Stenographisches Protokoll

140. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 2. März 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

140. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                 Donnerstag, 2. März 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 2. März 2006: 9.00 – 21.26 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 759/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhaltung des GVO (gentechnisch veränderten Organismen)-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft

2. Punkt: Bericht über den Antrag 181/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Saatgutproduktion in Österreich

3. Punkt: Bericht über den Antrag 580/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht von Lebensmit­teln von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 731/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Heinz Gradwohl, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Zukunft der Spanischen Hofreitschule und die Standortsiche­rung des Bundesgestütes Piber

5. Punkt: Bericht über den Antrag 726/A (E) der Abgeordneten Mag. Elisabeth Gross­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung und Weiterentwicklung der Lipiz­zanerzucht in Piber

6. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005)

7. Punkt: Bericht über den Antrag 637/A (E) der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket zur Senkung der Stickoxid-Emis­sionen (NOx)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 609/A (E) der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend einen Nationalen Notfallsplan zur Erreichung des Kyoto-Ziels

9. Punkt: Bericht über den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes betreffend Ruhestandsversetzungen bei den Österreichischen Bundesbahnen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/1

11. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/6

12. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes

13. Punkt: Bericht über den Antrag 754/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stumm­voll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteili­gungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsge­setz, das Sparkassengesetz, das Bausparkassengesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Pfandbriefgesetz, das E-Geldgesetz, das Börsegesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Betriebliche Mitar­beitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz und das Versicherungsaufsichtsge­setz geändert werden (Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005)

15. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Zusatzprotokoll

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Namensänderungsgesetz, BGBl. Nr. 195/1988, geändert wird (774/A)

18. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (773/A)

*****

Inhalt

Nationalrat

Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens von Herrn Mag. Leopold Gratz .......... 11

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11

Ordnungsrufe ..............................................................................................  107, 135, 164

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 3668/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung – nicht zugelassen ..................................................  35, 39

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 791/A (E) be-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 3

treffend Ortstafeln in Bleiburg und Bleiburg-Ebersdorf (Anregung einer Verord­nungsprüfung) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen ........................................................................................................................ 35

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 35

Redner:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 165

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 167

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 169

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 170

Karl Öllinger ................................................................................................................ 172

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 174

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35

Wortmeldungen im Zusammenhang mit Ausführungen des Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 45

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 45

Wortmeldung des Abgeordneten Dieter Brosz betreffend ordnungsrufwürdige Aussagen des Abgeordneten Klaus Wittauer ................................................................................................................ 98

Wortmeldung des Abgeordneten Kai Jan Krainer in diesem Zusammenhang ......... 99

Fragestunde (17.)

Bundeskanzleramt ....................................................................................................... 12

Dr. Josef Cap (140/M); Dr. Reinhold Lopatka, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek

Fritz Neugebauer (135/M); Maximilian Walch, Karl Öllinger, Renate Csörgits

Mag. Terezija Stoisits (138/M); Dr. Christian Puswald, Silvia Fuhrmann, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch

Josef Bucher (133/M); Michaela Sburny, Josef Broukal, Johann Ledolter

Mag. Melitta Trunk (141/M); Herta Mikesch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Mag. Tere­zija Stoisits

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (136/M); Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Werner Kogler, Mag. Johann Moser

Mag. Ulrike Lunacek (139/M); Peter Schieder, Wolfgang Großruck, Dr. Reinhard Eugen Bösch

Markus Fauland (134/M); Mag. Terezija Stoisits, Otto Pendl, August Wöginger

Dr. Günther Kräuter (142/M); Gabriele Tamandl, Karl Öllinger

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 11


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 4

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  33, 230, 234

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Jubel­propaganda bzw. Werbe- und Informationsmaßnahmen der Bundesregierung (800/A) (E) ....................................... 122

Begründung: Karl Öllinger .......................................................................................... 123

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 130

Debatte:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 132

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 135

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 138

Herbert Scheibner .............................................................................................  141, 164

Sabine Mandak ........................................................................................................... 145

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 146

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 148

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 150

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 152

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 154

Doris Bures ................................................................................................................. 156

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 158

Herta Mikesch ............................................................................................................. 159

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 160

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 161

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 162

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 800/A (E) ............................. 164

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 759/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhaltung des GVO (gentechnisch veränderten Organis­men)-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft (1303 d.B.)     ............................................................................................................................... 35

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 181/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Saatgutproduktion in Österreich (1304 d.B.)              ............................................................................................................................... 36

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 580/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden (1305 d.B.)        ............................................................................................................................... 36

Redner/Rednerinnen:

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 36

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 40

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 41

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 43

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 46


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 5

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ....................................................................................... 49

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 49

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................. 51

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 55

Heidrun Walther ........................................................................................................... 57

Norbert Sieber .............................................................................................................. 57

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 58

Franz Eßl ....................................................................................................................... 60

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) ................................. 61

Rainer Wimmer ............................................................................................................ 61

Ing. Hermann Schultes (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 62

Karl Freund ................................................................................................................... 63

Rosemarie Schönpass ................................................................................................ 64

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 64

Fritz Grillitsch (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit österreichi­scher Nationalparks – Ablehnung  38, 66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Gen­technikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung – Ablehnung ......................................................................  54, 66

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1303 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Erhaltung des GVO (gentechnisch veränderten Orga­nismen)-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft (E 173) ................................................................................................... 66

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1304 und 1305 d.B. ............................ 66

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 731/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Heinz Gradwohl, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Zukunft der Spanischen Hofreitschule und die Standortsicherung des Bun­desgestütes Piber (1306 d.B.) ................................................................................. 67

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 726/A (E) der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung und Weiterentwicklung der Lipizzanerzucht in Piber (1307 d.B.) ......................................... 67

Redner/Rednerinnen:

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 67

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 68

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 69

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................. 70

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 72

Dipl.-Ing. Günther Hütl ................................................................................................. 73

Christian Faul ............................................................................................................... 74

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 75

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 77

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 78

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 79

Christian Faul (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 80


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 6

Johannes Schweisgut ................................................................................................. 80

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ....................................................................................... 81

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1306 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Zukunft der Spanischen Hofreitschule und die Stand­ortsicherung des Bundesgestütes Piber (E 174)    ............................................................................................................................... 82

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1307 d.B. ..................................................... 82

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1271 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbrau­cherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifi­kategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umwelt­rechtsanpassungsgesetz 2005) (1317 d.B.) ...................................................................................................................... 82

7. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 637/A (E) der Abge­ordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmen­paket zur Senkung der Stickoxid-Emissionen (NOx) (1318 d.B.) ...................................................................................................................... 82

8. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 609/A (E) der Abge­ordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen Nationalen Notfallsplan zur Erreichung des Kyoto-Ziels (1319 d.B.) ......................................................................................................................................... 83

Redner/Rednerinnen:

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 83

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 84

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ...........................................................................  85, 106

Karlheinz Kopf (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 88

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 88

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 89

Petra Bayr ..................................................................................................................... 91

Norbert Sieber .............................................................................................................. 92

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 94

Klaus Wittauer .....................................................................................................  95, 107

Gerhard Steier .............................................................................................................. 96

Helga Machne ............................................................................................................... 97

Erika Scharer ................................................................................................................ 99

Hermann Gahr ............................................................................................................ 100

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 100

Erwin Hornek .............................................................................................................. 101

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 102

Anton Doppler ............................................................................................................ 103

Anton Heinzl ............................................................................................................... 104

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 104

Walter Schopf ............................................................................................................. 105

Beharrungsbeschluss in 1317 d.B. .............................................................................. 108

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1318 und 1319 d.B. .......................... 108

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungsbe­richt (III-111 d.B.) des Rechnungshofes betreffend Ruhestandsversetzungen bei den Österreichischen Bundesbahnen (1288 d.B.) ............................................................................................................................. 109


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 7

10. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahr­nehmungsbericht (III-126 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/1 (1289 d.B.) ...................................................... 109

11. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahr­nehmungsbericht (III-151 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/6 (1290 d.B.) ...................................................... 109

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 109

Alfred Schöls .............................................................................................................. 110

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 112

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 114

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 115

Konrad Steindl ............................................................................................................ 115

Alfred Schöls (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 116

Karl Öllinger ................................................................................................................ 117

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 118

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 121

Detlev Neudeck ..................................................................................................  121, 174

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 175

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA ............................................................................ 176

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 177

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 178

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 179

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 182

Hermann Krist ............................................................................................................ 183

Christian Faul ............................................................................................................. 184

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 185

Kenntnisnahme der drei Berichte III-111, III-126 und III-151 d.B. .................................. 186

12. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrneh­mungsbericht (III-106 und Zu III-106 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (1291 d.B.)               187

Redner/Rednerinnen:

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 187

Hermann Gahr ............................................................................................................ 188

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 189

Anton Wattaul ............................................................................................................. 190

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 191

Johann Ledolter ......................................................................................................... 192

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 193

Kenntnisnahme des Berichtes ..................................................................................... 194

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 754/A der Abgeord­neten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neu­ordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktienge­sellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird (1320 d.B.) .................................................................................................................... 194

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1279 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 8

das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investment­fondsgesetz, das Sparkassengesetz, das Bausparkassengesetz, das Hypothe­kenbankgesetz, das Pfandbriefgesetz, das E-Geldgesetz, das Börsegesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomeratege­setz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Finanzmarktaufsichtsände­rungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005) (1321 d.B.) .......................................................... 194

Redner/Rednerinnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 195

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 196

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 197

Josef Bucher ............................................................................................................... 199

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 200

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 201

Jakob Auer .................................................................................................................. 201

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 202

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 203

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 204

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 205

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 206

Franz Glaser ................................................................................................................ 207

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 207

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 208

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 209

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 209

Walter Murauer ........................................................................................................... 210

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 211

Walter Schopf ....................................................................................................  211, 213

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 212

Maximilian Walch ....................................................................................................... 213

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1320 und 1321 d.B. ..................................... 214

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1211 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nor­wegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Ab­kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Zusatzprotokoll (1322 d.B.) .................................................................................................................... 214

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 215

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 215

16. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1269 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1323 d.B.) .............................................. 216

Redner/Rednerinnen:

Jakob Auer .................................................................................................................. 216

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 217

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 217

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 218

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 219

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 220

Josef Bucher ............................................................................................................... 220


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 9

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 221

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 221

Helga Machne ............................................................................................................. 222

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 222

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 223

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 223

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 224

Astrid Stadler .............................................................................................................. 224

Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 225

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 225

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Namensände­rungsgesetz, BGBl. Nr. 195/1988, geändert wird (774/A)              ............................................................................................................................. 226

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 226

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 228

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 228

Mares Rossmann ....................................................................................................... 230

Zuweisung des Antrages 774/A an den Justizausschuss ........................................... 230

18. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 10

Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (773/A) .................. 230

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 231

Peter Haubner ............................................................................................................. 232

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 233

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 233

Zuweisung des Antrages 773/A an den Verkehrsausschuss ...................................... 234

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 33

1330: Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschlie­ßung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang

Anträge der Abgeordneten

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Jubelpropaganda bzw. Werbe- und Informationsmaßnahmen der Bundesregierung (800/A) (E)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (801/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frauenförderungsbericht zum Spitzensport“ (802/A) (E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opfer­rechte bei Frauenhandel (803/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vermögensverhandlungen mit den Bundesländern gemäß § 11 Abs. 2 ÜG 1920 (z.B. über Liegenschaften der Bundesforste AG) (804/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Liegenschaftsverkäufe durch die Bundesforste – Veto durch Aufsichtsräte (805/A) (E)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (806/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Vermögensverhandlungen mit den Bundesländern gemäß § 11 Abs. 2 ÜG 1920 (z.B. Liegenschaften der Bundesforste) – Stand der Verhandlungen“ (4026/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend „Aussage des Amtsführenden Präsidenten des Landes­schulrates für Oberösterreich Fritz Enzenhofer“ (4027/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend „Unterricht von HauptschullehrerInnen in fremden Fächern“ (4028/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend bedenkliche Veränderungen im Verhalten von Bienenvölkern (4029/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Änderungen im Ärztegesetz (4030/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Studie zur „Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus Männersicht“ (4031/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Tempo 160 und Kampagne „Bleib am Leben – Geh vom Gas“ (4032/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Tempo 160 und Kampagne „Bleib am Leben – Geh vom Gas“ (4033/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderung der Vereinbar­keit von Beruf und Familie durch Ausweitung der Kinderbetreuung in Kärnten (4034/J)

Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend informelles Treffen der Entwicklungsminister/innen in der EU Präsidentschaft (4035/J)

*****

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend elektronische Einbringung und Unterstützung von Bürgerinitiativen (44/JPR)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3713/AB zu 3799/J)


09.00.00


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Ich darf die Damen und Herren bitten, sich von ihren Sitzen zu erheben. (Alle An­wesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

09.00.22Trauerkundgebung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Uns hat soeben die Nachricht erreicht, dass Mag. Leopold Gratz heute verstorben ist. Leopold Gratz war diesem Haus seit dem Jahre 1953 engstens verbunden. Er hat als Klubsek­retär der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion begonnen, wurde dann vom Wiener Landtag 1963 in den Bundesrat gewählt, 1966 wechselte er in den Nationalrat. Von 1970 bis 1971 war er Bundesminister für Unterricht, wurde dann Klubobmann der sozi­aldemokratischen Fraktion dieses Hauses, wurde 1973 Bürgermeister der Stadt Wien, und 1984 wurde er wieder Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. 1986 saß er hier auf diesem Stuhl und war ein in seiner Vorsitzführung unglaublich respektierter Nationalratspräsident.

Als junger Abgeordneter war ich unter seiner Vorsitzführung. Mich haben immer wieder seine Menschlichkeit, sein Witz, sein Humor – er war wirklich ein Gentleman – beein­druckt. Leopold Gratz war ein großer Diener der Republik. Sein Einsatz war umfassend und seine Sachkunde ebenso; das breite Spektrum seiner Tätigkeit stellt das unter Beweis. Feiner Humor und Menschlichkeit zeichneten Leopold Gratz aus. Er war ein großer Österreicher.

Ich bitte Sie, in dieser Minute seiner zu gedenken. Unser Mitgefühl gilt auch seiner gro­ßen Familie, seinen Enkelkindern. Ich hatte bis zuletzt mit ihm Kontakt. Wir trauern um ihn. (Die Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.) – Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dob­nigg, Gradwohl, Mag. Posch, Silhavy, Verzetnitsch, Dr. Partik-Pablé, Dr. Gabriela Mo­ser und Dr. Van der Bellen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Ent­schließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bun­desregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik wird durch Bun­desministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer vertreten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 12

09.03.33Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr – um 9.03 Uhr – zur Frage­stunde.

Bundeskanzleramt

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich beginne mit dem Aufruf der 1. Anfrage. Anfragestel­ler ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Ihnen ist die Quotenent­wicklung im ORF bekannt, sogar die neuesten Quoten ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Bitte stellen Sie Ihre Frage wörtlich. Ich darf das allen Abgeordneten wieder in Erinnerung rufen. Die Zuseher kennen sonst die Frage nicht. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

140/M

„Was werden Sie tun, um den in den letzten Jahren eingetretenen Niedergang des ORF als österreichisches Leitmedium – so sank etwa die Reichweite bei den Nachrich­tensendungen drastisch – zu stoppen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Die Fakten sprechen, so glaube ich, eine etwas andere Sprache, als Ihre Anfrage vermuten lässt. Der ORF ist wahrscheinlich in ganz Europa der beste öffentlich-rechtliche Sender mit den höchsten Einschaltquoten. Davon kann man sich beim Radio überzeugen. Jeden Tag wird „Ös­terreich 1“ im Durchschnitt von einer Viertelmillion Österreichern gehört, „Österreich Regional“ von einer Million und „Österreich 3“ von einer weiteren Million. Und all diese Sender haben auch Informationsangebote.

Im Fernsehen hat voriges Jahr die Sendung „Bundesland heute“ im Durchschnitt fast eineinhalb Millionen Zuseher gehabt. „Zeit im Bild 2“ hat etwa rund eine halbe Million und „Zeit im Bild 1“ ungefähr 1,3 bis 1,4 Millionen. Das noch Interessantere ist, dass auch immer selektiver gesehen wird: Die Leute sitzen nicht jeden Abend vor dem elekt­ronischen Altar, aber wenn etwas passiert, dann sind sie da. Sonst schaut man Unter­haltung auf welchem Kanal auch immer, aber wenn etwas los ist – das hat man beim Tsunami, beim Tod des Papstes, bei den Terroranschlägen in London oder bei den großartigen Dokumentationen von Hugo Portisch gemerkt –, dann steigt die Quote auf 1,5 bis 1,7 Millionen Zuseher. Ich glaube, wir können stolz sein auf den ORF und auch auf die Journalisten, die dort arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Cap, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): In der Tat ist es richtig, dass wir auf die Journa­listen stolz sein können, die dort arbeiten. Aber die Medienbeobachtung weist doch nach, dass eine Überrepräsentanz der Regierungsvertreter in den Nachrichtensendun­gen zu beobachten ist. Sie mit Ihren Regierungsvertretern sitzen faktisch selbst im Stif­tungsrat.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Stellen Sie eine Frage, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Daher stelle ich folgende Frage: Glauben Sie nicht, dass in dieser Überrepräsentanz der Regierung eine der Wurzeln für diese


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 13

negative Quotenentwicklung liegt, weil damit die Objektivität verletzt ist, Herr Bundes­kanzler?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Klubobmann! In einem gegenüber der Regierung durchaus kritisch eingestellten Medium, im „profil“ von voriger Woche, war eine OGM-Umfrage nachzulesen, laut der 40 Prozent der Österreicher der Meinung sind, dass sie im ORF gleich gut informiert werden wie vor fünf Jahren, 31 Prozent sind sogar der Meinung, sie werden besser informiert als vor fünf Jahren. 71 Prozent sind also nicht so schlecht für den ORF. Vielleicht liegt das, was Sie beklagen, daran, dass wir einfach mehr an Informationen anbieten können als Sie. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! So neu war das, was vom Fragesteller gekommen ist, nicht, nämlich auch den ORF schlechtzureden. (Rufe bei der SPÖ: Frage!)

Meine Frage lautet daher: Uns geht es um die Chancen des ORF. (Abg. Mag. Gaßner: Fragen!) Herr Bundeskanzler! Wo sehen Sie in der digitalen Zukunft, die auch der ORF hat, die Chancen des ORF?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Der ORF muss sich in einem sehr stark ver­änderten Wettbewerbsumfeld optimal behaupten, das heißt: hinauf auf den Satelliten, digitale Angebote, das Internet ist heute viel wichtiger als früher, Kurzwellenradio, und die Online-Dienste des ORF haben eine ganz große Bedeutung. Der Zugriff von einer Million Menschen jeden Tag auf diese Dienste zeigt, wie erfolgreich der ORF eigentlich ist. Daher meine Gratulation an das Team, das dort arbeitet. – Herr Klubobmann, ich sitze nicht im Stiftungsrat. Das sind unabhängige, weisungsfreie Stiftungsräte, das soll­ten Sie wissen!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Über den Stiftungsrat wurde schon gesprochen. Ich möchte eine Frage zum Publikumsrat stel­len: Können Sie sich weitere Maßnahmen vorstellen, durch die man den Publikumsrat zusätzlich entpolitisieren und damit sicherstellen kann, dass neutrale Personen im Pub­likumsrat sitzen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Der Publikumsrat wird sehr breit aus der österreichischen Bürgergesellschaft zusammengesetzt. Dazu gibt es Wahlen für sechs Publikumsräte. Natürlich haben wir gesehen, dass sehr stark versucht wird, über be­stimmte Organisationen Einfluss zu nehmen. Da ist niemand frei, auch wir selbst nicht. Aber insgesamt glaube ich, dass der Publikumsrat eine große Breite repräsentiert und dass dort sehr intensiv daran gearbeitet wird, wie man das Programm im ORF noch weiter verbessern kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Frage hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Bundeskanzler! Ich glaube, es besteht Konsens unter allen Parteien, dass das Kernelement eines öffent-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 14

lich-rechtlichen Senders Glaubwürdigkeit in politischer Berichterstattung und Unabhän­gigkeit ist. Sie haben jetzt eine „profil“-Umfrage zitiert (Ruf bei der ÖVP: Frage!) und einen wesentlichen Teil davon vergessen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Stellen Sie Ihre Frage, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): 66 Prozent der Österrei­cherinnen und Österreicher glauben, dass eine Partei im ORF bevorzugt wird, nämlich die ÖVP. 66 Prozent! Wie sehen Sie dieses Ergebnis? Ist diese Einschätzung der Bevölkerung mit der Unabhängigkeit, mit dem Unabhängigkeitsgebot im ORF-Gesetz vereinbar?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich habe Ihnen zuerst aus der gleichen Um­frage zitiert, dass 71 Prozent der Meinung sind, sie werden gleich gut oder sogar noch besser informiert als früher. Ehrlich gesagt, jeder von uns hat irgendwann einmal das Gefühl, dass er schlecht oder zu schlecht behandelt wird. Das trifft Sie, das trifft aber auch uns, das muss ich ganz offen sagen. Niemand ist ganz zufrieden. Und das ist auch gut so bei einem unabhängigen ORF, und so soll er bleiben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist keine Antwort gewesen!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 2. Anfrage stellt Herr Abgeordneter Neugebauer. Ich möchte noch einmal die Regeln der Fragestunde in Erinnerung rufen. Anfrage: Der Fragesteller stellt die schriftlich formulierte Frage. Die Zusatzfrage besteht aus einem Satz und dann aus der Frage. – Bitte, Herr Abgeordneter Neugebauer.

 


Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Geschätzter Herr Bundeskanzler! Kollegin­nen und Kollegen! Meine Frage lautet:

135/M

„Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in den vergangenen Monaten zur effi­zienten Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ergriffen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Hohes Haus! Wir haben vor einem Jahr die größte Steuerreform in der Zweiten Republik eingeleitet, deren Aus­wirkung im heurigen Jahr voll wirksam wird, vor allem für die Unternehmen hinsichtlich der Körperschaftsteuer. Allein dieser Effekt der Steuerreform macht ungefähr ein hal­bes Prozent zusätzliches Wirtschaftswachstum aus und erklärt, warum wir genau um dieses halbe Prozent über dem Wachstum der Eurozone liegen. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Schritt gewesen.

Zweitens haben wir mit allen Bundesländern regionale Wachstumsverträge abge­schlossen, die in Summe etwa 1,2 Milliarden an zusätzlichem Geld in die Regionen bringen; damit werden ungefähr 3 Milliarden an Investitionen letztlich freigesetzt. Dann haben wir im Herbst bei der Regierungsklausur ein Zusatzpaket für das Arbeitsmarkt­service in der Höhe von etwa 300 Millionen € beschlossen, das jetzt zu wirken beginnt. Es sollen im heurigen Jahr etwa 60 000 Menschen eine Zusatzqualifikation bekommen. In Summe steht heuer 1 Milliarde € mehr Geld für aktive Arbeitsmarktförderung zur Verfügung als etwa im Jahr 1999. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Neugebauer, bitte.

 


Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Ich bedanke mich für die Beantwortung. Ich denke, dass die Frage der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gerade bei jungen Men-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 15

schen sensibel ist. (Rufe bei der SPÖ: Frage!) Die Frage folgt auf dem Fuße: Was tut die Bundesregierung, geschätzter Herr Bundeskanzler, insbesondere zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit junger Menschen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir haben auf Rat des Jugend- und Lehr­lingsbeauftragten Egon Blum eine eigene Prämie für zusätzliche Lehrplätze eingeführt, den Blum-Bonus. Ergebnis ist: Wir haben jetzt etwa 3 300 Lehrverträge mehr abge­schlossen als vor einem Jahr. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Schritt nach vorne.

Zweitens: die Qualifikation, die ich schon erwähnt habe, das Nachholen eines Pflicht­schulabschlusses oder eines Lehrabschlusses. Die Arbeitsmarktdaten, die heute publi­ziert worden sind, zeigen ein ganz interessantes Bild: Zum ersten Mal seit vielen Mona­ten oder Jahren sinkt die Arbeitslosigkeit bei den Jungen bis zu 15 Jahren, aber auch bei den 15- bis 24-Jährigen. Darauf können wir gemeinsam stolz sein. Genauso sinkt die Arbeitslosigkeit mittlerweile auch in fünf Bundesländern. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) Das sollte Sie freuen, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Welche Auswirkungen konnten im Bereich der Lehrlingsausbildung durch die Einfüh­rung des so genannten Blum-Bonus erzielt werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir haben mit allen großen lehrlingsausbil­denden Betrieben persönlichen Kontakt gehabt. Alle Regierungsmitglieder, etwa der Vizekanzler, der Finanzminister, die Bildungsministerin, der Wirtschafts- und Arbeits­minister, sind ausgeschwärmt und haben mit etwa 2 000 Betrieben, die Lehrlinge aus­bilden, Kontakt gehabt. Wir haben da beachtliche zusätzliche Impulse bekommen. Es haben sich auch Zeitungen in den Dienst der guten Sache gestellt, und wir können, wie gesagt, derzeit sagen, dass wir 3 300 zusätzliche Lehrverträge haben.

Mein Appell geht natürlich weiter, nämlich dass wir auch die Vorbildwirkung im öffent­lichen Dienst anbieten. Der Bund hat 1 000 zusätzliche Lehrplätze, die Länder und Ge­meinden, so hoffe ich, werden einen ähnlichen Schritt setzen, sodass wir insgesamt da ganz gut aufgestellt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Öllin­ger. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundeskanzler! Die AMS-Statistik weist aus, dass die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen, also jener Personen, die über ein Jahr keine Arbeit haben, zwar in Schulung sind, aber trotzdem keine Arbeit haben, in Österreich nach wie vor sehr hoch ist: zwischen 50 000 und 60 000 Personen sind das auf das Jahr gerechnet. Was wollen Sie tun, Herr Bundeskanzler, damit die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt und damit wirksame Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslo­sigkeit ergriffen werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Man sollte die Ursachen bewerten, warum das so ist. Da können verschiedenste Ursachen eine Rolle spielen, die man, glaube ich, jetzt im Rahmen der Fragestunde schlecht abhandeln kann. Da können Krankheit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 16

und verschiedene andere Probleme im individuellen Bereich eine Rolle spielen, da können natürlich auch mangelnde Qualifikationen ein Thema sein. Genau deswegen versuchen wir mit einem neuen Bildungsangebot, einer zweiten, vielleicht sogar einer dritten Chance zu helfen.

Unser Ziel ist es – ich habe diesbezüglich mit Christoph Leitl einen sehr engen Kon­takt –, vor allem bei den jungen Menschen die Langzeitarbeitslosigkeit zum Verschwin­den zu bringen. Das ist meine Ambition, und ich hoffe, wir werden es noch erleben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Csör­gits. – Bitte.

 


Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Seit dem Jahr 2000 ist die Jugendarbeitslosig­keit in Österreich um 52,2 Prozent gestiegen. Glauben Sie, dass sich mittels Einladun­gen von zirka 120 Jugendlichen zu einem Lehrlingsevent 06 in Filialen der Diskothek „Nachtschicht“ die Situation der von Arbeitslosigkeit betroffenen Jugendlichen in Öster­reich verbessert, oder hätten diese Mittel nicht sinnvoller eingesetzt werden können?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Diese Bundesregierung macht mehr für die Lehrlinge und die Lehrlingsförderung als jede Regierung zuvor. Das wissen Sie ganz genau. Eines sage ich auch noch dazu: Man sollte nicht auf einem Auge blind sein. Wenn etwa in der Stadt Wien Lehrlinge eingeladen werden, wenn man dort Aktionen setzt, dann ist es gut – und wenn es die Bundesregierung macht, ist es nicht gut? – Das verstehe ich nicht ganz.

Wir wollen auch mit dieser Aktion den Lehrlingen zeigen: Wir stehen hinter euch, wir halten eure Arbeit für unerhört wichtig, denn wir werden in einigen Jahren diese Fach­arbeiter, diese Qualifikationen mit der Lupe suchen und bitternotwendig brauchen. Da­her: Seien wir stolz auf die ausbildenden Betriebe, seien wir stolz auf die Lehrlinge – und gönnen Sie ihnen ein bisschen diese Freude, das gehört auch dazu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit gelangen wir zum 3. Anfragekomplex, der mit der Frage der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits eingeleitet wird.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro! Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

138/M

„Wann werden Sie den so genannten Ortstafelerkenntnissen des Verfassungsgerichts­hofes vom Dezember 2001 und Dezember 2005 folgend eine neue Topographieverord­nung für Kärnten erlassen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtsho­fes aus dem Jahr 2001 hat die Grenze, die 25-Prozent-Grenze gehoben und hat in der Begründung angeführt, dass es mehr als 10 Prozent sein sollen. Damit ist direkt an­wendbares Recht der österreichische Staatsvertrag geworden. Es wäre rechtlich nicht notwendig, daraus jetzt eine eigene Verordnung der Bundesregierung zu machen, son­dern jetzt hat das Land Kärnten – der Bezirkshauptmann und die entsprechenden Lan­desbehörden – dies umzusetzen.

Das Erkenntnis aus dem Jahr 2005 ist etwas anderes: Da wird für eine bestimmte Ge­meinde die bestehende Ortstafel aufgehoben, und es ist bis 30. Juni Zeit, einen nach


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 17

der Rechtsprechung des VfGH rechtskonformen Zustand herbeizuführen. Unabhängig von diesen juristischen Feinheiten habe ich mich viele Jahre lang bemüht, in Konsens­konferenzen, die alle politischen Parteien auf der Bundesebene und die Kärntner Land­tagsparteien, vor allem aber auch die Slowenenorganisationen und die Heimatver­bände mit einschließen, einen Konsens zu finden. Wir sind, würde ich einmal sagen, recht knapp daran. Lassen Sie uns einfach die Zeit bis 30. Juni nützen, damit wir in einem konstruktiven Dialog ein Ergebnis zustande bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundeskanzler! Das, was Sie „ju­ristische Feinheiten“ nennen, ist, so würde ich sagen, Achtung des Rechtsstaates. Tat­sache ist, dass seit dem Jahr 2001, respektive 2005 zusätzliche Ortstafeln in Kärnten stehen sollten. Diese stehen nicht. Der Hinweis auf Juni lässt mich jetzt folgende Frage stellen: Wird das in Form einer neuen Topographieverordnung sein, oder werden Sie eine andere Lösung finden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich lege großen Wert darauf, dass nicht einfach der Eindruck entsteht, in Kärnten sei nichts geschehen; das ist nicht richtig. Wir haben im vorigen Jahr – das war mir auch sehr wichtig –, im Ge­dankenjahr zusätzliche Ortstafeln aufgestellt, um die Verordnung, die Bruno Kreisky im Jahr 1971 erlassen hat, mit Leben zu erfüllen. Das ist der entscheidende Punkt. Ich bin der erste Bundeskanzler, der seit Bruno Kreisky dieses Thema bearbeitet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, dass wir noch ein bisschen Zeit brauchen und knapp vor einer Einigung stehen könnten, wenn alle wollen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Warum dulden Sie als für die Topographieverordnung Zuständiger, dass der Kärntner Landeshauptmann den Verfassungsgerichtshof verhöhnt und entgegen österreichischem Verfassungs­recht die Mehrheit über Minderheitenrechte abstimmen lässt? Und: Ist das Ihr Versuch, Ihren politisch toten Regierungspartner wiederzubeleben? (Abg. Mag. Molterer: Das waren zwei Fragen!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich habe mit Ihrer Vor­sitzenden, Frau Schaunig, genauso Gespräche geführt, und wir sind hier absolut in einer Linie. Das letzte Gespräch vor einigen Wochen mit Landeshauptmann Haider, Frau Landesrätin Schaunig und mit Herrn Landesrat Martinz hat immerhin dazu ge­führt, dass wir mit allen Bürgermeistern geredet haben. Seit Kreisky bin ich der Erste, der das gemacht hat, und ich kann Ihnen genau sagen, welche Bürgermeister, die Ihnen nicht ganz fern stehen (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), am härtes­ten gegen das Aufstellen von Ortstafeln aufgetreten sind. Ich möchte auch das hier ein­mal sagen.

 


So einfach und so schwarz-weiß ist eben die Situation in Kärnten nicht. Daher: Bleiben wir bei dem bewährten Weg hier auf Bundesebene, dass wir mit dem Land mit allen relevanten Gruppen, mit den Slowenenorganisationen und mit den Heimatverbänden, einen Konsens suchen wollen. Und lassen wir dabei die parteipolitischen Spiele außer Acht – die haben hier nichts verloren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 18

Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Fuhr­mann. – Bitte.

 


Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Unter Ihnen wurden ja bereits im Jahr 2000 im Burgenland zweisprachige Ortstafeln aufge­stellt. Welche Maßnahmen haben dort dazu geführt, dass die zweisprachigen Orts­tafeln erfolgreich umgesetzt werden konnten? (Abg. Dr. Wittmann: Ein gescheiter Lan­deshauptmann!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es ist nicht so einfach. Es war dies eine Zeit lang sehr umstritten im Burgenland. Es war zum Teil sehr umstritten. Es sind ja dort kroatische und ungarische Ortstafeln aufgestellt worden. Voraussetzung dafür war, dass wir ebenfalls monatelang Vorarbeiten gehabt haben, dass wir alle Organisationen eingebunden haben, dass es eine Zielgruppenanalyse gegeben hat, dass es Werbung für dieses Projekt gegeben hat und auch eine entsprechende Förderung. Und am Ende – und darauf bin ich schon ein wenig stolz – konnte ich mit dem damaligen Lan­deshauptmann Stix, Landeshauptmann-Stellvertreter Jellasitz und allen politischen Gruppen wirklich ein Volksfest bei der Aufstellung dieser zweisprachigen Ortstafeln feiern, wie es übrigens in Kärnten vor nicht ganz einem Jahr genauso gelungen ist. Das muss das Modell sein: gemeinsam, miteinander und nicht gegeneinander. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Sie ha­ben gerade gesagt: gemeinsam, miteinander und nicht gegeneinander. Wie stehen Sie zu einer Aktion, dass bewusstes Schnellfahren durch Ortsgebiete dazu führt, dass der Verfassungsgerichtshof aufgerufen ist, Urteile aufzuheben oder zu verändern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Die Aktion hat dazu geführt, quasi auf einem Umweg den Verfassungsgerichtshof mit einem Thema zu befassen, das er wahr­scheinlich sonst nicht aufgegriffen hätte. Dabei sollten wir es aber wirklich belassen, denn im Prinzip gibt es überhaupt keinen Grund dafür (Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Keine Grundrechte gibt es!), dass jetzt quasi durch alle möglichen Ortschaften bewusst dieses Mittel eingesetzt wird, weil es auch wieder dazu führt, dass polarisiert wird, und das halte ich persönlich in dieser Situation, die heikel und sensibel ist, nicht für richtig.

Jetzt ist der Weg des Miteinander der Volksgruppen angesagt, und ich möchte hier großen Respekt etwa dem Zentralverband der Kärntner Slowenen und auch dem Kol­legen Sadovnik und seinem Verband aussprechen. Die machen das sehr ordentlich, und die distanzieren sich auch von solchen Aktionen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit kommen wir zum 4. Anfragekomplex, den Herr Abgeordneter Bucher einleitet. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

133/M

„Worauf führen Sie die erfreuliche Tatsache zurück, dass Österreich im Bereich Inno­vation laut einem EU-Ranking vom zehnten auf den fünften Platz vorgerückt ist und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 19

damit nach Einschätzung der Europäischen Kommission den größten Aufholprozess geschafft hat?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Auf zwei Dinge: Erstens organisatorisch durch die Einrichtung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, der ein­fach ein sehr effizientes und professionelles Steuerungselement gewesen ist. Dazu kommt die Einrichtung der Forschungsstiftung, wo Erträge der Nationalbank nicht ins Budget, sondern direkt in die Forschung umgeleitet werden, die Umwidmung des ERP-Fonds ausschließlich und präzise für Forschungs- und Innovationszwecke, das Haus der Forschung, das wir – gemeinsam hoffentlich – im Juni dieses Jahres eröffnen kön­nen.

Ein zweiter großer Punkt ist natürlich mehr Geld. Wir haben die Forschungsgelder innerhalb von fünf Jahren praktisch verdoppeln können, und damit ist ein Forschungs­boom und auch ein Forscherboom in Österreich ausgelöst worden, der genau diese Ergebnisse gebracht hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Bis wann wird Ös­terreich die ehrgeizigen Lissabon-Ziele für mehr Wachstum und Beschäftigung, diese 3 Prozent F&E-Quote, erreicht haben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wie Sie wissen, haben wir in diesem Be­reich von 1999, da waren wir bei etwas über 1,8 Prozent, bis jetzt einen Anstieg auf 2,35 Prozent zu verzeichnen. Unser Ziel ist, in den nächsten ein, zwei Jahren 2,5 Prozent und noch vor dem Jahr 2010 die 3-Prozent-Grenze zu erreichen. Ich halte das ohne weiteres für möglich, weil wir ja noch etwas gemacht haben, was ich vorhin vergessen habe zu erwähnen, nämlich eine der besten steuerlichen Förderungen innerhalb der Europäischen Union. Wer forscht, bekommt einen Forschungsfreibetrag von 25 Prozent oder, wenn er nicht genügend Gewinne macht, 8 Prozent Forschungs­prämie. Das hat außer Irland, glaube ich, kein anderes europäisches Land. Das hat auch dazu beigetragen, dass die Wirtschaft sehr stark anzieht und nicht alles vom öffentlichen Steuerzahler gezahlt werden muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Bundeskanzler! Die Entwicklung von Innovationen braucht ebenso wie die Forschung Rahmenbedingungen, die sicherstel­len, dass frei und unabhängig von politischem Einfluss gearbeitet werden kann. Wie werden Sie sicherstellen, dass ForscherInnen in Österreich nicht wie im Fall der so genannten Elite-Universität Gugging von der Regierungspolitik überfahren und instru­mentalisiert werden und in der Folge für wichtige Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen wollen? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete, mehr kann eine Bundes­regierung wirklich nicht tun, als eine Idee von Professor Zeilinger und Professor Schus­ter aufzugreifen und zu sagen: Jawohl, wir machen das und wir finanzieren das. Wir sind bereit, die Voraussetzungen, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die weltbesten Forscher in der Nähe von Wien oder in Wien forschen können.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 20

Mit Verlaub gesagt, bitte: Ich kenne die Gegend ein bisschen, ich bin gebürtiger Wie­ner. Wenn mir einer einredet, dass der wohl spannendste und mit Lebensqualität am meisten behaftete Vorort von Wien – und das ist Klosterneuburg – nicht besser ist als ein Flugfeld im Norden, in Aspern bei Wien, der soll sich einmal die Gegend anschau­en. Das eine ist Steppe, Einöde – und das andere ist ein pulsierender, urbaner Be­reich, der allerdings verkehrsmäßig verbessert werden muss, aber jeder wird sich dar­um reißen, dort zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Broukal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Worauf führen Sie die Tat­sache zurück, dass die wissenschaftlichen Initiatoren dieses Instituts- und Exzellenz­projektes, die Professoren Zeilinger, Schmidt und Schuster, sowie einige der meistaus­gewiesenen Naturwissenschafter dieses Landes sich von diesem Projekt ausdrücklich distanziert haben und der Meinung sind, dass es kein Erfolg werden kann, weil es offenbar von der ÖVP Niederösterreich voll vereinnahmt worden ist?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Also ich glaube, dass keine Partei ein solches Projekt vereinnahmen kann und soll. Ich sage das auch sehr offen dazu. Mit Verlaub gesagt, habe ich mit Elisabeth Gehrer wesentlich dazu beigetragen (Abg. Mag. Weinzinger: Ja, ja, das ist ja das Problem!), dass etwa das IMBA – hören Sie zu! –, das eine der spannendsten Forschungseinrichtungen ist, in Wien angesiedelt wird. Wann ich mich ganz dunkel daran erinnere, Herr Abgeordneter Broukal – Sie sind auch Wiener –, finanziert die Stadt Wien das nicht mit. Ich sage das nur. Wir finan­zieren – mit Steuerzahlergeld natürlich – in Wien spannendste Forschungsprojekte!

Wir haben in Wien die Forschungseinrichtungen massiv aufgestockt. Und jetzt sage ich nicht, das ist die SPÖ in Wien – gar nicht. Ich bin Wiener, und wir sind alle dafür, wo immer es geht, Forschung zu etablieren. Eines möchte ich aber nicht haben: dass des­wegen, weil zufällig – dank Wählergunst – die ÖVP in Niederösterreich vorne ist, in Niederösterreich keine Spitzenforschung möglich sein soll. Diese Abwertung halte ich nicht für zulässig, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da haben Sie mir gestern besser gefallen, als Sie gesagt haben: Klosterneuburg – ja, aber. Und genau so könnten wir dort weiterarbeiten, dass wir sagen: Jawohl, dort wird ein Netzwerk entstehen, das sehr wohl bis nach Wien, Linz, Innsbruck oder Graz die Netze auswirft und die besten Wissenschafter heranzieht.

Gestern war im „Standard“ ein großartiger Artikel. (Abg. Dr. Puswald: Was ist mit der Antwort auf die Frage?) Ja, ich beantworte die Frage. Wenn Sie nicht zuhören und stattdessen schreien, kann ich nichts dafür. Aber das ist die inhaltliche Antwort darauf: Das ist ein Netzwerk, das mit den bestehenden Universitätsinstituten kooperieren soll. Es ist ja auch kein Zufall, dass die Rektorenkonferenz, die Akademie der Wissenschaf­ten gerne dabei mitarbeiten wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Ledol­ter. – Bitte.

 


Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Bundeskanzler! Diese Bun­desregierung hat einen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung und Förderung von Forschung und Bildung gelegt. Nun hätte ich gerne gewusst, wie Sie die Chancen und die Notwendigkeiten eines Exzellenz-Institutes in Klosterneuburg für die weitere Entwicklung Österreichs beurteilen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Das wird mit Sicherheit das größte und bedeutendste Forschungsprojekt, das Österreich je gemacht hat. Wir haben das heute im Ministerrat behandelt – und ich danke daher auch sehr, dass diese Frage gekommen ist –, gestern im Parlament in Form eines Initiativantrages einge­bracht, und heute die Artikel-15a-Vereinbarung mit Niederösterreich.

Ich darf Ihnen heute sagen, noch bevor es der Ministerrat beschlossen hat: Wir werden für dieses Projekt insgesamt 570 Millionen € in den nächsten zehn Jahren zur Verfü­gung stellen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) 570 Millionen € – das ist die größte Investition in Forschung und Entwicklung, die es je gab! 340 Millio­nen € kommen von der öffentlichen Hand. Davon werden 115 Millionen € für Investitio­nen in die Gebäude, in die Labors und das Grundstück verwendet, 225 Millionen € für den laufenden Betrieb, der ja finanziert werden muss, Personalkosten und so weiter, und dann kommen dazu 135 Millionen € erwartete Drittmittel aus der Wirtschaft, von der Europäischen Union, oder Aufträge, und 95 Millionen € würde der Bund noch ein­mal dazugeben, um das zu matchen. Alles, was dieses Institut herbringt, wird dann noch einmal von der öffentlichen Hand, vom Bund zusätzlich angereichert.

Das Spannende wird ja sein, dass nicht alles dort stattfinden muss, sondern dass hier kooperiert werden muss – mit den Besten in Österreich, mit den Besten in der Welt und in Europa. Und spannend ist natürlich auch: Vorige Woche hat die Kommission ihr Konzept für ein European Institute of Technology vorgelegt, das etwa dem MIT nach­gebildet wird und auch ein solches Netzwerk ist, und wir können uns mit diesem Klos­terneuburg-Center IST anhängen, und wenn es gelingt, wenn das Parlament mitspielt, dann können wir diese gewaltige Forschungsinvestition und das Anhängen an das europäische Netzwerk nach Österreich holen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen damit zum 5. Fragenkomplex, der durch eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Trunk eingeleitet wird.

 


Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Was wollen Sie ganz konkret tun, dass Rechtsstaatlichkeit auch vom Kärntner Landeshauptmann anerkannt wird und dass die vom Verfassungsgerichtshof angeordneten Ortstafeln auch fristge­recht aufgestellt werden?

Die Anfrage lautet im Original-Wortlaut:

141/M

„Was werden Sie unternehmen, damit auch in Kärnten der Rechtsstaat eintritt und die vom Verfassungsgerichtshof angeordneten Ortstafeln endlich aufgestellt werden?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Mir ist nur aufgefallen, dass Sie Ihre Anfrage jetzt modifiziert haben. Das ist interessant, denn Sie haben nämlich in der Anfrage ursprünglich formuliert: „Was werden Sie unternehmen, damit auch in Kärnten der Rechtsstaat eintritt ...?“ – Ich muss ganz ehrlich sagen, als ich diese Frage gelesen habe, hat es mich „g’rissen“. Sie sind Kärntnerin, und ich muss sagen, Kärnten ist ge­nauso Rechtsstaat wie Burgenland, Wien, Niederösterreich oder jedes andere Bundes­land. Und dafür sorgen Beamte, erstklassige Leute, Polizisten, Richter, Beamte auch im Landesdienst. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie können doch nicht ernstlich in einer solchen Anfrage jetzt – das geht ja hinaus und wird ja auch anderswo gehört – den Eindruck erwecken, dass Kärnten nichts mit dem Rechtsstaat zu tun hat. Ich muss diese Frage wirklich zurückweisen – im Interesse


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 22

Kärntens und aller anderen Bundesländer, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ansonsten verweise ich natürlich auf die Anfragebeantwortung zur Abgeordneten Stoi­sits; da habe ich ja dazu schon Stellung genommen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Trunk, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Ich halte mich an die Geschäftsordnung, Herr Bundeskanzler. Daher frage ich Sie noch einmal, weil Sie mir die erste Frage absolut nicht beantwortet haben – und Sie werden mir zugestehen, dass ich nicht nur vom Blatt lesen, sondern auch denken und frei sprechen kann –:

Herr Bundeskanzler! Der Kärntner Landeshauptmann ist Ihr Koalitionspartner (Rufe: Frage!), und in dieser Ihrer Funktion als Bundeskanzler frage ich Sie, ob sich jemand, der Verfassungsrichter beschimpft, Ortstafeln verrückt, rechtsstaatliche Prinzipien igno­riert, innerhalb des von Präsidenten Khol formulierten „Verfassungsbogens“ befindet.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete, eigentlich war der Kärnt­ner Landeshauptmann bis vorgestern Ihr Koalitionspartner, wenn ich mich dunkel erin­nere. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist also irgendwie ein Selbstschuss, diese Zusatzfrage. Aber um das sehr ernst zu beantworten: Selbstver­ständlich ist es auch meine Aufgabe, den Verfassungsdienst zu respektieren und ihm zu seinem Recht zu verhelfen, und das habe ich x-mal gesagt und werde es auch tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Verfassungsgerichts­hof!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mikesch, bitte.

 


Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Es gibt ja nicht nur die slowenische Minderheit in Österreich, sondern auch die tschechische. Es existiert für die tschechische Volksgruppe nur eine einzige zweisprachige Schule in Wien. Was unternehmen Sie, Herr Bundeskanzler, um den Bestand dieser Schule auch für die Zukunft abzusichern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie auf dieses wichtige Thema der Komensky-Schule hinweisen. Das ist ein deutsch-tschechisches Bildungszentrum in Wien. Wir haben das intensiv gefördert. Es gibt jetzt erstmals auch Slowakisch-Unterricht. Mit 50-jähriger Unterbrechung kann dort das Oberstufenrealgymnasium bis zur Matura geführt werden. Wir haben hier sehr viel Verständnis auch bei den Volksgruppen gefunden, dass sie ihre Förderungen vor allem in dieses Bildungszentrum hineinbringen. Diese Schule weist steigende Schülerzahlen auf, ist sehr geschätzt, wird geradezu gesucht von vielen, die bewusst dieses Bilin­guale oder Trilinguale suchen – wie übrigens auch in Kärnten interessanterweise, ent­gegen dem, was man manchmal hört, die Anmeldungen zum Slowenisch-Unterricht deutlich gestiegen sind, was zeigt, dass das Miteinander der Volksgruppen eigentlich perfekt funktioniert. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ohne Landeshauptmann!) Und so soll es sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Scheuch. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Neben Ihnen sprechen sich auch viele andere führende Politiker wie Präsident


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 23

Khol, Bundespräsident Fischer oder der Kärntner Landeshauptmann für eine Lösung im Konsens mit allen Betroffenen aus. Meine Frage deshalb: Herr Bundeskanzler, wie stehen Sie zu einer Volksbefragung, die dazu dienen soll, die Meinung des Volkes zu dieser Frage auch abzuchecken?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter, ich weiß, dass es solche Befragungen in den entsprechenden Gemeinden gegeben hat, nur kennen Sie meine Meinung auch: Ich halte Minderheitenfragen nicht für abstimmungsfähig. Das ist der entscheidende Punkt. Sie können eine Mehrheit nicht über die Rechte einer Minderheit abstimmen lassen. Das ist ein Grundprinzip. Es muss Minderheitenrechte geben. Diese sind, wie Sie wissen, im Staatsvertrag garantiert, und es ist unsere Pflicht, dass wir dem Staatsvertrag, zu dem wir uns vor 51 Jahren verpflichtet haben, auch wirklich zum Durchbruch verhelfen.

Interessant ist, dass 30 Jahre lang eigentlich ziemliche Stille geherrscht hat und eigent­lich jetzt erst, seit dem Jahr 2000, dieses Thema, vor allem der Ortstafeln, wieder hochgekommen ist. Man sollte aber auch darauf hinweisen, dass gerade in den letzten fünf Jahren unendlich viel geschehen ist: in der Frage der 4. Volksschulklasse, in der Frage Kindergarten, in der Frage Ausbildung der Lehrer, in der Frage der ORF-Sen­dungen in slowenischer Sprache. – Das sind keine Kleinigkeiten. Während überall sonst der Sparstift geherrscht hat, ist die Volksgruppenförderung vollkommen unge­kürzt erhalten geblieben. Im Gegenteil. Es hat Zusatzangebote in vielfacher Hinsicht gegeben.

Einer meiner Impulse und mein Angebot war ja auch gegenüber den Bürgermeistern und gegenüber den Heimatverbänden und den Slowenisch sprechenden Volksgrup­pen, dass wir einen solchen großen Konsens unterfüttern wollen, stützen wollen durch Begleitmaßnahmen, die für die dort lebende Bevölkerung sehr wichtig sein werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundeskanzler! Ich bin einiger­maßen verwundert darüber, was Sie als „bewährten Weg auf Bundesebene“ in Zusam­menhang mit der Umsetzung von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes in Kärnten betrachten. Ist das ein „bewährter Weg“, wenn man von Ihrer Seite dazu schweigt, wenn der Herr Landeshauptmann von Kärnten Ortstafeln verrückt und so den Verfassungsgerichtshof geradezu verhöhnt? (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!)

Meine Frage ist, Herr Bundeskanzler: Warum stellt die Bundesregierung keine Minis­teranklage gegen Haider – eine Möglichkeit, die Sie haben? Warum stellt die Bundes­regierung nicht den Antrag auf Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichthof – eine Möglichkeit, die die Bundesregierung hat? Das wäre ein „bewährter Weg“, zu handeln, Herr Bundeskanzler. Wann werden Sie das tun? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das waren drei Fragen, Frau Abgeordnete, aber der Herr Bundeskanzler wird sie beantworten.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich konzentriere mich auf die Lösung der Frage, und die Lösung ist nicht mit Klagen und Ähnlichem möglich. Abgesehen davon sind ja bereits beim Verfassungsgerichtshof solche Klagen anhängig. Mein Ziel ist es, oder so sehe ich das als meine historische Aufgabe, dass ich mich bemühe, mit allen Gruppen einen Konsens herbeizuführen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 24

Überlegen Sie einmal – für Sie ist das vielleicht nicht so bedeutsam, aber für mich als einen, der die Zeitgeschichte damals, 1971, übrigens hier im Hohen Haus als Klubsek­retär, erlebt hat –: Wir haben zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte den Kärnt­ner Heimatdienst auf unserer Seite für so eine große Lösung! Das war genau jene Organisation, die vor 30 Jahren eine solche Lösung unter Bruno Kreisky verhindert hat. Überlegen Sie, was wir hier für ein Juwel für eine Zusammenarbeit in der Hand haben!

Daher glaube ich, dass wir auch mit den anderen reden müssen, mit den Gemeinden, mit den anderen Gruppierungen, dass wir eine solche Lösung zustande bringen. Mit Klagen werden Sie gar nichts erreichen, da polarisieren Sie nur. Das mag Ihnen recht sein, mir ist es das nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen damit zum 6. Fragenkomplex, der durch eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer eingeleitet wird. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

136/M

„Wie beurteilen Sie aus Sicht der Bundesregierung die Entwicklung börsennotierter, ehemaliger staatlicher Unternehmen?“

(Abg. Broukal: Danke für diese „kritische“ Frage!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Hervorragend, denn im Jahr 2000 hatten diese Unternehmungen etwa 6 Milliarden € Schulden, heute sind sie praktisch schuldenfrei. Damals lag – trotz vieler Privatisierungen in der Zwischenzeit – der Börsewert vor der Privatisierung bei 5 Milliarden €, heute liegt er nach Priva­tisierungen bei weit über 8 Milliarden €. Jeder Mitarbeiter, der Aktien gekauft hat, hat ein Mehrfaches von dem, was er eingezahlt hat, wieder herausbekommen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Puswald.) – Das von der Mitarbeiterbeteiligung hören Sie nicht gerne, stimmt’s? Aber die ist mir ein ganz besonders wichtiges Anliegen, Herr Abge­ordneter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Insgesamt hat sich der ATX, nicht zuletzt durch die Performance dieser börsennotier­ten Betriebe, vervierfacht – vervierfacht! – innerhalb von fünf, sechs Jahren. Das ist ein gewaltiges Leistungszeichen für diese Betriebe, für die Führung und für die Mitarbeiter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Große Aufregung herrscht in Oberösterreich. (Abg. Großruck – ein Schriftstück zeigend –: Jawohl!) Die SPÖ versucht, von außen über die Beteiligungen der Mitarbeiter mit zu entscheiden, von außen hineinzuregieren.

Herr Bundeskanzler, wie beurteilen Sie derartige Aktionen des Hineinregierens von außen, und wie stehen Sie zur Mitarbeiterbeteiligung (Abg. Mag. Kogler: Das hat er ja schon beantwortet! Da ist wieder etwas durcheinander gekommen!) und zur freien Ver­antwortung derer, die da Eigentümer geworden sind?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 25

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich halte sehr viel von der Mitarbeiterbe­teiligung, weil wir sie ja auch steuerlich fördern, und zwar massiv fördern, und immer gestützt haben, wo immer es gegangen ist, ob bei der AUA, bei der voestalpine oder bei anderen Betrieben, sodass die Mitarbeiter zu einem begünstigten Kurs Aktien ihres Unternehmens kaufen können. Der Punkt ist allerdings: Es muss Eigentum bleiben! So wie das bei der Voest in der Mitarbeiterstiftung hervorragend läuft. Wenn dort ein Mitar­beiter verkaufen will, kann er dies tun, die Stiftung hat ein Aufgriffsrecht.

Sie spielen auf die AMAG an, die ja nicht in der ÖIAG ist. Die AMAG war früher nichts mehr wert, sie ist praktisch um einen Schilling an die Mitarbeiter beziehungsweise an andere verkauft worden. Und dort haben die Mitarbeiter eben keine Rechte (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unglaublich!), dort verfügen die Arbeiterkammer und der ÖGB zentral über diese Mitarbeiteraktien. Und die wollen jetzt verkaufen, jeder würde an­geblich 60 000, 70 000 € bekommen durch diesen Verkauf an einen wirklich erstklassi­gen österreichischen Investor, der aus diesem Betrieb noch mehr machen könnte, und ÖGB und AK-Führung in Oberösterreich – unter dem Druck des oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden – verhindern das. Ich halte das, ehrlich gesagt, nicht für in Ordnung. Das ist Fremdbestimmung und hat mit Mitarbeiterbeteiligung eigentlich nichts mehr zu tun. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Wie stellt sich der Wert der entsprechenden Unternehmungen in der ÖIAG unter Be­rücksichtigung der jeweiligen Verkäufe dar?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ein Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter 1 000 € beim Börsegang der ÖMV investiert hat, dann besitzt er heute Aktien im Wert von 17 700 €. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Wenn ein Mitarbeiter bei der Voest – das war ja dann später – 1 000 € investiert hat, besitzt er heute 5 400 €; bei der Telekom fast 4 000 €, eine Vervierfachung. Ich glaube, dass wir auf diese Performance wirklich stolz sein können.

All die Prophezeiungen – ich habe das noch im Ohr, ich war Leidtragender, als Erich Haider vor drei Jahren durch Oberösterreich gezogen ist und erklärt hat: Die Privatisie­rung der Voest ist abenteuerlich, desaströs und eine Vernichtung von Volksvermö­gen! – Mittlerweile hat sich der Aktienkurs verdoppelt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pus­wald.)

SPÖ-Wirtschaftssprecher Moser: Wer immer die Voest kauft, in drei bis fünf Jahren gibt es das Unternehmen in seiner Struktur nicht mehr. (Zwischenruf des Abg. Mag. Jo­hann Moser.) – Drei Jahre haben wir schon! Machen Sie einen Besuch, Herr Abgeord­neter, Sie werden sehen, der Voest geht es so gut wie nie zuvor, seit sich der Staat zurückgezogen hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist die Antwort: Die Betriebe boomen, erstklassige Manager, gute Eigentümer, flei­ßige Mitarbeiter. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Nur so kann es gehen. Und die Politik soll raus aus den Betrieben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundeskanzler! Im Zusammenhang mit dem Börsegang der Post wird argumentiert, dass das so hereingebrachte Kapital


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 26

zunächst nicht im Unternehmen verbleiben müsste, da die Liquiditätsreserven so hoch seien. Wer garantiert, dass die öffentliche Hand wieder Kapital zulegt, wenn dies not­wendig und sinnvoll erscheint? (Abg. Mag. Molterer: Unser Entschließungsantrag, dem Sie leider nicht zugestimmt haben!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es hängt alles von der Entwicklung des Be­triebes ab. Es wäre ja möglich gewesen, den Betrieb vorher auszuräumen und dann an die Börse zu bringen, aber das ist bewusst nicht geschehen. Der Betrieb, der erstklas­sig aufgestellt ist, den übrigens ein der Sozialdemokratie nicht ganz fern stehender Manager börsenfähig gemacht hat, soll so an die Börse gehen. Die Mitarbeiter werden Konditionen bekommen, eine breite Volksaktie wird damit ermöglicht. Wie sich dann der Betrieb aufstellt, ist Sache des Managements und der Belegschaft, da werden wir uns nicht einmischen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wünscht noch jemand eine Zusatzfrage? – Herr Abge­ordneter Moser, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie als Kanzler der Rekordarbeitslosigkeit, als Kanzler der höchsten Verschuldung pro Kopf in Österreich seit Ende des Zweiten Weltkrieges, wie Sie zur größten Volksvermögens­umverteilung – Volksvermögensverschleuderung, kann man auch sagen (Zwischenruf des Abg. Großruck) – seit 2000 in Höhe von über 8 Milliarden € – über 8 Milliarden €! (Abg. Neudeck: Ist das die „Konsum“-Pleite?), das ist der gesamte Wohnbestand von Innsbruck – stehen und wie Sie die Situation von zwei ehemaligen österreichischen in­dustriellen Flaggschiffen, der Austria Tabak und der VA Tech, sehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Bei Ihnen muss immer alles das Größte und das Ärgste und ich weiß nicht was sein. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Warum können wir uns nicht darauf einigen, dass die Betriebe der ÖIAG, die in den achtziger Jahren kaputt waren, die 10 000 Arbeitsplätze verloren haben, wo der Steuerzahler 4,5 Milliarden € zuschießen musste, wo wir 6 Milliarden € Schulden übernommen ha­ben, die heute weg, abgebaut sind, gut dastehen? Seien Sie doch froh, dass dieser Mühlstein um den Hals der Steuerzahler endlich weg ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Bravorufe bei der ÖVP.)

Die Austria Tabak Werke wurden erstklassig verkauft, das wurde sehr professionell ab­gewickelt, das wissen Sie ganz genau. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da hat es nicht den Schatten eines Problems gegeben, das funktioniert auch alles, ist in Ordnung. Wenn Sie die VA Tech hernehmen (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ), die VA Tech wurde jetzt von Siemens übernommen, was, wie ich glaube, eine industriell absolut interessante Lösung ist, der übrigens auch die Gewerkschaft, der ÖGB, durch­aus etwas abgewinnen konnte. An der Spitze von Siemens finden Sie ja eine nicht ganz Unbekannte. (Abg. Broukal: Alle erfolgreichen Unternehmen werden von sozial­demokratischen Managern geführt! So ist es!)

Ich glaube, dass das ein vernünftiger Weg ist. Seien Sie doch froh darüber, dass die Wirtschaft in Österreich gut läuft und dass Sie sich nicht fürchten müssen vor der Zu­kunft. Österreich steht besser da, als Sie glauben, Herr Abgeordneter Moser! (Lebhaf­ter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Bravorufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Wir kommen damit zum 7. Anfragekomplex, der von der Abgeordneten Mag. Lunacek eingeleitet wird. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 27

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler, nun eine Frage zur Außenpolitik:

139/M

„Welche Aktivitäten setzen Sie auf europäischer Ebene, um die Schließung des US-amerikanischen Gefangenenlagers in Guantánamo, in dem Häftlinge ohne Rechts­grundlage jahrelang festgehalten und auch gefoltert werden, zu erreichen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich habe das bei mei­nem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Bush natürlich angesprochen, und zwar in genau der gleichen Weise, wie dies etwa Angela Merkel später gemacht hat oder jetzt auch Tony Blair. Das ist eine Anomalie, sagt Blair. Dieses Gefängnis muss früher oder später geschlossen werden. Dort werden derzeit allerdings – auch das sei gesagt – mit hoher Wahrscheinlichkeit Terroristen gefangen gehalten. Gefährliche Leute! (Abg. Öllinger: Wissen Sie das?)

Der Punkt ist: Nicht die Schließung eines Gefängnisses ist das Problem, sondern diese Menschen, auch der ärgste Terrorist, müssen das Recht haben, früher oder später vor einen Richter zu kommen (Abg. Öllinger: Nicht „früher oder später“!) und ein ordent­liches Verfahren zu haben, genauso wie das mit Saddam Hussein jetzt im Irak ge­schieht. Das muss unser Ziel sein. – Wir bringen das auf internationaler und bilateraler Ebene immer wieder zur Sprache. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lunacek.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler, Sie haben sich nach Ihrem letzten Besuch bei Präsident Bush anscheinend damit zufrieden gegeben, dass er Ihnen gegenüber gesagt hat, dass nicht gefoltert wird. Jetzt sagen Sie: „Frü­her oder später“ sollen Menschen, auch wenn es Terroristen sind, vor Gericht gestellt werden. – Die sind mittlerweile seit Jahren dort inhaftiert! Wenn das Ihre Überzeugung von Rechtsstaat ist, dann frage ich mich, was Rechtsstaat tatsächlich ist.

Herr Bundeskanzler! Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel hat in aller Öffentlichkeit klar und deutlich ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Formulieren Sie bitte Ihre Frage, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): ... die Schließung des Lagers gefor­dert. Werden Sie bei Ihrem nächsten Zusammentreffen mit Bush im Juni ebenfalls klar und deutlich die Schließung dieses rechtswidrigen Lagers verlangen und auch die rückhaltlose Aufklärung aller Foltervorwürfe? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich habe mir natürlich, weil ich mit dieser Frage gerechnet habe, mitgenommen, was Merkel wörtlich gesagt hat (Abg. Dr. Puswald: Was Sie sagen, ist gefragt!), nämlich: „Eine Institution wie Guantánamo kann und darf auf Dauer so nicht existieren. Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefangenen gefunden werden.“ – Zu 100 Prozent meine Meinung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Schie­der. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 28

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Sind Sie dafür, dass sich Österreich nur mehr an Auslandseinsätzen beteiligt, bei denen sichergestellt ist, dass damit zusammenhängende Gefängnisse nach Menschenrechtsstandards geführt wer­den und auch überprüfbar sind?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrlich gesagt, ich verstehe jetzt diese Frage nicht ganz. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ein Auslandseinsatz des österreichi­schen Bundesheeres hat ja nichts mit Gefängnissen zu tun, sondern wenn wir bei­spielsweise nach Afghanistan gehen, um zu helfen, demokratische Wahlen im Auftrag der Vereinten Nationen mit zu sichern, dann kann ich das ja nicht abhängig machen davon, wie die Situation in einem Gefangenenhaus irgendwo in Afghanistan ist. (Abg. Schieder: Zum Beispiel die KFOR-Gefängnisse im Kosovo!)

Dazu muss ich ganz offen sagen: Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir unsere Präsenz dort aufrechterhalten im europäischen Namen oder im Namen der UNO, damit wir insgesamt etwas zum Frieden beitragen.

Ich denke, dass die Präsenz der österreichischen Soldaten immer ein stabilitäts­sicherndes Element war. Ich glaube, die Frage der Rechtsstaatlichkeit, der Justizbe­hörden ist ein Thema, das auf der politischen Ebene abgehandelt werden muss. (Abg. Schieder:  ... beim Einsatz, der Einsatzkräfte, Herr Bundeskanzler!)

Abgeordneter Schieder meint, beim Einsatz, trotzdem: Wir haben ja keine Gefäng­nisse, wir betreiben keine Gefängnisse dort. (Abg. Schieder: KFOR!) – KFOR. Wir werden uns einmal gemeinsam anschauen, was Sie jetzt konkret meinen und welche Aktion Sie haben wollen. Ich bin da absolut offen dafür.

Bei den Einsätzen – und das waren die Einsätze, um die wir gebeten worden sind, jetzt im Kongo beispielsweise – haben wir gesagt, wir gehen mit einigen Stabsoffizieren hin, aber nicht mit Truppen. Aber ich kann das nicht abhängig machen von der Situation des Justizwesens oder der Gefängnisse dort. Aber diskutieren wir das in Ruhe. Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist, das uns trennen wird. Nur: Es muss praktisch umsetzbar sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Großruck.

 


Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die OSZE-Parlamentarierversammlung hat sich letzte Woche bei ihrer Wintertagung in der Hofburg sehr eindringlich mit der Situation des Islam, mit dem Radikalismus befasst, und das ganz eingehend diskutiert.

Meine Frage: Herr Bundeskanzler, welche Perspektiven sehen Sie, um den Herausfor­derungen des radikalen Islamismus erfolgreich entgegenzutreten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Indem wir mit Festigkeit unser europäisches Lebensmodell verteidigen.

Mir hat zum Beispiel überhaupt nicht gefallen, dass jetzt manche versuchen, den Euro­päern eine Diskussion darüber aufzuzwingen, ob wir in Europa nicht Straftatbestände über Islamophobie schaffen sollten. Mit Verlaub gesagt: Wir Österreicher kommen ohne so etwas aus, weil wir wirklich mit allen Gruppen, mit allen Religionen in Öster­reich einen erstklassigen Dialog führen können – auch in den schwierigsten Zeiten.

Ich glaube, dass diese Festigkeit und die Dialogbereitschaft der einzige Weg sind, dem Hass, den Radikalen, den Fundamentalisten auf allen Seiten das Wasser abzugraben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 29

Und das muss unsere Absicht sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Der Internationale Gerichtshof in Den Haag ist zweifelsohne ein großer Fortschritt für die ganze Welt. Was kann im Sinne von Weltgerechtigkeit die Europäische Union dazu beitragen, dass auch Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit von Großmächten, zum Beispiel den USA, dort angeklagt werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Das setzt voraus, dass wir den Internationa­len Strafgerichtshof, den ja wir alle, wir Europäer wollen, auch international durchset­zen können. Und Sie wissen genau, wie schwierig das ist. Es sind noch lange nicht alle Länder dabei.

Und mit Verlaub gesagt: Ich wehre mich ein bisschen dagegen, dass man das immer alles auf die Amerikaner schiebt. Das ist nicht der Punkt. Die Amerikaner sind so oft in ihrer Geschichte, auch in der europäischen Geschichte dafür eingetreten, dass Friede, Demokratie und Freiheit in Europa, in Österreich, in anderen Teilen der Welt verteidigt werden, sodass ich um etwas mehr Differenzierung bitte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den 8. Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Fauland ein. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 30

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

134/M

„Welche positiven Auswirkungen erwarten Sie sich von der im Regierungsprogramm festgeschriebenen Umsetzung eines einheitlichen Bundesmitarbeitergesetzes?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir haben derzeit ein Beamten-Dienst­rechtsgesetz, das letztlich auf 1914 zurückgeht. Und das Problem ist, dass wir jetzt nebeneinander, parallel zwei Schienen haben: pragmatisierte und nicht pragmatisierte Beamte, die zum Teil im gleichen Zimmer sitzen und unterschiedliches Dienstrecht, un­terschiedliche Bezahlung und unterschiedliche Spielregeln haben. Daher wollen wir ein modernes Bundesmitarbeiterdienstrecht schaffen, damit diese Fragen wirklich eindeu­tig geklärt werden können.

Ich sage Ihnen ganz offen: Auf unsere Verwaltung können wir insofern sehr stolz sein, als diese auch ein positiver Standortvorteil geworden ist. Der österreichische Beamte ist verlässlich, er ist sauber, er ist effizient. Schauen Sie sich nur einmal an, wie schnell bei uns manche Behördenwege gehen, verglichen etwa mit Amerika, Großbritannien oder Deutschland; da halten wir jeden Vergleich aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

Wir wollen mit diesem Mitarbeiterrecht die Qualität des öffentlichen Dienstes stärken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter, bitte.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Wann kann der Nationalrat mit einer Behandlung dieses Gesetzes rechnen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Staatssekretär Finz verhandelt dies ge­rade mit den Gewerkschaften und natürlich auch mit den verschiedenen Ressorts. Hier sind ja auch verschiedene Spezialdienstrechte unter einen Hut zu bringen, und dabei wird es auch einen bestimmten Bestandsschutz geben, der in der Verfassung etwa bei den Richtern et cetera vorgegeben ist. Darauf wird geachtet werden.

Ich hoffe sehr, dass wir noch in diesem Semester den Entwurf eines modernen Bun­desmitarbeitergesetzes dem Hohen Haus vorlegen können, und dann liegt es an Ihnen, ihn zu verabschieden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Zusatzfrage hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundeskanzler! Da Sie ja heute ganz besonders „präzise“ Antworten geben, habe ich eine ganz präzise Frage an Sie: Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze hat die Bundesregierung im Jahr 2005 in der öster­reichischen Bundesverwaltung geschaffen? (Abg. Dr. Cap: Vollarbeitsplätze!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Da Sie auf Präzision Wert legen, Frau Abge­ordnete, bekommen Sie es schriftlich. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall des Abg. Wattaul.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Pendl gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Bundeskanzler, Sie haben ausgeführt, dass es Gespräche gibt. Ich frage Sie: Gibt es konkrete Verhandlungen? Wenn ja, wie ist der Stand, und wie geht man bei den Verhandlungen jetzt wirklich mit der Frage der Prag­matisierung um?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wie ich schon gesagt habe: ein bestimmter Bestandsschutz oder, wenn Sie so wollen, auch Sicherheit vor Willkür – das ist der ent­scheidende Punkt. Das Wort „Pragmatisierung“ gefällt mir persönlich überhaupt nicht, weil es ja kein Mensch mehr versteht. Aber es handelt sich um die Sicherheit vor Will­kür, vor dem Gemobbtwerden, und das ist eine Sache, die sehr wichtig ist. Das kann sein gegenüber einem andersfärbigen Ressortchef, Journalisten, Anwälten, einem Un­ternehmer, der mit einem Bescheid nicht einverstanden ist, gegenüber einer NGO, die Druck ausübt. Beamte müssen also druckresistent sein, und sie müssen auch einen bestimmten Schutz haben. Dazu bekenne ich mich, und das werden wir auch entspre­chend umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Das muss überhaupt nicht „Pragmatisierung“ heißen, das muss eine moderne Form der Flexibilität bringen, wo auch sichergestellt ist, dass man beispielsweise, wenn in einem Teilbereich der Verwaltung eine Funktion nicht mehr notwendig ist, in einem an­deren Bereich aber enorme Nachfrage entsteht, umschichten kann. Das ist, glaube ich, notwendig, und daran arbeitet Alfred Finz. Ein bisschen Vertraulichkeit wird noch not­wendig sein, weil die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, aber Sie wissen als alter Gewerkschafter ja, wie man das gut macht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 31

Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Wöginger.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Bun­desregierung hat sich ja nicht nur ein einheitliches Bundesmitarbeitergesetz zum Ziel gesetzt, sondern auch bereits Maßnahmen für ein einheitliches Pensionssystem umge­setzt.

Wie beurteilen Sie die von den Bundesländern, insbesondere von Wien, für ihren eigenverantwortlichen Bereich beschlossenen Pensionsreformen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich verstehe, dass Sie da murren, denn Wien ist eine traurige Geschichte, ich muss das ganz ehrlich sagen. Ich habe geglaubt, dass wir mit der Bundespensionsharmonisierung den Bundesländern den Weg ge­bahnt haben, dass sie das eigentlich nur übernehmen müssen. Die ganze unange­nehme Frage haben wir schon übernommen; dann hätte man eigentlich nur sagen müssen, weil es der Bund gemacht hat, müssen wir es auch machen: Fairness, Ge­rechtigkeit, alle Pensionisten werden in Hinkunft gleich bewertet, für die Zukunft gibt es nur mehr ein einheitliches Pensionsrecht. – Nein, in Wien gibt es nach wie vor Privile­gien der Wiener Beamten, und das ist nicht in Ordnung, Herr Abgeordneter.

Ich darf es Ihnen nur vorlesen. Zum Beispiel: Auf Grund des letzten Pensionsreformge­setzes gibt es in Wien eine amtswegige Ruhestandsversetzung ab dem 55. Lebensjahr bei Organisationsänderungen, auf Antrag ab dem 60. Lebensjahr. Die 40-jährige Durchrechnung kommt nicht wie beim Bund 2028, sondern 2042, bitte! (Ruf bei der ÖVP: Was?) 2042! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unglaublich!) So lange gibt es diese Wiener Beamtenprivilegien! Und wenn Sie mir erklären, das sei fair und gerecht, dann weiß ich nicht.

Wir haben das auch richtigerweise beeinsprucht. Das hat die Wiener SPÖ-Mehrheit natürlich nicht daran gehindert, es trotzdem in Kraft zu setzen. Aber die Bevölkerung soll wissen, dass das nicht in Ordnung war. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen damit, weil wir gerade in der 59. Minute sind, noch zur letzten Anfrage, die Herr Abgeordneter Dr. Kräuter formuliert.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel, meine Frage lautet:

142/M

„Warum weigern Sie sich – entgegen den Forderungen des Rechnungshofes, der Volksanwaltschaft und des Verfassungsgerichtshofes –, verbindliche Richtlinien für Re­gierungswerbung zu normieren?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Erstens geben wir weniger aus als jede an­dere Bundesregierung vor uns.

Zweitens: In den sechs Punkten, die seinerzeit konkret genannt worden sind, ist drin­nen, die Finanzierung soll den Kriterien genügen, die den Bezug zur Arbeit der Bun­desregierung begründen. – Machen wir!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 32

Die Öffentlichkeitsarbeit soll auf die vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Tätig­keit der Regierung oder des Ressorts abzielen. – Machen wir! Nichts anderes!

Die Bundesregierung tritt deutlich als Bundesregierung in Erscheinung. Genau das hat Sie ja am letzten Sonntag gestört. – Machen wir!

Die Öffentlichkeitsarbeit darf auch in der engeren Vorwahlzeit, in der wir natürlich nicht sind, fortgesetzt werden, soll jedenfalls nicht parteipolitisch sein. – Nichts anderes ver­suchen wir umzusetzen! Information der Bundesregierung, der Ressorts, aber keine Parteipolitik.

Es soll in der Öffentlichkeit der Eindruck einer werbenden Einflussnahme zugunsten einer Partei vermieden werden. – Daran halte ich mich blind. Die Umfragen brauche ich hier nicht zu bewerten, weil diese nicht gefragt worden sind.

Sie sollen jedenfalls dazu dienen, dass die Information und die Sachinhalte zum Aus­druck kommen. – Ich sage ganz offen, das versuchen wir und nichts anderes. Ich glaube auch nicht, dass dies einen besonderen Werbewert jetzt für einzelne Politiker hat, es werden auch relativ wenige Fotos verwendet, wie Sie wissen. Und die Art und Weise, wie wir für das werben, was wir tun, wo wir überzeugt sind, dass es Wachs­tums- und Beschäftigungsimpulse hat, das ist, glaube ich, ganz in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Kräuter.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Bundeskanzler, in einer bezahlten Sonderbeilage einer großen österreichischen Tageszeitung lacht uns heute gleich vier­mal der künftige Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach entgegen. (Der Redner zeigt die Zei­tung.) Herr Bundeskanzler, das ist ja unerträglich, und daher frage ich Sie: Was kostet das, und wer bezahlt das?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter, dies ist aber nicht wirk­lich eine Frage meines Vollzugsbereiches. Sie haben mich noch nicht viermal gesehen. Wenn Sie mich öfters sehen wollen, dann sagen Sie es einfach, dann komme ich viel­leicht diesem Wunsch nach, aber es ist nicht eine Frage meines Ressorts. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Ta­mandl.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! SPÖ-Abgeordneter Kräuter versucht immer die Bundesregierung schlecht zu machen, vergisst aber ganz auf das rote Wien, wo Bürgermeister Häupl in einer Anfragebeantwortung zugeben musste, dass Wien in den Jahren 2002 bis 2005 6 000 Einschaltungen in 400 Print­medien getätigt hat. Die Kosten hat er aber ... (Rufe bei der SPÖ: Frage!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Frage, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (fortsetzend): Herr Bundeskanzler! Wie beurteilen Sie diese ausufernde Öffentlichkeitsarbeit?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Hohes Haus! Ich kann mir das nur so erklären, dass Wien unter Bürgermeister Häupl einfach einen höheren Werbenotwendigkeitswert für sich in Anspruch nehmen muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 33

Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Öllin­ger. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundeskanzler, wie viel haben diese Inse­rate (der Redner hält Zeitungsausschnitte in die Höhe) gekostet?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Danke, Herr Abgeordneter. 85 000 € insge­samt, die Schaltkosten für das Bundeskanzleramt. Ehrlich gesagt: Freuen Sie sich mit uns, dass wir das beste Ergebnis bei Winterspielen in der Geschichte Österreichs er­zielt haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist schon auch darauf zu­rückzuführen, dass wir die Mittel – das ist der Sachinhalt – für die Olympia-Förderung verdoppelt haben, dass der Verteidigungsminister jedes Jahr 10 Millionen € – Steuer­gelder natürlich – für das Leistungszentrum der österreichischen Sportler ausgibt. 300 Sportlerinnen und Sportler werden dort jedes Jahr ausgebildet, und dies soll auch die Öffentlichkeit wissen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Steht da nicht drauf!) 85 000 € als Gratulation für die österreichische Olympiamannschaft sind, glaube ich, ganz okay. Freuen Sie sich ein bissel, Herr Abgeordneter, es tut nicht weh! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die verlängerte Fragestunde ist abgelaufen. Die Frage­stunde ist beendet.

10.07.39Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortung: 3713/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006 (1314 d.B.);

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1332 d.B.);

Justizausschuss:

Anti-Stalking-Gesetz (1316 d.B.),

Urheberrechtsgesetz-Novelle 2006 – UrhG-Nov 2006 (1324 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (1325 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geän­dert werden (1326 d.B.),

Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrich­tung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang (1330 d.B.),

Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006 (1334 d.B.);


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 34

Kulturausschuss:

Antrag 795/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Änderung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes,

Antrag 796/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Konzept zur Förderung und Stärkung der kulturellen Bildung;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 794/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Ausweitung des BezieherInnenkreises und Erhöhung der Schülerbeihil­fen;

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1315 d.B.),

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundes­haushaltsgesetz geändert werden (1331 d.B.),

Antrag 799/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privat­fernsehgesetz geändert wird;

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1327 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlassen und die Straßen­verkehrsordnung 1960 geändert wird (1328 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1333 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 797/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird,

Antrag 798/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria.

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten Öllinger und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 800/A (E) der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Jubelpropaganda bzw. Werbe- und Informationsmaßnahmen der Bundesregierung dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 35

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3668/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine Kurz­debatte über die Beantwortung 3668/AB der Anfrage 3711/J der Abgeordneten Gaál, Kolleginnen und Kollegen betreffend neue Festlegungen für die österreichische Sicher­heits- und Verteidigungspolitik durch den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a nach Aufruf des Dringlichen Antrages statt.

Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Abgeordnete Mag. Stoisits beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 791/A (E) betreffend Ortstafeln in Bleiburg und Blei­burg-Ebersdorf eine Frist bis 28. März zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages und eine Anfra­gebesprechung verlangt sind, wird die Kurzdebatte im Anschluss daran stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 4 und 5, 6 bis 8, 9 bis 11, 13 und 14 der Tagesordnung jeweils zusammenzufas­sen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt. Dementsprechend wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitliche 96 sowie Grüne 104 Minuten.

Über diese Redezeit entscheidet das Hohe Haus.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustim­men, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig. Wir gehen entsprechend vor.

10.10.421. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 759/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhaltung des GVO (gentechnisch veränderten Organis­men)-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft (1303 d.B.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 36

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 181/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Saatgutproduktion in Österreich (1304 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 580/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden (1305 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 3 der Tages­ordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Krainer. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.11.45

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Österreich gibt es einige Politikbereiche, die aus dem Parteienstreit herausgehalten werden konnten. Das ist die Frage des Tierschutzes, der Antiatompolitik und auch der Gentechnik – dies nicht zuletzt deswegen, weil es diesbe­züglich auch in der österreichischen Gesellschaft einen breiten Konsens gibt, der sich in der Frage der Gentechnik auch am Erfolg des Gentechnikvolksbegehrens manifes­tiert hat.

Im Kampf gegen die Gentechnik gibt es fünf wesentliche Strategien, die hier gefahren werden können. Die erste ist, dass man durch nationale Verbotsverordnungen die Ein­fuhr von gentechnisch veränderten Organismen verbietet. Das ist eine Strategie, die gut ist, die auch verfolgt wird. Es ist aber auch eine Strategie, die massiv angegriffen wird und die zumindest zu fallen oder nicht mehr zu funktionieren droht, weil die Euro­päische Kommission das auszuhebeln versucht.

Eine zweite Möglichkeit ist die Frage der Koexistenz, dass man Abstandsregeln zwi­schen biologischer und konventioneller Landwirtschaft und jener Landwirtschaft, wo Gentechnik eingesetzt wird, einführt. Das ist eine Strategie, wo es jetzt auch eine Kon­ferenz der Kommission in Wien im April geben wird, die auf jeden Fall auch verfolgt werden soll.

Es gibt als Drittes die Möglichkeit, durch strenge Haftungsregeln auch de facto Gen­technik nur sehr beschränkt zuzulassen oder sogar zu verhindern. Ich sage, da könnte man etwas mehr machen. Diesbezüglich haben wir bereits entsprechende Vorschläge eingebracht.

Eine vierte Strategie ist die Kennzeichnung. Da haben wir auf europäischer Ebene die Kennzeichnungsverordnung, die in Ordnung, aber zu wenig weitgehend ist. Dazu gibt es auch einen Antrag der Grünen, worauf Kollegen von mir noch genauer eingehen werden, den wir prinzipiell unterstützen, weil wir natürlich sagen, wenn wir dem Konsu­menten die Macht geben wollen, zu entscheiden, ob Gentechnik in der Landwirtschaft eingesetzt wird oder nicht, dann muss er auch wissen, ob das passiert, das heißt, wenn Gentechnik auch bei der Fleischproduktion zum Beispiel eingesetzt wird, dann


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 37

soll das beim Fleischkauf zum Beispiel erkenntlich sein, weil sonst der Konsument etwas unterstützt, was er gar nicht unterstützen will.

Die fünfte Möglichkeit ist die der gentechnikfreien Zonen, eine Variante, die zwar auf freiwilliger Basis akzeptiert wird, aber gesetzlich in Europa noch nirgends erfolgreich etabliert werden konnte. Da bringen wir eine neue Initiative, einen neuen Vorschlag ein und auch einen Antrag, den wir bereits im Landwirtschaftsausschuss eingebracht ha­ben, den ich hiermit auch kurz erläutern darf. Das ist der Entschließungsantrag der Abgeordneten Krainer, Maier, Gaßner.

Die wesentlichen Eckpunkte darf ich dahin gehend erläutern, dass die österreichische Bundesregierung aufgefordert wird, in Abstimmung mit den Landesregierungen ein Freisetzungs- und Ausbringungsverbot von GVO in den Nationalparks Österreichs, in Kernzonen und auch Schutzzonen einzubringen, dass die Nationalparks gentechnikfrei gehalten werden und dass die österreichische Bundesregierung auch die Länder unter­stützen soll bei ihren Bemühungen, im Rahmen ihrer Kompetenzen das Know-how, das auf Bundesebene existiert, auch den Bundesländern zur Verfügung zu stellen, weil natürlich kleine Bundesländer nicht derartige Kompetenzzentren aufbauen können wie ein großes Bundesland oder gar die Republik.

Die Strategie dahinter ist folgende, dass wir meinen, dass man, um gentechnikfreie Zo­nen zu schaffen – Oberösterreich hat es versucht, das ganze Bundesland ist damit ge­scheitert –, nicht den Weg geht, beim Unmöglichen zu beginnen, sondern dort beginnt, wo im Prinzip keiner nein sagen kann, auch die Europäische Kommission nicht nein sagen kann, nämlich bei den Nationalparks, die den höchsten Schutz haben, wo es be­reits jetzt in den Randzonen und in den Schutzzonen eine Einschränkung der Möglich­keiten der Landwirtschaft, tätig zu sein, gibt. Das wäre eine weitere Einschränkung da­hin gehend, auch in den Schutzzonen und in den Randzonen GVO-frei zu sein. Das als erster Schritt, weil wir meinen, dass das rechtlich auch am einfachsten durchsetzbar ist.

Wir denken aber natürlich bereits an den nächsten Schritt, mit Natura 2000-Projekten, mit Naturparks, mit Vogelschutzgebieten und so weiter diese Gebiete auszudehnen, um nach dem Motto „Mit dem Möglichen beginnen, um das Unmögliche zu erreichen“ nicht das zu machen, was Oberösterreich gemacht hat, nämlich mit dem Unmöglichen zu beginnen und dann gar nichts zu erreichen, sondern wir wollen einen anderen und auch einen offensiven Weg gehen und nicht einen defensiven.

Wir haben von den Regierungsparteien freundliche Worte gehört, vor allem von Seiten der Freiheitlichen im Ausschuss. Die Gespräche, zu denen wir eingeladen haben, wo wir auch E-Mails verschickt haben, waren allerdings sehr enttäuschend, wir haben keine Antwort bekommen. Es wäre sehr traurig, wenn die ÖVP den Weg des nationa­len Konsenses in der Gentechnik, den die vier Parteien gemeinsam gehen wollten, ver­ließe.

Wir behalten uns auf Grund Ihres Verhaltens unserem Antrag gegenüber auch die Zu­stimmung zu Ihrem Antrag vor, der zwar nichts Falsches enthält, aber natürlich sehr schwammig ist und nicht konkret genug im Vergleich zu anderen Anträgen. Wir ersu­chen hier um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Krainer in seinen Eck­punkten und Grundzügen gemäß § 53 Abs. 4 GOG erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Krainer, Maier, Gaßner und KollegInnen betreffend rechtliche Si­cherstellung der Gentechnikfreiheit österreichischer Nationalparks ist hinreichend un­terstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Krainer, Mag. Johann Maier, Mag. Gassner und KollegInnen

gem. § 55 GOG betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit österreichi­scher Nationalparks

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 betreffend die Erhaltung des GVO (gen­technisch veränderten Organismen)-freien Anbaus in der österreichischen Landwirt­schaft

(Antrag 759/A/(E) der Abg. Grillitsch, Wittauer)

Österreich ist seit vielen Jahren Vorreiter im Biolandbau, die Konsumentinnen und Konsumenten in unserem Land stehen nach wie vor in sehr hohem Ausmaß gentech­nisch manipulierten Lebensmitteln ablehnend gegenüber.

Die österreichischen Nationalparks sind nicht nur Vorzeigemodelle und Impulsgeber für den wichtigen österreichischen Tourismus, sondern auch in den Augen erholungssu­chender Österreicherinnen und Österreicher in vieler Hinsicht schützenswerte Gebiete in unserem Land.

Die Regelung einer Koexistenz zwischen gentechnikfreier und gentechnisch manipu­lierter landwirtschaftlicher Produktion wird seit Jahren intensiv diskutiert, jedoch liegen bis heute praktikable Regelungen nicht vor.

Vor dem Hintergrund einer EU-weiten Kennzeichnungsregelung sowohl für Saatgut als auch für Lebensmittel werden seitens der EU-Kommission seit Monaten gentechnisch manipulierte Saatgutsorten bzw. Lebensmittel zum freien Verkehr zugelassen. Was EU-weit zugelassen wurde, kann national nur schwer verboten werden. Ein nationales Verbot EU-weit zugelassener Erzeugnisse (Saatgut, Lebens- und Futtermittel) ist EU-rechtlich nur zulässig, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorgebracht werden, die negative Auswirkungen auf die Gesundheit und/oder die Umwelt zeigen. Alle bis­herigen Verbote, die einzelne EU-Mitgliedstaaten für bestimmte zugelassenen GVO verhängt haben (zB Österreich, Luxemburg, Griechenland), wurden bisher vom EU-Gesetzgeber als unzulässig bewertet. EU-Mitgliedstaaten, die Verbote nicht aufheben, müssen mit Verfahren beim EUGH rechnen.

Regionale begründete Einschränkungen der Verwendung von GVO zB in definierten ökologisch sensiblen Gebieten sind hingegen EU-rechtlich grundsätzlich möglich, wenn bestimmten Kriterien Rechnung getragen wird.

In diesem Zusammenhang ist unmittelbarer Handlungsbedarf gegeben, um die Bio­diversität, bzw. die „Unberührtheit“ der österreichischen Nationalparks für die nächsten Generationen sicher zu stellen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, in Abstimmung mit den Lan­desregierungen ein Freisetzungs- und Ausbringungsverbot von GVO in den National­parks Österreichs in der Form durchzusetzen, dass eine Verunreinigung der National­parks mit GVO nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vermieden wird (dh zB auch angrenzende Gebiete sind GVO-frei zu halten, keine GVO-Wildfütterung in Natur­schutzgebieten).


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 39

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen der EU-Rats­präsidentschaft mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass in europäischen und globalem Maßstab nach dem Vorbild Österreichs große zusammenhängende GVO-freie Bio­sphärenreservate geschaffen werden.

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, bei der europäischen Zulas­sung von GVO (nach RL 2001/18/EG bzw VO 1829/2003/EG) die Bundesländer im Bezug auf den Schutz besonderer Ökosysteme und begründeten Einschränkungen der generellen Zulassung von GVO entsprechend einzubeziehen. 

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die Bundesländer – sollten An­träge für Zulassungen zum Inverkehrbringen von GVO anstehen – bei der eigenstän­digen Prüfung im Bezug auf die Erhaltungsziele in Europaschutzgebieten und in Bezug auf den Schutz der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzen­arten in anderen Schutzgebieten nationalen und internationalen Ranges bestmöglichst zu unterstützen. Wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die kommerzielle Inver­kehrbringung von GVO zu erheblichen Beeinträchtigungen in einem Naturschutzgebiet führen könnte, so sind auf Grund des Vorsorgeprinzips die Freisetzung und Ausbrin­gung von GVO in die Umwelt gesetzlich zu untersagen. Es ist eine Prüfung sowohl von Fall zu Fall als auch von Gebiet zu Gebiet entsprechend den EU-Regelungen vorzu­nehmen.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Co-Existenzkonferenz im April in Zusammenarbeit mit den anderen europäischen EU-Mitgliedstaaten die Weichen für einen Ratsbeschluss zu legen, der die Europäische Kommission auffordert, eine EU-weite verbindliche Regelung für die Co-Existenz von gentechnisch veränderten Kultu­ren, herkömmlichen Kulturen und biologischen Kulturen vorzulegen. Diese Regelung muss es einzelnen Regionen in der Gemeinschaft grundsätzlich freistellen, das Aussä­hen und Aussetzen von GVO in der Landwirtschaft und Umwelt mittels nationaler/regi­onaler Sonderregelungen, die sich an messbaren Kriterien orientieren, rechtsverbind­lich zu untersagen. Solche Kriterien können sich aus der kleinbetrieblichen Struktur in der Landwirtschaft ergeben oder am Umstand festmachen, dass Co-Existenz-si­chernde Maßnahmen technischer oder organisatorischer Art ohne unverhältnismäßi­gen Aufwand nicht möglich sind. Auch im Bezug auf Haftungsfragen im Zusammen­hang mit der Co-Existenz müssen in einer derartigen Regelung Rahmenvorgaben ver­ankert werden. Die Kommission soll diesen Vorschlag noch in diesem Jahr vorlegen.

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, hinsichtlich des ersten vorläufi­gen Berichtes („Interim-Report“) des WTO-Schiedsgerichtes im Rahmen des WTO-Verfahrens zum europäischen GVO-Zulassungsverfahren zwischen den USA und der EU, die im Parlament vertretenen politischen Parteien innerhalb einer Woche umfas­send zu informieren.

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Entgegen meiner Ankündi­gung vor Eingang in die Tagesordnung betreffend den Aufruf des Dringlichen Antrags und der Kurzdebatten teile ich mit, dass das Verlangen der Abgeordneten Gaál, Kolle­ginnen und Kollegen auf Besprechung einer Anfragebeantwortung betreffend neue Festlegungen für die österreichische Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht zuge­lassen wird.

Warum? – Wenn wir einen Dringlichen Antrag haben, kann nur eine Kurzdebatte statt­finden. Ich hatte zum Zeitpunkt, zu dem ich den Antrag von Gaál vorlas, nur diesen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 40

einen Antrag. Es war dies aber noch vor Eingang in die Tagesordnung. Eine Minute bevor ich zum Ende kam, haben die Grünen ihren Antrag auf Kurzdebatte eingebracht. Da diese Kurzdebatte nach unseren Kollisionsnormen weiter zurück lag, muss ich ihre Kurzdebatte zulassen und kann die Kurzdebatte der Sozialdemokraten nicht aufrufen.

Ich möchte aber nur eines sagen, meine Damen und Herren: Es ist für die Mitarbeiter hier am Podium eine Zumutung, wenn die Klubdirektoren Dringliche Anträge 5 Minuten vor Eingang in die Tagesordnung bringen und wenn Anfragebesprechungen und Kurz­debatten während meiner Enunziation am Podium verlangt werden.

Daher bitte ich um Entschuldigung, vor allem die Sozialdemokraten, dass ich das enunziert habe. Ich konnte nicht wissen, dass – entgegen den Usancen dieses Hau­ses – während meiner Enunziation ein weiteres Verlangen gestellt wird. Man wird sich das merken, meine Damen und Herren!

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.19.30

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Kollegen! Der Umgang mit Gentechnik ist natürlich eine Schlüssel­frage, insbesondere für die Landwirtschaft. Ich rufe hier nur in Erinnerung, dass Öster­reich wirklich einen sehr strikten und restriktiven Weg gegangen ist. In Österreich gel­ten nämlich strikte Import- und Anbauverbote für GVO.

Dafür gibt es – und darüber bin ich froh – einen Vier-Parteien-Konsens, weil wir alle wissen, dass die Konsumenten im Großen und Ganzen diese Gentechnik in der Nahrungsmittelkette derzeit ablehnen. Es ist, so denke ich, ein Gebot der Stunde,
alles zu tun, um den Konsumenten diesbezüglich Sicherheit zu geben. Das ist keine Frage! (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Diesen Konsens, Herr Kollege Gaßner, gibt es, und den sollten wir nicht parteipolitisch, ideologisch, emotional austragen, sondern im Sinne der Sicherheit der Konsumenten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Ich fordere aber – das sage ich heute hier auch als Bauernvertreter –, wenn wir auf der einen Seite Sicherheit für den Konsumenten bieten, auf der anderen Seite in allen Gesetzen und wo immer etwas festzuschreiben ist, Schutz und Sicherheit für unsere Bauern, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen.

Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass man ständig neue Anforderungen an die Bauern stellt! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es darf nicht sein!) – Es darf nicht sein! Danke, Herr Kollege Scheuch. Es darf nicht sein, dass immer neue Anforderungen an die Bäuerinnen und Bauern gestellt werden, ohne dass sie dafür einen Mehrwert ha­ben und ohne dass dafür die Haftungsfrage so geklärt ist, dass der Bauer am Ende des Tages nicht haftet.

Daher ist es meiner Meinung nach wichtig, dass es in Zukunft diese Wahlmöglichkeit gibt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Welche Wahlmöglichkeit?) Der Konsument sollte auch die Freiheit haben, am Markt zu entscheiden, zu welchen Produkten er greift, Frau Kollegin. Ich bin dafür, dass die Gentechnik nicht in der Nahrungskette stattfindet, sondern nur in der Energieproduktion. Ich sage, wir bieten in Österreich tolle Programme an. Wir bieten beispielsweise ein Umweltprogramm an. Das ist ein freiwil­liges Programm für die Bäuerinnen und Bauern, wobei 80 Prozent der Bauern mit 90 Prozent der Fläche bereits an diesem Programm teilnehmen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 41

Ich weiß, dass es verschiedene Zugänge dazu gibt. Die einen – konkret die Grünen – meinen, man sollte die Gentechnikfreiheit in dieses ÖPUL hineinschreiben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, warum nicht?) Ich bin froh, dass die Kommission dies­bezüglich eine klare Stellungnahme abgegeben hat, nämlich dass es rechtlich nicht möglich ist – da gibt es auch ein Antwortschreiben auf den Wunsch der Slowenen – und dass die Kommission ein solches Programm, in dem Gentechnikfreiheit festge­schrieben wird, nicht notifizieren wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das müssen wir letztlich so zur Kenntnis nehmen. Ich bin gegen Einstiegshindernisse, weil dieses ÖPUL ein entsprechend freiwilliges Programm ist.

Dasselbe gilt auch für Gentechnikfreiheit in österreichischen Nationalparks, meine Da­men und Herren von der Sozialdemokratischen Partei. Die Gentechnikvorsorgegesetze der Bundesländer berücksichtigen diese Schutzziele eigenständig. Die Schutzziele sind anhand der konkreten Umweltbedingungen im jeweiligen Bundesland zu prüfen. Das wissen Sie und das wissen wir. Das ist Länderkompetenz, die als solche wahr­genommen wird, wahrgenommen werden muss und nicht vom Bund geregelt werden kann.

Es wundert mich schon – das darf ich auch sagen –, dass es, als wir diese Woche noch versucht haben, in dieser konkreten Frage Gespräche mit der SPÖ zu führen, nur eines gegeben hat: Gesprächsverweigerung von der SPÖ mit uns. Sie war nicht einmal bereit, mit uns über diese Frage zu reden, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ja unglaublich!) Ich finde das sehr traurig, dass Sie jetzt aus welchen Gründen immer – aus parteitaktischen Gründen in Richtung Nationalratswahl gedacht – Gesprächsverweigerung betreiben.

Meine Damen und Herren, was wir dringend brauchen, so denke ich, ist eine gemein­schaftliche Koexistenzregelung bei GVOs. Ich danke Herrn Bundesminister Josef Pröll für seine Initiativen, vor allem auch für die Konferenz, zu der er auch die Agrarsprecher eingeladen hat.

Ich sage Ihnen zum Schluss, meine Damen und Herren: Sehen wir nicht nur den Okto­ber oder November oder wann immer die Nationalratswahlen stattfinden, sondern be­wegen wir uns in dieser sensiblen Frage der Gentechnik, wo es um den Schutz und die Sicherheit für die Konsumenten geht, aber auch, Kollege Pirklhuber, um den Schutz für die Bauern – das weißt du ganz genau – wieder zurück zum Weg des Konsenses! Ich denke, die Bäuerinnen und Bauern und die Konsumenten haben es verdient. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Unglaublich, was da behauptet wird!)

10.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig-Piesczek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


10.25.00

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Herr Kollege Grillitsch von Konsens spricht, kommen mir schön langsam leichte Zweifel, muss ich ehrlich sagen. Er spricht von einem Konsens zwischen allen Parteien, davon, dass Gentechnikfreiheit in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion völlig unbestritten sei, und redet dann im nächsten Satz von Wahlfreiheit für die Bauern! (Abg. Grillitsch: Sie waren nicht im Ausschuss!)

Ich war nicht im letzten Landwirtschaftsausschuss, das stimmt. (Abg. Grillitsch: Da hat Ihnen der Pirklhuber etwas nicht gesagt! Ihr müsst mehr reden!) Herr Kollege, trotzdem stelle ich mir die Frage, was die Bundesregierung nicht nur in den letzten Wochen, sondern vor allem seit sie im Amt ist, tatsächlich getan hat, um die österreichische


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 42

Gentechnikfreiheit auf europäischer Ebene und auf österreichischer Ebene zu verteidi­gen und aufrechtzuerhalten. (Abg. Hornek: Sehr viel!)

Wir haben vor drei Wochen ein sehr besorgniserregendes Zwischenerkenntnis der WTO beobachtet. Das war rund um den 10. Februar. Mittlerweile sind drei Wochen vergangen. Dieses Zwischenerkenntnis könnte mittelfristig dazu führen, dass die Im­portverbote, die Österreich verhängt hat, in der Europäischen Union nicht mehr mög­lich sind.

Herr Umweltminister, Herr Landwirtschaftsminister, ich möchte Sie fragen, was Sie in diesen drei Wochen unternommen haben, um gegen diese drohende Zulassungswelle, die auf Österreich zukommt, anzutreten. Ich frage Sie weiters, warum Sie die Vorschlä­ge auch von den Grünen, die mittlerweile seit Jahren auf dem Tisch liegen, nicht auf­greifen und warum Sie entgegen den Äußerungen Ihres Kollegen Grillitsch, der sagt, es werde alles getan, gravierende, weit reichende Maßnahmen, die Sie in Österreich setzen könnten, nicht durchführen. Ich werde Ihnen gleich sagen, welche diese sind.

Auch in Ihrem Antrag finden sich einige Dinge wie die Informationsoffensive für Konsu­mentinnen und Konsumenten. Das kann man ja alles schön und gut finden, aber ich frage Sie trotzdem, warum Sie diese harten Maßnahmen, die Sie in Österreich, in Ihrem eigenen Wirkungsbereich setzen können, wo Sie Verantwortung, Vollzugszu­ständigkeit, Gesetzgebungskompetenzen haben, nicht nutzen.

Ich denke, dass alle österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten von einem österreichischen Landwirtschaftsminister gerade nach der Entscheidung der WTO er­warten, dass alles getan wird, dass die österreichische Landwirtschaft weiterhin gen­technikfrei bleibt. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sind nicht bereit, für alle möglichen Importe von Genmais, Genraps, die im Moment auf dem Tisch liegen, ein Importverbot zu erlassen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sicher!) – Als Bundesregierung! Warum eigentlich nicht? Warum sind Sie nicht bereit, alle Schritte zu setzen, um das zu verhindern?

Es geht um zwei Sorten: eine Rapssorte, eine Maissorte. Bei der einen sagen Sie, Sie prüfen – Sie prüfen mittlerweile schon sehr lange –, und bei der anderen lehnen Sie es generell ab. Was gibt es da für einen vernünftigen Grund, für eine Genmaissorte und eine Genrapssorte kein Importverbot zu verhängen? – Das versteht niemand, das ver­stehe ich auch nicht, das versteht auch die österreichische Bevölkerung nicht!

Das haben Sie in den Verhandlungen auch glatt abgelehnt, und zwar ohne vernünftige inhaltliche Begründung. Sie weigern sich hartnäckig, eine sehr vernünftige und intelli­gente Maßnahme, nämlich die Verknüpfung von Umweltförderungen in der Landwirt­schaft mit Gentechnikfreiheit, die mittlerweile seit Jahren auf dem Tisch liegen, durch­zuführen. Und ich frage mich, warum!

Herr Kollege Grillitsch hat heute eine mögliche Antwort gegeben, nämlich Wahlfreiheit! Hinter dieser Wahlfreiheit, so denke ich, verbirgt sich eine Hintertür für die österreichi­schen Bauern und Bäuerinnen, die Sie vertreten, unter Umständen die Möglichkeit, ihnen den Weg zur Gentechnik zu eröffnen. Was ist mit dieser Wahlfreiheit sonst ge­meint, Herr Kollege Grillitsch? Was ist damit gemeint? – Ich kann mir nichts anderes darunter vorstellen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was wollen Sie jetzt konkret?)

Wir möchten – ich habe es Ihnen schon öfters erklärt (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, haben Sie nicht! Sie kritisieren nur!) –, dass das österreichische Programm für umwelt­gerechtes Landwirtschaften (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was für ein Teil des Pro­gramms?) als Fördervoraussetzung wie viele andere Fördervoraussetzungen auch die Gentechnikfreiheit für die nächsten Jahre verankert hat. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 43

Was stört Sie daran? Glauben Sie, dass irgendjemand in Österreich versteht, dass man Umweltförderungen für die Landwirtschaft auch bekommen soll, wenn man mit Gentechnik verändertes Saatgut anbaut? Wollen Sie solche Dinge aus der Umweltför­derung fördern? Ist das Ihr Ansatz? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Meiner ist das sicher nicht. Aber Sie lehnen das seit Jahren ab. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein dritter Punkt: Kollege Grillitsch hat von Haftungsfragen gesprochen. Das war auch einer der Punkte, weswegen wir dem Umweltminister, Landwirtschaftsminister nach langen Überlegungen das Misstrauen ausgesprochen haben. Nach dem Gentechnik­gesetz, das verabschiedet worden ist, ist alles zu unternehmen, dass die Haftungslage gerade für kleine Bauern und Bäuerinnen in Österreich eindeutig ist, nämlich mit einer ganz strikten Beweislastumkehr, wie wir es aus vielen strengen Haftungsregimen ken­nen. – Sie haben das nicht gemacht.

Unterm Strich bleiben damit für die Österreicherinnen und Österreicher eine Reihe von offenen Fragen, wo man sich mittlerweile überlegen muss, ob das mit der Gentechnik­freiheit, die Sie auf der Fahne vor sich hertragen, auch tatsächlich ernst gemeint ist. Ich glaube es mittlerweile nicht mehr! Ich glaube es nicht mehr, weil Sie nicht alles tun und vor allem nicht das tun, was Sie im Inland tun können, um diesen Weg weiterzugehen.

Um noch einmal auf das Thema WTO zurückzukommen: Jammern ist jetzt zu wenig. Ich habe es ehrlich gesagt satt, dass sich die österreichische EU-Ratspräsidentschaft immer auf solch einen diplomatischen Standpunkt zurückzieht. Das machen andere Länder ganz anders. Das ist keine moderierende Ratspräsidentschaft, die wir uns vor­stellen.

Ich würde mir erwarten, dass der Umweltminister, Landwirtschaftsminister hergeht und sagt: Ich möchte eine Weiterführung des Moratoriums auf europäischer Ebene! Ich möchte dafür einen Vorschlag machen, ich möchte das diskutiert haben! – Auch wenn das kontroversiell ist, aber sich immer dahinter zu verstecken ... (Abg. Donabauer: Sie beschaffen die Mehrheit!) – Das ist ja einmal eine Frage des Versuchs, aber es über­haupt nicht zu versuchen?! (Abg. Donabauer: Das ist eine Illusion, die Sie da schaf­fen!) Ich glaube, die Franzosen, die Briten und Vertreter vieler anderer Länder lachen uns aus, wenn man sich hinter dieser moderierenden Präsidentschaft versteckt. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Wir versuchen, unsere Positionen in dieser Zeit möglichst nicht nach vorne zu tragen. Ich halte das für den völlig falschen Weg, das machen andere Länder ganz anders! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Deutschland, zum Beispiel!) Das ist ein Mythos, der in der österreichischen Innenpolitik vorherrscht: Man kann in einer Präsidentschaft heikle Fragen nicht ansprechen und schon gar keine Vorschläge, Direktiven oder irgendwelche Programme dafür vorlegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Letzte Frage an Sie, Herr Minister: Warum machen Sie jetzt keinen Vorstoß in Rich­tung Aufrechterhaltung der europäischen gentechnikfreien Landwirtschaft? Warum schlagen Sie nicht ein Moratorium vor, warum machen Sie das nicht als Tour-des-Capitales-Schwerpunkt, sondern warum reden Sie über Koexistenz? – Das ist auch wichtig, aber warum gehen Sie nicht einen kleinen Schritt, ein bisschen mutiger, ein Stückchen weiter voraus, so wie es sich, so denke ich, die Österreicherinnen und Ös­terreicher erwarten würden? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


10.31.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! (Abg. Dr. Glawischnig-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 44

Piesczek – in Richtung ÖVP –: Ich finde, Ihre Position versteht niemand mehr!) – Es geht nicht darum, die Positionen zu verstehen oder nicht, Frau Dr. Glawischnig, ich habe eigentlich auf die Antworten gewartet!

Ich werde mir noch die Rede von Herrn Pirklhuber anhören, vielleicht bringt er die Ant­worten auf die Fragen, die ich gestellt habe, wo und wie – in welchen Bereichen, in welchen Dingen – man sich diese Gentechnikfreiheit dann im ÖPUL-Programm vor­stellt und vorsieht. Dann muss man sich das genau anschauen. Ich denke auch, wir sollten einmal die Sachen auf den Tisch stellen! Es geht nicht, nur Gentechnikfreiheit zu fordern, aber nicht zu sagen, in welchen Bereichen und warum und wofür. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Da müssen Sie mir einmal erklären, wie man die Gentechnikfreiheit bei der Mutterkuhhaltung einfordert und wie man sie bei anderen ÖPUL-Maßnahmen einfordert. ÖPUL-Maßnahmen in der Landwirtschaft, Frau Dr. Glawischnig, umfassen nämlich sehr viele Bereiche, es sind sehr viele Dinge davon erfasst. Wir werden uns das dann anhören. (Abg. Dr. Pirklhuber: Was ist dein Vor­schlag?)

Nur, Faktum ist, Sie tun andauernd so, als ob ... (Abg. Sburny: Weil Sie es nicht ver­stehen!) – Frau Kollegin Sburny, über Landwirtschaft können wir gerne abseits dieses Plenums diskutieren. Bezüglich Verständnis in Fragen Landwirtschaft will ich Sie jetzt nicht vom Rednerpult aus angreifen, aber – seien Sie mir nicht böse –: Es hat jeder seinen Fachbereich! Wenn wir zwei über Verständnis in Fragen Landwirtschaft disku­tieren, dann würde, so denke ich, einer von uns beiden alt aussehen, und das bin nicht ich, das steht außer Zweifel! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Sbur­ny: Sie verstehen es nicht!)

Bezüglich dieser Diskussion rund um diese Gentechnik: Es gibt ein klares Bekenntnis von allen Parteien, die sich gegen diese Gentechnik aussprechen! Wir haben in Kärn­ten ein Vorzeigegesetz gemeinsam mit der ÖVP abgeschlossen! Wo waren da die Grü­nen? Wo waren Sie? Wo haben Sie sich da beteiligt? (Ruf bei der ÖVP: Geschlafen haben sie!) Wo haben Sie sich beteiligt? Zeigen Sie mir einen Beistrich, wo Sie sich an einem guten Anti-Gentechnik-Gesetz, an einem guten Gentechnik-Vorsorgegesetz in Kärnten beteiligt haben! – Sie haben sich nirgends beteiligt! Sie haben geglänzt durch Abwesenheit, durch destruktive Beiträge und Aussagen, dass alles zu wenig war. (Zwi­schenruf der Abg. Sburny.)

So kann man nicht Politik machen! So kann man keinen Staat machen, indem man da­durch glänzt, dass man gegen alles ist, dass man meint, dass alles zu wenig ist. Herr Holub als ehemaliger Faschingsnarr vom „Klagenfurter Stadtgerücht“ hat keine Ahnung von dieser Koexistenzfrage. Das geht nicht, das ist nicht möglich. (Abg. Dr. Pirklhu­ber: Das stimmt überhaupt nicht! Es geht um den Antrag!) Man wird die Probleme so nicht lösen. Das steht fest!

Bezüglich der Gentechnik steht für alle Parteien außer Frage, dass man alles unter­nimmt, dagegen ankämpft, alles versuchen wird, Österreich gentechnikfrei zu halten. Wir werden das weiterhin machen! Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen und wer­den am Ende des Tages mit unserer Linie auch Recht bekommen.

Die zweite Sache, über die ich noch kurz sprechen möchte, ist eine Diskussion im letz­ten Landwirtschaftsausschuss, wo auch wieder einmal von den Grünen ein Entschlie­ßungsantrag zum Thema eingebracht wurde, wie man in der ländlichen Entwicklung weiter vorgehen sollte, wie man versuchen sollte, die ländliche Entwicklung federfüh­rend weiterzugestalten. Ich möchte mein Abstimmungsverhalten hier noch einmal er­klären.

Ich habe mich in diesem Ausschuss ganz klar gegen den Antrag gestellt und habe auch gegen die Vertagung gestimmt, weil ich der Meinung war, dass man diesen An-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 45

trag ablehnen sollte. – Ich sage auch ganz klar, warum: Wenn man sich den Antrag im Detail anschaut, sieht man, dass die Grünen fordern, dass die ländliche Entwicklung Europas und damit speziell auch Österreichs in den Jahren 2007 bis 2013 den Bioland­bau als Leitbild sehen soll. (Abg. Dr. Pirklhuber: Leitbild, natürlich!) Ich sage ganz ehr­lich, da wird versucht, der Mehrheit eine Minderheit aufs Auge zu drücken!

In Wirklichkeit ist es so: Es kann jeder Bauer für sich entscheiden, ob er biologisch wirt­schaftet oder ob er konventionell wirtschaftet. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Wir brauchen diese freie Entscheidung für die Landwirtschaft! Das steht weder für noch gegen Bio­landbau oder für oder gegen konventionelle Landwirtschaft, aber es ist falsch, dieses Leitbild an die oberste Stelle zu stellen, denn die Bäuerinnen und Bauern in diesem Land können selbst und frei entscheiden, ob sie konventionell wirtschaften, ob sie da­mit den Wettbewerb auf europäischer Ebene bestehen wollen oder ob sie sich für die Schiene des Biolandbaus entscheiden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Kein Diktat! Es ist ein Leitbild!)

Wenn man sieht, dass in der Entwicklung des Biolandbaus in Wirklichkeit alles hinter den Erwartungen bleibt und der Biolandbau anscheinend über die Nischenproduktion nicht hinauskommt, dann muss man das zur Kenntnis nehmen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das stimmt nicht!) Dann halte ich es agrarpolitisch für den falschen Weg, dass man den Bäuerinnen und Bauern das aufoktroyieren möchte und muss.

Herr Kollege Pirklhuber, wir hatten gestern selbst eine Aussprache mit dem tschechi­schen Landwirtschaftsausschuss – eine sehr gute Diskussion, sehr interessant – über die Entwicklungen dort. Man sieht sehr wohl, dass Biolandbau nicht die reine Lehre für die Zukunft der Landwirtschaft sein kann. Deshalb lehne ich es ab, dass dies zum Leit­bild wird, und habe dem Antrag im Landwirtschaftsausschuss nicht zugestimmt, oder besser gesagt: Ich wollte der Vertagung nicht zustimmen und damit den Antrag abset­zen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Pröll. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Glawischnig. – Bitte.

 


10.36.40

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Kollege Scheuch hat jetzt in seiner Rede einen Kärntner Landtagsab­geordneten als ehemaligen Faschingsnarren bezeichnet.

Ich denke, das ist dem Stil dieses Hauses nicht zuträglich, und ich beantrage einen Ordnungsruf für diese Bezeichnung. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zur Geschäftsbehand­lung!)

10.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Kollege Scheuch.

 


10.37.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Rolf Holub bekennt sich dazu und macht das sehr gerne. Er war jahrelang Mitglied des „Klagenfurter Stadtgerüchtes“. Wenn man dort Mitglied und Akteur ist, so nennt sich das Faschingsnarr!

Das ist keine Wertung seiner sonstigen politischen Arbeit gewesen, sondern das war ein klarer Ausdruck für das, was er gemacht hat, bevor er in der Politik war.

10.37



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 46

Präsident Dr. Andreas Khol: Sie wollten ihn also nicht beleidigen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, wollte ich nicht! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Gut.

Ich werde mir jedenfalls das Protokoll herbeiholen lassen. – Bitte, dann werde ich ent­scheiden. (Abg. Krainer – in Richtung des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch –: Geh, bitte! Das war sachliche Information, oder was?)

Jetzt kommt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort.

 


10.37.38

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nach den Faschingsnarren wieder zu einem ernsten Thema, zum Thema Umgang mit der Gentechnik in der Land- und Forst­wirtschaft in Europa und in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Brosz. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des Abg. Brosz –: Das war dann aber auch ein Ordnungs­ruf!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Glawischnig hat mich ge­fragt: Was hat denn diese Bundesregierung in der Frage der Gentechnik getan? – Ich sage Ihnen: So viel wie niemand in Europa, um die Gentechnik aus Österreich draußen zu halten! Bis dato ist uns das gelungen. Ich kann Ihnen eine eindrucksvolle Leistungs­bilanz in der Frage Umgang mit Gentechnik in der Landwirtschaft legen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte vorausschicken, dass wir in dieser Frage auch klar differenzieren müssen: wo wir stehen in der Frage der Gentechnik in der Medizin auf der einen Seite, in der Frage der Gentechnik in Futter- und Lebensmitteln auf der anderen Seite und dann – eine zentrale und spannende Herausforderung für die Landwirtschaft und die Umwelt­qualität in diesem Land – in der Frage Auspflanzung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Saatgut. – Die drei Dinge sind auseinander zu halten, weil ich immer mehr den Eindruck habe, es wird hier vieles auch mit Emotionen und populistischen Ansagen vermischt. Wir müssen klar und deutlich differenzieren, wo wir stehen und wie wir entsprechend weiter vorgehen wollen.

Wir haben mit der Gentechnikcharta, die die Grünen leider nicht unterschrieben haben, ein klares Bekenntnis in Österreich abgelegt, Gentechnik in der Frage Saatgut oder Auspflanzung aus Österreich fernzuhalten. Und das ist uns bis heute gelungen. Auch wenn der Gegenwind rauer wird, werden wir diese Linie konsequent weiter verfolgen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frau Abgeordnete Glawischnig fragt mich: Was haben Sie getan? – Wir haben eine Mehrheit organisiert, und Sie wissen das ganz genau! Ich bin letztes Jahr nach Brüssel zum Umweltministerrat gefahren, wo eine Mehrheit von Umweltministern in der Europäischen Union versucht hat, unsere nationalen Verbotsverordnungen herauszuschießen und damit den Weg für die Gen­technik auch in Österreich zu erzwingen.

Noch an dem Abend, als ich hingefahren bin, hat es so ausgeschaut, als ob wir eine Niederlage erleiden würden. Über Nacht, mit vielen Verhandlungen mit Kolleginnen und Kollegen in Europa, konnten wir eine Mehrheit für unsere Verbotsverordnungen organisieren, und deshalb ist unser Land nach wie vor gentechnikfrei. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist angewandte Politik in Europa, um Gentechnik aus Österreich fernzuhalten, und das ist mein und das ist unser Ziel!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 47

Zu den von Ihnen angesprochenen offenen Konstrukten, zur Raps-Sorte GT 73. – Sie wissen ganz genau, dass erstens die Zuständigkeit bei Maria Rauch-Kallat liegt – und das ist gut so, dass sich die Landwirtschaft in dieser Frage nicht selbst kontrolliert – und dass sie sehr genau prüft, mit welchen legistischen Maßnahmen (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Ja wo ist sie denn, die Frau Gesundheitsministerin?), Frau Abge­ordnete, wir auch hier ein Verbot aussprechen können, und zwar so, dass wir nicht gleich den ersten Prozess vor dem EuGH oder vor den Instanzen der Europäischen Union verlieren, denn wir wollen, dass auch dieses Produkt Österreich fernbleibt.

Zweiter Punkt, und viele haben das angesprochen: WTO. Wie Sie sehen können, ver­suchen jetzt durch internationale Vereinbarungen im Rahmen der WTO manche Ver­handlungspartner, den Zugang zu Europa für die Gentechnik zu erzwingen. Es gibt einen laufenden Prozess, es gibt das Panel, Sie haben den Zwischenbericht erwähnt, aber ich bin auch hier sehr optimistisch, dass wir nach den Schlussfolgerungen der WTO-Entscheidung, die im Juni zu erwarten sind, in Österreich keinen Handlungsbe­darf haben werden, sondern dass wir klar und deutlich unsere konsequente Linie, Gen­technik draußen zu halten, auch im Bereich der WTO weiter werden verfolgen können.

Ich habe einen unverdächtigen Partner auf diesem Weg: „Greenpeace zu Wto-Ur­teil“ – Zitat der Presseaussendung –: „Viel Lärm um Nichts!“ Es wird quasi keine Aus­wirkungen geben. Ich bitte Sie, Aussagen von Ihnen nahe stehenden Organisationen auch zu lesen, dann sehen Sie, was in Österreich alles gegen die Gentechnik getan wird.

Nächste Frage: Kennzeichnung. Wir haben seit 18. April 2004 in Europa klare Rege­lungen, um dem Konsumenten zu ermöglichen, in der Frage Gentechnik zwischen „Nahrungsmittel verändert“ und im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion „Futter­mittel verändert“ zu wählen. Das muss seit dem 18. April 2004 gekennzeichnet sein. Der Konsument hat die Wahlfreiheit, und das ist gut so, dass er die Wahlfreiheit hat. Wenn er hundertprozentig gentechnikfreie Nahrungsmittel haben will, dann steht ihm die Erfolgsstory der österreichischen Landwirtschaft zur Verfügung, nämlich die Ent­wicklung im Biobereich.

10 Prozent der österreichischen Bauern sind Biobauern, null Toleranz, absolute Gen­technikfreiheit, der Konsument kann wählen beim Konsum – auch das eine wirkliche Erfolgsstory. Anknüpfend daran muss ich auch gleich Folgendes sagen: Es hat in Deutschland sieben Jahre lang eine rot-grüne Koalition gegeben, und Renate Künast, mit der mich durchaus auch konstruktive Umgangsformen und politische Diskussionen verbunden haben, ist angetreten mit dem Ziel: 20 Prozent Biobauern. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Auf welchem Level?) Nun wurde sie, nicht aus diesem Grund, aber aus ande­ren Gründen, mit abgewählt, und so liegt die Bilanz der deutschen Biobauern nicht bei 20 Prozent, sondern bei 4 Prozent; zugegeben, das ist eine Steigerung von 3 Prozent auf 4 Prozent. Gratulation! Wir liegen bei 10 Prozent, und das ist auch eine wichtige Er­folgsstory auf dem Weg, Gentechnik von Österreich fernzuhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiters komme ich noch auf eines meiner Lieblingsthemen zu sprechen, nämlich auf die Frage Gentechnikfreiheit im neuen Um­weltprogramm. Der Grüne Pakt für Österreich, für die ländlichen Regionen, für die Ent­wicklung der ländlichen Regionen, enthält für die Jahre 2007 bis 2013 drei Schwer­punkte: das Bergbauernprogramm, das Umweltprogramm und die Investitionsoffensi­ve, und eröffnet klare Perspektiven. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aber grün ist er nicht, der Pakt!)

Sie verlangen immer wieder, „gentechnikfrei“ dem Umweltprogramm zu implementie­ren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sie kennen unsere Forderungen, genau, im Detail!) Wir haben durchaus versucht, in der Europäischen Union entsprechende Gespräche zu


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 48

führen, und dann das – für mich überraschend, aber auch Ihre Grundlagenarbeit auf­zeigend –: Eine Expertin der Grünen, geladen am 18. Februar 2005 zu einer Diskus­sion hier im Parlament über die Zukunft der ländlichen Entwicklung, Namen tun jetzt nichts zur Sache, hat einen Brief geschrieben nach Europa. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: „Brief nach Europa“? Können Sie ein bisschen präziser sein?) – Einen Brief an die Europäische Kommission. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Seien Sie vorsich­tig, dass Sie nichts Falsches sagen!) Nein, nein! Der Brief enthielt die Frage: Gentech­nikfreiheit im Umweltprogramm möglich oder nicht?

Die Expertin hat daraufhin einen Brief erhalten (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Von wem?) von der Europäischen Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft und länd­liche Entwicklung, in dem nach diversen Abhandlungen als Schlussfolgerung der Kom­mission ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Peinlich, Herr Bundesminister! Peinlich!) Ich kann Ihnen das nicht ersparen, weil Sie die Schuld immer anderen in die Schuhe schieben wollen.

Folglich kann die Verwendung von gentechnikfreiem Saatgut weder zur Voraussetzung für eine Teilnahme am österreichischen Umweltprogramm gemacht werden noch unter diesem unterstützt werden. – Europäische Kommission, Antwort auf eine Anfrage einer Expertin der Grünen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie freuen sich darüber! Jahre­lang haben Sie nichts gemacht, und jetzt machen Sie die Bergbauernvereinigung hier schlecht!)

Es geht nicht nach EU-Recht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Pirklhuber: Peinlich!) – Das ist eine Expertin, die Sie geladen haben, die ich hier auch nicht namentlich zitiere. Ich zitiere aus einem Brief, aus einem Antwortschreiben, das für uns natürlich auch verbindlich ist. Sie haben das Projekt sozusagen selbst her­ausgeschossen. Gratuliere! (Abg. Dr. Fekter: Bumerang nennt man das!) Wir arbeiten jedenfalls konsequent auf der Linie weiter, Gentechnik aus Österreich möglichst drau­ßen zu halten. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Auf dem Rücken der Bergbauernver­einigung! Das ist wirklich mies!) Sie haben jetzt gesagt, woher, ich habe das nicht in den Mund genommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Frage europäisches Engagement. Ich bin sehr verwundert, dass Ihnen das europäische Engagement der österreichischen Bun­desregierung in der Frage der Gentechnik abgeht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, absolut!)

Von 4. bis 6. April dieses Jahres werden wir in Wien drei Tage lang – 700 Experten, Politiker, NGOs, große Bürgerbeteiligung; erstmals in der Europäischen Union, gegen den Widerstand vieler Nationalstaaten und auch mit sehr kritischen Anmerkungen der Kommission – die erste europäische Gentechnikkonferenz veranstalten; wir als öster­reichische Präsidentschaft. (Beifall bei der ÖVP.) Ich will, dass wir das Thema des restriktiven Zugangs der Gentechnik, die offenen Fragen in der Koexistenz in Europa einmal gemeinsam diskutieren. Es geht nicht um ein Ja oder ein Nein, wie Sie das manchmal so vereinfacht darstellen wollen, sondern um die Frage: Wie können wir die Themen Gentechnikfreiheit, Koexistenz von Gentechnik und konventionellem Landbau in Europa gemeinsam als europäische Herausforderung annehmen und diskutieren? Sie sind auch dazu eingeladen, das habe ich Ihnen gesagt.

Wir werden die Meinungen aller, von Pro- bis Anti-Gentechnik, hören und daran arbei­ten, vernünftige Lösungen zustande zu bringen. Wir bleiben auf unserem Kurs, es gibt keine Alternative zu diesem Kurs: Wir wollen die Gentechnik aus dem Anbau in Öster­reich fernhalten, und dafür haben wir in Österreich und in Europa alles getan! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.46



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 49

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kum­merer. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.46.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Minister, wir sind auf Ihrer Seite! Wir versuchen, Sie in allem, was die Gentechnik betrifft, zu stärken, und wir nehmen das bitterernst. Aber wir dürfen natürlich auch die Realität nicht aus den Augen lassen. In 21 Ländern werden heute bereits 90 Millionen Hektar mit GVOs bewirtschaftet. Wir dürfen auch nicht aus den Augen verlieren, dass sich heute bereits 500 000 Tonnen Importsoja in Österreich befinden, die verfüttert werden. Wo sind sie? – Das heißt, die Kennzeichnung ist das Minimum, das wir für unsere Konsumenten und Konsumentinnen verlangen können und verlangen müssen (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek), und diese Kennzeichnung muss bis hin zum Futtermittel lückenlos sein.

Kollege Grillitsch, was soll das dann heißen: eine Belastung ohne Mehrwert? Verschie­dene Firmen haben die Selbstkontrolle „ISO 9000“, „ISO 14000“ für ihren eigenen Er­folg, ohne Mehrwert, eingeführt. Meinst du mit „Belastung ohne Mehrwert“ eine zusätz­liche Förderung für die Landwirtschaft für den Verzicht auf GVOs? Das kann es ja nicht sein. (Abg. Grillitsch: Einen besseren Marktpreis!)

Wenn wir bei der Ehrlichkeit bleiben: Was heißt „Gesprächsverweigerung“, Kollege Grillitsch? (Abg. Grillitsch: Fragts einmal euren Klubsekretär!)

Im Ausschuss hast du jetzt einmal zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Vertagungs­taktik nicht mehr funktioniert, weil du dir nicht mehr sicher sein kannst, ob du eine Mehrheit für deine Vertagungsanträge hast.

Dann haben wir vereinbart – ich war dabei, ich war im Ausschuss –, dass innerhalb dieser 14 Tage von euch ein schriftlicher Vorschlag für einen Vier-Parteien-Antrag er­folgt. Was ist gekommen in diesen 14 Tagen? Nichts! Worüber sollen wir sprechen? Über das Nichts, das ihr vorgelegt habt? Das kann es ja wohl nicht sein. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir legen heute einen Antrag vor, der durchgearbeitet ist, der die Länderinteressen einbezieht, der EU-konform ist und auf die Nationalparks ab­zielt; als ersten Schritt, wie Kollege Krainer bereits ausgeführt hat.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Österreich in seiner Gesamtheit, und nicht nur die Bundesregierung, hat Hervorragendes geleistet: Biosphärenparks, Ram­sar-Abkommen, Natura 2000, ÖPUL und schließlich und endlich die Nationalparks. Die Nationalparks sind nicht nur ein rein österreichisches Problem, nicht nur ein Problem der Bundesländer. Wir sind sehr stolz auf grenzüberschreitende Nationalparks. Der Nationalpark Thayatal reicht in die Tschechische Republik hinein, und die Tschechi­sche Republik teilt unseren Standpunkt zur Gentechnikfreiheit nicht zu hundert Pro­zent. Der Nationalpark Neusiedler See reicht bis Ungarn hinein.

Unser Antrag ist keineswegs eine Schwächung Ihrer Bemühungen, Herr Minister, son­dern eine Stärkung. Ich ersuche die Regierungsparteien noch einmal, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.50.15

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus – egal, wo


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 50

Sie gerade sitzen mögen! Wir behandeln heute wieder das Thema „Gentechnik“ – ein faszinierendes Thema. Wir brauchen gar nicht herumzureden: Das ist für jeden, der Freude am Fortschritt hat, ein Thema mit großen Herausforderungen. Wir alle sind froh, dass die Wissenschaft gerade in Österreich in diesen Bereichen täglich Fortschrit­te feiert, unsere Forschungsstandorte leben davon, aber wir wissen, dass wir diese Be­reiche eingeschränkt haben wollen auf die Medizin und auf all das, was mit der menschlichen Gesundheit in Zusammenhang steht.

Gleichzeitig wissen wir, dass die Gentechnik in der Landwirtschaft, die Gentechnik im Anbau in Österreich von unseren Mitbürgern, von den Kunden und vom Markt nicht geschätzt wird. – Unsere Bauern und wir alle wollen alles tun, um die Gentechnik aus dem Anbau fernzuhalten! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns jetzt mit der GVO-Freiheit in der Landwirtschaft beschäftigen, gibt es große Verwirrung, und zwar deshalb, weil diesen Begriff jeder nur halbert, hatschert oder gar nicht definiert. Daher möchte ich zumindest aus unserer Sicht sagen, wovon wir hier wirklich sprechen.

Es gibt beim Zugang zur Gentechnik die normale Landwirtschaft österreichischer Aus­prägung. Das bedeutet, dass wir durch eine Vielzahl von Vorsorgemaßnahmen – Ge­setzen zum Saatgut bis zu Landesbestimmungen, bis zur Durchdringung des Marktes, bis zur Frage, was unsere Großabnehmer überhaupt kaufen wollen – in vielfacher Wei­se sichern, dass die Gentechnik aus dem Anbau ferngehalten wird. Der europäische Rechtsrahmen für die Deklaration gibt unseren Kunden die Sicherheit, dass sie wissen, was sie kaufen.

Es gibt dann weiters die biologische Landwirtschaft, die von vornherein alles aus­schließt, was die Gentechnik in der Produktion braucht. Das heißt, wer sich gentech­nikfrei, absolut gentechnikfrei ernähren will – das umfasst auch Futtermittel, die Medi­zin, Medikamente, Futterzusatzstoffe –, der kann sich biologisch ernähren. Das schät­zen wir sehr, weil das bei uns in Österreich sehr gut funktioniert.

Dann gibt es noch einen Weg dazwischen, der für viele Komplikationen sorgt, eine gentechnikfreie Definition, die entstanden ist, bevor unser Rechtsrahmen zu diesem Thema entwickelt wurde. In diesem Gentechnikfrei-Rahmen, wobei es sich eigentlich um ein Anti-Gentechnik-Pickerl handelt, wird Gentechnikfreiheit so definiert, dass alles, was mit Gentechnik zu tun hat, möglichst vermieden werden soll, egal, woher es kommt. Dieses Pickerl hat das Problem, dass es sehr kontrollintensiv und sehr teuer ist, und es ist halt eine Glaubensfrage, ob bei Soja aus Brasilien auch die entsprechen­den Pflanzenschutzmittel tatsächlich nicht gentechnisch verändert hergestellt wurden. Das ist eben die Problematik bei diesem Zeichen, und deshalb gibt es immer wieder Diskussionen, Diskussionen auch in Ihrem Kreis (in Richtung Grüne), diese Gentech­nikfrei-Definition zu verändern, abzuschwächen, leichter zu machen.

Wir wollen weiter den sauberen Weg gehen, und wir wollen weiterhin eine vernünftige, für die Bauern vorhersehbare Politik haben, die nicht auf Bevormundung setzt, wie Sie das so gerne tun, die nicht auf Entrechtung setzt, sondern auf einen vernünftigen Mix aus praxisgerechten Maßnahmen, der uns dauerhaft dieses Thema vom Hals hält.

Wir wissen, dass die Koexistenz beider Wege nebeneinander in Österreich extrem schwierig wäre, und daher wollen wir aus rein praktischen Gründen die Gentechnik fernhalten. Ich sehe keinen Grund für Emotionen zu diesem Thema, und, Frau Dr. Gla­wischnig, Sie wissen ganz genau, dass unser Weg der gute und der richtige ist.

Kollegem Pirklhuber möchte ich auch noch etwas sagen: Mich hat das wirklich genervt, als Sie in einer gut verlaufenden Sitzung des Landwirtschaftsausschusses, wo wir im Thema eigentlich sehr nahe beieinander waren, plötzlich mit der Forderung aufhorchen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 51

ließen: Kürzen Sie die Marktordnungsgelder für die Bauern um 20 Prozent! Das war wirklich bitter, und diese Ihre Aussage wird Ihnen sicherlich noch vorgerechnet werden, denn die 20 Prozent werden für die Bauern sicher eine Botschaft sein, die uns alle noch sehr ärgern wird. (Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Ich freue mich schon sehr auf die weiteren Diskussionen, aber es werden keine Gen­technik-Diskussionen sein, sondern es werden Diskussionen um die Verlässlichkeit für die Bauern sein. Sie spielen da aber nicht mit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Glawischnig, ich habe jetzt das Pro­tokoll über die Ausführungen des Abgeordneten Scheuch erhalten, der Folgendes ge­sagt hat: „Herr Holub als ehemaliger Faschingsnarr vom ,Klagenfurter Stadtgerücht‘ hat keine Ahnung von dieser Koexistenzfrage. Das geht nicht, das ist nicht möglich. Man wird die Probleme so nicht lösen.“ (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist nicht abwertend gemeint?)

Im Lichte der Erklärung hinterher sehe ich darin keine Stellungnahme, die die Würde des Hauses verletzt, allzumal ja Herr Pirklhuber im Zwischenruf auch Herrn Scheuch als „Faschingsnarr“ bezeichnet hat. (Abg. Sburny: Nein! Wo haben Sie das gehört?) Das war ja auch nicht abwertend gemeint. (Abg. Sburny: Wo haben Sie das gehört? Vom Kollegen Scheuch?) Ich erteile keinen Ordnungsruf. (Abg. Sburny: Das würde ich auch gerne im Protokoll nachlesen! Das ist nie gesagt worden!)

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Pirklhuber. – Bitte.

 


10.55.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Bei aller Wertschätzung, aber ich habe Sie beobachtet während dieser Ausführungen, und Sie haben offensichtlich nicht zugehört. Ihre Einschätzung jetzt, die auf dem Protokolltext beruht, unterschlägt die Stimmungs­lage und das Stimmungsbild, das Kollege Scheuch wiedergeben wollte. Das wollte ich Ihnen nur sagen. Ich erwarte mir hier Objektivität von Ihnen, das ist ganz klar.

Nun zur Sache, was die Gentechnik betrifft. Herr Bundesminister, eines steht fest: Das WTO-Panel erfordert rasch notwendige Korrekturen auf europäischer Ebene. Das WTO-Panel ist in einer Sache klar, nämlich: Die derzeitige Situation in der Europäi­schen Union, was das Zulassungsregime, was Importverbote und die Absicherung auch von gentechnikfreien Regionen betrifft, ist inkonsistent. – Das sagt dieser vorläu­fige Bericht an verschiedensten Stellen immer wieder. Inkonsistent – das bedeutet, dass Handlungsbedarf besteht. Sie haben jetzt die Chance durch die Ratspräsident­schaft, diese Inkonsistenz im Sinne der Bevölkerung, nämlich im Sinne von gentech­nikfreier Landwirtschaft und gentechnikfreien Lebensmitteln in Europa voranzubringen.

Eines sei unbestritten: In einem Punkt haben wir etwas erreicht! Die Grünen fordern seit mehreren Jahren, dass die GVO-Zulassungsverfahren auf neue wissenschaftliche Basis gestellt werden, dass diese European Food Safety Authority endlich unabhän­gig arbeitet und nicht nur die Konzernberichte bewertet, sondern dass in Europa unab­hängige Risikoforschung betrieben wird. Das haben wir durchgesetzt in den Verhand­lungen mit der ÖVP, dass das ein Thema geworden ist. Sie haben das aufgegriffen im Umweltministerrat. Okay, das ist richtig. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Spät! Sehr spät!)

Es geht jetzt darum, Herr Bundesminister, dies auch öffentlich zu machen – und da sind wir beim Kernpunkt der Auseinandersetzung –, dieses Anliegen öffentlich zu ma­chen, voranzutragen, zu einem europäischen Thema zu machen. Ich bin schon sehr


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 52

gespannt, was Sie im Rahmen der Koexistenzkonferenz „Freedom of Choice“, die hier in Wien stattfinden wird, vorlegen werden.

Wir haben daher schon im Ausschuss einen Entschließungsantrag eingebracht, der sehr konkret darüber hinausgeht, was wir bisher gefordert haben, und zwar aus aktuel­lem Anlass, auf Grund des vorläufigen WTO-Panel-Berichts. Und das ist die Nagel­probe, Herr Bundesminister, ob diese Forderungen auch von Seiten der Regierungs­fraktionen unterstützt und auch umgesetzt werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Gentechnikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft und Le­bensmittelerzeugung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, folgende Maßnah­men zu treffen bzw. sich auf EU-Ebene für folgende Maßnahmen einzusetzen:

1. Die nationalen Gentechnik-Importverbote müssen verteidigt und durch weitere unab­hängige Gutachten abgesichert und ausgeweitet (GT73, MON 863) werden.

2. Die EU muss die Möglichkeit der Schaffung von gentechnikfreien Regionen rechtlich absichern. Dazu soll von der österreichischen Ratspräsidentschaft auf der Gentechnik-Konferenz in Wien im April 2006 ein Vorschlag vorgelegt werden.

3. Die Europäische Lebensmittelagentur (EFSA) muss reformiert und eine fundierte, unabhängige GVO-Risikoforschung etabliert werden.

4. Das Vorsorge-Prinzip muss im WTO-Abkommen verankert, das WTO-Abkommen mit den multilateralen Umweltabkommen (wie z.B. die Biodiversitäts-Konvention) in Einklang gebracht werden.

5. Der WTO-Bericht soll umgehend veröffentlicht, dem Nationalrat vorgelegt, durch un­abhängige WissenschafterInnen bewertet und rechtzeitig eine Berufung gegen das zu erwartende WTO-Urteil vorbereitet werden.

*****

Meine Damen und Herren, das ist der Entschließungsantrag, den ich hiemit einge­bracht habe und der wirklich die Nagelprobe dafür ist, ob Sie es ernst meinen, in dieser kritischen Phase für die gentechnikfreie Landwirtschaft in Österreich und in Europa konkrete Maßnahmen zu setzen, die jetzt anstehen, die Sie in der Ratspräsidentschaft auch vorantragen und damit wirklich zu einem echten europäischen Thema machen können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte jetzt noch auf einige Punkte eingehen, welche die Kolleginnen und Kolle­gen von der ÖVP und der FPÖ hier eingemahnt haben. Wo sind unsere weiteren kon­kreten Vorschläge? – Es liegen zwei Anträge vor; der eine aus dem Jahr 2003, in dem wir die Forderung erhoben haben, dass gentechnikfreies Saatgut eine Fördervoraus­setzung wird.

Jetzt komme ich zu Ihrem Schreiben, das Sie zitiert haben, Herr Bundesminister. Es ist wirklich peinlich, es ist so peinlich, wenn ein Bundesminister mit einem Papier wachelt, welches eine kleine NGO in Österreich von der Kommission eingefordert hat – und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 53

dies angesichts der Tatsache, dass derjenige, der diese Anfrage beantwortet hat, näm­lich der Chef der Generaldirektion Landwirtschaft, seit 1. Jänner 2006 nicht mehr in dieser Funktion tätig ist, weil es auf europäischer Ebene ein Rotationssystem gibt. Außerdem ist bekannt, dass dieser Chef Spanier ist und die Spanier natürlich die Einzi­gen in Europa sind, die massiv für die Gentechnikliberalisierung eintreten. (Abg. Rest-Hinterseer: Die größten Flächen! – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll – die Hände zu­sammenschlagend –: Die Kommission hat ...!) – Natürlich stimmt es! Rodriguez heißt er, und er ist nicht mehr Chef der DG AGRI. Das weißt du ganz genau, Josef.

Weiters ist das kein Rechtsgutachten, das hier vorgelegt wird, sondern eine Rechts­meinung. Es gibt so viele Schreiben der Kommission an Österreich, wogegen wir uns wehren, weil wir sagen, wir haben eine andere Rechtsmeinung. Ich bin überzeugt davon, dass viele andere Länder genauso eine andere Rechtsmeinung hätten, denn es ist doch absurd, dass in einem freiwilligen Programm, das zum Schutz der Umwelt und zur Förderung einer angepassten ökologischen Landwirtschaft auf europäischer Ebene etabliert wird, Gentechnikeinsatz möglich sein soll. Herr Bundesminister Pröll! Das ist weder wissenschaftlich noch vom Verständnis her logisch. Das ist doch völlig das Ge­genteil!

Wir wissen alle, dass die Kommission säumig ist, was die Biodiversitätsziele betrifft, insbesondere die Förderung und Erhaltung der Artenvielfalt, der biologischen Vielfalt in der Union. Das ist der Punkt. Die Union ist säumig in diesem Punkt, und genau in diese Richtung müssen wir natürlich auch unsere Forderungen weiterentwickeln. Der Einsatz gentechnikfreien Saatguts in Österreich, in der österreichischen Landwirtschaft im Um­weltprogramm soll eine Maßnahme zur Erhaltung der Biodiversität sein.

Sie wissen das genau, Herr Bundesminister. Ich habe Ihnen sogar Vorschläge im Landwirtschaftsausschuss gemacht, wie das ganz konkret zu formulieren ist. Und es wäre auch möglich gewesen, diese Biodiversitätsschutzmaßnahme mit einem gewis­sen Förderbetrag zur Erhaltung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft zu versehen.

Sie sind weder mutig, noch machen Sie das, was sich jeder erwarten würde, nämlich kein Steuergeld für Gentechnik in Österreich und in Europa. Die Konsumenten wollen keine Gentechnik. Auch die Bäuerinnen und Bauern wollen das nicht, und Sie sollten dazu endlich einmal ja sagen und diese Maßnahmen ergreifen. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Schiefermair: Der Einzige, der etwas umsetzt, ist der Minister! Sie haben nichts umgesetzt!)

Jetzt kommen wir zu Rolf Holub. Kollege Scheuch hat gesagt, Rolf Holub habe nichts getan und habe keine Ahnung. – Die Grünen in Kärnten haben einen Antrag einge­bracht, den alle vier Parteien mit unterzeichnet haben, nämlich die Forderung zu unter­stützen, dass gentechnikfreies Saatgut im österreichischen Umweltprogramm etabliert wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Beim Gentechnikvorsorgegesetz haben Sie nichts ge­macht!) Es ist nicht nur der Landtag in Kärnten, der das beschlossen hat, Kollege Scheuch, sondern auch der Landtag in Burgenland, mit Unterstützung des Landes­hauptmannes. Es wird an dieser Forderung weitergearbeitet. Das wird von der Steier­mark unterstützt, das wird auch von Oberösterreich in vielen Diskussionen unterstützt, auch wenn es dort keinen Antrag gibt.

Das wissen Sie ganz genau, Herr Bundesminister. Das ist unglaublich! Es ist einfach unglaublich, dass Sie das hier völlig verschweigen. Sie, Herr Kollege Scheuch, als Kärntner müssten doch wissen, was der Kärntner Landtag beschlossen hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja, aber zu der Zeit waren ...!)

Abschließend möchte ich nur noch etwas sagen, was mir heute auch aufgegangen ist. Die Lippenbekenntnisse von Seiten des Bauernbundes sind unglaublich! Herr Kollege Grillitsch hat, wenn man ihm genau zugehört hat, heute eindeutig von Wahlfreiheit ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 54

sprochen und hat dann sinngemäß – so habe ich es verstanden – gesagt, dass die Gentechnik in der Energieerzeugung eingesetzt werden kann. So hat er es gesagt. Ich habe genau zugehört, Kollege Grillitsch. Das ist genau die Hintertür.

Ich werde daher aus dem Bericht aus der 34. Hauptausschusssitzung der Landwirt­schaftskammer Steiermark zitieren, wo Landwirtschaftskammerpräsident Wlodkowski, einer der Chefs der AMA, konkret zum steirischen Vorsorgegesetz, das geplant war, folgende Stellungnahme abgab – ich zitiere aus diesem Protokoll –:

„Präsident Wlodkowski vertritt die Meinung, dass der Druck der Öffentlichkeit hinsicht­lich des Schutzes vor Gentechnik derzeit so gravierend ist, dass Abwehrhaltungen gegen diese Bestimmungen derzeit keine Aussicht auf Erfolg haben. Umso mehr muss erreicht werden, dass der Wunsch der Interessenvertretung, diese gesetzliche Bestim­mung zunächst nur auf 5 Jahre zu erlassen, zum Durchbruch kommt.“

Da sehen Sie, wie defensiv der Bauernbund bisher schon argumentiert hat. Und was Sie heute gemacht haben, Kollege Grillitsch, das ist einfach unglaublich! Sie wollen wirklich der Gentechnik in der Energieproduktion Tür und Tor öffnen. Dagegen werden wir Grüne etwas tun. Da können Sie sicher sein! (Beifall bei den Grünen.)

11.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Pirklhuber verlesene Entschließungsantrag ist entsprechend eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber betreffend Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Gen­technikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft (1303 dB) über der Antrag 759/A(E) der Abgeordneten Grillitsch, Witt­auer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhaltung des GVO-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft

Im vorliegenden Antrag findet der WTO-Zwischenbericht über die im Mai 2003 einge­reichte Klage der USA, Kanada und Argentinien gegen die EU keine Berücksichtigung. Hintergrund der Klage war ein zwischen 1998 und 2004 bestehendes de facto Mora­torium für die Zulassung und Vermarktung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der EU, das aufgrund der großen Ablehnung der Gentechnik durch die euro­päischen VerbraucherInnen erlassen worden war. Die Kläger werfen der EU Protek­tionismus vor. Grundsätzlich wurde in diesem Zwischenbericht zugunsten der Kläger entschieden, wobei keine Aussagen getroffen werden, ob gentechnisch veränderte Produkte sicher sind oder nicht und ob sie gleichwertig wie konventionelle Produkte zu behandeln sind. Den Nationalstaaten werden zwar Importverbote zugestanden, aller­dings müssen sie den Anforderungen einer Risikobewertung des SPS-Abkommens (Abkommen über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen) gerecht werden.

Gestützt auf den WTO-Zwischenbericht will die Kommission jetzt einen neuen Anlauf starten, die nationalen GVO-Importverbote abzuschaffen. Im Falle Österreichs geht es um die in den Jahren 1997, 1999 und 2000 verhängten Importverbote für die gentech­nisch veränderten Maissorten Bt176 (Anbau), MON 810 (Anbau) und T25 (Anbau). Be­sonders gravierend wäre ein Fall des Importverbotes für MON 810, da diese Sorte bereits im EU-Sortenregister eingetragen ist und damit in Österreich angebaut werden könnte. Über diese bestehenden Importverbote hinaus liegt derzeit auch vom BMGF


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 55

ein Verordnungsentwurf für ein Importverbot für den Gentech-Raps GT 73 vor. Jedoch wurde bisher verabsäumt, auf den Genmais MON 863 ein Importverbot zu verhängen. In diesem Konstrukt wird erstmals das Bt Toxin cry3Bb1 für Resistenz gegen den Maiswurzelbohrer verwendet. Eine Fütterungsstudie hat ergeben, dass bei Ratten, die 90 Tage lang Mais der Sorte MON 863 zu fressen bekamen, Veränderungen im Blut­bild und an den Nieren zu erkennen gewesen sind.

Es ist zu befürchten, dass der EU-Zulassungsprozess für gentechnisch veränderte Pro­dukte aufgrund des WTO-Panels beschleunigt wird. Und das, obwohl die damit verbun­denen Risiken für Mensch, Tier und Ökosystem keinesfalls ausreichend erforscht sind.

Eine europaweite Umfrage zur Biotechnologie hat die Ablehnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln der EU-BürgerInnen bestätigt. 69 Prozent der Österreiche­rInnen geben an, dass ihnen GVO im Essen und Trinken Sorge bereitet. Insbesondere werden gentechnisch veränderte Nahrungsmittel als Bedrohung für künftige Generatio­nen angesehen, die der natürlichen Ordnung widersprechen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, folgende Maßnah­men zu treffen bzw. sich auf EU-Ebene für folgende Maßnahmen einzusetzen:

1. Die nationalen Gentechnik-Importverbote müssen verteidigt und durch weitere unab­hängige Gutachten abgesichert und ausgeweitet (GT73, MON 863) werden.

2. Die EU muss die Möglichkeit der Schaffung von gentechnikfreien Regionen rechtlich absichern. Dazu soll von der österreichischen Ratspräsidentschaft auf der Gentechnik-Konferenz in Wien im April 2006 ein Vorschlag vorgelegt werden.

3. Die Europäische Lebensmittelagentur (EFSA) muss reformiert und eine fundierte, unabhängige GVO-Risikoforschung etabliert werden.

4. Das Vorsorge-Prinzip muss im WTO-Abkommen verankert, das WTO-Abkommen mit den multilateralen Umweltabkommen (wie z.B. die Biodiversitäts-Konvention) in Einklang gebracht werden.

5. Der WTO-Bericht soll umgehend veröffentlicht, dem Nationalrat vorgelegt, durch un­abhängige WissenschafterInnen bewertet und rechtzeitig eine Berufung gegen das zu erwartende WTO-Urteil vorbereitet werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.06.15

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Pirklhuber, es ist schon eine eigenartige Argumentation, wenn Sie hier heraußen sagen, der Bundesminister wachelt mit einem Papier, nur weil so eine kleine NGO eine Anfrage gemacht hat.

Es ist erstens egal, ob die klein oder groß ist, sie vertritt etwas. Und wenn zweitens der Bundesminister sagt, die Kommission hat geantwortet, dann ist es wurscht, ob das ein Spanier ist. Wir haben inzwischen gehört, dass der Nachfolger auch schon darauf ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 56

antwortet und das bestätigt hat. Somit ist das eine Antwort der Kommission. Wenn die Kommission diese Antwort gibt, dann müssen wir diese ernst nehmen.

Ich weiß nicht, ob ich eine falsche Vorstellung habe, nämlich dass wir die Kommission inzwischen danach beurteilen, wie sie bestückt wird. Vielleicht ist es das nächste Mal so, dass man sagt, das ist eh eine österreichische Kommissarin, die für europäische Angelegenheiten im Ausland zuständig ist. Deshalb müsste sie dann unsere Meinung vertreten, weil eben Österreich diese Meinung vertritt.

Also: Das ist eine eigenartige Argumentation, und ich verwahre mich dagegen, dass so über Dinge, die der Minister hier berichtet, geredet wird, dass das so abfällig gemacht wird.

Wenn wir heute über Koexistenz reden, dann weiß jeder, dass Koexistenz kaum noch definierbar ist. Koexistenz ist, zu wissen, wie weit man gehen kann, wo es noch erlaubt ist und wo nicht mehr. Wir wissen, dass Pollen kein Mascherl haben, Pollen fliegen weit, sie breiten sich aus. Aber heute können wir vielleicht darüber reden, wie und wie lange wir unsere Bereiche schützen können.

Natürlich ist es so wie bei einem atomfreien Österreich, am liebsten wäre mir ein atom­freies Europa, überhaupt eine atomfreie Welt. Genauso ist es bei der Gentechnik. Wir wissen, dass Amerika und Kanada große Probleme damit haben. Wir wissen das! Ich wäre daher froh, wenn Europa aus den Fehlern von Amerika, aus den Fehlern von Ka­nada lernen würde und Maßnahmen auf europäischer Ebene so setzt, dass wir uns in Österreich nicht Gedanken auf Länderebene, auf Bundesebene darüber machen müs­sen, wie wir Österreich vor der Gentechnik schützen.

Es ist nicht fair gegenüber dem Präsidenten Grillitsch, zu sagen, dass er das fordert – wenn er fordern würde, dass man die Landwirtschaft für Gentechnik öffnet, würde er mit einem nassen Fetzen von Vertretern der Landwirtschaft davongejagt werden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Seit wann verteidigst du den Grillitsch?) Das ist ja Humbug, würde ich einmal sagen, wenn so etwas behauptet wird.

Gerade die Landwirtschaft ist um Gentechnikfreiheit bemüht. Es gibt ein Bekenntnis der Landwirtschaft zu einem gentechnikfreien Österreich, zu gentechnikfreien Produk­ten und Lebensmitteln. Natürlich muss man schauen, wie man das zustande bringt. In Tirol wirbt die Tirol Milch für gentechnikfreie Milch. Wir in Tirol sind momentan noch gentechnikfrei. Ich hoffe, dass sich der Konsument mit einer besseren Kennzeichnung wirklich leichter entscheiden kann. Der Konsument wird, sage ich, hauptsächlich dafür verantwortlich sein, ob sich bei uns Gentechnik in Lebensmitteln durchsetzen wird oder nicht.

Es ist auch so, dass man sagen muss, die biologische Landwirtschaft ist mit einem An­teil von 10 Prozent eine Erfolgsstory. (Abg. Dr. Pirklhuber: 12 Prozent!) Aber 10 Pro­zent sind zu wenig, mir wären 100 Prozent am liebsten.

Es bekennen sich jedoch 70 Prozent der Österreicher dazu und wollen biologische Le­bensmittel. (Abg. Mag. Gaßner: 80 Prozent!) – 80 Prozent. Jetzt frage ich mich, warum jene 10 Prozent, die Erzeuger sind, nicht auf dem Markt verkaufen können. Das ver­bale Bekenntnis ist zwar da, aber nicht die entsprechenden Handlungen.

Ihnen wäre am liebsten, den Landwirt dazu zu zwingen, biologisch zu produzieren – auch noch zu einem möglichst niedrigen Preis. Das geht aber nicht, das geschieht nicht! Ich bin biologischer Landwirt. Ich weiß um die Belastungen, die jeder Einzelne hat. Ich weiß auch, dass gewisse Dinge nicht möglich sind. Kollege Schultes hat vorhin gerade gesagt: Jemand, der biologisch anbaut, wird mit der Gentechnik sicher nie etwas am Hut haben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 57

Also müssen wir erstens die Menschen überzeugen, dass sie mehr Lebensmittel kau­fen, die biologisch und gentechnikfrei sind – dann werden gentechnikfreie Lebensmittel sowieso gang und gäbe sein –, und wir müssen zweitens die Bauern unterstützen, dass sie das auch auf freiwilliger Ebene machen.

Weiters brauchen wir noch den Konsens, dass wir alle möglichen Mittel ergreifen, ge­rade auf europäischer Ebene, um Europa zu überzeugen, dass der Weg Österreichs der bessere ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Walther zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.10.53

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass es schon gentechnikfreie, GVO-freie Gebiete in den Naturparks gibt. Es ist gut, dass so etwas auch in den Schutzzonen vorgesehen ist. Wünschenswert ist aber auch – das hat das Gentechnik-Volksbegehren ganz eindeutig bewiesen, indem die Bevölkerung ein wirklich beein­druckendes Zeugnis abgelegt hat –, dass der Bevölkerung eben diese gentechnikfreien Gebiete am Herzen liegen. Sie steht den unkalkulierbaren Risken der Gentechnik re­serviert gegenüber. Wir müssen da auf die Bevölkerung hören und auch sagen, dass wir im Parlament solche Vorhaben vorantreiben und bestmöglich unterstützen.

Auch in ihrem Kaufverhalten zeigen die Österreicherinnen und Österreicher, dass sie GVO-veränderte Nahrungsmittel nicht so gerne kaufen. Und das ist gut und richtig. Gentechnikfreiheit ist also in allererster Linie eine Frage des Umweltschutzes, auch des Konsumentenschutzes und natürlich auch eine Gesundheitsfrage.

In diesem Zusammenhang verweise ich noch einmal auf den Entschließungsantrag der SPÖ. Es wäre auch ein deutliches Zeichen der Haltung Österreichs während der EU-Präsidentschaft, wenn wir, was den gentechnikfreien Anbau in Österreich betrifft, Schritte nach vorne machen würden. Ich sehe es als eine Art Salamitaktik, dass man von den Naturparks auf die Schutzzonen rundherum weitergeht, dass man dann auch Gebiete in den Naturparks schafft – Nationalparks sind die höhere Stufe, dann kom­men die Naturparks – und auch andere kleinräumige, sensible Gebiete mit einbezieht. Das ist ganz wichtig!

Diesbezüglich möchte ich sagen: Herr Kollege Grillitsch, es tut mir Leid, dass Sie da von Gesprächsverweigerung gesprochen haben. (Abg. Grillitsch: Das stimmt ja!) – Das stimmt nicht! Nein, wir hatten im Ausschuss ein konstruktives Gespräch (Abg. Grillitsch: Fragt euren Klubsekretär! Wo ist der Herr Kracher?), wir werden in Zukunft unsere Anliegen im Nationalrat – heute wurde der Entschließungsantrag eingebracht –, in den Landtagen – so es dort Initiativen gibt, werden wir das auch unterstützen –, im Bundesrat und natürlich bei der im April anstehenden Konferenz forcieren, deren Ab­haltung wir ausdrücklich begrüßen, weil sie eine gute Plattform dafür bietet, dass sich in Österreich während der Präsidentschaft etwas weiterentwickelt und vielleicht auch Impulse für Europa gesetzt werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

11.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.14.14

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Österreich mit unserem Lebensminister Sepp Pröll ist EU-weit Vorreiter


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 58

im Kampf gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Unser Minister ist auf diesem Weg so ambitioniert, dass er immer wieder versucht hat, die ehemalige deutsche Umweltministerin Renate Künast auf diesem Weg ein Stück weit mitzuneh­men – leider nicht immer ganz erfolgreich. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wer ist jetzt Minister dort? Seehofer ist ein Parteikollege von Ihnen!)

Das komplexe Zusammenspiel bei einer Freisetzung gentechnisch veränderter Orga­nismen in Bezug auf die Umwelt und den Menschen ist bis jetzt nicht einschätzbar. Außerdem hat uns das Abstimmungsergebnis der benachbarten Schweiz – trotz Befür­wortung durch die dortige Regierung – gezeigt, wie sensibel die Bevölkerung bei die­sem Thema reagiert. Es darf aber nicht so weit kommen, dass die Landwirte in dieser Frage zu Sündenböcken gemacht werden.

Für Österreichs Bauern besteht derzeit kein Grund, gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen. Unsere österreichischen Bauernfamilien wollen nachhaltig produzieren und ganz sicher keine neuen Abhängigkeiten von internationalen Großkonzernen. Fakt ist, dass die Produktion mit diesen Technologien finanziell günstiger wäre – ob langfris­tig ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvoller, ist allerdings zu bezweifeln.

Die Mehrkosten des in Österreich gewollten Weges müssen aber abgegolten werden. Der Vorschlag der Grünen, die ÖPUL-Zahlungen vom Verzicht auf Anbau von gentech­nisch verändertem Saatgut abhängig zu machen, ist aus folgenden Gründen abzuleh­nen: Da nicht alle Betriebe am ÖPUL teilnehmen, wäre diese Maßnahme einfach nicht zielführend. Außerdem muss zuerst eine funktionierende Koexistenz und Haftungsre­gelung in Europa geschaffen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ein freiwilliges Programm! Gerne, machen wir!)

Außerdem sind unseren bäuerlichen Familienbetrieben keine zusätzlichen Auflagen zum Nulltarif mehr zumutbar. Und außerdem hat auch die Kommission bereits in ihrem letzten Erkenntnis diese Möglichkeit abgelehnt.

Der Weg des Österreichischen Bauernbunds ist der, dass zuerst eine EU-weite sach­liche Diskussion mit Klärung vieler offener Fragen geführt werden muss. Es kann auch nicht sein, dass sich alle Verarbeitungs- und Handelsstufen vor und nach den Bauern aus der Verantwortung stehlen. Durch eine noch klarere Produktdeklaration muss es dem Konsumenten ermöglicht werden, schnell und auf den ersten Blick eine Entschei­dung zu fällen. Denn entscheiden muss schlussendlich der Konsument.

Es wird beinahe unmöglich sein, gentechnisch veränderte Lebensmittel vollkommen aus den Regalen internationaler und heimischer Handelsketten zu verbannen. Deswe­gen ein Aufruf an alle Konsumentinnen und Konsumenten und auch an uns alle: Halten wir unser Klima rein, kaufen wir die Produkte unserer heimischen Bauern ein! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Rest-Hinterseer zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.17.10

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sind ja eigentlich schon fast zufrieden damit, dass nun bis zur ÖVP-Bauernschaft durchgedrungen ist, dass Gentechnik ein Thema ist. Es ist ja noch nicht so lange her, dass in diesem Haus Herr Kollege Schultes ge­sagt hat, jetzt rufen wir wieder zur Gruselstunde auf, fürchten wir uns mit Kollegem Pirklhuber wegen der Gentechnik. (Abg. Grillitsch: Das ist wirklich eine Unterstellung!) Wir haben mit der Gentechnik überhaupt keine Sorgen, haben Sie damals gesagt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 59

Wir sind froh darüber, dass dieses Thema bis zu euch durchgedrungen ist, wir können jetzt sehr ernsthaft über dieses Thema sprechen.

Herr Minister! Leider ist es nicht so, dass es uns gelungen ist, die Gentechnik aus Ös­terreichs Landwirtschaft herauszuhalten. Es ist misslungen! Es gibt Gentechnik in Futtermitteln, im Futtermittelverkauf, es gibt Gentechnik natürlich auch zunehmend – es wird mehr werden, wie Sie ja schon angekündigt haben – bei den Energiepflanzen.

Wie Sie da eine Trennung vornehmen werden, das werden wir hoffentlich bei der Ko­existenzkonferenz erfahren, denn bisher weiß man noch nicht, wie man das machen soll.

Für mich ist völlig unverständlich, Herr Minister, wie Sie die Anfrage einer österreichi­schen NGO an eine europäische Einrichtung in dieser Art und Weise verurteilen können. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Die Kommission hat ...!) In dieser Woche gab es eine Veranstaltung zum Thema „Partizipation und Europäische Öffentlichkeit“. Was heißt das? – Nach Ihrer Meinung dürfte also niemand irgendetwas anfragen, bevor der Herr Minister nicht sein Einverständnis gibt.

Was heißt das also? – In der Konsequenz heißt das, dass wir gar nichts erfahren, weil wir von dieser Regierung sehr oft im Unklaren darüber gelassen werden, wie die weite­ren Vorgangsweisen ausschauen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind ja auch in der WTO-Debatte nicht vorangekommen. Wir wissen bis heute nicht, was die WTO weitermachen wird, auch in allen Fragen des Handels, in allen Fra­gen des Nord-Süd-Handels, denn wir wissen bis heute nicht, wann die nächste Konfe­renz stattfinden wird, die ja eigentlich schon für Frühling anvisiert wurde. Und jetzt hört man nichts davon! Wir hören jetzt nur, innerhalb von acht Wochen – da geht es auch wieder um dieses WTO-Panel – wird es da wieder eine Entscheidung geben.

Wir wissen von der WTO, dass sie in Vorbereitung ist, dass auch die Kennzeichnung bei GVOs abgeschafft werden soll, weil sie zu Marktverzerrung führt. Warum? – Wenn Menschen wissen, dass es sich um gentechnisch modifizierte Produkte handelt, dann kaufen sie diese nicht. Und das empfinden Marktanbieter wie die USA als Wettbe­werbsnachteil.

Auch dies wird zu einem Panel führen, und dann werden wir wieder hintennach arbei­ten müssen, statt im Vorhinein offensiv das Regime der WTO überhaupt in Frage zu stellen.

Wir müssen eine Initiative für eine Reform der WTO setzen, und das sollte auch noch während Österreichs EU-Ratspräsidentschaft oder im Zusammenhang mit der Koexis­tenzkonferenz geschehen. Das Vorsorgeprinzip steht derzeit nur auf dem Papier, die Worthülsen müssen jetzt mit Taten gefüllt werden. Es kann doch nicht sein, dass eine große, weltweit agierende Organisation einzelnen Nationen vorschreibt, wie sie ihre Lebensmittelproduktion und ihren Verkauf organisieren! Wenn sie das machen will, dann soll sie auch die Haftung übernehmen, wenn Menschen tatsächlich gesundheit­lichen Schaden nehmen. Das verstehe ich unter Vorsorgeprinzip – und dieses Vorsor­geprinzip muss endlich zum Leben erweckt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe schon im Ausschuss angemerkt, dass ich es eigentlich für ein Armutszeugnis halte, dass von Regierungsseite nicht auch etwas in Atomfragen in Hinblick auf die Haftung unternommen wird. Es war wiederum nur eine kleine NGO in Salzburg, die diese Fragen aufs Tapet gebracht hat. Sie hat dazu renommierte Fachleute und Juris­ten eingeladen, um endlich in der Haftungsfrage weiterzukommen. Das ist das einzige Instrument, das dieses Wirtschaftssystem, das WTO-Regime versteht. Es muss Klar­heit darüber geschaffen werden, wer die Kosten trägt, wenn es zu gesundheitlichen Schäden kommt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 60

Ich möchte jetzt noch anmerken, dass wir in Folge dieser Koexistenzkonferenz eine weitere Unterstützung Ihrer Arbeit planen, Herr Minister Pröll. Sie haben ja bisher von unserer Öffentlichkeitsarbeit sehr profitiert. (Ironische Heiterkeit des Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll.) Eine Gentechnik-Debatte hätte es im Ausschuss gar nicht gegeben, wenn wir nicht einen Antrag eingebracht hätten. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheit­lichen.)

Sie können nur deshalb darüber lachen, weil Sie sich mit diesem Thema gar nicht be­schäftigt haben, weil es Ihnen zu umfangreich ist. Sie beschäftigen sich, Herr Kollege Wittauer, lieber mit der Frage, ob man Bahnschwellen eingraben darf oder nicht, denn da sind Sie persönlich betroffen. Ihr Motto ist: Die Gentechnik ist weit weg und irgend­wie schwer verständlich, und deswegen setzen wir uns damit gar nicht auseinander!

Wir sind Mitorganisatoren beim Sternmarsch am 5. April in Wien. Sie sind, Herr Schul­tes, herzlich eingeladen, ganz vorne mitzumarschieren (Abg. Ing. Schultes: Wo gehen wir hin?), so wie Sie es bei den AGES-Verhandlungen gemacht haben. Ich finde es to­tal unterstützend, wenn auch der ÖVP-Bauernbund zeigt, dass es ihm in dieser Frage ernst ist, anstatt nur mit Augenzwinkern darüber zu diskutieren, wie man es aus dem Protokoll der Sitzung in der Steiermark ersehen kann. (Beifall bei den Grünen.)

11.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Eßl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.22.49

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Rest-Hinterseer, es ist ganz klar, dass, wenn über bäuerliche Themenbereiche diskutiert wird, das im ÖVP-Bauernbund geschieht, denn grüne Bauern gibt es ja kaum. Da müsste man ja die „Schwellenwert-Diskussion“ in diesem Bereich führen, darüber, ob Sie wahrnehmbar sind oder nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Fest steht auf alle Fälle, dass Österreich das Ökoland in Europa ist, und dazu gehört natürlich auch die Erhaltung eines GVO-freien Anbaues in der österreichischen Land­wirtschaft. Das ist heute das Thema hier, und dazu haben wir natürlich einige Fakten vorzubringen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Ihr Argument wird dadurch, dass Sie es laut herausschreien, nicht richtiger, Herr Kogler, aber Sie können es dann am Rednerpult trotzdem versuchen.

Faktum ist, dass die Konsumenten der Gentechnik kritisch gegenüberstehen, Faktum ist, dass die Bauern der Gentechnik kritisch gegenüberstehen – und Faktum ist auch, dass die österreichischen Bauern in der Lage sind, hochwertige Lebensmittel in bester Qualität auch ohne Gentechnik zu erzeugen!

Wir haben allerdings auch zur Kenntnis zu nehmen, dass die Gentechnik weltweit sehr verbreitet ist. Dipl.-Ing. Kummerer hat schon erwähnt, dass der Anbau von GVOs welt­weit bereits 90 Millionen Hektar ausmacht.

Eines ist auch noch sicher: Andere Länder in Europa und auch andere Länder auf der Welt und die WTO insgesamt wollen, dass Gentechnik eingesetzt wird. Es gibt Nach­barländer, wie zum Beispiel Deutschland, die sagen: Wir wollen das!, und daher ist es, glaube ich, der richtige Weg, dass wir europaweit darüber diskutieren.

Ich bedanke mich bei unserem Lebensminister Sepp Pröll dafür, dass er einen großen EU-Gipfel zu diesem Thema einberufen hat, der vom 4. bis 6. April in Wien stattfinden wird und wo über die Koexistenzfrage und auch über die Haftungsfrage diskutiert wird.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 61

Wahlfreiheit, Kennzeichnung und Haftung, das sind die Fragen, die auch für die Bau­ern entsprechend zu lösen sind, denn schließlich und endlich ist auch die Kostenfrage mit all dem verbunden. Es darf nicht sein, dass letztendlich irgendwelche negativen Auswirkungen an unseren Bauern als biedere Produzenten sozusagen hängen blei­ben. Es ist also wichtig, dass wir Regelungen finden, und zwar europaweit, damit wir gut in Richtung Zukunft arbeiten können.

Ich halte nichts davon, dass man als generelle Auflage die Gentechnikfreiheit ins ÖPUL integriert. Ich halte auch nichts davon, dass plötzlich nur mehr Biolandbau als Zielorientierung und als Voraussetzung für eine Förderung im ÖPUL gelten soll.

Zur Klarstellung: Ich bin selbst Biobauer – in Salzburg gibt es 40 Prozent Biobauern –, aber trotzdem bin ich dafür, dass es auch da die Wahlmöglichkeit geben soll.

Abschließend sei noch gesagt: Ziel dieser Regierung ist es, leistungsfähige bäuerliche Betriebe zu fördern, den Konsumenten Sicherheit zu geben und die Gentechnik betref­fend praktikable Regelungen zu erwirken. In diesem Sinne darf ich Sie ersuchen, unse­rer Entschließung zuzustimmen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.26.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Kollege Eßl hat behauptet, die Zahl der grünen Bäuerinnen und Bauern liege unter dem Grenz­wert.

Ich berichtige tatsächlich: Die grünen Bäuerinnen und Bauern sind sehr aktiv in ganz Österreich. Seit der letzten steirischen Kammerwahl haben wir einen grünen Kammer­rat in der Bezirksbauernkammer Radkersburg. (Beifall bei den Grünen sowie demonst­rativer Beifall des Abg. Kainz.)

11.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pirklhuber, dass das keine tatsächliche Berichtigung war, wissen Sie!

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Wunschredezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


11.27.12

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wird zwar sehr viel von Gentechnikfreiheit ge­sprochen, aber wir müssen leider feststellen, dass bisher fast überhaupt noch nichts umgesetzt oder realisiert wurde, jetzt abgesehen vom Biobereich.

Ich finde es schon ehrlicher, wenn man sagt, wie dies Kollege Sieber hier gemeint hat, dass Gentechnikfreiheit zu teuer – ich glaube, es zeugt von Ehrlichkeit, wenn man das hier so ausspricht – und den Bauern nicht zumutbar sei. Da braucht man nicht lange herumzureden, das ist in Wirklichkeit die Geisteshaltung der Österreichischen Volks­partei. Das ist allerdings schade.

Das wurde in der letzten Sitzung des Landwirtschaftsausschusses wieder unter Beweis gestellt, wo unser Antrag auf Einführung der Gentechnikfreiheit für unsere National­parks abgelehnt beziehungsweise einfach weggefegt wurde. Ich finde das sehr scha­de, weil wir in Österreich, Gott sei Dank, wirklich große und sehr viele Naturschönhei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 62

ten haben. Ich denke da etwa an die vielen Naturschutzgebiete oder an die Natura-2000-Gebiete oder an die Naturerbe-Gebiete, die wir von der UNESCO übertragen be­kommen haben, und auch an unsere Nationalparks, die in Europa einzigartig sind, die Vorzeigeprojekte sind. Gerade dort müssen wir unsere Chance nützen.

Wir brauchen eine rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit, und da bieten sich unsere Nationalparks besonders an.

Ich habe mir den Entschließungsantrag von ÖVP und BZÖ genauer angeschaut, und ich muss sagen: Er ist sehr schwammig gehalten, eine ganz leichte Variante. Aber in einem Punkt liegen wir gar nicht so weit auseinander, und zwar im letzten Punkt, wo Sie die Bundesregierung auffordern, bei der Unterstützung der Errichtung gentechnik­freier Zonen eine koordinierende Rolle einzunehmen, insbesondere unter Bezugnahme auf Schutzanforderungen für ökologisch sensible Gebiete.

Ich frage Sie: Gibt es bessere ökologisch sensible Gebiete als Nationalparks? Das müssen wir festhalten. Deshalb geben wir Ihnen heute noch einmal die Gelegenheit, unserem Antrag beizutreten und ihm zuzustimmen.

Nur noch einen Punkt möchte ich ansprechen, und zwar den Widerspruch zwischen ÖPUL und Gentechnik.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wirklich ein unhaltbarer Zustand – und das ist heute schon etliche Male bemerkt worden –, dass es heute immer noch möglich ist, im Rahmen des Umweltprogramms gentechnisch verändertes Saatgut und gentech­nisch veränderte Futtermittel in Verwendung zu bringen, denn das bedeutet letztlich, dass über ÖPUL Gentechnik mit österreichischem Steuergeld finanziert und subventio­niert wird. Und das ist wirklich absurd.

Unser Umweltprogramm muss eindeutig gentechnikfrei werden (Beifall bei der SPÖ und den Grünen), zumal wir wissen, dass sich 80 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten eindeutig für Gentechnikfreiheit im Lebensmittelbereich aussprechen.

Das Volksbegehren hat, wie wir wissen, eine überwältigende Mehrheit gebracht. Das haben jene Menschen unterschrieben, die das voll goutieren.

Herr Bundesminister! Wann werden Sie endlich die Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten ernst nehmen? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Tut er immer!)

11.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Schultes zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die diesbezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung: zunächst den zu berichtigen­den Sachverhalt, dann die Berichtigung, und das alles in 2 Minuten. – Bitte.

 


11.30.57

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Herr Abgeordneter Pirklhuber hat ge­sagt, dass die politische Präsenz der Grünen über dem Grenzwert läge, und hat als Beweis dafür das Beispiel gebracht, dass es einen grünen Kammerrat in der Steier­mark gibt. (Ruf bei den Grünen: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

In der Steiermark gibt es 240 Kammerräte, und einer davon macht weniger als 0,4 Pro­zent aus, daher liegt das unter dem Grenzwert. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

11.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Schultes, auch das war kei­ne tatsächliche Berichtigung! Sie wissen das.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 63

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Freund. Wunschredezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


11.31.42

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte gleich vorweg eines feststellen: Wir kön­nen stolz sein auf die hervorragende Qualität der in Österreich produzierten Lebensmit­tel. Und der österreichische Konsument vertraut auch darauf.

Besonders stolz dürfen wir auch darauf sein, dass wir es bisher in der Landwirtschaft geschafft haben, GVO-frei bei der Aussaat von Pflanzen zu bleiben. Die Verbraucher in Österreich lehnen mit großer Mehrheit die Gentechnik im Pflanzenbau ab. GVO-verän­dertes Saatgut bringt den heimischen Bauern aus heutiger Sicht auch keine Vorteile.

International ist die Gentechnik in der Saatgutproduktion allerdings nicht mehr aufzu­halten. Wir müssen daher Wege finden, wie wir unsere Produktion von Saatgut vor Verunreinigungen mit GVOs schützen können. Die Risiken sind ungeklärt, und viele Fragen sind noch offen. Daher ist es grundvernünftig, auf der sicheren Seite zu stehen, denn schließlich geht es um unseren Lebensraum.

Marktmechanismen und Erzeugergemeinschaften zeigen vor, wie durch bewusst de­klarierte Gentechnikfreiheit Vorteile für die Landwirte entstehen können. Das kann mit unseren Bauern aber nur auf Basis besserer Produktpreise und klarer Verträge funktio­nieren. Mehrwert ohne mehr Erlös kann es nicht geben!

Eine Studie über Gentechnikfreiheit von landwirtschaftlichen Futtermitteln zeigt deutlich auf, dass bei der Produktion von Fleisch, Milch und anderen Lebensmitteln der Ver­zicht auf den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen im großen Stil in der Praxis einfach unmöglich ist, denn der Aufbau eines GVO-freien Futtersystems ist mit sehr hohen Kosten verbunden. Separate Logistik und Kontrolle wären dazu notwendig.

Ich bin der Ansicht, dass der Konsument die freie Wahl haben muss. Unbedingt not­wendig ist dabei, dass die Konsumenten ausreichend informiert werden.

Als Abgeordneter einer ländlichen Region und als jemand, der es sich zum Ziel gesetzt hat, im Bauernbund und in der ÖVP dafür zu sorgen, dass wir sichere Lebensmittel ha­ben und dass in den ländlichen Regionen auch vernünftig gewirtschaftet werden kann und es dort sichere Arbeitsplätze gibt, möchte ich Ihnen zur Kenntnis bringen, dass wir uns derzeit in meinem Wahlkreis sehr große Sorgen machen. Es geht darum, dass dort die SPÖ durch Einflussnahme wieder jene Politik machen will, die sie schon in den neunziger Jahren gemacht hat, und zwar meine ich damit die ganze Diskussion um die AMAG. Und da möchte ich an Sie und im Speziellen an meine Kollegin Hagenhofer, die die stellvertretende Landesobfrau ist, appellieren, auf Landesparteichef Haider da­hin gehend Einfluss zu nehmen, das Ganze noch einmal zu überdenken und aus den Betrieben wieder herauszukommen.

Die Politik hat in den Betrieben nichts verloren, die Arbeitnehmer sollen selbst ent­scheiden. Es kann kein Diktat von Seiten der SPÖ-Führung geben – auch nicht von Seiten der Gewerkschaft und von Seiten der Arbeiterkammer!

Lesen Sie die heutige Ausgabe der „Oberösterreichischen Nachrichten“, dort wird Ihnen nämlich ausgerichtet, wie die Menschen in dieser Region dazu stehen. Ich möchte nochmals an Sie appellieren: Lassen Sie die Finger von den Betrieben in dieser Region, bevormunden Sie nicht die Arbeitnehmer dort in diesen Betrieben! – Ich bedanke mich. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.34



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 64

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Schönpass. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.35.11

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Aufgabe hier im Par­lament muss es sein, Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich zu garantieren, dass sie weiterhin gentechnikfreie Lebensmittel konsumieren können, und zwar nicht als Ausnahme von der Regel.

Bei den Konsumentinnen und Konsumenten herrscht nicht nur große Skepsis gegen­über gentechnisch veränderten Produkten, es werden Bioprodukte und gentechnikfreie Produkte ausdrücklich nachgefragt, und das nicht nur in Österreich. Erst vor kurzem vermeldete ein deutscher Produzent von Babynahrung, dass er seine gentechnikfreien Zutaten aus Österreich beziehe, da diese in Deutschland nicht ausreichend vorhanden sind. Wer gentechnikfrei produzieren und gentechnikfreie Landwirtschaft betreiben kann, hat hier einen Wettbewerbsvorteil (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo?), denn wenn nirgendwo in Europa gentechnikfrei produziert wird, müssen Lebensmittelkonzerne auf österreichische Grundprodukte zurückgreifen. (Abg. Wittauer: Das funktioniert ja nicht!) Diese Situation haben wir zum Teil schon jetzt.

Diesen ökologisch-wirtschaftlichen Standortfaktor müssen wir immer im Hinterkopf be­halten, wenn wir über gentechnische Manipulation von Saatgut, Futtermitteln oder Le­bensmitteln reden. (Beifall bei der SPÖ.)

Für unsere Bauern kann es sich lohnen, gentechnikfrei zu produzieren, wenn wir die richtige Politik machen. Im Rahmen der derzeitigen Rechtslage sind Ausnahmerege­lungen für ökologisch sensible Gebiete leider die einzige Möglichkeit, Österreich zu­mindest zum Teil gentechnikfrei zu halten. Solche Gebiete sind zum Beispiel unsere Nationalparks. Die SPÖ hat deshalb einen Entschließungsantrag eingebracht, in wel­chem sie fordert, die österreichischen Nationalparks zu gentechnikfreien Zonen zu erklären. Ein nächster Schritt wäre dann, im Rahmen unserer derzeitigen EU-Präsi­dentschaft offensiv für die Schaffung von großen Biosphärenreservaten einzutreten, in denen gentechnisch verändertes Saatgut oder gentechnisch veränderte Futtermittel nicht verwendet werden dürfen.

Gegenüber der EU wettern Sie, sehr geehrter Herr Minister Pröll, immer wieder medi­enwirksam gegen den Einsatz von Gentechnik. Das kommt medial gut rüber. Ob aber der ÖVP ein umfassendes Gentechnikverbot wirklich so sehr am Herzen liegt, wird sich bei der heutigen Abstimmung zeigen. Da haben Sie Gelegenheit, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, konkrete Taten zu setzen.

Wir haben jetzt im Zuge der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ganz besonders die Möglichkeit, in Europa den Schutz der Umwelt und der Menschen voranzutreiben. Diese Chance sollten wir nutzen und deutliche Zeichen gegen die Gentechnik und für den Konsumentenschutz setzen. Stimmen Sie daher unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall des Abg. Neudeck.)

11.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Gaßner. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.38.42

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Freund hat in völliger Themen­verfehlung hier auf die AMAG Bezug genommen und hat gemeint (Abg. Prinz: Aber


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 65

Recht hat er gehabt mit der AMAG!), Erich Haider, nicht Sepp Haider, sollte die Finger von den Betrieben lassen.

Ich sage in Anlehnung an dieses Thema: Lassen Sie die Finger von gentechnisch ver­änderten Lebensmitteln! Das ist heute hier das eigentliche Thema. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rest-Hinterseer.)

Herr Grillitsch hat vorhin gemeint, dass die SPÖ Gesprächsverweigerung im Zusam­menhang mit der Diskussion um unseren Antrag bezüglich Nationalparks betrieben habe.

Sehr geehrter Herr Grillitsch! Herr Bauernbundpräsident! Sie behaupteten hier etwas, ohne auch nur im Entferntesten den Wahrheitsbeweis dafür antreten zu können. Sie haben in der Ausschussdebatte zu uns gemeint, es werde ein Vorschlag für einen Vier-Parteien-Antrag vorgelegt werden, und dann werde man darüber diskutieren. Und von dieser Aussage an war nichts mehr davon zu hören! (Abg. Grillitsch: Warum sagen Sie bewusst die Unwahrheit?) Aber Sie, Herr Grillitsch, und Ihre Kolleginnen und Kolle­gen werden von uns jede Möglichkeit bekommen, zu diesem unserem Antrag ja zu sagen. (Abg. Grillitsch: Warum sagen Sie bewusst die Unwahrheit?) Wir werden es im Nationalrat wieder bringen, wir werden es im Bundesrat bringen, wir werden es in den Landtagen bringen, denn irgendwann einmal müssen Sie auch aufhören, immer diese „Ja, aber“-Politik zu betreiben. Es gibt nicht „ein bisschen Gentechnik“ und es gibt nicht „ein bisschen nicht Gentechnik“. Entweder ich bin dafür – oder ich bin dagegen.

Kollege Sieber hat es ja sehr deutlich auf den Punkt gebracht, als er gemeint hat: Zu­sätzliche Auflagen zum Nulltarif sind unseren Bauern nicht mehr zumutbar. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das heißt, wir können über Gentechnikfreiheit dann reden, wenn Sie dafür Ihre Bauern entgelten können. Das kann es doch nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich darf Ihnen aus der „Presse“ vom 1. März Wifo-Chef Aiginger zitieren, der unter der Überschrift „Zu hohe Agrarsubventionen“ Folgendes meint: „Positiv sei die Einigung auf die neue Dienstleistungsrichtlinie und auf den EU-Finanzrahmen bis 2013 gewesen, wenngleich weiterhin viel zu viel Geld für flächengebundene Agrarsubventionen ausge­geben werde.“ (Abg. Grillitsch: Dass ihr 50 Prozent kürzen wollt, das wissen wir eh!) – Das kann so nicht weitergehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Dass ihr 50 Prozent kürzen wollt, das wissen wir eh!)

In Ihrem Antrag steht, dass Sie die Mitglieder der Bundesregierung auffordern, „bei der Unterstützung der Errichtung gentechnikfreier Zonen eine koordinierende Rolle einzu­nehmen“ – was immer das heißt –, „insbesondere unter Bezugnahme auf Schutzanfor­derungen für ökologisch sensible Gebiete ...“

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann stimmen Sie unserem Antrag zu, die Nationalparks zu gentechnikfreien, sehr sensiblen Gebieten zu erklären! Unterstüt­zen Sie damit auch Ihren Minister, bei dem Sie sich immer wieder bedanken dafür, was er nicht alles leistet! Wenn er gute Leistungen bringt, bedanken auch wir uns. Unter­stützen Sie ihn bei seinen Kämpfen in Brüssel mit einem solchen Antrag, der schön langsam gentechnikfreie Zonen in Österreich öffnen würde. Das wäre wirklich eine Gelegenheit heute, die Sie aber wiederum verstreichen lassen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hören Sie endlich auf mit diesem Lavieren, mit ein bisschen Ja und ein bisschen Nein! Sind Sie für Gentechnik oder sind Sie nicht dafür? Sagen Sie das klar! – Wir sind jedenfalls nicht dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.43



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 66

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, 2 Minuten; Sie kennen die Bestimmungen.

 


11.43.13

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Gaßner hat behauptet, dass der Chef des Wirtschaftsforschungs­institutes Karl Aiginger gesagt hätte, dass für die Bauern zu viel Geld zur Verfügung stehe. (Abg. Mag. Gaßner: Ich habe ihn zitiert! Das habe nicht ich gesagt!)

Richtig ist: Gusenbauer wollte den Bauern 50 Prozent wegnehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist keine tat­sächliche Berichtigung! – Abg. Gaál: Das ist ja unerhört! Ein Missbrauch! – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Aber wir Bauern machen, was wir wollen, gell?)

11.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, auch das war keine tatsäch­liche Berichtigung! Sie wissen das. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1303 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 173.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit österreichischer Nationalparks.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Gentechnikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft und Le­bensmittelerzeugung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1304 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit auch angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1305 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 67

11.45.514. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 731/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Heinz Gradwohl, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Zukunft der Spanischen Hofreitschule und die Standortsicherung des Bundesgestütes Piber (1306 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 726/A (E) der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung und Weiterentwicklung der Lipizzanerzucht in Piber (1307 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grillitsch. 4 Minuten Wunschrede­zeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


11.46.48

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Es hat große Diskussionen gegeben über den Standort Piber, Diskussionen, die viele, die sich in der Sache auskennen, teilweise nicht verstanden haben. Es ist unverständlich, warum so viel Verunsicherung in die Bevölkerung getra­gen wird. Piber ist ganz einfach die Wiege der Lipizzaner und als Zentrum der Zucht abgesichert. Und es steht völlig außer Streit, dass dieser touristische Leitbetrieb für die Region Weststeiermark, aber auch für die gesamte Steiermark erhalten bleibt (Abg. Faul: Jetzt! Jetzt!), auch wenn manche versucht haben, Herr Kollege Faul, wirklich Angst und Unsicherheit in die Bevölkerung hineinzutragen, etwas, was ich wirklich nicht verstanden habe.

Wir haben uns das sehr konsensual – die Abgeordneten vor Ort gemeinsam mit den Mitgliedern des Landwirtschaftsausschusses – in Piber angesehen und uns informieren lassen über die Maßnahmen, die Bundesminister Pröll in Auftrag gegeben hat, damit der Standort Piber mittel- und langfristig abgesichert werden kann. Und ich kann nur sagen, Herr Bundesminister: Herzlichen Dank für diese Ihre Initiative, für diese Aktivitä­ten!

Die Führung des Bundesgestüts Piber zählt zu jenen Aufgaben der Spanischen Hof­reitschule, die im öffentlichen Interesse liegen, und sie ist daher auch rechtlich abge­sichert. Ich begrüße wirklich, verehrter Herr Bundesminister, den Businessplan 2006 bis 2008 des Gestüts, der eine strategische Neuausrichtung für Piber beinhaltet, aber auch dezidiert die Beibehaltung der Zucht in Piber festhält.

Wir sind uns Gott sei Dank mittlerweile über alle vier Parteien hinweg einig, dass mit diesem neuen und modernen betriebswirtschaftlichen Konzept der richtige Weg einge­schlagen wird. Insgesamt soll Piber mit diesem richtungsweisenden Konzept als Kom­petenzzentrum für Pferde und als ökologischer Vorzeigebetrieb für Pferdewirtschaft etabliert werden. 550 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche sind ein Teil dieses Zu­kunftskonzeptes. Das heißt, die Landwirtschaft wird nicht verpachtet, sondern sie wird mit einem Koordinator auf ökologischer Basis für die Pferde in Piber weiter geführt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 68

Zu begrüßen ist aber auch, dass es eine Kooperation gibt mit der Höheren Bundeslehr­anstalt für Land- und Forstwirtschaft Raumberg-Gumpenstein. Dadurch können sowohl die internen als auch die externen Ressourcen optimal genutzt werden.

Seit 2001, also vom Zeitpunkt der Ausgliederung an bis heute, wurden insgesamt 6,3 Millionen € in den Standort Piber investiert. Und in den kommenden drei Jahren wird ein Marketingbudget von zusätzlich rund 630 000 € bereit gestellt und werden zu­sätzlich 620 000 € in die touristische Infrastruktur investiert.

Ich glaube, dass das gerade für diese Region und für die gesamte Steiermark ganz, ganz wichtig ist. Und zu diesen 1,250 Millionen € kommen noch einmal 1,2 Millionen € dazu, die in die Bereiche Haltung und Zucht gehen. – Herr Bundesminister! Damit ist gewährleistet, dass die Bundesregierung beziehungsweise du als zuständiger Bundes­minister dem § 14 des Spanische Hofreitschule-Gesetzes nachkommen kannst, in dem die dauerhafte Erhaltung des Bundesgestütes Piber verpflichtend verankert ist.

Ich weiß nicht, was man dort verhindern wollte. Vielleicht darf ich das hier im Parlament sagen, Frau Kollegin Grossmann: Es war gar nichts zu verhindern! Der Standort Piber war immer gesichert!

Ich kann nur an Sie appellieren: Machen Sie endlich Schluss mit der Panikmache! Hel­fen wir alle mit, dass dieses neue Konzept für den touristischen Leitbetrieb der Region Weststeiermark und der Steiermark insgesamt möglichst rasch umgesetzt wird! (Beifall bei der ÖVP.)

11.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.51.24

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Lobeshymnen meines Vorredners kann ich mich leider nicht ganz anschließen (Abg. Großruck: Das ist gut so, das zeigt, dass er richtig liegt!), denn der vorliegende Vier-Parteien-Antrag hat eine sehr lange Vorgeschichte. (Abg. Dr. Fekter: Schon wieder alles madig machen!)

Seit der missglückten Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule im Jahr 2001 ist es leider gerade mit dem Gestüt Piber sehr stark bergab gegangen (Abg. Dr. Fekter: Das sagen Sie! Alles schlecht machen!), und darunter musste vor allem der Standort Piber leiden. Die Finanzlage des Gesamtunternehmens, das wissen wir alle, ist äußerst pre­kär, wie auch von der Unternehmensleitung selbst eingestanden wird. Als Sündenbock dafür wurde in erster Linie das teure Gestüt Piber genannt, obwohl bei den zahlreichen Besprechungen, die es gegeben hat, eigentlich nie eine interne Leistungsverrechnung zwischen der Spanischen Hofreitschule und dem Gestüt Piber ausgemacht werden konnte.

Besondere Aufmerksamkeit hat die Tatsache erregt, dass in letzter Zeit zahlreiche Schlüsselkräfte aus dem Unternehmen entfernt wurden, mit der Folge, dass ein Kom­petenzvakuum vor allem im Bereich der Zucht entstanden ist, was in Fachkreisen be­sondere Besorgnis ausgelöst hat, ein Umstand, der letztlich auch von der neu einge­setzten Aufsichtsrätin Max-Theurer als reformbedürftig kritisiert worden ist.

Es hat eine Fülle von Managementfehlern in der Vergangenheit gegeben. Horrende Berater-Verträge und ein massiver Preisverfall bei den Lipizzanern im Vergleich zu anderen Rassen sind nur einige Beispiele dafür. Die Management-Fehler sollten, wie es aussah, auf dem Rücken von Piber ausgetragen werden, und da braucht man sich natürlich dann nicht zu wundern, dass es hier einen Aufschrei der Empörung gibt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 69

Man wollte auch die Landwirtschaft auflösen, obwohl ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten zum Ergebnis gekommen ist, dass diese sehr wohl wirtschaftlich zu führen ist und auch eine wichtige Grundlage für die Lipizzanerzucht darstellt. Und am lautes­ten haben die Alarmglocken geläutet, als man in Niederösterreich begonnen hat, einen weiteren Standort, ein so genanntes Sommerquartier hochzuziehen, und die Umstände rund um diesen Standort sind äußerst fragwürdig.

Erstens: Die Dimension des bisherigen Sommerquartiers in Lainz wurde bei weitem überschritten. (Abg. Hornek: Das kommt den Tieren zugute!) Dieses Sommerquartier ist übrigens bis 2017 ausbezahlt. Es sollen in Niederösterreich nicht nur Hengste wäh­rend der Sommerpause eingestellt werden, sondern auch Stuten und Fohlen über län­gere Zeiträume. Und niederösterreichische Landespolitikerinnen und -politiker haben stolz verkündet, dass dort ein Lipizzanerzentrum als Tourismusmagnet entstehen sollte – frei nach dem Motto: Wenn Landeshauptmann Pröll Lipizzaner will, bekommt er auch welche, koste es, was es wolle! Ob Elite-Universität oder Elite-Pferde, des Lan­deshauptmannes Wunsch ist der Bundesregierung Befehl, und daran hält sich auch der brave Neffe Josef. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll – die Hände zusammenschla­gend –: Sie tun mir richtig Leid! – Abg. Dr. Fekter: Typisch Sozi! – Abg. Grillitsch: Das ist beschämend, Frau Kollegin!)

Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse hat das alles die Bevölkerung natürlich mit gro­ßer Sorge erfüllt, und schließlich kam es in diesem Zusammenhang zu einer Bürgerini­tiative beziehungsweise mehreren parteiübergreifenden Initiativen, in deren Rahmen insgesamt 12 000 Unterschriften gesammelt wurden. Diesem Druck haben sich natür­lich auch gestandene ÖVP-Politikerinnen und ÖVP-Politiker nicht widersetzen können, haben dem Druck nachgegeben und sich dankenswerterweise in den Dienst der guten Sache gestellt. Und was vorher von PolitikerInnen wie Kollegin Steibl als Panikmache, ja sogar als Lügen abgetan wurde, wird nun auch in ihren Augen als unterstützens­werte Initiative erachtet.

Liebe Frau Kollegin Steibl, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Lernfähigkeit und freue mich, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag beschließen können! – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Steibl: Das ist aber auch das einzig Positive, was Sie sagen können!)

11.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.55.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Grossmann, ich will da jetzt nicht unbedingt als Verteidiger der ÖVP auftreten (Abg. Dr. Puswald: Das ist auch schwer zu verteidigen!), aber es ist schon faszinierend, wie sehr in Vorwahlkampfzei­ten auch so ein Kompromiss noch schlecht geredet werden kann.

Seien wir doch einmal ehrlich: In Wirklichkeit haben wir hier ein gutes Ergebnis. Es hat auch im Ausschuss dazu eine sehr gute Diskussion gegeben. Es sind alle zufrieden gewesen. Ich war selber mit dabei, als wir gemeinsam mit den Vertretern des Ministe­riums den Vier-Parteien-Antrag verhandelt haben, und da waren alle zufrieden, es war alles eitel Wonne. Dass jetzt die SPÖ Redner um Redner hier herausschickt, um die­sen Antrag jetzt auch noch schlecht zu machen, um zu kritisieren, dass das immer noch zu wenig sei und dass das nur auf Druck von irgendwem auch immer zustande gekommen sei, das, glaube ich, ist der falsche Zugang. Mit dieser Politik können und werden Sie nicht erfolgreich sein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 70

Wir haben einen guten Vier-Parteien-Antrag verhandelt. Wir haben das Gestüt Piber gerettet, das ist keine Frage. Das ist gut und richtig so, damit sind alle einverstanden. Wenn der Umstand, dass es ein ÖVP-Bundesminister ist, der dieses Ergebnis im Ver­kauf nach außen sozusagen für sich positiv nutzen kann, auch schon ein Problem ist, dann frage ich mich wirklich, wofür wir da Politik machen. Es ist doch wirklich egal, welches Regierungsmitglied hier den Erfolg verkauft! Es kann doch nicht sein, dass Sie sich, nur weil Sie politisches Kleingeld in Ihrem Bezirk sammeln möchten, jetzt da her­ausstellen und das kritisieren! Das erinnert mich an den Ausschuss, wo Sie in Wirklich­keit auch nicht bereit waren, Ihren Antrag dann auf die Seite zu legen und zu sagen: Jetzt haben wir einen guten Vier-Parteien-Konsens! – Ja, da darf es die Opposition nicht wundern, dass es in vielen anderen Bereichen diesen Konsens nicht gibt!

Wenn ich noch einmal auf das vorhergehende Thema eingehen darf, auf diese Natio­nalpark-Geschichte: Auch da haben wir im Ausschuss klar gesagt, das ist eine gute Sache. Nur, wenn die Opposition eine Minute vor der Abstimmung im Ausschuss einen Antrag verteilt, weil der Herr Krainer sich erdreistet, in den Landwirtschaftsausschuss zu kommen und das zu präsentieren (Abg. Sburny: Warum „erdreistet“?), und man dann uns dafür kritisiert, dass wir nicht zustimmen, dann ist das der falsche Weg. So werden wir diese Probleme nicht lösen können, und das sind wichtige Bereiche. Gen­technik ist ein wichtiger Bereich. (Abg. Reheis: Fundamental-Regierungspolitik!)

Das ist nicht Fundamentalregierung, das ist ein Vier-Parteien-Antrag, Herr Kollege! (Abg. Reheis: Die Opposition interessiert Sie nicht!) Vielleicht haben Sie im Ausschuss zu dem Zeitpunkt geschlafen, aber wir haben einen Vier-Parteien-Antrag verhandelt. Es stehen alle darauf, es ist eine gute Lösung. Und heute herzugehen und diesen Vier-Parteien-Antrag auch noch madig zu machen und im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Rücken der Pferde, der Lipizzaner, im Bezirk politisches Kleingeld sammeln zu wollen, das ist der falsche Ansatz.

Wir von unserer Fraktion halten das für eine gute Initiative. Wir haben das gemeinsam verhandelt, und wir werden diesen Antrag natürlich unterstützen und haben damit wie­der einmal einen kleinen, aber wichtigen Schritt dafür gesetzt, dass Landwirtschaft in Österreich erhalten bleibt und in diesem Fall auch die Lipizzaner als wichtiges Aushän­geschild für Österreich erhalten bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

11.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Pirklhuber. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.58.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Der vorliegende Vier-Parteien-Antrag ist quasi die Reaktion auf einerseits politische Debatten in der Steiermark, konkrete Pro­bleme vor Ort und, wie man sieht, wenn manche Dinge in Fluss kommen, auch ein Instrument, um wieder etwas Beruhigung einkehren zu lassen und Klarheit zu schaffen. Das ist ganz wesentlich für die Betroffenen vor Ort, für die Bevölkerung in der Steier­mark und natürlich auch generell für dieses wichtige Aushängeschild der Spanischen Hofreitschule – und die Voraussetzung dafür, dass diese Tiere auch entsprechend gezüchtet und gehalten werden können.

Ich möchte aber auf eines eingehen, was mir sehr wichtig erscheint in diesem Zusam­menhang. Wir begrüßen, wie gesagt, diesen Vier-Parteien-Antrag, aber es werden auch einige finanzielle Aspekte darin angesprochen: Es soll ein bestimmtes Marketing­budget geben, und der Betrieb soll zum touristischen Leitbetrieb in der Region weiter­entwickelt werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 71

Damit wird die Frage der Zukunft der ländlichen Entwicklung, dritte Achse – Diversifi­zierung, ländlicher Raum –, berührt.

In diesem Zusammenhang ist Folgendes schon bemerkenswert: Für die Spanische Hofreitschule gibt es ein eigenes Gesetz, das die Substanzerhaltung, die Sicherstel­lung durch den Bund regelt – während es für das umfassendste Agrarprogramm, das wir in Österreich haben, in das die meisten Mittel hineinfließen, nämlich jenes der zwei­ten Säule der Agrarpolitik, der gesamten ländlichen Entwicklung – das sind in Zukunft jährlich 1 Milliarde € an Fördermitteln in Österreich –, keine einzige Rechtsgrundlage gibt, die gesetzlich durch dieses Parlament beschlossen wird. Es gibt kein Rahmenge­setz für die ländliche Entwicklung! Nicht einmal der Strategieplan, der auf europäischer Ebene vorgesehen ist, wird hier in diesem Haus vorgelegt und von Sozialpartnern, Interessenvertretungen et cetera öffentlich begutachtet. Er wird nicht hier beschlossen, sondern in Ihrem Ministerium, Herr Bundesminister.

Dieser schwarze Pakt, den Sie vor kurzem vorgestellt haben (Abg. Grillitsch: Grüner Pakt!) – ein wirklich ein tiefschwarzer, pechschwarzer Pakt! (Abg. Grillitsch: Grüner Pakt! Grüner Pakt! – Das tut dir weh, gell?) –, ist bisher ein kurioses Produkt. Sie ha­ben zu Recht öffentliche Dialogforen durchgeführt. (Abg. Grillitsch: Der „Grüne Pakt“ tut dir weh, gell?) Wir haben an diesen Dialogforen teilgenommen. Das nächste wird am 13. März sein. (Abg. Grillitsch: Das ist der „Grüne Pakt“, ..., Kollege Pirklhuber!) Im letzten öffentlichen Dialogverfahren, das Sie hiezu organisiert haben, wurde die na­tionale Strategie zerfleddert, sage ich. Zerrissen wurde sie von den Teilnehmern, weil zum Beispiel die Frauenförderung nicht enthalten ist (Abg. Wittauer: Was hat denn das mit den Stuten zu tun?), die im europäischen Strategieplan drinnen ist, weil zum Beispiel die Nachhaltigkeitskriterien von Göteborg wenig klar und präzise umgesetzt sind, weil dazu keine Ziele formuliert sind (Abg. Grillitsch: Kollege Pirklhuber, du sagst schon wieder die Unwahrheit!), keine klaren Zielvorgaben, wohin es in der ländlichen Entwicklung in den nächsten sieben Jahren von 2007 bis 2013 gehen soll. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Kollege Pirklhuber, ... die Unwahrheit!)

Das Einzige, was Sie bisher öffentlich gemacht haben, war, zu sagen, die Schieflage müsse verhindert werden – was immer das bedeuten mag. Sie haben nicht gesagt, welche Ziele, welche expliziten Ziele in Bezug auf die Umwelt wir mit dem Agrarum­weltprogramm verfolgen. In einem Punkt gibt es Konsens: Natürlich, die Bergbauern sollen geschützt werden, und die Ausgleichszulage soll gleich bleiben – keine Frage.

Aber im Kern, noch einmal: Ein so wesentliches Programm auf Basis einer Sonder­richtlinie, das ist nach jetzigem Stand – und das ist sehr gut auch durch Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs belegt – nicht mehr ausreichend, Herr Bundesminister. Sie sollten es ja wissen. Bei der Betriebsprämienverordnung haben Sie ja im Aus­schuss zugegeben, dass das ein Flop ist und dass Sie da offensichtlich im Markt­ordnungsgesetz noch nachbessern werden müssen. (Abg. Jakob Auer: Das war eine selektive Wahrnehmungsfähigkeit!) Die Tierprämienverordnung ist gefallen; das wissen wir, Sie haben das schon verlautbart. (Abg. Jakob Auer: Das war eine selektive Wahr­nehmungsfähigkeit!)

Kollege Auer, der Verfassungsgerichtshof sagt klar: Wenn die Europäische Union meh­rere Umsetzungsmöglichkeiten im Rahmen der europäischen Gesetzgebung erlaubt, dann reicht der Verordnungsweg nicht aus. Diese Feststellung des Verfassungsge­richtshofes ignorieren Sie (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll) – wieder! Sie ignorieren sie wieder in diesem zentralen Bereich der ländlichen Entwick­lung, und es ist unglaublich, Herr Bundesminister, wie Sie wieder in den nächsten Fett­napf mitten hineinfallen! (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit des Bundes­ministers Dipl.-Ing. Pröll.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 72

Sie fallen mitten hinein in den nächsten Fettnapf und geben sich hier völlig einer Kritik preis, die kommen wird. (Abg. Dr. Fekter: Wir sind nicht in „Wünsch dir was!“! – Das hätten Sie gern!) Ich formuliere diese Kritik hier, und sie wird weiterhin nicht verstum­men, weil in anderen Ländern diese Programme selbstverständlich über Gesetze, über nationale Parlamente abgesichert werden, weil ja das Vertrauen der Bevölkerung und auch sozusagen die Verfassungskonformität beim Einsatz von so viel Bundesmitteln gewährleistet sein muss: es sind über 500 Millionen € an Bundes- und Landesmitteln (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Pro Jahr!) – natürlich pro Jahr –, die da hineinfließen, und etwa 460 Millionen € von der Europäischen Union.

Also bitte, Herr Bundesminister, gehen Sie in sich! Legen Sie endlich diesen Gesetzes­vorschlag vor, sonst wird das ein Flop werden – leider! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Geh, hör’ auf!)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Herr Bundesminister, bitte.

 


12.04.07

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zum Tagesordnungspunkt betreffend die Zukunft der Spanischen Hofreit­schule und die Standortsicherung des Bundesgestütes Piber seien mir auch ein paar Anmerkungen erlaubt, weil ich offensichtlich auch einige in den Debattenbeiträgen an­gesprochene Punkte richtig stellen muss.

Ich freue mich auf der einen Seite sehr darüber, dass hier im Parlament breiter Kon­sens in der Frage der Unterstützung der zukünftigen Linie dieses Traditionsunterneh­mens, der Spanischen Hofreitschule – mehr als 400 Jahre alt! –, herrscht, um diesem auch eine solide Basis für die Zukunft zu ermöglichen. Was aber die Ausgangsposition für diesen Vier-Parteien-Antrag betrifft, so muss man diese doch etwas näher beleuch­ten, weil ich es unverantwortlich finde, dass in Wahlkampfzeiten in einem Bundesland ein so traditionsreiches Unternehmen wie die Spanische Hofreitschule, und speziell der Standort Piber, hergenommen und in eine Auseinandersetzung hineingezogen wird, wo keine war und auch keine ist (Abg. Dr. Fekter: Heiße Luft!), sondern wo das Gesetz immer, auch seit der Ausgliederung, klar war dahin gehend, dass der Standort Piber Zukunft haben muss, dass er die Zentrale der Lipizzanerzucht für die Spanische Hof­reitschule auch in Zukunft sein muss. Niemand hat das hinterfragt – außer ein paar wenige, die viel Wirbel um nichts gemacht haben (Abg. Steibl: Ja! Ja!), und sie waren der Grund dafür, dass wir jetzt eine Vier-Parteien-Einigung brauchen, und sie waren es, die eigentlich diesen Standort schwer geschädigt und hinterfragt haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wittauer. – Abg. Dr. Fekter: Jawohl! Jawohl!)

Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Gehen wir behutsam mit den Wahrheiten um! Niemand in dieser Republik hat jemals – zu keinem Zeitpunkt! – den Standort Piber auch nur im Ansatz hinterfragt! (Abg. Dr. Jarolim: Sie sollten auch mit der Vernunft ...! – Abg. Wittauer – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Du kennst dich überhaupt nicht aus  ...!) – Ich bin froh, dass der Zwischenrufer wieder angekommen ist: Grüß Gott auch hier im Plenum!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir jetzt die Zukunft der Spanischen Hofreitschule diskutieren und wenn Sie jetzt Wetzdorf als ein Thema für die Zukunft hernehmen, so muss ich Ihnen sagen, dass die Spanische Hofreitschule traditionell immer drei Standorte hatte: einen in Piber – niemand hat daran gedacht, auch nur im Ansatz etwas zu ändern –, zweiter Standort: Stallburg im Zentrum Wiens mit der Spa­nischen Hofreitschule selbst, wo die Aufführungen stattfinden und auch die Hengste


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 73

eingestellt sind, und drittens: Wir hatten in Wien, in Lainz, ein Sommerquartier. Und dafür kann ich nichts, dass die Wiener in der Frage der Umorientierung von Lainz und des Ausbaues, den wir brauchen – auch für den Tierschutz, meine sehr geehrten Da­men und Herren –, kein Angebot gelegt haben. (Abg. Dr. Fekter: Ah! Wien! Eure Sozi-Freunde!) Damals haben wir noch nicht gewusst, dass das Flugfeld Aspern frei bleibt und frei wird, zugegebenermaßen. Aber von Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde nichts auf den Tisch gelegt!

Niederösterreich hat im Zuge der Landesausstellung ein Angebot gelegt, und wir ha­ben mit der Spanischen Hofreitschule gemeinsam – die Spanische Hofreitschule für sich – den bestmöglichen Standort gewählt. (Abg. Mag. Grossmann: So wie Gugging!) Und deswegen haben wir nun einen sehr modernen Standort, was die Frage Sommer­quartier betrifft, in Wetzdorf. Wir haben in Piber vor, mehr als in der Vergangenheit zu investieren (Abg. Dr. Fekter: Wien hat verschlafen, verbockt, runtergewirtschaftet!), auch die in touristische Attraktivität des Standortes – das ist gut, das war immer auch geplant. Und wir sind derzeit dabei, mit der Spanischen Hofreitschule die Stallburg, die­sen wunderschönen Renaissancehof hier mitten in Wien, umzubauen, zu restaurieren und dann der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (Abg. Steibl: Aber wenn es große Konzerte oder Reitvorstellungen gibt, dann ist die Kollegin immer da, wahrscheinlich gratis! Aber das versteht sie leider nicht!)

Die Spanische Hofreitschule hat Zukunft! Danke für diese Unterstützung auch seitens des Parlaments! Und bitte unterlassen Sie in Zukunft alles an Wortmeldungen, auch in Wahlkampfzeiten, was diesem Traditionsunternehmen schaden kann! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wittauer. – Abg. Dr. Jarolim: Ich würde mir wünschen, dass der Kanzler dieses Format hat! Das würde ich mir wünschen!)

12.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.08.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte einmal als Jugendlicher ein besonders eindrucksvolles Erlebnis, als ich eine hervorragende Lipizzaner-Vorfüh­rung miterleben durfte, und noch dazu im Beisein der englischen Königin, der Queen Elizabeth.

Ich spreche vom Bundesgestüt Piber, und ich bin als ehemaliger Bewohner dieser Region wirklich sehr froh, dass dieses Bundesgestüt nicht nur erhalten bleibt und seine Zukunft gesichert wird, sondern dass es zusätzlich auch zu einer Touristenattraktion ausgebaut wird.

Der zukünftige Weg dieser Neuausrichtung basiert auf folgenden Punkten: Ausrichtung des Gestüts auf die neue Zielgruppe Familie, ohne die bestehende Besucherklientel zu verschrecken, Bereitstellung eines ausreichenden Marketingbudgets für die nächsten drei Jahre – rund 630 000 € bis 2008 –, Schaffung der touristischen Infrastruktur mit einer Investitionssumme von 620 000 € und Verlagerung der unternehmensinternen Schwerpunkte in Richtung einer Stärkung der Bereiche Ausbildung, Präsentation, Nut­zung der Veranstaltungsflächen, Pferdearena, Marketing, Gastronomie und so weiter. Und auch die Kundenfrequenz soll gesteigert werden, sodass wir zukünftig, bis 2008, mit jährlich 125 000 Kunden und Besuchern zu rechnen haben. Dazu kommen noch 1,2 Millionen €, die in die Bereiche Haltung und Zucht fließen.

Zur Stärkung der touristischen Komponente des Gestüts werden für die nächsten drei Jahre also Mittel in Höhe von 1,25 Millionen € zur Verfügung gestellt, und damit wird


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 74

die Inszenierung des Bundesgestüts in Richtung eines Erlebnisgestüts rund um das Thema Pferd/Lipizzaner finanziert.

Diese Lipizzanerwelt Piber wird am 1. April 2006 eröffnet und umfasst folgende Attrak­tionen, die ich jetzt kurz erwähnen möchte: Zum Beispiel können in der Schauschmie­de Hufschmiede bei der Arbeit gesehen werden; es gibt einen Biotop- und Abenteuer­bereich; es gibt eine Pferdeschwemme, wo auch ein echtes Gespann zu sehen ist, wo auch der Fahrsport den Besuchern näher gebracht wird; es gibt einen Shop, in dem Andenken erstanden werden können und Kulinarisches angeboten wird; es wird eine Wagenremise zu sehen sein mit dem Jagdwagen von Kronprinz Rudolf und dem Vis-à-vis-Wagen aus dem Hofbestand Kaiser Franz Josephs; es wird ein Kinderkino geben, in dem kindgerechte Filme rund um das Thema Pferd gebracht werden; es wird einen Praxisbereich geben, wo man die Pferde sehen und auch angreifen kann; es wird eine Fohlenstation geben, wo man durch Sichtscheiben die Fohlen beobachten kann; es wird natürlich auch einen kindgerechten Spielplatz für alle Altersgruppen geben.

Abschließend möchte ich sagen: Freuen wir uns doch alle über die Parteigrenzen hin­weg über diesen Beschluss!, und ich danke vor allem Bundesminister Josef Pröll für die Erhaltung und den Ausbau des Standortes Piber und wünsche dem Unternehmen Bundesgestüt Piber für die Zukunft alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

12.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Faul. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.11.58

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, es stellt sich schon die Frage: Wenn alles so paletti ist, weshalb haben Sie dann eigentlich den Vier-Parteien-Antrag gebraucht, um das zu dokumentieren, was selbstverständlich ist?

Herr Bundesminister! Immer dann, wenn wir über Piber und über die Hofreitschule ge­redet haben, sind bei Ihnen die Emotionen hochgekommen, wobei ich mich immer ge­wundert und gefragt habe (Dipl.-Ing. Pröll: ... falsch!): Warum kommen sie hoch? (Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll: Weil falsch!) – Sie können mir das nicht glaubhaft erklären. (Abg. Dr. Fekter: Weil er ein engagierter Minister ist!) Dass Sie sich vielleicht einen an­deren Ausgang gewünscht hätten oder dass Ihnen vielleicht die Ergebnisse der Land­tagswahl heute noch wehtun, das könnte die „Kleinigkeit“ sein. – Ich glaube aber, dass unser Entschließungsantrag und unser gemeinsamer Antrag (Abg. Grillitsch: Kollege Faul! Jetzt haben wir einen Vier-Parteien-Antrag, und ihr habt euren noch immer nicht zurückgezogen!) in Wirklichkeit das Umdenken in der Steiermark erst bewirkt haben. Davon sind wir echt überzeugt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Lauter heiße Luft!)

Herr Bundesminister, eines ist Fakt – und da können Sie schreien, so viel Sie wollen (Abg. Steibl: Weil ihr es eh nicht versteht!) –: Sie haben eines der wertvollsten Kultur­güter Österreichs mit einer – Sie haben es selbst gesagt – mehr als 400-jährigen Tradi­tion durch den Privatisierungswahn in den Ruin treiben wollen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist ein Blödsinn! So ein Blödsinn! – Zwischenruf des Abg. Grillitsch. – Abg. Dr. Pirkl­huber – in Richtung des Abg. Grillitsch –: Nicht mit vollem Mund schreien! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, natürlich! Sie haben einen Ministergünstling, nämlich Werner Pohl, als Geschäfts­führer hingesetzt. (Abg. Grillitsch: Entschuldigung: Weißt du, was du sagst? – Ein ahnungsloser Sprecher!) Kollege Abentung, euer Sektionschef, hat in der Zeitung be­stätigt – lesen Sie es nach, Kollege Grillitsch! –, dass Werner Pohl grundsätzlich fal­sche Entscheidungen getroffen hat, die dieses Unternehmen nahezu ruiniert haben,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 75

dass er Zuschüsse in Millionenhöhe gebraucht hat. Und diese Geldverschwendung ist ja allen Leuten aufgefallen! Herr Bundesminister, haben Sie es angeschaut bei der Landesausstellung? Hier wurde falsch investiert!

Einsparen, Herr Bundesminister – und jetzt kommt es stärker, und da muss ich wirklich Kollegin Grossmann verteidigen (Abg. Steibl: Und was macht der Voves? – Der Voves investiert jetzt in Herberstein! Das ist euch Wurscht! Jetzt füttert ihr die Löwen, und vorher habt ihr euch aufgeregt!) –, wollten Sie nur bei den kleinen Leuten! Sie wollten die Leute entlassen, die ein Nettoeinkommen von unter 1 000 € gehabt haben, Sie wollten die Landwirtschaft ausgliedern. Fritz Grillitsch, du hast heute erst gesagt, du freust dich, dass die Landwirtschaft nicht mehr verpachtet wird! – Nicht „Blödheit“ zu mir sagen! Das verdient einen Ordnungsruf! Du hast das heute in den Mund genom­men und hast gesagt, heute ist die Verpachtung endlich vom Tisch!

Sie können uns eines nicht vormachen, Herr Bundesminister – und da muss man hell­hörig werden, angesichts von leeren Kassen –: Standort Wien – unbestritten –, Stand­ort Lainz, an den Sie noch neun Jahre gebunden sind, Standort Piber und Standort Wetzdorf. – Wer würde so wirtschaften, dass er sich, wenn er noch mehr als neun Jahre lang an einen Standort mit einer Miete fix gebunden ist, trotzdem einen neuen Standort wählen würde? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) Wer würde das tun? – Jemand, der dem Landeshauptmann von Niederösterreich ein­fach einen Gefallen tun will! Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass der Landeshauptmann von Niederösterreich die Steiermark wieder einmal rechts überho­len wollte – das ist es, Herr Bundesminister! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Was auch jetzt nicht mehr schwer ist!)

Ich möchte zum Schluss nur eines sagen: Ich kann Ihnen keinen Rat geben, Herr Bun­desminister, aber gescheit wäre es, wenn Sie Ihre Experten einmal nach Spanien schicken würden. – Ich bin jahrelang in Jerez, ich habe den Aufstieg der Spanischen Reitschule erlebt: Die Pferde haben gewonnen. Die Preise der Andalusier sind ein Viel­faches dessen, was jene der Lipizzaner sind. Sie haben diese in Grund und Boden ge­fahren. (Abg. Wittauer: Weil es immer wieder eine Modeerscheinung ist!) Die Schule und die Ausbildung der Pferde und der Reiter sind so, dass sie heute von einem millio­nenfachen Publikum aus der ganzen Welt besucht werden! (Abg. Wittauer: Ich frage mich, wo du eine Ahnung hast von Zucht!) Das werden Sie mir erst einmal zeigen, wie man das alles heute noch ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Zirkus! Zirkusauffüh­rung!)

Nicht Zirkusausführungen! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sicher!) Große Bereiter –Heldenberg, Bachinger –, die aus Ihrem Unternehmen ausgeschieden sind, bescheini­gen, dass hier die Qualität der Ausbildung von Pferden und Bereitern schwer darunter gelitten hat.

Herr Bundesminister! Auch das Zusammenfassen von Standorten in Spanien – da Ausbildung und da Zucht, an einem Standort! – hat den großen Erfolg in Spanien be­schert. Nehmen Sie sich daran ein Beispiel! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Soll Piber nach Wien ziehen? Heißt es das? – Abg. Dr. Fekter: Er will Piber in Wien haben! Alles an einem Standort! – Abg. Wittauer: Nein, das, was er ge­meint hat: Die Hofburg in die Steiermark! – Heiterkeit des Abg. Wittauer.)

12.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Dr. Bleckmann. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.16.04

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsi­dent! Herr Minister! Kollege Faul, ich würde Sie jetzt gerne fragen: Wissen Sie eigent-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 76

lich, warum bei Ihnen immer die Emotionen hochgehen? – Anscheinend auch nicht so genau.

Eines würde mich jetzt auch interessieren: Ich habe mir jetzt so anschaulich vorgestellt, wie Herr Landeshauptmann Pröll Herrn Landeshauptmann Voves rechts überholt, und habe überlegt, wie das gehen könnte. (Abg. Steibl: Im Semmering-Tunnel!) Wahr­scheinlich geht das nur auf der Autobahn, und das ist vielleicht das, was bei Ihnen dann die Emotionen hochbringt. Vielleicht ist es das – ich weiß es nicht.

Eines aber haben wir ja bei unserem Besuch, den wir gemeinsam in Piber gemacht haben, eindeutig gehört: dass mit Pferdezucht kein Gewinn zu machen ist. Ich glaube, das ist ja unbestritten, und das haben wir auch dort noch einmal nachhaltig zu hören bekommen. Und dass es mehrere Konzepte gegeben hat, wie man jetzt aus dieser Situation herauskommt, haben wir dort auch gehört, und die Konzepte waren eben unterschiedlicher Art: Es hat die Möglichkeit des Verkaufs von Grundstücken gegeben, die Möglichkeit von Verpachtung der Landwirtschaft, aber auch der Selbstnutzung. (Abg. Faul – auf Abg. Grillitsch weisend –: Der Fritz hat es ...!) Na ja, man hat sich jetzt für dieses gute Konzept, das uns ja auch präsentiert worden ist, entschieden. Und ich denke mir, es ist ja auch legitim, dass man die Varianten überlegt und dann die beste auswählt. Und es ist hier in meinen Augen die beste gewählt worden, und wir werden sehen, ob sie auch wirklich den Erfolg bringt, der uns dort groß präsentiert worden ist.

Da halte ich es schon auch für wichtig, dass wir über die Zukunft sprechen und nicht über die Vergangenheit, denn die Zukunft von Piber ist auch die Zukunft der Region in der Steiermark, denn das ist ein Leitbetrieb – das ist unbestritten –, und es ist unheim­lich wichtig, dass es diesem Betrieb gut geht. Und es ist auch gut, dass es jetzt eine Klarheit gibt mit diesem Antrag – ist ja in Ordnung! –, und es war anscheinend auch wichtig, dass dieses Signal auch in der Bevölkerung und für die Bevölkerung gegeben wird.

Das ist ja gut. Nur: Die ganze Aufregung verstehe ich irgendwie nicht, die um das Ganze entstanden ist – denn der Betrieb war dort immer, und dass er abgesiedelt wird, ist mehr als unwahrscheinlich, denke ich mir, weil die Umgebung und die Gegend auch für die Pferde sicherlich sehr gut und bestens geeignet sind. Da hätte wahr­scheinlich schon viel, viel mehr passieren müssen, damit diese Gedanken überhaupt gefasst werden. Aber ich freue mich, dass wir uns im Vier-Parteien-Antrag eindeutig dazu bekennen, dass das Lipizzanergestüt erhalten bleibt. Wenn es auch dazu verhilft, dass wir mehr Rückhalt haben, ist es auch gut und wichtig.

Es wird mehr Geld investiert. Die Zukunft ist somit, mit diesem neuen betriebswirt­schaftlichen Konzept, das ich auch für ein sehr gutes halte, gesichert. Es wird in dieser Region auch einen neuen Aufschwung geben, und wir haben viele neue Anreize, auch eine neue Zielgruppe, nämlich dass Familien mit Kindern nach Piber kommen sollen. – Ich glaube, das ist ein ganz tolles Konzept, das da gemacht worden ist, auch mit den Patenschaften für die Fohlen.

Wir haben gesehen, was dort schon alles fertig ist: Der Kinderspielplatz ist schon fertig. Das Kinderkino wird toll werden, wo die Kinder sich dann auf Sätteln das Kinopro­gramm anschauen können. – Also ich glaube wirklich, es ist eine tolle Sache, die da aus dem Ganzen gemacht worden ist.

Ein Einziges – aber das hat mir dort leider auch niemand erklären können – ist für mich ein bisschen ein Wermutstropfen, nämlich, warum denn arme Mutterstuten mit ihren Fohlen nach Wetzdorf, das viel diskutierte, reisen müssen – das habe ich dort auch schon nachgefragt (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Weil es dort so schön ist!) –, und zwar für zehn Tage, denn mehr sei ihnen nicht zuzumuten, hat es geheißen. Nach zehn Tagen müssen die kleinen Fohlen mit den Mutterstuten dann wieder zurückreisen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 77

und müssen für zehn Tage wieder hinreisen. Ich verstehe nicht ganz, warum diese Transportiererei notwendig ist. Wenn Niederösterreicher sich Fohlen, Lipizzaner-Foh­len anschauen wollen, dann sollen sie doch in die Steiermark kommen! – Vielleicht können wir das den Niederösterreichern auch erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.20.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! (Abg. Wittauer: Sie reden zu den Pferden? Der redet zu jedem! Der kennt sich überall aus! – Weitere Zwi­schenrufe.) Pass auf, Herr Klubobmann!

Zunächst einmal mag man ja noch darin folgen – obwohl es, wie Kollege Pirklhuber meint, schon eigenartig anmutet –, dass man über die gesetzlichen Anlässe respektive Entschließungsanträge betreffend das Gestüt Piber so lange diskutieren kann – von mir aus auch soll –, aber es ist nicht einzusehen, dass es dazu, wie jährlich 1 Milliar­de € in der Landwirtschaftsförderung verwendet werden soll, nicht einmal ein Rahmen­gesetz geben soll. Das ist jetzt ein bisschen untergegangen.

Aber zur Sache selbst: Schauen Sie, da geht es nicht nur um die Pferde, sondern da geht es auch um die Ausgliederungspolitik dieser Bundesregierung. Es ist noch nicht so lange her, dass der nunmehrige Klubobmann Molterer wieder sozusagen ein Aus­gliederungsritual vom Stapel gelassen hat, wie wir es schon kennen. Begonnen hat es mit Beraterverträgen, die bis heute nicht durchleuchtet worden sind, wo nicht klar ist, wer da für welche Beratungsleistung was mitgeschnitten hat. So geht es immer los! Das ist ja blau-orange-schwarze Tradition der Sonderklasse. (Abg. Dr. Fekter: Das unterstellen Sie permanent!)

Ja erklären Sie mir, warum Sie den Rechnungshof noch nicht damit beauftragt haben, dort Nachschau zu halten! Da könnten Sie sich verdient machen, Herr Bundesminister, denn das wieder ein Beispiel für eine Ausgliederung, bei der man am Schluss drauf­kommt, dass irgendein Pferdedirektor – von mir aus sind es jetzt die Pferde, die es betrifft – keine Ahnung davon hat, wie solch ein Betrieb zu führen ist. Das sind Ihre Bei­spiele! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist doch das Problem. So hat das begonnen, was Sie jetzt der SPÖ vorhalten wol­len, dass mehr oder weniger – ich kann das gar nicht so genau beurteilen – berechtigte Ängste bestanden haben. Dass das dann auf dem Rücken von anderen Standorten ausgetragen wird, nämlich mit einem so genannten Sanierungskonzept, wie man es bei Ihren Ausgliederungsmethoden regelmäßig braucht, das halte ich für nachvollzieh­bar. Daher verstehe ich das – von mir aus wechselseitige – Lamento nicht, aber jeden­falls auch Ihres auf dieser Seite nicht, wenn es ohnehin einen Vier-Parteien-Antrag gibt. Also ersparen wir uns das! (Abg. Grillitsch: Aber die SPÖ hat ihren Antrag ja nicht zurückgezogen!)

Diese Einsicht, dass es dort um einen Wirtschaftsfaktor in einer ländlich strukturierten Region geht – das ist logisch und nachvollziehbar. Da sind ohnehin alle dafür, wie Sie sagen. (Abg. Grillitsch: Werner! Kollege! Hör zu!) Ja, ich höre. (Abg. Grillitsch: Die SPÖ hat ihren Antrag trotzdem nicht zurückgezogen, obwohl wir einen Vier-Parteien-Antrag haben!)

Dann erklären Sie doch, was an dem Antrag der SPÖ schlecht ist. (Ruf bei der ÖVP: Alles!) Das ist ja alles kindisch. Da steht fast das Gleiche drin wie im Vier-Parteien-Antrag. Aber machen Sie sich das untereinander aus. (Abg. Großruck: Die SPÖ kann


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 78

sich wohl selber verteidigen!) Ich sage nur, dass das überhaupt nicht selbstverständlich ist, so wie Sie das alles darstellen.

Nächster Punkt: Mir fällt auf, dass sich das durch die letzten Wochen zieht, wenn man einmal schaut, wie in der Republik Standortentscheidungen fallen. Wieder ist Niederös­terreich im Spiel. (Abg. Steibl: ... weil Sie sonst kein Thema haben!) Ich meine, nichts gegen Niederösterreich und dortige Ambitionen, vielleicht ist das auch ein vernünftiger Vorschlag gewesen. (Abg. Wittauer: Das haben wir gestern schon diskutiert!) Ich bin mir da aber nicht mehr so sicher, und wenn ich Kollegin Bleckmann – sie ist gerade nicht da – in ihrem Argument ernst nehme, war das kein so gescheiter Vorschlag.

Ich habe vielmehr den Verdacht, es zieht sich da ein schwarzer Faden durch – ein ziemlich schwarzer Faden, nämlich ein niederösterreichischer –, dass überall hinein­regiert wird, mit Angeboten hinein „gedumpt“ wird: Jetzt muss es da eine Elite-Uni geben, dort ein paar Lipizzaner, ich weiß nicht, was noch kommen wird. Wo Sie aber nichts weitergebracht haben und absichtlich dagegen gefahren sind, das war beim Semmering-Basistunnel, und erst gestern bekamen wir einen Bericht zugestellt, in dem der Rechnungshof gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr und Infrastruk­tur Folgendes befindet – das steht da wortwörtlich drinnen –: dass das Land Nieder­österreich in dieser Causa jahrelang fortgesetzte Rechtsbeugung betrieben hat. – So fuhrwerken Sie!

Schön langsam werden wir das Treiben dieses Herrn Pröll – nämlich des anderen Pröll – genauer unter die Lupe nehmen müssen, denn das ist ein Föderalismusprinzip, das über diese unnütze Polit-Folklore hinausgeht, weil dort wirklich Schaden entsteht. Und den hat die ÖVP zu verantworten! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Nein!)

12.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Fekter – in Richtung Abg. Mag. Kogler –: Niederösterreich blüht auf, Wien wirtschaftet hinunter!)

 


12.24.12

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dank der Wählerinnen und Wähler des Wahlkreises Steiermark Mitte und Graz Umgebung – Voitsberg ist es mir gelungen, seit 1994 mit einem Grundmandat hier in diesem Hohen Haus für diese wunderschöne Region tätig zu sein. (Abg. Faul: ... diese Region nicht verdient!) Voitsberg ist ein wachsender, auf­strebender Tourismusbezirk, insbesondere durch den Bestand und die positive Weiter­entwicklung des Bundesgestütes Piber.

In diesem Zusammenhang möchte ich wirklich ein Danke an Herrn Bundesminister Pröll sagen, und auch ein Danke an unseren Bauernbundpräsidenten Fritz Grillitsch, der in dieser Sache immens unterwegs ist für alles, was Leben auf dem Lande, was Landwirtschaft betrifft! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Danke, Herr Bundesminis­ter! Danke, Herr Bauernbundpräsident! Danke!)

Herr Kollege Faul! Wir haben heute sehr genau hingehört, und ich frage Sie ganz kon­kret: Was wollen Sie, Sie und Voves? – Voves „füttert“ jetzt Herberstein, und Sie wollen nur mehr Wien als Standort haben. Das werden wir uns merken! (Abg. Faul: Ich glau­be, Sie haben nicht zugehört!) Das haben Sie hier vorhin in Ihrer Rede gesagt, Herr Kollege! (Abg. Dr. Fekter – in Richtung des Abg. Faul –: Konzentrieren an einem Standort, haben Sie gesagt! – Gegenruf des Abg. Faul.)

Weiterer Punkt: Frau Kollegin Grossmann, ich habe ganz bewusst diese Einleitung ge­wählt. (Abg. Grillitsch – in Richtung SPÖ –: Das werden wir den Leuten sagen, was


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 79

ihr wollt! – Abg. Faul: Dafür haben wir ein Protokoll! Im Protokoll ...!) Seit Sie Abgeord­nete in Voitsberg sind, ist alles nur mehr negativ, ist alles nur mehr kleinlich. Sie sehen überhaupt keine positive Entwicklung. Wissen Sie, was positive Entwicklung heißt? – Nicht stehen zu bleiben, sondern sich zu bewegen, Zukunftsdenken zu haben. Wo haben Sie das? – Typisch sozialistisch! Nichts habt ihr am Hut! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Aber auf die Richtung kommt es auch ein bisschen an! Bewegen allein ist ein Null-Programm! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, dass das weh tut: Wenn du in einer Region lebst, die blüht, die aufgebaut hat nach dem Abbau von Kohle, und Sie jetzt herauskommen und in den Medien, in den Zeitungen nur mehr präsentieren, wie negativ alles ist?! (Abg. Mag. Grossmann: Aufgeblüht dank der SPÖ!) Ich werde Sie noch öfter beim Wort nehmen, auch wenn Sie das nicht wollen. Ich liebe diesen Bezirk, und Sie machen ihn nur madig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Ist das nicht eher eine Rede für eine Parteiveranstaltung in Voitsberg?) Na ja, das könnte seitens der SPÖ so sein. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Ich möchte nur eines noch festhalten, weil inhaltlich ohnehin schon das Meiste ge­bracht wurde – Fritz Grillitsch oder der Herr Bundesminister hat das auf den Punkt ge­bracht –: Mit diesem betriebswirtschaftlichen Konzept und diesem erweiterten touristi­schen Angebot für Familien, für Kinder ist nicht nur Piber gesichert, sondern es ist auch die Zukunft der weißen Pferde in der Weststeiermark gesichert. Sie werden eine blü­hende Zukunft haben. Wenn Sie glauben, dass Sie damit Wählerstimmen gewinnen, dann hoffe ich, dass Sie auf dem Holzweg sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Wittauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.27.43

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Abgeordneter Faul, ich habe das ein bisschen anders verstanden. Sie sind natürlich Steirer, Sie wollten wahrscheinlich die Hofburg nach Piber bringen, damit es eine Er­folgsstory wird, oder nicht? – Anders kann ich es mir nicht vorstellen.

Aber es ist eigenartig, dass die Sozialdemokraten immer einen doppelgleisigen Weg gehen. Herberstein ist ein gutes Beispiel: zuvor dagegen, das Land soll keinen Euro mehr dorthin bringen und gar nichts für die Rettung tun; aber in dem Moment, in dem Sie den Landeshauptmann haben, wird dort wieder viel Geld hineingepumpt.

Genauso ist es jetzt mit Piber. (Abg. Grillitsch: Da braucht man aber keinen Landes­hauptmann!) Vor dem Wahlkampf wurde das Gerücht gestreut, Piber wird zugesperrt, es wird verkleinert, eingespart, und, und, und. Dann wundern Sie sich – darüber wun­dere ich mich nicht –, dass eine Menge Leute, die Angst haben, weil Sie diese Angst geschürt haben, unterschreiben. Das ist ja eine ganz normale Geschichte. (Abg. Mag. Grossmann: Das waren ÖVP-Vizebürgermeister, die die Initiative gestartet ha­ben!)

Nein, das ist schon auch von den Abgeordneten ausgegangen. Da hat der Minister x-mal gesagt: Es wird nicht zugesperrt, dieser Standort wird ausgebaut, er wird auch mit Geld und mit Infrastruktur unterstützt! (Abg. Broukal: ... sagt Ihnen doch, das ist von ÖVP-Vizebürgermeistern ausgegangen!) Genauso hat der Vorsitzende Abentung ge­sagt – das ist aber vor der Wahl gewesen! –: Es ist Unsinn, dass wir aus Piber abwan­dern! Es wird investiert! Er verwies auf das Gesetz, auf die Garantie der Bundesregie-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 80

rung und die historische Verwurzelung. – Er sagte das so, aber nicht einmal das neh­men Sie zur Kenntnis!

Dann haben wir einen Vier-Parteien-Antrag gemacht, um die Menschen dort zu beruhi­gen, weil es auch eine touristische Geschichte ist. Davon leben ja sehr viele Men­schen. Nicht einmal das nehmen Sie richtig zur Kenntnis! Ihren Antrag ziehen Sie nicht zurück, weil Sie vielleicht auch noch ein bisschen politisches Kleingeld daraus schla­gen wollen.

Dann ist auf einmal die Bundesregierung auch noch schuld am Preisverfall der Lipizza­ner. Das ist doch abhängig von der Nachfrage! Vielleicht hat Herr Abgeordneter Faul eine Ahnung von Pferden, ich weiß es nicht, aber das, was er gesagt hat, stimmt nicht, sondern es kommt immer darauf an, was die Menschen wollen.

Ich erinnere mich daran, dass vor zehn Jahren Friesenpferde auf der Preisliste ganz weit oben lagen; heute sind sie wieder unten auf der Liste. Jetzt nehme ich ein anderes Gestüt als Beispiel her: Die Haflinger liegen auf der Preisliste ganz weit oben. Von Amerika, ja von überall her kommen Leute und kaufen diese Pferde zu einem Super­preis. Genauso wird es bei den Lipizzanern sein: Einmal werden sie besser zu verkau­fen sein, einmal schlechter. Es hat daher nicht allein damit zu tun, wie man sie ver­marktet.

Aber eines stimmt: Die Sozialdemokratie auf der linken Seite dieses Hauses ist zustän­dig dafür, dass der Ruf von Piber sehr gelitten hat. Dafür werden sich die Menschen bei Ihnen sehr wohl „bedanken“! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Faul zu Wort gemeldet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Herr Abgeord­neter, Sie kennen die Bestimmungen der GO: 2 Minuten Redezeit; zunächst den zu berichtigenden Sachverhalt und dann die Berichtigung. – Bitte.

 


12.30.40

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Kollege Wittauer hat behauptet, ich möchte die Hofburg nach Piber bringen. (Abg. Dr. Fekter: Alles konzentrieren auf einem Standort!)

Ich stelle richtig: Wir haben den Standort der Lipizzaner in Wien nie in Frage gestellt, sprechen uns aber für einen Aufzuchtstandort, für Piber, eineindeutig aus. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Schweisgut. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.31.10

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich wundere mich, wie viele Pferdeexperten es hier in diesem Hohen Haus gibt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Wenn ich mir dann allerdings die Aussagen der einzelnen Experten anschaue, dann handelt es sich hauptsächlich um Urlaubserinne­rungen.

Lieber Herr Faul! Wenn Sie Jerez und die Millionen Besucher von Jerez mit der Spani­schen Hofreitschule vergleichen, dann ist das etwas, was einem Pferdeexperten die Galle hochtreibt, weil Jerez eine Art Zirkus ist und nicht mit der Klassischen Schule in Wien vergleichbar ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Faul: Fragen Sie einmal die Hofreit­schule! Sie sind nur Haflinger-Bereiter!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 81

Ich möchte auch eines ganz klar deponieren: Die Ausgliederung war eine Erfolgsstory für die Spanische Hofreitschule! (Abg. Faul: Verraten Sie uns einmal die Erfolge!) Schauen Sie sich an, wie Piber vor zehn Jahren ausgesehen hat. Es sind inzwischen über 10 Millionen € investiert worden. Es ist ein alter, über 400 Jahre traditionell ge­führter Betrieb zu einem modernen Unternehmen umgewandelt worden. Die Republik Österreich hat Bareinlagen in der Größenordnung von 20 Millionen € mitgegeben. Es ist Geld investiert worden, und ich glaube, es ist eine ganz tolle, für Österreich weiter­hin als Aushängeschild verwendbare Anlage entstanden.

Wenn Sie mir immer wieder vorwerfen, dass ich von Haflingern etwas verstehe, dann ist das richtig. Ich glaube aber, dass ich auch bei diesem Thema mitreden kann, weil es diese touristische Infrastruktur, die man in Piber aufbauen will, bei den Haflingern in Tirol bereits gibt. Über 100 000 Besucher besuchen unser Gestüt. Wir haben auch Schauprogramme; diese möchte ich nicht mit der Spanischen Hofreitschule verglei­chen, aber ich weiß, wovon ich rede.

Dazu möchte ich auch dem Herrn Minister danken, dass er wirklich weitsichtig ver­sucht, ein zweites Standbein zu schaffen neben der Nur-Zucht, die natürlich nur defizi­tär sein kann, wenn die besten Pferde für die Spanische Hofreitschule zur Verfügung gestellt werden müssen. Das zweite Standbein kann nur der Tourismus sein, und ich glaube, das ist ein Zukunftsprojekt, das man durchaus auch in der Investition so sehen muss. Sonst wären die Investitionen, die in Piber getätigt worden sind, nicht zu recht­fertigen, wenn man nicht ein Zukunftsprojekt mit mehr Besuchern auch für Piber an­geht. Das ist aber mit dieser Bundesregierung, mit der traditionellen und auch der futu­ristischen Ausrichtung sicherlich gegeben.

Ich möchte nur bitten, dass man in dieser Diskussion auch berücksichtigt, dass wir in Österreich nicht nur eine traditionelle Pferderasse haben, sondern auch viele andere, dass es auch das traditionelle Gestüt in Stadl-Paura in Oberösterreich gibt und dass die gesamte österreichische Pferdezucht auch sehr intensiv mit gefördert werden muss. Ich sehe auch den Fohlenhof in Tirol in seiner regionalen Bedeutung, und ich darf den Minister bitten, auch die anderen, ebenfalls traditionellen Zuchten in Öster­reich nicht zu vergessen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Auer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.33.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Gerade diese Regierung mit der ÖVP hat der Lipizzanerzucht Rechnung getragen, und sie hat in den letzten Jahren viel Geld in die Erhaltung und Erneuerung investiert. Kollege Schweisgut hat es gerade erwähnt: In den letzten Jah­ren, seit der Ausgliederung, sind es rund 11 Millionen € gewesen, die in die Hofreit­schule und das Gestüt Piber geflossen sind. Sogar der Mitarbeiterstand wurde in die­sen Jahren leicht erhöht. Daraus erkennen Sie, dass uns dieses kulturelle Erbe sehr viel wert ist.

Durch die Errichtung eines neuen Sommerquartiers für die Hofreitschule wird die Ge­sellschaft weiter gestärkt und nicht geschwächt. Damit wird auch der Standort Piber – und das ist jetzt schon mehrmals klargestellt worden – keineswegs in Frage gestellt, das Gestüt ist und bleibt unbestrittener Zuchtstandort für die Lipizzaner. Eine Pferde­zucht im niederösterreichischen Wetzdorf wäre gar nicht möglich; es hat diese Gegend beispielsweise keine Alm, für ein Sommerquartier ist das aber ein unbedingtes Erfor­dernis. Das war also wirklich reine Panikmache seitens der SPÖ. Viele andere Bundes-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 82

länder wären stolz, wenn sie so einen Betrieb hätten, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP.)

Kurzfristig war auf Grund der vielen Investitionen, die auch deswegen notwendig wa­ren, weil die SPÖ-Kanzler seinerzeit zu wenig für die Lipizzanerzucht getan haben, keine ausgeglichene Gebarung möglich. Aber langfristig wollen wir genau dorthin ge­langen. Deshalb wird jetzt auch noch in Marketing und in die touristische Infrastruktur investiert, damit daraus ein Leitbetrieb für die Steiermark wird. Dass so ein Leitbetrieb für Österreich möglich ist, das zeigt uns Kollege Schweisgut mit seinem Betrieb in Ebbs in Tirol. Dort hat er mit seinem Haflingergestüt wirklich einen Paradebetrieb, eben einen Tourismusbetrieb mit rund 100 000 Besuchern jährlich.

Das muss im Gestüt Piber ebenfalls gelingen, und das wird auch der Weg sein. Wir verlangen nur den privatwirtschaftlichen, effizienten Umgang mit diesen Mitteln – das ist notwendig –, und daher war auch die Ausgliederung völlig richtig. Wie schon Kol­lege Schweisgut gesagt hat, braucht auch die übrige Pferdezucht in Österreich dieses Aushängeschild der Lipizzaner, diesen „Traum in Weiß“, wie sie von den Pferdeliebha­bern genannt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreichs Pferdezucht ist vielfältig und muss auch in ihrer Vielfalt erhalten bleiben. Darum darf auch ich als begeisterter Pferdezüchter dich, Herr Minister, weiterhin um diese umfassende Unterstützung aller Pferdefreunde Österreichs bitten, samt Lipizzanerzucht! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1306 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 174.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1307 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

12.37.346. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1271 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbrau­cherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifi­kategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umwelt­rechtsanpassungsgesetz 2005) (1317 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 637/A (E) der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket zur Senkung der Stickoxid-Emissionen (NOx) (1318 d.B.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 83

8. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 609/A (E) der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen Nationalen Notfalls­plan zur Erreichung des Kyoto-Ziels (1319 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen damit zu den Punkten 6 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur Debatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.38.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geschichte des Feinstaubes war von Ihrer Seite her, Herr Minister Pröll, dadurch geprägt, dass Sie am Anfang noch gemeint haben, die Länder seien jetzt dran, und sich zurückgelehnt haben. Dann hat es zu Recht einen Aufschrei gegeben, dass sich ein Umweltminister natürlich auch um dieses Problem kümmern muss. Daraufhin haben Sie sich mit den Vertretern der Länder getroffen, und es hat im Ansatz so ausgesehen, als ob es jetzt wirklich zu einer vernünftigen, kon­struktiven Politik auf allen Ebenen kommen würde. Es war auch ausgemacht, dass diese Novelle gemeinsam mit den Ländern erstellt wird.

Aber was geschah dann? – Sie haben den Termin abgesagt, keinen weiteren Termin gegeben und vollkommen im Alleingang die IG-L-Novelle ins Haus gebracht, ohne sie mit den Ländern zu akkordieren. Die Länderkammer hat natürlich Einspruch gegen die­ses Gesetz erhoben und Ihnen noch einmal die Möglichkeit gegeben, diese falsche Politik, dieses Nicht-tätig-Werden gegen den Feinstaub, zu überdenken. Aber Sie nützen leider auch diese Chance wieder nicht.

Die Länder sind bereit, Verantwortung zu tragen, sind bereit, Maßnahmen zu setzen, auch unpopuläre Maßnahmen zu setzen. Das lässt sich bei allen Bundesländern fest­stellen, die einen sind ein wenig ambitionierter, die anderen setzen in gewissen Berei­chen einen Schwerpunkt, aber durch die Bank, Kollege Kopf, werden auch in Vorarl­berg – das stehe ich nicht an, zu sagen – Maßnahmen gesetzt und wird das Mögliche getan.

Was Sie nun machen, Herr Minister, ist, dass Sie den Ländern in Wahrheit in den Rücken fallen. Anstatt ihnen ein vernünftiges Werkzeug oder ein noch besseres Werk­zeug zu geben, als sie jetzt bereits haben, nehmen Sie ihnen teilweise das Werkzeug wieder weg und schränken ihre Möglichkeiten ein, gegen den Feinstaub aktiv vorzuge­hen.

Die spärlichen Maßnahmen auf Bundesebene, die es gibt, die wir auch gefordert ha­ben, sind halt auch nur sehr, sehr stumpf. Wir haben Ihnen bereits in der Parlaments­debatte über die Dieselpartikelfilterförderung, über die Spreizung der NoVA für Neuwä­gen gesagt: Das wird nicht ausreichend sein, denn bei sehr vielen Modellen ist noch immer das Auto mit Partikelfilter trotz der Spreizung teurer, und viele schauen halt nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf den Preis. Wenn Sie unser Modell über­nommen hätten, wäre es relativ leicht gewesen, dafür zu sorgen, dass es auch ökono­misch vernünftig geworden wäre, die Umwelt zu schützen und ein Auto mit Dieselparti­kelfilter zu kaufen und nicht ohne. Dann wären jetzt nicht bescheidene 30 oder 33 Pro­zent der Neuwägen im Dieselsegment bereits mit Partikelfiltern ausgestattet, sondern wahrscheinlich bereits fast die doppelte Anzahl.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 84

Wenn Sie das mit den Zuwachsraten beim Katalysator vergleichen, dann sehen Sie, dass diese wesentlich größer waren, als das jetzt beim Dieselpartikelfilter der Fall ist. Vor allem: Wenn Sie die Junizahlen mit den Julizahlen vergleichen, werden Sie mer­ken, dass Ihre Maßnahme sehr, sehr wenig oder zumindest viel weniger gebracht hat, als sie hätte bringen können. Auch andere Vorschläge wie beispielsweise die Winter­reifenpflicht und eine Reihe anderer Maßnahmen und Vorschläge sind von Ihnen ein­fach negiert worden.

Sie tragen die politische Verantwortung dafür, dass die Länder nicht effektiv gegen das Problem vorgehen können und dass wir nächstes Jahr genauso wie heuer ein Fein­staubproblem haben werden und wahrscheinlich auch im Jahr darauf, weil Sie selbst auf Bundesebene keine vernünftigen Maßnahmen setzen oder zumindest keine Maß­nahmen, die erfolgreich wären, und weil Sie die Länder in Wahrheit behindern und ihnen das Werkzeug wegnehmen.

Wenn Sie Politik machen, ist Ihnen offensichtlich nicht wesentlich, dass Kinder oder ältere Menschen unter dem Feinstaub leiden und wie es denen geht. Nicht die haben Sie im Auge, wenn Sie Politik machen, sondern Ihre Klientel. Da sieht man halt, dass für den Umweltsprecher der ÖVP – im Zivilberuf Wirtschaftsbundgeneral – die Wirt­schaft wichtiger ist. Und Sie selbst sind ja nur ehrenhalber oder nebenberuflich Um­weltminister, denn eigentlich und im Hauptberuf sind Sie Landwirtschaftsminister. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nebenerwerbs-Umweltminister!) Auch diese Klientel ver­suchen Sie zu schützen. Nicht amtsführender Umweltminister – es gibt ja viele Titel, die er sich in diesem Bereich bereits erworben hat, die durchaus treffend sind.

Stattdessen betreiben Sie reine Klientelpolitik und schützen die Landwirtschaft davor, auch nur irgendeine Maßnahme zu setzen. Da kann die Belastung so hoch sein, wie sie will, der Traktor ohne Dieselpartikelfilter darf immer fahren. (Abg. Hornek: So ein Unsinn!)

Das ist eine Politik, die sich Österreich nicht verdient hat. Auch auf diesem Gebiet be­darf es eines Kurswechsels, damit wieder Umweltpolitik gemacht wird und nicht bloß PR- und Klientelpolitik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Kopf zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.43.53

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Krainer (Abg. Hornek: Viel warme Luft war das! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das war sehr sachlich!), man kann jede Berücksichti­gung von legitimen Interessen einer Gruppe, einer größeren, einer kleineren, woher auch immer sie kommen mag, immer als Klientelpolitik abtun. Man kann das, wenn man konstruktiv oder positiv auf das Thema zugeht, natürlich genauso gut als notwen­dige Berücksichtigung von Interessen bezeichnen. Es bleibt Ihnen überlassen, das zu bewerten. Ich gehe einmal davon aus, dass es unserem Herrn Minister – und ich habe keinerlei Veranlassung, etwas anderes zu sehen und wahrzunehmen – sehr gut ge­lingt, die Notwendigkeiten der Umweltpolitik auch mit den notwendigen Rücksichtnah­men zu verbinden.

Schaut man sich die Fakten an, ist es einigermaßen erstaunlich, dass man sich bei diesem Thema getraut, von einer Nichtwirksamkeit der Umweltpolitik zu sprechen: Die Feinstaubemissionen – die Immissionsmessung heutiger Art gibt es ja noch nicht so lange – sind seit dem Jahre 1990 gleich geblieben! Im gleichen Zeitraum hatten wir ganz grob geschätzt ein 40-prozentiges Wachstum. Da kann man sich einmal ausrech-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 85

nen, was wir an relativer Senkung der Einzelemissionen bei den einzelnen Anlagen, Betriebsanlagen und Fahrzeugen in der Zwischenzeit, in diesen 15 Jahren erreicht haben, Herr Kollege Krainer. Sie wollen das allerdings nicht wahrhaben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Das stimmt doch alles nicht!)

Ich verstehe schon, dass der Opposition jede positive Nachricht unangenehm ist. Aber das, was ich Ihnen jetzt gerade gesagt habe, ist ein Faktum. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Krainer sowie Gegenrufe bei der ÖVP.) Dennoch, meine Damen und Herren, ist Feinstaub eine Ursache beziehungsweise mit eine Ursache für Dinge, unter denen Menschen zu leiden haben: Husten, Asthma, bis hin zum Lungenkrebs und Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen. Das haben wir mit aller Kraft zu bekämpfen – ja, selbstverständlich! Reden Sie aber das, was in der Vergangenheit an Positivem geschehen ist, nicht klein!

Jetzt kümmern wir uns um die Zukunft. Bei der Beurteilung dieses Gesetzes bitte ich schon um ein bisschen mehr Redlichkeit und um ein bisschen mehr Differenzierung. Uns ist es gelungen – und das ist Bundeszuständigkeit –, die Grundbelastung mit Fein­staub bei den Emittenten ganz signifikant zu senken.

Klar ist aber auch: Im Zusammenhang mit dem allerdings, worunter die Menschen be­sonders leiden, was in der öffentlichen Diskussion besonders dominiert und in der Dar­stellung permanent vorkommt, nämlich den Spitzenbelastungen – das ist allerdings auch witterungsbedingt, erst kürzlich, und zwar im Jänner, hatten wir wieder die Situa­tion, dass die Belastung im negativen Sinne noch begünstigt wurde – haben die Länder sehr massiv darauf gepocht, ihre Eigenständigkeit zu behalten. Das macht auch Sinn, denn diese Spitzenbelastungen treten regional unterschiedlich auf und sind daher auch regional mit unterschiedlichen Maßnahmen zu bekämpfen. Das macht Sinn!

Wir waren in den letzten 15 Jahren also sehr erfolgreich in der Grundbelastungsbe­kämpfung, aber manche Länder – weil Sie das gerade vorher angesprochen haben, Kollege Krainer – fallen bei der Umsetzung und Nützung der Möglichkeiten, die sie heute schon hätten, ganz ordentlich auf die Nase. Sie fordern jetzt noch weitere Mög­lichkeiten. – Ich weiß nicht, ob das gut wäre. Wenn man beispielsweise Frau Sima in Wien noch weitere Instrumente und Möglichkeiten in die Hand gibt, obwohl sie schon mit denen nicht umgehen kann, die sie heute hätte, wird mir angst und bange. Andere Länder können damit gut umgehen, aber Frau Sima in Wien sollte man, so meine ich, manchmal vor sich selbst schützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Darum meine ich: Dieses Gesetz gibt den Ländern die notwendigen Instrumentarien und Möglichkeiten in die Hand, bei auftretenden Spitzenbelastungen Sofortmaßnah­men zu ergreifen. Als jemanden aus der Wiener SPÖ würde ich Sie aber dringend bitten, Ihre Stadträtin an der Hand zu nehmen und zu schauen, dass sie nicht mehr solche Bauchflecke produziert, wie sie mit Tempo 50 in Wien einen produziert hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ledolter: Genau das ist es!)

12.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.48.52

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kopf, ich entnehme Ihren Ausführungen, dass Sie im Gegensatz zur Wiener ÖVP, die Tempo 50 massiv bekämpft hat, ein Befürworter von Tempo 50 sind und die Stadträtin in ihrer Vorgangs­weise eigentlich unterstützen. (Abg. Kopf: Haben Sie mir nicht zugehört?) Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann finde ich Ihr Agieren hier höchst unredlich, weil nämlich die eigene Stadtpartei eine massive Kampagne gegen diese Maßnahme führt, die zwar


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 86

unbestritten unpopulär ist, allerdings sehr wohl wirksam wäre. Ich verstehe die Logik nicht und ich finde es höchst unredlich, in einer so ernsten Sache so zu polemisieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Bravo Kopf!)

Nur weil man an einer anderen Partei etwas zu kritisieren hat, braucht man es noch lange nicht auf diesem Niveau zu tun. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt zum so genannten Fortschritt: Kollege Kopf hat vom Fortschritt geredet. Ich zeige Ihnen das einmal. (Die Rednerin hält eine Tafel in die Höhe.) Kollege Kopf hat davon gesprochen, dass es dem Bund gelungen sei, die langfristige Belastung, die Grundbe­lastung zu senken. (Abg. Kopf: Relativ!) Das ist die aktuelle Auswertung, die wir nach UBA-Daten – Umweltbundesamtsdaten – angefertigt haben. Sie können hier sehr gut die Entwicklung sehen: Die grauen Gebiete sind die Gebiete, die 2004 Sanierungsge­biete waren, und die orangen sind in den letzten beiden Jahren dazugekommen. Das ist nicht die Spitzenbelastung, sondern das ist eine Ausweitung der Grundbelastung über das ganze Jahre hinweg, die massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Ös­terreicherinnen und Österreicher in diesen Gebieten hat. Es gab im Raum Wien eine sehr deutliche Ausweitung, in der Steiermark und in Oberösterreich eine große Auswei­tung. – Wenn das so weitergeht, und das schreibt auch das Umweltbundesamt im Statusbericht, wird es entlang aller Autobahnen Sanierungszustand und natürlich auch in Tirol eine dramatische Entwicklung geben.

Also wenn Sie sagen, das sei eine Leistung – und das haben wir allein in den letzten zwei Jahren zustande gebracht –, dann sage ich: Gratuliere! Also, das ist keine Fein­staubbekämpfung, wie wir sie uns vorstellen.

Jetzt zum Gesetz. Ich meine: Ihnen ist in Sachen Feinstaub einfach wirklich nicht zu helfen. Ich denke, wir waren sehr kooperativ und haben über 30 Vorschläge gemacht, was man auch auf Bundesebene tun könnte. (Abg. Neudeck: Da haben Sie viel Staub aufgewirbelt mit diesen Vorschlägen!) Feinstaubbekämpfung ist komplex, und man braucht dazu eine Basis, die sich Kooperation mit den Bundesländern nennt. Man ist jedoch mit der Brechstange gegen diejenigen vorgegangen, mit denen man eigentlich zusammenarbeiten muss – und das, so denke ich, erwartet auch die Bevölkerung bei der Bekämpfung von Feinstaub, nämlich Zusammenarbeit und dass nicht mit der Brechstange gegen die Bundesländer vorgegangen wird –, hat sie einfach überstimmt, ihre Einwände überhaupt nicht ernst genommen, hat die Einwände von acht Bundes­ländern nicht ernst genommen. (Abg. Wittauer: Weil die äußerst fadenscheinig waren!)

Das ist das Gegenteil von Problemlösung und vor allem auch das Gegenteil des Wil­lens, Probleme zu lösen. Offensichtlich wollen Sie diese nicht lösen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Zuerst haben Sie gesagt, dass man nicht streiten soll, und jetzt machen Sie es selber nicht besser!)

Als wollte Ihnen das Wetter noch einmal zeigen, was es bedeutet, wenn die Wetter­situation schlecht ist, haben wir bereits mit Ende Jänner dieses Jahres das gesamte Kontingent an möglicher Feinstaubbelastung nach EU-Recht ausgeschöpft. Das war Ende Jänner! Letztes Jahr war es erst im zweiten Quartal des Jahres ausgeschöpft. Wir haben teilweise Grenzwertüberschreitungen nicht nur um das Doppelte, sondern um das Dreifache und um das Vierfache! – Jetzt blättern Sie alle völlig uninteressiert in Ihren Unterlagen, aber ich denke, die Menschen, die das betrifft, sind alles andere als uninteressiert an der Gesundheit, vor allem an der eigenen und der ihrer Kinder. (Bei­fall bei den Grünen.)

Kollege Kopf ist jetzt gerade auch sehr beschäftigt und hört mir nicht mehr zu. – Diese dramatische Entwicklung heuer nicht ernst zu nehmen und jetzt wie zum Trotz noch einmal dasselbe Gesetz mit denselben Schwächen zu beschließen, obwohl acht Bun­desländer gesagt haben, dass sie das in ihrer Bekämpfung des Feinstaubs behindert,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 87

kann ich nur als stur bezeichnen, als ausgesprochen stur und in keiner Weise problem­lösungskompetent, ja man scheint nicht einmal gewillt, die Probleme zu lösen. Die Kritikpunkte liegen ja am Tisch.

Warum hat der Verkehrsminister ein Einspruchsrecht bei Tempobeschränkungen nach drei Monaten? (Abg. Wittauer: Er ist einfach die übergeordnete Behörde!) Das ist ab­solut unsinnig! Keine Tempobeschränkung wird aus Jux und Tollerei verhängt, kein Landesrat macht das aus Willkür, jeder Landesrat wird das ausführlich begründen. Es gibt auch eine Verordnungsbegründungpflicht, falls Sie das nicht wissen. Das macht man also nicht zum Spaß. Vor allem sind das auch nicht sehr populäre Maßnahmen. Dort, wo man das gemacht hat – siehe Tauern Autobahn –, hat es auch deutliche Reduktionen – minus 10 Prozent Feinstaub – gegeben.

Der zweite Punkt: Es ist eine EU-Widrigkeit. Nachdem unser Landwirtschaftsminister in der letzten Debatte einen Brief, den die Bergbauernvereinigung an die Kommission ge­schrieben hat, als so entsetzlich bezeichnet hat, dass er in diesem Bereich nichts mehr machen könne, frage ich mich, wie er mit glatter EU-Widrigkeit im Bereich Luftreinhal­tung umgeht. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Auch Umweltminister!)

Die EU-Richtlinie schreibt ganz klar vorbeugenden Gesundheitsschutz vor. Bereits bei Gefahr von Grenzwertüberschreitungen müssen vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden. Das findet sich im Gesetz nirgendwo, und das ist EU-rechtswidrig. Wir haben hierzu ein Verfahren bei der Kommission, die unseren Rechtsstandpunkt grundsätzlich teilt, angeregt. Da würde ich mir also einfach denselben Maßstab wünschen, den sie bei der Bergbauernvereinigung angelegt haben. (Beifall bei den Grünen.)

Der dritte Punkt: Anlagengenehmigung in Spielberg; „Lex Spielberg“ haben wir das Ge­setz auch genannt. Großprojekte, die mit massiven Luftbelastungen einhergehen, konnten bis jetzt nicht genehmigt werden, wenn bestimmte Grenzwerte gesundheitsge­fährdend sind. Mit der Novelle können Sie jetzt selbst Grenzwertüberschreitungen bei Großprojekten zulassen, die gesundheitsgefährdend sind, wenn im Gegenzug dazu in Aussicht gestellt wird, mittelfristig eine andere Kompensationsmaßnahme zu setzen. Ich denke, das ist nicht das, was die Leute in den belasteten Gebieten hören wollen.

Als letzten Punkt noch: Es ist mir völlig unverständlich, warum Sie die Maßnahmen, die letztes Jahr gesetzt worden sind, so loben. Das waren Tropfen auf den heißen Stein. Wenn Sie mit dem Tempo bei den Partikelfiltern weitermachen, dann brauchen wir hochgerechnet 15, 18, 20 Jahre, um eine flächendeckende Umrüstung mit Partikelfil­tern zu erreichen. Mindestens! Warum man sich gegen eine Winterreifenpflicht aus­spricht, verstehe ich auch nicht. Ich denke, es ist unsinnig, es ist gefährlich und es bringt überhaupt nichts, bei Schnee ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das hat nichts mit Feinstaub zu tun!) – Ja doch! Das hat deswegen etwas mit Feinstaub zu tun, weil eines der großen Probleme Streusplitt ist, falls Ihnen der Zusammenhang noch nicht ganz klar ist, und es bei einer generellen Winterreifenpflicht auch zu Einschränkungen bei der Ausbringung von Streusplitt kommen kann. (Abg. Wittauer: Deswegen wird dann auch nicht weniger gestreut!) Das wäre also eine der sinnvollen Maßnahmen, und es gibt kein vernünftiges Argument, das nicht zu tun. Außerdem ist es auch sehr viel sicherer. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Kopf zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. 2 Minuten.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 88

12.55.39

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Glawischnig hat vorhin hier gesagt, ich würde meinen Wiener Partei­freunden in den Rücken fallen und etwas anderes als sie vertreten.

Ich stelle richtig beziehungsweise bestätige das, was ich vorhin wirklich gesagt habe, nämlich dass ich diese Maßnahme, die Umsetzung dieser Maßnahme in Wien für falsch halte.

Frau Kollegin, ich habe vorhin etwas gesucht in den Unterlagen und habe es gefunden. Die „Rathauskorrespondenz“ hat die Wiener Grünen in diesem ganzen Zusammen­hang als „unseriös“ bezeichnet. Sie verunsichere die Bevölkerung bei diesem Thema aus wahltaktischen Gründen. Das trifft das Ganze wohl am ehesten. (Abg. Schieder: Ist das eine tatsächliche Berichtigung? – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Ruf bei der ÖVP: Das ist die Wahrheit!)

12.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kopf, ich brauche Ihnen wahrscheinlich jetzt nicht gesondert zu erklären, dass das keine tatsächliche Berichti­gung war.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass das jetzt innerhalb der letzten zwei Stunden die fünfte oder sechste tatsächliche Berichtigung quer durch alle Fraktionen ist, die keine tatsächliche Berichtigung war. Ich möchte Sie alle dringend auffordern, wieder zur Geschäftsordnung zurückzufinden!

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


12.56.59

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Glawischnig, ich war schon sehr überrascht, als Sie sagten, dass gemäß der Karte, die Sie uns gezeigt haben, in Oberösterreich eine sehr große Belastung herrscht. Sie wissen aber schon, dass dort einer Ihrer Par­teikollegen Landesrat für Umweltfragen ist. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Deswegen ist es ja so! – Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist der Grund!) – Das ist der Grund.

Ihnen ist es auch offensichtlich egal, wenn Ihr Landesrat sagt, dass das Maßnahmen­programm in Oberösterreich halt erst 2007 Verbesserungen erwarten lässt. Wenn das, was die Bundesregierung macht, die vielen Maßnahmen, die getroffen werden, nicht sofort greifen, dann hat die Bundesregierung Schuld. Wenn Ihr Landesrat sagt, na ja, im Jahre 2007 wird es einmal Verbesserungen geben, dann ist alles rechtens, dann ist alles okay. – Sie messen da mit zweierlei Maß, Frau Kollegin, und das ist nicht richtig und nicht im Sinne der Menschen, die wirklich unter der Feinstaubbelastung leiden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Kollegin Glawischnig, Sie dürften da überhaupt auch eine etwas unterschiedliche Auffassung haben. Es ist auch sicher ein Unterschied, ob man Verantwortung über­nehmen muss, so wie Ihr Landesrat in Oberösterreich, der übrigens auch sagt, dass er nichts von Tempolimits hält, weil das anscheinend zum Beispiel in Oberösterreich nichts bringt.

Bleiben Sie also auf dem Boden der Tatsachen, dass, wenn irgendwo Verantwortung übernommen werden muss, konkrete Maßnahmen auch eine Zeit lang brauchen, bis sie wirklich greifen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: 20 Jahre sind schon ein biss­chen sehr lang!) Wir würden uns alle wünschen, dass das schneller geht. Ich würde Sie aber schon bitten, dass Sie aufhören mit der Panikmache. Es geht doch darum,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 89

dass wir konkrete Maßnahmen auch konkret umsetzen können. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Welche denn?)

Ich finde es schon sehr komisch von Ihnen, dass Sie gerade dieses vorliegende Ge­setz blockiert haben, so lange blockiert haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der Bundesrat hat das blockiert!) – Das sind aber auch Ihre Parteikollegen, die das verhin­dert haben, die genau diese Möglichkeiten zur Feinstaubbekämpfung verhindert ha­ben, die mit dieser Gesetzesnovelle vorliegen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Auch Kärnten!)

Sie verhindern, dass gegen Ultrafeinstaub in Zukunft mehr Maßnahmen ergriffen wer­den können! Sie verhindern durch ihre Blockade, dass die Anzahl der Tage mit Grenz­wertüberschreitungen begrenzt wird. Sie verhindern durch ihre Blockade, dass ein Verbot von Ausnahmen bei der Verbrennung biogener Materialien erlassen wird. Das hätte schon viel früher in Kraft treten können, hätten Ihre Parteikollegen das nicht im Bundesrat verhindert, und Sie haben es ja vorhin begrüßt, dass das Ganze verhindert worden ist.

Fordern Sie die Regierung nicht auf, Maßnahmen zu ergreifen, wenn Sie sie dann im Nachhinein blockieren! Da verstehe ich Ihre „Logik“ überhaupt nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wir versuchen, Blo­ckaden zu verhindern!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Feinstaub hat viele Verursacher, und es ist wich­tig, dass man an verschiedenen Rädchen dreht und verschiedene Maßnahmen er­greift. Ich möchte schon auch folgenden Punkt noch in meinem Debattenbeitrag ein­bringen, auch wenn die Frau Kollegin Glawischnig das in ihren Aussendungen als zynisch bezeichnet. Es ist dennoch so, dass Zigarettenrauch einen massiven Einfluss auf die Feinstaubbildung hat und dass drei Zigaretten, hintereinander geraucht, mehr als das Achtfache an Feinstaub verursachen wie ein Auto, das eine halbe Stunde läuft, wenn es ein Dieselfahrzeug ist.

Also man muss mehrere Maßnahmen berücksichtigen, und eine ganz wichtige Maß­nahme wurde von Experten im Bereich des Verkehrs aufgezeigt, nämlich dass man den Verkehrsfluss fördert. Genau auch das ist in dieser Gesetzesnovelle vorgesehen. Es sollen immissionsabhängige Messungen durchgeführt und der Verkehr durch Ver­kehrsbeeinflussungsanlagen entsprechend gesteuert werden, wodurch ebenfalls Fein­staub verhindert werden kann. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Und was machen Sie? – Sie verhindern das (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Gott sei Dank!), indem Sie dieses Gesetz monatelang, wochenlang blockieren.

Abschließend kann ich nur sagen: Im Gegensatz zu Ihnen, zu Rot und zu Grün, ist uns der Umweltschutz und die Gesundheit wirklich ein Anliegen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Für uns ist es ganz wichtig, dass dieses Gesetz heute beschlossen wird und so schnell wie möglich in Kraft treten kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie haben es noch nie ge­lesen!)

13.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


13.01.29

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zur Frage Umweltrechtsanpassungsgesetz sind jetzt bei allen Debattenbeiträgen natürlich auch die Fragen Immissionsschutzgesetz-Luft und Fein-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 90

staub releviert worden, aber ich weise darauf hin, dass wir in diesem Gesetzespaket mehrere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und auch für die Gesundheit der Men­schen gemeinsam beschließen.

Dazu gehört das Abfallwirtschaftsgesetz, in dem wir die Eckpunkte für die Sicherstel­lung bei Deponien regeln und in der Frage des Umgebungslärms Akzente setzen. Das Personenkraftwagen-Verbrauchsinformationsgesetz ist das zweite Thema, in dem wir mehr und intensiv, auch moderne Medien nutzend, die Menschen informieren wollen, was die Fragen PKW und die Information um den PKW-Kauf betrifft. Weiters geht es um Änderungen im Emissionszertifikategesetz und im Immissionsschutzgesetz-Luft.

Was mir Leid tut, ist – auch in der Debatte gerade jetzt angesprochen – eine parteipoli­tisch motivierte Blockadepolitik im Bundesrat (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aber geh! Das ist keine parteipolitische Blockade!), ohne die die Gesundheit der Menschen schon früher hätte noch besser geschützt werden können, als das nun durch diese Blockadepolitik möglich ist. (Abg. Schieder: Das war ein demokratischer Einspruch!) Wir haben das Gesetz hier bereits diskutiert und haben heute zum zweiten Mal die Möglichkeit. (Abg. Schieder: Ein demokratischer Einspruch ist doch keine Blockade, Herr Minister!) – Ich weiß das schon, ich habe von parteipolitischer Blockadepolitik ge­sprochen (Abg. Schieder: Das macht es nicht besser!), und das ist der Punkt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wenn Ihnen etwas nicht passt, ist es parteipolitisch!) Sie müssen auch nicht nervös werden, wenn es um die Gesundheit und den Umweltschutz geht, ich sage Ihnen nur, wir könnten schon wesentlich weiter sein, wenn Rot und Grün nicht die entsprechenden Blockademaßnahmen im Bundesrat gesetzt hätten.

Zu den Daten und Fakten in der Frage des Feinstaubes – auch das ist angeklungen –: Wir haben, was die Emissionen beim Feinstaub betrifft, auch durch die Inventur, die das UBA gemacht hat, nachgewiesen, dass zwischen 1990 und dem Jahr 2005 keine Steigerung der Emissionen stattgefunden hat. Es waren gleich bleibend knapp über 46 000 Tonnen pro Jahr. Bei großem, starkem Wirtschaftswachstum und bei leider auch stark steigendem Verkehrsaufkommen konnten wir die Emissionen beim Fein­staub stabil halten.

Wir haben – und das ist der zweite Teil der Inventur, um auch das auf den Tisch zu le­gen – zum Beispiel im Bereich Quecksilber- über minus 50 Prozent, bei Blei- minus 94 Prozent, bei Schwefeldioxidemissionen minus 60 Prozent. Das sind alles Daten und Fakten, die sich sehen lassen können, aber es ist unsere Verantwortung, gemeinsam entsprechend weiter voranzugehen und jetzt mit dieser Vorlage zum IG-Luft gemeinsam mit den Bundesländern konsequent alles zu tun, um das Feinstaubproblem zurückzuschrauben.

Ich habe hier eine Aussendung von der Frau Abgeordneten Glawischnig: Luftbelastete Gebiete haben massiv zugenommen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Richtig!) ÖVP und BZÖ wollen unwirksames Feinstaubgesetz heute trotzdem beschließen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Richtig!) – Ich sage, genau deswegen wollen wir es be­schließen. Wir wollen ein wirksames Feinstaubgesetz genau heute beschließen, um dieses Problem in den belasteten Gebieten in den Griff zu bekommen. (Abg. Krainer: Acht Umweltlandesräte sagen, dass das neue Gesetz sie mehr einschränkt als das alte!) Und Sie kritisieren dann in der Aussendung, Frau Abgeordnete Glawischnig, wie ich da lese, dass zukünftig in belasteten Gebieten die einzelnen Projekte nicht mehr genehmigt werden könnten.

Natürlich hat es den Sinn, die Gebiete auszuweisen auf Basis von Datenmaterial der Bundesländer und dort dann auch im UVP-Verfahren und allen anderen Verfahren in diesen belasteten Gebieten mit besonderer Sorgfalt an die Projektbewilligungen heran­zugehen. Das ist doch etwas Positives, klar aufgezeigt, und wir tun mit dem IG-Luft


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 91

alles, um das Problem gemeinsam mit den Bundesländern in den Griff zu bekommen. (Abg. Krainer: Acht Bundesländer sagen, das neue Gesetz ist schlechter als das alte!)

Ich sage Ihnen auch, ich lasse mir die Länder und den Bund nicht auseinander dividie­ren. Wir hatten eine sehr, sehr gute Diskussion mit den Verantwortungsträgern in den Ländern in der Umweltreferentensitzung letztes Jahr. Wir haben uns vorgenommen, diesbezüglich gemeinsam vorzugehen. Ich kann aber nichts dafür, wenn in einzelnen Bundesländern sehr engagierte UmweltpolitikerInnen in der Umsetzung an ihren Ver­kehrslandesräten oder Planungslandesräten scheitern. (Abg. Krainer: Acht Bundeslän­der sagen, das neue Gesetz schränkt sie ein!) Das ist nicht das Problem der IG-Luft-Novelle des Bundes und auch nicht das Problem des Bundesministers, sondern da ist Arbeit vor Ort in der konkreten Umsetzung zu leisten.

Der zweite Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir haben im letzten Jahr auch schon Maßnahmen in drei Bereichen gesetzt, die ich ansprechen will. Sie haben die Landwirtschaft als Emittentenquelle genannt. Wir haben im Umweltprogramm, auch jetzt neu zwischen 2007 und 2013, ganz klare Signale, um die aus der Landwirtschaft kommende Feinstaubbelastung zu reduzieren. Das ist ein Teil auch der Planungsperi­ode neu.

Wir werden in der EU-Präsidentschaft in den nächsten Wochen und Monaten sehr in­tensiv an der Strategie für saubere Luft gemeinsam mit den europäischen Ländern arbeiten. Feinstaub ist nicht nur ein nationales Problem, sondern muss europäisch gesehen werden. Wir wollen Euro 5 als neue Abgaswerte so weit vorbereiten, dass dann bald auch unter finnischer Präsidentschaft eine Entscheidung fallen kann.

Wir haben mit dem schwefelfreien Treibstoff einen wesentlichen Beitrag geleistet. Wir haben mit dem Anreizsystem der NoVA – auch wenn Sie das kritisieren, die Daten zei­gen eindeutig den Trend – einen wesentlichen positiven Akzent gesetzt. Im Jänner des Jahres 2005 hatten wir bei der Neuanschaffung der „großen“ Diesel-PKW in Österreich nur 9 Prozent mit Dieselpartikelfiltern. Wir haben ein Jahr später mit dieser Maßnahme der NoVA-Spreizung, die wir hier auch beschlossen haben, bereits 35 Prozent der neu zugelassenen „großen“ PKW im Dieselbereich mit Dieselpartikelfiltern ausgerüstet. Eine gute Entwicklung, die sich fortsetzen und dazu beitragen wird, auch in den urba­nen Bereichen einen Akzent zu setzen. Wir haben weiters 7,5 Millionen € für die In­dustrie und für die Anlagenbetreiber für Umweltförderungen und für Filtermaßnahmen zur Verfügung gestellt, um Feinstaub zu reduzieren.

Die Maßnahmen werden greifen – gemeinsam mit den Bundesländern. Ich halte nichts vom Auseinanderdividieren. Die Bundesländer haben auch schon gehandelt. Wir sind auf einem guten Weg, und diese Gesetzesnovelle (Abg. Krainer: Liefert keinen Bei­trag!) wird einen wesentlichen Beitrag, Herr Abgeordneter Krainer, auf diesem erfolg­reichen Weg für die Zukunft leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Krainer: Es schränkt die Bundesländer ein! Das sagen die Län­der selber!)

13.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. Ich erteile es ihr.

 


13.08.00

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es gab schon etwas Innovatives in der Debatte, wie ich finde, nämlich die Offenbarung des Herrn Kollegen Kopf, was das neue Regierungsmotto betrifft. Offen­sichtlich hat „speed kills“ ausgedient, und das neue Motto dürfte „Stillstand ist Fort­schritt“ sein, denn wie sonst können Sie zu verkaufen versuchen, dass in acht Jahren


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 92

nicht weniger Feinstaub, sondern Stillstand beim Feinstaub schon ein Erfolg wäre? Also Ihre Definition von Erfolg wünsche ich niemand anderem sonst. Seien Sie mir nicht böse! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht wegzudiskutieren, dass das IG-Luft ein Verhinderungsgesetz ist (Abg. Krai­ner: Genau!), dass es wirkungsvolle Maßnahmen verhindert, die die Länder setzen könnten. Es verunmöglicht zum Beispiel, ein Fahrverbot für LKW mit Abgasstufe Euro 0 auszusprechen (Abg. Dr. Puswald – in Richtung des beim Präsidium stehen­den Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll –: Herr Bundesminister, würden Sie der Debatte folgen!), es sagt zum Beispiel, dass unbedingt die Zustimmung des Verkehrsministers gegeben sein muss, wenn man Geschwindigkeitsbeschränkungen macht, die mehr als 90 Tage gelten sollen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wenn es mehr als drei Monate sind!) – Ich habe übrigens 3 Minuten (da das Licht am Rednerpult blinkt), und das kann noch nicht blinken. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Stimmt alles.

 


Abgeordnete Petra Bayr (fortsetzend): Das freut mich ganz besonders. (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Drei Monate sind es!) – Ja, Herr Bundesminister, 90 Tage sind drei Monate, das ist vollkommen richtig nachgerechnet. Gratuliere! Nicht schlecht!

Verkehr ist natürlich zugegebenermaßen ein ganz wichtiger Faktor in der Frage der Feinstaubbelastung, nur denke ich mir, dass Verkehrsminister im Generellen und unserer mit dem Bleifuß im Speziellen nicht diejenigen sind, die dazu angetan sind, Umweltschutzmaßnahmen auf einmal zu reglementieren oder möglicherweise auch einzuschränken. Das kann es nicht sein.

Was mich auch – und nicht nur mich, sondern auch viele andere – wirklich giftet: Es werden nicht nur die Landwirtschaftsbetriebe und die landwirtschaftlichen Fahrzeuge ausgenommen, sondern auch der komplette Berufskraftverkehr, der komplette Waren­verkehr, wo Länder kaum noch irgendetwas machen können, kaum noch irgendwelche Handlungsmöglichkeiten haben. Eine AK-Studie, die Ihnen hoffentlich auch bekannt ist, zeigt auf, wie sehr da die Hände gebunden sind bei den Verkehren, auf die es wirklich ankommen könnte. Der Durchzugsverkehr zum Beispiel in Wien ist nicht das wahnsin­nige Problem, das wahnsinnige Problem ist der Binnenverkehr, ist das, was sich zum Beispiel bei Ladevorgängen abspielt, wo 57 Prozent der Emissionen auftreten.

Ich denke, dass eine weitere Novelle notwendig ist. Ich glaube, dass es Ausnahmebe­stimmungen für LKW einfach generell nicht geben darf. Ich glaube, dass der Einbau von Partikelfiltern in Off-Road-Kraftfahrzeugen ganz dringend notwendig ist. Es muss bundeseinheitliche Plaketten für Emissionsklassen aller Kraftfahrzeuge geben. Eine Pickerlprüfung auch für Bau- und Forstmaschinen ist dringend an der Zeit und mehr als notwendig. Der Ausbau der Bevorrangung von attraktiven öffentlichen Verkehrsmitteln wäre natürlich auch eine ganz wichtige Maßnahme. Dass wir da mit diesem Verkehrs­minister keinen Staat machen, ist evident und klar. Schade ist, dass Sie auch als Um­weltminister nicht viel dazu beizutragen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


13.11.08

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Frau Kollegin Bayr, wenn Sie es auch nicht wahrhaben wollen, in den letzten 15 Jahren haben wir ein 40-prozentiges Wirtschaftswachstum hingelegt, und wir können froh darüber sein, und da ist es natürlich ein Erfolg, wenn in diesem Vergleichszeitraum die Emissionen gleich geblieben sind gegenüber einem


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 93

40‑prozentigen Wirtschaftswachstum. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber genug der Schlechtredereien. Vor einigen Tagen hat uns wieder einmal eine sehr erfreuliche Meldung erreicht: Die Trendwende, meine Damen und Herren, beim Klima­schutz ist eingeleitet. Von 2003 auf 2004 ist erstmals seit 1990 ein struktureller Rück­gang der CO2-Emissionen um sage und schreibe 1,2 Millionen Tonnen zu verzeichnen.

Auch wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, es nicht glauben wollen oder, besser gesagt, aus wahltaktischen Gründen wahrscheinlich nicht hören wollen: Mit den Maßnahmen, die diese Regierung gesetzt hat, werden wir bis 2012 das Klima­schutzziel von minus 13 Prozent CO2-Ausstoß erreichen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Sie wollen die Wahrheit nicht hören!)

Wenn Sie es mir nicht glauben wollen, dann rufe ich die EU-Kommission als unpartei­ischen Zeugen an. Sie prognostiziert uns durch die hervorragende Umweltpolitik unse­res Ministers Sepp Pröll sogar eine Reduktion von 18 Prozent bis 2012. Dieser Rück­gang resultiert aus zwei wesentlichen Sektoren: Energieaufbringung und Raumwärme. Die Emissionen aus der öffentlichen Strom- und Wärmeproduktion sind im Jahresver­gleich um 4,6 Prozent gesunken. Bei der Raumwärme ist die Emission um 6,8 Prozent gesunken. Wesentliche Reduktionen der Treibhausgase seit 1990 weisen auch die Ab­fallwirtschaft mit 28,2 Prozent und die Landwirtschaft mit 13,8 Prozent auf. Rosen streut uns auch die Europäische Umweltagentur, welche festgestellt hat, dass Öster­reich einen der beiden ambitioniertesten Aktionspläne der EU-25 beschlossen hat.

Ein besonderes Vorzeigemodell in der Klimapolitik sind aber auch die Umweltförderun­gen im Inland. In der Verantwortlichkeit dieser Regierung wurden in den Jahren 2000 bis 2005 rund 5 400 Projekte mit 271 Millionen € gefördert. Diese 271 Millionen € zo­gen beinahe 1,4 Milliarden € an umweltrelevanten Investitionen nach sich. Und durch diese Investitionen wurden über 13 000 Arbeitsplätze geschaffen. Eine großartige Bi­lanz, die sich sehen lassen kann, wurde doch durch die Umsetzung dieser Projekte auch eine jährliche CO2-Emissionsreduktion von über 3,1 Millionen Tonnen CO2 er­reicht.

Mit dem Beschluss der 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern betreffend die ökologischen Mindeststandards als Voraussetzung für Wohnbauförderung wurde eine wirksame Maßnahme beschlossen, die uns einen großen Schritt weiterbringt in der Erreichung des Kyoto-Ziels. Hier gilt es besonders erneuerbare Energien zu forcieren. Wobei ich nicht ohne Stolz erwähnen möchte, dass gerade mein Heimatbundesland Vorarlberg in diesem Bereich einmal mehr die Vorreiterrolle einnimmt und sich einmal mehr als „supers“ Ländle präsentieren kann.

Mit dem Projekt der Substitutionsverpflichtung zur Beimischung von Biotreibstoffen hat sich Österreich europaweit einen Namen gemacht. Gilt derzeit eine Mindestbeimi­schungsmenge von 3 Prozent – ein Prozentsatz, den kein anderes Land in Europa er­reicht –, steigern wir ihn bis 2008 auf 5,75 Prozent.

Biomasse- und Biotreibstoff-Aktionsplan sind weitere wichtige Schritte zur Erreichung des Kyoto-Ziels nicht nur in Österreich, sondern in der EU. Ich gratuliere unserem Minister Sepp Pröll, der während des EU-Vorsitzes Österreichs den Biomasse-Aktions­plan ins Zentrum der Debatte rückt.

Ein Problem stellt ohne Frage noch der Straßenverkehr dar. Man muss aber auch fest­stellen, dass von den insgesamt 22,4 Millionen Tonnen CO2-Emission aus dem Ver­kehr rund ein Drittel dem Tank-Tourismus zuzurechnen ist. Dieser Tank-Tourismus verzerrt auch die Bilanz der NOx-Emissionen seit 1990. Hauptverursacher der NOx-Emission ist der Verkehr mit 59 Prozent. Berechnungen des Umweltbundesamtes


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 94

zeigen eine Reduktion des NOx-Ausstoßes von 221 000 Tonnen im Jahr 1990 bis auf 137 000 Tonnen im Jahr 2010, exklusive des Tanktourismus.

Auf Grund des Emissionshöchstmengengesetzes ist ab 2010 die Grenze von 103 000 Tonnen NOx pro Jahr einzuhalten. Wie im Emissionshöchstmengengesetz-Luft vorgesehen wird ein aktualisiertes nationales NOx-Maßnahmenprogramm erarbei­tet und Ende des Jahres der EU-Kommission vorgelegt. Der Reduktionsbedarf von 20 000 bis 30 000 Tonnen NOx muss und wird mit diesem Maßnahmenprogramm ab­gedeckt werden.

Der aktuelle Trend stimmt absolut optimistisch. Aber auch in Zukunft werden gemein­same Anstrengungen nötig sein, um das Kyoto-Ziel zu erreichen. Ich bin überzeugt, unser Minister Sepp Pröll ist der Mann, der hier den richtigen Kurs hält. Unterstützen wir ihn dabei! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Krainer: Wenn etwas nach oben geht, ist das ein schlechter Trend im Umweltbe­reich!)

13.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ich erteile es ihr.

 


13.16.25

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Ich entnehme der heuti­gen ORF-Online-Aussendung, dass Herr Umweltminister Josef Pröll darauf verweist, dass im Kampf gegen den Feinstaub die Bundesländer zuständig sind (Abg. Wittauer: Das stimmt ja!) und dass er insbesondere hervorhebt, dass in Graz oder in Wien mit verschiedenen Maßnahmen konsequent gearbeitet wird. Wir haben heute schon ganz etwas anderes gehört. Aber es scheint überhaupt so zu sein, dass es sehr verwirrend ist, was in dieser ÖVP-Regierung zum Thema Feinstaub gemacht wird.

Der Herr Bundesminister verweist darauf, dass die Länder mit dem IG-Luft die Kompe­tenz hätten, gleichzeitig wird heute ein Gesetz beschlossen, mit dem diese Kompetenz maßgeblich beschnitten wird und außerdem einem nicht zuständigen Minister eine doch sehr maßgebliche Verantwortung und Macht zugeschanzt wird. (Abg. Wittauer: Er ist eben für das hochrangige Straßennetz zuständig, Frau Kollegin!) Ausgerechnet dem Herrn „Minister 160 km/h“, geschätzter Herr Kollege.

Aber der Herr Minister sagt weiters, die regionalen Antworten könne er leider nicht ge­ben, weil die Belastung von Region zu Region und von Stadt zu Stadt völlig verschie­den sei, das hänge auch davon ab, ob Verkehr, Industrie oder Hausbrand die Problem­verursacher sind. (Abg. Kopf: Das ist gescheit! Da hat er Recht!) Da hat er Recht. Interessant ist allerdings, dass die Frau Gesundheitsministerin Rauch-Kallat heute, wiederum dem ORF gegenüber, gesagt hat, sie habe keine Zeit für ein kurzes Inter­view, weil „das Thema für uns derzeit nicht aktuell ist“.

Also was ist jetzt? – Der ressortzuständige Umweltminister sagt, man sei sehr am Arbeiten und man werde diesen Prozess intensiv fortführen (Abg. Hornek: Der eine ist da zuständig und der andere dort!), und die ressortzuständige Gesundheitsministerin, die immerhin für die Gesundheit der Menschen in diesem Land zuständig ist, sagt, wir haben überhaupt kein Problem mit diesem Thema, das ist derzeit für uns nicht aktuell. Das ist ein einziges Hin- und Herschieben von Verantwortung in dieser Regierung, gleichzeitig sollen wir jetzt diese Sammelnovelle beschließen, die sinnigerweise Um­weltrechtsanpassungsgesetz heißt. Das heißt wohl so viel, dass sie die Umwelt an die Untätigkeit des Ministers anpassen soll, weil weiterhin nichts geschieht beziehungs­weise viel zu spät etwas unternommen wird.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 95

Welche Untätigkeit wird dem Minister vorgeworfen? – Es gibt keine vorbeugenden Maßnahmen – das ist auch in der Begründung des Bundesrates als Grund angeführt –, es gibt keine Aktionspläne, die schon längst gemacht hätten werden müssen, und der Europäische Gerichtshof rügt die fehlende Umsetzung der Richtlinie 90/62. Es fehlen die Informationen über bereits erlassene Maßnahmen. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, wir haben es hier mit einem Gesetz zu tun, das eine Verschlechterung für die Umwelt bedeutet. Ganz abgesehen davon, dass wir noch gar nicht die Maßnahmen angesprochen haben, die der Herr Minister jetzt auch noch zitiert hat, nämlich im Ab­fallwirtschaftsgesetz, wo wir nichts anderes beschließen, als dass Bahnschwellen, die hoch belastet sind, nur dann zu entfernen sind, wenn sie nicht auf dem Grund des Herrn Kollegen Wittauer eingegraben sind. (Abg. Wittauer: Da mache ich eine tatsäch­liche Berichtigung, denn das ist eine Lüge! Das ist eine Lüge!)

Sie können eine Berichtigung machen, dann können wir endlich alles aufzählen, was in diesem Fall bereits geschehen ist. Wir können auch den Beseitigungsauftrag der BH Kufstein einholen. Der Verwaltungsgerichtshof hat geurteilt, dass das zu Recht erfolgt ist. Und jetzt wird darauf gewartet, wie dieses AWG heute geändert wird, damit Sie von dieser Beseitigungspflicht befreit sind. So sieht es mit der Umweltkompetenz dieser Regierung aus. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Das ist eine Lüge!)

13.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


13.20.40

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Ich sage es da noch einmal – Ordnungsruf hin oder her –: Das ist eine Lüge! Und wissen Sie, warum das eine Lüge ist? – Es gab nie ein Verfahren gegen meine Person wegen Schwellen. (Abg. Pfeffer: Das darf man nicht sagen! – Abg. Rest-Hinterseer: Ord­nungsruf!) Das ist so, das ist ein Fakt, und ich werde das auch beweisen. Es ist im Ausschuss schon gesagt worden: „Lex Wittauer“. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Herr Präsident!) Vorher hat ein Kollege von der ÖVP gesagt, ich müsse eine beson­dere Macht haben. Es wurde von Ihnen behauptet, dass gegen mich ein Verfahren wegen Beseitigung der Bahnschwellen laufe und dass deswegen dieses Gesetz ent­standen sei.

Es gab nie ein Verfahren gegen meine Person, sondern ich habe öffentlich gesagt, man solle nicht gegen kleine Häuselbauer und Bauern, die sich schwer wehren kön­nen, ein Verfahren einleiten, sondern man solle es gegen mich machen. Ich habe öf­fentlich kundgetan, dass ich Schwellen, Bahnschwellen für Koppeln von Pferden ver­wende. Es wurde gegen mich bis heute kein Verfahren eingeleitet, und ich habe auch gesagt, dass gerade in diesem Fall die Behörden Zurückhaltung üben und abwarten sollen, was auf nationaler Ebene geschieht.

Es ist eine Schweinerei und eine Sauerei, dass mir unterstellt wird, dass dieses Parla­ment ein Gesetz für Wittauer Klaus macht. (Abg. Hagenhofer: Was sind das für Worte hier?) Ja, weil es mich ärgert! Sie sagen immer: nicht auf diesem Niveau, wenn es um andere Parteien geht. Sie haben das schlechteste Niveau in diesem Haus! (Abg. Rest-Hinterseer: Das ist wirklich schlechtes Niveau!) Sie unterstellen permanent Men­schen etwas, was sie nicht tun, und das ist nicht gerecht und nicht fair, und Sie ma­chen es öffentlich und vor allem im Schutze Ihrer Immunität. (Abg. Brosz: Darf man in einer Rede dann alles sagen?)

Kommen wir wieder auf das Thema Feinstaub zurück. Landesrat Anschober hält von Fahrverboten und Tempolimits nichts, aber er hat gesagt: 30 Prozent des Feinstaubes


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 96

in Oberösterreich werden von außerhalb angeweht. Laut einer ÖAMTC-Studie kom­men 25 Prozent des gesamten verursachten Feinstaubes von Wien. 25 Prozent der gesamten Feinstaubbelastung sind von Wien. (Abg. Dr. Pilz: ... wird normalerweise ausgewiesen!)

Wo ist das Problem in Wien? – Es wird relativ spät, sage ich einmal, der Feinstaub bekämpft bei Winterdienst, bei Streu oder bei anderen Bereichen. (Abg. Dr. Pilz: Ich bitte, diesem Sprachunkundigen die Staatsbürgerschaft zu entziehen!) Das hat aber nichts beziehungsweise sehr wenig damit zu tun, was wir gesetzlich beschließen. Wir geben den Bundesländern die Möglichkeit, über IG-Luft Maßnahmen setzen zu kön­nen. (Abg. Krainer: Weniger!) – Nicht weniger! Das Einzige, was darin enthalten ist und was Sie kritisieren, ist, dass der Bundesminister für Verkehr auf Hochrangstraßen jetzt ein Einspruchsrecht hat. (Abg. Krainer: Was ist mit § 13?) Er ist ja zuständig für den Verkehr, und wenn er das nicht wäre, dann wäre er kein Minister und auch nicht dafür zuständig. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Krainer.) Man muss also schon zuhö­ren und dem Minister seine Kompetenz dort lassen, wo er sie hat.

Es gibt so manche Politiker, die nur der Bevölkerung signalisieren wollen, wir tun etwas, und Tempobeschränkungen machen, wie in Wien die 50-km/h-Beschränkung. (Abg. Krainer: Was ist mit § 13? Das ist eine Einschränkung oder nicht?) Jeder Taxi­fahrer regt sich darüber auf. Und durch die komischen Stopps und den stockenden Verkehr wird ja noch viel mehr Feinstaub erzeugt. Das muss man auch dazusagen.

Deshalb hat Landeshauptmann Häupl die Notbremse gezogen und manche dieser skurrilen Beschränkungen wieder aufgehoben, das muss man auch wieder anmerken. Wenn sie gut gewesen wären, hätte er das ja nicht getan. (Abg. Krainer: Was ist mit § 13? Ist das eine Einschränkung oder nicht?)

Zu den Bundesländern: Tirol hat ein besonderes Problem, das weiß jeder, und zwar auf Grund der Lage, es gibt die Berge und die Talschaft. Vor allem im Winter haben wir dort ein Problem. Wir haben über IG-Luft Maßnahmen getroffen, indem wir zum Bei­spiel die Verlängerung des Nachtfahrverbotes beschlossen haben. Jeder hat die Mög­lichkeit, das Gleiche zu tun.

Oder: Ich fordere beispielsweise ein unabhängiges System, ein Verkehrsleitsystem, das mit den Immissionsmessstellen gekoppelt ist. Das wäre das Beste, da braucht nie­mand etwas zu verordnen, sondern das passiert automatisch. IG-Luft macht es mög­lich! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter! Ich kann noch 5, 10 oder 20 Minuten darüber reden. Sie wollen nur die Wahrheit nicht hören, und die Zeit ist kurz, das stimmt. Die Wahrheit bleibt die Wahrheit! Es ist Länderkompetenz, und die Länder können das machen. Nicht der Minister ist dafür zuständig, sondern wir machen die Gesetze und geben den Ländern die Möglichkeit, es umzusetzen, aber sie tun nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Krainer: Die Wahrheit ist, die Möglichkeiten der Länder werden eingeschränkt!)

13.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. – Bitte. (Abg. Dr. Pilz: Ein Ordnungsruf!)

 


13.25.33

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, beabsichtigen heute, das heftig kritisierte Umweltrechtsanpassungsgesetz in unverän­derter Form zu beschließen, entgegen, wie es schon vorher oftmals angeklungen ist, den vom Bundesrat, von der Opposition, von den Ländern und auch von allen Experten geäußerten Einwänden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 97

Wir Sozialdemokraten lehnen diesen Gesetzesvorschlag ab, denn diese Novelle be­deutet eine massive Einschränkung im Kampf gegen den Feinstaub. (Abg. Dr. Pilz: Kann irgendjemand den Präsidenten aufwecken? Das ist kein Schlafsalon!) Spätestens jetzt wird auch klar, warum diese Novelle ausgerechnet Umweltrechtsanpassungsge­setz heißt (Abg. Dr. Pilz: Vielleicht braucht er einen Polster!): Angepasst wird norma­lerweise, um Fehler zu verbessern, im konkreten Fall wird eindeutig verschlechtert.

Meine geschätzten Damen und Herren! In diesem Umweltrechtsanpassungsgesetz ist übrigens eine Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes enthalten. (Abg. Dr. Pilz: Kann man dem Präsidenten einen Kaffee bringen und einen Thermophor und einen Hörap­parat!) Diese massiven Einschränkungen der ohnedies nicht sehr schlagkräftigen Miss­brauchsaufsicht werden von allen Experten auch kritisiert. (Abg. Dr. Pilz: Bitte ein Hörgerät für den Präsidenten!) Ob man da wohl die Brisanz der Änderung zum IG-Luft, Stichwort Feinstaubdebatte, genutzt hat, um auch gleich das AWG zu verwässern? – Unsere allgemeine Stellungnahme dazu lautet: Wir lehnen auch diese Sache ab.

Eine ähnliche Vorgangsweise nach dem Strickmuster Regierung finden wir auch bei der Reduktion der Stickoxyd- beziehungsweise NOx-Emissionen. Verursacht werden diese Emissionen zu einem hohen Anteil vom motorisierten Straßenverkehr. Alle bisher angepeilten NOx-Reduktionsziele wurden in den vergangenen Jahren klar verfehlt. Es ist daher fraglich, ob wir die Zielvorgabe für 2010, konkret 103 000 Tonnen pro Jahr, überhaupt erreichen werden – vor allem angesichts einer zunehmenden Verkehrsleis­tung, eines starken Anstiegs der Transportleistung im straßengebundenen Güterver­kehr sowie der zunehmenden Verlagerung des Schwerverkehrs von der Schiene auf die Straße.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben die Regie­rung in einem Antrag aufgefordert, dem Parlament bis 1. Oktober 2005 ein umfassen­des Maßnahmenpaket zur Senkung der Stickoxyd-Emissionen vorzulegen. Es hat mehr als acht Monate gedauert, bis über diesen Antrag im Umweltausschuss über­haupt diskutiert wurde. Und wie üblich haben die Regierungsparteien den Antrag abge­lehnt. Jetzt frage ich mich: Liegen wir in Österreich bei der Senkung der NOx-Emissio­nen mittlerweile wirklich so gut, dass keine weiteren Maßnahmen nötig sind, oder wur­de der Antrag abgelehnt, weil er von der Opposition kam? – Ich würde meinen, wohl zweiteres, denn wenn auch laut Minister Pröll die NOx-Emissionen von 221 000 Ton­nen auf 164 000 gesunken sein sollen, so liegt noch immer ein weiter Weg vor uns be­züglich Reduktion der Stickoxide.

Stickoxide gehören zu den Quellen von Feinstaub, und die Vielzahl von Quellen wie Verkehr, Industrie, Haushalte und Landwirtschaft erfordert die dringliche Einbeziehung aller maßgeblichen Verursacher. Für Arroganz in dieser Sache ist wirklich kein Platz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Machne. – Bitte.

 


13.29.12

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Zum IG-Luft ist zunächst einmal festzuhalten, dass Österreich einen großartigen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Zieles leistet. Ich möchte dazu auch einige positive Beispiele anführen.

Der Rückgang der CO2-Emissionen um 1,2 Tonnen innerhalb eines Jahres ist authen­tisch. Wie aktiv Österreich in der Klimapolitik ist, zeigt sich auch bei der Umweltför­derung, und da möchte ich doch auf die vielen Projekte verweisen, die in den letzten


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 98

Jahren durchgeführt wurden. Es sind dies immerhin 5 400. Ich nehme an, dass das Fernheizwerk von Lienz auch dabei ist. Es wurden 271 Millionen € ausgegeben. Und was besonders erfreulich ist, ist, dass auch die Wirtschaft von diesen umweltrelevanten Investitionen profitiert hat, und zwar im Ausmaß von 1,4 Milliarden €.

Wir hatten im Jahre 1990 Feinstaubemissionen im Ausmaß von 46 000 Tonnen, und jetzt sind es noch in etwa gleich viel Tonnen. Das hat mich daran erinnert, dass auch wir im Lienzer Talboden mit unserer nicht sehr positiven Inversionswetterlage mit dem Feinstaub sehr zu kämpfen haben. Diese Feinstaubemissionen gerade im Talboden konnten zwar nicht reduziert werden, aber durch den Bau des Fernheizwerkes zumin­dest gleich gehalten werden, trotz der enormen Zunahme des Verkehrs.

Ich denke, dass diese Nichtabnahme automatisch mit dem Wirtschaftswachstum zu tun hat. Natürlich hat dieses Wirtschaftswachstum auch eine große Zunahme des Verkehrs verursacht. Aber ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir Arbeitsplätze in unserem Land haben, und wenn ich mir gerade Osttirol anschaue, haben wir immer viel zu we­nige.

Ein sehr positiver Effekt ist auch mit der Förderung von Partikelfiltern eingetreten. Wir wissen, dass die Nachrüstung mit Partikelfiltern keine sehr große Auswirkung hat und daher nicht unbedingt sinnvoll ist. Aber immerhin hat es eine gewaltige Zunahme im Jänner des Jahres 2006 beim Kauf von Dieselautos mit Partikelfiltern gegeben.

Nicht zu vergessen ist die Umrüstung der Baumaschinen, die wir immerhin mit 7 Millio­nen € gefördert haben. Dass die Länder im Rahmen des IG-Luft sehr handlungsfähig sind, hat die Wiener Stadträtin Sima eindrucksvoll bewiesen. Kollege Walch, der jetzt leider nicht da ist, würde sagen: zuerst denken und dann handeln.

Österreich macht eine ausgezeichnete Umweltpolitik. Nicht umsonst sind wir bezüglich Umweltpolitik die Nummer 1 in Europa und, ich denke, weltweit. Herzliche Gratulation, Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Zur Geschäftsbehandlung!)

13.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


13.32.18

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte für das Protokoll festhalten, dass Abgeordneter Wittauer in seiner Rede zu­nächst die Ausführungen meiner Kollegin Rest-Hinterseer als „Lüge“ bezeichnet und in weiterer Folge dann gemeint hat, das wäre eine „Schweinerei“ und „Sauerei“.

Nachdem Sie bislang nicht darauf reagiert haben, Herr Präsident, sei für das Protokoll festgehalten: Sollten diese Ausführungen zu keinen Ordnungsrufen führen, werden wir das mit Sicherheit in der nächsten Präsidiale thematisieren.

13.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, erstens stimmt es nicht, dass ich nicht reagiert habe, denn ich lasse mir das Protokoll ausheben. Offensichtlich ist Ihre Meinung nicht ganz richtig, zu wem er das gesagt hat, und das wollte ich gerne wissen. Offensichtlich hat er es zu einer anderen Abgeordneten gesagt.

Zweitens ersuche ich in Zukunft, wenn man zu mir auf das Präsidium kommt, die ge­eignete Form und die geeignete Ansprache mir gegenüber zu wählen. (Abg. Krainer: Zur Geschäftsbehandlung!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 99

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


13.33.06

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich glaube, es ist relativ unerheblich, zu welchen Abgeordneten hier irgendjemand „Lüg­ner“, „Sauerei“ oder „Schweinerei“ sagt. Das sind Wörter, die in diesem Haus nicht ver­wendet werden dürfen und in jedem Fall zu einem Ordnungsruf zu führen haben, und zwar unabhängig davon, ob der Adressat die Abgeordnete A oder B ist! (Abg. Dr. Mit­terlehner: Er hat eh gesagt, er schaut sich das Protokoll an!)

13.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, die Erteilung eines Ord­nungsrufes obliegt mir! Ich werde mir das Protokoll anschauen und dann entscheiden.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scharer. – Bitte.

 


13.34.10

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Es ist grundsätzlich ungeschickt, dass unter anderem die Feinstaub­novelle beschlossen wird, ohne mit den Bundesländern akkordiert worden zu sein. Die berechtigten Einwände – in den Diskussionen wird es immer so dargestellt, als hätten die Bundesländer alle Freiheiten – sind ebenfalls nicht beachtet worden.

Die Länder müssen einerseits alles unternehmen, um die Grenzwerte einzuhalten. Der Handlungsspielraum für die Bundesländer wird aber andererseits durch die Novelle extrem eingeschränkt. Bereits vorhandene erfolgreiche Maßnahmen der Bundesländer wie zum Beispiel die verordnete Partikelfilterpflicht für Bagger und Baumaschinen in Wien, Fahrverbote auf der Autobahn, Dieselpartikelfilterpflicht für Baumaschinen in Tirol, partielle Fahrverbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen in innerstädtischen Be­reichen oder auch auf Autobahnumfahrungen in Kärnten sowie sinnvolle Projekte in der Steiermark oder auch die erfolgreiche Einführung der Temporeduzierung auf einem Teilstück der Tauern Autobahn in Salzburg werden durch die Verschlechterungen der gesetzlichen Grundlagen nach der Feinstaubnovelle künftig behindert und einge­schränkt.

Meine Damen und Herren! Bürokratische Hindernisse und Einschränkungen, zum Bei­spiel dadurch, dass viele Maßnahmen künftig vom Verkehrsminister abhängig sein werden, machen ein rasches Reagieren und Agieren in besonders betroffenen Gebie­ten erheblich schwieriger – abgesehen von einem verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Vollzugshoheit der Landeshauptleute.

Um die Feinstaubbelastungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, vor allem zum Schutz unserer Kinder und unserer Umwelt zu verringern, bedarf es auch vorbeugen­der Aktionspläne. Es dürfen nicht erst dann Maßnahmen gesetzt werden, wenn Grenz­werte bereits überschritten sind.

Herr Bundesminister, es fehlen die mutigen Entscheidungen. Mutige Entscheidungen sind, gesetzliche Regelungen wie zum Beispiel eine Partikelfilterpflicht sowohl bei Neu­anschaffungen als auch bei Nachrüstungen bundesweit zu verankern. Jetzt wäre noch einmal die Chance, in Kooperation mit den Bundesländern ein brauchbares Instrument zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 100

13.37.04

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte nach Verlauf dieser Debatte festhalten, dass niemand in diesem Haus hier will, dass wir in schlechter, belasteter Luft leben, dass niemand Menschen und deren Ge­sundheit gefährden will und dass wir alle dazu aufgerufen sind, Verantwortung zu tra­gen, Verantwortung zu übernehmen und Maßnahmen zu setzen.

Ich glaube, verantwortungslos war der Einspruch des Bundesrates, dieses Maßnah­menpaket und die Novelle zum IG-Luft zu verhindern. Es ist gewisse Kritik berechtigt, weil ich glaube, das trägt auch dazu bei, dass wir auf diese Problematik aufmerksam werden, aber die Panikmache hilft uns nicht weiter. Mit der Änderung des IG-Luft wer­den bestehende Geschwindigkeitsbegrenzungen erhalten bleiben, es wird nicht daran gerüttelt. Die Länder können eigenständig Maßnahmen erlassen. Selbstverständlich bleibt auch Bundesminister Gorbach an seine Ziele beziehungsweise an die Ziele des IG-Luft gebunden und kann Vorgaben nicht ignorieren.

Was meiner Ansicht nach positiv ist, ist, dass sich vor allem sehr viele Wirtschaftsbe­triebe freiwillig verpflichten, Zielvereinbarungen zu setzen und diese auch einzuhalten.

Wir alle müssen die Realität erkennen und müssen Maßnahmen setzen. Diese Bun­desregierung hat mit dem NoVA-Bonus-Malus-System, mit verkehrspolitischen Maß­nahmen, mit Förderungspaketen für Gewerbe und Wirtschaft Zeichen gesetzt. Ange­sichts der derzeit steigenden Energiepreise, des derzeit steigenden Energiebedarfs müssen wir gerade die heimische Biomasse, die heimische Wasserkraft und die Bio­treibstoffe forcieren. Es ist auch mit dem Ökostromgesetz ein großer Wurf gelungen. – In der heutigen Diskussion vermisse ich die positiven Akzente, die gesetzt wurden.

Aus meiner Sicht gibt es, wenn es um die Belastung der Luft geht, keine Grenzen, und wir nehmen das sehr ernst. Gerade jetzt während der EU-Präsidentschaft ist es wieder Bundesminister Pröll, der die Initiative ergreift und sich für eine nachhaltige Energie­strategie in Europa einsetzt. Diesbezüglich haben viele Länder enormen Nachholbe­darf. Wir in Österreich und als österreichische Nation können da Vorbild für das ver­einte Europa sein.

Wir brauchen einen Pakt für saubere Luft in Europa. Diese IG-Luft-Novelle und all die wirtschaftspolitischen Maßnahmen tragen dazu bei, dass wir dieses Problem ernst nehmen und anpacken.

Ich darf zum Schluss noch einen Appell aussprechen: Jeder in diesem Haus trägt dazu bei, dass die Luft belastet ist, und jeder in diesem Haus kann auch einen Beitrag dazu leisten, dass diese Situation verbessert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

 


13.40.04

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren ja nicht nur das IG-Luft, sondern wir disku­tieren auch einige Anträge, so etwa einen Antrag des Kollegen Jan Krainer im Zusam­menhang mit dem Kyoto-Ziel. Ich möchte das Hohe Haus schon daran erinnern: Wenn es uns nicht gelingt – und die Wahrscheinlichkeit ist groß –, bis 2012 das Kyoto-Ziel zu erreichen, sind die Schäden für die Umwelt auf alle Fälle vorhersehbar, und darüber hinaus muss der österreichische Steuerzahler sehr, sehr tief in die Tasche greifen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Heizkosten ansprechen; die entspre­chenden Rechnungen werden in absehbarer Zeit in den Haushalten auf dem Tisch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 101

liegen. Auch da werden die Österreicherinnen und Österreicher kräftig zur Kasse gebe­ten werden. Es ist nicht nur ein langer, harter Winter (Abg. Grillitsch: Da können aber wir nichts dafür!), sondern höhere Gewalt, aber auch die explodierenden Öl- und Gas­kosten werden für die Haushalte spürbar werden. Es geht nicht um Schuldzuweisun­gen, sondern es geht einfach darum, dass wir in die Energieeffizienz gemeinsam so viel investieren müssen, um die Belastungen und die Abhängigkeiten auf diesem Wege entsprechend zu verringern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Fachleute waren schon vor Jahren der Meinung, dass, wenn wir hier wirklich Fortschritte erzielen wollen, in etwa 1 Milliarde € pro Jahr kon­zentriert investiert werden müsste. Davon, Herr Bundesminister, sind wir, glaube ich, in der Bundesregierung insgesamt sehr, sehr weit entfernt.

Wir stellen überhaupt fest, dass die Bundesregierung in Sachen Klimaschutz eher säu­mig ist. Im Zusammenhang mit Energiesparmaßnahmen sehen das auch die Men­schen so. Es wurde vor kurzem ein Umfrageergebnis veröffentlicht: 80 Prozent von etwa 500 Befragten haben den Eindruck, dass in Sachen Energiesparmaßnahmen in unserem Lande viel zu wenig weitergeht, viel zu wenig passiert. Und das bei einem steigenden Energieverbrauch von 3 Prozent jährlich! Die Forderung schreit ja geradezu nach Umsetzung.

Jetzt wäre es an der Zeit, die Bevölkerung entsprechend zu sensibilisieren, wenn wir gegensteuern wollen, und es wäre auch erforderlich, eine umfassende, langfristige In­formationskampagne zu diesen Themen zu starten. Das wäre wahrscheinlich sinnvoller als die Eigenwerbung, die die Mitglieder der Bundesregierung auf Kosten des Steuer­zahlers zurzeit veranstalten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Thema Energieeffizienz ist mittlerweile auch in Brüssel zum Thema geworden, und wir sind gut beraten, wenn wir uns dabei entsprechend einbringen. Es geht erstens um Gleichklang, es geht aber auch darum, unser Wissen, unsere Erfahrung dabei entsprechend einzubringen.

Meine Redezeit ist leider schon vorbei. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek.

 


13.43.45

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das Umweltrechtsanpas­sungsgesetz 2005 beinhaltet zahlreiche Verbesserungen im Immissionsschutzgesetz-Luft, im Abfallwirtschaftsgesetz sowie im Emissionszertifikategesetz. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Was wurde im Abfallwirtschaftsgesetz verbessert?) Mit der vorge­sehenen Novelle zum IG-L werden neben Lösungen zur Feinstaubproblematik Klarstel­lungen im Verkehrsbereich und eine Ausweitung der bisherigen Maßnahmenkataloge für Maßnahmenprogramme erwirkt. Somit wurde ein wesentlich größeres Portfolio für die Landeshauptleute erreicht.

Mehr Möglichkeiten bedeuten aber auch mehr Verantwortung. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Feinstaubreduktion kann nicht alleine durch nationale Gesetze bewerkstelligt werden. Feinstaub ist ein europäisches, nationales und lokales Problem. Deshalb müssen auch auf allen drei Ebenen Maßnahmen ergriffen werden.

Es ist auch ein großes Anliegen unseres Bundesministers Josef Pröll, als Ratsvorsit­zender die Verbesserung der Luftqualität in Europa als Schwerpunkt der österreichi­schen EU-Präsidentschaft einzubringen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 102

Der EU-Umweltministerrat berät derzeit die neue europäische Luftstrategie, wobei die Einführung von Grenzwerten für Ultrafeinstaub Teil der Diskussion ist.

Ein Paket voll wichtiger Maßnahmen für unsere Umwelt – professionelle Arbeit unseres Bundesministers, professionelle Arbeit der Regierungsfraktionen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehen Sie sich das Energieflussbild der Republik Österreich an, und Sie werden feststellen, dass Österreich zwei kräftige Standbeine im Bereich der erneuerbaren Energie hat: Zum einen ist es die hervorragende österreichische Was­serkraft, zum anderen ist es das Biomassesegment, das einen sehr hohen Stellenwert hat. Viele Länder in Europa würden uns um Prozentsätze im Bereich der erneuerbaren Energie, wie sie in Österreich eine Selbstverständlichkeit sind, in höchstem Maße beneiden. Daher freut es mich ganz besonders, dass unser Herr Bundesminister die österreichischen Ideen des Umweltschutzes auf europäische Ebene bringt und somit zum Nutzen des Umweltschutzes in Österreich und auch im Rahmen der Europäischen Union allgemein wirken kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Ich erteile es ihr.

 


13.46.14

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! 9007 km Fluglinie ist die japanische Stadt Kyoto von Wien ent­fernt. Wenn ich mir die heimischen Fortschritte bei der Erreichung des in Kyoto be­schlossenen Protokolls zur Klimapolitik ansehe, habe ich den Eindruck, dass wir von Kyoto nicht nur geographisch gesehen sehr weit entfernt sind, ganz nach dem Motto, scheint mir: Aus dem Auge, aus dem Sinn.

Zwar hat es 2004 einen leichten Rückgang der Treibhausgasemission um 1,2 Tonnen gegeben, aber das ist noch viel zu wenig, meine Damen und Herren. Bei Nichteinhal­tung des Kyoto-Ziels drohen Österreich sowohl Strafzahlungen als auch zusätzliche Kosten. Wollen wir das? – Ich glaube, dass uns noch gar nicht bewusst ist, was da auf uns zukommen wird.

Führten bis vor zirka 100 Jahren alle Eingriffe des Menschen in die Natur weitgehend nur zu regionalen Veränderungen, so werden heute durch das Verbrennen giganti­scher Mengen von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas weltweit in kürzester Zeit Treibhausgase, vor allem CO2 freigesetzt, die über Jahrmillionen in der Erde gespei­chert waren. Dadurch wird das Ökosystem der Erde global verändert.

Die Anreicherungen dieser Treibhausgase in der Atmosphäre führen zu Störungen des natürlichen Gleichgewichts, die unter dem Begriff „künstlicher Treibhauseffekt“ zusam­mengefasst werden. Wenn hier nicht raschest wirksame Gegenmaßnahmen von allen Privaten sowie auch von der Wirtschaft eingeleitet werden, drohen eine Reihe von Ge­fahren.

Wie ernst die Situation ist, meine Damen und Herren, haben vor einem halben Jahr bei der NATO-Konferenz in Venedig Wissenschafter aufgezeigt. Durch die Klimaverände­rungen werden die Pole schmelzen. Dadurch steigt der Meeresspiegel. Extreme Wet­terereignisse werden auf uns zukommen; wir haben ja im vergangenen Jahr diesbe­züglich schon einiges erlebt. Durch den Temperaturanstieg werden sich Fauna und Flora verändern, und so weiter.

Wo ein Wille ist, meine Damen und Herren und Herr Bundesminister, geht es auch anders. Das zeigt mein Bundesland Burgenland durch das sehr erfolgreiche Projekt des Biomassewerks in Güssing. (Ruf bei der ÖVP: Bank Burgenland!) Hören Sie mir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 103

zu! Das hat mit der Bank Burgenland Gott sei Dank nichts zu tun. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Auch ein erfolgreiches Projekt!)

Ich werde am Montag an einer Exkursion teilnehmen, die mich in die Stadt Güssing führen wird, die durch einheimische, nachwachsende, erneuerbare Energieträger ver­sorgt wird. (Abg. Grillitsch: Dank Josef Pröll!) Das Burgenland ist das Land mit den meisten Sonnenstunden, daher wird hier auch die Solarenergie ein großes Thema werden. Im nördlichen Burgenland haben wir eine gut funktionierende Windenergie, die dort forciert wird.

Diese Energieträger, meine Damen und Herren, müssen zukünftig noch mehr genützt werden. Wir sind alle gefordert – und insbesondere Sie, Herr Bundesminister –, noch viel mehr zu tun, um das Kyoto-Ziel zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


13.49.34

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Auf Grund des Einspruches des Bundesrates haben wir heute hier nochmals das Umweltrechtsanpassungsgesetz zu behandeln. Die Mehrheit der Bundesräte spricht von einem verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Vollzugshoheit der Landeshauptleute.

Die Bekämpfung des Feinstaubes ist eine der größten Herausforderungen im Bereich der Umwelt und der Gesundheit. Grundsätzlich ist es Aufgabe der Länder, Städte und Gemeinden, die Spitzenbelastungen in Ballungsräumen zu senken. Es verwundert mich daher sehr, dass Kollege Krainer hier von einer Klientelpolitik spricht und die Bauern und die Wirtschaft heranzieht, die hier Maßnahmen setzen sollen, und alles andere eigentlich unberücksichtigt lässt.

Noch mehr verwundert mich allerdings die Äußerung von Kollegin Glawischnig, die glaubt, dass man mit einer Winterreifenpflicht das Feinstaubproblem in den Griff be­kommt, wenn man weniger Streugut einsetzt. – Liebe Kollegin! Ich wünschte, Sie wären einmal in den Gemeinden, in denen die Schneemengen zirka zwei Meter im Jahr betragen und die Räumfahrzeuge und Streufahrzeuge Tag und Nacht unterwegs sein müssen, um auch die Schulkinder gesichert in die Schulen zu bringen. – Ich bitte, das in Zukunft wirklich zu bedenken, wenn man sich dieser Problematik widmet, denn hier müssen Maßnahmen gemeinsam mit dem Bund gesetzt werden, um die von feinen Staubpartikeln ausgehenden Gefahren für die Gesundheit, vor allem für die Ge­sundheit der Kinder, zu reduzieren.

Unser zuständiger Minister hat bereits mehrere Maßnahmen gesetzt, die schon mehr­fach erwähnt worden sind; ich möchte sie daher nicht mehr aufzählen. Ich glaube, dass unser zuständiger Minister und dass diese Koalition auf gutem Wege sind, die Umwelt­problematik zu entschärfen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich hoffe für dieses Haus hier nur, dass es in Zukunft nur im Bundesrat eine rot-grüne Mehrheit gibt, denn diese steht für dicke Luft und für eine Belastungswelle für die ge­samte Bevölkerung. Das wollen wir hier herinnen nicht haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 104

13.52.00

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Leider ist es nunmehr absehbar, dass die Regierungsfraktionen in die­sem Haus den Einspruch des Bundesrates gegen das Umweltrechtsanpassungsgesetz sprichwörtlich vom Tisch wischen werden. Wir Sozialdemokraten sind aber fest davon überzeugt, dass die enthaltene IG-L-Novelle völlig abzulehnen ist.

Ein paar Fakten noch: Es ist in diesem Gesetz nicht einmal möglich, dass in Sanie­rungsgebieten schärfere Immissionsgrenzwerte vorgegeben werden, und das ist aus unserer Sicht wirklich das Letzte! Auch wenn Sie es nicht gerne hören, sage ich es Ihnen nochmals: Der Anteil der Landwirtschaft an der Gesamtbelastung-Luft liegt bei etwa 21 Prozent, jener des LKW-Verkehrs etwa bei 14 Prozent, aber der gesamte Agrar- und Frächterbereich bleibt völlig verschont. (Abg. Grillitsch: Schwachsinn!)

Herr Grillitsch, wenn Sie sagen, das ist ein Schwachsinn, dann sage ich Ihnen: Ihnen dürfte der landwirtschaftliche Feinstaub schon einigermaßen die sachliche Sicht auf die Feinstaub-Problematik genommen haben. (Abg. Grillitsch: Ein Niveau ist das!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Für uns ist es klar wie noch nie, dass unser Herr Umweltminister nicht Umweltminister, sondern Landwirtschaftsminister ist. Dieses Gesetz ist außerdem verfassungsmäßig bedenklich, weil im IG-L die Vollzugs­hoheit der Landeshauptleute eingeschränkt wird. Sowohl das bestehende IG-L als auch die novellierte Fassung sind außerdem nicht europarechtskonform.

Ich frage mich, warum das Gesetz vor allem von den ÖVP-regierten Bundesländern abgelehnt wird, wenn es ja ohnehin so toll ist, wie Sie, Herr Grillitsch und Herr Minister Pröll, uns das weismachen wollen. Ich frage mich, Herr Minister: Sind alle ÖVP-regier­ten Länder auch parteipolitisch motiviert, weil sie dieses Gesetz nicht wollen? (Abg. Grillitsch: Sie müssen sich ständig selber fragen!) Ist der Landeshauptmann von Nie­derösterreich – Ihr Onkel, der Herr Pröll – parteipolitisch motiviert, weil er dieses Ge­setz nicht will? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist nicht ein parteipolitischer Onkel!)

Herr Minister, ich frage Sie weiters (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Fragestunde war von neun bis zehn!): Was werden Sie in Zukunft wirklich tun, um die Feinstaubbelastung zu bekämpfen, und wann tun Sie wirklich einmal etwas, außer – hoffentlich nicht fein­staubbelastete – heiße Luft zu produzieren? (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. – Abg. Krainer: Das hat sogar dem Kollegen Scheuch gefallen! – Abg. Oberhaidinger: Jetzt ist der Weihrauch wieder draußen!)

13.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ell­mauer.

 


13.55.05

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Feinstaub ist ein europäisches, natio­nales und regionales Problem, daher muss die Problemlösung auf allen drei Ebenen ansetzen. Das System des Immissionsgesetzes stützt sich dabei auf die beiden Säulen Vorsorge und Sanierung, das heißt: Vorsorge bei Genehmigungsverfahren für Anla­gen, und Sanierung im Fall von Grenzwertüberschreitungen.

Grenzwertüberschreitungen und Spitzenbelastungen sind vorwiegend lokalen und regionalen Ursprungs, daher müssen auch Lösungen dort ansetzen. Die Möglichkeiten für die Länder im Immissionsschutzgesetz-Luft sind so vorgesehen, dass sie auch ge­nutzt werden können. Dies zeigt besonders anschaulich die Bundeshauptstadt Wien. Dass man hier Maßnahmen setzte, die man tags darauf zum Teil wieder zurücknahm, liegt nicht in unserer Hand. Über die dafür aufgebrachten Steuermittel liegt der Mantel


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 105

des Schweigens, dafür ist aber sicher, dass im rot regierten Wien die Gebühren für Erdgas um 17 Prozent, die Müllgebühr um 19,5 Prozent und die Kanalgebühr sogar um 28 Prozent erhöht wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unglaublich! Wo ist das?)

Sehr geschätzte Damen und Herren, dass sich Österreich mit seinen gesetzlichen Vor­gaben auf dem richtigen Weg befindet, zeigen die aktuellen Daten des Umweltbundes­amtes: Die österreichische Feinstaubemission seit dem Jahr 1990 ist etwa gleich ge­blieben, und dies bei gleichzeitig wesentlich verstärktem Verkehrsaufkommen.

Die seit 1. Juli letzten Jahres eingeführte Förderung der Diesel-Partikelfilter beginnt zu­sehends zu greifen: Waren im Jänner 2005 lediglich 9 Prozent der Neuzulassungen mit Partikelfiltern ausgestattet, so sind es heuer, also ein Jahr später, bereits 35 Prozent der Neuzulassungen.

In Erwartung verstärkter Länderinitiativen in Sanierungsgebieten und auch im Sinne der Verpflichtung zum vorbeugenden Gesundheitsschutz stimme ich daher dieser No­velle sehr gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schopf. (Abg. Krainer: Trotzdem hat Wien noch immer die geringsten Müllgebühren österreich­weit! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

 


13.57.25

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Ja, da gäbe es einige interessante Bemerkun­gen, zu Ranshofen! Wir sind froh, eine derartige Haltung eingenommen zu haben, dass es nicht möglich wird, die AMAG ins Ausland zu verkaufen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Dass man den eigenen Mitarbeitern neidig ist, habe ich auch noch nie gese­hen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, es geht jetzt um ein sehr wichtiges Umweltthema, aber ich bin auch gerne bereit, dass wir uns anschließend gemeinsam mit der Situation der AMAG auseinander setzen. Dann hätten wir, glaube ich, die Möglichkeit, einiges aufzuklären.

Meine Damen und Herren! Wir fordern unter anderem bei diesem Tagesordnungs­punkt, dass der zuständige Minister, Herr Pröll, einen nationalen Notfallsplan entwi­ckelt, initiiert, mit dem Ziel, dass die Ziele, die in Kyoto vereinbart worden sind, auch er­reicht werden können.

Wir alle wissen ja, dass wir vereinbart haben, gegenüber dem Jahr 1990 eine Reduzie­rung um 13 Prozent in Österreich zu verwirklichen. Wir wissen aber auch – und ein Vorredner hat das ja bereits sehr deutlich gesagt –, dass, wenn wir als Republik Öster­reich dieses Ziel nicht erreichen, die Möglichkeit besteht, dass beim Europäischen Ge­richtshof eine Klage gegen die Republik eingereicht wird (Abg. Ellmauer: Wegen der AMAG?), und es besteht auch – leider oder Gott sei Dank – die Möglichkeit, dass es zu entsprechenden Strafzahlungen kommt, die ab 2012 letztendlich von den Steuerzahle­rinnen und Steuerzahlern geleistet werden müssen.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns die Informationen vom Umweltbundesamt an­sehen, so denke ich – und das ist ja letztendlich auch dort ersichtlich –, die Entwick­lung in der Republik ist diesbezüglich katastrophal! Wir sind weit, weit von den Kyoto-Zielen entfernt, und es ist daher notwendig und wichtig, dass von Ihnen, Herr Minister, entsprechende Maßnahmen gesetzt werden.

Ich denke, dass es zum Beispiel wichtig wäre, den öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten, und dass es wichtig wäre, auch mit den Verantwortlichen bei den ÖBB dar­über zu reden, den öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 106

Nur ein kleines Beispiel, das mir immer wieder persönlich ein wichtiges Anliegen ist: Wenn man mit dem Zug von Linz oder von Salzburg nach Wien fährt, so ist es nicht möglich, Telefongespräche mittels Handy zu führen, weil es immer wieder Unterbre­chungen, und zwar sehr lange Unterbrechungen, gibt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – auf Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll weisend –: Er ist schuld!) Und das ist für mich immer wieder ein Grund, dass ich leider mit dem Auto fahren muss.

Ich denke, es ist auch nicht attraktiv, wenn das ÖBB-Personal auf den Bahnhöfen zwi­schen Linz und der Summerau abgezogen wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Stimmt schon, das gehört zum ländlichen Raum!) Es ist nicht attraktiv, wenn es allein in den letzten Jahren für die Kartenbezieher sechs Tariferhöhungen gegeben hat, wenn die Jahreskartenbezieher der ÖBB in den letzten fünf Jahren eine Teuerung von 40 Pro­zent – 40 Prozent! – erleben mussten.

Zum Schluss eine ganz konkrete Frage, Herr Pröll. (Abg. Lentsch: „Herr Minister“!) Sie haben angekündigt, es werde ein konsequentes Althaussanierungsprogramm geben, mit dem wir letztendlich auch die Möglichkeit haben, Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar in einem Ausmaß von zirka 25 000. Herr Minister, sagen Sie uns bitte, was mit diesem Programm ist und was die konkreten Maßnahmen sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek.

 


14.01.34

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Eine Gesetzesnovelle dieses Umweltrechtsanpassungsgesetzes bedarf noch einer konkreten Erläuterung, nämlich die AWG-Novelle.

Kollege Hornek hat gemeint, dass sich in diesem ganzen Paket auch noch eine No­velle des Abfallwirtschaftsgesetzes verbirgt, die eine Verbesserung darstellt. Ich möchte darauf noch einmal eingehen, weil das vorhin zu dem Streitfall geführt hat, dass ein Abgeordneter des BZÖ hier ungestraft „Lüge“, „Schweinerei“ und „Sauerei“ sagen darf. (Abg. Hornek: Hat mit mir nichts zu tun!) – Das hat mit Ihnen nichts zu tun, Herr Kollege Hornek.

Zur Sache. Sie beschließen heute hier – ich weiß nicht, ob das allen bewusst ist – eine Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz, mit der in Zukunft die Entfernung der giftigen Bahnschwellen, die Beseitigung dieses giftigen Abfalls nicht mehr konsequent möglich ist. Wir wissen aus der Diskussion, dass die Bahnschwellen von ÖBB und Post mit einem Giftstoff behandelt sind, der als gefährlicher Abfall gilt und in Österreich konse­quent ausgegraben und entsorgt werden muss.

Sie beschließen jetzt hier eine Novelle, nach der diese konsequente Entsorgung nur noch in zwei Fällen notwendig ist, nämlich nur noch auf Spielplätzen und auf Plätzen, wo Freizeitgestaltung stattfindet beziehungsweise wenn häufiger Hautkontakt statt­findet. – Aber nicht mehr generell. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) Das ist definitiv eine Verschlechterung für die betroffenen Personen – defi­nitiv eine Verschlechterung, Herr Kollege Hornek!

Jetzt aber noch der zweite Teil: Ein Abgeordneter des BZÖ hat in Tirol auf seinem eigenen Grundstück bei seiner Pferdekoppel zur Einfriedung, zur Abgrenzung solche Bahnschwellen eingesetzt. Es gibt einen Beseitigungsauftrag der Bezirkshauptmann­schaft Kufstein. (Zwischenruf des Abg. Gahr.) Dieser Auftrag zur Beseitigung wurde vom betroffenen Abgeordneten, nämlich Klaus Wittauer, bekämpft. Das entnimmt man


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 107

der „Tiroler Tageszeitung“, dem Online-Dienst vom 29. September 2005. (Abg. Gahr: Frau Kollegin! Sie müssen einmal die Bezirke vergleichen!) Das wurde bekämpft.

Die Gesetzesnovelle wurde vom Kollegen Wittauer angeregt und betrieben. – Ich frage Sie: Ist das jetzt etwas anderes als eine „Lex Wittauer“, die ausschließliche Begünsti­gung eines einzigen Abgeordneten durch dieses Haus, weil er nicht willens und nicht fähig ist, giftigen Abfall, der auf seinem eigenen Grundstück ist, zu entsorgen? Was ist das anderes als eine „Lex Wittauer“, eine ganz üble Machenschaft, um unterm Strich für sich selbst persönliche Vorteile herauszuschlagen? Was ist das anderes?! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dies ist insbesondere auch deshalb so bedauerlich, weil viele von Ihnen, glaube ich, auf dem Land aufgewachsen sind und sehr gut wissen, wie Kinder auf dem Land spie­len. Kinder auf dem Land spielen nicht auf Spielplätzen oder auf abgegrenzten Gebie­ten – und jetzt stellen Sie sich einmal vor, wie das in Zukunft sein wird: Dann müssen Eltern nachweisen, dass häufiger Hautkontakt mit einer giftigen Substanz stattfindet, nur weil Kollege Wittauer auf seiner Pferdekoppel weiterhin giftige Bahnschwellen ein­graben will. (Zwischenruf des Abg. Gahr.)

Wenn Sie sagen, dass das nicht stimmt, dann belegen Sie doch das Gegenteil! Die Novelle wurde von ihm betrieben, wurde von ihm angeregt. Sie beschließen diese Novelle heute, die genau das enthält, was ich beschrieben habe – und Sie reden von einer Verbesserung für die Umweltsituation! In ganz Europa werden diese giftigen Bahnschwellen entsorgt. In der Schweiz gibt es sogar eine Rücknahmeverpflichtung für die Schweizer Bundesbahn. Und wir beschließen hier eine Erleichterung zugunsten eines Abgeordneten.

Ich wollte Sie nur noch einmal darauf aufmerksam machen, damit Sie wissen, was Sie hier beschließen, und ich möchte auch noch einmal scharf zurückweisen, dass ein Ab­geordneter sagen darf, es ist eine Schweinerei und eine Sauerei, so etwas zu behaup­ten, und das ist eine Lüge.

Behaupten Sie das außerhalb dieses Hauses auch noch einmal. Es ist alles belegbar. Warum klagen Sie nicht die „Tiroler Tageszeitung“, die ausgewiesen hat, dass Sie den Bescheid persönlich bekämpft haben?! (Abg. Gahr: Sie müssen richtig recherchieren!) Warum sagen Sie hier „Lüge“? Warum bekämpfen Sie nicht die Darstellung in der Öf­fentlichkeit? Und warum betreiben Sie überhaupt solch eine Novelle, wenn Sie selbst davon betroffen sind? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Pies­czek! Man kann im Plenarsaal natürlich nicht unbeschadet die Worte „Lüge“ und „Schweinerei“ verwenden. Aber vielleicht können Sie bei all der jugendlichen Ungeduld verstehen, dass ich warte, bis Herr Abgeordneter Wittauer wieder hier im Saal an­wesend ist – das ist er jetzt, und jetzt bekommt er seinen Ordnungsruf für „Lüge“ und „Schweinerei“.

Herr Abgeordneter Wittauer, Sie sind nun am Wort; vielleicht mäßigen Sie sich dabei etwas!

 


14.06.08

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Es tut mir Leid, wenn sich jemand hier betroffen gefühlt hat. Ich wollte sicher niemanden beleidi­gen, aber ich bin selbst Betroffener.

Wenn behauptet wird, dass ein Verfahren gegen mich im Gange ist, wenn behauptet wird, dass die Bezirkshauptmannschaft ein Verfahren führt, dass diese Bahnschwellen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 108

die bei mir auf einer Koppel eingegraben sind, zu entfernen sind, so ist das unfair, denn ich habe dieses Verfahren nicht. Das stimmt nicht!

Es ist richtig, dass kein Verfahren eingeleitet wurde und dass ich in einer Tageszeitung Folgendes gesagt habe: Es gibt sehr viele Häuslbauer, Häuslbesitzer, kleine Land­wirte, die nie gewusst haben, was sie dort eingraben. Ich habe gesagt, dass die Be­zirkshauptmannschaft ein Verfahren gegen mich einleiten soll. Dann werde ich ein Verfahren gegen die ÖBB anstreben, weil der Verursacher die Kosten übernehmen soll und nicht der Bürger, der etwas eingegraben hat, das sich im Nachhinein als giftig her­ausgestellt hat.

Es ist aber auch unwahr – das zu dieser Behauptung selbst –, dass diese Eisenbahn­schwellen auf Koppeln giftig wären. Es geht nichts direkt heraus. Ein Problem sind sie – und dort hat der Gesetzgeber gehandelt – auf Kinderspielplätzen, in Gebieten, wo eine Gefährdung vorliegen kann. Dort müssen sie entfernt werden. Es dürfen keine neuen mehr eingegraben werden. Es ist dies zum Schutz, wo Schutz notwendig ist, zum Beispiel für Kinder in Kindergärten – aber nicht bei Koppeln oder anderen Dingen, wo weder eine Gefährdung des Grundwassers noch eine Gefährdung des Menschen gegeben ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses in 1317 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszerti­fikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsan­passungsgesetz 2005), zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, sei­nen Bericht 1318 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1319 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 109

14.09.279. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungsbericht (III-111 d.B.) des Rechnungshofes betreffend Ruhestandsversetzungen bei den Ös­terreichischen Bundesbahnen (1288 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-126 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/1 (1289 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-151 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/6 (1290 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Debattenredner zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. (Abg. Dr. Kräuter begibt sich zum Rednerpult, beginnt jedoch nicht sogleich mit seinen Ausführungen, da Staatssekretär Mag. Kukacka mit Abgeordneten spricht. – Ruf bei der ÖVP: Geht schon, Kollege Kräuter! – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

 


14.10.16

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Staatssekretär, darf ich Sie ersu­chen, langsam den Platz einzunehmen? (Abg. Neudeck: Was soll das jetzt? – Anhal­tende Zwischenrufe.)

Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Klubobmann Molterer, ich glaube, das sollten Sie auch tun (Abg. Mag. Molterer: Der Präsident sitzt dort oben! Dort oben sitzt der Präsident!), denn jetzt komme ich dazu, zu erläutern, wie es eigent­lich bei den ÖBB ausschaut. Herr Klubobmann Molterer, da sollten Sie nicht fluchtartig den Plenarsaal verlassen (Abg. Dr. Fekter: Sie überschätzen sich ziemlich!), denn ich glaube, das ist etwas, was auch den Klubobmann der ÖVP etwas angehen sollte. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wie schaut es denn aus bei den Bundesbahnen? – Geschlossene Toiletten, Fahr­scheinautomaten, bei denen sich kein Mensch auskennt, Tariferhöhungen (Abg. Gril­litsch: Kräuter, bei dir ist es gescheiter, wenn man geht!), eine politische Führung, die sich verabschiedet hat, ein Finanzdesaster, ein Managementchaos. Und was pas­siert? – Gorbach auf vier Fotos (der Redner zeigt den entsprechenden Zeitungsteil), einmal sogar mit ÖBB-Mütze! Meine Damen und Herren! Das ist nichts anderes als eine Verhöhnung der Bevölkerung, ein Schlag ins Gesicht von ehrlichen, fleißigen, an­ständigen Eisenbahnern und ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Staatssekretär Kukacka, ich habe ein paar sehr gravierende Vorwürfe – wenn Sie jetzt langsam Ihre Aufmerksamkeit der Debatte widmen würden – an Sie zu richten, nämlich den Vorwurf des Rechtsbruchs. (Abg. Neudeck: Solange Sie ihm keinen Linksruck vorwerfen!) Was werden Sie als Eigentümervertreter dagegen unternehmen, dass im Zusammenhang mit dem Postenschacher glatter Rechtsbruch betrieben wird? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 110

Was das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 betrifft, das Stellenbesetzungsgesetz, das Aktienrecht – ich verlange von Ihnen eine Stellungnahme, Herr Staatssekretär!

Oder zum Semmering-Basistunnel: Bundeskanzler Schüssel ist voll dafür verantwort­lich (Abg. Dr. Fekter: Wie ist das in der AMAG?), wenn der Rechnungshof feststellt, dass die niederösterreichischen Behörden in „fortgesetzter Rechtsbeugung“ Erkennt­nisse von Höchstgerichten missachten. – Unglaublich! (Abg. Wattaul: Das war aber der Erwin Pröll!) Und damit verbunden ist Schüssel natürlich auch verantwortlich für die Verschleuderung von rund 100 Millionen € Steuergeld. Herr Staatssekretär! Ich ver­lange auch dazu von Ihnen eine Stellungnahme.

Oder die Beraterverträge: 90 Millionen €. Sie haben aus 7 Vorständen und 11 Prokuris­ten 17 Vorstände und 21 Prokuristen gemacht! Aus 22 Aufsichtsratsmitgliedern 57! Und die Gagen haben sich verdoppelt! Und 90 Millionen zusätzlich an Beraterkos­ten? – Das ist ja unglaublich, Herr Staatssekretär!

Da gibt es Frau Steinacker mit einer Gage von 348 000 € (Abg. Dr. Fekter: ... General­direktor! Wahrscheinlich ein Sozi!), da gibt es den Vorstand Söllinger mit 425 000 €, Herrn Nigl mit 390 000 € und so weiter. (Abg. Dr. Fekter: Sozialdemokratische Politik ist das, was er da kritisiert!) Und zusätzlich verschleudern die Bundesbahnen 90 Millio­nen € an Beraterkosten?! Ja was tun denn diese hoch- und höchstbezahlten Manager eigentlich den ganzen Tag? (Abg. Dr. Fekter: Wer war denn Generaldirektor da­mals?) – Auch dazu verlange ich von Ihnen, Herr Staatssekretär, eine Stellungnahme.

Oder was die Politpropaganda betrifft (Abg. Dr. Fekter: Wie viel hat denn die Gewerk­schaft mitgeredet? Der Aufsichtsrat?): Sie haben ja auch in ÖBB-Chef Huber eine Werbeikone. Ich darf an das Inserat mit Landeshauptfrau Klasnic erinnern – das Wahl­ergebnis ist ja bekannt.

Herr Staatssekretär, eine Stellungnahme dazu: Wird Huber weiter Parteiwerbung für die ÖVP betreiben? – Eine Stellungnahme, Herr Staatssekretär.

Keine Stellungnahme, was die Pietätlosigkeit und Brutalität bei Ihren Postenschacher­aktionen betrifft. Dem schwer kranken Dipl.-Ing. Thomas Thüringer wurde über die Presse signalisiert: Wir schreiben dich ab!

Herr Huber hat sich noch dazu verstiegen, in der „Zeit im Bild 2“ zu sagen, weil jemand krank ist, müsse man neues Personal bestellen. (Abg. Neudeck: Kollege, soll ich Ihnen den Praschak-Brief bringen, von der Kontrollbank?) – Gestern war das Begräb­nis! Mäßigen Sie sich, Herr Kollege!

Ich danke in diesem Zusammenhang dem ehemaligen Verkehrsminister Dr. Caspar Einem. Er hat einen sehr sinnvollen und einfühlsamen Kommentar dazu verfasst. – Sie sollten sich schämen, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Der Thüringer war krank, aber der Praschak hat sich umgebracht ...!)

14.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöls. – Bitte. (Abg. Neudeck: Das ist ja pietätlos, einen kranken Menschen zu verwenden! Der Praschak hat sich umbringen müssen!)

 


14.14.35

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kräuter weiß, dass er das, was er hier gesagt hat, nur unter dem Schutz der Immunität sagen kann! (Abg. Dr. Fekter: Ja!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 111

Kollege Kräuter nimmt als Abgeordneter die Immunität in Geiselhaft, weil er Unwahr­heiten von diesem Rednerpult aus behauptet und weil er ein verzerrtes Zeitgedächtnis hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kräuter, Ihnen geht es nicht um die Sache ÖBB, Ihnen geht es um reine Politpropaganda! Ihnen geht es um ganz billige Polemik! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Denn ginge es Ihnen um die ÖBB und um den Bericht des Rechnungshofes, so hätten Sie sich im Zuge Ihrer Vorbereitung auf diese Ihre heutige Rede das Interview mit Ge­neraldirektor Huber im „News“ angesehen – er wurde von Staatssekretär Kukacka mit November 2004 eingesetzt.

Huber sagt: Was im Rechnungshofbericht steht, stimmt leider. Seit ich aber selbst für das Unternehmen Verantwortung trage, wurden diese Missstände bereits behoben. Wir haben die Anregungen des Rechnungshofes genau aufgegriffen. – Das ist der eine Punkt.

Sie sollten also dankbar sein dafür, dass die Maßnahmen gesetzt wurden. (Abg. Neu­deck: Den Beweis kann er aber auch nicht bringen, der Huber! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie, Herr Kollege Kräuter, behaupten wider besseres Wissen hier von diesem Redner­pult aus, dass der Rechnungshof dem Land Niederösterreich wiederholten Rechts­bruch vorwirft. – Das ist falsch! Ich verwende keinen anderen Ausdruck, weil ich mir für Sie hier keinen Ordnungsruf einhandeln möchte.

Der Rechnungshof erklärt, dass das in einem Sachverständigengutachten erwähnt wird. Sie stellen immer die Autorität der Sachverständigen in Frage, aber dann, wenn Sie es für Ihre billige Parteipropaganda brauchen, nehmen Sie auch Sachverständige in Geiselhaft.

Herr Kollege Kräuter, nehmen Sie zur Kenntnis: Seit diese Bundesregierung die not­wendigen Schritte für die ÖBB eingeleitet hat, geht es mit den ÖBB, Gott sei Dank, bergauf. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Sie hier tatsächlich behaupten, dass die von allen zu Recht angeprangerten sanitären Missstände in den ÖBB-Bahnhöfen erst in den letzten drei, vier Jahren entstanden sind, muss ich sagen: Das sind die „Häusl“, für die Ihre Verkehrsminister die Verantwortung haben, die Sani­täranlagen, die diese jahrelang nicht saniert haben!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einer, der Verkehrsminister war und nach Ende seiner Funktion als Parteivorsitzender von Ihnen scheinbar richtig eingeschätzt wurde – denn er ist der Erste, der nicht Ehrenparteiobmann wurde –, ist der seinerzeit verantwortliche Verkehrsminister Viktor Klima.

Landeshauptmann Pröll hat in einem Interview im „Inlandsreport“ im Jänner 1993 den seinerzeitigen Verkehrsminister Klima davor gewarnt, mit dem Bau des Semmering-Sondierstollens zu beginnen, bevor die entsprechenden rechtlichen Gutachten vorlie­gen. – Das ist Ihre Verantwortung! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Fragen Sie Ihren jetzigen Abgeordneten Kollegen Hannes Bauer, warum er bei dieser Debatte nicht hier ist, denn er hat als zuständiger Umweltlandesrat in Niederösterreich die niederösterreichische Linie mit vertreten, genauso wie der jetzige Umweltlandesrat Emil Schabl – übrigens ein Sozialist, für den Fall, dass Ihnen das nicht bekannt ist.

Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was vom Rechnungshof kritisiert wird, wird zu Recht kritisiert, es fällt das allerdings – und das muss man den Sozialis­ten ins Stammbuch schreiben – unter Ihre politische Verantwortung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 112

Auch die Frage der Pensionsregelungen. Ich wäre froh gewesen – auch als Gewerk­schafter –, wenn Ihr Willi Haberzettl die Größe gehabt hätte, die die Betriebsräte Höfl und Hofmann in der AMAG-Frage gehabt haben, und gesagt hätte, dass er sich nicht permanent vor den Parteikarren spannen lässt.

Wenn Sie irgendwo billig politisches Kapital schlagen können, ist Ihnen jedes Mittel recht.

Hohes Haus! Ich danke den Beamten des Rechnungshofes, Herr Präsident, ich danke Ihnen, dass wir jetzt die Möglichkeit haben, auch in dieser Frage offen über die Ver­säumnisse der verantwortlichen Sozialisten zu sprechen. Schauen Sie auf die Jahre, die debattiert werden, schauen Sie auf die Zeit, die beanstandet wird hinsichtlich der Pensionsfrage.

Schlagen Sie nach, wann Klima die Verantwortung für den Semmering-Basistunnel übernehmen hätte sollen! Seien Sie wenigstens so ehrlich und sagen Sie, dass der Rechnungshof das Vorgehen Niederösterreichs nicht kritisiert, sondern aus einem Sachverständigengutachten zitiert hat!

Der Wähler hat zu Recht im Jahr 2000 für eine Wende votiert. Wir haben jetzt mit dem zuständigen Staatssekretär Helmut Kukacka einen Verantwortlichen, der die Möglich­keit hat, sich der durch SPÖ-Politiker aufgestauten Missstände anzunehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Sag einmal Gorbach!) Wir haben mit unserem Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel einen Mann, der Staatssekretär Kukacka den Rücken stärkt, und wir haben mit Generaldirektor Huber, der von Staatssekretär Kukacka be­auftragt wurde, jemanden, der mit diesen Missständen aufräumt – dies im Gegensatz zu jenen, die seinerzeit unter Ihrer Parteidecke gestanden sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Faul: Die Umfragewerte sind wirklich schlecht!)

14.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


14.21.14

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Man erinnert sich bei diesen Debatten eher noch ans Jahr 2000/2001. Aber es ist ja ganz gut, wenn Sie in Ihrer Erregung hier zu­mindest dokumentieren, dass auch Ihnen noch nicht ganz entgangen ist, dass es auch einmal eine rot-schwarze Koalition gegeben hat. Trotzdem kommt da einiges durchein­ander, glaube ich.

Was sich in den vorliegenden Rechnungshofberichten findet, ist, gemessen an dem, was an so genannten Privilegien und was weiß ich welchen Zuständen – da sind ja Sie aufgerufen, die entsprechenden Worte dafür zu finden – kolportiert worden ist, eigent­lich keine besonders dicke Suppe.

Auf der anderen Seite ist zu fragen: In welchem Zeitraum hat sich denn das alles abge­spielt? Wie ist man denn darauf gekommen, den Rechnungshof ausdrücklich noch ein­mal zu bemühen, als es etwa um die Ruhestandsversetzungen ging?

Das Klima im Jahr 2001 war doch klar und deutlich davon geprägt, dass die damalige Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer sowohl in den Ämtern als auch was die staatsna­hen Betriebe betroffen hat Druck ausgeübt hat in die Richtung, dass es auch zu diesen vorzeitigen Ruhestandsversetzungen kommen sollte. Und dann soll man sich eben auch dazu bekennen. Sie hat ja einmal auf der Regierungsbank ausdrücklich vorge­rechnet, dass das unterm Strich gerade noch ein bisserl billiger käme, und deshalb würde es so gemacht. Da müsste das halt mit gleichem Maß gemessen werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 113

Es bleibt sicher ein Problem. Wir treffen uns da, aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, summa summarum ist die Kritik des Rechnungshofes bei weitem nicht in dem Maß ausgefallen, wie Sie sich das vermutlich erwartet und erhofft haben, respektive was man aus der Erregung des Vorredners schließen musste.

Aber bleiben wir doch kurz bei den ÖBB. Es ist ja nicht das Versäumnis des Rech­nungshofes, dass wir hier immer relativ spät dran sind mit der Berichtsbehandlung. Gehen wir doch kurz auf die aktuellen Dinge ein. Erst vor wenigen Tagen haben wir einen Bericht – im Wesentlichen wieder über die ÖBB – bekommen, wo verschiedene Aspekte beleuchtet worden sind. Ich gehe jetzt nicht darauf ein, dass wieder einmal festgehalten wurde, dass das Land Niederösterreich fortgesetzte Rechtsbeugung be­trieben hat. Es ist immerhin schön, dass dies in einem Rechnungshofbericht festgehal­ten wurde. (Abg. Schöls: Das ist eine Unterstellung!) – Das ist keine Unterstellung, es war ein korrektes Zitat. (Abg. Schöls: Aus einem Sachverständigengutachten!) Der Rechnungshof hat ja offensichtlich dem Bundesministerium nicht widersprochen, das das veräußert hat.

Aber diese so genannte ÖBB-Reform hat doch ganz eindeutig zu einem Umstand ge­führt, der sonst auch immer wieder bekrittelt wurde: Beraterorgien haben sich abge­spielt, und das darf man ruhig so bezeichnen. Dies wundert einen ja überhaupt nicht. Man ist ja fast verleitet zur volkstümlichen Erkenntnis, und man muss es auch ausspre­chen dürfen: Wie der Herr, so’s Gscher. Bei den Beraterexzessen, die Sie da immer wieder abgeliefert haben, wundert es einen ja nicht, dass es dann bei den ÖBB auch so zugeht.

Jetzt bin ich aber gespannt, was diese so genannte Reform in den nächsten Jahren noch hergeben wird. Bis jetzt sind mäßige Erfolge feststellbar, Mehrkosten in jedem Bereich. Wir werden uns das noch weiter anschauen. Es ist ja nicht gesagt, dass die alten ÖBB die beste aller Strukturen hatten. Aber dass diese Umorganisation, wie sie vorgenommen wurde, auch ihre gravierenden Schwächen hat und dass man da oder dort ganz berechtigt den Eindruck gewinnen musste – Herr Kollege Broukal erinnert sich –, dass viele Einheiten gerade deshalb gegründet worden sind, damit sie umfärbe­mäßig besser zusammenpassen, respektive dass man die Posten halt entsprechend verteilt, das werden Sie auch schwer von der Hand weisen können, und darüber wer­den wir uns hier noch länger unterhalten müssen. Das sei heute schon angemerkt.

Ansonsten freuen wir uns auf die nächsten Berichte des Rechnungshofes in diesem Bereich. Ich darf mich wieder ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.– Ja, das sind Exzesse, das können Sie nicht anders bezeichnen, das sind Exzesse, wie hier Steuergeld zum Fenster hinausgeschmissen wird. Sie sollten da ein genaueres Auge haben als Vertreter der Wirtschaft. Sie behaupten ja immer, die Klein- und Mittelbe­triebe zahlen so viel Steuern. Dann schauen wir einmal, was da mit diesem Steuergeld passiert! Das ist einfach nicht legitim. Darüber, wo sonst noch Steuergeld hinausge­schmissen wird, weil das so schön zum Thema passt, werden wir uns ja in kurzer Zeit wieder ausgiebig unterhalten können.

Abschließend zu den ÖBB: Es wird noch viele Berichte brauchen, bis überhaupt einmal feststellbar ist, ob sich das nur annähernd einstellt, was Sie mit dieser Reform verbun­den haben. Wir befürchten Schlimmeres, aber vielleicht haben Sie auch nicht mehr Ge­legenheit, dieses Werk in der Form zu Ende zu führen. Reparieren werden es wieder andere müssen. Die diesbezüglichen Kosten dürfen Sie aber nicht der Regierung um­hängen, die dann am Werken ist, denn mit dem Rhythmus, mit dem Sie jetzt die Argu­mente aufbereitet haben, haben Sie eine Halbwertszeit von 16 Jahren. Das, was Sie heute präsentiert haben, bezieht sich ja auf 1998. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Wer war denn damals Minister?)

14.26



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 114

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist Herr Abgeordneter Wittauer.

 


14.26.56

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Es ist schon wieder einmal eigenartig, wie die Sozialde­mokraten da vorgehen. Martin Huber, ein sehr fähiger Manager, hat jetzt das Chaos beseitigt, durch das er sich am Anfang mühevoll bewegt hat. Warum hat er das? (Abg. Reheis: Diese Regierung hat dieses Chaos zu verantworten!) Er hat es übernommen von Rüdiger vorm Walde, und der hat es wiederum übernommen von Draxler, von den Sozialdemokraten, welche die Bundesbahn als ihr Eigentum betrachtet haben, dort, sage ich einmal, ihre Leute untergebracht haben, denn sonst ist es ja nicht möglich, dass über 90 Prozent bei der Gewerkschaft und die meisten Parteimitglieder sind.

Jetzt auf einmal, weil dort die Macht nicht mehr bei den Sozialdemokraten allein liegt – wenn man die Management- oder die Vorstandsebene anschaut, dann sieht man, dort sitzen sehr viele Sozialdemokraten –, die Macht also nicht mehr bei der Gewerkschaft, beim Haberzettl und bei Ihnen liegt, machen Sie systematisch die Bundesbahn mürbe und kritisieren sie auf allen Ebenen.

Das, was wir an Infrastruktur bei den Bundesbahnen übernommen haben, seien es die Toiletten oder die Bahnhöfe, war eine Katastrophe. Was hat also diese Bundesregie­rung getan? – Sie hat eine Offensive gestartet, die Bahnhöfe werden erneuert. Inns­bruck ist ein gutes Beispiel dafür. Es wird sehr viel in die Infrastruktur investiert, aber man kann nicht aus einem hundertprozentigen Sauhaufen damals – „Sauhaufen“ darf man ja sagen – von einem Tag auf den anderen ein Superunternehmen machen. Das geht nicht.

Wenn heute das Management ganz genau weiß, die Zahl der Mitarbeiter der ÖBB müsste um 12 000 reduziert werden, dann gibt es dafür ja eine Begründung. Ich bin nicht dafür. Ich bin deshalb nicht dafür, weil es Menschen betrifft.

Aber man sieht schon die Kultur. Wenn 25 Prozent der Eisenbahner permanent im Krankenstand sind (Rufe bei der SPÖ: Geh, bitte!) – ja sowieso –, dann ist das eine Kultur, die dort übertragen wird. Oder wenn das durchschnittliche Pensionsalter 53 Jahre ist, dann muss ich sagen, das hat ja nicht der Martin Huber oder diese Bun­desregierung erfunden, sondern das haben Sie erfunden. Das haben Sie ausverhan­delt mit sich selber.

Und jetzt haben Sie ein Problem damit, dass dieses Unternehmen auf einmal gut ge­führt wird, dass die Veränderung der Strukturen umgesetzt wird, allerdings mit Schwie­rigkeiten, weil es immer wieder von Ihrer Seite blockiert wird, auch vom Gewerk­schaftsboss Haberzettl. Dienstrecht wollen Sie kein neues. Sie wollen keine Gleichstel­lung mit den anderen Arbeitnehmern. Sie wollen die alten Rechte, die Sie Ihren Leuten gegeben haben, einfach bewahren. Und das ist, sage ich einmal, für das Unternehmen schlecht, weil das Unternehmen in Zukunft auf einem liberalisierten Markt erfolgreich arbeiten muss. Und es ist schlecht für Österreich. 4,3 Milliarden sind mehr als genug.

Aber jene Infrastrukturmaßnahmen, die diese Regierung getroffen hat, sei es bei der Schiene oder bei Bahnhöfen – in Wien-Süd hat es jetzt den Spatenstich gegeben –, beim Brenner-Basistunnel oder anderen Dingen, sind großartige Leistungen. Wenn Sie einmal die Verantwortung haben sollten – ich hoffe nicht, dass Sie einmal die Verant­wortung haben –, hoffe ich, dass Sie diesen erfolgreichen Weg weiterführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ich erteile es ihr.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 115

14.30.27

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir sehen jetzt seitens der Regierungs­vertreterInnen, die hier zum Rednerpult treten, ein sehr schlechtes Schauspiel (Zwi­schenruf des Abg. Schöls): Bei Ihnen von der ÖVP kommt, wenn Sie erwischt werden, voll die Wehleidigkeit zum Ausdruck – und beim BZÖ greift offensichtlich der Gedächt­nisverlust um sich. (Abg. Neudeck: Das braucht man zuerst einmal, damit man es ver­lieren kann!) Was jedoch die beiden Regierungsfraktionen verbindet, sind Abgehoben­heit und Arroganz, die ihresgleichen suchen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Hier die MitarbeiterInnen der ÖBB als Saustall zu bezeichnen und zu behaupten, dass das alles nur Tachinierer wären – das waren Ihre Vorwürfe –, ist schon ein starkes Stück! (Ruf bei den Freiheitlichen: Das hat niemand gesagt!) Sie haben gesagt, die ÖBB-MitarbeiterInnen sind alle krank und gehen alle viel zu früh in Pension! (Zwi­schenrufe des Abg. Wittauer.) – Kollege Wittauer, dann machen Sie einmal den Job eines Lokführers, eines Schienenwärters beziehungsweise Sonstiges! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wenn Sie das dreimal sagen, stimmt es auch nicht!)

Unsere Kritik wurde wieder voll bestätigt, und Kollege Kräuter hat völlig Recht mit dem, was er Ihnen vorwirft – und auch Ihre Erregtheit zeigt doch ganz eindeutig, dass Ihre Tage gezählt sind! Und das ist gut so! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur ÖBB als „Goldgrube“ für externe Berater. Im Ausschuss haben Sie von den Frei­heitlichen gesagt, welcher Saustall bei den ÖBB herrsche. – Jetzt wissen wir, wo der „Saustall“ ist: in den oberen Ebenen. Dort gibt es Aufträge für externe Berater, Leistun­gen werden zugekauft – aber erst im Nachhinein gibt es eine Ausschreibung! (Abg. Neudeck: Dr. Lansky wird sich freuen, wenn Sie so über ihn reden!) Obwohl es bei den ÖBB eine Kommunikationsabteilung gibt, wird das an externe Berater vergeben, wo sich die Kosten hiefür auf zig Millionen Euro belaufen, wobei da sozusagen alle ÖBBlerInnen ebenso dazu zahlen müssen – und denen unterstellen Sie jetzt bitte, dass diese nichts hackeln wollen!

Das, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, ist wirklich abzulehnen! Sie werden aber dafür die Rechnung ohnedies am Wahltag präsentiert bekommen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich verstehe Ihre Aufregung, Herr Kollege Schöls, aber diese wird sich sicherlich bald legen, denn wenn Sie dann nicht mehr hier herinnen sind, haben Sie sicherlich mehr Zeit und können sich mehr Yoga-Übungen und Sonstigem widmen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Schöls.)

Unsere Kritik ist voll berechtigt – und es ist wirklich vehement zurückzuweisen, dass Sie die ÖBBler hier so beschimpfen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


14.33.18

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit populisti­schen Aussagen seitens der Opposition, wie wir das heute hier erleben, ist bitte nie­mandem gedient! Damit können wir die ÖBB nicht dorthin bringen, wo wir sie brau-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 116

chen. Die ÖBB sollen ihre Zukunft doch als wirtschaftlich starkes Unternehmen finden und nach Möglichkeit auch weiterbestehen.

Ich möchte mich jetzt eher damit befassen, auf im Wahrnehmungsbericht aufgezeigte Mängel einzugehen; leider habe ich hiefür jedoch nur eine beschränkte zeitliche Mög­lichkeit. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bei den ÖBB werden den Dienstnehmern immer noch sehr viele Privilegien geboten, wobei man nicht weiß, ob diese auch in Zukunft finanzierbar sein werden. Zum Thema Krankenstand. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Eisenbahner sind mit durchschnittlich 26 Tagen doppelt so lange krank wie andere Arbeitnehmer in Öster­reich. Durchschnittlich befinden sich – das ganze Jahr über – 3 450 ÖBB-Arbeitnehmer im Krankenstand. Dort ist es auch sozusagen Sitte geworden, dass man ein Jahr vor Pensionsantritt ein „Krankenstandsjahr“ einlegt. – Erstes Beispiel.

Zweites Beispiel: Dienstfreistellungen. Rund 180 gänzlich freigestellte Personalvertre­ter und dazu 2 200 teilweise freigestellte Personalvertreter machen insgesamt Kosten von 10,2 Millionen € pro Jahr aus.

Drittes Beispiel: das Entlohnungssystem. Die ÖBB-Gewerkschafter haben das im Jah­re 1976, unter Bundeskanzler Kreisky, sehr gut gemacht und die dreijährigen Gehalts­vorrückungen auf Biennalsprünge abgeändert. Was das an Kosten bedeutet, kann sich wohl jeder selbst ausrechnen. Insgesamt ist es so, dass es dadurch rasche Vorrückun­gen gibt und so ein Bediensteter sehr schnell in die höchste Gehaltsstufe kommt.

Zum Thema Pensionsantritt bei den ÖBB: 7 200 Ruhestandsversetzungen von 1998 bis 2000; davon erfolgten 73 Prozent vorzeitig; 69 Prozent der Pensionsantritte gab es wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit – und das in einem System, wo man so­zusagen selber die Befundung durchführt! Das ist wohl auch ein bisschen eigenartig.

Weiters ist es im Unternehmen ÖBB möglich, dass man sozusagen während der War­tezeit auf die Pension auch noch entsprechende Vorrückungen sowie bereits nach einer Tätigkeit von 32 Dienstjahren Prämien für 40 Jahre Dienstzugehörigkeit be­kommt.

Dass da natürlich sehr viel an Reformarbeit notwendig ist, liegt ganz klar auf der Hand – allein wenn man bedenkt, dass der Abgang aus dem Pensionssystem jährlich 1,8 Milliarden € ausmacht. Wir wissen alle, dass die ÖBB einen Gesamtumsatz von rund 1,760 Milliarden € haben und somit nicht einmal den Abgang finanzieren können.

Wir werden daher alles daransetzen – der Herr Bundesminister, der Herr Staatssekre­tär sowie das ÖBB-Management –, die ÖBB wieder soweit instand zu setzen, dass die­se auch in Zukunft bestehen können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schöls zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


14.37.19

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Lapp hat behauptet, ich hätte in meiner Rede die ÖBBler beschimpft. – Das ist unrich­tig! (Abg. Reheis: Jawohl!)

Ich habe in meinem Debattenbeitrag nur die politische Verantwortung sozialistischer Funktionäre auf allen Ebenen in Erinnerung gerufen und diese zitiert – und das waren keine ÖBBler. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Riepl: Er hat ja gar nichts berichtigt!)

14.37



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 117

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Öllinger.

 


14.37.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz – Kollege Kogler hat es ja bereits angesprochen –: Vielleicht können Sie sich noch an die Zeit erinnern, als hier von dieser Regierungsbank aus Vizekanzlerin Riess-Passer dem Parlament großartige Enthüllungen angekündigt hat, wie es denn bei den ÖBB zugehe, welche kriminellen Praktiken bei den ÖBB vorherrschend seien.

Das war damals eine ziemlich dramatische Darstellung seitens der Frau Vizekanzlerin Riess-Passer, und ich kann mich deshalb so gut daran erinnern, weil ich noch während der Debatte nach entsprechenden Belegen und Beweisen gesucht habe, wie nämlich von Seiten der Politik Versetzungen in den Ruhestand nicht nur bei den ÖBB, sondern auch bei Post, Telekom et cetera veranlasst wurden.

Es ist ja nicht so, dass da die Politik – zu keinem Zeitpunkt! – hergehen und sagen hätte können: Wir waschen unsere Hände in Unschuld, denn es ist nicht nur der Vor­stand der ÖBB, der Vorstand der Post, der Vorstand der Telekom dafür verantwortlich, dass es dort zu Frühpensionierungen gekommen ist, sondern es war zu jedem Zeit­punkt so, dass diese Politik der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand von politi­scher Seite begleitet, ja empfohlen wurde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich habe es damals schon für einen Höhepunkt der Heuchelei gehalten, dass dann Re­gierungsmitglieder so quasi sagen: Haltet den Dieb! – und nicht auf sich selbst, son­dern auf andere zeigen! Das ist doch das Problem!

Jetzt lese ich – und ich bin wirklich dankbar für diesen Bericht des Rechnungshofes – eine sehr, sehr nüchterne Darstellung. Dieser Rechnungshofbericht ist doch durch die Bundesregierung veranlasst worden, die gesagt hat: Wir schalten die Staatsanwalt­schaft ein. Es hat sich aus Kärnten der Herr Haider, wenn ich mich nicht täusche, auch dazugeschaltet, ebenfalls mit einer Sachverhaltsdarstellung. Es wurde von einzelnen Fällen berichtet, von kriminellen Praktiken – es ist auch so benannt worden –, die im Bereich der ÖBB herrschen würden, und es ist absolut dramatisiert worden ... (Zwi­schenruf des Abg. Wittauer.)

Passen Sie doch auf, Herr Kollege Wittauer! Sie sollten ans Rednerpult kommen und sich stellvertretend für das, was Ihre Fraktion uns hier im Hohen Haus versucht hat ein­zureden, entschuldigen! (Beifall bei den Grünen und bei der SPÖ.) Es war nämlich nur Ihre Fraktion damals, die das aufgebauscht hat! (Abg. Parnigoni: Genau!) Und jetzt gibt es einen sehr nüchternen Rechnungshofbericht, der das in die richtige Relation bringt und eigentlich auch die Beziehung zwischen Politik und Management der ÖBB – sagen wir einmal – zart andeutet. Und genau so war es, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie sollten sich an der langen Nase nehmen! Sie haben damals bewusst skandalisiert! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Sie haben zu einem Zeitpunkt die Frühpensionie­rungen im Bereich der ÖBB skandalisiert, wo zur selben Zeit in einem anderen Sektor des öffentlichen Dienstes, nämlich bei den Lehrern, die Lehrerinnen und Lehrer im Alter von „50 plus“ in den Vorruhestand geschickt worden sind, von Ihnen als Regie­rungsfraktionen. Da haben Sie schön den Mund gehalten, das war alles okay, und die ÖBB haben Sie versucht zu skandalisieren und zu kriminalisieren. Darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten Sie anlässlich der Präsentation und der Diskus­sion dieses Rechnungshofberichts durchaus etwas mehr nachdenken! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.41



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 118

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


14.41.51

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke, was ich hier von den Rednern der Opposition gehört habe, muss man wirklich weitgehend als sachlich ungerechtfertigt, als politisch unfair und vor allem auch als parteiisch und einseitig zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Par­nigoni: Na! Na!) Ich glaube, das muss man der Gerechtigkeit halber sagen, und wenn ich das sage, Herr Kollege Kräuter, dann meine ich vor allem Sie. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Ich möchte mich zuerst zwei Punkten zuwenden, die heute eigentlich gar nicht Gegen­stand der Debatte sind, weil sie in dem Rechnungshofbericht gar nicht erwähnt sind, von dem heute gesprochen werden soll. Das eine ist der Semmering-Basistunnel, der ja von der Opposition ganz besonders aufgebauscht wurde.

Dazu möchte ich grundsätzlich festhalten, Herr Kollege Kräuter: Der Bau des Probe­stollens – was jetzt vielfach kritisiert wird und was auch so genannte stranded costs verursacht hat – ist überhaupt nur zustande gekommen, weil SPÖ-Verkehrsminister Klima den Auftrag dazu erteilt hat, ohne dass die endgültigen naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Voraussetzungen und Bescheide vorhanden gewesen wären, meine Damen und Herren. Dafür müsste man ihn eigentlich heute noch politisch und rechtlich zur Verantwortung ziehen! Das ist die eigentliche Frage. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kräuter: Jeder weiß doch, dass der Pröll das verhindert! – Abg. Neu­deck: Jetzt weiß ich, was ein Klimastollen ist!)

Meine Damen und Herren! Mit dieser lauthals vorgebrachten Kritik am Bau des Sem­mering-Basistunnels wollen Sie wahrscheinlich doch auch vom Versagen jener SPÖ-Verkehrspolitiker ablenken, die an der Realisierung dieses Tunnels gescheitert sind! (Abg. Parnigoni: Sie sind kein Parlamentarier! Sie sitzen auf der Regierungsbank! Er­sparen Sie uns das!) Deshalb fällt auch dieser Vorwurf, dass 93 Millionen € sozusagen unnütz verbaut worden sind, auf die damaligen SPÖ-Politiker zurück, die diesen Stol­len errichtet haben (Ruf bei der SPÖ: Das glauben Sie ja selber nicht!), ohne dass es die dafür notwendigen endgültigen Bewilligungen gegeben hat. Das ist ein Faktum, an dem kommen Sie und leider auch wir nicht vorbei!

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass Herr Landeshauptmann Pröll seinerzeit den damaligen Verkehrsminister Klima bei Baubeginn des Sondierstollens gewarnt hat. Das ist nachzusehen im „Inlandsreport“ des ORF vom Jänner 1993. Landeshauptmann Pröll hat gesagt, wenn der Herr Verkehrsminister das Projekt ohne Genehmigung star­tet, dann werde er dafür die volle politische Verantwortung tragen müssen. Verkehrsmi­nister Klima gibt es nicht mehr (Abg. Parnigoni: Aber den Verhinderer gibt es noch!), aber der Schaden von 93 Millionen € ist leider allen österreichischen Steuerzahlern dadurch entstanden, meine Damen und Herren. (Abg. Faul: Das glaubt Ihnen kein Mensch mehr!) – Das zu diesem Thema, und damit sollte eigentlich die tatsächliche Verantwortung wirklich geklärt sein. (Abg. Faul: Da lachen die Hühner!)

Ein anderes Thema, das eine große Rolle gespielt hat, sind die hohen Beratungsleis­tungen und -zahlungen bei den ÖBB. Es ist extrem unfair, dass Sie das der Regierung oder auch dem Herrn Verkehrsminister in die Schuhe schieben. Es war Verkehrsminis­ter Vizekanzler Gorbach, der den Auftrag an den Rechnungshof erteilt hat, das Ersu­chen gestellt hat, eine entsprechende Untersuchung, eine Sonderprüfung vorzuneh­men (Abg. Faul: Selbstanzeige!), meine Damen und Herren, weil dem Verkehrsminis­terium schon damals klar war, dass diese Beratungsleistungen überdurchschnittlich


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 119

hoch waren und dass man über die Effizienz dieser Beratungen sehr wohl geteilter Meinung sein kann.

Wenn also heute über dieses Thema diskutiert wird und wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat deshalb auch den Auftrag erhalten werden, im Sinne einer sparsamen Verwaltung dafür zu sorgen, dass die Beratungsleistungen zurückgefahren werden, dass sie effizient und transparent durchgeführt werden, dass alle Richtlinien eingehal­ten werden (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter), dann deshalb, weil das Verkehrsminis­terium und der Verkehrsminister dafür gesorgt haben, dass gerade diese problemati­schen Beratungsleistungen entsprechend untersucht und analysiert werden, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte auch auf Folgendes hinweisen: Dem Verkehrsministerium und auch mir – ich habe damals gemeinsam mit dem Verkehrsminister die Verhandlungen dafür ge­führt – sind die Unterlagen der ÖBB natürlich nicht zur Verfügung gestanden. Das waren ausschließlich Beratungsleistungen, die den ÖBB zugute gekommen sind. Wir haben auch als Verkehrsministerium bei dieser schwierigen Problematik Beratungsleis­tungen in Anspruch genommen – als Verkehrsministerium! –, weil schwierige unterneh­mensrechtliche, organisatorische, aber vor allem auch arbeits- und sozialrechtliche Fragen zu klären waren.

Das Verkehrsministerium unter der Verantwortung des Verkehrsministers hat nur 778 000 € an Beratungsleistungen gehabt, also nur einen Bruchteil dessen, nämlich 2,08 Prozent, was vom früheren ÖBB-Management für diesen Zeitraum und für diesen Zweck ausgegeben wurde. Sie können daran ermessen, dass wir sehr wohl sehr spar­sam damit umgegangen sind.

Meine Damen und Herren! Ich kenne die Personen oder Unternehmen nicht, die von den ÖBB beauftragt wurden. Das ist auch überhaupt nicht meine Aufgabe. Ich kenne nur einen Berater, weil er immer an der Seite des damaligen Generaldirektors vorm Walde gestanden ist. Das war ein bekannter Wiener Anwalt, und dieser Wiener Anwalt ist dieser Tage wieder bekannt geworden, weil er Moderator beim Verein „Change 06“ war und ist, eine SPÖ-Plattform für den politischen Wechsel. (Abg. Neudeck: Ist das der Lansky? Oder wie heißt der?) Das halte ich nur fest. Das war ganz sicher einer jener kritisierten Nutznießer, die nach dem Rechnungshofbericht sozusagen ihre Bera­tungsleistung den ÖBB zur Verfügung gestellt haben.

Ich sage das vollkommen wertfrei, meine Damen und Herren, weil es unfair ist, auf der einen Seite das allenfalls der Regierung in die Schuhe zu schieben (Ruf bei der SPÖ: Sie sollen es beweisen!) oder gar dem neuen Management, das damit überhaupt noch nichts zu tun hat, und auf der anderen Seite selbst so zu tun, als wäre man in keiner Weise involviert gewesen. Meine Damen und Herren, nehmen Sie sich in dieser Frage bei der Nase! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Zum Rechnungshofbericht!)

Kommen wir zum Rechnungshofbericht, über den Sie am allerwenigsten gesprochen haben, Herr Kollege Kräuter. Daher brauchen Sie das bei mir nicht einzumahnen. Das möchte ich auch in diesem Zusammenhang festhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte fest, dass diese Bundesregierung, die die erste war, die das Problem der Strukturreform und des völlig veralterten Dienstrechtes in Angriff genommen hat, von diesem Rechnungsbericht voll bestätigt wurde, meine Damen und Herren, in allen Punkten, die wir aufgegriffen haben und wo Sie uns unterstellt haben, dass wir das nur machen, weil wir die Eisenbahner sozusagen hassen. Das stimmt überhaupt nicht. Wir wollen ein System ändern, das seit vielen Jahren und in vielen Rechnungshofberichten von einem Organ dieses Hauses kritisiert wurde! Der Rechnungshof ist ein Organ die-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 120

ses Hauses, und er kritisiert seit vielen Jahren und Jahrzehnten ohne Folgen die Miss­stände bei den ÖBB, was das Dienstrecht betrifft. (Abg. Mag. Johann Moser: Sie trei­ben die Bundesbahnen in ein schweres Defizit!)

Wir waren jene Regierung, die zum ersten Mal genau diesen Rechnungshofbericht auf­gegriffen und versucht hat, entsprechend und gemäß dem Rechnungshofbericht Ände­rungen und Reformen durchzuführen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kräuter: Vier Minister haben Sie dort sitzen!)

Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was die Ursachen waren: Durchschnittlich 74 Pro­zent der ÖBB-Mitarbeiter gehen in die Frühpension. Der Staatszuschuss für die Pensi­onen beträgt 71 Prozent. Er ist in keinem anderen Sozialversicherungsbereich so hoch wie bei den Eisenbahnern, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Johann Moser: Bei den Bauern!) Das Pensionsantrittsalter liegt nach wie vor bei 52,6 Jahren. Die Höhe der Pensionen liegt bei 83 Prozent des Aktivgehaltes.

Sie kommen bei den verkehrspolitischen Diskussionen immer mit dem Beispiel Schweiz, meine Damen und Herren. Jawohl, die Schweiz ist in vielen Fragen ein Vor­bild. Aber dort liegt das Pensionsalter bei 65 Jahren und die Höhe der Pensionen be­trägt 60 Prozent des Aktivgehaltes! Darin liegt auch ein Unterschied! (Abg. Mag. Jo­hann Moser: Sie hassen dieses Unternehmen! Schämen Sie sich!) Und auch in die­sem Punkt sollten Sie sich die Schweiz zum Vorbild nehmen. So schaut nämlich die Realität aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben viele Reformen angepackt. (Abg. Mag. Johann Moser: Grenzenloser Hass!) – Nein. Herr Kollege, Sie tun mir wirklich Leid, wenn Sie nicht in der Lage sind, hier sachlich über diese Probleme zu diskutieren, vor allem, wenn Sie sehen, dass Sie mit Ihren Argumenten anstehen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege, hören Sie mir zu und sagen Sie mir in der Debatte, was von meinen Argumenten unrichtig war und welche Zahl, die ich hier angeführt habe, nicht stimmt, und was davon nicht durch den Rechnungshofbericht gedeckt ist! (Abg. Mag. Johann Moser: Ja, das Ganze!) Ich brauche mich nur auf Zahlen und auf entsprechende Be­richte von Organen dieses Hauses zu verlassen. Ich brauche gar nicht parteipolitisch zu argumentieren, weil die nackten Zahlen und Fakten in dieser Frage auf meiner Seite sind. (Abg. Dr. Cap: Was haben Sie gegen die Bundesbahnen?)

Bezüglich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben wir eine Regelung getroffen, die an die Regelungen für alle Angestellten angepasst ist. Meine Damen und Herren! Diese Neuregelung wird die doppelt so hohen Krankenstände der ÖBB im Vergleich zu anderen Unternehmen reduzieren. Wir haben die Vorrückungen abgeschafft und neue Gehaltsstufen in Verhandlungen erreicht und damit erreicht, dass dieses Unternehmen wettbewerbsfähig wird, auch indem die Sonderurlaubsregelungen, Turnusurlaubszu­schlag, Winterurlaubszuschlag, Feiertagsurlaubszuschlag abgeändert wurden. Auch der notwendige Nachtzeitzuschlag ist geändert worden. An dessen Stelle treten diffe­renzierte Regelungen entsprechend dem Nachtschwerarbeitsgesetz für besonders be­lastete ÖBB-Mitarbeiter.

Wie können Sie eigentlich rechtfertigen, dass bei den ÖBB diesbezüglich andere Re­gelungen gelten als etwa in den Siemens-Werkstätten, meine Damen und Herren, oder etwa bei der Voest? Wie können Sie das eigentlich den anderen Mitarbeitern, die Sie vertreten, gegenüber rechtfertigen? Sagen Sie das hier!

Wir haben auch die Personalvertretungsrechte geändert. Es gelten nun für die Vertre­tungsrechte des Betriebsrates jene Regelungen, die auch sonst überall gelten, etwa bei Siemens Verkehrstechnik, bei der Voest oder bei vergleichbaren Unternehmen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 121

Wir haben in diesem Bereich Gerechtigkeit geschaffen, und wir haben die Sonder­rechte abgeschafft, weil wir denken, dass alle Arbeitnehmerrechte und auch alle Unter­nehmen gleich behandelt werden sollen. Es ist der inhaltlichen Konsequenz und der politischen Hartnäckigkeit der Bundesregierung zu verdanken, dass es uns gelungen ist, ein modernes Dienstleistungsunternehmen zu schaffen. Wir haben noch nicht alles, aber ein wichtiges Etappenziel erreicht: weg vom Staatsmonopol, hin zu einem moder­nen Dienstleistungsunternehmen. Damit machen wir auch die Österreichischen Bun­desbahnen, die wir brauchen, fit für die Zukunft, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.56.48

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Wittauer hat behauptet, die modernen Bahnhöfe seien erst in der Ära der Generaldirektoren vorm Walde und Huber gebaut worden.

Ich berichtige tatsächlich: Dies ist unwahr! Der Baubeginn für die Bahnhöfe Linz, Inns­bruck, Klagenfurt, Graz und St. Anton war in der Ära des Generaldirektors Draxler. Die Grundlagenbeschlüsse sind in der Ära des Verkehrsministers Einem gefallen.

Herr Abgeordneter Wittauer hat weiters behauptet, dass permanent 25 Prozent der Eisenbahner im Krankenstand seien.

Ich berichtige tatsächlich: Die Krankenstandsquote bei der Eisenbahn beträgt 6,5 Pro­zent. (Zwischenruf des Abg. Wattaul.)

Herr Staatssekretär Kukacka hat behauptet, dass der Staatszuschuss von 70 Prozent für die Pensionen der Eisenbahner der höchste in der Republik sei.

Ich berichtige tatsächlich: Der Staatszuschuss für die Pensionen der Bauern beträgt 87,3 Prozent. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neu­deck. Herr Abgeordneter Neudeck, wir haben noch 2 Minuten. Wenn Sie bitte ans Red­nerpult kommen. Die Uhr ist für Sie auf 2,5 Minuten eingestellt.

 


14.58.10

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Die Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Es wird sich nicht die ganze Rede aus­gehen, aber ich werde mich am Anfang kurz auf den Kollegen Kräuter beziehen, weil ich es pietätlos finde, dass er hier das Begräbnis des Vorstandsdirektors Thüringer an­geführt hat, der aus Krankheitsgründen etwas weniger Dienst versehen hat, der auf Grund einer Krankheit gestorben ist. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Wegen Ihrer Partei hat sich der Vorstandsdirektor der Kontrollbank Praschak umge­bracht. Ich habe vor einigen Tagen die handgeschriebenen Abschiedsbriefe gelesen. Ihre Partei hat gemobbt, um dort Scholten hineinzubringen. Praschak hat sich umge­bracht, weil Sie ihn gemobbt haben – und dann sagen Sie hier, dass heute das Be­gräbnis des Kollegen ... (Abg. Mag. Johann Moser: So ein Blödsinn! – Abg. Reheis: Das ist ja ungeheuerlich!)

Kollege Kräuter, Sie werden hier jetzt sagen, das habe nichts miteinander zu tun. Aber vielleicht haben Sie heute am Abend eine ruhige Stunde und denken einmal darüber


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 122

nach, was Ihre Partei verursacht hat und was Sie hier mit Ihren Ausführungen wieder aufgerissen haben. Schämen Sie sich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (den Vorsitz übernehmend): Noch einen Satz können Sie sprechen, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (fortsetzend): Dann sage ich danke und rede nach der Dringlichen weiter, Herr Präsident. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: So ist es richtig.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 9 bis 11 der Tagesord­nung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Ge­schäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.00Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Jubel­propaganda bzw. Werbe- und Informationsmaßnahmen der Bundesregierung (800/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbstän­digen Antrages 800/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

In den letzten Tagen ist es, bedingt durch die großflächigen Jubelinserate von Regie­rungsmitgliedern, zu einer breiten öffentlichen Diskussion über die Zweckmäßigkeit  und Wirtschaftlichkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung gekommen.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang nicht nur an die Jubelinserate von Bundeskanz­ler und Vizekanzler nach der für unsere SportlerInnen sehr erfolgreichen Winterolym­piade, sondern auch etwa an die peinlichen Pannen beim Pensionsfolder des Sozialmi­nisteriums oder an die Neujahrsglückwunschinserate der Bundesregierung, in denen Österreich etwa das stärkste Wachstum außerhalb der Eurozone bescheinigt wurde.

Unakzeptabel für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind aber nicht nur Jubel- und Panneninserate, sondern auch die verstärkten Werbemaßnahmen kurz vor Wah­len. Nicht nur im NR-Wahljahr 2002, sondern auch im Jahr 2004, in dem mehrere Landtagswahlen stattfanden, haben die Ressorts insgesamt ihre Werbemaßnahmen erhöht und einzelne Ressorts kurz vor Wahlen besondere Werbeanstrengungen ge­setzt. Auch die direkte Förderung von partei- und parteinahen Zeitungen über Inserate und andere Subventionen ist bei Mitgliedern dieser Bundesregierung offensichtlich gang und gäbe.

Der Rechnungshof hat wiederholt die Zweckmäßigkeit, die Sparsamkeit und die Art der konkreten Durchführung von Vergaben der öffentlichen Hand für Kommunikation, Infor­mation und Werbung kritisiert, so z.B. im Wahrnehmungsbericht (III-29 d.B).

Die Bundesregierung und die Regierungsparteien haben  bisher die Empfehlungen des Rechnungshofs nachweislich und wiederholt nicht befolgt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 123

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, generelle und bindende Regeln für die Öffent­lichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung zu erlassen. Der Kern dieser Regeln hat auf jeden Fall folgende Punkte zu enthalten:

a) Die Finanzierung von Öffentlichkeitsarbeit bzw. von Informations- und Werbemaß­nahmen aus Haushaltsmitteln ist unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zulässig. Diese Maßnahmen haben dabei for­malen und zugleich inhaltlichen Kriterien zu genügen, die den Bezug zur Arbeit der Bundesregierung bzw. des jeweiligen Ressorts begründen.

b) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen sind unmit­telbar auf die vergangene, gegenwärtige oder aktuell zukünftige Tätigkeit der Bundes­regierung bzw. des jeweiligen Ressorts zu beziehen.

c) Die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium hat bei allen Formen der Öffent­lichkeitsarbeit deutlich als Bundesregierung bzw. Bundesministerium in Erscheinung zu treten.

d) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen aus Haus­haltsmitteln darf nicht auf parteipolitische Wahlwerbung ausgerichtet sein.

e) Die Grenzen zwischen der zulässigen und der unzulässigen Finanzierung von Öf­fentlichkeitsarbeit bzw. von Informations- und Werbemaßnahmen sind überschritten, wenn der Sachinhalt eindeutig hinter die werbende Form zurücktritt.

f) Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen haben bei den Bürgerinnen und Bürgern den Eindruck einer werbenden Einflussnahme zu Guns­ten einer Partei zu vermeiden.

Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, den Vorschlag, in bezahlten Werbe­einschaltungen die Kosten der Einschaltungen auszuweisen, ebenso zu prüfen wie die Einrichtung einer unabhängigen Kommission, die in Vorwahlzeiten die Öffentlichkeits­arbeit der Bundesregierung überwacht.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 1 GOG ver­langt

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Karl Öllinger als Antrag­steller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5, Herr Abgeordneter, darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.00.31

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Morak, schauen Sie nicht so traurig drein, wir wissen, Sie können nichts dafür. Nachdem der Herr Bundeskanzler heute Vormittag zu diesem Thema den Mund noch ziemlich voll genommen hat (Rufe bei der ÖVP: Schön sprechen!), zieht er es offensichtlich jetzt am Nachmittag vor, zu kneifen. Und das finde ich nicht sauber, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das finde ich nicht sauber angesichts des Umstandes, dass der Herr Bundeskanzler am Vormittag noch Behaup-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 124

tungen in den Raum gestellt hat, die er ganz offensichtlich am Nachmittag so nicht mehr wiedergeben kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Neuerliche zahlreiche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn Sie sich beruhigt haben, können wir anfangen. (Abg. Scheibner: Okay, fangen Sie noch einmal von vorne an! Sie haben einen zweiten Versuch!) Okay, dann beginne ich folgendermaßen:

Worüber reden wir heute angesichts des Umstandes, dass noch am Wochenende in österreichischen Medien Inserate geschaltet worden sind, in denen sich nicht nur der Bundeskanzler und sein Vizekanzler, sondern – etwas versteckt, aber durchaus deut­lich – auch der Verteidigungsminister zur Olympiade und zu den tollen Erfolgen der österreichischen Olympionikinnen und Olympioniken erklären wollten (der Redner hält das entsprechende Inserat in die Höhe – demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), nämlich in dem Sinn, dass die Mitglieder der Bundes­regierung ganz offensichtlich auch einen Anteil haben an den Gewinnen der Olympioni­ken beziehungsweise dafür mit verantwortlich sind. (Demonstrativer Beifall und Jawohl-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, halte ich für etwas vermessen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist eine Politik, wie sie sonst nur üblich ist in Volksdemokratien, wo sich führende Spitzenpolitiker im­mer mit Spitzensportlern haben abbilden lassen, weil sie so gehofft haben, die Popula­rität von Seiten des Sportes auf sich lenken zu können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) In den Volksdemokratien hat das nicht funktioniert, und bei Ihnen wird das auch nicht funktionieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Mein Gott na, der Öllinger! Schwach! Reden Sie etwas G’scheites!)

Aber reden wir jenseits der Kampagne vom Wochenende, Herr Klubobmann Molterer (Abg. Mag. Molterer: Das ist der Fuchs, dem die Trauben zu sauer geworden sind!), reden wir auch einmal darüber ganz offen, was eine Bundesregierung informieren darf und was sie nicht informieren darf! (Abg. Mag. Molterer: Der Fuchs, dem die Trauben zu sauer geworden sind, heißt Öllinger!)

Sehr geehrter Herr Klubobmann Molterer! Es gibt nicht nur dieses Inserat vom Wo­chenende (Rufe bei den Freiheitlichen: Halten Sie es noch einmal in die Höhe!), son­dern auch ein Inserat, wie es etwa vor wenigen Wochen zum Jahreswechsel geschal­tet wurde. (Der Redner hält ein Inserat mit dem Titel „Österreich hat es besser“ in die Höhe. – Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie können gleich sagen „bravo“, nämlich bravo für Fehlinformationen.

„Österreich hat es besser“ – auch wieder ein Inserat, das Bundeskanzler und Vize­kanzler gezeichnet haben (neuerlicher demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Abg. Wattaul: So viel Applaus haben Sie das ganze Jahr nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Öllinger wirbt für die Bundesregierung!) und in dem als Beleg dafür, weshalb es Österreich besser hat, angeführt wird: „Sieben von zehn Österreichern fühlen sich gesund“. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Ja! Rich­tig!)

Dann steht da weiter: „Reformen in Österreich sind am nachhaltigsten“. (Demonstrati­ver Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Rufe bei der ÖVP: Ja, richtig!)

Dann steht da weiter: „Die ältere Generation hat mehr Geld als je zuvor“. (Neuerlicher demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 125

Dann steht da weiter: „Österreich hat das stärkste Wachstum außerhalb der Euro­zone“. (Neuerlicher demonstrativer Beifall und Jawohl-Rufe bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Sie klatschen Ihrem eigenen Unsinn zu. Das war der Beleg dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sie sind offensichtlich jetzt noch nicht imstande, den Blödsinn, der da verzapft wird ... (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: He! He! – Abg. Dr. Rasinger: Das ist der Würde des Hauses nicht ent­sprechend!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Wir beginnen jetzt eine Debatte über ein ernstes Thema. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Es ist Ihre Verantwortung, dass wir ernsthaft reden können und hier nicht eine aufgeheizte Debatte entsteht. Ich bitte Sie, den Ausdruck „Blödsinn“ zurückzuneh­men! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Darf ich weiterreden? Jetzt möchte ich mich schon erklären, Herr Präsident!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich habe Sie gefragt, ob Sie den Ausdruck „Blödsinn“ zurücknehmen, da Sie sonst einen Ordnungsruf bekommen.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Wir sind nicht in der Volksschule, Herr Präsident! Ich möchte mich erklären dazu, das Recht habe ich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ich erkläre Ihnen, aber auch dem Parla­ment: Ich habe jetzt etwas vorgelesen, und nicht ich, sondern die Mehrheit der Regie­rungsparteien hat sich bemüßigt gefühlt, zu jedem der Punkte zu klatschen. Sie hat auch jenen Punkt als richtig beklatscht, der der größte Unsinn in diesem Inserat ist, nämlich: „Österreich hat das stärkste Wachstum außerhalb der Eurozone“. – Das ist nachweislich falsch, aber die Regierungsparteien haben geklatscht, und das habe nicht ich veranlasst. Sie sind schon selber schuld, wenn Sie zu jedem Unsinn, wenn Sie so wollen, klatschen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Da kann ich leider nichts dafür, Herr Präsident! (Abg. Wattaul: Sie reden so undeutlich!)

Ich glaube nicht, dass ich dadurch dazu beigetragen habe, indem ich daraus zitiert ha­be. (Abg. Mag. Molterer: Nein, es steht aber „Blödsinn“ nicht drin, das haben Sie gesagt! Am Vormittag hat es einen Ordnungsruf dafür gegeben!)

Es geht im Wesentlichen darum, dass hier falsche Informationen enthalten sind, die Sie beklatscht haben, und bei der Information, die nachweislich am falschesten war, weil Österreich eben nicht außerhalb der Eurozone liegt, haben Sie noch immer ge­klatscht. Sie sind offensichtlich bereit, zu allem und zu jedem Unsinn, der von Seiten der Bundesregierung in einem Inserat verbreitet wird, zu klatschen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Tut mir Leid, Herr Präsident, aber ich fühle mich außerstande, darauf eine andere Ant­wort zu geben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, ich habe nicht den Inhalt Ihrer Rede, ob falsch oder richtig, beurteilt, ich finde nur, dass das Wort „Blödsinn“ in diesem Zu­sammenhang der Würde des Hauses nicht entspricht. (Abg. Wattaul: Ja, das steht nicht drin!) Sie haben das jetzt auf „Unsinn“ korrigiert, und ich erteile Ihnen daher kei­nen Ordnungsruf. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Mag. Kogler: Es ist trotzdem ein aufgelegter Blödsinn!)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 126

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Herr Präsident, ich führe weiter aus:

Es gibt nicht nur dieses Inserat (Abg. Mag. Molterer: Genau!), sondern es gibt auch andere Inserate. Nachdem dieses Inserat (der Redner hält erneut das Inserat „Öster­reich hat es besser“ in die Höhe – demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) in der „Presse“ erschienen ist, lautete ein Titel der „Presse“ am selben Tag: „Umfrage: Mehrheit fürchtet Zukunft“. (Abg. Mag. Molterer: Die rot-grüne Zukunft, das stimmt!) – So nahe sind Sie offensichtlich bei dem, was die Österreicherinnen und Österreicher tatsächlich über die Zukunft denken. „Mehrheit fürchtet Zukunft“, das war am 28. De­zember der Titel der „Presse“ – am 28. Dezember haben Sie Ihr Inserat mit diesem Un­sinn verbreitet. (Abg. Mag. Molterer: Bitte, zeigen Sie es noch einmal her!) So schaut’s aus, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das nennen Sie Informationsarbeit?

Ich könnte Ihnen Beispiele noch und nöcher bringen, aus denen klar hervorgeht, dass es Ihnen offensichtlich nur in unwesentlichen Fällen darum geht, die Bevölkerung tat­sächlich zu informieren.

Ich nehme ein anderes Beispiel, und zwar aus dem Jänner dieses Jahres (der Redner hält das entsprechende Inserat in die Höhe): „Der Dienstleistungsscheck. Legal ist genial.“, heißt es da. – Ich vermisse jetzt Ihren Applaus, aber offensichtlich haben Sie überrissen, dass man nicht zu allem klatschen darf, weil der Dienstleistungsscheck mittlerweile nicht mehr genial, sondern der größte Flop ist.

Ich sage: Okay, man kann diesen Inseraten einen bestimmten beschränkten Informati­onswert nicht absprechen, aber was darin nicht enthalten ist, Herr Kollege Molterer, das ist beispielsweise die notwendige Information, wo die Leute ihr Geld bekommen. Das aber ist wesentlich; auch ein wesentlicher Grund dafür, dass der Dienstleistungs­scheck nicht funktionieren wird, denn die Leute, die sich einen Dienstleistungsscheck einlösen, beziehungsweise diejenigen, die mit ihm beschäftigt werden, sind darauf an­gewiesen, dass sie das Geld sofort erhalten. (Abg. Scheibner: Deshalb braucht man Information!)

Diese Information ist nicht enthalten, und auch nicht enthalten ist die Information, dass entgegen der Aussage dieses Inserates ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek steht mit dem Rücken zum Redner neben Abg. Dr. Cap.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordnete Gla­wischnig, ich bitte, dem Redner nicht den Rücken zuzuwenden! Es war Ihre Fraktion, die in der Präsidialkonferenz Klage darüber geführt hat, dass man dem Redner immer wieder den Rücken zuwendet.

Am Wort ist der Redner. (Abg. Mag. Molterer: Aber sie ist nicht interessiert an der Öllinger-Rede – was mich nicht wundert!)

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Es ist auch in diesem Inserat nur der Hin­weis enthalten: bei Trafiken und der Post erhältlich. Nicht enthalten ist die Information, dass der Dienstleistungsscheck nur bei den wenigsten Trafiken und bei den wenigsten Postämtern in ganz Österreich erhältlich ist. (Abg. Mag. Molterer: Wir werden wieder inserieren! Danke für den Hinweis!) – Auch mit ein Grund dafür, aber nicht der einzige, dass der Dienstleistungsscheck ein Flop ist.

Das heißt, auch dieses Inserat tut so, als ob es Information geben würde, und das mit dem Übertitel „ist genial“, aber das ist mit Sicherheit nicht der Fall.

Ich möchte Ihnen nur sagen, Herr Abgeordneter Molterer: Die Kampagne, die das Wirt­schaftsministerium dazu veranstaltet und die eine schlechte Information beinhaltet hat, hat wesentlich mehr gekostet als alle bisherigen Dienstleistungsschecks, die in Öster-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 127

reich verkauft worden sind! Weitaus mehr, das Vielfache davon! (Abg. Mag. Molterer: Wir werden eine neue machen, die dann besser ist!)

Dass Sie eine neue Kampagne machen werden, ist inzwischen keine Drohung mehr, Herr Klubobmann Molterer, weil die Österreicherinnen und Österreicher eine entspre­chende Antwort auf diese Ihre Kampagnen schon geben werden (Abg. Mag. Molterer: Wir werden eine neue machen!): Bei den nächsten Wahlen werden Sie diese Antwort erhalten! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Genau!) Ihre Hoffnung, dass die Menschen in Österreich das widerspruchslos zur Kenntnis nehmen würden, ist mehr als trügerisch, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionspar­teien! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nehmen wir nur die absoluten Zahlen der Beträge, die Sie mittlerweile für Öffentlich­keitsarbeit ausgegeben haben: im Jahre 2000 9 Millionen €. (Abg. Mag. Molterer: Das war zu wenig!) – Das war zu wenig!, habe ich jetzt gehört. Der Zynismus des Kollegen Molterer ist nicht überbietbar! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Herr Kollege Mol­terer, kommen S’ nur heraus mit Ihren Äußerungen. Insofern finde ich das ganz gut, dass Sie dazwischenrufen, da sich so jeder ein Bild machen kann, wie Sie mit Kritik, die ja nicht nur von der Opposition, sondern von einer wirklich breiten Öffentlichkeit kommt, umgehen.

Sie, Herr Kollege Molterer, Ihre Partei und Ihr Koalitionspartner – ich werde dann auch noch im Detail etwas dazu sagen – haben zu verantworten, dass es geradezu explo­dierende Informationskosten, enorm hohe Kosten für Jubelpropaganda seitens dieser Bundesregierung gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Im Jahre 2000 waren es 9 Millionen €, im Jahre 2004 gleich der doppelte Betrag, näm­lich 18 Millionen €! Im Jahr 2005 hat allein die Frau Sozialministerin für die Kampagne „Zukunft Soziales Österreich“ 4,5 Millionen € ausgegeben! Da hört sich der Spaß auf – gerade auch angesichts der Kürzungsprogramme im Sozialbereich –, wenn die Sozial­ministerin nichts anderes zu tun hat, als Millionen Euro für Jubelpropaganda auszuge­ben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sie wissen das genauso gut wie ich, Herr Abgeordneter Molterer!

Was war denn die Information, die in zahlreichen dieser Kampagnen enthalten war? – Sie haben es sehr schnell begriffen, Herr Abgeordneter Molterer, dass die Information, dass die Werbe- oder Jubelkampagnen zum Thema „Steuerreform“ bei den Österrei­cherinnen und Österreichern nicht gut angekommen sind, weil sie natürlich gleich ge­merkt haben, dass ihre eigene Realität eine andere ist als die auf diesen „schönen“ Inseraten dieser Bundesregierung dargestellte. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt nicht! Ganz im Gegenteil!)

Welche Kampagnen gab es seitens dieser Bundesregierung noch? – Mehrere Kam­pagnen zum Thema „Unfallrenten“, in denen Sie Ihre eigenen Pannen bei den Unfall­renten immer wieder korrigieren mussten; detto eine Kampagne zu den Ambulanzge­bühren.

Ich erwähne jetzt nur, weil es gut dazu passt, den Pensionsflyer, den Frau Bundesmi­nisterin Haubner erst jetzt, im Jänner 2006, an die Pensionistinnen und Pensionisten geschickt hat. Wissen Sie, was da passiert ist? – Die erste Auflage dieses Flyers wurde komplett eingestampft, weil das Logo „Zukunft Soziales Österreich“ nicht enthal­ten war! Dann wurde dieser Flyer noch einmal gedruckt. Natürlich entstanden wieder Kosten. Wer zahlt denn das, Herr Klubobmann Molterer? Zahlen Sie das? Die Steu­erzahler müssen das zahlen, was Frau Bundesministerin Haubner für gut und richtig befindet!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 128

Auf diesem Flyer fehlte also das dem BZÖ nachgebildete Logo – also wird diese Auf­lage eingestampft, hinaus mit einer neuen Auflage! Dann stellte sich allerdings heraus, dass die Aussagen, die in diesem Pensionsflyer enthalten waren, und zwar nicht nur die betreffend angeblich kostenlose Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, nicht stim­men! Wie reagierte Frau Bundesministerin Haubner darauf? – Anstelle sich hier und damit mittelbar auch bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zu entschuldigen, reagiert sie mit einer zusätzlichen Karte, die sie an die Pensionistinnen und Pensionis­ten ausschickt. Noch einmal ein Bild von Frau Bundesministerin Haubner – mit dem Hinweis, dass die Information in diesem Flyer falsch war!

Entschuldigung: Das ist Missbrauch von Steuergeldern! So schlicht und einfach ist das, Herr Abgeordneter Molterer! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe versucht, diese Kosten aufzulisten, und kann sagen: Insgesamt sind in den Jahren 2000 bis 2004 71,4 Millionen  € ausgegeben worden – wenn man den Zahlen Ihrer Ministerien glauben würde. (Abg. Parnigoni: Wie viel ist das in Schilling?) – Das ist rund 1 Milliarde Schilling; ausgegeben in fünf Jahren. (Abg. Parnigoni: Unglaub­lich!)

71,4 Millionen € sind hier also ausgegeben worden, wenn man den Zahlen Ihrer Minis­terien glauben kann; ich betone das. (Abg. Riepl: Das muss man den Leuten sagen!) Und ich bitte Sie ernsthaft, Herr Klubobmann Molterer, beziehungsweise auch den Herrn Präsidenten, dafür zu sorgen, dass wir Abgeordneten korrekte Informationen er­halten. Natürlich ist es schade, dass das jetzt Herr Staatssekretär Molterer ausbaden muss. (Abg. Mag. Molterer: Morak heißt er!) Staatssekretär Morak, ja.

Jedenfalls kann ich nur sagen: Ich möchte nicht gerne – egal, von welchem Ministe­rium – belogen werden! Und ich sage Ihnen weiters, ich habe Anfragebeantwortungen genau zu diesen Zahlen, die vermuten lassen, dass entweder der Bundeskanzler oder der Finanzminister die Unwahrheit sagt. Es geht dabei ganz konkret um eine Kam­pagne, die sozusagen verschwunden ist zwischen den Ministerien, nämlich die Kam­pagne des Jahres 2000 „Wir sichern die Pensionen“, die ja nur den „läppischen“ Betrag von 7 Millionen Schilling gekostet hat! Läppisch offensichtlich für Sie, weil inzwischen die Sozialministerin 4,2 Millionen €, also mehr als 50 Millionen Schilling, in einem Jahr für eine Kampagne verjubelt!

7 Millionen € hat also die Kampagne „Wir sichern die Pensionen“ gekostet. Bezahlt hat das Finanzministerium. Lesen Sie dazu die Anfragebeantwortung des Finanzministers aus dem Jahr 2000 – und Sie werden sehen: Davon steht da nichts drinnen! Lesen Sie dazu die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers – und Sie werden sehen: Von die­ser Kampagne steht dort auch nichts drinnen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mich würde interessieren, Herr Präsident des Nationalrates: Wer sagt da die Unwahr­heit? Herr Staatssekretär Morak, Sie ersuche ich um eine Antwort. Ich möchte nicht von hier nach Hause gehen im Wissen, dass Mitglieder der Bundesregierung jederzeit in Anfragebeantwortungen irgendeinen Topfen, aber auf alle Fälle Unwahrheiten hin­einschreiben können! (Abg. Großruck: Topfen ist gesund!)

Sie schütteln zwar den Kopf, Herr Klubobmann Molterer, aber ich kann Ihnen sagen: In Anfragebeantwortungen der Frau Bundesministerin Haubner habe ich drei unterschied­liche Zahlen bekommen. (Abg. Neudeck: Zu verschiedenen Zeitpunkten bekommen Sie verschiedene Antworten!) Drei Anfragen hat es gebraucht, damit ich erfahre, wie sehr das Sozialministerium die „Kärntner Nachrichten“, eine FPÖ-Parteizeitung, mit In­seraten finanziert! Eine FPÖ-Parteizeitung wird über Jahre hinweg mit Inseraten finanziert, und das Sozialministerium antwortet, das habe 10 000 € ausgemacht. In der nächsten Anfragebeantwortung hieß es dann: 14 000 € – und in einer weiteren:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 129

19 000 €. Das ein und dasselbe Jahr betreffend! (Abg. Neudeck: Zu verschiedenen Zeitpunkten bekommen Sie immer verschiedene Antworten!) Kommen S’ mir doch nicht mit dem Schmäh, Herr Abgeordneter Neudeck, ich habe das alles gründlich ge­prüft! Ich will nicht gerne belogen werden – egal, von wem, meine sehr geehrten Da­men und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Wir Abgeordneten haben hier nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, für eine entspre­chende Aufklärung von Seiten der Bundesregierung zu sorgen. Ich sage Ihnen auch ganz klar: Ich bin nicht gegen Informationsarbeit einer Bundesregierung, und es geht nicht um den Umstand, dass, sondern wie Informationen gegeben werden. Wenn aber immer herauskommt, dass vor Wahlen – egal, ob vor Nationalratswahlen wie im Jah­re 2002 oder vor Landtagswahlen wie im Jahre 2004 – der Informationsbedarf der Mi­nisterien ansteigt, vor allem einzelner Ministerien sprunghaft ansteigt, und diese noch das Bedürfnis verspüren, drei Tage vor einer Wahl große Inserate zu produzieren, dann hört sich der Spaß auf! Das haben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht verdient! Und natürlich fürchten sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler davor, dass Ihnen bei den kommenden Wahlen im Herbst durch diese Bundesregierung wie­der das Geld aus der Tasche gezogen wird, durch diese Bundesregierung, die Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, zu verantworten haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Halten wir fest: Es geht um den Umstand, dass Sie Jubelpropaganda machen, leider zu wenig Information (Abg. Dr. Stummvoll: Wir werden mehr informieren!), leider oft­mals falsche Information, dass Sie mit öffentlichen Mitteln auch Parteiförderung be­treiben (Abg. Dr. Fasslabend: Geh bitte, das stimmt ja nicht!) – das habe ich ja vorhin nachzuweisen versucht –, und ich könnte dazu noch weitere Belege anführen, wie parteinahe Zeitungen über Jahre hinweg gefördert wurden, wie über Jahre hinweg ge­schaut wurde – egal, ob es dabei um eine FPÖ- oder um eine Bauernbund-Zeitung geht –, dass dorthin entsprechende Mittel fließen. (Abg. Dr. Fasslabend: Wie viel Pro­zent macht das aus?) Auch das lässt sich klar nachweisen, meine sehr geehrten Da­men und Herren.

Was wir einfordern, ist eine saubere und transparente Darstellung von Kosten für Öf­fentlichkeitsarbeit durch die Ressorts einerseits und andererseits eine entsprechende Begleitung. Wir haben deshalb auch, weil ich das wirklich gut finde, den Vorschlag des Abgeordneten Kräuter in unseren Antrag aufgenommen. (Na-Rufe bei der ÖVP.) Da würde sich der Spaß, den Sie jetzt noch haben bei Ihren Jubelinseraten, zu denen Sie sogar klatschen, auch wenn diese Inserate falsch sind, sehr bald aufhören, wenn Sie darunter den Preis für die Kampagne schreiben müssten.

Ich halte das für einen ausgezeichneten Vorschlag. (Zwischenruf des Abg. Freund.) Ich würde es auch begrüßen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koaliti­onsparteien, wenn Sie sich mit uns darauf einigen könnten, dass in Zeiten vor Wahlen eine unabhängige Kommission die Informationsarbeit der Bundesregierung begleiten soll. Bis jetzt war es nämlich so, dass Sie ganz offensichtlich weder auf die Empfehlun­gen des Rechnungshofes noch auf Versuche der Oppositionsparteien, dieses Thema hier zu thematisieren, anzusprechen und Ihnen Vorschläge zu machen, reagiert haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben mit nichts reagiert, Sie haben einfach schlicht und ergreifend so weiter ge­macht wie gehabt! Das ist zu wenig, Herr Abgeordneter Molterer. Reißen Sie sich zu­sammen! (Beifall bei den Grünen.)

Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben eine Informationsarbeit verdient, aber keine Jubelpropaganda von Seiten der Regierungsparteien. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.20



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 130

Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Staats­sekretär Morak zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


15.21.13

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Öllinger, selbst bei wirklich sehnsüchtigem Bemühen meinerseits, einen gewissen Zusammenhang zwi­schen diesem Dringlichen Antrag und Ihrer Rede herzustellen, ist mir das nicht ganz gelungen. Ich möchte aber trotzdem eine Antwort auf Ihren Dringlichen Antrag abge­ben. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Neudeck entfernt die Graphik, die Abg. Öllinger auf dem Rednerpult zurückgelassen hat, und bringt diese zu dessen Platz.) – Ich danke Ihnen schön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, meine Damen und Herren, es herrscht in diesem Haus ... (Abg. Dr. Witt­mann: Das ist ein intellektuelles Armutszeugnis!) – Schauen Sie, ich trage das jetzt vor, dann bin ich gleich fertig und dann können Sie eine Antwort darauf geben. Sie sind ja auf der Rednerliste. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Brosz. – Abg. Dr. Wittmann: Falsche Rede! Die haben Sie gestern gehalten!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es herrscht in diesem Haus Konsens darüber, dass in einer modernen demokratischen Gesellschaft Kommunikation und Information zwischen den staatlichen und öffentlichen Körperschaften auf der einen und dem Bür­ger auf der anderen Seite ein wesentliches Kriterium der politischen Kommunikation geworden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist daher selbstverständlich, dass die Körperschaften des öffentlichen Rechts, Län­der, Gemeinden, Sozialpartner, Interessenvertretungen, Parteien, das Parlament und schließlich auch die Bundesregierung Öffentlichkeitsarbeit betreiben. (Abg. Broukal: Jetzt outrieren Sie schon!) Über das Wie scheiden sich seit jeher – und nicht nur in der politischen Diskussion – in Österreich die Geister. (Abg. Öllinger: Das sind Kammer­spiele! – Abg. Broukal: Werben oder nicht werben, das ist hier die Frage!) – Das kann ich auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass die österreichische Bundesregierung sowohl im innerösterreichischen Vergleich als auch international ihrer Informationspflicht mit Augenmaß nachkommt, möchte ich Ihnen anhand einer Vergleichszahl deutlich machen. Sie betrifft die Zahl der Mitarbei­ter, die für die Informationstätigkeit des Bundes zuständig sind. Der im Bundeskanz­leramt angesiedelte Bundespressedienst umfasst derzeit 39 Mitarbeiter. (Abg. Öllin­ger: Schön gesprochen!) Dagegen umfasst der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien laut Voranschlag 2006 111 Mitarbeiter. (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Wahnsinn! Das ist ja unglaublich!)

Wenn also für den Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien fast dreimal so viele Mitarbeiter wie für den Bundespressedienst tätig sind, so spricht das eine deutliche Sprache dahin gehend, dass die Informationstätigkeit der Bundesregierung mit Augen­maß und in einem vertretbaren Umfang erfolgt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Öllinger: Das interessiert aber nicht!)

Sie haben, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, dem Ent­schließungsantrag eine Reihe von Kriterien zugrunde gelegt, die sich fast wörtlich an jenem Katalog orientieren, den Präsident Fiedler aus Anlass einer Prüfung ausge­wählter Werbemaßnahmen der Bundesregierung im Jahr 2002 vorgelegt hat. (Abg. Mag. Kogler: So ist es! – Abg. Öllinger: Richtig!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 131

Ich kann Ihnen versichern, dass diese Kriterien schon jetzt für die Informationstätigkeit der Bundesregierung Richtschnur sind und dies auch in Zukunft sein werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Der Fiedler ...!)

Der Vollständigkeit halber darf ich noch erwähnen, dass die 2002 durchgeführte Prü­fung durch den Rechnungshof den Werbemaßnahmen der Bundesregierung ein mehr als passables Zeugnis ausgestellt hat.

Ich stimme Ihnen zu, dass es durchaus überlegenswert ist, anhand dieser Richtlinien einen Kriterienkatalog zu entwickeln, der allerdings dann für das gesamte öffentliche Leben in Österreich maßgeblich sein sollte. (Abg. Dr. Fekter: Auch für Häupl! – Abg. Dr. Stummvoll: Auch für Wien!) Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang darauf hin­weisen, dass auch jene Mittel, die seitens der Länder, Gemeinden, aber auch der Arbeiterkammer und anderer Organisationen für Informationszwecke aufgewendet wer­den, direkt und indirekt vom Steuerzahler bezahlt werden müssen. (Abg. Dr. Fekter: Ja, genau! – Abg. Dr. Niederwieser: Die Wirtschaftskammer haben Sie vergessen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer heute als politisch interessierter Leser Wochenmagazine durchblättert, der wird sehr schnell feststellen, dass die Bundesre­gierung bei weitem nicht federführend bei bezahlten Werbeeinschaltungen und Insera­ten ist. Sie können sich somit selbst davon überzeugen, dass die Informationstätigkeit etwa der Stadt Wien und der ihr zu 100 Prozent gehörenden Unternehmen im Rahmen der Wiener Holding bei weitem jene der Bundesregierung übersteigt. (Abg. Dr. Witt­mann: Kommen Sie sich nicht ein bisschen komisch vor?) Daher ist es nur recht und billig, zu verlangen, dass, wenn man sich auf einen Kriterienkatalog für Öffentlichkeits­arbeit beziehungsweise Informations- und Werbemaßnahmen einigt, dies für alle Ge­bietskörperschaften und alle Sozialpartner bindend sein soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Molterer: Genau! – Abg. Dr. Stummvoll: Auch für Wien! – Abg. Dr. Fekter: Lange Gesichter bei der SPÖ!)

Im Übrigen kann ich Ihnen versichern, dass wir uns bei der Öffentlichkeitsarbeit des Bundes an den in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Leitsätzen für die Öffentlichkeitsarbeit orientieren. (Abg. Mag. Kogler: Das glaubt Ihnen kein Mensch! – Abg. Öllinger: Was machen Sie da überhaupt?) Lassen Sie mich dazu die Kernaussage eines einschlägigen Erkenntnisses des Deutschen Bundesverfassungs­gerichtes zitieren:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung anerkannt, dass die Öf­fentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften nicht nur zu­lässig, sondern auch notwendig ist, um den Grundkonsens im demokratischen Ge­meinwesen lebendig zu erhalten. In den Rahmen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit fällt danach, die Politik der Regierung, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie künftig zu lösende Fragen darzulegen und zu erläutern. – Zitatende. (Abg. Dr. Wittmann: Es ist Ihnen unangenehm!)

Ich bekenne mich daher ausdrücklich dazu, dass die Information öffentlich-rechtlicher Körperschaften und die Informationsarbeit der Bundesregierung heute ein substantiel­ler Bestandteil der demokratischen Informationspflicht gegenüber der Bevölkerung sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch festhalten, dass diese Informations­pflicht auf verschiedensten Ebenen weit über die von Ihnen angeschnittenen Inserate hinaus passiert – etwa im Wege von Pressekonferenzen, von Internetauftritten der Bundesregierung und der einzelnen Bundesministerien, in Form von Publikationen und manchem mehr.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich möchte Ihnen hier nicht im Detail vorrechnen, mit wie viel öffentlichen Mitteln frühere Bundesregierungen im Zusam­menhang mit Informationsarbeit umgegangen sind. (Abg. Dr. Stummvoll: Das wäre in-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 132

teressant!) Manchmal fühlt man sich aber an den alten Grundsatz erinnert: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Öllinger: Wir sind nie im Glashaus gesessen!)

Ihnen, meine Damen und Herren von den Grünen, darf ich nur in Erinnerung rufen, dass Sie dort, wo die Grünen an der Regierungsarbeit teilhaben, wie beispielsweise in Oberösterreich, gerne Möglichkeiten von Werbe- und Informationsmaßnahmen der jeweiligen Regierung nützen. Ist Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, nicht auch schon das eine oder andere Inserat der Oberösterreichischen Landesregierung aufgefallen, auf denen Ihnen der grüne Landesrat Anschober durch so manches oberösterreichische Medium entgegengelächelt hat? (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer und Abg. Dr. Stummvoll: Ah so?! – Abg. Öllin­ger: Wir haben nichts gegen Information!)

Ich darf Sie daher einladen, dass wir diese Debatte vor dem Hintergrund führen, zu dem wir uns alle bekennen, nämlich dass Informationsarbeit wichtig ist, dass Werbe­maßnahmen ein legitimes Mittel der Information der breiten Öffentlichkeit (Abg. Öllin­ger: Nicht Desinformation!) durch eine Gebietskörperschaft – sei es Bund, Land oder Gemeinde – darstellen und dass es darum geht, wie überall im Leben, eine gewisse Proportionalität in der Verwendung der Mittel zu finden.

Jedenfalls bin ich davon überzeugt, dass Informationen, auch wenn sie von der öffent­lichen Hand kommen, in einer Art und Weise aufbereitet sein dürfen und sollen, in der sie die Bevölkerung ansprechen. (Abg. Öllinger: Ist das ansprechend?) So wie überall geht es auch bei allen Informationsaktivitäten der Gebietskörperschaften darum, den Adressaten, nämlich den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, Botschaften zu vermitteln. – In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 10 Minuten Wunschredezeit und gesetzliche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Fekter – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Sie haben die falsche Rede! Die haben Sie gestern schon mitgehabt!)

 


15.30.41

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das rote Licht hier kann nicht richtig sein, genauso wie aber die Zwischenrufe richtig sind, mit denen Sie wiederum darauf hinweisen (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer), dass ich einen Rechnungshofbericht mitgenommen habe. Ich habe den Rechnungshofbe­richt III-329 der Beilagen hier, in dem der Rechnungshof darauf hinweist, unter welchen Voraussetzungen Regierungswerbung überhaupt zulässig sein könnte.

Aber bevor wir dazu kommen, lassen Sie mich noch eine kurze Anmerkung zu den Darbietungen hier im Saale machen! Das Inserat über die olympische Disziplin „Schen­kelklopfen und Johlen von desorientierten Abgeordneten“ ist ja nicht mehr weit – so haben Sie sich heute hier präsentiert. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wo haben Sie Ihre Schenkel, Herr Kol­lege?)

Sie überspielen ja nur ganz massiv einen Vorwurf, den man im Parlament immer erhe­ben muss – das wäre auch Ihre Pflicht als Abgeordnete, selbst wenn Sie zur ÖVP ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 133

hören –: Wenn eine Regierung in dieser Art und Weise über die Stränge schlägt, dann ist es doch erstes Abgeordneten-Gebot – selbst bei Ihnen unten, Herr Kollege Zwey­tick –, sich dazu zu äußern. – Erstens.

Zweitens: Was sind diese massiven Missbräuche? – Es ist keine Kleinigkeit mehr, wenn im Jahr – im Jahr! – 20 Millionen € auf diese Art und Weise verbraten werden, unabhängig davon, ob da oder dort etwas Richtiges oder Falsches gesagt wird – dar­auf werden wir noch kommen –, aber es geht schlicht und ergreifend darum – und man hat sich ja dazu verstiegen, sich noch einmal auf den Rechnungshof zu berufen –, ob bestimmte Standards eingehalten werden oder nicht, oder ob man mit Anlauf und mit voller Absicht das Geld der SteuerzahlerInnen beim Fenster hinauswirft, um sie noch mit diesen unsinnigen Inseraten zu belästigen oder ihnen sogar die Unwahrheit zu ser­vieren. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist doch der Kreislauf, den Sie hier beschreiben: Steuergeld verschwenden, Un­wahrheiten unter das Volk bringen, und die Menschen sollen sich noch mit selbst bezahlten Dingen von Ihren Unsinnigkeiten anagitieren lassen. Dass Ihnen da noch einmal etwas blühen wird, das wird Sie ja nicht wundern! (Abg. Dr. Fekter: Wir müssen ständig eure Unwahrheiten korrigieren!)

Jetzt hatten wir hier wieder Herrn Staatssekretär Morak, der mit dem Ton (Abg. Mag. Molterer: Der Überzeugung!) – nein, nein, warten Sie ab; mit dem Tonfall können Sie ja dann noch konkurrenzieren – aus Grimms Märchenstunde gesprochen hat. Aber das wird alles nichts helfen!

Es war der Herr Bundeskanzler, der heute hier das Johlen und Schenkelklopfen mit seinen Antworten in der Fragestunde eingeleitet hat. Ich werde mich auch noch einmal auf ihn beziehen, denn diese Sache wäre eigentlich auch Sache des Kanzleramts, dort werden die Regierungsaktivitäten koordiniert und von dort ... (Abg. Mag. Molterer: Das ist Kanzleramt!)

Ja, ich weiß schon, aber es wäre gut, wenn sich der Herr Bundeskanzler dieser Verant­wortung hier gestellt hätte und nicht einfach in der Fragestunde, wo man als Abgeord­neter ja kaum Möglichkeiten hat, nachweislich und mehrmals die Unwahrheit in dieser Angelegenheit verzapft hätte – und ich sage Ihnen auch, wo er das getan hat. (Rufe bei der ÖVP: He!)

Es ist sowieso nichts Neues, dass es der Her Bundeskanzler mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, das ist mir schon klar, aber er hat sich ... (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Hier ist er gestanden und hat Folgendes bezüglich der Punkte des Rechnungshofes er­klärt. – Vermutlich hat er sich über den Rechnungshof lustig machen wollen, denn wenn er es ernst gemeint hätte, so hat er nacheinander die Unwahrheit gesagt. – Er hat hier sechs Punkte zum Besten gegeben und hat gesagt, einer nach dem anderen ist erfüllt. (Abg. Dr. Fekter: Richtig!)

Herr Präsident Fiedler hat damals noch diese Punkte ausgearbeitet – wir waren da­bei –, Fiedler sagte doch selbst – lesen Sie nach im „Kurier“ von vor wenigen Tagen, erst vor kurzem! –, dass mit den meisten Werbemaßnahmen, insbesondere mit jenen Jubelinseraten zu den Erfolgen der österreichischen Sportler bei weitem jedes Maß verloren gegangen ist und dass die Punkte des Rechnungshofes genau nicht einge­halten worden sind. Das ist die Aussage desjenigen Präsidenten des Rechnungshofes, der diese Richtlinien verfasst hat! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler stellt sich hier her, behauptet das Gegenteil und Ihnen fällt nichts anderes ein als Johlen und rhythmisches Schenkelklopfen. Auf diesem Niveau


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 134

bewegen Sie sich hier im Moment! Sie müssen sich das wirklich vorhalten lassen, weil es um eine im Kern doch ernste Sache geht, aber das wollen Sie einfach nicht wahr­haben!

Ich bleibe beim Kanzleramt und bei Bundeskanzler Schüssel. Der Herr Staatssekretär hat natürlich mitnichten – mitnichten! – diese Divergenzen aufgeklärt (Abg. Öllinger: Er hat keine Ahnung!), wo die Abgeordneten des Parlaments – letztlich auch Sie (in Rich­tung ÖVP), aber Ihnen ist das ja offensichtlich Wurscht – falsch informiert worden sind. Ich habe mir jetzt die Anfragen geholt, die Kollege Öllinger angesprochen hat:

Es wurde vom Finanzministerium eine Anfragebeantwortung übermittelt, aus der her­vorgeht, dass die Kampagne „Wir sichern die Pensionen“ vom Bundeskanzleramt ab­gewickelt worden ist. – Der Bundeskanzler schreibt etwas zurück, wo davon für das betreffende Jahr überhaupt keine Rede ist!

Und dann hat noch einmal der Finanzminister – weil er offensichtlich schon gemerkt hat, dass wir wieder dabei sind, ihn respektive den Bundeskanzler zu ertappen – das zweite Mal wieder andere Zahlen zur gleichen Frage herausgegeben.

Das ist doch unerhört! Da können Sie ruhig noch weiter darüber lachen, Faktum ist an dieser Stelle, dass entweder der Herr Finanzminister oder der Herr Bundeskanzler das Parlament falsch informiert hat, unwahre Angaben gemacht hat und Sie sich ruhig wei­ter darüber belustigen können. Anderswo, in einem anderen Parlament, wo die demo­kratischen Gepflogenheiten ein bisschen besser eingehalten werden, hätte das ganz andere Konsequenzen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Wo?)

Ich darf mich wiederholen: Johlen und Schenkelklopfen ist Ihre Reaktion. Johlen und Schenkelklopfen! Und je mehr Sie klopfen und johlen, desto ernster sind offensichtlich die Vorhalte – die Vorhalte sind ja damit nicht zu Ende. Es geht ja auch nicht nur um die Summen. (Abg. Neudeck: Eine Geschäftsordnung, die die SPÖ mitbestimmt hat, als sie stärkste Partei war!)

Bleiben wir nur im Sozialministerium! Dort explodieren die Kosten – also die Summen steigen –, aber: Wofür? Im Artikel im „Kurier“ wurde berichtet, dass mittlerweile schon die Mitarbeiter im Ministerium die sozusagen tragische, muss man fast sagen, Erkennt­nis äußern, dass das dort nicht nur eine Sache der Betragshöhe ist, sondern dass möglicherweise auch falsch abgerechnet wird, dass unmittelbar und über Umwege das BZÖ Nutznießer dieser Millionen-Kampagnen ist, weil dort nicht einmal genau abge­rechnet wird. Es ist also nicht einmal sicher, ob nicht diverse BZÖ-Aktivitäten unmittel­bar aus dem Sozialressort finanziert werden! (Abg. Neudeck: Sie wissen, was mit Zei­tungsenten passiert? Die kriegen auch die Vogelgrippe! – Abg. Dr. Fekter: Haben Sie Beweise dafür? – Abg. Neudeck: Dann legt etwas hin!)

Sie mögen ja zu Recht jammern, was Sie wollen, aber Sozialfall im herkömmlichen Sinn sind Sie wohl hoffentlich noch nicht. Und deshalb gehört das überprüft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bin ja immer noch gespannt darauf, wann die Frau Sozialministerin endlich den Rechnungshof damit beauftragen wird, einmal Nachschau zu halten, wie denn diese vielen Millionen abgerechnet werden. Und es hilft ja nichts: Kaum hat man einmal einen Zipfel erwischt ... 4,2 Millionen € war die erste Auskunft. Das waren die Kosten für das Jahr 2005, bei 2006 sind wir noch gar nicht. Die Graphik des Kollegen Öllinger müsste so ausschauen, dass die Kurve 2006 steil nach oben geht – aber das ist wieder eine andere Debatte –, die müsste man noch ergänzen. (Abg. Mag. Weinzinger hält die erwähnte Graphik in die Höhe.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 135

Es geht jetzt darum, dass wieder eine falsche Auskunft gegeben wurde. Wieder! Wir haben es mit aufgedeckt, der „Kurier“ hat es geschrieben. Sie sind sich ja nicht einmal zu gut dafür, dass Sie das vielleicht ansatzweise dementieren wollen!

Noch einmal 400 000 €, so im Dezember – en passant! –, für Werbungen – und jetzt kommts! – nicht etwa für Informationskampagnen des Sozialministeriums, in denen vielleicht entsprechend Bedürftige Information bekämen, wie sie ihre Rechte besser nutzen können – nein, von dem war gar keine Rede! Irgendeine „Zukunft Soziales Ös­terreich“ ist wieder kolportiert worden. Und wissen Sie, wo? – Ausschließlich in BZÖ-nahen Zeitungen, zum Beispiel in einer Zeitung, in den „Kärntner Nachrichten“, von der der Chefredakteur selbst sagt: Wir, die „Kärntner Nachrichten“, sind eine BZÖ-Kunden­zeitschrift.

Ja, wunderbar! Gratuliere! Da gehört Geld hingeschoben! – So wird hier vorgegangen, aber viel Zeit haben Sie ja nicht mehr. (Abg. Neudeck – auf das rot blinkende Licht am Rednerpult zeigend –: Sie auch nicht!)

Wir wollen Ihnen auch dort den Weg abschneiden, was diese offenkundige Verschleu­derung von Steuergeldern betrifft, und das in einem politischen Bereich, der unserer Meinung nach jedenfalls hoch sensibel ist.

Wenn Sie sich dazu versteigen, den Rechnungshofpräsidenten als Kronzeugen zu nominieren, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir hier erklären, dass der Bun­deskanzler glatt die Unwahrheit gesagt hat.

Ich komme noch einmal zu einem Punkt, der hier behandelt worden ist, und stelle die Frage: Wie sonst soll es, Herr Präsident, bezeichnet werden, wenn die Bundesregie­rung behauptet, dass sie außerhalb des Euroraums ist – ich weiß ja nicht, ob man sich jetzt nicht dem Strache-Volksbegehren unterworfen hat –, und wenn das noch dazu unter die Leute gebracht wird und mit Steuergeld bezahlt wird? Als was soll man das sonst charakterisieren denn als ausgewiesenen, in Zeitungen dargestellten, dem Steu­erzahler Geld kostenden und schlicht und ergreifenden Blödsinn. Das ist einfach ein Blödsinn! Und das ist auch zu sagen. (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kogler, ich erteile Ihnen einen Ord­nungsruf.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Das ist mir zwar nicht nachvollzieh­bar, aber soll so sein.

Ich komme nun zum abschließenden Punkt: Der Bundeskanzler und der Herr Vize­kanzler haben sich dazu verstiegen, persönlich, so wie weiland bei irgendwelchen Dik­taturen, die Sportler vor sich hinzustellen und zu sagen: Das sind unsere Erfolge! (Prä­sident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Das trägt dann noch die Unterschriften des Vizekanzlers und des Bundeskanzlers. Ich schlage vor: Wir werden das Geld bei den Herren persönlich wieder eintreiben, denn das muss man sich wirklich nicht gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Seine Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


15.41.21

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es mutet schon etwas eigenartig an, wenn der Abgeordnete Öllinger und der Abgeordnete Kogler sich hier im „weißen Kleid“ herstellen, quasi als Schneewittchen, und Belehrungen geben, denn wenn man näher hinsieht, dann merkt man, dass es einen großen Unterschied zwischen uns und den Grünen gibt. (Rufe bei


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 136

den Grünen: Gott sei Dank! Mehrere!) Und da haben die Grünen einen Startvorteil: Sie können sich mit mehreren Regierungsmitgliedern beschäftigen, ich jedoch kann mich bei Ihnen nur mit einem Regierungsmitglied beschäftigen, und zwar mit Ihrem Regie­rungsmitglied in Oberösterreich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist das Parla­ment! Wir kontrollieren die Regierung! Wenn Sie den oberösterreichischen Landes­rat ...!)

Weil Sie sich hier vorhin so alteriert haben über die Information, die erteilt wird: Es gibt da zwei Unterschiede zwischen uns und Oberösterreich, und ich darf das anhand eines Neujahrsinserates – das hat ja Kollegen Öllinger besonders erregt – hier aufzeigen.

Der erste Unterschied zu diesem Inserat, das übertitelt ist mit den Worten: „Ein Jahr er­folgreiche Arbeit für Oberösterreich!“ ist, das bei uns „Ober...“ fehlt. Das Zweite, was bei uns fehlt, ist das Bild des Bundeskanzlers, während auf diesem Inserat (eine Kopie des Inserates in die Höhe haltend) Anschober groß zu sehen ist.

Also bei den Grünen ist die wichtigste Information das Bild des Landesrates – und dann kommt lange nichts.

Ich sage Ihnen jetzt, wie bei Ihnen Information aussieht, wenn die Grünen Regierungs­verantwortung haben.

Nummer eins: Neujahrsinserat; Hauptinformation ist das Bild. (Abg. Dr. Rasinger: Bitte, zeig das noch einmal!) Ich zeige das noch mehrere Male.

Oder: Wo ist die Information, wenn mitgeteilt wird: „Ich lade Sie ein, Ihre Ideen und Vorschläge einzubringen ...“?

Die wichtigste Botschaft dabei: das Bild des Landesrates. (Der Redner zeigt eine Kopie des erwähnten Inserates.)

Oder, eine ganz neue Botschaft: „Klima schützen! Arbeitsplätze sichern!“ 

Die wichtigste Botschaft dieser Information (eine Kopie des Inserates in die Höhe hal­tend) ist wieder das Foto des Landesrates.

Oder: Der Landesrat ist für gesunde Lebensmittel. (Der Redner zeigt eine Kopie des erwähnten Inserates.) – Ja, das sind wir auch.

Wichtigste Botschaft: das Foto des Landesrates.

Oder (eine Kopie des Inserates in die Höhe haltend): „Essen ohne Gentechnik!“  – Der Minister hat es heute deutlich gesagt: Da treffen wir uns!

Die wichtigste Botschaft: Foto des Landesrates. (Rufe bei der ÖVP: Rechnungshof!)

Oder – das sind nur die letzten Inserate, bei zehn höre ich auf, ich will niemanden lang­weilen –: „Ökostrom für Oberösterreich.“ Wo ist hier (eine Kopie des Inserates in die Höhe haltend) der Inhalt? (Zwischenruf des Abg. Dr. Rasinger.)

Wichtigste Botschaft: Foto des Landesrates. – Kollege Rasinger, jetzt kennst du das Foto hoffentlich schon. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Nächste inhaltliche Botschaft (eine Kopie des Inserates vorzeigend): „Ökobonus für Forschung im Umweltbereich.“ – Der Rest sind bildliche Darstellungen. Das ist über­haupt nur ein Bilderbuch. (Rufe bei der ÖVP: Rechnungshof!)

So geht es weiter (eine Kopie des Inserates vorzeigend): „Kaufen Sie Klimaschutz.“

Wichtigste Botschaft: Foto des Landesrates. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 137

Oder, und da bin ich ganz der Meinung des Landesrats (eine Kopie des Inserates vor­zeigend): „Kaufen Sie Obst und Gemüse ...“ – Jawohl, sage ich! Kaufen wir Obst und Gemüse! (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtigste Botschaft: Foto des Landesrates.

Tolle Informationen! Wir sind dafür, dass so positiv über Oberösterreich informiert wird. Jawohl, wir sind dafür!

Oder (eine Kopie des Inserates in die Höhe haltend): „Oberösterreich“ ist „Europameis­ter!“ – Wir lassen da das „Ober“ weg und sagen: Österreich ist Europameister! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir sind uns einig: Wenn gearbeitet wird, wenn gut gearbeitet wird, dann soll man dar­über reden. Tue Gutes und rede darüber: Das ist uns auch ein Anliegen!

„Österreich hat es besser!“ – Na, was ist da der Unterschied zu „Oberösterreich wird Europameister“? Also, das erklären Sie mir bitte!

Aber es gibt einen Unterschied! Wir sagen: Es ist gut, dass informiert wird! Sie sagen: Das ist „peinlich, schäbig und protzig“, wie man in der „Neuen Zürcher Zeitung“ lesen kann. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das unterscheidet uns voneinander: Hier sich als Schneewittchen herzustellen, aber dort, wo man in der Regierung ist, eifrig das eigene Konterfei möglichst schön ins Blick­feld zu rücken. – Der Herr Landesrat ist ja tatsächlich ein fescher Kerl, also so gesehen passt es. (Ruf bei der ÖVP: Wer zahlt das?)

Das ist die Frage: Wer zahlt diese Inserate? – Vielleicht Sozialsprecher Öllinger. Ich weiß es nicht. Ich gehe davon aus, dass es die Steuerzahler in Oberösterreich zahlen.

Jetzt sage ich Ihnen eines: So gesehen war es goldrichtig, bei neun Goldmedaillen dieses Willkommens-Inserat letzten Sonntag zu schalten! Es war goldrichtig! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

Peinlich wäre es für uns alle gewesen, hätten wir keine Goldmedaille gehabt. Aber neun Goldmedaillen, 23 Medaillen für Österreich, das ist etwas Einzigartiges. Und wenn man sich darüber freut, dann soll man das ruhig zum Ausdruck bringen, meine Damen und Herren.

Wenn Sie glauben, dass man durch Schlechtmachen einem Staat Gutes tut, dann liegen Sie wirklich falsch.

Den „Spiegel“ dieser Woche (ein Exemplar desselben in die Höhe haltend), nehmen Sie ihn selbst zur Hand! Wissen Sie, was da die Botschaft ist? Sie sehen es: Alle lachen hier, auch die Sozialdemokraten. Und die Botschaft ist: die „Stimmungslage der Nation“. Das ist das ganz Entscheidende! Deutschland wird hier sogar als „das Land des Lächelns“ bezeichnet – weil es ein Aufatmen gibt in Deutschland. Sieben Jahre Rot/Grün sind zu Ende, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist ganz entscheidend: Eine Regierung hat neben der tagtäglichen Arbeit auch eine Verantwortung für die Stimmung, die in einem Land herrscht.

Sie aber können alles nur schlechtreden. Sie werden damit falsch liegen. Wir werden den Österreichern und Österreicherinnen sagen: Wir sind gut im Sport, in der Wirt­schaft, in der Kunst, in der Kultur – und auch durch unsere Arbeit! (Beifall und Bravo­rufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 138

Kollege Cap hat vor langer Zeit bei einem Parteitag einmal drei Fragen gestellt. Ich möchte heute nur zwei Fragen an Sie, Herr Kollege Cap, richten, weil Sie nach mir zu Wort kommen.

Erste Frage an Sie: Sagen Sie mir bitte: Was ist der Unterschied zwischen einem Inse­rat der Bundesregierung und dem Inserat Ihres Sportlandesrates in Kärnten, wo er meint: „Herzlichen Glückwunsch! Kärnten gratuliert den erfolgreichen Olympiateilneh­mern Thomas Morgenstern und Rainer Schönfelder! Wir sind stolz auf Euch!“?

Zweites Inserat, und zwar vom Bürgermeister von Villach gestaltet, auch zu Ihrer Partei gehörend: „Der Bürgermeister der Stadt Villach“ freut sich und gratuliert „Thomas Mor­genstern, Martin Koch und der Skiläufervereinigung Villach!“

Er hat es wenigstens richtig gemacht, er hat Martin Koch nicht vergessen, den der Sportreferent Schantl vergessen hat.

Aber was ist der Unterschied zwischen Steuergeld, das hierfür verwendet worden ist, und den 80 000 €, die die Bundesregierung ausgegeben hat? Das möchte ich erklärt haben. Das würde mich auch interessieren. (Abg. Öllinger: 80 000 €! Das glaubt ja niemand!)

Zweite Frage: Wie erklären Sie sich, dass Jahr für Jahr die Stadt Wien eindeutig mehr für Öffentlichkeitsarbeit ausgibt als die gesamte Bundesregierung? – Ich bleibe bei den Zahlen von Abgeordnetem Öllinger, denn ich nehme nicht an, dass er tiefgestapelt hat.

Das sind die Zahlen von Wien: Für das Jahr 2001: 26 Millionen € (anhaltende Wow-Rufe bei der ÖVP), für das Jahr 2002: 29 Millionen €, für das Jahr 2003: 27 Millionen € (Ruf bei der ÖVP: Wahnsinn!), für das Jahr 2004: 29 Millionen €.

Wissen Sie, was der Unterschied zum heurigen Jahr ist? – In der Vergangenheit hat man sich dafür noch geniert, denn im Voranschlag waren bisher immer nur 15 bis 20 Millionen € enthalten. Wissen Sie, was jetzt im Voranschlag für 2006 steht? – Da hat man bereits 27 Millionen € budgetiert. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen.) Wenn die 10 Millionen noch dazukommen, die Sie immer zusätzlich ausgege­ben haben, na dann gute Nacht!

Also, meine Damen und Herren: Lassen Sie die Doppelbödigkeit! (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt erneut das Glockenzeichen.) Stehen Sie dazu: Informationsarbeit ist in der Regierung notwendig! Staatssekretär Morak hat Recht! (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Auch er wünscht 8 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


15.50.11

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Angesichts der heutigen Fragestunde und der Auftritte unter anderem des Herrn Abgeordneten Lopat­ka entsteht der Eindruck, dass der Fasching noch nicht zu Ende ist. Es wirkt wie eine verlängerte Faschingssitzung. Vor allem das, was der Bundeskanzler in der heutigen Fragestunde geboten hat, ist unfassbar. (Abg. Dr. Fekter: Unfassbar großartig!) Er hat das einfach nicht als Fragestunde akzeptiert, er hat versucht, die Fragestunde lächer­lich zu machen, runterzumachen – immerhin eine parlamentarische Einrichtung, die man ernst nehmen sollte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber lassen Sie mich auch auf einen zweiten Aspekt eingehen, und zwar: Dort, wo sich der Herr Bundeskanzler nicht der Debatte hat stellen müssen, war er hier, nämlich in der Fragestunde. Denn: Immer dann, wenn eine kritische Frage von einem Oppositi-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 139

onsabgeordneten gestellt wird, kommen dann die „Jubel-Fragen“, die „Hölzlwerfer“ aus den Regierungsfraktionen – gerade, dass Sie nicht fragen: Wie war heute das Früh­stück, Herr Bundeskanzler, war das Gebäck mürb? – Das war die Spitze der kritischen Fragen, die sie gerade noch zusammengebracht haben.

Jetzt kommt der „Regierungs-Schauspieler“ zu Wort. Jetzt sitzt der Bundeskanzler nicht hier. Jetzt, wo es um die Debatte geht, wird der Staatssekretär Morak vorge­schickt. Darauf sei schon einmal hingewiesen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Am 9. Februar 2000 – Sie können das in Qualitäts­büchern nachlesen (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Abg. Mag. Molterer: Eigenwerbung!) – sagte der Bundeskanzler in seiner Regierungserklä­rung:

„Maßnahmen werden größtenteils durch Einsparungen erfolgen, und wir fangen bei uns selbst an.“

Und jetzt wird es interessant – das ist ganz wichtig für Sie, daher „Öhrli“ aufmachen! –:

„Wir werden unsere Kosten bei den Ermessensausgaben der Öffentlichkeitsarbeit, der Repräsentation deutlich senken ... Aber ich sage auch sehr klar: Der Steuerzahler darf nie mehr belastet werden.“

Doch genau das Gegenteil haben Sie gemacht. Genau das Gegenteil! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Weit über eine Milliarde Schilling haben Sie verpulvert in den einzelnen Ministerien für Inserate, für Beraterverträge, für Repräsentationsaufgaben. Die Hub­raumgrenze bei Dienstautos wurde beseitigt. All das haben Sie gemacht, und die Geld­beträge, die Sie hier verpulvert haben, gehen in unendliche Millionenhöhen. (Zwischen­rufe und Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Seien Sie sachlich!)

Sie finden das lustig? – Okay. Wir werden schauen, ob Sie dann, wenn wir diese In­formation an Ihre Wählerinnen und Wähler in Ihrem Wahlkreis weitergeben, bei den Wahlkreisveranstaltungen auch noch etwas zu lachen haben werden, wenn dort die wirklichen Probleme, die Beschäftigungslage in Ihrem Wahlkreis, die Standortfrage von Unternehmungen, die Förderungen im Agrarbereich, die Pensionskürzungen oder was auch immer das sein mag, zur Sprache kommen! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ihre Linie, die Sie da vertreten haben, war, zu sagen: Das haben wir alles gemacht! Wir haben den SteuerzahlerInnen in die Geldtaschen gegriffen. Es haben die Reallöhne stagniert, und es gibt eine Zweiklassenmedizin. Das haben wir alles zu verantworten. Aber bei uns haben wir nicht gespart, für uns haben wir das Geld rausgeschmissen, weil wir der Meinung waren, je schlechter die Politik ist, desto mehr müssen wir werben und inserieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Da muss in Wien die Politik sehr schlecht sein! Warum schmeißt Wien so viel Geld raus?) – Ja, ja, ja, ist schon gut so.

Jetzt zu den berühmten Olympia-Inseraten.

Ich sehe ja Folgendes ein: dass man gratuliert. – Keine Frage. Warum nicht? Es war ja eine tolle Erfolgsbilanz der österreichischen Sportler. Keine Frage. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das möchte ich auch an dieser Stelle hier machen.

Aber die Kulturform des Gratulierens kann man unterschiedlich bewerten. Ich habe mir die Szene angeschaut „Benni Raich und der Bundeskanzler“. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Benni Raich gibt als normal erzogener Mensch die Hand, der Bundeskanzler nimmt sie, zieht ihn zu sich, und es folgt ein Schmatz auf die linke Wange und ein Schmatz auf die rechte Wange. – Erich Honecker schau’ runter! Dieses Abbusseln von Sportlern


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 140

erinnert mich an etwas. – Das ist die Gratulationskultur des Herrn Bundeskanzlers! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber er war ja nicht der Einzige. (Abg. Mag. Molterer – auf Abg. Dr. Gusenbauer zei­gend –: Aber der Bodenküsser sitzt dort!) Landeshauptmann Erwin Pröll trifft Michi Dorfmeister, die Goldmedaillengewinnerin. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Was passiert? – Schmatz auf die linke Wange, Schmatz auf die rechte Wange. Er hat sie begrüßt, als ob er mit ihr im Kinder­garten aufgewachsen wäre bis zum sechsten Lebensjahr. (Abg. Mag. Molterer: Aber der Bodenküsser heißt Gusenbauer!)

So hat sich das in etwa abgespielt, und das wurde von einem willfährigen ORF in Nah­aufnahme übertragen – gerade, dass man den Schmatz nicht auch noch akustisch mit­bekommen hat. Es reichen ja schon die Bilder, die man davon ins Haus geliefert be­kommen hat. Aber für diejenigen, die es noch immer nicht verstanden haben, haben Sie dann auch noch inseriert.

Heute habe ich mir den Gesichtsausdruck des Herrn Bundeskanzlers angeschaut. Was hat das Inserat gekostet?, wurde er gefragt. Er hat dabei dreingeschaut wie ein Schüler mit zehn, elf Jahren, den seine Mutter fragt: Wie war es heute in der Schule?, und der darauf sagt: Supertoll!, aber in Wahrheit war er im Kino. – So hat der Herr Bundes­kanzler heute darauf reagiert! (Beifall bei der SPÖ.)

Waren es 80 000 € schon inklusive der Steuer? – Er hat gesagt: in meinem Ressort! Er hat nicht vom Ressort des Vizekanzlers Gorbach gesprochen. Wenn der eine Seite sieht, dann braucht er mindestens zwei Fotos: eines für das linke Auge und eines für das rechte Auge, und beide Male natürlich ein Foto von ihm. Das ist die Art und Weise, wie der inseriert.

Das geht ihn, den Bundeskanzler, nichts an, denn das ist ja nur der Vizekanzler. Den kennt er ja schon gar nicht mehr. In sechs Monaten ist die Stunde der Trennung. Jetzt schon beginnt der Trennschmerz und das Sich-Lostrennen.

Es ist auch keine einzige Orange hier oben. Wo sind die? Die inserieren ja auch wie die „Wilden“, sonst wären sie ja nicht auf weit über 1 Milliarde Schilling an Ausgaben gekommen. Sie sind nicht da.

Sie sitzen da wie beim Villacher Fasching, dritter Teil, gegen Ende: Die Gesichter breit und lächelnd. So in etwa sitzen Sie hier herinnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Molterer: Das ist eine gute Selbstdefinition!)

Ich sage Ihnen: Es ist zu viel Geld, was hier rausgeschmissen wird!

Jetzt kommt eines meiner Lieblingsthemen. (Abg. Neudeck: Wenn Sie jetzt noch eine Balletteinlage machen, dann ...!) – Nein, nein! Ich frage Sie jetzt: Können Sie mir erklä­ren, warum bei den Inseraten die wirkliche Information nicht mehr lesbar ist. Ich habe jetzt die Brille aufgesetzt, und ich kann es trotzdem nicht lesen, so klein ist das Ge­druckte. Warum wollen Sie das verschweigen?

„Die Förderung des Bundes für das ...“ – ich kann es nicht weiterlesen, es ist zu klein gedruckt. (Abg. Mag. Molterer: Wir müssen größer inserieren!)

Warum machen Sie das? Erklären Sie mir das! Schüssel groß, Bundesregierung groß, Information klein – das widerspricht den Regeln des Rechnungshofes.

Jetzt ist Buße an der Zeit. Ab ins Kloster, Herr Klubobmann Molterer! Meditation, Buße, Einkehr, bevor Sie sich dem Wahlkampf stellen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Jetzt komme ich fast zu meinem Lieblingsthema, und zwar frage ich Sie: Wie viele Pressearbeiter sind beim Bundeskanzler: 39? (Abg. Mag. Molterer: Pressedienst!) –


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 141

Pressedienst. Super. – Beim Bürgermeister in Wien sind es drei. Also drei zu 39. (Abg. Dr. Fekter: 122!)

Zählen wir zusammen die Presseverantwortlichen der 15 Stadträte und die Pressever­antwortlichen aller Ministerien, dann kommen wir auf das Doppelte bei Ihnen. Schwin­deln Sie uns doch nicht mit irgendwelchen Zahlen an und machen Sie nicht Vergleiche, die nicht stimmen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mo­rak.)

Das können Sie nicht wissen, denn Sie kommen aus dem Burgtheater und nicht aus dem Rathaus! Erzählen Sie uns da nichts Falsches, Herr Staatssekretär!

Wien hat heuer eingespart, und zwar 5,7 Millionen €. (Ironische Heiterkeit und Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Bravo, das sparsame Wien!, kann man da nur sagen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Salzburg hat die Ausgaben halbiert gegenüber dem Vorgänger Schausberger. – Bravo, das sparsame Salzburg! (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Burgenland ist überhaupt am sparsamsten. – Bravo, das sparsame Burgenland! (Neu­erlicher Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Die Burgenländer haben nichts zu ver­künden!)

Interessanterweise werden alle drei Bundesländer von Sozialdemokraten regiert. Das muss man dazusagen, damit es nicht in Vergessenheit gerät. (Neuerliche Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Und was sehe ich da, oh Schreck? – In Oberösterreich sind die Ausgaben um 3,7 Mil­lionen € höher, sie wurde also fast verdoppelt. (Abg. Mag. Molterer: Das war der An­schober! So teuer ist der Anschober!) Ui, ui, ui, nicht sparsames Oberösterreich! Nicht genügend!

Niederösterreich: 28 Prozent höher als vor zwei Jahren. – Ui, ui, ui, nicht sparsames Niederösterreich! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Also selbst in den Bundesländern, wo Sie sitzen, wird das Geld rausgeschmissen.

Jetzt komme ich zu den Rankings, weil Sie das so lieben. Wer ist der Goldmedaillenge­winner beim Steuergeldrausschmeißen, bei den Repräsentationskosten, bei den Kos­ten für Inserate und so weiter? (Abg. Auer: Lei, lei!) – Knapp der Grasser mit 24,8 Mil­lionen vor dem Schüssel mit 18,8 Millionen. Dann kommen schon die diversen Sozial­minister mit ihren Werbungen, die noch in der orangen Farbe gehalten werden, damit man weiß, dass dahinter die BZÖ steht.

Ich rate Ihnen: Strengen Sie sich ein bisschen mehr an! Es war nicht übel, wie es der Lopatka hier vorhin versucht hat. Das war doch eine interessante Information (Ruf bei der ÖVP: Bravo!) – aber viel zu wenig für den Schmäh, den Sie uns da erzählen wol­len.

Holen Sie wieder den Altmeister auf die Regierungsbank. Aber er soll diesmal Rede und Antwort stehen und nicht eine Faschingssitzung veranstalten, wie das heute in der Fragestunde der Fall war. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Lei, lei!)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


15.59.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Cap, in der von Ihnen so bezeichneten


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 142

„Faschingssitzung“ von heute haben Sie aber durchaus eine gewichtige Rolle gespielt (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Die Büttenrede war gar nicht so schlecht, das sei Ihnen zugestanden, aber das zeigt natürlich auch den wahren Kern des Problems: dass halt eine Opposition dort, wo sie Opposition ist, sich darüber är­gert, dass eine Regierung dort, wo sie Regierung ist, über ihre eigenen Aktivitäten in­formiert.

Dort, wo das umgekehrt ist, kehren sich auch die Rollen um. – Das sollte man zumin­dest in dieser Büttenatmosphäre einmal zugeben, denn dann kommt man schon auf den Kern – das hat man ja auch jetzt beim Kollegen Cap gemerkt –, warum sich man­che Redner bei der vorgetragenen Kritik selbst nicht ganz ernst nehmen, wenn dann alles im eigenen Bereich vom Tisch gewischt wird, während auf alles andere hingedro­schen wird.

Nehmen Sie diese Sportlergeschichten her: Wie haben Sie gesagt? – Die Küsse auf die Wangen? (Abg. Dr. Cap: Die „Schmatze“!) – Die Schmatze auf die Wangen der Sportler! – Da kann ich nur sagen: Besser Schmatze auf Sportlerwangen als Schmatze auf sozialistische Heimaterde in Moskau, Herr Kollege Cap! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das eine ist nämlich eine freundliche, eine liebenswerte Sache, und das andere ist ein sehr bedenkliches politisches Signal, gerade in einer Zeit – Sie haben Diktatoren an­gesprochen –, wo dort wirklich Diktatoren am Werk waren. In Österreich werden Sie das – bei aller Kritik – hoffentlich nicht unterstellen.

Da wir schon bei den Schmatzen und Küssen waren: Kollege Gusenbauer hat vorne auf der Tribüne bei den Sportlern gar kein so schlechtes Bild abgegeben, wo man ge­jubelt hat, Fahnen zu sehen waren und Schlachtgesänge skandiert wurden.

Also wie ist denn das jetzt? – Sie waren nicht dabei, das stimmt. Ist das eine erste Dif­ferenz im SPÖ-Klub? War das jetzt auch eine Kritik – so etwas darf man nicht machen, dass man sich als Politiker bei den Sportlern zeigt, weil man ja selber vielleicht nicht so sportlich ist, was ja bei Ihnen gar nicht zutreffen würde? Aber vielleicht wollen Sie hier auch Signale setzen, das wäre ebenfalls interessant. Über all diese Dinge können wir ja durchaus reden.

Herr Kollege Cap! Meine Damen und Herren! Ich glaube sogar, dass das ein notwendi­ges und richtiges Signal war – nicht nur die Gratulation, sondern dass sich das offizielle Österreich in einer Zeit, als man versucht hat, genau diese Sportler zu diskreditieren und zu kriminalisieren, hinter seine Sportler stellt. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Da ist der Aufwand für ein derartiges Inserat relativ gering. (Abg. Öllinger: Aber dahin­ter, nicht davor! Nicht vor die Sportler!) – Na schon davor, lieber Freund, denn die Pfeile, die auf die Sportler abgezielt werden, sollen die Politiker abwehren, damit die Sportler in Ruhe ihre Leistungen erbringen können. Das wäre das Konzept, das unter­stützt werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Dann hätten Sie das Inserat in Italien schalten sollen!)

Zu den Neujahrswünschen: Na bitte, wenn Sie keine anderen Sorgen haben! Ich sage Ihnen: Ich habe mich auch in der Zeit, als wir in der Opposition waren, durchaus ge­freut, wenn man freundliche Neujahrswünsche bekommt. Man kann das natürlich per­sönlich an jeden Österreicher schicken. Das wäre aber etwas teuer gekommen. Da ist ein Inserat durchaus auch ein Beispiel zum Sparen und auch ein Beispiel für Informa­tion. Es passt Ihnen halt nicht, dass es Österreich nach sechs Jahren dieser Regierung eben besser geht als davor. Wir stehen aber dazu und brauchen uns nicht zu genieren,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 143

das auch in der Öffentlichkeit so darzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Öllinger, Sie kritisieren auch die Werbemaßnahmen im Sozialministerium (Abg. Öllinger: Na sicher!) und behaupten auch da, es werde BZÖ-Werbung ge­macht. – Das (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe) ist eine dieser Werbemaß­nahmen, Herr Kollege Öllinger. (Abg. Öllinger: Ist das auch eingestampft worden?) – Ich glaube, das ist nicht eingestampft worden, aber das ist genau Ihre Art und Weise, Herr Sozialsprecher der Grünen, dass Sie da jetzt wieder mit Ihren Büttenbemerkun­gen herauskommen, wenn es darum geht, dass das Sozialministerium behinderte Menschen über Fragen der Gleichstellung informiert und auf der Rückseite auch noch die Kontaktadressen in ganz Österreich angibt. Kein Foto von der Sozialministerin, sondern da geht es darum, Diskriminierungsformen und die Rechtsfolgen anzuspre­chen sowie Hilfestellungen aufzuzeigen.

Darüber kann man sich lustig machen, aber das ist nicht nur keine Geldverschwen­dung, sondern das ist notwendige Information für die behinderten Menschen in Öster­reich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, da könnten wir ja noch genug andere Beispiele bringen. Vielleicht haben Sie auch etwas gegen Inserate des Finanzministeriums? (Abg. Öllin­ger: Den Pensionsfolder wenn Sie herzeigen!) – Ja, das kann ich Ihnen alles zeigen, Herr Kollege Öllinger. Ich kann Ihnen auch dieses Inserat zeigen. (Der Redner hält eine Zeitungsseite mit einem Inserat mit dem Titel „Holen Sie sich Ihr Geld zurück“ in die Höhe, auf dem auch ein Sparschwein abgebildet ist.) – Da kann man auch sagen: Was ist der Informationswert an einem Sparschwein? Auf einer ganzen Seite ist ein Sparschwein abgebildet.

Jetzt sage ich Ihnen: Ist das nicht toll, dass ein Finanzministerium – nicht einmal das Konterfei des Finanzministers, sondern ein Finanzministerium – die Steuerzahler dar­auf aufmerksam macht, dass es bis zu einem bestimmten Datum die Möglichkeit gibt, sich Steuergeld, das man zu viel eingezahlt hat, zurückzuholen?

Meine Damen und Herren von der Opposition, haben Sie dagegen auch etwas? – Ich bin der Meinung, das sind sehr sinnvolle Informationen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie mit Farben spielen: Einer meiner Vorredner hat ja schon die Inserate aus Oberösterreich gebracht; er hat aber die schwarz-weiß Kopien vorgezeigt. Ich habe das Ganze in Farbe mitgebracht, und das Thema Opposition und Regierung ist halt schon sehr interessant: Wenn man nicht dabei ist, dann macht man es nicht, weil man auch nicht kann. Aber dort, wo man dabei ist, greift man ja wirklich ganz dick hinein.

Ich weiß schon, Sie unterstellen eben anderen genau das, was Sie offensichtlich selber machen. Ich würde das nicht tun, denn wenn ich mir dieses Inserat anschaue, dann frage ich mich: Ist das nicht das Grün von Ihrem Logo? (Der Redner hält eine Zeitungs­seite mit einer Anzeige mit dem Titel „Essen ohne Gentechnik“ in die Höhe.)

Ich hätte auch nicht gesagt, dass das Orange, das Rot oder das Blau irgendetwas aus­sagt, aber sonst sehe ich auch keine Aussage – außer, dass sich Ihr Landesrat An­schober entsprechend darstellt. (Abg. Sburny: Was steht auf dem Text in der Mitte?) – Den Text kann ich Ihnen sagen.

Hier haben wir zum Beispiel ein ganzseitiges Inserat, auch in einem schönen Grün ge­halten. (Der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe, auf der ein Inserat mit einem Foto von Landesrat Anschober abgebildet ist. Abg. Dr. Stummvoll: Zufällig grün!) Da haben wir eine halbe Seite Information. (Der Redner deutet auf das Foto von Landesrat Anschober.) – Nennen Sie mir den Informationsgehalt von dieser halben Seite? (Hei-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 144

terkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) So eine Seite kostet, glaube ich, 7 000 € (Abg. Mag. Molterer: Wirklich wahr? Abg. Dr. Stummvoll: Ein Wahnsinn!), also ent­hält diese halbe Seite 3 500 € Informationsgehalt: der Herr Landesrat Anschober – sympathisch, er war ja unser Kollege hier.

Dann haben wir da eine Viertelseite, auf der rote Äpfel abgebildet sind. – Das ist natür­lich auch eine schöne Information, dass es rote Äpfel gibt. Das kann man aber gratis auf jedem Markt sehen. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ganz unten gibt es ein bisschen Information: Kaufen Sie Obst und Gemüse aus der Region! – Das ist der Informationsgehalt! Großartig, meine Damen und Herren!

Ich sagen Ihnen: Ja, der Landesrat soll werben, aber wenn Sie sich dann herstellen und so tun, als ob die Grünen gegen so eine Werbung wären, dann muss man Ihnen vorwerfen, dass das doppelbödig ist. Dort, wo Sie nicht in der entsprechenden Position sind, kritisieren Sie, und dort, wo Sie können, machen Sie es selbst so. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVPAbg. Dr. Stummvoll in Richtung Grüne : Sie sitzen im Glashaus!)

Meine Damen und Herren, genau so ist es bei der SPÖ. Es ist ja heute schon an­gesprochen worden. Ich hätte nicht gesagt, dass das Parteiwerbung ist, auch wenn die Einladung von Frau Schaunig in Kärnten halt zufällig in Rot gehalten ist. (Der Redner hält eine Karte mit roter Hintergrundfarbe in die Höhe.) Aber, wenn Sie uns das vorwer­fen, dann müssen Sie uns diese Sache auch erklären.

Der Informationsgehalt für Wien war auch interessant. Kollege Cap hat gesagt – wie haben Sie gesagt? –, je schlechter die Politik, desto mehr Werbung muss man aufwen­den. – Wenn ich daran erinnere, dass das zehnjährige Amtsjubiläum von Bürgermeis­ter Häupl in Wien eine Woche lang gefeiert und von einer fünfzigseitigen Broschüre in „NEWS“ begleitet wurde (der Redner hält einen Artikel aus „NEWS“ mit dem Titel „10 Jahre Häupl“ in die Höhe), dann haben Sie vielleicht Recht, Herr Kollege, aber da würde ich ja fast den Bürgermeister Häupl noch in Schutz nehmen, denn so schlecht kann die Politik ja gar nicht sein, dass sie eine fünfzigseitige Broschüre wert sein kann, meine Damen und Herren! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch dazu, wenn man sich den Inhalt und die Aussagen anschaut: Das ist wunderbar, was steht da klein gedruckt? – Michael Häupl an einem seiner Wiener Lieblingsplätze, der generalsanierten Alten Donau in Trans-Danubien. – Dafür eine ganze Seite, und so geht das 50 Seiten dahin.

Wunderbar, meine Damen und Herren! Wir haben da noch ein paar Themen, es wer­den zum Beispiel nur für die Auslandspressearbeit Verträge über 146 Millionen € ab­geschlossen. Das ist ja so unglaublich, dass man es gar nicht so leicht ausspricht: 146 Millionen € für die Auslandspressearbeit! Die Verträge sind gleich für zehn Jahre abgeschlossen. Wenn man nach einem Jahr draufkommt, dass das nichts ist, kann man aus dem Vertrag gar nicht aussteigen.

Für interne Aktivitäten und Beratungen stehen 73 Millionen € – auch für langfristige Verträge – zur Verfügung. Das sind Kleinigkeiten, denn man könnte noch sehr viel dar­über erzählen, was alles über die Wien-Energie gesponsert wird, während dafür der Strompreis und der Gaspreis erhöht werden, und so weiter. – Das ist alles kein Thema, wenn es darum geht, Opposition gegen Regierung darzustellen.

Also, meine Damen und Herren, Sie sollten in den eigenen Reihen kehren und das alles abstellen, dann kann man hier glaubwürdig argumentieren, oder ganz einfach und ehrlich zugeben: Die Opposition greift an und kritisiert, und die Regierung bewirbt auch die eigenen Leistungen und muss manchmal, weil auch ein Bürgermeister oder ein Landesregierungsmitglied das Land repräsentiert, über Werbemaßnahmen Signale


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 145

setzen – so, wie wir das bei den Sportlern gemacht haben. Ehrlichkeit ist in Zeiten von Büttenreden eine schwere Erfordernis, aber vielleicht sollten wir es versuchen. (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Abg. Öllinger: Was sagen Sie zum Rechnungshof?)

16.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mandak. Sie wünscht sich 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Stummvoll: Die Dringliche ist nach hinten losgegangen!)

 


16.09.43

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Lopatka und Herr Kollege Scheibner, es ist halt ein bisschen ein Unter­schied (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen Rufe bei der ÖVP: Wo ist da der Unterschied? Das ist ja unglaublich!): Wenn Landesrat Anschober in einem Inserat bildlich aufscheint, dann ist das so, dass die Leute hinschauen und lesen, was er zu sagen hat. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Freund: Wo ist da der Unterschied?)

Wenn das Bild eines Regierungsmitgliedes irgendwo so groß aufscheint, schauen die Leute weg, weil sie gar nicht mehr hinschauen können. – Das ist der Unterschied! (Bei­fall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Mag. Molterer in Rich­tung der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek : Frau Glawischnig, war das jetzt korrekt?)

All diese Inserate enthalten natürlich einen Text und eine Information an die Bevölke­rung.

Herr Kollege Lopatka scheint überhaupt seine Aufgabe hier herinnen darin zu sehen, die Opposition zu kontrollieren, aber nicht die Regierung, und auch nicht darin, zu kontrollieren, was die Regierung mit Steuergeldern tut. Das ist aber hier und heute Thema, und das wäre eigentlich der Fokus, den auch Sie – auch Sie sind Abgeordnete dieses Parlaments und auch Sie haben Kontrollaufgaben – hier herinnen eigentlich auch wahrnehmen sollten. (Beifall bei den Grünen. Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Zweytick: Wer im Glashaus sitzt!)

Sie brauchen uns jetzt nicht zu unterstellen, dass wir jede Art von Information oder Werbemaßnahme einer Bundesregierung ablehnen. Ich glaube, Sie haben den Antrag nicht gelesen. Schauen Sie ihn sich bitte an!

Punkt 1 heißt – ich zitiere wörtlich –: „Die Finanzierung von Öffentlichkeitsarbeit bzw. von Informations- und Werbemaßnahmen aus Haushaltsmitteln ist unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zulässig.“ (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden schauen, ob Sie dem hier und heute zustimmen – oder ob Sie sagen, es ist völlig egal, ob das Geld verpulvert oder ob es sinnvoll verwendet wird. Wir sind dafür, dass es eingesetzt wird, aber sinnvoll – und nicht so, wie es die Regierung derzeit macht.

Sie haben schon eine Reihe von Beispielen gehört. Ich möchte noch einmal auf die Kampagne „Zukunft soziales Österreich“ zu sprechen kommen, die sozusagen einen Kreis ins Jahr 2012 zieht, was natürlich den ungeheuren Vorteil hat, dass man die Bro­schüren nicht einstampfen muss, weil man dabei diese Fehler nicht machen kann, die bei dieser Pensionsbroschüre aufgetreten sind. Aber man zeigt irgendwelche Wunsch­bilder, zum Beispiel, dass die Familien fünf Kinder haben werden und mit einem ge­schätzten Haushaltseinkommen von 10 000 € im Monat ganz locker und gut leben kön­nen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 146

Wenn das 2012 der Fall sein soll, dann kann ich Ihnen nur sagen: Schauen Sie bitte heute auf das Drittel der Alleinerziehenden, die an der Armutsgrenze leben, und schau­en Sie bitte auf jede dritte Familie mit mehr als drei Kindern und einem Alleinverdiener, die in Österreich armutsgefährdet sind! Wie stellen Sie sich das vor, dass innerhalb von sechs Jahren das eine zum anderen mutiert? Darum geht es in Ihrer Kampagne!

Sie gehen her (die Rednerin hält die Kopie eines Inserates in die Höhe) und wollen den Leuten weismachen – unter dem Motto „Ich lasse mich nicht behindern“ –, dass es zum Beispiel für eine Frau im Rollstuhl und einen gehörlosen Arzt in sechs Jahren viele Möglichkeiten geben wird. – Super! Gleichzeitig erschien gestern in den „VN“ groß die Meldung: Integrationskinder abgelehnt. Die Entscheidung wurde mit Umbauarbeiten und Umstrukturierungen begründet.

Wissen Sie, was der Arzt machen kann? Der kann seine Karriere vergessen! (Die Rednerin zerreißt die vorhin erwähnte Kopie des Inserates. Abg. Mag. Molterer: Das hat schon einmal einer gemacht! Scheuch hat der geheißen, der das schon gemacht hat!) Weil Sie heute nicht dafür sorgen, dass er die Ausbildung machen kann, die er machen möchte! Weil Sie den Schulbesuch von Kindern mit Behinderungen nach wie vor blockieren! Weil Sie nicht in der Lage sind, ein Gleichstellungsgesetz zu machen, das für Menschen mit Behinderung wirklich einen Anspruch ermöglicht! Genau das ist es, was wir daran so kritisieren! (Beifall bei den Grünen.)

Sie können die Verdienste dieser Regierung – da wird es, wenn man genau hinschaut, sicherlich das eine oder andere geben, Sie haben ja den wohlwollenden, liebevollen Blick für Ihre eigene Arbeit – ja von mir aus darstellen, aber Sie können nicht solche Bilder entwerfen, wenn Sie heute genau das Gegenteil tun und genau wissen, dass die Menschen, um die es da geht, das in sechs Jahren niemals erreichen würden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt müssen Sie vom Anschober ablenken, gell?)

Ich sage Ihnen auch den Preis dafür: 4,2 Millionen €! Wissen Sie, wie viel das ist? – Das ist so viel, wie die Sozialhilfe für 700 AlleinerzieherInnen mit deren Kindern aus­macht! (Abg. Dr. Brinek: Sozialhilfe ist aber Ländersache! Fangen wir gleich in Wien an!)

Von dem Geld, das diese eine Kampagne kostet, in der kein Informationsgehalt enthal­ten ist, bei der sich die Leute, die das sehen – jetzt darf man wieder manche Aus­drücke nicht verwenden –, durch den Kakao gezogen fühlen, könnten 700 Alleinerzie­herInnen mit ihren Kindern leben. Können Sie sich das nicht vorstellen? Selber lebt jemand in Armut und muss im Fernsehen zuschauen, wie eine Familie mit fünf Kindern in Saus und Braus lebt und wie der gehörlose Kollege als Oberarzt in irgendeiner Klinik arbeitet?! Nein, wirklich nicht! (Abg. Neudeck: Da haben wir die Grundlagen dafür geschaffen!)

Sie hätten die Aufgabe, sich solche Werbemaßnahmen anzuschauen und sie genauso zu kritisieren. Sie haben die Möglichkeit dazu, wenn Sie unserem Antrag heute zustim­men. Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgart­ner-Gabitzer. Auch Sie wünscht, 5 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


16.15.23

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Mandak hat den Versuch un­ternommen, mit dem Konterfei des Herrn Kollegen Anschober, das er in verschiedenen oberösterreichischen Medien zur Schau getragen hat, davon abzulenken, dass in Wirk­lichkeit Ihr Dringlicher Antrag gründlich in die Hose gegangen ist. Das, meine sehr


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 147

geehrten Damen und Herren, ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Das war leider ein sehr untauglicher Versuch. Im Grunde genommen war es sehr inter­essant, all die Reden zu hören, und in Wirklichkeit wurde dieser Antrag zu spät ein­gebracht. Er hätte zwei Tage früher kommen sollen, denn die Zeit der Büttenreden und die Zeit des Faschings ist vorbei. (Abg. Mag. Kogler: Das war die Forderung des Rechnungshofes! Dem werden Sie ja wohl zustimmen können!)

Jede der Fraktionen ist in der Lage, eine Menge von Beispielen zu bringen, wo Infor­mationspolitik getrieben ... betrieben wird, und in welcher Art und Weise. (Rufe bei der SPÖ: Betrieben!) – „Getrieben wird“ – genau! Ich komme noch auf Sie zu sprechen! (Abg. Eder: Sigmund Freud beehrt uns mit seiner Anwesenheit! Abg. Mag. Wurm: 150 Jahre Sigmund Freud! Sie haben einen Beitrag geleistet!)

Wenn wir schon über Informationspolitik reden – Sie von den Grünen, haben ja das beste Beispiel dafür geliefert, wie das in Oberösterreich läuft –, so möchte ich doch als Wienerin ganz besonders auf Wien verweisen. (Abg. Mag. Kogler: Sie reden dauernd vom Fasching! Sagen Sie etwas zum Antrag!)

Herr Kollege Öllinger ist ja auch ein Wiener Mandatar, und ich würde mir ja wirklich wünschen, dass uns endlich die Wiener Grünen im Landtag gelegentlich auch unter­stützen, wenn es darum geht, aufzuzeigen, welche Informationspolitik die Wiener SPÖ macht.

Sie, Herr Öllinger, haben, wie ich in den Medien gelesen habe, eine großartige Zahl zu­sammengezählt und in den Raum gestellt, dass die Bundesregierung angeblich in fünf Jahren ungefähr 71,4 Millionen € für „Eigenwerbung“ ausgibt.

Wissen Sie, was Wien – und zwar nur der Presse- und Informationsdienst der Ge­meinde Wien – in fünf Jahren ausgegeben hat? – 133 Millionen €! Das ist das Doppelte im selben Zeitraum! (Abg. Weinzinger: Nicht immer Äpfel mit Birnen vergleichen!)

Helfen Sie uns doch einmal! Wir versuchen immer wieder, das in Wien aufzuzeigen, wir bringen Anfragen ein, wir haben uns sogar dazu verstiegen, in Wien einige Miss­trauensanträge einzubringen, was wirklich unüblich ist. – Von den Wiener Grünen kei­ne Spur! (Abg. Dr. Brinek: Die sind ja in Koalition mit den Roten! Alle schon gekauft!) Versteckt haben Sie sich, gerade dass Sie nicht den Saal verlassen haben. Gehört hat man überhaupt nichts von Ihnen. Dort wären Sie einmal gefragt. Sagen Sie das Ihren Wiener Kolleginnen und Kollegen!

Ein weiterer Vergleich: Wien gibt das Doppelte für Informationsmaterial aus als der Bund, nämlich 133 Millionen € in fünf Jahren für 1,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger, während der Bund – das ist Ihre Zahl – 71,4 Millionen € für 8 Millionen Bürgerinnen und Bürger ausgibt. – In Wirklichkeit ist auch der quantitative Vergleich ein ganz an­derer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Dr. Brinek in Richtung SPÖ : Rechnen!)

Die Wiener ÖVP hat versucht, vom Herrn Bundesminister in akribischer Kleinarbeit zu erfahren, was denn eigentlich tatsächlich für Werbe- und Informationsmaßnahmen aus­gegeben wurde. (Abg. Broukal: Von welchem Bundesminister wollten Sie das wis­sen?)

Ich will nichts vom Bundesminister wissen, sondern ich erinnere Sie und berichte dar­über – das wird Sie vielleicht interessieren, Sie wohnen ja auch Wien –, was in Wien passiert, was der Herr Bürgermeister in Wien für Informationsmaßnahmen ausgegeben hat. (Abg. Broukal: Sie haben „Bundesminister“ gesagt!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 148

Der Herr Bürgermeister hat darauf gar nicht geantwortet. Im Juni wurde eine Anfrage gestellt – und bis Oktober hat er sich nicht bemüßigt gefühlt, die Anfrage zu beantwor­ten. (Abg. Broukal: Dann soll das auch ein Bundesminister beantworten!)

Sie, Herr Kollege, sind in der wirklich wunderbaren Lage, dass so etwas in der Bundes­regierung nicht passiert. Jede Anfrage, die Sie an einen Bundesminister oder an den Herrn Bundeskanzler gestellt haben, hat noch blitzartig beziehungsweise innerhalb der vorgegebenen Frist von zwei Monaten wirklich eine Beantwortung gefunden. (Abg. Broukal: Aber geh! Abg. Öllinger: Da kommt dann ein Vorleser ins Parlament!) Das ist der wesentliche oder qualitative Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Her­ren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben uns heute schon darüber unterhalten, dass jede Fraktion in dem Moment, wo Sie in der Regierungsfunktion ist, Interesse daran hat, auch zu informieren. Das ist legitim. Das hat auch Herr Kollege Scheibner gesagt, und Sie sind alle dagesessen wie begossene Pudel und haben nichts weiter zu sagen gehabt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie was zum Antrag! Abg. Mag. Mol­terer: Wir sagen was zum Anschober!)

Der wirkliche qualitative Unterschied ist, dass die Bundesregierung bisher immer in der korrekten Zeit – und zwar innerhalb von zwei Monaten – imstande war, Ihre Anfrage zu beantworten, wohingegen das in Wien nicht so funktioniert.

In Wien können Sie auf dieses demokratiepolitische Verständnis leider nicht hoffen. (Abg. Mag. Molterer: Demokratie à la Wien! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Ostblock!) Ostblock und autoritär, so wie es in Wien halt passiert. 75 Jahre lang wurde die Ge­meinde Wien von einem sozialdemokratischen Bürgermeister regiert, da kann es auch passieren, dass eine parlamentarische Anfrage einmal vergessen wird. – Das hat der Herr Bürgermeister ja auch noch süffisant gesagt. (Abg. Broukal: Wollen Sie wirklich behaupten, dass Wien Ostblock ist? Wollen Sie wirklich behaupten, dass Wien eine kommunistische Diktatur ist?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen dazu, dass Information wichtig ist, auch für Sie! Wir stehen dazu, wir wollen uns aber nicht doppelbödiger Informationen bedienen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


16.21.09

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, Sie brauchen eine Großpackung „Tempo“-Taschentücher zum Trocknen Ihrer Krokodilsträ­nen. Sie haben gestern verbindliche Richtlinien abgelehnt. (Abg. Neudeck: Die Richt­linie gibt es, und wir halten sie auch ein!) Daher ist Ihre heutige Kritik geradezu lächer­lich, durchsichtig und unglaubwürdig! (Abg. Gaál: Es ist beschämend! – Gegenruf des Abg. Neudeck.) Seien Sie mir nicht bös’, Frau Kollegin! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eine Chuzpe der Sonderklasse – ich gehe davon aus, dass das durchgeht, Herr Präsident! –, was der Herr Bundeskanzler heute in der Fragestunde zu diesem Inserat gesagt hat. Er hat nämlich gesagt – und das muss man sich wirklich auf der Zunge zer­gehen lassen –, dass dieses Inserat den Richtlinien des Rechnungshofes entspricht. Aber er hat sich dann noch selbst übertroffen. Haben Sie heute Gelegenheit gehabt hat, das Mittagsjournal zu hören? Was sagt denn da der Herr Bundeskanzler zu Inse­raten? – Er hat heute gesagt: Wir bringen relativ wenige Fotos von Politikern, sondern Sachinformationen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 149

Meine Damen und Herren, kann mir irgendjemand von Ihnen beantworten, ob es wirk­lich relativ wenige Fotos sind, wenn uns etwa in diesem Blatt (der Redner hält eine Ausgabe der „Presse“ in die Höhe) gleich viermal das Konterfei des Vizekanzlers un­terkommt? Seien S’ mir bitte nicht bös’: Die Aussage des Bundeskanzlers, dass die In­serate, die Artikel und die Werbung den Richtlinien des Rechnungshofes entsprechen, ist einfach lächerlich! (Zwischenruf des Abg. Neudeck. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, Sie tun immer so, als wären Sie ein Herz und eine Seele mit dem Rechnungshof. – Mitnichten! Der Rechnungshof fordert nämlich klar und deut­lich ein, dass endlich generelle Regelungen für die Öffentlichkeitsarbeit beschlossen werden. Fragen wir doch den Präsidenten, er kommt beim übernächsten Tagesord­nungspunkt wieder zu uns! Präsident Moser sagt im Originalton – wir können ihn dann ja fragen –: Man sollte die Bestimmungen aber festschreiben, damit sich jeder daran halten kann!

Und was sagt der ehemalige RH-Präsident Fiedler? Herr Morak, Sie haben es heute riskiert, den ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Fiedler zu nennen. Was sagt denn Dr. Fiedler im „Kurier“ zu diesen Inseraten, zu denen Sie offensichtlich auch stehen? – Sachinformation ist das nicht!

Jetzt frage ich Sie, Herr Staatssekretär Morak: Widerspricht das den Vorgaben des Rechnungshofes oder nicht? Da heißt es nämlich, dass Werbemaßnahmen überhaupt nichts mit Information zu tun haben, sondern reine Positivmeldungen für die Regierung sind.

Herr Staatssekretär, wie Sie wissen, hat auch die Volksanwaltschaft ihre Probleme und mahnt selbstverständlich öffentliche Richtlinien ein, wenn gegen die Vorgaben des Rechnungshofes verstoßen wird. Herr Lopatka, vom Verfassungsgerichtshof gibt es auch ein Gebot der Reinheit der Wahl. Aber es ist Ihnen ohnehin meistens egal, was von dort kommt. Dieses Gebot ist sozusagen die Anti-These zu Ihrem „dirty cam­paigning“ beziehungsweise zu Ihren Schmutzkübel-Kampagnen. (Abg. Prinz: Da redet gerade der Richtige!) Herr Staatssekretär, betreffend Reinheit der Wahl stellt der re­nommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer fest: Es dürfen keine Ministeriumsmittel eingesetzt werden, um die Nationalratswahl zu beeinflussen. (Abg. Rädler: Das wird eh nicht der Fall sein!)

Meine Damen und Herren, die Richtigkeit der These „Je schlechter die Politik, desto größer die Werbeausgaben“ ist ja tagtäglich nachzuvollziehen. Just heute wird ein neu­er Nachkriegsrekord an Arbeitslosen – mit 370 600 Bedauernswerten – bekannt. Was aber tut die Regierung mit Schüssel und Grasser? – Inserate schalten!

Oder: Die Post wird weit unter dem Substanzwert verschleudert. Was tut die Regie­rung? – Inserate schalten, wie toll all das ist! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Etwas stimmt mich besonders bedenklich – Herr Staatssekretär, tun Sie jetzt bitte nicht das, was der Bundeskanzler immer macht, nämlich sagen, dass ihn das BZÖ über­haupt nichts angehe; übrigens haben die jetzt alle die Flucht ergriffen, wie ich sehe –: Was antwortet Dr. Haider auf die Frage des „profil“: Woher kommt denn das Geld für das BZÖ? – Dr. Haider sagt: Wir werden nicht viel brauchen, wir haben ja das Auslan­gen mit dem Apparat der Regierungsmitglieder. (Ironische Heiterkeit der Abg. Hagen­hofer.) Wissen Sie, was das bedeutet? – Dass Kabinettsmitglieder quasi selbst sagen, dass das ein Selbstbedienungsladen par excellence ist. – Ungeheuerlich! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Herr Staatssekretär, sogar die eigenen Leute geben das zu! Diese Offenheit des BZÖ, das muss man zugestehen, ist gewissermaßen – unter Anführungszeichen – „in Ord-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 150

nung“. Selbstverständlich soll, wie Sie sagen, ein Erkennungswert zum BZÖ da sein. Und selbst ein Sprecher der Justizministerin versteigt sich dazu, zu sagen: Ein Wieder­erkennungswert zum BZÖ ist doch nicht schlecht!

Herr Staatssekretär Morak, Sie sind da zuständig. Richten Sie dem Herrn Bundeskanz­ler aus, dass solche Richtlinien dringend erforderlich sind und beschlossen werden müssen. Sie werden das, wie ich annehme, im Anschluss an die Sitzung tun.

Noch ein kleines Ceterum censeo – Sie haben sich dazu auch noch nie geäußert –: Wie steht es eigentlich mit dem Geld für Ihre Geburtstagsparty? Haben Sie den Betrag inzwischen schon zurückgezahlt, Herr Staatssekretär Morak? (Abg. Mag. Wurm: Oder haben Sie inzwischen schon wieder Geburtstag?) Sind Sie dazu bereit? Es gibt so viele arme Leute in Österreich, die nicht verstehen können, dass Tausende Euro ihres Steuergeldes dazu beitragen müssen, dass Sie eine tolle Geburtstagsparty feiern! (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Herr Staatssekretär Morak, äußern Sie sich dazu! Wir könnten das Geld sicherlich gut gebrauchen und etwas Sinnvolles damit machen! Zahlen Sie das zurück? Ja oder nein? – Sie nicken! Ich gehe also davon aus, dass Sie das jetzt tun! Endlich ein lichtes Intervall beim Herrn Staatssekretär! Vielen Dank im Namen der Betroffenen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kräuter, ich erteile Ihnen keinen Ordnungsruf für den Ausdruck „Chuzpe“, obwohl Präsident Benya in einer vergleich­baren Situation den Abgeordneten zu sich gebeten und gesagt hat: Verwenden Sie diesen Ausdruck nicht! – Ich würde Ihnen das auch anraten, aber ich habe heute schon einen Ordnungsruf erteilt, und im Augenblick möchte ich das nicht tun, denn die Rede war dann ruhig. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie können ihn ja auch zu sich bitten!)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Cap – in Richtung Staatssekretär Morak –: Wann ist die nächste Ge­burtstagsparty?)

 


16.27.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Mandak hat am Anfang ihrer Rede etwas Faszinierendes gesagt. Ich habe es wörtlich mitgeschrie­ben, sie hat gesagt: Es ist ein Unterschied, ob die Werbung von der Bundesregierung kommt oder von einem Landesrat.

Frau Kollegin Mandak, da gibt es vielleicht einen Unterschied im Inhalt, weil die Wer­bung der Bundesregierung viel besser ist als jene Ihres Landesrates, aber in der Aus­wirkung besteht kein Unterschied: Entweder man lehnt die Werbung beide Male ab, oder man sagt beide Mal Ja dazu.

Die zweite Geschichte betrifft auch Kollegen Anschober; Kollege Lopatka hat es bereits erwähnt. Mit zehn oder zwölf Inseraten wird belegt, wie gerne man doch bereit ist, auch Werbung zu machen, wenn es einen selbst betrifft. – Ich muss ehrlich sagen: Das scheint bei Herrn Kollegem Anschober ein bisschen System zu haben: Unlängst hat man nämlich in der Zeitung gelesen, dass er zunächst groß und vollmundig gesagt hat, dass er keinen Dienstwagen braucht. Dann hat man aber auf einmal gehört, dass er doch sehr häufig einen Dienstwagen mit Chauffeur bestellt und damit fährt. In Wirk­lichkeit zeigt sich ganz einfach, dass es, wenn man in die Verantwortung kommt, anscheinend verlockend ist, obwohl man zuerst Wasser gepredigt hat, dann Wein zu trinken. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Das ist leicht feststellbar! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 151

Frau Kollegin Wurm, Sie brauchen gar nicht so aufgeregt sein! Das können Sie uns auch vorwerfen, keine Frage. Ich werde dem Vorwurf schon standhalten, allerdings bin ich nicht so scheinheilig dabei. Ich sage: Wenn man in der Regierungsverantwortung ist, dann nützt man natürlich die Möglichkeiten, die sich bieten, um seine Erfolge, die man im Rahmen der Regierungsarbeit hat, zu präsentieren. Natürlich versucht man, seine Arbeit gut darzustellen. Natürlich werden die verschiedenen Vertreter auch die Werbeetats dafür ausnützen. Ich glaube, es gibt keinen, der das zurückgestellt hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.) Aber die Kritik – zur SPÖ komme ich noch – ist sensationell! Da wird wirklich permanent Wasser gepredigt und Wein getrunken.

Sprechen wir nun von der SPÖ. Es werden ihn (der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe) wahrscheinlich die wenigsten Leute kennen. Die zwei auf dem Bild da kennt man, einer ist Goldmedaillengewinner, der andere Bronzemedaillengewinner. Der­jenige auf der linken Seite – von Ihnen aus gesehen – ist aber Herr Sportlandesrat Schantl. Das ist der Sportlandesrat der SPÖ. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er ist Mit­glied einer Regierung, die vor wenigen Tagen ihre Koalition mit uns beendet hat. Witzi­gerweise haben Sie allerdings die Koalition zwar beendet, aber natürlich Ihre Ämter behalten, denn man will ja weiterhin mit am Trog sitzen, um auch Inserate schalten zu können. (Abg. Mag. Trunk: Was hat das gekostet?) Das werden Sie besser wissen, Frau Trunk! (Abg. Mag. Trunk: Sie werden uns das jetzt sagen!)

Herr Sportlandesrat Schantl lässt sich hier abbilden, er gratuliert den Olympiasiegern und Medaillengewinnern, aber nicht einmal mit einem Foto von den Olympischen Spie­len, sondern mit einem Foto der Sportler-Gala von vor einem Jahr, um sozusagen im Namen Kärntens und im Namen der Republik zu gratulieren. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Nein, das war eine Halbseite, nicht eine Viertelseite!

Jetzt kommt ein Detail am Rande, das die wenigsten kennen: Wissen Sie, in welcher Zeitung das geschaltet war?  – In der „KTZ“, der Haus- und Hofzeitung der SPÖ, die mit Parteienfinanzierungen quersubventioniert wird. Also bitte: Nicht Wasser predigen und Wein trinken!

Das nächste Beispiel – ich zitiere –: „Villach ist begeistert. Dreimal Gold. Der Bürger­meister der Stadt Villach und sein Team gratulieren Morgenstern, Koch und der Schi­läufervereinigung in Villach.“ – Das wurde mit Steuergeldern der Stadt Villach bezahlt. Herr Manzenreiter lässt sich abfeiern. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Noch einmal, es ist ganz einfach: Wir haben kein Problem damit. Herr Schantl hat die Inserate nötig, den es kennt ihn niemand. Er braucht das. Er muss sich neben Thomas Morgenstern stellen, damit irgendwer weiß, wer er ist, denn wenn man das Inserat herzeigt, dann fragen die Leute: Wer ist denn der neben Thomas Morgenstern? Herr Schantl braucht das also! Er braucht diese Bekanntheit! (Abg. Rädler: Genau!) Aber die Scheinheiligkeit dabei ist nicht mehr zu überbieten! Im Hinblick darauf muss ich ehrlich sagen: Die SPÖ wäre besser bedient, schön ruhig und ganz leise zu sein, denn was da auf Landesebene oder anderswo auf Bundesebene passiert, ist ziemlich de­ckungsgleich.

Abschließend noch eine Sache, die mich besonders gestört hat. In Wirklichkeit wurde diese Kampagnendiskussion auf Grund des Olympia-Inserates hochgezogen, das die Bundesregierung geschaltet hat. Meine geschätzten Damen und Herren, ich glaube ... (Zwischenruf des Abg. Gaál.) Nein, es wurde an diesem Inserat hochgezogen!

Ich bin überzeugt davon, dass die österreichische Bundesregierung jetzt gut daran tut, sich genau in einer so schwierigen Zeit, nachdem es eine Diskussion um Dopingvor­würfe gegeben und man unsere Sportler in Italien zum Teil sehr schlecht und fragwür­dig behandelt hat, hinter die Sportlerinnen und Sportler zu stellen. Es ist richtig, dass man jetzt seitens der Regierung ein klares Bekenntnis zu diesen Menschen abgibt und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 152

sagt: Wir sind begeistert, wir stehen wie ein Fels und wie eine Nation hinter unseren Sportlern!

Herr Kollege Cap, Sie können ruhig den Siegesfinger zeigen! Ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe mich ein bisschen an das Jahr 2000 erinnert gefühlt. Auch damals hat die politische Opposition die Sanktionen begrüßt. Auch damals hat gerade die SPÖ sich daran ergötzt, dass außerhalb Österreichs eine schlechte Kampagne über unsere Hei­mat betrieben wurde.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir erinnern uns alle, dass Alfred Gusenbauer in Paris zu einer Zeit Champagner getrunken hat, als wir um die Reputation des Lan­des gekämpft haben. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Ich sage Ihnen: Wir und diese Bundesregierung sind im Jahre 2000 hinter der Nation gestanden, und wir stehen jetzt im Jahre 2006 hinter den Sportlern. – Sie können hinter Ihren Schmuddelkampagnen stehen, so lange Sie wollen! Sie werden auch weiterhin nur in Kärnten Regierungsinse­rate schalten können, denn auf Bundesebene bleiben wir in der Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Wunschredezeit: 5 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.33.17

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Aus der bisherigen Debatte nehme ich Folgendes mit:

Erstens: Herr Staatssekretär Morak ist des sinnbetonenden Vorlesens mächtig. Ob er den Antrag selbst überhaupt gelesen und dessen Sinn erfasst hat, ist mir nicht nach­vollziehbar. Aber immerhin kann man ihn statt „Staatssekretär“ in Zukunft „Staatsdekla­rateur“ nennen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ich halte es für armselig von der Bun­desregierung, dass sie nicht anders Stellung nimmt! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Punkt 2: Ob ich dasselbe jetzt von Abgeordnetem Lopatka sagen kann, ist schon in Frage zu stellen, denn mit Lesen hat er sich im Zusammenhang mit den Inseraten aus Oberösterreich nicht beschäftigt, sondern nur mit dem Anschauen von Bilderln. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.) Ob er dessen mächtig gewesen wäre, den großen Text da­neben zu lesen, weiß ich nicht. Jedenfalls hat er es tunlichst unterlassen.

Herr Abgeordneter Lopatka, ich darf Ihnen mitteilen: Sie haben gleich in mehreren Punkten Unrecht. Das ist hat die Profession, die Sie sich gewählt haben! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Er nickt auch noch dazu! (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Die Be­geisterung für das Unrecht-Haben und Unwahrheit-Verbreiten ist ihm ins Gesicht ge­schrieben! Das ist Ihre Entscheidung, nicht meine! (Abg. Neudeck: Jetzt sind Sie aber über Ihren eigenen Scherz gestolpert!)

In mehreren Punkten der heutigen Ausführung haben Sie aber dezidiert Unrecht, etwa was die Unterschiede zwischen einem oberösterreichischen Landesrat, den Grünen und der ÖVP betrifft. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Oberösterreich hat in der Landes­regierung ein verbindliches Regulativ vereinbart, wie sich die Spielregeln für Regie­rungsinformation gestalten, und man hält sich auch daran, genauso wie wir es Ihnen heute hier vorschlagen. (Abg. Großruck: Das stimmt nicht!) Was aber machen Sie? – Sie weichen dem Antrag aus, wie Sie nur können. Jetzt verlässt Herr Abgeordneter Lo­patka sogar den Saal! (Abg. Rädler: Kein Wunder!) Sie haben nichts anderes zu tun, als Wien und Oberösterreich zu diskutieren. Aber da, wo es um verbindliche Regeln für Information durch Regierungsarbeit geht, da gehen Sie weg! Sich damit zu beschäfti-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 153

gen, das würde ich Ihnen dringlich ans Herz legen! (Abg. Neudeck: Wenn die so sind, brauchen wir sie nicht!)

Weiteres Beispiel – der Informationsgehalt einer Regierungswerbung. Sie selbst haben die vielen Inserate mit Rudi Anschober mit großen Textblöcken dazu gezeigt. – Ich zeige Ihnen jetzt (die Rednerin hält ein Zeitungsinserat in die Höhe) eine teure Kam­pagne der Frauenministerin, auf der ein Hemd mit einem Bügeleisen darauf zu sehen ist. Jetzt frage ich Sie: Wo ist da ein großer Textblock? Diese Kampagne der Frauen­ministerin soll offenbar besagen: Liebe Männer, überlegen Sie, wie energieraubend die täglichen Arbeiten und die oft großen Belastungssituationen Ihrer Partnerin sind! (Abg. Rädler: Wie war denn das bei Frau Dohnal? Erinnern Sie sich noch an die Inserate?) Packen Sie mit an! Arbeiten Sie mit an einer fairen Alltagsbewältigung! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Man kann über den Stil diskutieren. Es ist zumindest eine Kampagne und keine reine Jubelpropaganda, aber Informationsgehalt gibt es da nicht viel! (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Sagen Sie mir, wo da der Informationsgehalt ist! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Vergleichen wir das mit dem Inserat, das Rudi Anschober zum Thema Öko-Strom ge­schaltet hat, das Sie haben: Darin ist ausführlich ausgeführt, dass in Oberösterreich die Zielsetzung besteht, erneuerbare Energie auf 13 Prozent hinaufzusetzen, warum das aus Klimaschutzgründen wichtig ist und warum daher die Bevölkerung aufgefordert wird, aktiv mitzumachen.

Vergleichen wir das mit dem hier vorliegenden Informationsgehalt! Wie viele Österrei­cherinnen und Österreicher wussten denn zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass wir bei den Olympischen Spielen Medaillen gewonnen haben? Das müssen Sie den Österrei­cherinnen und Österreichern mitteilen! Das ist reine Jubelpropaganda, und die Unter­schrift des Bundeskanzlers nimmt ungefähr den gleichen Platz wie das winzig klein Geschriebene ein, was Information sein könnte!

Oder ziehen wir zum Beispiel einen Vergleich zum Inserat von Rudi Anschober über Abfallwirtschaft, in dem darüber berichtet wird, dass bei der Mülltrennung leider eine negative Entwicklung festzustellen ist und in dem ausgeführt wird, wie wichtig die Müll­trennung aus ökologischen Gründen ist. – Lopatka flüchtet schon wieder! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Schließlich wird die Bevölkerung in diesem Inserat informiert, mit welchen Maßnahmen sie die Mülltrennung wieder verbessern kann. Und dann verglei­chen wir das dann mit dem Informationsgehalt dieses Inserats: Österreich hat das stärkste Wachstum außerhalb der Eurozone. – Das ist nachweislich falsche Informa­tion! Das Einzige, was wirklich vergleichbar ist und wirklich Informationsgehalt hat, der dazu passt, war die Rückseite: Das Jahr der Katastrophen. – Bezogen auf die Regie­rungspolitik ist das allemal richtig! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein wesentlicher Punkt, der die Arbeit und die Inseratenpolitik dieser Bundesregierung jedenfalls von Oberösterreich unterscheidet, ist die Kostenentwicklung. Herr Abgeord­neter Lopatka (die Rednerin hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe), auf diesem Diagramm sehen Sie die Bundeskostenentwicklung nur bis 2004, und wir wissen, dass 2005 noch eine Unsumme mehr an Kampagnen und Inseraten dazu gekommen. In Oberösterreich hingegen gab es ein Minus von 30 Prozent für Informationsmaßnah­men der Landesregierung.

Das kann ich Ihnen nur ans Herz legen: Anstatt explosionsartig auf 20 und noch mehr Millionen hinaufzufahren, haben wir ein Minus von 30 Prozent!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 154

Zusammenfassend kann man sagen: Sie schalten nicht Inserate beziehungsweise be­treiben nicht Informationsarbeit als Begleitung zu Ihrer Politik, sondern Ihre Kampag­nen sind Ersatzhandlungen für die Politik, die Sie unterbleiben lassen. Die Arbeits­marktsituation ist dramatisch, aber Sie schalten irgendwelche Inserate, statt Politik zu machen.

Im Sozialministerium beschränkt sich nicht einmal mehr auf Ersatzhandlungen für die Regierungspolitik, sondern auf Ersatzhandlungen für den Umgang mit Parteifinanzie­rung und Parteipropaganda – und das mit Steuergeldern! Das haben Sie zu verantwor­ten!

Wir schlagen vor, dass Sie sich selbst und uns allen seriöse Spielregeln geben! Wir haben dazu einen Antrag gestellt, der auf Rechnungshof-Vorschläge zurückgeht. Und das, was ich auch mitnehme, ist, dass einige von Ihnen heute diese Rechnungshof-Vorschläge als faschingsmäßig abgetan haben.

Meine Damen und Herren, zurück auf den Boden der Politik der Regierung: Stimmen Sie diesem Antrag zu, anstatt sich in irgendwelche Ausreden oder gar aus dem Saal zu flüchten, wie jetzt ja ein paar Mal versucht wurde. (Beifall bei den Grünen sowie bei Ab­geordneten der SPÖ.)

16.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


16.40.01

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Heute wird wieder ein bekanntes Sprichwort wahr, das da heißt: Der Standort bestimmt den Standpunkt! – Dass die Grünen so agieren, dafür bringe ich noch etwas Verständnis auf; ich komme dann noch dazu. Dass aber die SPÖ heute im Schlepptau der Grünen mitfährt, das ist schon gro­tesk. Man braucht ja nur ein bisschen zurückblättern in der Geschichte der Regierung Klima und so weiter; ich werde auch darauf noch eingehen.

Zu den Grünen, meine Damen und Herren. Frau Kollegin Weinzinger, Sie haben jetzt eine ganz eigenartige Verteidigungsstrategie, eine offensichtliche und durchschaubare an den Tag gelegt. Nachdem Ihnen nachgewiesen worden ist, dass Ihr Kollege An­schober in Oberösterreich dasselbe tut wie jeder andere Landesrat, wie jedes andere Regierungsmitglied, nämlich werben und dafür Geld, Steuergeld ausgeben, sind Sie auf einmal auf das Inhaltliche übergegangen. (Abg. Mag. Weinzinger: Zuhören, den­ken, sprechen!) Sie kreiden also nicht mehr die Kosten an, sondern Sie kritisieren die Art und Weise der Werbung. Das ist ja so offensichtlich, dass es nicht mehr offensicht­licher geht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich spreche gar nicht dagegen, Frau Kollegin, jeder soll werben, und ich spreche auch dem Landesrat Anschober, der in Oberösterreich zusammen mit der ÖVP als Haupt­koalitionspartner eine gute Politik macht, das Recht, zu werben, nicht ab. Er hat zum Beispiel für Dieselpartikelfilter geworben. Ich habe mir sofort einen gekauft – damit Sie sehen, dass ich auch darauf anspreche, um glaubwürdig zu sein. Aber hier herzu­gehen und auf der einen Seite das zu kritisieren, was man auf der anderen Seite selbst tut, wenn man in Verantwortung ist, das ist nicht nur scheinheilig, das ist falsch, das ist auch ungerecht.

Wir kennen ja die Politik der Grünen, wir brauchen ja nur nach Deutschland zu schau­en. Da waren sie auch zuerst für Frieden, gegen Atom und, und, und – dann waren sie an der Regierung und haben Sachpolitik machen müssen. Dasselbe würde Ihnen blü­hen, was ich nicht hoffe, wenn Sie einmal an die Regierung kämen! Da müssten Sie


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 155

nämlich Ihre ganzen Grundsätze, die Sie heute vertreten, abändern, auf den Kopf stel­len, weil Sie gar nicht anders könnten. Auch die Grünen in Deutschland haben für frie­denserhaltende Maßnahmen der Bundeswehr im Ausland stimmen müssen: erstmals unter einer rot-grünen Regierung. Und da gäbe es noch viele Beispiele; man könnte das fortsetzen. Deshalb tun Sie hier nicht so scheinheilig, spielen Sie hier nicht den Heiligen, den Moralapostel, denn Sie sitzen in einem Boot wie alle anderen auch!

Was aber die SPÖ anlangt, hätte ich mir schon gedacht, dass sie heute etwas zurück­haltender wäre. Schauen wir einmal zurück, wie es unter der Regierung Klima war – ich zitiere –:

„Es geht nämlich nicht um ein paar Alpendollar, sondern um monströse Geldbeträge; insgesamt hat unser Kanzler – laut brandneuer ,Parlamentarischer Anfrage‘ – im Vor­jahr 71 Millionen Schilling ausgegeben, um in möglichst vielen TV-Werbesendungen und Zeitungsinseraten als toller Kapazunder dazustehen.

Unser Kanzler ist allerdings mit diesbezüglicher Steuergeldverschwendung nicht allein, sondern hat im umstrittenen Caspar Einem bereits einen würdigen Nachahmer gefun­den: Dieser ließ 1998 für rund 37 Mille für sich und sein Verkehrsministerium die Wer­betrommel rühren.“

Das ist damals noch in „täglich Alles“ gestanden; diese Zeitung gibt es heute nicht mehr, aber ich zitiere es trotzdem.

Meine Damen und Herren, die Scheinheiligkeit feiert heute fröhliche Urständ. Jeder hat das Recht, zu werben, auch Sie, ich kritisiere gar nicht, dass Sie werben, das gehört dazu – aber hier herauszugehen und dem Bundeskanzler vorzuwerfen, er verschleu­dere das Geld, wo nachgewiesen ist, dass die Stadt Wien das x-fache davon ausgibt, wo nachgewiesen ist, dass die Regierung Klima das x-fache davon ausgegeben hat, das ist scheinheilig! Das müssen wir den Leuten sagen, das müssen wir auch jenen sagen, die heute zuhören, damit sie einmal wissen, wo es wirklich langgeht in Öster­reich. Nicht die Oppositionskritik, die permanent kommt, sondern die Fakten gehören auf den Tisch. Herr Staatssekretär Morak hat es ja ganz klar dargelegt und auf die Fak­ten hingewiesen.

Ich komme zu Oberösterreich zurück, meine Damen und Herren. Wenn Frau Kollegin Weinzinger gesagt hat, in Oberösterreich gebe es ein Regulativ, dann mag das stim­men, aber die SPÖ hält sich nicht daran, denn wie sonst kann es sein, dass SPÖ-Wohnbaulandesrat Kepplinger an seinen Genossen Haider schreibt – ich muss es weit weg halten, denn das ist sehr klein geschrieben –:

„Lieber Erich! Vielen Dank für die Übermittlung deines Briefes bezüglich Einschaltun­gen im Jahr 2006 und unserer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit. Dazu darf ich Dir mitteilen, dass ich grundsätzlich mit den von Dir angeführten Medienschwerpunkten einverstanden bin. Einzig die Doppelseite im City Magazin“ – das ist ein Magazin, das in Linz, in Steyr und Wels vom SPÖ-dominierten Vorwärts-Verlag herausgegeben wird –, die von meinem Ressort zehn Mal zu schalten ist, bereitet mir Kopfzerbrechen, da dies mein Budget mit rund 110 000 € (...) belasten würde. – Zitatende. (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Das stimmt ja alles nicht, was Sie da vorlesen!)

Wer mir vorwirft, nicht lesen zu können: Machen wir den Lesetest! Jeder, der gut sieht, soll herauskommen und es vorlesen; es ist wirklich so klein geschrieben.

Aber das ist eine Tatsache! – Auf der einen Seite hier herauszugehen und zu kritisie­ren und dort, wo man die Verantwortung hat, wo man selber an den Trögen sitzt, kräf­tig hineinzufassen, das ist Scheinheiligkeit, meine Damen und Herren. Das weisen wir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 156

zurück, dagegen werden wir auftreten, und darüber werden wir auch die Bevölkerung informieren! Das können wir nicht zulassen.

Sie von der SPÖ haben ja einen ganz besonderen Fachmann bestellt, den Herrn Ka­lina, der die SPÖ, der den Herrn Gusenbauer vermarkten soll.

Ich ende wieder mit einem Vierzeiler, der genau diese Situation trefflich beschreiben soll:

Um in den Medien anzukommen,

hat Gusi Kalina genommen.

Da schoss er sich ein Eigentor –

jetzt kommt er nirgendwo mehr vor.

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen.)

16.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. 5 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.45.59

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion in den letzten Minuten ist, glaube ich, mit ein Grund, warum sich immer mehr Menschen von der Politik abwenden (Abg. Prinz: Wegen Ihrer Poli­tik! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Beifall des Abg. Neu­deck), weil der Vorredner sich in einer Niveaulosigkeit mit einem Problem auseinander gesetzt hat, die nicht mehr zu übertreffen ist.

Halten wir einmal fest, meine sehr geehrten Damen und Herren, worum es geht: Es geht darum, dass wir im Bereich der Eigenwerbung, der persönlichen Eitelkeiten eini­ger Regierungsmitglieder eine noch nie da gewesene Verschwendung haben. (Abg. Ellmauer: Scheinheiligkeit der SPÖ! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das bitte in einer Zeit, in der den Menschen immer mehr abverlangt wird, das in einer Zeit, wo Sie eine Politik der Belastungen gemacht haben, und das in einer Zeit, wo wir das Geld für viele andere Dinge brauchen würden.

Halten wir gleichzeitig fest – keiner der Regierungsredner hat dazu etwas gesagt –, dass wir einen Rechnungshofbericht vorliegen haben, in dem massive Kritik an Ihrer Verschwendungspolitik in Sachen Eigenwerbung geübt wird, und dass der Rechnungs­hof Richtlinien vorschlägt, die dafür sorgen sollen, dass man in Zukunft verantwor­tungsbewusster mit dem Geld der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzah­ler umgeht. (Abg. Amon: Die werden heute schon erfüllt! – Abg. Ellmauer: Noch scheinheiliger geht es nicht mehr!)

Darum geht es heute, und das sollten Sie ernst nehmen, wenn der Rechnungshof sagt, Sie sind nicht nur jene, die die höchste Arbeitslosigkeit in unserem Lande zu ver­antworten haben, sondern Sie sind auch die größten Verschwender der Steuergelder in unserem Land! Das sollten Sie ernst nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär Morak, ich war ja ganz kurz sehr froh, dass Sie hier sind, denn ich habe gehofft, dass Sie das sagen, was Sie noch vor einem Jahr gesagt haben. Vor einem Jahr hat der Rechnungshof nämlich auch schon diese Werbung kritisiert. Ich habe hier eine Presseaussendung, in der steht: Morak kündigt Richtlinien für Werbe­maßnahmen der Regierung an. Und in dieser Aussendung – sie ist bereits ein Jahr alt – steht weiters: Ein Durchbruch im Interesse des Steuerzahlers steht vor der Tür! – Zwölf Monate sind vergangen, nichts ist geschehen! Der Herr Präsident des Rech­nungshofes Moser hat sich damals bei Ihnen bedankt, Herr Morak, und hat gesagt: Moraks Vorstoß erfreut mich; ich halte ihn für zweckmäßig!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 157

Erklären Sie sich, Herr Staatssekretär! Ich weiß nicht, sind Sie vom Bundeskanzler, dem Verschwendungskanzler, zurückgepfiffen worden? (Abg. Amon: Hallo! Hallo! Un­glaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dürfen Sie das nicht mehr sagen, was Sie zu Recht noch vor einem Jahr gesagt haben, es müsse diese Richtlinien geben? Sind Sie zurückgepfiffen worden? Erklären Sie sich! Oder machen Sie das, was der Bundeskanzler immer tut: Sie sagen das eine, tun das andere – und kein Mensch kann Ihnen mehr Glauben schenken, auch Ihnen nicht, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amon: Eine Schmutzkübelrede nach der anderen!)

1 Milliarde Schilling für persönliche Eitelkeiten von Regierungsmitgliedern! 1 Milliarde Schilling: Was könnte man mit diesem Geld machen? Es sind heute schon einige Bei­spiele genannt worden. – An den Universitäten, das wissen wir, herrschen katastro­phale Zustände, auch was die bauliche Situation und die Ausstattung der Universitäten betrifft, nicht nur in Bezug auf Ihre schlechte Universitätspolitik insgesamt. In den Jah­ren 2005 und 2006 hatte das Infrastrukturprogramm für die Universitäten ein Volumen von 70 Millionen €. Wir könnten das Doppelte dort investieren, und die Universitäten würden das Geld auch wirklich brauchen. Also anstatt Ihre persönlichen Eitelkeiten zu finanzieren, könnten wir dieses Geld den Universitäten geben.

Ganz besonders betroffen macht mich Monat für Monat die Arbeitslosenstatistik. Stetig steigen die Arbeitslosenzahlen. (Rufe bei der ÖVP: In Wien! In Wien!) Monat für Monat steigt auf Grund Ihrer falschen Politik die Arbeitslosigkeit! Um 70 Millionen € weniger aus dem Europäischen Sozialfonds werden wir ab dem Jahr 2007 für aktive Arbeits­marktpolitik zur Verfügung haben. Wir könnten diese Lücke schließen, wenn Sie nicht aus persönlicher Eitelkeit dieses Geld für unsinnige Eigenwerbung verwenden würden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte ganz kurz noch eine Ihrer Werbemaßnahmen ansprechen: Sie schicken Briefe an junge Menschen aus, in denen Sie ihnen schreiben, Sie hätten ihnen einen Lehrplatz gegeben. – Da lachen ja die Hühner, und allen voran die Lehrlinge!

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend hat dem Herrn Bundeskanzler einen Brief geschrieben, in dem sie ihm mitteilt, nachdem der Herr Bundeskanzler um Geld des Steuerzahlers alle Lehrlinge angeschrieben hat, dass sie diesen Jugendlichen gern die Broschüre über die Rechte und Pflichten von Lehrlingen zukommen lassen möchte. Es handelt sich dabei um eine wirkliche Informationstätigkeit. Und die Österreichische Gewerkschaftsjugend fragt, ob sie die Adressen haben kann. – Bis heute haben sie nicht einmal eine Antwort darauf bekommen.

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend fragt, ob diese Gelder nicht sinnvoller einge­setzt gewesen wären, wenn man den 5 243 Jugendlichen, die bis heute keine Lehr­stelle haben, eine Unterstützung gegeben hätte. – Sie haben vom Bundeskanzler bis heute nicht einmal eine Antwort bekommen.

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend fragt weiters, ob es sein muss, dass man sich in einer Diskothek trifft, deren Betreiberfirma ein Finanzstrafverfahren am Laufen hat, wo Millionen an Steuermitteln gespart worden sind. Der Herr Finanzminister und der Herr Bundeskanzler laden in dieses Tanzlokal ein. – Nicht einmal eine Antwort ha­ben sie bekommen.

Aber ich kann Ihnen sagen: Sie werden von den jungen Menschen, von allen Österrei­cherinnen und Österreichern eine Antwort bei der nächsten Wahl bekommen, Sie wer­den nämlich abgewählt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Billig! Billig!)

16.51



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 158

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.51.48

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich mir diese Dringliche so anschaue, könnten wir Ihnen fast versprechen: Wenn Sie mehr solche Dringliche machen, können wir weniger werben!, denn diese Dringlichen, die Sie hier einbringen, gehen eigentlich immer für Sie in die Hose. Und wenn Sie diese Plakate dann auch noch sehr oft hoch halten, ist der Werbewert wahrscheinlich noch höher, vor allen Dingen, wenn Sie dabei Ihr eigenes Gesicht damit verdecken. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.) – Na ja, Kollege, den Test nehmen wir noch auf! Sie sind blass – und gehen.

Meine Damen und Herren, in Wien haben wir 2004 bei der Wien Energie 100 Millio­nen € Überschuss, bei Kanal und Wasser 110 Millionen € Überschuss – und die SPÖ erhöht die Kanalgebühren mit 1. März 2006 um 28 Prozent. Der Gewinn ist Ihnen zu wenig! (Abg. Amon: Soziale Kälte ist das!) Die Müllentsorgung, der Gaspreis, der Strompreis, alles wird teurer: um 17 Prozent das Gas, um 5 Prozent der Strom. Es gibt 2004 100 Millionen € Gewinn – warum erhöhen Sie die Preise? Wie wollen Sie denn das bewerben?

Aber: Im Wahljahr 2005 gab es in ganz Wien Plakate mit den Konterfeis der Stadträte. Wer zahlt das? Wien Energie? Rapid? Wien Energie sponsert Rapid. Wer ist dort der Präsident? – Edlinger, Finanzminister außer Dienst. Ist das in den Werbeausgaben, die wir ja schon aufgelistet haben und bei denen es sich um Milliardenbeträge handelt, be­reits drinnen?

Die budgetierten Werbeausgaben werden in Wien laufend überschritten. (Abg. Gaál: Ist das zur Tagesordnung?) Ich habe da die Zahlen aus dem Jahr 1997: 16,8 Millionen waren für Werbeaufwendungen in Wien budgetiert, und im Oktober lag man schon bei 28 Millionen €. – Kollege Gaál, was wolltest du? (Abg. Gaál: Was ist denn Tagesord­nung? – Abg. Riepl: Sind Sie ein Rapid-Fan?) Nein, ich bin kein Fußballfan! (Abg. Riepl: Sie haben aber eine grüne Krawatte!) Da ist aber auch Blau drinnen. Und ich habe eine orange Unterwäsche, kann ich dir auch sagen, Kollege, wenn du es ganz genau wissen willst. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Riepl: Das wollte ich nicht wissen!) Na ja, du hast so konkret gefragt!

Sie überschreiten also dauernd Ihr Budget. Sportstadträtin Laska wird plakatiert – zahlt Wien Energie. (Abg. Gaál: Was ist Tagesordnung?) Ja, Entschuldigung, warum regen Sie sich denn dann so auf? Wir können uns ja darauf einigen. Es gibt da vier Parteien, und wenn man im Fettnapf steht, dann soll man nicht springen. Die ÖVP hat ja heute gezeigt, dass die Grünen hier auch nicht unbefleckt sind, sie greifen auch in den Wer­betopf. Sie werben sogar mit großen Bildern und mit wenig Inhalten, wie wir gesehen haben. Die zweite Frage, die ich mir stelle, ist, ob man so mit dem Koalitionspartner umgeht, aber das müsst ihr euch untereinander ausmachen. Wäre das in Kärnten passiert, bevor die Koalition geplatzt ist, wäre von einer Koalitionskrise geschrieben worden. Aber es wird in diesem Fall nicht so sein.

Herr Klubobmann Scheibner hat es schon gesagt: Wien hat einen Werbevertrag mit dem Bohmann Druck über 73 Millionen € abgeschlossen! Da darf kein Rechnungshof hineinschauen! – Und Sie reden von Abrechnungsschwierigkeiten im Sozialministe­rium. Ich habe mich dort erkundigt: Es war eine Monatsrechnung ausgemacht, und die Werbeagentur hat halt kleinere Rechnungen während des Monats gelegt. Daher hat es dort eine Verunsicherung gegeben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 159

Meine Damen und Herren von der SPÖ, bei Ihnen kann man eine Abrechnung gar nicht prüfen, weil diese 146 Millionen € – 146 Millionen € –, die in Wien vereinbart wurden, pauschal abgerechnet werden, pauschal abgerechnet! Da gibt es keine Prü­fung der Einzelbeträge, der einzelnen Kampagnen, da gibt es eine Rechnung, und dann wird gezahlt. Jetzt sage ich dazu: Vielleicht wird sogar noch im Vorhinein gezahlt.

Meine Damen und Herren, noch eine kleine Geschmacklosigkeit, die von Seiten der Grünen passiert ist: In einem Werbespot oder in einer Informationsschaltung, damit wir es richtig sagen, des Sozialministeriums gibt es „Nachrichten aus der Zukunft“. Da wird von behinderten Menschen berichtet, die auf Grund der guten Gesetze, die es jetzt gibt, Berufe ausüben können, die sie bisher nicht ausüben konnten. Und in einem Spot berichtet eine Rollstuhlfahrerin darüber, was sie auf Grund dieser neuen Gesetze be­ruflich nun alles machen kann.

Wie ich gehört habe, ist sich Kollegin Haidlmayr nicht zu schlecht gewesen, diese Dame anzurufen und zu fragen, ob es überhaupt stimmt, dass sie im Rollstuhl fährt. (Abg. Haidlmayr: Tatsächliche Berichtigung!) – Und sie hat Pech gehabt: Diese Dame ist wirklich eine Behinderte! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung der Grünen –: Ungeheuerlich! – Abg. Haidlmayr: Tatsächliche Berichtigung!)

16.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. (Abg. Haidlmayr: Tatsächliche Berichtigung!) – Sie können sich zur tatsächlichen Berichti­gung am Präsidium melden und kommen dann vor Schluss der Debatte dran.

Am Wort ist Frau Abgeordnete Mikesch. (Abg. Mag. Stoisits: Herr Präsident! Wie soll sie das machen? Hinunterrollen? Das dauert eine Dreiviertelstunde! – Weitere Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

 


16.57.13

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, alles, was im Haus passiert, schlecht reden und mit einem miesepetri­gen Gesicht herumlaufen, kann ich ja noch verstehen, denn Opposition ist einfach ein hartes Brot, vor allem dann, wenn man einer so erfolgreichen Bundesregierung gegen­übersteht. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie vergönnen nicht einmal der erfolgreichsten Olympia-Mannschaft der Geschichte den Erfolg. Sie machen ein Gratulationsinserat zum Gegenstand kleinlicher parteipoli­tischer Diskussion! (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie etwas zum Antrag!) Sie werfen der Politik vor, die Sportlerinnen und Sportler für sich zu vereinnahmen. Ich frage mich: Warum? (Abg. Sburny: Steht auf Ihrem Zettel auch etwas zum Antrag?)

Ich frage mich: Was wäre passiert, wenn die SPÖ den Regierungschef stellte? Hätte sich Herr Gusenbauer dann so wie einst Bundeskanzler Kreisky mit Karl Schranz mit unseren Medaillengewinnern auf den Balkon am Ballhausplatz gestellt? (Beifall bei der ÖVP.)

Dürfen sich die Repräsentanten dieser Republik nicht mit unserer Bevölkerung freuen? Darf das nur sein, wenn Rot oder Grün an der Regierung ist? – Ich jedenfalls freue mich über die hervorragenden Erfolge unserer Sportlerinnen und Sportler. Ich freue mich über 23 Mal Edelmetall und weiß, dass jede einzelne Medaille den Gegenwert dieser Inserate bei weitem übersteigt. Als Präsidentin des Landesschiverbandes Nie­derösterreich weiß ich, wie viel Arbeit hinter diesen Erfolgen steckt. Ich weiß, was die­se Leistungen bedeuten. Ich bin stolz auf unsere Sportlerinnen und Sportler und freue mich auch sehr über dieses Olympia-Inserat, denn diese Bundesregierung zeigt uns


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 160

damit, dass wir 163 Sportschulen in Österreich haben, die hervorragende Arbeit für unseren Nachwuchs im Schisport leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gerade diese Einrichtungen haben es sich verdient, einmal vor den Vorhang geholt zu werden. Auch in meinem Verband in Niederösterreich habe ich das Trainingszentrum Waidhofen und die Schihauptschule Lilienfeld, und gerade wir in Lilienfeld freuen uns sehr über den Doppel-Olympiasieg unserer Michaela Dorfmeister. (Beifall und Bravo­rufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich danke daher dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler sehr, sehr herzlich für diese Einschaltung, für dieses Inserat, denn damit wird endlich einmal unseren Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern, unseren Funktionärinnen und Funktionären für ihre Arbeit ge­dankt, denn sie machen hervorragende Arbeit im Hintergrund. (Abg. Mag. Kogler: Sie sind ja selbst ein wandelndes Inserat! Werden Sie auch gesponsert?)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, in einem sind Sie wahre Spitzensportler: im Meinungsslalom. Die Kärntner SPÖ schaltet mehrere Inserate und gratuliert Sportlerin­nen und Sportlern – und Sie, Herr Cap, regen sich auf, wenn sich der Bundeskanzler und der Landeshauptmann emotional über die Erfolge freuen. (Abg. Reheis: 1 Milli­arde Schilling Verschwendung! Verschwendung von 1 Milliarde Schilling!)

Machen Sie nicht schlecht, was Ihre eigenen Leute tun! Ihr Kollege Wittmann und Ihre Frau Landesrat zeigen sich genauso mit den Sportlern und freuen sich mit ihnen – und ich glaube, dass das auch richtig ist. Sie sollten sich aber einmal einig werden über das, was Sie wirklich wollen, denn wenn Sie noch lange so weitertun, werden Sie ir­gendwann bei Ihrem Meinungsslalom einfädeln, und das tut vielleicht nicht gut! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Öllinger, lassen wir doch einmal die Kirche im Dorf! Öffentlichkeitsarbeit gehört ganz einfach zu hervorragenden Leistungen! (Abg. Öllinger: Wo waren denn die hervorragend?) Und wenn man über die 71,4 Millionen € redet, die die Bundes­regierung auch auf die Bevölkerung umlegt, dann sind das in diesen vier Jahren 8,7 €, die pro Einwohner verwendet werden. (Abg. Öllinger: Nein, es sind mehr!) – Über das rote Wien haben wir ja schon sehr vieles gehört, aber ich zeige Ihnen eine weitere Lan­deshauptstadt auf, wo sehr vieles in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Imagewerbung getan wird: Das ist St. Pölten.

In St. Pölten werden 34 € pro Jahr und Kopf für Imagewerbung ausgegeben. Rechnen wir das auf Österreich um, sind das rund 280 Millionen € im Jahr – das wäre viermal so viel, wie die Bundesregierung ausgegeben hat! (Abg. Dr. Stummvoll: Wer ist denn da Bürgermeister?) Wir kennen unseren Herrn Bürgermeister, den Herrn Stadler von der SPÖ. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Und nehmen Sie auch Anleihe an Ihrer eigenen teuren Werbung! (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja Schwachsinn, was Sie da reden!)

Und wenn wir gerade unsere Sportlerinnen und Sportler wertschätzen, dann fällt mir zu Ihnen nur noch eines ein, wie es auch auf einer Plakatwerbung von Ihnen steht: Öster­reich hat sich Besseres verdient! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. Sie wird die tatsächliche Berichtigung von ihrem Sitzplatz aus abgeben. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.02.12

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Neu­deck hat behauptet, ich hätte diese Hey Barbara angerufen und sie gefragt, ob sie be-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 161

hindert ist. – Ich möchte klarstellen: Ich kenne diese Hey Barbara bis zum jetzigen Zeit­punkt nicht.

Zu Ihnen noch, Herr Präsident: Ich habe mich rechtzeitig zu Wort gemeldet. Ich kann nicht hinunterfliegen, denn dabei würde ich großen Schaden nehmen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Was niemand möchte, Frau Kollegin Haidlmayr. Aber Sie wissen, dass die Meldungen zur tatsächlichen Berichtigung nicht vom Platz aus, sondern vom Ordner des Klubs auch hier an dieser Stelle gemacht werden können. Aber ich habe diese Meldung entgegengenommen, und Sie haben vor Ende der De­batte die tatsächliche Berichtigung gemacht.

Als vorläufig letzter Redner hiezu kommt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. Die Gesamtredezeit seiner Fraktion beträgt 6 Minuten. Er wünscht eine Redezeit von 5 Mi­nuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.03.00

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Unterschied zwischen der Regierung und mir (Abg. Mag. Molterer: Ist groß! Der ist sehr groß, Herr Kollege!): Ich brauche nichts zu bezahlen, wenn ich in die Zeitung komme; denn man kommt der Informationspflicht nach, wenn man jemandem gratuliert. Ich brauche daher keine Zei­tungsinserate zu schalten.

Eines muss man schon sagen: Diese Fragestunde heute und die Beantwortung der Fragen durch den Bundeskanzler war mehr als peinlich. Wenn sich ein Bundeskanzler hier herstellt und flapsig behauptet, die Regierung sei jene Regierung, die am wenigs­ten Geld für die Öffentlichkeitsarbeit ausgibt, so ist das schlichtweg unrichtig! Die Aus­gaben für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierungsmitglieder haben sich seit dem Jah­re 2000 mehr als verdoppelt! Und Ihnen, Herr Lopatka, sei ins Stammbuch geschrie­ben: Wenn Sie den Budgetposten in Wien mit dem vergleichbaren Budgetposten im Bundeskanzleramt vergleichen, so belief sich dieser im Jahre 2003 auf 27 Millionen € und jetzt auf 36 Millionen € – alleine im Bundeskanzleramt! Alleine im Bundeskanzler­amt 36 Millionen €, das bedeutet eine Steigerung von 2003 bis heute im Ausmaß von 9 Millionen €!

Dazu kommen noch die Ermächtigungen, die nicht im Ermächtigungsgesetz drinnen sind, durch die der Finanzminister ermächtigt wird, für das Jahr 2005 zusätzlich 6 Mil­lionen € für Öffentlichkeitsarbeit auszugeben – nur im Bundeskanzleramt! –, und im Jahre 2006 noch einmal 3 Millionen € – nur im Bundeskanzleramt! Das bedeutet eine Budgeterhöhung von 2003 bis 2006 im Ausmaß von 20 Millionen €! – Hängt das viel­leicht mit dem Wahlkampf zusammen?!

Hängt das vielleicht mit dem Wahlkampf zusammen, dass man jetzt die Ausgaben
für Öffentlichkeitsarbeit im Bundeskanzleramt von 27 Millionen € auf 36 Millionen €, plus Ermächtigung in Höhe von noch einmal 10 Millionen €, erhöht? (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, es drängt sich der Verdacht auf, dass das ausschließlich mit dem Wahl­kampf zusammenhängt. Und, meine Damen und Herren, dieses Inserat hat wirklich keinerlei Informationsinhalt – außer dem, dass wir jetzt auch erfahren, dass der Herr Vizekanzler weiß, dass Olympische Spiele waren. (Zwischenrufe bei den Freiheit­lichen.) Aber dafür ist es eindeutig zu teuer! Und ich muss einmal noch festhalten: Was soll man einem Bundeskanzler glauben, der bewusst bei der Anfragebeantwortung die Unwahrheit sagt?! Diese Regierung gibt nämlich am meisten für Öffentlichkeitsarbeit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 162

aus, insbesondere das Bundeskanzleramt. Aber was soll man einem Kanzler glauben, der als Dritter in Opposition gehen wollte, der Abfangjäger über eine Wirtschaftsplatt­form bezahlt und der in dieser Republik eigentlich noch kein Wort gehalten hat? (Abg. Scheibner: Das wird die Dringliche auch nicht mehr retten!)

Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, dass man aufhört, hier Unwahrheiten über Steuer­gelder zu verbreiten. Wenn man sich allein nur die Inserate ansieht! Können Sie sich an diesen berühmten Fernsehspot anlässlich der Steuerreform erinnern? Ich rufe in Erinnerung: Die Steuerreform hat 1 Million ÖsterreicherInnen nichts gebracht; dem Durchschnitt der Österreicher hat sie 11 € gebracht. Und dann sind Werbespots ge­kommen, wo man Leute gezeigt hat, die sich auf einmal ein Auto, eine Reise leisten können; eine hat sich einen Steirer-Janker geleistet. Dabei ist ihnen in Wirklichkeit die Lederhose ausgezogen worden, weil alles andere teurer geworden ist! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

11 € sind ihnen übergeblieben, und überlegen Sie einmal den Informationsgehalt die­ses Spots: 11 € bleiben mir bei der Steuerreform übrig – und es wird mir vorgegaukelt, dass ich mir ein Auto kaufen kann! Wenn man von einem ungefähren Auto-Neuwert von 20 000 € ausgeht, braucht man etwa 200 Jahre, um dieses Geld anzusparen, um ein Auto zu kaufen! – Und das gaukelt man den Österreicherinnen und Österreichern auf Kosten von Steuergeldern vor!

Ihr Informationsgehalt ist genauso richtig oder falsch wie der Informationsgehalt des Kanzlers, der sagt, dass er Abfangjäger aus einer Wirtschaftsplattform bezahlt, dass er als Dritter in Opposition geht und dass er in dieser Regierung weniger Geld für Öffent­lichkeitsarbeit ausgibt, als in anderen Regierungen ausgegeben wurde.

Es ist schlichtweg falsch, was er behauptet, und er ist ganz einfach in dieser Frage genauso wenig ehrlich, wie er es in anderen Fragen ist! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, die Gesamtrestredezeit des grünen Klubs beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


17.08.13

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Strafe muss sein! Ich lese Ihnen ein Anschober-Inserat vor:

„Mit Enttäuschung haben wir die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Gentechnik zur Kenntnis nehmen müssen, die Oberösterreich das Recht auf Selbstbestimmung in der für uns so wichtigen Frage gentechnikfreier Felder abspricht.

Aber unser Engagement gegen Gentechnik geht nach der Entscheidung des EuGH weiter!

Wir geben nicht klein bei, sondern wollen nun gemeinsam mit dem Agrarressort und den Landtagsfraktionen massive Barrieren im Einklang mit dem Europarecht in fünf konkreten Schritten errichten.“ (Abg. Scheibner: Was ist mit dem Apfel-Inserat?)

Ich zitiere weiter: „Schritt 1: Erstellung eines Gentechnik-Vorsorgegesetzes.

Schritt 2: Untersuchung der Möglichkeiten für pflanzenspezifische Aussaatverbote.

Schritt 3: Thematisierung der Unmöglichkeit der Koexistenz während der österreichi­schen EU-Präsidentschaft.

Schritt 4: Verstärkung der Allianz gentechnikfreier europäischer Regionen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 163

Schritt 5: Verstärkung ...“ (Der Geräuschpegel im Saal ist sehr hoch. – Abg. Großruck: ... Gratis-Inserat!)

Was regen Sie sich so auf über ein wichtiges gemeinsames Projekt von oberösterrei­chischer Volkspartei und Grünen?!

„Schritt 5: Verstärkung der OÖ Gemeinschaft von ProduzentInnen, Handel und Konsu­mentInnen gegen gentechnisch manipulierte Lebensmittel.“ (Abg. Mag. Molterer: Wie viel hat das Inserat gekostet?)

Und dann richtet sich ein Landesrat, der sich seiner Verantwortung bewusst ist, an die oberösterreichische Bevölkerung, um sie zum Handeln aufzurufen, weil in diesem Fall die Regierung die Unterstützung der gesamten oberösterreichischen und österreichi­schen Bevölkerung braucht – und das ist der Schlüssel! Das rechtfertigt ein Inserat und einen öffentlichen Aufruf!

„Wir alle haben als Konsumentinnen und Konsumenten mit jedem Griff ins Regal eine ungeheure Macht, denn mit dem täglichen Einkauf von regionalen, biologischen und fair gehandelten Produkten entscheiden wir uns für Umweltschutz und Nachhaltigkeit.“ (Abg. Scheibner: Das ist viel zu viel Text für ein Inserat!)

„Stimmen auch Sie mit Ihrem Einkauf für regionale Wertschöpfung und gegen gentech­nisch manipulierte Lebensmittel!“

Das ist ein politischer Aufruf. (Abg. Neudeck: Und was ist mit den anderen? – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Mit dem Anschober drauf!) Hätten Sie irgendetwas in dieser Art und Weise in Form eines bezahlten Inserates in den letzten sechs Jahren zustande ge­bracht, hätten wir das nicht nur geduldet, sondern Ihnen dafür auch unseren Respekt aussprechen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Vergleich macht sicher: „Weniger Steuern – mehr für’s Leben!“ (Abg. Scheibner: Was ist mit dem Apfel? Dem Anschober und dem Apfel?) „Sabine, 28, Angestellte: Ent­lastung pro Monat: 29 €. Albrecht, 69, Pensionist: Entlastung pro Monat: 21 €. Her­mann, 28, Arbeiter: Entlastung pro Monat: 28 €.“ (Abg. Mag. Molterer: Richtig! Ge­nau!) „Bundesministerium für Finanzen“. – Das ist Information?!

Und alle Hermanns und alle Sabinen, bei denen das möglicherweise nicht stimmt, wie kommen die zu ihren 28 €? (Heiterkeit bei den Grünen.) – Ist doch alles Unsinn!

Meine Damen und Herren, die G’schicht’ ist watscheneinfach: Die Kassen des BZÖ sind genauso gähnend leer wie die politischen Köpfe dieser Partei. (Beifall bei Abge­ordneten der Grünen sowie der SPÖ.) Wenn der Parteichef einen Deckel aufmacht, gähnt ihm die Leere der Kassa entgegen! Turnauer spendet nicht mehr, Glock spendet nicht mehr, Haselsteiner spendet nicht mehr – die Spender wenden sich mit Grauen vom BZÖ ab. Nicht einmal die Industriellenvereinigung ist mehr bereit, Spenden für das BZÖ zu waschen!

Wenn die Beine kurz werden, werden die Finger lang, und das BZÖ ist heute die Partei der kurzen Beine und der langen Finger (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Präsident!) und versucht, über ihre Ministerämter zu Steuer­geldern zu kommen (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ – wei­tere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) – und genau so schaut es aus! Und darüber reden wir! Wir reden über den Griff in die Kassen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), der durch kein Gesetz gerechtfertigt ist, meine Damen und Herren! Und das wollten wir mit unserem Dringlichen Antrag darstellen. (Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 164

neuerlich das Glockenzeichen.) – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Ab­geordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich!)

17.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pilz, für die Unterstellung der „langen Finger“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Zwischenrufe bei den Grü­nen.)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheibner. Die Gesamtrestredezeit für den freiheitlichen Klub beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


17.13.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Das ist ja wieder ein altbekanntes Mittel: Da machen die Grünen eine Dringliche Anfrage, die abstürzt, wie Herr Kollege Cap schon gesagt hat, zu einer Bütten-Veranstaltung – und dann kommt zum Schluss Kollege Pilz, den man ja sonst wenig hier im Plenum sieht (Abg. Neudeck: Gott sei Dank!), und versucht, das geradezubiegen – leider, leider vergeblich!

Und zum Schluss merkt Pilz dann, jetzt muss er noch etwas draufsetzen, und dann erkennen wir Herrn Pilz wieder, so wie er immer wieder ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sein wahres Gesicht!): kriminalisieren, diskreditieren und hier Vorwürfe machen und in den Raum stellen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist Ihre Art und Weise – das kennen wir ja noch aus den diversen Gruppen, wo Sie früher einmal dabei gewesen sind –: Wenn einem die Argumente ausgehen, dann wird kriminalisiert, dann kommt man mit der Keule, meine Damen und Herren! – Machen Sie hier gescheite Dringliche Anfragen, aber beleidigen Sie nicht Abgeordnete und Politiker in diesem Land! Unterstellen Sie nicht kriminelle Handlungen! – Das ist unge­heuerlich! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz. – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Ja, schreien Sie, was Sie wollen! Sie können vorlesen, was Sie wollen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), Sie werden deshalb nicht zudecken, dass Sie dort, wo Sie – Gott sei Dank nur in Ober­österreich! – ein Regierungsmitglied haben, genauso mit Steuergeldern dieses Regie­rungsmitglied mit großen Fotos und dünnen Texten bewerben! (Abg. Mag. Weinzin­ger: ... wenigstens einmal anschauen!) – Das ist die Realität, und das können Sie mit Ihren Kriminalisierungsversuchen nicht überdecken, meine Damen und Herren, lieber Herr Abgeordneter Pilz! (Ruf: „Lieber“?)

Na, der ist sehr lieb, und wir wissen eh, was wir davon zu halten haben. Und wir wis­sen schon, Sie sind ja auch einer, der ganz gerne in die Bütt geht, aber alles brauchen wir uns auch von Ihnen nicht gefallen zu lassen.

Machen Sie in Zukunft besser vorbereitete Dringliche Anfragen, dann ersparen Sie sich selbst Ordnungsrufe und uns den Ärger, denn gewisse Grenzen des politischen An­standes wollen wir auch eingehalten haben. (Beifall und Bravorufe bei den Freiheit­lichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

17.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 800/A (E) der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jubelpropaganda bezie­hungsweise Werbe- und Informationsmaßnahmen der Bundesregierung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 165

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

17.15.40Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Kurzdebatte über den An­trag der Abgeordneten Mag. Stoisits, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 791/A (E) betreffend Ortstafeln in Bleiburg und Bleiburg-Ebersdorf eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner – die Erstrednerin in diesem Fall – zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten ver­fügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Stoisits. Ich erteile es ihr hiermit und mache noch einmal darauf aufmerksam: 10 Minuten Redezeit.

 


17.16.47

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gar nicht ... (Ruf bei der ÖVP: Dobar dan!) Dobar dan, ja! – Das war Frau Scheucher, oder? – Nein? Ich habe gedacht, Sie waren es. – Nein, das war meine burgenländische Kollegin! Die ist multikulturell, denn das Burgenland ist vielsprachig.

Meine Damen und Herren, ich habe gar nicht damit gerechnet, dass die Fristsetzungs­debatte heute Nachmittag so sehr an Aktualität gewinnen wird, und diese Aktualität, die die Fristsetzungsdebatte hat – über die Intention als solche hinaus –, hat der Herr Bun­deskanzler heute in der Früh in der Fragestunde geliefert, denn er hat – und ich wie­derhole es jetzt sinngemäß (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch) – nein, er hat heute Vormittag auf meine Frage, wann er die Topographieverordnung für Kärnten auf Grund der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes 2001 und 2005 erlassen wird, hier gesagt: Es bedarf keiner Topographieverordnung, denn es gibt zwar ein Problem in Kärnten und es gibt demzufolge auch ein Problem mit dem Rechtsstaat, aber er ist nicht dafür zuständig.

Und, meine Damen und Herren, das haben auch der ORF und ORF.on und alle ganz riesig gebracht, dass es ein Problem in Kärnten gibt und dass dieses Problem auch zu lösen ist – aber nicht vom Herrn Bundeskanzler, denn das, was eigentlich seine Auf­gabe wäre und was der Verfassungsgerichtshof auch tatsächlich im Erkenntnis ausge­sprochen hat, nämlich dass die Politik hier aufgefordert ist, eine Lösung dieser Frage zu präsentieren, negiert der Bundeskanzler schlicht und einfach.

Nun kann selbst ein Bundeskanzler, der alles weiß und alles so präzise weiß, dass er die präzisen Antworten dann schriftlich gibt, irren – und in diesem Fall irrt er gewaltig! Und das ist jetzt nicht eine politische Einschätzung, denn da kann man ganz unter­schiedlicher Meinung sein, was die Frage betrifft, wie man mit Minderheiten in Öster­reich umgeht; aber worüber es keine unterschiedlichen Auffassungen gibt, ist: Was ist in Österreich Verfassungsrecht? Wie werden Erkenntnisse des österreichischen Ver­fassungsgerichtshofes – ob sie einem jetzt inhaltlich passen oder nicht – umgesetzt?


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 166

Also ich erinnere mich noch gut an das Erkenntnis damals zum Thema Familienbe­steuerung. Die Frau Präsidentin wird sich sicher auch daran erinnern, wie der Verfas­sungsgerichtshof da judiziert hat. Und das war gar nicht, das gestehe ich, nach mei­nem, nicht jetzt Geschmack, aber nach meinen Vorstellungen, aber der Nationalrat hat das respektiert und hat dann auch entsprechende legistische Handlungen gesetzt.

In diesem Fall könnten wir uns am seinerzeitigen Erkenntnis ein Beispiel nehmen und sagen: Die Lösung liegt auf dem Tisch, denn der Verfassungsgerichtshof – und ich würde ja dem Herrn Bundeskanzler empfehlen, das zu tun – schreibt es wortwörtlich in seinem Erkenntnis. Er schreibt nämlich in seinem Erkenntnis: Solange es keine Topo­graphieverordnung für Kärnten gibt – für jene, die das nicht so genau wissen: Topogra­phieverordnung heißt eine Verordnung, in der für jene Orte und Gemeinden, die zwei­sprachig sind, die Namen auch zweisprachig festgelegt werden –, so lange ist der Staatsvertrag von Wien direkt und unmittelbar, wie das rechtstechnisch heißt, anzu­wenden.

Das heißt, der Bezirkshauptmann von Völkermarkt – und wir sprechen jetzt immer nur von einem der politischen Bezirke innerhalb des zweisprachigen Gebiets –, die Be­zirkshauptmannschaft, in dem Fall der Bezirkshauptmann, ist für die Umsetzung des Erkenntnisses zuständig.

Meine Damen und Herren, was inzwischen passiert ist, das wissen Sie: Der Herr Lan­deshauptmann hat die Frist bis zum 30. Juni, die der Verfassungsgerichtshof gegeben hat, nicht verstreichen lassen, sondern Herr Landeshauptmann Haider hat schon agiert. Er hat die einsprachige Ortstafel von Bleiburg/Pliberk, also nur „Bleiburg“, um ein paar Zentimeter versetzt (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, ein paar Meter!), oder um ein paar Meter, und zieht daraus rechtlich den Schluss, dass damit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs Genüge getan ist. Er hat eine neue Verordnung erlassen, die alte Tafel ist entfernt, eine neue Tafel – sie ist identisch mit der vorherigen – ist ein paar Meter weiter aufgestellt, und deshalb gibt es keine weiteren rechtlichen Schritte zu setzen.

Genau diese Aktion des Herrn Landeshauptmannes, nämlich das Erkenntnis des Ver­fassungsgerichtshofs in seinem Wirkungsbereich quasi umzusetzen, ist Gegenstand des Entschließungsantrages, den die Grünen eingebracht haben. Dieser ist keine Idee der Grünen, sondern er entspricht einer Aufforderung des Präsidenten des Verfas­sungsgerichtshofs an die österreichische Bundesregierung, die durch den Bundes­kanzler repräsentiert wird. Denn Herr Präsident Korinek – das kann man im ORF und in zahlreichen Zeitungen nachlesen, und er wird es sicher gerne wiederholen – hat ge­sagt: Nach dieser Aktion in Kärnten regt er an, eine Verordnungsprüfung durch die Bundesregierung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, weil das, was dort pas­siert ist – und das sind jetzt meine Worte, weil der Herr Präsident des Verfassungs­gerichtshofs nie so sprechen würde –, ein Pflanz des Rechtsstaates ist, und pflanzen – das sind meine Worte – lassen wir uns nicht!

Herr Präsident Korinek drückt das viel nobler, rechtspolitisch korrekter und zurückhal­tender aus, aber ich glaube, in Österreich versteht es jeder. Das hat mit der Faschings­zeit überhaupt nichts zu tun, weil diesbezüglich in Kärnten ja immer Faschingszeit ist, und zwar nicht nur ein Jahr lang, sondern seit Jahrzehnten, was diese Frage angeht. Diese Anregung haben die Grünen aufgenommen.

Nachdem der Herr Bundeskanzler heute in der Früh gesagt hat, dass er überhaupt keine Veranlassung sieht, selbst eine Topographieverordnung zu erlassen, ist dieses Anliegen, nämlich diese Verordnung, diese Aktion von Haider in Kärnten durch den Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Bundesregierung prüfen zu lassen – und es kann nur die Bundesregierung diesen Antrag stellen –, ja umso aktueller und brisanter!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 167

Und zwar ist es das durch seine Rechtsinterpretation, nämlich zu sagen: Ich bin nicht zuständig, zuständig ist das Land Kärnten, in dem Fall der Bezirkshauptmann respek­tive Landesrat beziehungsweise Landeshauptmann.

Ja, bitte prüfen! Umgehend, sofort prüfen, damit dieser Zustand behoben wird, der nicht nur rechtspolitisch fragwürdig ist. Daran zweifelt praktisch niemand, außer dem BZÖ und den sozusagen im Schlepptau befindlichen Vasallen des BZÖ in der Regie­rungsfraktion und zum Teil auch in der Regierung, sofern sie nicht schweigen. Nie­mand bezweifelt, dass dieser Zustand, dass Verfassungsgerichtshofs-Erkenntnisse in Österreich über Jahre negiert werden – das erste Erkenntnis stammt vom Dezem­ber 2001, das zweite Erkenntnis ist aus dem Jahr 2005 –, Österreich der Lächerlichkeit preisgibt.

Meine Damen und Herren: Österreich ist ein Rechtsstaat. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ganz sicher!) Gott sei Dank ist Österreich ein Rechtsstaat, Uwe Scheuch! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber Kärnten auch!) Wäre Österreich kein Rechtsstaat, dann gute Nacht! (Abg. Neugebauer: Dann wäre es nämlich ein Linksstaat!)

Deshalb ist es die Verpflichtung der Kolleginnen und Kollegen Parlamentarier hier, ein Auge auf den Rechtsstaat Österreich zu haben. Angesichts dessen, was Haider über Jahre vorexerziert hat, und zwar in den letzten fünf Jahren sozusagen unter Adjutanz des ÖVP-Teils der Bundesregierung und des Bundeskanzlers – ich erinnere nur an die Aschermittwochsreden der letzten Jahre, in denen ja genau diese Fragen immer Ge­genstand seines Spottes, seines Hohnes, seiner Rassismen, seiner Diskriminierungen waren –, gilt es eben genau jetzt, wachsam zu sein und uns diesem Vorwurf, Öster­reich sei kein Rechtsstaat, nicht auszusetzen.

Der Herr Bundeskanzler und mit ihm die Bundesregierung, aber heute und jetzt auch wir haben die Möglichkeit, genau diesen rechtskonformen Zustand auch herzustellen. Deshalb stellen die Grünen den Antrag, die Bundesregierung möge eine Verordnungs­prüfung beim Verfassungsgerichtshof beantragen, damit mit Haiders Pflanzerei, mit der wir uns zum Gespött Europas machen, endlich Schluss ist!

Deshalb bitte ich Sie erstens um die Zustimmung für den Fristsetzungsantrag – das gilt in alle Richtungen – und zweitens um eine seriöse Diskussion im Verfassungsaus­schuss, damit diese Verordnungsprüfung, die ja inzwischen der Rechtsmeinung des Bundeskanzlers entspricht, wie wir seit heute Früh wissen, auch tatsächlich umgehend beantragt wird. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Danke. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. Ich mache darauf aufmerksam, dass die kommenden vier Redner über jeweils 5 Minuten Redezeit verfügen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.27.06

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Antrag selbst eingehe, er­lauben Sie mir noch einen Nachtrag zur vorherigen Debatte des Dringlichen Antrages: Ich glaube, man hat gut sehen können, wie wichtig die Oppositionsparteien diesen An­trag wirklich nehmen. Es haben bei den Grünen sowohl der Klubobmann als auch die Klubobmann-Stellvertreterin gefehlt, als über diesen Antrag abgestimmt wurde, sowie auch bei der SPÖ der Klubobmann.

Man sieht also, Sie selbst nehmen das nicht wirklich wichtig (Abg. Schieder: Gott sei Dank, dass Sie da waren! Dann ist alles gerettet!), sondern Sie wollen hier ja nur eine


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 168

künstliche Aufregung hereinbringen. (Abg. Mag. Kogler: Erkundigen Sie sich über­haupt, bevor Sie Unsinn reden?) Ja, das können Sie leicht nachvollziehen. Das war ja so, das haben alle gesehen. – Gut. (Abg. Mag. Kogler: Wozu gibt es dieses Instru­ment? Ist ja unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.)

Jetzt zu diesem Antrag der Kollegin Stoisits.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Problem, das sich hier stellt und das die­sem Antrag zugrunde liegt, hat zwei Seiten, das muss man ganz klar sagen. Das eine ist die juristische Seite, und das andere ist klarerweise eine menschliche Seite. Der Schwerpunkt der Kollegin Stoisits liegt vielleicht jetzt mit diesem Antrag auf der juris­tischen Seite, daher möchte ich auch ganz kurz auf diesen Teil eingehen.

Wie schon gesagt wurde, geht es darum, dass es ein Volksgruppengesetz gibt, in dem über sehr lange Zeit, über Jahrzehnte auch eine zahlenmäßige, nämlich eine prozen­tuelle Festlegung enthalten war, in welchen Gemeinden zweisprachige Ortstafeln anzu­bringen sind. Diese Zahl von 25 Prozent hat über Jahrzehnte auch niemanden aufge­regt. (Abg. Öllinger: Weil man es nicht gemacht hat!)

Wie wir ebenfalls wissen, hat dann der Verfassungsgerichtshof über den Prüfungsan­trag im Fall eines notorischen Rasers, der bewusst mit mehr als 50 Stundenkilometern durch Ortsgebiete fährt ... (Abg. Öllinger: Sie übernehmen die Diktion von Haider!) Ja, das war so, das ist keine Frage. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist die Wahrheit, Kol­lege Öllinger!) Wenn jemand mit weit mehr als 70 Stundenkilometern durch Ortsge­biete fährt (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sind Menschenleben gefährdet!), dann, bitte, muss man sagen, es ist das einfach der Fall, und zwar bewusst und vorsätzlich. (Abg. Öllinger: Und was ist mit Gorbach?)

Aber sei es, wie es sei – der Verfassungsgerichtshof hat diesen Teil des Volksgruppen­gesetzes und damit auch Teile der Topographieverordnung aufgehoben, sodass jetzt – und das hat auch Kollegin Stoisits richtig gesagt – nach Ansicht des Verfassungsge­richtshofes der Staatsvertrag von Wien in diesem Bereich direkt anwendbar ist. (Abg. Mag. Stoisits: Aber nur, weil ...!) Das ist der Punkt, den du ja selbst erwähnt hast und der auch besonders herausgestrichen ist.

Was hat das aber juristisch zur Folge? – Das ist ja letztlich die Frage. Juristisch hat es zur Folge, dass die jeweilige Bezirkshauptmannschaft, wenn sie Verordnungen über Ortsbezeichnungen – genauso wie eine Verordnung über andere Verkehrszeichen – erlässt, dass also die jeweilige Behörde erster Instanz, in dem Fall eben die Bezirks­hauptmannschaft, den Staatsvertrag von Wien zu berücksichtigen hat. Nicht mehr und auch nicht weniger ist die Folge dieses Verfassungsgerichtshofs-Erkenntnisses.

Da ist nun der Herr Bundeskanzler und die Bundesregierung überhaupt nicht gefordert! Ich glaube, es kommt auch niemand auf die Idee, dass jetzt der Herr Bundeskanzler durch alle Gemeinden fahren soll, alle kundgemachten Verkehrszeichen, alle Ortsbe­zeichnungen darauf prüfen soll, ob sie allen einschlägigen rechtlichen Bestimmungen entsprechen, und dann, wenn dies nicht der Fall ist, eben die entsprechenden Verord­nungen anzufechten hat. (Abg. Dr. Puswald: Das glauben Sie doch nicht selbst!) Ich glaube, das stellt das gesamte System auf den Kopf. Es ist eben nicht die Bundes­regierung dafür zuständig, Verordnungen zu erlassen oder deren Rechtmäßigkeit zu prüfen, sondern das ist Aufgabe der jeweiligen Behörde erster Instanz. Das ist auch geschehen.

Jetzt zu der Frage, die diesen Antrag betrifft, hinsichtlich dessen Sie eine Frist setzen wollen. Der Antrag lautet: Eine Verordnung, die die Bezirkshauptmannschaft Völker­markt erlassen hat, soll von der Bundesregierung angefochten werden. – Das ist aber genau nicht die Verordnung, die der Verfassungsgerichtshof behandelt hat. Insofern


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 169

ist auch die Fristsetzung äußerst fragwürdig, liebe Terezija, weil der Verfassungs­gerichtshof für die Behebung dieses Mangels, den er in der ursprünglichen Verordnung gesehen hat, eine Frist bis 30. Juni 2006 gesetzt hat.

Das heißt, der Verfassungsgerichtshof selbst, den ihr ja auch zu Recht immer als Zeu­gen in dieser Angelegenheit anruft, hat diese Dringlichkeit, die ihr mit diesem Antrag dem Hohen Haus vorlegt, nicht gesehen. Er hat gemeint, bis 30. Juni 2006 ist es völlig ausreichend, diesen Mangel entsprechend zu heilen. Daher kann ich keinen Grund erkennen, warum jetzt wir im Hohen Haus eine ganz andere Dringlichkeit sehen sollen und warum wir einem Fristsetzungsantrag, in dem verlangt wird, eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen, zustimmen sollten.

Abschließend noch, wie bereits angekündigt: Es gibt neben der juristischen Seite auch eine zweite, die menschliche Seite dieser Problematik. Diese betrifft einfach, liebe Te­rezija, das Zusammenleben der Volksgruppen untereinander. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.) Hier – und das hat heute auch der Herr Bundeskanzler in seiner Anfragebeantwortung ganz klar gesagt – kann man nicht mit der juristischen Keule arbeiten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Hier helfen keine Klagen, sondern hier helfen Verhandlungen und das Zusammensitzen am Verhandlungstisch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.32.36

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich finde, von der Zuständigkeit her ist das alles eindeutig: Der Bezirkshauptmann hat das einfach umzusetzen.

Ich war mehrere Male als Mitglied der Konsenskonferenz dabei, als versucht wurde, zwischen den verschiedenen Gruppen eine Übereinstimmung herbeizuführen – Slowe­nenorganisationen, Kärntner Heimatdienst, Abwehrkämpferbund. Ich habe zwei Sitzun­gen erlebt, die mir ewig im Gedächtnis bleiben werden: einmal, als Kärntner Heimat­dienst und Abwehrkämpferbund dem Konsens mit einer der Slowenenorganisationen zugestimmt haben; und beim zweiten Mal waren, als ich hingekommen bin, die zwei Slowenenorganisationen mit dem Kärntner Heimatdienst in einem Konsens, aber nicht der Abwehrkämpferbund. Das war die letzte Sitzung, die ich im Rahmen dieser Kon­senskonferenz besuchen konnte.

Ich habe dort das Bemühen der Politik registriert, dass es wirklich einen Konsens gibt. Das muss man einmal sagen, das war dort so, und es wäre auch gut gewesen. Ich sehe keinen Sinn darin, dass man diese Frage zu einem Politikum hochspielt, um damit irgendwelche Wählerstimmen zu lukrieren, weil das auf dem Rücken des Images von Kärnten ausgetragen wird, auf dem Rücken der Kärntnerinnen und Kärntner, und weil das außerdem noch zu Emotionen zwischen den verschiedenen Bevölkerungs­gruppen führt. Kärnten muss daran interessiert sein, dass es ein erfolgreiches Touris­musland ist, ein Land, in dem investiert wird, das ein Wirtschaftsstandort ist, das im Rahmen der Europäischen Union sehr viele wichtige Aufgaben erfüllen kann und sehr davon profitieren kann.

So, wie der Landeshauptmann von Kärnten agiert, ist das nicht in diesem Sinn. Er hat in einem bestimmten Moment – das war eine gewisse Zeit nach dieser einen Konsens­konferenz, bei der ich noch anwesend war – begonnen, das Ganze als ein Feld der politischen Auseinandersetzung zu suchen, um sich dort das Grundmandat zu sichern oder sich die Umfragewerte zu verbessern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kollege Cap fängt so ehrlich an und endet so scheinheilig!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 170

Jetzt mit seiner Konfrontation und damit, wie er mit dem Verfassungsgerichtshof umge­gangen ist, finde ich, dass er die demokratische Kultur – die Verfassung regelt ja das politische Zusammenleben, das rechtliche, sie regelt unsere Demokratie – auf diese Art und Weise verächtlich gemacht hat und lächerlich gemacht hat und dass er ver­sucht hat, hier eine Konfrontationslinie zu finden. Ich halte das für unverantwortlich, insbesondere auch für einen Landeshauptmann, der ja eine der Säulen in diesem gan­zen Verfassungsgefüge ist.

Er hat hier eben immer wieder versucht – bis hin zum Verrücken dieser Ortstafel –, sich letztlich auf eine Art und Weise mit diesem Verfassungsgerichtshofsentscheid aus­einander zu setzen, die der Demokratie abträglich ist, die dem Land Kärnten abträglich ist, die der dortigen Wirtschaft, der Tourismuswirtschaft und insgesamt Österreich ab­träglich ist. Das halte ich für das besonders Bedenkliche, und das soll man, glaube ich, in diesem Zusammenhang auch eindeutig sagen.

Was die Topographieverordnung betrifft, wäre es wünschenswert gewesen, wenn es sie gegeben hätte. Das muss ich dazu sagen. Es gab in diesen Konsenskonferenzen den Versuch, dies auch herbeizuführen. Wie gesagt, man war sich sehr nahe, aber jetzt ist der Bezirkshauptmann dran. Wenn dann eine Weisung kommt – von Landesrat Dörfler oder sonst irgendjemandem – und wenn diese Zeitvorgabe des Verfassungsge­richtshofes vom Bezirkshauptmann nicht eingehalten wird, dann liegt Amtsmissbrauch vor. Da gibt es ganz klare rechtliche Regelungen, sowohl gegenüber dem Bezirks­hauptmann, wenn er das nicht tun sollte bis zu diesem Zeitpunkt, der vorgegeben ist, oder wenn eine Weisung von Landesrat Dörfler kommt.

Mir ist schleierhaft, welche rechtliche Rolle Landeshauptmann Haider da zu spielen hat, außer dass er dabei wie ein Clown auf der Bühne herumhüpft beziehungsweise den Grundkonsens in der Kärntner Bevölkerung permanent aufs Spiel setzt. Das ist politisch zu verurteilen, aber in dem rechtlichen Gefüge hat er eigentlich keine Auf­gabe zu erfüllen, außer der, die er sich da selbst zuschreibt.

Ich muss ehrlicherweise auch sagen, dass mir diese Fristsetzung rechtlich nicht klar ist. Wir haben schon das letzte Mal dagegen gestimmt, wir werden das auch heute wie­der tun. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist ja ein anderer Antrag, bitte!) Nein, es ist auch heute nicht klar! Es ist der Bezirkshauptmann zuständig, und der hat es jetzt zu ma­chen. Wenn das nicht eingehalten wird, dann hat die Staatsanwaltschaft einzuschrei­ten. (Abg. Öllinger: Was?) Dann liegt Amtsmissbrauch vor. Dafür gibt es ganz klare rechtliche Regelungen, und dazu stehen wir. (Beifall bei der SPÖ.)

17.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.37.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsident! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Es ist jetzt, glaube ich, das vierte oder fünfte Mal, dass wir in den letzten Monaten zu dieser Ortstafeldiskussion sprechen. Herr Kollege Cap hat eigentlich in der Analyse sehr vernünftig begonnen, aber dann leider etwas pole­misch aufgehört. In Wirklichkeit sind wir uns, glaube ich, einig darüber, dass diese Fra­ge gelöst werden sollte. Diesbezüglich gibt es einen breiten Konsens über alle Par­teien.

Wenn man Landeshauptmann Haider Polemik vorwirft und behauptet, dass er das be­wusst weiterträgt – so wie es Herr Kollege Cap getan hat –, dann sage ich Ihnen ehrlich: Das ist nicht der Fall, man will diese Sache lösen! (Abg. Mag. Stoisits: Das hat


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 171

man gemerkt beim Verrücken!) Es gibt – das ist, glaube ich, legitim – verschiedene Lösungszugänge. (Abg. Mag. Stoisits: Die Lösung haben wir bemerkt!)

Erinnern wir uns zurück an das Jahr 1976; Originalzitat von Bruno Kreisky: Durch das Volksgruppengesetz wurde der Staatsvertrag sowohl dem Wortlaut sowie dem Geiste nach erfüllt.

Dieses Gesetz haben wir erfüllt, das wissen alle. Die letzten Ortstafeln haben der Herr Bundeskanzler und der Herr Landeshauptmann damals gemeinsam mit SPÖ-Bürger­meistern in Kärnten aufgestellt. Es war Friede.

Parallel dazu sind eben schon diverse Aktivitäten gelaufen, und das soll man schon noch einmal sagen. Der Herr Bundeskanzler – wenn wir schon von seiner Anfrage­beantwortung sprechen – hat das heute auch aufs Schärfste zurückgewiesen. Das be­wusste Zu-schnell-Fahren durch Ortschaften, um VfGH-Erkenntnisse zu provozieren – das sage ich jetzt ganz ohne Emotion –, ist meiner Ansicht nach der falsche Weg.

Es wurde damit – und das wissen wir alle – ein 30-jähriger Konsens verlassen, der über alle Landtagsparteien gereicht hatte. Die Grünen waren damals nicht im Landtag, aber die ÖVP, die Freiheitlichen und die SPÖ hatten da einen Konsens im Land, und dieser Konsensweg wurde verlassen. Er wurde verlassen, und dann wurde auf einmal darüber diskutiert, dass 25 Prozent die falsche Hürde sind und dass die Hürde niedri­ger anzusetzen ist: 10 plus, zwischen 10 und 25 Prozent, das ist der Ansatz.

Wir haben immer gesagt ... (Abg. Öllinger: Absurd!) Das ist nicht absurd, Herr Kollege Öllinger. Sie haben sich damals in der „ZiB 3“ nicht ausgekannt, und Sie kennen sich heute noch immer nicht aus. Das ist auch legitim, Sie sind ja Sozialpolitiker und wahr­scheinlich kein Experte auf dem Gebiet, das muss man Ihnen zuerkennen. (Abg. Mag. Stoisits: Und du bist Forstwirt! Das merkt man!) Ich bin in dieser Sache ziemlich firm, weil in Wirklichkeit das die Kärntnerinnen und Kärntner beschäftigt. (Abg. Mag. Stoisits: Mit Bäumen kennst du dich sehr gut aus, das ist wahr!)

Ich bin froh über den großteils wirklich vernünftigen Debattenbeitrag der SPÖ, dass das dem Konsensweg zuzuführen ist. Es ist leider an dieser Konsenskonferenz ge­scheitert: einmal Slowenen, einmal Heimatdienst (Abg. Mag. Stoisits: An wem ist es gescheitert? An Haider!), dann ist auch die SPÖ nicht mitgegangen, weil sie gesagt hat, dass die Bürgermeister nicht dazu zu bringen sind. (Abg. Mag. Stoisits: An Haider und sonst niemand!)

Das ist ja nicht wahr! Er war damals bereit, diesen Konsens zu schließen, Frau Kolle­gin Stoisits. Sie waren entweder nicht dabei oder sind schlecht informiert. Das ist nicht wahr, es ist damals an einem Slowenenverband und an einem Heimatverband ge­scheitert. (Abg. Mag. Stoisits: An Landeshauptmann Haider ist es gescheitert!) Nein, das ist nicht wahr. – So, dann gehen wir weiter.

Es gibt eine breite Mehrheit im Lande, die sich diesen Frieden wünscht, die hofft, dass dieser Friede kommt. Es gibt in Wirklichkeit auch sehr bedeutende Stimmen, die an­dere Dinge kritisieren. Da gibt es zum Beispiel Leopold Wagner, jahrelang erfolgreicher Landeshauptmann in Kärnten. Der sagt: Ich bekenne mich zum momentanen Gesetz und zur momentanen Regelung. Es soll hier keine weiteren Ortstafeln geben. – Das sind Originalzitate!

Da der Verfassungsgerichtshof hier sehr oft zitiert wird und die Rolle des Verfassungs­gerichtshofes hier auf einmal als die eines Gralshüters dargestellt wird: Da gibt es zum Beispiel ein Originalzitat von Heinz Fischer, seines Zeichens Bundespräsident der Re­publik. Dieser sagte laut einer „Presse“-Meldung im Jahre 1992 wortwörtlich:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 172

Der Verfassungsgerichtshof darf nicht vom Schiedsrichter zum Mitspieler in der Tages­politik mutieren. Es ist ein echtes Problem, wenn sich der Verfassungsgerichtshof vom Hüter der Verfassung zum Oberlehrer entwickelt. – Zitatende. Das heißt: Es herrschen anscheinend auch dehnbare Auffassungen darüber, wo und wie der Verfassungsge­richtshof eingreifen kann und soll.

Oder zum Beispiel Ernst Strasser, erfolgreicher Minister aus der ÖVP-Zeit, der im Jah­re 2004 wortwörtlich gesagt hat:

Nicht alles, was der Verfassungsgerichtshof als Recht spricht, ist automatisch auch richtig. – Zitatende.

Das heißt: Wir müssen uns schon dazu bekennen, dass der Verfassungsgerichtshof hier eine Regelung aufgehoben hat, egal ob zu Recht oder zu Unrecht, ob mit Berechti­gung oder ohne Berechtigung oder ob er das im Interesse einiger weniger oder vieler gemacht hat. Es ist aber nicht seine Aufgabe, danach dafür zu sorgen, dass das auch umgesetzt wird. Das ist unsere Aufgabe. Trauen wir uns drüber! Machen wir im Par­lament ein Gesetz! Beschließen wir ein Gesetz mit Verfassungsmehrheit! Damit wäre der Friede im Land gesichert.

Über die Höhe der Prozentsätze können wir verhandeln. (Abg. Öllinger: Aha! Wie im Basar!) Nein, nicht wie im Basar. Herr Kollege Öllinger, Sie wissen genau: Zwischen 10 und 25 Prozent sind machbar. 25 Prozent ist 1996 beschlossen worden, das ist aufge­hoben worden. Wir können über alle Varianten diskutieren. Das ist gut und recht so. Und mit unserer Volksbefragung, die wir jetzt in Kärnten andenken, wollen wir versu­chen, unter Einbindung der Bevölkerung und unter Einbindung der Betroffenen einen Konsens herbeizuführen, den sich alle führenden Politiker im Land wünschen. Jeder, vom Bundespräsidenten bis zum Landeshauptmann, sagt: Nur im Konsens mit der Bevölkerung! Wir stellen hier klarerweise nicht die Frage: Wollen Sie Ortstafeln oder nicht?, sondern die Frage (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich komme zum Schlusssatz, Frau Präsident – ist: Wo finden wir uns bei den Prozenten, um wieder ein vernünftiges Minderheitengesetz für die Ortstafeln auf die Beine zu stel­len, für das es dann hoffentlich im Parlament eine Zweidrittelmehrheit geben wird? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllin­ger zu Wort. Auch für Sie gilt: 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.42.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Kollege Scheuch! (Abg. Scheibner: Der Kärntner Öllinger!) Das ist jetzt vielleicht an die falsche Adresse gerichtet, aber wissen Sie, dass ich in dieser Situation für das eigentlich Traurige halte, dass Sie sagen: Mit dem Abgehen von der 25-Prozent-Lösung ist der Konsens verlassen worden. Das haben Sie so gesagt. Und ich meine, Sie stehen auch dazu, denn sonst hätten Sie hier nicht angeboten, dass wir ohnehin über alles zwischen 10 und 25 Prozent verhandeln könnten. Das steht aber nicht zur Verhandlung! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Doch!) Es handelt sich auch dann, wenn es Ihnen, und selbst dann, wenn es mir nicht passen würde, um einen Spruch des VfGH, der umzusetzen ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was steht denn da drinnen?) Es ist ein Staatsvertrag, der zwar keine konkrete Rege­lung beinhaltet, aber der VfGH hat sie richtigerweise interpretiert, und das ist umzuset­zen – und nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das stimmt doch nicht!)

Das ist nicht verhandelbar. Der VfGH ist von Ihnen kritisierbar, von mir kritisierbar, und wir werden einander wahrscheinlich irgendwo darin treffen, dass wir – der eine in dem


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 173

einen Fall, der andere in jenem Fall – den VfGH auch kritisiert haben. Und das darf auch so sein und das muss auch so sein, und dennoch sind die Sprüche oder Erkennt­nisse des VfGH umzusetzen. Was jetzt in den letzten Monaten oder in den letzten Jah­ren passiert ist, liegt eine Dimension darüber.

Halten wir noch einmal fest: Einer Minderheit in Kärnten, der slowenischen Minderheit, werden seit Jahrzehnten ihre im Staatsvertrag garantierten Rechte vorenthalten.

Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung erklärt der Präsident des Nationalrates – damals war er es ja noch nicht – ganz offensichtlich einem Vertreter dieser Minderheit, dass die einzige Chance, hier wieder etwas in Richtung Durchsetzung von Recht in Bewegung zu bringen, die ist, schneller durch ein Ortsgebiet zu fahren. Dann tut das Herr Vouk, der macht das. Und was machen Sie? – Sie machen ihn verantwortlich. Und witzigerweise – oder auch wenig witzig – erklärt jetzt auch die ÖVP den Vertreter einer Minderheit, die seit Jahrzehnten um ihre Rechte betrogen wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja nicht wahr! Sie kennen sich einfach in Kärnten nicht aus!) – na selbstverständlich wird sie das, in einem für Sie vielleicht nicht so wichtigen Punkt, aber offensichtlich für die Minderheit dennoch wichtigen Punkt –, für verantwortlich!

Dieser Mann hat versucht, seine/ihre Rechte durchzusetzen, und wird jetzt dafür – von Ihnen (in Richtung Freiheitliche) wissen wir das ja – auch von der ÖVP kriminalisiert, obwohl er eigentlich nur das getan hat, was ihm der Klubobmann der ÖVP geraten hat. – Das ist der eine Punkt und die eine Dimension.

Gut, das steht nicht so zur Debatte. – Was jetzt passiert, ist aber viel mehr. Sie erklä­ren ihn zum kriminellen Raser. Der Verkehrsminister, der Tempo 160 fahren will, ist keiner für Sie. Der Bundeskanzler, der sagt: Wir haben doch alle schon einmal ein Recht gebrochen, wir sind doch alle schon einmal zu schnell unterwegs gewesen, ist auch kein Thema für Sie. Der Kärntner Landeshauptmann, der über den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Adamovich unglaubliche Bemerkungen gemacht hat, ist kein Thema für die ÖVP. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Korinek, der vom Kärntner Landeshauptmann ebenfalls auf widerlichste Weise angeschüttet worden ist, ist kein Thema für die ÖVP. Niemand von den politischen Kräften dieser politischen Mehrheit eilt dem Verfassungsgerichtshof zu Hilfe.

Herr Kollege Scheuch, Sie haben den Bundespräsidenten völlig richtig zitiert: Der Ver­fassungsgerichtshof darf nicht zum Mitspieler der Tagespolitik werden. – Darum kann sich der Verfassungsgerichtshof in dieser Situation, in der der Präsident und ein Rich­ter des Verfassungsgerichtshofes, Herr Holzinger, angegriffen werden, der alte Präsi­dent angegriffen wurde, auch nicht zur Wehr setzen.

Die ÖVP – das halte ich für das Fatale an dieser Entwicklung – lehnt sich zurück und sagt: Wir können da auch nichts machen; wir können dem Verfassungsgerichtshof nicht helfen!

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Korinek fordert faktisch die Bundesregie­rung auf, gegen die Kärntner Landesverwaltungsbehörden tätig zu werden. Der Herr Bundeskanzler sagt: Wir können da nichts machen! Auf Deutsch: Der Verfassungsge­richtshof wird durch die Bundesregierung, durch die Exekutive im Regen stehen gelas­sen. Der Verfassungsgerichtshof wird in einer unwürdigen Auseinandersetzung, die durch den Kärntner Landeshauptmann mehrmals provoziert wurde, in keiner Weise von der Bundesregierung unterstützt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen.)

Das ist das eigentlich Fatale, und deshalb braucht es Schritte des Parlaments, nämlich die Unterstützung dieser Fristsetzung. (Beifall bei den Grünen.)

17.48



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 174

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoi­sits, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 791/A (E) betreffend Ortstafeln in Bleiburg und Bleiburg-Ebersdorf eine Frist bis 28. März 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung SPÖ, die für den Fristsetzungsantrag stimmt –: Was ist das jetzt? Die neue Linie?)

17.48.53Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punk­te 9 bis 11 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neudeck. Sie nehmen Ihre Rede wieder auf, Herr Abgeordneter. Sie sind am Wort. – Bitte.

 


17.49.02

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Es ist natürlich jetzt nach dieser dreistündigen Unterbrecherwerbung für die Bundesregierung, denn diese Dringliche war ja in Wirk­lichkeit eher eine Werbung für die Bundesregierung, etwas schwer. Fernsehzuschauer sind es jedoch gewöhnt, dass Stücke unterbrochen werden. – Man steigt halt dann wieder ein.

Meine Damen und Herren, es geht um die ÖBB. Meines Erachtens hat die SPÖ die ÖBB über Jahrzehnte als Selbstbedienungsladen gesehen. Als sie dann aus der Re­gierung gegangen ist, wurde ein Unterschied deutlich, denn im Selbstbedienungsladen gibt es beim Ausgang eine Kassa. In diese Kassa hat die SPÖ nichts hineingeworfen. Sie ist einfach gegangen, ohne zu zahlen.

Was hat sie hinterlassen? Vor Beschlussfassung des Bahnbetriebsverfassungsgeset­zes 1997 unter SPÖ-Ministern waren 66 gänzlich dienstfrei gestellt. Durch dieses Ge­setz waren es dann 134. Erst diese Regierung hat durch das Bundesbahn-Strukturge­setz aus der Bundesbahn, die davor ein SPÖ-Selbstbedienungsladen war, ein Unter­nehmen gemacht. Damit gilt das Arbeitsverfassungsgesetz, und die Zahl der Dienst­freigestellten ist wieder auf 100 – auch noch viel – reduziert worden.

Meine Damen und Herren! Sie kritisieren heute die große Anzahl an Beschäftigten in der ÖBB, mit denen wir in der Form, wie sie vorhanden sind, nicht wirklich etwas an­fangen können. Es waren aber auch Sie, die die Betroffenen damals durch die Ände­rung des ASVG noch geschwind in den Beamtenstatus gestellt haben, damit man die Leute dann nur ja nicht kündigen konnte.

Jetzt steht der von der ÖVP so gepriesene Manager Huber vor der Situation, dass er Leute hat, die er nicht richtig einsetzen oder beschäftigen kann. Ich verstehe nur eines nicht, und da wäre meiner Meinung nach das Management schon gefragt: Warum brauche ich dann Automaten, wenn ich so viel Personal habe, das ich für gewisse Tätigkeiten nicht einsetzen kann, weil es die einfach nicht mehr gibt, nicht mehr in der Menge gibt – Verschub et cetera?

Die Kunden – wer immer die Bahn benützt, ist Kunde, und der Kunde sollte König sein – kennen sich aber bei diesen Automaten nicht aus. Warum muss ich Toiletten


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 175

zusperren, weil ich sie nicht reinigen kann? Warum kann man das Personal, das jetzt in Mengen in der ÖBB vorhanden ist, nicht für diese Tätigkeiten einsetzen? Da muss ja irgendwie die Gewerkschaft bremsen, würde ich jetzt als gelernter Österreicher sagen, denn Tätigkeiten bei der ÖBB gäbe es, wie man sieht, auch für diese Leute noch ge­nug.

Meine Damen und Herren, abschließend: Der Grund dafür, dass die ÖBB nicht dort endeten, wo der „Konsum“ geendet hat, ist nur darin zu sehen, dass sich im Jahr 2000 die Regierung geändert hat. Das war für die ÖBB positiv. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.52.39

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht zeigt sehr deutlich, dass die Regierung Schüssel die Österreichischen Bundesbahnen heruntergewirtschaftet hat. Der Antrieb dazu ist ganz wesentlich ein ideologischer. Das Ergebnis ist, dass den Österreichischen Bundesbahnen heute der Konkurs droht. (Abg. Mag. Regler: Der Bundesbahn geht es heute so gut wie nie zuvor! Besser, als es ihr unter der SPÖ je gegangen ist!)

Es reicht nicht Ihr Hinweis, Herr Kollege, dass es ohnedies die Staatshaftung gibt. Das ist zu kurz und zu billig. Der volkswirtschaftliche Schaden ist trotzdem entstanden, und der Steuerzahler wird dafür geradestehen müssen. Das, Herr Kollege, ist Ihre und nur Ihre Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Präsident des Rechnungshofes hat schon seit längerem darauf hingewiesen, das bei Umsetzung des Generalverkehrsplanes bei derzeitiger Förderung bis zum Jahr 2010 entweder die Eigenkapitalquote auf 3 Prozent absinkt oder die Schulden sich mehr als verdreifachen, nämlich auf 20 Milliarden €. Sowohl das eine als auch das andere signalisiert eine ruinöse Situation.

Es gibt dazu auch eine Insiderbestätigung, und sie wird es wohl wissen, nämlich Frau Goldmann, die im Dezember des Vorjahres vom Sanierungsfall ÖBB gesprochen hat. Wenn Herr Huber heute einen Finanzierungsbedarf von 70 Millionen € pro Jahr sieht, dann gibt es wahrscheinlich ein Problem, entweder ein Problem beim Generalverkehrs­plan oder ein Problem in der Bilanz.

Der Ruin für die Österreichischen Bundesbahnen war zweifellos das Strukturgesetz aus dem Jahr 2003, mit dem zu viele, sich gegenseitig behindernde Gesellschaften ge­schaffen wurden. Daher sind wir auch der Meinung, dass eine rasche Rückführung auf maximal drei Gesellschaften zu erfolgen hat. Wir haben auch kein Verständnis dafür, Herr Kollege Regler, dass einerseits Privilegien auf höchster Personalebene in großer Zahl gegeben werden, während gleichzeitig der Fahrdienst immer stärker unter Druck kommt. Wir haben auch kein Verständnis dafür, dass einerseits 9 000 Eisenbahner ab­gebaut werden, während auf der anderen Seite hunderte von Lokführern fehlen. Das, meine Damen und Herren, ist verkehrte Politik!

Herr Neudeck, Herr Schöls: Es stimmt einfach, dass sich die Österreichischen Bundes­bahnen auf einer Gesetzesgrundlage entwickeln, die Sie von der jetzigen Regierungs­mehrheit geschaffen haben. Daher ist es lächerlich, wenn Sie sich immer wieder auf die SPÖ ausreden wollen. Lassen Sie sich etwas Neues einfallen! Diese Phrasen sind jedenfalls abgedroschen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 176

Eine Bemerkung noch zum Schluss, eine Bemerkung zum meiner Meinung nach skan­dalösen Umgang des Herrn Ministers und des Staatssekretärs mit dem Ausschuss. Während der Herr Bundesminister ständig die Ausschusssitzungen schwänzt – offen­sichtlich ist er nur mehr mit der von ihm für ihn verscherbelten Bodensee-Schifffahrt beschäftigt –, verweigert Herr Staatssekretär Kukacka sehr beharrlich jede Auskunft beziehungsweise gibt Nicht-Auskünfte. (Abg. Dr. Puswald: Zukunftssicherung à la BZÖ! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Edel-Sozialist!)

Daher möchte ich beiden empfehlen: Wenn Sie nicht mehr bereit sind, die Verantwor­tung zu tragen, dann denken Sie doch über Konsequenzen nach! (Beifall bei der SPÖ.)

17.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Dernoscheg zu Wort. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


17.56.26

Abgeordneter Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Da dies meine erste Rede hier im Hohen Haus ist, gestatten Sie mir zu Beginn zwei persönliche Anmerkun­gen.

Erste persönliche Anmerkung: Ich darf gestehen, dass mich sowohl die Angelobung als auch dieses Zum-ersten-Mal-hier-Stehen mit tiefem Respekt vor der Aufgabe und vor der damit verbundenen Verantwortung erfüllt. Dieser Respekt – das darf ich ganz per­sönlich anmerken – leidet vielleicht ein wenig, wenn es mir so geht, wie es einem Staatsbürger gehen muss, wenn er vielleicht heute zugehört hat, dass eine Sitzung da­zu gebraucht wurde, dass man sich selbst ungestraft hierher stellt, sich selbst als Fa­schingsredner profilieren will und sich andererseits auch so bezeichnen lässt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eine zweite Anmerkung, da ein Kollege zuvor den Respekt vor dem Hohen Haus und vor den Abgeordneten angesprochen hat: Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht, dass man, wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, eine Dringliche Anfrage einbringt, eine Kurzdebatte urgiert, und dann bei der Abstimmung über den Fristsetzungsantrag diejenigen, die diesen hauptverantwortlich einbringen wollten, gar nicht da sind. Das betrifft Herrn Klubobmann Gusenbauer und auch Frau Abgeordnete Glawischnig. Also, das ist nicht unbedingt ein Ernstnehmen dieses Hauses.

Darf ich zum Sachlichen kommen, wobei mir das auch etwas schwer fällt. – Bei meiner ersten Rede ist das vielleicht auch eine sehr emotionale Angelegenheit, dennoch möchte ich gerne meine Gedanken mitteilen. – Darf ich zum Sachlichen kommen, ob­wohl das auch schwer fällt. Als ich Herrn Abgeordneten Kräuter gehört habe, als er über die Personalbesetzung der Bundesregierung gesprochen hat, und wenn ich als Steirer beobachte, wie die neue steirische Landesregierung, wie Herr Landeshaupt­mann Voves in kürzester Zeit eine Personalpolitik betreibt, die man nur als Drüber­fahren bezeichnen kann, dann muss ich ehrlich sagen, dass das meiner Ansicht nach schon sehr verwunderlich ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der rote Voves!)

Sie verzeihen mir wohl, wenn ich diese meine erste Rede hier auch dazu verwendet habe, etwas Persönliches vorzubringen.

Ganz kurz zum Sachlichen: Im Rechnungshofausschuss ist die Ausgliederung der Bundesstaatlichen bakteriologisch-serologischen Untersuchungsanstalt Innsbruck in­tensiv diskutiert worden. Hier wurde ein anderer Weg beschritten als bei vergleich­baren Institutionen in Graz, Innsbruck und so weiter. Dieser andere Weg wurde vom Rechnungshof teilweise kritisiert. Mit dem Herrn Präsidenten ist darüber diskutiert wor­den. Wie wir vom Leiter der Anstalt gehört haben, sind hier Schritte zur Bereinigung all


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 177

dieser Dinge in die Wege geleitet worden, sodass auch diese Ausgliederung in eine privatwirtschaftlichere Form, die überhaupt das Rezept der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung ist, als Erfolgsstory bewertet werden kann.

Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Sorry, dass ich nur 3 Minuten hatte, und entschuldigen Sie, wenn die eine oder andere Äußerung Sie getroffen hat, aber mich macht es wirklich betroffen, da ich diesen Job, diese Berufung mit einer etwas anderen Einstellung angegangen bin. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Wunschredezeit 5 Minuten. – Bitte.

 


18.00.00

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich beziehe mich auf den Rechnungshofbericht zur Schienen-Control GmbH. Wir ha­ben gerade soeben von Herrn Neudeck gehört, dass die früheren Regierungen hier Einrichtungen als Selbstbedienungsladen benutzt haben. Das setzt sich aus meiner Sicht bei der Gorbach-Administration nahtlos fort.

Es steht im Rechnungshofbericht beziehungsweise ist das aus den Richtlinien der Schienen-Control GmbH zu ersehen: Um sicherzustellen, dass die diskriminierungs­freie Zugangsmöglichkeit aller Bahnunternehmen zum Schienennetz möglich ist, sieht die Richtlinie 2001 die Schaffung einer Regulierungsbehörde in jedem Mitgliedsland mit genau definierten Aufgaben vor. Hier ist im Internet ein Link ausgewiesen, der Link führt aber ins Nirgendwo. Man kann nämlich nicht die Aufgaben ersehen, auch nicht den Aufgabenumfang, der dann im Rechnungshofbericht aber kritisiert wird, wo es heißt:

„Der Aufgabenumfang der ab Beginn des Jahres 2000 tätigen Schienen-Control GmbH erwies sich als nachhaltig geringer als in den Erläuterungen zum Schienenverkehrs­markt-Regulierungsgesetz angenommen.“

Das heißt, man hat das vorsorglich aus dem Internet herausgenommen, um das ir­gendwie neu zu definieren. Jedenfalls kann man nicht nachlesen, was jetzt eigentlich die Aufgaben dieser Kontrollbehörde sind.

Das ist wahrscheinlich auch deswegen vorsorglich vorgenommen worden, weil der Rechnungshof bemerkt, dass die Wahrnehmung der Wettbewerbsaufsicht am österrei­chischen Schienenverkehrsmarkt durch eine Kapitalgesellschaft zu höheren Kosten für die Eisenbahnverkehrsunternehmen geführt hat, als vorher die Schiedsstelle, die beim Bundesministerium eingerichtet war, verursacht hat. Das ist auch kein Wunder.

Wenn man sich das Organigramm dieser Schienen-Control-Kommission und der Ge­schäftsführung anschaut (die Rednerin zeigt besagtes Organigramm), sieht man, dass hier acht Stabsstellen eingerichtet sind, dass es zwei Sekretärinnen gibt und eine Kom­mission, die auch aus Ersatzmitgliedern besteht, sowie einen Aufsichtsrat.

Nach Rückfrage vom Rechnungshof verdient allein die Kommission 165 000 €, gar nicht zu reden von den laufenden Personalkosten, die diese Geschäftsführung inklu­sive Stabsstellen und Sekretariat braucht, deren Höhe ich noch gar nicht herausgefun­den habe. Nur weiß man eigentlich nicht, für welche Aufgaben, und das ist das Sonder­bare daran. Auch im Bericht des Rechnungshofes ist nämlich ausgeführt, dass die Auf­gabe, Entscheidungen im Streitfalle durchzuführen, eigentlich erst ab dem Jahr 2003 begonnen wurde. Allerdings wurde vorher schon festgestellt, dass das Stammkapital bereits im Jahr 2000 aufgebraucht war. Das waren immerhin 10 Millionen €.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 178

Es ist mir nicht ganz klar geworden, auch nicht aus dem Rechnungshofbericht, wohin diese 10 Millionen € bei einem Einmannbetrieb verschwunden sind. – Also das ist doch einigermaßen sonderbar.

Und die letzte Kritik ist, dass es zu einer Kapitalherabsetzung im Jahr 2001 gekommen ist. Das ist in die Verantwortung der Ministerin Forstinger gefallen und war eine gesetz­lich nicht gedeckte Herabsetzung. Man gewinnt den Eindruck, dass hier wie in einer Privatkasse herumgewirtschaftet wird, mal wird Stammkapital abgezogen, mal wird es wieder aufgedeckelt oder auch nicht. In diesem Fall wurde nicht aufgedeckelt.

Was schon sehr gut gelungen ist, ist eben, das „Gorbach-Phänomen“ auch in diesen ausgelagerten Kapitalgesellschaften fortzusetzen. Auch dort ist nämlich gleich ein Ge­schäftsführer zu Amt und Würden gekommen, der vorher der Sekretär oder ein Refe­rent bei Minister Gorbach war.

Da gibt es offensichtlich ganz viele Positionen zu bekleiden. Das ist auch schon früher aufgefallen, auch bei der ÖBB-Holding, dass man hier sehr viele Geschäftsführerpos­ten zu vergeben hat und dass das offensichtlich sehr lukrativ ist. Ich muss Ihnen jetzt aber aus der Sicht der unmittelbaren Kundin der ÖBB sagen, dass sich das auf die Qualität nicht unbedingt positiv ausgewirkt hat. Ich fahre sehr heftig und sehr leiden­schaftlich mit dem Zug, 40 000 Kilometer ungefähr im Jahr, und habe jetzt bei der letzten Fahrt am Freitag Nachmittag wieder festgestellt: Der Zug ist voll besetzt, viele junge Leute sitzen auf dem Boden oder im Paketwagen.

Man fragt direkt bei der Direktion nach, wie es das gibt. Die alle wissen doch, dass Freitag Nachmittag immer Studenten und Studentinnen, Schüler und Schülerinnen mit dem Zug fahren, und die Auskunft ist: Wir können im Moment keine neuen Waggons ankaufen. Das kann man fast nicht glauben, wenn man das hört. (Abg. Wattaul: Haben die keine Gewerkschaft?)

Da wird sozusagen die junge Kundschaft, da werden die, die in Zukunft die ÖBB be­nutzen können sollten, so nachhaltig verprellt, dass sie wahrscheinlich nichts anderes im Kopf haben, als den Führerschein zu machen, um in Hinkunft nie mehr davon abhängig zu sein, dass sie die Fahrt von Wien nach Salzburg auf dem Boden sitzend, aber bezahlend verbringen müssen. (Abg. Wattaul: Ein Wahnsinn!) Ja, das ist sehr schlecht. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Und die sozialdemokra­tische Gewerkschaft macht nichts!)

18.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Böhm. Wunschredezeit: 3 Minuten.  Bitte.

 


18.06.20

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Bei den ÖBB fand in den letzten Monaten eine wunderbare Geldvermehrung statt. ÖBB-Vorstandssprecher Martin Huber verkündete, dass die Bundesbahnen in ihrer neuen Struktur heuer mit 10 Millionen € ein positives Ergebnis vor Steuern erzielen werden. Im kommenden Jahr soll es noch besser werden, so der Wunsch des Vorstandssprechers.

Der alte ÖBB-Konzern fuhr im Vorjahr ein Minus von 3,5 Millionen € ein. Im letzten September hat es freilich aus Aufsichtsratskreisen noch geheißen, dass die ÖBB nach dem Umbau mit Rückgängen im Güter- und Personenverkehr zu kämpfen hätten. Da­mals wurde ein Verlust von 8 Millionen € für 2005 prognostiziert. Der ÖBB-Vorstand begründete das plötzliche Wachstum mit Produktivitätssteigerungen und mit dem Ab­bau von 2 500 Mitarbeitern.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 179

Das ist allerdings auch der Trend der Zeit. Wenn man sich die Zahlen anschaut und wenn man sich, so wie ich, schon seit über 27 Jahren in der Wirtschaft bewegt, weiß man, dass sich nun einmal die Strukturen verändert haben.

Herr Kollege Kaipel, auch wenn Sie unserem Bundeskanzler ankreiden, dass er letzt­endlich für eine angeblich desaströse Entwicklung der Bundesbahnen verantwortlich zu machen ist, kann ich darüber nur milde lächeln. Das ist eine sehr schwache Aussage. Der Stellenabbau findet nicht nur in den einzelnen Dienstleistungsbetrieben statt, auch in der Privatwirtschaft haben sich eben die Rahmenbedingungen maßgeblich verän­dert. Ich denke nur daran, dass man im österreichischen Handel 1981, als ich zu arbei­ten begonnen habe, pro Mitarbeiter einen Umsatz von zirka 75 000 € im Jahr zu ma­chen hatte, um ein ausgeglichenes Ergebnis in einem Betrieb zu erzielen. Mittlerweile sind wir bei 200 000 € Umsatz im Jahr pro Mitarbeiter, um ausgeglichen bilanzieren zu können. Detto erwischt es natürlich auch ein Dienstleistungsunternehmen, und da, sehr geehrter Herr Kollege Kaipel – er ist leider schon wieder gegangen –, ist es natür­lich unmöglich, unmittelbar positive Ergebnisse zu erzielen, weil zuerst einmal die Um­sätze entsprechend an die Kostenstrukturen anzupassen sind.

Aber gerade diese Bundesregierung mit den Parteien ÖVP, BZÖ und Freiheitlichen hat es in den letzten Jahren geschafft, diese Rahmenbedingungen bei den ÖBB dahin ge­hend zu gestalten, dass auch in den nächsten Jahren wieder damit zu rechnen ist, positive Zahlen zu erwirtschaften. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt der Herr Präsi­dent des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte, Herr Präsident, Sie sind am Wort.

 


18.09.17

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Unter diesem Tagesordnungspunkt werden drei Wahrnehmungsberichte mit sieben Prüfungsergebnissen behandelt, und ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis, dass ich im Hinblick auf die budgetäre Bedeu­tung und auch aus Aktualitätsgründen insbesondere auf den Wahrnehmungsbericht betreffend die Ruhestandsversetzungen bei den ÖBB eingehe.

Ich möchte darauf hinweisen, dass über Jahre hinweg gerade von den ÖBB mit den Dienstnehmervertretungen Vereinbarungen zu Lasten Dritter geschlossen worden sind, nämlich zu Lasten des Bundes beziehungsweise zu Lasten der Steuerzahler.

Ich möchte darauf hinweisen, dass zum Beispiel allen Ende 1995 Beschäftigten die Möglichkeit eingeräumt wurde, in das unkündbare Beamtenschema bei den ÖBB über­zuwechseln, was dazu geführt hat, dass bis Ende 2002 3 100 Bedienstete davon Ge­brauch gemacht haben und dass jetzt das Verhältnis ASVG-Bedienstete zu unkündba­ren Bediensteten 12 : 88 beträgt; ursprünglich war das Verhältnis 19 : 81.

Es war so, dass man bei den ÖBB auch für alle Neueintretenden ab 1995 eine Pensi­onskasse eingeführt hat, was sicherlich etwas Positives ist. Es hat sich auch die ÖBB verpflichtet, 1,5 Prozent des Bruttobezuges einzuzahlen. Gleichzeitig hat man aber auch eine Mindestrendite von 5 Prozent festgelegt. Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die ÖBB keinerlei Handhabe hat, auf diese Mindestrendite beziehungs­weise auf die Pensionskasse Einfluss zu nehmen, sodass auch in dem Fall davon aus­zugehen ist, dass bei einem Vollausbau ab 2033 dadurch bis 95 Millionen € für die ÖBB an Kosten entstanden wären.

Ich kann als Erfolg des Rechnungshofes darauf hinweisen, dass tatsächlich mit 31. März 2004 für Neueintretende diese Pensionskasse gekündigt worden ist, dass diese Pensionskasse aber nach wie vor aufrecht ist für Bedienstete aus den Jah-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 180

ren 1995 bis März 2004. Es ist aus der Sichtweise des Rechnungshofes in diesem Zu­sammenhang bedauerlich, dass eine Kündigung der Mindestrendite und gleichzeitig eine Öffnung dieses Pensionskassenmodells für alle anderen, also für alle Neueintre­tenden am Widerstand der Personalvertretung gescheitert ist.

Ein weiterer Punkt zu dem, was ich gerade gesagt habe, dass mit Vereinbarungen der Steuerzahler belastet wurde, ist ein Beispiel, dass für Neueintretende ab dem Jahr 1995 auch ein Arbeitszeitansparmodell entwickelt worden ist, und zwar deshalb, da die Dienstpläne bei den ÖBB auf 40 Wochenstunden ausgerichtet waren. Man hat daraufhin ohne große Diskussion mit dem Eigentümer festgehalten, dass es den Ent­wicklungen der Arbeitszeit entsprechen würde, wenn man von Neueintretenden nicht 40 Wochenstunden, sondern 38,5 Wochenstunden verlangen würde. Man hat ihnen angeboten, dass pro Woche 1,5 Wochenstunden angespart werden, dass diese Wo­chenstunden aufgezinst werden mit dem 50-prozentigen Überstundenzuschlag und dass diese Leistung beziehungsweise dieser Betrag noch jährlich verzinst wird.

Die Folge dieses Arbeitszeitansparmodells wäre ab 2033 ein jährlicher Aufwand für die ÖBB von 26 Millionen €, darüber hinaus gleichzeitig ein Rückstellungsbedarf von 1 Mil­liarde €.

Auch ein Punkt, in dem der Rechnungshof sich bestätigt fühlt, denn das hat dazu ge­führt, dass im September 2004 dieses Ansparmodell aufgekündigt worden ist. Es wurde der Dienstplan berichtigt, und es wurden die bisher angesparten Leistungen be­ziehungsweise Stunden ausgeglichen.

Ein wichtiger Punkt ist – und er ist derzeit nach wie vor aktuell, und ich glaube, der Abgeordnete Amon wird das auch wissen –, dass man mit dem Eisenbahnrechtsände­rungsgesetz 1997 den gerade für die Pension maßgeblichen Nebengebührendurch­schnittssatz von 10 Prozent auf 15 Prozent angehoben hat, und zwar vom Jahr 2003 bis zum Jahr 2020.

Wenn man bedenkt, dass die tatsächlichen durchschnittlichen Nebengebühren im Jahr 2002 10,42 Prozent betragen haben, sieht man also, dass, nachdem keine Be­rufsgruppe diese 15 Prozent erreicht, dadurch eine massive Mehrbelastung auf den Bund zukommen wird, weshalb der Rechnungshof in die Richtung geht, von diesem pauschalen Durchschnittssatz Abstand zu nehmen. Dies nicht zuletzt deshalb, da die­ser vor allem Schwerarbeiter – gerade heute wurde ja die Schwerarbeiterregelung be­schlossen – benachteiligt, die nämlich tatsächlich höhere Nebengebühren haben. Sie bekommen aber für die Pension nur 10 Prozent angerechnet, während Leute, die im Innendienst sind, die also niedrigere Nebengebühren haben, die Möglichkeit haben, ebenfalls einen 10-prozentigen Nebengebührendurchschnittssatz auf ihre Pension an­gerechnet zu erhalten. Dies ist ein Punkt, der auch aus sozialen Belangen heraus beziehungsweise auch im Hinblick darauf, dass alle Besoldungsdaten verfügbar sind, zum einen anachronistisch und zum anderen sozial nicht verträglich ist.

Ein weiterer Punkt, der auch noch dazugekommen ist, ist der, dass man das Allge­meine Nebenbezugspauschale auch zum Gehaltsbestandteil gemacht hat und dadurch im Jahr 2002 auch die Pensionsbemessungsgrundlage um 5 Prozent erhöht hat. Eben­falls eine Maßnahme, die Auswirkungen in Milliardenhöhe auf das Bundesbudget hat.

Ich glaube, es wäre anzudenken, dass man die Bestimmungen des Eisenbahnrechts­änderungsgesetzes 1997, in denen festgehalten ist, dass der Bund Zahlungen nur zu leisten hat, wenn diese nachvollziehbar sind, im Sinne dessen entsprechend überprüft.

Es ist also, wenn man diese Maßnahme anschaut, nicht verwunderlich, dass die Pen­sionslücke gerade in den letzten Jahren immer mehr aufgegangen ist und dass im


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 181

Jahr 2004 die Pensionslücke zwischen eingezahlten Beträgen und ausgezahlten Pen­sionen bereits 1,2 Milliarden € betragen hat.

Es ist auch darauf hinzuweisen – es wurde heute im Rahmen der Debatte auch schon angesprochen –, dass das Durchschnittsalter bei den ÖBB im Jahr 2002 noch bei 52,2 Jahren gelegen ist, im Jahr 2005 liegt es bei 52,8 Jahren. Das heißt also, dass die ÖBB-Bediensteten, jetzt bezogen auf das Jahr 2005, um 8,7 Jahre weniger Beitrags­zeiten haben als beispielsweise ein ASVG-Bediensteter.

Es sind sicherlich – und das ist positiv zu vermerken – auch bei den ÖBB durch das Bundesbahnpensionsgesetz Maßnahmen ergriffen worden, die in Richtung einer Har­monisierung mit den Beamten und mit den ASVG-Bediensteten gegangen sind und die diese Sonderbegünstigungen tatsächlich beeinträchtigt beziehungsweise abgebaut ha­ben, aber es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Pensionslücke weiter aufgeht. Man sollte sehr wohl überlegen – das möchte ich besonders erwähnen, weil mir die ÖBB-Bediensten am Herzen liegen und ich weiß, dass sie eine hervorragende Dienstleis­tung erbringen, weil ich auch weiß, dass die ÖBB-Bediensteten einen höheren Pensi­onsbeitrag zahlen, einen höheren Pensionssicherungsbeitrag zahlen, dass sie eine be­sondere Eigenheit des Dienstes haben –, man sollte überlegen, ob die Sonderbegüns­tigungen, die es tatsächlich in diesem Bereich noch gibt, tragbar sind, ob sie finanzier­bar sind und ob man nicht danach trachten sollte, auch eine Harmonisierung zwischen Beamten, ASVG-Bediensteten und ÖBB-Bediensteten herbeizuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen, dass man vielleicht ein­mal andenken muss, ob die Bemessungsgrundlage von 83 Prozent noch finanzierbar ist, auch im Hinblick auf das Nebenbezugspauschale, das in die Pensionsbemessungs­grundlage mit hineingekommen ist. Man muss sich auch überlegen, ob es tatsächlich gut beziehungsweise finanzierbar ist, dass ein ÖBB-Bediensteter mit 83 Prozent Höchstbemessungsgrundlage und der nötigen Wartezeit von im Endausbau 60 Mona­ten mit 58 Jahren spätestens ohne Abschläge in den Ruhestand treten kann. Ich möchte darauf hinweisen, dass beispielsweise bei einem Beamten oder ASVG-Be­diensteten das nur dann der Fall ist, wenn er krankheitsbedingt in den Ruhestand tritt, dass er in dem Fall aber auch entsprechende Abschläge zu gewärtigen hat.

Man wird sich, wenn man diesen Punkt betreffend Pensionierungen bei den ÖBB be­handelt, auch überlegen müssen, dass es im ÖBB-Bereich nach wie vor Regelungen gibt, die die Leute motivieren, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, nämlich in der Weise, dass Beamten beispielsweise ASVG-Zeiten grundsätzlich angerechnet werden, ÖBB-Bedienstete hingegen ASVG-Zeiten nur dann angerechnet bekommen, wenn sie krankheitsbedingt in den Ruhestand treten. Wenn man sich anschaut, wie viele Leute krank sind, wie viele Krankenstandstage es gibt, so ist natürlich vieles sicherlich auch dadurch motiviert, dass die Leute für die Anrechnung der ASVG-Zeiten eine krank­heitsbedingte Pensionierung benötigen.

Es ist auch etwas zu überlegen im Zusammenhang mit den Jubiläumszuwendungen, wo festgehalten ist, dass es zwar ein 40-jähriges Dienstjubiläum gibt, das aber bei den ÖBB generell nach 35 Jahren ausbezahlt wird. Bei den Beamten war es ursprünglich auch so, wurde aber abgeschafft, sodass nur mehr in Sonderfällen nach 35 Jahren die Jubiläumszuwendung ausbezahlt wird. Dieser Punkt ist aber nach wie vor schlagend bei den ÖBB.

Es wird auch zu schauen sein, ob es bei dem von mir erwähnten Nebengebühren­durchschnittssatz nicht möglich ist, auf die tatsächlich bezogenen Nebengebühren ab­zustellen, denn ich glaube, in Zukunft wird es nicht mehr finanzierbar sein, Pauschalre-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 182

gelungen hinzunehmen. Das gibt es im Übrigen nur bei den ÖBB und bei den Bundes­theatern.

Es wird auch darauf zu achten sein, dass die Regelungen betreffend Teilpension sehr wohl gehandhabt werden. Sie wissen ja, dass Sie selbst eine Regelung geschaffen ha­ben, die vorsieht, dass ein Datenausgleich möglich ist und dass diesbezüglich auch eine Auskunftspflicht besteht. Nachdem im Jahr 2002 insgesamt fünf Meldungen über Mehrfachbezüge vorgelegen sind, glaube ich, zeigt das auch, dass in diesem Fall noch Handlungsbedarf gegeben ist.

Es wird auch zu schauen sein, was bisher nicht im ausreichenden Maße der Fall war, dass bei vorzeitigen Pensionierungen auch auf das Restleistungskalkül Bedacht ge­nommen wird.

Schlussendlich der letzte Punkt, der zu erwähnen ist: Ich glaube, es ist notwendig, dass das Bundesministerium für Finanzen, aber auch das Bundesministerium für Ver­kehr einen Kontrollkreis einrichtet, der vorsieht, dass trotz des Bestehens der Kollektiv­vertragsfreiheit – diese soll aufrechterhalten werden, sie wird vom Rechnungshof auch gutgeheißen – sehr wohl Kontrollen durchgeführt werden in der Richtung, dass eben nicht durch Vereinbarungen der ÖBB zwischen Dienstnehmervertretung und dem Vor­stand der Steuerzahler belastet wird.

Da ich schon lange gesprochen habe, möchte ich nur noch anführen, dass betreffend der Dienstfreistellungen bei den ÖBB keine Auffälligkeiten eingetreten sind; auch nicht was die Handhabung der Personalvertreter bei den Dienstkraftwagen, bei den Reise­gebühren, bei den Überstundenvergütungen betrifft.

Die Prüfungsergebnisse bezüglich des Zentralen Wirtschaftsamtes haben gezeigt, dass in diesem Bereich in der Verwaltung sehr wohl noch Potentiale genug da sind, die man heben kann. Es kann nicht so sein, dass neun Bedienstete acht Abteilungen leiten und gleichzeitig Stellvertreter sind, dass man drei Verrechnungskreise hat, aber im Endeffekt nicht in der Lage ist, tatsächlich die Zahlungen den einzelnen Verrechnungs­kreisen zuzuordnen. Das betrifft auch Justizwachebeamte, das betrifft auch Bundes­polizei, also Exekutivbeamte, die man für Verwaltungstätigkeiten einsetzt und nicht tat­sächlich für die Exekutivtätigkeit.

Ein Punkt noch, die Bundespolizeidirektion Wien betreffend: Mehr als 290 Beamte, Exekutivbedienstete waren nicht im exekutiven Außendienst beschäftigt, sondern mit Verwaltungstätigkeiten. Da wäre es auch angebracht, dass man sofort die Leute – es wären 91 – für den exekutiven Außendienst, sprich für die Sicherheit und die Kriminali­tätsbekämpfung einsetzt und die restlichen Planstellen in Verwaltungsplanstellen um­wandelt, damit die Leute dort verwendet werden, wofür sie eine entsprechende Ausbil­dung haben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Schönpass. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.20.45

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! 90 Prozent der über 5 Millionen Erwerbstätigen in Österreich verdienen weniger als 3 500 € brutto im Monat. Diese Zahl sollten wir uns merken, wenn wir über Astro­nomie im Rechnungshofbericht reden, nämlich über astronomische Gehälter des ÖBB-Managements.

Zur Verdeutlichung: Die Abfertigungszahlung für Ex-ÖBB-Chef Vorm Walde beliefen sich auf mehr als 1,2 Millionen €. (Abg. Mag. Molterer: Lansky heißt er, glaube ich!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 183

Jeder der beiden Vorstände der ÖBB-Holding AG erhält pro Jahr 625 000 € Fixvergü­tung, die mit Prämien auf über 900 000 € erhöhbar ist. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und Abg. Mag. Molterer.) Dazu kommen die Gehälter weiterer 18 Topmanager; der Begriff bezieht sich auf die Gehaltsebene von neun Vorständen, neun Geschäftsführern in den Konzerngesellschaften. Wen wundert es noch, dass die ÖBB rote Zahlen schreiben? – Eine derartige Belastung im Bereich der Personalkosten muss erst einmal verdient werden!

Aber man muss auch Anerkennung dort zollen, wo es berechtigt ist. Durch geschickte PR-Arbeit ist es dem Management mit Rückendeckung durch die Regierung immer wieder gelungen, die so genannten normalen ÖBB-Beschäftigten als privilegiert hinzu­stellen. Zuletzt ist dies auch beim Anlass für die Prüfung durch den Rechnungshof ge­schehen. Ich möchte nur in Erinnerung rufen, dass Bundesministerin Riess-Passer und Bundesminister Grasser im April 2002 Ruhestandsversetzungen ohne offensichtliche gesundheitliche Mängel vermutet hatten. Nur zu Klarstellung: Sowohl der Rechnungs­hof als auch die interne Revision der ÖBB stellten im Zuge der Überprüfung unisono fest, dass keine Verstöße gegen die bestehende Rechtslage zu verzeichnen waren. Wenn auch die Skandalisierung der Ruhestandversetzungen nicht gelungen ist, so bleibt zumindest das, was als Verdächtigung ausgesprochen wurde, teilweise haften. Dabei schaut die Wirklichkeit doch ganz anders aus. Es ist alles eine Frage der Per­spektive.

Der Beschäftigtenstand der ÖBB sank von 55 500 im Jahre 1998 auf 47 500 im Jahre 2003, das sind um über 8 000 Beschäftigte weniger. Die Zahl der Manager ist hingegen stark gestiegen, was den „Standard“ zu folgender Schlagzeile veranlasst hatte: Mehr Manager, mehr Gagen, weniger Mitarbeiter.

Ich möchte noch einen Punkt als Forderung einbringen, der der Öffentlichkeit und ins­besondere den Kundinnen und Kunden der ÖBB besonders am Herzen liegt: mehr Service, mehr Leistung – anstatt Verschwendung bei Beratungskosten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Krist. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.24.20

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Sie lassen in diesem Haus kaum eine Gelegenheit aus, um auf die Beschäftigten und die Belegschaftsvertretung der ÖBB hinzuhauen. Man sieht den Genuss – das war heute Vormittag so richtig zu bemerken –, wenn Sie auf Gewerk­schafterinnen und auf Betriebsrätinnen losgehen, die Sie kritisieren.

Sie verbitten sich zum Beispiel heute Vormittag ... (Abg. Mag. Molterer: Bei der AMAG! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ein bisschen weniger heiße Luft, es ist eh schon warm genug herinnen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Molterer: Bei der AMAG!)

Sie verbitten sich die Einmischung in die Betriebe (Abg. Mag. Molterer: Da darf der AK-Präsident ...! – Abg. Großruck: Bei der AMAG haben Sie Hausverbot!), dabei mischt sich niemand anderer als Sie brutal und hemmungslos in Institutionen, in Betrie­be und in Gebietskörperschaften ein, um entweder die eigene Macht zu positionieren oder um ein paar Posten für Ihren maroden Regierungspartner zu organisieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Bei der AMAG!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 184

Sie haben jeden Grund, leiser zu treten und in diesen Tagen zu fasten. Nutzen Sie die Chance auf Reinigung, Einsicht und Bekehrung, Sie haben es absolut notwendig! (Abg. Mag. Molterer: Bei der AMAG!)

Eigentlich hätte ich meine Fragen gerne an Herrn Staatssekretär Kukacka gestellt, aber er zieht es vor, durch Abwesenheit zu glänzen, wenn man über die ÖBB disku­tiert. Aber trotzdem stelle ich ihm die Frage, wie er sich die Tatsache erklärt (Zwischen­ruf des Abg. Großruck), dass sich durch die unsinnige Zerteilung der ÖBB in verschie­denste Strukturunternehmungen und so weiter und durch die Aufblähung des Over­heads vieles zum Schlechteren gewendet hat. Millionen von Euro – der Rechnungshof hat das bestätigt – verschwinden im Sumpf sinnloser Beratungstätigkeiten bei überzo­genen Vorstandsgagen, und Sie alle schauen tatenlos zu.

Oder ein ganz besonderes Schmankerl: Sie unterstützen offensichtlich auch eine Ma­nagerin, die natürlich „zufällig“ aus einem ÖVP-Ministerbüro gekommen ist, mit einer Jahresgage in der Höhe von 348 000 €. Das ist mehr, als der ÖBB-General Draxler verdient hat. Sie hat praktisch keine Kompetenzen und Befugnisse, wickelt aber an­geblich Geschäfte ab und schließt Verträge ab, ohne die dafür notwendigen Aufsichts­ratsbeschlüsse einzuholen beziehungsweise zu haben. Ich verweise auf den Büroturm in Linz, um ein bisschen konkreter zu werden.

Herr Staatssekretär Kukacka, wie halten Sie es mit einem ehemaligen Justizminister dieses Hauses, der in verschiedenen Aufsichtsräten von Bahngesellschaften sitzt? Weiters hört man – oder angeblich hört man –, dass viele Rechtsgeschäfte dieser Ge­sellschaften über seine Anwaltskanzlei abgewickelt werden. (Abg. Mag. Molterer: Was ist „angeblich hört“?) Halten Sie das für anständig? Ist das normal bei Ihnen, ist das selbstverständlich? (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie Lansky lieber?) Ich würde mir da Aufklärung und ein Abstellen dieser Missstände erwarten. (Abg. Mag. Molterer: Lans­ky ist euch lieber!)

Meine Damen und Herren! Sie wollen uns Nichteinmischen vorschreiben, wenn Sie un­sere Betriebe an das Ausland verscherbeln, Strukturen zertrümmern und diese Repub­lik als Selbstbedienungsladen verwenden. Diesen Gefallen tun wir Ihnen nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schöls: Wach auf!)

18.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Faul. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.27.30

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Herr Staatssekretär! (Abg. Mag. Molterer: Er erklärt uns jetzt, wie das in der AMAG wirklich ist! – Abg. Neudeck: Du stehst ja gar nicht auf der Rednerliste!) Kollege Neudeck hat bei seiner Rede moniert, dass die Stimmung nach drei Stunden Unter­brechung weg sei. Daher möchte ich mich ein bisschen an den Anfang erinnern. Herr Kollege Molterer ist bei den Ausführungen des Kollegen Kräuter herumgerannt, als hätte er gerade die neuesten Umfragen der ÖVP-Werte gelesen, so sauer war er! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Ich habe sie nicht einmal gehört, habe aber nichts versäumt!)

Wenn Kollege Schöls auf unsere Verkehrsminister zu sprechen kommt, dann möchte ich ihn daran erinnern, dass die Fraktion neben ihm fünf Verkehrsminister und unzäh­lige Vorstände verbraucht hat, die es nicht geschafft haben, die Bahn nachhaltig positiv zu verändern. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Das Beste, das ich heute überhaupt gehört habe, war die Rede von Kollegen Schöls, der gesagt hat, dass das Gorbach-Prüfverlangen eine ganz wichtige Sache, eine Rich-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 185

tigstellung war. Für mich – das sage ich dir ganz ehrlich – war das eine Form von Selbstanzeige, wenn ich sage, man müsse etwas untersuchen, wofür ich selbst verant­wortlich bin. Ich hätte Huber auf Grund seiner Verfehlungen schon längst hinausge­worfen und hätte ihm gesagt, er solle sich bessern, und nicht reumütig geschaut, wie er darauf reagiert. Das ist die Wahrheit, liebe Freunde! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neu­deck: Wenn ich einen prüfen lasse, ist das doch keine Selbstanzeige!)

Apropos Huber: Der schönste und markanteste Stehsatz des Vorstandsdirektors Martin Huber ist: Ich werde erst dann glücklich sein, wenn der letzte Rote den Bahnhof verlas­sen hat. Ich sage euch, liebe Freunde, dieser Satz (Zwischenruf des Abg. Schöls) – wir verstehen es schon, lieber Freund Schöls – hat eine doppelte Bedeutung. In Wahr­heit ist das die politische Linie, die die Bahn begleitet.

Bundeskanzler Schüssel und Kollege Molterer haben mit ihrem ÖVP-Klub euch Frei­heitlichen die Bahn ausgeliefert, um in ihren Bereichen wie dem ORF, dem Innenminis­terium, dem Hauptverband der Exekutive Zugriff zu haben. (Abg. Mag. Molterer: Ha­berzettl hat Huber schon gewählt!) Sie haben euch in dieser Frage kaltgestellt, und mit Staatssekretär Kukacka haben sie jemanden nominiert (Abg. Mag. Molterer: Haber­zettl hat Huber gewählt!), der persönlich voll von Hass ist, der einfach alles ausrotten möchte, was sozialdemokratisch dominiert ist, und das wider jede betriebswirtschaft­liche Vernunft. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. – Abg. Mag. Molterer: Warum hat Haberzettl Huber gewählt?)

Ich möchte das zusammenfassen, weil Kollege Neudeck wahrscheinlich der „Architekt“ ist. (Abg. Mag. Molterer: Warum hat Haberzettl Huber gewählt?) Ich glaube, dazu kommen – ähnlich wie bei den Bundesimmobilien – Zusammenhänge, die für uns der­zeit noch nicht nachvollziehbar sind, die wir aber ergründen werden. Es sind dies Zu­sammenhänge von überhöhten Ausschreibungen, von doppelten Betriebswirtschafts­stunden und von Beauftragungen wider das Gesetz sowie permanent wider die Aus­schreibungsrichtlinien des Bundes.

Liebe Freunde! Wenn ich heute die Presse lese (Abg. Wattaul: Mehr lesen und weni­ger reden!), dann muss ich nicht einmal ein Aufdeckungsjournalist sein, um zu verste­hen, dass bei diesen überhöhten Gagen und bei den doppelten Ausgaben – das haben Sie mit Recht moniert – der Verdacht bestehen bleibt, dass da etwas in die Parteikas­sen zurückgeflossen sein muss. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Was kann da ich dafür?)

18.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Faul, das Wort „ausrotten“ steht zwar nicht auf der Liste der Ordnungsrufe, ich empfehle Ihnen aber, dieses Wort zurückzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Faul.) – Sie haben es gehört, er hat es zu­rückgenommen. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Das war kein Zurücknehmen, Frau Präsidentin!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte. (Abg. Neudeck: Wenn die Präsidentin es sagt, hat er es zurückgenom­men!)

 


18.31.14

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren im Hause! Es gefällt mir, welche Aufregung dieses Thema verursacht, und sie ist begründet. (Abg. Neu­deck: Stimmt es, dass du Masseverwalter bei der SPÖ-Kärnten bist?)

Der Rechnungshofpräsident hat alles sehr akribisch dargelegt. Und das Erstaunliche an der Geschichte ist, dass Sie exzessiv arbeiten und einen neuen Traumjob kreiert


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 186

haben, nämlich den des externen Beraters der ÖVP oder im ÖVP-nahen Umfeld. Da­her gibt es jetzt offenbar eine neue Definition von ÖVP: Das ist die österreichische Ver­schwenderpartei, und darauf können Sie stolz sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Viel schlimmer ist aber, was Sie mit dem Geld machen. Ich sage es ganz ehrlich, ich bin ein bisschen neidig, denn wenn ich sehe, dass sich allein im Jahr 2003 die Rechts­beratungskosten um das 3,5-Fache erhöht haben (Abg. Wittauer: Das ist eine Rechts­anwaltskanzlei, die der SPÖ zugehörig ist!), muss ich sagen, biete ich als kleiner Land­advokat Ihnen die Sanierung und Umstrukturierung weitaus billiger an, und es kommt sogar etwas heraus dabei. Ich empfehle Ihnen, suchen Sie sich richtige Berater aus, Kollege Wattaul, dann wird sogar vielleicht noch etwas daraus. (Abg. Wittauer: Das war vielleicht eine geheime SPÖ-Finanzierung!)

Aber ich weiß schon, warum Sie diese Berater brauchen: Für das viele Geld machen sie Ihnen eine Struktur, so wie Sie sie brauchen, dann können Sie nämlich Rot hinaus- und Schwarz und Blau hinein geben. (Abg. Wattaul: Du solltest ein Buch schreiben, das ist ein Roman!) Es gibt jedoch einen Schönheitsfehler dabei: Das Einzige, was dar­in ist, sind schwarze und blaue Funktionäre, aber die roten Zahlen steigen immer mehr an. Das Schlimme an der Geschichte ist, dass die ÖBB pleite sind, während Sie mit der Bilanz jonglieren und klar machen wollen, dass es ohnehin ein Triple-A-Unterneh­men ist, weil Sicherheiten, die der Staat bietet, dahinter stehen.

Ich sage Ihnen jetzt, was das auf gut Deutsch heißt. Für Sie bedeutet das, Sie hätten ein ausgegliedertes privatisiertes Unternehmen. Die Wahrheit ist aber, dass erst wieder der Staat für die Schulden aufkommen muss. Sie betreiben Bilanzfälschung, und Sie haben nicht den Mut dazu (Abg. Wittauer: Warum?), dass Sie den Bürgern die Wahr­heit sagen, dass es in Wirklichkeit ein staatliches Unternehmen ist, dass Sie es aber ausgliedern und es aus einer anderen Tasche zahlen. (Zwischenrufe bei den Freiheit­lichen.)

Feigheit hat einen Namen, Kollege, und es lässt sich mit den Kürzungen der Regie­rungsparteien betiteln.

Zum Abschluss ein Zitat aus der Zeitung, denn Sie hören ja so gerne, was Zeitungen schreiben (Abg. Wattaul: Das ist nicht wahr!); da heißt es etwa: Unter dem Titel ÖBB-Neu rührt die Bundesregierung in Unternehmen zwecks Illuminierung roter Markierun­gen – offenbar zur Einführung roter Zahlen – seit Jahren kräftig um. Offenbar ziemlich planlos, denn die ÖBB verpulvert in diesen Jahren viel mehr, als externe Berater je­mals wieder hereinbringen können. Sie fährt auf das ökonomische Abstellgleis. Die Letztverantwortung liegt beim Minister Gorbach. Das hat offenbar auch Jörg Haider erkannt und wird ihn deshalb wahrscheinlich noch in diesem Jahr austauschen, bevor er dann ohnedies aus dem Amt durch Wahl scheiden muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes (III-111 der Beilagen) betreffend Ruhestandsversetzungen bei den Österreichischen Bundesbahnen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 187

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme stimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den vorliegenden Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/1 (III-126 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofaus­schusses, den vorliegenden Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/6 (III-151 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die für dessen Zustimmung eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

18.35.3512. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-106 und Zu III-106 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (1291 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.36.06

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshofpräsi­dent! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bericht des Rechnungshofes III-106 der Beilagen geht es gleich im ersten Teil um das Behörden­funknetz ADONIS.

Das Behördenfunknetz ADONIS sollte eingeführt werden, um im Katastrophenfall – vor allem im Katastrophenfall – alle, die mit der Beseitigung der Katastrophenschäden be­fasst sind, verbinden zu können. Ich habe das noch in guter Erinnerung, als ich im Jahr 2002 bei der Hochwasserkatastrophe bei der Gendarmerie, bei der Feuerwehr und beim Roten Kreuz gestanden bin und wir die Meldung erhielten, es gäbe noch Leute in einer Firma, die nicht mehr heraus können. Wir konnten auf dem Landweg auch nicht mehr hinein, das heißt, wir brauchten dringend einen Hubschrauber. Der Hubschrauber wäre bereit gestanden, aber wir haben das Bundesheer nicht erreicht, weil es dieses gemeinsame Funknetz nicht gegeben hat. Ich habe das damals bean­tragt, und der damals dafür zuständige Innenminister Strasser hat gesagt, es sei schon fast so weit.

Jetzt lesen wir in diesem Bericht, der sich wie ein Schauermärchen liest, was mit die­sem Funknetz ADONIS passiert ist. Im Jahr 2000 wurde es schon angegangen. Im Jahr 2002 hat es allerdings schon zu kriseln begonnen. Der Rechnungshof stellt fest, dass es allein schon in den Vereinbarungen zwischen dem Bundesministerium für In­neres und der beauftragten Firma – er spricht gar nicht vom Vertrag – Konfliktpoten­tiale gegeben hat. Der Rechnungshof stellt weiter fest, dass man sich überhaupt keine Gedanken gemacht hat darüber, wer denn an diesem gemeinsamen Funknetz teilneh-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 188

men soll. Es gab keine Gespräche mit den Ländern, keine Gespräche mit den Einsatz­einheiten. Mit dem Bundesheer wurde überhaupt nicht gesprochen. Mit dem Finanz­ministerium wurde zwar gesprochen, aber das Finanzministerium hatte als Bedingung, dass die Länder zustimmen müssen. Es gab also ein perfektes Chaos. Es kam zur Kündigung, sicherheitshalber haben gleich beide gekündigt: das Bundesministerium für Inneres und auch die beauftragte Firma master-talk.

Der Rechnungshof stellt weiter fest, dass 2,04 Millionen € für Beratungs- und Rechts­anwaltskosten ausgegeben wurden und 895 000 € für Personalkosten. Rund 3 Millio­nen € wurden also in den Sand gesetzt. Wenn man davon ausgeht, dass es vielleicht auch noch zu einer Schadenersatzklage der Firma master-talk kommt, bei der es um einen Streitwert von 180 Millionen € geht, dann frage ich mich schon, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, wo da die Verantwortung der Regierung liegt, wo da die Verantwortung der Regierungsparteien liegt.

Es ist Ihnen offensichtlich wirklich völlig egal, welche Menschen plötzlich diese Hilfe brauchen und wie sie behandelt werden. Das macht Ihnen nichts aus. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Gahr. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.39.40

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es gab bereits im Jahre 2000 den ersten Versuch, ein LKW-Mautsystem in Österreich einzuführen. Man muss auch da kritisch anmerken, dass es dabei einen Fehlstart gegeben hat.

Der Rechnungshof hat dann die Einführung der LKW-Maut untersucht, vom Jahr 2002 bis zum Start im Jahr 2004. Dieses LKW-Mautsystem ist ein erfolgreiches System, wel­ches sich bewährt, welches in der Praxis funktioniert und mehr Kostenwahrheit auf der Straße bringt.

Es wurde ein System gewählt, welches funktioniert, aber im Vorfeld hatte Kollege Kräu­ter dieses LKW-Mautsystem sehr oft und sehr intensiv in allen Medien schlecht ge­macht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Die Meldung wird schon noch kommen! Trotzdem müssen wir stolz darauf sein, Herr Kollege Kräuter, dass wir heute ein System haben, das in Europa vorbildhaft ist. Ihre Ankündigungen, dass nur die GPS-Technik funktioniert, und Ihre Meinung, dass die Mikrowellentechnik überholt ist, müs­sen Sie, glaube ich, revidieren.

Es gab bei der Vergabe eine ordnungsgemäße Ausschreibung. Der Rechnungshof hat klar festgestellt, dass dieses Mautsystem wirtschaftlich vertretbar ist. Die Einführung erfolgte fristgerecht mit 1. Jänner 2004. Das Vergabeverfahren war effizient, der Modus zweckmäßig. Es gab natürlich auch bei der ersten Ausschreibung einen Betrag von 25,51 Millionen abzuschreiben, aber der Rechnungshof stellt auch hier wieder fest, dass die Abschreibungen höheren Mauteinnahmen gegenüberstehen.

Ich glaube, man kann hier nicht, wie Kollege Kräuter das getan hat, von gelogen, ge­türkt, manipuliert, von Steuergeldvernichtung und Schildbürgerstreich sprechen; das sind nur einige Auszüge aus seinen Presseaussendungen. Die Zahlen sind der Beweis dafür, dass er nicht Recht hatte: Im Jahre 2004 gab es 537,6 Millionen Mauttransaktio­nen, es gab beim neuen System eine Erfassungsquote von 99,15 Prozent, und es gab im Jahr 2004 Mauteinnahmen von 750 Millionen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 189

Das österreichische Mautsystem ist in der Zwischenzeit auch so weit, dass es kom­patibel ist mit dem Schweizer Mautsystem. Die Firma Kapsch wurde beauftragt, in Tschechien ein von der Technik her ebenso aufgebautes Mautsystem einzurichten, und die ASFINAG hat praktisch mit 1. Jänner 2005 rückwirkend den Mautbetreiber Europpass übernommen.

Also insgesamt ist das ein Projekt, welches funktioniert, welches der ASFINAG Rück­halt für die Zukunft bietet.

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die heutige Debatte zum Thema ÖBB einge­hen. Insgesamt wissen wir alle, glaube ich, sehr wohl, dass es in den ÖBB Reformbe­darf gibt. Für uns müssen aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB im Mittel­punkt stehen, die natürlich solche Reformen mitzutragen haben. Herr Kollege Derno­scheg hat ja das heute schon gesagt: Es hilft uns ganz einfach nicht weiter, wenn wir ein staatstragendes Unternehmen wie die ÖBB ständig über die Medien schlecht ma­chen und ständig mit Unterstellungen und Unwahrheiten dieses wichtige Unternehmen an den Pranger stellen.

Ich glaube, es ist wichtig, dass das Management gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Unternehmen in eine Zukunft führt. Man muss ja schließlich auch dem Steuerzahler erklären können, dass jeder Österreicher im Jahr über 500 € für die ÖBB zu investieren hat, und diese 500 € sollten anständig und für die Zukunft investiert werden. Das ist mein Wunsch in diesem Zusammenhang, und auch, dass es in Zukunft mehr Sachlichkeit gibt, mehr Offenheit gibt statt Polemik und statt die ÖBB parteipolitisch zu missbrauchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Becher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.44.13

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich beim LKW-Mautsystem anschließen. Die Einführung dieses Systems ist ja auch im Rechnungshofbericht kritisiert worden, und zwar bezüglich der extrem ho­hen Beraterkosten von 7,63 Millionen €, die zwar auf besondere Rahmenbedingungen des Projekts zurückgeführt wurden, aber das kann nicht wirklich ein Grund dafür sein, zufrieden zu sein. Und dass die LKW-Maut keine Erfolgsstory darstellt, möchte ich an­hand von drei Beispielen auch ganz kurz erläutern.

Erstens ist da die erhöhte Fehleranfälligkeit. Dieser Punkt ist von meinem Kollegen Kräuter als Erstem aufgezeigt worden. Dadurch entgehen der ASFINAG und somit dem Staat und dem Steuerzahler doch mehrere Millionen Euro. Und es ist auch auf Grund einer Hochrechnung vom Rechnungshof bestätigt worden, dass es bei 2,2 Mil­lionen Buchungsvorgängen täglich 12 000 Fehlbuchungen gibt. Der Herr Staatssekre­tär, der Herr Minister schweigen dazu, schweigen heißt aber auch, seine Zustimmung zu geben.

Geschwiegen wird auch in Bezug auf die Kritik, was den Kauf des LKW-Mautbetreibers von der Autostrade durch die ASFINAG betrifft. 208 Millionen € waren der ASFINAG die Autostrade-Anteile an Europpass wert, und das sind laut einem Gutachten um 60 Millionen € zu viel. Das ist auch von Vorstand Trattner bestätigt worden. Es gibt dazu ein APA-Interview vom 23. Mai des Vorjahres, in dem er auf einen gültigen Bie­ter- und Abtretungsvertrag hinweist.

Dazu sind auch eine Reihe von Fragen im Rechnungshof aufgeworfen worden, die vom zuständigen Staatssekretär ebenfalls nicht beantwortet wurden. Aber jetzt wird


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 190

das ja vom Rechnungshof geprüft, und ich hoffe auch, dass es da eine entsprechende Aufklärung geben wird.

Wenn man vom Kauf des LKW-Mautbetreibers Europpass spricht, ist auch immer wieder von der PKW-Maut die Rede. Es gibt eine Reihe von Anzeichen dafür, dass daran gedacht wird, das auch auf PKWs auszudehnen. Erstens hat die ASFINAG mit­geteilt, dass der Grund für die Übernahme der Europpass-Anteile nicht etwaige Auslandsgeschäfte, sondern auch innerbetriebliche Synergieeffekte wären. Ebenfalls in einer APA-Aussendung nachzulesen: Autostrade-Manager Vito Gamberale hat als Sinn und Zweck für die Übernahme ebenfalls die PKW-Maut angegeben.

Dieses Vorhaben wollen Sie natürlich vor den Wahlen nicht preisgeben, aber nach den Wahlen sollen dann die Autofahrer, die ja die Leidtragenden sind, dafür zahlen, genau so, wie Sie vor den Wahlen noch durchbringen – wir haben heute alle die Zei­tungen gelesen –, dass Ihr Parteigänger, der ehemalige Verkehrsminister, einen Vor­standsposten, der sehr hoch dotiert ist, bei der ASFINAG bekommen soll. Die Wähler werden sich ihr Bild dazu selbst machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Wattaul. Ebenfalls 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.48.23

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Das Mautsystem ist tatsächlich eine Erfolgsge­schichte, und es ist für mich wirklich erschütternd, wie man ein dank dieses Verkehrs­ministers so gutes System schlecht machen kann.

Man muss ja die Vorgeschichte kennen. Die Vorgeschichte war, dass von der damali­gen Regierung, von SPÖ-Seite, konkret von Herrn Minister Einem, ein halboffenes Mautsystem entwickelt wurde. Als wir die Regierung übernommen haben, ist praktisch eine Verordnung vorgelegen, wonach es ein offenes System auf den Autobahnen in ganz Österreich gegeben hätte. Da hätte es keine Gerechtigkeit gegeben, Umwegver­kehr. Das Ärgste war: Wir hätten 1 500 Mautner gebraucht! Das heißt, der Ertrag wä­ren in etwa 150 Millionen € im Jahr gewesen. Wir wissen jetzt, dass wir fast 1 Milliar­de € im Jahr durch das Road-Pricing einnehmen. Das nur, damit man einmal sieht, wie die jetzige Regierung arbeitet und wie eine ehemalige sozialdemokratische Regierung gearbeitet hat. Da wird deutlich, dass ihr nur Polemik betreibt und alles nur schlecht machen wollt. Im Rechnungshofbericht steht ganz klar drinnen, dass alles in Ordnung war.

Die Beratungskosten kommen einem auf den ersten Blick hoch vor. Aber was war denn die Tatsache? – Wir haben eine Neuausschreibung machen müssen, weil ja ein solches Steinzeitmodell von der SPÖ-Regierung übernommen worden ist! Man hat die ganze Ausschreibung widerrufen müssen, aber – das muss man sich einmal vorstel­len! – man hatte schon zu bauen angefangen! Mit dem Bau der heutigen Kontrollstel­len, die es auf der West Autobahn gibt, ist schon, ohne dass sie überhaupt verordnet waren, begonnen worden. Das waren Zustände! Und da hatte man schon aufgeteilt, wer von SPÖ-Seite dann bei diesem Road-Pricing-System arbeiten darf!

Jetzt, da wir ein Vorzeigemodell haben – Österreich wird wirklich europaweit um sein gutes Maut-System beneidet! –, kommt ihr und beginnt auch noch, das schlecht zu machen!

Erstmals hat diese Regierung es geschafft, dass wir Straßen bauen, Autobahnen bauen, die noch finanzierbar sind – wir können heute eine Finanzierbarkeit nachwei­sen! Ihr habt ja nicht einmal die ersten Autobahnen bezahlt! Im Gegenteil, wir haben


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 191

Schulden übernehmen müssen von der ASFINAG, und jetzt stellt ihr euch hier heraus und glaubt, ihr wisst wieder alles besser!

Wir haben heute im Rechnungshofbericht den klaren Beweis: Schwarz auf weiß steht da, dass diese Regierung tatsächlich wirtschaftlich sinnvoll arbeitet (Abg. Eder: Völli­ger Unsinn!), während die Sozialdemokraten absolut nicht regieren können – und das wird der Wähler auch erkennen! Freut euch nicht zu früh, denn wenn die Bevölkerung ein bisschen ins Nachdenken kommt, dann wird sie alles wählen, aber keinen Gusen­bauer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Ebenfalls 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.51.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Noch zu meinen Vorrednern: Es ist eigentlich interessant, dass ein Projekt immer dann, wenn es wirklich erfolgreich war, wie zum Beispiel die e-Card oder das Road-Pricing, besonders madig gemacht wird von der Opposition – was aber eigentlich nicht notwendig wäre.

Ich möchte aber jetzt kurz Stellung nehmen zum Bericht über die Überprüfung der Ge­richtlichen Medizin der Medizinischen Universität Wien, die große Aufregung verur­sacht hat. Die Mitarbeiter haben dort nämlich neben ihren universitären Aufgaben im Auftrag von Gerichten und Sicherheitsbehörden vor allem die Erstellung von Gutachten getätigt, wobei nach einer Schätzung des Institutes diese Gutachtertätigkeit rund 40 Prozent ausgemacht hat, für einzelne Personen aber bis zu 80 Prozent. Teilweise lief diese Beauftragung direkt an die Personen, teilweise über den Institutsvorstand.

Was es hier nicht gegeben hat, waren klare Regelungen, und so hat der Rechnungs­hof hier einige Fragen aufgeworfen.

Erstens einmal: Durch diese zahlreiche Gutachtertätigkeit kam es nur zu einer gerin­gen Forschungstätigkeit, obwohl man sicherlich gerade aus dieser Untersuchungstätig­keit wichtige Impulse für die Forschung hätte bekommen können.

Zweitens stellt sich die Frage: Haben die Universitätslehrer dann überhaupt noch ge­nug Zeit, sich um die Studenten zu kümmern, wenn ihre Haupttätigkeit in der Neben­tätigkeit liegt?

Drittens: Könnte es nicht sinnvoll sein, diese außeruniversitären Sachverständigen-Gutachten durch Personen, die nicht im universitären Bereich sind – durch Sachver­ständige außerhalb der Universitäten –, vornehmen zu lassen?

Diese Mitarbeiter erhielten dann – das war der vierte Punkt der Kritik – zusätzlich zu ihrem Universitätsgehalt noch die Gebühren für die Gutachtertätigkeit, die teilweise sogar höher war als das Grundgehalt, das sie an der Universität bekommen haben.

Und jetzt sagt der Rechnungshof natürlich ganz richtig, es müsste dann auch ent­sprechender Kostenersatz getätigt werden. Hier hat man sich einfach nur auf einen Prozentsatz von 15 Prozent geeinigt, mit dem sowohl die Personalkosten als auch die Sachkosten abgegolten waren, was naturgemäß wesentlich zu wenig ist.

Das heißt, das Ziel muss bei Universitätsinstituten, die auch außeruniversitäre Arbeiten leisten – was ich grundsätzlich befürworte, weil hier der Konnex zur Praxis gegeben ist –, immer sein: Es muss eine genaue Institutsordnung geben, es muss eine Koordi­nation über den Institutsvorstand geben, es muss eine ganz klare Kostenregelung für die Benützung von Geräten geben, es muss auch eine entsprechende Abgeltung für die Dienstzeit geben, in der diese Gutachtertätigkeit ausgeübt wird, und es muss auch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 192

eine Begrenzung dieser Arbeiten geben, damit die Studenten letztlich nicht zu kurz kommen.

Wir haben aber im Ausschuss festgestellt, dass diesen Empfehlungen des Rechnungs­hofes insofern letztlich erfolgreich Rechnung getragen wurde, als es jetzt eine genaue Regelung für diese Abgeltung der externen Tätigkeiten gibt. In diesem Sinne, glaube ich, ist es ganz wichtig, dass der Rechnungshof hier dafür gesorgt hat, dass es im fi­nanziellen Bereich stimmt und dass auch die Studenten im Institut nicht zu kurz kom­men.

In diesem Sinne: Danke für die Tätigkeit des Rechnungshofes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort kommt Herr Abgeordneter Ledolter. Auch für ihn 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.55.46

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Wort zum Prüfbericht des Rechnungshofes zum Thema ADONIS, weil ich glaube, dass dieses Behördenfunksystem von ungeheurer Wichtigkeit für unser Land ist, vor allem für die Sicherheit der Bevölkerung, für die Zusammenarbeit der Exekutive und der Organe der Aufrechterhaltung der Sicherheit, auch der Freiwilligen-Verbände in einer Art und Weise, die gerade im Katastrophenfall und bei Großereignissen unver­zichtbar ist.

Der Rechnungshof hat da einige Hinweise gegeben und Leitlinien für die zukünftige Bearbeitung festgelegt, wobei diese Anmerkungen und diese Hinweise vom federfüh­renden Innenministerium sehr ernst genommen wurden und mittlerweile in Wien und Tirol bereits erfolgreich ADONIS-Funksysteme im Einsatz sind, in der Steiermark und in Niederösterreich derzeit in Ausarbeitung sind und mit 2009 von der Fertigstellung auszugehen sein wird. – Gesamtkosten: etwa 130 Millionen für ein System, das wir dringend brauchen.

Was ich aber auch noch anbringen möchte, meine Damen und Herren, sind ein paar Ergänzungen beziehungsweise Kommentare zu den ungeheuerlichen Vorwürfen und Entgleisungen des Herrn Kollegen Kräuter im Zusammenhang mit dem Semmering-Tunnel.

Insbesondere als Vertreter dieser Region im Süden Niederösterreichs und des Weltkul­turerbes Semmeringbahn/Semmeringland ist es mir ein Anliegen, einmal festzuhalten, dass Landeshauptmann Pröll hier durchaus die Interessen der Menschen dieses Le­bensraumes vertreten hat und sich für den Schutz des Wassers, der Natur und vor allem für diesen Lebensraum eingesetzt hat.

Dass der frühere Verkehrsminister und spätere Bundeskanzler Klima oft genug darauf hingewiesen wurde, dass aus Niederösterreich noch keine Bewilligungen für einen Baubeginn vorliegen und er sich trotzdem darüber hinweggesetzt hat und diesen Tun­nelbau begonnen hat – von der verkehrten Seite, von der Steiermark, von oben nach unten, was man nicht tut und was jeglicher Logik Hohn spottet –, das sei nur nebenbei erwähnt. – Die Verantwortung trifft aber immer jene, meine Damen und Herren, die ers­tens einmal eine unzulängliche Planung vorlegen und versuchen, Projekte gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen, ohne die Vorlage notwendiger Bewilligungen abzuwarten.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, ist es immer wieder auch notwendig, darauf hinzuweisen, dass der Vorwurf jene trifft, die diesen Katastrophen-Tunnel gewollt ha-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 193

ben, und nicht jene, die im Interesse der Bevölkerung diesen Tunnel verhindert haben. Denken Sie an die Verkehrssicherheit und denken Sie an die Probleme, die mit diesem Projekt verbunden sind!

Jetzt ist der Weg frei zu einer besseren Lösung! – In diesem Sinne: Glück auf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.59.32

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Um 19 Uhr ist es offensichtlich schon sehr schwierig, irgendwie noch einen Überblick über die zu behandelnden Kapitel zu behalten, geschätzter Vorredner – aber sei’s drum!

Nur so viel: Das Projekt ADONIS ist als solches nicht mehr existent – da dürfte Ihnen etwas entgangen sein! Und dass es ausgerechnet in Tirol wiederbelebt werden soll, das ist, glaube ich, eine Andreas-Hofer’sche-Geistheilung oder Ähnliches.

Es wäre eigentlich höchst notwendig, dass aus diesem Projekt etwas Gescheites wird, wir haben nämlich wieder einmal eine wunderbare Veranstaltung des österreichischen Föderalismus Marke ÖVP: Ein schwarz geführtes Innenministerium geht die Sache an – irgendwann war die ÖVP dann doch zuständig, auch ohne SPÖ –, aber im Prinzip fehlen alle Voraussetzungen, um ein derart – ich gebe das zu – großes und schwieri­ges Projekt zu starten. Das ist sicher nicht einfach, technisch nicht, nicht von der Logis­tik her und auch nicht, wie man – das ist ja in Österreich bekanntermaßen auch nicht einfach – so viele verschiedene Vereine unter einen Hut bringt. Seien wir froh, dass wir die Freiwilligen-Vereine haben – das wissen wir alles. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Aber Sie bringen nicht mehr zustande, als drauf los zu fuhrwerken – obwohl Ihnen je­der Wohlmeinende schon gesagt hat, dass das so nicht gehen wird –, um dann mitten auf der Etappe völlig planlos wieder auszusteigen und zu schreien: „Haltet den Dieb!“ – das waren dann wieder die anderen, die bis heute aber nicht aufgetaucht sind; Sie soll­ten sie vielleicht noch schnell präsentieren –, und dann ist wieder alles beim Alten. Das Projekt wird neu gestartet, und – jetzt kommt es; wir haben nämlich weiter recherchiert, wie denn der Stand jetzt ist; da geht es ja tatsächlich um viel Geld – wieder ist es so – entgegen der Jubelpropaganda, die von einzelnen Ressorts, die hier beteiligt sind, ab­gegeben wird; es ist also genau umgekehrt, als dort kolportiert wird –: Die Rahmen­vereinbarungen zwischen den Bundesländern liegen wieder nicht vor! Es gibt zwar Bemühungen, aber sie liegen nicht vor! Und das Projekt wird trotzdem gestartet!

Das könnte zum Beispiel dazu führen, dass selbst innerhalb des Roten Kreuzes – re­den wir einmal gar nicht von trägerübergreifenden Fragestellungen – in der Steiermark und in Kärnten nicht das gleiche System verwendet wird. Wenn also einer über die Pack gelotst werden sollte, haben wir wieder ein ähnliches Problem, wie hier vorher beschrieben wurde. Und das ist nach einem derart kapitalen Fehlstart beim Projekt 1 nun wirklich nicht einsichtig und nicht nachvollziehbar. Aber so gehen Sie letztlich wie­der mit dem Steuergeld um.

Man darf sich ja schon fast in folgenden Spekulationen ergehen: Sie starten Ihre Pro­jekte, die Sie zwischendurch vermurksen, immer wieder neu, damit dann wieder eine ganze Stange von Beraterverträgen vergeben werden kann. Denn auch diese Kritik findet sich hier wieder. Sei’s drum.

Es ist das, glaube ich, ein wichtigerer Bericht, als wir ihn hier um 19 Uhr zu würdigen in der Lage sind. Das möchte ich dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes noch mit-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 194

geben. Es ist ja nicht nur Adonis beschrieben worden, sondern auch die Gerichtsme­dizin, das wurde besprochen. In diesem Bereich hat es hervorragende Recherchen des Hauses gegeben und auch sehr gute Empfehlungen, wie man da herauskommen kann, denn die dortigen Zustände waren ja in vielfacher Hinsicht abenteuerlich.

Für die Empfehlungen in dem Bereich, in dem Sie vom Rechnungshof etwas beitragen können, etwa wie man das besser organisiert, wie die rechtliche Aufstellung, auch die gehaltsmäßigen Abwicklungen und die dienstrechtlichen Vorschriften ausschauen sol­len, kann man sich als Ausschussvorsitzender nur bedanken.

Ein bisschen ein weinendes Auge bleibt natürlich zurück, denn die Umsetzung ist nach wie vor sehr schleppend.

Die ASFINAG wurde behandelt. Ich darf abschließend nur auf eines eingehen: Neben weiteren Kapiteln sind auch die Krankenanstalten der Steiermark hier erwähnt, in die­sem Berichtsteil nicht so negativ wie in anderen. Wir werden aber nicht umhin kom­men, uns öfter über die Krankenanstalten – vermutlich nicht nur über jene in der Steier­mark – zu unterhalten. Auch das kann man hier herauslesen, zumindest in einer gerin­geren Dosis.

Es gibt fast keine Krankenhaus-Neuerrichtungen, bei denen nicht mit dem Vergabe­recht kollidiert wird, und zwar von Anfang an. In der Steiermark hat das jedenfalls System. In den acht Rechnungshofberichten zu diesem Bereich – da sind auch die Landesrechnungshofberichte dabei – ist in jedem einzelnen Fall ein grober Vergabe­mangel festgestellt worden. Das betrifft ja dann nicht mehr nur eine einzige Partei, wie wir wissen. Wir werden also noch einiges zu tun haben.

Ein Danke an den Präsidenten des Rechnungshofes. Sie haben sich jetzt nicht mehr zu Wort gemeldet aus Rücksicht auf die Uhrzeit, nehme ich an, das sollte nicht ver­schwiegen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-106 und Zu III-106 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

19.05.0313. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 754/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Ge­setz 2000) geändert wird (1320 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1279 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Bankwesen­gesetz, das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 195

Sparkassengesetz, das Bausparkassengesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Pfandbriefgesetz, das E-Geldgesetz, das Börsegesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz und das Versicherungs­aufsichtsgesetz geändert werden (Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005) (1321 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


19.05.51

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Eines unserer heutigen Themen ist ein besonders interessantes. Haben wir nicht vor zwei Plenartagen hier – genau hier! – mehrmals gehört: Die Postprivatisierung dient ausschließlich dazu, dem Unternehmen strategisch die Entwicklung nach Osten zu ermöglichen!? (Staatssekretär Dr. Finz: Stimmt!) Haben wir nicht gehört, dass sie kei­nesfalls dazu dient, Budgetlöcher zu stopfen? (Staatssekretär Dr. Finz: Stimmt!) Ge­nau, Sie behaupten es immer noch!

Aber was ist die Wahrheit, meine Damen und Herren? (Zwischenruf des Abg. Neu­deck.) – Bereits beim Abgabenänderungsgesetz war ein ganz besonderes Gesetz da­bei, nämlich eines, das dem Finanzminister den Griff auf Dividenden von Geschäftsjah­ren, die noch gar nicht zu Ende gegangen sind, erlaubt. Nachdem dieses Gesetz aber nicht mit unser aller Stimmen beschließbar war, wurde dieser Punkt herausgenom­men – und gleich darauf, 5 Minuten später, wieder in einem neuen Gesetzesantrag in dieses Haus eingebracht. Und das steht heute zur Abstimmung. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein technischer Vorgang!)

Die Wahrheit ist: Von Anfang an, bereits seit dem Herbst des Jahres 2005, wurde das „Verklopfen“ der Post mit der Zielsetzung – Punkt eins – Stopfen der Budgetlö­cher 2006 ins Auge gefasst. Und genau das vollziehen Sie heute mit dieser Änderung des ÖIAG-Gesetzes 2000. Sie ermöglichen bereits Mitte des Jahres 2006 in der vor­läufigen Budgetentwicklung eine Schönung um die Dividenden, die normalerweise erst im folgenden Jahr möglich gewesen wären. Sie verschönern, Sie versuchen, damit Wahlkampfmunition zu erhalten, und dafür ist Ihnen nichts zu schade, eines vor allem nicht: dass man jene Werte, die heute in der Österreichischen Post stecken, wieder zu billig auf die Kapitalmärkte bringt!

Seit das „FORMAT“ letzte Woche erschienen ist, wissen wir ja, wie die Bilanzwer­te 2005 ausschauen (Abg. Dr. Stummvoll: Kaufen! Matznetter wird kaufen!) – jeder kann dort nachlesen –: buchmäßiges Eigenkapital 700 Millionen, Rücklage für Unterbe­schäftigung 120 Millionen, Sozialkapital 70 Millionen. Das ergibt einen Buchwert – rei­ner Buchwert mit historischen Anschaffungskosten (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter); Frau Kollegin, das ist auch für Sie interessant – mit 900 Millionen €. Allein 550 Millio­nen € betragen die stillen Reserven nach den Auskünften der Aufsichtsräte, wie jeder nachlesen kann; darunter ist auch Präsident Schellhorn, der uns ja in diesem Zusam­menhang nichts Falsches sagen wird. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Frau Kollegin Fekter, 550 Millionen! Das sind insgesamt mehr als 1,4 Milliarden!

Was würde ein Eigentümer bei solch einem Substanzwert – da ist noch gar nicht der Ertragswert gerechnet – machen, wenn er ernsthaft einen Börsegang vor hätte? (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Fasslabend) Herr Kollege Fasslabend, wir kommen gleich zum Punkt! – Was würde er machen? – Er würde versuchen, zumindest den höchstmög­lichen Preis zu erzielen. Aber was macht Herr Grasser? Was machen Sie? – 300 Mil­lionen, 400 Millionen! Sie wollen es zum niedrigsten Wert verschenken, unter dem


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 196

Substanzwert (Abg. Dr. Fekter: Sie wollen die Anleger abzocken! Höchstpreis, damit der Kurs ...! Das ist eine Anlegerabzocke!), um den Mehrwert wieder den internationa­len Anlegern zuzuschieben.

Ununterbrochene Politik: Alle Privatisierungen seit 2000 waren eine Förderung der in­ternationalen Spekulanten. Dass Sie sich aufregen, weil ich das hier klar sage, ist ver­ständlich, Frau Kollegin. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sind Interessenvertreter der Investmentfonds. (Abg. Dr. Fekter: Wir wollen ehrlich sein!)

Wir glauben, dass wir für die Menschen etwas tun sollten. Und da hätte man jene Wer­te in eine bessere Versorgung statt in eine schlechtere investieren sollen. – Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Bei der ÖMV habt ihr es so gemacht!)

19.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


19.10.10

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Tagesordnung lautet unter anderem ÖIAG-Gesetzesnovelle. Es geht um eine einzige Frage: Soll Dividen­dengewährung auch unterjährig möglich sein: ja oder nein?

Nach der Rede des Kollegen Matznetter müsste man glauben, dass das Thema „Priva­tisierung der Post“ lautet. Also ich stelle richtig: Es geht einzig und allein um die Frage: Kann die ÖIAG unterjährig oder nur ganzjährig Dividenden ausschütten? Das ist die einzige Frage.

Ich habe mich schon im Finanzausschuss ein bisschen gewundert – dort war es ja ähnlich –, und zwar habe ich mich insofern gewundert, als die SPÖ das Thema „Priva­tisierung“ immer wieder so breit diskutiert hat, jenes Thema – ich bitte um Verständnis dafür, dass ich das sage –, bei dem die SPÖ besonders „alt“ ausschaut, denn alle Fak­ten und Daten zeigen, dass eine der größten Erfolgsstorys der letzten Jahre die Priva­tisierung ist.

Immer wieder versuchen Sie, mit Angstpropaganda, mit Horrorszenarien, mit Argumen­ten wie etwa „Verscherbelung des Familiensilbers“ daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Es wird auch bei der Post wieder schief gehen, Herr Kollege Matznetter! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Sie wissen genau, dass nicht wegen des Erlöses privatisiert wird, sondern deshalb, weil wir die Betriebe aus der Umklammerung des Staates herauslösen wollen. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Was hat sich gezeigt? Schauen Sie sich die Aktienkurse an! – Kaum waren die Unter­nehmen von der Last der Staatseigentümerschaft befreit, sind sie aufgeblüht. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Aus defizitären, subventionierten Staatsbetrieben wurden er­folgsorientierte, börsennotierte, gewinnorientierte Betriebe, und die Profiteure dabei sind in hohem Ausmaß auch die Arbeitnehmer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Matznetter, mein Kollege Jakob Auer wird auf die AMAG eingehen; ein besonders aktuelles Beispiel.

Sie kennen die Grunddaten schon?! – 11 Milliarden Schilling Subvention, um einen symbolischen Schilling verkauft, heutiger Wert des Unternehmens: 10 Milliarden Schil­ling. Das ist unter der Federführung der Sozialdemokratie erfolgt! (Abg. Dr. Matznetter: Gibt es noch eine Elektrolyse?)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 197

Es gibt nur einen Grund, warum Sie Angst vor einer Privatisierung haben müssen – nämlich dann, wenn Sie selbst privatisieren, Herr Kollege Matznetter, denn dann kommt es zu solchen Beispielen, wie es bei der BA-CA der Fall war.

Meine Damen und Herren! Auch wenn wir nicht primär wegen des Erlöses privatisie­ren, möchte ich schon auch eines sagen: Ich halte es für viel klüger, Geld in die For­schung zu investieren, als Geld als Staatsanteil in Unternehmen zu halten, denn wir wissen heute, dass die Arbeitsplätze der Zukunft dort sein werden, wo wir heute in die Forschung investieren.

Ich habe erst vor kurzem mit einem Vorstand eines großen multinationalen Unterneh­mens im Elektrobereich in Österreich gesprochen. Der hat mir gesagt, dass die Hälfte des heutigen Umsatzes mit Produkten erzielt wird, die vor zwei Jahren noch gar nicht auf dem Markt waren. (Abg. Mag. Johann Moser: Das ist ja keine Neuigkeit!) Das heißt, ohne Forschung haben wir keine Zukunft. Wenn wir die Forschung fördern und wenn wir die Dividendengewährung auch für die Finanzierung der Forschungsanleihe verwenden, dann nur im Sinne einer Wachstums- und Beschäftigungsstrategie. Das ist die Zielsetzung dieser Regierung!

Herr Kollege Matznetter, machen Sie nicht den Fehler, den Sie bei der Voest gemacht haben, indem Sie argumentierten: Die Russen kommen! Das Unternehmen wird zer­schlagen! Alles wird verscherbelt! Die Arbeitsplätze gehen verloren! – Die Geschichte der Voest ist heute eine Erfolgsstory, und wir sind stolz auf solche Unternehmen! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Ich erteile es ihm.

 


19.13.38

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich muss die Dinge noch einmal ein bisschen einordnen. Kollege Stummvoll, Sie haben hier zunächst moniert, dass es eigentlich nur um die unterjährige Möglichkeit der Divi­dendenausschüttung ginge, so als Mahnung in Richtung der Reihen der SPÖ, und sind dann wieder dort gelandet – es hat eigentlich nur noch der Zwischenruf „Konsum“ von dieser Seite (in Richtung ÖVP) gefehlt –, dass die Roten alles schlecht gemacht haben und die Schwarzen alles gut. Das kennen wir jetzt schon. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Wir können gerne auf diese Thematik eingehen, aber zunächst ein­mal zum eigentlichen Anlassfall.

Es ist nämlich in der Tat so – Sie wissen das ja selbst ganz genau –, dass die unterjäh­rige Dividendenausschüttung genau aus dem Grunde gemacht wird, dass die Privati­sierungserlöse respektive die Erlöse, die jetzt über den Börsengang hereinkommen, offensichtlich gleich weitergemelkt und ins Budget weitergereicht werden können.

Da kommen wir schon zum nächsten interessanten Punkt. Zwar war der Herr Staats­sekretär im Ausschuss noch in der Lage, budgettechnisch zu erklären, dass die Mittel von der ÖIAG dann einnahmenseitig im Budget auftauchen – vermutlich wohl im Kapi­tel 52 –, aber wie dann diese Forschungsanleihe genau dotiert wird und wie das ge­macht werden soll, das war schon nicht mehr so klar zu haben, eigentlich gar nicht. Vielleicht kann das heute nachgeholt werden, denn ich als Abgeordneter muss ja nicht von vornherein alles wissen.

Ich habe nur den Eindruck, dass das, was hier immer als „Forschungsanleihe“ – das sage ich jetzt unter Anführungszeichen – läuft, eine Anleihe im üblichen Sinn nicht sein kann. Das muss sozusagen ein Werbetitel sein, um eben darzustellen, wie man halt Forschungsfinanzierung oder -förderung betreiben will. Wie dem auch sei, das eine hat


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 198

mit dem anderen weniger zu tun, als Sie hier suggerieren. Kein vernünftiger Mensch wird etwas dagegen haben, wenn die öffentlichen Mittel im Ausgabenbereich für sinn­volle Dinge konzentriert werden, unter anderem eben für die Forschungsförderung.

Aber worum es hier geht, ist ja zusätzlich etwas noch ganz anderes. Und da war der Herr Bundeskanzler heute in der Früh sehr verräterisch – das war überhaupt eine er­giebige Fragestunde (Zwischenruf des Abg. Murauer) –, nämlich nicht bei den Ant­worten, die er gegeben hat, sondern bei den Dingen, die er entweder nicht gesagt hat oder die er eben ins Lächerliche gezerrt hat. (Abg. Dr. Fasslabend: Er war sehr gut!) – Dass Ihnen das gefallen hat, haben wir ohnehin gemerkt. Sie haben ja die 19-Uhr-Aschermittwoch-Stimmung heute schon um 9 Uhr am Vormittag gehabt, das war ja erkennbar.

Der Herr Bundeskanzler wurde gefragt: Wie schaut es jetzt mit den Erlösen aus dem Börsegang aus? Was hat er gesagt? – Er hat gesagt: Ja, das ist richtig, es werden jetzt die Erlöse auch nicht in der ÖIAG belassen, sondern sie werden eben für die For­schungsfinanzierung verwendet – wenn es dann im Übrigen wirklich wahr ist –, und das Management, nämlich jenes von ÖIAG und Post, wird allenfalls schon einmal dar­auf schauen, dass es ein gescheites Konzept gibt – und Punkt. Kein Wort mehr zu dem, was – apropos Werbekampagnen – inseriert wurde, sogar von der ÖIAG anläss­lich dieses Börsegangs.

Mit uns jedenfalls hätte man zum Beispiel darüber reden können, 49 Prozent sozusa­gen abzustoßen, Kapital hereinzunehmen und das in ein Konzept zu geben, das näm­lich den Auftrag der Post leichter erfüllen lässt im Sinne einer vernünftigen Universal­dienstverordnung und als Schutzmaßnahme, als Hilfe für die Post, was den drohenden Wettbewerb betrifft. Darüber kann man ja wirklich reden.

Aber was passiert? – Es gibt keine Garantie, dass dann, sollte Geld gebraucht wer­den – und das Konzept möchte ich sehen, dass, wenn man expandieren will, kein zu­sätzliches Kapital gebraucht wird –, Geld zur Verfügung gestellt wird. Und auf diese Frage hat der Bundeskanzler nichts gesagt, nach den Motto: Schmecks!, während hin­gegen die ÖIAG inseriert hat: Ja, wenn sinnvoll und notwendig, dann wird entweder bei einer Kapitalerhöhung mitgegangen oder das Kapital halt sonst irgendwie zugeführt! – Darum geht es ja unter anderem!

Ihnen glauben wir halt nichts mehr in diesen Sachen und Angelegenheiten. Für uns ist dieser Vorgang, so wie Sie das hier angehen, ein bedenklicher, um nicht zu sagen, ein bedrohlicher. (Abg. Dr. Stummvoll: Überhaupt nicht!) – O ja, es ist ja niemand da, der sagt, dass es dieses und jenes Postkonzept gibt, dass das bis zu den Jahren 2007, 2009 in dieser Art und Weise umgesetzt wird, dass dann soviel neues Kapital ge­braucht wird. Oder stellen Sie sich jetzt hier her und sagen: Das Postkonzept schaut so aus, dass wir eigentlich gar kein Geld brauchen, weil wir ohnehin nur zusperren wollen, und bei der Sache mit den Paketen in Sarajewo werden wir sehen, ob wir uns dort einkaufen können!? – Na die werden dort auf uns warten! (Abg. Dr. Stummvoll: Post-Vorstand! Dazu gibt es einen Post-Vorstand!)

Also sagen Sie einmal, was das Konzept ist, und dann kann das irgendwie vielleicht noch einmal nachvollziehbar werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie wollen hineinregieren!) Aber dass diese Novelle nur genau diesen einen Grund hat, wissen Sie ganz genau. Sie stellen sich heraus und sagen: Ja, es geht überhaupt nicht um die Post, es geht bloß um irgendeine ÖIAG-Novelle!, um dann – lassen wir das an dieser Stelle, es wird sonst zu lang – wieder das Loblied auf die ÖIAG-Privatisierungen Ihrer Regierung zu singen.

Ich sage Ihnen nur eines: Ihr Vergleich mit der Fortentwicklung der Aktienwerte hinkt hinten und vorne. Das kann mehreres heißen, wenn die Aktienkurse steigen, wenn das


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 199

der Erfolgsindikator ist. Das würde ja bedeuten, dass eine Regierung immer dann be­sonders erfolgreich ist, wenn sie zum schlechtesten Zeitpunkt aussteigt, denn dann entwickeln sich ja die Kurse zwangsläufig nach oben. Also das kann doch das Argu­ment nicht sein.

Was im konkreten Fall die Stahlindustrie betrifft, ist doch völlig klar, was passiert ist. Wenn Sie schon seriöse Vergleiche ziehen wollen, dann machen Sie einen Branchen­vergleich. Man müsste doch schauen, was in der Stahlbranche in den letzten Jahren passiert ist, international, wie die Börsenwerte und die Aktienwerte zugenommen ha­ben. Und da müsste man allenfalls schauen, ob jetzt im Fall der Voest quasi ein Mehr­wert darüber hinaus erzeugt wurde oder nicht. (Abg. Dr. Stummvoll: Genau!) Aber genau diesen Vergleich machen Sie ja nicht.

Sie tun ja gerade so, als ob jetzt der Schüssel und der Grasser dafür zuständig wären, dass China eine Stahlnachfrage entwickelt hat, wie sie auf dem Weltmarkt lange nicht erwartet wurde. Das treibt die Preise in die Höhe und das treibt die Kurse der entspre­chenden Unternehmen in die Höhe. Und diese Federn wollen Sie sich auch noch um­hängen? – Also Sie könnten es besser machen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


19.20.31

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Matznetter, wenn Sie die Geschichte der ÖIAG zurückverfolgen, dann werden Sie anhand der Fak­ten feststellen können – daran gibt es ja nichts herumzudeuteln und zu interpretieren, die Faktenlage ist klar –, dass die ÖIAG, als sie diese Bundesregierung im Jahr 2000 übernommen hat, eine Schuldenholding mit 5 Milliarden € Schulden war. Heute ist die ÖIAG ein saniertes Beteiligungsunternehmen mit einem Vermögen von 8 Milliarden €! (Beifall bei der ÖVP.) Das sind die Fakten, die man sich, wie ich meine, auch einmal zu Gemüte führen sollte.

Wenn Sie die einzelnen Unternehmen, die Entwicklungen, die wirtschaftlichen Ergeb­nisse dieser Unternehmen betrachten, dann werden Sie draufkommen, dass diese Pri­vatisierung dringend notwendig war und dass es den Mitarbeitern etwas gebracht hat, dass es dem Kapitalmarkt Österreich etwas gebracht hat und dass es zuletzt auch ganz, ganz wichtig für die Anleger war, die in diese Unternehmen ihr Vertrauen und da­mit das Geld investiert haben. Diese ÖIAG-Politik der Bundesregierung war also ein wichtiger Weg.

Wenn wir jetzt über die Dividendenvorwegnahme diskutieren, dann muss ich sagen: Ich kann daran überhaupt nichts Negatives sehen. Ob ich die Dividenden ein halbes Jahr vorher oder ein halbes Jahr später entnehme, hat auf die Unternehmensentwick­lung überhaupt keinen Einfluss. Ganz im Gegenteil! Ich finde es dringend notwendig und wichtig, dass wir die Mittel, die wir früher für Forschung und Entwicklung bekom­men können, rechtzeitig in den Wirtschaftskreislauf einspeisen, um dadurch notwendi­ge Investitionen tätigen zu können und notwendige Impulse auf dem Arbeitsmarkt und für Wachstum und Entwicklung zu geben. Damit können wir den Wirtschaftsstandort Österreich rechtzeitig absichern. Daher stehen wir auch zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

19.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Ich erteile es ihm.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 200

19.22.34

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bucher, ich glaube, Sie haben ja auch Betriebswirtschaft studiert. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Aber nicht in Moskau!) Wenn ja, dann würde ich Ihnen empfehlen: Schauen Sie sich die Bilanz, die G&V der ÖIAG an! Da werden Sie sehen, dass das etwas anderes ist. Dort haben nämlich die Aktiva die Passiva schon überschritten. Und wenn Sie sich die Mühe ma­chen und alle ÖIAG-Beteiligungen zum Jahr 2000 anschauen, dann werden Sie sehen, dass jedes einzelne Unternehmen ein positives EGT hat.

In Anbetracht dessen stellen sich die Nebochanten nun hier her und behaupten etwas Gegenteiliges. Schauen Sie sich die Bilanzen an, und dann reden Sie über das, was ich hier auch gesagt habe! Sie sind betriebswirtschaftliche Nebochanten! Das wieder­hole ich hier in aller Schärfe. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweiter Punkt: Da gibt es einen Minister, dieser wird unterstützt von den Abgeordneten der Regierungsfraktion, der lässt sich hier eine Vorschussregelung gesetzlich abseg­nen. Wer nimmt denn heute einen Vorschuss? (Ruf bei der SPÖ: Der einen Schuss hat!) – Der, dem es ganz mies geht, nimmt einen Vorschuss. Und das ist das, was hier vorliegt. Das liegt hier vor. Das heißt, da kracht es ja hinten und vorne im Budget, und da wird zugegriffen, ganz mühsam zugegriffen.

Jetzt ein paar andere Zahlen in diesem Zusammenhang. Was lässt sich dieser Finanz­minister eigentlich die Dividenden kosten? – 200 Millionen € im Jahr 2003 und 100 Mil­lionen € im Jahr 2004, also 300 Millionen. Damit hat er die ÖIAG, deren Umsetzungs­knechte, gezwungen, bei der Telekom Austria eine Wandelanleihe in Höhe von 325 Millionen € zu begeben. Und wissen Sie, was diese Wandelanleihe in drei Jahren gekostet hat? – 200 Millionen €, das sind 62 Prozent! Ich kann Ihnen dies vorrechnen. 62 Prozent für drei Jahre! Das heißt, wenn er das bei der ÖBFA finanziert hätte, hätte er dafür 10 Prozent bezahlt.

Angesichts dessen trauen Sie sich hier von wirtschaftspolitischer Kompetenz zu spre­chen? – Also, bitte, macht das Grundseminar im ersten Semester Betriebswirtschaft, damit das einmal klar wird!

Dazu kommt noch Folgendes: Dieses hoch bezahlte ÖIAG-Management hat seit dem Jahr 2000 Verkaufskosten – das müssen Sie sich auch anschauen! – in Höhe von 550 Millionen €, und zwar für das Verkaufen von zehn Beteiligungen. Das sind 7,6 Milli­arden Schilling! Hoch bezahlte Manager und die entpolitisierten Prinzhorn-Freunde so­zusagen beraten dort, und man bezahlt für das Verkaufen 7,6 Milliarden €. Das nennen Sie wirtschaftspolitischen Erfolg? – Da stellen sich mir wirklich die Haare auf, meine lieben Kollegen! Das ist ja unglaublich, was da passiert!

Wenn Sie sich dann die Einkommensentwicklung dieser hoch bezahlten ÖIAG-Mana­ger anschauen – Rechnungshofbericht –, 2003 auf 2004, dann können Sie sehen, dass deren Gehälter für das Verschleudern dieser Gelder noch um 160 Prozent stei­gen.

Diese Politik vertreten Sie wirklich?! – Es kann doch nicht möglich sein, dass gebildete Betriebswirte, Ex-Manager dem zustimmen.

Schauen wir uns den nächsten Punkt an, weil Sie hier immer so von Verbindlichkeiten und vom Nettovermögenszuwachs sprechen! Ich habe mir die Mühe gemacht und habe diese Unternehmen zum Jahre 2000 und im Jahr  2005 bewertet. Da hat Öster­reich – die ÖIAG und der Finanzminister – Volksvermögen in Höhe von 8,7 Milliarden € liegen gelassen! Das haben Spekulanten, Manager (Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Dr. Finz– so schaut die Rechnung aus! – und internationale Investmentban­ken gemacht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 201

Ich lade Sie ein: Schreiben Sie eine Dissertation oder eine Habilitation über dieses Thema – und dann wetten wir auch noch, wer Recht hat!

Das ist Politik nach dem Motto: Mehr für die Reichen, weniger für die Armen! Das ist Schüssels neues Motto. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


19.26.56

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Moser, ich konnte schon im Aus­schuss diese Rechnung nicht nachvollziehen (Rufe bei der SPÖ), und sie ist auch heute nicht glaubwürdiger geworden. Ich habe Ihnen damals schon erklärt, wie das Portfolio im Jahre 2000 war, wie der Schuldenstand im Jahre 2000 war, dass wir jetzt keine Schulden mehr haben und dass das Portfolio höher ist als im Jahr 2000. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber worum geht es bei diesem ÖIAG-Gesetz? – Nochmals: Es geht um eine Ab­schlagszahlung auf einen voraussichtlichen Bilanzgewinn. Und jetzt tun Sie so, wie wenn das eine Neuheit wäre, wie wenn es das noch nie gegeben hätte. Kennen Sie nicht das Aktiengesetz. Im § 54a Aktiengesetz ist diese Möglichkeit heute schon vorge­sehen. Aber was machen wir? – Wir verschieben den Zeitpunkt, der im § 54a vorgese­hen ist, etwas nach vor. Warum machen wir das? – Weil wir nicht Budgetlöcher stop­fen wollen, sondern eine Forschungsanleihe finanzieren wollen, die natürlich für unse­ren Entwicklungsprozess, für Entwicklung und Forschung äußerst notwendig ist.

Herr Abgeordneter Matznetter, Sie haben heute davon gesprochen, dass wir die Post viel zu billig verkaufen. Wieso wissen Sie einen Preis? Wir wissen keinen! (Rufe bei der SPÖ.) Wissen Sie denn nicht, Herr Abgeordneter Matznetter, dass ein Preisband für die Aktie erst unmittelbar vor dem öffentlichen Angebot festgelegt wird? Erst dann können Sie sagen: Das war meiner Ansicht nach zu hoch oder zu niedrig! Aber jetzt können Sie es doch nicht sagen! Außerdem legt nicht das Finanzministerium den Kurs fest, sondern die ÖIAG. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. (Abg. Dr. Stummvoll – in Richtung SPÖ –: Jetzt passt auf!)

 


19.29.00

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum es geht, hat, wie ich meine, Kollege Stummvoll ausreichend erläutert. Es geht um eine Novelle des ÖIAG-Gesetzes. Ich bin doch schon eine gewisse Zeit in diesem Hohen Haus und höre zu oder versuche zumindest wirklich aufmerksam zuzuhören, wenn es um wirtschaftspolitische Aussagen, Prophe­zeiungen und Voraussagen geht.

Es ist besonders bemerkenswert, dass es da offensichtlich einige Hellseher in diesem Hohen Haus gibt – sie heißen Matznetter, Moser, dann werden es ohnehin schon weni­ger –, die immer wissen, was in Zukunft sein wird. So ist es auch im Jahre 2003 gewe­sen. Sie wurden in ihrer hellseherischen Fähigkeit massiv von ihrem Parteifreund Hai­der in Oberösterreich unterstützt und haben vorausgesagt, was alles bei der Voest kommen wird.

Meine Damen und Herren! Das, was tatsächlich gekommen ist, ist ein bestens per­formierender Betrieb, eine Erhöhung des Beschäftigtenstands um 600 Leute, eine Ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 202

winnprognose, wie sie noch nie da gewesen ist, eine Standortgarantie, ein Investitions­volumen von 2,5 Milliarden €. – Das haben Sie nicht gewusst.

Wissen Sie, was Sie hier behauptet haben? – Sie sollten sich ja schämen auf Grund dessen, was Sie hier alles behauptet haben, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie sollten sich schämen, denn es ist fast bewundernswert, was ein der­artiges Unternehmen trotz Ihrer Unkenrufe und Schmähbehauptungen fertig bringt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Kollegen von der SPÖ, Sie könnten Ihre Kollegin Hagenhofer fragen, zu welchem Zeitpunkt es in Braunau besser war: 1996 bei der AMAG-Krise oder heute. Fragen Sie einmal Ihre Kollegin – die auch hervorragende Arbeit im AMS leistet; das sei ihr konzediert! –, wie es dort ausgeschaut hat!

Meine Damen und Herren, schauen Sie (der Redner hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe), was Ihnen Ihre Betriebsräte und Ihre Mitarbeiter in der AMAG vorhalten! Schauen Sie einmal! Sie geben immer vor, für die arbeitenden Menschen im Betrieb zu sein. Sie sollten lesen, was Ihr Kollege Nürnberger – der saß einmal hier – behauptet hat: dass diese Stiftung auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der AMAG rich­tungsweisend ist, damit die Mitarbeiter über ihr Aktienrecht verfügen können. Das hat er in einem Interview gesagt.

Jetzt, wo es darum geht, dass diese Mitarbeiter bei der AMAG eine Chance hätten, auch zu dem zu kommen, was sie mit ihrer Hände Arbeit, mit ihrer Fähigkeit, mit ihrem Einsatz, mit ihrem Engagement fertig gebracht haben, blockieren Sie als Gewerkschaf­ter jede Möglichkeit, dass diese Leute eine Chance haben, zu etwas zu kommen. (Abg. Freund: Das ist ein Skandal, was Sie da machen! – Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wundern Sie sich nicht: „Betriebsrat der Amag mag SPÖ nicht mehr“. Diesem Betriebsrat werden viele folgen, ein SPÖ-Landtagsabgeordneter ist bereits auf diesem Weg. Sie werden hier noch staunen. Sie sollten wirklich in sich gehen und über all diese Dinge ein bisschen nachdenken.

Zum Schluss, meine Damen und Herren: „ÖGB holt BAWAG heim“, war die Schlagzei­le vor einem Jahr. Wie ist es denn jetzt plötzlich, wenn bei der BAWAG das Requiem für Bösendorfer, für andere Bereiche, Verkaufsliste, Elektrohandelskette, angestimmt wird? – Ach so, da wird jetzt plötzlich verkauft? Ist das etwas anderes, wenn verkauft wird? Darf die Gewerkschaft, der ÖGB verkaufen, über die BAWAG? Darf die alles ver­kaufen, meine Damen und Herren? Wo bleibt hier die Arbeitsplatzgarantie für die Be­schäftigten in diesen Unternehmen? Sie sollten einmal wirklich nachdenken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


19.33.00

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es tut mir fast ein bisschen Leid, hier diese Stimmung rauszunehmen, denn ich habe mir vorgenommen, zum Finanzmarktauf­sichtsänderungsgesetz 2005 zu sprechen, wo ja Konsens besteht, wobei zu sagen ist, dass auch da einige merkwürdige Dinge im Vorfeld passiert sind. So entnehme ich etwa dem Vorblatt, dass dieses Gesetz sozusagen eine generalpräventive Wirkung haben soll.

Generalpräventive Wirkung – wir hoffen alle, dass es das haben wird – heißt natürlich, dass man annimmt, dass auf Grund dieses Gesetzes in Zukunft die Verstöße weniger werden, daher natürlich auch weniger Verwaltungsstrafen eingenommen werden. Auf


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 203

der anderen Seite wird bei den Kosten dieses Gesetzes – und es entstehen ja Zusatz­kosten für die Beteiligten – angegeben, dass man diese mit Mitteln aus erhöhten Ver­waltungsstrafen abdecken möchte. – Nun gut.

Dann kam aber im Vorfeld dieses Ausschusses die ÖVP eigenartigerweise mit dem Wunsch, dass man die Anhebung, die hier vorgesehen ist und die ohnehin eine sehr, sehr moderate ist, denn Sie wissen genau, dass diese Verwaltungsstrafen im interna­tionalen Vergleich deutlich unter dem Schnitt liegen, noch moderater, also noch gerin­ger macht – ein Vorschlag, den Sie dann aber Gott sei Dank ohnehin zurückgezogen haben. Das heißt, die Kostenfrage bleibt nach wie vor offen. Die Finanzierungsfrage der FMA bleibt nach wie vor offen, und das lässt diesen Wunsch natürlich in einem sehr bezeichnenden Licht erscheinen. – Aber okay, gut, das zum Finanzmarktauf­sichtsänderungsgesetz.

Da Ihnen das Thema ÖIAG lieb und wert ist, Kollege Auer: Der Unterschied zwischen Verkauf und Verschleudern ist schon ein gravierender, auch, ob man betriebswirt­schaftliche Maßstäbe ansetzt, was bei der BAWAG der Fall ist, oder letztendlich eine Budgetsanierung in den Vordergrund stellt, diese aber noch mit anderen Maßnahmen motivieren möchte.

Da wurde immer sehr viel von der Forschungsanleihe gesprochen, insbesondere auch von Herrn Staatssekretär Finz, der sich im Finanzausschuss sogar zu der Behauptung verstiegen hat, dass sich der Bund in diesem Gesetz eine Selbstbindung auferlegt. – Gut, wir haben dieses Gesetz, es ist ja nicht sehr lang, auch Sie müssten es lesen kön­nen. In Wirklichkeit nimmt es nicht sehr viel Zeit in Anspruch, dieses Gesetz durchzule­sen. Erstaunlicherweise findet sich in § 14 Abs. 7 alles Mögliche, alle möglichen Wörter finden sich dort, aber das Wort „Forschungsanleihe“ steht nirgends. Also wo diese Selbstbindung tatsächlich im Gesetzestext angeführt ist, möchte ich gerne wissen.

Aber ich nehme an, nachdem Sie dem auch zugestimmt haben, dass das in die Forschungsanleihe fließen soll, dass Sie noch mit einem Abänderungsantrag kom-
men werden. Und ich darf hier bereits die Bereitschaft meiner Fraktion kundtun, dass wir diesem Abänderungsantrag natürlich sehr gerne zustimmen werden, und wir har-
ren hier Ihrer Vorschläge. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

19.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

 


19.36.23

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich ist es ein „Routinegesetz“, das wir heute beschließen, und eigentlich müsste man damit rechnen, dass das Ganze nach allerkürzester Diskussion auch über die Bühne geht. Aber Sie verstehen es zu meinem Erstaunen immer wieder, aus derartigen Dingen eine Ideologiedebatte zu machen. Und Ihre Antwort dabei – das ist das eigentlich Erstaunliche – sind für mich nicht alte Re­zepte, sondern uralte Rezepte.

Ich sage das deshalb, weil ich absolut nichts gegen eine verstaatlichte Industrie habe. Die meisten von Ihnen werden wahrscheinlich gar nicht wissen, dass etwa in Wien Elektrizität, Gas, Wasser et cetera nicht von den Sozialdemokraten, sondern von einem christlich-sozialen Politiker kommunalisiert, wir würden heute sagen, verstaat­licht worden sind, dass wir 1945 maßgeblich daran mitgewirkt haben, dass große Teile der Industrie damals, um sie in österreichischem Besitz zu halten, verstaatlicht worden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 204

sind. Wir haben da ideologisch gar nichts dagegen. Aber wir sind genauso bereit, zum richtigen Zeitpunkt das auch abzugeben.

Wir stehen heute am Beginn des 21. Jahrhunderts, wo jedes wirtschaftlich handelnde Unternehmen die Bereiche, in denen es keine besondere Kompetenz hat, auslagert, um wirtschaftlich zu sein. Sie versuchen allerdings genau das Gegenteil. Das ist das, was mich eigentlich immer wieder wundert.

Herr Kollege Matznetter, was mich dabei besonders wundert, ist dieser rote Faden, der sich da durchzieht von Ihren Äußerungen bis zu den Aussagen von Kollegen Hoscher, wenn Sie ausführen, das dient dazu, um Budgetlöcher zu stopfen, oder das dient
nur dazu, um das Budget zu sanieren. – Ja, genau das ist es! Und das unterscheidet uns wahrscheinlich auch in der Wirtschaftspolitik diametral. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Unser Ziel ist es bitte, ein ausgeglichenes Budget zu haben. (Beifall bei der ÖVP.) Und bei Ihnen hat man den Eindruck, dass Ihnen auf der Einnahmenseite gar nicht bewusst ist, dass nicht nur laufende Einnahmen dazu gehören, sondern auch außerordentliche Aufwendungen. Dazu muss man sich auch bekennen, selbstverständlich, sonst kann man kein Sozialsystem finanzieren, sonst kann man keine Infrastrukturleistungen ma­chen, sonst kann man keine Arbeitsplätze schaffen. Also ich kann nur eines sagen: Das ist eine der unintelligentesten Formeln, die ich jemals gehört habe. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich habe den Eindruck, es geht nicht nur mir dabei so, sondern eigentlich der großen Mehrheit der Österreicher. Daher bin ich auch davon überzeugt, wenn Sie diesen Weg fortsetzen, werden Sie noch lange von der Macht fern sein. Die österreichische Bevöl­kerung wird Ihnen die Wirtschaft des Landes mit Sicherheit nicht anvertrauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordne­ter Dr. Bauer.

 


19.39.21

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Zuerst einmal bedanke ich mich bei Herrn Kollegen Fasslabend für die Offenheit. Es wurde nämlich immer gesagt, es handle sich eigent­lich um ein Gesetz, das eine Abschlagszahlung für Dividenden bereits zu Beginn des Jahres ermöglichen soll. (Abg. Dr. Stummvoll: Eh!) – Nein, du hast jetzt über das Bud­get und das Stopfen der Budgetlöcher viel mehr gesprochen als über die Abschlags­zahlung, die primär für die Forschungsfinanzierung verwendet werden soll. Das ist ja auch die Wahrheit, und du bist so ehrlich gewesen, dass du es angesprochen hast. Und, Kollege Fasslabend, diese Feststellung halte ich für sehr, sehr wichtig, weil du noch öfter als Kronzeuge aufgerufen werden wirst. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten muss man sich bezüglich dieser unterjährigen Abschlagszahlung einmal fragen, warum diese Konstruktion gewählt wird, nämlich um eine allgemeine Verfüg­barkeit des Bundesministers zu ermöglichen. Diese Möglichkeit soll jetzt durch die Forschungsfinanzierung, eigentlich durch die Hintertür, eingeführt werden, wobei dies sehr offen ausgesprochen wurde. Ich stelle weiters fest, dass das natürlich eine ideolo­gische Positionierung der ÖVP ist, nach dem Grundsatz: alles privat, weniger Staat. Das ist bis zu einem gewissen Ausmaß schon begreifbar. Aber warum hat man nicht den Weg gewählt, strategisches Eigentum einfach zu nutzen wie zum Beispiel in ande­ren Ländern und auch in schwarz geführten Bundesländern oder im Genossenschafts-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 205

sektor? Da gibt es keine Kritik. Wenn es aber um öffentliches Eigentum der Republik geht, dann beginnt die Bewertung anders zu werden.

Warum ist man nicht den Weg gegangen, dass man mit 74 Prozent an die Börse geht, um entsprechende Dynamik sicherzustellen und sich 26 Prozent als strategisches Eigentum für diese Republik behält? Warum ist man nicht diesen Weg gegangen? – Weil es ausschließlich ideologisch motiviert ist, diesen Weg nicht zu gehen. Das ist das Problem. (Abg. Dr. Stummvoll: Sollen wir bei der Post mehr privatisieren?)

Lieber Kollege Stummvoll, wenn man sagt, man privatisiert, ist die erste Frage, die sich stellt: Was macht man mit den Erlösen? – Das ist das eine. Die Erwartung, die man damit vielleicht verbinden könnte, das Ganze zum Beispiel in einen Zukunftsfonds zu geben, wird nicht erfüllt. Nein, dieser Zukunftsfonds für Forschung und andere Entwick­lungen, die diese Republik dringend braucht, wird nicht geschaffen, sondern der Erlös wird in Wirklichkeit zum Stopfen von Budgetlöchern herangezogen. Das ist nämlich das Entscheidende. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. – Abg. Bucher: Die Defi­zite haben wir von euch übernommen!)

Was die Defizitdebatte betrifft, möchte ich nur auf Herrn Wattaul verweisen, der sagte, dass man so viele Schulden bei der ASFINAG übernehmen musste. – Die ASFINAG haben Sie mit 6,5 Milliarden € Schulden übernommen, derzeit ist der Stand bei 9 Milli­arden €. Laut „Kurier“ vom Ende des Jahres befindet man sich auf dem Weg zu 13 Mil­liarden €. Und das ist die Politik, die ihr da so großartig verkündet!? Von sechs zu neun und auf dem Weg zu 13 Milliarden € Schulden! (Abg. Bucher: Haushaltsschulden!)

Genau das Gleiche macht ihr auch hier: Eine Bewertung, die nicht seriös ist, wird sozu­sagen völlig falsch in die Zukunft transponiert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schulden-Rudi!) Für mich wäre es viel besser, ein strategisches Eigentum für Österreichs Zu­kunft zu schaffen. Und das fehlt mir bei eurem Ansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


19.43.07

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Hauptpunkt meiner Rede sollte das Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz sein. Nun möchte ich aber schon einige Anmerkungen zu der Debatte anfügen, die bezüglich der ÖIAG-Novelle ja sehr interessant ist. Ich wiederhole jetzt etwas, was ich im Ausschuss schon gesagt habe, vielleicht bleibt durch die Wiederholung doch etwas hängen. Repe­titio est mater studiorum, haben wir einmal gelernt.

Das Aktiengesetz sieht genau so eine Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn vor. Wenn wir jetzt extra das Aktiengesetz dafür geändert hätten, würde ich verstehen, dass man über so etwas debattiert. Das Aktiengesetz sieht es deshalb vor, weil es in Unternehmungen und Konzernen gang und gäbe ist, solche Maßnahmen zu setzen. Und wenn das dort möglich ist, ist es doch völlig absurd, heute etwas zu skandalisie­ren, was in diesem Fall genauso vernünftig ist.

Wenn Kollege Fasslabend von der Sanierung des Budgets spricht und Sie das sofort mit dieser Vorgehensweise verknüpfen, dann zeigt das nur, dass die SPÖ und all die­jenigen, die für sie heute hier reden, immer noch ein völlig gestörtes Verhältnis zu der Gestaltung eines ordnungsgemäßen Budgets haben. Wenn wir den Weg der Sanie­rung der Zustände, die uns die SPÖ in der verstaatlichten Industrie wie aber auch im Budget hinterlassen hat, und somit auch eine erfolgreiche Industrie (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), die mittlerweile in Osteuropa nicht nur Gewinne erzielt, sondern


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 206

über die Gewinne die Arbeitsplätze in Österreich sichert, aufgeben würden und wenn wir den Weg der SPÖ gingen, dann wäre das ein Déjà-vu-Erlebnis, dann wären wir wieder zurück in der Zeit der neunziger Jahre, der achtziger Jahre, wo die SPÖ die verstaatlichte Industrie ruiniert hat, Schulden gemacht hat, Arbeitsplätze zerstört hat. Den Weg werden wir nicht gehen, liebe Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.) Und der Wähler wird hoffentlich verhindern, dass der Weg je wieder in diesem Land durch eine SPÖ gegangen werden kann!

Ich möchte jetzt aber auch noch ganz kurz zum Finanzmarktaufsichtsgesetz etwas sa­gen, und zwar deswegen, weil auch dieses Gesetz dazu dient, den Kapitalmarkt in Österreich weiter zu stärken und die Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort weiter zu verbessern. Damit auch Unternehmen wie die Post künftig über Teilprivatisie­rungen die Möglichkeit erhalten können, zu expandieren, in Europa zum Logistiker zu werden und so ein starkes und für die Zukunft überlebensfähiges Unternehmen zu wer­den.

Das Finanzmarktaufsichtsgesetz sieht hiefür drei wesentliche Maßnahmen vor. Eine hebe ich heraus. Das sind Instrumente, die sicherstellen, dass künftig Unternehmen im Bankgeschäft, im Versicherungsgeschäft und im gesamten Pensionskassengeschäft, die keine Konzession haben, rechtzeitig keine weitere Tätigkeit entfalten können.

Ein letztes Wort: Ich weiß nicht, wo der Herr Kollege Hoscher das wieder her hat, aber es hat von Seiten der ÖVP nie einen Vorschlag gegeben, die Strafen zu senken. Das hat es nie gegeben, und ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

 


19.46.39

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich habe schon einmal zu Ihnen gesagt, Herr Kollege Scheuch, Sie benehmen sich ab und zu wie ein ganz böser Schüler. Aber das nützt nichts, Sie werden es nicht mehr lernen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hoffentlich bleibe ich sitzen! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) – Es gibt nur gute Lehrer. Schauen Sie, was aus Ihnen geworden ist! (Allge­meine Heiterkeit.)

Mich hat gewundert, dass Herr Kollege Auer heute hier sehr lautstark aufgetreten ist und ein bisschen parteipolitisches Kleingeld aus der AMAG-Geschichte schlagen wollte. Es wird Ihnen nicht gelingen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, dass Sie hier wirklich etwas daraus ernten können. (Abg. Dr. Stummvoll: Das hat euch wehgetan!)

Ich habe nur eine Frage an dich, Jakob Auer. Als es darum ging, für die Voest eine österreichische Lösung zu finden, da bist du auf und ab gegangen und hast das ge­predigt. Jetzt bemüht sich Erich Haider mit Kalliauer und Schopf, eine österreichische Lösung zu finden, jetzt trittst du dagegen auf. Irgendwie verstehe ich das nicht ganz, lieber Kollege Auer. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.)

Faktum zum Thema ist, dass Sie die Post schön aufgeputzt haben, 1 000 Postämter geschlossen haben und jetzt versuchen, die Post billig zu verscherbeln. Dass die Post auch einen Versorgungsauftrag zu erfüllen hat, ist Ihnen völlig egal. Es hat sich eine tolle Diskussion im Finanzausschuss um den ländlichen Raum ergeben.

Dazu habe ich etwas in der Sonntagsausgabe der „Kronen Zeitung“ gefunden, wo Herr Grillitsch plötzlich draufkommt, dass die Infrastruktur im ländlichen Raum eigentlich nicht mehr das ist, was sie sein sollte. Er schlägt dann Folgendes vor: Warum soll der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 207

Wirt nicht auch zum Postler werden, der neben seinem Geschäft auch Briefe annimmt und Lotto-Toto-Dienste anbietet? – Das ist Ihr Verständnis von der Infrastruktur im ländlichen Raum.

Irgendwo in einer ÖVP-Aussendung habe ich gelesen, dass 78 Prozent der Österrei­cherinnen und Österreicher im ländlichen Raum leben. Denken Sie daran, denn diese wissen genau, dass Sie schuld sind, dass diese Leute keine Infrastruktur, keine Post, keine Ämter, keine Schulen und keine Verkehrsverbindungen mehr haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist ja nicht wahr!)

19.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gla­ser. – Bitte.

 


19.49.29

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es wäre wirklich verwunderlich gewesen, wenn nicht die Postämterdiskussion doch auch noch gekommen wäre. Auf ihr lag letztlich auch im Finanzausschuss die unerwartete Schwerpunktsetzung. Wir haben zwei Stunden im Finanzausschuss über Postamts­schließungen und einige wenige Minuten über das Finanzmarktaufsichtsgesetz, wo wir insgesamt 16 Gesetze geändert haben, gesprochen.

Herr Kollege Gaßner, eines muss man schon sagen: Mit Struktur-Konservativismus, mit Bewahren dessen, was immer schon war, werden wir den ländlichen Raum sicher nicht retten. Retten werden wir ihn mit neuen Ideen, mit neuen Initiativen, mit neuen Impulsen. Dazu haben wir Ideen. Das wollen wir umsetzen, aber nicht das konservie­ren, was nicht zu konservieren ist. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.)

Ich darf vielleicht noch zu einem anderen Thema kommen, das ebenfalls im Finanz­ausschuss behandelt, letztlich aber einstimmig vertagt wurde, und zwar zur Devisen­transaktionssteuer. Wir sind so verblieben, dass wir einen gemeinsamen Nenner su­chen wollen. Wir sind auch mehr oder weniger einer Meinung gewesen, dass eine der­artige Steuer im Prinzip machbar scheint, dass auch Fachleute durchaus der Meinung sind, dass das möglich wäre, aber nur im europäischen Gleichklang. Es hilft nichts, wenn einzelstaatliche Beschlüsse gefasst werden, sondern wenn, dann muss man das auf europäischer Ebene behandeln. Dann muss es dazu eine europäische Initiative, eine europäische Leitlinie geben, die dann verpflichtend von allen EU-Staaten umzu­setzen ist.

Ich hoffe und ich denke, es ist möglich, dass wir diesbezüglich zu einer gemeinsamen Vorgangsweise kommen, und erwarte, dass wir in einer der nächsten Sitzungen auch das zu einem einstimmigen Ergebnis bringen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Trunk.

 


19.51.37

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Ich fasse kurz zusammen: super Privatisierungspolitik, super Budgetpoli­tik, super Wirtschaftspolitik. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Ja, klatschen Sie ruhig! Und ich frage Sie jetzt: Wie passt das zusammen mit der Tatsache, dass wir heute wieder mit einer Zunahme nicht nur von Konkursen, sondern von arbeitslosen Menschen konfrontiert sind? 370 000 Menschen sind arbeitslos! (Abg. Freund: Es waren noch nie so viele Beschäftigte wie jetzt!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 208

Herr Kollege Auer, es hat nicht zu Ihrer üblichen Art und Weise der politischen Kultur gepasst, wie Sie sich heute hier artikuliert haben. Sie haben im Zusammenhang mit Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gesagt, wir sollen uns schämen.

Was machen Sie? Womit sind etwa „nur“ 20 Postbusbeschäftigte in Kärnten konfron­tiert? – Mit einem eingeschriebenen Brief, in dem ihnen mitgeteilt wird, sie brauchen, sollen nicht mehr am Arbeitsplatz erscheinen, sich von 6 Uhr bis 11 Uhr in der Nähe des Telefons aufhalten, dann wird man sie anrufen. – Das ist das Klima, dem Men­schen, die heute noch Arbeit haben, am Arbeitsmarkt ausgesetzt sind! Mobbing ist ein Hilfsausdruck dafür!

Mich macht betroffen, dass auch Rechnungshofberichte, dicke Rechnungshofberich­te – und ich denke, Sie werden nicht sagen, das sei polemische Oppositionsschreibe – Sie absolut eiskalt lassen.

Noch einmal zum Thema ÖBB, Postbus. 56,18 Millionen Beraterkosten, und dasselbe betrifft auch ÖIAG. (Abg. Freund: Da ist aber eher die SPÖ zuständig!) Sie verschleu­dern Millionen für Berater, um dann Volksvermögen zu verschleudern, Infrastruktur zu zerstören. Sie tragen Verantwortung für die Armut in Österreich und dafür, dass nur wenige, wie eben Ihre Bosse, zu den Reichen gehören. Sie sollten sich schämen! (Bei­fall bei der SPÖ.)

19.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier.

 


19.54.10

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle können sich erinnern an den beliebten Volksschauspieler Hans Moser. Ob dieser der Löwinger-Bühne angehört hat, weiß ich nicht. Dass dieser unser Hans Moser das Niveau der Löwinger-Bühne hereinbringt, ist evident, ist aber auch der Grund, dass man bei so Aussagen wie „Nebochant“ oder „In­kompetenz“, die er in Richtung Regierung tätigt, nicht einmal reagiert. Ich sage es nur, warne aber davor!

Herr Klubobmann! Es ist gut, dass Sie gerade hereingekommen sind. Ich stelle fest, dass das Niveau, wie Sie Ihre parlamentarische Arbeit machen, Löwinger-Niveau er­reicht. Ich würde Sie einladen, dass der Hans Moser jedes Mal, wenn der Herr Bundes­kanzler da ist, wie heute eine Frage stellt. Ich würde darum bitten. Ich würde auch meinen, dass Sie weiterhin so Dringliche Anfragen machen sollten.

Jetzt habe ich mir überlegt, was daran gefährlich wäre, wenn Sie diese Strategie fort­setzten. Gefährlich wäre, so denke ich, wenn Sie am 23. August – ich rechne mit einer Sondersitzung – eine Dringliche Anfrage an den Herrn Bundeskanzler mit der Frage richten: Warum ist Gusenbauer nicht „startklar“? (Heiterkeit bei der ÖVP und den Frei­heitlichen), und wenn Sie am 23. September dann im Rahmen einer neuerlichen Son­dersitzung eine Dringliche Anfrage an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit richten zum Thema: Warum hat Gusenbauer kein Team? (Neuerliche Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Diese Löwinger-Parodie, die Sie bei den Dringlichen machen – und die Grünen sind auch schon anfällig dafür, die machen das heute auch schon –, sollte sich langsam aufhören. (Abg. Mag. Trunk: Peinlich!) Wir sollten eher wieder ein bisschen sachlicher werden! (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

Dass der Oberbuchhalter von Ihnen, der Herr Matznetter, hinausgegangen ist, tut mir Leid – der ist froh im Vergleich zu Ihnen, wenigstens noch zu wissen, dass es Soll und Haben gibt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber das ist zu wenig, Herr Kollege Moser, um ein industriepolitisches Konzept zu verstehen. Ich denke, wir sollten statt Dringlicher


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 209

Anfragen künftig Ihnen Nachhilfesitzungen geben, damit Sie verstehen, was es heißt, Industriepolitik in diesem Land zu machen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

19.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist nun Frau Abgeordnete Hagen­hofer.

 


19.56.22

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Damit kein falscher Eindruck stehen bleibt: Wir wehren uns nicht gegen Modernisierung. Wogegen wir uns wehren, ist der Weg, wie es gemacht wird. Wenn sich alles über den Kapitalmarkt abspielt, dann haben wir die Ergebnisse, die wir jetzt haben: eine enorm hohe Arbeitslosenrate. Die können Sie nicht wegreden! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die ist im Rest von Europa noch viel höher!)

Finnland hat während der Modernisierung von einer hohen Arbeitslosenrate die Ar­beitslosigkeit heruntergefahren. Österreich hingegen fährt von einer niedrigen Arbeits­losenrate die Arbeitslosigkeit nach oben, lieber Freund! Schauen Sie einmal nach! Le­sen Sie einmal die Statistiken, dann werden Sie das sehen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Deutschland!)

Ich wollte noch zum Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz etwas sagen, was ich im Ausschuss auch angemerkt habe: Es stellt sich bei den weiteren Ausgliederungen von hoheitlichen Aufgaben einfach die Frage, inwieweit die rechtliche Konstruktion der Finanzmarktaufsicht als Anstalt des öffentlichen Rechts nach dem Finanzmarktauf­sichtsgesetz den verfassungsrechtlich richtigen Rahmen bildet. Das heißt, wer kon­trolliert bitte die Finanzmarktaufsicht? – Es müsste unbedingt geschehen, und, Herr Staatssekretär, ich würde Sie darum bitten, dringend daranzugehen, dass wir eine parlamentarische Kontrolle für diese Finanzmarktaufsicht bekommen, damit nicht die Finanzmarktaufsicht öffentliche Behördenaufgaben übernimmt und keiner Kontrolle unterliegt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


19.58.20

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lie­ber Kollege Maier! Es steht dem Kollegen Moser natürlich offen, über Nebochanten zu sprechen. Dennoch muss, so denke ich, nicht jeder unbedingt Betriebswirtschaft stu­dieren, um sich von diesem Pult aus politisch einzubringen. Es ist sicher nicht not­wendig. Wir haben in diesem Haus die Rahmenbedingungen zu beschließen und zu diskutieren und nicht unbedingt als Fachexperten herumzurennen. (Abg. Mag. Johann Moser: Es schadet nicht!)

Forschung und Entwicklung ist eine Zukunftsschiene, und man hat auch das legitime Recht, darüber nachzudenken, wo man vielleicht das eine oder andere Geld lukrieren könnte. Ich glaube, die Sonderdividende ist eine Möglichkeit, dass man diesen Bereich vielleicht abdeckt.

Ich denke, Ihre Sorge ist eine: Sie wollen sich mit finanztechnischen und rechtlichen Aspekten eine Ausrede dahin gehend suchen, weil Sie die höchst erfolgreiche Ver­staatlichtenpolitik dieser Bundesregierung einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Das, so denke ich, ist Ihr Problem.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 210

Eine Entstaatlichung hat uns geholfen und war wichtig. Gerade in den letzten sechs Jahren waren wir im Gegensatz zu den 30 Jahren davor, wo Sie entsprechende Ver­antwortung getragen haben, erfolgreich. Schauen Sie: Der Aktienwert hat sich beim Flughafen Wien mehr als verdoppelt, bei der voestalpine fast verdreifacht, bei der Telekom Austria mehr als verdoppelt, der Wert der OMV-Aktie ist auf das 18-Fache gestiegen. Das sind alles Themen, Bereiche, wo diese Bundesregierung wirklich auf Erfolge verweisen kann.

Privatisierungserlöse in der Höhe von rund 5 Milliarden € in den letzten sechs Jahren – das, meine Damen und Herren, ist höchst erfolgreiche Verstaatlichtenpolitik. Ich denke, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem jene, die auch beteiligt sind an den Un­ternehmen, und insbesondere die Unternehmungen selbst werden uns das entspre­chend danken. Und dieser erfolgreiche Weg wird auch fortgesetzt, da können Sie si­cher sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mur­auer. – Bitte.

 


20.00.32

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns heute über die ÖIAG-Novelle unter­halten und ich mir die Aussagen der so genannten Wirtschaftsexperten der SPÖ anhö­re, dann möchte ich schon daran erinnern, dass es einen sehr erfolgreichen Weg der Privatisierung gegeben hat, auch wenn Sie, nach dem Uraltstrickmuster der SPÖ, nach wie vor glauben, dass es das Beste sei, wenn Sie die Mitarbeiter, die Arbeitnehmer, die Arbeiter in den einzelnen ehemaligen verstaatlichten Betrieben umklammern.

Ich möchte kurz auf die AMAG Oberösterreich zu sprechen kommen, zumal auch die Zeitungen voll davon sind, die oberösterreichischen im Besonderen. Eine der Über­schriften heute, neben Untertiteln wie „neue Parteiaustritte“ – und so weiter – „wegen AMAG-Konflikt“, lautet: Uns reicht’s, Genosse Erich! – Die Mitarbeiter spüren, was los ist, nämlich dass die SPÖ nach wie vor mit dem Ziel und nach dem Motto vorgeht: Die Partei sind wir, diese Partei heißt SPÖ, und ohne diese Partei bist du nichts!

AK-Präsident Kalliauer, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, hat jetzt bei der Betriebsversammlung verkündet: Wir stimmen nicht zu! Ihr bekommt nichts aus der Mitarbeiterbeteiligung! – Herr Matznetter, was sagen Sie dazu? – Nein, sagt die SPÖ in Oberösterreich – egal, was ihr macht.

Am Besten hat es Ludwig Hofmann, ehemaliger Landtagsabgeordneter der SPÖ, inter­pretiert (Abg. Mag. Molterer: Der ist doch parteilos seit kurzem!), der gemeint hat, die SPÖ und ihre Verbündeten in der Arbeiterkammer und im Gewerkschaftsbund würden sich wieder einmischen wie in Zeiten der siebziger und achtziger Jahre, bis die Ver­staatlichte endlich hin ist – das sind die Worte Ihres ehemaligen Landtagsabgeordne­ten, meine Damen und Herren von der SPÖ –, weil man von außen hineinregiert, weil man das Unternehmen nicht der Selbständigkeit überlässt, weil man nicht zulässt, dass Manager ordentlich umstrukturieren.

Ich sage Ihnen eines: Die Mitarbeiter waren immer tüchtig, die Mitarbeiter waren immer engagiert, die Mitarbeiter haben verzichtet, und jetzt sagen Sie aus parteipolitischen Überlegungen: Nein, Freunde in der AMAG, ihr bekommt die Marie nicht, weil die SPÖ das nicht will! – Das ist Ihre Wirtschaftspolitik, das ist Ihre Parteipolitik, und Sie glau­ben, damit kommen Sie durch.

Wir werden in Oberösterreich, wir werden in Österreich den erfolgreichen Weg einer Privatisierung, einer Mitarbeiterbeteiligung weitergehen, damit können Sie rechnen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 211

und die Bürger werden uns deswegen ein entsprechendes Votum bei der Wahl geben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ta­mandl. – Bitte.

 


20.04.04

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man als Letzte ans Rednerpult geht, kann man normalerweise sagen: Eigentlich wurde schon alles gesagt. Heute, habe ich das Gefühl, ist das nicht der Fall. Heute in der Früh haben die SPÖ und natürlich auch die Grünen mit einer Euphorie an den Herrn Bundeskanzler Fragen gestellt, die er mit Gelassenheit und Bravour beantwortet hat, sodass man richtig gesehen hat, dass ihnen die Luft ausgeht. Beim Dringlichen Antrag am Nachmittag, muss ich sagen, hat man gemerkt, dass auch die Grünen nicht so ganz ohne Makel sind, obwohl sie immer den Regierenden vorwerfen, dass sie Steuergelder verschwenden.

Und von Wien haben wir heute auch schon sehr viel gehört. Leider Gottes hat die SPÖ kein Wirtschaftsverständnis. Sie versteht nichts von der Wirtschaft, und sie kann auch dem Wirtschaftsstandort Österreich überhaupt nichts bieten. Das erkennt man daran, wie schlecht Wien dasteht.

Vielleicht noch kurz zum Thema: Die vorliegende Änderung des Finanzmarktaufsichts­gesetzes erweitert nun die Befugnisse der Finanzmarktaufsichtsbehörde. Ich denke, dass das ein guter Schritt ist, dass das zu einer Stabilität auch des Wirtschaftsstand­ortes führt und sie weiterhin ausbaut, denn ein grenzenloser Markt bedarf eines hohen Maßes an Vertrauen in seine Funktionen und seine Stabilität. Dieser Schritt hat sich gelohnt, und mit der jetzt zu beschließenden Gesetzesvorlage gehen wir einen Schritt weiter, um der Gewährleistung dieses Vertrauens noch bessere Rahmenbedingungen zu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schopf. Ich erteile es ihm.

 


20.05.52

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es wurde während dieser Debatte einiges zur AMAG gesagt, und es wurde vor allem vieles gesagt, was nicht richtig ist. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Als im Jahr 1997 die AMAG an die Firma Constan­tia, an die Turnauer Gruppe, auch an Generaldirektor Hammerer um jeweils 40 Gro­schen symbolisch verkauft worden ist, haben sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter in Form von 20 Prozent beteiligt. In Form einer Stiftung fand diese Beteiligung statt, und ich war 1997 gemeinsam mit Kollegem Kalliauer Stifter.

Die AMAG hat in den letzten Jahren tatsächlich eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Herr Hammerer hat vor, in den nächsten Wochen, in den nächsten Monaten, wann im­mer, seinen Anteil von 40 Prozent zu verkaufen. Das ist legitim, das ist okay. Jetzt geht es darum: Wer wird diese 40 Prozent kaufen? Man hört, es gebe viele Interessenten, auch ausländische Interessenten, die aber nicht nur 40, sondern mehr als 50 Prozent – na net! – kaufen wollen. Die Mitarbeiter in Form dieser Stiftung müssten da mitmachen, und wir glauben und sind der Auffassung, dass es wichtig ist, dass wir zu einer öster­reichischen Lösung kommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 212

Meine Damen und Herren! Ich habe hier ein Schriftstück von der Firma Constantia, in dem sie der Belegschaft, den Stiftungsgremien Garantien zusagt. Die Firma Constantia hat vor, die 40 Prozent von Hammerer zu kaufen, und ich wiederhole, die Firma Con­stantia ist ein österreichisches Unternehmen, ein österreichischer Konzern.

Die Firma garantiert uns eine Wertsicherung für diese 20 Prozent, sie garantiert uns auch in Zukunft eine Dividendenausschüttung in selber Höhe wie in der Vergangenheit; in der Vergangenheit haben die Kollegen und Kolleginnen pro Jahr 1 500 bis 2 000 € netto erhalten. Die Firma garantiert uns eine tatsächliche Mitsprache im Aufsichtsrat, sie garantiert uns vor allem eine nachhaltige Sicherung des Industriestandortes Rans­hofen, und sie garantiert uns eine Sonderdividende in der Größenordnung von 20 Mil­lionen €, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war daher richtig von Arbeiterkammer und Gewerkschaft, es war richtig von Erich Haider, dafür einzutreten, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bitte im Sinne der AMAG, im Sinne der Beschäftigten, der Kolleginnen und Kolle­gen, dieses Ergebnis zu respektieren und gemeinsam zu versuchen, eine Lösung zu finden – und die Lösung kann nur sein, dass die AMAG auch in Zukunft österreichisch bleibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


20.09.23

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine Damen und Herren! Herr Prä­sident! Hohes Haus! Das, was jetzt gerade gesagt wurde, muss man eigentlich auf der Zunge zergehen lassen. Da gibt es eine Mitarbeiterbeteiligung, die um 20 Groschen (Ruf bei der ÖVP: 40 Groschen!) erworben worden ist und heute 2 Milliarden Schilling wert ist. Die Mitarbeiter der AMAG wollen über ihr Eigentum verfügen. Die Mitarbeiter machen eine Betriebsversammlung, und in dieser Betriebsversammlung beschließen sie mit 90 Prozent Mehrheit, dass sie ihr Eigentum wahrnehmen wollen, nämlich das Recht, das aus Eigentum der Mitarbeiter entstanden ist.

Aber was passiert jetzt? – Jetzt stellt sich heraus, dass diese Mitarbeiter über ihr Eigentum ja überhaupt nicht verfügen dürfen. Warum? Die Arbeiterkammer – man höre und staune! –, die so genannte Arbeitnehmervertretung, und die Gewerkschaft bestim­men über 1 500 Arbeitnehmer. Das heißt, die Meinung der Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer ist ihnen völlig egal, weil die Partei entscheidet. – Die Reaktion darauf spü­ren Sie ja: Ihre langjährigen Mitglieder treten aus der Partei aus, sie kehren Ihnen den Rücken, und zwar zu Recht. Sie wollen endlich selbst bestimmen und nicht von der Parteizentrale fremdbestimmt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt frage ich Sie – Sie sitzen mit betretenen Gesichtern da, was ich verstehe –: Wie weit haben Sie es denn gebracht, dass Sie plötzlich gegen die eigenen Arbeitnehmer vorgehen, meine Damen und Herren? Haben Sie denn noch eine Spur von Verantwort­lichkeit, wofür Arbeiterkammer und Gewerkschaft geschaffen wurden? Ich habe das so verstanden, dass das eine Vertretung für Arbeitnehmerinteressen ist. Was ist daraus entstanden? Eine Organisation gegen den Willen der Arbeitnehmer! Das heißt, Ihnen geht es nicht um Mitbestimmung, sondern um Fremdbestimmung.

Die Arbeitnehmer haben gesagt, sie wenden sich von dieser Partei ab, und ich ver­stehe das sehr gut. Ich denke, dass eine demokratisch organisierte Gruppe, die sie, wie ich bisher angenommen habe, ist, das Recht der Arbeitnehmer hochhält und nicht


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 213

den Willen des Parteiobmanns. – So weit haben Sie es nämlich gebracht: Partei über Arbeitnehmerinteressen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walch.

 


20.12.29

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schopf hat mich dazu animiert, mich noch zu Wort zu melden.

Kollege Schopf, ich habe vor zirka einer halben Stunde Gespräche mit Mitarbeitern der AMAG geführt. Das hättest du nicht hören dürfen; ich glaube, du darfst dich in den nächsten vier, fünf Jahren in Braunau nicht mehr sehen lassen, ebenso wenig Arbeiter­kammer-Präsident Kalliauer und Landesparteiobmann Erich Haider. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte von dir nur wissen, mit welcher Brutalität du bei dieser Besprechung gegen die Interessen der Mitarbeiter, gegen die Interessen des Betriebsratsvorsitzenden vor­gegangen bist, dass ein Betriebsratsvorsitzender, der deiner Partei angehört, nach über 35 Jahren aus der Partei austritt, dass ein ehemaliger SPÖ-Landtagsabgeordne­ter, der ebenfalls einmal Betriebsratsvorsitzender dieser AMAG war, auch aus der Par­tei austritt. Sie haben mir erzählt, dass vertraglich festgehalten ist, dass diese 20 Pro­zent nicht Eigentum der Arbeiterkammer und nicht Eigentum der Gewerkschaft, son­dern alleiniges Eigentum der Mitarbeiter sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was spricht dagegen, dass die Mitarbeiter jetzt ihr Recht in Anspruch nehmen und sa­gen: Wir wollen jetzt unser Geld wieder zurück, weil wir jetzt das meiste kriegen!, und das in keiner Art und Weise weder dem Betrieb noch der Arbeitsplatzsicherung scha­det? Als wir die Voest privatisiert haben, haben Sie gemeint, dass die Russen kommen und alles kaufen. – Ich sehe nichts von Russen bei der Voest. Die Voest hat noch nie so viele Gewinne erzielt.

Ich sage dir, Kollege Schopf, ich unterstütze die Mitarbeiter der AMAG, den Betriebs­rat. Diese Vorgangsweise, die sie gewählt haben, ist vollkommen richtig, und sie wer­den weiter verhandeln, dass sie noch mehr Geld herausholen. Das ist Arbeitnehmer­politik im Interesse der Arbeitnehmer – nicht so, wie du das gemacht hast! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Schopf vor. – Bitte.

 


20.15.57

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr ver­ehrter Herr Präsident! Es gibt genügend Gespräche und genügend Verhandlungen in Braunau und in Ranshofen (Abg. Scheibner: Wann fahren Sie wieder nach Braunau?), es gibt Termine (Abg. Scheibner: Mit Ihnen? Sind Sie da dabei?) – ich bin anwesend, ich bin dabei, selbstverständlich –, trotzdem möchte ich dir, lieber Kollege Walch, Fol­gendes sagen:

Du wirst die Stiftungsurkunde, so nehme ich zumindest an, nicht sehr gut kennen – ich kenne sie! Ich kenne sie, ich bin Stifter. In dieser Stiftungsurkunde gibt es eine Rege­lung, die wir gemeinsam mit den Belegschaften, gemeinsam mit den Betriebsräten und Betriebsrätinnen, gemeinsam mit den sozialdemokratischen Gewerkschaftern und christlichen Gewerkschaftern, die eben im Betriebsrat vertreten sind, im Jahr 1997 ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 214

troffen haben, aus der letztendlich ganz klar ersichtlich ist, wer diese 20 Prozent inne­hat. (Abg. Mag. Molterer: Die Gewerkschaft bestimmt!) Die 20 Prozent hat die Stiftung inne und nicht die Mitarbeiter! (Abg. Scheibner: Das ist ja ein Wahnsinn, was Sie da sagen! Sie geben es ja zu! Setzen Sie sich nieder! – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Stiftungszweck sieht ganz konkret vor: Sinn der Stiftung ist die strategische Haltung, dass der Industriestandort Ranshofen erhalten bleibt! – Das ist der Stiftungszweck. Der Stiftungszweck ist nicht, wie manche jetzt ver­suchen darzustellen, die AMAG ans Ausland verkaufen zu können. Das ist nicht der Zweck dieser Stiftung! (Beifall bei der SPÖ.)

20.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungs­gesellschaft geändert wird, samt Titel und Eingang in 1320 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies eben­falls mit Mehrheit in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Finanz­marktaufsichtsänderungsgesetz 2005 samt Titel und Eingang in 1279 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist das mit Einstimmigkeit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

20.18.1715. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1211 d.B.): Proto­koll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abän­derung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Zusatzpro­tokoll (1322 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesord­nung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 215

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Hoscher –: Bitte auf Norwe­gisch!)

 


20.18.52

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Kollege Neudeck, Sie fordern mich wirklich heraus mit Ihren Zwischenrufen, insbesondere zum Beispiel den Kollegen Pra­schak betreffend, den ich sicherlich besser gekannt habe als Sie.

Zu Norwegen und damit zum Gegenstand. Die Änderung des Abkommens, die uns heute vorliegt, trifft im Wesentlichen den Bereich der Besteuerung von konzerninternen grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen. Konkret wird nunmehr im Fall der Übersiedelung von einem Vertragsstaat in den anderen Vertragsstaat das Besteue­rungsrecht des ehemaligen Sitzstaates an den stillen Reserven für fünf Jahre aufrecht­erhalten. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen kurzfristig nur zur Steuer­schonung ihren Sitz verlegen.

Zweifelsfrei, und das wird richtig festgehalten, fällt dieses Abkommen natürlich nicht in den Anwendungsbereich des EU-Rechtes.

Das Vorblatt der Regierungsvorlage führt indessen richtigerweise aus, dass damit – ich zitiere – „die gleiche steuerliche Wettbewerbssituation wie im Verhältnis zu den EU-Staaten geschaffen werden“ soll. – Das gibt durchaus Gelegenheit, sich kurz diesem Thema zu widmen, nämlich dem Thema der Harmonisierung der Steuern in der Euro­päischen Union.

Zweifelsfrei – und das ist unbestritten – hat die Harmonisierung im Bereich der indirek­ten Steuern die Schaffung des einheitlichen Binnenmarktes für Waren überhaupt erst möglich gemacht. Was hingegen die direkten Steuern angeht, wird dem nahezu unge­hemmten Steuerdumping tatenlos zugesehen, in Wirklichkeit von manchen sogar das Wort geredet – und bei weitem nicht nur von den neuen Beitrittsländern.

Im Interesse fairer Wettbewerbsverhältnisse und damit auch einer steigenden Akzep­tanz der EU bei der Bevölkerung sollten wir diesem Thema der Harmonisierung der direkten Steuern hohes Augenmerk widmen. Wir hatten ja auch die Möglichkeit, dieses Thema mit Vertretern des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments hier in diesem Haus zu besprechen.

Ich glaube, und das ist mir besonders wichtig, wir sollten uns dabei nicht auf die Dis­kussion einheitlicher Bemessungsgrundlagen beschränken, sondern insbesondere auf die Diskussion rund um die Einführung von Mindeststeuersätzen im Bereich der direk­ten Besteuerung, vor allem im Bereich der Unternehmensbesteuerung eingehen. Nur dann können wir nämlich dem entsprechen, was im Vorblatt der gegenständlichen Re­gierungsvorlage mit der Formulierung „gleiche steuerliche Wettbewerbssituation“ ange­deutet wird.

Der vorliegenden Abkommensrevision werden wir natürlich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Zusatzprotokoll in 1211 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 216

20.21.5416. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1269 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1323 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tages­ordnung.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


20.22.08

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahre 1999 wurde die äußerst erfolgreiche Flexibili­sierungsklausel eingeführt. Ziel dieser Flexi-Klausel war und ist es, den Dienststellen mehr Spielraum und Verantwortung bei der Ressourcenverwaltung einzuräumen und damit einen Beitrag zu einer effizienteren und effektiveren Mittelverwendung zu leisten.

Ich glaube, das ist ein wichtiges Ziel, von allen gefordert, gewünscht und auch notwen­dig. In vielen Bereichen streiten wir oft um eher, so glaube ich, vermeintliche Dinge, die bei weitem budgetär nicht diese Auswirkungen haben. Da sollen und können und müs­sen wir diese Möglichkeit verstärken.

Diese Flexi-Klausel wurde immer zeitlich befristet, letztlich bis zum 31. Dezember die­ses Jahres, um die Vor- und Nachteile zu evaluieren. Auf Grund der bei weitem die Er­wartungen übertreffenden Ergebnisse und im Hinblick auf die Bestrebungen zur Mo­dernisierung und Flexibilisierung des Haushaltsrechtes ist es sinnvoll, die aktuellen Be­stimmungen zur Flexi-Klausel weiterzuführen. Die tatsächlich erfolgten Einsparungen sind ein gutes Argument dafür.

In der Haushaltsrechtsreform 2006 sind die Ziele klar vorgegeben, und zwar Steuer­geld effizient zu nutzen, Staatsausgaben zu reduzieren, ein Globalbudget einzuführen, eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik, Gender Budgeting sowie ein Fokus auf die Leis­tung für den Bürger. Und diese ambitionierten Ziele sind nur durch motivierte Mitar­beiter zu erreichen. Hier setzt wiederum diese so genannte Flexi-Klausel ein, weil ein ergebnisorientiertes Arbeiten, mehr Eigenverantwortung, Leistungsprämien, Förderung eigener Ideen im Sinne von mehr Innovation in der öffentlichen Verwaltung gerade auch im Hinblick auf die Verwaltungsreform möglich sind. Sie bilden die Grundlage einer Budgetführung mit Hausverstand.

Es sollte doch nicht so sein, dass man am Ende eines Budgetjahres manchmal krampf­haft nachdenkt, ob die letzten Mittel noch in irgendeiner Weise verwendet werden kön­nen, weil sie ansonsten quasi verloren gehen, sondern es ist wesentlich besser, Bud­getmittel, die sinnvollerweise eingespart werden können, zumindest teilweise für den eigenen Bereich verwenden zu können und zu dürfen, damit Effizienz die Konsequenz ist.

Unter diesem Projekt der Haushaltsrechtsreform, dem Globalbudget oder der wir­kungsvollen Verwaltung wird Folgendes verstanden: Eine Dienststelle bekommt das zugewiesene globale Budget, über welches die Dienststelle frei verfügen kann und innerhalb dessen sie nach ihren Erfordernissen auch Umschichtungen vornehmen kann. Die Grundsätze der Haushaltsführung wie Wirkungseffizienz, Transparenz und möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage – und nicht sozusagen künstlich aufgeblähte Budgets – sind wichtig.

Sie können damit bestmöglich umgesetzt werden und gestatten eine moderne be­triebswirtschaftliche Steuerung, wie sie auch in Privatbetrieben, in erfolgreichen Indust­riebetrieben selbstverständlich ist. Ein so definiertes Globalbudget ist sinnvoll, weil es die Ergebnisse und die Ressourcenverantwortung zielgerecht verknüpft. Es geht dar-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 217

um, diese moderne Haushaltsführung auch in der österreichischen Budgetkultur zu im­plementieren.

Herr Staatssekretär, wir seitens der Österreichischen Volkspartei, seitens der Regie­rungsparteien stimmen diesem Gesetz sehr gerne zu. Ich möchte bei dieser Gelegen­heit auch den Beamten Ihres Hauses einen besonderen Dank aussprechen, weil gera­de die Budgetsektion sehr gute, sehr professionelle und zukunftsweisende Vorschläge erarbeitet hat. Es sei durchaus anerkannt, was Beamte in Ihrem Haus leisten; man darf nicht immer nur mit dem Finger auf sie zeigen, sondern auch dann applaudieren, wenn es angebracht ist. (Beifall bei der ÖVP.)

20.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeord­neter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


20.26.20

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Nachdem wir vorhin hier ein wenig Schwung hereingebracht haben, sind wir jetzt bei einer Materie, die sehr trocken klingt, aber nicht unwichtig ist: Regelungsgegenstand ist die Flexibilisierungsklausel, übrigens etwas, was am Anfang keine Freunde hatte. Fer­dinand Lacina hat im Jahre 1986 mit sehr viel Einsatz diese Haushaltsrechtsreform durch dieses Haus gebracht und hat etwas ermöglicht, was ein moderner Staat braucht, nämlich eine Haushaltsführung, die in dem Moment, in dem es Probleme gibt, rasch reagieren kann und in der Lage ist, ohne kompliziertes Procedere der Budget­erstellung zum Beispiel auf Probleme des Arbeitsmarktes rasch zu reagieren.

Dieser Teil ist etwas, worauf wir alle stolz sein sollen. Die Verhandlungen über weitere Verbesserungen laufen in diesem Bereich. Wir stimmen daher dem Antrag und damit der Verlängerung der Flexibilisierung zu.

Aber lassen Sie mich die Gelegenheit nützen, um zu fragen: Wie gut wurde dieses In­strument denn bisher genutzt? – Eines muss ich Ihnen schon ins Stammbuch schrei­ben, meine Damen und Herren von der ÖVP: Erst im Herbst 2005, nach mehreren Re­kordarbeitslosenzahlen – um Monate, um Jahre zu spät! – das Maßnahmenpaket zu schnüren, das bei der Regierungsklausur in Tirol beschlossen wurde, zeigt, dass alle Hilfestellungen des Haushaltsrechtes alleine nicht genügen, wenn keine Regierung da ist, die es im Sinne der Beschäftigung zu nützen weiß.

Jene Regierung, die nach dem Wahltag gebildet wird, wird hoffentlich eine bessere sein. Daher brauchen wir den Kurswechsel in unserem Land! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

20.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. (Rufe: Hofmann! Hofmann!) – Bitte.

 


20.28.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Ich bedanke mich beim Herrn Präsidenten für seine Geduld.

Geschätzte Damen und Herren! Ich spreche über das Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird, das wir hier beschließen werden. Im Jah­re 1999 wurde eine Flexibilisierungsklausel im Bundeshaushaltsrecht eingeführt – eine verstärkte Flexibilität, die, wie wir jetzt auf Grund der Erfahrung in den vergangenen Jahren, die wir rückwirkend gewonnen haben, wissen, zu verstärkter Flexibilität für die anweisenden Organe führt; das heißt, Organisationseinheiten konnten über einen Zeit­raum von vier Jahren eigenverantwortlich Einnahmen und Ausgaben steuern.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 218

Sie können sich vielleicht auch erinnern oder Sie werden es wissen, es gab ja mitunter dort und da bei verschiedenen Organisationseinheiten das so genannte Dezemberfie­ber. Der Zuweisungsbetrag musste gleichsam noch verbraucht werden. Ein Ansparen für ein entsprechendes Projekt, verbunden mit entsprechenden Kosten, war problema­tisch.

Diese Flexibilisierungsklausel ist mit 31. Dezember 2006 befristet. Sie führt, wie wir mittlerweile wissen, zu mehr Effizienz, zu einer Motivation der Dienststellen, der Orga­nisationseinheiten, im Sinne eines New Public Managements zu einer Modernisierung.

Was die aktuelle Befristung anlangt, die es im jetzt noch geltenden Gesetz gibt, die, wie gesagt, mit 31. Dezember dieses Jahres ausläuft, gibt es Verfassungsbestimmun­gen, sodass auch für die jetzige Aufhebung eine entsprechende Zweidrittelmehrheit er­forderlich ist. Ich meine, dass es sinnvoll ist, diese Befristung aufzuheben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Ich erteile es ihm.

 


20.31.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Die Sinnhaftigkeit dieser Novelle ist ja jetzt schon hinlänglich herausgestrichen worden, man darf sich allerdings schon fragen – wieder richtet sich mein Blick in die Reihen der ÖVP –, warum das, wenn das alles ohnehin so vernünftige Dinge sind, nicht öfters auch in den Bundesländern passiert.

Jetzt gibt es zwei wunderbare Anlässe, das wieder einmal zu thematisieren, dass näm­lich bei vielen Reformbemühungen, die auf Verfassungsebene – da geht es letztlich ja auch um Verfassung – beziehungsweise auf Finanzverfassungsebene, aber auch im einfachen Bundeshaushaltsrecht liegen, die Ländervertreter – welch tolle Formulierung hat es dazu einmal gegeben? – einfach nur „quer im Stall“ stehen. Und das ist wirklich ärgerlich! (Abg. Dr. Stummvoll: Schauen Sie auf die SPÖ! Es gibt auch rote Landes­hauptleute!)

Ich beziehe mich jetzt auf das, was auch demnächst unter diesem Titel in das Hohe Haus kommen wird. – Und mittlerweile mischt sich das ja ein bisschen bunter! Es ist ja nicht gesagt, dass diese „Tiere im Stall“ nicht auch Farbe annehmen können, aber es ist wirklich ein Ärgernis, dass unter dem Begriff „Föderalismus“ in Österreich alles Mögliche aufgehalten werden kann, was einfach eine vernünftige Sache ist. – Um 20.30 Uhr nickt Kollege Stummvoll. Ich bin Ihnen dankbar, dass man das einmal so austauschen kann. Es muss zwischendurch gesagt werden – auch für das Protokoll! –: Das ist einfach ein Unfug, was da läuft, und das kostet uns Hunderte Millionen im Jahr! Sie von den Regierungsparteien reden ja immer von der Verwaltungsreform und von allem Möglichen anderen!

Ich sehe nicht länger ein, dass man sich für Dinge, die wir auf Verfassungsebene für richtig befinden, sozusagen gegenseitig belobhudelt, und da fragt man sich schon, war­um wir hier noch alle reden müssen. Da mache ich wenigstens das daraus, denn: Das gehört auf mehreren Ebenen umgesetzt!

Wir wissen ja, die ÖVP begreift diese Auseinandersetzungen nicht als ÖVP-interne, wenn es um den Finanzausgleich geht, um die Bundes-Finanzverfassung oder um ähnliche Dinge. Ich darf daher wieder zitieren, lasse aber den Namen des Betreffenden weg, der das gespendet hat: Es geht hier nicht um ÖVP und ÖVP, sondern um Simme­ring gegen Kapfenberg.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 219

Daher: Wenn wir schon so viel Verwaltung reformieren müssen, dann fangen Sie in der ÖVP gleich an! (Beifall bei den Grünen.)

20.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


20.33.20

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, in der Tat haben wir hier mit der Flexi-Klausel vor Jahren ein Instrument eingeführt, das sich bewährt hat, und zwar in Richtung Effizienz und Motivation.

Ich glaube, es ist sehr gut, dass wir die positiven Erfahrungen mit der Flexi-Klausel auch mit einfließen lassen können in eine große Reform des Bundeshaushaltsrechts. Das steht heute nicht auf der Tagesordnung, aber ich hoffe sehr, dass wir noch vor dem Sommer hier einen Vier-Parteien-Konsens finden können, um auch eine generelle Reform des Bundeshaushaltsrechts zu beschließen.

Gerade nach den heftigen Auseinandersetzungen bei der früheren Debatte über Priva­tisierung darf ich sagen, dass es in den letzten Monaten wirklich angenehm war, dass wir sehr konstruktive Gespräche hatten, und zwar mit allen vier Fraktionen, auf infor­meller Basis mit dem Finanzministerium und über Monate hinweg eine tief greifende Reform des Bundeshaushaltsrechts vorbereitet haben, und wir werden das hoffent­lich – wie erwähnt: noch vor dem Sommer – hier im Hohen Haus auch beschließen.

Ich sage das deshalb, weil es immer wieder im Finanzausschuss Gott sei Dank so ist, dass wir in überaus konstruktivem Klima Dinge verhandeln und Dinge besprechen, die die große Allgemeinheit vielleicht nicht interessieren, die aber doch für den Staatshaus­halt, für die Zukunft der Budgetpolitik von großer Wichtigkeit sind.

Meine Bitte richtet sich an die sozialdemokratische Fraktion – mit dem Kollegen Matz­netter habe ich ja schon wiederholt unter vier Augen darüber gesprochen –, denn im Moment hängt eigentlich alles daran, dass wir keine Ausschusstermine haben. Nach langem Verhandeln haben wir uns auf eine salomonische Lösung geeinigt: Verfas­sungsteil im Verfassungsausschuss, haushaltsrechtlicher Teil im Budgetausschuss.

Ich hoffe, Sie, Kollege Matznetter, besprechen gerade mit Kollegem Wittmann einen Terminfahrplan für die beiden Ausschüsse (Abg. Dr. Matznetter – der in den Reihen der SPÖ mit Abg. Dr. Wittmann spricht –: Selbstverständlich!) und klären mit ihm auch die Frage, ob Sie einen Unterausschuss haben wollen: ja oder nein?, denn wir könnten an sich, Herr Kollege Wittmann – wir haben diese Vorarbeit geleistet, für Sie als Ob­mann des Verfassungsausschusses haben wir diese Vorarbeit geleistet –, sehr, sehr rasch diese große Reform angehen, eine Reform, die wirklich notwendig ist. Wie Kol­lege Matznetter bereits gesagt hat: Die letzte Reform fand im Jahre 1986 statt. 1986 war Österreich weder EU-Mitglied noch gab es einen Stabilitätspakt – und heute haben wir eben eine völlig andere Situation!

Daher müssen wir diese Reform durchführen – und das wäre übrigens meiner Ansicht nach auch ein Beweis dafür, dass es trotz aller gegensätzlichen ideologischen und ord­nungspolitischen Unterschiede Gott sei Dank Bereiche gibt, in denen wir einen Vier-Parteien-Konsens haben.

In diesem Sinne hoffe ich, dass das jetzt stattfindende Gespräch zwischen Matznetter und Wittmann darin endet, dass nach diesem Gespräch Kollege Matznetter auf mich zukommt und mir einen Terminvorschlag macht und auch die Frage beantwortet, ob


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 220

wir hiefür einen Unterausschuss brauchen oder nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


20.36.19

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Betreffend Bundeshaushaltsgesetz und Flexi-Klausel wurde eigentlich schon alles gesagt. Ich kann insbesondere Kollegem Kogler nur zustimmen.

Was das Haushaltsrecht, Herr Kollege Stummvoll, anlangt, sind wir, wie Sie ja schon erwähnt haben, in sehr guten Gesprächen: Einige Punkte sind aber dennoch zu klären, keine Frage. Am Ende dieses Weges sind wir noch lange nicht, ich denke aber doch, dass die Gespräche sehr fruchtbringend sind – und dass wir von der SPÖ sicherlich sehr kooperationsbereit sein werden, auch was Ausschusstermine betrifft.

Zur Flexi-Klausel kurz noch ein Wort: Wir werden ihr natürlich zustimmen, noch dazu, da wir ja an ihrer Einführung maßgeblich beteiligt waren. Und zum Vorblatt dieser Vor­lage: Da frage ich mich allerdings schon, warum die Regierungsfraktionen dieses In­strument, das Sie ja hier hoch gelobt haben, so kritisch sehen, und es wundert mich eigentlich, dass Sie dann die verfassungsrechtliche Zustimmung geben werden. Wenn man dieses Vorblatt liest und zum Punkt „Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich“ kommt, dann sieht man, dass dort lapidar steht: keine.

Wir von der SPÖ sind der Überzeugung, dass die Flexi-Klausel sehr wohl positive Aus­wirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich hat – da unterscheiden wir uns viel­leicht –, und wir werden daher auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeord­neter Bucher. – Bitte.

 


20.37.48

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! An und für sich wollte ich mich jetzt nicht mehr zu Wort melden, denn zur Flexi-Klausel wurde wirklich schon alles gesagt; so auch: Vorgriff auf das neue BHG. Die Aussage allerdings jetzt seitens der SPÖ, dass es noch Verhandlungen geben wird, hat mich schon irritiert, denn inhaltlich waren wir uns einig.

Wir haben jetzt ein ganzes Jahr lang verhandelt, und ich kann daher sagen: Es gibt inhaltlichen Konsens über das neue Bundeshaushaltsgesetz, und die Notwendigkeit anerkennt jeder; auch die Grünen. Es gibt also keine Divergenzen – weder von eurer Seite noch von uns –, weil eben jeder diese Notwendigkeit anerkennt. Und: Wenn man zur Flexi-Klausel steht, dann steht man auch zum neuen BHG.

Also würde ich vorschlagen, dass man das jetzt einmal intern bei der SPÖ abklärt und dort auch informiert über Dinge, die in nächster Zukunft vorzunehmen sind. Jedenfalls: An uns wird es nicht scheitern, dass die Vorlage betreffend das neue BHG auch end­lich in die Ausschüsse kommt und verabschiedet wird, weil das zum Wohle der Haus­haltsordnung sowohl des Bundes als auch der Länder und Gemeinden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abge­ordnete Lentsch. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 221

20.39.10

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Flexibilisierungsklausel, um die es heute hier geht, ist eine echte Erfolgsgeschichte, und daher finde ich es auch sehr klug, dass die bisherige Befristung aufgehoben wird.

In aller Kürze die drei Hauptgründe dafür:

Die Idee, die dahinter steckt, ist sehr einfach: Man zwingt die beteiligten Beamten nicht weiter in ein starres Budgetschema, sondern schließt mit ihnen eine Leistungsverein­barung ab. Den Beamten wird also nicht mehr vorgeschrieben, was sie zu tun haben, sondern stattdessen vereinbaren sie ein Ziel mit ihrem Bundesminister. Der Weg dort­hin kann aber von den Beamten selbst bestimmt werden. So einfach sich das auch an­hören mag, geschätzte Damen und Herren, es ist eine echte Revolution.

Zweiter Punkt: Dieses Modell hilft Kosten sparen, denn der Grundsatz dieser Flexi-Klausel ist: Unter dem Strich darf der jeweilige Bereich dem Staat nicht mehr kosten als im Vorjahr. Ob die Beamten das erreichen, dass sie weniger ausgeben oder mehr einnehmen, dass ist ihre Sache.

Damit bin ich schon beim dritten Punkt dieser Erfolgsgeschichte: Die Beamten machen das gerne. Und das ist ein Punkt, den ich persönlich sehr, sehr wichtig finde.

Beamte können mit dieser Flexi-Klausel einfach mehr tun, ihre Erfahrungen einbringen und ihre Ideen umsetzen. So lohnt sich diese neue Form der Verwaltung sowohl für den Staat als auch für die Beamten. Aber ich glaube, dass es hier primär nicht nur um das Geld geht, es geht vielmehr darum, neben mündigen Bürgern auch mündige Be­amte zu forcieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


20.41.08

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Staatssekretär! Die Flexibilisierungsklausel wurde erstmals im April 1999 hier im Parlament beschlossen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran: Es war damals keine Selbstverständlichkeit, sozusagen aus den Beamtenschematas auszubrechen. Es hat auch sehr viele Leute gegeben, die damals diesbezüglich große Bedenken gehegt ha­ben, ob das Vertreter der Gewerkschaft waren oder auch selbst Minister und wichtige hohe Beamte, denen diese Lösung nicht wirklich sozusagen geschmeckt hat. Es war halt ein unbekanntes Wesen, und daher hat man es befristet und auf freiwilliger Basis eingeführt, und es ist anfänglich auch nur zögerlich angenommen worden.

Inzwischen ist diese Flexi-Klausel wirklich ein schöner Erfolg geworden. Auch die GÖD unterstützt dieses Projekt mittlerweile und ist interessiert daran, das auch weiter auszu­bauen. Wir haben inzwischen 15 Dienststellen und acht Ministerien, die nach diesen Prinzipien arbeiten. Wie wir alle wissen, sind da inzwischen wirklich sehr schöne Erfol­ge erzielt worden. Der Saldo sind in Summe 12,5 Prozent Einsparungen, mehr Mobili­tät, mehr Flexibilität und mehr Engagement der Mitbürger. Man kann sagen: Eine neue Verwaltungskultur hat sich dadurch herausgebildet. Also das hat sich wirklich bewährt. Daher werden auch wir dieser Aufhebung der Befristung heute zustimmen.

Lassen Sie mich aber auch noch ein Wort sagen zu den Ausführungen meiner Bezirks­kollegen Murauer und Molterer sagen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Das ist kein Bezirkskollege in dem Sinne, aber mit dem gehe ich d’accord. – Ich glaube nur, wenn Ihr in eurer Bezirksorganisation mit den Bauernbündlern in Laussa ein Problem habt und dort 93 Prozent die Mitgliedschaft ruhend stellen oder austreten, dann solltet Ihr


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 222

nicht so den Mund voll nehmen, wenn zwei oder drei SPÖ-Mitglieder in Braunau – mehr sind es ja nicht ... (Abg. Dr. Sonnberger: Hunderte!) Da geht die Phantasie wie­der einmal mit euch durch, liebe Kollegen. Es sind einige wenige SPÖ-Mitglieder, und die sind alle sehr negativ von dieser Regelung betroffen. Also, ich würde den Mund nicht so voll nehmen, wenn ganze Ortsorganisationen des Bauernbundes austreten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das ist so wie bei den Arbeitslosen: Jeder ein­zelne ist zu viel!)

20.43



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 223

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Machne. – Bitte.

 


20.43.54

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Über die Flexi-Klausel ist ja schon sehr viel gesagt worden. Trotzdem noch ein paar Worte dazu: Es ist eine durchaus sinnvolle Maßnahme im Sinne einer sparsamen Budgetverwaltung.

Ich möchte nur ein kleines Beispiel anführen: Bereits im Jahre 1995 hat die Stadt Lienz eine Art Flexi-Klausel eingeführt. Wir haben damals unseren Abteilungsleitern, den Schuldirektoren, den Kindergärtnerinnen den freien Vollzug ihrer Budgetmittel erlaubt. Ein Schuldirektor, der im Jänner noch die Erneuerung einer Bibliothek angefordert hat, ist dann im Laufe des Jahres draufgekommen, dass er notwendiger einige Computer bräuchte. Das hat er dann unbürokratisch, schnell, kostengünstig mit einem Sonderan­gebot ankaufen können, und dadurch hat er auch Budgetmittel gespart.

Ich glaube also, dass es durchaus eine sinnvolle Maßnahme ist, dass wir die Gültigkeit dieser Flexi-Klausel verlängern. Ich freue mich, dass alle mitstimmen, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

20.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordnete Wimmer. – Bitte.

 


20.44.58

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Spätestens jetzt wissen wir alle, was eine Flexi-Klausel bedeutet. Ich glaube, es ist ein wichtiges und sinnvolles Instrumentarium. Man könnte ja fast sagen, es ist eine sozialdemokratische Idee (Heiterkeit bei der ÖVP), zumal sie auch unter einem sozialdemokratischen Bundesminister beschlossen wurde, auch wenn Sie, Herr Kollege Stummvoll, damals Staatssekretär waren. Wir werden auch daher diesen Beschluss unterstützen.

Dieser Tagesordnungspunkt ist zwar sehr wichtig – man braucht dazu eine Zweidrittel­materie –, ich möchte aber schon sagen: Viel spannender wäre es gewesen, hätten wir heute im Plenum über das Stabilitätsprogramm sprechen können. Aber leider wurde das im Ausschuss behandelt. Es wäre deshalb spannend gewesen, meine Damen und Herren, weil in der Vorschau dieses Stabilitätsprogramms festgehalten wurde, dass das Nulldefizit 2008 wieder erreicht werden sollte. Man kann zwar nicht nachvollziehen, wie Sie es schaffen können, diesen Ausgleich zu bewerkstelligen. Herr Staatssekretär, Sie haben darauf auch keine plausible Antwort geben können – wahrscheinlich deshalb, weil Sie heute schon wissen, Herr Staatssekretär, dass Sie 2008 keine poli­tische Verantwortung mehr tragen werden. (Ironische Heiterkeit des Staatssekretärs Dr. Finz.) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


20.46.25

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Flexibilisierungsklausel gibt den Dienst­stellen mehr Spielraum und Verantwortung bei den Ressourcenverteilungen, ein de­tailliertes Projektprogramm, die Möglichkeit der Verwendung der selbst erzielten Ein­nahmen im eigenen Bereich beziehungsweise die Verrechenbarkeit in bestimmten Bereichen. Die Rücklagenbildung sowie Leistungsprämien für die am Erfolg beteiligten Bediensteten sollen den Anreiz zu einem ökonomischen, zweckmäßigen und sparsa­men Mitteleinsatz geben.

Gleichzeitig aber sollen Qualität und Quantität der Verwaltungsleistungen erhöht wer­den. Verwaltungseinheiten sollen sich verstärkt am Wettbewerb orientieren und den Bedürfnissen der österreichischen Bevölkerung anpassen.

Auch die ersten Erfahrungen des Pilotprojektes „Flexibilisierungsklausel“ zeigen deut­lich, dass in allen beteiligten Einheiten wesentliche Leistungsverbesserungen und Bud­geteinsparungen erzielt wurden. Die Flexi-Klausel bildet einen wesentlichen Bestand­teil eines umfassenden Konzepts zur Einführung einer wirkungsorientierten Verwal­tungsführung.

Der internationale Vergleich macht uns sicher! Still und gar nicht heimlich hat sich Ös­terreich zu einer der führenden Nationen im Bereich des E-Governments entwickelt. Die österreichische Verwaltung ist mittlerweile eine der modernsten der Welt. E-Go­vernment steht für eine moderne Verwaltung, die keinen internationalen Vergleich mehr zu scheuen braucht.

Einige Beispiele: Wir sind in einem Benchmark, das 18 europäische Staaten umfasst, im Jahr 2004 von 20 Basisdiensten im E-Government vom elften auf den vierten Platz vorgerückt, und während der Anteil der Dienstleistungen, die völlig online abgewickelt werden können, im europäischen Gesamtdurchschnitt bei 45 Prozent liegt, ist Öster­reich mit 68 Prozent auf Rang zwei knapp hinter Dänemark.

Einige Beispiele: „FinanzOnline“ oder „www.zustellung.gv.at“ oder „www.help.gv.at“, das von der Europäischen Kommission sogar den „Europe Award 2003“ bekommen hat.

Sie sehen also, meine Damen und Herren: Dank dieser Bundesregierung unter unse­rem Bundeskanzler Schüssel ist Österreich auch in diesem Bereich eine Erfolgsstory gelungen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


20.49.00

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute vom Kollegen Stummvoll gehört: Die SPÖ schaut alt aus! (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht die Damen!) Ich habe nicht gesagt, die Damen. – Und jetzt höre ich: Die Flexi-Klausel ist eine Erfolgsgeschichte!

Meine Damen und Herren! Diese Erfolgsgeschichte wurde 1998 unter Finanzminister Edlinger – natürlich gemeinsam mit der ÖVP – eingeleitet. Und diese Idee hat zur Rati­onalisierung des Budgetprozesses geführt, hat eine moderne Haushaltsführung er­laubt, und es war schlicht und einfach eine Investition in die Zukunft.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 224

Herr Kollege! Sagen Sie uns nicht immer, dass wir alt ausschauen – wenn wir vor acht Jahren – ich betone: vor acht Jahren! –  schon Investitionen in die Zukunft getätigt ha­ben! Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt!)

20.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Maier. – Bitte.

 


20.49.58

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Nachdem schon sehr viel gesagt wurde, möchte ich zusammenfassen und gleich zum Schluss kommen: Ich bin der Meinung, dass es erfreulich ist, wenn man sich in einer Rednerliste von 16 Rednern finden darf, wo alle zu einem Geschäftsstück reden, dem alle zustimmen.

Ich möchte aber trotzdem noch dem Herrn Staatssekretär gratulieren, dass es ihm ge­lungen ist, diese Befristung hier vorschlagen zu dürfen.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass diese Erfolgsgeschichte der Flexi-Klau­sel durch deren Einführung durch Rudi Edlinger und Günter Stummvoll ihren Anfang genommen hat. Ich bin mir nicht ganz so sicher, ob die Repräsentanten der heutigen SPÖ diesen Weg auch gehen würden. (Abg. Hagenhofer: Ja, ja!) Jetzt müssen sie ihn gehen, weil es Rudi Edlinger so vorgeschrieben hat. Ich würde nur hoffen, dass, wie heute im Hinblick auf das Bundeshaushaltsgesetz schon gesagt wurde, wenigstens in diesem Bereich ein modernes Denken gegeben ist, denn in anderen wirtschafts- und industriepolitischen Bereichen leben Sie ja in der Vergangenheit, was Sie sehr ein­drucksvoll im Finanzausschuss und heute wieder in dieser Diskussion gezeigt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 


20.51.00

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Mein Vorredner hat gemeint, es sei schon alles gesagt worden. Das stimmt, aber trotzdem habe ich den Mut zur Wiederholung.

Seit dem Jahre 2000 hat unsere Bundesregierung Schritt für Schritt in allen Bereichen modernes Management eingeführt. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade im Finanzbereich spüren es die Menschen in unserem Land: Finanzämter sind moderne Verwaltungseinrichtungen geworden. Viele Anträge können mittlerweile on­line vom Bürger erledigt werden. Und auch wir im Parlament merken, dass die Mitar­beiter professionell arbeiten und motiviert sind.

Die Einführung der Flexi-Klausel im Bundeshaushaltsrecht hat sich bewährt. Das In­strument der Flexi-Klausel hat eine Steigerung der Effizienz bewirkt. Das wirkt sich vor allem sehr positiv auf die Motivation der Dienststellen aus.

Die bisherige Befristung bis 2006 wird nun mit der vorliegenden Regierungsvorlage aufgehoben. Damit ist auch gewährleistet, dass bestehende Projekte verlängert wer­den und weitere Organisationseinheiten von der Möglichkeit der Flexi-Klausel Ge­brauch machen können.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 225

Es ist auch begrüßenswert, dass die Opposition dazu ihre Zustimmung gibt. Wenigs­tens in diesem Bereich lässt die SPÖ Modernität zu, auch wenn sie sich in vielen ande­ren Bereichen eher als Bewahrer der verstaubten Bürokratie darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser heutige Beschluss ist wieder einmal ein Beitrag dazu, dass die Eigenverantwortung der Mitarbeiter in den Dienststellen ge­stärkt wird und ergebnisorientiert gearbeitet werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

20.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Liechtenstein. – Bitte.

 


20.53.09

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist eine sehr erfreuliche Sache, dass bei dieser Flexi-Klausel Ein­stimmigkeit besteht. Abgeordneter Dr. Stummvoll hat es bereits gesagt, es wurde aber auch von der Sozialdemokratischen Partei in dieselbe Richtung gesehen.

Die Flexibilisierung war absolut notwendig, weil aus der Josephinischen Zeit bei vielen Sachen Starrheit existiert hat. Das ist jetzt Gott sei Dank damit beseitigt. Wir müssen uns an die Entwicklungen im europäischen Raum anpassen und uns auf den Binnen­markt voll einstellen. Wir müssen berücksichtigen, dass jetzt auch die Slowakei ein Teil der EU ist, und wir müssen uns sozusagen auch ins Globalisierungszeitalter hineinden­ken, weil uns das heute schon absolut betrifft. In diesem Sinne ist es sehr wichtig, dass diese Flexi-Klausel eingeführt worden ist, dass wir ein New Public Management haben, weil es dieses Europa braucht.

In den letzten Jahren konnten wir sehen, dass Wien wieder ein Zentrum in Mitteleuropa geworden ist – in wirtschaftlichen Bereichen, in den Bereichen des Arbeitens und des Zusammengehörens. Und da ist etwas sehr Sinnvolles, dass man da wirtschaftlich in die richtige Richtung geht. Genauso ist es positiv, dass die Nationalismen überwunden sind und wir dieses Europa haben.

Aber dieses Europa muss auch mit den anderen Kontinenten wirtschaftlich, menschlich zusammenarbeiten können. In diesem Sinne: danke! (Beifall bei der ÖVP.)

20.54


Präsident Dr. Andreas Khol (den Vorsitz übernehmend): Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1269 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Herr Kollege Kurzmann, können Sie das Verteilen von Drucksachen während der Ab­stimmung einstellen, bitte? (Dem Ersuchen des Präsidenten wird Folge geleistet.)

Also ich stelle die Anwesenheit der notwendigen Anzahl von Mitgliedern fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 226

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Einstimmig an­genommen. Das heißt, die Zweidrittelmehrheit wurde erreicht.

20.56.2017. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Namensänderungsgesetz, BGBl. Nr. 195/1988, geändert wird (774/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Frau Abgeordnete Mag. Lunacek als Antragstellerin hat die erste Wortmeldung. 5 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


20.56.45

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Es geht in dieser ersten Lesung um einen Antrag auf Gesetzesänderung, der vielleicht manchen von Ihnen etwas seltsam erscheinen mag, denn warum soll man das Namensänderungsgesetz noch abändern?

Unser Antrag geht in die Richtung, dass nämlich der erste Vorname nicht dem Ge­schlecht des Antragstellers/der Antragstellerin entsprechen soll. Im österreichischen Gesetz ist es so, dass der erste Vorname dem bei der Geburt festgestellten Ge­schlecht entsprechen muss.

Es haben sich vielleicht schon manche von Ihnen gewundert, dass es in anderen Staa­ten anders ist als bei uns, dass zum Beispiel Vornamen, die bei uns eindeutig dem weiblichen Geschlecht zugeordnet sind, wie zum Beispiel Andrea in Italien, Männerna­men sind – das gibt es – oder dass es zum Beispiel in manchen Ländern, vor allem im anglikanischen Raum, Vornamen gibt, die sowohl männlich wie weiblich sind, die so­wohl ein Mann als auch eine Frau haben können. Jamie zum Beispiel ist einer davon.

Im englischsprachigen Raum ist es oft sogar so, dass bei Namen gar nicht eindeutig erkennbar ist, welches Geschlecht man hat. Es gibt Vornamen wie April oder January, wo man sich wundert, warum, aber immerhin, das ist möglich. – In Österreich ist das nicht möglich.

Was ist jetzt das Problem dabei? – Das Problem ist, dass es Menschen gibt – auch wenn es vielleicht manchem von uns unverständlich ist, aber das gibt es! –, die sich von Geburt an oder ab dem Zeitpunkt, zu dem sie zu denken beginnen, im falschen Geschlecht vorkommen, sozusagen im falschen Körper, wo im Geburtenbuch steht, das ist ein Bub. Aber dieser Bub hat immer das Gefühl, dass er eigentlich ein Mädchen ist. Er fühlt sich unter Mädchen wohler. Er macht lieber Dinge, die den Mädchen zuge­schrieben werden, er wäre lieber ein Mädchen.

Es gibt einige dieser Menschen – gar nicht so wenige, vielleicht sind sie auch schon manchen von Ihnen begegnet – , die einfach dann, wenn sie erwachsen sind, in dem Geschlecht, in dem sie sich fühlen, auch leben wollen.

Manche machen sich gerne darüber lustig. Ich denke, das ist kein Punkt, über den man sich lustig machen soll. Da gibt es eben auch die Möglichkeit, eine geschlechtsanpas­sende Operation vornehmen zu lassen.

Laut österreichischem Recht ist es so, dass man seinen Vornamen in den öffentlichen Dokumenten – zum Beispiel im Führerschein oder im Pass – erst dann an dieses neue


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 227

Geschlecht anpassen darf, wenn man den ganzen Prozess, beginnend von Hormon­therapie über psychologische Betreuung bis zur geschlechtsumwandelnden Operation, schon durchgemacht hat und wenn einem zum Schluss ein Arzt oder eine Ärztin bestä­tigt: Jetzt bist du auch biologisch im anderen Geschlecht! Also mit den sekundären Körpermerkmalen, soweit es halt geht. Erst dann darf man diese Änderung vorneh­men.

Es gibt aber Menschen, die diese Operation gar nicht machen wollen, die einfach zwi­schen den Geschlechtern leben wollen, die einfach in Kleidung, im Habitus und im Na­men dem anderen Geschlecht angehören wollen und diesen Prozess der Anpassung, der oft Jahre hindurch dauert, gar nicht machen möchten. Für diese Menschen ist es nicht möglich, im Alltag auch den Vornamen des anderen Geschlechts anzunehmen – einen geschlechtsneutralen Namen mittlerweile schon.

Stellen Sie sich einmal vor – und das ist nicht nur etwas für den Fasching, der ist ja mittlerweile vorbei –, ein Mann, der das Gefühl hat, dass er eine Frau ist, geht in Klei­dern einer Frau durchs Leben. – Das ist auch das, was man in diesem Prozess vor der Operation machen muss – diesen Alltagstest. Er fährt mit dem Auto, hat eine Polizei­kontrolle, sitzt als Frau im Auto und muss dann den Führerschein herzeigen, in dem ein männlicher Vorname steht. – Können Sie sich die Reaktion der Polizei vorstellen? Das ist nicht einfach.

Oder ein Vorstellungsgespräch: Man möchte sich um einen Job bewerben, ist nach Geburtenbuch, nach Dokument eine Frau, tritt aber als Mann auf und fühlt sich als Mann. Einen Job zu kriegen, das ist in dieser Situation äußerst schwierig.

Worum es uns Grünen da geht – und es gibt auch mehrere Organisationen, die das ebenfalls wollen –, ist, in Österreich einfach die Möglichkeit zu schaffen, dass der Vor­name nicht dem biologischen Geschlecht des Antragstellers oder der Antragstellerin – also dem, was im Geburtenbuch steht – entsprechen muss. Das ist etwas, das weder etwas kostet, noch sonst irgendwelche Schwierigkeiten bringt. Es würde nur einigen Menschen helfen, im Alltag anerkannter und ohne Ängste leben zu können.

In der aktuellen Ausgabe des „Falter“ ist ein Beitrag über eine Versicherungsmathema­tikerin enthalten, ein als Frau lebender Mensch, der biologisch noch Mann ist. Sie sagt, sie fühlt sich wie eine Krebskranke, die bei jeder Ausweiskontrolle erklären muss, dass sie Krebs hat, weil sie bei jeder Ausweiskontrolle sagen muss, in ihrem Pass steht noch, dass sie ein Mann ist, aber sie fühlt sich und lebt als Frau.

Im einfachsten Fall hat sie mit bösen Blicken zu rechnen, im schlimmsten Fall muss sie mit Konsequenzen im Arbeitsbereich, im Alltagsleben, dort, wo er oder sie wohnt, le­ben.

Ich hoffe sehr, dass es möglich ist, über diesen Antrag eine sachliche Debatte zu füh­ren und tatsächlich eine Erleichterung für diese Menschen zu schaffen – eine Erleichte­rung, die es in anderen Ländern schon gibt, weil einfach der Zwang zur Identifikation mit dem Geschlecht durch den Vornamen nicht da ist.

Das würde einzelnen Personen, einigen Menschen ihr Leben erleichtern. Ich denke, auch dazu sind wir im Hohen Haus da. Es kostet nichts, aber es bringt einigen etwas. Ich hoffe, dass es dazu auch die Zustimmung von Ihnen von den Regierungsparteien geben wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 228

21.03.48

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das geltende Namensrechtsänderungsgesetz schützt Kinder vor einer skurrilen Namensgebung durch Eltern, die damit ihren Kindern eine Bürde fürs Leben auferlegen.

Bei der Namensänderung unter Erwachsenen schützt diese Bestimmung vor dem Missbrauch von weiblichen oder männlichen Vornamen, um die eigene Identität zu ver­schleiern. Insbesondere das Innenressort gibt zu bedenken, dass es, sollte die Erkenn­barkeit des Geschlechts auf Grund des Vornamens gar keine Rolle mehr spielen, den Kriminellen eigentlich sehr leicht gemacht wird, in eine andere Geschlechtsidentität zu schlüpfen. Während die Polizei noch nach einem Mann fahndet, gibt der sich schon längst als Frau aus. (Abg. Mag. Lunacek: In den USA ist es nicht so!)

Das Anliegen der Transgender-Personen ist aber ein berechtigtes. Es ist wirklich zu hinterfragen, ob sie erst nach der Operation den Namen ändern können sollen oder ob man ihnen ihr schwieriges Leben nicht durch eine Möglichkeit der Namensänderung erleichtert, wenn sie wirklich Transgender sind. Dann muss aber sichergestellt werden, dass es sich dabei um keinen Missbrauch handelt.

Der Antrag der Kollegin Lunacek – also von Rot-Grün – ist dafür nicht wirklich geeig­net, denn die ersatzlose Streichung verhindert den Missbrauch nicht. Das heißt, es muss uns eine Lösung einfallen, die spezielle für Transgender-Personen geschaffen wird. – Daher können wir diesem Antrag, wie er jetzt formuliert ist, noch nicht zustim­men. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.05.50

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Worum es geht, wissen wir ja jetzt bereits. Ich denke, das Hauptproblem ist, dass wir Menschen dazu zwingen, einen großen operativen Eingriff an ihrem Körper vorzunehmen, weil sie sonst nicht so leben können, wie sie es frei wählen, und nicht die Möglichkeit haben, so zu leben, wie sie es gerne hätten.

Erst seitdem ich mich mit dieser Materie näher befasst habe und mit vielen Trans­gender-Personen zusammenarbeite, ist mir bewusst geworden, dass nur die wenigsten einen derart schweren Eingriff überhaupt vornehmen wollen. In Österreich lassen sich schätzungsweise 50 bis 60 Menschen im Jahr umoperieren, aber die Zahl der Trans­gender-Personen ist weitaus höher. Schätzungen gehen von 1 bis 2 Prozent der Bevöl­kerung aus.

Es ist nicht das erklärte Ziel von vielen Transgender-Personen, sich umoperieren zu lassen – teils weil die Zeit fehlt, sich mit all den Gutachten, Therapien, Amtswegen und so weiter zu befassen, teils aus finanziellen Gründen, aber auch schlicht und einfach deshalb, weil einige Angst vor der Operation haben. Sehr wohl ist es aber Ziel aller, ihr Leben so gestalten zu können, wie sie es wollen. Dazu gehört nun einmal eine freie Vornamenswahl.

Meine Damen und Herren! Können Sie sich vorstellen, wie unangenehm, ja diskrimi­nierend es ist, wenn eine Person von der äußeren Erscheinung eindeutig eine Frau ist und in den Dokumenten ein männlicher Vorname steht oder umgekehrt? Einige Bei­spiele hat Kollegin Lunacek bereits erwähnt. Ich möchte noch eines hinzufügen, damit man das ungefähr nachvollziehen kann: Können Sie sich vorstellen, wie unangenehm


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 229

es ist, im Wartezimmer eines Arztes oder einer Ärztin zu sitzen, man wird mit Herr Soundso aufgerufen, und in Wirklichkeit ist man Frau Soundso?

Transgender-Personen sind nicht nur inneren Konflikten ausgesetzt, sondern auch An­feindungen und Diskriminierungen von außen. Das ließe sich ganz einfach ändern, die Situation ließe sich für die Betroffenen entschärfen. Wir wären auch nicht die Ersten in Europa, die das machen würden. Es gibt einige gute Beispiele, etwa Großbritannien. Dort kann man den Namen frei wählen: Man kann das in der Geburtsurkunde gleich frei und unabhängig von einer Operation ändern.

Ich denke nicht, dass in Großbritannien Schwerverbrecher diese Möglichkeit bewusst nutzen, damit sie nicht mehr greifbar sind und untertauchen können, so wie jetzt ge­rade Kollegin Fekter argumentiert hat. Ich denke, das ist ein ganz absurder Vergleich, das wird sicherlich nicht so sein.

Die ÖVP hat ja mehrmals Zustimmung signalisiert. Heute sind zwei Argumente von der Kollegin Fekter gekommen, die relativ leicht zu entkräften sind. Erstens das Beispiel mit dem Missbrauch durch Schwerverbrecher, das ich gerade genannt habe, und das zweite Beispiel war der Missbrauch, dass man Kindern irgendwie falsche Namen ge­ben könnte. Das ist ja deshalb nicht gegeben, weil das ABGB eine Regelung enthält, die verhindert, dass Eltern das machen können.

Das heißt, wir könnten sehr wohl das Namensrecht ändern. Es handelt sich um eine relativ kleine Änderung, die schnell durchgeführt werden kann, die aber eine große Wirkung für die Betroffenen hat.

Schauen wir uns aber an, wie die – mehr oder weniger – zuständigen Ministerinnen das sehen. Es gibt Anfragebeantwortungen und eine Stellungnahme zu einer Petition, die zeigen, dass sowohl die Innen- als auch die Justizministerin einmal grundsätzlich gesprächsbereit wären.

In der Stellungnahme des Innenministeriums wird sogar festgestellt, dass die von Transgender-Personen gelebte Geschlechtsidentität, ohne eine geschlechtsumwan­delnde Operation anzustreben, grundsätzlich unter den Schutzbereich von Art. 8 Men­schenrechtskonvention fällt. Es wird jedoch keine Lösung angeboten.

Das Innenministerium stellt fest, dass es sich seit Jahren mit dem Themenkreis Trans­sexualität befasst und ständig das Bedürfnis nach geeigneten Maßnahmen für den an­gesprochenen Personenkreis beobachtet. Das ist ja grundsätzlich positiv, aber ich frage mich, wie lange denn noch beobachtet werden soll, wie schwierig die Situation für die Betroffenen ist. – Wann gibt es endlich eine Lösung?

Die Innenministerin meint auch, dass sie das Einvernehmen mit der Justizministerin herstellen muss, und da gibt es ein ewiges Hin und Her, ein ewiges Ping-Pong-Spiel zu Lasten der Betroffenen. Die Justizministerin meint nämlich wiederum, dass mit der Vollziehung des gegenständlichen Bundesgesetzes im Wesentlichen das Bundesmi­nisterium für Inneres zuständig ist. Zur Erinnerung: Die Innenministerin will aber wieder das Einvernehmen mit der Justizministerin herstellen, und die Innenministerin möchte einmal eine Arbeitsgruppe einrichten.

Die Justizministerin meint wieder, sollte das hiefür zuständige Bundesministerium für Inneres eine Änderung des Namensänderungsgesetzes vorschlagen, dann würde das Bundesministerium für Justiz keine grundsätzlichen Bedenken erheben. (Abg. Scheib­ner: Das ist mir jetzt zu kompliziert!) – Ja, es ist schon spät, und manche können nicht mehr folgen, aber Tatsache ist – und ich denke, diese Botschaft werden Sie verste­hen –, das Innenministerium spielt den Ball zum Justizministerium und umgekehrt. (Ruf bei der ÖVP: Bei euch kann niemand mehr folgen! Es ist ja niemand mehr da!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 230

Wer auch immer sich jetzt nicht mehr auskennt, dem sei gesagt: Es ist nicht alles schwarz oder weiß, es gibt vielmehr eine große, bunte Vielfalt, die wir zulassen müs­sen, weil das einfach unsere Gesellschaft bereichert.

Als Gesetzgeber haben wir nicht das Recht, Menschen zu Operationen zu zwingen. Wir wollen eine vollständige Anerkennung des gelebten Geschlechts und die Möglich­keit, den Vornamen frei zu wählen. Das muss einfach möglich sein! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.11.26

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweifelsohne ist das Thema, das hier diskutiert wird, ein heikles. Es wundert mich aber, dass sich die SPÖ da heute groß zu diesem Thema ausbreitet und gemeinsam mit den Grünen auf diesem Initiativantrag auf­scheint, denn es war gerade die SPÖ – das haben Sie vielleicht vergessen! –, die 1995 genau diese Z 7 ins Namensänderungsgesetz eingefügt hat, in der es heißt, der bean­tragte Vorname muss gebräuchlich sein und als erster Vorname dem Geschlecht des Antragstellers entsprechen. – Es war die SPÖ, die diese Z 7 ins Namensänderungsge­setz 1995 eingefügt hat. Heute will sie jedoch genau das Gegenteil. (Abg. Dr. Fekter: SPÖ-Innenminister! Abg. Mag. Lunacek: Dann haben sie dazugelernt!)

Das müssen Sie erst erklären. Wir stehen zu diesem vorhandenen Gesetz, es ist ab­solut ausreichend. Ich sage aber auch dazu, die Thematik ist heikel. Ich gebe Ihnen da vollkommen Recht, das ist sicher eine Gratwanderung, wie man mit diesen Transgen­der-Personen umgeht. Die haben es nicht einfach. Aber ich sage auch, das Gesetz wurde 1995 so beschlossen und ist heute gültiges Recht, und es ist, glaube ich, ausrei­chend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch darauf eingehen, dass Sie in der Begründung doch auch ein gewisses fadenscheiniges Argument anführen, indem Sie sagen, dass Personen durch das gel­tende Gesetz zu medizinischen Eingriffen quasi gezwungen oder gedrängt werden. – Ich denke, das ist wirklich übertrieben formuliert, dass Personen zu medizinischen Ein­griffen auf Grund dieses Gesetzes gedrängt werden. Wir kennen die Problematik, wir wissen, das ist eine heikle Angelegenheit, aber wir stehen dazu, dass das Gesetz in dieser Form ausreichend ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 774/A weise ich dem Justizausschuss zu.

21.13.5318. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (773/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 231

Das Wort erhält als Erster der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. 5 Minuten Redezeit ist gewünscht. – Bitte.

 


21.14.11

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man mit den Menschen über den § 14 Postgesetz diskutiert, dann fragen sich diese: Was haben sich die Parteien im Nationalrat eigent­lich gedacht, als diese Bestimmung beschlossen worden ist? – Oder anders ausge­drückt, sie haben mich gefragt: Seid ihr eigentlich verrückt geworden?

Warum? – Die Frage ist ja berechtigt. Zum einen gibt es eine Strafbestimmung, die jetzt mit der Novelle zum Postgesetz sogar noch verschärft wurde: Wer bis zum 30. Ju­ni 2006 nicht die Schließfachanlage im Format 32,5 x 3 cm laut ÖNORM anbringt, unterliegt einer Strafsanktion von 30 000 €.

Jetzt kann man natürlich sagen, den Einzelnen trifft es ja nicht, es trifft die Wohnungs­eigentümer-Gemeinschaft. Werte Kolleginnen und Kollegen! Das stimmt auch nicht. Im Gesetz hat man nämlich vergessen zu definieren, was als Gebäude zu verstehen ist. Da man angenommen hat, dass unter Gebäude ein Gebäude mit mehr als vier Wohn­einheiten zu verstehen ist, und nicht hinterfragt hat, warum, stehen wir heute vor der Situation, dass auch Ein- und Zweifamilienhäuser darunter fallen.

Ich habe mir vergleichbare Strafbestimmungen in anderen Gesetzen angesehen. Im Lebensmittelgesetz – oder jetzt Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzge­setz – haben wir Bestimmungen, die besagen, dass es für jemanden, der verdorbene Lebensmittel – das heißt, stinkende Lebensmittel – in Verkehr bringt, eine Höchststrafe von zirka 7 200 € gibt.

Wenn jemand nach dem Datenschutzgesetz illegal Daten übermittelt, beträgt die Höchststrafe zirka 7 200 €. Wenn jemand aber diese Normschließfachanlage nicht an­bringt, beträgt die Höchststrafe 30 000 €.

Warum eigentlich? Will man damit den Wettbewerb erzwingen, nachdem kurz vorher – vor dem Jahre 2003 – der Oberste Gerichtshof in Österreich die Zustellpraxis mit der sicheren Zustellung begründet hatte?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe diese Regelung in dieser Form nicht ein und kann sie namens meiner Fraktion auch nicht akzeptieren. Es hat eine sehr heftige öffentliche Diskussion gegeben, insbesondere zu diesen Normschließfach­anlagen im Format 32,5 x 3 cm.

Ich wohne in einer Siedlung, in der die Schließfachanlage für alle – auch für die priva­ten Dienstanbieter – zugänglich ist, im Format 27,5 x 2,9 cm. Jeder hat Zugang zu die­ser Schließfachanlage. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes müssen wir unsere Schließfachanlage herausreißen und an der Grundstücksgrenze neu installieren.

Das ist nämlich das nächste Problem: Es ist derzeit bei Neubauten in einer Siedlung nicht mehr zulässig, Schließfachanlagen direkt in den Hausbereich zu integrieren. Auf Grund der Formulierung dieses Gesetzes müssen Sie an die Grundstücksgrenze ge­hen, was wiederum heißt: Wenn Sie im dritten Stock eines Hauses wohnen und es bis­her immer gewohnt waren, in der Früh im Bademantel hinunterzugehen und die Zei­tung zu holen, dann wird das nicht mehr möglich sein, denn Sie werden 100 oder 200 Meter gehen müssen, bis Sie zur Fachanlage an der Grundstücksgrenze kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich frage mich wirklich: Was haben sich die Herren im Verkehrsministerium überlegt?

Ein anderes Beispiel, weil nach mir mein Salzburger Kollege Peter Haubner redet: Es gibt das Salzburger Altstadterhaltungsgesetz. Das verbietet bestimmte bauliche Maß-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 232

nahmen. Auf Grund dieser Bestimmung wird es nach § 14 Postgesetz eben nicht mög­lich sein, im Bereich der Schutzzone oder auch bei denkmalgeschützten Häusern der­artige Schließfachanlagen anzubringen.

Die Aufzählung all dieser Gründe ließe sich noch fortsetzen, insbesondere was die Si­cherheit dieser Schließfachanlagen betrifft, wo man hineingreifen kann. Sie können es alle ausprobieren: Sie können einfach mit der Hand hineinfahren und die Post heraus­holen. Ich frage mich, wo da die Sicherheit bei der Zustellung bleibt!

Ich habe sehr viele Briefe von betroffenen Menschen bekommen. Ich zitiere Ihnen aus einem: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Bitte helfen Sie uns und versuchen Sie, Ihre Kollegen der anderen Fraktionen, von denen es hoffentlich einige Vernünftige gibt, zu überzeugen, dass dieses Gesetz ein Schmarren ist. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass es in Ihrem Kreis einige Ver­nünftige gibt, damit wir diesen § 14 gemeinsam ändern können. (Beifall bei der SPÖ.)

21.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Haubner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.20.00

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Tatsache ist, dass das Europäische Parlament und der Rat eine Libe­ralisierung des Postmarktes beschlossen haben und die entsprechende Richtlinie in österreichisches Recht umgesetzt wurde. Bürokratismus kann keine Antwort auf die Umsetzung dieser EU-Richtlinie sein! Sie müssen mir bitte schon erklären, warum zum Beispiel neben dem vollen Namen des Besitzers noch zusätzliche Angaben auf Brief­kästen gesetzlich geregelt werden sollen! Es wird ja wohl ausreichend sein, wenn der Name des Bewohners auf dem Einwurfschlitz steht! Und die Sicherheit der Briefkästen ist durch die Europäische Norm EN 13724 sehr wohl gewährleistet.

Der von Ihnen vorgelegte Text ändert an der derzeitigen Gesetzeslage nichts Substan­tielles. Außerdem sind nach dieser Europäischen Norm die Kriterien für Briefkästen weit anspruchsvoller als bisher. Das betrifft unter anderem: Sicherheit gegen unbefug­tes Entnehmen, Widerstand gegen Einbruch, Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion, Vertraulichkeit und feuergesetzliche Bestimmungen.

Ihre Kritik betreffend Strafdrohung bei Nichtumrüstung begründen Sie damit, dass die Strafe von 30 000 € zu hoch wäre. – Tatsache ist, dass die Strafdrohung aber um fast 10 000 € weniger beträgt! Der vorgesehene Strafrahmen bezieht sich außerdem nur je­weils auf die gesamte Anlage und nicht auf ein einzelnes Brieffach, sodass die Strafe im Zusammenhang mit einem Brieffach um ein Vielfaches geringer wäre.

Zur Kostentragung, die sich auf Abs. 7 bezieht: Jacky (in Richtung des Abg. Mag. Maier), es kann doch nicht wirklich dein Ernst sein, dass die Post AG, die jahr­zehntelang alle Wettbewerbsvorteile dieser Welt genossen hat, von allen Kosten befreit werden soll, wohingegen die Unternehmen, die jahrzehntelang vom Wettbewerb aus­geschlossen waren, für diese Diskriminierung auch noch nachträglich zur Kasse ge­beten werden sollen! Das verstehen wir nicht unter Wettbewerb! – Wir sehen uns im Verkehrsausschuss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Neudeck 2 Minu­ten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 233

21.21.56

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Es kommt mir ein wenig so vor, dass die Wahrheit in der Mitte liegt. Beim Antrag des Kollegen Maier denke ich mir: Vielleicht will sich die Gemeinde Wien als Haus­eigentümer die Kosten für die Postkästen ersparen, die sie umrüsten muss. Auf der an­deren Seite sehe ich natürlich auch nicht ganz ein, dass der Hauseigentümer das jetzt unbedingt bezahlen muss, denn die Mieter bezahlen es nicht, sondern der Hauseigen­tümer zahlt sowohl die Postkästen als auch die Strafen.

Ich glaube, dass dieser Antrag ähnlich unausgegoren ist wie das Gesetz, in dem, wie ich durchaus zugebe, auch Dinge enthalten sind, die wir uns hätten ersparen können. Ich denke jetzt vor allen Dingen daran, dass wir die Frist bis, glaube ich, Ende 2008 zur Einführung nicht ausgenützt haben, sondern das jetzt schon mit Juni 2006 machen. Ich meine, wir sollten darüber im Verkehrsausschuss noch einmal nachdenken und uns die Geschichte näher anschauen. Wir sollten uns aber schon vorher zusammensetzen und das ausräumen, was hier nicht richtig ist, und auch über das Gesetz noch einmal re­den. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung: Heidemarie Rest-Hinterseer. 4 Mi­nuten sind gewünscht. – Bitte.

 


21.23.06

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Minister ist keiner da. – Zu später Stunde zusammensetzen ist immer gut, viel besser jedenfalls als auseinander setzen.

Peter Haubner, ich habe nur eine Frage: Kannst du mir bitte die europäische Rechts­norm zitieren, damit wir auch im Internet einmal nachschauen können? Wir haben sie nicht gefunden, es gibt nämlich keine europäische Rechtsnorm. Das heißt, wir sind selbst angehalten, eine entsprechende Rechtsnorm zu schaffen beziehungsweise rechtsverbindliche Regeln aufzustellen. (Abg. Neudeck: Im Salzburger Bauernkalen­der steht das nicht!)

Uns wird gesagt, dass es eigentlich nicht so tragisch mit den Kosten ist, die in diesem Zusammenhang auf die Leute zukommen. Uns hat ein Pensionist aus Salzburg, aus Puch, geschrieben – ich darf zitieren –: Wir zwölf zum Teil Mindestpensionisten und Kleinpensionsbezieher haben im Herbst unseren Wohnblock isoliert und auch das Stie­genhaus renoviert, was uns erhebliche Kosten verursacht hat. Und nun sollten wir das neue Stiegenhaus wieder herausreißen, die Postkästen wieder sanieren und noch da­zu die Kosten für die nicht georderten Briefkästen übernehmen! – Meines Erachtens ist das für die Leute wirklich schwer verständlich.

Und der Herr aus Puch schreibt weiter: Ich frage Sie: Wie kann so ein Gesetz zustande kommen?

Es ist für die Leute nicht egal und einerlei, wer das zu bezahlen hat. Deswegen kann ich dem Vorschlag von Jacky Maier sehr viel abgewinnen, dass die, die in erster Linie davon profitieren, nämlich die privaten Postdiensteanbieter, auch die Kosten tragen sollen. Und wenn Sie sagen, die Post AG habe so lange von der Monopolstellung profi­tiert, erwidere ich Ihnen: Die Post AG hat immerhin auch alle Briefkästen selbst finan­ziert!

Wir sprechen gerne im Verkehrsausschuss darüber, aber bitte bringen Sie die Ziffern der EU-Rechtsnorm mit, damit man sich das anschauen kann! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.25



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
140. Sitzung / Seite 234

Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 773/A dem Verkehrsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 800/A bis 806/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4026/J bis 4035/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Wurm, Kolleginnen und Kollegen, 44/JPR, an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Ich darf die Damen und Herren daran erinnern, dass es noch eine Zuweisungssitzung gibt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen gewidmet ist, berufe ich für 21.26 Uhr, das ist jetzt gleich im An­schluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.26.13Schluss der Sitzung: 21.26 Uhr

 

 

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien