerrungen, schadet der Wirtschaft und jedem Einzelnen, der dadurch eine höhere Steuerleistung erbringen muss. Es ist


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 199

hier auch den Beamten der KIAB und der schnellen Eingreiftruppe zu danken, dass sie ihre nicht leichte Arbeit so hervorragend erledigen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Gleichzeitig danke ich auch dem Rechnungshof dafür, wenn Mängel aufgezeigt und diese rasch beseitigt werden. Dann ist das ein System zu beiderseitigem Nutzen. – Danke, Herr Präsident Dr. Moser! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.34.52

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident Dr. Mo­ser! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich melde mich deshalb nur ganz kurz zu Wort, weil ja der Rechnungshof im Bereich Güterverkehr der ÖBB für uns im Parlament eine sehr wichtige Feststellung traf, die verkehrspolitisch endlich einmal berücksichtigt wer­den müsste, und zwar darf ich zitieren:

„Durch weitgehenden Wegfall der Verkehrsbeschränkungen im Straßengüterverkehr, durch das Auslaufen der Ökopunkte-Regelung und durch die EU-Erweiterung ist trotz der ab 2004 eingeführten LKW-Maut mit einer Verschlechterung der Modalsplit ... zu­ungunsten der Schiene zu rechnen. Dazu trägt auch die nach wie vor fehlende Kosten­wahrheit zwischen Schiene und Straße bei.“

Werte Damen und Herren, das ist Auftrag des Rechnungshofes an uns, endlich die Kostenwahrheit auf der Straße herzustellen, denn auf der Schiene muss ständig das Schieneninfrastrukturbenützungsentgelt gezahlt werden – auf den Bundes- und Landesstraßen hingegen fährt der LKW kostenlos, ist nicht bemautet. (Abg. Mag. Reg­ler: Road-Pricing!) Wir fordern endlich eine LKW-Maut auch auf Bundes- und Landes­straßen im Sinne der Feststellung des Rechnungshofes. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir müssen kurz umreihen, weil Frau Abgeord­nete Moser als Kontrarednerin gesprochen hat. Wir brauchen jetzt einen Proredner. Herr Abgeordneter Neudeck ist der Nächste; Herr Staatssekretär Dr. Finz meldet sich später.

Herr Abgeordneter Neudeck, Sie sind am Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.36.43

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Ich hoffe, ich kann mich so schnell umpolen, aber ich werde es schaffen.

Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Wenn man als später hier Redner herauskommt, dann hat man ein Problem: Frau Kollegin Schönpass hat mir meine ganze „Wiese“ abgegrast. Ich wollte mich eigentlich auch auf die schnelle Ein­greiftruppe da irgendwie ... (Abg. Mag. Gaßner: Deine Wiese ist nicht so groß!) – Da hast du eine Ahnung! Ich habe große Wiesen! Aber sie sind nicht so sauer wie eure, das muss ich auch dazu sagen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Kollegin Schönpass, Sie haben mir wirklich viel von der Redezeit weggenommen. Ich möchte nur dazu sagen, wir haben ... (Abg. Gradwohl: Redezeit hat sie nicht weg­genommen!) – Des Inhalts, und jetzt muss ich sie füllen. Und wenn ihr keine Zwischen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 200

rufe macht, tue ich mich schwer; also lass mich jetzt einmal hineinkommen in meine Debatte!

Wir haben schon Unterstützung bei dieser Betrugsbekämpfung gegeben, indem wir jetzt einmal sechs Monate lang den Probelauf mit der Anmeldung vor Dienstbeginn, vor Arbeitsbeginn im Burgenland gemacht haben. Wir werden das hoffentlich noch rechtzeitig so erledigen können, dass das mit 1. Jänner 2007 in ganz Österreich ist. Ich habe gesagt, wir hätten es nicht im Burgenland machen sollen, sondern bei den bur­genländischen Dienstnehmern, dann wäre es ohnehin schon fast österreichweit gewe­sen; aber okay.

Da mir jetzt noch ein bissel Zeit übrigbleibt und Sie mein Thema sehr abgegrast haben und es auch um die ÖBB geht: Frau Kollegin Fekter hat gemeint, dass es eine Landes­ausstellung in Oberösterreich mit dem Titel „Kohle und Dampf“ gibt, die mit den ÖBB und mit Eisenbahn zu tun hat. Daher passt es natürlich auch zu diesem Bericht des Rechnungshofes. Kollegin Schönpass, die in Ampflwang Bürgermeisterin ist, beheima­tet sozusagen diese Landesausstellung. Kollegin Fekter hat gesagt, das sei eine sehr gute Ausstellung. Ich darf also alle Kolleginnen und Kollegen, alle, die vielleicht dann auch das Protokoll nachlesen, zur Frau Kollegin Schönpass nach Ampflwang zu dieser Ausstellung einladen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ, der ÖVP sowie des Abg. Gradwohl. – Abg. Dr. Fekter: Danke! Bravo!)

18.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Gaßner. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.39.00

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoffentlich schadet es der oberösterreichi­schen Landesausstellung nicht, wenn ein Wiener einlädt! (Abg. Dr. Fekter: Nein, die ist hervorragend!)

Ich darf Sie noch korrigieren, Herr Kollege Neudeck: Es ist nicht nur Eisenbahn, es ist Kohle, Kohlebergbau und Geschichte der Arbeitnehmer in diesem Revier zu sehen. Und daher möchte ich diese Einladung unterstreichen. Es ist eine ausgezeichnete Aus­stellung. Bitte, kommen Sie dorthin! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Fekter.)

Herr Präsident des Rechnungshofes, Sie haben uns gesagt, was statistisch in diesem Jahr alles geschehen ist. Mich würde noch eine statistische Zahl interessieren: Wie viele Ihrer Empfehlungen werden tatsächlich umgesetzt? – Ich weiß, es gibt am Jah­resende immer einen Bericht, in dem steht, na ja, schon und vielleicht. Beim Nachlesen bekommt man das Gefühl, dass nicht viel geschehen ist. Ich möchte eine wirklich konkrete Zahl – ganz ehrlich und offen –, wie viel tatsächlich umgesetzt wird.

Herr Staatssekretär Finz, der Bericht über die KIAB und über diese schnelle Eingreif­truppe sagt unter anderem auch, dass es eine ganz schlechte Kommunikation zwi­schen diesen Einheiten einerseits und den Finanzämtern andererseits gibt.

Sie, Herr Staatssekretär Finz, sind ja immer dafür da, die Verwaltungsreform so hoch­zujubeln. Daher: Gelingt es Ihnen nicht, die Werte, die hier aufgedeckt werden, tat­sächlich umzusetzen und daraus auch Nutzen zu ziehen?

Seit drei Jahren gibt es einen elektronischen Akt von der BH Imst, wenn ich mich rich­tig erinnere, in dem von der KIAB direkt diese Erhebungen mitgeteilt werden. Seit drei Jahren sollte das auf allen anderen BHs sein, um rasch eingreifen zu können.

Herr Staatssekretär Finz, Sie behaupten, wir in Österreich wären Europameister im e-Government. (Staatssekretär Dr. Finz: Erster Platz!) – Ja, erster Platz, aber da sind wir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 201

Letzter, denn wir schaffen es nicht, dass innerhalb von drei Jahren ein elektronischer Akt in einer so bedeutenden Sache tatsächlich zur Verfügung steht!

Und bedeutend sind diese Einrichtungen, Herr Staatssekretär, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man nämlich bedenkt, dass 6,3 Milliarden € an Außenstän­den in Österreich existieren – Geld, das den öffentlichen Haushalten fehlt. Sie aber ge­hen mit jenen Einrichtungen, die dazu da wären, dieses Geld einzutreiben, ganz locker und lässig um! – Davon redet niemand, aber ich höre schon wieder: BAWAG! BAWAG! BAWAG! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


18.42.07

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Die KIAB ist eine relativ junge Einrichtung – sie besteht erst seit 2002 –, hat mit einer ganz geringen Anzahl von Mitarbeitern begonnen – über 30 – und wurde systematisch aufgestockt; eine junge Einrichtung also, die systematisch aufge­stockt und aus verschiedenen Personalständen rekrutiert wurde. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Zollwache aufgelöst wurde. Wir haben von dort Mitarbeiter bekom­men, wir haben aus dem Wirtschaftsministerium, vom Arbeitsinspektorat Mitarbeiter bekommen, und diese mussten erst zu einer gemeinsamen Crew – noch dazu unter dem quantitativen Aufbau – zusammengeschweißt werden. Daher konnte diese Ein­richtung am Anfang nicht so wirksam sein, weil sehr viele Schulungsmaßnahmen durchgeführt werden mussten, und hatte ein vom Rechnungshof zu Recht aufgezeigtes schlechtes Verhältnis zwischen Innen- und Außendienst.

Wir sind aber interessiert daran, dass diese Einrichtung gut funktioniert. Sie liefert ja auch schon bemerkenswerte Ergebnisse. Daher haben wir die gesamte KIAB evaluiert, und mit 1. Jänner 2007 wird sie in die Finanzverwaltung eingegliedert; bisher hat sie zum Zoll gehört. Damit fällt die schlechte Koordination mit der Finanzverwaltung, die der Rechnungshof ebenfalls zu Recht aufgezeigt hat, nämlich dass die KIAB nur Kon­trollmitteilungen machen kann, wenn Abgabenverstöße vorliegen, und diese dann bei der Finanz nicht richtig weiterbearbeitet werden, von Haus aus weg. Die KIAB wird vor allem mit Lohnsteuerprüfern verstärkt. Die Teams gehen hinaus und können dann vor Ort sofort abgabenrechtliche Entscheidungen treffen und auch Sofortmaßnahmen set­zen.

Herr Abgeordneter Gaßner hat vorhin die EDV-Frage angesprochen. Worum geht es dabei? – Die KIAB kann bei illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung nur Verstöße feststel­len, die Strafen dazu sind aber durch die Bezirksverwaltungsbehörden auszusprechen. Wir sind daher daran interessiert, dass ein elektronischer Verkehr mit den Bezirks­verwaltungsbehörden stattfindet, um die Strafen entsprechend rasch auszusprechen. Unser Problem ist jedoch: Wir haben neun verschiedene Ansprechpartner, und nahezu jedes Bundesland hat ein anderes Hardware- und Softwaresystem, sodass wir von unserer Seite nicht ein System einsetzen können, sondern unser System immer wieder entsprechend der dortigen Hard- und Software adaptieren müssen.

Eines versichere ich: Wir nehmen die Kritik des Rechnungshofes ernst und werden sie selbstverständlich jetzt bei der Neuorganisation in der Abgabenverwaltung voll berück­sichtigen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Dernoscheg. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 202

18.45.15

Abgeordneter Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich darf meine Ausfüh­rungen, wenn Sie damit einverstanden sind, mit der Einführung eines neuen Spiels beginnen: der Parlaments-Millionenshow. Keine Angst, das hat nichts mit dem SPÖ-ÖGB-BAWAG-Skandal zu tun, sondern soll Herrn Assinger ein bisschen nachstellen.

Ich stelle Ihnen eine Frage und nenne Ihnen drei Antwortmöglichkeiten: Wie beantwor­tet ein SPÖ-Landeshauptmann eine Dringliche Anfrage in einem Landtag? – Möglich­keit 1: kompetent, Möglichkeit 2: inkompetent, Möglichkeit 3: gar nicht. (Abg. Dr. Fek­ter: Ja gar nicht!) – Gar nicht. – Das würde man nicht glauben, aber so geschehen durch Landeshauptmann Voves am gleichen Tag, als wir im Rechnungshofausschuss auch die ÖBB-Frage Teilbetrieb Güterbeförderung besprochen haben. (Abg. Gril­litsch: Das ist Machtrausch!)

Jetzt kommt die schwierigere Frage – das war nur die Aufwärmfrage –: Wie arbeitet eine SPÖ-Fraktion im Rechnungshofausschuss, wenn es um ein Thema geht, das sie vorgeblich zu interessieren scheint: kompetent, inkompetent oder gar nicht? (Ruf bei der ÖVP: Gar nicht!) – Gar nicht. Sie haben schon wieder Recht, zweimal gewonnen! Sie können sich dann den Preis abholen.

Die SPÖ ist nämlich ausgezogen und hat nicht mehr weiter diskutiert. Worum ist es gegangen? – Darum, dass der Rechnungshof tatsächlich einige kritische Punkte zur ÖBB, zur Rail Cargo Austria angemerkt hat, und zwar für den Prüfzeitraum 1999 bis 2003. In diesem Zusammenhang war Herr Generaldirektor Huber eine gewünschte Auskunftsperson, aber nicht geladen. Und das hat dazu geführt, dass die Kollegen Ar­beitsverweigerung betrieben haben.

Die Zufälligkeit, die Koinzidenz, dass an diesem Tag auch ein Semifinalspiel oder sonst ein Spiel der Fußball-WM im Fernsehen war, wollen wir nicht anführen.

Wie gesagt, wir alle erwarten uns, dass bei den ÖBB diese Reformen sehr schnell durchgezogen werden. Herzlichen Dank an den Rechnungshof für die klaren Fragen.

Wir erwarten uns – auch von Seite der Steuerzahler – noch viel mehr, dass die Zu­schüsse für die ÖBB schon langsam zurückgehen.

Ganz zum Schluss noch eine persönliche Erfahrung aus dem Rechnungshofaus­schuss, die Stimmung, wenn es im Rechnungshofausschuss um die ÖBB geht: Kräuter mag Huber nicht, Kräuter mag die ÖBB nicht, er lässt ihnen auch die Pleite immer wieder ausrichten, wahrscheinlich sehr zur „Freude“ der Mitarbeiter. Wenn jemand als Vertreter, als Repräsentant Österreichs einem staatlichen Betrieb ständig in der Öffent­lichkeit die Pleite ausrichten lässt, sagt mir das sehr viel.

Aber keine Angst – Herr Kräuter ist jetzt nicht hier; Herr Kogler assistiert ihm –: Die ÖBB gehen nicht Pleite, sie sind nämlich nicht von der SPÖ geführt wie andere.

Herzlichen Dank, aber trotzdem bitte ein bisschen mehr Verantwortungsgefühl. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

18.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Rechnungshofpräsident Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Präsident.

 


18.48.19

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Unter diesem Tagesordnungspunkt wird ein Bericht behandelt, der insgesamt vier Prüfungsergebnisse beinhaltet. Und die Anerkennung der Tätigkeit des Rechnungshofes ist, glaube ich, gerade jetzt, da sich


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 203

die XXII. Legislaturperiode dem Ende zuneigt, auch daran sichtbar, dass alle vier Prü­fungsergebnisse dieses Berichtes am 4. Juli 2006 eingehend im Rechnungshofaus­schuss behandelt und diskutiert wurden.

Das Prüfergebnis zur Betrugsbekämpfung hat gezeigt, dass im Jahre 2002 der richtige Schritt gesetzt wurde, dass es notwendig war, zur effizienten Betrugsbekämpfung diese zwei Einrichtungen, die KIAB und die schnelle Eingreiftruppe, einzurichten.

Gleichzeitig hat sich aber auch gezeigt, dass massive Mängel aufgetreten sind, näm­lich Mängel in der Kommunikation zwischen den Finanzämtern und den beiden neu eingerichteten Einrichtungen, und zwar in der Form, dass keine systematische Bear­beitung des Kontrollmaterials stattgefunden hat und auch die Kommunikation nicht in der Weise stattgefunden hat, dass die Informationen für das Finanzamt entsprechend verwertbar waren. Es erfolgte aber auch keine Rückmeldung seitens des Finanzamtes, welche Informationen es zur Durchführung von Abgabenverfahren tatsächlich benötigt.

Es war auch kein Ansprechpartner für diese Einrichtungen da. Die Außendiensttätigkeit ist auf 29 Prozent zurückgegangen, und es hat auch noch andere Probleme in diesem Bereich gegeben.

Herr Abgeordneter Gaßner hat gefragt: Wie schaut das aus, was wird von den Emp­fehlungen des Rechnungshofes umgesetzt? – Ich würde sagen: sehr, sehr viel!

Ich habe heute ein Beispiel erwähnt: Allein bei der Sanierung der Bestandsstrecke Semmering hat der Rechnungshof sein Jahresbudget erarbeitet. Wir haben aber auch in anderen Bereichen der ÖBB einiges bewirkt.

Ich möchte nur ganz kurz, damit ich Sie nicht zu lange aufhalte, den Güterverkehr er­wähnen, der auch ein Bestandteil dieses Berichtes ist. Der Rechnungshof hat betref­fend das Logistik-Center Linz aufgezeigt, welche Probleme es gibt, wie schlecht die Planung war, dass dieses Projekt ursprünglich wirklich, wie Gutachter festgehalten haben, ins Blaue gebaut wurde – mit der Konsequenz, dass, wie auch der Vorstand der ÖBB erwähnt hat, proaktiv agiert wurde, dass ein Verfahren durchgeführt wurde und dass die Empfehlung des Rechnungshofes, Schadenersatz zu verlangen, nämlich Schadenersatz vom Generalunternehmer, doch zu einem positiven Ergebnis geführt hat. Auch in diesem Fall hat der Rechnungshof bewirkt, dass Millionenbeträge einge­spart werden konnten. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Was den Fall der Betrugsbekämpfung betrifft, ist es auch so. Es wurde von Herrn Staatssekretär Dr. Finz angesprochen, dass ein neues Betrugsbekämpfungsge­setz 2006 verabschiedet wurde, womit die KIAB wieder in die Finanzämter eingeglie­dert wird – mit dem Effekt, dass dadurch sicher die Schnittstellenproblematik gelöst wird. Es wird das Personal aufgestockt. Im Jahre 2002 waren 88 Bedienstete bei der KIAB, mittlerweile sind es mehr als 300. Es wird oder wurde die regionale Unausgewo­genheit, die heute von Frau Abgeordneter Schönpass angesprochen wurde, ausgegli­chen. Es wird Informationstechnologie eingesetzt.

Ein Punkt, der auch zu erwähnen ist und wofür ich mich bei Ihnen bedanken möchte, ist, dass durch die Änderung des § 89 Abs. 3 Einkommensteuergesetz die Empfehlung des Rechnungshofes aufgegriffen wurde, dass in Zukunft der Datenaustausch zwi­schen den beteiligten Behörden, also auch mit dem Arbeitsmarktservice, in verbesser­tem Ausmaß erfolgen soll. In diesem Fall hat der Rechnungshof mit seinen Empfeh­lungen bewirkt, dass von Ihnen eine Änderung des Einkommensteuergesetzes zu einer effizienteren Betrugsbekämpfung durchgeführt wurde.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Tätigkeit des Rechnungshofes ist das Prüfungser­gebnis betreffend Energiebesteuerung. Es ist auch wichtig, das Verhältnis zwischen Rechnungshof und Nationalrat darzustellen, wo aufgezeigt beziehungsweise dargelegt


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 204

wurde, dass sich der Rechnungshof nicht in der Rolle dessen fühlt, der Ziele vorgibt – weder in der Steuerpolitik noch in anderen Bereichen –, er ist aber sehr wohl dazu be­rufen, aufzuzeigen, ob die Ziele, die Sie sich gesetzt haben, auch tatsächlich erfüllt be­ziehungsweise umgesetzt wurden.

Herr Abgeordneter Kogler hat das auch angesprochen: Dieses Prüfungsergebnis ist in die Richtung gegangen, dass man die Ziele der Energiebesteuerung, die Sie sich ge­setzt haben, mit der Zielerreichung verglichen hat, die Erhebung der Kennzahlen bei den Energieabgaben und auch gleichzeitig überprüft hat, ob das Kontrollsystem als solches funktioniert.

Im Jahre 1996 hat man mit der Ökologisierung des Steuersystems die Energieabgabe eingeführt, hat aber gleichzeitig der Erzielung höherer Einnahmen und auch einer Kon­solidierung des Bundeshaushaltes den Vorrang gegeben. Man hat dann im Jahre 2000 die Steuersätze angehoben, im Jahre 2003 die Kohleabgabe eingeführt, eben wieder in Richtung einer verstärkten Ökologisierung des Steuersystems beziehungsweise auch unter dem Motto, dass das Kyoto-Ziel erreicht werden muss, wonach eine Ver­minderung des Kohlendioxidausstoßes durchzuführen ist.

Im Zusammenhang mit diesen Zielsetzungen haben wir festgehalten, dass keine Wer­tung dieser Ziele vorgenommen wurde, dass gleichzeitig durch die Energieabgaben­vergütung nicht bewirkt wurde, dass die Betriebe angehalten sind, sparsamer umzuge­hen. Wir kommen daher zu dem Schluss, dass in diesem Bereich, insbesondere we­gen der Energiesteuerrichtlinie und unter Beachtung der Konkurrenzfähigkeit der ös­terreichischen Wirtschaft, sehr wohl mehr nach dem Energiegehalt besteuert werden sollte – diese Möglichkeit gibt die EU-Energiesteuerrichtlinie – und dass man nicht davon Abstand nimmt, was derzeit noch der Fall ist. Das heißt, ein Anreiz, dessen Durchführung im Hinblick auf Ihre Zielsetzungen zweckmäßig wäre, die in Richtung Ökologisierung des Steuersystems gehen, neben den sonstigen Zielen, die Sie sich gesetzt haben.

Ich möchte mich daher abschließend bei Ihnen, bei sehr vielen Rednern, von denen der Rechnungshof und die Tätigkeit des Rechnungshofes sehr positiv erwähnt worden sind, noch einmal herzlich bedanken, insbesondere für das Vertrauen und dafür, dass Sie die Tätigkeit insbesondere der Mitarbeiter des Rechnungshofes als positiv, als her­ausragend, als sehr gut betrachtet haben, was sicherlich notwendig ist, um für Motiva­tion zu sorgen. Das gibt dem Rechnungshof im Sinne und im Interesse der demokrati­schen Einrichtung, im Sinne des Interesses, die wirtschaftlichen Gegebenheiten zu stärken, Auftrieb und hilft ihm, auch in Zukunft seinen Aufgaben nachzukommen. Noch einmal recht herzlichen Dank!

Ich möchte mich auch noch einmal bei den Mitarbeitern persönlich bedanken, die wirk­lich Motivation gezeigt haben. Sie haben den Rechnungshof weiter entwickelt und sind mitgegangen. Ich glaube, ihre Arbeitsleistung kann sich sehen lassen. Recht herzli­chen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ, der ÖVP und der SPÖ.)

18.55

18.55.00Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarktaufsicht hin­sichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistern einzusetzen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 205

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. Wunschredezeit: 2 Minu­ten. – Bitte.

 


18.55.56

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsi­dent des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Steuerhinterziehung, Sozialversiche­rungsbetrug und illegale Beschäftigung von Ausländern führen zu Wettbewerbsverzer­rungen, schaden der Wirtschaft und jedem Einzelnen, der dadurch eine höhere Steuer­leistung erbringen muss.

Eine wichtige Maßnahme und ein Grund für den Rückgang bei der Schwarzarbeit ist neben dem Dienstleistungsscheck, den ich hier besonders erwähnen möchte, die KIAB. Die entsprechenden Kontrollmaßnahmen werden von der neu aufgebauten, rela­tiv jungen Organisationseinheit KIAB durchgeführt. Die KIAB wurde von 34 übernom­menen Bediensteten auf 189 MitarbeiterInnen, Stand per 31. Dezember 2005, aufge­stockt. Im Rahmen der Joboffensive der Bundesregierung erfolgte eine weitere Aufsto­ckung um rund 140 Bedienstete. Wir haben bereits im Ausschuss von Herrn Staats­sekretär Finz gehört, dass eine Aufstockung auf über 340 Mitarbeiter geplant und vorgesehen ist.

Einige Verbesserungsvorschläge seitens des Rechnungshofes wurden durch das Mi­nisterium bereits umgesetzt beziehungsweise befinden sich in Anwendung. So wird zum Beispiel die geplante Eingliederung der KIAB vom Zoll hin zu den Finanzämtern explizit vom Herrn Rechnungshofpräsidenten begrüßt.

Die Erfolgsbilanz des Jahres 2005 weist folgende Leistungskennzahlen auf: 18 000 kontrollierte Betriebe, rund 65 000 kontrollierte ArbeitnehmerInnen, davon rund 20 000 kontrollierte ausländische ArbeitnehmerInnen. In dieser Zahl enthalten sind 6 000 fest­gestellte illegal Beschäftigte mit insgesamt rund 16,4 Millionen beantragten Geldstra­fen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die guten Kennzahlen unterstreichen die gute Arbeit der Beamtenschaft der KIAB und der Finanzprüfung. (Abg. Öllinger: Kenn­zahlen!) Gewisse Startprobleme wurden und werden noch beseitigt. Wir haben einen Beschäftigungsrekord – Herr Kollege Öllinger, auch wenn Ihnen das nicht immer ge­fällt –, und für heuer erwarten wir ein Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die empfohlenen und auch bereits umgesetzten Verbesserungsvorschläge, für die ich mich auch beim Rechnungshof sehr bedanken möchte, ermöglichen auch in Zukunft eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

18.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lentsch. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.58.36

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Auch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 206

ich möchte mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident Dr. Moser, und bei Ihren Be­amten nicht nur für den heutigen Bericht bedanken, sondern auch für die gute Zusam­menarbeit in dieser Gesetzgebungsperiode.

Auch ich möchte mich dem Thema illegale Beschäftigung zuwenden. Und wenn wir von illegaler Beschäftigung sprechen, dann denken wir alle an die organisierte Schwarzarbeit. Diese hat ganz klare Ziele: Gesetze zu brechen und Abgaben zu hin­terziehen. Und das hat nichts mit der so genannten Schwarzarbeit zu tun. Geschätzte Damen und Herren, das ist uns wohl allen bewusst.

Wenn der Rechnungshofbericht aufzeigt, dass jede siebente Kontrolle illegal Beschäf­tigte an den Tag bringt, so zeigt das, dass das schon eine bedenkliche Situation ist. Herr Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser hat da eigentlich sehr rasch gehandelt und frei gewordene Zollbeamte zur Betrugsbekämpfung abgestellt – ganz im Gegen­satz zu früheren Finanzministern. Aber mit Kontrollen allein werden wir die organisierte Schwarzarbeit sicherlich nicht in den Griff bekommen.

Wir brauchen mehr Transparenz bei den Unternehmen selbst, denn immer mehr Scheinfirmen sind einfach nicht zu greifen. Ich meine, da müssen wirklich alle Behör­den zusammenarbeiten, denn sonst wird es für den Finanzminister und seine Prüfer ein äußerst schwieriges Unterfangen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheit­lichen – BZÖ.)

19.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Zu Wort ist nie­mand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-210 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

19.00.5518. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördenge­setz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassenge­setz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1585 d.B.)

19. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geän­dert wird (1586 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


19.01.37

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was uns jetzt vorliegt, hat zwar


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 207

einen sehr barocken Titel, wie Sie gerade gehört haben, hat aber in den letzten Mona­ten und Jahren unter dem Arbeitstitel „Basel II“ einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Finanzwelt erreicht.

Meine Damen und Herren, es ist dies ein großes Paket, dessen Geschichte eigentlich in das vorige Jahrhundert zurückgeht. Die ersten Gespräche waren 1999, und es wa­ren sieben Jahre Arbeit von Praktikern, von Experten und von Politikern. Ich darf sa­gen, ich bin jetzt schon 26 Jahre im Parlament, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sich das Parlament jemals so frühzeitig mit einer Materie beschäftigt hat. Wir haben vor Jahren begonnen, informelle Gespräche mit den Fraktionen zu führen, aus der Er­kenntnis heraus, dass wir hier eine unglaublich komplexe und schwierige Materie haben, die von weit reichender Bedeutung einerseits für die Geld- und Kreditwirtschaft, andererseits für unsere Kredit nehmende Wirtschaft ist. Daher war von Beginn an mein Bestreben als Obmann des Finanzausschusses, hier einen breiten Konsens herbeizu­führen.

Ich möchte mir daher in den drei Minuten Redezeit keine inhaltliche Auseinanderset­zung mit der Materie erlauben, und ich bedauere als Obmann im Namen aller vier Fraktionen – meine Damen und Herren, das richtet sich an die Präsidiale! –, dass die­ses so wichtige Thema an einem Abend und bei einer derart kurzen Redezeit auf die Tagesordnung gesetzt wird. Wir haben wesentlich weniger wichtige Themen gestern zu einer hervorragenden Tageszeit behandelt, und dieses wichtige Thema wird jetzt in ein paar Minuten abgehandelt. Ich bringe hier wirklich den Protest des Finanzaus­schusses, aller vier Fraktionen zum Ausdruck, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.)

Wenn man schon keine Zeit hat, inhaltlich darüber zu reden, möchte ich doch eines sa­gen: Ich möchte mich erstens bei allen bedanken, die hier in unglaublich konstruktiver Weise mitgewirkt haben, natürlich zunächst einmal bei meinen Kollegen im Finanzaus­schuss. Ich möchte Dr. Matznetter erwähnen, Sepp Bucher und Mag. Kogler, die un­glaublich konstruktiv in diesen vielen informellen Runden mitgearbeitet haben.

Ich möchte mich auch bedanken bei den Damen und Herren des Ressorts, die wir na­türlich auch immer wieder beiziehen mussten, weil die Komplexität und die Schwierig­keit der Materie es einfach erforderlich machten, da im ständigen Kontakt mit dem Praktiker zu sein. Ich möchte mich ganz besonders bedanken bei Herbert Pichler, der auf der Galerie sitzt, ohne dessen Know-how, ohne dessen Zähigkeit, ohne dessen En­gagement wir – das sage ich ganz offen – im Parlament eigentlich ziemlich verloren gewesen wären. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Immer dann, wenn es brenzlig war, haben wir gesagt: Herbert Pichler, wie siehst du das? Gib uns einen Rat! – Her­bert, herzlichen Dank! Er war von allen Fraktionen anerkannt, ein ehrlicher, treuer Mak­ler zwischen den einzelnen Fraktionen, und er hat uns hier wirklich bestens beraten.

Unser Bestreben bei diesem Gesetz war folgendes: Der Grundgedanke ist völlig rich­tig, nämlich bei der Kreditgewährung zu differenzieren nach der Bonität der Kreditwer­ber. Das Problem war nur: Wie kann man diesen Grundgedanken umsetzen, ohne hier ein riesiges bürokratisches Monster vor sich zu haben? Ich kann mich an viele Ge­spräche erinnern, in denen Sparkassen- und Bankdirektoren gesagt haben: Bitte, ein paar Mitarbeiter sollen auch noch für die Kreditgewährung Zeit haben und nicht nur mit Gesetz und Verordnungen zu Basel II befasst sein. – Ich hoffe, dass uns das gelungen ist.

Es ist das ein Konsens aller vier Fraktionen. Ich weiß, Herbert Pichler hätte noch einige andere Forderungen, aber wir haben letztlich gesagt: Irgendwann muss Schluss sein, sieben Jahre Arbeit sind genug. Ich hoffe sehr, dass dieses Gesetzeswerk mit den Ver­ordnungen dazu beitragen wird, dass wir einerseits die Bonität bei der Kreditgewäh-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 208

rung in Zukunft besser berücksichtigen können, und dass andererseits hier keine Bar­rieren entstehen für unsere Klein- und Mittelbetriebe, die natürlich in hohem Ausmaß fremdfinanziert sind und die letztlich auf die Kreditgewährung durch Banken, Sparkas­sen und Kreditinstitute angewiesen sind.

In diesem Sinne ein Danke an alle, die hier mitgeholfen haben. (Beifall bei Abgeordne­ten aller Fraktionen.)

19.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Ich erteile es ihm.

 


19.05.35

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich schließe beim Kollegen Stummvoll an. Heute bekommt er einmal ein Kompliment von mir. (Rufe bei der ÖVP: Ach so?) Es betrifft aber eine ganz andere und auch sehr wichtige Phase, die noch unbeleuchtet ist. Die entscheidenden Weichenstellungen sind nicht hier, sondern auf der europäischen Ebene gefallen. Und natürlich ist das Ent­stehen einer solchen Richtlinie etwas, bei dem sehr unterschiedliche Interessen aufein­ander treffen.

Österreich hat eine besondere Art von Kreditsektor. Wir haben im Verhältnis zur Größe des Landes noch die meisten Institute. Das heißt, wir waren in besonderem Maße Be­troffene dieser Regelung, denn es ist völlig klar, dass man sich in einem Land, in dem es in Wirklichkeit nur noch zwei, drei Institute gibt, die jedenfalls Basel II unterliegen würden, auch auf Grund der Regelungen, die auf supranationaler Ebene außerhalb der EU vereinbart worden sind, leicht tut. Und diese Länder wollten auch, dass die kleinen Institute jeden Beistrich mitmachen müssen.

Wir haben es nicht geschafft, das auf europäischer Ebene abzuwehren, aber wir ha­ben – und das ist etwas, worauf alle Parlamentarier hier stolz sein dürfen – in zum Teil zähen Diskussionen mit unseren eigenen EU-Abgeordneten doch etwas erreicht. Es ging ja dann kreuzweise: wir gegen unsere, die ÖVPler gegen ihre, und es ging darum, diese zu überzeugen: Haut euch dort hinein! – Das haben sie aber auch getan, und da­her gilt es an dieser Stelle, auch durchaus die Leistung anzuerkennen, die sowohl ein Othmar Karas als auch ein Harald Ettl und ein Herbert Bösch hier zusammengebracht haben, nämlich eine Retailgrenze von einer Million, die auch noch valorisiert ist und die außerdem noch – und das ist auch wichtig – die hypothekarische Besicherung, die Unternehmer oft im Familienbetrieb haben, nicht drinnen hat.

Das heißt, wir haben für hunderttausende Betriebe die Möglichkeit geschaffen, auch in Zukunft unterhalb der Retailgrenze von 1 Million € quasi außerhalb der genauen Risi­kobeurteilung ihre Finanzierung wahrzunehmen.

Auf diesen Erfolg darf das Haus stolz sein, und in diesem Sinne galt es jetzt die Um­setzung vorzunehmen.

Ich verhehle nicht, die Beratungen verliefen nicht immer so sachlich-konstruktiv. Wir haben teilweise wie die Marktweiber auch noch in letzter Minute manche Dinge disku­tiert. Schauen wir uns einmal an, wie es jetzt ist. Wir haben zwei Entschließungsan­träge, die kommen, die zwei Dinge festlegen:

Erstens eine Rute ins Fenster für die Kreditwirtschaft, diese Selbstverpflichtung der Be­kanntgabe des Ratings zu erfüllen.

Und das Zweite ist, die uns manchmal etwas hochnäsig vorkommenden Chefs der FMA – ich darf das sagen – sozusagen ein bisschen auf den Boden eines demokrati­schen Rechtsstaates zurückzuholen. Der Kaiser erlässt keine Verordnungen mehr al-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 209

leine – zum Glück! –, und wenn man durch dieses Haus die Ermächtigung bekommt – und das war eine Allparteienregelung –, eine unabhängige FMA alleine entscheiden zu lassen, dann ist es selbstverständlich, dass das Verhältnis zum Gesetzgeber trotzdem eines ist, das geprägt ist vom Gedanken: Ich habe ein delegiertes Recht.

In diesem Sinne, mit diesen beiden Entschließungsanträgen, durchaus – offen zugege­ben – auch deshalb, weil keine Neuerungen beim Glücksspiel kommen, freue ich mich, dass wir eine einstimmige Fassung zustande gebracht haben, und ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden, insbesondere beim Kollegen Stummvoll, der es auch in der eigenen Fraktion nicht immer leicht gehabt hat. Wieso tut er sich dann das an mit der Opposition? – Ich glaube, die Sache ist es wert. Wir haben viel weitergebracht. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.)

19.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bu­cher. – Bitte.

 


19.09.04

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir vor wenigen Jahren zum ersten Mal über die drohenden Auswirkungen der Basel-II-Richtlinien gehört haben, sind für uns furchtbare Schreckensszenarien sozusagen am Horizont aufgetaucht. Ich glaube, es ist der konstruktiven Vorgehensweise unseres Vorsitzenden zu verdanken, der die Beratungen mit sehr ruhiger Hand geführt und es erlaubt hat, dass wir relativ lange über diese EU-Richtlinie diskutieren, und vielleicht ist es auch die Gnade der langen Zeit, der wir es heute verdanken können, dass von den Praktikern in den letzten Jahren sehr, sehr viele Vorschläge eingeflossen sind, die es ermöglicht haben, der Ba­sel-II-Richtlinie die Giftzähne zu ziehen und sie doch ein wenig an die österreichischen Verhältnisse anzupassen.

Das hat uns auch beruhigt in unserer Sicht, was Basel II betrifft. Daher sind wir auch guten Mutes, dass es für die österreichische Kreditwirtschaft einerseits wie auch für die Kreditnehmer andererseits eine dienliche Grundlage für ein Miteinander sein kann. Und ich glaube, dass sehr, sehr viele Bedenken ausgeräumt werden konnten, in letzter Se­kunde sozusagen. Das ist natürlich auch der konstruktiven Mitwirkung aller politischen Parteien zu verdanken. Verlierer gibt es in diesem Fall keine, würde ich sagen. Wir haben das Beste für den Wirtschaftsstandort Österreich herausgeholt, und das ist gut und richtig so. (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.)

19.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


19.11.20

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Manchmal möchte ich meinen, wenn sich am Schluss alle bedanken, vor allem, wenn es vier Fraktionen sind, die hier sonst nicht so pfleglich miteinander umgehen, dass schon irgendwie so ein Schuss Lagerkoller, Verhandlungskoller am Schluss dabei ist. Das kommt nämlich auch vor. Nur habe ich in diesem Fall auch das Gefühl: Irgendwie stimmt’s. Also: Auch mein Dank an alle und vor allem an den Syndikus Pichler, weil er natürlich ein Experte für alle Fraktionen war. – Ich glaube, dass er nicht nur diesen Ein­druck erweckt hat, sondern dass er das auch wirklich war. Auch mir wäre genau dieser Begriff des „ehrlichen Maklers“ eingefallen, aber jedenfalls war er ein Experte, der Aus­kunft geben kann und der auch den einzelnen Fraktionen zur Verfügung gestanden ist. Das ist ja auch nicht selbstverständlich.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 210

In der Sache selbst möchte ich schon in Erinnerung rufen, dass es im Ausschuss ja auch noch Abänderungsanträge zum Bankwesengesetz gab, um das es ja im Wesent­lichen geht, und dass es auch – das sei zugegeben oder sogar lobend erwähnt – um Verbesserungen im Bereich der Bankenaufsicht geht. Das hat jetzt noch keine Erwäh­nung gefunden, aber an dieser Stelle kündige ich einen Entschließungsantrag an, den ich noch entsprechend erläutern und einbringen werde.

Ich beziehe mich jetzt einmal zunächst auf den Kern der Sache, auf die so genannten Basel-II-Bestimmungen. Im Wesentlichen waren die inhaltlichen Auseinandersetzun­gen eigentlich vor Jahren zu führen, denn über die Kernpunkte – und das sind viele! –, die uns ja jetzt über eine Richtlinie der EU wieder erreicht haben, hatte es ja zuvor sehr viele und entsprechende Verhandlungen auf der europäischen Ebene beziehungs­weise mit den Teilnehmern der Basler Abkommen gegeben. Mir kommt fast vor, dass damals durchaus auch etwas bewegt wurde. Wenn ich mich daran erinnere, was die Kreditobergrenzen betrifft, ab wann das Ganze überhaupt gelten soll, was den Einzel­geschäftsfall betrifft, muss ich sagen, da ist ja doch damals auch das eine oder andere schon erreicht worden. Sie selbst haben das ja einmal – und sich selbst lobend – er­wähnt – wahrscheinlich zu Recht, Herr Staatssekretär –, dass damals ja auch einiges erreicht wurde.

Im Prinzip ist es so, dass eine EU-Richtlinie kommt, die – davon müssen wir mittler­weile auch ausgehen – von allen Staaten umgesetzt werden wird. Auch das war ja vor ein, zwei Jahren noch anders. Da durfte man sich auch die Frage stellen: Muss man päpstlicher sein als der Papst?, nämlich vor dem Hintergrund, dass Österreich noch – es wurde bereits erwähnt – eine ganz spezifische Bankenlandschaft hat, und auch die davon betroffene Kundenschaft im Betriebssektor noch eine spezifische Landschaft der Klein- und Mittelbetriebe. Dass das dort enorme Auswirkungen oder jedenfalls Auswir­kungen haben kann oder wird, war allen Beteiligten klar.

Insofern war es, glaube ich, so – und das war dann die Arbeitsweise und das Prinzip, damit das für die im Protokoll Nachlesenden klar ist –, dass das, was jetzt im Bankwe­sengesetz und auch in den sozusagen benachbarten Bestimmungen Einfluss nimmt, über weite Strecken und im Wesentlichen entlang der Ausnutzung der Wahlrechte zu­gunsten, wie wir es halt interpretiert haben, unserer Struktur, unserer Bankenland­schaft vorgenommen wurde. Jedenfalls habe ich mich davon überzeugen lassen.

Es wäre jeder ein Lügner – ich sage jetzt zu mir selbst „Lügner“, Herr Präsident –, es wäre jeder ein Lügner, der sagt, er hat alles bis zum letzten Beistrich verstanden. Das kann gar nicht sein. Aber an dieser Materie erkennt man, dass Gesetzgeber bezie­hungsweise einzelne Abgeordnete das auch nicht immer verstehen müssen, wenn die­se sich die entsprechenden Beratungen angedeihen lassen beziehungsweise sich, was in der Politik noch wichtiger ist, mit den entsprechenden Experten umgeben, denen sie vertrauen. Und das ist jetzt über mehrere Fraktionen hinweg passiert.

Aber zurückkommend: Über weite Strecken glauben wir also, dem Folge geleistet zu haben, dass wir die Wahlrechte so flach gehalten haben wie möglich, wenn man das jetzt fußballerisch ausdrückt. Flach spielen – aber ob wir deswegen hoch gewinnen, wird sich noch zeigen. Aber so sind wir eben vorgegangen, und so habe ich das auch für meine Fraktion zur Empfehlung gegeben, weil wir ja da auch nur beschränkte Res­sourcen haben.

Ein Letztes zu den Entschließungsanträgen, die auch schon angekündigt wurden, und zum Verhältnis zur FMA. Ich muss sagen, ich habe überraschenderweise ja nicht so ein schlechtes. Wir haben auch persönlich ganz brauchbaren Kontakt zu den beiden Betreffenden. Aber in der Sache, welchen Status die FMA gegenüber dem Gesetz-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 211

geber und den ihrerseits Normunterworfenen dort hat, wo sie Verordnungskompetenz erhält, haben wir denn doch unterschiedliche Auffassungen gehabt.

Ich möchte noch einmal den Status einer unabhängigen Behörde – zumindest aus mei­ner Sicht – explizieren, weil das Einräumen von Möglichkeiten für eine auch möglichst unabhängige Behörde im Sinne einer Verordnungsermächtigung noch nicht bedeutet, dass eine Unabhängigkeit eingeschränkt werden würde, wenn man die Verordnungser­mächtigung zurücknimmt oder die Verordnungswege so bindet, dass der Nationalrat, in welcher Form auch immer, eingebunden ist. Nach meinem Verständnis – und so hatten wir das im Übrigen vor Jahren auch gemeinsam verhandelt – hat sich die Unabhängig­keit der Behörde vor allem daran zu messen, wie sie operativ ihrem Prüfgeschäft nach­geht, und nicht daran, welche Verordnungen sie erlässt und damit eigentlich normset­zend zu wirken beginnt. Da können wir ja gleich die Gesetzgebung privatisieren, wenn wir diesen Gedanken zu Ende denken – aber das war jetzt ein sehr weiter Griff. (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.)

Gut. Erstens ist die Zeit vorbei, und zweitens habe ich einen anderen Entschließungs­antrag angekündigt. Er ist so neu nicht, weil wir einen ähnlichen schon eingebracht hatten, und bezieht sich auf die Passagen der Verbesserungen im Bankenaufsichtsbe­reich. Da hat es auch Verbesserungen gegeben, aber man kann darüber streiten, ob das Glas halb voll oder halb leer ist.

Wir hätten auch dieser Abänderung zugestimmt, aber wir gehen noch viel weiter. Ich weiß nicht, ob die anderen Fraktionen, BZÖ oder ÖVP, im Herbst oder irgendwann da­bei sein werden. Wir wollen mit diesem Entschließungsantrag einfach deklarieren, dass wir heute der gereiften Überzeugung sind, dass eine externe Rotation anzustreben wäre, was die Bankprüfer betrifft. Das ist der Kern des Entschließungsantrages, den ich damit, glaube ich, auch schon erläutert habe.

Wir werben natürlich um Zustimmung, aber ich weiß nicht, ob Sie sich heute anders verhalten werden als das letzte Mal. – Im Übrigen wird es anlässlich der Untersu­chungsausschuss-Debatte noch Gelegenheit geben, über das österreichische Bank­prüfwesen Statements abzugeben, denn sonst verbrauche ich endgültig die Redezeit der Fraktion. (Beifall bei den Grünen.)

19.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeord­neter Auer.

Ich hole noch nach, dass der Entschließungsantrag, der von Herrn Abgeordnetem Kog­ler soeben in den Kernpunkten erläutert wurde, ausreichend unterstützt ist und mit in Verhandlung steht. Er wird gemäß § 53 Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes verteilt und dem Stenographischen Protokoll beigegeben.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend fundamentale Verbes­serung der Bankenaufsicht

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 212

Während der letzten Monate wurden verschiedene Bankenskandale bekannt. Auch in den Jahren davor kam es immer wieder zu Bankpleiten. In allen Fällen erwies sich das österreichische System der Bankenaufsicht als unzureichend. Die Innenrevision ist in vielen Fällen schlecht ausgeprägt und hat zudem zu wenig Berichtspflichten, die Auf­sichtsräte sind oft zu wenig qualifiziert, die FMA hat zu wenig Personal, um ihre Aufga­ben adäquat durchzuführen.

Eine zentrale Schwachstelle in der österreichischen Systematik der Bankenaufsicht bil­den die Bankprüfer. Da diese aber von den Eigentümern der Bank bestellt werden und ihre Aufträge auch in den Folgejahren behalten möchten, haben sie einen Anreiz weni­ger kritische Berichte zu erstellen. Eine externe Rotation, also der Tausch von Bank­prüfern und Prüfgesellschaften nach mehrjährigen Intervallen, würde einerseits zu mehr Unabhängigkeit der bestehenden Bankprüfer von den auftraggebenden Banken und andererseits zu verschärften Prüfungen durch die jeweils neuen Bankprüfer füh­ren. Im Sinne eines effektiven und effizienten Aufsichtsystems sollten die Bankprüfer daher mindestens alle 5 Jahre extern rotieren müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzes­entwurf zur grundlegenden Verbesserung der Bankenaufsicht in Österreich vorzulegen. Dieser soll insbesondere folgende Maßnahmen enthalten:

externe Rotation für Bankprüfer mindestens alle 5 Jahre

Berichtspflicht der internen Revision gegenüber dem gesamten Aufsichtsrat

regelmäßige Überprüfungen des gesetzeskonformen Bestehens und Funktionierens der internen Revision gemäß § 42 BWG durch die FMA

einen der derzeitigen Prüfung von Bankgeschäftsleitern gemäß § 5 BWG ähnlichen „Fit and Proper Test“ für die Bestellung von Aufsichtsräten von Kreditinstituten durch die FMA

schärfere und zeitnähere Informationspflichten der Bankprüfer gegenüber der FMA

strenge Vorgehensweise gegen Bankprüfer, die ihrer Berichtspflicht gegenüber dem Unternehmen und der Aufsicht nicht nachkommen, bis hin zum Ausschluss von der Bankprüfung

massive Erhöhung des Strafrahmens bei Verletzung der Berichtspflicht des Bankprü­fers

quantitative und qualitative Verbesserung des Personalstocks der FMA, um deren Rol­le als unabhängige und weisungsfreie Bankenaufsicht zu stärken

Follow-up-Prüfungen der FMA bei bereits vorliegenden kritischen Berichten und die Möglichkeit der FMA Stiftungskonstrukte zu durchleuchten

Einführung gesetzlicher Mindeststandards bezüglich der Qualifizierung von Staatskom­missären

Einführung gesetzlicher Mindeststandards bezüglich der Erfahrung im bankrelevanten Bereich für Staatskommissäre


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 213

Einführung von Mindeststandards bezüglich der Verpflichtung zu fachbezogener Wei­terbildung von Staatskommissären

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Auer, Sie sind nun am Wort.

 


19.18.41

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von allen zu Recht und auch von mir gelobte Herbert Pichler hat im April des Jahres 2005 Folgendes gesagt: Die Regulierungswut stellt die größte Gefahr für unsere Banken dar. Man kann alles regulieren, aber das verursacht eben auch erhebliche Kosten. Während fast überall von Deregulierung die Rede ist, stehen die Banken einer Regulierungswelle gegenüber, die alle Grenzen zu sprengen droht. Neue Regelungen sollte es nur dort geben, wo sie unbedingt erfor­derlich sind, und neue Regelungen sollten zwingend mit einer Kosten-Nutzen-Analyse verbunden sein.

Damit hatte er wirklich Recht, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn manche Erfinder dieser Regulierungswut, behaupte ich, haben offensichtlich schon lange kei­nen lebenden Kunden mehr gesehen. (Heiterkeit.)

Es sollte schon noch so sein, dass das Geschäft vor der Bürokratie kommt, und das sollte man den Bankangestellten und den Verantwortlichen auch ermöglichen.

Ich bin überzeugt davon, dass das, wie bereits ausgeführt, von allen Fraktionen an hart umkämpften Sitzungstagen in vielen Stunden erarbeitete Modell die Garantie für eine halbwegs vernünftige Lösung ist.

Ich darf mich vor allem im Namen der eigenen Fraktion bei allen Kolleginnen und Kolle­gen, die mitgearbeitet haben – gleich, wo immer; ob Matznetter, Kogler oder Bucher –, sehr herzlich für die konstruktive Arbeit bedanken, insbesondere auch bei unserem Ausschussvorsitzenden Stummvoll. Es war eine sehr intensive, sehr interessante, sehr spannende Zeit. Und in diesen Dank darf ich auch, weil sektorübergreifend, Kollegen Michael Ikrath mit einbinden.

Meine Damen und Herren! Ich bringe noch die angekündigten Entschließungsanträge ein.

Erstens:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Dr. Christoph Matznet­ter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung von Rating­entscheidungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, die Wirkung der Selbstverpflich­tung der Kreditwirtschaft zu beobachten und erforderlichenfalls Maßnahmen vorzu­schlagen, mit denen die Kreditinstitute verpflichtet werden, ihre Ratingentscheidungen in nachvollziehbarer Weise schriftlich offen zu legen. Diese Maßnahmen sind im Ein­klang mit Art. 145 Abs. 4 der Richtlinie 2006/48/EG und unter Beachtung der Wettbe­werbsposition der österreichischen Wirtschaft zu treffen.“

*****


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 214

Zweitens:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Dr. Christoph Matznet­ter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung des Finanz­ausschusses in wichtige Vorhaben der FMA

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat begrüßt die Ankündigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde, in Hinkunft mit dem Finanzausschuss wichtige Vorhaben der FMA, die von weit reichender allge­meiner Bedeutung für die österreichische Kreditwirtschaft und deren Kunden sind, zu beraten.

Sollte nach einem eineinhalbjährigen Beobachtungszeitraum die zuvor erwähnte Ein­bindung des Nationalrates nicht zur Zufriedenheit erfolgen, wird der Bundesminister für Finanzen ersucht, einen Entwurf zur Änderung der entsprechenden gesetzlichen Be­stimmungen mit der Zielsetzung vorzulegen, dass die Mitwirkung des Nationalrates sichergestellt ist.

*****

Meine Damen und Herren, es sind dies Entschließungsanträge aller vier Fraktionen. Sie sind durchaus ausgewogen und wurden lange diskutiert. Es wurde bereits ausge­führt: Es ist hier wirklich gemeinsam etwas gelungen, wovon – so hoffe ich – die Kredit­wirtschaft und die Kunden auch etwas haben. Das sollte letztlich das Wichtigste sein, und nicht nur die Bürokratie alleine. Die Bestimmungen sind zwar wichtig, wichtig ist aber auch, wie sie gelebt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

19.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die beiden soeben verlesenen Entschlie­ßungsanträge aller vier Parteien sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Ver­handlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Dr. Christoph Matznet­ter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung von Rating­entscheidungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18): Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesen­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassen­gesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsege­setz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1585 d.B.)

Der Zugang der österreichischen Klein- und Mittelunternehmen zu kostengünstigen Fi­nanzierungen ist für diese und für das Funktionieren der österreichischen Wirtschaft essentiell. Aufgrund von „Basel II“ beruht die Entscheidung über die Genehmigung einer Finanzierung und über die damit verbundene Zinsbelastung zunehmend auf Ratings. Die Gründe für die Ratingentscheidung sind für die Unternehmen daher von entscheidender Bedeutung für die Planung ihrer zukünftige Strategie im Hinblick auf


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 215

den Zugang zu günstigen Finanzierungen. In Art. 145 Abs. 4 der Richtlinie 2006/48/EG werden die Kreditinstitute aufgefordert, im Wege einer Selbstverpflichtung ihre Rating­entscheidungen den KMU und den anderen Unternehmen, die Kredite beantragt ha­ben, in nachvollziehbarer Weise schriftlich offen zu legen. Erst wenn diese Selbstver­pflichtung der Wirtschaft nur eine unzureichende Wirkung zeigt, sind gesetzliche Maß­nahmen zu ergreifen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, die Wirkung der Selbstverpflich­tung der Kreditwirtschaft zu beobachten und erforderlichenfalls Maßnahmen vorzu­schlagen, mit denen die Kreditinstitute verpflichtet werden, ihre Ratingentscheidungen in nachvollziehbarer Weise schriftlich offen zu legen. Diese Maßnahmen sind im Ein­klang mit Art. 145 Abs. 4 der Richtlinie 2006/48/EG und unter Beachtung der Wettbe­werbsposition der österreichischen Wirtschaft zu treffen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Dr. Christoph Matznet­ter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung des Finanz­ausschusses in wichtige Vorhaben der FMA

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18): Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1558 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesen­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassen­gesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsege­setz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1585 d.B.)

Im Lichte der jüngsten Diskussionen im Finanzausschuss betreffend die FMA stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat begrüßt die Ankündigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde, in Hinkunft mit dem Finanzausschuss wichtige Vorhaben der FMA, die von weit reichender allge­meiner Bedeutung für die österreichische Kreditwirtschaft und deren Kunden sind, zu beraten.

Sollte nach einem eineinhalbjährigen Beobachtungszeitraum die zuvor erwähnte Ein­bindung des Nationalrates nicht zur Zufriedenheit erfolgen, wird der Bundesminister für Finanzen ersucht, einen Entwurf zur Änderung der entsprechenden gesetzlichen Be­stimmungen mit der Zielsetzung vorzulegen, dass die Mitwirkung des Nationalrates sichergestellt ist.

*****

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 216

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.

 


19.22.22

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da ich an diesen Verhandlungen nicht teilgenommen habe und Sie, Herr Stummvoll, gesagt haben, dass das hier praktisch umgekehrt proportional zu dem vor­herigen Aufwand an Diskussion sei, ist es, so glaube ich, umso schwieriger für die nicht an diesen Kreisen teilnehmenden Leute, überhaupt die Grundprinzipien zu ver­stehen.

Aber: Basel II ist schon eine wichtige Grundsatzentscheidung für den europäischen Kreditapparat, für den europäischen Finanzplatz. Da geht es letztlich schon um die Harmonisierung zwischen den USA und der EU, um praktisch Richtlinien vorzugeben, wie Kredite zu vergeben sind. Und da muss man natürlich aufpassen – das war ja auch der Punkt –, dass wir nicht päpstlicher als der Papst sind, dass wir nicht Regeln, EU-Richtlinien einführen, die auf Grund der Bankenstruktur in der Umsetzung eigentlich wesentlich strenger sind, als es in den USA der Fall ist.

Die Komplexität hat mir René Alfons Haiden geschildert, als er mir ein Glossar über­reicht hat mit Fachausdrücken – 38 Seiten Fachausdrücke! –, damit man diesen An­satz überhaupt verstehen kann. Hochkomplizierte Wörter auf 38 Seiten, um das Ganze einmal begreifen zu können! (Abg. Neudeck: Die hätten wir auch gerne!) – Die gibt es.

Zweifelsohne wird diese Form zu einer weiteren Konzentration des Kreditapparates führen. Ich glaube, das wird ohne weiteres festzulegen sein. Für Österreich, wo eine sehr starke Bankenverschuldung der Klein- und Mittelbetriebe gegeben ist, ist das na­türlich ein besonderer Bereich. Daher ist der Versuch, diese Gruppe zu schützen, ge­startet worden. Aber mir ist nicht bekannt, ob es eine volkswirtschaftliche Analyse darüber gibt, wie sich der Kreditapparat auf Grund dieser Regeln in der Umsetzung entwickeln wird.

Denn eines ist klar: Der Verwaltungsaufwand in den Banken steigt. Das führt natürlich zur Verteuerung vieler Kredite. Das ist ein Punkt. Und teure Kredite heißt, dass einige Investitionen nicht getätigt werden. Die Frage ist dann, ob es gut ist, wenn diese Inves­titionen nicht getätigt werden. Es könnte durchaus sein, dass diese Form für die eine oder andere Investition investitionshemmend ist.

Ein Punkt, den Kollege Kogler vor mir angeführt hat, ist auch die Frage der erhöhten Bankenaufsicht, die notwendig ist. Wir sind ja auch sehr stark für eine externe Rotation eingetreten, gerade auch im Hinblick auf die letzten Ergebnisse der Wirtschaftsprüfer, der Bankenprüfer, um da eine zusätzliche Sicherheit hineinzubringen. Ich glaube, man geht jetzt einmal diesen Weg – man soll ihn auch gehen –, aber es wird sicherlich noch sehr viel Anpassung in der Zukunft notwendig sein. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


19.25.22

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass sehr viele Banken und viele Unternehmen mit dem Begriff „Basel II“ immer noch gro­ßes Unbehagen verbinden. Daher war die gesetzliche Umsetzung von einem gemein­samen Ziel getragen, nämlich die zusätzlichen Belastungen durch Basel II in der Um­setzung im BWG sowohl für die Kreditinstitute als auch in der Folge für die Unterneh-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 217

men, die Kreditsuchenden so gering wie möglich zu halten. Das hat ganz besonders für die kleineren Kreditinstitute und auch für die kleinen und mittleren Unternehmen enorme Bedeutung.

Was für mich – ich bin ja noch nicht so lange im Parlament – eine faszinierende Erfah­rung von Parlamentarismus bedeutet hat, war, in welch intensiver, oft auch kontrover­ser, aber immer von diesem gemeinsamen Ziel getragener Weise wir dieses Vorhaben über die Fraktionen hinweg in exzellenter Zusammenarbeit mit Dr. Pichler und den Be­troffenen erarbeitet, erkämpft, erstritten haben und zum Schluss – und das ist das Schöne am heutigen Tag – die Überzeugung teilen dafür, dass uns das Mögliche auch gelungen ist.

Eine wesentliche Sache bleibt aus meiner Sicht allerdings noch zu tun, die ich hier an­sprechen will, weil sie in der nächsten Zukunft in unserer Verantwortung liegen wird, nämlich: die Rahmenbedingungen aus Basel II für die Unternehmen signifikant anzu­passen und zu verbessern.

Deswegen bin ich froh über die Ausschussfeststellung, die dem nächsten Finanzminis­ter bei der nächsten Steuerreform vorgibt, die anachronistische Kreditvertragsgebühr, die die Unternehmen – vor allem die kleinen und mittleren – massiv zusätzlich belastet, abzuschaffen und die Eintragungsgebühr bei Hypothekarkrediten, die in der Unterneh­mensfinanzierung künftig einen höheren Stellenwert haben werden, deutlich zu senken oder – noch besser – gleich ganz abzuschaffen.

Die Arbeit wird uns jedenfalls nicht ausgehen. Ich hoffe, auch die werden wir wieder gemeinsam leisten und zu einem erfolgreichen Ergebnis führen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher.

 


19.28.12

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Gestern wurde bei einer Vier-Parteien-Einigung gesagt: eine langwei­lige Materie. Wie gestern, so ist auch heute das „Verkaufen“ dieser Einigung vielleicht langweilig. Der Weg dorthin war mitnichten langweilig. Wir wissen, dass über Basel II jahrelang gesprochen wurde und dass gerade – Kollege Bucher hat es erwähnt – am Anfang in der Wirtschaft große Verunsicherung und große Ängste gegeben waren – teilweise durchaus zu Recht.

Viel wurde bereits im Rahmen der Richtliniengestaltung in Brüssel entschärft, auch dank der Wirtschaftskammer – ich stehe nicht an, das auch zu sagen –, weil das gera­de auch für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft von großer Bedeutung war. Bei einer negativen Kapitalausstattung, die ja besteht, waren natürlich die Ängste besonders groß, dass insbesondere bonitätsbedingte Kreditkosten steigen werden.

Das Vorblatt zur Regierungsvorlage führt auch aus, dass in Einzelfällen sozusagen nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zu einer Erhöhung der Kreditkosten kommt. In der Tourismuswirtschaft ist es eben so, dass immer noch die Befürchtung besteht, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handeln wird, dass es nicht bei Ein­zelfällen bleiben wird.

Ich glaube aber auch, dass auf der anderen Seite Basel II eine große Chance für die kleinen und mittleren Unternehmen in dieser Branche ist, sich selbst mit ihrer Finanzie­rungs- und Kostenstruktur auseinander zu setzen, näher auseinander zu setzen, was dringend notwendig ist, weil das vielfach nicht geschehen ist.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 218

Ich meine trotzdem, dass gerade für diese Branche auch im Hinblick auf Basel II flan­kierende Maßnahmen notwendig sind, die wir hoffentlich ebenfalls gemeinsam in der nächsten Legislaturperiode diskutieren und beschließen können. Ich bin da guten Mutes, weil wir auch hier gute Gespräche führen.

Abschließend noch ein Wort zum Kollegen Schöls, der gerade nicht im Saal ist, zur vorhergehenden Debatte. Er hat hier in Richtung des Kollegen Staribacher und in meine Richtung gemeint – so auf die Art –, es wäre etwas Ehrenrühriges, im Finanz­ministerium Kabinettschef gewesen zu sein. (Abg. Neudeck: Das hat er nicht gesagt!)

Ich glaube, es ist mitnichten ehrenrührig, Kabinettschef bei irgendeinem Finanzminister zu sein, egal bei welchen, aber – damit komme ich jetzt zum Punkt und möchte mit Schöls’ eigenen Worten sprechen – „stümperhaft“ recherchiert: Ich war leider nie Kabi­nettschef. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Nicht einmal das!)

19.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


19.30.35

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich, so wie es schon geschehen ist, bei allen Abgeordneten bedanken, die vor allem in den Klubs und im Finanzausschuss daran mitgewirkt haben, dass dieses Gesetz heute zustande kommt. Wir wissen, es ist ein riesiges Werk.

Es hat viele Diskussionen gegeben, es konnten systematisch, schrittweise alle offenen Punkte behandelt werden. Uns war allen bewusst, wir müssen jemanden Besonderen schützen. Wir haben gestern und heute immer wieder davon gesprochen, dass die KMUs entlastet gehören. Es war natürlich immer die Sorge da, dass durch diese neuen Bestimmungen, durch den erhöhten Verwaltungsaufwand, der zweifellos nötig ist, und durch umfangreiche Regelungsvorschriften die Kredite vor allem für unsere KMUs zu teuer werden. Man wollte durch entsprechende Erleichterungen schon im Zuge der Verhandlungen erreichen, dass sie wie Retailkredite behandelt werden. Ich glaube, das ist recht gut gelungen.

In vielen Punkten ist natürlich nur ein Kompromiss zustande gekommen, aber eine Fra­ge war bis jetzt noch ungelöst: Das war § 16 der Solvabilitätsverordnung, die durch die FMA zu erlassen ist. Da ist eine Bagatellschwelle von 100 € für überfällige Forderun­gen vorgesehen.

Die FMA hat noch eine Blitzumfrage in allen europäischen Ländern durchgeführt. Die Bagatellschwelle ist in vielen Ländern niedriger als 100 €; Deutschland hat diese 100 €. Aber um auch hier Entgegenkommen zu zeigen, hat mir heute die FMA mitgeteilt, dass sie diesen Betrag auf 250 € festsetzen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mit­terlehner. – Bitte.

 


19.32.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer im Wirtschaftsbereich in den letzten Jahren Veranstaltungen abgehalten hat, der hat sich im Wesentlichen immer mit drei Schreckbegriffen auseinander setzen müssen. Das war die „Globalisierung“, der zweite Schreckbegriff war die „Dienstleistungsrichtlinie“ und der dritte war „Basel II“. Das Pro-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 219

blem bei allen drei Themenstellungen war, dass der eine oder andere gar nicht genau gewusst hat, was darunter zu verstehen ist. Er hat dann all seine Ängste, all seine Sorgen auf diese Themenfläche projiziert.

Es ist erfreulich, dass von den drei Themen jetzt nur die Globalisierung übrig bleibt, Basel II neben der Dienstleistungsrichtlinie als Thema wegfällt und sich eigentlich die Emotionen bei allen Veranstaltungen auf einem ziemlich niedrigen Niveau halten.

Das ist sicherlich den gesamten Vorbereitungsarbeiten zu verdanken, denn die Gefahr ist schon illustriert worden: Jeder hat sich gedacht, Klein- und Mittelbetriebe bekom­men jetzt zu schlechteren Konditionen Kredite und alles ist so schwierig. Im Endeffekt ist es genau anders gekommen, dass nämlich jetzt auf der einen Seite diese Möglich­keit mit einer Million, die bevorzugte Behandlung und damit auch die unbürokratische Linie bestehen und es auf der anderen Seite meines Erachtens durchaus gut ist, dass sich Unternehmen auch mit ihrem Betrieb und den jeweiligen Gegebenheiten ausein­ander setzen. Es ist meiner Meinung nach gar nicht so günstig, wenn der einzelne Un­ternehmer alles in einer Person ist, nämlich Personalabteilung, Marketingabteilung und Finanzabteilung. Er sollte durchaus über die Konstellation, über die Performance sei­nes Unternehmens Bescheid wissen. Deswegen ist meiner Ansicht nach Basel II sehr wichtig, was das Rating anbelangt, dass man diesbezüglich entsprechende Vorberei­tungsarbeiten trifft.

Daher bleibt eines zu sagen – und das ist jetzt die Sicht der Unternehmensseite –: dass die Klein- und Mittelbetriebe in der Form jetzt auch ratingorientiert zu denken be­ginnen. Das nützt der Konkurrenzfähigkeit der Betriebe; die Kreditseite ist schon er­wähnt worden.

Ich möchte seitens der Wirtschaftskammer auch sagen, dass wir eine Reihe von Infor­mationsveranstaltungen abgehalten haben, um auch die Betriebe entsprechend vorzu­bereiten. Ich möchte noch eines tun, nämlich demjenigen, der die Arbeit dieser sieben Jahre begleitet und auch aus Sicht der Wirtschaft die Koordination vorgenommen hat, herzlich zu danken: Das ist neben vielen anderen Günter Stummvoll. Günter, danke vielmals, dass wir jetzt eine Regelung haben, mit der man leben kann.

Es wird sicherlich in Zukunft auch darum gehen – die Kreditgebühr ist angesprochen worden, das Eigenkapital ist angesprochen worden –, noch eine Menge zu tun. Wir bitten da auch um weitere Unterstützung.

In diesem Sinn danke für den Kompromiss und für diese Möglichkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bau­er. – Bitte.

 


19.35.28

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, Kollege Auer hat von Überregulierung oder Regulierungswut gesprochen. Es war so, dass in der Anfangsphase der Diskussion etwas anderes dahinter gestanden ist. Ich bin auch überzeugt davon, dass beim ersten Beschluss im Jahre 2004 von den Gouverneuren und den Leitern der Aufsichtsbehör­den der G 10 doch eines mitgeschwungen ist, nämlich, wie man in Europa ein System etabliert, das letztlich den USA in Bezug auf Rating und Ratingagenturen Vorteile er­möglicht hätte. Dieses Rating war es, was sowohl alle österreichischen als auch alle europäischen Banken aufgeregt hat. – Das war das eine.

Zum Zweiten gab es die Frage der Eigenkapitalausstattung. Diese ist in Europa und besonders in Österreich in vielen Branchen zu schwach. Daher bedingt sie logischer-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 220

weise einen höheren Zinssatz als für jene Unternehmen, die eine hohe oder sehr hohe Kapitalausstattung haben. Ich war selbst einmal nach Erwerb meines Diploms in der Praxis Kreditprüfer. Es ist ein altes Bemühen, den höchstmöglichen Risikoausgleich – sei es innerhalb der Branche oder innerhalb größerer Bereiche – herzustellen. Tatsa­che ist aber, dass das immer mit der Eigenkapitalausstattung und der Frage zu tun hat, wie diese Ausgleiche hergestellt werden. Die Frage, wie transparent die drei Säulen des Systems letztlich gestaltet werden, bedingt dann das Vertrauen in das Gesamtsys­tem.

Ich glaube auch, dass wir einen guten Weg gegangen sind, nämlich zuerst den Weg sicherzustellen, dass die KMUs – von denen viele unterkapitalisiert sind – nicht zu den Verlierern gehören. Es war auch gut, dass man die Regelung, Kredite bis zu 1 Million € besonders zu behandeln, getroffen hat. Auch davon war ursprünglich keine Rede, das war erst das Ergebnis der Verhandlungen.

Was ich noch für äußerst wichtig halte, ist die Ratingfrage, die letztlich für Europa eine existenzielle Frage war. Da hat sich zuerst Deutschland gemeldet, dann hat Österreich in der Diskussion nachgehakt. Ich denke, dass das Ergebnis eines ist, mit dem wir, global gesehen, durchaus leben können.

Geschätzte Damen und Herren! Das heißt aber nicht, dass nicht dennoch Risken auf­treten können. Ich glaube, um hier den Antrag des Herrn Abgeordneten Kogler mit her­einzunehmen, im Prüfungssystem liegt viel Verantwortung, die, so wie sie derzeit ge­handhabt wird, nicht ganz wahrgenommen wird. Aber nicht nur im System der Bank­prüfungen, sondern im gesamten System der Wirtschaftsprüfung, da ja jemand, der beauftragt wird und diesen Auftrag auch gerne ausführt, vielleicht nicht ganz so kritisch ist, wie es notwendig wäre.

Das haben wir beim US-Unternehmen Enron gesehen, das sehen wir auch bei ande­ren Firmen. Daher ist die Frage der Rotation der Prüfer wirklich eine Frage eines mo­dernen Prüfungssystems, da ja von außen die Transparenz nicht gegeben ist. Daher glaube ich auch, dass die Ereignisse bei unseren Banken oder bei anderen Privatfir­men für eine Änderung sprechen.

Wer verliert schon gerne einen Auftrag? – Niemand! Daher ist man vielleicht milder als notwendig. Ich weiß schon, dass das auch bezahlt werden muss, dennoch meine ich, dass der Antrag auf Rotation der Prüfer richtig ist. Er wird deswegen auch von der sozi­aldemokratischen Fraktion unterstützt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte. 

 


19.40.05

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Ich war der Meinung, dass ich noch nicht dran bin, Kollege Maier ist vor mir noch auf der Liste gestanden. Ich möchte eigentlich inhaltlich nichts mehr dazu sagen, weil schon sehr ausführlich versucht wurde, diese komplexe Materie in kurzen Worten darzustellen. Ich glaube aber, dass es die Gelegenheit wert ist, über den Parlamentarismus und die Art und Weise, wie hier in den letzten Jahren gearbeitet wurde, grundsätzlich einige Worte zu verlieren.

Man hat gesehen, dass unter der kompetenten Anleitung aus dem Finanzministerium sehr problemorientiert und sehr problembewusst sehr vernünftige Lösungen angedacht wurden, die dann letztendlich zu dieser gemeinsamen Entscheidung geführt haben. Natürlich ist es so, dass die einzelnen Klubs immer noch offene Listen, offene Wünsche zu diesem Themenbereich haben, und es wird so sein, dass dieser Prozess


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 221

ein permanenter Prozess in diesem Segment bleibt, weil natürlich auch auf Marktgege­benheiten reagiert werden muss.

Ich glaube, grundsätzlich wäre es sehr schön, wenn diese Art Parlamentarismus inten­siver gelebt würde. Das sagt man natürlich sehr leicht, wenn man Oppositionsabge­ordneter ist. Die Freude lässt dann nach, wenn man regiert. Aber nichtsdestotrotz, glaube ich, wäre es angebracht, gewisse Grundsatzbereiche anzudenken und hier wirklich parlamentarische Basisarbeit in der Gesetzgebung zu überlegen, weil ich glaube, dass immer dann, wenn das Parlament sehr stark eingebunden war, in Summe sehr gute Ergebnisse erzielt werden konnten.

In diesem Sinne möchte ich sagen, es war eine gute Arbeit der österreichischen Parla­mentarier zu diesem Projekt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wim­mer. – Bitte.

 


19.42.09

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden Regierungsvorlage soll die so genannte Basel-II-Richtlinie umgesetzt werden. Dem alten System der Eigenmittelnormen für Banken wird nun ein dreigeteiltes System folgen, eine Art Drei-Säulen-System. Meine Kolleginnen und Kollegen vor mir haben diese drei Säulen heute schon so umfassend beschrieben, dass ich es mir ersparen kann.

Es ist schön und eher selten, dass eine Gesetzesmaterie so amikal und in so großer Eintracht beschlossen wird, wie es heute der Fall ist. Aber gestatten Sie mir vielleicht zwei Anmerkungen.

Für uns Sozialdemokraten war es wichtig, dass die befürchteten Nachteile bei der Fremdkapitalaufbringung der KMUs weitgehend verhindert werden konnten. Dieser Punkt war uns wirklich wichtig. Zum Zweiten: Nach unserer Ansicht hätten auch die Strafbestimmungen für Bankenprüfer und insbesondere für die Prüfgesellschaften im Lichte der jüngsten Erfahrungen weiter verschärft werden müssen. Diese Strafbestim­mungen, wie sie jetzt vorliegen, greifen unserer Ansicht nach eindeutig zu kurz, und es ist schade, dass es in diesem Punkt keine Abstimmung mit uns gegeben hat.

Trotzdem meine ich, dass der vorliegende Gesetzentwurf in diesem Punkt ein erster richtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Wir werden daher dieser Vorlage unsere Zu­stimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neu­deck. – Bitte.

 


19.43.52

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren! Es ist ja schon von den Vorrednern betont worden, dass eine sehr schwierige und vor allem die österreichische mittelständische Wirtschaft bedrohende Materie in einem sehr seltenen Einklang in monate-, ja jahrelanger Arbeit außerhalb der Ausschüsse, in informellen Ausschüssen, jetzt so weit vorangetrieben wurde, dass wir hier gemeinsam im Rahmen einer Vier-Parteien-Einigung dieses für die österreichische Wirtschaft und gerade für die Klein- und Mittelbetriebe so wichtige Gesetz beschließen können.

Herr Kollege Stummvoll, Sie haben diesen informellen Arbeitskreis, sagen wir einmal so, geführt, und es war gerade in den letzten Wochen und Tagen notwendig, dass die-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 222

ser ganz besonders umsichtig geführt wird. Ich möchte an dieser Stelle dem Kollegen Kogler von den Grünen und dem Kollegen Matznetter danken, dass sie da und dort parteitaktische Überlegungen hintangehalten haben und im Sinne des Ganzen und unserer österreichischen Wirtschaft über so manchen Schatten gesprungen sind.

Vor allem danken möchte ich auch denen, die als Experten bei diesen Tagungen dabei waren, etwa René Alfons Haiden, für den das ja nicht selbstverständlich ist. Wir als Ab­geordnete haben ja diese Materie doch gut vorzubereiten – allein was da an Ausdrü­cken auf uns zukommt, hunderte Seiten gilt es da zu bearbeiten und zu lesen. Da hat die Wirtschaftskammer mit dem Syndikus Pichler sicher eine sehr gute Arbeit gemacht, ebenso die Finanzmarktaufsicht und das Finanzministerium.

Daher gehe ich auch davon aus, Herr Staatssekretär, was diese Bagatellgrenze betrifft, die jetzt ein bisschen für Aufregung gesorgt hat und wo es eine Verwendungszusage des Finanzministers gibt, dass sie sich eher in Richtung 500 oder noch mehr Euro be­wegt, dass diese Verwendungszusage auch für bare Münze genommen werden kann. Das ist nichts, was jetzt, glaube ich, den Banken- und Wirtschaftsstandort unsicherer macht, sondern unnötige Verwaltung hintanhalten soll.

Es ist nämlich nicht so, dass diese Kosten die Banken schlucken. Diese Kosten wer­den auf den Kunden überwälzt. Ich weiß nicht, wem es eine Freude machen soll, wenn da hin- und hergerechnet wird und, weil es einmal eine kurze Überschreitung gibt, ein ganzes Verfahren aufgerollt wird, das letztendlich doch nicht gebraucht wird. Also ich würde Sie wirklich eindringlich bitten, mit dem Finanzminister darüber noch einmal zu reden, und dass wir diese Verwendungszusage umgehend eingelöst bekommen.

Abschließend danke ich noch einmal allen. – Kollege Kogler ist jetzt auch wieder da: Bei Ihnen habe ich mich auch bedankt, weil Sie bei dieser intensiven Arbeit auch sehr produktiv dabei waren. (Abg. Mag. Gaßner: Er ist deswegen gekommen!) – Er ist des­wegen gekommen, wahrscheinlich. – Vielen Dank, und ich freue mich auf die gemein­same Abstimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

19.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkon­glomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betrieb­liche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1585 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend fundamentale Verbesserung der Bankenaufsicht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 223

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Stummvoll, Dr. Matznetter, Bucher, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Offenlegung von Ratingentscheidungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen. (E 205.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Stummvoll, Dr. Matznetter, Bucher, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einbindung des Finanzausschusses in wichtige Vorhaben der Finanz­marktaufsicht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen. (E 206.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1586 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

19.49.1620. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1567 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normver­brauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungs­gesetz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006 (1587 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesord­nung.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.49.48

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die bisherige Geschichte des Unabhän­gigen Finanzsenates ist durchaus eine Erfolgsgeschichte, seine Akzeptanz in der Steu­erpraxis ist beachtlich. Und wenn die Zahl an höchstgerichtlichen Beschwerden im Steuerrecht zuletzt deutlich zurückgegangen ist, ist das nicht nur, aber auch darauf zurückzuführen, dass Steuerpflichtige nicht mehr reflexartig Bescheide der zweiten In­stanz beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen.

Die Erfahrungen seit der Aufnahme der Tätigkeit des Unabhängigen Finanzsenates ha­ben aber auch gezeigt, dass es auf Grund einzelner Regelungen im Bundesgesetz über den Unabhängigen Finanzsenat zu Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der vom Präsidenten wahrzunehmenden Leitungsaufgaben einerseits und der in die Zu­ständigkeit der Vollversammlung fallenden Aufgaben andererseits kommen kann. Dies betrifft insbesondere die Feststellung der Unvereinbarkeit von Tätigkeiten mit dem Amt


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 224

eines Mitgliedes des Unabhängigen Finanzsenates, die Leitungsbefugnisse der Leiter der Außenstellen, die Evidenzierung, das Controlling und die Dienstzeit.

Dass die Straffung der Leitungskompetenz zu einer weiteren Effizienzsteigerung führen wird, ist sicher nicht zu leugnen. Darüber hinaus fehlen bislang Regelungen über Be­richtspflichten der hauptberuflichen Mitglieder an den Präsidenten und des Präsidenten an den Bundesminister für Finanzen sowie Regelungen über die Veröffentlichung der Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates im Internet.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll eine eindeutige Regelung in den aufgeworfenen Problembereichen schaffen und die Rahmenbedingungen verbessern, was dem Unab­hängigen Finanzsenat effizientes Handeln erleichtert. Insgesamt soll eine stärkere Konzentration der UFS-Mitglieder auf die Rechtsmittelerledigungen ermöglicht und der Status des Unabhängigen Finanzsenates als unabhängige Verwaltungsbehörde ge­stärkt werden.

Was früher unter sozialdemokratischen Finanzministern oft einmal verabsäumt wurde, ist unter Karl-Heinz Grasser mit dem UFS realisiert worden, und diesen erfolgreichen Weg wollen wir zugunsten der Bürgerinnen und Bürger dieses Land weitergehen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

19.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Hagenhofer.

 


19.52.06

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Tamandl, vielleicht waren Sie damals noch nicht im Parlament, aber die Sozialdemokratie hat natürlich dem Unabhängigen Finanzsenat zugestimmt, weil es auch uns ein Anliegen war, das Rechtsmittelwesen in der Finanzverwaltung zu verbessern.

Jetzt arbeitet dieser Unabhängige Finanzsenat seit drei Jahren, und das Gesetz war nicht ganz klar, weshalb es natürlich Ungereimtheiten im täglichen Leben gegeben hat. Diese Novelle trennt jetzt ganz klar die Leitungsaufgaben zwischen Präsident und Voll­versammlung, stellt, wie Sie gesagt haben, auch die Unvereinbarkeiten fest. Wesent­lich ist aber auch, dass man sich betreffend Dienstzeit nicht an das Richterdienstgesetz anlehnt, sondern sehr wohl im Rahmen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes bleibt. Es gibt also auch in diesem Punkt eine Klarstellung. Es konnten also mit dieser Novelle Konfliktsituationen bereinigt werden.

Wesentlich in dieser Novelle ist auch die Änderung des Normverbrauchsabgabegeset­zes. Ein EuGH-Urteil zwingt die Finanz, dass die Normverbrauchsabgabe zum Beispiel für ein Fahrzeug, das von Österreich ins Ausland transportiert wird, zurückgezahlt wird. Das kostet den Bund 20 Millionen € jährlich, und das wird jetzt folgendermaßen aufge­teilt: 14,6 Millionen € Bund, 3,1 Millionen € Länder und 2,3 Millionen € Gemeinden. Wir werden sehen, wie die Gemeinden diese Kürzung verkraften werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Bu­cher. – Bitte.

 


19.54.14

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Echtbetrieb der letzten beiden Jahre hat gezeigt, dass sich der Unabhängige Finanzsenat in der Praxis sehr bewährt hat,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 225

dass vor allem die Erledigung steuerrechtlicher Beeinspruchungen beschleunigt wer­den konnten, dass sie unkomplizierter, schneller und effizienter erledigt werden konn­ten. Diese Rechtsmaterie ebnet nun einige Unsicherheiten und sorgt dafür, dass diese Arbeit noch effizienter durchgeführt werden kann.

Wir sind auch sehr glücklich darüber, dass dieses Organ, diese Institution eine so effi­ziente Marktausrichtung erfährt, und stimmen diesem Gesetz sehr gerne zu. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


19.55.18

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die jetzige Novelle ist sicher eine weitere Verbesserung. Ursprünglich war das aus unserer Sicht schon ein Rechtsfortschritt. Wir haben das immer begrüßt mit den unabhängigen quasi-gerichtlichen Stellen, trotzdem im Behördenkleid.

Vielleicht, Herr Staatssekretär, wenn Sie noch Stellung nehmen wollen: Es hat ja auf dem Weg dorthin – ich will jetzt nicht wieder die Einhelligkeit trüben – schon ein paar Befürchtungen gegeben, um nicht zu sagen, Rempeleien. So hat es zum Beispiel die Befürchtung gegeben, dass eine Eingriffnahme bezüglich des Unabhängigen Finanz­senates insofern existieren könnte, als bestimmte Verwaltungs- und Aufsichtsvorschrif­ten gegenüber den Mitgliedern des UFS behauptet wurden. Das Ganze hat sich aber, jedenfalls unserer Recherche und unserer Beratungslage nach, aufgelöst, aber es zeigt, im Hintergrund war es offensichtlich doch nicht so einhellig. – Sei’s drum, wir be­grüßen den Fortschritt!

Endlich einmal eine 1-Minuten-Rede. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist Herr Abgeordneter Neudeck.

 


19.56.40

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren! Der Unabhängige Finanzsenat als Berufungsinstanz in Sachen Steuern und Zoll ist als unabhängige Stelle im Instanzenzug sicher eine wesentliche Institution und hat sich bisher durchaus bewährt. Es ist gut, dass hier jetzt weitere Verstärkungen vorgesehen sind. Der UFS hat zum Abbau von Rückständen bei der Finanzverwaltung geführt; es gibt nun eine raschere Erledigung. Und wenn man der Lehre und den Steuerzeitungen glauben darf, ist auch eine höhere Qualität der Entscheidungen messbar. Das sieht man anhand der Verfassungsgerichtshof- und Verwaltungsgerichtshofentscheidungen zu dieser Thematik.

Es ist jetzt mit dem Aufbau eines Evidenzbüros und einer bundesweiten Vernetzung und mit höherqualifizierten Mitarbeitern die Sicherheit dieser Berufungsinstanz in Sa­chen Steuern und Zoll gewährleistet.

Eine Weiterentwicklung des Unabhängigen Finanzsenates in Richtung Finanzgericht wie in Deutschland ist durchaus etwas, was man diskutieren soll.

Wenn durch diese vorliegende Novelle Mängel in der Organisation, die sich, wie so oft bei einer neuen Institution, herausgestellt haben, beseitigt werden, so gehe ich davon aus, dass damit die Effizienz des Unabhängigen Finanzsenates weiter gesteigert wird.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 226

Es ist erfreulich, dass wir hier auch wieder einer Meinung sind. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1567 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls in dritter Lesung einstimmig angenommen.

19.59.0621. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1555 d.B.): Bundes­gesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Bur­genland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (1588 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 844/A der Abgeordneten Dkfm Dr. Günter Stummvoll, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (1589 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 834/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Mag. Johann Maier, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines jährlichen Berichtes über die Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 (1590 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 21 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. (Die Abgeordneten Glaser und Steibl: Glaser! Glaser! – Der am Präsidium sitzende Beamte der Parlaments­direktion: Franz Glaser ist der Erste!) – Hier steht „Maier“ – ich kann Ihnen nicht helfen! Dann geben Sie mir die richtige Datei!

Also wenn Sie, Herr Abgeordneter Mag. Maier, Abstand nehmen, dann ist Herr Abge­ordneter Glaser am Wort. (Abg. Mag. Johann Maier: Bitte!) – Schauen Sie, wie vor­nehm! (Abg. Schieder – in Richtung des Abg. Mag. Johann Maier –: Du kannst nicht „Abstand nehmen“, ... Rednerliste! – Abg. Steibl: Eigentlich ist es der Glaser!)

Ich habe hier einen Bildschirm – und gestatten Sie vielmals, dass ich nach diesem Bild­schirm vorgehe, und seien Sie nicht ungeduldig mit mir! (Weitere Zwischenrufe.)

Wollen Sie vielleicht, dass ich deswegen die Sitzung unterbreche – oder geben Sie vielleicht doch Herrn Abgeordnetem Mag. Maier eine Chance, das Wort zu ergreifen?


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 227

(Abg. Glaser: Jawohl!) – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Maier. (Beifall bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

 


20.00.53

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stimmen einerseits natürlich dem gemeinsamen Antrag zur Änderung des Produktpirateriegesetzes zu. Die Notwendig­keit, dass es in diesem Bereich europaweit, aber auch national zu entsprechenden Regelungen kommt, ist, glaube ich, unbestritten. Es kommt zu Verlusten in der Volks­wirtschaft, es sind Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Europa dadurch gefährdet. Mit diesem Antrag bekommen wir Abgeordnete die Möglichkeit, in Berichte, die bislang nur der EU-Kommission zugänglich waren, Einsicht zu nehmen, um dieses Thema ver­stärkt zu diskutieren.

Wir stimmen dem gerne zu und glauben, dass auf europäischer Ebene weitere Maß­nahmen gesetzt werden müssen.

Ich möchte mich aber auch mit dem Thema anderer Piraten auseinandersetzen, näm­lich mit dem Thema Glücksspiel-Piraten.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in Österreich Glücksspiel-Piraten – das sind diejenigen, die illegales Glücksspiel betreiben –, und wir haben europaweit und in Österreich Glücksspiel-Piraten – das sind diejenigen, die über Internet verbotenerweise, das heißt, ohne Konzession, Wetten oder Glücksspiele an­bieten. Und hier gestehe ich zu, dass wir diesbezüglich in Europa und weltweit absolu­ten Handlungsbedarf haben. Ich zitiere dazu Klubobmann Scheibner, der gemeint hat, es gebe einen Wildwuchs ausländischer Internet-Wettanbieter, und den gelte es zu kanalisieren.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Wettbereich haben wir kein Problem. Ein Problem haben wir im Internet-Bereich, was Glücksspielangebote be­trifft – Online-Angebote beispielsweise aus der Karibik (Abg. Steibl: Ah geh, Karibik? BAWAG, Elsner, Flöttl?), von diversen Inseln, zu denen es Warnungen von europäi­schen Verbraucherorganisationen gegeben hat. – Das ist also das Hauptproblem.

Jetzt geht es nicht um die Frage, wie man das Problem kanalisiert, sondern welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt. – Es gibt welche! Die Schweiz, Kollege Neudeck, ist diesen Weg gegangen: Sie hat Regelungen – es muss ja bezahlt werden – im Bank­wesenbereich für Kreditkartenunternehmen festgelegt, denen es untersagt worden ist, derartige Zahlungen zu tätigen. Gleichzeitig wurde eine ähnliche Regelung für Provider geschaffen.

Ich glaube, wenn wir das Thema illegales Glücksspiel, verbotenes Glücksspiel ernst­haft angehen, dann müssen wir diesen Weg gehen! Da, Herr Staatssekretär, ist das Finanzministerium gefordert, weil wir die entsprechenden Regelungen nicht im Glücks­spielgesetz festlegen können, sondern im Bankwesengesetz und im Telekommunika­tionsgesetz.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir das Thema Glücks­spiel ernsthaft diskutieren – und wir haben das im Finanzausschuss sehr ernsthaft getan –, dann haben wir uns mit den Problemen auseinanderzusetzen. Wir haben uns auseinanderzusetzen mit der Spielsucht, wir haben uns mit der Verschuldung ausein­anderzusetzen, und wir haben uns mit der Begleitkriminalität, die in diesem Zusam­menhang immer stärker wird, konkret auseinanderzusetzen und Lösungen anzubieten.

Eine Liberalisierung, wie sie diskutiert worden ist, kann die Zustimmung von uns, von der sozialdemokratischen Fraktion nicht bekommen. Das müssen wir ablehnen, weil wir auf Grund internationaler Erfahrung wissen, dass jede Liberalisierung zu einem er-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 228

höhten Anteil von Spielsüchtigen in diesem Land führt. Daher bekennen wir uns zur Monopol-Regelung in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Glaser.

 


20.05.16

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zwischen dem Produktpirateriegesetz oder dem Glücksspielgesetz und der Jubiläums­gabe für das Burgenland besteht vielleicht nicht unbedingt ein Zusammenhang. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das war auch ein Glück: Das war ein Glück für das Burgenland!) Erlauben Sie mir trotzdem, dass ich zur Jubiläumsgabe für das Burgenland spreche.

Ich möchte der österreichischen Bundesregierung zunächst herzlich dafür danken, dass es anlässlich der 85-jährigen Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich die­sen Vorschlag einer Jubiläumsgabe in der Höhe von 2 Millionen € gibt, und ich darf Sie bitten, Ihre Zustimmung dazu zu geben.

Es ist vorgesehen, mit diesem Geld Projekte in den Bereichen Beschäftigung, Sozial­wesen, im Jugendbereich, im Kultur- und Bildungsbereich zu unterstützen und in die­sen Bereichen Dinge vorwärts zu bringen, und ich glaube auch, dass das damit gelin­gen kann und wird.

Dass es diese Sonderzuwendungen für das Burgenland und für Kärnten gibt, gründet, soweit ich informiert bin, doch auch in den Schwierigkeiten anlässlich des Werdens Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg, als es doch ziemliche Schwierigkeiten bei der Grenzziehung gab und es gerade bei den Bundesländern Kärnten und Burgenland zu Kämpfen gekommen ist, zu Todesfällen gekommen ist, Verletzte gegeben hat und auch viele andere – unter anderem auch wirtschaftliche – Schwierigkeiten gegeben hat.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit der Bundesregierung aber auch danken für die Mit­tel, die im Rahmen des Ziel-1-Gebietes seitens des Bundes eingesetzt wurden. Das waren in den vergangenen zehn Jahren immerhin 350 Millionen €, die wir von Seiten des Bundes bekommen haben; zusätzlich gab es die Mittel aus Brüssel und auch die eigenen Aufwendungen des Landes.

Wir werden auch für die Phasing-out-Periode noch einmal 158 Millionen € bekommen, nicht zuletzt auf Grund eines Verhandlungserfolges unseres Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel – und auch dafür möchte ich mich bei der Bundesregierung und beim Bun­deskanzler sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Wobei ich durchaus auch dazusagen möchte, dass es neben den Ziel-1-Mitteln zum einen die Öffnung der Grenzen in den späten achtziger Jahren und zum andern der EU-Beitritt Ungarns im Jahre 2004 waren, die uns, glaube ich, ebenfalls einen großen wirtschaftlichen Impuls gebracht haben. Persönlich hoffe ich, dass mit dem Fall der Schengen-Grenze beziehungsweise mit deren Verschieben an die Ostgrenze Ungarns ein weiterer Impuls folgen wird.

Wir brauchen diesen Impuls gerade in den Grenzregionen sehr dringend – wir haben hier immer noch mit Problemen der Abwanderung zu kämpfen. Wir brauchen auch noch weitere Infrastrukturmaßnahmen, die ja geplant sind. Ich glaube aber, insgesamt gesehen, dass wir im Burgenland mit den verschiedenen Unterstützungen, mit dem Ziel-1-Gebiet, mit der Öffnung Richtung Osten eine große Chance haben, die lange Zeit gegebene Benachteiligung in einen Vorteil mitten im Herzen Europas umzudre­hen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 229

Danke noch einmal für das Geburtstagsgeschenk, das Sie uns heute machen werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mitterlehner: Gerne!)

20.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bu­cher. – Bitte.

 


20.09.08

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit zu­nächst einmal Jacky Maier danken, weil er uns wirklich immer sozusagen aus dem echten Leben berichtet auf Grund seiner Recherchen, was das Produktpirateriegesetz betrifft, aber auch, was das Glücksspielgesetz betrifft. – Du gibst uns immer wieder wertvolle Hinweise, auf die wir zu achten haben und die wir in der Gesetzesentstehung auch berücksichtigen sollten.

Deshalb wäre ich ja fast geneigt zu sagen, dass wir das Glücksspielgesetz im Justiz­ausschuss besprechen und verhandeln sollten (Beifall der Abg. Dr. Partik-Pablé), weil es sich dabei um eine Gesetzesmaterie handelt, die sozusagen nicht von den Gehir­nen der Finanz- und Steuerexperten entschieden werden sollte, weil dieses Gesetz Auswirkungen im echten Leben der Kriminalität, auch des Gesundheitswesen et cetera zeigt, wo wir – unter Umständen – nicht die nötige Sensibilität und das  entsprechende Empfinden an den Tag legen. (Abg. Neudeck: Ich bin sehr sensibel ...!)

Was jetzt die Jubiläumsspende für das Burgenland betrifft, so finde ich das sehr posi­tiv. Ich gratuliere auch dem Burgenland zum 85-jährigen Bestehen: Herzlich willkom­men in Österreich sozusagen! Ich finde es sehr sinnvoll, dass 2 Millionen € für wert­volle Projekte im Bereich des Sozialen, der Wirtschaft und der Beschäftigung zur Ver­fügung stehen. Ich weiß das aus der Sicht des Landes Kärnten, weil dort mit derartigen Mitteln Projekte unterstützt werden, für die aus dem ordentlichen Haushalt kaum Mittel zur Verfügung stehen. Ich glaube, dass diese Mittel gut angelegt sind, und das Burgen­land wird diese Projekte auch bestens umzusetzen wissen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

20.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


20.11.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Drei Vorlagen: Ja zur Unterstützung für das Burgenland, ja zum Produktpirateriegesetz-Antrag. Und was die Angelegenheit Glücksspiel betrifft, so lassen Sie mich denn doch ein paar Worte sagen, und zwar weniger wegen dem, was hier vorliegt, denn das ist ja ein Mini-... (Ruf bei der ÖVP: Eine kurze Rede ...!) – Nun, die letzte war auch nur eine Minute, also halten Sie mich nicht auf!

Aber das ist nun doch ein bisschen ernster, und zwar in doppelter Hinsicht: erstens, was die Vorgangsweise im Haus betrifft – aber möglicherweise waren wir da die Frak­tion, die als einzige ganz bewusst draußen gehalten wurde, möglicherweise waren es auch zwei –, nämlich dass wir eigentlich mit dem, was uns heute vorliegt, hier und jetzt eine so genannte Trägerrakete – aber wenn man sich den Punkt anschaut, sieht man, es ist ein Mini-Raketerl – beschließen, und – eigentlich geniere ich mich, dass ich nicht draufgekommen bin, dass da etwas dahinter stecken muss. Was dahinter steckte, wa­ren dann gestern haufenweise Lobbyisten im Parlament. Die sind wirklich schon ge­steckt in der Tür, von jeder Seite!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 230

Nochmals zur Vorgangsweise: Wenn wochenlang vorher gewusst wird, dass da etwas im Busch ist und dass da etwas verhandelt werden soll, dann finde ich es nicht ganz korrekt, wenn es eine derartige Geheimdiplomatie gibt. – Gut, wir werden weiter lernen; das meiste überlauern wir ohnedies schon.

Die Sache selbst: Natürlich kann man darüber reden, ob es zwangsläufig richtig ist, dass ein Duopol weniger regulierbar ist als ein Monopol. Dass reguliert werden muss in solch einem Bereich wie dem Glücksspiel, mit allen nachgelagerten Phänomenen, ist klar – und wir erleben es ja im Übrigen, wenn wir durch die Stadt gehen, dass die Spielhäufigkeit, die Spielsucht zunimmt, und auch die damit verbundenen Folgeer­scheinungen, die Kollege Maier ja ganz präzise aufgezählt hat, wie immer in diesem Bereich: Verschuldung oder auch geradezu, muss man sagen, am Schluss noch Be­schaffungskriminalität, denn in Wirklichkeit geht es um alle Phänomene, die Suchtver­halten auch in anderen Bereichen erzeugt. Es ist ja ganz klar: Es ist ja dann, an dieser Stelle, schon längst ein Krankheitsbild! – Und jetzt sagen Sie nicht, dass wir im Finanz­ausschuss nicht sensibel genug wären! Im Übrigen ist das jener Ausschuss, in dem es die meisten Konsensmaterien gibt. – Nun, machen wir dieses Fenster wieder zu.

Also eine ernste Materie! Und in diesem Zusammenhang ist es, glaube ich, im Zweifel besser – und da gibt es genügend berechtigte Zweifel! –, es beim Monopol zu belas­sen, weil nämlich weitere Wettbewerber gar nicht so gut regulierbar sind, dass sie nicht in die Lage versetzt werden, gegeneinander anzutreten und aufzutreten, Werbung zu betreiben. Beim Monopol gibt es noch eher die Möglichkeit erstens der Kontrolle, aber auch der Selbstauflagen.

Das sind also die wesentlichsten Argumente. – Und am Schluss habe ich ja den Ver­dacht – aber das werden wir auch noch herauskriegen –, dass hier noch ganz schnell etwas über die Bühne gebracht werden sollte, was schlicht und ergreifend die Einfluss­sphären von bestimmten Unternehmen betrifft und von bestimmten Managern dort und von bestimmten Leuten, die dort noch Manager werden sollen – und die möglicherwei­se, wie schon so vieles in diesem Land, aus dem Kabinett des Finanzministers kom­men. (Beifall bei den Grünen.)

20.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

 


20.14.31

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Anlässlich der Jubiläumsgabe für das Burgenland möchte ich ein paar Gedanken ansprechen. Der erste ist diese phantasti­sche Entwicklung, die das Burgenland genommen hat, obwohl es damals bei der Grün­dung des Bundeslandes alles andere als leicht war, als etwa das Burgenland seine natürliche Hauptstadt Ödenburg verloren hat und das Land trotzdem diese schwierige Situation überwunden hat. Und ich glaube, das Entscheidende dabei war dieser Wille zur Gemeinsamkeit.

Ich spreche das – als Nichtburgenländer, der aber mit den Verhältnissen sehr gut ver­traut ist – deshalb an, weil ich ein bisschen den Eindruck habe, dass in den letzten Jahren etwas von diesem Gemeinschaftsgefühl verlorengeht. Ich bitte, das jetzt nicht falsch zu verstehen. Ich spreche das bewusst auch zu dieser Stunde aus, nicht um Schuld zu verteilen, zu sagen, wer da jetzt schuld ist oder sonst etwas, aber ich glau­be, dass war wirklich etwas Einmaliges, und man sollte überlegen, was man tun kann oder tun muss, um das auch für die Zukunft zu projizieren. Wir laufen Gefahr, dass man dabei sonst verliert.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 231

Der zweite Punkt ist der, dass ich gerade in den letzten Tagen angesichts der Diskus­sion über die Kärntner Minderheiten- und Ortstafelfrage vollkommen der Überzeugung bin, dass es ungeheuer wichtig ist, in einer derartigen Situation all das Gemeinsame zu betonen und nicht das Trennende zu stärken. Und ich frage mich wirklich, ob das von allen Seiten, von allen Betroffenen auch im entsprechenden Ausmaß geschehen ist. Es ist ungeheuer sensibel, und ich glaube, wir sollten uns in einer derartigen Situation, wo wir ein Erfolgsmodell haben und auf der anderen Seite vor dem Scheitern einer Lösung stehen, auch überlegen, wie wir das in Zukunft anpacken. – Eine der letzten Gelegen­heiten, um einer Minderheit zu ihrem Recht zu verhelfen und gleichzeitig den Frieden im Land zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitli­chen – BZÖ.)

20.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Trunk.

 


20.16.56

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke vor allem der Kollegin Kathi Pfeffer, dass sie mir den Vortritt gelassen hat, und ich sage es mit ihrer Stimme und im Namen der SPÖ-Fraktion, dass wir natürlich der Jubiläumsspende an das Land Burgenland sehr gerne zustimmen. Kathi Pfeffer hat mir deshalb den Vortritt gelassen, damit ich heute wahrscheinlich das letzte Mal – denn die Anfrage hat der Bundeskanzler nicht beantwortet – folgende Frage stellen kann, zumindest an den zuständigen Staatssekretär:

Herr Kollege Bucher, Sie haben es angesprochen: Wir haben, exakt am 7. Dezember des Vorjahres, hier den gemeinsamen Beschluss betreffend Jubiläumsspende für das Land Kärnten gefasst. – Die betroffenen Gemeinden, die Abstimmungsgemeinden in Kärnten haben bis heute keinen einzigen Cent gesehen!

Meine Frage ist nun: Liegt es am Bund? Wurden diese Mittel nicht überwiesen? Oder wurden diese Mittel überwiesen? – Dann müsste das Kollege Bucher wissen, dann liegen sie beim Finanzreferenten, auch Landeshauptmann.

Ich wünsche den Burgenländern und Burgenländerinnen, dass die Überweisung dieser 2 Millionen € nicht länger braucht als im Fall Kärnten, denn wir haben jetzt bald wieder Oktober und bald wieder ein Jubiläum.

Zur so genannten Trägerrakete des Kollegen Kogler ist zu sagen: Ich rede dem Prinzip Hoffnung, einem neu zusammengesetzten Nationalrat und einer neu zusammenge­setzten Bundesregierung das Wort – in der Hoffnung, dass dann die Glücksspielkon­zern-Lobbyisten Widerstand finden hier im Hohen Hause und auf den Regierungsbän­ken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall und Bravoruf des Abg. Mag. Kogler. – Abg. Mag. Kogler: Wahrscheinlich machen sie mit dem auch schon BZÖ-Werbung!)

20.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch.

 


20.18.39

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Burgenländerin möchte auch ich mich sowohl bei unserem Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel als auch bei der Bundesre­gierung für diese Jubiläumsgabe anlässlich 85 Jahre Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich recht herzlich bedanken.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 232

Ich weiß, die Budgets sind überall knapp, überall muss gespart werden. Umso mehr wissen wir Burgenländerinnen und Burgenländer diese Großzügigkeit der Bundesre­gierung zu schätzen. Wir haben eigentlich immer genau gewusst, welcher Vorteil es war, zu Österreich zu gehören, denn wir hatten die Alternative in Form des Eisernen Vorhanges immer vor Augen, und wir waren sehr froh darüber, dass unsere Vorfahren den österreichischen Weg gegangen sind.

Ich darf Ihnen auch versichern, dass wir diese Jubiläumsgabe sehr sorgfältig einsetzen werden. Mein Kollege Glaser hat es schon vorweggenommen: Wir wollen diese Mittel vor allem im Bildungsbereich einsetzen, um jungen Menschen den Einstieg ins Be­rufsleben zu erleichtern, denn in manchen Teilen unseres Landes ist es ein äußerst schwieriges Unterfangen, eine Lehrstelle oder einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Diese Morgengabe der Bundesregierung ist umso willkommener, weil bei uns im Bur­genland an allen Ecken und Enden gespart werden muss. An den Schulden, die die Bank Burgenland angerichtet hat, werden wir noch sehr lange zurückzahlen.

Es tut mir wirklich Leid, liebe Katharina Pfeffer, dass niemand der burgenländischen SPÖ-Abgeordneten zu dieser Jubiläumsgabe gesprochen hat. (Abg. Mag. Trunk: Nicht täuschen!) – Wieso nicht täuschen? Kommt sie jetzt? – Gott sei Dank. Ich habe schon befürchtet, du, Kollegin Pfeffer, sprichst nicht dazu, weil du nicht auf der Liste stehst. (Beifall bei der ÖVP sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

20.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich von der Regie­rungsbank aus Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


20.20.55

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Frau Abgeordnete Trunk hat die Frage an mich gestellt, ob wir den Jubiläumszuschuss an Kärnten überwiesen haben. – Wir haben kurz nach dem Beschluss selbstverständ­lich überwiesen, wie es vorgesehen ist; wir haben aber noch keine Abrechnung von Kärnten erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

20.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

 


20.21.00

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine burgenländischen Kolleginnen und Kollegen haben es schon erwähnt: Am 25. Jänner 1921 wurde mein Bundesland als selbständi­ges und gleichberechtigtes Land in die Bundesverfassung aufgenommen. Die erste Landtagswahl fand am 18. Juni 1921 statt.

Inzwischen, meine Damen und Herren, ist viel passiert – politisch wie auch wirtschaft­lich –, und wir können dieses Jubiläum mit berechtigtem Stolz feiern. Das Burgenland, lange Zeit belächelt, hat sich bestens entwickelt. Aus dem ehemaligen Armenhaus Österreichs wurde ein international anerkannter Wirtschaftsstandort. Natürlich ist das mit Unterstützung der Ziel-1-Förderung geschehen, aber wir haben sie gut genützt; der Erfolg spricht für sich.

Das Bundesland, meine Damen und Herren, mit den meisten Sonnenstunden im Jahr, mit dem milden, pannonischen Klima sorgt dafür, dass der Seewinkel zum größten Ge­müsegarten Österreichs wurde. Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel mit sei­nen Seen und Lacken ist ein beliebter Anziehungspunkt für viele Besucher und Gäste


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 233

geworden, und auch der gute Wein und die kulinarischen Genüsse tragen das ihre dazu bei. Unser Kunst- und Kulturprogramm kann sich sehen lassen.

Die Zeit reicht nicht, ich kann jetzt nicht alles aufzählen. Unsere Menschen, meine Damen und Herren, sind bekannt für ihre Freundlichkeit und Offenherzigkeit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, das ist wahr!)

Unsere Volksgruppen haben kein Problem im Umgang miteinander: egal, ob Deutsch, Kroatisch, Ungarisch oder Romani an Muttersprache. (Beifall der Abg. Mag. Trunk.) Wir sind alle Burgenländerinnen und Burgenländer, und wir fühlen uns als solche. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Lentsch: Das musst du der Stoisits sagen, Katharina!)

Ich stehe natürlich nicht an, meine Damen und Herren, mich im Namen meiner Lands­leute für die Jubiläumsgabe in der Höhe von 2 Millionen € herzlichst zu bedanken. Die­ser Betrag wird sicher im Sinne unserer Bevölkerung und für die Bevölkerung unseres Bundeslandes Burgenland verwendet werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neu­deck.

 


20.23.41

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Dass ich so viel lieber Frau Kollegin Pfeffer höre als Frau Kollegin Trunk – ich weiß nicht, woran’s liegt! (Heiterkeit der Abg. Lentsch.) Im Burgenland funktioniert der Fremdenverkehr so gut, weil ihr einen Kärntner Fremdenverkehrsdirektor habt, nämlich den Gerhard Gucher, und ich glaube, er hat die Rede geschrieben. (Beifall bei Abge­ordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Zum Ernst dieses Tagesordnungspunktes: Es geht jetzt nicht um die Gabe an Kärnten, sondern darum, dass Kollege Maier mit seiner Anregung da natürlich durchaus sehr zum Nachdenken angeregt hat, was, wie ich meine, auch gedacht war. Gerade dort, wo wir im Glücksspielgesetz etwas tun können, ist das unbedingt notwendig. Ich gebe Kollegem Maier ganz Recht und denke, dass man dort, wie beim Schweizer Vorbild, das er aufgezeigt hat, eher im Bankwesengesetz, bei den Kreditkarten und bei der Telekom etwas tun muss.

Für mich war Folgendes interessant – und da beziehe ich mich auf Kollegen Kogler –, der gesagt hat: Gestern konnte man das Haus nicht verlassen, weil die Lobbyisten in allen Türen gesteckt sind.

Meiner Auffassung nach ist es schon bedenklich, dass, wenn man in diesem Monopol reglementierend eingreifen möchte, was unbedingt notwendig wäre, dann plötzlich die Zeitungen von Unwahrheiten, Halbwahrheiten voll sind und Gerüchte gestreut werden. So auf Knopfdruck habe ich das überhaupt noch nie erlebt! Es muss da eine Macht da­hinter sein, und man muss wirklich einmal nachdenken, ob das in einer Demokratie dieser Form noch verträglich ist.

Es wird da einiges aufzuarbeiten sein, und ich hoffe, dass das im Konsens geht, wie es ja auch bei Basel II geschehen ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 234

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus An­lass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich, samt Titel und Eingang in 1555 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1589 der Beila­gen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1590 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 207.)

20.27.2024. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1556 d.B.): Bundes­gesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD VII) (1591 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1557 d.B.): Bundes­gesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwick­lungsfonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI) (1592 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1494 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1593 d.B.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 235

27. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1507 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Bolivarischen Republik Venezue­la zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerum­gehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Protokoll (1594 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1540 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1595 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1566 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1596 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 24 bis 29 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erster Debattenredner ist jetzt aber wirklich Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


20.28.37

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Von den vorliegenden Materien möchte ich mich mit zwei Punkten be­schäftigen, die mit der Entwicklungszusammenarbeit zu tun haben, und zwar geht es konkret um die Auffüllung von zwei Fonds, an denen Österreich sich beteiligt und wo Österreich wichtige Beiträge leistet.

Es ist dies zum einen der Internationale Fonds für Landwirtschaft und Entwicklung, wo Österreich einen Anteil von 8,8 Millionen € einbringt; dies ist eine Wiederauffüllung be­reits zum siebenten Male, wobei zu diesem Fonds zu sagen ist, dass hier wirklich sehr konkrete landwirtschaftliche Projekte gefördert werden. Da geht es zum Beispiel um Saatgutankauf, da geht es um den Bau von landwirtschaftlichen Zufahrtsstraßen, um Kooperationen und auch um Vermarktungsmethoden. Ich denke, dass das eine sehr wichtige Sache ist. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine spezi­elle Homepage dieses Fonds sehr konkret über die einzelnen Projekte des Fonds Aus­kunft gibt.

Zweitens geht es um eine Dotierung von zwei Entschuldungsinitiativen: zum einen der Internationalen Entwicklungsorganisation, wo wir in den Jahren 2006 bis 2016 einen Betrag von 41,1 Millionen € einbringen, und zum anderen des Afrikanischen Entwick­lungsfonds, wo wir im gleichen Zeitraum 15,5 Millionen € einbringen. Das sind insge­samt etwas über 56 Millionen €, die in den nächsten zehn Jahren seitens Österreichs hier eingebracht werden.

Natürlich ist der Beitrag Österreichs seiner Größe und seiner Wirtschaftskraft entspre­chend. Ich denke aber doch, dass man auch aus diesen Summen ersieht, dass hier im internationalen Gleichklang sehr große Anstrengungen im Bereich der Entwicklungszu­sammenarbeit unternommen werden. Ich gestehe sicherlich auch zu, dass die Errei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 236

chung der Millenniumsziele damit allein sicherlich noch nicht möglich sein wird, son­dern dass es noch zusätzlicher und größerer Anstrengungen bedarf, wobei ich aber schon erinnern möchte, dass sich Österreich dazu bekennt, dass wir den Anteil, den Österreich für die Entwicklungsarbeit zur Verfügung stellt, bis zum Jahr 2010 auf 0,5 Prozent beziehungsweise bis zum Jahr 2015 auf 0,7 Prozent erhöhen wollen. (Abg. Mag. Kogler: Wollen!)Werden, so hoffe ich! Das werden wir gemeinsam hier be­schließen – das ist die Zukunft.

Ich möchte aber schon auch erwähnen, dass im Jahr 2005 bereits einmal der Wert von 0,5 Prozent überschritten wurde, was allerdings durch ganz spezielle Entschuldungs­maßnahmen für den Irak und Nigeria zustande gekommen ist. Das muss sicherlich nicht als Messlatte genommen werden, sondern es geht darum, dass wir wirklich konti­nuierlich und konsequent diesen Wert von 0,5 und 0,7 Prozent anstreben. Nur so wird es möglich sein – und das müssen dann natürlich alle industrialisierten Länder zustan­de bringen –, dass wir Krankheit und Hunger besiegen, dass wir Gleichberechtigung erreichen und dass wir insgesamt auch für die Bildung entsprechende Mittel zur Verfü­gung stellen. Jedenfalls glaube ich, dass wir hier einen guten und wichtigen Beitrag leisten. Wir werden uns aber sicherlich in der Zukunft noch zusätzlich anstrengen müs­sen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


20.32.26

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verschuldung vor allem in den Staaten des südlichen Afrikas ist das größte Hindernis, um die Millennium Development Goals der UNO zu erreichen und um Armut zu bekämpfen. In den meisten afrikanischen Staaten übersteigt der Schuldendienst die Ausgaben, die sie für soziale Infrastruktur, Bildung, Gesundheit und Sonstiges tätigen können.

Ich möchte ein Beispiel nennen: Sambia – eines der Länder mit der höchsten HIV/Aids-Rate auf dieser Welt – gibt für jeden Dollar, das es in sein Gesundheitswesen steckt, gleichzeitig zwei Dollar für Schuldendienst aus.

Die afrikanischen Staaten alleine zahlen jährlich 15 Milliarden US-Dollar an den Nor­den. Das heißt: Entschuldung ist ein sehr wichtiges Mittel, wie auch mein Vorredner schon ausgeführt habt, um andere, zusätzliche Gelder freizusetzen und in soziale In­frastruktur investieren zu können.

Die Wiederauffüllung der Mittel für IDA und für den Afrikanischen Entwicklungsfonds sind zweifelsfrei sinnvoll. Zur Absicherung der sofortigen, der vollständigen und der un­widerruflichen Entschuldung im Rahmen der multilateralen Entschuldungsinitiativen sollten diese Zusagen auch wirklich für den gesamten Zeitraum der Periode gewährt werden.

Österreich soll sich darüber hinaus auch auf internationaler Ebene für einen weiter ge­henden Schuldenerlass einsetzen, vor allem in den Ländern, wo die Erreichung der Millennium Development Goals gefährdet ist. Ich möchte auch betonen, dass das zum Beispiel auch multilaterale Entschuldungsmaßnahmen der Inter-Amerikanischen Ent­wicklungsbank betrifft.

Um einen wirklich effizienten Beitrag zu den MDGs zu leisten, wäre es mehr als not­wendig und ist es wichtig, dass Österreich einen konkreten und verbindlichen Stufen­plan zur Erhöhung der offiziellen Entwicklungshilfezahlungen in Richtung 0,7 Prozent


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 237

im Jahr 2015 erstellt und dass da Entschuldungszahlungen nicht eingerechnet werden. Das würde auch dem Geist und den Beschlüssen von Monterrey entsprechen.

Ich möchte – sehr unverdächtig – eine OECD-Zahl zitieren: Vom Jahr 2004 auf 2005 sind die Entschuldungen in einem Ausmaß von 400 Prozent gestiegen. Das ist fein und gut. Aber die Steigerung von wirklichem „fresh money“, von Geld, mit dem man ge­staltbar Entwicklungszusammenarbeit machen kann, betrug nur gut 8 Prozent. – So viel dazu. Wir werden den Auffüllungen jedenfalls zustimmen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu den Doppelbesteuerungsabkommen sagen, von deren ja auch einige unter diesen Tagesordnungspunkten mitdiskutiert werden. Wir wünschen uns da eine ähnlich seriöse Diskussion, wie sie schon bei dem Investitions­schutzabkommen begonnen worden ist. Es geht uns politisch darum, zu verhindern, dass Österreich auf fiskalischer Ebene wie auch immer benachteiligt wird und dass es noch zu weiteren negativen, tertiären Effekten kommen könnte. Wir werden auf jeden Fall diesen fünf Vorlagen zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

20.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bu­cher. – Bitte.

 


20.35.52

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Es wurden von meinem Vorredner schon sehr viele Punkte erwähnt, was die Auf­füllung dieser beiden Fonds betrifft. Wir sind natürlich ganz Ihrer Meinung und begrü­ßen diese Maßnahme, weil wir auch davon überzeugt sind, dass wir für die Entwick­lungsländer der Welt als eines der reichsten Länder etwas übrig haben sollten.

Daher unterstützen wir das und sind glücklich darüber, dass die Mittel auch zur Verfü­gung gestellt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


20.36.43

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Bei den vielen Vorlagen, die hier unter einem verhandelt werden, möchte ich Folgendes anmerken: Was Saudi-Arabien betrifft, handelt es sich ausdrücklich um ein Doppelbe­steuerungsabkommen. Wir haben uns auch angeschaut, wie sich das in den verschie­denen Richtungen auswirkt, so wie sonst auch, weil das nach den entsprechenden Grundmustern gemacht wurde. Wäre es ein Investitionsschutzabkommen, hätten wir uns das genauer überlegen und anschauen müssen, weil Saudi-Arabien nicht so ohne weiters da durchrutschen kann. Es ist aber gemacht worden.

Ich will nur mehr zu einer Vorlage Stellung nehmen, die die Wiederauffüllung der Inter­nationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungsfonds betrifft. Herr Kollege Glaser! Die Hoffnung, dass Österreich diesen Zeitplan einhält, den Sie genannt haben, ist eine Sache. Diese darf schon bezweifelt werden. Aber dass wir eigentlich mit unserem Anteil an Entwicklungshilfe woanders stehen müssten und – wie wir sagen – sollten, ist Ihnen hoffentlich auch bekannt.

Ich bin schon gespannt, ob diese Arbeitsteilung in Ihrer Fraktion einmal aufhört oder es zu irgendetwas Gemeinsamem kommt. Ich schätze Sie sehr. Wir haben in anderen Zusammenhängen auch schon verhandelt, etwa im Bereich der Tobin-Tax und artver­wandter Transaktionssteuern – alleine! Andere Teile der ÖVP, jedenfalls aber jene, die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 238

auf der Regierungsbank Platz nehmen, haben vielleicht gerade noch ein bisschen et­was von dem verbalen Bekenntnis, aber die Handlungen fehlen entweder oder gehen gar in eine andere Richtung. Im Fall der Entwicklungshilfe und der österreichischen An­teile – das hat jetzt schon gar nicht mehr so sehr mit dem Punkt zu tun – sind wir sträf­lich und schändlich hinten. Vergleichen Sie das mit anderen europäischen Ländern oder überhaupt mit den OECD-Daten! Der Herr Finanzminister – wir erinnern uns an die letzten Regierungsverhandlungen – steht so sehr auf der Bremse, dass es raucht und quietscht, sodass Sie Ihr Ziel schon bald wieder nicht mehr sehen können, weil so viel Nebel entstanden ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, Platz zu nehmen!

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirt­schaftliche Entwicklung samt Titel und Eingang in 1556 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Multilaterale Ent­schuldungsinitiative samt Titel und Eingang in 1557 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen, in 1494 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Bolivarischen Re­publik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll, in 1507 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 239

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, in 1540 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Tschechi­schen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, in 1566 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

20.41.5230. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 845/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Johann Maier, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächti­gungsgesetz) erlassen wird (1611 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit gelangen wir zum 30. Punkt der Ta­gesordnung.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


20.42.18

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Haf­tungsübernahme des Bundes ist eine zwingende Voraussetzung dafür, dass die Be­werbung überhaupt wirksam eingebracht werden kann und Österreich beziehungs­weise Salzburg im Entscheidungsprozess antreten kann, wenn man so will. Wir haben schon in der Debatte über die generelle Frage der Unterstützung gesagt, dass wir dies­mal, bei diesem Sport-Großereignis, die Unterstützung nicht mittragen. Ich möchte noch einmal erläutern, warum wir so vorgehen.

Zunächst sei festgehalten, dass die Grünen in den letzten Jahren nachdrücklich unter Beweis gestellt haben, dass es ihnen überhaupt nicht um die Frage geht, ob man Sportereignisse in dieser Größenordnung in Österreich durchführen kann. Wir haben die Fußball-Europameisterschaft unterstützt, wir haben die Rad-WM unterstützt.

Wir haben auch bei der Frage der Bewerbung Salzburg 2010 einen eigenen Antrag auf Unterstützung eingebracht, der allerdings – im Gegensatz zu dem Drei-Parteien-An­trag, der von SPÖ, ÖVP und damals FPÖ eingebracht wurde – besonderen Wert auf die Frage der Nachhaltigkeit, auf die Frage eines ökologischen Verkehrskonzepts und auf die Frage ökologischer Kriterien bei der Errichtung des Olympischen Dorfes gelegt hat. Damals – das ist uns auch eine Lehre gewesen – ist von diesem Unterstützungs­antrag relativ wenig an konkreten nachhaltigen Maßnahmen übrig geblieben.

Zum Verkehrskonzept als besonderer Maßnahme: Ein Dieselbusflottenkonzept hat nichts mit nachhaltiger Verkehrspolitik zu tun. Die Frage der wirklich auf Dauer ange­legten Verbesserung des Nahverkehrs in Salzburg ist damit einfach nicht zu lösen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 240

dass man für die Zeit der Olympiade Dieselbusse zur Verfügung stellt. Genau diese Chance ist schon damals nicht genützt worden und wird auch jetzt nicht wirklich ge­nützt werden.

Worauf ich aber besonders eingehen möchte, ist die Frage, was wir heute eigentlich diskutieren. Alle, die die sportlichen Ereignisse in Turin verfolgt haben, wissen ja, wel­chen Konflikt das Österreichische Olympische Comité im Moment mit dem internatio­nalen hat, und sie wissen auch, wie heftig die Auseinandersetzung rund um die Causa Walter Mayer geführt worden ist. Dabei wurde – um noch einmal daran zu erinnern – jemand, der vom Internationalen Olympischen Comité eine Sperre wegen Dopings hatte, vom Österreichischen Olympischen Comité, sagen wir es einmal so, in Turin zugelassen, wie immer das auch zustande gekommen ist.

Ein Jahr danach, 2007, soll die Vergabe für 2014 erfolgen. Ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass von Ihnen, die das hier mit Nachdruck vertreten, wirklich jemand glaubt, dass Österreich eine reelle Chance hat, diesen Zuschlag zu bekommen.

Jetzt kann man sagen, es wäre ja sinnvoll, sich trotzdem zu bewerben: Das ist viel­leicht für die Bewerbung gut, es gibt auch Werbemöglichkeiten, und Salzburg wird ins Gespräch gebracht. Das müssten wir dann schon diskutieren: Ist es für eine Stadt so günstig, zwei Mal hintereinander bei einem Bewerbungsprozess nicht genommen zu werden? – Dann sollten wir das aber zumindest einmal ehrlich und offen diskutieren.

Ich halte es nach dieser Situation, nach den Ereignissen von Turin, für absolut ausge­schlossen, dass eine Restchance besteht, dass Salzburg diesen Zuschlag bekommt. Insofern kann man sicher darüber reden, wie es mit weiteren Olympischen Spielen ausschaut. Diesmal ist es unserer Meinung nach ausgeschlossen. Das werden wir ja, wenn Sie den Antrag stellen und Salzburg drinnen bleibt, im Jahr 2007 beantwortet be­kommen, wer hier Recht hatte.

Sie werden sicher argumentieren, dass es bei der Befragung eine Unterstützung der Bevölkerung in Salzburg gegeben hat. Zur Erinnerung: Damals hat sich die Stadt Salz­burg dagegen ausgesprochen, das Land Salzburg dafür; in Summe gab es eine Mehr­heit, die allerdings relativ dünn war.

Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass sich das Internationale Comité sehr genau anschaut, wie die Stimmung zu der Bewerbung ist. Es hat auch eine Befragung des IOC selbst gegeben, soweit ich informiert bin. Laut der IOC-Erhebung ist die Unter­stützung in Salzburg sogar zurückgegangen, sie liegt jetzt unter 50 Prozent. In den Konkurrenz-Austragungsorten ist das beste Ergebnis, glaube ich, in Pyeongchang bei 96 Prozent gewesen. Wenn das IOC seine Kriterien selbst ernst nimmt, nämlich dass eine breite Unterstützung vorhanden sein muss, um den Zuschlag zu erteilen, ist dies neben der Frage Turin ja wohl ein weiterer Grund dafür, dass das, was hier betrieben wird, eigentlich nicht wirklich aussichtsreich ist.

Abschließend: Wir sind jederzeit bereit, über ökologisch vernünftig dimensionierte, gut durchdachte und vor allem mit Chancen ausgestattete Sport-Großprojekte zu diskutie­ren und sie mitzutragen. In diesem Fall, bei der Olympia-Bewerbung Salzburg 2014, sehen wir das nicht. (Beifall bei den Grünen.)

20.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haub­ner. – Bitte.

 


20.47.09

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Dieter Brosz, ich glaube, das war jetzt ein bisschen Slalom


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 241

fahren. Ich habe nicht festgestellt, dass du ganz dagegen bist, und ich glaube, als Sportsprecher kannst du ja nicht wirklich gegen Olympische Spiele in Österreich sein. Ich denke, dass man mit Optimismus an so eine Sache herangehen muss und nicht vorher schon jammert, weil irgendein kleines Problem auftaucht. (Beifall bei der ÖVP.)

Man sollte mit Optimismus in diese Bewerbung gehen, und ich glaube, ich kann hier Hans Peter Steinacher zitieren, der gesagt hat: „Für die Olympischen Spiele müssen alle an einem Strang ziehen. Denn von Olympia profitiert nicht nur eine einzelne Re­gion, sondern ganz Österreich.“ Ich glaube, darum geht es, meine Damen und Herren: Wir wollen diese Spiele in Österreich haben! Wir wollen einen Impuls für ganz Öster­reich sowohl im Sport als auch in der Wirtschaft, im Tourismus, und ich denke, dass wir mit dieser Bewerbung auf dem richtigen Weg sind.

Annemarie Moser-Pröll hat auch gesagt: „Jeder Olympia-Veranstalter wird und bleibt dauerhaft weltweit bekannt.“ Das ist ja auch Nachhaltigkeit, und es geht um Nachhal­tigkeit nicht nur im Verkehr, sondern es geht um Nachhaltigkeit in verschiedenen Berei­chen. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Beitrag dazu, dass wir Österreich als Sport­land weiter positionieren.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, mit diesem heutigen Beschluss runden wir ein gesamtes Paket ab. Bereits im Vorjahr haben der Bund, die Stadt und das Land eine Vereinbarung zur Unterstützung geschlossen, es gibt einen Ministerratsbeschluss, und heute entsteht mit diesem Beschluss im Parlament ein Dreiklang, der unsere Bewer­bung international sehr stärken wird.

Kurz und bündig bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Markus Fauland, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 845/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Johann Maier, Mag. Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winterspie­le 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird, in der Fassung des Aus­schussberichtes (1611 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Der Titel des Gesetzentwurfes hat wie folgt zu lauten:

„Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird

2. Die Wortfolge vor § 1 „Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durch­führung für die Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird.“ entfällt.

*****

Im Sinne von Olympia, von Salzburg und von Österreich ersuche ich um Unterstüt­zung. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.49



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 242

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Haubner, Fauland, Maier ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


20.49.51

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, Olympia 2014 ist eine große Chance für Salzburg, eine große Chance für Österreich. Daher bekennen wir Sozialdemokraten uns zu dieser Bewerbung und damit auch zu diesem Olympia-Er­mächtigungsgesetz. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

Wir erwarten uns nicht nur, dass wir, falls wir die Bewerbung erfolgreich bestehen, sportliche Erfolge erreichen werden, sondern dass darüber hinaus für die Entwicklung unseres Bundeslandes Akzente in der Infrastruktur gesetzt werden. Wir haben gegen­über Sotschi und Pyeongchang den Vorteil, dass wir keine Sportstätten bauen müssen. Die Sportstätten sind vorhanden, wir partizipieren an den Sportstätten in Deutschland und Amadé. Daher sind diese Spiele, daher ist unsere Idee auch mit der Nachhaltigkeit verbunden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird nicht leicht werden. Nur zu Ihrer Information: Sotschi verfügt über ein Budget von 30 bis 70 Millionen € allein für die Bewerbung! Wir verfügen über 7,1 Millionen € (Abg. Brosz: Und über Walter Mayer!), Pyeongchang offiziell über 25 bis 30 Millionen €.

Wir müssen daher überzeugen, und ich glaube, Kollege Brosz, dass wir das IOC da­durch überzeugen können, dass wir eine glaubwürdige Bewerbung abgeben, die sich insbesondere auch auf den Dopingbereich bezieht. Wir haben, alle vier Fraktionen in diesem Haus, das Anti-Doping-Bundesgesetz beschlossen. Ich glaube, das war ein Signal, einerseits an die Sportöffentlichkeit, andererseits allerdings auch an die IOC-Delegierten.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Salzburg ist ein Sportland, eine Sportstadt. Wir haben heuer im September die Weltmeisterschaften im Radfah­ren. Ich darf Sie namens meiner Kollegen einladen, von 19. bis 24. September die Weltmeisterschaften im Radfahren in Salzburg zu besuchen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fau­land. – Bitte.

 


20.52.28

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann dieser Grünma­lerei einfach nicht beipflichten. Am Beginn einer Bewerbung zu stehen und hier, indem man Negativ-Esprit verspritzt, schon zu behaupten, dass alles verloren ist, das ist für mich der falsche Ansatz, vor allem wenn es um ein Ereignis geht, das sich nicht nur über Salzburg, sondern über ganz Österreich drüberstülpt. Man soll nie vergessen, dass wir in Österreich seit über 30 Jahren keine Olympischen Spiele mehr gehabt ha­ben und dass das eine Chance ist, vor allem eine Chance dafür, das Wintersportland Österreich wieder einmal international darzustellen als das, was es ist, nämlich als eines der besten Länder in diesem Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 243

Die Bewerbung von Salzburg – man wird sehen, wie die Entscheidung ausfallen wird – bietet aber auch zusätzliche Chancen und Möglichkeiten für mein Bundesland. Kollege Maier hat es angesprochen, dass nicht viel gebaut werden muss. Aber ich möchte schon erwähnen, dass wir gerade im Bereich des Eishockeys und des Eissportes in Salzburg ein paar Bauwerke errichten werden und dass damit die Olympia-Bewerbung, wenn wir den Zuschlag bekommen, über die notwendigen Baumaßnahmen auch einen Impuls darstellen wird, und zwar nicht nur einen Impuls für die Bauwirtschaft, sondern auch einen Impuls für unsere Jugend, die dann in einer sehr, sehr guten Eishalle ihren Sport betreiben kann, sodass das Ganze auch in einer zusätzlichen Motivation für die jungen Menschen in Salzburg enden wird.

Deswegen fordere ich alle auf, die Stellungnahme vielleicht noch einmal zu überden­ken, denn eine breite Unterstützung würde auch nach außen hin und international das Signal geben, dass wir wirklich wollen, dass Salzburg aus dieser Bewerbung als Ge­winner hervorgeht, und wir sollten nicht schon im Vorfeld mit dem „Ich habe es eh schon gewusst“ die Sache krankreden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

20.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


20.54.41

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! (Der Redner hält eine Fotographie in die Höhe.) So zielsicher, wie der Herr Bundes­kanzler diesen Ball führt, so zielsicher gehen wir in die Olympia-Bewerbung, und so zielsicher nehmen wir auch die Haftungserklärung des Bundes an. (Abg. Brosz: Jetzt ist es überhaupt vorbei mit der Bewerbung!) Dafür bedanken wir uns bei drei Parteien in diesem Hohen Haus.

Wir sind keine Sportmuffel, Herr Kollege Brosz, sondern wir gehen ohne Lamentieren, mit Hoffnung und auch mit entsprechender Kraft hinein. (Abg. Brosz: Das ist aber eine Winterolympiade, falls das nicht ganz ...!) Ja, ich sage nur, der Sport regiert, und er wird auch 2014 in Österreich regieren. Wir wissen ja, dass wir vielleicht schon heuer die Olympiade gehabt hätten – bei besten Bedingungen. Wenn wir sie gehabt hätten, dann hätten wir unsere Republik und unser Land vielleicht auch, was die Wertschöp­fung betrifft, um einiges weitergebracht.

Ein wenig sehe ich schon auch einen Anachronismus bei den Oppositionsparteien. Wenn man bedenkt, dass wir gegenüber dem IOC dazu verpflichtet sind, entspre­chende Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen, ist es so, dass wir auch den Luftraum entsprechend sichern müssen. Den Luftraum müssen wir entsprechend sichern, und Kollege Schaden, der Bürgermeister von Salzburg, war der Einzige, der gesagt hat (Abg. Mag. Kogler: Nomen est omen: Schaden!): Ich bin ein Kind des Staatsvertrages, ich stehe zur Neutralität. Wenn es Neutralität heißt, dann heißt es auch Bundesheer. Und Bundesheer kann sich nicht nur am Boden abspielen, sondern es muss sich auch im Luftraum abspielen.

Ein Bekenner übrigens auch zur Luftraumüberwachung – wichtig für unsere Olympia­de –, und interessanterweise auch eine Persönlichkeit, die für diese vorderen Plätze hier (der Redner weist in Richtung SPÖ) gehandelt wird! Also ein Politiker, der durch­aus auch Mut hat, gemeinsam mit den Bürgermeisterkollegen von Innergebirg im Lan­de Salzburg, die gemeinsam mit den Seilbahnunternehmungen vorerst 1,5 Millionen € für die Bewerbung aufnehmen. (Abg. Mag. Kogler: Wieso können morgen die Rolling Stones spielen, und es sind keine Eurofighter am Himmel? Erklären Sie mir das!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 244

Ich glaube, dieser Schritt ist für uns wichtig, er ist gut für unser Land und vor allen Din­gen auch gut für die Republik Österreich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krai­ner. – Bitte.

 


20.56.56

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich denke, mit der Ausrichtung von Olympischen Spielen betraut zu werden, ist für jedes Land eine große Ehre. Es sollte eine Selbstverständ­lichkeit sein, dass auch der Bund seinen finanziellen Beitrag dazu leistet.

Trotzdem müssen Großereignisse wie Olympische Spiele aus Umweltsicht auch sehr kritisch betrachtet werden. Im Allgemeinen geht es einfach darum, die negativen Aus­wirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten und nachhaltig zu agieren, das heißt wirtschaftlich vernünftig und mit Nachnutzungskonzepten zu arbeiten. Es geht um die Frage, wie die Infrastruktur sozial vernünftig erstellt wird, und um die Frage von Umverteilungen: Geht es nur in die Schiene? Geht es in die Straße? Was hat das für Auswirkungen?

Es betrifft auch allgemeine ökologische Aspekte: Was für Baumaterialien werden ein­gesetzt? Was gibt es für Verkehrskonzepte und dergleichen? – Im Detail heißt das, ein ganz wesentlicher Punkt ist das Verkehrskonzept, und wichtige Fragen beziehen sich auf das Infrastrukturkonzept, das Abfallmanagement et cetera.

Einige dieser Konzepte sind noch nicht fertig ausgearbeitet, ja sogar der Großteil ist noch nicht fertig ausgearbeitet. Ich sehe das aber nicht so negativ wie die Grünen. Es ist nicht so, dass das Verkehrskonzept ausschließlich auf Dieselbussen basiert, son­dern es geht genauso in Richtung Ennstal-Bahnausbauten, es gibt die neue Schnell­bahn, es besteht die Überlegung, die Stadtbahn in der Stadt selbst zu bauen. Dort gibt es also eine Reihe von durchaus positiven Ansätzen.

Es geht auch um die Frage, nachwachsende Rohstoffe wie vor allem Holz einzusetzen. Bei den Infrastrukturbauten, in den Fragen der Wiederverwendbarkeit und der Wieder­verwertbarkeit sehe ich gute Ansätze.

Ich würde die Grünen einladen, daran mitzuarbeiten, um diese Projekte vielleicht noch zu verbessern, und zwar auch aus ökologischer Sicht. Und ich würde sagen, wir sollten alle gemeinsam diese Spiele gut vorbereiten, auch aus Umweltsicht, und sollten uns auf umweltfreundliche Spiele 2014 in Salzburg freuen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


20.59.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stimmen selbstverständlich für diese Übernahme der Haftung durch den Bund für die Olympia-Bewerbung 2014.

Ich bedauere außerordentlich die Einstellung der Grünen. Ich bedauere sie deswegen, weil ich denke, dass es wirklich ein gutes Signal wäre, das von diesem Hause ausgin­ge, wenn wir hier einen einstimmigen Beschluss fassen könnten. Noch dazu – Kollege Maier hat es erwähnt – sind die Sportstätten vorhanden, es wird also nicht so sein wie beispielsweise in Athen, wo heute Hallen leer stehen und man nicht weiß, was man im Endeffekt damit machen soll.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 245

Es wird meines Erachtens gut daran gearbeitet, vernünftige, nachhaltige Konzepte um­zusetzen. Wichtig ist sicherlich die Stimmung in der Bevölkerung. Wenn auf die Ab­stimmung Bezug genommen wird, die schon stattgefunden hat, ist dazu zu sagen, dass natürlich auch noch Informationsarbeit geleistet werden muss. Diese Befragung der Bevölkerung fand ja zur letzten Olympiade statt. Da hat es offensichtlich nicht so gut funktioniert, aber ich sehe dem sehr positiv entgegen. Wichtig ist also eine positive Grundeinstellung, die man dazu haben sollte. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zuletzt möchte ich noch auf die wirtschaftlichen Aspekte und auf die positiven Auswir­kungen im Bereich des Tourismus hinweisen. Ich bin überzeugt davon, dass man das – da ja auch die Stadt Salzburg, das Land Salzburg und Österreich insgesamt pro­fitieren werden – mit entsprechendem Vorspann und mit entsprechendem Engagement positiv hinüberbringt und zu einem positiven Ergebnis im Zusammenhang mit dieser Bewerbung kommt, wenn man auch den Charme dieser – wie ich meine – sehr schö­nen Stadt nützt. (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ und der ÖVP.)

21.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhm. 2 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.01.31

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Für einen gebürtigen Salzburger ist es natürlich schön, an einem Tag wie heute im Hohen Haus über die Stadt Salzburg eine Entscheidung zu fällen, die letztendlich gerade für mich als Wirtschaftstreibenden bedeutungsvolle Auswirkungen für das nächste Jahrzehnt haben wird.

Für die Salzburger Wirtschaft bedeuten die Olympischen Spiele sehr viel. Bei den ers­ten Bewerbungen für 2006 und 2010 haben wir die Auswirkungen allein durch die mediale Präsenz bei der Bewerbung anhand der touristischen Zahlen mitverfolgen kön­nen.

Auch für 2014 wird diese Entwicklung weitergehen, und wir sind zumindest der positi­ven Hoffnung, dass wir den Zuschlag für 2014 bekommen, auch wenn wir wissen, dass es schwer werden wird. – Meine Vorredner haben das schon dementsprechend darge­stellt.

Schade ist nur, dass die Grünen bei dieser Geschichte nicht mitmachen. Schade auch deshalb, weil sie sich letzten Endes auf eine Meinungsumfrage mit nicht einmal 20 Pro­zent Beteiligung berufen und das für sie letztendlich der ausschlaggebende Grund war, da nicht mitzustimmen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schade im wahrsten Sinne des Wor­tes: Schaden!) Vielleicht überdenken Sie das noch. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gott sei Dank sind es nicht viele!)

Wir haben die Möglichkeit, Salzburg neu zu präsentieren und eine Olympiade zu ge­stalten, nicht nur was den Sport anbelangt, sondern auch mit dem, was Salzburg letzt­endlich seit Jahrzehnten auszeichnet, nämlich die Kultur in Verbindung mit Sport zu bringen. Sport und Kultur würden bei dieser Olympiade im Vordergrund stehen. Sport und Kultur ist wie Salzburg und Olympia oder Hermann Maier und die Kleine Nacht­musik.

Da ich in dieser Legislaturperiode meine letzte Rede halte und in der nächsten Legisla­turperiode nicht mehr dabei sein werde, bedanke ich mich recht herzlich beim Hohen Haus und verbeuge mich in tiefer Hochachtung vor Ihnen.

Ich habe einen Wunsch zum Abschluss: Es werden immer wieder auch an mich viele Beschwerden herangetragen – zumindest aus meinem Wahlkreis von den Salzburger


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 246

Wählerinnen und Wählern –, wonach das Bild des österreichischen Parlaments nach außen ein bisschen in eine Schieflage gerät.

Ich wünsche mir – und das ist auch der Wunsch von vielen Salzburgerinnen und Salz­burgern –, dass der Dialog zwischen allen Parteien wieder auf eine sachliche Ebene zurückfindet und dass der da und dort eingetretene parteiinterne Populismus wieder verschwindet. Ich wünsche mir, dass das langfristig Notwendige kurzfristig umgesetzt wird. Und ich wünsche Ihnen auf alle Fälle von Herzen alles Gute. (Allgemeiner Bei­fall.)

21.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.04.33

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur ganz kurz bestätigen, dass die sozialdemokratische Fraktion die Unterstützung für Salzburg in diesen Bemühungen gibt, die Olympischen Spiele 2014 abzuhalten, und natürlich dafür eintritt, dass die Republik Österreich beziehungsweise der Nationalrat entsprechende Haftungen dafür übernimmt.

In diesem Sinne hoffen wir, dass die Salzburger nächstes Jahr bei der endgültigen Qualifikation und Ausscheidung erfolgreich sind und wir die Olympiade wieder nach Österreich bringen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wimmer 2 Minu­ten. – Bitte.

 


21.05.00

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Haftungserklärung ist eine wichtige Vor­aussetzung für ein IOC-konformes Bewerbungsdokument. Sie ist eine bindende Vor­aussetzung bei der letzten, endgültigen Entscheidung, dabei sein zu dürfen. Wir wis­sen ja, dass der Vertrag zwischen dem Bund, dem Land Salzburg und der Stadt Salz­burg bereits 2005 unter Dach und Fach gebracht wurde.

So eine Großveranstaltung, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist ja nicht nur aus sportlicher Sicht von großer Bedeutung für unser Land. Gerade die Fußball-WM in Deutschland hat ja gezeigt, welch nachhaltiger wirtschaftlicher Nutzen von solchen großen Sportveranstaltungen ausgeht.

Es geht daher darum, alle Möglichkeiten zu nutzen, dieses Weltsportereignis 2014 nach Salzburg zu bringen und jetzt im Vorfeld alle notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Normalerweise sollte es eine gemeinsame Kraftanstrengung sein. Es tut mir Leid, dass die Grünen da nicht mitgehen können. Wir stehen mit großem Engagement zu diesem wichtigen Großereignis und werden daher dieses Gesetz unterstützen. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

21.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Auch er wünscht, 2 Minuten zu sprechen. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.06.40

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Keine Sorge, ich wechsle nicht das Genre. Ich werde nicht Sportler, obwohl ich zu diesem Ermächtigungsgesetz zur Olympiade spreche. (Abg. Jakob Auer: Fanklub-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 247

obmann!) – Fanklubobmann geht sich aus, Kollege Auer. Ich denke aber, es bietet mir die Gelegenheit, geschätzte Damen und Herren, die Anwendung des olympischen Ge­dankens ein wenig abzuwandeln: Nicht nur das Dabeisein sei alles, sondern das Mit­tun.

Dieses Mittun habe ich in diesem Haus seit 16 Jahren betreiben können, und diese 16 Jahre enden mit dieser Legislaturperiode. Ich möchte diesen Beschluss heute dazu benützen, mich von Ihnen zu verabschieden und mich auch zu bedanken.

Diese 16 Jahre haben mich auf der einen Seite als Regierungsabgeordneten gesehen, und auf der anderen Seite als Oppositionsabgeordneten. Das heißt, ich habe die bei­den ... (Abg. Neudeck: Was war dir lieber?) – Das kommt auf den Fall an, Kollege Neudeck. Manchmal habe ich mich als Oppositionsabgeordneter pudelwohl gefühlt, ich kann mich aber auch an Momente erinnern, in denen das Befinden als Regierungs­abgeordneter auch sehr angenehm war.

Diese Bandbreite hat es mir ermöglicht, in den letzten 16 Jahren dank des Vertrauens, das mir meine Fraktion entgegengebracht hat, die mich in Sprecherfunktionen und in das Klubpräsidium gewählt hat, auch mit vielen von Ihnen Kontakt zu haben, Verhand­lungen zu führen und den einen oder anderen in harten, aber zum überwiegenden Teil fairen Auseinandersetzungen und Diskussionen menschlich schätzen und achten zu lernen, und dafür darf ich Ihnen danken.

Ich bin stolz darauf, dass meine Fraktion es mir, dem kleinen Arbeiterbuben aus der Obersteiermark, ermöglicht hat, in solche Positionen zu kommen, das Gentechnikge­setz zu verhandeln und an allen möglichen anderen gesetzlichen Bestimmungen mit­wirken und mitgestalten zu dürfen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lipizzanergestüt!) – Auch über die Lipizzaner zu konferieren.

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich neben dem Dank vielleicht auch einen Wunsch anbringen und aussprechen: Ich denke, die Aufgabe von Abgeordneten in diesem Haus ist es nicht nur, an der Gesetzgebung mitzuwirken und Bestandteil des Klubs zu sein, sondern gleichzeitig auch die Balance zwischen der Tätigkeit im Wahl­kreis, den Menschen in den Wahlkreisen und der Gesetzgebung hier herzustellen, und dieser Balanceakt ist meiner Meinung nach durch keine Stricherllisten ausdrückbar. (Allgemeiner Beifall.)

Daher würde ich meinen, dass man in Zukunft vielleicht auf derartige Listen weniger Wert legt und Folgendes im Auge behält – und da komme ich wieder zum olympischen Gedanken zurück: Nicht nur das Dabeigewesensein, sondern das Mitgemachthaben – und mitgemacht haben zu dürfen – ist etwas Schönes, und dabei Menschen als Men­schen – trotz aller politischen und ideologischen Unterschiede – zu sehen, zu achten und das niemals zu vergessen.

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön, Ihnen alles Gute und ein herzliches Glückauf! (Anhaltender allgemeiner, stehend dargebrachter Beifall.)

21.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Gradwohl! Alle guten Wünsche von uns allen begleiten Sie, aber täuschen Sie sich nicht: Wir werden uns noch oft hier wieder sehen, bevor Sie endgültig in Pension gehen können. (Allgemeine Heiterkeit.) Alles Gute, und die Standing Ovations zeigen Ihnen, man hat Sie geschätzt! (Allgemeiner Beifall.)

*****

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 248

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz zur Er­mächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anläss­lich der Durchführung der Olympischen Winterspiele 2014 in 1611 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haubner, Fauland, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Haubner, Fauland, Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Mehrheit. Das ist daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

21.12.2731. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 60, 65, 66, 70, 72 bis 81, 83, 84, 86, 88, 89, 91 und 92 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 und 28 bis 31 (1612 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 31. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ihre Wunschredezeit beträgt 4 Mi­nuten. – Bitte.

 


21.13.11

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Ich kann es relativ kurz machen: Wir werden diesem Bericht nicht zustimmen – nicht weil er inhaltlich schlecht ist oder weil die MitarbeiterInnen des Par­laments nicht großartige Arbeit für diesen Bericht geleistet haben, sondern weil einfach der Umgang mit Petitionen in diesem Ausschuss nicht passt.

Ich meine, Petitionen sind dazu da, dass Bürgerinnen und Bürger wirklich die Dinge, die Ihnen wichtig sind, hier im Parlament einbringen. Ich habe immer das Gefühl ge­habt – und wenn man sich anschaut, was aus den Petitionen geworden ist, wird man darin bestärkt –, dass man das im Ausschuss viel zu wenig ernst genommen hat. Das ist schade, denn ich glaube, die Bevölkerung hat sehr große Hoffungen in unseren Ausschuss gesetzt, aber da gab es eben gerade seitens der Regierungsparteien relativ wenig Bemühungen, aus den Petitionen und Bürgerinitiativen wirklich etwas zu ma­chen.

Das ist schade, und das ist der Grund, warum wir nicht zustimmen. Beim Sammelbe­richt geht es meiner Meinung nach nicht nur darum, diese Petitionen, die heute auf der Tagesordnung stehen, einzeln durchzugehen, sondern am Ende einer Legislaturperio­de muss es auch möglich sein, einfach Revue passieren zu lassen, wie der Ausschuss als solcher gearbeitet hat und wie mit diesem Instrument der Bürgerinitiativen umge­gangen wurde. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 249

Ich möchte ein paar Petitionen herausgreifen, hinter denen die Handschrift der Grünen steht und wo doch manchmal – wenn auch sehr mühselig – etwas weitergeht, so zum Beispiel die Petition Nr. 73 zur Anerkennung der Mistel-Therapie. Kollege Grünewald hat es geschafft, die Regierungsparteien zu überzeugen, sodass es zu einem Vier-Par­teien-Antrag betreffend Anerkennung der Mistel-Therapie und damit auch zur Finanzie­rung dieser gekommen ist.

Vor wenigen Wochen wurde hier ein Entschließungsantrag beschlossen, das heißt aber noch nicht, dass es ein Gesetz gibt, in dem die Finanzierung der Mistel-Therapie sichergestellt ist. Ein erster Schritt in diese Richtung ist aber zumindest getan.

Eine zweite Petition, die Petition Nr. 74, die mir persönlich sehr wichtig war und ist, hat den Umgang und die Förderung von Menschen mit Behinderungen in den Entwick­lungsländern zum Thema.

Ich denke, Österreich hat ganz einfach auch die Verpflichtung, im Rahmen seiner Außenpolitik dieses Thema zu behandeln und Finanzierungen sicherzustellen, sodass auch Menschen, die nicht in Österreich leben, die Chance haben, dort so leben zu kön­nen, wie sie es ganz einfach brauchen. Außerdem soll auch sichergestellt sein, dass die Menschenrechte dort endlich gewahrt werden.

Diese Petition ist ganz wichtig, und ich ersuche jene, die im Außenpolitischen Aus­schuss sitzen, diese Petition nicht einfach vom Tisch zu wischen, sondern wirklich zu behandeln, denn es geht um sehr viel. Es geht um Menschenrechte für alle, auch in den Entwicklungsländern. Ich glaube, Österreich hat da auch einen Auftrag, sich darum zu kümmern, dass diese endlich eingehalten werden. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

Eine Bürgerinitiative, die die Regierungsparteien nicht so gerne gehabt haben – und deshalb wird sie in dieser Legislaturperiode leider auch nur mehr ad acta gelegt oder schubladisiert –, ist die von gehörlosen und schwerhörigen Menschen in Bezug auf den ORF.

Ich weiß nicht, wie oft ich hier schon fast gepredigt habe, dass es endlich an der Zeit ist, dass auch gehörlose Menschen den Zugang zum Medium Fernsehen haben müssen. Dazu gehört natürlich die Bereitstellung von Gebärdensprache beziehungs­weise die Untertitelung von Sendungen im ORF.

Österreich gehört da zu den Schlusslichtern; es stellt nur zirka 20 Prozent seines Ge­samtvolumens in Gebärdensprache zur Verfügung – und gehörlose Menschen können das auch nur dann empfangen, wenn sie sich ein Zusatzgerät kaufen. Über den regu­lären Empfang von ORF 1 und 2 ist das nicht abzurufen. Man muss also eine eigene Konsole haben, die natürlich auch gebührenpflichtig ist.

Gehörlose Menschen möchten gleichberechtigte Partnerinnen und Partner dieser Ge­sellschaft sein, und sie haben auch den gleichen Anspruch auf Information wie wir alle. Da fehlt es aber noch.

Wir haben vor wenigen Tagen ein Jahr Anerkennung der österreichischen Gebärden­sprache begangen – „begangen“, weil zum Feiern gab es nicht viel – und festgestellt, dass es jetzt zwar diese Anerkennung in der Bundesverfassung gibt, aber damit war es das auch schon fürs Erste.

Das darf nicht sein, und ich verspreche Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Her­ren – Sie können sich darauf vorbereiten –: Das Thema Gleichstellung von Menschen, die schwerhörig oder gehörlos sind, ist eines meiner großen Ziele in der nächsten Legislaturperiode. Ich kündige es Ihnen schon an, damit Sie dann nicht überrascht sind und jetzt schon wissen, wo der Zug langgeht. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 250

Ich möchte noch etwas Persönliches sagen: Herr Gradwohl ist gerade hinausgegan­gen. Ich war jahrelang Türnachbarin von Herrn Gradwohl in Wien, und ich sage Ihnen: Wenn Sie so einen Nachbarn Tür an Tür haben, dann fürchten Sie sich vor nichts und niemandem mehr! Es ist das die größte Sicherheit, die sich ein Mensch wünschen kann. Wenn irgend etwas los war, beim Herrn Gradwohl konnte man immer anläuten. Wenn er nicht daheim war, dann war sein Sohn da. Für mich war diese Unterstützung schon sehr wichtig, denn es war oft der Lift kaputt oder es gab irgendwelche anderen Dinge, aber wenn Herr Gradwohl da war, dann war alles kein Problem.

Dafür möchte ich ihm ganz persönlich danke sagen. Er hat mich wirklich jahrelang sehr intensiv unterstützt. Ihm war es wahrscheinlich nicht so bewusst, aber für mich war es eine ganz große Hilfe, und dafür möchte ich noch einmal ganz persönlich danke sagen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Außerdem hat nicht jeder das Glück, einen so netten Nachbarn zu haben, wie ich ihn in Herrn Gradwohl gehabt habe. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.20.12

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt den Sammelbericht über Petitionen und Bürgerinitiati­ven. Wir stehen am Ende der XXII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates, und als ÖVP-Fraktionsobmann im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen kann ich rückwirkend feststellen, dass die Mitglieder dieses Ausschusses gut gearbeitet und auch gut zusammengearbeitet haben.

92 Petitionen und 31 Bürgerinitiativen wurden in den vergangenen vier Jahren im Nati­onalrat eingebracht und im Ausschuss behandelt; 14 Mal ist der Ausschuss zu Sitzun­gen zusammengetreten.

Österreichs Bürgerinnen und Bürger haben sich mit einem breiten Spektrum von Anlie­gen an den Nationalrat gewandt – und egal, ob es sich um Verkehrsangelegenheiten, um Sozialthemen oder um die Themen Nahversorgung oder Gesundheit handelte: Wir haben im Ausschuss gründlich darüber diskutiert und immer eine gute Lösung zu fin­den versucht. Frau Kollegin Haidlmayr, wir sind mit diesen Themen richtig umgegan­gen und haben diese sehr ernst genommen.

Auffallend für mich ist – ich habe nichts dagegen, sondern stelle das jetzt nur fest –, dass Abgeordnete der Oppositionsparteien immer wieder Petitionen einbringen, ob­wohl es für sie andere Möglichkeiten gäbe, sich an den Nationalrat zu wenden, so zum Beispiel könnten sie ja einen Antrag direkt in einem Fachausschuss stellen. – Aber bitte, sei’s drum!

Zum Schluss dieser Gesetzgebungsperiode liegt uns nun ein weiterer Sammelbericht dieses Ausschusses vor. Wie gesagt, in diesem Ausschuss haben wir zahlreiche Peti­tionen und Bürgerinitiativen behandelt, weitergeleitet und oftmals auch abgeschlossen.

Ein Beispiel möchte ich herausgreifen, und zwar die Ökostromgesetz-Novelle. Hiezu wurden von der grünen Fraktion gleich drei Petitionen eingebracht; insbesondere vom Herrn Kollegen Pirklhuber. Darin wurden wir dazu aufgefordert, diese Novelle nicht zu beschließen. Das aber wurde dann einstimmig beschlossen, und wir haben das dann so zur Kenntnis genommen.

Sehr geschätzte Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich betonen: Das Öko­stromgesetz 2002 hat allen viel gebracht und einen wahren Boom ausgelöst: Mehr als


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 251

200 Biomasseanlagen wurden in Österreich errichtet; 250 Biogasanlagen und über 600 Windkraftanlagen wurden bisher gefördert. Die heimische Wertschöpfung beträgt dabei mehr als 1 Milliarde € pro Jahr. Rund 17 000 Menschen finden in diesem Bereich Beschäftigung.

Diesen Weg, meine Damen und Herren, wollen wir natürlich auch mit der neuen Öko­stromgesetz-Novelle weitergehen. Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, haben ja an dieser Novelle nie ein gutes Haar gelassen und in Presseaussen­dungen immer wieder behauptet, dass das Fördervolumen um 80 Prozent gekürzt wür­de. – Dem ist natürlich nicht so! Bis zum Jahre 2011 werden zusätzlich 17 Millionen € pro Jahr an Fördermitteln zur Verfügung gestellt, woraus man ersieht, dass Ihre Be­hauptung ganz eindeutig ad absurdum geführt wurde.

Mit solchen Aussagen, geschätzter Herr Kollege Pirklhuber, verunsichern Sie nur die Menschen in Österreich – und ich glaube, das kann doch nicht Sinn der Sache sein. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber.) Da wird doch etwas nur der Kritik wil­len kritisiert.

Natürlich muss es jetzt rasch auch zu einer Tarifordnung kommen; diesbezügliche Ver­handlungen laufen aber bereits.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir alle hier sollten doch das Ziel haben, Anliegen der Bürgerinnen und Bürger möglichst gut und gerecht zu vertreten, und des­halb ersuche ich um Zustimmung zu diesem vorliegenden Sammelbericht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 3 Minuten Wunschredezeit; Restredezeit der Grünen: 7 Minuten. – Bitte.

 


21.24.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Freund hat soeben eine geradezu unglaubliche Vorstellung gege­ben. (Zwischenruf des Abg. Freund.) – Auf dieses Thema komme ich dann noch zu sprechen, Kollege Freund.

Eines vorweg: Warum sind wir gegen diesen Sammelbericht? Und wo liegen die Män­gel? – Das sieht man ja schon im Ausschuss beziehungsweise an der Geschäftsord­nung, wie mit Petitionen umgegangen wird und welchen Reformbedarf es da gibt.

Dazu Beispiele: Es gab einige Petitionen, wo es äußerst schwierig war, die Regie­rungsfraktionen davon zu überzeugen, Stellungnahmen einzuholen. Es ist doch das Mindeste, was sich die Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande von diesem Aus­schuss erwarten können sollten, dass Stellungnahmen – und das ganz selbstverständ­lich – von den zuständigen Ressorts eingeholt werden.

Als Beispiel nenne ich jetzt die Agrarreform, Kollege Freund. Was diese Petition an­langt, wurde keine einzige Stellungnahme eingeholt, weil Sie von der ÖVP das verhin­dert haben. Und was war Ihr Ziel? – Die Marktordnungsgesetz-Novelle wollten Sie heute noch beschließen lassen; das ist sich dann aber nicht mehr ausgegangen.

Die Bürgerinnen und Bürger haben die Mängel erkannt und gesagt: Das ist nicht ver­fassungskonform! Sie von der ÖVP haben im Ausschuss verhindert, dass der Landwirt­schaftsminister eine Stellungnahme abgeben muss, in der er hätte klarlegen müssen, dass er eine Reparatur der Novelle geplant hat.

Es wäre höchst an der Zeit, auch von der Geschäftsordnung her Stellungnahmen zu einer Pflicht zu machen – und dies nicht dem Goodwill der Mehrheitsfraktion zu über­lassen. Das wäre ein konkreter Reformschritt, um den Ausschuss für Petitionen und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 252

Bürgerinitiativen aufzuwerten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da Herr Kollege Freund hier das Thema Ökostrom angeschnitten hat: Faktum ist, dass es gerade bei den drei Gemeinden, die eine Petition eingereicht haben, es sich um Petitionen handelt, die von allen Fraktionen getragen wurden. Ich gebe schon zu, dass in allen Gemeinden starke grüne Listen beziehungsweise Bürgerlisten vertreten sind. In Bad Zell ist das so mit der Bürgerliste; in Thal bei Graz ist es eine grüne Ge­meindeliste; in Gallneunkirchen eine starke grüne Gemeindeliste. Gemeinsam mit den anderen Fraktionen sind diese Gemeinden Klimabündnisgemeinden, Gemeinden, die erneuerbare Energieträger zu forcieren trachten. (Abg. Rossmann: Auch meine Ge­meinde ist eine Klimaschutzgemeinde!)

Da, meine Damen und Herren – das sage ich jetzt in Richtung SPÖ –, ist es schon sehr tragisch, dass Sie von der SPÖ dem Ökostromgesetz 2006 Ihre Zustimmung ge­geben haben. Hermann Scheer, ein SPD-Abgeordneter und einer der Wegbereiter in Bezug auf erneuerbare Energieträger in Deutschland, bezeichnete es als besonders unverständlich, dass man in einer Art Zwei-Drittel-Festschreibung auf Jahre hinaus Ökostrom benachteiligt und deckelt. (Abg. Freund: Das stimmt doch nicht!)

Herr Kollege Freund, die 17 Millionen € jährlich, die Sie angesprochen haben ... (Abg. Freund: Zusätzlich!) – Ja, natürlich, aber vergleichen Sie doch den Investitionsanteil mit Deutschland! In Deutschland erfolgen diesbezüglich jährlich Investitionen in Höhe von 5 Milliarden €; in Österreich um den Faktor 30 weniger. Das sind ja auch Arbeits­plätze in diesem Bereich! Das sollten Sie doch auch einmal so sehen.

Diese Deckelung auf 15 Megawatt bei den Photovoltaikanlagen ist doch ein Desaster, bedeutet geradezu einen Stopp in diesem Bereich! Damit verhindern Sie einen konse­quenten Ausbau! Gegen diese Ihre Politik wehren sich nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch viele Gemeinden. Das wird jedenfalls auch in Zukunft ein Thema sein, und sicherlich eine Sache, die auch im Wahlkampf die Bürgerinnen und Bürger dazu bringen wird, in eine andere Richtung zu gehen, nämlich in Richtung erneuerba­rer Energien.

Auch da wollen die Bürgerinnen und Bürger nicht nur Lippenbekenntnisse, sondern dass das tatsächlich in reale Politik umgesetzt wird. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Pirklhuber hat nicht oft Recht, aber wo er Recht hat, hat er Recht!)

21.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


21.28.35

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerne hätte ich noch Gäste hier auf der Galerie begrüßt, aller­dings macht die späte Stunde das leider unmöglich. Um diese Zeit ist wahrscheinlich auch der Einlass schwieriger.

Es ärgert mich schon, und es tut mir leid für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, dass wir diesen Tagesordnungspunkt wieder einmal gegen Ende einer Sitzung, am Ende der Tagesordnung behandeln. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist deshalb ein Pro­blem, weil wir im Parlament immer wieder darauf hinweisen, dass es uns darum geht, dass Bürgerinnen und Bürger Mitspracherechte haben sollen, dass Bürgerinitiativen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden. Es wäre daher auch ein gutes und richtiges Zeichen, wenn wir solche Themen hier im Parlament zu


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 253

einer anderen Zeit als immer zu so später Stunde debattieren könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin sonst keine „Erbsenzählerin“, aber in diesem Fall habe ich mir schon die Mühe gemacht und mir angeschaut, an welchem Platz Be­richte des Petitionsausschusses in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode disku­tiert wurden.

Wir hatten den Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen sechs Mal auf der Tagesordnung: Drei Mal war er letzter Tagesordnungspunkt, zwei Mal vorletzter, einmal haben wir es sogar auf Platz zwei geschafft – und von einer Übertragung während der Fernsehzeit spreche ich erst gar nicht.

Da haben wir Handlungsbedarf, und ich denke, das geht uns alle aus allen vier Fraktio­nen an. Die Mitglieder des Ausschusses machen eine Arbeit. Die Bürger und Bürgerin­nen setzen Hoffnungen in uns, wir haben auch so manches wirklich auf den Weg ge­bracht, und daher sollen wir gemeinsam mit denen, die das dann in der Präsidiale end­gültig bestimmen, auf einen guten Nenner kommen.

Nun möchte ich noch kurz Bilanz ziehen, sehr geehrte Damen und Herren. Vom Kolle­gen Dr. Pirklhuber wurde bereits die Geschäftsordnung angesprochen. Ich habe einen Antrag als Geschäftsordnungsantrag eingebracht. Er liegt leider immer noch im Parla­ment. Es geht in ihm genau darum, die Möglichkeiten des Ausschusses zu erweitern. Ich erinnere nur daran, dass Bürgerinitiativen ab 16 eingebracht werden können soll­ten, dass die Berichte der Volksanwaltschaft im Ausschuss behandelt werden sollen. Wir haben uns dann damit beholfen, dass wir die Volksanwälte eingeladen haben. Das war ein gutes, ein wichtiges Unterfangen. Es hat uns gut getan, und es war ein Aus­tausch mit den Volksanwälten, die ja viel mit den Bürgern und Bürgerinnen zu tun ha­ben, ebenso mit Konsequenzen der Verwaltung, die zu tragen sind. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rossmann und Dipl.-Ing. Scheuch.)

Ich weiß, die Zeit ist knapp. (Abg. Schieder: Die Zeit ist aus!!) Genau das ist ja auch das Problem, auf das ich hingewiesen habe. Ich werde jetzt trotzdem noch diesen einen Punkt ausführen; eigentlich sind es zwei Punkte, zu denen ich noch etwas sagen möchte.

Es wäre mir ein Anliegen, dass Bürgerinitiativen nicht verfallen. Das ist das eine. – Dann möchte ich noch dem Präsidenten Khol für die ausführliche Beantwortung meiner Anfrage danken, die Anregung, dass in Zukunft auch elektronische Bürgerinitiativen hier im Parlament behandelt werden, dass es die Möglichkeit dazu gibt. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen sowie des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Es gibt Beispiele in Deutschland, in Schottland und in Australien. Wir sollten uns für die nächste Legislaturperiode vornehmen, das hier im Parlament, in Wien, in Österreich einzuführen und uns in Berlin dieses Beispiel anzuschauen. Alle vier Fraktionen dort sind begeistert von dieser Möglichkeit; die Bürger und Bürgerinnen sind zufrieden. Ich hoffe, wir bringen auch das auf den Weg.

In diesem Sinne: herzlichen Dank für Ihre Geduld! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen sowie des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

21.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 3 Minuten. – Bitte.

 


21.32.57

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde heute schon viel zum Petitionsaus-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 254

schuss und zur Geschäftsordnung gesagt. Wir wissen, die Petitionen befassen sich mit einer breiten Themenpalette wirklicher Anliegen der Bürger beziehungsweise von Vor­schlägen der Bürger, die andere Lösungen wollen. In vielen Stellungnahmen seitens der Ministerien und verschiedener Institutionen konnte durchaus meinungsbildend ge­wirkt werden, und zwar auch auf das Ministerium. In Summe ist der Petitionsausschuss jedoch ein relativ zahnloses Instrument. Auch ich bedanke mich beim Herrn Präsiden­ten Dr. Khol für die Beantwortung der Anfrage, in der er darauf hinweist, dass elektroni­sche Petitionen durchaus auch bei uns eine Möglichkeit finden: so wie in Schottland, in Deutschland, in Australien, in Queensland. Ich meine, das ist ein Weg.

Ich würde aber auch anregen, dass in Zukunft Petitionen, die viele Abgeordnete, aber auch viele Bürger zu unterschreiben bereit sind, nicht von einer Legislaturperiode zur anderen verfallen, denn es ist einfach ein Unsinn, wenn Bürger unterschreiben, dass sie zur selben Causa, die bis dorthin nicht erledigt ist, dann noch einmal unterschrei­ben müssen. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Ich denke, da sind wir hinsichtlich einer Änderung der Geschäftsordnung wirklich gefor­dert. Jedenfalls sind sich die Parteien darin einig – das hat man auch heute aus den Stellungnahmen dazu gemerkt –, dass es da wirklichen Handlungsbedarf gibt.

In diesem Sinne hoffe ich, dass in der nächsten Legislaturperiode der Petitionsaus­schuss einen andern Stellenwert bekommt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Dr. Brader 2 Minuten. – Bitte.

 


21.34.34

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Pirklhuber – jetzt ist er nicht mehr da – beklagte sich über den mangeln­den Stellenwert des Petitionsausschusses und über mangelndes Interesse an Petitio­nen. Ich denke, das kann man zurückgeben: Von der ganzen grünen Fraktion sind spärliche drei Leute da. Herr Kollege Pirklhuber selbst findet es nicht einmal der Mühe wert, dieser Diskussion zu folgen! Ich glaube, das ist ein typisches Beispiel dafür, wie manche auf der einen Seite reden, auf der anderen Seite handeln.

Ich möchte kurz auf eine Petition eingehen – eingebracht vom Kollegen Heinzl –, in der es heißt, dass der Truppenübungsplatz Völtendorf, der ja jetzt seitens des Bundes­ministeriums zum Verkauf steht, den Gemeinden St. Pölten und Obergrafendorf als Er­holungsgebiet zur Verfügung gestellt werden sollte. – Dazu möchte ich Folgendes sa­gen: Dieses Gebiet wurde vor dem Krieg von den Nazis den Bauern um ein Minimum abgedrückt – und heute haben 28 Betriebe das Ansinnen gestellt, dieses Areal rück­kaufen zu wollen. Ich halte das für eine faire Überlegung, für einen richtigen Ansatz, denn wir haben ja auch andere Güter wieder zurückgeben müssen. Daher: Wenn schon die Landwirte diese Areale wieder kaufen wollen, dann sollte man ihnen diesen Weg nicht verstellen.

In diesem Sinne möchte ich mich für die Ausschussarbeit bedanken, möchte mich auch bei der Vorsitzenden und beim Stellvertreter bedanken für die gute Leitung des Ausschusses. Es war das sicherlich nicht immer leicht, aber sehr interessant. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten von SPÖ sowie Freiheitlichen – BZÖ.)

21.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner wird Herr Abgeordneter Heinzl sein; danach Frau Abgeordnete Machne. – Das Tempo wird besser.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 255

21.36.17

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte den Ausführungen des Kollegen Brader über die Petition Nr. 81 bezüglich Nachnutzung des Truppenübungsplatzes Völtendorf als Natur- und Naherholungsgebiet anschließen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Um die besondere Fauna und Flora dieses Übungsplatzes für spätere Generationen zu erhalten und der Bevölkerung im niederösterreichischen Zentralraum dieses Gebiet als Naherholungsgebiet zu erhalten, wäre es wirklich sinnvoll, die besonders schützenswerten Teile dieses Übungsplatzes den Anrainergemeinden – eben St. Pölten und Obergrafendorf – mit der Auflage zu überlassen, dass diese Gemeinden in Zukunft für den Erhalt dieser wichtigen Natur- und Naherholungslandschaft sorgen.

Leider wurde seitens der Regierungsfraktionen im Ausschuss meinem Antrag nicht beigetreten, diese Petition dem Landesverteidigungsausschuss zuzuweisen. Durch „Kenntnisnahme“ wurde dieser Petition leider im Ausschuss ein Begräbnis erster Klas­se verpasst. (Beifall bei der SPÖ.)

21.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Machne bis zu 2 Mi­nuten. – Bitte.

 


21.37.32

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Von der „Plattform Zukunft“ wurde die Anerkennung der Mistel-Therapie durch die Krankenkassen gefordert. Auch einige Ärzte in meinem Wahlkreis haben mich darauf angesprochen. Nachdem ich mich bei der Ärztekammer erkundigt hatte, konnte ich Kontakt mit einer Ärztin aufnehmen, die seit 1983 die Mistel-Therapie an ihren Patien­ten anwendet. Ihre Erfahrungen mit den am Markt erhältlichen Präparaten sind sehr gut, und ihrer Meinung nach kann die Lebensqualität ihrer Patienten mit der Mistel-Therapie wesentlich verbessert werden. Der Eindruck dieser Ärztin ist auch, dass die Präparate durchaus lebensverlängernd wirken, und sie würde einen Kostenersatz durch die Krankenkassen sehr befürworten.

Ich freue mich, dass es in Verhandlungen doch gelungen ist, dieses Thema positiv zu erledigen und dass über den Chefarzt bereits entsprechende Mistel-Präparate geneh­migt werden können, wie dies auch nach meinen Erkundigungen die Chefärztin in Ost­tirol praktiziert.

Ich war dreieinhalb Jahre lang im Petitionsausschuss und möchte mich ausdrücklich bei meiner Kollegin Gisela Wurm für die umsichtige Vorsitzführung und bei meinem Freund Karl Freund – nomen est omen – für die Fraktionsführung bedanken. Es war ein sehr interessanter Ausschuss. Man konnte sehr viel von den Anliegen der Bürgerin­nen und Bürger erfahren – und ich schließe mich der Meinung an, dass es schade ist, dass wir das jetzt erst zu dieser späten Stunde diskutieren. Gisela, da gebe ich dir Recht! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ.)

21.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Ho­sek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.39.20

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich einer besonderen Gruppe ganz kurz widmen – Kollegin Haidlmayr hat das schon gemacht –, nämlich der Gruppe der gehörlosen und hochgradig schwerhörig Menschen in Österreich, und ich möchte da auch einen Zwiespalt aufzeigen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 256

2003 war das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen, und Österreich, die Bundesregierung, hat dann mit 1. Jänner 2004 hoffentlich nicht als Antwort, aber es hat irgendwie so drauf gepasst, sofort die Gebührenbefreiung von gehörlosen Menschen, übrigens auch von blinden Menschen aufgehoben; diese mussten ab diesem Zeitpunkt Fernsehgebühren in voller Höhe zahlen. Zudem hat es leider dann 2005 auch noch einen leichten Rückgang der untertitelten Fernsehbeiträge gegeben, das heißt, eine Gruppe, die es ohnehin schon schwer hat, hatte auch noch ein schlechteres Angebot und konnte dann untertitelte Fernsehsendungen nur mehr sehen – beispielsweise die „Zeit im Bild 1“ –, wenn sie sich auch eine Satellitenschüssel leisten konnte. Nur kann das halt nicht jeder in unserem Land.

Es war dann so, dass im September 2005 die Österreichische Gebärdensprache doch in der Verfassung verankert wurde und wir sogar ein Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet haben. Aber die Bürgerinitiative Nummer 28 mit dem Wunsch, diese Quote der Untertitelungen sozusagen Jahr für Jahr – der ORF hat 20 Prozent der Fern­sehsendungen untertitelt – ein bisschen zu heben und diese Menschen mit reduzierten Gebühren zu belohnen, weil sie es ohnehin schwer genug haben, wurde leider nicht entsprochen.

Das ist die Geschichte einer Bürgerinitiative, die nicht mehr behandelt werden konnte in dieser Legislaturperiode, weil sie den Verfassungsausschuss, dem sie dann letzt­endlich zugewiesen wurde, leider nie passiert hat.

Auch das ist Schicksal mancher Initiativen und Petitionen unseres Ausschusses, und ich finde es auch sehr schade, dass nicht einmal mehr im Verfassungsausschuss dar­über diskutiert werden konnte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grü­nen.)

21.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nein, sie ist eine Kontrarednerin! – Heidemarie Rest-Hinterseer ist die nächste Rednerin. (Zwischenruf der Abg. Rest-Hinterseer.) Sie sind eine Kontrarednerin, alle anderen sind Proredner. Nach der Geschäftsordnung kom­men Sie dran. (Abg. Rest-Hinterseer begibt sich zum Rednerpult.) Der Gang zum Rednerpult wird nicht in die Redezeit eingerechnet. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Rest­redezeit Ihrer Fraktion: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.41.54

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Ich bedanke mich ganz herzlich, Herr Präsident, für diese Aufmerksamkeit.

Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Zu zwei Petitionen würde ich gerne kurz etwas sagen. Die eine betrifft das Kraftwerk Mittlere Salzach – Pfarrwerfen. Das ist die­ses Kraftwerk, das einer der Gründe ist, warum das Ökostromgesetz dann doch geän­dert worden ist mit der Unterstützung der SPÖ, damit auch ein mittleres Wasser­kraftwerk, das längst ausfinanziert ist, finanziert werden kann.

Das habe ich besonders schade gefunden, dass die Investitionszuschüsse, die nach dem Ökostromgesetz ja besonders jenen Energieformen zukommen sollen, die erneu­erbare Energie zutage bringen und noch nicht erforscht sind und noch Unterstützung brauchen, hier nicht zur Anwendung kommen.

Die andere Petition betrifft die Tauernbahn. Diese Petition ist wieder vertagt worden, zum zweiten Mal vertagt worden. Sie ist im Umweltausschuss nicht behandelt worden, obwohl die Menschen im Gasteiner Tal große Hoffnungen gehegt haben, dass ihre Ergebnisse aus dem Mediationsverfahren auch tatsächlich umgesetzt werden und sie


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 257

mit einer Tauernbahn rechnen können, die auch den besonderen Bedürfnissen einer Kur- und Erholungsregion Gasteiner Tal gerecht wird.

Das finde ich schade, denn wenn Menschen mich fragen, was mit dieser Petition pas­siert ist, muss ich ihnen sagen, dass sie vertagt worden ist und wahrscheinlich über­haupt nicht mehr behandelt werden wird, sondern neu eingebracht werden muss.

Das ist für die Menschen eigentlich ein Affront. Sie sind extra vom Gasteiner Tal hier­her gefahren, haben das dem Herrn Präsidenten überreicht – und werden jetzt mit der Nachricht „beglückt“, dass sie das alles wieder neu beginnen müssen, um zur Erfüllung ihres berechtigten Anliegens zu kommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

21.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Doppler 2 Minu­ten. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.44.13

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Petitionen und Bürgerinitiativen sind Rechte und Mög­lichkeiten, dass sich Bürgerinnen und Bürger zu wichtigen Themen Gehör verschaffen können. Da werden Anliegen, Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger formu­liert – und in der Hoffnung übermittelt, dass diese von den gewählten Vertretern auch ernst genommen werden. Ich glaube, dass ich in der Tätigkeit dieses Ausschusses sehr wohl miterleben konnte, dass man sich sehr ernst mit diesen Anliegen ausein­andersetzt.

Durch die Beratungen im Petitionsausschuss konnten auch die meisten Anliegen er­ledigt werden, es kommen allerdings immer wieder Petitionen und Anliegen von Bür­gerinitiativen zur Beratung, in denen nicht lösbare Forderungen gestellt werden. Ich verweise auf die Bürgerinitiative, von der der Erhalt der Post im öffentlichen Eigentum gefordert wurde sowie, die EU-Richtlinie zur Liberalisierung nicht umzusetzen. Ich glaube, dass man damit bei den Bürgern eigentlich falsche Hoffnungen weckt und dass es nicht gut ist, diesen Petitionsausschuss zu so etwas zu missbrauchen.

Auch weitere Anliegen sind nicht umsetzbar, da die Entscheidungen bezüglich Teilpri­vatisierung bereits positiv und erfolgreich umgesetzt wurden.

Ich danke jedoch für die gute Zusammenarbeit, für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

21.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


21.45.36

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Seit Jahren for­dern Eltern mehr Sicherheit für Kinder in Schulbussen und mindestens genauso lange weisen ExpertInnen auf die unbefriedigende und gefährliche Rechtslage im Bereich der Beförderung von Kindern in Schulbussen hin.

Die so genannte 3:2-Zählregel im Kraftfahrgesetz führt dazu, dass drei Kinder unter 14 Jahren als zwei Personen zählen. Die Konsequenz der geltenden Rechtslage in der Praxis: Schulkinder drängen, bepackt mit schweren Schultaschen, in überfüllte Busse und müssen sich dann zu dritt samt Schultaschen einen Zweiersitz teilen – und das noch dazu ohne Sicherheitsgurt!

6 747 Menschen im Burgenland und in der Steiermark haben in den vergangenen Mo­naten für mehr Sicherheit am Schulweg – konkret: ein Sitzplatz und ein Sicherheitsgurt pro Kind – unterschrieben. Diese Initiativen standen vergangene Woche auf der Tages-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 258

ordnung im Petitionsausschuss, und die Hoffnung der Menschen, dass die Regierung nun endlich aktiv wird und ab dem kommenden Schuljahr Tausende Kinder vor allem aus dem ländlichen Raum sicherer zur Schule fahren können, wurde, wie meine Vor­rednerin erklärt hat, enttäuscht. Statt endlich zu handeln, haben ÖVP und BZÖ diese Initiativen lediglich an den Verkehrsausschuss weitergeleitet, wohl wissend, dass das vor den Nationalratswahlen nicht mehr behandelt wird.

Dem Gesetzgeber ist die Problematik sehr wohl bekannt. Es wird ja regelmäßig darauf hingewiesen. Chancen, die 1:1-Zählregel für alle Fahrten im Schulbus einzuführen, hätte es in den vergangenen sechs Jahren wirklich genug gegeben, aber diese Bun­desregierung hat leider alle Gelegenheiten vorübergehen lassen.

Die Haltung in der Frage Sicherheit der Schulkinder im Verkehr ist ausgesprochen inkonsequent: Auf der einen Seite wird dem privaten Autofahrer vom Gesetzgeber vor­geschrieben, dass er pro Kind für einen Sitz sorgen muss und dies auch entsprechend gesichert sein muss, aber auf der anderen Seite werden Tausende Kinder im täglichen öffentlichen Verkehr nicht richtig befördert.

Ich darf daher dazu auffordern, dieses Gesetz dann in der nächsten Legislaturperiode zu beschließen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

21.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


21.47.56

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich zur Petition betreffend die politischen Ereignisse in Äthi­opien äußern.

Die Einhaltung der Menschenrechte ist die oberste Pflicht eines jeden Staates. Wenn wir auf die Situation der Menschenrechte in Äthiopien eingehen, müssen wir erkennen, dass diese absolut unbefriedigend ist: Verhaftungen ohne Haftbefehl und ohne fristge­rechte gerichtliche Überprüfung sind ebenso verbreitet wie lange Gerichtsverfahren. Nach wie vor gibt es die Todesstrafe. Die Haftbedingungen sind auf Grund der Armut des Landes sehr, sehr hart. Weiters wird über Misshandlungen in der Haft berichtet.

Genitalverstümmelungen sind nach wie vor weit verbreitet, obwohl die Frauenrechte in der Verfassung verankert sind; diese werden leider oft missachtet. Aufklärungsmaß­nahmen hatten bisher jedoch noch keinen durchgreifenden Erfolg.

Österreich – genauer gesagt: das Bundesministerium für auswärtige Angelegenhei­ten – verfolgt die Ereignisse in Äthiopien mit großer Besorgnis. Bei der Wahl am 15. Mai 2005 wurden durch die Wahlbeobachtungskommission der EU und anderer internationaler Organisationen zahlreiche Unregelmäßigkeiten festgestellt. Nicht nur die EU, sondern auch Österreich durch den EU-Vorsitz war und ist intensiv darum be­müht, dass der positiv begonnene demokratische Prozess in Äthiopien weitergeführt beziehungsweise umgesetzt wird.

Man kann nur hoffen, dass in Äthiopien die Einhaltung der Menschenrechte so rasch wie möglich durchgesetzt wird. Österreich hat einiges dazu unternommen, damit die­ses Ziel Erfolg hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wimmer. 2 Minuten Obergrenze. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.50.02

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Da­men und Herren! Vergangene Woche hat ja die letzte Sitzung des Ausschusses für


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 259

Petitionen und Bürgerinitiativen in dieser Gesetzgebungsperiode stattgefunden, und tatsächlich gab es über weite Strecken breiten Konsens fast aller vertretenen Fraktio­nen.

Natürlich ist dieser Ausschuss vor allem ein Instrumentarium der Oppositionsparteien, darum ist es schon oftmals zum Schmunzeln, wenn die Regierungsfraktionen immer wieder fleißig Petitionen einbringen. Sie bräuchten ja als Regierungsfraktion nur einen Antrag einzubringen (Abg. Freund: Das gilt aber für die Opposition auch!) und diesen dann eben zu beschließen. So einfach würde es gehen; aber gut.

Ich möchte zum Schluss noch zwei Kritikpunkte anführen – es ist heute schon davon gesprochen worden –: Vielleicht könnte man die Diskussionen zum Sammelbericht hier im Plenum zu einem prominenteren Zeitpunkt abführen und nicht immer zu schlaf­trunkener Zeit. Wir haben ja heute eine Glück, dass es erst 22 Uhr ist, normal sind wir heuer noch nie vor 23 Uhr dran gewesen.

Als zweiten Kritikpunkt: Nachdem ja diese GP in den nächsten Wochen endet, erlö­schen alle eingebrachten Verhandlungsgegenstände, die nicht erledigt werden konn­ten. Das ist die geltende Rechtslage, die die Bürgerinnen und Bürger nicht verstehen, die aber einfach gelöst werden könnte. Vielleicht gibt es in der nächsten GP die Mög­lichkeit, vor allem aber den Willen aller Fraktionen, diese nicht verständliche Rechts­lage zu ändern.

Ich meine, es wäre gescheit, wenn wir das machten. Wir Sozialdemokraten werden uns auf alle Fälle dafür einsetzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

21.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Grander ist die nächste Rednerin. Bis zu 2 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.51.37

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal kurz auf die Petition Nr. 73 bezüglich Mistel-Therapie eingehen.

Festzustellen ist, dass 30 Prozent der Krebspatienten zur komplementärmedizinischen Therapie greifen, wobei die Mistelpräparate sowohl unterstützend als auch palliativ al­leine oder ergänzend mit anderen Behandlungsformen eingesetzt werden. Mistel-The­rapie ist in Mitteleuropa die am häufigsten verschriebene komplementärmedizinische Therapie; 40 bis 60 Prozent der onkologischen Patienten erhalten sie.

Die Vorteile sind in über 70 wissenschaftlichen Studien abgesichert: weniger Nebenwir­kungen durch Chemo- und Strahlentherapie, weniger Schmerzen. Die Patienten brau­chen während der Chemotherapie weniger Begleitmedikamente und können selbst etwas zur Therapie beitragen. Weiters ist festzustellen, dass auch ein stimmungsauf­hellender Effekt beobachtet wird.

Begonnen wird die Therapie in der Regel nach Operationen und nach Beginn der Chemo- oder Strahlentherapie. Frau Kollegin Machne hat bereits angeschnitten, dass die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung in bestimmten Bereichen, auch wenn der wissenschaftliche Nachweis nicht erbracht ist, sehr wohl auf die Erfahrung der be­handelnden Ärzte vertraut und den Versicherten, die noch ohne ausreichende Evidenz sind, Zugang zur Therapie ermöglichen will. Das heißt in diesem Fall, dass die Mistel-Therapie additiv zum onkologischen Therapiekonzept vom behandelnden Arzt, sofern er es für notwendig erachtet, verordnet werden kann. Die daraus entstehenden Kosten werden von der Sozialversicherung übernommen; der Patient wird damit nicht belastet.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 260

Ich hoffe, dass das Einzug in alle Krankenkassen findet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Mag. Wurm und Mag. Stoisits.)

21.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Grossmann 2 Minuten. – Bitte.

 


21.53.42

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Hinter jeder Petition stehen Hoffnungen, sehr oft aber Ver­zweiflung und Sorge, wie das ja auch Kollege Doppler so sieht.

Besonders aktiv, was Petitionen betrifft, ist mir aufgefallen, sind Menschen im ländli­chen Raum. Und das aus gutem Grund: Der ländliche Raum wurde nämlich von dieser Bundesregierung in den letzten Jahren besonders ausgedünnt, denn jene, die sich ununterbrochen als Wahrer und Behüter des ländlichen Lebens feiern lassen, haben am laufenden Band wichtige Infrastruktureinrichtungen ausradiert und damit auch Ar­beitsplätze vernichtet und den Menschen immer größere Entfernungen zugemutet, um zum nächsten Arzt, Postamt, Finanzamt, Gericht oder was auch immer zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Daneben wird der Bevölkerung immer mehr der Weg abgeschnitten – Herr Kollege Scheuch, da sollten auch Sie zuhören, denn das betrifft auch Ihre Region –, insbeson­dere der Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Nebenbahnen und Busverbindungen werden eingestellt beziehungsweise Taktfrequenzen reduziert. Verbesserungen sind leider eher die Ausnahme.

Eine Vielzahl der Petitionen beschäftigt sich daher gerade mit dem öffentlichen Nah­verkehr. Die in der von Kollegin Anita Fleckl überreichten Petition angeführten Beweg­gründe haben daher nicht nur für den Bezirk Liezen Gültigkeit, sondern wohl für fast alle ländlichen Regionen Österreichs – auch in Kärnten, Herr Kollege Scheuch.

Von einer Mobilitätsgarantie, die in dieser Petition gefordert wird, würden ganz beson­ders die Frauen profitieren, denn ein gut ausgebautes Verkehrsnetz ist ein ganz we­sentlicher Faktor, um den Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu sichern.

Ich selbst leite eine Einrichtung zur Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt und höre immer wieder, dass es ein ganz wesentliches Entscheidungskriterium für den Wiedereinstieg ist, ob man mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Arbeitsplatz und auch Kinderbetreuungseinrichtungen erreicht, so es solche überhaupt gibt, denn mit dem kargen Durchschnittsgehalt von Frauen rechnet es sich oft nicht, einen Job anzuneh­men, wenn man auch noch ein Fahrzeug finanzieren und erhalten muss – abgesehen davon, dass es wohl auch schon aus Umweltgründen nicht wünschenswert ist, dass jeder mit dem Auto herumkurvt.

Also in dieser Petition und in vielen anderen haben die Menschen ihre Sorge und ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. Bitte, nehmen wir sie ernst! (Beifall bei der SPÖ.)

21.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Scheuch zu Wort gemeldet. Fakten gegen Fakten. 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.56.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Grossmann hat gerade in Ihrer Rede be­hauptet, dass diese Bundesregierung den ländlichen Raum besonders ausgedünnt und alles mögliche zugesperrt habe.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 261

Ich berichtige tatsächlich (Abg. Schieder: Sie hat alles ausgedünnt!): Gerade diese Bundesregierung setzt sich besonders für den Erhalt des ländlichen Raumes ein! (Bei­fall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

21.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir werden es nicht auf die Goldwaage legen um 22 Uhr, aber: gewogen und für zu leicht befunden, Herr Kollege. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schiefermair. 2 Minuten. – Bitte.

 


21.57.00

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind sehr viele Petitionen und Bürgerinitiativen angespro­chen worden, und ich möchte die heutige Rede dazu nutzen, hier festzustellen, dass es mir als Mitglied dieses Ausschusses aufgefallen ist, dass es ein großes Engage­ment für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt.

Ich möchte mich für dieses Engagement wirklich bedanken mit dem Spruch: „Die Welt lebt von Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht“, obwohl wir uns natürlich genau in diesem Bereich der Frage stellen müssen, wie wir mit Anliegen, mit Wünschen unserer Mitmenschen umgehen. Die Gefahr dabei ist – da sind wir alle gefragt und gefordert –, dass wir diese Petitionen und Bürgerinitiativen, diese Wünsche der Menschen als PR-Bühne benützen.

Die Sorgen sind oft groß, und sie kommen häufig – das ist jetzt schon gesagt worden –aus dem ländlichen Raum. Da gibt es die verschiedensten Beispiel, ob da jetzt ein Lan­desgericht umstrukturiert wird, ob es eine Facharztstelle geben soll, ob Therapien – das ist heute schon besprochen worden – anerkannt werden sollen, wie die Nachnut­zung von Truppenübungsplätzen gestaltet werden soll, die Problematik um einen Steinbruch und so weiter.

All diese verschiedenen Problematiken kommen in den Petitionsausschuss, und ich wünsche mir für die Zukunft – neben all den Wünschen, die heute schon ausgespro­chen wurden –, dass wir sehr behutsam und verantwortungsvoll, ohne parteipolitische Ziele, mit diesen Sorgen umgehen.

Ich bedanke mich bei allen für das Engagement. Aus allen Fraktionen habe ich Men­schen, habe ich Abgeordnete kennen gelernt, die mit sehr viel Energie diese Anliegen der Menschen hier vertreten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. 2 Minu­ten. – Bitte.

 


21.59.13

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 92 Petitionen, 14 Bürgerinitiativen – Kollege Freund hat das schon gesagt – wurden im Petitionsausschuss behandelt. Eine davon ist die Petition Nr. 79: Ja zur Wohnqualität, nein zum LKW-Dauerparken im Wohngebiet, die im Petitionsausschuss sehr ernsthaft diskutiert und dem Verkehrsausschuss zugewiesen wurde, weil wir auch im Petitions­ausschuss geglaubt haben, dass das eine sehr große Problematik ist.

Aber leider widerfährt dieser Petition jetzt folgendes Schicksal: Da sie im Verkehrsaus­schuss nicht mehr auf die Tagesordnung genommen werden konnte, verfällt sie – und das Anliegen dieser Bürger, das auch wir im Petitionsausschuss für sehr ernsthaft ge­halten haben, ist damit hinfällig. Herr Präsident, ich hätte die Anregung, sich in der Prä-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 262

sidiale wirklich darüber zu unterhalten, die Geschäftsordnung dahin gehend zu ändern, dass Petitionen und Bürgerinitiativen nicht nach Ablauf einer Legislaturperiode, obwohl deren Behandlung noch ausständig ist, sozusagen verfallen, sondern dass diese in der nächsten Legislaturperiode weiterbehandelt werden müssen, denn das sind sehr, sehr ernsthafte Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, die darauf vertrauen und hoffen, dass das weiterbehandelt wird – und nicht, und dass dasselbe Procedere wiederholt werden muss. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wieder eine Petition stellen, wieder eine Bürgerinitiative starten, diese wieder hier im Plenum einreichen. Das Ganze muss dann wieder dem Petitionsausschuss und anderen Ausschüssen zugewiesen und dort verhandelt werden.

Ich denke, das wäre eine Anregung im Sinne und zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Das sind wir ihnen als Abgeordnete dieses Hauses sehr wohl schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)

22.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Keck, ich bin dieser Diskussion aufmerk­sam gefolgt und möchte Ihnen sagen: Ich werde diese Anregung in mein Arbeitspro­gramm – oder es wird das mein Nachfolger sein – aufnehmen. Nach der Wahl, bis zur Regierungsbildung, haben wir acht Wochen Zeit, in der wir diese Fragen besprechen können. Das wollen alle Fraktionen, und ich werde das sicher übernehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten  Keck und Schieder: Danke!)

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Marek zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


22.01.12

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren hier im Hohen Haus! Herr Kollege Keck, ich möchte mich Ihrer Anregung anschließen und die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ ersuchen, mein Anliegen in der Petition, in welcher es um den Khleslplatz in Meidling geht, zu unterstützen. Es handelt sich dabei um ein Naherholungsgebiet, das für die Bürgerinnen und Bürger dort in diesem extrem verkehrsbelasteten Gebiet, neben dem Autobahnzubringer Altmannsdorf, und einem sehr dicht verbauten Gebiet – Schöpfwerk, KDAG-Gründeist vielleicht dem einen oder anderen von Ihnen ein Begriff – sehr wichtig ist. Ich darf Sie ersuchen, das an die Be­zirksvorsteherin im XII. Bezirk und auch an die SPÖ-Verantwortlichen in Wien weiter­zuleiten.

Es geht darum, dass sukzessive Gründflächen verlorengegangen sind für die vielen jungen Familien, die dort jetzt wohnen. Da gibt es ein Grundstück, das fast schon als „Stadt-Urwald“, als ein kleines Wäldchen zu bezeichnen ist. Da kämpft schon seit vielen Jahren eine engagierte Bürgerinitiative darum, dass dieses Gebiet als Naherho­lungsgebiet mit einem Naturlehrpfad für die Anrainerinnen und Anrainer – viele, viele Kinder wohnen dort – umgewidmet wird und erhalten bleibt.

Ganz zufällig ist das Grundstück auch angrenzend an das Renner-Institut. Es gibt im­mer wieder Initiativen, wo versucht wird, das Gebiet zur Bebauung freizugeben. Ich kann hier nur den Appell an Sie richten, zu unterstützen, dass im Sinne der Naherho­lung da etwas geschieht und das positiv erledigt wird.

Ich habe im April diese Petition für eine Bürgerinitiative eingebracht, die dafür arbeitet, dass es Verbesserungen gibt. Ein paar Wochen später wurde ein Großteil dieses Ge­bietes einfach gerodet. Es wurden Schilder aufgehängt, auf welchen steht, dass das jetzt den „Kinderfreunden“ für ein Fest gehört, das im Herbst 2005 (!) – Rufzeichen – stattfindet.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 263

Ich glaube, dass das, was da in Meidling, in Altmannsdorf passiert, nichts mit Bürger­nähe zu tun hat, nichts damit zu tun hat, dass man im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und Anrainerinnen und Anrainer etwas tut und umsetzt.

Ich kann im Sinne der Bürgernähe und im Sinne dessen, was jetzt von meinen Vorred­nerinnen und Vorrednern gesagt wurde, gerade was die Arbeit im Petitionsausschuss betrifft und das, was wir damit bezwecken wollen, nur um ein gemeinsames Arbeiten im Sinne der Betroffenen ersuchen, ebenso um Unterstützung und um gute Zusam­menarbeit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Scharer spricht nun 2 Minuten. – Bitte.

 


22.03.44

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Ich beziehe mich auf die Petition „Optimierung statt Reduzierung des öffentlichen Verkehrsangebotes in Oberpinzgau“, die eigentlich für die Situation in allen ländlichen Regionen in Österreich steht.

Die öffentlichen Verkehrsverbindungen, Bus und Bahn, wurden in den letzten Jahren drastisch reduziert. Arbeitnehmer, vorwiegend Frauen, erreichen nur erschwert und vor allem mit hohem Zeitaufwand verbunden ihre Arbeitsstätten. An Wochenenden und Feiertagen bestehen teilweise überhaupt keine Verbindungen – und das in einer ar­beitsmarktpolitischen Problemregion.

Alle Vorzeichen deuten darauf hin, dass der öffentliche Verkehr weg von der Bahn auf die Straße verlagert werden soll – und das in der Nationalpark-Region Hohe Tauern mit 1,4 Millionen Nächtigungen und Tausenden Tagesgästen.

Die Bundesregierung trägt durch die verfehlte Verkehrspolitik und den verursachten Kostendruck auf die ÖBB dazu bei, dass die Prioritäten insgesamt falsch gesetzt wer­den und zu wenig in den öffentlichen Personennahverkehr investiert wird.

Die Pläne der Bundesregierung, die Verantwortung für den ÖPNV an die Bundesländer abzuschieben, die in eine unlösbare finanzielle Situation gezwungen werden, die auch die Gemeinden treffen, werden weitere Einsparungsmaßnahmen zur Folge haben.

Die Petition mit mittlerweile über 3 000 Unterschriften ist ein Hilferuf der Bevölkerung, die wir ernst nehmen sollten. Die Stellungnahme des BMVIT wird so ausfallen, dass der Ausbau und Erhalt des ÖPNV nicht in ihrem Kompetenzbereich liegt.

Herr Kollege Scheuch, ich möchte Sie einladen, einmal mit mir die Region Pinzgau-Pongau-Lungau abzufahren, und dann werden Sie erleben, dass ein behinderter Mensch, der zur Ausbildungsstätte nach Oberrain kommt, für eine Strecke von 40 Kilo­metern fünf Stunden lang unterwegs ist. (Beifall bei der SPÖ.)

22.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hütl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.05.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz auf das Thema Mistel-The­rapie eingehen.

Die Mistel hat als Heilpflanze eine Jahrhunderte lange Tradition. Sie wurde schon in der Antike und im Mittelalter als Heilpflanze geführt. Besonders die therapeutische Wirksamkeit im Rahmen der komplementären Krebstherapie wurde hinsichtlich der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 264

verbesserten Lebensqualität für onkologische Patienten wissenschaftlich mehrmals be­stätigt.

Leider erkranken in Österreich jährlich rund 32 000 Personen an Krebs; 20 000 sterben an dieser Krankheit. Etwa zwei Drittel der Krebspatienten erhalten zur Strahlen- und Chemotherapie eine ergänzende Behandlung, beispielsweise mit Mistel-Präparaten.

Seit 1. April 2006 werden nun Mistel-Präparate unter bestimmten Voraussetzungen in Österreich finanziert. Das heißt, der Patient wird damit finanziell nicht belastet. Die Voraussetzungen sind: additiv im Einzelfall zur onkologischen Therapie und dann, wenn die onkologische Therapie ohne Effekt bleibt oder nicht mehr möglich ist.

Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat schon im Jänner 2005 den Be­schluss gefasst, nach chefärztlicher Bewilligung die Kosten der Mistel-Therapie zu er­setzen. Derzeit wird überlegt, ob nicht generell die Mistel-Therapie in den Erstattungs­kodex aufgenommen werden sollte.

Ich denke, dass die Mistel-Therapie für den onkologischen Patienten nachweislich eine Verbesserung der Lebensqualität beziehungsweise eine zusätzliche Chance und vor allem zusätzliche Hoffnung bedeutet. (Beifall bei der ÖVP.)

22.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

 


22.07.58

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich schließe gerne an die Ausführungen des Abgeordneten Freund an, der gemeint hat, dass der Petitionsausschuss für anderes gut ist, als dass Abgeordnete selbst Peti­tionen unterschreiben. Da gebe ich ihn vollkommen Recht, nur: Es gibt auch viele An­träge von Abgeordneten, die in den einzelnen Ausschüssen derart abgelehnt werden, sodass nichts anderes mehr übrig bleibt, als dann doch mittels überparteilichen Initia­tiven Petitionen einzubringen (Abg. Wittauer: Das stimmt nicht! Die werden wieder zugewiesen!) – so, wie auch ich das getan habe, nämlich betreffend die Senkung der Klassenschüler-Höchstzahlen.

Herr Abgeordneter, Sie werden miterlebt haben, wie groß sich Abgeordneter Amon hier feiern ließ, dass wir die Klassenschüler-Höchstzahl auf 25 senken. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Was ist geschehen? – Nichts! Diese Anträge werden irgendwann nach den Wahlen wieder diskutiert werden. (Abg. Dr. Brinek: Sie wollen das ja nur für ein Jahr!)

Eine zweite Sache, die diese Bürgerinitiative fordert, ist die gleiche Ausbildung aller Lehrerinnen und Lehrer und die gleiche Bezahlung. Es ist nämlich absolut nicht ein­sichtig, dass zwei Berufsgruppen, die das Gleiche tun, das Gleiche unterrichten, ver­schiedenen Gesetzen unterliegen und eine unterschiedliche Bezahlung haben. Daher ist das notwendig.

Wir brauchen nicht die Selektion im Unterricht, sondern wir brauchen die Integration. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ich war nahezu bestürzt über das, Frau Abgeordnete Brinek, was Sie mit Ihren „Ausländerklassen“ noch wollten, wo sie meinten, dass das sinnvoll sei. (Abg. Dr. Brinek: Schauen Sie nach Europa!)

Ich wundere mich über diese Ihre Integrationsvorstellungen, Frau Abgeordnete. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Schauen Sie nach Europa! Das ist ignorant!)

22.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schweisgut. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 265

22.09.48

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Auch ich möchte ganz kurz zusammenfassend meine Sichtweise des Petitions­ausschusses darstellen.

Ich darf mich für die sehr gute Zusammenarbeit bedanken, auch wenn sich die Vielfalt, die in diesem Ausschuss behandelt wurde, darin widerspiegelt, dass es sehr unter­schiedliche Ansichten gibt über die positiven Auswirkungen und die negativen Auswir­kungen, die dieser Ausschuss hat.

Ich glaube, dass nicht jede Vertagung immer negativ ist, vor allem dann, wenn es sich um eine Nachdenkphase handelt, wenn in dieser Nachdenkphase gearbeitet wird.

Unter den vorliegenden Petitionen sind sehr viele, die positiv behandelt worden sind oder die sich im Laufe der Zeit erledigt haben oder die sich vielleicht schon vor deren Einbringung erledigt haben, wie zum Beispiel die Petition betreffend die Motorboot-WM, die verhindert werden sollte, die aber erst drei Monate nach dem Termin einge­bracht worden ist. So manche Petition ist vielleicht auch etwas lustig zu sehen. Ich glaube nicht, dass es im Sinne der Arbeit des Petitionsausschusses ist, wenn Abgeord­nete eine Petition einbringen, die sich um eine Verhinderung einer Veranstaltung dreht, die eigentlich schon drei Monate vorher hätte stattfinden sollen.

Insgesamt ist dieser Ausschuss sehr vielseitig. Er ist bürgernah, man ist direkt am Bür­ger dran. Man erfährt, wo der Schuh drückt. Daher ist, glaube ich, dieser Ausschuss sehr positiv und sollte auch so von allen Mitgliedern gesehen werden.

Ich bedanke mich für die schöne Zusammenarbeit und hoffe, dass der Ausschuss posi­tiv weiterarbeiten wird, und zwar auch in der nächsten Legislaturperiode. Wenn die An­regungen aufgegriffen werden, dass die Behandlung der Petitionen und der Bürgerini­tiativen übergreifend über mehrere Legislaturperioden geht, dann haben wir, glaube ich, heute etwas Positives erreicht; auch zu später Stunde. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.11.34

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Ich darf mich eingangs dafür bedanken, dass Sie diese Anregung des Kollegen Keck aufnehmen wollen. Ich sage es ganz ehrlich: Ich bin über die bisherige Vorgangsweise im Petitionsausschuss maßlos enttäuscht! Auch bei der letzten Sitzung am 6. Juli wurden viele wichtige Anlie­gen unserer Bevölkerung in dem Bewusstsein vertagt, dass in der XXII. Legislaturpe­riode eigentlich nichts mehr geschehen kann. Auf die „feine englische Art“ hat man sich verabschiedet von den Problemstellungen, die an uns berechtigterweise herangetra­gen wurden.

Jetzt erlauben Sie mir, auf die Petition Nr. 92 einzugehen und auf die Bürgerinitiative „Sicher zur Schule – Ein Sitzplatz und ein Gurt für jedes Kind im Kindergarten- und Schulbus“, eingebracht vom Kollegen Steier und mir.

Meine Damen und Herren! Immerhin haben fast 7 000 Österreicherinnen und Öster­reicher das Anliegen unterschrieben, dass die Zählregel geändert werden und künftig auch für Kinder unter 14 Jahren Gültigkeit haben soll, dass jedes Kind einen eigenen Sitzplatz hat und damit auch über einen eigenen Sicherheitsgurt verfügt.

Wenn es, wie aus der vorliegenden Petition hervorgeht, um über 400 vermeidbare Ver­letzungen in einem Halbjahr bei unseren Kindern oder Enkelkindern geht, dann wäre


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 266

es höchst an der Zeit, die unnötigen polemischen Meldungen, die es im Petitionsaus­schuss von Seiten der Abgeordneten der ÖVP gegeben hat, zu stoppen und gemein­sam an die Umsetzung dieses wichtigen Gesetzesvorhabens heranzugehen. Aber das interessiert Sie anscheinend überhaupt nicht, denn anstatt ... (Abg. Wittauer: Sie wis­sen, dass das nicht finanzierbar ist! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nein, nein! Anstatt beim zuständigen Ministerium Stellungnahmen einzuholen, um wirk­lich umfassend in die Debatte einzusteigen, haben Sie das vertagt und an den Ver­kehrsausschuss weitergeleitet, obwohl Sie genau gewusst haben, dass dieser nicht mehr tagen wird. Und wenn dann noch von Ihrer Seite, Herr Kollege, im Ausschuss gesagt wird, wenn man mehr Busse einsetzt, dann schade das unserer Umwelt, dann finde ich das mehr als polemisch, denn die Sicherheit unserer Kinder mit der Umwelt­belastung zu vergleichen, grenzt meiner Meinung nach schon an eine fiese Vorgangs­weise. (Beifall bei der SPÖ.)

22.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorletzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Kurzbauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.14.18

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Meine Damen und Herren! In diesem Sam­melbericht behandeln wir 21 Petitionen und fünf Bürgerinitiativen. Mein Redebeitrag beschäftigt sich mit der Petition Nr. 81. Es geht dabei um die Nachnutzung des Gar­nisonsübungsplatzes Völtendorf. Diese Petition wurde am 16. Jänner eingebracht.

Diese Petition steht im Zusammenhang mit der bevorstehenden Schließung der Kopal­kaserne in St. Pölten-Spratzern. Auf Grund der Schließung dieser Kaserne verliert die­ser Übungsplatz seine militärische Bedeutung und soll nun veräußert werden.

Geschätzte Damen und Herren! Im Raum um St. Pölten gibt es eine rege Bautätigkeit, und gerade diese Bautätigkeit, vor allem im Bereich des Ausbaues der hochrangigen Verkehrswege bedeutet, dass immer wieder landwirtschaftliche Grundstücke benötigt und verbaut werden. Nunmehr besteht die Möglichkeit beziehungsweise ist es nahelie­gend, dass die Flächen dieses Truppenübungsplatzes wieder der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Seitens der Bezirksbauernkammer in St. Pölten und der Landeslandwirtschaftskammer gibt es nun Bemühungen, zirka 120 Hektar für die Land­wirtschaft zu sichern. Rund 42 Hektar sollen für das sich dort befindliche private Flug­feld zur Verfügung gestellt werden. Mit der Verwertung und der Veräußerung dieses Truppenübungsplatzes wurde die SIVBEG beauftragt.

Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen hat in seiner Sitzung vom 6. Juli die­se Petition durch Kenntnisnahme erledigt. (Beifall bei der ÖVP.)

22.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Eßl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.16.16

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute den Sammelbericht für Petitionen und Bür­gerinitiativen.

Es ist bereits berichtet worden, dass es 92 Petitionen und 40 Bürgerinitiativen zu den verschiedensten Themenbereichen gegeben hat. Man sollte die Petitionen ernst neh­men, man sollte die Bürgeranliegen ernst nehmen. Aber ich sage auch dazu: Die Politi­ker sind dazu da, um zu entscheiden, und da darf es auch unterschiedliche Meinungen geben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 267

Ich spreche da das von der Frau Kollegin Rest-Hinterseer erwähnte Kraftwerk Pfarr­werfen an. Es sind meiner Meinung nach Bürgeranliegen ernst zu nehmen, aber dieses Kraftwerk bedeutet auch Arbeitsplätze, hätte Beschäftigungseffekte, und daher sollte man sich für dieses Kraftwerk entscheiden.

Bürgerinitiativen und Petitionen bedeuten auch Recht und Gerechtigkeit.

An dieser Stelle darf ich aber auch zu einem anderen Thema etwas sagen: Abgeordne­ter Heinz Gradwohl hat heute schon die Stricherlliste bezüglich der Redezeit angespro­chen. Da das mittlerweile in den Zeitungen steht und da gestern zu einem meiner Kol­legen gesagt worden ist, zu wenig Vierzeiler habe man gehört und heute gesagt wurde, man soll sich öfter zu Wort melden und weniger Zwischenrufe machen, möchte ich Ihnen die Redezeitaufteilung zwischen den vier Fraktionen vom heutigen Tag zur Kenntnis bringen.

ÖVP: 140 Minuten. – Das bedeutet 1 Minute und 46 Sekunden pro Abgeordnetem.

SPÖ: 140 Minuten. – Das bedeutet 2 Minuten und 2 Sekunden pro Abgeordnetem.

Freiheitliche – BZÖ: 96 Minuten. – Das bedeutet 5 Minuten und 20 Sekunden pro Ab­geordnetem.

Grüne: 104 Minuten. – Das bedeutet 6 Minuten und 7 Sekunden pro Abgeordnetem.

Ich frage, ob das die objektive Grundlage zur Beurteilung von Fleiß ist? (Lebhafter Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

Ansonsten darf ich ersuchen, dem Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes des Aus­schusses für Petitionen und Bürgerinitiativen zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1612 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.18.30Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den An­trag der Abgeordneten Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistungen.

Der Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses gemäß § 33 GOG zur Untersuchung der Verantwortung der in den


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 268

Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Ban­kenaufsicht und der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistern.

Begründung:

Die anhaltende Diskussion um gravierende Missstände im österreichischen Bankwe­sen und bei Finanzdienstleistern schädigt die Reputation und damit die Leistungsfähig­keit des Finanzplatzes. Eine kritische und umfassende Beschäftigung der parlamentari­schen Kontrollinstrumente mit diesen Missständen ist dringend geboten. Exekutive und Legislative müssen die richtigen Folgerungen und Konsequenzen ziehen.

Besonders ins Auge sprangen dabei folgende Vorfälle:

Engagements in hochriskante Spekulationsgeschäfte (BAWAG, Hypo Alpe Adria, u.a.)

Firmengeflechte und Geldflüsse, die den Verdacht auf Geldwäsche erwecken („Karibik­geschäfte“, REFCO Verflechtungen)

Fragwürdige Firmenübernahmen und deren Finanzierung (MobTel, MobilTel)

Intransparente Geschäftsverbindungen zu dubiosen Partnern (BAWAG, Raiffeisen In­ternational, Hypo Alpe-Adria)

Anlagefonds, die unbehelligt in kurzer Zeit tausende Anleger schädigen (AMIS)

Diese Vorfälle haben nicht nur juristische Folgen, sondern werfen auch die Frage auf, warum die vom Gesetzgeber bestellten Aufsichtsorgane nicht einschritten und was sie von den Vorkommnissen wussten.

Widersprüchliche Aussagen zu aufklärungsbedürftigen Vorfällen rund um die soge­nannten „Karibik-Geschäfte“ der BAWAG werfen Fragen über das Verhalten der dama­ligen Bankenaufsicht im BMF und der von 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundes­minister für Finanzen auf. Die BAWAG unterlag als Kreditinstitut der Bankenaufsicht, die zu dieser Zeit vom BMF ausgeübt wurde. Sie unterlag außerdem der Prüfungskom­petenz der OeNB, die nach dem BWG bei der Bankenaufsicht mitzuwirken hatte.

Der Versuch, diese Skandale im ständigen Unterausschuss des Rechnungshofaus­schusses zu klären, stieß an seine natürlichen Grenzen: Weder lagen den Abgeordne­ten die nötigen Originaldokumente vor, noch konnten die bisher geladenen Auskunfts­personen zu wahrheitsgemäßen und umfassenden Aussagen verpflichtet werden.

Darüber hinaus ist bekannt geworden, dass wegen riskanter Devisen- und Zinsge­schäfte (Swaps) die Hypo Alpe-Adria-Bank AG vor zwei Jahren rund 330 Mio. Euro verloren hat. Auch hier stellt sich die Frage, warum Bankprüfer, Staatskommissäre und Bankenaufsicht kein entsprechendes Interesse an aufklärungsbedürftigen Bilanzzahlen zeigten.

Die Finanzierung von Firmenübernahmen von osteuropäischen Paten - etwa im Falle der bulgarischen Mobiltel oder der serbischen Mobtel - birgt nicht nur hohe finanzielle Risken, die mittelbar österreichische Kunden und Steuerzahler schädigen könnten, sondern ist auch geeignet, die Reputation und Vertrauenswürdigkeit des heimischen Bankplatzes zu gefährden. Auch passen solche Geschäftspraktiken schlecht zu den Richtung EU-Beitrittskandidaten gerichteten Forderungen, entschiedener gegen Wirt­schaftskriminalität vorzugehen.

Ebenso geeignet, die Interessen von österreichischen Bankkunden und das Ansehen des Bankplatzes zu schädigen, sind von österreichischen Banken organisierte Treu­handlösungen, wie die Centragas der Raiffeisen International, die dazu dienen, Eigen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 269

tumsverhältnisse zu verschleiern und damit den Verdacht von Geldwäsche und unge­rechtfertigten Gewinnentnahmen wecken.

Schließlich tummeln sich in Österreich - scheinbar unbehelligt von der Finanzmarktauf­sicht -Finanzberater und Veranlagungsfirmen, die offenbar nicht daran denken, die von ihnen geweckten Gewinnversprechen zu erfüllen und tausende geschädigte Anleger zurücklassen. Auch hier stellt sich die Frage, warum die staatlich vorgesehenen Kon­trollinstrumente nicht ausreichen, um Anleger zu schützen.

Da es ein dringendes öffentliches Interesse an einem geregelten und funktionstüchti­gen Bankwesen und Finanzmarkt gibt, muss genau untersucht werden, welche Hand­lungen oder Unterlassungen die sachlich in Betracht kommenden Behörden im Zeit­raum von 1994 bis heute gesetzt haben und welche Konsequenzen sich aus festge­stellten Mängeln für zukünftige Verbesserungen ableiten lassen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befind­lichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarkaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistern wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt. Der Ausschuss soll folgende Bereiche untersuchen:

1. Reaktion der Kontrollinstitutionen im Zeitraum von 1994 bis heute auf die sogenann­ten „Karibik-Geschäfte“ der BAWAG.

2. Politische Verantwortlichkeit für die fehlenden Konsequenzen eines Prüfberichtes der Nationalbank aus dem April 2001 an die damalige Bankenaufsicht im BMF über die Situation der BAWAG/PSK.

3. Politische Verantwortlichkeit für eventuell eintretende Haftungen der Republik Öster­reich gegenüber den KundInnen der BAWAG/PSK.

4. Untersuchung von Zusammenhängen mit der außergewöhnlichen und ihrerseits dubiosen Finanzierung der Beschaffung der „Eurofighter“.

5. Prüfung der Entsendepraxis von Staatskommissären, im speziellen im Fall der Hypo-Alpe-Adria Bank AG und der BAWAG/PSK, Tiroler Sparkasse.

6. Prüfung der Frage, ob, in wie weit und wann die Banken- bzw. Finanzmarktaufsicht über die Malversationen in der Hypo-Alpe-Adria Bank AG Kenntnis erlangt hat und wie diesfalls von seiten der FMA reagiert wurde.

7. Prüfung der Frage, inwieweit die Finanzmarktaufsicht gegen Fehlbewertungen von Beteiligungen und Kreditrisiken vorgeht.

8. Prüfung der Frage, welche Verbindungen und Verwicklungen zwischen Aufsichtsor­ganen von Banken einerseits und der Geschäftsführung derselben andererseits existie­ren, die geeignet sind, eine wirkungsvolle Bankenkontrolle zu verhindern.

Der Untersuchungsausschuss soll im Verhältnis 5 ÖVP, 4 SPÖ, 1 Freiheitlicher Klub - BZÖ, 1 Grüne zusammengesetzt sein.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 270

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte ein.

Redezeit: Erstredner 10 Minuten, alle anderen Redner 5 Minuten. Stellungnahmen der Bundesregierung 10 Minuten.

Zu Wort gelangt der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Redezeit: 10 Minu­ten. – Bitte, Herr Kollege. (Zwischenrufe.)

 


22.19.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! „Kurz und schmerzlos“, höre ich da. Schmerzlos ist die Sache nicht – weder der Anlassfall, einer der größten oder vermutlich der größte Bankenskandal, ausgerechnet im Umfeld einer Gewerk­schaft. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Schmerzvoll ist allerdings auch Ihre Behandlung dieses Skandals hier im Haus. Auf beides ist einzugehen.

Nur damit es dieses Missverständnis – künstlich produziert von Ihrer Seite – nicht wie­der gibt: Ja, es ist allem Anschein nach ein offensichtlich großer Betrugs-, wenn Sie so wollen, Kriminalfall vorliegend, ja, er ist offensichtlich in der Nähe von politischen Insti­tutionen und Parteien angesiedelt und auch durchaus als solcher aufzuarbeiten! Aber eigentlich haben wir uns hier längst die Frage zu stellen, wie wir dieses machen. (ÖVP-Klubdirektor Dr. Zögernitz steht zwischen den Bankreihen.) – Herr Kollege Zögernitz, Sie wären ja ohnehin der interessanteste Gesprächspartner in diesem Zusammen­hang, es geht nämlich genau um das Verhältnis – ich habe Sie im Auge, Herr Kollege Zögernitz – eines wirklichen Untersuchungsausschusses zu den Möglichkeiten eines Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses.

Wenn es nämlich wirklich etwas zu untersuchen gibt – da sind wir uns ja einig –, kann der Unterausschuss wenig bis gar nichts. Es beginnt beim Erhebungsbericht. Der Er­hebungsbericht ist eine Veranstaltung des Ministeriums auf Anfrage, Einladung des Parlaments nach § 40 der Geschäftsordnung. Nachdem aber der Untersuchungsge­genstand für diesen Unterausschuss damit schon beschrieben ist, weil es ja gar nicht anders geht, die Vollziehung zu überprüfen – Kollege Molterer hat den Antrag einge­bracht –, vor allem das Wirken der Aufsicht, also jener Institutionen, die dem Finanz­ministerium unterliegen – also es geht auch um die Verantwortung des Finanzminis­teriums –, ist es doch absurd, dass, wenn wir diese heikle Affäre wirklich untersuchen wollen, ausgerechnet der Minister selbst sich aussuchen darf, was er dem Parlament übermittelt, worüber wir dann wieder diskutieren sollen.

Das hat, objektiv betrachtet, eine Schräglage; aber Objektivität ist ja nicht Ihr Problem in diesem Zusammenhang. Sie ziehen ja ganz andere Vorteile aus der Sache: Mit dem Unterausschuss haben Sie einfach die Möglichkeit, das Thema zu jonglieren, wie Sie es brauchen. Ich sage Ihnen, es ist zwar politisch vielleicht vordergründig und kurzfris­tig opportun – aus machtpolitischen Überlegungen –, es dient aber nicht wirklich der Aufklärung. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Es ist ganz klar, Herr Kollege Murauer, selbst Sie werden das jetzt verstehen, dass der Untersuchungsausschuss ganz andere Möglichkeiten hat. Und wir brauchen diese Möglichkeiten mittlerweile! Es hat keinen Sinn, wenn wir in dieser Sache auf Original­dokumente verzichten. – Der Unterausschuss bekommt sie nicht! Es hat keinen Sinn, wenn wir hier Leute hören, die eigentlich erzählen können, was sie wollen. Ich meine damit nicht die Entschlagungspflicht von jenen Personen, gegen die Vorverfahren lau­fen; die haben diese Entschlagungspflicht natürlich auch im Untersuchungsausschuss, nur damit Sie da jetzt nicht fälschlicherweise und irrtümlich Tinte verbrauchen, Kollege Neudeck. Wir wissen das natürlich.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 271

Aber es gibt auch viele andere Auskunftspersonen – und auf die wird gleich einzuge­hen sein –, auf die das nicht zutrifft, die in dieser Sache nicht in Vorerhebungen ste­cken, und die können ganz anders erscheinen und dem Parlament in einem ganz an­deren Status zur Verfügung stehen. Ich sage Ihnen, um wen es da zum Beispiel gehen könnte. Vielleicht interessiert ja die Kollegen und Kolleginnen, die nicht im Unteraus­schuss waren, welch illustres Treiben dort unter dem Deckmantel der Aufklärung mitt­lerweile stattfindet.

Da gibt es einen gewissen Herrn Gancz, lange Jahre Abteilungsleiter im Finanzministe­rium, jedenfalls in der fraglichen Zeit der BAWAG-Affäre. Für die Bankenaufsicht ist im Jahr 1994 ein relativ strenger, um nicht zu sagen – aber aus heutiger Sicht ist man natürlich gescheiter, damals war das unüblich –, ein dramatischer Bescheid erlassen worden, was die Wirkungsweisen der Aufsichtsgremien gegenüber der BAWAG betrifft. Da ist sehr viel drin, und das war nicht umsonst, das war schon im Jahr 1994 ... (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Bringen Sie es auf den Punkt! Was wollen Sie sagen?) – Kom­men Sie zu sich, ich bin am Punkt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage es Ihnen noch einmal, Herr Kollege Maier. Was Sie da in dem Ausschuss für eine Rolle spielen, bleibt Ihnen selbst überlassen, aber es ist vollkommen klar, dass dieser Herr Gancz im Jahr 2001 den Bericht offensichtlich ganz anders interpretiert hat. Es hat nämlich einen nächsten gegeben – wieder war die Notenbank aktiv –, und die­ser war eigentlich auch noch sehr kritisch. Wir haben schon ein paar Mal darüber gere­det. Der Herr Finanzminister wollte ihn zuerst gar nicht gelesen haben, nachher wollte er das ganz anders interpretiert wissen, zum Schluss hat er sich – und ich sage das ganz absichtlich, Herr Präsident – mit seinen Lügen bis ins Fernsehen verstiegen. Und so geht das halt dahin.

Was ist im Jahr 2001 passiert? Warum ist der Herr Finanzminister ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Vorwurf der Lüge betreffend, den Sie absichtlich gegenüber einer konkreten Person erhoben haben, gebe ich Ihnen die Chance, ihn zu­rückzunehmen, sonst werden Sie einen Ordnungsruf bekommen. Sie schließen damit an die Meisterschafts-Dreierliga an. Nehmen Sie den Ausdruck zurück?

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Nein! Sie bringen mich um die Chance, in dieser Liga vorwärts zu kommen. Ich nehme den Ausdruck nicht zurück.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

Bitte, Sie sind am Wort.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Manche sind ja des Lesens fähig. Sie brauchen, wenn Sie hier immer so argumentieren, ja nur das „profil“ vom letzten Montag zu Rate zu ziehen. Daraus geht klipp und klar hervor, dass im Jahr 2001 die Sache in Wahrheit schon sehr dick auf dem Tisch lag. Die Frage lautet: Warum ist dann nichts passiert?

Ich füge noch einmal hinzu: Der wirkliche Skandal ist natürlich die Gaunerei davor, aber wir sollen und können im Prinzip natürlich nur überprüfen, was die Vollziehungsor­gane anlässlich solcher Berichte dann leisten. Wozu haben wir denn ein Bankenauf­sichtswesen, wenn es dann, wenn es gebraucht wird, rigoros versagt? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Diese Frage darf man schon stellen, und man muss sie stellen.

Was ist passiert? Jener Herr Gancz weist im Nachhinein, jetzt, heute, die Vorwürfe an die Notenbank, die Notenbank sagt: Nein, das Finanzministerium ist schuld, denn wir haben ja einen Bericht geliefert, der es in sich gehabt hat! Mittlerweile hat sich heraus­gestellt: Auch da hat der Finanzminister die Unwahrheit gesagt – das ist aber noch kein Ordnungsruf –, nämlich die Unwahrheit gesagt, indem er bestritten hat, dass die Liech-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 272

tenstein-Stiftungen darin vorkommen. Alle sind sie erwähnt, alle drei: Bensor, Biamo und Treval.

Im Bericht war noch nicht klar, wie die genauen Verflechtungen laufen, aber es war klar, dass es um undurchsichtige Konstruktionen geht. Hätte man wollen, wäre man damals schon draufgekommen, dass dort 1,4 Milliarden € – letztlich Flöttl-Verluste, da war Refco noch nicht da – versteckt wurden. Wenn man gewollt hätte! Zuerst die Gau­ner – ich weiß, damit wir schön in Übung bleiben –, zuerst die Gauner, dann wird das Verhalten der Aufsicht geprüft, und dazu sind wir auch aufgerufen.

Was ist passiert? Sie lehnen mit Ihrer Mehrheit ab, dass dieser Herr Gancz in diesem Ausschuss aussagen soll. Das ist doch unglaublich! Sie lehnen ab, dass Herr Flöttl vorgeladen wird. Vielleicht besinnen Sie sich noch; mittlerweile wissen wir ja, dass im Sommer noch mehrere Termine geplant werden. Das ist gut so, das macht aber nur Sinn, wenn wir ermitteln in alle Richtungen, die hier offensichtlich notwendig sind.

Dass Sie mit anderen Auskunftspersonen, die dann schon in die Sphäre der ÖVP gehen, keine Freude haben, ist klar. Sie werden den Machtmissbrauch hoch drei dort weitertreiben und – ich mache mir da gar keine Illusionen – weiterhin versuchen, zu verhindern, dass diese Leute geladen werden. Aber wenigstens jene der Aufsicht müs­sen geladen werden, denn das ist nämlich genau entlang des Prüfauftrags.

Wenn Sie heute wieder die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ablehnen wollen – vielleicht machen Sie ihn ja später, weil das dann wieder opportun ist! Jetzt, bis zur Wahl, ist es ja vermutlich lustig, durch die Möglichkeiten dieses „kleinen Unter­suchungsausschusses“ die Öffentlichkeit irgendwie zu behelligen. Ich sage Ihnen, der Untersuchungsausschuss bietet auch die Möglichkeit, den Gegenstand auszuweiten. Längst ist es interessant, wie die Aufsichtsbehörde sich im Fall Hypo Alpe-Adria be­nommen hat – im Übrigen gar nicht so schlecht. Es wäre nur die Frage, warum sie da im Verhältnis zu damals endlich munter geworden ist. Klären wir das doch auf! – Das ist unser Argument.

Wenn Sie schon in den Untersuchungsgegenstand hineingeschrieben haben, dass bis zum Jahr 2000 grundsätzlich untersucht werden soll und ab dem Jahr 2001 nur mehr deshalb, weil der Herr Finanzminister angeblich – das steht sogar im Prüfverlangen!; so etwas Absurdes habe ich überhaupt noch nicht gelesen – so eine tolle Wirkungs­weise entfaltet hat, was die Bankenaufsicht und die FMA betrifft (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), ja dann überprüfen wir doch die wunderbare Wirkungsweise dieser FMA, wenn wir schon die gesetzlichen Vorgaben gegeben haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger.– Sparen Sie sich Ihre Überheblichkeit, Sie werden auch noch munter werden! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. 5 Minu­ten. – Bitte.

 


22.30.01

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Geschätzter Kollege Kogler! (Abg. Dr. Brinek: Nein, nicht geschätzt heute!) – Ich schätze den Kollegen Kogler durchaus. Einige Punkte, die Sie angespro­chen haben, Herr Kollege Kogler, sind durchaus interessant, nämlich dass Sie – und den Eindruck hat man ja nicht immer – gesagt haben: zuerst einmal schauen, wo die Gauner sind, und dann sozusagen untersuchen, warum die Aufsicht gewisse Dinge nicht rechtzeitig herausfinden kann. Genau das ist unsere Linie und unsere Position, die leider von der SPÖ nicht geteilt wird. Die SPÖ vertritt immer die Position, die Auf­sicht sei eigentlich schuld daran, dass das alles passiert ist, und nicht diejenigen, die in


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 273

diese Malversationen verwickelt sind! – Herr Kogler, da decken wir uns inhaltlich! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Sie haben angesprochen, dass wir Herrn Flöttl junior nicht laden wollen. Dazu möchte ich sehr klar sagen: Es geht nicht darum, dass wir Herrn Flöttl junior nicht laden wol­len – ich glaube sogar, dass wir uns finden werden und es noch zu einem Ladungsbe­schluss des Herrn Flöttl junior kommen wird, denn selbstverständlich ist er eine der Schlüsselpersonen in diesem unglaublichen Skandal; dazu wird es sicherlich kom­men –, aber es macht natürlich auch Sinn, eine gewisse Struktur in der Ladung vorzu­sehen. Wir haben uns in der ersten Runde, wie Sie wissen, mit den Aufsichtsorganen beschäftigt. Wir arbeiten uns jetzt sozusagen vorwärts und haben die Generaldirekto­ren und politisch Verantwortliche zu Gast im Ausschuss gehabt, und natürlich wird man auch Herrn Flöttl noch hören. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.

Aber, und ich möchte eines sehr klar sagen: Es ist schon richtig, dass sich auf Grund der Dinge, die zunehmend an die Öffentlichkeit gelangen – heute oder gestern ist be­kannt geworden, dass hier auch Bankkonten und Stiftungen eingefroren werden –, na­türlich zunehmend die Indizien in eine Richtung verdichten, die eigentlich sehr stark zum Ausdruck bringt, dass wir ohne Untersuchungsausschuss pro futuro nicht auskom­men werden. (Abg. Dr. Matznetter: Dann stimmen Sie zu!) Das ist der Eindruck, den ich habe. Aber es hat sich eigentlich sehr bewährt und es ist unsere Position, die wir als Regierungsparteien eingenommen haben, dass man zunächst einmal die Gerichte und die Behörden arbeiten lässt und dass wir dann entscheiden, inwieweit es nicht auch die politische Verantwortung im Rahmen eines Untersuchungsausschusses zu untersuchen gilt.

Meine Damen und Herren! Dass es hier politische Implikationen gibt, das ist ja mittler­weile schon sehr offensichtlich. Das ist sehr offensichtlich, dass das ein unglaublicher, auch Politikskandal ist, der sich hier auftut. Aber dennoch bleiben wir bei der vorgese­henen Linie: Zunächst entscheiden die Gerichte, und dann ist die Frage der politischen Verantwortung zu klären, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist ja lustig, dass aus den Reihen der SPÖ der Zwischenruf kommt, das sei der alte Schmäh. (Abg. Broukal: Wir wollen ihn, Herr Amon! Sie wollen ihn nicht!) Herr Kol­lege, darf ich Ihnen etwas sagen: Eigentlich sollten Sie uns ja dankbar dafür sein, dass wir noch keinen Untersuchungsausschuss beschlossen haben. Dankbar sollten Sie uns sein dafür! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich sage Ihnen, wir bleiben bei dieser Linie, weil es nicht darum geht, hier einen Schauprozess relativ knapp vor einer statt­findenden Nationalratswahl abzuhalten, sondern es geht darum, dass einmal die unab­hängigen Gerichte ihre Entscheidungen treffen. Dann ist immer noch ausreichend Zeit, die politische Verantwortung in dem Zusammenhang zu klären, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Letztes möchte ich noch sagen, weil Ihr Antrag natürlich inhaltlich auch interessant ist, Herr Kollege Kogler. Sie haben nämlich als Untersuchungsgegenstand im Grunde genommen genau das angeführt, was wir im Unterausschuss zur Beratung haben. Und das ist insofern interessant, weil dadurch im Untersuchungsausschuss natürlich das­selbe passieren würde – Sie haben es selbst angesprochen –: Jene, gegen die Vorun­tersuchungen laufen, würden sich wahrscheinlich auch im Untersuchungsausschuss – und ich habe den Eindruck, Sie haben das auch irgendwie zum Ausdruck gebracht – der Aussage entschlagen, was uns natürlich dann auch im Untersuchungsausschuss inhaltlich nicht wirklich weiterbringen würde.

Im Rechnungshof-Unterausschuss haben jene, gegen die keine Vorerhebungen laufen, sehr wohl ausgesagt. Wir sind nicht mit allen fertig geworden – aus unterschiedlichen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 274

Gründen. Es ist auch noch kein Ende des Unterausschusses in Aussicht. Und ich bin eigentlich überzeugt davon, dass der Unterausschuss eine wesentliche Vorarbeit für die Untersuchung dieses unglaublichen Politikskandals, in den bedauerlicherweise we­sentliche SPÖ-Funktionäre involviert sind, leistet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

22.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Matznetter gelangt nunmehr für 5 Mi­nuten zu Wort.

 


22.35.49

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob „Heuchelei“ auf dem Index steht. – Nein? Dann kann ich es als das bezeichnen, was es ist, nämlich Heuchelei, Kollege Amon. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn das stimmen würde – wir haben gesagt, wir stimmen zu –, dann ermöglichen Sie doch jetzt den Untersuchungsausschuss! Stimmen Sie dem Antrag zu, dann fangen wir nämlich das zu untersuchen an, was Auftrag ist!

Erstens: Ein Kriminalfall gehört aufgeklärt durch die zuständigen Behörden. Das sind Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaft und Untersuchungsrichter. Der bankrecht­liche Teil gehört durch die Aufsicht überprüft. Wenn es Zweifel daran gibt, dass die Auf­sicht ordnungsgemäß funktioniert hat, dann ist es Aufgabe dieses Hauses, das zu untersuchen, denn dann ist es ein Vollziehungsproblem. Und genau dort haben wir die Schwäche gesehen: ein Finanzminister, der keine der kritischen Fragen beantwortet hat. 96 Fragen musste ich einbringen, weil er nicht geantwortet hat. Im Untersuchungs­ausschuss müsste er uns Rede und Antwort stehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und wenn Sie den politischen Skandal angehen – wo ist Kollege Amon? –: Warum laden Sie Herrn Wolfgang Flöttl nicht? Das hat doch ganz andere Gründe! – Na klar müssten wir das Umfeld klären, na klar müssten wir klären, wie die politischen Kon­takte sind, wie die persönlichen Beziehungen sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Und wir müssten auch fragen, welche Informationen wann vorgelegen sind. Denn eines ist ja auch klar, meine Damen und Herren: Wir haben größtes Interesse daran, dass die Täter gefunden werden, dass jene festgestellt werden. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist relativ einfach beantwortet, wenn Sie Zweifel haben: Diese Gewerkschaftsbe­wegung wurde zuerst um 1,5 Milliarden beraubt und in der Folge durch das Zudecken dieses Bankraubes um weitere 1,5 Milliarden, wenn man Refco mitrechnet. Und das ist Geld der Gewerkschaftsmitglieder! – Wenn es in der Verfolgung der Täter keine Ver­haftungen gibt, zu spät Hausdurchsuchungen gibt, dann werden wir das untersuchen. Wenn Prüfberichte ignoriert werden, werden wir das untersuchen. Und wenn es poli­tische Gründe dafür gibt, dass fünf Jahre geschlafen wurde, dann gehören diese auf den Tisch – auch wenn es für viele unangenehm ist, die nicht dem Risiko unterliegen, vielleicht einmal als stellvertretender Generaldirektor der SPÖ beigetreten zu sein. Es wird ungeachtet der Person aufgedeckt werden. (Abg. Wittauer: Das ist Heuchelei!)

Es wird auch Ihnen nicht gelingen, durch Ablehnung des Antrages des Kollegen Kogler zuzudecken und zu glauben, auf diese Art billig Propaganda zu fahren. Es gehört auf­geklärt, es gehört festgestellt, wer kriminell verantwortlich ist, und dem gebührt auch die volle Härte des Gesetzes. Wer versagt hat bei der Aufsicht oder bei der Justiz, ge­hört ebenfalls lückenlos aufgeklärt, und es gehört die politische Verantwortung für alle Beteiligten lückenlos aufgeklärt.

Wir werden für den Untersuchungsausschuss stimmen, Sie stimmen dagegen, und Sie werden wissen, warum Sie das tun. Auch darüber werden wir uns noch unterhal-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 275

ten. Denn nur die SPÖ damit zu beschütten, das wird Ihnen nicht gelingen. Es ist ein Riesenskandal, der weit die Grenzen sprengt. (Beifall bei der SPÖ.)

Und da Sie so nett tun in dieser Frage: Sie glauben doch nicht wirklich, dass ein Prüf­bericht der Oesterreichischen Nationalbank, bei dem alle Gesetzesverstöße nach dem BWG aufgezählt sind, die bis damals begangen worden sind, auch nach dem neuen Bericht, einfach grundlos schubladisiert wird! (Abg. Dr. Fekter: Warum hat sie nichts unternommen?) Die Nationalbank ist nur die Prüferin; Frau Kollegin, das ist peinlich für eine mit Ihrer Funktion im Justizausschuss.

Dann geht der Bericht an die zuständige Behörde, an jenen Beamten, der peinlich ge­nau Auflagen erteilt hat, eine laufende Expertenkommissionbehandlung über fünf Jahre gemacht hat. Glauben Sie, dass dieser Beamte plötzlich am Morgen sagt: Jetzt ist das Jahr 2000, jetzt interessiert uns die BAWAG nicht mehr!? – Ich glaube es nicht!

Mich interessiert genau die Kette, wie es dazu kommt, und die gehört aufgeklärt, unge­achtet der Person. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Genau das ist die Vollziehung, und genau dafür hat das Parlament das Untersuchungsrecht. Und da brauchen wir we­der auf Gerichte noch auf Ihre Parteipropagandaveranstaltung „kleiner Untersuchungs­ausschuss“, wo niemand antwortet, zu warten. Das können wir gleich machen. Tun Sie es jetzt, denn Sie werden die Konsequenz tragen müssen und einmal antworten müs­sen, warum Sie die Aufklärung just vor der Wahl verweigert haben! Und womöglich werden wir es auch noch vor der Wahl diskutieren.

Noch etwas möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben: Sie sind hier Abgeordnete nicht einer Partei. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, stimmen Sie zu, und wir klä­ren das Ganze auf! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Wittauer – in der ersten Bankreihe sitzend –: Das ist nicht auszuhalten!)

22.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Auch er spricht 5 Minuten.

Herr Abgeordneter Wittauer, das ist nicht Ihr Sitz! Zwischenrufe nur von Ihrem eigenen Sitz – und auch von Ihrem eigenen Sitz nicht ununterbrochen dazwischenreden! (Abg. Wittauer: Ich habe keinen Zwischenruf gemacht!) Und wenn Sie jetzt noch weiter Zwi­schenrufe machen, bekommen Sie einen Ordnungsruf!

Am Wort ist Herr Abgeordneter Neudeck.

 


22.41.41

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier hat der Finanzreferent der SPÖ gesprochen, der mit Scheingewinnen aus der BAWAG und dem ÖGB seine Partei saniert hat. (Beifall bei den Freiheitli­chen – BZÖ und der ÖVP. – Zahlreiche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, dieser Antrag der Grünen dient nur dazu (anhaltende Zwi­schenrufe bei der SPÖ), um Gerichtsverfahren zu verhindern, damit nicht die Gerichte noch vor der Wahl endlich die Wahrheit auf den Tisch bringen.

Es war immer Usance in diesem Hause, dass wir, solange die Justiz ermittelt, keinen Untersuchungsausschuss einrichten. (Neuerliche anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Kollegen, beruhigen Sie sich! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Kollege Matznetter! Frau Abgeordnete Bures hat hier im Haus und in Interviews ge­sagt, dass Millionen, die in Ihrem Rechnungsausweis ausgewiesen sind, von der FSG


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 276

sind. Also was soll die Aufregung? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abgeord­nete der SPÖ verlassen den Sitzungssaal.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, so kommen wir nicht weiter!

Ich werde mir das Protokoll anschauen. Man kann nicht vorher hineinhauen und sich dann wundern, wenn die andere Seite ... (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das gilt für beide Seiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Ich bitte um Zu­rückhaltung in der Debatte!

Am Wort ist Herr Abgeordneter Neudeck!

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (fortsetzend): Herr Präsident! Abgeordneter Matznet­ter hätte diese Äußerung, die ich schon zweimal gemacht habe, in Form einer tatsäch­lichen Berichtigung berichtigen können; von diesem Mittel hat er jedoch noch nicht Ge­brauch gemacht.

Aber worum es mir geht: Die SPÖ versucht immer, den SPÖ-Skandal mit einer Auf­sichtspflicht der Bankenaufsicht zu überdecken.

Es gibt ein OGH-Urteil betreffend die Bank Burgenland, das besagt: Die Bankenauf­sicht hat nicht die Aufgabe, die Eigentümer von Banken vor möglichen Schäden zu bewahren. Aus diesem Grund hat der Oberste Gerichtshof in letzter Instanz eine Klage des Burgenlandes abgewiesen, mit der sich das Land aus dem Titel der Amtshaftung bei der Republik Schadenersatz wegen des Bank Burgenland-Debakels holen wollte. – Wir haben da also einen Präzedenzfall.

Und ein Redakteur der „Presse“ – nicht ich sage das – schreibt: „Die Kernaussage die­ser Entscheidung lässt sich auch auf die Causa BAWAG übertragen. Schließlich könn­te ja auch der ÖGB versucht sein, die Bankenaufsicht und dadurch die Republik für die Missstände mitverantwortlich machen zu wollen. Das nun vorliegende Urteil dürfte die Eigentümer der BAWAG dann allerdings enttäuschen.“ (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kogler hat vollkommen richtig gesagt: Der wirkliche Skandal ist die Gaunerei davor.

Und was machen Sie jetzt mit einem Untersuchungsausschuss? Ich habe die Aus­kunftspersonen das letzte Mal gefragt, was sie in einem Untersuchungsausschuss ma­chen würden. – Sie würden sich auch der Aussage entschlagen. Andere würden sich auch der Aussage entschlagen, und es gibt laut diesem OGH-Urteil keine Haftung der Republik.

Worum geht es? – Kollege Kogler, da enttäuschen mich die Grünen ganz besonders. – Ein gerichtliches Verfahren zu behindern, weil wir hier einen Untersuchungsausschuss installieren wollen, wo wir Originalunterlagen verlangen, wo wir Einsicht verlangen? Sie können hier nicht untersuchen, warum Personen nicht in Haft sind. Die Untersuchungs­richterin sagt, diese Personen stehen immer zur Verfügung; sie sieht keine Verdunke­lungs- und keine Verabredungsgefahr; Fluchtgefahr ist nicht gegeben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Ich bin anderer Meinung. Die Untersuchungsrichterin ist weisungsungebunden, da kön­nen Sie prüfen, was Sie wollen.

Sie wollen mit diesem Untersuchungsausschuss, dem wir nicht zustimmen, nur die ge­richtliche Aufklärung vor der Wahl verhindern. Daher fordere ich die Regierungsfrak­tionen auf, nicht zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Zur Geschäftsbehandlung!)

22.46



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 277

Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.46.23

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Neudeck hat nicht nur das Wort „Sauerei“ verwendet – was mich weiters weniger aufreibt und was Sie heute schon einmal mit einem Ord­nungsruf bedacht haben –, aber es hat sich um die Unterstellung einer kriminellen Tat eines Abgeordnetenkollegen gehandelt. Ich ersuche Sie, dass hier sichergestellt wird, dass Kollege Neudeck das nicht so gemeint hat und sich entschuldigt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Partei saniert!)

22.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Das ist die Anregung für einen Ordnungsruf.

Ich werde das Protokoll herbeischaffen lassen, es noch am Abend studieren und gege­benenfalls morgen in der Früh einen Ordnungsruf erteilen.

Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt die Debatte zu Ende führen, es ist gleich 23 Uhr.

Frau Abgeordnete Partik-Pablé zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

 


22.47.12

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ) (zur Geschäftsbehand­lung): Erstens einmal, Frau Abgeordnete Silhavy: Der Ausdruck „Sauerei“ ist vom Kol­legen Neudeck überhaupt nicht gefallen! Also ich würde Sie schon bitten, besser auf­zupassen.

Und zweitens einmal: Ich habe das überhaupt noch nie erlebt, dass interveniert wird, was den Inhalt einer Rede betrifft. Alle möglichen Abgeordneten sind zum Präsidenten gelaufen. Bisher war es immer üblich, dass man seine Ausführungen vom Rednerpult aus machen kann, unangefochten – und nicht, dass interveniert wird.

Ich meine, beantragen Sie einen Ordnungsruf oder alles mögliche, aber lassen Sie einen Redner seine Darstellung auch vorbringen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

22.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Entsprechend der Übung, die wir haben, kommt zur Geschäftsbehandlung jeweils ein Redner einer Partei ans Wort, und danach werde ich entsprechend vorgehen.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.48.04

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Wenn ich die beanstandeten Aussagen des Kollegen Neudeck richtig im Kopf habe und interpretiere, so wurde wohl gemeint, dass die SPÖ auf Grund des BAWAG-Skandals Geld in ihre Parteikassen transferiert hätte.

Dazu zwei Anmerkungen:

Erstens ist das sicherlich der Vorwurf einer kriminellen Handlung, weil der Ausgangs­punkt der Handlungen als in sich kriminell hier bewertet wird.

Und zweitens – aber das ist gar nicht sosehr mein Punkt, weil ich glaube, wir müssen viel aushalten untereinander in der Politik, das ist noch nicht mein Punkt –: Der tat­sächliche Punkt ist, dass es kein besseres Argument für einen Untersuchungsaus-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 278

schuss gibt als das! Genieren Sie sich für Ihr Eigentor, Herr Neudeck! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Spindelegger zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

 


22.49.02

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Sie haben selbst vorher entschieden, dass Sie sich das Proto­koll anschauen wollen, dass Sie danach entscheiden werden, ob Sie einen Ordnungs­ruf erteilen. Aber ich glaube, dass das jetzt nicht der Grund sein sollte, dass wir in die­ser aufgeheizten Stimmung (Abg. Dr. Jarolim: Es geht um den Sachverhalt!) einander irgendetwas vorwerfen sollen. Es ist Ihre Entscheidung, einen Ordnungsruf zu erteilen oder nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

22.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist jede Fraktion zu Wort gekommen, damit ist die Geschäftsordnungsfrage ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich beantrage einen Ordnungsruf! Herr Abgeordneter Puswald hat gesagt in Richtung Neudeck: Das ist ein völlig Wahn­sinniger!)

Ich werde mir jetzt das Protokoll herbeischaffen lassen und werde dieses in der Mor­genstunde lesen.

Und es ist wesentlich leichter, hier heroben die Zwischenrufe zu verstehen, wenn sie nicht in einem allgemeinen Meinungsäußerungsmeer untergehen.

Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Öllinger ans Rednerpult. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.50.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Es fällt vielleicht schwer ... (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Herr Abgeordneter Grillitsch, beruhigen Sie sich! Ich wollte gerade auch an Sie appellieren, etwas kühlen Kopf zu bewahren. Kühler Kopf ist not­wendig, und mit diesem kühlen Kopf interpretieren Sie bitte zwei Äußerungen – oder lassen Sie sich diese zwei Äußerungen des Kollegen Amon noch einmal so richtig zu Gemüte gehen.

Kollege Amon hat einen bemerkenswerten Satz gesagt: Die Indizien verdichten sich, dass wir pro futuro nicht ohne Untersuchungsausschuss auskommen können. (Rufe bei der ÖVP: Ja!) Ich wiederhole: Die Indizien verdichten sich, dass wir pro futuro nicht ohne Untersuchungsausschuss auskommen können. Und dann kam der zweite Satz: Zunächst entscheiden die Gerichte. (Ruf bei der ÖVP: Ja, richtig!) – Ja, sagen Sie, so kurz ist das Gedächtnis der ÖVP. So kurz ist das Gedächtnis. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage Ihnen eines, meine Damen und Herren, und da appelliere ich wirklich an Sie, dieses Muster zu verfolgen: Im Jahre 1999, vor der Wahl, gab es auf Anstrengung der Grünen einen kleinen ständigen Untersuchungsausschuss zur Causa „Euroteam“. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war doch kein Gerichtsverfahren anhängig!) Dann war die Wahl vorbei, und mit der Mehrheit, aber auch mit unserer Zustimmung, und ich glaube, auch mit der der Sozialdemokraten, hat es einen Untersuchungsausschuss zur Causa „Euroteam“ und zum Sozialministerium gegeben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war kein Gerichtsverfahren anhängig!) Beruhigen Sie sich, Sie kommen schon noch dran, Frau Partik-Pablé! Sie kommen schon noch dran in meiner Rede! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich „fürchte“ mich schon!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 279

Es hat einen Untersuchungsausschuss gegeben, ohne dass die Strafgerichte geurteilt haben. Und ich sage Ihnen: Das Strafgericht in der Causa „Euroteam“ hat bis heute nicht geurteilt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das Verfahren ist anhängig!) Aber darum geht es nicht. Es hat einen Untersuchungsausschuss gegeben, der seinen Untersuchungs­gegenstand nie abgeschlossen hat, weil die Regierungsparteien unfähig waren oder es auch nicht wollten. Und ich erkläre Ihnen auch, warum sie das nicht wollten, genauso wenig, wie Sie vor dem Jahr 2000 einen Untersuchungsausschuss zur Causa „Euro­team“ wollten, den wollten wir. Den wollte die SPÖ nicht, den wollte die ÖVP nicht, die FPÖ wollte ihn damals gemeinsam mit uns schon. Aber die Regierungsparteien wollten ihn nicht.

Der ÖVP ist es damals im Wesentlichen nur darum gegangen, mit diesem kleinen Un­terausschuss das Thema bis zur Wahl am Köcheln zu halten. Und nach der Wahl hat es zwar dann einen Untersuchungsausschuss gegeben, bei dem uns – dem Untersu­chungsausschuss! – die Vorsitzende Partik-Pablé – jetzt kommen Sie dran – zensu­rierte Dokumente geliefert hat. (Rufe bei der SPÖ: Da schau her!) Das war ein Stück für sich.

Da hat eine Innenrevision ihrer Meinung nach schwere Verstöße festgestellt, und die hat dem Untersuchungsausschuss berichtet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch so ein Unsinn!) Frau Partik-Pablé als Vorsitzende dieses Untersuchungsausschusses war der Meinung, das darf der Untersuchungsausschuss nicht wissen. Deshalb haben wir dann Dokumente erhalten – von ihr, von Ihnen –, in denen ein Teil geweißt war, und nur kleine Stellen haben wir erhalten, denn ein Untersuchungsausschuss darf nicht alles wissen, wenn es nach der Abgeordneten Partik-Pablé geht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der darf nur ein bisschen etwas wissen, so weit, wie es den Regierungsparteien nützlich ist. (Abg. Parnigoni: Ungeheuerlich!)

Genau das ist der Punkt bei Ihrer Stellungnahme, Herr Abgeordneter Amon: Sie sagen, jetzt machen wir mit dem kleinen Unterausschuss weiter. Das bringt ohnehin nichts, das wissen wir ohnehin alle, dass das nichts bringt. Aber bis zur Wahl reicht das aus, um das Thema am Köcheln zu halten. Und nach der Wahl machen wir halt vielleicht einen Untersuchungsausschuss, und den setzen wir genau so in den Sand wie den letzten Untersuchungsausschuss. Den haben Sie zu verantworten, da wäre viel an Ergebnissen zu erzielen gewesen, nämlich unter anderem die Erkenntnisse, dass die Innenrevisionen nicht prüfen durften. Das haben Sie verhindert, dass ein Ergebnis her­ausgekommen ist.

Die Innenrevisionen, die arbeiten nämlich durchaus, nicht überall gleich, manche wer­den von ihren Ministern gebremst. Das wissen wir gerade aus den letzten Jahren, dass manche Innenrevisionen nicht mehr arbeiten dürfen. Da werden dann die eigenen Leute hineingesetzt, damit ja nichts herauskommt. Aber genau das kann ein Untersu­chungsausschuss feststellen. Aber Sie wollen das gar nicht, Sie wollen gar keinen Untersuchungsausschuss. Sie wollen keine Untersuchung; Sie wollen das Thema le­diglich am Köcheln halten. Das ist Ihr einziges Interesse, und darum machen Sie einen kleinen Ausschuss, und dann pro futuro kann man auch schauen. An der Sache sind Sie nicht interessiert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Es ist von den Abgeordneten Öllinger und Kollegen eine namentliche Abstimmung verlangt worden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 280

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“, das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise „Nein“, das sind die rosafarbenen.

Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich bitte jene Abgeordneten, die für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sind, „Ja“-Stimmzettel zu verwenden, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr Herrn Abgeordneten Wimmer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; er wird dann vom Abgeordneten Auer später abgelöst.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Wimmer und Jakob Auer werfen die Ab­geordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Haben jetzt alle abgestimmt? – Ja, die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.02 Uhr unterbrochen und um 23.09 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: abgegebene Stimmen: 155. Davon Ja-Stim­men 67; Nein-Stimmen 88.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenom­men.

Mit Ja stimmten die Abgeordneten:

Bauer, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz, Broukal, Bures;

Cap, Csörgits;

Darabos;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 281

Eder, Einem;

Fleckl;

Gartlehner, Gaßner, Gradwohl, Grossmann;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hlavac;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kogler, Königsberger-Ludwig, Krainer, Kräuter, Krist, Kummerer, Kuntzl;

Lapp;

Maier Johann, Mandak, Marizzi, Matznetter, Moser Gabriela, Muttonen;

Niederwieser;

Öllinger;

Parnigoni, Pfeffer, Pirklhuber, Prammer, Puswald;

Reheis, Rest-Hinterseer, Riepl;

Sburny, Scharer, Schieder, Schönpass, Schopf, Silhavy, Spindelberger, Stadlbauer, Steier, Stoisits;

Trunk;

Walther, Weinzinger, Wimmer, Wittmann, Wurm;

Zinggl.

Mit Nein stimmten die Abgeordneten:

Achleitner, Amon, Auer Jakob, Auer Klaus Hubert;

Baumgartner-Gabitzer, Bleckmann, Böhm, Brader Alfred, Brinek, Bucher;

Dernoscheg, Donabauer, Donnerbauer, Doppler;

Ellmauer, Eßl;

Fauland, Fekter, Felzmann, Franz, Freund, Fuhrmann;

Gahr, Glaser, Grander, Grillitsch, Großruck;

Hakl, Haubner, Hofmann, Höllerer, Hornek, Huainigg, Hütl;

Kainz, Kapeller, Keuschnigg, Khol, Kopf, Kößl, Kurzbauer;

Langreiter, Ledolter, Lentsch, Liechtenstein, Lopatka;

Machne, Marek, Mikesch, Mitterlehner, Mittermüller, Molterer, Murauer;

Neudeck, Neugebauer;

Pack, Partik-Pablé, Praßl, Preineder, Prinz;

Rädler, Rasinger, Regler, Riener, Rossmann;

Scheibner, Scheuch, Scheucher-Pichler, Schiefermair, Schöls, Schultes, Schweisgut, Sieber, Sonnberger, Spindelegger, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tamandl, Tancsits, Turkovic-Wendl;

Walch, Wattaul, Winkler, Wittauer, Wöginger, Wolfmayr;

Zweytick.

*****


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
160. Sitzung / Seite 282

23.09.32Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Anfragen 4605/J bis 4626/J eingelangt sind.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, 14. Juli 2006, 9 Uhr, ein. Die Tagesordnung ist bereits verteilt worden.

Ich mache noch darauf aufmerksam, dass das, was heute Nachmittag als „Industrie­ausschuss“ lief, keiner war, sondern dass der Industrieausschuss jetzt im Lokal IV zu­sammentritt.

Laku noc! Gute Nacht!

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.10.21Schluss der Sitzung: 23.10 Uhr

 

 

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien