Stenographisches Protokoll

41. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 19. Oktober 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

41. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 19. Oktober 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. Oktober 2000: 9.03 – 21.16 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000)

3. Punkt: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung

4. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

5. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

6. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

7. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

8. Punkt: Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

9. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll


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41. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

12. Punkt: Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF)

13. Punkt: Bericht über den Antrag 256/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (207/A)

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz geändert wird (191/A)

16. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das


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41. Sitzung / Seite 3

Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 263/00a) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 11

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschussberichtes 341 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 11

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1016/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 13

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 94

Redner:

Theresia Haidlmayr 94

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 96

Ludmilla Parfuss 98

Johannes Schweisgut 99

Dr. Reinhard Eugen Bösch 101

Karl Öllinger 102

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 13

Antrag des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers Mag. Karl-Heinz Grasser sowie auf Abstimmung darüber gemäß § 59 Abs. 1 der Geschäftsordnung – Ablehnung (Auszählung der Stimmen) 122, 123

Ersuchen des Abgeordneten Georg Schwarzenberger, für die Abstimmung einzuläuten 122

Antrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Achatz auf Durchführung einer Debatte über den Antrag des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka auf Anwesenheit des Bundesministers Mag. Karl-Heinz Grasser – Ablehnung 123, 123

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend das von Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn gewählte Verfahren bei der Abstimmung über seinen Antrag auf Anwesenheit des Bundesministers Mag. Karl-Heinz Grasser 124

Wortmeldungen ebenfalls in diesem Zusammenhang:

Dr. Andreas Khol 124

Dr. Peter Pilz 124

Ing. Peter Westenthaler 125

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 157

Unterbrechung der Sitzung 157

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 11

Ausschüsse

Zuweisungen 12, 144, 178, 180

Verhandlungen

1. Punkt: Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (310 und Zu 310 d. B.) 13

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 13

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 17

Mag. Gilbert Trattner 20

Doris Bures (tatsächliche Berichtigung) 25

Dr. Alexander Van der Bellen 25

Mag. Dr. Udo Grollitsch (tatsächliche Berichtigung) 30

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigungen) 30, 46

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 31

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 34

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigungen) 34, 65

Rudolf Edlinger 34

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 37

Dr. Michael Spindelegger 38

Rudolf Edlinger (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 40

Mag. Herbert Haupt 40

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 43

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 47

Friedrich Verzetnitsch 49

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung) 54

Georg Schwarzenberger 54

Dr. Helene Partik-Pablé 56

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 57

Karl Öllinger 58

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 62


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Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) 64

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 65

Mag. Maria Kubitschek 67

Mag. Karin Hakl 69

Sigisbert Dolinschek 71

Theresia Haidlmayr 7


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41. Sitzung / Seite 5

2

Heidrun Silhavy 74

Ing. Leopold Maderthaner 75

lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher 76

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 77

Rudolf Nürnberger 78

Jakob Auer 80

Helmut Haigermoser 82

Dieter Brosz 84

Dr. Kurt Heindl 86

Mag. Walter Tancsits 88

Hermann Böhacker 89

Dr. Evelin Lichtenberger 9


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1

Mag. Barbara Prammer 92

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 93

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 103

Mag. Helmut Kukacka 105

Kurt Eder 106

Karl Freund 107

Anna Elisabeth Achatz 108

Dr. Ilse Mertel 110

Dr. Reinhold Mitterlehner 111

Mag. Beate Hartinger 113

Ing. Kurt Gartlehner 114

Edeltraud Gatterer 115

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 116

DDr. Erwin Niederwieser 117

Mag. Dr. Josef Trinkl 119

Mag. Reinhard Firlinger 120

Dr. Dieter Antoni 121

Ridi Steibl 126

Dr. Martin Graf 127

Rudolf Parnigoni 128

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 129

Marianne Hagenhofer (tatsächliche Berichtigung) 131

Mag. Rüdiger Schender 131

Helmut Dietachmayr 133

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 134

Anton Gaál 135

Hans Müller 136

Dr. Alois Pumberger 137

Dr. Brigitte Povysil 138

Mag. Dr. Udo Grollitsch 139

Edith Haller 140

Mag. Werner Kogler 141

Emmerich Schwemlein 143

Dr. Alois Pumberger (tatsächliche Berichtigung) 144

Zuweisung der Regierungsvorlage 310 und Zu 310 d. B. an den Budgetausschuss 144

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (219 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000) (317 d. B.) 144

Annahme des Gesetzentwurfes in 317 d. B. 145

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (270 d. B.): Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (318 d. B.) 145


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41. Sitzung / Seite 7

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 145

Anton Leikam 147, 155

Mag. Ulrike Lunacek 149

Edeltraud Gatterer 150

Sigisbert Dolinschek 152

Mag. Herbert Haupt 153

Dr. Christof Zernatto 155

Annahme des Gesetzentwurfes in 318 d. B. (namentliche Abstimmung) 157

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (281 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (319 d. B.) 159

Redner:

Kurt Eder 159

Annahme des Gesetzentwurfes in 319 d. B. 160

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (96 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (320 d. B.) 161

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (100 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (321 d. B.) 161

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (278 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (322 d. B.) 161

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (276 d. B.): Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (323 d. B.) 161

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (108 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (324 d. B.) 161

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (275 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (325 d. B.) 161

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (277 d. B.): Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (326 d. B.) 161

Redner:

Mag. Cordula Frieser 162

Mag. Ulrike Lunacek 162

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Inge Jäger und Genossen betreffend die andauernde Missachtung der Menschenrechte im Krieg in Tschetschenien – Ablehnung 163, 163

Genehmigung der sieben Staatsverträge in 96, 100, 278, 276, 108, 275 und 277 d. B. 164

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (104 d. B.): Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) (327 d. B.) 165

Redner:

Dr. Kurt Heindl 165

Ing. Gerhard Fallent 166

Mag. Ulrike Lunacek 166

Inge Jäger 167

Mag. Christine Muttonen 168

Mag. Brunhilde Plank 168

Annahme des Gesetzentwurfes in 327 d. B. 169

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 256/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (328 d. B.) 170

Redner:

Doris Bures 170

Wolfgang Großruck (tatsächliche Berichtigung) 171

Hermann Böhacker 171

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 172

Marianne Hagenhofer 172

Dr. Evelin Lichtenberger 173

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 328 d. B. 174

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (207/A) 174

Redner:

Doris Bures 174

Mag. Walter Tancsits 175

Detlev Neudeck 176

Dieter Brosz 176

Mag. Johann Maier 177

Zuweisung des Antrages 207/A an den Bautenausschuss 178

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz geändert wird (191/A) 178

Redner:

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 178

Ing. Hermann Schultes 179

Zuweisung des Antrages 191/A an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft 180

16. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 263/00a) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (341 d. B.) 180

Annahme des Ausschussantrages 180

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 11

329: Bundesgesetz, mit dem ein neues Bundesvergabegesetz erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird

336: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert wird (2. BFG-Novelle 2000)

337: Budgetüberschreitungsgesetz 2000 – BÜG 2000

339: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

Berichte 12

III-66: Bericht über die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit 1997 bis 1999 (Dreijahresbericht); BM f. auswärtige Angelegenheiten

III-67: Bericht betreffend die auf der 86. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Empfehlung (Nr. 189) betreffend allgemeine Voraussetzungen für die Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen und mittleren Unternehmen; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Annemarie Reitsamer, Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (9. Novelle zum Notarversicherungsgesetz 1972) (307/A)


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41. Sitzung / Seite 8

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend die Anerkennung angestammter Landrechte indigener Völker in Kanada (308/A) (E)

Inge Jäger, Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend die Förderung des Fairen Handels (309/A) (E)

Mag. Karin Hakl, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend die Förderung des Fairen Handels (310/A) (E)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden (311/A)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG) (312/A)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (313/A)

Anfragen der Abgeordneten

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend illegale Datenweitergabe durch Exekutivbeamte an FPÖ-Funktionäre hinsichtlich der Bewohner von Gemeindebauten in St. Pölten (1382/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegale Datenweitergabe durch Exekutivbeamte an FPÖ-Funktionäre hinsichtlich der Bewohner von Gemeindebauten in St. Pölten (1383/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Studienförderung (1384/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Partneruniversitäten und Studiengebühren (1385/J)

Otto Pendl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Sicherheitsakademie in Traiskirchen (1386/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend vollelektronische LKW-Maut-Varianten (1387/J)


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41. Sitzung / Seite 9

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1388/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1389/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1390/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1391/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1392/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1393/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1394/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1395/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1396/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1397/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1398/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ausgaben der Mitglieder der Bundesregierung für Werbekampagnen, Inseratenschaltungen und sonstige Selbstdarstellungen (1399/J)

Mag. Kurt Gaßner und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Donau Bundesstraße B 3 (1400/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrssicherheit (1401/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Ratsbeschluss über den öffentlichen Zugang zu Ratsdokumenten, worin Dokumente im Bereich der Außenpolitik, des militärischen und nicht-militärischen Krisenmanagements als "streng geheim", "geheim" und "vertraulich" eingestuft werden (1402/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Werbeauftritt des Verkehrsministers für verbotenes Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung" (1403/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Beratungsstelle des Bundes für Fragen der Sicherung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (1404/J)


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41. Sitzung / Seite 10

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umgehung der Ökopunkteregelung im Straßengütertransit durch Österreich, insbesondere mittels CEMT-Genehmigungen (1405/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Einhaltung der Supplierverpflichtungen der PflichtschulleiterInnen (1406/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend kostenpflichtige Kurse statt Freigegenständen (1407/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verlust von Arbeitsplätzen (1408/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Milchhof Graz (1409/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegale Datenweitergabe durch Exekutivbeamte an FPÖ-Funktionäre hinsichtlich der Bewohner von Gemeindebauten in St. Pölten (1410/J)

Beate Schasching und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend die Werbeabgabe für Sportvereine (1411/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Neueinführung des Titels "Diplom-HTL-Ing." (1412/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufnahme der Angehörigen von Feuerwehren in die Berufskrankheitenliste des ASVG (1413/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "brutaler Polizeieinsatz in Graz" (1414/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend EKIS-Abfragen über politische Funktionsträger und ihre Familienangehörigen in Wien (1415/J)

 

 


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41. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne  – frisch und munter – die 41. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dobnigg, Fischl, Dr. Grünewald, Huber, Lackner, Dr. Ofner, Reitsamer und Schieder.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung eines Mitgliedes der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um Punkt 16 der heutigen Tagesordnung, eine Immunitätsangelegenheit, in Verhandlung nehmen zu können, ist es notwendig, nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung von der 24-stündigen Auflagefrist Abstand zu nehmen. Es handelt sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ansuchen zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Dr. Peter Pilz in 341 der Beilagen. (Abg. Dr. Khol: Der Pilz ist aber nicht da! Dann können wir ihn nicht ausliefern! – Abg. Dr. Kostelka: Der kommt erst am Abend!)

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die mit der Abstandnahme von der 24-stündigen Auflagefrist einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig beschlossen. Damit ist auch die erforderliche Zweidrittelmehrheit automatisch gegeben.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände darf ich auf eine im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein neues Bundesvergabegesetz erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird (329 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert wird (2. BFG-Novelle 2000) (336 der Beilagen),

Budgetüberschreitungsgesetz 2000 – BÜG 2000 (337 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (339 der Beilagen).


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41. Sitzung / Seite 12

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 305/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG) geändert wird;

Budgetausschuss:

Budgetbegleitgesetz 2001 (311 der Beilagen),

Antrag 303/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert wird,

Antrag 304/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, geändert wird;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001) (338 der Beilagen),

Antrag 302/A der Abgeordneten Paul Kiss, Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird;

Justizausschuss:

Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001 (296 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (297 der Beilagen);

Kulturausschuss:

Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG (312 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Kunstförderungsgesetz geändert werden (313 der Beilagen);

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Ausübung exklusiver Fernsehübertragungsrechte erlassen wird und das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz sowie das Rundfunkgesetz geändert werden (285 der Beilagen),

Antrag 306/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Verfassungsgerichtshofgesetz geändert werden;

Wirtschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird (284 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend die auf der 86. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Empfehlung (Nr. 189) betreffend allgemeine Voraussetzungen für die


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Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen und mittleren Unternehmen (III-67 der Beilagen);

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit 1997 bis 1999 (Dreijahresbericht) (III-66 der Beilagen).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1016/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mitteilen, dass mir das Verlangen vorliegt, nach § 92 der Geschäftsordnung eine Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 1016/AB des Herrn Bundesministers für Inneres zur Anfrage der Frau Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Chat am 26. Juni 2000 im "Standard" durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird um 15 Uhr stattfinden, da nicht damit zu rechnen ist, dass die Tagesordnung vor diesem Zeitpunkt erledigt sein könnte.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 5 bis 11 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Daher werden wir die Punkte 5 bis 11 unter einem diskutieren.

Wir gehen jetzt in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich berichte, dass Konsens darüber besteht, die heutige Sitzung auf Basis einer Tagesblockredezeit von 10 "Wiener Stunden" durchzuführen. Daraus ergeben sich folgende Redezeiten: sozialdemokratische Fraktion 195 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 145 Minuten und Grüne 115 Minuten.

Über diese Einteilung hat das Hohe Haus zu befinden. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Daher ist das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (310 und Zu 310 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.07

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern war der Tag der Täuschung, heute ist der Tag der Wahrheit! Herr Finanzminister! Ein schlechter Tag beginnt mit der vollen Belastung


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(ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP – Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen), denn Blau und Schwarz kassieren die Österreicherinnen und Österreicher ab, und die Belastung war noch nie so groß wie heute. Dies ist eine Koalition der Steuererhöher, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben Ihnen ein zukunftsorientiertes, modernes, selbstbewusstes und soziales Österreich übergeben. (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Haigermoser und Schwarzenberger: Einen Schuldenberg haben Sie uns übergeben! – Abg. Ing. Westenthaler: Witzbold! Komiker da draußen! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Sie übergeben uns ein Belastungspaket, das vor allem eines in sich birgt, das wir nicht dulden werden: einen ungeheuren Angriff auf unsere sozial- und wirtschaftspolitische Struktur in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ziehen wir Bilanz! (Abg. Haigermoser: Schirm ...!)  – Herr Haigermoser, Ihre Zwischenrufe sind wenig intelligent und nur laut. Melden Sie sich nachher zu Wort und stören Sie nicht die Debatte! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist die Bilanz der letzten drei Jahrzehnte? – Österreich hatte zu Beginn des Jahres 2000 eine Beschäftigungsquote, die über dem europäischen Durchschnitt lag und eine der niedrigsten Arbeitslosenraten von Europa. Österreich hatte zu Beginn dieses Jahres eine der niedrigsten Teuerungsraten Europas, und die Österreicherinnen und Österreicher hatten ein durchschnittliches Monatseinkommen, das 20 Prozent über dem europäischen Durchschnitt lag. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Österreich gehört nach einer Statistik der Weltbank zu den sozial ausgeglichensten Staaten der Welt, weil der Unterschied zwischen den Wohlhabenderen und den Ärmeren in keinem anderen Land der Welt geringer ist. Es ist ein gutes Land, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Sie wollen sich die Grausamkeiten, die Sie gestern vorgestellt haben, dadurch absegnen lassen, dass Sie ein Bild von Österreich erzeugen – so haben etwa Sie, Herr Finanzminister, einen Scherbenhaufen dargestellt, was keineswegs der Realität entspricht, indem Sie gestern ganz bewusst Tatsachen unterschlagen haben, denn: Auch nach den Investitionen der vergangenen Jahrzehnte liegt die Verschuldung in Österreich unter dem europäischen Durchschnitt und nicht im letzten Teil, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Betreiben Sie also nicht Panikmache in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit der gegenwärtigen Regierungspolitik, die in diesem Budget 2001 ihren Niederschlag findet, wird nicht nur versucht, Panik zu erzeugen, sondern es wird ganz offensichtlich der Versuch unternommen, die gesellschaftspolitischen Errungenschaften der letzten 30 Jahre nicht nur zurückzudrehen, sondern auch zu diffamieren.

Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Es war es wert, in die Zukunft des Landes zu investieren, es war es wert, in die Menschen dieses Landes zu investieren, weil in den letzten 30 Jahren in Österreich letztendlich jeder Einzelne bedeutend mehr als die von Ihnen erwähnten 7 000 S davon gehabt hat. Wohlstand wurde geschaffen und nicht Armut! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Sie sind nicht mehr der Pressesprecher eines Industriekonzerns, und es geht nicht mehr darum, mit flotten Werbesprüchen Autoteile zu verkaufen. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist billig!) Sie haben es in Österreich mit Menschen zu tun und mit deren Schicksalen. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Wir Sozialdemokraten stehen nach wie vor dazu, die Menschen nicht ihrem Einzelschicksal zu überlassen, sondern in der Politik Verantwortung für Gesellschaft und Wirtschaft zu übernehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben gestern einen Paradigmenwechsel angekündigt. Was soll dieser Paradigmenwechsel bedeuten? Bisher waren wir in Österreich uns darin einig, dass der Wohlfahrtsstaat österreichischer Prägung auf folgendem Prinzip basiert: Jeder Österreicher zahlt gemäß seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in die gemeinsamen Systeme mittels Steuern und Abgaben ein (Abg.


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Jung: Arbeiterkammerumlage ...!), und allen Österreichern werden die notwendigen Leistungen des Wohlfahrtsstaates im gleichen Ausmaß zur Verfügung gestellt.

Paradigmenwechsel heißt ganz offensichtlich, dass Sie diesen Wohlfahrtsstaat, der sich in Europa bewährt hat, abbauen, verändern und zerschlagen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Welchen Weg sind Sie in den letzten acht Monaten in unserem Land gegangen, den Sie zudem jetzt offensichtlich noch verschärfen wollen? – Sie haben Steuererhöhungen bei gleichzeitigen Leistungskürzungen durchgeführt. Sie haben die kleinen und mittleren Einkommen belastet, gleichzeitig die oberen Einkommen geschont. Zahlen sind Ihnen ganz offensichtlich wichtiger als die Menschen, der Ellbogen lieber als die Solidarität und der gesellschaftliche Rückschritt wichtiger als die Reform! Das lehnen wir ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! In einer Welt turbulenter Veränderungen in Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft braucht der Einzelne mehr Solidarität der Gesellschaft und nicht weniger – daher ist Ihr Weg der falsche! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Es gibt auch schon konkrete Auswirkungen Ihrer Politik. Sie haben es binnen weniger Monate geschafft, dass Österreich heute zu jenen Ländern gehört, die die höchsten Teuerungsraten in Europa haben, und nicht mehr zu jenen mit den niedrigsten. Sie haben es geschafft, dass die Konjunkturprognosen für das nächste Jahr zurückgenommen werden.

Herr Finanzminister! Das, was Sie gestern gesagt haben, stimmt nicht. (Bundesminister Mag. Grasser spricht mit der gleichfalls auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. – Abg. Parfuss: Horchen Sie zu, Herr Finanzminister! – Abg. Dr. Mertel: Der Finanzminister tut dauernd schmusen!) Im nächsten Jahr wird das Wirtschaftswachstum in Österreich niedriger sein als in der Europäischen Union und in der OECD. (Abg. Dr. Puttinger: Woher wissen Sie das?) Damit wird den Österreicherinnen und Österreichern Wohlstand verloren gehen. Sie haben gestern in diesem Haus etwas Falsches behauptet. Streuen Sie den Österreicherinnen und Österreichern keinen Sand in die Augen! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie seit Amtsantritt ganz offensichtlich versucht haben, war, die Rechte der Arbeitnehmer zu beschneiden, den freien Bildungszugang abzuschaffen und das unter großen Mühen und der Anstrengung aller Österreicherinnen und Österreicher geschaffene System des sozialen Ausgleichs zu demontieren. Sie wollen offensichtlich binnen kürzester Zeit ein Land schaffen, in dem sich die Bewohner dieses Landes nicht mehr wieder erkennen können. Das ist der falsche Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Rücken Sie davon ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Sie haben vor, mit 1. Jänner 2001 Ambulanzgebühren einzuführen – ohne Ausnahme, auch die Kinder! Sie haben uns gestern gesagt, ein Großteil der Bevölkerung sei von Ihren Maßnahmen nicht betroffen. Glauben Sie etwa, dass Menschen mit einem Einkommen unter 30 000 S brutto nie krank werden oder nicht das Recht haben, auch krank werden zu dürfen? (Abg. Böhacker: Der Gusenbauer wird es nie verstehen!) Sie haben ganz offensichtlich vor, das als ersten Schritt zur Entwicklung einer Zweiklassenmedizin zu setzen, wo es in Zukunft nicht mehr um Solidarität geht, sondern wo die Kranken für ihre Krankheit bezahlen müssen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: ... Milliarden an Selbstbehalten pro Jahr!)

Sie haben gestern versucht, uns zu erläutern, dass die Bezieher kleiner Einkommen von Ihrer Belastungspolitik nicht betroffen sind. Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass die Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages von 1 500 S auf 750 S für all jene, die sich keine Privatpensionsvorsorge im Ausmaß von 13 000 S im Jahr leisten können, keine Belastung wäre? Was Sie versuchen, ist, Ihren Schröpfkurs schönzureden, aber das werden Ihnen die Menschen in diesem Land nicht glauben. (Beifall bei der SPÖ.)

Als besonders zynisch erachte ich, ganz offen gestanden, die Vorschläge, die Sie zum System der Arbeitslosenversicherung vorgelegt haben. Man muss sich einmal vorstellen: Die Arbeits


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losenversicherung hat überhaupt keine Finanzierungsprobleme. Es sind für dieses Jahr enorme Überschüsse in der Arbeitslosenversicherung vorgesehen, die sich aus den hohen Einzahlungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie den geringeren Ausgaben auf Grund der guten Konjunktur ergeben.

Was steckt dahinter, dass Sie in einem System, das absolut positiv wirtschaftet, nun Leistungen einschränken wollen, dass Sie das Arbeitslosengeld bei einvernehmlicher Kündigung kürzen wollen, dass Sie damit die Bauarbeiter, die Saisonarbeiter, die Karenzvertretungen, kurzum: einen Großteil der österreichischen Beschäftigten, die nicht zu den Gutverdienern gehören, treffen? – Dahinter steckt sozialpolitischer Kahlschlag und nicht Budgetsanierung, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Nachdem wir Ihnen klargemacht haben, wen und in welchem Ausmaß Sie damit treffen und das auch Kollege Gaugg des Öfteren unterstrichen hat, reden Sie jetzt davon, dass das "abgefedert" werden soll. Es ist ganz offensichtlich die derzeit übliche Methode, mit der Sie nun Politik machen: Zuerst werden die Menschen "geteert", und dann wird über das Abfedern gesprochen, das nichts anderes sein wird als die Menschen zu "rupfen". Das ist kein sozial ausgewogener Kurs! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: ... ein Van-der-Bellen-Spruch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bedenkt man, dass die derzeitige Bundesregierung darüber hinaus die Abschaffung der Mitversicherung, die Kürzung der Familienzuschläge in der Arbeitslosenversicherung, die Besteuerung der Unfallrenten und die Einführung der Studiengebühren im Ausmaß von 10 000 S pro Jahr plant, dann wird klar: Das hat absolut nichts mit Leistungsorientierung zu tun, sondern ist einzig und allein ein sozialpolitischer Kahlschlag, und den lehnen wir ab! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesministerin Dr. Sickl spricht mit der bei der Regierungsbank stehenden Abg. Haller sowie mit dem Klubdirektor der Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Die Sozialministerin interessiert das nicht!)

Die Sozialministerin interessiert sich für die sozialen Schicksale der Menschen nicht, das wissen wir bereits seit längerer Zeit. (Beifall bei der SPÖ.) Worauf sich ihr Treffsicherheitsverständnis bezieht, haben wir in der Vergangenheit auch des Öfteren bemerkt, und die Rechnung dafür wurde ja in der Steiermark bereits präsentiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ja, Ihnen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist aber nicht nur so, dass nun der sozialpolitische Kahlschlag organisiert wird (Abg. Ing. Westenthaler: Die rote Karte ist nicht aufgegangen!), sondern darüber hinaus gehend möchte der Ingenieur in der ersten Reihe auch dazu beitragen (Abg. Ing. Westenthaler: ... Confetti-TV!), dass die Arbeitnehmer ihre Rechte nicht mehr vehement genug vertreten können. Daher erfolgt gleichzeitig mit diesem Sozialabbauprogramm der Vorschlag und Antrag des Herrn Ing. Westenthaler, die Arbeiterkammern finanziell so zu kastrieren, dass sich die Arbeitnehmer nicht mehr richtig vertreten fühlen können.

Das, was Sie wollen, ist nicht nur der Kahlschlag, sondern auch, die Betroffenen in diesem Land mundtot zu machen. Das lehnen wir ab, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben gestern behauptet, dass Sie mit dem Schuldenmachen aufhören. Herr Finanzminister, das geht aus Ihrem Budget nicht hervor, denn der Bund wird sowohl im Jahre 2001 als auch im Jahre 2002 weiter Schulden machen. Sie haben die Länder und Gemeinden und damit deren Bewohner gezwungen, Überschüsse zu produzieren, aber Sie als Finanzminister werden weiterhin Schulden machen, und zwar gepaart mit der höchsten Steuerquote, die wir jemals hatten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist kein Konsolidierungskurs! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser. )

Während Sie auf der einen Seite hart und herzlos gegenüber der großen Mehrheit der österreichischen Bevölkerung vorgehen, haben Sie sich auf der anderen Seite schon einiges vorgenommen, von dem Bezieher sehr guter Einkommen erneut profitieren werden. Bei genauerer Lektüre bemerkt man nämlich, dass Sie im Bereich des Spitzenmanagements Steuerregelungen für so genannte stock options einführen werden, die dazu führen, dass einzelne sehr gut


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Verdienende in diesem Land sich eine Steuerersparnis ... (Abg. Ing.  Westenthaler: Welche "options"?)  – Ich weiß, Fremdsprachen sind nicht Ihre Angelegenheit, Herr Ingenieur! (Beifall bei der SPÖ.) Sie haben eine Regelung vorgesehen, mit der sich Bezieher sehr guter Einkommen binnen fünf Jahren eine Steuerersparnis im Ausmaß von 250 000 S organisieren können. (Abg. Ing. Westenthaler: Lernen Sie das beim Champagner-Trinken?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage Sie: Ist es in einer Zeit, in der die große Mehrheit der Bevölkerung zur Ader gelassen wird, die höchsten Steuern und Abgaben zu zahlen hat, gerecht, wenn auf der anderen Seite derartige Steuervorteile gewährt werden? – Ich meine nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben sich gestern erdreistet, zu sagen, Ihr Budget wäre eine Umverteilung von oben nach unten. (Bundesminister Mag. Grasser: So ist es!) Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lächerlich, denn die letzte Umverteilung von oben nach unten erfolgte durch die Steuerreform unseres Finanzministers Rudolf Edlinger (Widerspruch bei den Freiheitlichen), gegen die die Freiheitliche Partei gestimmt hat. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt noch den Trick zu versuchen, sich die positiven Auswirkungen dieser Steuerreform als Feder an den Hut zu stecken (Abg. Jung: 1 700 Milliarden Schulden, lauter "positive Auswirkungen"!), um sich zu schmücken, und dem all Ihre Belastungen gegenzurechnen, ist ein politisch unlauterer Vorgang. – Stehen Sie zu dem, was Sie machen! Sie machen eine Politik von Millionären für Millionäre, und nicht für die Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben bereits vergangene Woche für die Debatte in den Ausschüssen 22 Anträge eingebracht, um eine Korrektur dieses sozialpolitischen Kahlschlagprogramms herbeizuführen. Damit haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, in den Ausschüssen die Möglichkeit, dieses Budget zu korrigieren, denn mir geht es darum, dass es in Österreich ein deutliches und klares Bekenntnis zum Sozialstaat gibt. Mir geht es darum, dass wir einen sicheren Wirtschaftsstandort haben und in die Zukunft unseres Landes investieren.

Das Allerwichtigste ist: Wir brauchen eine Stärkung des Einzelnen in unserer Gesellschaft durch eine Stärkung der Gesellschaft. Das ist das Allerwichtigste! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihren Zahlenspielereien in Bezug auf die Zukunft, Herr Finanzminister. Sie sagen, Sie werden in den nächsten drei Jahren für Forschung und Entwicklung um 7 Milliarden Schilling "kumulativ" mehr ausgeben. (Bundesminister Mag. Grasser: So ist es!) Das bedeutet pro Jahr weniger als 3 Milliarden Schilling zusätzlich, also pro Jahr um weniger als 0,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes mehr! – Herr Finanzminister, wenn Sie das nächste Mal zu den internationalen Finanzinstitutionen fahren, schauen Sie sich die Steigerungsraten entwickelter Staaten bezüglich Forschung und Entwicklung an, etwa jene von Holland, Finnland und Dänemark. (Abg. Dr. Pumberger: Sagen Sie das dem Edlinger!)

Schauen Sie sich an, dass die fortgeschrittenen Staaten heute mehr in die Bildung investieren und nicht weniger! Kehren Sie um von diesem falschen Kurs, der Österreich in keine gute Zukunft bringt! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

9.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Die Uhr wird, wie gewünscht, auf 12 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer ins Hauptabendprogramm! – Abg. Dr. Gusenbauer: Besser ist der Herr Ingenieur!)

9.27

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst zwei Bemerkungen zu den Ausführungen meines Vorredners.


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Kollege Gusenbauer! Wenn die sozialistische Politik so erfolgreich war, dann frage ich Sie, warum Sie gerade zur Zeit der SPÖ-Alleinregierung nach Moskau geflogen sind, dort den Boden geküsst und laut "Heimat!" gerufen haben. (Na-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Das ist ja lächerlich!) Warum haben Sie das getan, Herr Kollege Gusenbauer? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Grabner  in Richtung des Abg. Dr. Stummvoll –: Von der Wirtschaftskammer haben sie ihn abgezogen!)

In Ihrem Debattenbeitrag, Herr Kollege, ist mir weiters Ihre Wortwahl aufgefallen. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich habe mir einige Ausdrücke des Kollegen Gusenbauer aufgeschrieben: Grausamkeiten, Panikmache, Diffamierung, Täuschung, zerschlagen, demontieren, zynisch, Kahlschlag, "teeren" und "rupfen", kastrieren, mundtot machen. – Herr Kollege Gusenbauer, angesichts dieser Sprache verstehe ich die Imagewerte, die Sie in der Bevölkerung haben, Sie pflegen nämlich eine destruktive, negative Sprache. Verwenden Sie ein bisschen positivere Ausdrücke, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer Orange!)

Meine Damen und Herren! Das Budget, das wir heute hier in erster Lesung debattieren, signalisiert – ich würde sagen – einen historischen Neubeginn der Finanzpolitik in Österreich. (Abg. Grabner: Das glaube ich!) Es ist ein Budget, das der Herausforderung Rechnung trägt, dass Österreich neu regiert werden muss. Dieses Budget ist eine Absage an die jahrzehntelange Schuldenpolitik, ein Budget des Neubeginns, der Zukunftschancen und der sozialen Fairness. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grabner. )

Herr Kollege Grabner, es ist das ein Budget nach den Grundsätzen: Mehr Privat und weniger Staat, mehr Leistung und weniger Verwaltung, mehr soziale Fairness und weniger Sozialmissbrauch, mehr Eigenverantwortung und weniger Bevormundung, mehr Freiheit und weniger Reglementierung! – Das braucht unser Land, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der Herr Finanzminister hat gestern in seiner Budgetrede zweimal – zu Recht – den Satz verwendet: "Der Vergleich macht uns sicher!" – Stellen wir also gemeinsam einen Vergleich an, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir hatten in der Geschichte der Zweiten Republik 25 Jahre lang ÖVP-Finanzminister und 30 Jahre lang sozialistische Finanzminister. (Zwischenruf des Abg. Grabner. ) Nach den 25 Jahren ÖVP-Finanzminister wurde ein Schuldenstand von 43 Milliarden Schilling hinterlassen, nach den 30 Jahren sozialistischer Finanzminister wurde ein Schuldenstand von unglaublichen 2 200 Milliarden Schilling hinterlassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Wie viel?)

Sie gehen auch in die Geschichte ein, Sie gehen nämlich als die größte Schuldenmacher-Partei in die Geschichte ein (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer ): beim Staatshaushalt, beim "Konsum", bei der Verstaatlichten, bei der Bank Burgenland und bei Ihren eigenen Parteifinanzen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Gusenbauer hat hier von Millionären gesprochen. In Ihren Reihen sitzen viele Millionäre, nur sind das lauter Schuldenmillionäre, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und der Steuerzahler hat die Zeche für diese jahrelange Schuldenpolitik zu bezahlen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dass wir diese Politik jetzt machen müssen, hat mehrere Gründe. (Abg. Grabner: Wir wissen schon, warum ...!)  – Kollege Grabner, ich hoffe, Sie werden es nach meiner Rede auch verstehen. Warum brauchen wir diese Budgetkonsolidierung? – Wir brauchen sie erstens, weil ein Staatshaushalt, der nicht in Ordnung ist, eine ständige Bedrohung für jeden Steuerzahler dahin gehend darstellt, dass der Finanzminister ihm in die Tasche greift. Wir brauchen sie zweitens, weil jeder Staatshaushalt, der nicht in Ordnung ist, eine ständige Bedrohung der Arbeitsplätze


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und der sozialen Sicherheit darstellt. Schulden sind der Feind der Arbeitsplätze, sind der Feind der sozialen Sicherheit, meine Damen und Herren!

Wir brauchen diese Konsolidierungspolitik auch, weil wir dadurch Gestaltungsspielräume für die Zukunft bekommen – im Interesse unserer Kinder und Enkel. Schulden sind verbrauchte Zukunft – wir gehen den anderen Weg: Für uns ist Budgetpolitik Zukunftsgestaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der gesunde Menschenverstand unserer Bürgerinnen und Bürger ist sehr ausgeprägt. Wenn eine jüngste Umfrage signalisiert (Abg. Dr. Gusenbauer: Wir wissen, dass Sie 14 Jahre in der Regierung waren!), dass 59 Prozent der Bevölkerung auf die Frage, ob wir bis 2002 ein Nulldefizit erreichen sollen, mit Ja antworten, so zeigt das, dass die Menschen viel vernünftiger sind, als Sie glauben. So schaut es aus. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Mag. Trattner. ) 51 Prozent Ihrer eigenen Wähler sagen: Der Kurs der Regierung ist richtig. Schluss mit dem Schuldenmachen! (Abg. Sophie Bauer: Aber Sie sagen nicht, dass ...!) 51 Prozent Ihrer Wähler, Frau Kollegin! Das sollte Ihnen zu denken geben. Sie machen eine Politik gegen Ihre eigenen Wähler, Frau Kollegin! (Abg. Sophie Bauer: Das stimmt ja nicht!) Überlegen Sie einmal, was das heißt!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mehrheit der Bevölkerung trägt diese Politik nicht nur mit, sondern die Bevölkerung signalisiert auch Vertrauen in diese Bundesregierung. Seit diese Bundesregierung im Amt ist, ist auch dieses Vertrauen wieder da, nämlich das Vertrauen in die Zukunft: 30 000 neue Arbeitsplätze, 26 000 weniger Arbeitslose, die geringste Jugendarbeitslosigkeitsrate in Europa und das höchste Wirtschaftswachstum seit 1990. Das signalisiert Vertrauen in die Politik dieser Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich noch etwas sagen: Diese Regierung – der Herr Finanzminister hat es gestern in seiner Budgetrede sehr schön herausgearbeitet – begnügt sich nicht damit zu sagen, wir müssen das Budget konsolidieren. Diese Bundesregierung fährt auch einen offensiven Kurs, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Und die Wirtschaft trägt diesen Kurs mit, meine Damen und Herren, trotz aller schmerzhaften Maßnahmen. Auch mich schmerzt die Abschaffung des Investitionsfreibetrages, auch mich schmerzen die Einschränkungen bei Rückstellungen und beim Verlustvortrag. Aber das ist notwendig, und die Wirtschaft trägt das mit – im Gegensatz zum ÖGB!

Meine Damen und Herren! Hier sehe ich schon eine Gefahr für die Zukunft. Ich möchte das sehr deutlich sagen. Als einer, der jahrzehntelang in der Sozialpartnerschaft tätig war, sehe ich schon die große Gefahr, dass das, wenn sich die sozialistischen Gewerkschafter als Speerspitze der Opposition gegen die Regierung und das Parlament verstehen, das Ende der Sozialpartnerschaft wäre (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen)  – jener Sozialpartnerschaft, die in unserer Bevölkerung hohes Ansehen genießt. Ich meine, Sie sollten das tun, was wir gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. ) Wir haben nämlich einen klaren Schnitt zwischen Sozialpartner-Spitzenfunktionären und parlamentarischen Funktionen gezogen.

Herr Präsident Verzetnitsch! Ich glaube, es wäre gut, wenn auch Sie als Spitzenfunktionär der Gewerkschaft diesen Schritt täten. Wir haben ihn gezogen, ich persönlich habe berufliche Konsequenzen daraus gezogen. Das ist Ehrlichkeit in der Politik, Herr Kollege Verzetnitsch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auch etwas sehr Positives sagen, meine Damen und Herren. Eine der größten und stärksten Gewerkschaften, die Gewerkschaft öffentlicher Dienst, hat sehr deutlich einen anderen Kurs signalisiert; einen Kurs, der bei aller harten Interessenpolitik, bei aller beinharten Interessenvertretung doch ein Grundausmaß an Gesamtverantwortung signalisiert. Ich freue mich deshalb, weil ich vor Jahren einer jener war, die gesagt haben: Schließen wir eine Standortpartnerschaft zwischen Gewerkschaft, öffentlichem Dienst und Wirtschaft. Schließen wir einen Pakt ab und sagen wir: Wir wollen gemeinsam die Zukunft bewältigen. Wir sind heute so


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weit, dass die Gewerkschaft öffentlicher Dienst – das ist ihr hoch anzurechnen – sagt: Wir tragen diese Reformen mit.

Frau Vizekanzlerin! Ich gratuliere Ihnen, dass Sie den Weg des Konsenses, statt jenen des Konfliktes, taktisch und politisch klug gehen. Meine Gratulation dazu, Sie werden Erfolg haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir ehrlich sind: Wenn frühere Reformansätze nicht erfolgreich waren, dann deshalb, weil damals gegen einen elementaren Grundsatz verstoßen wurde, und zwar gegen den Grundsatz, dass tief greifende Reformen nie über die Köpfe der Betroffenen hinweg gemacht werden können. Die Betroffenen gehören eingebunden. (Oh-Rufe bei den Grünen.) Veränderungswille lässt sich nicht dekretieren, Herr Kollege Öllinger, sondern Veränderungswille muss gemeinsam erlebt und gemeinsam gestaltet werden. Diese Einstellung hat die Frau Vizekanzlerin, und diese Einstellung hat Fritz Neugebauer als Obmann der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Mein Kompliment auch dem Obmann Fritz Neugebauer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Öllinger! Ich wiederhole mich jetzt. (Abg. Öllinger: Das macht nichts!) Ich habe schon oft gesagt: Es ist erstaunlich: Immer dann, wenn Sie keine Argumente haben, hebt sich Ihre Stimme. Aber je lauter Sie zwischenrufen, desto schlechter sind Ihre Argumente, Herr Kollege Gusenbauer. Es ist verräterisch, was Sie mit diesen lauten Zwischenrufen machen. Aber ich freue mich schon, wenn Sie an das Rednerpult kommen und Ihre Alternativkonzepte vorstellen.

Mein Eindruck ist – und diesen Eindruck haben große Kreise der Bevölkerung –: Der Opposition geht es nicht darum, gemeinsam bei diesem nationalen Kraftakt mitzumachen und unsere Zukunft zu gestalten, sondern die Opposition begnügt sich damit, Schwarzmalerei, Panikmache und Schlechtmachen zu betreiben und alles durch die negative Brille zu sehen. Das ist zu wenig. Sie sollten nachdenken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Dann würden Sie draufkommen, dass Ihre schlechten Umfragewerte in hohem Ausmaß damit zusammenhängen, dass Sie stets negativ ... (Zwischenruf des Abg. Brosz. )  – Ihre Erwartungshaltung in der Steiermark war ein bisschen höher als das Ergebnis, Herr Kollege Van der Bellen. Die Erwartungshaltung war wesentlich höher. Seien Sie ehrlich! Sie haben sich viel mehr erwartet, als Sie bekommen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Waren Sie im Wahlkampf in der Steiermark?)

Ich glaube, die Bevölkerung hat ein feines Gespür dafür, wer zum Handeln bereit ist, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht unpopulär ist, einen Kurs zu fahren, der die Zukunft sichert, der ein Kurs der Zukunftsgestaltung ist, der sich von dem destruktiven Kurs des Schuldenmachens abhebt.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung ist auf dem richtigen Weg. (Abg. Dr. Gusenbauer: In die Sackgasse!) Die Mehrheit, die hier in diesem Haus gegeben ist, wird diesen Kurs massiv unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Die Uhr ist auf 20 Minuten gestellt. – Bitte.

9.38

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Gusenbauer! Es ist eben ein Problem, wenn man so wenig im Hohen Haus anwesend ist. Dann hat man natürlich die letzten acht Monate nicht richtig mitbekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Grabner: Du bist auch nicht viel da!)

Sie haben gesagt, dass Sie einen geordneten Haushalt übergeben haben. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie haben nicht einmal einen geordneten Haushalt in der


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eigenen Partei, denn diese hat über 400 Millionen Schilling Schulden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Sie haben gesagt, dass es einen Rückschritt bei den Reformen gibt. Sie haben gesagt, dass in den letzten acht Monaten nichts für den Wohlstand Österreichs passiert ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: O ja! Das Falsche! Viel zu viel!) Herr Kollege Gusenbauer! Ihr Problem ist, dass Sie lieber in Paris Champagner trinken, als sich hier im Hohen Haus Ihrer Funktion als Volksvertreter zu stellen. Das ist Ihr Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn nämlich der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei bei einer Sondersitzung – bei der letzten war das der Fall – 22 Anträge einbringt, aber bei keiner einzigen Abstimmung dabei ist (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie wissen nicht einmal, dass Sie nicht abgestimmt haben!), wenn Kollege Gusenbauer bei insgesamt 95 Prozent der Abstimmungen hier im Hohen Haus gar nicht anwesend ist (Abg. Dr. Gusenbauer: Wieso lügen Sie?) beziehungsweise Sie Ihre eigenen Anträge gar nicht abstimmen können, so ist das das richtige Bild Ihrer Person. Das sollte auch die österreichische Bevölkerung tatsächlich einmal sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Parlamentsschwänzer!)

Wären Sie nämlich hier im Hohen Hause gewesen, dann hätten Sie sich für Ihre Rede nicht irgendwelche Plattitüden von Ihrer Parteiakademie schreiben lassen müssen (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ein beschämender Stil!), sondern dann hätten Sie mitbekommen, welche Reformen hier in den letzten acht Monaten geschehen sind. Ich werde Ihnen ein paar aufzählen.

Erstens: Arbeit und Soziales. Wir hatten im August eine Rekordbeschäftigung mit 3,207 Millionen Beschäftigten. (Abg. Reheis: Das ist nicht Ihr Verdienst!) Das sind um 16 000 mehr als im letzten Jahr. Bei den Arbeitslosen war ein Rückgang von 24 244 zu verzeichnen. Wir haben ein Programm für die Integrationshilfe von Langzeitarbeitslosen in Gang gesetzt, es gibt die Eingliederung im Wege von Gemeinwesenarbeit durch die Bezahlung von Arbeitslosengeld plus 20 Prozent Bürgergeld. Wir haben die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten bei Krankheit und Dienstverhinderung geschafft. Ein langes Programm, das Sie nie geschafft haben.

Wir haben die Pensionsreform geschafft. Wir haben bei der Pensionsreform die scharfen Zähne, die Sie vorerst mit einer zweijährigen Verlängerung des Pensionsantrittsalters drinhatten, herausgenommen; wir haben das auf 1,5 Jahre reduziert. Wir haben im Bereich von Bildung und Wissenschaft eine Verbesserung der Objektivierung im Schulbereich in Gang gesetzt. Wir haben ein Universitäts-Akkreditierungsgesetz in Gang gesetzt (Abg. Reheis: Studiengebühren!), dass die Möglichkeit besteht, dass Privatuniversitäten in Österreich akademische Grade vergeben können.

Wir haben in Bezug auf die Menschenrechte zum Schutz der autochthonen Minderheiten in Österreich die Erlassung der Amtssprachenverordnung für Kroatisch und Ungarisch für das Burgenland durchgeführt. (Abg. Parnigoni: Sie haben gegen die Steuerreform gestimmt!) Wir haben die Krankenkassen saniert, wir haben eine Wohnrechtsnovelle in Gang gesetzt. Wir haben das Versöhnungsfonds-Gesetz in Gang gesetzt beziehungsweise einen Beschluss gefasst, dass 6 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt werden können. Und wir haben innerhalb eines Jahres drei Budgets zustande gebracht. – Das ist ein Reformprogramm der letzten acht Monate, das sich sehen lassen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gestern hat der Finanzminister das Budget für das Jahr 2001 vorgelegt. Das Budget für das Jahr 2001 ist ein wichtiger Schritt in Richtung ausgeglichenes Budget oder dahin, dass wir in Zukunft Budgetüberschüsse erwirtschaften können. Ein ausgeglichenes Budget ist sicher kein Selbstzweck, sodass der Herr Finanzminister oder die Bundesregierung sagen können, wir haben die Bevölkerung nur deshalb so belastet, damit wir ein ausgeglichenes Budget schaffen. – Ein ausgeglichenes Budget ist wichtig für künftige Vollbeschäftigung, zur Sicherung des Wirtschaftstandortes Österreich, es sichert den Lebensstandard und den zukünftigen Wohlstand für die österreichische Bevölkerung.

Da Sie gesagt haben, dass Sie einen geordneten Haushalt übergeben haben, Herr Kollege Gusenbauer: Sie müssen sich nur einmal die nackten Zahlen anschauen. Die Budgetpolitik der letzten 30 Jahre von SPÖ-Finanzministern hat immerhin einen Schuldenberg von 2 200 Milli


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arden Schilling ergeben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Selbst diese Zahl ist falsch!) Aber das ist ja noch nicht alles. Dazu kommen noch 50 Milliarden Schilling Schulden bei den ÖBB, Schulden bei der ÖIAG von 46 Milliarden Schilling, die Schulden der ASFINAG in der Größenordnung von 82 Milliarden Schilling, bei der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft Schulden in Höhe von 36 Milliarden Schilling, bei der BIG 16 Milliarden Schilling, bei der SCHIG 35 Milliarden Schilling und beim Umwelt-Wasserwirtschaftsfonds 14 Milliarden Schilling.

Das sind insgesamt 2 250 Milliarden Schilling Schulden! Das bedeutet, wie der Finanzminister gestern bereits gesagt hat, 680 Millionen Schilling pro Tag müssen für Zinsen und Tilgung von Seiten der Österreicherinnen und Österreicher bezahlt werden. Das ist das, was wir Ihnen vorwerfen. Sie haben gewusst, dass diese hohen Rückzahlungen der Altschulden die künftigen Budgets beziehungsweise künftige Generationen in einem unerträglichen Ausmaß belasten, was zu Einschränkungen bei Zukunftsinitiativen führt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In Kenntnis dieser Tatsache haben Sie nichts unternommen, diese Schuldenpolitik endlich einmal einzudämmen. Sie haben Belastungspakete initiiert, und zwar in der Größenordnung von insgesamt 93,7 Milliarden Schilling für die Jahre 1996/1997. Wie sind Sie damals umgegangen? Was haben Sie alles gemacht? – Sie haben bei der Kinderbeihilfe reduziert. Sie haben einen Selbstbehalt für Schülerfreifahrten und Schulbücher eingeführt. Sie haben die Karenzzeit von 24 auf 18 Monate reduziert. Sie haben die Geburtenbeihilfe reduziert und so weiter.

Im Bereich der Familien und der Kinder gab es ein "schönes" Paket an Belastungen der österreichischen Bevölkerung von insgesamt 108 Milliarden Schilling für die Jahre 1995 bis 1997. Und was ist dabei herausgekommen? – Weiterhin Schuldenpolitik, weil Sie nicht in der Lage sind, auf einen Haushalt aufzupassen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sind Sie imstande, Zahlen zu lesen?) Das haben Sie bewiesen – sowohl in der SPÖ als auch im Bundesbudget. Sie haben Schulden übergeben (Abg. Dr. Gusenbauer: Reden Sie von Österreich?), Sie haben Belastungen für künftige Generationen übergeben, die in Europa leider einmalig sind. Diese Bundesregierung hat sich vorgenommen, diesen Haushalt in Ordnung zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dieses Budget ist eine Wende zum Guten. Wir werden dieses Budget in Ordnung bringen. Es gibt keine "Wurstvorräte der Republik", die man verteilen kann, Herr Kollege Kostelka, wie Sie in Ihrer OTS-Aussendung vom 25. September gesagt haben: "Die Regierung ist dabei, alle Wurstvorräte der Republik zu plündern." – Wir haben nicht einmal ein Scherzel gefunden! Es war nichts da. Es waren nur Schulden da! (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht einmal ein Scherzel!) Wenn heute jemand dieses Erbe antreten würde, wäre das ein Nachlass, für den man bestenfalls eine bedingte Erberklärung abgeben würde, aber keine unbedingte. Wir sind angetreten, um diesen Haushalt in Ordnung zu bringen.

Dass diese Bundesregierung, dass dieses Budget anerkannt wird, zeigen auch bekannte Wirtschaftsjournalisten. Barazon in den "Salzburger Nachrichten" schreibt zum Beispiel: Die Regierung verdient Applaus. Sie macht endlich Schluss mit der Geldverschwendung, und vor allem macht sie Schluss mit der Verteilung von sozialen Wohltaten an Mitbürger, die keineswegs bedürftig sind, und mit den vielfältigen Möglichkeiten, das Sozialsystem zu missbrauchen. Angesagt ist soziale Treffsicherheit, also die Unterstützung jener, die tatsächlich Hilfe brauchen. Die bisherige Praxis, möglichst alle zu beglücken, ist nicht nur unsinnig, sie hat auch höchst unsoziale Folgen. Die Verteilung von Geldern an alle bewirkt, dass die tatsächlich Bedürftigen nicht ausreichend unterstützt werden. – Ronald Barazon. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Christoph Kotanko, sicherlich kein Freund der jetzigen Bundesregierung, schreibt: Man muss diese Regierung nicht mögen, aber man muss anerkennen, dass sich zwei so unterschiedliche Parteien wie FPÖ und ÖVP auf einen Sanierungskurs verständigt haben, der noch vor wenigen Monaten undenkbar war. Der "kleine Mann" wird geschont, wesentliche Steuersätze werden nicht erhöht. – Zitatende. (Abg. Ing. Westenthaler: "Der ,kleine Mann‘ wird geschont"! Kotanko!)


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Wenn jetzt Proteste gegen bestimmte Maßnahmen wie die höhere Besteuerung von Stiftungserträgen und die Abschaffung des IFB kommen, sage ich, der Wirtschaftsstandort Österreich wird durch diese Maßnahmen keinen Schaden nehmen. Und das ist das Entscheidende!

Wir sind hier mit Maß und Ziel vorgegangen. Der Entwurf sieht Einnahmen in der Größenordnung von 780 Milliarden und Ausgaben in der Höhe von 815 Milliarden Schilling vor. Das Maastricht-Defizit beträgt 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beziehungsweise das gesamtstaatliche Defizit beträgt nur noch 0,75 Prozent. Das heißt, das ist der richtige Weg, um im Jahr 2002 ein ausgeglichenes Budget zu erwirtschaften. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die ausgabenseitigen Maßnahmen betreffen eine Größenordnung von zirka 56 Milliarden Schilling. Der Beitrag der Länder und Gemeinden über den Finanzausgleich macht 29,5 Milliarden Schilling aus. Es wird eine Verwaltungsreform in Gang gesetzt: Abbau von 11 000 Planstellen beziehungsweise 4 000 Planstellen weniger durch Ausgliederungen. Das heißt, eine echte Verwaltungsreform wird in Gang gesetzt, die bereits im ersten Jahr 5 Milliarden Schilling bringen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird ein Schuldenreduzierungsprogramm in Gang gesetzt, damit wir weniger Zinsen bezahlen, damit wir Schulden abbauen. Dieses Schuldenreduzierungsprogramm betrifft auch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen und die Privatisierung von 60 000 Wohnungen und dergleichen mehr. Da werden geringere Zinsen von 3 Milliarden Schilling erwartet, damit eine Manövriermasse gefunden werden kann.

Bei den einnahmenseitigen Maßnahmen kommt es natürlich zu Steuererhöhungen, aber zu Steuererhöhungen in der Form, dass wir auch da gerecht vorgegangen sind. Es wurde auf eine sozial gerechte Konsolidierung Wert gelegt. Diese 28,6 Milliarden Schilling bedeuten, dass Einkommen bis 30 000 S nicht belastet werden, dass Pensionen bis 20 000 S nicht belastet werden. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Das heißt, 75 Prozent der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, 75 Prozent der österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten sind von diesen Maßnahmen nicht betroffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist der Unterschied der Konsolidierungspolitik dieser Bundesregierung zu den Tätigkeiten des Ex-Finanzministers Edlinger, denn Finanzminister Edlinger ist über alles drübergefahren. Alle mussten zahlen, da konnte sich keiner wehren. Deshalb sind wir froh darüber, dass wir gemeinsam das Verständnis dafür aufgebracht haben, dass in erster Linie jene Bevölkerungsgruppen zur Konsolidierung beitragen, die es sich auch leisten können, das heißt, die Unternehmer, die Arbeitnehmer mit höheren Einkommen und die Stiftungen. Ein Paket dieser Größenordnung – Beitrag der Unternehmer von 14,6 Milliarden, Beitrag der Erwerbstätigen von 10,5 Milliarden und aus den Stiftungen 2,1 Milliarden Schilling – bedeutet, dass eine ausgeglichene, sozial verträgliche Maßnahme getroffen wurde, die ein Beitrag zur Konsolidierung ist. (Abg. Edler hält ein Schriftstück in die Höhe. – Abg. Ing. Westenthaler: Ist das dein Tagebuch?) Entscheidend ist, dass für die Zukunft Reserven vorhanden sind, um Maßnahmen beziehungsweise Initiativen zum Wohle der österreichischen Bevölkerung zu setzen. Darauf kommt es an. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da Sie immer mit der sozialen Gerechtigkeit und mit den Studiengebühren kommen. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Das ist ein sehr wichtiger Punkt, aber ich werde Ihnen jetzt einmal etwas sagen – Sie können auch Ihre einfachen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer draußen fragen, wie die darüber denken (Abg. Edlinger: Fragen Sie den Gaugg, wie er darüber denkt!)  –: Die Ausbildung an den österreichischen Hochschulen ist gratis, diese Ausbildung wird aber in erster Linie von der Allgemeinheit bezahlt; das heißt, die Ausbildung wird von den Beziehern kleiner Einkommen, von den Beziehern kleiner Pensionen und auch von den Reichen bezahlt. Der Vorteil, den derjenige auf Grund seiner Ausbildung genießt, ist ein Einkommensvorteil in der Größenordnung zwischen 30 und 40 Prozent. Das muss man einmal auch von dieser Seite betrachten. Dieser Einkommensvorteil sollte auch in Form eines Beitrages abgegolten werden (Zwischenruf des Abg. Brix ), der sozial gerecht gestaffelt wird, damit jeder, der studieren will, auch studieren kann.


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Es wird niemanden geben, der allein auf Grund seiner schlechten Einkommenssituation nicht an die Hochschule gehen kann. Es wird Stipendien geben, die Stipendien werden erhöht werden, es wird Möglichkeiten für Privatstipendien geben. (Abg. Reheis: Bittsteller!) Eine Organisationsreform der Universitäten wird durchgeführt, sodass die Studierenden auch in Österreich rasch studieren können. Das muss man als Gesamtpaket sehen und nicht immer so einseitig, wie Sie es sehen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Reden Sie einmal mit den betroffenen Personen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brix. ) Es sagen alle: Wenn heute jemand lernt, dann zahlt die Mitversicherung, wenn heute jemand als Berufstätiger eine Ausbildung beim bfi machen will, dann muss er dafür zahlen. – Es ist doch adäquat, dass auch von demjenigen ein Beitrag kommt, der eine gute Ausbildung an den österreichischen Universitäten erhält. Es werden sich dann gewisse Dinge an den Universitäten von selbst regulieren beziehungsweise werden die Qualitätsansprüche an die Universitäten höher werden, und diese müssen vor Ort zufrieden gestellt werden.

Dass Sie hier nicht auf dem richtigen Weg sind, sagte Ihnen Finanzminister Lacina ganz klar im Jahre 1991. Ich zitiere:

Finanzminister Lacina hat sich am Mittwoch abend für die Einführung von Studiengebühren ausgesprochen. – Und am 21. Juli 1994: Lacina hat sich für die Einführung von Studiengebühren in der nächsten Legislaturperiode ausgesprochen. – Zitatende. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Wolf Rauch, Präsident der Rektorenkonferenz, sagt: Ich persönlich wäre froh, wenn wir ohne Gebühren auskämen, in einem reformierten Gehaltssystem kann das aber vielleicht ein notwendiges Steuerungssystem sein. – Zitatende.

Ja bitte, debattieren wir darüber, aber machen Sie nicht Angst und Bange und verunsichern Sie nicht die jungen Menschen, sodass diese auf die Straße gehen! Das ist eine Art und Weise der Politik, die Sie hier in den letzten Jahren, in den letzten acht Monaten betrieben haben, die ihresgleichen in Europa sucht und absolut abzulehnen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat sich vorgenommen, nicht nur zu sparen, sondern auch Maßnahmen für die Familien zu setzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Da können Sie noch etwas lernen, Herr Gusenbauer!) Das Kinderbetreuungsgeld wird ab 1. Jänner 2002 mit 6 250 S pro Kind eingeführt. Das ist eine familienpolitische Maßnahme, die jedem Vergleich in Europa standhält.

Wie schaut es aus mit der Familienförderung in Bundesländern, die von der SPÖ, die von den Freiheitlichen beziehungsweise von der Österreichischen Volkspartei regiert sind? – Ich nenne Ihnen nur ein kleines Beispiel: das Burgenland. Im Burgenland beträgt die Familienförderung 5,2 Millionen Schilling, in Kärnten 45 Millionen und in Vorarlberg 80 Millionen Schilling. Wer ist denn jetzt familienfreundlich? Was haben Sie denn gegen die Familien? Was haben Sie denn gegen die Kinder?

Im Burgenland haben Sie über 6 Millionen im Budget, haben aber nur wenige Anträge abgewickelt, damit man eben nur 5 Millionen Schilling für die Familienförderung zahlen muss. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Sie hätten ja die Kinder am liebsten bereits von der Wiege bis zur Bahre bei Ihnen "installiert". (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die sollen ja alle in den Ganztags-Kindergarten, in die Ganztags-Schule gehen. Die Familie darf ja bei Ihnen als Keim nicht bestehen. Da haben wir eine andere Auffassung. Wir wollen der Familie jenen Stellenwert geben, den die Familie auch verdient.

Wir haben auch weitere Maßnahmen vorgesehen. Wir wollen 15 Milliarden Schilling zur Senkung der Lohnnebenkosten zur Verfügung stellen – ein Paket von 15 Milliarden Schilling zur Senkung der Lohnnebenkosten. Sie haben immer nur darüber geredet und gesagt: Die Lohnnebenkosten, die müssen wir senken!, aber geschehen ist nichts. Haben Sie sich nicht durchgesetzt? (Abg. Edler: Was macht ihr für die Arbeiter?) Wenn Sie mit einem Partner anständig um


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gehen, dann können Sie mit dem Partner auch gemeinsame Dinge machen. Das ist eben zwischen der Österreichischen Volkspartei und den Freiheitlichen gelungen. (Abg. Öllinger: Das ist interessant! Da haben wir in den letzten Jahren etwas anderes gehört!) Es werden eben Beiträge geleistet, und beide Gruppen bringen so viel Verständnis auf, dass hier ein maßvolles, sozial verträgliches Budget herauskommt (Abg. Öllinger: Was sagt denn der Haider zu ...?) und dass diejenigen entlastet werden beziehungsweise diejenigen etwas bekommen, die es notwendig brauchen. Das ist das Ziel, das hier angestrebt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was ist mit der Technologieoffensive? – Ständig haben Sie darüber geredet, es gebe eine Technologiemilliarde. Wir haben nie etwas von ihr gesehen. Die ist auf 370 Millionen geschrumpft worden. (Abg. Öllinger: Bei Ihnen auch!) Sie wissen das ganz genau, Kollege Edlinger. Da können Sie ruhig Nägel beißen, das ist eben so, Herr Kollege Edlinger. Nägel beißen tut man auch nicht hier im Plenum. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und was macht diese Regierung? – Sie investiert! Sie investiert in Technologie und Forschung! 10 Milliarden Schilling werden zur Verfügung gestellt! (Abg. Dr. Gusenbauer: 7!) Und was ist das Ziel? – Das Ziel ist, dass wir auch in Zukunft Überschüsse erwirtschaften wollen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Budget lesen! 7, nicht 10!) Denken wir an Finnland: 4 Prozent Überschuss, davon gehen 70 bis 80 Prozent in Technologie und Forschung. Das ist das, was wir auch erreichen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer schreibt mit!) Damit erzielt man Vollbeschäftigung, damit erzielt man Wohlstand.

Deswegen war es auch richtig – und es war auch höchste Zeit –, dass diese Bundesregierung mit einem freiheitlichen Finanzminister ans Ruder gekommen ist, denn dadurch ist eine echte Wende entstanden. Diese Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Bundesbudget wirklich in Ordnung zu bringen. Sie ist auf dem besten Weg dorthin. Wir können sicher sein (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann ): Nur mit dieser Bundesregierung ist es möglich, dass wir in den nächsten Jahren nicht mehr mit einem Bericht über Finanzschulden des Bundes konfrontiert werden, sondern hoffentlich einmal mit einem Bericht über Sparguthaben des Bundes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Jawohl! Der Gusenbauer hat alles mitgeschrieben! – Abg. Dr. Gusenbauer: Der Zettel ist leer!)

9.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet. Bitte, zunächst die zu korrigierende Behauptung und dann den tatsächlichen Sachverhalt vorzutragen! – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.58

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Trattner hat behauptet, dass die SPÖ in der letzten Sondersitzung 22 Anträge eingebracht hat, bei deren Abstimmung Dr. Gusenbauer nicht anwesend gewesen wäre.

Wahr ist vielmehr: Die 22 Anträge wurden, wie üblich, ohne Abstimmung zugewiesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Na, na, na!) Dr. Gusenbauer konnte daher nicht fehlen, weil es gar keine Abstimmung gab.

Wenn es je einen Parteiobmann gegeben hat, der außer bei seinen eigenen Reden nie hier im Hause war, dann war es Haider. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Haigermoser.  – Abg. Ing. Westenthaler: Frau Kollegin Bures! Haider ist Landeshauptmann!)

9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die Uhr ist auf 20 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Professor. (Abg. Ing. Westenthaler: Auch Van der Bellen ist ausgeschlafen! Seit Mitternacht gestern nicht im Haus gewesen!)

9.59

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bemühe mich, auf den Inhalt der gestrigen Budgetrede einzugehen. Bemerkenswerte Sätze sind gleich der erste und der zweite.


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Der erste Satz meint, dass die Finanz- und Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung Ausdruck eines grundlegenden Paradigmenwechsels ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Was heißt das denn?)  – Sie müssen Herrn Grasser fragen, was das heißt, nicht mich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich habe ja nur aus der Budgetrede vorgelesen, aber ich werde gleich versuchen, zu erläutern, wie das auf mich wirkt, Herr Kollege.

Und der zweite Satz lautet: "Wir möchten die Globalisierung als Chance für unser Land nützen und nicht Mauern rund um Österreich bauen."

Sehr gut, Herr Finanzminister! Ich kann das nur unterstreichen. (Abg. Freund: Stimmen Sie zu?) Wie erklären Sie dann, dass die Industrie – laut "Salzburger Nachrichten" vom 12. Oktober – einen Bedarf von 85 000 Spezialisten in der Computerbranche ortet? Vielleicht ist es ja nur die Hälfte, vielleicht sind es nur 10 Prozent. Es ist auch nicht nur die Industrie, die diesen Bedarf ortet, es sind auch andere Organisationen, auch die Wirtschaftsforscher. Und was ist passiert? – Herr Westenthaler sagt: Erstens glaubt er es nicht, und selbst wenn: Njet, das geht nicht! (Abg. Ing. Westenthaler: "Njet" sage ich sicher nicht!) Wir brauchen keine ausländischen Computerspezialisten, und selbst wenn wir sie brauchen sollten, dann gehe das eben nur zu Lasten der Familienzusammenführung legal hier lebender Ausländer.

Da frage ich mich: Meinen Sie das mit Paradigmenwechsel, keine Mauern rund um Österreich bauen, Globalisierung als Chance nützen? Wissen Sie, wie das auf mich wirkt? – Das ist eine Koalition aus Xenophobie und Wirtschaftsfeindlichkeit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Wie halten Sie es mit arbeitslosen Österreichern?) Das ist etwas Neues, dass die ÖVP sich für so etwas hergibt. Fremdenfeindlichkeit und Wirtschaftsfeindlichkeit zusammengenommen, das war bisher ein Privileg der FPÖ. Aber die ÖVP macht hier mit! (Abg. Dr. Trinkl: Wer sagt das?)

Das war der erste Versuch, den Paradigmenwechsel zu erklären. (Rufe bei den Freiheitlichen: Was hat das mit dem Budget zu tun?) Na, Finanz- und Wirtschaftspolitik hat der Herr Bundesminister für Finanzen gestern gemeint. Und das ist ein aktueller Anlass, sich zu überlegen, wie diese Bundesregierung Globalisierung als Chance nützt, keine Mauern rund um Österreich bauen will und überhaupt einen Paradigmenwechsel anstrebt.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, was man unter Paradigmenwechsel verstehen könnte, und ich habe dazu schon in der letzten Sondersitzung des Parlaments Stellung genommen. Wenn man alle Details dieser Budgetmaßnahmen vergisst und versucht, die großen Linien zusammenzuführen, dann kann ich dazu nur sagen: Es ist auffällig, wie sich bestimmte Maßnahmen im Bereich des Arbeitsrechts, im Bereich des Sozialversicherungsrechts und im Bereich des Lohnsteuerrechts an einem Punkt konzentrieren, nämlich bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeiterkammer schreibt dazu in ihrer Stellungnahme: Das alles ist offenbar nicht ein zufälliges Ergebnis bunt zusammengewürfelter Sparmaßnahmen, sondern folgt einem strategischen Ziel: Die wirtschaftliche Verhandlungsposition der Arbeitnehmer ist wesentlich von ihrer finanziellen Absicherung im Falle des Verlusts des Arbeitsplatzes bestimmt. Schwächt man diese Absicherung, dann schwächt man die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer im Lohnfindungsprozess insgesamt. – Herr Gaugg, hören Sie zu? Ist er überhaupt da? – Das ist schade, dass er nicht da ist. – Nicht zufällig, sondern treffsicher und konsequent werden diese Beendigungsansprüche in allen Rechtsgebieten beschnitten.

Ja, das ist ein Paradigmenwechsel, das stimmt, Herr Finanzminister Grasser. Haben Sie das gemeint? (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Viel mehr sehe ich ja nicht, was aus Ihrem Programm hervorgeht, außer – dritte Möglichkeit – Sie meinen die Machtübernahme kleinkarierter Buchhalter in der Budgetpolitik statt ökonomischer und bildungsbezogener Orientierungen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Posch: Wiederholen Sie den Satz, bitte!)

Es ist ja klar, dass das Defizit in einer guten Konjunktursituation sinken muss. Das ist so trivial, darüber lohnt es sich ja überhaupt nicht zu diskutieren. Aber was ist denn mit den zukunftsorientierten Investitionen, die gerade Herr Trattner wieder beschrieben und beschworen hat? Wir haben es schon so oft diskutiert, früher gemeinsam, jetzt zu meinem Erstaunen kontrovers.


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Sie behaupten im Ernst, dass die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in diesem Budget hinreichend ansteigen? Im Ernst, Herr Trattner? Ich habe Sie früher im Budgetausschuss als Fachmann kennen und schätzen gelernt. (Abg. Großruck: Kennen, schätzen und lieben!) Jetzt machen Sie genau das Gleiche, was die rot-schwarze Regierung vorher gemacht hat. Das ist einfach nicht wahr, was Sie hier sagen.

Die Forschungs- und Entwicklungsquote in Österreich, also die Ausgaben für Forschung und Entwicklung betragen laut OECD  – Ihre Zahlen sind andere – 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das sind auch die Zahlen, die uns der Herr Finanzminister im September beim berühmten Budgetrodeo vorgelegt hat: 1,6 Prozent. Fehlen auf 2,5 Prozent, das offizielle Ziel dieser Bundesregierung, Ihrer Bundesregierung, wie viel Milliarden, Herr Kollege Trattner? Sagen Sie mir das! (Abg. Mag. Trattner: Das errechnen wir schon noch!) Von 1,6 auf 2,5 Prozent des BIP? – Okay, Kopfrechnen, das gebe ich zu, ist schwierig. Es sind 27 Milliarden Schilling pro Jahr! In der Budgetrede steht 7 Milliarden kumuliert. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. )

"Kumuliert", was soll denn das heißen? Wenn ich drei Jahre zusammenzähle, das heißt kumulieren, dann komme ich auf 7 Milliarden Schilling. Na danke! Wenn das in der Budgetrede falsch formuliert ist, dann korrigieren Sie das! Auch der Herr Finanzminister wird ja Gelegenheit haben, sich noch zu melden und zu erklären, wie er von 7 Milliarden Schilling kumulativ für drei Jahre auf 27 Milliarden Schilling pro Jahr kommt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Und Sie haben die 27 Milliarden Schilling im Nachtkastl?)

Diese 27 Milliarden Schilling muss natürlich nicht der Staat allein zahlen. Natürlich besteht die Hoffnung, dass die Industrie, die Wirtschaft insgesamt – ist Herr Stummvoll noch da? – nein, das erspart er sich! – mehr für Forschung und Entwicklung ausgibt. Und das passiert von allein? Welche Maßnahmen werden denn in diesem Budget getroffen, damit die Wirtschaft und die Industrie die Forschungs- und Entwicklungsausgaben erhöhen? Wo denn? Was denn? (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Der Forschungsbeitrag ist erhöht worden!)

Herr Trattner! Ich bin enttäuscht von Ihnen. Statt einer Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsquote ist Ihnen schon etwas eingefallen im Bereich Forschung und Bildung, nämlich die Einführung einer Bildungssteuer. Sie nennen das Studiengebühr. (Abg. Mag. Trattner: Haben Sie mir nicht zugehört?) Ich habe Ihnen genau zugehört, Herr Kollege Trattner, und ich glaube, Sie irren sich in einem wesentlichen Punkt. Wissen Sie, wo der Abschreckungseffekt dieser Bildungssteuer liegt? (Abg. Dr. Cap: Jetzt wird es zu hoch für euch, jetzt steigt ihr aus!) Ich glaube nicht, dass der bei den untersten Elterneinkommen liegt, die so niedrig sind, dass studierende Kinder ein Stipendium bekommen können. Wenn Sie dafür sorgen, dass die Bildungssteuer ins Stipendium inkorporiert wird, entsteht kein Abschreckungseffekt, wenigstens fiskalisch nicht. Wie das psychologisch wirkt, ist wieder eine andere Geschichte. Und die Wohlhabenden, die können das auch verkraften. Aber gefährdet ist die untere Mittelschicht, das sind die Leute, die 30 000, von mir aus 40 000 S im Monat verdienen. Da bekommen die Kinder kein Stipendium. (Abg. Dr. Martin Graf: Na selbstverständlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Nein, sicher nicht! Lesen Sie das Gesetz, orientieren Sie sich über die Studienbeihilfen. Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da sagen, Herr Kollege Graf. (Abg. Mag. Trattner: Verstehe ich das richtig: 40 000 S sind für Sie ein mittleres Einkommen? – Abg. Dr. Stummvoll: Das sind hier nicht Ihre Studenten, Herr Professor! – Abg. Öllinger: Keine destruktiven Zwischenrufe! – Weitere Rufe und Gegenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Na geh bitte, auf das lasse ich mich jetzt hier nicht ein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit. Herr Grasser versucht, den Begriff der Nachhaltigkeit für die Freiheitlichen zu vereinnahmen. Das gefällt mir ja, dass er den Begriff der Nachhaltigkeit auch auf die Finanzpolitik übertragen will. Und irgendwo in der Budgetrede kommt – ich war eigentlich schon erstaunt, ja hoch erfreut – sogar das Wort "Kyoto-Ziel" vor. Also für diejenigen von den Freiheitlichen, die noch nicht wissen, was das Kyoto-Ziel ist: Es handelt sich um den Treibhauseffekt, die CO2-Emmissionen, und was man dagegen machen kann. – Ja? (Rufe bei den Freiheitlichen: Was soll das! Sparen Sie sich Ihre Überheblichkeit!) Gut. Was ist also im Budget gegen den Treibhauseffekt und zur Erreichung des Kyoto-Ziels, wo


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zu sich Österreich verpflichtet hat und eine Verringerung der CO2-Emissionen um 13 Prozent erforderlich ist, vorgesehen? Was ist da drinnen? – Ein Satz, nämlich: Die Länder sollen es machen. Die Länder sollen es machen, und zwar im Zuge der Neuorientierung des Finanzausgleichs. Ich habe auch den Vortrag von Herrn Finanzminister Grasser an den Ministerrat gelesen. Da steht drinnen: Die Länder werden schon ein bisschen was machen. Dafür heben wir die Zweckbindung bei der Wohnbauförderung auf, und die Länder werden dann schon dafür sorgen, dass das Kyoto-Ziel erreicht wird. Und das nennen Sie Zukunftsorientierung, das nennen Sie Nachhaltigkeit, Herr Kollege Trattner?

Gehen wir ein bisschen ins Technische, Herr Trattner, ja? Sie und ich haben jetzt schon etliche Budgetreden gehört. In jeder Budgetrede kommt so sicher wie das Amen im Gebet, ob das früher von den Sozialdemokraten war oder jetzt von Herrn Grasser, das Stichwort Verwaltungsreform. – Super! Niemand dagegen, oder? Bürokratieabbau muss sein, gar keine Frage. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Der Vergleich macht uns sicher!)

Schauen wir uns nur ein Beispiel an. Ich könnte Ihnen zahllose aufzählen, wie sich Bürokratie sozusagen naturgesetzlich aufbläht auf Grund der Maßnahmen, die die Mehrheit dieses Hauses, der Gesetzgeber, das ist immer die Mehrheit, beschließt. Haben Sie sich beispielsweise im Budgetbegleitgesetz angeschaut, was zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Artikel 42, vorgesehen ist? Das ist wirklich interessant.

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz, ein Gesetz aus dem Jahre 1977, ist seither sage und schreibe über 100 Mal novelliert worden. Über 100 Mal in 23 Jahren! (Abg. Dr. Stummvoll: Die 100 Novellen wurden nicht von dieser Regierung beschlossen!) Wer soll das vollziehen? Wie bläht das Bürokratie auf? Jetzt haben wir eben die 101. Novelle: Abs. 4 des § 11: Die Wartefrist – die haben wir ja energisch bekämpft, Sie wollen es immer noch machen – gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen – hören Sie zu, Herr Stummvoll, das geht Sie auch an und Ihre Kollegen von den Sozialpartnern! – nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen. Super! Über 700 000 Leute kommen jährlich in die Verlegenheit der Arbeitslosigkeit. Ein Teil davon wird unter diesen Abs. 1 fallen: 100 000, 200 000, 300 000 – das weiß man nicht. Ein guter Teil davon wird sagen: Na bitte, aber die Wartefrist, die mir aufgebrummt wird, die vier Wochen ohne Arbeitslosenunterstützung, das ist in meinem Fall ungerecht. Ich bin ein berücksichtigungswürdiger Fall. Wer will ihm das übel nehmen? (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Da wird man halt ein bissl überheblich als Beamter! – Bundesminister Dr. Bartenstein: Das ist zynisch!) Es ist ja sein gutes Recht, das wahrzunehmen und zu sagen: Ich bin ein berücksichtigungswürdiger Fall. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und was ist berücksichtigungswürdig? Lesen Sie die Erläuterungen nach: zur Vermeidung von Härtefällen. So macht der Gesetzgeber Bürokratie: Er erläutert nicht, was berücksichtigungswürdig ist, er sagt nicht, was ein Härtefall ist. Er sagt nur: In Hunderttausenden von Fällen kann die Wartefrist zu Härtefällen führen – Sie selbst geben das zu! –, und dann kann das nachgesehen werden, nämlich nach Anhörung des Regionalbeirates. Nach Anhörung! Da sitzen dann die Sozialpartner drinnen. – Herr Stummvoll, Sie sind halt nicht mehr dabei, weil schon demnächst in Pension. (Abg. Dr. Stummvoll: So? Da wissen Sie mehr als ich!)  – Die beschäftigen sich dann mit Hunderttausenden von Fällen, und dann kommt das zurück in die Bürokratie, und jemand muss entscheiden. Auf Grund einer unklaren Gesetzesbestimmung schaffen Sie erstens Rechtsunsicherheit in extremem Ausmaß – kein Mensch weiß, was das heißen soll –, und zweitens blähen Sie Bürokratie auf. Das ist nur ein Beispiel von vielen! Auf diese Art wollen Sie Verwaltungsreform machen, Bürokratie abbauen und die Steuern senken? Das ist genau das Beispiel, wie es nicht geht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist kein Zufall, dass wir mittlerweile die höchste Abgabenquote nicht nur der Zweiten Republik haben, sondern seit es überhaupt Statistiken gibt. Das müssen Sie auch einmal vertreten. (Abg. Dr. Pumberger: Da müsste der Edlinger wieder kommen!) Abgesehen davon, Herr Kollege Trattner, Sie sind Tiroler. Ich weiß nicht, wie Sie die Landesvertreter dort einschätzen. Der größte Brocken der ausstehenden Verwaltungsreform ist natürlich wieder unerledigt, nämlich die Beziehungen zwischen Bund und Ländern. Die Landeshauptleute haben den Finanzminister voll über den Tisch gezogen. Voll! Sie tragen ein bisschen was zur Budgetkonsolidierung bei, dafür


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gibt es keine Strukturreformen. Das waren die sechs ÖVP-Landeshauptleute, ein FPÖ-Landeshauptmann und zwei SPÖ-Landeshauptleute. Nichts hat sich verändert in diesem Bereich! (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Gestatten Sie mir abschließend, meinem Groll Ausdruck zu geben. Es ist zwar immer spannend, analytisch zu betrachten, was sich ein Finanzminister vorstellt. Ich habe versucht, zu verstehen, was der Paradigmenwechsel ist, und bin dabei zu für mich unerfreulichen Ergebnissen gekommen. Der Finanzminister hat ja auch noch Gelegenheit, das näher zu erläutern, was er unter Paradigmenwechsel versteht. Aber, liebe Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen, Herr Finanzminister, ist es notwendig, in diesen Texten – natürlich nicht durchwegs, aber punktuell – auch Unwahrheiten und Schwachsinn zu verzapfen? Liest niemand so eine Rede, bevor der Finanzminister das Wort für Wort vom Blatt abliest?

Seite 3 erster Absatz: "Natürlich führen solch hohe Rückzahlungen für Altschulden zu Manövrierunfähigkeit ..." und so weiter bis zum dritten Satz dieses Absatzes. Jeder einzelne Satz ist Schwachsinn! Das ist Unsinn! Die Rückzahlungen für Altschulden führen natürlich nicht zu Manövrierunfähigkeit, sonst wäre das Budget schon längst manövrierunfähig. Die Tilgungen sind überhaupt kein Problem, das kann Ihnen Kollege Eder von der Bundesfinanzierungsagentur am besten erklären. Die Zinsen sind ein Problem, wenn schon, aber doch nicht die Tilgungen! (Abg. Mag. Trattner: Da haben wir eine unterschiedliche Auffassung!) Das wird hier dauernd durcheinander gemischt. Die Rückzahlungen, heißt es im zweiten Satz, erforderten eine sehr hohe Steuer- und Abgabenquote. Das ist ja Unsinn. Wenn schon, dann sind die Zinsen ein Problem, aber doch nicht die Tilgungen. Und der dritte Satz ist überhaupt kompletter Schwachsinn. Dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rund 7 000 S netto mehr im Monat verdienen könnten, hätte man nicht 30 Jahre lang eine derart unverantwortliche Politik betrieben, das ist doch ganz einfach Quatsch. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Mir fehlt hier die Zeit, um das im Einzelnen zu erläutern. Ich bin gerne bereit, Ihnen im privaten Gespräch zu sagen, warum das Quatsch ist. Aber ich bin überzeugt, Herr Kollege Stummvoll, Sie wissen das ohnehin jetzt schon, auch wenn Sie den Kopf schütteln.

Auf Seite 13 steht im Ernst der Satz, noch extra hervorgehoben, die privaten Haushalte leisteten einen Konsolidierungsbeitrag von 3,5 Milliarden Schilling. 3,5 Milliarden Schilling die privaten Haushalte? Ja bin ich vollkommen verblödet oder was? (Abg. Dr. Pumberger: Ja! – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege, ich muss Sie vor sich selber in Schutz nehmen! – Bitte. (Allgemeine Heiterkeit.)

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Die privaten Haushalte sind die, die Steuern zahlen: die Lohnsteuer, die Unfallrentenbesteuerung, die §-67-Maßnahmen. Das sind Dutzende von Milliarden Schilling! Nach Ihrem eigenen Arbeitsbehelf zum BFG 2001 steigen die Steuern nächstes Jahr um 77 Milliarden Schilling an, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge genau genommen. Die privaten Haushalte zahlen davon, wenn ich das auf Seite 13 ernst nehme, 3,5 Milliarden Schilling. Das ist offensichtlicher Unsinn!

Herr Kollege Trattner! Abschließend: Sie behaupten schon wieder – ich glaube, das steht auch irgendwo in der Budgetrede –, dass die Budgetüberschüsse in Finnland für Forschungs- und Entwicklungsausgaben herangezogen werden. Was soll denn das sein? Was ist denn ein Überschuss? Ein Überschuss entsteht im Budget, wenn die Einnahmen größer sind als die Ausgaben. Was wollen Sie da noch für Forschung und Entwicklung ausgeben? Wenn Sie das ausgeben, haben Sie eben einen geringeren Überschuss, aber Sie können den Überschuss nicht für Forschungs- und Entwicklungsausgaben verwenden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist ja keine Prüfung da! Behandeln Sie Ihre Studenten auch so?)

Also wirklich, Unwahrheiten! Es ist ja nicht notwendig, Herr Finanzminister Grasser, das ist alles nicht notwendig. Sie schreiben irgendwo, es werde überwiegend ausgabenseitig konsolidiert. Das ist so offensichtlich unwahr, dass ich mich frage, was Sie damit bezwecken. Plus 77 Milliarden Schilling an Einnahmen nächstes Jahr. Na wo sind denn die mindestens 80 Milliarden


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Schilling Ausgabenbeitrag, der ja dem entsprechen müsste, wenn Sie im Ernst behaupten, dass das überwiegend ausgabenseitig erfolgt?

Und wirklich abschließend: Einkommen unter 30 000 S werden nicht belastet, hat Herr Trattner gesagt, hat der Herr Finanzminister in seiner Budgetrede gesagt. (Abg. Mag. Trattner: So ist es!) Herr Trattner, haben Sie vergessen, dass es § 67 Einkommensteuergesetz-Maßnahmen gibt, die Entschädigungszahlungen im Kündigungsfall, wenn man beim Arbeitsgericht gewinnt, und so weiter? Da gibt es keine Einkommensgrenze, das betrifft alle. Haben Sie vergessen, dass der Arbeitnehmerabsetzbetrag halbiert wird? Das betrifft alle. (Abg. Mag. Trattner: Nicht, wenn man es für die Pensionsvorsorge verwendet! Das ist der Start für die dritte Säule der Altersvorsorge!) Haben Sie vergessen, dass die Arbeitslosenunterstützung gekürzt wird, dass eine Wartefrist eingeführt wird und dass die Familienzuschläge gesenkt werden. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das betrifft alle völlig unabhängig vom Einkommen!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Und natürlich die ganz besonders, die weniger als 30 000 S verdienen. Das ist einfach unwahr , was Sie behaupten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu tatsächlichen Berichtigungen gelangen zunächst Kollege Dr. Grollitsch und dann Dr. Niederwieser zu Wort. Danach hat die Frau Vizekanzlerin das Wort. – Bitte, Dr. Grollitsch. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.

10.20

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohe Regierungsbank! Herr Professor Van der Bellen hat in seiner soeben gehaltenen Rede wenigstens in zwei Fällen Unterstellungen und Unwahrheiten verbreitet, die ich richtig stelle. Er meinte zum Beispiel, Fremdenfeindlichkeit und Wirtschaftsfeindlichkeit seien ein Privileg der FPÖ. Dies ergebe sich aus der Ablehnung eines erhöhten Zuzuges von ausländischen Computerexperten.

Richtig ist, dass die Regierung beschlossen hat, die Familienzusammenführungen zu forcieren und nicht zu Lasten von Zusammenführungen Computerspezialisten aus dem Ausland einzuführen (Abg. Dr. Kostelka: "Einführen"! Wie viel?), da wir da ein Manko in der Ausbildung haben. Das wäre fremdenfeindlich!

Zweitens: Herr Professor Van der Bellen hat behauptet, dass Kinder von Leuten aus der unteren Mittelschicht mit einem Familieneinkommen bis zu 40 000 S kein Stipendium bekommen könnten. (Abg. Schwemlein: 30 000!) Das ist falsch. Richtig ist, es wird ein Leistungsstipendium geben, das für die Eltern aus allen Einkommensschichten offen ist. (Abg. Dr. Kostelka: Wie viele sind denn das?) Das ist die Wahrheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

10.21

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Abgeordneter Trattner, den ich vermisse (Abg. Ing. Westenthaler: "Vermisse" – das ist rührend!), hat in seiner Aufzählung eine Liste von Leistungen dieser neuen Bundesregierung gebracht, und er hat unter anderem auch das Akkreditierungsgesetz genannt, das Gesetz über die Privatuniversitäten. Ich habe das mit Kollegen Lukesch vorher in der alten Regierungskonstellation SPÖ/ÖVP verhandelt, wir haben das auch in der alten Regierungskonstellation und Mehrheit beschlossen. Ich kann mich noch gut erinnern, die heftigsten Gegner waren die Freiheitlichen. Wie Sie dazu kommen, das jetzt auf Ihre Liste zu schreiben, ist mir völlig unverständlich.


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Zum Zweiten: Kollege Trattner hat auch gesagt, dass wir junge Menschen dermaßen verunsichern, dass sie auf die Straße gehen. Auch diese Behauptung des Kollegen Trattner ist unrichtig. Wir verunsichern niemanden. Es sind Ihre unsozialen Maßnahmen, die Menschen auf die Straße treiben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt die Frau Vizekanzlerin. – Bitte, Frau Vizekanzlerin. (Abg. Ing. Westenthaler: Er "vermisst" den Trattner so! – Abg. Dr. Gusenbauer: Da hat er sich versprochen!)

10.23

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Meine Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Finanzminister hat gestern gesagt – und dieser Satz hat sich heute entsprechend in den Medien niedergeschlagen –: Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget und einem sanierten Haushalt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt auch manche, zu deren Lebensphilosophie es gehört, dass sie meinen, ein guter Tag müsse auch mit einem Scherz beginnen. Kollege Gusenbauer hat das heute versucht mit einem, wie ich meine, ziemlich misslungenen Scherz, indem er gesagt hat, die vorherige Bundesregierung habe einen sanierten Haushalt übergeben.

Herr Kollege Gusenbauer, ich spare mir jetzt Qualifizierungen dieser Bemerkung. Ich möchte das einfach nur anhand der Fakten widerlegen. Was Sie dieser Bundesregierung übergeben haben, ist ein Rekorddefizit, ist die Schlusslichtposition Österreichs bei der Haushaltspolitik in Europa und ist ein Defizit von 2 200 Milliarden Schilling, das zur Folge hat, dass Österreich 680 Millionen Schilling an Zinsen und Tilgungen pro Tag berappen muss. (Abg. Edlinger: Das ist unglaublich! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist der ordentliche Haushalt!) Wenn Sie meinen, dass das ein saniertes Budget und ein geordneter Haushalt ist, den Sie übergeben haben, dann qualifiziere ich das nicht, sondern ich überlasse es eigentlich der österreichischen Bevölkerung, den Bürgerinnen und den Bürgern dieses Landes, sich ihr eigenes Bild zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt wissen wir, warum es bei euch in der Parteikasse so ausschaut: Das ist auch ein "geordnetes" Budget!)

Das wichtigste Ziel, das sich diese neue Bundesregierung vorgenommen hat, ist, endlich Schluss zu machen damit, dass man durch Schuldenmachen die Probleme immer auf die jeweils nächste Generation verschiebt, weil Schulden nicht nur etwas sind, was sich in der Bilanz eines Finanzministers abspielt, sondern eine Belastung sind für jeden Bürger dieses Staates, eine Belastung von über 200 000 S pro Kopf, eine Schuldenbelastung, die jeden Österreicher in diesem Land trifft, und das ist eine zutiefst unsoziale Hypothek für die junge Generation dieses Landes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt nur ein einziges Rezept dagegen, weitere Schulden zu machen, und dieses Rezept heißt sparen. Der Finanzminister hat mit diesem Budget, das er vorgelegt hat, bewiesen, dass diese Bundesregierung im Gegensatz zu früheren Zeiten vor allem beim Staat selbst spart. Ganz im Gegensatz zu dem, was Sie, Herr Professor Van der Bellen, gesagt haben, sind Bund, Länder, Städte und Gemeinden selbstverständlich in diese Verantwortung mit eingebunden und haben ihren Beitrag dazu zu leisten.

Wir werden mit der umfassendsten Verwaltungsreform, die es je in diesem Lande gegeben hat, in den nächsten zwei Jahren 10 Milliarden Schilling allein auf Bundesebene einsparen. Wir haben darüber hinaus gemeinsam mit den Bundesländern – wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, ein bisschen genauer zu lesen, hätten Sie das auch festgestellt – ein sehr umfassendes Verwaltungsreformprogramm ausgearbeitet mit einer Verkürzung der Instanzenzüge, mit einer Auflösung des Kompetenzenwirrwarrs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und mit einer umfassenden Modernisierung der Verwaltung, die dazu führen wird, dass in Zukunft nicht mehr die Menschen, sondern die Akten laufen werden, was eine deutliche Verbesserung auch für die Bürger ist. Eine Harmonisierung der Systeme im Bereich des Arbeitsmarktes, der Spielregeln für den Arbeitsmarkt ist etwas, was längst überfällig war, und etwas, was sich diese Bundesregie


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rung ganz besonders zum Ziel gesetzt hat, weil es nicht einzusehen ist, dass es unterschiedliche Regeln und Richtlinien für die Menschen gibt, je nachdem, wo sie arbeiten. Das ist ein System, das Sie leider Gottes jahrzehntelang gefördert haben. Herr Kollege Gusenbauer, diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen, denn Sie haben jahrzehntelang geschützte und privilegierte Bereiche in diesem Land verteidigt wie die ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Mir haben Sie überhaupt keinen Vorwurf zu machen! Nur damit wir uns klar sind!)

Sie haben geschützte Bereiche verteidigt. Das sieht man auch an den Reaktionen der vergangenen Tage, denn einer der heftigsten Schmerzpunkte auf Ihrer Seite war offensichtlich die Kürzung der Politikerbezüge und die Kürzung der Parteienförderungen, denn das war etwas, was immer wieder auch in den Stellungnahmen Ihrer Bundesgeschäftsführerinnen gekommen ist, die eigene Pressekonferenzen gemacht und beklagt haben, dass diese Bundesregierung dafür gesorgt hat, dass ein 100-Millionen-Schilling-Einsparungspaket für die Parteien geschnürt wurde und darüber hinaus die Politikerbezüge kräftig gekürzt wurden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Kein Mensch hat dazu etwas gesagt! Das ist unglaublich!) Das ist auch ein wichtiger Punkt und ein Solidaritätsbeitrag, den wir in diesem Zusammenhang leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Die Regierung kommentiert nicht, sondern polemisiert! – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt ist er nervös, der Gusenbauer!) Fragen Sie die Kolleginnen Kuntzl und Bures, die sich besonders darüber beklagt haben, dass man bei den Parteien spart. Vielleicht fragen Sie da einmal nach.

Ein besonderes Augenmerk legt diese Bundesregierung auf die Familien. Deswegen sparen wir gerne bei den Parteien, damit wir auf der anderen Seite auch etwas für jene in diesem Land haben, die es wirklich brauchen, nämlich die Familien. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist traurig genug, dass wir europäisches Schlusslicht bei der Budgetpolitik geworden sind und Spitzenreiter beim Schuldenmachen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was heißt das überhaupt?) Wir sind aber sehr stolz darauf, dass Österreich mit der Familienförderung im internationalen Spitzenfeld liegt, und wir werden dafür Sorge tragen, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben durch die Finanzierung der Lohnsteuerreform und des Familienpaketes – Herr Professor Van der Bellen, ich sage Ihnen jetzt auch gleich dazu, warum wir das auch für uns reklamieren, weil wir das nämlich nicht nur angekündigt und versprochen haben, sondern weil wir dafür gesorgt haben, dass sie auch finanzierbar und umsetzbar geworden ist, und das ist der entscheidende Punkt (Beifall bei den Freiheitlichen) – dafür gesorgt, dass es durch die Lohnsteuerreform und das Familienpaket zu einer deutlichen Einkommensverbesserung für alle Österreicherinnen und Österreicher kommt, nämlich mit 32 Milliarden Schilling Entlastung und 32 Milliarden Schilling mehr Kaufkraft für Familien mit Kindern, für allein erziehende Mütter und sozial Schwache in diesem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden einen weiteren wichtigen Schritt setzen, indem wir ab 1. Jänner 2002 das Kindergeld für alle haben werden, und zwar einen Anspruch von 6 250 S monatlich für insgesamt 36 Monate, 250 S davon sind für die Pensionsversicherung bestimmt. Das ist ein wichtiger Schritt gerade in Richtung pensionsrechtlicher Absicherung von Frauen, wie wir das auch schon bei der Pensionsreform durch eine deutliche Verbesserung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten gemacht haben. Das ist etwas, wovon früher jahrzehntelang geredet wurde und wozu es unzählige Manifeste und Programme gegeben hat, die aber nie umgesetzt wurden. Und das ist auch ein Unterschied: Von schönen Worten allein werden die Mehrkinderfamilien und die allein erziehenden Mütter in diesem Land nicht satt!

Wir reden nicht nur davon, sondern wir handeln auch! – Das ist der Unterschied, und das ist die neue Politik dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Klubobmann Gusenbauer! Wenn Sie gesagt haben, Wohlstand wurde geschaffen (Abg. Dr. Gusenbauer: Was sonst?), dann möchte ich schon, dass Sie nicht vergessen, dass diesen Wohlstand Generationen von Österreicherinnen und Österreichern in diesem Land durch ihre harte Arbeit geschaffen haben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wer sonst?) Das ist es, wo der Wohlstand in diesem Lande herkommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Dass Sie sich das jetzt so einfach auf Ihre Fahnen oder auf die Fahnen Ihrer Partei heften, ist nicht legitim (Abg. Dr. Gusenbauer: Ihr Budget zahlen ja auch alle Österreicher!), sondern Aufgabe jeder Politik und jeder Bundesregierung ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, jenen zu helfen, die dieser Hilfe bedürfen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Genau das macht Ihre Regierung nicht!)

Wir haben heute in diesem Land eine Situation, die nicht so ist, dass wir damit zufrieden sein können und dass wir uns damit beruhigen können, dass wir sagen, Wohlstand wurde geschaffen, sondern wir haben eine Situation, wo eine Million Menschen in diesem Land an oder unter der Armutsgrenze leben (Abg. Dr. Gusenbauer: Mit Ihrer Politik wird das noch mehr!), und das sind vor allem Frauen und Mehrkinderfamilien. Das ist der Ausfluss der Politik der vergangenen Jahre, in denen Karenzgeld gekürzt wurde, Familienbeihilfen gekürzt wurden, Lohn- und Einkommensteuern erhöht wurden und sogar das Pflegetaschengeld gekürzt wurde. (Abg. Sophie Bauer: Sie haben die Arbeitslosenversicherung gestrichen!) Ich erwähne das deswegen, weil es ein besonders gravierender Fall ist, wo man gerade die sozial Schwächsten getroffen hat, und das hat wahrlich nichts mit der Schaffung von Wohlstand zu tun. Deshalb fehlt es halt auch ein wenig an Glaubwürdigkeit bei Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer, und Ihren Parteifreunden. Das hat sich auch bewiesen.

Wenn Sie gesagt haben, der Wähler hat in der Steiermark am Sonntag eine Rechnung präsentiert, dann ist das sicher richtig. Auch die FPÖ hat dort eine schmerzliche Niederlage erlitten. Der Unterschied ist nur, dass wir die Botschaft des Wählers verstanden haben und dass wir auch daraus lernen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wurde von einer "Politik der Millionäre für Millionäre" gesprochen. – Ich möchte das schon etwas genauer analysieren, denn wenn man schon davon spricht, dass eine "Politik für Millionäre" gemacht wurde, dann möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es der frühere Finanzminister Lacina war, der diese Stiftungsregelung geschaffen hat, die eine Umverteilung von unten nach oben gewesen ist, und dass es diese Bundesregierung ist, die gesagt hat, es muss auch zu einer Besteuerung in diesem Bereich kommen, zu einer Erhöhung des Eingangssteuersatzes und zu einer Besteuerung auch der Kapitalerträge und Beteiligungsveräußerungen in den Stiftungen, und das ist ein Faktum. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben garantiert, dass die Mitversicherung für Frauen mit Kindern voll erhalten bleibt, und zwar auch dann, wenn diese Kinder bereits erwachsen sind, dass mit einer Behindertenmilliarde eine nachhaltige Arbeitsplatzinitiative gesetzt wird, und zwar gerade in dem einzigen Bereich, wo die Arbeitslosigkeit in diesem Land nach wie vor im Steigen begriffen ist, denn sonst haben wir eine sehr gute Situation in diesem Bereich. Deshalb ist es wichtig, in diesem Bereich etwas zu unternehmen und dafür zu sorgen, dass auch Arbeitsplätze für Behinderte geschaffen werden.

75 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ich wiederhole das, Herr Professor Van der Bellen, in aller Deutlichkeit – sind von den Sanierungsmaßnahmen nicht betroffen. Egal, wie oft Sie etwas anderes behaupten, es stimmt nicht. Das untere Einkommensdrittel wird nachhaltig um 5,5 Milliarden Schilling entlastet. Das können Sie nachrechnen, das wird Ihnen ja nicht schwer fallen, wenn Sie das auch wirklich ernst meinen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Verantwortung, die wir in dieser Bundesregierung für dieses Land zu tragen haben, heißt, dass wir endlich Schluss machen mit dem Schuldenmachen (Abg. Dr. Gusenbauer: Nicht einmal das stimmt!), dass wir nichts verschenken, was wir nicht haben, dass wir nichts versprechen, was wir nicht halten können, aber dass wir das, was wir versprechen, auch halten. Und das heißt, dass wir die Schuldenberge vergangener Jahre und Jahrzehnte abbauen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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41. Sitzung / Seite 34

10.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort gemeldet. 2 Minuten Maximum. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Grabner: Der Graf von Luxemburg!)

10.35

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren Minister! Ich möchte die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Van der Bellen tatsächlich berichtigen, der hier vom Rednerpult aus behauptet hat, dass es ab einem Maximalbruttoeinkommen von monatlich 30 000 S keine Stipendien geben wird. – Das ist evident unrichtig.

Ich möchte Ihnen die richtigen Zahlen darlegen. Es gibt diese 30 000-S-Grenze schlichtweg nicht. Das sei an einigen Beispielen festgemacht:

Alleinverdiener, ein Kind, Student auswärts, 47 000 S monatliches Bruttoeinkommen: stipendienberechtigt.

Alleinverdiener, zwei Kinder, Student auswärts, 55 000 S monatliches Bruttoeinkommen: stipendienberechtigt.

Alleinverdiener, drei Kinder, ein Student auswärts, monatliches Bruttoeinkommen 59 500 S: stipendienberechtigt. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist eine tatsächliche Berichtigung?)

Beide Eltern verdienen, ein Kind, Student auswärts, 50 500 S monatliches Bruttoeinkommen: immer noch stipendienberechtigt.

Beide Eltern verdienen, zwei Kinder, ein Kind studiert auswärts, 58 200 S monatliches Bruttoeinkommen: stipendienberechtigt.

Beide Eltern verdienen, drei Kinder, ein Student auswärts, 60 700 S monatliches Bruttoeinkommen: Da wird es immer noch Stipendien geben.

Die Politik, die Sie hier machen, ist reine Angstmache. Jeder Student, der ein Stipendium anstrebt, wird ein Stipendium erhalten, auch mit der zusätzlichen Leistungskomponente. Es ist natürlich eines erforderlich, nämlich ein Mindestmaß an Leistung zu erbringen, sodass die 43 Prozent Studierenden, die keine Prüfungen in einem Jahr ablegen, künftighin natürlich Studiengebühren bezahlen werden müssen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe die Universitätsprofessoren nicht bespitzelt, kommt jetzt die Berichtigung!)

10.37

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Frau Vizekanzlerin hat in ihren Ausführungen behauptet, die vorige Regierung hätte keinen sanierten Haushalt übergeben, sondern nur Schulden und Belastungen. – Diese Behauptung ist unrichtig! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Richtig ist, dass jeder Häuselbauer Kredite aufnimmt, um Werte für das Leben zu schaffen. Wir haben gemeinsam mit den Österreicherinnen und Österreichern einen Wohlstand geschaffen, den Sie jetzt gefährden. Und diese Leistungen zahlt man nicht aus der Hosentasche. (Beifall bei der SPÖ.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen seid ihr bei der Nationalratswahl abgewählt worden wegen dem tollen Wohlstand! Am Wort ist der Schuldenminister! – Abg. Haigermoser: Was ist denn heute auf der Krawatte? – Ameisen? – Abg. Ing. Westenthaler: Pleitegeier!)

10.38

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich habe vorgestern am Abend die Unterlagen für das Budget 2001 bekommen und studiert und habe gestern mit großer Aufmerksamkeit der Re


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41. Sitzung / Seite 35

de des Herrn Bundesministers zugehört. (Abg. Ing. Westenthaler: War eine gute Rede!) Im Laufe der Rede habe ich mir immer mehr die Frage gestellt, über welches Budget der Herr Bundesfinanzminister eigentlich redet, denn jenes, das hier dem Hause vorliegt, kann es nicht gewesen sein. Ich hoffe sehr, dass bald die Unterlagen, die zur Rede des Herrn Finanzministers passen, auch dem Hohen Haus zugeleitet werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diese Bundesregierung ist seit fast neun Monaten im Amt, und in seiner Regierungserklärung hat der Herr Bundeskanzler damals appelliert – und ich habe mich davon angesprochen gefühlt –: Kritisieren Sie nicht jetzt, sondern wir wollen nach geraumer Zeit an unseren Taten gemessen werden!

Nun, so soll es sein, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen diese Täter an ihren Taten messen und die Diskussion danach führen. Das genügt nämlich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn der Herr Bundesfinanzminister von einem sanierten Budget redet, dann, muss ich sagen, fehlen die Fakten, denn vieles ist aus dem Budgetbegleitprogramm, aus den Budgetbegleitgesetzen nicht erkennbar. Diese Regierung ist in der Tat in einem rekordartigen Tempo unterwegs. Da haben die Klubobmänner immer wieder Recht. Das olympische Motto "citius, altius, fortius" bestärkt diese Regierung. Schneller ist diese Regierung beim Brechen all ihrer Versprechen (Beifall bei der SPÖ), höher, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei den Steuern, die sie den Österreichern verordnet, und stärker bei den Belastungen, vor allem für die kleinen Bürger unseres Landes. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben tatsächlich einen Weltrekord aufgestellt. In nur neun Monaten drei Belastungspakete – das ist ein einsamer Weltrekord, und der gehört Ihnen ganz allein. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei hat das Prinzip der Täuschung hohe Priorität. Nach der Beendigung der Sanktionen durch die Mitgliedsländer der Europäischen Union wird diese Politik der Täuschung endlich sichtbar. Vor allem die Volkspartei, die 14 Jahre lang massiv an der Schuldensituation führend mitwirkte, leidet an Verdrängung.

Wenn über die Schulden so viel gesprochen wird, dann darf ich Ihnen das schon zeigen. (Der Redner zeigt ein Schaubild zum Thema "Entwicklung der Schulden seit 1960".) Im ersten Feld sehen Sie die Schuldenansammlung der sozialistischen Alleinregierung, im zweiten Feld jene unter tätiger Mithilfe der ÖVP. 369 Milliarden waren die Schulden, mit denen Österreich aufgebaut worden ist. 1 100 Milliarden ist die schwarze Handschrift der Regierungspolitik der letzten 13 Jahre. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Herr Finanzminister sagt, Österreich sei ein Sanierungsfall, dann muss ich mich fragen: In welchem Lande lebt er denn? Wahr ist vielmehr, dass in 30 Jahren sozialdemokratischer Führungstätigkeit Österreich von einem europäischen Hinterhofland zu einem der reichsten Länder Europas geworden ist. (Beifall bei der SPÖ.) Ein Land mit hohem Lebensstandard, ein Land mit ständig hoher Beschäftigung, ein Land mit sozialer Sicherheit für breiteste Schichten der Bevölkerung – und das ist uns gelungen, obwohl die Volkspartei 13 Jahre dieser Regierung angehört hat, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Ihre Rechnung, jeder Österreicher könnte 7 000 S mehr im Börsel haben, gäbe es keine Schulden, hat dankenswerterweise Herr Ökonomieprofessor Van der Bellen eigentlich dort hingestellt, wo sie hingehört, nämlich in die Ecke der Dummheiten. Aber eines möchte ich Ihnen schon in aller Deutlichkeit sagen, wenn man von der Schuldenquote redet, auch ein internationaler Vergleich (der Redner zeigt ein anderes Schaubild): Österreich 64,9 Prozent, EU 68,1 Prozent. Ist die Europäische Union ein Fall für die Sanierung in diesem Bereich? Österreich hat weniger Schulden als die Länder im europäischen Durchschnitt, und das ist auch ein Ausdruck der Politik, die wir zu vertreten haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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Aber noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren: Hätten wir diese Schulden für die Entwicklung unseres Landes nicht gemacht, dann hätten wir das Szenario des Jahres 1969: 720 000 Arbeitsplätze weniger. Diese Regierung – die vorige natürlich – hat Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass es täglich 65 neue Arbeitsplätze in den letzten 30 Jahren gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Diese Politik unter sozialdemokratischer Führung hat es bewirkt, dass es in diesen 30 Jahren täglich um zwei Ärzte, täglich um vier Krankenpfleger in diesem Lande mehr gibt, um die soziale und gesundheitspolitische Versorgung der Bürger sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gäbe nur halb so viele Lehrer. Wissen Sie, dass wir im Bereich der Infrastrukturen an jedem 50. Tag in diesen 30 Jahren eine allgemeinbildende höhere Schule eröffnet haben? – Das ist etwas, was die Leute möchten, und das haben wir in diesem Lande auch geschaffen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Es gäbe nur ein Fünftel der heutigen Autobahnen. Es gäbe um 1 000 Kilometer weniger elektrifizierte Eisenbahnen, und der Lebensstandard in Österreich läge nicht um 5 Prozent über jenem der Bundesrepublik Deutschland, sondern um 38 Prozent unter diesem, wie das 1969 war. Darauf sind wir stolz, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Täuschen Sie die Bevölkerung nicht, sondern bringen Sie Leistungen für die Menschen dieses Landes!

Die zweite Täuschung, Herr Finanzminister: 70 Prozent von der Ausgabenseite, 30 die Einnahmen. – Das ist wahrlich eine Fiktion, wie auch dankenswerterweise die Professoren Badelt, Streissler und Walter festgestellt haben. Was haben die zu Ihrem Budget gesagt? – Sie haben gesagt: versteckte Steuererhöhungen, keine strukturellen Änderungen, das nächste Sparpaket kommt bestimmt. (Abg. Neudeck: War bestellt!) Und Wirtschaftsprüfer Rödler sagt: Finanzminister Grasser erfindet Steuern ohne Ziel. – Das ist die Politik, die Sie machen. Sie täuschen die Menschen, indem Sie ganz einfach von völlig falscher Realität ausgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Budgetsanierer, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Mag. Trattner: Reden Sie vom Altbudget?) Ihre Unterlage, Herr Mag. Grasser. In den Jahren 1999 bis 2001 steigen die Steuern um 26 Milliarden Schilling. Sie bringen in neun Monaten das zusammen, was ich in vier Jahren nicht zusammengebracht habe, denn in dieser Zeit sind die Steuern um 30 Milliarden Schilling gestiegen.

Sie sind ein Steuererhöher. "Grasser kassiert uns ab" wie man dankenswerterweise geschrieben hat. "Staat kassierte noch nie soviel" wie heute. – Das ist Ihre Politik der Sparsamkeit?

Und von der Ausgabenseite? – In jenen dreieinhalb Jahren, in denen ich Finanzminister war, sind die Ausgaben um 54 Milliarden gestiegen. Beim Ausgabensanierer steigen sie in zwei Jahren um 61 Milliarden. Ja wo kommen wir denn da hin, wenn die Überschriften faktisch mit der Politik nicht übereinstimmen? – Das ist die Täuschung Nummer zwei.

Die Täuschung Nummer drei, die Gerechtigkeit: 70 Prozent seien nicht betroffen von der einkommensteuermäßigen Reform, die ein ganz kleines Mosaiksteinchen im Paket Ihrer Grausamkeiten ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ja wie ist denn das mit der 30 000-S-Grenze? Müssen die Leute, die unter 30 000 S verdienen, nicht die Energieabgabe zahlen, nicht die Versicherungssteuer, nicht die Tabaksteuer, nicht die Biersteuer, nicht die Umsatzsteuer, nicht die Vignettenerhöhung, nicht die diversen Gebühren, nicht die Urlaubsaliquotierung, nicht die Rezeptgebühren, nicht die Selbstbehalte? Müssen sie die Kürzung des Arbeitslosengeldes nicht in Kauf nehmen? Sie belasten primär jene Menschen, die es ohnehin schwer haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wenn Herr Gaugg gerade flüchtet, was ich verstehe, erwähne ich es trotzdem. Er hat Probleme mit der Politik seiner Partei, und er sagt das auch ganz deutlich im "profil", indem er meint: Der Spagat, den man machen muss, ist manchmal schon etwas groß. Ich bin nicht so sportlich, der Gaugg ist viel sportlicher. Vielleicht kann er einen breiteren Spagat machen. Er muss nur aufpassen, wenn er zu breit ist, dann fällt man auf einen gewissen Körperteil. Und dort werden Sie bald landen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn davon gesprochen wird, 70 Prozent seien nicht betroffen, dann darf ich Ihnen noch eine Grafik zur Veranschaulichung zeigen. (Der Redner zeigt diese.) Am Ende dieser Regierungstätigkeit im Jahr 2002/03, soweit man das berechnen kann, werden die Arbeitnehmer Österreichs um 47,9 Milliarden Schilling weniger haben, die Unternehmer um 2,2 Milliarden mehr. Das ist Umverteilung à la Grasser und Freunde. Auch das werden wir den Österreicherinnen und Österreichern in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die vierte Täuschung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Märchen von der Steuerquote. Im letzten Jahr betrug die Steuerquote unter sozialdemokratischer Führung 44 Prozent, in Europa betrug sie 43,7 Prozent – na da habt ihr (in Richtung Freiheitliche) euch aufgeregt! Wissen Sie, wie hoch sie jetzt ist? (Der Redner zeigt ein Schaubild.) Stellen Sie sich diese Säule blau-schwarz vor. 46 Prozent! Die höchste Steuerquote in der Geschichte unseres Landes! Und dann trauen Sie sich hier vom Rednerpult aus zu sagen, dass Sie Steuern senken? (Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Für wie dumm halten Sie denn die Menschen in unserem Lande? Sie werden Ihnen die Rechnung rascher präsentieren, als Sie glauben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Täuschung Nummer fünf, meine sehr verehrten Damen und Herren, betrifft die soziale Treffsicherheit. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. ) Ich bin überzeugt davon, dass Herr Kollege Verzetnitsch darauf eingehen wird. Ich jedenfalls habe soziale Treffsicherheit semantisch immer so verstanden, dass das das Bemühen ist, in sozialer Hinsicht besonders sorgfältig vorzugehen. Sie deuten diesen Begriff um. Sie wollen die sozial Schwachen treffen, das nennen Sie "soziale Treffsicherheit". Und das gelingt Ihnen auch, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Die sechste Täuschung: Man redet hier über Strukturreformen, vor allem die Frau Vizekanzlerin, die ein neues Ministerium mit 130 Leuten hat, allein 30 davon im Präsidium. – Ist das Sparsamkeit in diesem Staate? Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Dass es keine Strukturreformen gibt, bescheinigt Ihnen ein Mann, der allen Möglichen näher steht als der Opposition, nämlich der Herr Rechnungshofpräsident, wenn er meint: "Rasenmäher-Stil". Wer ein bisschen drüberschaut, wird also abrasiert. Aber Strukturreformen sind von dieser Regierung nicht zu erwarten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fasse zusammen: Statt eines Belastungsstopps gibt es neue Belastungen. (Abg. Haller: Was hätten denn Sie gemacht? Wie hätten Sie es gemacht?) Statt Steuererleichterungen gibt es Steuererhöhungen. Statt bei sich selbst zu sparen, plant die Regierung neue Ausgaben und spart bei den Bürgern. Statt bei den Reichen zu sparen, wird zu diesen hin umverteilt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Statt sozialer Gerechtigkeit gibt es Sozialabbau. Statt die Situation der "kleinen Leute" zu verbessern, wird den Invaliden, Pensionisten, Kranken und Arbeitslosen Geld genommen. (Abg. Neudeck: Wo haben Sie das her?) Ihre Ankündigung, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, diesen Staat umzubauen, ist in der Tat eine gefährliche Drohung! (Die Abgeordneten der SPÖ spenden stehend lang anhaltenden Beifall. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Trattner zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.54


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Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner
(Freiheitliche): Kollege Edlinger hat behauptet ... (Abg. Edlinger nimmt seine Schaubilder vom Rednerpult.) – Ihre Taferl können Sie mitnehmen, denn die stimmen ohnehin nicht. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das Erinnerungsvermögen der Sozialdemokraten ist überhaupt ein sehr lückenhaftes.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die tatsächliche Berichtigung!

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Ich berichtige tatsächlich: Herr Kollege Edlinger hat gesagt, dieser Bundesregierung sei es gelungen, innerhalb von neun Monaten Steuern um 28 Milliarden Schilling zu erhöhen. Das habe er in seiner vierjährigen Tätigkeit nicht zustande gebracht.

Herr Kollege Edlinger! Sie haben es zustande gebracht, allein im Jahr 1996/1997 die Steuern um 94 Milliarden zu erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte. (Abg. Edlinger: Erwiderung! – Abg. Achatz: Auf Zuruf kann man sich nicht zu Wort melden! – Weitere Zwischenrufe.)  – Herr Kollege Spindelegger, bitte!

10.55

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Wir haben soeben erlebt, wer in der SPÖ das Sagen hat: offensichtlich Kollege Edlinger. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es war eine sehr wortreiche, emotionale Darstellung, wie man vom Täter zum Ankläger wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wenn nämlich ein Finanzminister der SPÖ – der letzte in einer 30-jährigen Reihe – einen Schuldenberg von 2 200 Milliarden Schilling übergibt und dann hier vom Rednerpult aus die Regierung anklagt, weil sie sparen muss, meine Damen und Herren, so ist das wirklich eine Art, die wir in diesem Haus nicht dulden können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ein Finanzminister der SPÖ, der heute hier gesagt hat, was er in seiner Amtszeit alles geschaffen hat, der aber vergisst zu sagen, auf wessen Kosten, nämlich auf Kosten derjenigen, die nach uns kommen, ist verantwortungslos. Meine Damen und Herren! Das sind Leistungen, die er bestellt, verbraucht, aber nicht bezahlt hat, sondern das überlässt er den anderen. Verantwortungslos! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für mich ist es erschreckend (Abg. Grabner: Dass der ÖAAB nichts mehr zu reden hat in der ÖVP!), dass jemand, der dieses Finanzdesaster zu verantworten hat, als Letzter in der Reihe von 30 Jahren sozialistischer Finanzminister, heute nicht einen einzigen Satz in Richtung Einsicht – nicht einen einzigen Satz! – und in keinem Satz einen Alternativvorschlag gebracht hat. Man kann diese Politik zusammenfassen: Keine Einsicht – keine Aussicht. Das ist sozialistische Finanzpolitik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn man vor der Zielsetzung, im Jahre 2002 kein neues Schuldenpaket mehr zu schaffen, steht und sich dazu bekennt, dann muss man leider Maßnahmen ergreifen, die uns allen nicht angenehm sind. Wenn man über soziale Treffsicherheit spricht und die Regelungen mit dem Ziel einzusparen durchgeht, ist klar, dass unten etwas herauskommen muss, was nicht neu verteilt, sondern eingespart wird.

Wir von der Volkspartei bekennen uns zu dieser Politik, denn das ist Politik mit Verantwortung und nicht Politik ohne Verantwortung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Für uns ist die Grundlage der Finanzpolitik, dass jeder seinen Beitrag leisten muss, dass keine Bevölkerungsgruppe ausgenommen werden kann – aber natürlich nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit. Wer ein höheres Einkommen hat, muss auch mehr beitragen als einer, der weniger hat.

Ich komme gleich zu den Themen, die noch niemand von der Opposition angesprochen hat. Hinsichtlich des Kataloges der sozialen Treffsicherheit wissen wir, dass das schmerzt, einen Arbeitnehmervertreter, das darf ich sagen, ganz besonders. (Abg. Grabner: Das ist schon ein Fremdwort!) Aber nach Durchsicht des Expertenberichtes, nach Durchsicht dessen, was die


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Experten – auch aus Ihrer Richtung – alles vorgeschlagen haben, wovon die Bundesregierung nur einen kleinen Teil ausgewählt hat, bekenne ich mich dazu, dass das, was vorgeschlagen wurde, in Ordnung ist. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Da immer wieder von der Mitversicherung, die heute für die Ehefrau und die Kinder gratis ist, gesprochen wird, darf ich festhalten: Sie bleibt auch künftig für die Ehefrau und für die Kinder gratis, für alle, die Betreuungspflichten haben, auch für jene, die einen Angehörigen pflegen. Aber ich halte es für sozial gerechtfertigt, dass eine Ehefrau, die keine Betreuungspflichten hat, vom Gehalt ihres Ehemannes einen Beitrag in die Krankenversicherung leistet. Das ist aus meiner Sicht eine verantwortungsvolle und sozial gerechte Politik. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Edler. ) – Darauf komme ich gleich, lieber Kollege.

Nächster Punkt: Wartefrist auf das Arbeitslosengeld. Es ist unangenehm, wenn man von vier Wochen spricht, und ich bin überzeugt davon, dass wir noch eine bessere Lösung zustande bringen werden. Aber wenn man sich vergegenwärtigt, lieber Kollege, dass in der Tourismusbranche jährlich 1,4 Milliarden Schilling an Beiträgen in die Arbeitslosenversicherung geleistet werden, aber 3,7 Milliarden herausgenommen werden, muss man schon auch darüber nachdenken, ob das aus sozialer Sicht gerechtfertigt ist. (Abg. Reheis: Wer schickt denn diese Leute in die Arbeitslosigkeit?) Ich stehe dazu, dass wir hier über neue Regeln nachdenken müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters: Im Zusammenhang mit Studiengebühren und Studienbeiträgen wundert mich Folgendes: Diejenigen, die von den Änderungen gar nicht betroffen sind, schreien am lautesten. Nach den Regelungen, die die Frau Bundesministerin vorgesehen hat, sind ja jene, die Stipendien beziehen, davon gar nicht betroffen. Sie bekommen diese Studienbeiträge vom Staat zusätzlich dazu. Aber gerade diese Studenten stehen auf der Straße und versuchen, uns weiszumachen, dass das das Ende der Bildungspolitik in Österreich ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Leistungsstipendien werden erhöht. Prüfungstermine werden neu aufgerollt – wir werden zu einem neuen Dienstrecht kommen. Wir kommen mit dem Thema Studienbeiträge nicht zu großen Geldbeträgen im Budget, aber wir kommen dazu, dass das Phänomen Massenuniversität angegangen wird, dass wir die Qualität der Ausbildung an den Universitäten neu regeln und damit verbessern können. Und das halte ich für einen qualitativen Fortschritt in der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das waren drei Maßnahmen aus dem Paket der sozialen Treffsicherheit.

Ich darf in diesem Zusammenhang schon auch auf die Rolle des ÖGB und der Arbeiterkammer zu sprechen kommen. Wenn ich heute die Zeitschrift "Solidarität" anschaue, von Ihnen Herr Kollege Verzetnitsch, dann ist sie nichts anderes geworden als ein Kampfblatt gegen die Bundesregierung. Das hat mit einer Vertretung von Arbeitnehmerinteressen sehr wenig zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Publikationen der von Ihnen geführten Arbeiterkammern sind nichts anderes als eine Gräuelpropaganda gegen etwas, was gar nicht kommt. Es wird Geld auch aus Arbeitnehmerbeiträgen dafür verwendet, etwas zu behaupten, was in Wirklichkeit gar nicht stimmt. Ich halte es für einen sehr schlechten Dienst an den Arbeitnehmern, wenn sich Gewerkschaft und Arbeiterkammern so verhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auf Beispiele verweisen, was ich mir auch von Ihnen erwarte, Herr Kollege Verzetnitsch. Ich möchte darauf eingehen, wie das gelaufen ist bei den Verhandlungen zwischen Bundesregierung und Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Es waren sehr harte Verhandlungen, und gerade wir haben auch große Sorge gehabt, dass das vielleicht zu einer Eskalation führen kann, aber man sieht: Wenn sich beide Partner am Tisch dazu bekennen, dass man wirklich an einer Lösung arbeitet, dann kann eine Lösung herauskommen, die beide Seiten vertreten können. Auf der einen Seite kann man einen Gehaltsabschluss für die öffentlich Bediensteten präsentieren, der einen Sockelbetrag von 500 S vorsieht, der gerade den Beziehern kleiner Einkommen etwas bringt, und auf der anderen Seite werden von der Bundesregierung sehr wohl auch Maßnahmen


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gesetzt: 11 000 Dienstposten werden nicht nachbesetzt, 4 000 werden ausgegliedert. Gemeinsam mit der Gewerkschaft wurde das in einem Paket ausverhandelt. Das halte ich für die richtige Art einer Sozialpartnerschaft neu, wie sie die Gewerkschaft öffentlicher Dienst und die Bundesregierung vorgelebt haben. Das sollte ein Vorbild auch für Sie sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Schulden sind verbaute Zukunft, hat mein Kollege Stummvoll gesagt. Schuldenpolitik, wie wir sie in der Vergangenheit hatten, soll nicht fortgesetzt werden. Herr Kollege Edlinger, wenn Sie damit einverstanden sind, zeigen Sie jetzt, wo Sie nicht mehr reden, Einsicht – aber diese vermisse ich bei Ihrer Fraktion noch völlig. Niemand von Ihnen kann wohl behaupten, dass es günstig ist, wenn man über 100 Milliarden Schilling pro Jahr nur an Zinsen leisten muss. Was könnten wir mit diesem Geld nicht alles in diesem Staat tun! (Abg. Edlinger: Das ist eine unzulässige Frage!)

Ich glaube, diese Zäsur in der Finanzpolitik ist richtig. Sie zeigt, dass wir einen neuen Weg gehen, einen Weg der Politik für Generationen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer Erwiderung auf die vom Herrn Abgeordneten Mag. Trattner abgegebene tatsächliche Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass die Redezeit auch in diesem Fall 2 Minuten nicht übersteigen darf und sich die Erwiderung auf die Sachverhaltsdarstellung zu beschränken hat. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.04

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Trattner hat in seiner tatsächlichen Berichtigung gemeint, ich hätte im Jahre 1996 90 Milliarden – oder sonst irgendeine Zahl – an Einnahmen zusätzlich verursacht.

Ich möchte das Hohe Haus darauf hinweisen, dass Sie mich erst mit Jänner 1997 zum Bundesminister gewählt haben. Daher kann ich das nicht gewesen sein. (Rufe bei der ÖVP: Gewählt haben wir dich nicht!) Diese Angabe stimmt, so wie alles andere, was Herr Trattner sagt, natürlich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

11.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.05

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesminister! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Edlinger, Sie werden nicht wegdiskutieren können, dass die Globalsumme der Steuererhöhungen der Jahre 1996/1997 stimmt. Ob Sie oder ein anderer sozialdemokratischer Finanzminister dafür verantwortlich war, ist sekundär. (Abg. Mag. Trattner: Er ist der Schuldenkaiser! Edlinger ist der Schuldenkaiser!) Für den österreichischen Bürger zählen die Tatsachen.

Herr Kollege Edlinger, für mich waren Sie nicht Finanzminister, sondern der letzte Masseverwalter der Vorgängerregierung. Dass Sie vorhin für Ihre Rede solch frenetischen Beifall bekommen haben, ist vielleicht dadurch erklärbar, dass sehr viele Damen und Herren, die applaudiert haben, die Mehrheitseigentümer der BAWAG sind – sie ist, wie bekannt ist, die einzige Bank in Österreich, die den kleinen Kreditnehmern bis heute die Mehrkosten, die sie gehabt haben, nämlich die Kreditsenkungen nicht zurückgegeben hat, die Krediterhöhungen jedoch hat sie schon weitergegeben und kassiert.

Ich möchte Sie, Herr Kollege Edlinger, und auch Sie, Herr Kollege Verzetnitsch, bitten: Sollten Sie tatsächlich noch einen Funken an sozialer Gesinnung haben, dann setzen Sie sich als 53-Prozent-Mehrheitseigentümer in der BAWAG endlich dafür ein – Sie haben ja dort die Mehrheitsvertreter –, dass diese schändlich Regelung von der BAWAG endlich, wie von allen ande


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ren Banken auf Grund der Kontrolle der Arbeiterkammer, beseitigt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich spreche all jenen hier im Plenum, die dafür bis zu dieser Stunde trotz der Medienberichte, trotz der Kontrolle der Arbeiterkammer noch nicht tätig geworden sind, die soziale Gesinnung ab. Ich bitte Sie wirklich, in diesem Zusammenhang rasch tätig zu werden. Das könnte tatsächlich einmal eine Leistung der Sozialdemokraten für die kleinen Sparer und die Kreditnehmer, die Häuselbauer, die heute schon zitiert wurden, sein.

Herr Kollege Verzetnitsch! Ich glaube, Sie werden mir Recht darin geben, dass das ein Versäumnis ist, das rasch zu korrigieren und zu beseitigen ist. Sie haben die Mehrheit. Die 53 Prozent legitimieren Sie, dort endlich im Sinne der Kontrolle durch die Arbeiterkammer im Interesse der Kreditnehmer tätig zu werden. Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, dass Sie diesbezüglich endlich etwas tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer hat in seinen Ausführungen zitiert, dass die Regelungen für die Ambulanzgebühren – er hat das wortwörtlich so gesagt – für einen 30 000-S-brutto-Bezieher eine Beutelschneiderei sind. Herr Kollege Gusenbauer, in diesem Bereich liegen ja dankenswerterweise Alternativvorschläge Ihres Vertreters im Hauptverband, Sallmutter, vor. Der höchste Vorschlag von Sallmutter war eine Erhöhung um 0,3 Prozent, der niedrigste Vorschlag war eine Erhöhung um 0,1 Prozent, beziehungsweise es gab auch einen mit 0,2 Prozent. Ziehen wir nun den von Ihnen zitierten Arbeitnehmer mit 30 000 S brutto heran und eine Erhöhung um 0,3 Prozent, so macht das 90 S im Monat, 1 260 S für ein Jahr, also um 260 S mehr, als die Limitierung sämtlicher möglicher Ambulanzgebühren betragen kann.

Sehr geehrter Herr Kollege Gusenbauer! Allein mit diesem Beispiel ist nachgewiesen, dass diese Bundesregierung sozialer und vernünftiger denkt als sie, Herr Kollege Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie denken noch immer in den alten Schemata: Einmal den Bürger belastet, dann wird er es wohl bis zur Wahl vergessen. – Wir denken anders! Wir wollen in diesem Bereich der Krankenanstalten und Ambulanzen eine Strukturreform. Wir wollen endlich erreichen, dass dort mit dem Geld des Steuerzahlers und des Beitragszahlers sparsam umgegangen wird, dass dort die bestmögliche Qualität zu den niedrigsten Kosten angeboten wird.

Wir werden im Rechnungshofausschuss die vom Rechnungshof durchgeführten Überprüfungen in diesem Bereich nicht nur diskutieren, sondern auch die zusätzlichen Berichte bekommen. Ich weiß heute schon, was herauskommen wird, denn es ist evident, dass in den letzten Jahren in diesem Bereich von Ihnen, Herr Kollege Edlinger, und von Ihren Ministern im Sozial- und im Gesundheitsbereich die Sparpotentiale nie lukriert wurden. Sie haben immer nach dem Motto gehandelt: Einmal erhöht, dann vergessen! Sie haben die Rezeptgebühren eingeführt, Sie haben sie laufend erhöht.

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, darauf hinweisen, dass die derzeitige Erhöhung im Verhältnis zu Ihrer Einführungsgebühr von 35 S nicht einmal ein Drittel der seinerzeitigen Belastung darstellt. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf auch auf Folgendes hinweisen – das ist Ihnen sicher bekannt, weil es auch Statistiken über die entsprechenden Erhöhungen der Gebühren und der Leistungen, die für Medikamente zu zahlen sind, gibt –: Von 1983 bis heute sind die Medikamentengebühren laufend gestiegen. Sie haben für diesen Bereich nicht einmal Verhandlungen geführt, sondern haben zugesehen, wie ein Kostenbereich die gesamte Sozialversicherung ins Wanken gebracht hat. Herr Staatssekretär Waneck und Frau Bundesministerin Sickl haben sofort Verhandlungen geführt und haben in diesem Bereich dankenswerterweise doch Nachlässe erzielt, die zumindest zur Entlastung der Sozialversicherung und damit der Beitragszahler führen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe vor kurzem, wie bekannt ist, eine Diskussion mit den Betriebsräten der Wiener Gebietskrankenkasse geführt. In der Zeitung der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter "Aktuell" Nr. 3 aus dem Jahr 2000 ist zu lesen, was die neue Obfrau der


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Fraktion, Frau Helga Wöhrer, sagt. Ein Satz von Frau Helga Wöhrer scheint mir sehr treffend zu sein – ich zitiere –:

Auch wenn wir in der Regierung geblieben wären, hätten wir sparen müssen. Die EU fordert ihren Tribut, unser kleines Land investiert viel für politisch Verfolgte, die Geburtenrate sinkt drastisch, die Österreicher werden auf Grund der guten medizinischen Versorgung immer älter. Moderates Sparen in allen Bereichen ist angesagt, jeder wird das verstehen. – Das sagt Ihre Obfrau Helga Wöhrer.

Genau das macht die österreichische Bundesregierung von Österreichischer Volkspartei und Freiheitlicher Partei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, nicht besser als Ihre Obfrau kann man das Problem erkennen. Die Wege, die Sie zitieren, sind eine Mehrbelastung für alle Arbeitnehmer, wie ich ausgeführt habe am Beispiel Gusenbauer und Ambulanzgebühren.

Wenn wir das Thema Ambulanzgebühren und die dortigen Ausnahmeregelungen noch ventilieren: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben Sie solch großes Misstrauen in Ihr soziales Gefühl, dass Sie die Regelungen vor Ort zur Handhabung dieser Ambulanzgebühren als unsozial bezeichnen? Die Mehrheit für die Erlassung der Durchführungsbestimmungen dort haben noch immer die sozialdemokratischen Gewerkschafter in der Selbstverwaltung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein treffenderes Misstrauen gegen sich selbst als jenes vom heutigen Tag von Ihnen habe ich noch nie gehört. Sie glauben, dass die Ambulanzgebühren ungerechtfertigterweise unsozial gehandhabt werden, haben aber selbst, wenn es um die Durchführung dieser Ambulanzgebühren geht, die Mehrheit! Ein Misstrauensantrag der Sozialisten gegen ihre sozialistischen Vertreter in der Selbstverwaltung! – Ich danke Ihnen dafür, damit ist transparent geworden, wer hier im Hohen Hause für Reformen steht und wer für unsoziale Maßnahmen!

Für Reformen steht die Bundesregierung – unsoziale Maßnahmen befürchten Sie offensichtlich von Ihren sozialdemokratischen Vertretern in der Selbstverwaltung selbst, denn anders können diese Sätze nicht interpretiert werden.

Dass darüber hinaus in den Bereichen Gesundheits- und medizinische Vorsorge in Österreich auf Grund der Vergangenheit noch sehr viel im Argen liegt, weiß nicht nur ich als Hepatitis-C-Patient, sondern wissen sehr viele, Tausende Behinderte in Österreich, die keinen Arbeitsplatz bekommen. Dass diese Bundesregierung mit einer Milliarde Schilling und unter Einbindung der Behindertenverbände endlich eine Initiative setzt, um den Arbeitslosen in diesem Bereich, deren Zahl leider steigt, endlich auch eine Chance zu geben, am Arbeitsmarkt teilzuhaben, ist wirklich höchst an der Zeit. Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben das versäumt.

Noch etwas, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Sie sehen im Bildungsbereich unsoziale Sparmaßnahmen dieser Bundesregierung. Haben Sie vergessen, wie es früher war? – Ich nicht. Ich habe 1966 nach Beendigung meines Wehrdienstes beim Bundesheer mit meinem Studium begonnen. Damals hat es Studiengebühren gegeben. Am Ende der Alleinregierung der Österreichischen Volkspartei 1970 – von 1966 weg – haben in Österreich 9 Prozent der Arbeiterkinder studiert. 1972 sind die Studiengebühren abgeschafft worden, und nach 30 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik gibt es zugegebenermaßen Bildungseinrichtungen en masse in Österreich, aber der Output für die untersten Bevölkerungsschichten ist katastrophal. Heute sind es 8 Prozent Arbeiterkinder (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser ), Herr Kollege Niederwieser, und mit den 8 Prozent Akademikerquote dieses Bereichs liegen wir leider im Schlussfeld!

Sie haben 30 Jahre lang Zeit gehabt, das, was Sie den Wählerinnen und Wählern, was Sie der Jugend im Bildungsbereich versprochen haben, umzusetzen. Geschaffen haben Sie, sehr ge


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ehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, einen Lehrerstaat, der leider in der Bildungspolitik für die Jugend versagt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

11.15

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich knüpfe an die Budgetrede und die von Van der Bellen schon zitierten Anfangssätze an: Auch wenn es das Bestreben dieser Bundesregierung ist, keine Mauern zu bauen, die Globalisierung als Chance zu verstehen, die Grenzen des Landes zu überschreiten, muss ich mit Trauer konstatieren, dass die Wahrnehmungen von Österreich im Ausland immer wieder geprägt sind durch Entgleisungen und Attacken von freiheitlicher Seite.

Österreich, dieses unser Land, hat es wieder einmal auf die Seite 1 von "Le Monde" geschafft, nämlich mit der Spitzelaffäre und den Interventionen von Klubobmann Westenthaler im ORF. Es spricht sich in ganz Europa herum, wenn freie Medien, wenn unabhängige Journalistinnen und Journalisten unter Druck gesetzt werden. Und wenn die Drohung ... (Abg. Mag. Schweitzer: Haben Sie das Schreiben vom Intendanten Weis gelesen?) Sie werden "Le Monde" sicherlich nicht gelesen haben, aber es ist ein trauriger Artikel. Ich würde mir wirklich wünschen, dass Österreich mit anderen, mit positiven Schlagzeilen in Europa auffällt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Die Interventionen von Westenthaler: Wer außer Herrn Westenthaler diese wieder verursacht haben soll, ist die höhere Logik der Freiheitlichen. Das ist niemandem sonst klarzumachen.

Das Nulldefizit ist von Ihnen als Vorgabe in den Raum gestellt worden. Ich sage: Das Nulldefizit in dieser Form ist ein Mythos. Erstens hängt ein Nulldefizit davon ab, wie man rechnet – und die Spielregeln werden von Ihnen permanent verändert. Je mehr aus den öffentlichen Haushalten ausgegliedert, hinausgebracht wird, also nicht mehr zu den öffentlichen Aufgaben zählt, desto stärker lässt sich natürlich der Staatshaushalt auf einige wenige Bereiche einengen. Man hat den Anschein, dass zwar der Bau von Autobahnen, die Heeres-, die Rüstungsausgaben völlig unbestritten öffentliche Ausgaben sind und bleiben, jedoch die Bildungsausgaben, die Sozialausgaben, aber auch der Umweltschutz – Schlagwort "Bundesforste" – ausgegliedert werden, das verschwindet. So lässt sich trefflich rechnen. Und insofern ist das Nulldefizit eine völlig aussagelose Zahl. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es auch auf der Regierungsbank Erstaunen auslöst, so gebe ich Ihnen doch zu bedenken: Es scheinen nicht die richtigen Akteurinnen und Akteure am Werk zu sein. Der "Wiener Zeitung" vom 28. September ist zu entnehmen, dass die Fraktion, die den Finanzminister stellt und die Formel vom Nulldefizit, diesem Mythos, als Parole ausgegeben hat, nach ihrem eigenen Rechenschaftsbericht – eine Partei, die bis zur Wahl in der Steiermark ständig zugelegt hat – in einem Jahr, 1999, zusätzlich 11,3 Millionen an Schulden gemacht hat, obwohl sie knapp 120 Millionen aus Steuermitteln – Wahlkampfkostenrückerstattungen, Parteienförderung – bekommen hat. Da muss ich fragen: Wie wird denn dann in dieser Regierung gewirtschaftet?

Die, die für die anderen, für die kleinen Leute, für die Studierenden, die AlleinerzieherInnen, das Nulldefizit propagieren, machen kräftig Schulden, schöpfen aus dem Vollen. Allein die Zinsbelastung beträgt bei den Freiheitlichen in einem Jahr 2 Millionen Schilling. Das scheint mir schon eine etwas schräge Rechnung zu sein: Sparen bei den Kleinen und selber trotz massiver öffentlicher Einnahmen den Schuldenberg beim eigenen Budget vermehren! (Beifall bei den Grünen.)

Das Nulldefizit ist auch deswegen ein Mythos, weil es darauf ankommt, wofür Geld investiert wird. Es ist nicht alles bloß Schuld, sondern auch öffentliche Haushalte können investieren, und die beste Investition in unser aller Zukunft sind allemal Ausgaben für Bildung. Ich kann es daher nicht verstehen, dass dahin gehend argumentiert wird, es sei so ungerecht, dass die Kindergärten etwas kosten und dass der Zugang zu den Unis bisher frei war. Ich kann nicht verstehen,


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dass Ihre Schlussfolgerung nicht die ist, dass Sie die Kindergärten erschwinglicher machen oder den Zugang frei machen, sondern dass Sie bei den Unis mit einer Sondersteuer agieren.

Ein ganz besonderes Kapitel oder eigentlich ein Nicht-Kapitel für die Regierung ist der Bereich Frauenpolitik. Das kommt nicht mehr vor, wiewohl Frauen eindeutig von diesem Belastungspaket besonders ge- und betroffen sind. Es ist zielsicher im Hinblick auf die Frauen. Das ergibt sich eindeutig auch aus den Erläuterungen zum Gesetz. Wenn etwa das Weiterbildungsgeld in der bestehenden Form gestrichen wird, obwohl es für Frauen zum Wiedereinstieg in den Beruf nach einer Unterbrechungsphase notwendig war, dann ist das eine Maßnahme, die völlig einseitig und überproportional Frauen betrifft.

Da bricht diese Bundesregierung auch ganz dreist internationale Verpflichtungen. Österreich ist verpflichtet, die Auswirkungen von Budgetgesetzen – von allen Gesetzen! – im Hinblick auf Gerechtigkeit und Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu prüfen. "Gender Mainstreaming" heißt das in der EU. Und einige, Kollegin Steibl und andere, wissen genau, dass Österreich dazu verpflichtet ist. Genauso, wie es die Maastricht-Kriterien und die Notwendigkeit der Budgetdisziplin gibt, gibt es die Notwendigkeit, die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern abzubauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich ist auf Grund von Ratsbeschlüssen dazu verpflichtet, aber auch auf Grund unseres eigenen Nationalen Aktionsplanes und sogar des Regierungsabkommens. Da steht noch etwas drinnen von Frauenpolitik, aber seither ist sie verschwunden, ist sie aufgegangen in einer sehr nebulosen Familienpolitik, von der ich sage, die Frauen werden nichts davon haben.

Gender Mainstreaming (Abg. Steibl: Und warum?)  – dazu komme ich gleich, Frau Kollegin! –, Gender Mainstreaming hieße, dass Sie gerade bei einem so einschneidenden Paket, bei diesem Paradigmenwechsel in die konservative Richtung, schriftlich festhalten, wie sich das auswirken wird. Und was schreiben Sie in die Erläuterungen zum Gesetz? – Alternativen: Keine. Es wird nicht einmal geprüft, es wird nicht einmal untersucht! Die Auswirkungen auf Frauen, die eindeutig gegeben sind, interessieren niemanden. Stattdessen sagt auch der Finanzminister, der ja noch vor ganz kurzer Zeit eine andere Auffassung in Sachen Familienförderung vertreten hat: Kinderfreundlichkeit.

Ich kann eigentlich die Schlussfolgerung nicht erkennen, dass Österreich die zweithöchsten Ausgaben für so genannte – Anführungszeichen – "Familienförderung" hat, dabei aber eine der niedrigsten Kinderquoten überhaupt. Das lässt ja nur den Schluss zu, dass viel Geld ausgegeben wird, aber es entspricht offenbar nicht den Bedürfnissen der Menschen, der Eltern, insbesondere nicht den Bedürfnissen der Frauen, die Kinder haben.

Das ist wissenschaftlich erwiesen. Frau Kollegin Steibl, wenn Sie sich danach erkundigt haben, es sollte eigentlich auch Ihrem Klub zur Verfügung stehen. Das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft etwa spricht von einem "nicht genutzten Potential". Eine sehr repräsentative Untersuchung an 4 600 befragten Frauen hat ergeben, dass drei Viertel aller Frauen einen sehr, sehr klaren Wunsch äußern: Sie wollen Familie und Beruf verbinden. Sie wollen berufstätig sein. Sie wollen auf eigenen Füßen stehen. – Nur: Es geht nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Wahlfreiheit ist eine Chimäre. Es existiert keine Wahlfreiheit für Frauen! Drei Viertel aller Frauen sagen, sie wollen eine Arbeitswelt, die auf Betreuungspflichten Bedacht nimmt, und sie wollen bessere Kinderbetreuungseinrichtungen, erschwingliche Kinderbetreuungseinrichtungen, kleine Gruppen, ein pädagogisch hochwertiges Angebot. – Das ist der klare Wunsch der österreichischen Frauen.

Was aber macht diese Bundesregierung? – Sie investiert auf Bundesebene keinen einzigen Schilling mehr in die Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungsplätze (Abg. Steibl: Das ist zum Teil Ländersache!), und die so genannte Kindergartenmilliarde ist gestrichen, auf null gestellt, weg. (Beifall bei den Grünen.) Das heißt, das Defizit ... (Abg. Steibl: ... statt Autobahnen Kindergärten bauen!) Ja, ja, Sie bauen Autobahnen statt Kindergärten, und Sie kaufen Panzer und


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Abfangjäger, statt dass Sie in Bildung investieren! Und das ist sehr, sehr traurig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft sagt, 60 Prozent der Frauen schaffen es, berufstätig zu sein, allerdings zu diskriminierenden Bedingungen, weil es an den Rahmenbedingungen fehlt. Es gibt kaum Betreuungsangebote für Kleinkinder, und es gibt viel zu wenig Betreuungsplätze für Volksschulkinder. Das hat sich auch schon bis zur EU durchgesprochen, nur ignorieren Sie diese Kritik, die regelmäßig von dort kommt, die hören Sie einfach nicht. Die Reaktion dieser Bundesregierung: Nahverkehrsinvestitionen im öffentlichen Verkehr, die vor allem Frauen zugute kommen, werden gekürzt, und die Kindergartenmilliarde, die in Wirklichkeit ohnehin nur 600 Millionen ausmachte – das wissen Sie genau, Frau Steibl –, ist gestrichen, auf null gestellt.

Daher werden es weiter sehr viele Frauen nicht schaffen, ihren Hauptwunsch – Eigenständigkeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie – zu erreichen. Und wenn dann noch die Werbung von freiheitlicher Seite dazukommt und es in den so genannten Kinderscheck-Muster- und -Probegemeinden aus den Radios tönt: Deutsch Griffen – tagesmutterfrei!, dann, muss ich sagen, finde ich das wirklich beschämend. Das ist in Sachen Frauenpolitik das Allerallerletzte! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Österreich überschreitet mit Botschaften aus diesem Land die Grenzen, und es ist durchaus bekannt, was passiert. Abgesehen von den Drohungen gegen den freien Journalismus wird Österreich auch mit den Defiziten in Sachen Frauenpolitik in Europa immer wieder negativ bekannt. Es schauen zwar viele globale Kennziffern nicht so schlecht aus, aber wenn man dann ins Detail geht, wenn man die einzelnen Personen zu erreichen, zu erfassen versucht, dann zeigt sich, es geht nicht um Familien. Familien können dann gut existieren, wenn die Eigenständigkeit der "Teilnehmerinnen" und "Teilnehmer" von Familie gesichert ist, das heißt, wenn Frauenpolitik, wenn Jugendpolitik, wenn Bildungspolitik gemacht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch das ist von der EU-Kommission in Bezug auf Österreich festgestellt: kaum Initiativen gegen Gender-Einkommensunterschiede. Österreich befindet sich in der Gruppe mit den höchsten Differenzen zwischen den Geschlechtern, und das ist eine Schande für einen entwickelten Industriestaat! Das ist eine Folge von Politik, denn diese Kennzahlen schauen in anderen europäischen Staaten wahrlich anders aus. (Abg. Steibl: Das hätte schon die vorige Ministerin ändern können!)

Frauen sind leider tatsächlich in ganz Europa diskriminiert, aber sie sind in Österreich mehr diskriminiert als anderswo, und das haben Sie zu vertreten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gaugg: Frau Petrovic, ist das Ihr Komplex, weil Sie abgewählt wurden, abgewählt als Klubobfrau?)

Sie können immer wieder – Sie haben es ja heute gezeigt, auch mit Ihren Zwischenrufen – beleidigend, untergriffig und so weiter sein, und ich bin sehr froh, dass das auch den Fernsehteilnehmerinnen und -teilnehmern zur Kenntnis gelangt. Was Sie für dieses Land tun, ist, das Parlament heruntermachen, die Opposition heruntermachen, den freien Journalismus heruntermachen. Statt zu antworten – und das sind Zahlen, Fakten und Tatsachen, festgestellt von der Europäischen Kommission –, kommen Sie mit Beleidigungen und Untergriffen. Und das ist gerade für eine Regierungspartei wirklich unwürdig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber es hat Methode, und es war – leider, muss ich sagen – eine Frau, die vom Rednerpult dieses Hauses aus die folgenden Sätze von sich gegeben hat – nämlich Frau Abgeordnete Bauer –: Was ist das größte Bedürfnis der Frauen überhaupt?, sagte sie. Wenn sie wollen, wieder länger bei ihrem Kind sein zu dürfen. Das ist sicherlich der Renner. – Und dann hat Frau Abgeordnete Bauer von ihrer Nachbarin berichtet, die mit zwei Kindern von der Notstandshilfe lebt. Und dann sagte Frau Abgeordnete Bauer am 26. April dieses Jahres wörtlich: Mit ihrem Mann ist es ihr besser gegangen. Da hat sie es sicherlich in Bezug auf Wohnen und andere Dinge wesentlich besser gehabt.


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Das ist das Versorgungsmodell "Marke ÖVP": Löse ja nicht eine Partnerschaft, wie immer sie verläuft, auf! Das ist die Philosophie vom König Drosselbart, hat aber mit moderner Frauen- und Familienpolitik aber auch gar nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Diese Frauenpolitik – oder Nicht-Frauenpolitik – schlägt sich auch auf dem Arbeitsmarkt nieder. Klar: Es gibt die Rahmenbedingungen für eine faire, eine volle Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht. (Abg. Steibl: Haben wir die in den letzten neun Monaten abgeschafft oder ist das vorher passiert?) Während in Europa erstmals seit den frühen neunziger Jahren wieder ein Trend erkennbar ist, dass die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze steigt und dass Frauen mehrheitlich diese Vollzeitarbeitsplätze in Anspruch nehmen können, ist es in Österreich umgekehrt. Das so genannte Beschäftigungswunder, mit dem sich diese Regierung gerne brüstet, ist ein Wunder an Teilzeit und Geringfügigkeit – und dieses blaue Wunder betrifft vor allem die Frauen.

Ich zitiere aus den Wifo-Monatsberichten vom August, wonach die schwache Beschäftigungsentwicklung insgesamt nicht dem kräftigen Wirtschaftswachstum entspricht und es nahezu ausschließlich einen Anstieg an Teilzeitarbeitsplätzen gibt, für Frauen sogar einen Rückgang, was Vollzeitarbeitsplätze betrifft. Das heißt, es wird umgeschichtet: Die Frauen kommen immer stärker in eine Situation, wo es zwar erwünscht ist, dass sie ein bisschen etwas dazu verdienen. Das entspricht einer Taschengeld-Philosophie, einer Drosselbart-Philosophie: vielleicht ein bisschen für den Urlaub, für die Autoraten etwas dazufinanzieren dürfen, aber bloß nicht echte Eigenständigkeit. Das würde Gender Mainstreaming bedeuten. Das würde bedeuten, dass es für Frauen und Männer, für Väter und Mütter möglich ist, die verschiedenen Facetten des Menschseins – Familienverpflichtungen, Beruf, Karriere – unter einen Hut zu bringen. Für Frauen und Männer! Was Sie machen, ist eine Segregation: den einen Teil der einen Seite und den anderen Teil den Männern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum Schluss. Es wäre notwendig gewesen, gerade die Frauenerwerbsquote zu heben, die Bildungsquote vor allem auch bei den Frauen und insgesamt bei der Jugend. Ich bringe Ihnen ein Mail zur Kenntnis, das mir eine vierfache Mutter geschrieben hat. Sie schreibt, sie möchte, obwohl oder vielleicht weil sie vier Kinder hat, ihr Studium abschließen, aber sie kann natürlich nur langsam studieren. Und für sie bedeuten diese Bildungssteuern, die Sie jetzt einheben werden, das Out, denn diese Frau entspricht nicht dem Leistungsbegriff der Schnellen, der Raser. Sie sagt: Wie kann ich mit meinen vier Kindern dieses Tempo einhalten? Natürlich brauche ich lange, ich bin eine ewig Studierende. Aber ich brauche mein Studium wie die Luft zum Atmen.

Ich denke, es wäre für diese Frau wichtig, es wäre auch für ihre Kinder wichtig, und es wäre für uns alle wichtig, dass sie es kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was Sie einführen, das sind Steuern zu Lasten der Frauen, zu Lasten der Studierenden und der kleinen Leute, während die Herren Stiftungsgründer, die Herren Milliardäre keinen adäquaten Beitrag erbringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Haupt hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. Ich bitte Sie höflichst, die Bestimmungen des § 58 Abs. 3 GOG zu beachten und mit der Wiedergabe des Sachverhaltes zu beginnen, den Sie zu berichtigen wünschen, Herr Abgeordneter.

11.36

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Haupt hat behauptet, dass unsere Hochschulpolitik versagt habe, weil der Anteil der Arbeiterkinder an den Universitäten in den letzten 30 Jahren zurückgegangen sei. – Diese Behauptung ist in dieser Form falsch! Es ist nämlich zu berücksichtigen, ... (Abg. Böhacker: Der ist auch zurückgegangen!) Bitte, Kollege, reden wir doch einmal ernsthaft, ja?

Es ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der Arbeiter, der damals zwei Drittel aller Beschäftigten ausmachte, jetzt auch auf unter ein Drittel zurückgegangen ist. Das heißt, wenn man das


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genau betrachtet, ist der Anteil der Arbeiterkinder gestiegen. Das ist Faktum. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

11.37

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Auch ich bin gezwungen, mit einer Berichtigung zu beginnen, und zwar in Richtung der Frau Abgeordneten Petrovic.

Frau Abgeordnete Petrovic! Sie haben gesagt, das angebliche Beschäftigungswunder Österreichs sei aus Sicht der Frauen eines der Teilzeit und der Geringfügigkeit. – Sie unterstellen damit, dass die historisch niedrigen Arbeitslosenzahlen – 3,1 Prozent im September; wir haben de facto Vollbeschäftigung – im Bereich der Frauen auch geringfügig Beschäftigte mit einschließen.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Petrovic! Sie wissen es besser, und deswegen fordere ich Sie von hier aus auf, das in Zukunft zu unterlassen: Geringfügig Beschäftigte sind in unseren Arbeitslosenzahlen, in den Beschäftigungszahlen nicht enthalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ebenso unwahr ist es, dass die Frauen nicht ihren Anteil an der günstigen Entwicklung der Arbeitsmärkte hätten. – Auch da ist das genaue Gegenteil der Fall: Die Frauen Österreichs profitieren in den letzten Monaten überproportional vom Anstieg der Beschäftigung; der Anstieg der weiblichen Beschäftigten ist deutlich höher als bei den männlichen Österreichern. Auch der Rückgang der Arbeitslosenquote ist bei Frauen deutlich höher als bei Männern. – Dazu stehe ich, und das ist im Sinne von Gender Mainstreaming positiv zu bewerten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Petrovic! Sie haben Ihre Ausführungen mit dem Satz begonnen, dass ein Nulldefizit eine aussagelose Zahl sei, ein "Mythos" sei. Weder – noch. Sie ist das, was Finanzminister Grasser gestern dazu gesagt hat, nämlich das Zeichen eines Paradigmenwechsels, des wahrscheinlich wichtigsten Paradigmenwechsels in diesem Lande, weil es wichtig ist, dass wir ab dem Jahre 2002 keine neuen Schulden mehr machen. Das ist wichtig auch im Sinne der jungen Menschen in diesem Lande.

Ich komme zurück auf das, was drei Experten – und keiner von ihnen steht im Verdacht, der Regierung nahe zu stehen – gestern zum Budget, zur Budgetrede des Finanzministers, zum vorgelegten Budget 2001 und auch 2002 gesagt haben. Herr Professor Frisch, der auch schon unter sozialdemokratischer Regierungsführerschaft der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses war und weiter ist – ein sehr bewährter Experte –, meint zum Beispiel, dass das Nulldefizit durchaus erreichbar ist, wenn die Konjunktur hält. – Erstens einmal glaube ich, dass die Konjunktur halten wird, und zweitens meine ich, dass es wichtig ist, wenn Experten uns bescheinigen, dass dieses Nulldefizit, dieses große Ziel der Bundesregierung, durchaus erreichbar ist.

Wir haben zwei große Ziele: zum einen Vollbeschäftigung – da sind wir de facto schon angelangt – und zum Zweiten ein Nulldefizit – dort werden wir 2002 sein. Und beides ist natürlich verschränkt. Keine neuen Schulden heißt mehr Arbeitsplätze, heißt bessere Beschäftigung. Da befinde ich mich in diametralem Gegensatz zum früheren Finanzminister Edlinger, der in seiner Rede darauf hingewiesen hat, dass das Schuldenmachen unter SP-Führerschaft zu mehr Beschäftigung geführt hat. – Diese beiden Ziele stehen im Vordergrund, und beide Ziele werden wir erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn mein Freund Karl-Heinz Grasser in der ZiB 2 ein "Sehr gut" von Herrn Professor Walter reklamiert hat, weil dieser ihm nur ein "Befriedigend" gegeben hat im Interview: Insgesamt war die Stellungnahme des Herrn Professor Walter so schlecht nicht, denn das ist für einen Professor – wenn wir diese Stellungnahme verglei


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chen mit den professoralen Ausführungen des Herrn Professor Van der Bellen heute vom Rednerpult – insgesamt eine ausgewogene Stellungnahme, wenn er sagt, dass die Verteilung der Belastungen – und es sind natürlich durch die Sparmaßnahmen Belastungen notwendig – als vernünftig und insgesamt als ausgewogen bezeichnet werden kann.

Der dritte Experte, meine sehr geehrten Damen und Herren: Herr Professor Felderer. – Uns wird immer wieder vorgeworfen, die gesetzten Maßnahmen würden das Wachstum abwürgen, der Konjunkturmotor würde zum Stottern gebracht werden. Auch das ist in Wirklichkeit nicht richtig, und Sie wissen das, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Opposition. Professor Felderer meint, dass höchstens 0,2 bis 0,25 Prozent kurzfristig an Wachstumseinbußen da sein könnten, die allerdings in zwei bis drei Jahren überkompensiert werden würden durch besseres Wachstum auf Grund der Budgetkonsolidierung des sanierten Budgets, des Nulldefizits.

Da sage ich Ihnen auch gleich noch etwas dazu: Da trifft uns der Ölpreis in wesentlich höherem Maße, denn die OECD sagt, dass 10 Dollar je Barrel Plus beim Ölpreis sich auf das Wachstum von Industrienationen wie Österreich etwa mit 0,25 Prozent Minus auswirken. Das heißt, allein aus diesen 20 bis 30 Dollar Plus beim Ölpreis müssen wir mit minus 0,5 bis minus 0,75 Prozent beim Wachstum rechnen, und im Vergleich dazu ist diese kurzfristige Delle, die allenfalls vorhanden ist, wahrlich nicht das Entscheidende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe dem Herrn Klubobmann und Parteivorsitzenden der SPÖ Gusenbauer und auch dem früheren Finanzminister Edlinger gut zugehört und habe da so manches Positive gehört, insbesondere was den Status quo dieses Landes anbelangt. Es war aber auch gewissermaßen ein Wechselbad der Gefühle: Einmal war es gut, einmal war es schlecht. Einmal ist diese Republik und dieses Land bewundernswert und großartig, und dann redet man es wieder kaputt und macht es schlecht. Ich würde die Spitzen der Opposition darum bitten, in Zukunft etwas ausgewogener und weniger ambivalent zu argumentieren, denn in Wirklichkeit ist der Status quo für dieses Land mit einer großen Ausnahme, nämlich dem sanierungsbedürftigen und -pflichtigen Defizit, ein ganz ausgezeichneter, und das wird uns international auch bestätigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in der Europäischen Union eine der höchsten Wachstumsquoten. Wir haben die drittniedrigste Arbeitslosenquote. Wir haben eine Inflationsrate, die intern mit 3,0 Prozent ausgewiesen wird, aber wenn wir das mit den EU-Standards verglichen, kämen wir drauf, dass nach EU-Standards diese 2,2 Prozent in Österreich und 2,8 Prozent in der Europäischen Union beträgt, und wir oder Sie kämen auch drauf, dass das allermeiste dessen natürlich importierte Inflation ist. Und da bin ich wieder beim Ölpreis, weil auch da die OECD sagt, dass 10 Dollar je Barrel mit etwa 0,5 Prozent Plus an Inflation zu berechnen sind.

Was den Wohlstand anbelangt, meine sehr geehrten Damen und Herren, sagt eine jüngste Statistik von EUROSTAT, dass wir in Bezug auf Bruttoinlandsprodukt pro Kopf an dritter Stelle liegen; hinter Ländern wie Dänemark und Luxemburg, das sind die Ersten, und etwa gleichauf an dritter Stelle mit Schweden. Das lasse ich mir gefallen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie es nach den Wahlen vom letzten Sonntag in der Steiermark noch nicht gesehen und gelernt haben: Lassen Sie diese Fundamentalopposition! Es ist nicht ausreichend, nur nein zu sagen. Es ist nicht ausreichend, keine Alternativvorschläge zu bieten. Die Bevölkerung erwartet ein konstruktives Zusammenarbeiten der Opposition letztlich auch mit der Regierung. Es müssen auch von Ihnen Vorschläge kommen, die besser sind als die unseren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn sie besser sind, dann werden wir sie annehmen, aber solange sie nicht da sind, können wir das nicht tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weil Herr Professor Van der Bellen kritisch anmerkt, dass die 7 Milliarden Schilling, die diese Regierung innerhalb der nächsten drei Jahre zusätzlich in Forschung und Entwicklung investiert: Herr Professor! Es könnten immer mehr sein, aber es ist dieser 7-Milliarden-Schilling-Impuls jedenfalls deutlich mehr, als bisher geschehen ist. Seien


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Sie nicht polemisch, sagen Sie nicht, dass das 2,5-Prozent-F & E-Ziel damit nicht erreichbar sei. Wir sagen, per 2002 wollen wir 2,0 Prozent F & E-Quote erreichen, und diese plus 0,1 Prozent, die durch diese 7 Milliarden Schilling Zusatzimpuls gestaltbar sind, sind schon ein wichtiger Schritt auf diesem Weg dorthin.

Ganz abgesehen davon: Vergessen Sie nicht, Herr Professor Van der Bellen, dass der Forschungsfreibetrag und die Verdoppelung, dass die indirekte Förderung, dass die steuerliche Berücksichtigung von Bildung letztlich auch Instrumente sind, die hoffentlich – und aus unserer Sicht wahrscheinlich – zu einer Verbesserung der F & E-Quote führen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss kommend verweise ich, weil das mehrfach angeführt wurde, darauf, dass wir wissen, dass diese vier Wochen Wartefrist für das Arbeitslosengeld für einvernehmlich gelöste Dienstverhältnisse ein Punkt der Diskussion sind. Aber die Sozialpartner wissen von der Regierung, wissen auch von mir, dass wir zu diesem Punkt gesprächsbereit sind, wenn es insbesondere im sensiblen Bereich des Tourismus zu einer signifikanten Saisonverlängerung kommt.

Zeigen Sie uns, meine Damen und Herren, dass es hier zu einer Verlängerung kommt über diese vier Wochen. Machen Sie das, was bisher als Willenserklärung, als Absichtserklärung auf dem Tisch liegt, verbindlich, verpflichtend, dann stehen diese vier Wochen zur Diskussion. Dann können wir darüber reden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.46

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Wir alle können uns noch daran erinnern, dass wir Anfang dieses Jahres über die Frage Kassasturz sehr intensiv diskutiert und gesagt haben, wir brauchen Klarheit und Wahrheit. Das sollte eigentlich auch der Maßstab der Beurteilung dieses Budgets 2001 und der Maßnahmen, die auch für 2002 angedacht sind, sein.

Nehmen wir einmal das her, was die Bundesregierung in diesen Tagen inseriert. Hier steht auf einem Inserat: Drei Viertel der Österreicher werden durch die Maßnahmen nicht belastet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der Galerie sitzen genügend Betroffene. (Der Redner stellt in der Folge zu jeder von ihm angesprochenen Maßnahme die entsprechende Tafel vor sich auf das Rednerpult, sodass diese von allen eingesehen werden kann.)

Die Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Die Verteuerung der Mautvignette. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet? (Abg. Böhacker: Wer hat denn die Mautvignette eingeführt?)

Die Erhöhung von Versicherungsprämien in Folge von Besteuerung der Rückstellungen. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet? (Abg. Dr. Fischer: Angeblich!)

Die angedachten Kürzungen beim Arbeitslosengeld. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Die Halbierung des Arbeitnehmerinnen-, Arbeitnehmerabsetzbetrages wurde heute schon angesprochen. Zum Nachdenken: Das heißt, wenn man sich dieser Halbierung entziehen will, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Bruttomonatseinkommen von 14 000 S in der Regel einen Monatsgehalt hinlegen müssen, damit sie nicht betroffen sind. – Drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher sind angeblich nicht belastet?


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Höhere Besteuerung des Urlaubs und Kündigungsentschädigungen. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Erhöhung diverser Gebühren. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Erhöhung der Umsatzsteuer auf Kaffee, Tee und Kakao. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Erhöhung der Biersteuer. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Erhöhung der Tabaksteuern. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet?

Erhöhung der Energieabgabe. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalitionsparteien! Die Steuer auf Unfallrenten – ich werde dann noch darauf zurückkommen –: auch hier keine Belastung unter 30 000 S.

Abschaffung der kostenlosen Mitversicherung – auch darauf werde ich noch eingehen –: auch hier keine Belastung unter 30 000 S.

Selbstbehalte beim Ambulanzbesuch. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet? (Rufe bei der SPÖ: Sagt die Regierung!)

Höhere Rezeptgebühren. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet? (Rufe bei der SPÖ: Sagt die Regierung!)

Einführung von Studiengebühren. – Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher werden nicht belastet? (Rufe bei der SPÖ: Sagt die Regierung!)

So könnte ich das endlos fortsetzen! – Das ist in Wirklichkeit Produktwahrheit, Herr Bundesminister für Finanzen, Sie kennen das aus dem Unternehmen, von dem Sie kommen, dass das Qualitätsmanagement und die Produktwahrheit zu den größten Assets für eine Firma zählen. Hier ist die Unwahrheit (der Redner zeigt ein Inserat der Bundesregierung)  – das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber dieses Inserat hat ja ein Folgeinserat: Das nächste Inserat kommt. (Der Redner zeigt dieses. – Abg. Dr. Fischer: Auf Kosten der Steuerzahler!) Diese Regierung sagt zum Beispiel: Keinen Eingriff in die Familienbeihilfe! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie halten Sie es denn mit den Plänen, dass es zu einer Kürzung der Familienzuschläge bei den Arbeitslosen kommt, dass es zu einer Kürzung der Familienzuschläge bei der Karenz kommt? Das alles steht in Ihren Regierungsbeilagen zu diesem Protokoll. Die Betroffenen haben weniger! Und das ist nicht die Politik, auf die sie ein Recht haben, sondern sie haben ein Recht auf eine andere Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie natürlich nicht wollen, dass Interessenvertretungen ihre Meinung äußern, gibt es auch einen neuen Trend in dieser Regierung: Speed kills. Die Begutachtungsfristen werden reduziert, nicht auf 14 Tage – das war eine Debatte, die wir hier früher im Haus hatten –, nein, auch nicht auf 5 Tage, sondern auf 3 Tage. Und der neueste Gag ist, dass man bei einer Besprechung im Wirtschaftsministerium, im Sozialministerium hört: Diese Besprechung ersetzt die Begutachtungsfrist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So kann es ja wirklich nicht in unserem Lande zugehen (Abg. Edlinger: O ja!), dass Sie Mitbestimmung haben wollen, dass Sie wollen, dass andere mitreden dürfen – aber Sie entscheiden, wer mitreden darf und wie man mitreden darf. (Beifall bei der SPÖ. – Die auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Gehrer, Dr. Bartenstein sowie Mag. Grasser sprechen miteinander. – Ruf bei der SPÖ: Diese Bundesregie


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rung missachtet das Parlament! – Abg. Parnigoni: Gebt ihnen Schnapskarten da oben auf der Regierungsbank!)

Ich weiß schon, dass es Ihnen unangenehm ist, wenn Arbeiterkammern und Gewerkschaftsbund – auch darauf werde ich noch zu sprechen kommen – aufzeigen, welche Maßnahmen wen treffen. (Abg. Dietachmayr: Das ist eine Missachtung des Parlaments!) Ich weiß, dass Ihnen diese Kritik unangenehm ist, daher, Herr Kollege Gaugg, ist es ja ganz interessant: Sie haben zwar selbst den Rechtsschutz der Kärntner Arbeiterkammer in Anspruch genommen – qualitativ wahrscheinlich zufrieden stellend –, aber es wurde von der gleichen Fraktion heute Nacht ein Antrag eingebracht, wonach die Kammerumlage halbiert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die Leistungskraft der Arbeiterkammern nicht wahrhaben will, der hat nicht nur die AK-Reform der neunziger Jahre nicht wahrgenommen, sondern auch nicht wahrgenommen, dass es bei einer Mitgliederbefragung aller Österreicherinnen und Österreicher, die zu dieser Kammer gehören, volle Zustimmung gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Eine Frage, Herr Präsident Verzetnitsch: Wo war die Arbeiterkammer, der Gewerkschaftsbund 1994, 1995, 1996? Wo waren Sie da?)

Kollege Gaugg! Auch das kann ich dir beantworten. Hier gibt es genügend Ansätze zum Nachlesen, das übergebe ich dir gerne: 1994, 1995,1996, 1997. (Der Redner hält einen Katalog mit dem Titel "ÖGB – gegen Sparpaket" in die Höhe. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Immer wieder haben wir unsere Stimme erhoben, und das werden wir uns auch von dieser Regierung nicht nehmen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders "nett" finde ich es ja, wenn Herr Abgeordneter Stummvoll sagt, ich solle die Konsequenzen ziehen, die andere gezogen hätten. Herr Kollege Stummvoll! In Ihrer unmittelbaren Nähe saß Herr Präsident Schwarzböck. Seine Rede ist hier im Haus verfügbar. Hören Sie sich die Rede noch einmal an, oder lesen Sie sie! Er hat in Bezug auf sein Ausscheiden aus dem Parlament nicht davon gesprochen, dass die Sozialpartner das Parlament verlassen sollten, sondern er hat sogar begründet, wie wichtig es ist, dass diese hier vertreten sind. Aber in Wirklichkeit ist es ja sehr fadenscheinig. Sie scheiden aus, und ein paar Reihen weiter hinten sitzt Ihr Nachfolger als Mitglied dieses österreichischen Nationalrates. Ich bin erkennbar. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein Mitarbeiter und kein Funktionär!) Der Herr Mitterlehner ist Generalsekretär der Wirtschaftskammer, er ist nicht ein Mitarbeiter. Er ist ein Generalsekretär der Wirtschaftskammer, so wie Sie einer waren. Also reden Sie nicht mit gespaltener Zunge! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Maderthaner, Leitl!)

Herr Kollege Khol! Zitieren Sie nicht meinen Kollegen Leitl! Der kann nämlich hier gar nicht sitzen, weil er nicht auf einer wählbaren Liste ist. Also tun wir nicht so, als wenn man hier einfach hereinkommen könnte! (Abg. Dr. Khol: Er wollte nicht auf die Liste!)  – Ja, bitte, er wollte nicht auf die Liste. Zu dieser Zeit war er selber noch Landesrat in Oberösterreich, das wissen Sie ganz genau. Also bitte lassen wir das! Der Einzige, der verhindern kann, dass ich hier vertreten bin, sind die Wähler und Wählerinnen und ich selbst – aber nicht Sie! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders interessant finde ich es ja, wenn Herr Stummvoll in öffentlichen Erklärungen immer sagt: Ich verstehe die Aufregung nicht. Wir haben ein Sozialbudget in der Höhe von 800 Milliarden Schilling, und von diesen wollen wir eh nur 5 Milliarden Schilling einsparen. – Herr Kollege Stummvoll! Genau das ist der Unterschied zwischen Ihrer und unserer Politik: Sie sehen immer die großen Dinge: 800 Milliarden, 5 Milliarden. Wir sehen den einzelnen Betroffenen. Wir sehen den einzelnen Betroffenen, und da gibt es einen gewaltigen Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leikam legt Bundesminister Dr. Bartenstein Schnapskarten auf die Regierungsbank.)

Weil Sie gesagt haben, die Wirtschaft trage das Paket mit: Ich nehme nur das Internetblatt der Wirtschaftskammer Österreich zur Hand: die Erfolgsstory. Hier steht, was alles von ihr mitgetragen wird. Das würde ich natürlich auch mittragen. Ich lese Ihnen nur vor: jährlich 100 Milli


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onen Schilling weniger Sozialabgaben für die Arbeitgeber, weil die Entgeltfortzahlungsbeiträge gesenkt worden sind, voraussichtlich 1,7 Milliarden Schilling Mehreinnahmen für die Unternehmer, weil die Beiträge zur Unfallversicherung gesenkt werden, und 1 Milliarde Schilling durch Absenkung der Krankenversicherungsbeiträge bei den Arbeitern für die Arbeitgeber. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist nicht ehrlich, was Sie da machen!) So bin ich gern bereit, das mitzutragen! Wenn ich der Gewinner dieser Politik bin, sage ich ja, wenn ich aber der Verlierer bin, dann sind wir diejenigen, die das aufzeigen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Abgeordneter Spindelegger gemeint hat, es ist eigentlich unverständlich, dass der ÖGB hier Kritik übt, man sollte sich doch ... (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht "Kritik", Speerspitze gegen das Parlament!)  – Moment, lassen Sie mich ausreden! –, man sollte sich doch ein Beispiel an der GÖD nehmen, denn die Gewerkschaften sind eine Speerspitze gegen die Regierung (Abg. Dr. Stummvoll: Und gegen das Parlament!), so lassen Sie mich noch einmal in aller Klarheit feststellen: Die Gewerkschaftsbewegung beurteilt jede Regierung, also auch diese Regierung, so wie in der Vergangenheit danach, was sie bereit ist, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu tun. Keine andere Beurteilung liegt hier vor, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu gehört aber auch, dass das mit allen Fraktionen abgestimmt wird. Es wird Ihnen nicht gelingen, ein Auseinanderdividieren der Fraktionen zu erreichen. Wie viele Resolutionen, wie viele Flugblätter von FCG-, ÖAAB-Mitgliedern wollen Sie denn sehen, die Ihre Politik genauso verurteilen? Und wenn Sie sich vielleicht da oder dort darüber mokieren, dass wir das Abstimmungsverhalten der österreichischen Parlamentarier bewusst machen, dann kann ich Ihnen sagen, das betrifft nicht nur Sie, ich kann Ihnen auch so ein Plakat zeigen, ich kann Ihnen so ein Plakat zeigen. (Der Redner hält zwei Flugblätter des ÖGB in die Höhe.) Jeder Abgeordnete stimmt hier für das Volk ab, und das Volk soll auch wissen, wie abgestimmt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Anmerkungen des Abgeordneten Haupt: Bei der BAWAG-Zinsenpolitik sind wir, glaube ich, zumindest in guter Gesellschaft mit Raiffeisen. Ich bin überzeugt davon, dass wir wieder in eine Phase kommen werden, wo uns die Banken kritisieren, dass die BAWAG Konditionen hat, bei denen die anderen nicht mitkommen. Sie können davon ausgehen, dass das klargestellt wird.

Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister Grasser hat in seiner Budgetrede wörtlich gemeint – das ist auf Seite 8 nachzulesen –: "... dort, wo es Marktversagen gibt, wie zum Beispiel im Sozialbereich, ... brauchen wir sogar einen stärken Staat als heute ..."

Für mich erkennbar ist: Der Staat verabschiedet sich, denn sonst gäbe es ja nicht Ambulanzgebühren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das sollte man meiner Meinung nach in diesem Zusammenhang auch festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde weiters vom Herrn Finanzminister behauptet: Bei den Budgetgesprächen in der Hofburg waren ja alle dabei, und alle haben sich dazu bekannt. – Herr Finanzminister! Ich bin neben Ihnen gesessen – das ist auch nachvollziehbar anhand eines Videos des ORF oder wahrscheinlich sogar anhand von Tonbändern des Bundeskanzleramtes –, und ich habe dort gesagt: Es gibt niemand Vernünftigen, der sich einer Defizitreduzierung widersetzt. Aber sehr wohl ist darüber nachzudenken, mit welchen Mitteln und zu welchen Lasten. Daher fordere ich Sie neuerlich auf – so eifrig die Bundesregierung war, einen Treffsicherheitsbericht im Sozialbereich zusammenzubringen, einen Treffsicherheitsbericht –, den am 14. Juli zum ersten Mal und am 1. September zum zweiten Mal von mir geforderten Bericht in Fragen der Steuern, der Abgaben und der Transfers vorzulegen. Wo ist dieser Bericht? Auch das wäre ein Betätigungsfeld für die Bundesregierung. Es wäre angebracht, diesen Bericht zu erstellen, anstatt nur über die soziale Treffsicherheit zu reden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Und wenn wir schon über Treffsicherheit reden: Ich glaube, dass es wichtig ist – ich sagte es schon –, nicht über 800, nicht über 5 Milliarden Schil


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ling zu reden, sondern über Betroffene. Hier auf der Galerie sitzt ein Behinderter, beinamputiert nach einem Arbeitsunfall im Jahre 1968. Ausgaben für Rezepte im Jahre 1999: 15 000 S. 15 000 S für Rezeptgebühren im Jahr! Er ist zurzeit in Pension, hat eine Unfallrente – und diese Regierung tritt jetzt an, dieser Person diese Unfallrente zu besteuern! Ertrag: 2 Milliarden, damit man für die Arbeitgeber den Unfallversicherungsbeitrag voraussichtlich um 1,7 Milliarden Schilling senken kann. (Abg. Dr. Stummvoll: Die 1 Milliarde fließt ja wieder zurück! Das wissen Sie, Herr Präsident! Bleiben Sie ehrlich!) 2 Milliarden kassiert man von den Betroffenen – den Arbeitgebern gibt man 1,7 Milliarden. Das ist nicht die Politik, wie wir sie verstehen! (Beifall und Pfui-Rufe bei der SPÖ.)

Ich kann durchaus verstehen, wenn der Herr Wirtschafts- und Arbeitsminister in Erkennung eines Problems bei den Saisonarbeiterinnen und -arbeitern einen Maßnahmenkatalog vorschlägt. Das kann ich durchaus verstehen. Aber dass diese Koalitionsregierung dafür alle Arbeitnehmerinnen und Arbeiter in die Geiselhaft nimmt, das kann ich nicht unter dem Titel "Treffsicherheit" verstehen. Vertragsbedienstete, die als Bademeister oder als Arbeitnehmer in einem kurzfristigen öffentlichen Dienstverhältnis stehen, sind betroffen, Karenzgeldbezieherinnen, die eine Karenzvertretung ermöglichen, sind davon betroffen. Alle Dienstverhältnisse sind in Wirklichkeit davon betroffen. Es sitzen ja genügend Wirtschaftstreibende im Raum, die vielleicht selbst Dienstverträge ausstellen. Diese lauten in der Regel neuzeitlich: ein Monat Probezeit nach dem Angestelltengesetz, weitere fünf Monate Befristung ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger. )

Ja, super, Herr Kollege, ganz super! Die Sozialpartner waren gestern beim Herrn Bundesminister Bartenstein und haben beide einen Lösungsvorschlag auf den Tisch gelegt. Da hinten (in Richtung ÖVP weisend) sitzt ein Zeuge, Ihr Vertreter der Wirtschaft in der Zukunft, Herr Stummvoll, hier im Parlament sitzt ein Zeuge, der mitbekommen hat, dass die Sozialpartner einen Lösungsvorschlag haben, und er hat das auch mit vertreten. Wir werden sehen, was nächste Woche dabei herauskommt. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Moment! Jetzt haben wir es mit einer Regierungsvorlage zu tun, die eine Wartefrist für alle Beschäftigten festschreibt, wenn sie ein befristetes Dienstverhältnis haben oder es durch Zeitablauf endet. Das ist keine Sozialpolitik, die mit Treffsicherheit zu tun hat, das ist Abkassieren, In-Geiselhaft-Nehmen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werden sich vielleicht wundern, dass ich am Schluss meiner Rede auch noch einen anderen Bereich anspreche, der nicht automatisch mir zuzuordnen ist. Ich habe auch die Ehre, Vorsitzender des Industrieausschusses dieses Hohen Hauses zu sein. Wir hatten im September und auch vor dem Sommer ganz intensive und, so glaube ich, gute Beratungen mit verschiedenen Mitgliedern der Bundesregierung, mit Herrn Bundesminister Schmidt, mit Herrn Bundesminister Grasser. Wir, Vertreter aller Fraktionen, haben im Ausschuss mehrfach gefragt: Wie wird es denn mit dem Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt sein, was ist hier angedacht? – Die Antwort sowohl von Herrn Schmidt als auch von Herrn Grasser war: Das können wir Ihnen vor der Budgetrede nicht sagen. Wir können Ihnen nur den Betrag nennen, aber die Details erfahren Sie in der Budgetrede. Ich habe sehr aufmerksam zugehört, ich habe auch nachgelesen, aber gefunden habe ich eigentlich nichts darüber, welche Schwerpunkte diese Regierung setzen will. Sehr wohl ist die Summe genannt, aber in welche Richtung der Schwerpunkt gesetzt wird, das ist, so glaube ich, eigentlich nicht erkennbar.

Da sollte doch eine andere Politik Platz greifen, indem konkret gesagt wird, welche Schwerpunkte in der Forschungs- und Entwicklungspolitik politisch unterstützt werden sollen, gemeinsam mit der Wirtschaft, mit den Universitäten, anstatt nur eine Summe in den Raum zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt: Da gibt es einen Akt. Da oben auf der Galerie sitzt ein Betroffener. Das ist keine Schimäre, nicht eine Erzählung irgendeiner Art. Denken Sie über Ihre Budgetpolitik nach, denn – ich verwende sehr bewusst ein Wort des Herrn Finanzministers aus der Debatte von gestern – der Vergleich macht uns sicher: Soziale Gerechtigkeit, dafür steht die Sozialdemokratie. Wirtschaftsentwicklung, das unterstützt die


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Sozialdemokratie. Für das Umverteilen von oben nach unten, wie es dieses Budget vorsieht, stehen wir nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Von oben nach unten!)

12.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Stummvoll zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe des Sachverhaltes, den Sie zu berichtigen wünschen. Sie sind am Wort. (Abg. Haigermoser: Freud, schau oba!)

12.05

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Verzetnitsch hat hier behauptet, dass diese Bundesregierung durch die Besteuerung der Unfallrenten den Behinderten 2 Milliarden Schilling wegnimmt.

Diese Behauptung ist in zweifacher Hinsicht unrichtig: Erstens sind die Bezieher der Unfallrenten nicht alle Behinderte, und zweitens nimmt die Regierung keine 2 Milliarden weg, sondern gibt den Behinderten 1 Milliarde Schilling zurück, und zwar in Form von Starthilfen für Behinderte.

Das ist vorbeugende Sozialpolitik, das ist soziale Verantwortung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

12.06

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Gewerkschaftsbundpräsident hat hier gesprochen, als ob das Budget ein Bankomat wäre, der im Himmel gefüttert wird und auf Erden entleert werden kann. Offensichtlich hat der Gewerkschaftsbund derzeit sehr viel Geld, weil er selbst für ÖVP-Abgeordnete Werbung betreibt. (Der Redner hält ein Flugblatt des ÖGB in die Höhe.) Auch in meinem Wahlkreis ist ein solches Pamphlet sozusagen "An einen Haushalt" versendet worden, auf dem steht, dass ich für die Erhöhung des Pensionsalters gestimmt habe.

Erstens einmal, Herr Gewerkschaftsbundpräsident, ist das gesetzliche Pensionsalter nicht verändert worden. Es ist nur der Versuch unternommen worden, das Frühpensionseintrittsalter um 1,5 Jahre anzuheben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wissen Sie, Herr Gewerkschaftsbundpräsident, was ein um ein Jahr niedrigeres Pensionseintrittsalter kostet: pro Jahr 10 Milliarden Schilling. Entweder kassieren Sie die 10 Milliarden Schilling bei Ihren arbeitenden Gewerkschaftsbundmitgliedern ab, oder der Staat muss aus seinem Besitz diese 10 Milliarden Schilling erbringen.

Um diese 10 Milliarden Schilling für ein um ein Jahr niedrigeres Pensionseintrittsalter zu erlösen, müssten wir 100 000 Hektar Bundesforste-Grund verkaufen! 100 000 Hektar Grund, um ein Jahr früher in Pension gehen zu können! Sie sollten einmal ein bisschen rechnen. Deshalb bekenne ich mich zu dem Versuch, das Frühpensionsalter anzuheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Budget 2001 ist in Wirklichkeit ein Neustart in das 21. Jahrhundert ohne neue Verschuldung. Es hat mein Kollege Stummvoll schon erwähnt: In den 25 Jahren der Aufbauphase, nämlich von 1945 bis 1970, wo noch viele Kriegsschäden zu beseitigen waren, wurde ein Schuldenberg von 43 Milliarden angehäuft – und in 30 Jahren SPÖ-Finanzminister, von 1970 bis zum Jahr 2000, ein Schuldenberg von 2 200 Milliarden! Ein normaler Mensch kann sich diese 2 200 Milliarden einfach nicht mehr vorstellen.


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Aus diesen Gründen sind wir jetzt gezwungen, Einsparungen überall zu versuchen, wo sie möglich sind. Und ich wehre mich gegen eine Aussage, die gerade von den Sozialdemokraten, aber auch von den Grünen kommt. Sie sprechen den 214 000 österreichischen Waldbesitzern die Fähigkeit ab, ihren Wald ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Lesen Sie bitte im Grünen Bericht 1999, der Ihnen allen bereits zugegangen ist, nach! Darin wird festgestellt, dass der österreichische Wald international hohe Anerkennung genießt und dass auch ein Gutachten der Universität Wien – nicht der Universität für Bodenkultur, sondern der Universität Wien – dem österreichischen Wald ein hervorragendes Zeugnis ausstellt. Diese 214 000 Waldbesitzer haben immerhin 81 Prozent des österreichischen Waldes in ihrem Privateigentum. Gerade von den Kleinwaldbesitzern, die die Durchforstungen noch ordnungsgemäß durchführen, weil der einzelne Waldbesitzer seine Schichten nicht so rechnet wie jemand, der mit Fremdarbeitskräften arbeiten muss, wird der Wald wirklich hervorragend gepflegt. Und dann wird der Verkauf von Waldgrundstücken der Bundesforste, um auch einen Beitrag zur Schuldenreduzierung in Höhe von 3 Milliarden Schilling zu leisten, hier dargestellt, als ob dann, wenn die Privaten, die Bauern diesen Wald kaufen, die Begehbarkeit des Waldes nicht mehr gegeben wäre. Wir haben ein Forstgesetz, das für private Waldbesitzer genauso gilt wie für den öffentlichen Wald. Im § 33 des Forstgesetzes ist verankert: Jedermann darf unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch wir wollen die Bundesforste als Leitbetrieb erhalten. Die Bundesforste sind in vielen Fragen, auch der Entschädigung, zielorientiert vorangegangen. Die Bundesforste haben begonnen, für die Freigabe von Wegstrecken für Mountainbiker Gebühren zu verlangen. Die privaten Waldbesitzer haben diese vorher nicht bekommen, allerdings dann, als die Bundesforste diese Gebühren erhielten, haben die privaten Waldbesitzer diese auch gefordert.

Wenn die Sorge vorhanden ist, das Wasser würde ausverkauft werden, dann darf ich Ihnen sagen, die Bundesforste werden sich hüten, Grundstücke zu verkaufen, auf denen beträchtliche Wasserquellen zu finden sind. Der Generaldirektor der Bundesforste hat ja vor zwei Wochen erklärt, dass das zweite Standbein der Bundesforste in Zukunft der Wasserverkauf sein wird. Das heißt, die Bundesforste werden ihre Quellen sammeln und versuchen, das Wasser entsprechend zu verkaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch ein kurzer Beitrag zur Landwirtschaft insgesamt. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch die Landwirtschaft trägt zur Budgetkonsolidierung bei. Ich habe hier den Anlagenteil aufgeschlagen, der der Budgetrede des Finanzministers angeschlossen ist. Im Jahre 1995 hat das Budget für die Landwirtschaft 33,5 Milliarden betragen, im Jahre 2001 sind es 23,5 Milliarden. (Abg. Dr. Niederwieser: Und was kommt von der EU?) Im selben Zeitraum ist das Budget für die Österreichischen Bundesbahnen von 39,8 Milliarden auf 49,3 Milliarden angestiegen. Für den Bereich der Landwirtschaft haben wir 10 Milliarden Schilling weniger, bei den Bundesbahnen um 10 Milliarden Schilling mehr.

Wir haben hier unseren Beitrag geleistet, und in diesen 23,5 Milliarden Schilling für die Landwirtschaft sind Rückflüsse von 14 Milliarden Schilling von der EU inbegriffen. Die sind hier nur ein Durchlaufposten. 9 Milliarden Schilling sind tatsächlich als Förderung für die Landwirtschaft im Budget enthalten, 6 Milliarden Schilling, um die Kofinanzierung für die ländliche Entwicklung zu bewerkstelligen. Zwei Drittel, nämlich 8 Milliarden Schilling, stehen für eine umweltgerechte Landwirtschaft – wir sind damit Europameister in der umweltgerechten Landwirtschaft (Beifall bei der ÖVP) – und 4 Milliarden Schilling für die Bergbauernfinanzierung zur Verfügung, eine weitere Milliarde für Investitionsförderung.

Auch der Finanzminister hat sich in seiner Budgetrede dazu bekannt, dass die landwirtschaftlichen Familienbetriebe ein wesentlicher Bestandteil für die Funktion des ländlichen Raumes sind. Aus diesen Gründen werden wir die Erhaltung der österreichischen Familienbetriebe in der Landwirtschaft auch weiterhin anstreben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.14


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

12.14

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst einmal mit ein paar Ausführungen meiner Vorredner auseinander setzen. Leider ist Herr Verzetnitsch hinausgegangen. Ich wollte ihm sagen: Er hat sich sehr viel Mühe gemacht mit seinen Taferln, auf die er die notwendigen Sparmaßnahmen geschrieben hat, aber er hat ein wichtiges Taferl vergessen. Vielleicht können Sie ihm das sagen. Er hat nämlich vergessen, draufzuschreiben, dass Österreich in den Zeiten der sozialistischen Regierungen mit 2,2 Billionen Schilling Staatsschulden behaftet worden ist und dass wir 680 Millionen Schilling täglich zurückzahlen müssen und dass zur Zeit der sozialistischen Finanzminister täglich 140 Millionen Schilling Schulden gemacht worden sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das hat Herr Verzetnitsch vergessen, auf ein Taferl zu schreiben, denn aus dem wäre dann ersichtlich gewesen, warum es notwendig ist, dass diese Bundesregierung einspart. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich erinnere mich – Herr Verzetnitsch war nicht im Parlament –, als diese sozialistische Regierung drei Sparpakete auf die österreichische Bevölkerung niederprasseln hat lassen, die aber überhaupt keine Auswirkungen im Hinblick auf eine Reduzierung des Schuldenstandes gehabt haben. Herr Verzetnitsch ist damals in der parlamentarischen Diskussion überhaupt nicht aufgetaucht, erst jetzt! – Jetzt ist er weggegangen, nachdem er seine unvollständigen Taferln deponiert hat.

Wer war es denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, der die Rezeptgebühr hinaufgetrieben hat? Der Herr Verzetnitsch hat uns heute ein Beispiel von einem behinderten Menschen dargestellt, der 15 000 S an Rezeptgebühren bezahlen muss. Ja, wer war es denn, der die Rezeptgebühren in so astronomische Höhen gebracht hat? – Nicht diese Bundesregierung, sondern die sozialistischen Finanzminister, die 30 Jahre lang in Österreich gewerkt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Bleiben Sie doch auf dem Boden der Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch zu den Grünen ein paar Worte: Frau Petrovic, ich bin genauso froh wie Sie, dass die Bevölkerung jetzt einmal die Möglichkeit hat, den Stil Ihrer Auseinandersetzung im Parlament zu hören. Sie sind doch diejenige, die uns ununterbrochen vorwirft, dass wir heruntermachen, dass wir alles mies machen – aber im gleichen Atemzug tun Sie das, was Sie uns vorwerfen! Und das soll jetzt die Bevölkerung auch einmal sehen.

Weiters sagen Sie auch noch Unwahrheiten, das blitzblaue Unwahre vom Himmel herunter. Sie behaupten, für die Frauen werde mit diesem Budget überhaupt nichts getan. Das ist absolut falsch! Es gab noch nie ein so hohen Budgetansatz, der für die Frauen bestimmt war. Frau Minister Sickl hat alle Frauenprogramme durchgeführt, und zwar so, wie sie beantragt waren, in demselben Ausmaß. (Abg. Bures: Das ist falsch!) Das ist nicht falsch! Das hat die Frau Minister Sickl ganz genau so gemacht. (Abg. Bures: Falsch!) Sie sollten bei der Wahrheit bleiben und nicht Unwahrheiten verbreiten, nur weil es Ihnen in den politischen Kram passt.

Weiters hat Herr Abgeordneter Gusenbauer gesagt, dass die Politik etwas mit Menschen zu tun hat, dass man Menschen nicht ihrem Einzelschicksal überlassen darf, dass die Menschen Solidarität brauchen. – Da stimme ich Ihnen ja zu. Das ist ja richtig, nur: Sie haben in der Vergangenheit nicht nach diesen hehren Gesichtspunkten gewirtschaftet. Das ist das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben mit Ihrer Finanzpolitik alle Voraussetzungen geschaffen, dass die Menschen derzeit äußerst verunsichert sind, dass sie nicht mit Ruhe in die Zukunft schauen können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Durch Ihre unverantwortliche Schuldenpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie das gefährdet, was Sie für so wichtig erachten, nämlich den Wohlfahrtsstaat. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Sie wissen doch ganz genau, dass das Pensionssystem so, wie es jetzt ist, nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, wenn nicht eine Budgetkonsolidierung stattfindet, weil die Bundeszuschüsse nicht finanzierbar sind. Sie haben aber den Leuten immer vorgegaukelt, es werde mit der einen und der anderen Pensionsreform schon funktionieren (Abg. Dr. Niederwieser: Das war der Stummvoll, der das gesagt hat!), und die Sanierungsmaßnahmen würden über die Jahrhundert- oder Jahrtausendwende hinausreichen. Aber wie sich herausgestellt hat, hat das "Jahrhundertgesetz" nur ganze drei Jahre gehalten, und dann musste schon wieder eine Reform der Reform durchgeführt werden.

Das war Ihre Politik! Es war ein Weiterwursteln von einem Tag auf den anderen und von einem Jahr zum anderen. (Abg. Reheis: Falsch!) Sie haben die Voraussetzungen geschaffen dafür, dass jetzt ein so rigoroses Sparpaket geschnürt werden muss, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Reheis: Ausrede!)

Es ist ja absurd, darüber zu diskutieren, dass Schulden zurückgezahlt werden müssen. (Abg. Dr. Niederwieser: Reden Sie über Ihr Budget – nicht über unseres!) Jeder weiß das. Jeder, der uns heute zuschaut, weiß, dass man nicht mit einem so hohen Schuldenstand weiterwursteln kann, dass die Zinsenbelastung ganz einfach zu hoch ist. (Abg. Reheis: Das sind Ausreden für Ihre Belastungen!) Nur Sie wollen offensichtlich so weitermachen. Nicht einmal jetzt trennen Sie sich von Ihrer schlechten Politik in der Vergangenheit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Diese Regierung hat auch das soziale Augenmaß behalten, denn trotz rigoroser Sparmaßnahmen gibt es für die Familien mit Kindern eine bessere Förderung. Zum ersten Mal – zum ersten Mal! – wird entscheidend etwas für die Arbeitsplatzvermehrung von Behinderten getan. 1 Milliarde Schilling wird zur Verfügung gestellt! Nichts dergleichen ist damals in der sozialistischen Bundesregierung geschehen. (Abg. Silhavy: Das zahlen die Unfallopfer!)  – Nein, das zahlt nicht die Allgemeine Unfallversicherung, das ist ganz einfach nicht richtig.

Sie wollten eine Einschränkung bei der Pflegevorsorge. Es gibt diesbezügliche Aussagen von Frau Ederer, von Herrn Stadtrat Rieder. Sie wollten die Pflegevorsorge nur ganz streng nach Abrechnung machen und wollten eine absolute Kürzung der Pflegevorsorge. – Da ist nicht geschehen. Diese Bundesregierung hat bewiesen, dass ihr die Behinderten außerordentlich wichtig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Maßnahmen, die die Regierung setzen muss und die Sie heute anprangern, sind deshalb notwendig geworden, weil Sie schlecht gewirtschaftet haben. Und es ist Ihnen nicht gelungen, die sozialen Errungenschaften auch wirklich abzusichern. – Das wird diese Bundesregierung auf alle Fälle tun! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung auf die Ausführungen des Abgeordneten Schwarzenberger hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Aussage. (Abg. Ing. Westenthaler: Er berichtigt den Verzetnitsch!)

12.21

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Schwarzenberger hat behauptet, die Bundesforste AG werde sich hüten, Wald und Wasser zu verkaufen. – Das ist unrichtig!

Ich berichtige dahin gehend, dass diese Bundesregierung die Österreichische Bundesforste AG dazu zwingt, Wald und Wasser zu verkaufen, denn entgegen dem bisherigen Entwurf einer Bundesforstegesetz-Novelle, die eine Verordnungsermächtigung vorgesehen hat, ist jetzt in den Budgetbegleitgesetzen vorgesehen, dass die Österreichische Bundesforste AG verpflichtet wird, 3 Milliarden Schilling an das Bundesbudget abzuführen. Und diese 3 Milliarden Schilling, Herr Klubobmann Khol und Herr Kollege Schwarzenberger, kann die Österreichische Bundesforste AG nur dann aufbringen, wenn sie Wald und Wasser verkauft. Eine andere Möglichkeit


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gibt es nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Der Herr Abgeordnete Gradwohl kriegt den Preis für die schönste Krawatte des Tages! – Abg. Gradwohl: Danke!)

12.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

12.22

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget!" (Bravo!-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Das haben wir gestern vom Herrn Finanzminister gehört. (Abg. Dr. Puttinger: Die Aussage war gut!) Freuen Sie sich nicht zu früh, denn wesentlich ist doch auch, was in der Früh serviert wird. Ich habe bemerkt, dass vom Herrn Finanzminister im Frühstückskörberl nur wieder die alten Semmerln serviert werden – die alten harten Semmerln.

Das heißt, der Finanzminister, der sagt, wir müssen das Budget sanieren, nimmt als Beispiel die Lohn- und Einkommensteuerreform des Jahres 2000, die noch auf das Konto der alten Bundesregierung geht, und sagt: Das ist unser Erfolg, der Erfolg der neuen Regierung! Gleichzeitig wird diese Lohn- und Einkommensteuerreform auch dazu hergenommen – und sie muss dazu hergenommen werden –, um das Budget zu sanieren, denn hätte es diese Lohn- und Einkommensteuerreform nicht gegeben, dann wäre der Sanierungsbedarf nicht so groß.

Es gibt aber nicht nur alte Semmerln, sondern es gibt auch aufgewärmten Kaffee, den aufgewärmten Kaffee vom Nulldefizit. Es ist immer wieder das Gleiche. Die Zahlen – der Herr Finanzminister beherrscht das ja schon sehr gut –, die Millionen, die pro Minute, pro Sekunde, pro Tag, pro Stunde aufgewendet werden müssen, um die Schulden zu tilgen, werden sehr effizient präsentiert. Aber warum und mit welchem Ziel wir das Budget sanieren, das hat der Herr Finanzminister bis jetzt noch nicht erklärt. Er sagt nur, es sei wichtig. Aber wozu es wichtig ist, hat er uns noch nicht erklärt.

Meine Damen und Herren! Wichtig wäre es doch, dass wir uns über die Ziele einigen könnten. Der Herr Finanzminister sagte in der Budgetrede, es ginge ihm darum, ein sozial gerechtes Budget mit einem schlanken Staat zu vereinbaren, aber ich habe da meine Zweifel, ob sich diese Ziele, diese teilweise widersprüchlichen Ziele, miteinander vereinbaren lassen. Ich werde auch versuchen, das zu belegen, meine Damen und Herren.

Ich möchte aber vorher noch ganz gerne auf das Bonmot des Herrn Finanzministers vom "guten Tag, der mit dem sanierten Budget beginnt" antworten, und zwar mit dem wesentlich bekannteren Sprichwort: "Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!", Herr Kollege Khol! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Cap: Jawohl!)

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben! – Schauen wir uns daher einmal an, was dabei herauskommt, wie es um die Versprechungen des Herrn Finanzministers steht, schauen wir uns doch einmal die Inhalte des Budgets an! (Abg. Dr. Khol: In eineinhalb Jahren!) Schauen wir uns an, ob die gegebenen Versprechen, "Wir schaffen die modernste Verwaltung Europas!" – Finanzminister Grasser –, "Wir machen mehr Eigenverantwortung, weniger Bevormundung!" – Kollege Stummvoll –, ernst zu nehmen sind!

Ich schlage Ihnen vor, meine Damen und Herren: Betrachten wir zu diesem Zweck die Arbeitslosenversicherung! Mein Klubobmann Professor Van der Bellen hat das ja schon gemacht. Trotzdem, es gibt ja noch andere Punkte, nicht nur die berücksichtigungswürdigen Fälle, die 100 000 berücksichtigungswürdigen Fälle, die jetzt alle zum Arbeitsmarktservice und zu den Regionalbeiräten gehen werden, weil sie sich zu Recht für berücksichtigungswürdig halten und dadurch natürlich eine Bürokratie aufblähen, die gar nicht vorhanden ist, sondern interessant ist ja auch noch – und damit komme ich zu einem Punkt, der nicht nur Bürokratie schafft, sondern menschenverachtend ist –, dass als neue Bestimmung im Arbeitslosenversicherungsgesetz den Arbeitslosen vorgeschrieben wird, dass sie sich wöchentlich beim Arbeitsmarktservice zu melden haben. Wöchentlich müssen sie dort hingehen, egal ob Arbeit vorhanden ist oder nicht.


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Wöchentlich müssen sie dort hingehen, egal ob der Arbeitsmarktberater für sie Zeit hat – er wird nämlich in der Regel keine Zeit haben – oder nicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat es früher auch schon gegeben! Zwei Mal in der Woche!) Wöchentlich! Wöchentlich ist der Gang zum Arbeitsmarktservice vorgeschrieben. – Das ist Schikane, das ist Bürokratie! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das hat nichts mit Eigenverantwortung und nichts mit weniger Bevormundung zu tun, sondern das Gegenteil ist der Fall. Das bedeutet mehr Bevormundung und weniger Eigenverantwortung für eine Gruppe, die in der Vergangenheit schon gezeigt hat, dass sie in der Regel auch ohne die entsprechenden Kontrollmaßnahmen zurechtkommt.

Meine Damen und Herren! Das ist Schikane, das ist Bürokratie in einem Bereich, der viele Menschen umfasst, die davon betroffen sind. Und der Sinn dieser Maßnahme ist auch nicht erkennbar. Es war ja gerade der damalige ÖVP-Parteivorsitzende und Außenminister Schüssel, der in der Vergangenheit – ÖVP-SPÖ-Regierung – diese Bestimmung herausreklamiert hat, zu Recht herausreklamiert hat, und jetzt verfolgen Sie offensichtlich die Bestrebungen der FPÖ, die ja nur von ihren Feindbildern lebt, und eines dieser Feindbilder sind eben die sozialschmarotzenden Arbeitslosen; das trifft sich mit den Aussagen des Herrn Kollegen Khol, der auch immer von den "Arbeitslosen in der Hängematte" spricht. Jetzt legt man es wieder darauf an, Arbeitslose zu schikanieren.

Es geht aber nicht nur um das Schikanieren von Arbeitslosen, und damit bin ich beim nächsten Beispiel aus diesem Bereich. Herr Kollege Khol, Herr Minister Bartenstein, Sie (in Richtung Freiheitliche) von der angeblich "familienfreundlichsten Partei Österreichs", erklären Sie mir Folgendes: Warum bekommt eine Arbeitslose mit drei Kindern – dieses Beispiel stammt nicht von mir, sondern von Herrn Minister Bartenstein; Sie kennen dieses Beispiel –, die 4 000 S oder 5 000 S monatlich an Arbeitslosengeld erhält – nicht mehr! –, in Zukunft um 900 S weniger Arbeitslosengeld, während die Arbeitslose mit einem Kind, die auch 5 000 S erhält, ein bisschen mehr kriegt? Ist das Ihre Familienpolitik? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ist das Ihre Familienpolitik, Herr Kollege Khol? Erklären Sie das, warum eine Arbeitslose mit drei Kindern mit einem Abzug von 900 S bestraft wird, während durch die diversen Neuberechnungen des Arbeitslosengeldes, auf die ich mich da gar nicht näher einlassen will, eine Arbeitslose mit einem Kind um ein paar Groschen mehr bekommt! – Wo, Herr Kollege Khol, wo liegt da der Sinn? Sehen Sie da einen Sinn? Macht Ihnen das Spaß, diese Personen zu bestrafen? Worum geht es da? Ist das eine Maßnahme, mit der soziale Treffsicherheit demonstriert werden soll?

Herr Minister Bartenstein ist jetzt nicht mehr anwesend. Die Frau Sozialministerin tritt nur durch gelegentliche Präsenz und gelegentliche Äußerungen in solchen Fragen auf, aber, Frau Sozialministerin, vielleicht interessiert Sie das Beispiel? Sie waren es ja auch, die noch vor wenigen Tagen gesagt hat, gegen die einmonatige Sperre des Arbeitslosengeldes zu sein.

Herr Kollege Westenthaler! Sie dürfen sich mit Ihrem Laserstift gerne spielen und ihn auch auf mich richten, aber bitte, schalten Sie ihn nicht ein. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe gar nichts gemacht! Das muss eine Illusion sein!)

Frau Bundesministerin! Mich würde interessieren, warum Sie noch vor zwei oder drei Tagen gesagt haben, gegen diese Sperre des Arbeitslosengeldes zu sein – und jetzt kommt sie doch. Was ist passiert? Wo schlägt sich Ihr Gewicht als Sozialministerin in dieser Bundesregierung nieder? Wo setzen Sie sich mit einer Initiative, mit einem Vorhaben durch? Waren Sie es nicht, die noch vor einem halben Jahr gesagt hat, diese Bundesregierung mache keine weiteren Bösartigkeiten, Grausamkeiten? Und was erleben wir jetzt in Bezug auf die Arbeitslosen, in Bezug auf Familienzuschläge, in Bezug auf die Sperren beim Saisongeld? Sind das keine Grausamkeiten?

Was können denn die Leute dafür, wenn sie in einem Saisonjob arbeiten? Was können sie dafür, dass ihnen das Wetter nach der Saison nicht günstig gewogen ist? Deswegen sollen sie bestraft werden mit der Sperre von einem Monat Arbeitslosengeld? Was macht das für einen Sinn, meine Damen und Herren? (Abg. Dolinschek: Das kommt eh nicht!)


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Was können die Bauarbeiter dafür, Kollege Dolinschek? Was können sie dafür? (Abg. Dolinschek: Das kommt ja nicht! Wovon redest denn?)  – Das kommt ja nicht! Aber es steht im Entwurf. Wir sprechen doch auch über Gesetzentwürfe in erster Lesung. Herr Kollege Dolinschek! Da du mir erklären willst, dass das nicht kommt, frage ich dich: Was ist mit einer Frau, die arbeitslos ist und die Chance hat, ein Jahr Karenzvertretung zu übernehmen? Sie will das machen, aber: Wenn sie es nicht macht, kommt es zu einer Sperre des Arbeitslosengeldes für sechs Wochen, macht sie das eine Jahr Karenzvertretung, so wird ihr das Arbeitslosengeld für vier Wochen gesperrt! Was macht das für einen Sinn, Kollege Dolinschek? (Abg. Dolinschek: Überhaupt keinen!) Das ist eure Politik!

Wo ist Kollege Gaugg, dem ich es in den letzten Wochen noch irgendwie abgekauft habe, dass er sich ernsthaft für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzt? Wo ist Kollege Gaugg mit seinem Widerspruch zu diesen Maßnahmen? Wo sind Sie, Frau Bundesministerin, mit Ihrem Einspruch gegen die Sperre des Arbeitslosengeldes? Die Vorlage passiert den Ministerrat, zwar mit geringfügigen Veränderungen, aber enthalten ist die Sperre des Arbeitslosengeldes nach wie vor.

Kommen Sie mir nicht immer mit Ihrem Ausspruch: Das wird sich schon noch ändern! Es gibt Gruppen von Betroffenen, für die Sie überhaupt nichts ändern, für die alles nur schlimmer wird. Und das sind nicht die Bezieher hoher Einkommen, sondern das sind die Bezieher ganz niedriger Einkommen. Das sind nicht diejenigen, von denen der Herr Finanzminister sagt, dass es sie treffen wird, nämlich die mit über 30 000 S Bruttomonatseinkommen, sondern das sind diejenigen, die 5 000, 6 000, 7 000, 8 000, 9 000 oder 10 000 S monatlich haben.

Vielleicht noch eine andere Frage: Was ist mit den Unfallrentnern? Erklären Sie das doch einem Unfallrentner/einer Unfallrentnerin! Ich habe in den letzten Jahren genügend Möglichkeiten gehabt, mit Betroffenen darüber zu sprechen, wie schikanös sie teilweise behandelt worden sind. Personen etwa, die an Asbestkrebs erkrankt sind – es gibt genügend Leute, Kollege Dolinschek weiß das –, denen die Unfallversicherung beziehungsweise der Arzt erklärt: Du kannst noch weiterarbeiten, noch bist du nicht tot! Du kannst ruhig in den Betrieb zurückgehen! Personen, denen diese Unterstützung für lange Zeit überhaupt vorenthalten wird, wollen Sie dann, wenn sie diese geringe Unfallrente für eine relativ kurze Zeit ihres Lebens endlich erhalten sollen beziehungsweise wenn deren Witwen danach diese kleine Unfallrente erhalten, die bei einem schwerwiegenden Schaden in der Regel nicht höher als 9 000 S ist, noch um ein Drittel kürzen oder um 20 Prozent. – Das reicht auch noch immer, Herr Kollege Dolinschek.

Davon betroffen sind nicht die Großverdiener in Österreich, davon betroffen sind Personen, deren Gesundheit durch ihren Arbeitsalltag schwer geschädigt worden ist! Und da will uns der Herr Finanzminister hier erklären: Es trifft nicht die Falschen! – Das ist ein Beitrag zur "sozialen Gerechtigkeit"? Diese Worte stammen doch von Ihnen, Herr Finanzminister. Wo ist dieses Budget in dem Bereich der so genannten sozialen Treffsicherheit tatsächlich sozial gerecht? Erklären Sie mir das nur an einem Beispiel! Sie werden ein derartiges Beispiel nicht finden können. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich können Sie immer wieder Einzelbeispiele anführen, dass irgendjemand, der 40 000 S verdient, auch noch eine Unfallrente erhält, aber ich rede nicht von Einzelbeispielen, ich rede von den 50, 60, 70 Prozent.

Erklären Sie mir – weil Sie ja so großzügig sind und großzügig waren und zusätzliche Leistungen vergeben haben –, wie das jetzt ist mit der Behindertenmilliarde! Sind das zusätzliche Gelder oder werden da schon vorhandene Gelder hineinverbraten? (Abg. Haidlmayr: Das ist die Frage!) Erklären Sie das!

Sie nehmen den Leuten das Geld weg: Sie nehmen den Unfallrentnern 2 Milliarden Schilling weg, entlasten die Betriebe bei der Unfallversicherung um 2 Milliarden, und dann verteilen Sie aus irgendwelchen Mitteln, die Sie nicht näher definieren, 1 Milliarde Schilling an Behinderte. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wer schafft in Österreich die Arbeitsplätze? Sagen Sie es! Die Wirtschaft!) Sie stellen sich dann noch hin und sagen: Wir tun etwas für die Behinderten! Das ist Ihre Politik von Scheinansagen. (Beifall bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Und weil ich gerade dabei bin, und die Frau Bildungsministern auch anwesend ist, würde mich Folgendes interessieren: Es gibt hinsichtlich der Bildungssteuer immer die Ansagen, die Stipendien würden erhöht und der Bezieherkreis ausgeweitet. Rechnen Sie mir das einmal vor, Frau Bundesministerin! Ich habe das sehr genau verfolgt, und mir ist das deshalb nicht unwichtig, Frau Bildungsministerin Gehrer, weil ich ein Arbeiterkind bin. Ich habe 1971 zu studieren begonnen, und mir war es nur möglich, zu studieren, weil es damals ein kostenloses Studium gegeben hat. Und ich sage Ihnen auch, wie das begonnen hat.

Ich habe zunächst im ersten Jahr das Höchststipendium erhalten, das damals 1 900 S betrug. Im zweiten Jahr – das Einkommen meines Vaters hat sich nicht großartig verändert, es war die normale Lohnvorrückung – habe ich 1 600 S bekommen, im dritten Jahr 1 500 S. Es ist aber gar nicht das Wesentliche, dass allein durch die Progression, durch die Dynamik bei den Lohneinkommen, die inzwischen dank Ihrer Politik nicht mehr so großartig ist, die Stipendien wegschmelzen – das ist nicht das Wesentliche –, aber Sie haben eine Ankündigung getätigt, und das möchte ich Ihnen vorrechnen:

Sie haben zum einen gesagt, alle bisherigen Stipendiaten bekommen die 10 000 S Studiengebühr ersetzt. Das sind 300 Millionen Schilling. 30 000 Studierende mal 10 000 S – eine ganz einfache Rechnung – macht pro Jahr 300 Millionen Schilling aus.

Zweitens haben Sie gesagt, die zusätzlichen 10 000 Stipendiaten sollen auch die 10 000 S erhalten. Somit sind wir bei 400 Millionen Schilling. – So weit folgen Sie mir? – Danke. Dann bleiben für die zusätzlichen 10 000 Stipendien 50 Millionen Schilling übrig. Ist das ein Betrag, mit dem man überhaupt Stipendien finanzieren kann? 50 Millionen Schilling? Also irgendwo geht sich diese Rechnung ganz offensichtlich nicht aus. (Abg. Dr. Pumberger: Jetzt reicht es aber!)

Das ist aber noch immer nicht der Punkt, Frau Bildungsministerin! Unabhängig davon, ob es jetzt mehr ArbeiterInnenkinder gibt, die an den Universitäten studieren – was schon ausreichend ausdiskutiert wurde, weil die Anzahl der ArbeiterInnenfamilien in Österreich zurückgeht; es gibt inzwischen mehr Angestellte, also wird es auch nicht wesentlich mehr Arbeiterkinder an den Universitäten geben –, unabhängig davon meine ich, dass eines unbestreitbar ist im Zusammenhang mit dem freien Zugang zur Universität: Er hat im Wesentlichen den Frauenanteil an den Universitäten, den Zugang von Frauen zur Bildung enorm verbessert.

Ich geben Ihnen schon Recht, ich glaube auch nicht, dass Sie das mit Ihrer Bildungssteuer in der jetzigen Höhe rückgängig machen können, aber wenn ich da Ansagen wie etwa jene der Bildungssprecherin Brinek höre, die sagt, man werde demnächst schon über eine Erhöhung der Bildungssteuer, der Studiengebühren je nach Studium nachdenken müssen, dann kann das ja auch heißen, dass wir in zwei oder drei Jahren 40 000 S oder 50 000 S Bildungssteuer oder Studiengebühr, je nach Studium, haben. Einige Studien, wie die vom Herrn Finanzminister Grasser überhaupt nicht geliebte Orientalistik, dürfen es dann billiger geben, die dürfen dann weiterhin mit 10 000 S pro Jahr über die Runden kommen – weil ja nicht wichtig, nicht wertvoll und nicht marktgerecht.

Wenn ich das für die Zukunft fortschreibe, dann, meine Damen und Herren, sehe ich schon ein Problem – auch für die Frauen, aber nicht nur für die. Es passieren ja schon sehr subtile Entscheidungen im Vorhinein.

Das ist aber auch noch immer nicht der eigentliche Punkt, meine Damen und Herren, sondern der wesentliche Punkt in dieser Frage der Bildungssteuern – neben all dem, was ich gesagt habe – ist: Ausländerinnen und Ausländer trifft die Bildungssteuer doppelt! Sie verdoppeln die Gebühren für Ausländerinnen und Ausländer, wenn sie nicht aus EU-Staaten kommen. Das heißt, jene beispielsweise – das müssen Sie sich vorstellen! –, die aus Entwicklungsstaaten kommen, die kein Geld haben, müssen in Zukunft pro Semester 10 000 und pro Jahr 20 000 S zahlen. – Das nennen Sie einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit? Das verstehen Sie wirklich unter sozialer Treffsicherheit? Das verstehen Sie unter Ermöglichung des Zugangs zur Bildung?

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss auf das Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz zu sprechen. Das, was Sie in diesem Bereich vorhaben, nämlich Kriegsgefangene,


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auch Angehörige der Waffen-SS, (Abg. Ing. Westenthaler: Was?) mit einer Zusatzpension von 300 S zu entschädigen – das Gesetz ist so ausgestaltet, Herr Kollege Westenthaler, Sie wissen das genau, weil die Kameradschaftsbünde das auch gefordert haben, dass das so der Fall sein soll (Beifall bei den Grünen) –, das, was Sie in diesem Bereich gefordert haben, meine Damen und Herren, und jetzt durchsetzen, eine Regelung, die beschlossen wird, noch bevor wir die Zwangsarbeiter-Regelung durchgesetzt haben, eine Regelung, die beschlossen wird, noch bevor jene Opfergruppen, die Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt worden sind, die Personen, die während des Nationalsozialismus zwangssterilisiert worden sind, im Opferfürsorgegesetz anerkannt worden sind, Herr Kollege Feurstein, eine Regelung wie das Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz jetzt zu beschließen, noch bevor den Opfern des Nationalsozialismus Rechnung getragen wurde – das ist schäbig.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist erschöpft, Herr Abgeordneter. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Das ist eine schäbige Regelung, und das charakterisiert auch manche andere Regelung in Ihrem Budget. (Beifall bei den Grünen.)

12.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Dr. Sickl. – Bitte.

12.43

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Regierungskollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verantwortungsvolle Politik zu machen heißt, für unsere ältere Generation, für die aktive Bevölkerung, aber auch für unsere Kinder ein stabiles System zu erhalten und eine gerechte und sichere Zukunft zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es eines konsolidierten Budgets, denn aus leeren Kassen lässt sich nichts verteilen. Die Schuldenpolitik der letzten Finanzminister hat auch den Spielraum der Sozialausgaben dramatisch eingeengt und damit die soziale Sicherheit in unserem Land gefährdet.

Die Vogel-Strauß-Politik der sozialdemokratischen Sozial- und Finanzminister, ihre mangelnde Bereitschaft zu nachhaltigen Reformen haben dazu geführt, dass die Pensionen nicht mehr gesichert waren, dass das Gesundheitssystem finanziell aus den Fugen geraten ist, dass die Modernisierung der Sozialversicherung verschlafen wurde, dass Familien, insbesondere AlleinerzieherInnen, von Armut bedroht sind, dass beinahe jeder zweite – und das lassen Sie sich auf der Zunge zergehen! –, jeder zweite Behinderte keinen Arbeitsplatz hat, dass eine Million Österreicherinnen und Österreicher an der Armutsgrenze leben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass besonders die Jugend unseres Landes das Vertrauen in die Gestaltungskraft der Politik verloren hat.

Diese Bundesregierung ist angetreten, durch mutige Reformen die Defizite der Vergangenheit auszugleichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Bundesregierung ist bereit, sich den Herausforderungen der Globalisierung auch unter dem Gesichtspunkt der sozialen Verantwortung zu stellen. Ein gesunder Staatshaushalt sichert den Wirtschaftsstandort Österreich und schafft sichere Arbeitsplätze – als Grundlage für Wohlstand und soziale Sicherheit. Globalisierung, wie wir sie verstehen, darf sich nicht im Diktat des Shareholder-Value erschöpfen, sondern muss verstärkte soziale Verantwortung in einer sich rasant veränderten Welt in den Mittelpunkt stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Bundesregierung verbindet Wirtschaftskompetenz mit Sozialkompetenz; beide Bereiche bedingen einander. (Abg. Silhavy: Die Rede ist vom Bartenstein geschrieben worden!) Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen hat unverzüglich und konsequent die notwendigen Reformen in Angriff genommen. Durch die Gleichstellung von Arbeitern und


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Angestellten bei der Entgeltfortzahlung ist ein lang gehegter Wunsch der Arbeiterschaft erfüllt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Demokratisierung der Gremien der Sozialversicherungsträger ist ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Demokratie in Österreich. Die Pensionsreform sichert die langfristige Finanzierung der Pensionen und stärkt durch die längst fällige Berücksichtigung des demographischen Wandels das Vertrauen der jungen Generation in die Zukunft. Die Sanierung der Krankenkassen und die Modernisierung der Sozialversicherungsträger wurde in Angriff genommen, um sie effizienter, sparsamer und versichertennäher zu gestalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die in Umsetzung begriffene Kodifizierung des Bundessozialrechtes ist der Beginn einer überfälligen Harmonisierung des österreichischen Sozialrechtes, welches durch seine Zersplitterung in Bundes-, Landes- und Gemeindekompetenzen unüberschaubar geworden ist.

Die Integration behinderter Menschen in die Gesellschaft und besonders in die Arbeitswelt hat vordringliche Priorität. Daher wird für eine Beschäftigungsoffensive für behinderte Menschen im nächsten Jahr 1 Milliarde Schilling zur Verfügung stehen. (Abg. Haidlmayr: Zusätzlich oder anstelle?) Schwerpunkt dieser Initiative wird es besonders sein, die Chancen für behinderte Jugendliche am Arbeitsplatz massiv zu verbessern. (Abg. Bures: Das zahlen die Unfallopfer!)

Das Pflegegeld ist weiterhin in vollem Umfang gesichert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Zusätzlich ist der Ausbau der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung pflegender Angehöriger geplant.

Im Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz hat die Bundesregierung ein längst fälliges Zeichen zur Anerkennung gegenüber den Kriegsgefangenen gesetzt. (Bravo!-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Warum nur die, die im Osten waren?)

Das Sozialressort sieht auch verstärkt Mittel zur Bekämpfung der Gewalt in unserer Gesellschaft vor, sei es Gewalt gegen Frauen oder physische, sexuelle oder psychische Gewalt gegen Kinder.

Ein besonderer Schwerpunkt dieser Bundesregierung ist die Stärkung der Familie. Meine Damen und Herren! Unserer Gesellschaft muss vermehrt bewusst werden, dass eine funktionierende Familie die beste Prävention gegen soziale Ausgrenzung ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Integration in der Familie ist eine wichtige Vorbereitung für die Integration in der Gesellschaft. Drogenmissbrauch, Gewaltbereitschaft und mangelnde Sozialkompetenz sind oft Folgen fehlender Sozialisation in der Familie.

Das Kinderbetreuungsgeld bewertet die Familienarbeit als gesellschaftlich ungemein wichtige Leistung, welcher eine Gegenleistung der Gesellschaft gegenüberstehen muss. Das Kinderbetreuungsgeld ist auch ein wirkungsvoller Lösungsansatz zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und entlastet damit vor allem die Frauen, denn 80 Prozent der Familienarbeit werden von den Frauen geleistet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine von Wettbewerbsdruck gekennzeichnete Gesellschaft darf gerade die Familien nicht im Regen stehen lassen. Daher wurden budgetäre Mittel für Elternbildung, Mediation und Familienberatung beträchtlich erhöht.

Ich möchte kurz auf die Ausführungen der Frau Kollegin Petrovic eingehen: Es ist falsch, dass in Deutsch Griffen in Kärnten im Zusammenhang mit dem Kinderscheck Werbung gemacht wurde: "Deutsch Griffen – tagesmutterfrei!" – Das ist eine Ente, das beruht nicht auf Wahrheit. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )


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Ich darf Ihnen sagen, dass in Bezug auf die österreichische Frauenpolitik gerade jetzt jene Maßnahmen, die ich in der Zeit dieser Legislaturperiode gesetzt habe (Abg. Bures: Das ist furchtbar für die Frauen!), von der UNO-CEDAW-Konferenz, bei der ich persönlich anwesend war und berichtet habe, sehr positiv bewertet wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und da Sie von der Eigenständigkeit der Frau gesprochen haben, so darf ich Ihnen versichern, dass genau dies ein Thema der Expertenkommission, die sich mit der langfristigen Pensionssicherung beschäftigt, ist. (Abg. Silhavy: Familienkompetenz!)

Damit der Satz "Unsere Jugend ist unsere Zukunft" auch stimmt, müssen wir jetzt handeln (Abg. Bures: Heute stehen Sie wieder auf dem falschen Fuß! Heute stehen Sie wieder auf dem falschen Fuß!), unsere Jugend bestmöglich unterstützen und in die gesellschaftlichen Prozesse einbinden. Daher sind Jugendförderung und Partizipationsmodelle auf allen Ebenen wichtige Anliegen meines Ressorts, die besonders durch die bevorstehende Verabschiedung des Bundes-Jugendförderungsgesetzes und des Bundes-Jugendvertretungsgesetzes manifest werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch Sucht- und Gewaltprävention gewinnen zum Schutze der Jugend immer mehr an Bedeutung.

Einen Satz noch zur Hochschuljugend: Ich stelle aus dem FLAF 200 Millionen Schilling zur Erweiterung der Studienbeihilfen zur Verfügung (Abg. Öllinger: Einmal! Einmal!), um damit sicherzustellen, dass sozial schwache Studierende, besonders sozial schwache weibliche Studierende weiterhin den Zugang zum Studium haben. Auch bei der Zuverdienstgrenze der Studierenden im Zusammenhang mit dem Bezug der Familienbeihilfe wurde der Wunsch der Studierenden nach einem Jahresdurchrechnungsmodell erfüllt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Senioren: Das neue Bild der älteren Menschen als aktive Mitglieder unserer Gesellschaft, in welche sie unverzichtbare Beiträge einbringen sollen und können, spiegelt sich in zahlreichen Maßnahmen wider. Durch die Einrichtung des Österreichischen Seniorenrates als den Sozialpartnern gleichgestellte Interessenvertretung hat die Bundesregierung europaweit einen Meilenstein in der Seniorenpolitik gesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Pensionsreform 2000 sieht die Sicherung der jetzigen Pensionsbezieher vor, indem in bestehende Pensionen nicht eingegriffen wird. Ebenso wird durch das System der Nettoanpassung zusammen mit dem Wertausgleich sichergestellt, dass die Pensionisten die Inflationsrate abgegolten bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser breiten Palette von Reformen wird das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen somit seinem Namen gerecht. Für alle Generationen müssen soziale Sicherheit und vor allem Teilhabe an der faszinierenden und chancenreichen gesellschaftlichen Entwicklung gewährleistet werden. Die Verwirklichung dieser Ziele setzt allerdings voraus, dass die gesamte Gesellschaft vom Solidaritätsgedanken beseelt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. Beachten Sie bitte § 58 Abs. 3 GOG! – Bitte.

12.54

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Jawohl, Herr Präsident! – Frau Bundesministerin Sickl hat in Ihrer "Lesung" soeben ausgeführt, die Arbeiter wären den Angestellten in der Entgeltfortzahlung gleichgestellt worden. – Dies ist unrichtig!

Sie haben die Arbeiter den Angestellten nicht einmal in der Entgeltfortzahlung gleichgestellt, Frau Bundesministerin, dafür aber haben Sie allen Arbeitnehmern 3 Milliarden Schilling durch die Urlaubsaliquotierung genommen.


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Zweitens haben Sie, Frau Bundesministerin, gesagt, durch die Pensionsreform wäre die Zukunft der Pension gesichert worden. – Dies ist ebenfalls falsch! (Abg. Ing. Westenthaler: Das sind Meinungen, Herr Präsident! Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist eine Meinungsäußerung!)

Von allen Expertinnen und Experten wurde Ihnen widersprochen, dass es sich um keine Strukturreform, sondern um eine Geldbeschaffungsaktion der Bundesregierung handelt, was Sie selbst durch Ihre Wortmeldungen bestätigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. – Bitte.

Sie möchte ich ganz ausdrücklich darauf aufmerksam machen, mit der Wiedergabe der Behauptung zu beginnen, die Sie zu berichtigen wünschen – nach der Geschäftsordnung: § 58 Abs. 3. (Abg. Edlinger: Er weiß das! Er kennt sich aus!)

12.55

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Ich darf zunächst für die besonders liebenswürdige Form der Erinnerung danken.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin Sickl hat soeben in ihrer Rede behauptet, die Schuldenpolitik der sozialdemokratischen Finanzminister der vergangenen Jahre habe dazu geführt, dass es keinen Spielraum für Maßnahmen im Sozialbereich gebe. – Diese Tatsachenbehauptung ist falsch! (Rufe bei den Freiheitlichen: Richtig! Richtig!)

Richtig ist, dass allein in der Periode von Bundesminister Edlinger, der durchaus ein sozialistischer oder sozialdemokratischer Finanzminister mit dem Herz am richtigen Fleck war (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), das Defizit von 5,1 Prozent 1995 auf 2,1 Prozent 1999 gesenkt wurde. (Abg. Mag. Trattner: Das ist falsch! – Abg. Ing. Westenthaler: Es geht um die Schulden! – Abg. Schwarzenberger: Das hat mit einer tatsächlichen Berichtigung nichts zu tun!)

Frau Bundesministerin! Die Wahrheit lässt sich nicht verschleiern. Dass sich im Übrigen aber jetzt am Ende der Fernsehübertragung zwei Regierungsmitglieder melden, um eine Oppositionsrednerin zu verhindern, halte ich für demokratiepolitisch spannend. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Keine Ahnung der Einem! – Abg. Schwarzenberger: So was war einmal Minister!)

12.56

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Da Kollege Öllinger die Studienbeiträge im besonderen Maße erwähnt hat, habe ich mich gemeldet, um etwas dazu zu sagen:

Herr Kollege Öllinger! Diese moderaten Studienbeiträge werden so abgefangen, dass diejenigen, die jetzt eine Studienbeihilfe erhalten, diese Studienbeiträge ersetzt bekommen. Ich habe immer gesagt, dass wir zusätzlich auch anderen, nämlich 10 000 Studenten mehr eine Abgeltung für diese Studienbeiträge geben werden. (Abg. Parnigoni: Sie will nur ins Fernsehen kommen! Das ist das einzige, was sie will!) Besonders für Mittelstandsfamilien werden diese Studienbeiträge auch abgefangen werden. Dafür stellen wir 450 Millionen Schilling zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist ein mathematisches Problem!)

Meine Damen und Herren! Es ist mir aber auch noch wichtig festzuhalten, dass in dieser Regierung Leistung auch wieder einen Stellenwert hat. Wir haben die Leistungsstipendien erhöht. In Zukunft kann jemand, der wirklich gut studiert und fleißig ist, im Jahr 15 000 S an Leistungsstipendien erhalten. Das ist doch etwas für unsere jungen Menschen! (Beifall bei der ÖVP und den


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Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Zwei Abschiedsreden hintereinander! – Abg. Parnigoni: Zwei Abschiedsreden!)

Es ist mir auch noch wichtig festzuhalten, dass wir mit diesem moderaten Studienbeitrag die größte Strukturreform und den größten Umdenkprozess einleiten, den wir jemals gehabt haben (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) – einen Umdenkprozess, der bewusst macht, dass nicht alles von der Wiege bis zur Bahre unentgeltlich sein kann, dass auch ein eigener Beitrag geleistet werden kann, dass nicht nur der Steuerzahler immer alles berappen muss. Das ist der Paradigmenwechsel, den wir jetzt vollziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Öllinger in Bezug auf das Gesamtpaket gesagt hat, man solle den Tag nicht vor dem Abend loben (Abg. Dietachmayr: So ist es!), dann sage ich Ihnen, Herr Kollege Öllinger: Man soll aber auch nicht schon in der Früh schimpfen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte für den gesamten Bildungsbereich feststellen, dass wir jene Strukturreformen einleiten, die gerade von der Opposition immer verlangt werden. Ich schaue mir nur das an, was die SPÖ in ihren Erklärungen zu den 18 Projekten festgehalten hat. Darin steht – ich zitiere –: Im Bereich der Schulen und Universitäten werden alternative Maßnahmen gesetzt, die den Personalaufwand bis zum Jahr 2003 um je 1 Milliarde pro Jahr senken. – Das sind Ihre 18 Projekte, die Sie dem Parteivorstand vorgelegt haben. Meine Damen und Herren! Das ist genau das, was wir machen. Wir machen Strukturreformen (Abg. Edlinger: Aber falsche! Aber falsche!), indem wir die Verwaltungsarbeit an den Schulen neu organisieren, indem wir zwischen Supplierungen und Überstunden unterscheiden, indem wir mit den Ländern die Organisationen im Pflichtschullehrerbereich straffen.

All diese Strukturmaßnahmen, die immer besprochen worden sind, machen wir jetzt. Ich hoffe sehr, dass Sie, Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, diesen Strukturmaßnahmen dann auch zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist von den Rednern der Opposition auch immer wieder gesagt worden: Das Budget muss ja gar nicht saniert werden. Warum setzt man so eigenartige Maßnahmen? Das ist ja gar nicht notwendig. (Abg. Edlinger: Das sagt niemand! – Abg. Bures: Das sagt niemand!)

Meine Damen und Herren! Bei den 18 Projekten, die Sie formuliert haben, steht: durch nachhaltige Sanierung zu einem ausgeglichenen Budget. (Abg. Edlinger: Aber nicht bis 2002!) Ich hoffe sehr, dass Sie dieser nachhaltigen Sanierung auch zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es werden auch immer wieder Behauptungen aufgestellt und Taferl hingestellt, die einfach nicht den Tatsachen entsprechen. (Abg. Edlinger: Die Kleinen sind die Zahler! Die Kleinen sind die Zahler!) Es geht nicht um die Gesamtverschuldung im europäischen Vergleich, es geht um das jährliche Defizit. (Abg. Edlinger: Nein! Es geht um beides, Frau Kollegin!) Das jährliche Defizit ist das, was uns so große Probleme bereitet. Diesbezüglich befinden wir uns am Ende der Liste in der Europäischen Union, und das muss geändert werden! Ein jährliches derart hohes Defizit ist schlecht für die Bonität, bedeutet höhere Zinsen und bringt schlechtere Konditionen für die Menschen in unserem Lande. (Abg. Edlinger: Sozialabbau! Studenten!) Es hat negative Auswirkungen auf Beschäftigung und Wohlstand. Deswegen müssen wir dieses Defizit verringern, und das tun wir. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Sozialabbau, damit Scheibner Flieger kaufen kann, weil Fasslabend Panzer gekauft hat!)

Es ist mir auch noch ein Anliegen, etwas zur sozialen Fairness zu sagen. In diesem Haus werden die unterschiedlichen Einstellungen zur sozialen Fairness deutlich und klar sichtbar. Ich möchte jetzt einen Vergleich von Lothar Späth bringen. Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Lothar Späth, hat einmal gesagt:

Vergleichen Sie einmal einen Staat mit einer Zirkuskuppel. Dort sind Artisten am Trampolin, die ihre Kunststücke machen. Unten ist ein Netz. Dieses Netz ist gespannt, um jene, die herunterfallen, aufzufangen. (Abg. Edlinger: Sie haben es weggenommen! Sie nehmen es jetzt weg!


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Das Netz wird weggenommen! Sie lassen die Leute einmal aufspringen!) Wer das einmal im Zirkus gesehen hat, weiß auch, mit welch affenartiger Geschwindigkeit jeder aus diesem Netz wieder hinauskommen will. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben das Netz gespannt, um jene aufzufangen, die es notwendig haben. Sie wollen, dass alle im Netz sitzen und dieses Netz reißt. Das ist nicht das, was wir unter sozialer Fairness verstehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Sie lassen die Leute einmal aufspringen und sagen dann: hoppala!)

Meine Damen und Herren! Wir reden viel mit den Menschen in diesem Land, wir führen auch Befragungen durch, denn wir wollen wissen, wie die Menschen in diesem Land zu diesem Sanierungsprojekt stehen. Jetzt werde ich Ihnen auf Grund einer letzten Befragung sagen, was die Menschen in diesem Land wirklich meinen. (Abg. Grabner: Studentengebühren!)

Wir haben gefragt: Wollen Sie, dass der Budgetkurs früherer Regierungen fortgesetzt wird? – Wissen Sie, wie viel Prozent das in diesem Land wollen? – 8 Prozent! Ganze 8 Prozent wollen den alten Budgetkurs fortsetzen. (Abg. Dr. Khol: Edlinger! 8 Prozent hast du! – Abg. Ing. Westenthaler: Edlingers Fanclub: 8 Prozent!) Alle anderen sagen, sie wollen, dass die Sanierung jetzt vorgenommen wird. Sie wären sehr enttäuscht, wenn diese Sanierung nicht gemacht würde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Diese Regierung wird mit den Menschen in Österreich den zukunftsorientierten Weg weitergehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. – Bitte.

13.04

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was man der Regierung auf jeden Fall attestieren kann, ist ein absolut exaktes Zeitmanagement: 3 Minuten nach 13 Uhr, das ist sich wirklich gut ausgegangen!

Leider habe ich nur sehr wenig Redezeit. Das heißt, ich kann auf sehr viele Punkte, die gerade jetzt in der letzten halben Stunde, in den letzten 20 Minuten angesprochen worden sind, nicht eingehen. Aber, meine Damen und Herren, Sie können ganz sicher sein, wir werden uns in den nächsten Wochen genug Zeit nehmen, um all diese Märchen entsprechend aufzuklären. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Grasser! Sie haben sich ganz fest vorgenommen, als erster Finanzminister in die österreichische Geschichte einzugehen, der es geschafft hat, ein Nulldefizit zu erreichen. Die Frage, die sich angesichts so viel sportlichen Ehrgeizes für mich stellt, ist allerdings, ob Sie sich der Aufgabenstellung tatsächlich bewusst sind, die Sie als Finanzminister zu erfüllen haben. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie diese Aufgabenstellung nicht gänzlich verkennen.

Ein Nulldefizit ist nämlich tatsächlich kein Ziel an sich. Die Aufgabe des Staates ist es auch nicht, Gewinne zu schreiben. Die Aufgabe des Staates ist es vielmehr, öffentliche Leistungen ... (Abg. Haigermoser: Schulden zu machen aber auch nicht!) – Nein. (Abg. Edlinger: Ein schlechter Zwischenruf!)  – Die Aufgabe des Staates ist es, öffentliche Leistungen für seine Bürgerinnen und Bürger zu erbringen. Der Finanzminister hat dabei natürlich die Aufgabe, die Finanzierung dieser Leistungen zu gewährleisten. (Abg. Dr. Trinkl: Das können Sie aber nur, wenn Sie Geld haben!) Aber die Finanzierbarkeit ist dabei die Nebenbedingung und ganz sicher nicht das Ziel an sich.

Meine Damen und Herren! Die Finanzierbarkeit setzt auch nicht notwendigerweise, so wie uns das ununterbrochen einzureden versucht wird, ein Nulldefizit voraus. Wirtschaftlich lässt sich das nämlich überhaupt nicht argumentieren. Herr Minister Grasser! Ich gehe davon aus, dass Ihnen bekannt ist – vermutlich im Gegensatz zu Herrn Westenthaler, der sich jetzt nicht im Saal


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befindet –, dass Sie diese Horrorzahl in der Höhe von 2 000 Milliarden Schilling Schulden – die im Übrigen auch nicht stimmt, genauso wie viele andere Zahlenspielchen, die Sie uns präsentiert haben – tatsächlich nie zurückzahlen müssen. (Abg. Haigermoser: Wie viel sind es denn? – Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Mehr als 2 200 Milliarden sind es!)

Herr Professor Van der Bellen hat vorher schon versucht, Ihnen das zu erklären und ausführlich darzulegen. Ich weiß nicht, ob es angekommen ist. Nach den Debattenbeiträgen, die im Anschluss gekommen sind, habe ich nicht den Eindruck.

Tatsächlich ist es aber so, dass Staaten in der günstigen Situation sind, nur die Zinsen finanzieren zu müssen. Genau deshalb sind Staatsschulden auch kein grundsätzliches Übel. (Abg. Dr. Trinkl: Die Zinsen auch nicht! – Das ist schon sehr gewagt!) Entscheidend ist nämlich nicht, meine Damen und Herren, die absolute Höhe der Staatsschuld, so wie Sie uns das ununterbrochen einreden wollen, sondern entscheidend ist tatsächlich die Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Wenn Sie diese Relation einmal herstellen würden, anstatt ständig mit unzulässigen Vereinfachungen und populistischen Metaphern zu agieren (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl ), dann könnten Sie uns nicht mehr, so wie das ununterbrochen passiert, mit Ihren Märchen vom Scherbenhaufen Österreich den letzten Nerv ziehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die öffentliche Verschuldung, meine Damen und Herren, lag in Österreich im Jahr 1999 bei 64,5 Prozent – also weit niedriger als der EU Durchschnitt, der bei 73,1 Prozent liegt. (Abg. Haigermoser: Da haben Sie aber Russland und Moldawien dazugenommen! Und Weißrussland auch noch zum Drüberstreuen!) Italien beispielsweise liegt bei 117 Prozent, Belgien bei 114 Prozent.

Österreich ist, wie Sie alle wissen und wie heute auch schon ausführlich berichtet worden ist, eines der reichsten Länder der Welt mit der niedrigsten Arbeitslosenrate und mit einem sehr guten Sozialsystem, was sich allerdings in Zukunft sehr bald ändern wird. Sie, Herr Minister Grasser, reden in dieser Situation vom Scherbenhaufen Österreich! – Unter Umständen wird am Ende dieser Legislaturperiode Österreich ein Scherbenhaufen sein, und zwar leider in vielfacher Hinsicht.

Selbst wenn Sie Ihr Nulldefizit erreichen, Herr Minister Grasser, macht Sie das noch lange nicht zu einem guten Finanzminister. (Abg. Dr. Trinkl: Aber er hat schon einen guten Weg dorthin!) Dazu gehört nämlich tatsächlich einiges mehr. Erst wenn Sie es geschafft haben, Budgetsanierung, gesamtwirtschaftliche Verantwortung und soziales Gewissen unter einen Hut zu bringen, können Sie sich auf die Schulter klopfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn dann beim Defizit keine Null davor steht, sondern vielleicht 1 oder 1,5, dann werden Ihnen weder die Österreicherinnen und Österreicher noch die Wirtschaftswissenschafter böse sein. Die Erreichung eines Nulldefizits über eine Erhöhung der Steuern erscheint im Vergleich zu den echten Herausforderungen doch einigermaßen dürftig, und zwar insbesondere dann, wenn eine Regierung ihre eigenen Versprechen und Vorgaben am laufenden Band bricht. Ein sofortiger Belastungsstopp bedeutet – im neuen Amtsdeutsch der Regierung – das "Rekordergebnis" von drei Belastungspaketen innerhalb von nur neun Monaten. Das kategorische Ausschließen von Steuererhöhungen bedeutet die Anhebung der Steuerquote über eine ganze Flut von Steuererhöhungen. Das Versprechen, keine Studiengebühren einzuführen, bedeutet, dass die Einführung unmittelbar bevorsteht, meine Damen und Herren. Und das Versprechen, das Sozialsystem treffsicher zu machen, heißt, dass Menschen, die sich in Notsituationen befinden, mit Sicherheit getroffen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Dass ein Kurs zur Budgetsanierung nicht zwangsläufig zum unreflektierten Abbau von öffentlichen Aufgaben und zum Sozialabbau führen muss, haben uns Länder wie Dänemark und die Niederlande vorgeführt, das hat uns aber auch unser ehemaliger Finanzminister Edlinger vorgeführt, dem es gelungen ist, das jährliche Budgetdefizit von 5 Prozent auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken (Beifall bei der SPÖ)  – und das, ohne die Steuerquote auf ein Rekordergebnis hochzuschrauben und ohne die Demontage des Wohlfahrtsstaates auszurufen.


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Es war Ferdinand Lacina, wie Sie sich vielleicht erinnern, der 1993 von der "Financial Times" zum Finanzminister des Jahres gewählt worden ist – ein Beispiel, Herr Minister Grasser, dem Sie durchaus nacheifern könnten.

Daher, Herr Minister Grasser, gehen Sie meinetwegen in die österreichische Geschichte ein als der Finanzminister, der das Nulldefizit erreicht hat. Die steirischen Wählerinnen und Wähler, meine Damen und Herren, haben sich für diese Politik bei Ihnen bereits bedankt (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Aber bei Ihnen auch! Bei Ihnen auch! 60 000 Stimmen weniger!), und viele Österreicherinnen und Österreicher werden ihnen das in nächster Zeit vermutlich nachmachen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

13.12

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin Gehrer! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Was erwarten sich die Menschen, vor allem die jüngeren Menschen in unserem Lande zu Recht von diesem Budget? – Sie erwarten sich einen Neustart, den Turn-around, sie erwarten sich, dass ein Ende mit dem Schuldenmachen ist. Das weiß auch die Opposition, und sie gibt regelmäßig vor, das auch mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Da aber unser Finanzminister das Budgetdefizit nicht locker aus dem eigenen Börserl eliminieren kann, ist es notwendig, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen.

In 30 Jahren haben sozialdemokratische Finanzminister einen Schuldenberg in der Höhe von 2 200 Milliarden Schilling (Abg. Dietachmayr: Jetzt haben Sie gerade gehört, dass das falsch ist!)  – mir ist keine Vergleichszahl eingefallen, weil der Betrag so unglaublich hoch ist: mehr als 2 200 Milliarden Schilling! – angehäuft und ein jährliches Budgetdefizit in der Höhe von 109 Millionen produziert. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Das bedeutet, dass in der Konsequenz jeder Österreicher die Zinsen dafür zahlen muss, und das sind in Summe im Jahr 100 Milliarden Schilling.

Herr Kollege Öllinger! Sie sagen, es ist Ihnen noch nicht erklärt worden, wofür wir diesen Schuldenberg abbauen wollen, wofür wir diese Zinsen verwenden könnten, dann sage ich es Ihnen: Wir könnten allein mit den Zinszahlungen das gesamte jährliche Wissenschafts-, das gesamte Universitäts-, das gesamte Kulturbudget und das gesamte Budget für unsere Schulen verdoppeln. (Abg. Öllinger: Abfangjäger! – Abg. Dr. Petrovic: Panzer! Nord Autobahn! B 301!) Genau dorthin wollen wir: Wir wollen dorthin kommen, wo die Finnen schon lange sind, wir wollen unseren jungen Leuten die besten Chancen für die Zukunft bieten. Deshalb, Herr Abgeordneter Öllinger, wollen wir das machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die allerbesten Zukunftschancen liegen jedenfalls in einer guten Ausbildung und in attraktiven Arbeitsplätzen. Die Studierenden an unseren Universitäten haben ein Recht darauf, ihr Studium unter Rahmenbedingungen zu absolvieren, die eine Ausbildung auf allerhöchstem Niveau und in möglichst kurzer Zeit sicherstellen. – Darin sind wir uns alle einig. Wir werden daher die Unis endlich auf eine solide finanzielle Basis stellen und parallel dazu, gleichzeitig, die notwendigen Strukturreformen für die Verbesserung der Qualität an den Universitäten vornehmen.

Die Einführung von Studienbeiträgen in der Höhe von 833 S im Monat – das ist ungefähr so viel, wie man für ein durchschnittlich gutes Fitnesscenter im Monat bezahlt – ermöglicht es uns (Zwischenruf des Abg. Parnigoni ), im Jahre 2001 500 Millionen Schilling und im Jahre 2002 das erste Mal die Universitäts-Milliarde für die dringend notwendigen Strukturreformen, für Schwerpunktinvestitionen zur Verfügung zu stellen. (Abg. Parnigoni: Ihnen schenkt es wahrscheinlich der Papa! Der Herr Generaldirektor!) Dadurch sind zum Beispiel die Drängeleien um Laborplätze und mangelhafte EDV-Ausstattungen – das sind Hypotheken der Vergangenheit; diese Missstände gibt es nämlich jetzt schon unglaublich lange – jedenfalls abbaubar.


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Die Diskussion um die Studienbeiträge war mir in Summe in den Medien wie hier im Hohen Haus viel zu einseitig, denn man könnte von außen glauben, wir hätten nur faule Studenten, nicht funktionierende Fakultäten (Abg. Öllinger: Die Regierung! Danke!), faule Professoren. Dem ist nicht so! Es gibt viele Fakultäten und Institute, die eine ausgezeichnete Ausbildung und eine ausgezeichnete Betreuung gewährleisten. Ich persönlich habe auf der anderen Seite noch keinen einzigen Studenten getroffen, der nur deswegen studiert, um die Volkswirtschaft zu fördern. Die Studenten, mit denen ich gesprochen habe, studieren auf Grund ihrer eigenen persönlichen Neigung und auch auf Grund der Hoffnung auf ein später höheres Einkommen. (Abg. Dr. Petrovic: Schlecht?)

Für diese Ausbildung dann einen moderaten finanziellen Beitrag zu leisten, erscheint mir als gerechtfertigt, wenn jeder Lehrling seine Meisterausbildung auch selbst zahlen muss; das sind jeweils Beträge jenseits von 100 000 S.

Meine Damen und Herren! Diese Studienbeiträge werden und dürfen aber niemanden vom Studium abhalten. Es darf nicht nur keine finanziellen, es darf auch keine psychologischen Hürden geben. Bisher ist es allerdings durch die immer noch starke Überrepräsentanz wirtschaftlich besser gestellter Gruppen unter den Studierenden bei gleichzeitiger Finanzierung der Universitäten durch alle zu einer Einkommensverteilung von Arm zu Reich gekommen. Und das, meine Damen und Herren, hat mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun.

Viele, die es sich leisten können, werden sicherlich auch gerne die Studienbeiträge bezahlen. Den Übrigen wird umfassend geholfen. Bezieher von Studienbeihilfen werden die Studienbeiträge abgegolten bekommen, und zwar in voller Höhe. (Abg. Öllinger: 900 Millionen!) 10 000 von jenen, die jetzt keine Studienbeihilfen erhalten, werden sie in Zukunft erhalten und damit die Studienbeiträge zumindest zu einem Teil mit abgegolten bekommen. Es ist wichtig, dass insbesondere Kindern mit mehreren Geschwistern geholfen wird.

Darüber hinaus gibt es auch viele Studierende, über die noch überhaupt nicht geredet worden ist. Es gibt jene, die sich ihr Studium selbst finanzieren wollen – selbst dann, wenn es sich ihre Eltern leisten könnten, ihr Studium zu finanzieren. Es gibt solche aus geschiedenen Familien, die ihren Vater vielleicht nicht klagen wollen, damit er ihnen das Studium bezahlt. All jene haben in Zukunft die Möglichkeit, ein begünstigtes Darlehen aufzunehmen, um eben nicht neben ihrem Studium arbeiten zu müssen, um erstens auf Grund dieses Umstandes und zweitens auf Grund des Umstandes, dass wir die Universitäten neu organisieren, schneller zu einem Studienabschluss zu kommen. Wenn ein Student um einen Monat schneller fertig studiert, dann kann er in diesem Monat ein Vielfaches der Studienbeiträge für ein ganzes Jahr verdienen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Argument, dass das Studium durch die Studienbeiträge noch länger dauert, geht meines Erachtens auf Grund dieses Darlehensmodells völlig ins Leere.

Bei der Entlassung der Universitäten in die Autonomie werden die gesamten Beiträge der Studenten jeweils jener Universität zukommen, an der diese studieren. Zwischen den Universitäten wird im Hinblick darauf schon jetzt ein erhöhter Druck im Wettbewerb um die Studenten entstehen, der sich sicherlich sehr positiv auf die Qualität der Lehre auswirken wird.

Meine Damen und Herren! Es ist aber auch sehr wichtig, nach dem Studium ohne Wartezeit einen attraktiven Arbeitsplatz zu finden. Es tut mir sehr Leid, dass Herr Dr. Gusenbauer jetzt nicht im Saal ist, der zuerst die Stock-Options-Programme angesprochen hat. (Abg. Mag. Wurm: Khol fehlt auch!) Dabei geht es nämlich um die Erhaltung und Schaffung von attraktiven Arbeitsplätzen in Österreich (Abg. Dr. Kostelka: Der Manager!), und es betrifft vor allem den Bereich der New Economy. New Economy ist in Europa und in Österreich die Lokomotive für das Wirtschafts- und Arbeitsplatzwachstum.

Vor allem im Bereich der Informationstechnologien ist es nicht nur wichtig, gut ausgebildete Fachkräfte zu haben (Abg. Dr. Kostelka: Sondern auch gut verdienende!), es ist vor allem auch wichtig, diese gut ausgebildeten jungen Leute in Österreich zu halten und an unsere Unternehmen zu binden. (Abg. Dr. Kostelka: Die Sie aus Indien holen wollen! Die bilden Sie ja in Öster


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reich nicht aus!) Wenn die jungen Leute in Form von attraktiven Mitarbeiter-Beteiligungsmodellen im Ausland attraktivere Arbeitsplätze vorfinden und den Unternehmen in Österreich nicht zur Verfügung stehen, schadet das dem Wirtschaftsstandort dieses Landes. Deswegen ist es wichtig, nicht die Topmanager – die sind ohnehin schon beteiligt –, sondern auch die "kleinen" IT-Top-Fachkräfte am Unternehmensgewinn zu beteiligen und dafür die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dieses Budget bedeutet jedenfalls einen Aufbruch! Es bedeutet bessere Chancen für unsere Jugend in Bildung, Ausbildung, Studium und letztlich am Arbeitsplatz, und ich hoffe, dass auch die Opposition diesem Budget die Zustimmung geben wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen!)

13.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

13.21

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gusenbauer hat in seinem Debattenbeitrag gemeint, diese Bundesregierung mache eine "Politik von Millionären für Millionäre". – Ich frage Sie: Ist das "Politik von Millionären für Millionäre", wenn man bei den Stiftungen den Eingangssteuersatz von 2,5 Prozent auf 5 Prozent verdoppelt, wenn eine Zwischenbesteuerung auf Kapitalerträge und Gewinne im Ausmaß von 12,5 Prozent eingeführt wird und bei Beteiligungsveräußerung ebenfalls 12,5 Prozent? (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem. )  – Das ist endlich einmal eine Angleichung. Herr Abgeordneter Einem, Sie wissen, dass das endlich einmal eine Angleichung an die Kapitalertragsteuer ist, die jeder "kleine" Sparer zu zahlen hat. (Abg. Dr. Einem: Warum haben Sie es dann nicht wirklich angeglichen!) Das hätten Sie seinerzeit schon machen sollen, haben es aber verabsäumt. Sie haben für die "kleinen" Sparer nichts getan. Diese Bundesregierung tut etwas. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder bei den Lohnverhandlungen im öffentlichen Dienst: Frau Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer hat hier total ausgewogen (Abg. Parnigoni: Was hat sie?) verhandelt. Total ausgewogen verhandelt! (Abg. Parnigoni: Ja, verhandelt hat sie!) Oder, Parnigoni, bist du vielleicht der Meinung, dass eine prozentuelle Erhöhung sinnvoller wäre, sodass der, der mehr verdient, mehr bekommt, sodass der, der 80 000 S verdient im öffentlichen Dienst, bei einer 2-prozentigen Lohnerhöhung um 1 600 S mehr bekommt? Ist es da nicht besser, mit einem Sockelbetrag von 500 S zu arbeiten, sodass jemand mit 15 000 S Bruttoeinkommen dann eine Lohnerhöhung von 3,3 Prozent erhält? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist doch sicherlich sinnvoller. Oder nicht? Bei einer prozentuellen Lohnerhöhung ist es eben so, dass der, der mehr verdient, mehr bekommt, das heißt, der Reiche wird reicher, und der Ärmere wird ärmer. So ist das eben.

Einkommen unter 30 000 S werden durch die Politik dieser Bundesregierung einkommensteuerrechtlich nicht belastet, und auch Pensionisten mit einer Bruttopension von 20 000 S werden nicht belastet. Steuerrechtlich werden sie nicht belastet. Ich weiß schon, dass es bei den Gebühren gewisse Maßnahmen gibt, aber die haben Sie, vor allem die SPÖ, in Ihrer Zeit, als Sie die Verantwortung getragen haben, ebenfalls immer wieder erhöht. Ich könnte Ihnen das vorhalten, aber das ist heute schon getan worden, daher werde ich darauf verzichten. 75 Prozent der Pensionisten und der Arbeitnehmer – Pensionisten mit einer Pension unter 20 000 S brutto und Erwerbstätige mit einem Einkommen unter 30 000 S brutto – werden nicht belastet.

Sehr geehrten Damen und Herren! Eine Streichung des Arbeitslosengeldes bei einvernehmlicher Lösung des Dienstverhältnisses kommt sicher nicht! Dafür werde ich mich verwenden, dafür werden die Freiheitlichen einstehen, dass das nicht kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich halte auch nichts von einer vierwöchigen Wartefrist auf Bezahlung von Arbeitslosengeld bei befristeten Dienstverträgen oder eben bei einer einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses. Es ist aber ein Versäumnis der alten Bundesregierung, die in diesem Falle keine Maßnahmen gesetzt hat, um den Saisonbeschäftigten ein Arbeitszeitmodell zu bieten, das eine längere Beschäftigung, gekoppelt mit einem Durchrechnungszeitraum vorsieht. Das ist Ihnen nicht gelungen – weder auf Kollektivvertragsbasis noch auf gesetzlicher Ebene. Und diese schiefe


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Ebene, dass eben nur 1,4 Milliarden Schilling in die Arbeitslosenversicherung einfließen von den Saisonbeschäftigten, aber 3,7 Milliarden Schilling lukriert werden, die muss jetzt repariert werden.

Meine Meinung dazu ist eigentlich die, dass jeder, der ein Drittel der Überstundenleistung und die Hälfte des aliquoten Urlaubsanspruchs nach der Saison beansprucht, in jedem Fall, auch bei Selbstkündigung, ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit auch ein Arbeitslosengeld bekommen muss. So soll es sein! Das ist dann für mich sozial ausgewogen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kurz noch zur Studiengebühr. Zu den 5 000 S Studiengebühren pro Semester möchte ich nur sagen – es ist von meiner Vorrednerin und auch von der Frau Unterrichtsministerin schon erwähnt worden –, dass diese mit Stipendien ausgeglichen werden und dass man die Gelegenheit hat, bis zu 15 000 S Stipendien pro Jahr zu erreichen. Und wenn als Begleiterscheinung dazu kommt, dass die Unterrichtenden an den Universitäten auch die Verpflichtung haben, dass jeder Studierende pro Semester seine Prüfungen ablegen kann, dann, glaube ich, ist es auch richtig.

Mir sagen die Leute – gerade auch die Gewerkschafter in der Sozialdemokratischen Partei; jetzt ist aber überhaupt keiner mehr da, der uns vertritt; für uns interessiert sich überhaupt niemand mehr –, niemand weiß, wie viel eine Meisterprüfung kostet. Unter 60 000 S kommt überhaupt niemand davon, und das muss jeder selbst bezahlen.

Oder wie ist das mit der Polierschule? Da besucht ein Maurer in der arbeitsfreien Zeit im Winter, wo er normal stempelt und Arbeitslosengeld bezieht, eine Polierschule. Er bekommt kein Arbeitslosengeld, solange er diese Polierschule besucht. Und das ist eigentlich ungerecht. Das haben Sie auch nicht beseitigt. Wir werden versuchen, das in dieser Legislaturperiode zu reparieren.

Oder beim Tischler: Der Tischler, der eine Meisterschule besucht, muss sich praktisch ein Jahr karenzieren lassen und das ebenfalls selbst bezahlen. Ist das sozial? – Das ist unsozial! Wir wollen hier sozialer werden und dieses Versäumnis reparieren.

Unsozial ist es auch, Schulden zu machen und andere dafür zahlen zu lassen.

Und noch etwas fällt mir gerade ein: Der Herr Präsident des Gewerkschaftsbundes Verzetnitsch hat gemeint, dass ein Behinderter 15 000 S Rezeptgebühr pro Jahr zahlt. Das stimmt, aber die Frage ist nur, wer das verursacht hat. Seit Einführung der Rezeptgebühren ist es ständig zu Steigerungen gekommen. Zuerst sind sie von 35 S auf 42 S gestiegen, dann auf 43 S und 44 S. Das hat, als die SPÖ die Verantwortung getragen hat, 12 271,50 S ausgemacht, und jetzt mit der FPÖ-ÖVP-Regierung macht das 2 728,50 S aus. Das ist eine Tatsache! (Abg. Dietachmayr: Das werden Sie noch einmal nachrechnen müssen!)

Außerdem planen wir, mit Hilfe der Behindertenmilliarde für jeden Schwerstbehinderten, der über 70 Prozent Invalidität aufweist, den Zuschlag von 20 Prozent auf 50 Prozent zu erhöhen. Das ist ein gerechter Ausgleich. Also wir tun auch für die Behinderten etwas. Darüber hinaus soll es auch zu einer Gleichbehandlung von Invaliditätspensionen und Unfallrenten kommen.

Die Schulden, die von der Vorgängerregierung unter sozialistischer Führung langfristig gemacht worden sind, sind der größte Feind der Arbeitsplätze. Folglich hat diese alte Bundesregierung unter SPÖ-Führung eine unsoziale und arbeitsmarktfeindliche Politik gemacht. Wir von den Freiheitlichen sind in die Regierung eingetreten, um diesen Kurs zu ändern und zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher zu arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

13.29

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! So eine verbale Entgleisung wie die des Abgeordneten Stummvoll – ich hoffe, dass es nur eine Entgleisung war –


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hat es hier in diesem Hause noch nicht gegeben. Es war in diesem Haus noch nie die Rede davon, dass Menschen, die vorher nicht behindert waren, sich aber durch einen Arbeitsunfall eine Behinderung zugezogen haben und jetzt mit Recht Anspruch auf eine Unfallpension haben, im Grunde genommen, wie Herr Stummvoll das bezeichnet hat, gar nicht behindert sind. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Präsident! Ich habe mir in diesem Haus schon einiges gefallen lassen. Das ist eben der Preis dafür, wenn man als behinderter Mensch oder als Vertreter/Vertreterin einer Minderheit die Chance bekommt, sich in diesem Hause als direkt Betroffene einsetzen zu können für die Anliegen seiner/ihrer Minderheit. Aber diese Aussage, die heute Herr Stummvoll gemacht hat (Abg. Gatterer: Was hat er gesagt?), werde ich nicht zur Kenntnis nehmen, und ich verlange von Herrn Stummvoll, dass er sich bei allen behinderten Menschen, die auf Grund eines Arbeitsunfalls behindert sind, weil sie etwa vom Dach gefallen sind, die blind sind, weil sie Lacke in die Augen bekommen haben, die schwerstbehindert sind, weil sie mit Einsatzfahrzeugen, zum Beispiel bei der Flugrettung, abgestürzt sind, entschuldigt! (Abg. Ing. Maderthaner: Davon hat er gar nicht geredet!)

Dass man diese Menschen als Sozialschmarotzer hinstellt und mehr oder weniger bemängelt, dass sie Zahlungen bekommen, obwohl sie gar keine Behinderung haben, das lasse ich mir hier nicht gefallen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das hat auch gar niemand behauptet!)

Wissen Sie, wenn ich die Behinderung in Ihren Köpfen, die ich nicht mit unseren Behinderungen vergleichen möchte, ausrechnen würde, dann wären Sie auf 200 Prozent. (Abg. Wenitsch: Herr Präsident! Das ist eine Zumutung!) Entweder so viel politische Dummheit oder so viel Rohheit in einem Menschen vereint zu haben, meine Damen und Herren, das ist in dieser Republik inzwischen gefährlich! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist schon klar gewesen mit Antritt dieser Bundesregierung, dass Sie speziell Menschen, denen es nicht so gut geht in unserer Gesellschaft, aufeinander loslassen werden. Die sollen sich nur gegenseitig darum keilen, wer denn jetzt mehr Geld bekommt oder weniger. Es war schon klar, dass es mit dieser Bundesregierung dazu kommen wird. Früher hat man Minderheiten gegen behinderte Menschen aufgehetzt, hat man Ausländer gegen behinderte Menschen aufgehetzt, hat man versucht, verschiedene Gruppen von Minderheiten gegeneinander aufzuhetzen. (Abg. Gaugg: Frau Haidlmayr, was haben Sie für Unanständigkeiten gemacht? – Abg. Dr. Martin Graf: Früher? Unter den Sozialisten war das so?)

Jetzt sind Sie noch weiter gegangen: Jetzt versuchen Sie, bei der Verteilung von Mitteln behinderte Menschen gegen behinderte Menschen aufzuhetzen. Sie sagen, wenn die Arbeitslosigkeit von behinderten Menschen gesenkt werden soll, dann sollen das gefälligst andere behinderte Menschen bezahlen. Das ist nicht unsere Sache. Wir als Sozialstaat sind dafür nicht mehr zuständig, das sollen sich die behinderten Menschen untereinander ausmachen. Wenn die eine Gruppe nichts abgeben will, wird die andere Gruppe nichts kriegen. – So weit sind wir inzwischen!

Herr Minister! Ihre ständig kolportierte "Behinderten-Milliarde" – wir können das nicht mehr hören! Das ist wirklich die größte Unwahrheit in diesem Budget, die Sie den Menschen aufs Aug’ drücken wollen. Sie wollen mit diesem Begriff die behinderten Menschen nur als Schutzschild für die Regierung vor sich hertragen, damit die Bevölkerung sagt: Gut, wenn diese Regierung für die behinderten Menschen etwas tut, dann kann sie generell nicht so schlecht sein. Wir lassen uns von dieser Regierung nicht als Schutzschild missbrauchen!

Herr Minister! Kein Wort war von dieser Bundesregierung noch darüber zu hören, ob es diese "Behinderten-Milliarde", die den Unfallrentnern geraubt wird (Abg. Gatterer: Geraubt? Was soll das heißen: "geraubt?"), zusätzlich zur Kofinanzierung zu den Mitteln des Europäischen Sozialfonds und zusätzlich zum Ausgleichstaxfonds, der nämlich null Schilling in seinem Topf hat, geben soll oder ob Sie mit diesem Betrag sowohl die Kofinanzierungen tätigen als auch den So


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zialtopf des Ausgleichsfonds stopfen wollen. Kein Wort dazu! Was Sie tun wollen – wir wissen es ja –, ist, diese zwei Töpfe zu stopfen. Das hätte zur Folge, dass behinderte Menschen nicht um eine Milliarde Schilling mehr kriegen, sondern um viele, viele Millionen Schilling weniger, als sie bisher – zu Recht! – bekommen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Tour, die Sie, Herr Minister, mit all Ihren Abgeordneten fahren, ist einfach so unverschämt, geht so auf Kosten von behinderten Menschen, ist solch ein Benutzen von behinderten Menschen! Herr Minister! Stellen Sie das ab! (Beifall bei den Grünen.) Lassen Sie endlich davon ab, behinderte Menschen gegeneinander aufzuhetzen! Sorgen Sie dafür, dass sie sich um den Kuchen, der für die behinderten Menschen ohnehin schon sehr klein geworden ist, nicht auch noch raufen müssen!

Wenn das Ihre Sozialpolitik ist, die Sie anstreben – und Sie wissen, ein Budget ist nichts anderes, als eine in Zahlen gegossene Gesellschaftspolitik –, wenn das Ihre Gesellschaftspolitik ist, Herr Minister, dann werden Sie Ihren "Guten Morgen" und was da noch alles dazukommt, ganz, ganz schnell hinter sich haben. Das garantiere ich Ihnen! (Beifall bei den Grünen.)

13.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

13.36

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! In der Budgetrede des Finanzministers ist etwas ganz deutlich geworden, Herr Minister: Sie entledigen sich zusehends einer der Hauptaufgaben eines modernen Staates, nämlich der Sozialpolitik. Außer einigen Floskeln nach dem Motto "Vorwärts! – Zurück in die Vergangenheit!" haben Sie sich nämlich zum Thema Sozialpolitik zur Gänze verschwiegen. Vielleicht deswegen, Herr Finanzminister, weil Sie sich im Sinne von Speed kills des Klubobmannes Dr. Khol als Totengräber unseres Sozialstaates betätigen? So nach dem Prinzip "Der Weg ist das Ziel" haben Sie sich dem Weg des Sozialabbaues verschrieben, dessen Ziel letzten Endes die Vernichtung dieses Sozialstaates ist.

Die Bestrafung von Menschen, die nur ein befristetes Dienstverhältnis haben, die Bestrafung der ArbeitnehmerInnen bei einvernehmlicher Lösung des Dienstverhältnisses darf wohl auch zugleich als Freibrief für Mobbing angesehen werden! Die angeblich familienfreundliche Regierung kürzt schamlos die Familienzuschläge! Bundesministerin Sickl entzieht der Krankenversicherung ganz bewusst Geld, dafür dürfen Kranke, Kinderreiche und Frauen herhalten! Die Mehrklassenmedizin ist Ihr Ziel! Hinzu kommt die Rentensteuer – ein wohl mehr als ein zynischer Akt! –, drei Belastungspakete in neun Monaten, die überwiegend Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu tragen haben, ein Pensionspaket, das bis zum Jahre 2004 den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 53 Milliarden Schilling vorenthält.

Herr Bundesminister! Die Redezeit reicht nicht aus, um all Ihre sozialpolitischen Gräueltaten aufzuzählen. Aber vermutlich ist gerade das der Grund, warum Sie die Begutachtungen immer stärker mit inakzeptablen Fristen ausstatten. Mittlerweile gibt es bereits von fast allen begutachtenden Stellen Proteste zu dieser Vorgangsweise, zu diesem Willkürakt Ihrer Bundesregierung; das reicht von der ÖH bis zur Landarbeiterkammer, bis zum Bundesseniorenrat.

Was aber demokratiepolitisch überhaupt nicht mehr tragbar ist, ist folgender Sachverhalt: Der Datenschutzrat hat ein verpflichtendes Begutachtungsrecht, und dieses wurde von Ihnen ebenfalls missachtet, Herr Bundesminister. Können Sie mir sagen, warum die Bundesregierung diesem verpflichtenden Recht der Begutachtung des Datenschutzrates nicht nachgekommen ist? Was haben Sie zu verbergen in diesem Budget, dass Sie den Datenschutzrat aus der Begutachtung ausgeschlossen haben, ihm seinen Rechtsanspruch vorenthalten haben?

Das, Herr Bundesminister, würde mich sehr interessieren, denn das ist wirklich ein demokratiepolitischer Skandal, der sich nahtlos in das Sittenbild dieser Regierungsparteien einfügt, wenn man an einen anderen gegenwärtigen Skandal, nämlich den Spitzelskandal, denkt.


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Weil Sie sich davor fürchten, dass starke Arbeitnehmerinteressenvertretungen diese unsoziale Politik aufzeigen, Sie in Ihrer Willkürpolitik stören, haben Sie heute als Draufgabe noch den Antrag zur drastischen Kürzung der Arbeiterkammerumlage eingebracht. Sie sind mit dieser Politik nicht nur Totengräber des Sozialstaates, sondern zunehmend auch eine Bedrohung für unsere Demokratie! (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Öllinger. )

13.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. – Bitte.

13.40

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss es sehr deutlich sagen: Es ist erfreulich, dass hinsichtlich der Budgetpolitik ein klarer Kurswechsel erfolgt (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), ein Kurswechsel, der uns Chancen gibt, dass wir auch morgen zu den starken Industrieländern zählen, dass wir auch morgen im weltwirtschaftlichen Wettbewerb mithalten können. Dazu gehört sicherlich – das muss man sagen, man merkt das auch bei den Debatten – viel Mut – ich danke zunächst dafür, dass man grundsätzlich diesen Mut hat –, dazu gehört auch viel Sachkenntnis – die ist auch vorhanden –, dazu gehört aber auch der richtige Zeitpunkt, zu dem man versucht, einen neuen Weg zu gehen.

Und es ist der richtige Zeitpunkt, denn die Wirtschaft schreibt zurzeit gute Zahlen, die österreichische Wirtschaft ist im Augenblick in einer starken Phase, in einer Aufwindphase. Und gerade da ist es wichtig, die Chance zu nutzen. Zu dieser guten Phase kam es – das möchte ich auch erwähnen – dank der guten Arbeit in den Betrieben, und zwar seitens der Unternehmer und der Arbeitnehmer, dank der guten Zusammenarbeit, aber natürlich auch dank der Rahmenbedingungen und der weltwirtschaftlichen Entwicklung. All das wirkt zusammen und ist die Voraussetzung dafür, dass die österreichische Wirtschaft sehr stark auch und gerade auf den Weltmärkten auftritt. Das ist so wichtig und wesentlich, denn das Land ist klein – das wissen wir –, wir brauchen also Export, wir brauchen noch mehr Export.

Ich darf Ihnen sagen, wir haben in den letzten zehn Jahren – ich habe mir die Entwicklung angeschaut – hier wirklich gute Erfolge zu verzeichnen. So betrug zum Beispiel die Ausfuhr im Jahre 1989 429,310 Milliarden Schilling, und sie hat im Jahre 1999 – das sind die letzten Zahlen, die wir vollständig haben – 829 Milliarden und etliche hundert Millionen Schilling betragen. Das heißt, das ist praktisch eine Verdoppelung des Exports innerhalb der letzten zehn Jahre. Und das ist so wichtig und wesentlich und hat sehr viel zu unserem Erfolg beigetragen.

Die Warenverkehrsbilanz, meine Damen und Herren, ist ja für uns leider noch immer etwas negativ – das heißt, wir müssen uns noch mehr anstrengen, im Export noch zuzulegen –, aber sie betrug im Jahre 1989 minus 85 Milliarden Schilling und im Jahre 1999 minus 68 oder 69 Milliarden Schilling. Das ist auch erfreulich, dass man feststellen kann, dass es hier Verbesserungen gibt.

Und wie schaut die Deckungsquote aus, das heißt, wie werden die Einfuhren durch die Ausfuhren gedeckt? Das war im Jahre 1989 zu 83 Prozent der Fall und ist jetzt zu 92 Prozent der Fall. Also auch hier haben wir Verbesserungen.

Das alles sind deutliche Zahlen und wesentliche, markante Punkte, die es möglich machen, dass sich die Wirtschaft eben entsprechend entwickelt.

Meine Damen und Herren! Wir müssen – das ist auch etwas Wichtiges, und deswegen bin ich über dieses Budget froh – die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe noch weiter verbessern (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), denn der Wettbewerb der Zukunft wird sich zwischen Europa und Amerika und zwischen Europa und Asien abspielen. Da brauchen wir einen festen und starken Platz in Europa, um mithalten zu können auf der ganzen Welt. Und ich hoffe, das wird uns gelingen.


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41. Sitzung / Seite 76

Meine Damen und Herren! Herr Ex-Minister Edlinger hat heute darauf hingewiesen, dass die ÖVP beim Schuldenmachen ja dabei war. Herr Minister! Ich will gar nicht abstreiten – wir waren ja Koalitionspartner –, dass wir auch eine Mitverantwortung haben. Nur eines muss man auch sagen: Wir haben nicht immer die letzten Zahlen gehabt, obwohl das wichtig und wesentlich ist. (Abg. Edlinger: Der Herr Farnleitner schon! Der hat es öffentlich zugegeben!)

Zweitens – das darf ich Ihnen auch sagen –: Wir haben jedenfalls den Fehler erkannt, dass es so nicht weitergehen kann mit der Gesamtverschuldung. Wir haben daher klarzumachen versucht, dass wir einen anderen Weg gehen müssen, dass wir eben eine Umkehr brauchen. Aber dazu, bitte, waren Sie ja nicht bereit – das darf ich zur linken Seite sagen –, das mitzutragen, denn da haben Sie gesagt: Das ist unmöglich, das geht nicht! Ich kann aber auch sagen: Es geht einfach nicht, dass man so weiter tut mit diesen horrenden Schulden.

Ich habe ja schon im Jahre 1992 – das darf ich vielleicht auch noch sagen –, schon damals im Oktober 1992, auf soziale Missbräuche hingewiesen; nicht auf berechtigte Sozialleistungen, sondern auf Missbräuche. Und was ist damals erfolgt? – Es gab kein Verständnis dafür, sondern lediglich Spott und Hohn musste ich einstecken. Damals hätten wir schon etwas tun können.

Ich habe auch ständig auf das Defizit bei Forschung und Entwicklung hingewiesen. Wenn heute Kollege Gusenbauer gesagt hat: Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Forschungs- und Entwicklungsquote in anderen Ländern!, dann stimmt das, dann ist das schon richtig. Aber warum haben Sie dann nichts gemacht? Warum ist man nicht schon früher darangegangen, das stärker zu fördern?

Meine Damen und Herren! Die größte Sorge für uns sind und bleiben die Gesamtschulden. Es wurden heute die Zahlen schon so oft auf den Tisch gelegt. 2 200 Milliarden Schilling an Schulden ergeben Zinsen von rund 220 oder 240 Milliarden im Jahr (Abg. Edlinger: Sie gehen locker gleich um 500 Milliarden hinauf!)  – Gesamtverschuldung mit den ausgegliederten Gesellschaften –, und diese 220 Milliarden Schilling Zinsen, meine Damen und Herren – lassen Sie mich das einmal sagen –, bedeuten pro Monat immerhin rund 19 bis 20 Milliarden Schilling. Das sind pro Tag – rechnen Sie es einmal durch! – ungefähr 640 oder 650 Millionen Schilling, und um 650 Millionen Schilling kann man rund 30 Einfamilienhäuser bauen. Das muss man sich einmal vorstellen! Wir verschenken tagtäglich ein ganzes Dorf, nur weil wir so viel Zinsen zu zahlen haben. (Abg. Öllinger: An wen wird das verschenkt?)

Und das muss ein Ende haben, meine Damen und Herren! Wir wollen mit dieser Politik nicht weitermachen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir wollen umkehren, so lange es möglich ist, und wenn es auch für alle einer kleinen Anstrengung bedarf, ist es wichtig und notwendig, um dieses Land auch in der Zukunft leistungsfähig zu erhalten.

Ich darf Ihnen sagen: Es ist Besorgnis und Angst erregend, wenn man sich vorstellt, dass, wie gesagt, tagtäglich so viel verschenkt wird. Da muss man umkehren. Wir sind auf einem guten Weg dazu, und ich bitte Sie alle, daran mitzuwirken, dass es uns insgesamt auch gelingt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete lic.oec. Irina Schoettel-Delacher. (Abg. Böhacker: Wie meinen, Herr Präsident?)

13.47

Abgeordnete lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! In einer gestrigen APA-Aussendung hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Hans Sallmutter, die Regierung aufgefordert, von ihrem Crash-Kurs abzugehen. Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, hier muss der Herr Vorsitzende etwas Gravierendes verwechselt haben. Diese Regierung hat den 30-jährigen Crash-Kurs rechtzeitig gestoppt und setzt dort an, wo man bei diesem gigantischen Schuldenstand richtigerweise auch ansetzen muss (Beifall bei den Freiheitlichen), nämlich bei der Festlegung des klaren Zieles, bis 2002 ein Null-Defizit zu erreichen.


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41. Sitzung / Seite 77

Der Vorwurf, dies sei eine unsoziale Budgetpolitik, mutet schon eher skurril an. Zins- und Tilgungszahlungen in Höhe von 680 Millionen Schilling täglich, Sparpakete 1996, 1997, die Steuerreform 2000 mit einem ungedeckten Scheck finanzieren zu wollen – all dies ist für mich eine schräge soziale Optik. Der neue Konsolidierungspakt hingegen verfolgt den Grundsatz der fairen Verteilung der Konsolidierungslasten. 75 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher werden so gut wie nicht belastet, und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich wird gesichert.

Wenn hier immer behauptet wird, dass es sich die Wirtschaft gerichtet habe, ist auch dies richtig zu stellen: Die Wirtschaft steuert rund 17 Milliarden Schilling zu diesem Konsolidierungspakt bei. (Abg. Mag. Prammer: Die holte sie sich auf der anderen Seite wieder!) Dies fällt auch der Wirtschaft nicht leicht, aber sie leistet diesen Beitrag, weil sie weiß, dass Defizite der größte Feind eines attraktiven Wirtschaftsstandortes sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit dem Nulldefizit bis 2002 wird der österreichischen Wirtschaft wieder jener Spielraum ... (Abg. Edlinger: Die Frau Delacher wird reicher und die Hackler werden ärmer!) Herr Kollege Edlinger! Ihr Kollege Einem hat gestern charmanterweise gesagt, dass man Damen am Rednerpult nicht dauernd unterbrechen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Gilt das nur für die Damen Ihrer Fraktion, oder gilt das für uns auch? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Auer: Als Kavalier der alten Schule lassen Sie sie doch reden!)

Mit dem Nulldefizit bis 2002 wird der österreichischen Wirtschaft wieder jener Spielraum verschafft, den sie künftig benötigt, um ihre Wachstumspotentiale auszuschöpfen, den Wohlstand der Bevölkerung zu steigern, Armut und Arbeitslosigkeit effektiv zu bekämpfen und Konjunkturschwankungen ausgleichen zu können. (Abg. Öllinger: Das glauben Sie alles? – Abg. Neudeck: Sie weiß es sogar!)

Es liegt in der Natur der Sache, dass Sparmaßnahmen für alle unangenehm sind. Es wäre auch viel einfacher, zu verteilen, anstatt zu sparen. Aber das Sparen erfolgt ja nie zum Selbstzweck. Eine rasche und effiziente Budgetkonsolidierung schafft Spielraum für Zukunftsaufgaben, und darum geht es uns doch allen, sehr geehrte Damen und Herren. Es geht um die Zukunft Österreichs, um Maßnahmen zur Sicherung der finanziellen Stabilität. Und das hat die Bevölkerung verstanden, denn sie unterstützt den Sparkurs unseres Finanzministers. Tun Sie es bitte auch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

13.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte auf jenen Teil der Budgetrede von Bundesminister Grasser eingehen, der sich mit der Landwirtschaft auseinander setzt. Zu meinem Erstaunen muss ich feststellen, dass es in diesem Bereich, was den Bundesvoranschlag betrifft, ganz eindeutig zu Erhöhungen kommt. Vergleichen Sie die Zahlen! Sie finden diese auf Seite 19 in der Übersicht. Die Budgetzahlen sind klar. Das Agrarkapitel wird laut Bundesvoranschlag 25,8 Milliarden Schilling ausmachen, gegenüber 23 Milliarden im heurigen Jahr und 24 Milliarden im Jahre 1999. Das heißt, Herr Bundesminister Molterer war in seinen Verhandlungen mit Herrn Bundesminister Grasser erfolgreich. Ich nehme an, er hat ihn in seiner üblichen eleganten und konsequenten Art über den Tisch gezogen, um für seine Bauern etwas herauszuholen.

Ich denke, das wäre dann vertretbar, wenn nachvollziehbar ist, was mit diesem zusätzlichen Geld geschehen soll, was damit zusätzlich an ökologischen Leistungen und zusätzlich an sozialer Gerechtigkeit gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Dazu finde ich keine Zeile in dieser Budgetrede von Minister Grasser. Er hat den Beitrag der Landwirtschaft – das möchte ich Ihnen wirklich noch einmal darlegen – in einer Form dargestellt, die meiner Meinung nach wirklich bedenklich ist. Minister Grasser hat es so formuliert:


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41. Sitzung / Seite 78

"Außerdem wird die im Regierungsübereinkommen angekündigte Dieselpreissenkung in den Jahren 2001 und 2002 nicht umgesetzt. Mehrkosten für die Landwirtschaft in Höhe von rund 1,4 Milliarden Schilling werden dadurch vermieden."

Also bitte, das ist ja wirklich die reinste Augenauswischerei! Budgetmittel, die man durch die Nichtvollziehung der Dieselpreissenkung, sprich durch Beibehaltung des Status quo, den Bauern nicht zusätzlich zahlt, wird als Einsparung verkauft! Das kann es wohl wirklich nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir werden in der genaueren Analyse und Debatte zu diesem Agrarkapitel sehen, wie weit Minister Molterer bereit ist, ökologische Treffsicherheit und auch soziale Treffsicherheit in eine ausgeglichene Balance zu bringen. Ich glaube, es ist gerecht und es ist richtig, dass Bäuerinnen und Bauern auf Förderungen, auf die Solidarität der Gesellschaft zählen können, keine Frage. Aber sie müssen auch darauf zählen können, dass es dabei auch zu einer gewissen sozialen Ausgeglichenheit kommt und dass es nicht unabänderlich ist, dass 255 Betriebe in Österreich über 500 Millionen Schilling jährlich an Förderungen beziehen.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Skandal angesichts der Einsparungen und Kostenerhöhungen bei den "kleinen" Leuten! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Nürnberger. ) Diese haben nicht die Möglichkeit, sich zu wehren, und verfügen über keinen Bundesminister Molterer, sondern nur über Herrn Gaugg und ähnliche Leute in der Regierung. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich auch noch auf einen ganz zentralen Budgetdeal dieser Bundesregierung eingehen, nämlich auf das Problem der Bundesforste, auf den geplanten Verkauf von Waldflächen, den größten Waldverkauf der Zweiten Republik.

Meine Damen und Herren! Dieses Thema wird heruntergespielt! Das, was hier passiert, müssen wir ernst nehmen! Die Lösung, die Sie von der Regierung vorschlagen, die Lösung nach langen Diskussionen und öffentlichen Auseinandersetzungen zum Thema der Bundesforste, halte ich für mehr als problematisch, nämlich den Plan – und das ist das Neue an dieser Vorlage –, die österreichischen Seen, den Wörthersee, die Kärntner Seen und den Attersee direkt an die Bundesforste AG zu verkaufen.

Meine Damen und Herren! Das hat weitreichende Konsequenzen. Wir werden hier noch darüber debattieren. Das bedeutet, dass Liegenschaften aus dem Eigentum der Republik in das Eigentum einer Aktiengesellschaft übergehen, und wir haben keine Zusicherung, keine Versicherung, dass die Bundesforste AG in den nächsten Jahren nicht auch von Ihnen sozusagen angeknabbert wird, weil einfach Begehrlichkeiten entstehen werden und es zu einer Teilprivatisierung kommen könnte. Das möchte ich sehen, wie Sie das verhindern, wenn wir in einigen Jahren diese Diskussion haben werden, wenn der Attersee einem Konsortium gehört, bestehend aus wem immer, vom Tourismusverband bis zu irgendwelchen privaten Großkonzernen.

Meine Damen und Herren! Das werden wir uns noch genauer anschauen müssen. Ich sehe in Ihrem vorliegenden Agrarkapitel vor allem Probleme und keine wirklichen Zukunftsstrategien. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte.

13.56

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, Sie können es hier noch so oft betonen und immer wieder behaupten, es gibt keine neuen Steuern, 75 Prozent der Menschen in diesem Land sind von Ihren Maßnahmen nicht betroffen – dadurch bekommt es nicht mehr Wahrheitsgehalt.


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41. Sitzung / Seite 79

Ich habe Ihnen bei der Sondersitzung vor einigen Tagen anhand von Beispielen das Gegenteil nachgewiesen. Kollege Edlinger, Kollege Gusenbauer, Kollege Verzetnitsch haben Ihnen ein Taferl nach dem anderen hier aufgestellt, Beispiele, die zeigen, wovon die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft sehr wohl betroffen sind.

Die Titelseite der heutigen Ausgabe des "Kurier" ist Ihnen heute schon gezeigt worden, auf der es heißt, dass Grasser 65 Milliarden Schilling abkassiert. – Ich füge nur noch ein paar Bemerkungen hinzu, die gar nicht meine Argumente sind, sondern Zitate anderer, denn wir werden noch genug Gelegenheit haben, bei der Spezialdebatte auf einzelne Kapitel einzugehen.

Bezeichnend ist ja, dass in der gesamten Budgetrede und in der Unterlage, die wir bekommen haben, alles vorkommt: Landesverteidigung, Sport, alles, nur das Kapitel Soziales gibt es nicht als eigenes Kapitel. Das ist ja auch ein Zeichen dafür, wie die Regierung zum Sozialen steht.

Aber lassen Sie mich aus dem "Kurier" zitieren, und dieser steht sicher nicht im Verdacht, SPÖ- oder gewerkschaftsfreundlich zu sein. Ich zitiere:

"Abseits von Grassers Ausführungen sprechen die Zahlen des gedruckten Budgetprogramms Bände:" – Hör zu, Haigermoser! – "Die Steuer- und Gebühreneinnahmen steigen im Jahr 2001 im Vergleich zum Voranschlag von heuer um 65 Milliarden oder rund 10 Prozent. Allein die Lohnsteuer-Einnahmen erhöhen sich durch indirekte Steuererhöhungen (zum Beispiel Einschleifen des Allgemeinen Absetzbetrages) ... um 28 Milliarden Schilling oder rund 14 Prozent." – Zitatende.

Es ist falsch, zu glauben, den Menschen draußen einreden zu können, 75 Prozent der Bevölkerung seien nicht betroffen. Das wird Ihnen niemand in diesem Lande abnehmen.

Ich wiederhole: Es gibt eine ungleiche Verteilung der Belastungen. Fest steht – ich habe Ihnen das bei der Sondersitzung auf die Million genau aufgelistet –, die Arbeitnehmer in diesem Lande sind im kommenden Jahr mit 33,3 Milliarden Schilling belastet, die Arbeitgeber – das ist richtig – in den Jahren 2001/2002 mit rund 14,6 Milliarden Schilling, aber im Jahre 2003 – und jetzt wiederhole ich das, was ich bei der Sondersitzung gesagt habe – erhalten sie ein Körberlgeld von 700 Millionen Schilling.

Ich zitiere weiter aus dem "Kurier" von heute: "Landwirtschaft und Wirtschaftskammer (WKÖ) ließen Grasser sofort wissen, wie sie den Haushaltsplan sehen. Die Beiträge der Wirtschaft in der Höhe von 15 bis 20 Milliarden seien ,ein befristetes Notopfer‘, donnerte WKÖ-Präsident Christoph Leitl." – Zitatende.

Also stimmt es doch, was ich behauptet habe! Zwei Jahre lang zahlt die Wirtschaft, dann hat sie ein Körberlgeld, und für die Arbeitnehmer sind die Belastungen unbefristet, sie steigen von 33,3 Milliarden im Jahre 2001 auf weit über 40 Milliarden im Jahre 2003. – Das ist Ihre "soziale Treffsicherheit", meine geschätzten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! (Beifall bei der SPÖ.)

Interessant wird auch Folgendes sein. Der Herr Präsident der Landwirtschaftskammern hat sich auch zu Wort gemeldet und gesagt, nur die Eckpunkte sind verhandelt. Wir werden also sehr aufpassen müssen, was die Landwirtschaft in Zukunft für sich herausholt.

Zum Schluss zum Thema Armut. Ich habe hier schon einige Male gesagt, Sie nehmen den Ärmsten der Armen in diesem Land etwas weg, ohne einen Genierer zu zeigen. Im Gegenteil: Sie schütten noch kübelweise Hohn und Spott über sie!

Ich zitiere aus der Zeitschrift "NEWS" von dieser Woche: Die Armutsgefahr wächst. Sozialexperten konstatieren: Regierung hat kein Konzept gegen die Armut, im Gegenteil. Ihre Maßnahmen vergrößern das Armutsrisiko. – Zitatende.

Ihre eigenen Experten sagen das. Die Vorschläge zur Armutsbekämpfung wurden nicht einmal ignoriert, sagt Christoph Badelt, der an Ihrem großen Programm mitgearbeitet hat. Diese Regie


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41. Sitzung / Seite 80

rung vergrößert das Verarmungsrisiko sogar noch, meint Emmerich Talos. Diese Meinungen sprechen für sich selbst. Es bleibt dabei: Sie praktizieren mit Ihrer Gesellschaftspolitik die größte Umverteilung von unten nach oben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

14.01

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich vorerst kurz einem Thema widmen, das mein Vorredner Georg Schwarzenberger bereits angesprochen hat, nämlich dem Bereich Landwirtschaft, möchte mich dann im Speziellen aber mit der Bedeutung des ländlichen Raumes und dem Finanzausgleich ganz allgemein auseinander setzen.

Meine Damen und Herren! Über eines besteht, wie ich hoffe, wohl kein Zweifel in diesem Haus, nämlich über die Notwendigkeit, zu sparen. Auch wenn das Verständnis dafür nicht bei allen Fraktionen hier gleich stark ausgeprägt sein sollte, so steht doch fest: In der Bevölkerung, in den Gesprächen mit den Menschen kann dies eindeutig nachvollzogen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gestern wurde in diesem Hohen Haus der Anfang einer nachhaltigen Finanzpolitik gemacht. Dieser Anfang war auch notwendig, weil wir den Trend des Schuldenmachens, den Trend zu immer weiteren Schulden, immer neuen Schulden, zu stoppen haben. Und in seiner wirklich fulminanten Budgetrede hat der Herr Finanzminister dies auch eindeutig und klar dargelegt.

Meine Damen und Herren! Wir sollten dazu sagen, dass wir uns auch vor strukturellen Maßnahmen nicht scheuen sollten. Die Zeit und der Zeitpunkt sind dafür reif, und zwar auf Grund des hohen Wirtschaftswachstums und der ausgezeichneten konjunkturellen Lage. Es ist nicht nur das internationale Umfeld, das uns zu diesem Kurs zwingt, sondern wir sind es auch der nachkommenden Generation schuldig, dass ein anderer Weg in der Finanzpolitik eingeschlagen wird.

Meine Damen und Herren! Wir sind auf einem sehr erfolgreichen Weg. Herr Kollege Pirklhuber meinte, er vermisse noch die genauen Zielsetzungen von Bundesminister Molterer. Er ist jetzt nicht hier, aber es sei ihm einfach gesagt, meine Damen und Herren: Ja, Herr Bundesminister Molterer ist ein sehr erfolgreicher Landwirtschaftsminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Er wird, wenn es um das Budgetkapitel "Landwirtschaft" geht, seine Vorstellungen, seine Zielsetzungen und jene Bereiche, die die Landwirtschaft am meisten interessieren und betreffen, sehr eindeutig darlegen.

Meine Damen und Herren! Damit komme ich zu jenem Bereich, der mich beschäftigt, seit ich im Parlament bin, und bei dem ich nach wie vor feststellen muss, dass es keine Gerechtigkeit gibt: nämlich in der Frage des Finanzausgleiches.

Ich möchte auch mit dem Märchen aufräumen, dass es um Groß gegen Klein, Arm gegen Reich und so weiter geht. Ich bin mir auch dessen bewusst, dass es nie einen absolut gerechten Finanzausgleich geben wird. Aber einen gerechteren Finanzausgleich als den jetzt punktierten, vereinbarten sollte es dringend geben, meine Damen und Herren! (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

Wenn offensichtlich Städte- und Gemeindebund nicht in der Lage sind, dafür Sorge zu tragen, dann sind die Regierung, der Bundesminister für Finanzen, aber auch das Parlament gefordert, meine Damen und Herren. Es ist nämlich noch lange nicht gesagt, dass eine flächenmäßig große, einwohnerstarke Gemeinde zu den Reichen gehört. Es kann durchaus eine kleine, einwohnerschwache, aber wirtschaftsstarke Gemeinde sehr kräftige Finanzen haben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wie zum Beispiel Ischgl!)  – Es gibt genug Beispiele, Frau Kollegin.


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41. Sitzung / Seite 81

Meine Damen und Herren! Der Finanzausgleich sollte ja, so meint man, schon dem Wort nach, schon dem Begriff nach, Nachteile ausgleichen – ausgleichen, meine Damen und Herren! Wie schaut es denn aus in jenen Bereichen? (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Ich gebe Ihnen Recht, dass große Städte auch andere Aufgaben haben, gar keine Frage. Das ist ja unbestritten. Aber vielleicht gedulden Sie sich einmal und nehmen auch zur Kenntnis, dass es flächengroße Gemeinden gibt, die im Umfeld von Städten für Wasserschutz, für Naturschutz, für die "Natura 2000"-Gebiete zu sorgen haben und in der wirtschaftlichen Entwicklung benachteiligt sind, weil ihnen niemand einen Groschen dafür abgilt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wem kann man denn erklären (Abg. Mag. Prammer: Ihnen offensichtlich!), warum große Städte pro Einwohner über 12 000 S Bundesertragsanteile erhalten und kleine Gemeinden nur etwas über 6 000 S, meine Damen und Herren? Ist der Staatsbürger Erwin Hornek um so viel weniger wert als der Staatsbürger Edlinger in Wien? – Ich bezweifle das eindeutig, meine Damen und Herren, und zwar vor allem auch deswegen, weil es auf Grund einer Studie in Deutschland eindeutig nachweisbar ist, dass die Infrastrukturkosten auf dem Land, im ländlichen Bereich, eindeutig höher sind. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist eine schräge Rechnung!)

Sollten Sie das nicht glauben, dann würde ich Sie bitten, den Umweltbericht "Evaluierung der Umweltförderung des Bundes für den Zeitraum 1996 bis 1998" zu lesen, in dem eindeutig nachvollziehbar ist, dass in Wien auf Grund der dichten Besiedelung 1 200 S pro Kopf weniger für die Abwasserentsorgung auszugeben sind als in jeder anderen flächenmäßig großen oder ländlichen Gemeinde, wo das Land sozusagen das Spitzenfeld ... (Abg. Edlinger: Wie viel geben Sie denn in Ihrer Gemeinde für das Krankenhaus aus, Herr Kollege? – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Kollege Edlinger! Wissen Sie, dass ich für die Finanzierung des Krankenanstaltenbeitrages beinahe die doppelte Summe der Einnahmen aus der Kommunalsteuer zu zahlen habe? Ich wiederhole: mehr als das Doppelte! Mich würde interessieren, was hier in Wien dafür ausgegeben wird. (Abg. Edlinger: Wie viel zahlt Ihre Gemeinde für den Nahverkehr?)

Meine Damen und Herren! Weil der Nahverkehr ins Spiel gebracht wird: Es wäre notwendig – da gebe ich Ihnen durchaus Recht –, einmal nachzuschauen, welche Sondermittel aus dem Finanzausgleich für den Nahverkehr den großen Städten zur Verfügung gestellt werden, für den U-Bahnbau und andere Dinge mehr. Aber Sie könnten sich vielleicht einmal erkundigen, wie hoch der Anrainerbetrag etwa in der Mühlviertler Gemeinde des Kollegen Nikolaus Prinz dafür, dass man eine asphaltierte Straße bekommt, derzeit ist. Es sollte doch – so glaube ich zumindest – kein utopisches Ziel sein, dass ein Hausbesitzer, eine landwirtschaftliche Liegenschaft oder eine Betriebsliegenschaft irgendwann einmal eine asphaltierte Straße bekommen.

In dieser Gemeinde zahlt der Einzelne 150 000 S dafür, dass er eine Straße bekommt, und diesen Betrag muss jeder selbst bezahlen.

Zum Kanal. Ich habe hier die Wiener Kanalgebührenordnung. Rund 18 S pro Kubikmeter kostet die Abwasserentsorgung inklusive Mehrwertsteuer. – Wissen Sie, wie hoch die Mindestsätze in Oberösterreich sind? Soll ich sie Ihnen vorlesen, meine Damen und Herren? – In meiner Gemeinde das Doppelte, damit auf Grund der Flächenstruktur ausgeglichen budgetiert werden kann. In Wien erzielt man aus dem Titel "Kanal" 1,2 Milliarden Budgetüberschuss. (Abg. Edlinger: Eine kluge Finanzpolitik!) – Das ist eine Schröpfpolitik, meine Damen und Herren!

Meine Damen und Herren! Ich halte fest: Die angeblich so großartige Verbesserung, die dem jetzigen, dem paktierten Finanzausgleich zugrunde liegt, würde für meine Gemeinde mit 1 200 Einwohnern über den Daumen im ersten Jahr knapp 500 000 S bringen. – Das ist eine "großartige" Verbesserung! – Damit bin ich in der Lage, zirka 250 Meter eines Geh- und Radweges zu errichten, und das bei einem Straßennetz von 50 Kilometern! – Fragen Sie einmal den Bürgermeister einer Landgemeinde, wie es ihm dabei geht, meine Damen und Herren!

Oder: Vielleicht kann man einmal nachdenken, wie viele Laufmeter Kanal damit errichtbar sind. – Es sind 180 Meter Kanal, meine Damen und Herren, bei durchschnittlichen Errichtungs


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41. Sitzung / Seite 82

kosten von 3 000 S pro Meter. Und Ähnliches mehr. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Frau Kollegin Prammer! Sie haben meiner Gemeinde genug angetan, als Sie noch Naturschutzreferentin in Oberösterreich waren und das "Natura 2000"-Gebiet nach Brüssel gemeldet haben, obwohl Sie mir als Bürgermeister wörtlich geschrieben haben: Sie können unbesorgt sein, ohne Einbeziehung der Gemeinde und der Grundbesitzer wird es das nicht geben. – Sie haben die Unwahrheit gesagt! Ich werde Ihnen das noch beweisen, und wir werden das Land in dieser Frage noch klagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

40 Prozent meiner Gemeindefläche haben Sie als "Natura 2000"-Gebiet nach Brüssel gemeldet. Wissen Sie, was Sie da mit gemeldet haben? – Ein Schotterwerk, die Betriebsliegenschaften und zirka 230 Einfamilienhäuser! Sie alle sind davon betroffen. Und das nennen Sie dann eine hervorragende Politik! Dafür "bedanke" ich mich ganz besonders. (Abg. Dr. Lichtenberger: Kleine Gemeinden gegen Naturschutz? – Abg. Edlinger: Den Naturschutz privatisieren, das ist Ihre Philosophie!)

Meine Damen und Herren! Noch eine Frage, Herr Kollege Edlinger! Wenn der Finanzausgleich so gerecht ist, wie mir das von Ihrer Seite in Zwischenrufen signalisiert wird, so gerecht und so ausgleichend, warum verlangt man denn dann die absolute verfassungsrechtliche Absicherung? Wenn er so gerecht ist, dann lassen wir das doch weg, ganz eindeutig! Dann wird das Höchstgericht feststellen, ob gerecht oder ungerecht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Hornek: Genau! Nicht unter der Tuchent!)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne lade ich Sie dringend ein – da beziehe ich Herrn Mödlhammer, den Präsidenten des Gemeindebundes, mit ein –, dafür Sorge zu tragen, dass den kleinen Gemeinden Gerechtigkeit widerfährt, denn dass nur bei Gemeindetagen große Reden gehalten werden, das ist mir zu wenig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

14.12

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wenn es eines besseren Beweises dafür bedürfte, dass sich die alte so genannte große Koalition überlebt hat, dann wäre das die Rede des Jakob Auer. Gemeinsam haben wir gerade noch rechtzeitig die Kurve erwischt, werter Freund, damit ein bisschen etwas anderes weiter geht in diesem Lande! (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Meine Damen und Herren! Gerade anlässlich der Debatte über das Budget lohnt es sich, einen kurzen Blick zurück zu machen – nicht im Zorn. Ich bin 1983 ins Hohe Haus eingezogen, damals in der rot-blauen Koalition, da war ich offensichtlich ein anderer Bürger in Ihren Augen. (Abg. Dr. Kostelka: Einen anderen Chef haben Sie gehabt!)  – Jetzt bin ich, nach dem, was ich gestern gehört habe, für Sie ein bisschen demokratisch anrüchig.

Ich war als Arbeiterkind voller Hoffnung darauf, dass wir dieses Land neu gestalten. Wie gesagt: kein Blick zurück im Zorn, sondern nur ein bisschen nachdenklich.

Viele aufrechte Sozialdemokraten prägten damals das Bild des Koalitionspartners. Sie nannten sich damals zwar Sozialistische Partei Österreichs, waren aber zweifelsohne sozialdemokratisch. Heute nennen Sie sich Sozialdemokratische Partei und sind sozialistisch geworden, und zwar im schlechten Sinn des Wortes. Das ist der gravierende Unterschied, meine Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Was ist das für ein Unterschied?)  – Ich habe wenig Zeit, Herr Kollege.

Es ist daher kein Wunder, dass es zu täglichen Verbrüderungsszenen mit der extremen Linken des Herrn Van der Bellen kommt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wie bitte? Ich glaube, ich habe mich verhört!)


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41. Sitzung / Seite 83

In Deutschland biedert sich Herr Schröder an die Nachfolgepartei des SED-Terrorstaates, die PDS an, in Österreich geht es in Richtung der so genannten Grünen. Das ist das Match, meine Damen und Herren, wenn man es auf "Fußballerisch" sagen darf.

Der gestrige Tag und auch die heutige erste Lesung des Budgets beweisen einmal mehr, wie sich die linke Partie gegen den Rest von Österreich verschwört, und die Champagnisierungsvorfälle des Herrn Gusenbauer sind Beweis genug für diese meine Behauptung. (Abg. Edlinger: Die rechte Partie spielt gegen den Rest von Österreich!)

Richtig, Herr Edlinger! Wir wollen ein anderes Österreich, ein anderes Gesellschaftsbild als Sie (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), wie Sie von der Linken es anstreben. Wir sind für die mittelständische Wirtschaft, auch wenn wir wegen Ihrer sozialistischen desaströsen Finanzpolitik gewisse Opfer auch von der Wirtschaft verlangen. Für die Zukunft gilt jedoch die Entlastung bei den Lohnnebenkosten. Wir sind nicht für "die Reichen" in diesem Lande, wie Sie immer sagen, sondern für den Wirtschaftsstandort und für die Mitarbeiter, denn Arbeit für alle gibt es nur in der gesunden Wirtschaft. – Auch das unterscheidet uns von der Linken, meine Damen und Herren.

Wir sind für die Fleißigen und Tüchtigen, um den sozial Schwachen mit dem Ergebnis dieses Fleißes helfen zu können. (Abg. Edlinger: Phrase!) Das unterscheidet uns von Ihnen, meine Damen und Herren von der Linken.

Wir sind gegen die Freigabe von Drogen, wie sie gestern von der Linken einmal mehr beantragt wurde, weil dies ein Kaputtmachen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung wäre, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Lichtenberger: Eine gewisse Verwechslung ...!)

Der Joint ist uns zu wenig schick, meine Damen und Herren. Das Coffee-Shop nach holländischem Muster ist nicht die Gastronomie, die wir uns in Österreich wünschen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das unterscheidet uns von der Linken, meine Damen und Herren, von der extremen Linken, der so genannten Melonen-Partei – außen grün, innen blutig rot –, von der Partei des Herrn Van der Bellen und des Herrn Pilz. (Abg. Dr. Lichtenberger deutet auf ihren roter Blazer und ihr grünes Top: Umgekehrt!)

Nur einen Satz zu Herrn Van der Bellen – richten Sie ihm das aus! –: Jeder Mensch begeht zumindest eine gute Tat in seinem Leben. Herr Van der Bellen hat diese gute Tat bereits hinter sich. Er hat nämlich mit seiner Wahlbewegung anlässlich der Nationalratswahl Folgendes geschafft: Er hat das LIF aus dem Parlament gedrückt. Das war seine gute Tat, meine Damen und Herren, und er hat damit zweierlei erreicht: Erstens hat er das Lebenswerk des Abgeordneten Fischer zerstört. – Schlag nach nicht bei Shakespeare, sondern bei Norbert Leser.

Zweitens – gleichermaßen erfreulich – wird es in Österreich in absehbarer Zeit keine linke Mehrheit hier im Hohen Hause geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir bedanken uns bei Ihnen, bei den Grünen, für diese gute Tat, meine Damen und Herren. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo, Van der Bellen!)

Es wird auch in absehbarer Zeit hier im Hohen Hause keine Mehrheit für die Freigabe von Rauschgift geben, und damit wird der Anschlag auf die Jugend unseres Landes abgewehrt werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Verantwortung für das Land zwingt die Mitte-Rechts-Koalition, den sozialistischen Budget-Scherbenhaufen aufzuarbeiten. Grasser und sein Team sind Garant für diese Trümmerarbeit, welche erfolgreich sein wird. So, wie die "Trümmerfrauen" nach 1945 das Land mit aufgebaut haben, werden wir Ihre sozialistische desaströse Finanzpolitik zum Besseren wenden, meine Damen und Herren!

Werfen wir nun einen kurzen Blick in ein außerordentlich interessantes Buch. Es trägt den Titel "Konkurs einer Kaste" von Klaus Emmerich. (Abg. Ing. Westenthaler: Über die SPÖ!) Wir wollten heute in dieser Generaldebatte etwas nachdenken, haben wir gesagt. Es wurde 1997 geschrieben. Darin heißt es – ich zitiere –:


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"Der Staat ist pleite, schwächliche Strukturen zerfallen, versäumte Bereinigungen rächen sich, Perspektiven fehlen." – Ende des Zitats.

Wir sind dabei, diese Perspektiven zu verändern, zu verbessern, nämlich – und ich zitiere weiter –:

"Perspektiven sind gefragt. Ein weiteres Mal in diesem Jahrhundert geht es um die Funktion des Landes und um den Beweis, dass dahinter mehr steckt als Proporz, Parteiendemokratie in schöner Landschaft oder im museumsähnlichen, kulturgetränkten Umfeld." – Zitatende.

Das ist unsere Theorie, werte Freunde, die wir mit Leben erfüllen werden! Klaus Emmerich hat es festgezurrt.

Ich darf mit einer weiteren, ich sage einmal, philosophischen Anmerkung aus diesem Buch schließen, die mir so gut gefallen hat, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten darf. Folgendes Zitat wird nämlich gelebt:

"Von gestandenen Politikern ist zu erwarten, dass sie sich auch bei Rückschlägen ihre Vertrauenswürdigkeit erhalten, also genügend Ansehen gebildet haben, um es im Bedarfsfall einsetzen und/oder riskieren zu können." – Ende des Zitats.

Grasser und Riess-Passer stehen hiefür, um ihr Ansehen für dieses Land einsetzen zu können. Daher werden wir uns auch, wiewohl wir den Wink des Wählers in der Steiermark verstanden haben, von unserem richtigen, positiven Weg nicht abbringen lassen. Und es wird am Ende dieser Reise, meine Damen und Herren, allen Österreicherinnen und Österreichern klar sein, wer für die Zukunft dieses Landes steht: nämlich die Freiheitliche/ÖVP-Koalition (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), die den Mut hat, perspektivisch zu denken. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wo wird die Reise enden?)

Und jetzt zu Ihnen von der vereinigten Linken mit linksextremem Anstrich. Perspektivisch zu denken und zu handeln ist wichtiger als rückwärts gewandte Rechthaberei. Ihre Betrachtung der alten Budgets war rückwärts gewandte Rechthaberei, defensive Verteidigung von Defiziten. Da haben Sie uns nicht auf Ihrer Seite. Wir sind auf der Seite der fleißigen, tüchtigen Österreicher, um den Armen und sozial Schwachen helfen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

14.20

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Auf das vom Kollegen Haigermoser Gesagte gäbe es so viel zu antworten, dass man zum eigentlichen Thema gar nicht mehr sprechen könnte. Aber das interessiert wahrscheinlich außer ihn selbst nicht besonders viele Leute, deswegen lasse ich das sein und wende mich dem vorliegenden Budget zu.

Wenn Sie zum Budget hätten sprechen wollen, dann hätten Sie vermutlich etwas darüber lesen müssen. Da Sie das offenbar nicht getan haben, war es auch schwer, zu diesem Thema zu sprechen. – So weit, so gut. (Abg. Dr. Martin Graf: Das war rückwärts gewandte Rechthaberei!)

Frau Ministerin Gehrer habe ich leider nicht mehr angetroffen, aber Herr Finanzminister Grasser ist ja noch da. Es hat mich verwundert, was an Diskussionen über den Bereich Schule, über den Bereich Lehrer im Vorfeld der Budgetdebatte gelaufen ist. Ich habe gestern in Ihrer Budgetrede betreffend das Kapitel "Bildung" das Wort "Lehrer" kein einziges Mal gehört. Über diesen Bereich könnte man jetzt zum Thema Studiengebühren kommen.

Wenn man sich anschaut, was im Bildungsbereich passieren wird, vor allem im Bereich der Schulen, dann muss man eines feststellen: Es gab die Zusage der Ministerin Gehrer, dass über die Arbeitszeit der Lehrer und über Veränderungen im Bereich der Lehrer erst dann gesprochen


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wird, wenn die groß angelegte Lehrerarbeitsstudie vorliegt. Diese Studie wird, soweit mir bekannt ist, nächste Woche präsentiert. Sämtliche Maßnahmen, die jetzt gesetzt worden sind, sind vor dem Vorliegen dieser Studie gesetzt worden. Das heißt, eine Studie, die erstens sehr viel Geld gekostet hat, zweitens den Lehrern als Verhandlungsgegenstand angeboten worden ist, wird von Ihnen überhaupt nicht beachtet. Sie machen jetzt Politik, ohne auf wissenschaftliche Ergebnisse, ohne auf die erarbeiteten Erkenntnisse überhaupt Rücksicht zu nehmen. Das halte ich eigentlich für ziemlich indiskutabel. Auch die Lehrer sehen das so. Sie brauchen nur einmal in Lehrerforen hineinzuschauen, dann werden Sie sehen, auch die halten das wirklich für einen Bruch Ihres Versprechens.

Zweiter Punkt: Es geht den Lehrern selbst nicht darum – auch wieder in den Diskussionsforen feststellbar –, den Gehaltsabschluss in besonderer Form zu diskutieren. Ob es 500 S sind, ob es 0,8 Prozent sind, das ist nicht der Punkt, über den dort diskutiert wird, sondern diskutiert wird über die ganz massiven Einschränkungen, die jetzt vorgenommen werden, und zwar durch Maßnahmen, die in der Öffentlichkeit gar nicht bekannt sind.

Es geht darum, dass Teile aus der Lehrerarbeitszeit herausgerechnet werden, mit Zuschlägen bedacht werden, was zur Folge hat, dass die Werteinheiten drastisch sinken. Das bedeutet an jeder größeren Schule einen Verlust von mehreren Lehrkräften. Die Rede ist von 80 bis 100 Werteinheiten an einer Schule. Rechnen wir das um: Das bedeutet bei 20 Werteinheiten pro Lehrverpflichtung vier bis fünf Lehrkräfte pro Schule weniger. Das wird dadurch erreicht, dass Zulagen bezahlt werden, die im Übrigen nicht zum Pensionsbezug berechtigen. – Also alles Maßnahmen, die eigentlich sehr zu hinterfragen sind.

Was heißt das in weiterer Folge? – Weniger Lehrer an der Schule bei gleichem Lehrplan bedeutet natürlich, dass die Klassenschülerzahlen ansteigen – das ist völlig logisch –, und zwar in einem nicht unwesentlichen Ausmaß. Es wird eine entsprechende Anzahl von arbeitslosen Lehrern geben. Ich habe Zahlen aus dem Finanzministerium und auch aus dem Bildungsministerium gehört, wonach von bis zu 3 000 Lehrkräften ausgegangen wird, die das betreffen wird. Allein die Ausgliederung der Klassenvorstandsentgeltung und der Kustodiate umfasst in etwa 2 000 Lehrkräfte.

Eine andere Maßnahme, die ebenfalls sehr zu hinterfragen ist – das war auch Ihre Ankündigung –, ist, nur mehr die reine Schülerkopfzahl anzunehmen. Es würde mich interessieren, wie sie den Staatsvertrag bezüglich des Minderheitenschulrechts zum Beispiel einhalten werden, wenn Sie nur mehr pro Kopf rechnen. Das ist nicht möglich! Das kann nicht passieren! (Beifall bei den Grünen.)

Es wird zu noch größeren Klassen kommen. Wir haben ja noch einen Spielraum, wir waren bisher nicht am Plafond der gesetzlich definierten Klassenschülerhöchstzahlen. Bei der Bildungsdiskussion hat Herr Amon noch gelobt, dass diese Zahlen ohnehin drastisch darunter liegen. Jetzt wird – die Ankündigungen in den Schulen werden jetzt schon gemacht – alles ausgenützt, was möglich ist. Die Teilungsziffern werden so festgesetzt, dass die höchstmöglichen Schülerzahlen vorkommen. Im nächsten Jahr wird das noch um einiges drastischer werden.

Die Angebote, wie etwa BeratungslehrerInnen oder StützlehrerInnen, werden eingeschränkt. All das, was im muttersprachlichen Unterricht angeboten wird, wird abgeschafft. Es gab bereits im heurigen Jahr auf diesem Gebiet massive Einschränkungen. Ganze Bezirke wurden von BeratungslehrerInnen – wie soll ich das jetzt nennen? – "entsorgt", es gibt sie einfach nicht mehr. Es gibt im Bezirk St. Pölten zum Beispiel keinen einzigen Beratungslehrer mehr. Das ist in den Werteinheiten nicht mehr enthalten.

Ihre Maßnahmen haben zur Folge – und das ist vielleicht etwas, was auch für Sie interessant ist und was Sie uns erklären können –, dass Überstunden billiger sein werden als Normalstunden, und das halte ich für eine äußerst merkwürdige Situation. Durch eine völlig andere Berechnung erreicht man, dass man für eine Überstunde in etwa 70 Prozent von dem, was man für eine normale Werteinheit bekommt, bezahlen wird.


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Welche strukturellen Folgen wird das haben? – Das lässt sich relativ leicht ausrechnen. Schulen haben extreme Finanzierungsprobleme, sie müssen einsparen, sie werden Überstunden hergeben, anstatt neue Lehrkräfte aufzunehmen. Was das für die Qualität des Unterrichts bedeutet, wenn man lieber einen Lehrer 30 Stunden reine Unterrichtszeit unterrichten lässt, anstatt junge Lehrer dafür heranzuziehen, das können Sie sich wahrscheinlich auch selbst beantworten. (Beifall bei den Grünen.)

All das, was gefordert wurde, was auch fortschrittliche LehrerInnen wollen, wie zum Beispiel Fortbildungsangebote, die auch durchaus verpflichtend wahrgenommen werden – Lehrer sind nicht so, dass sie sagen: Wir wollen das nicht!, sie wollen Fortbildungsmaßnahmen –, ist in diesem Budgetansatz nicht enthalten. Es ist also ein Paradigmenwechsel in der Bildung erfolgt, allerdings genau in der gegenteiligen Richtung, die Sie wahrscheinlich gewünscht haben. (Beifall bei den Grünen.)

14.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

14.26

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst einmal ein paar Sätze sagen, die überhaupt nichts mit der Budgetdebatte zu tun haben, aber als einer der am längsten dienenden Abgeordneten in diesem Hohen Hause muss ich euch etwas sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: Irgendwie – jetzt muss ich mit der Formulierung vorsichtig sein – wundert es mich – sagen wir es so –, dass man ständig herummotzt und sagt, der Gusenbauer sei nicht da oder ein anderer Abgeordneter sei nicht da. Dazu darf ich euch Folgendes sagen – das ist kein Vorwurf in Bezug auf die Vergangenheit –: Ich kann mich erinnern – und ich sage jetzt ausdrücklich, ich weiß, dass ein Parteivorsitzender beziehungsweise ein Parteiobmann viel Arbeit hat, dass er nicht immer hier anwesend sein kann (Abg. Achatz: Nie!); das kann man natürlich kritisieren, aber ob das fair ist, das ist etwas anderes –, dass Herr Dr. Haider, als er Parteiobmann war, Stunden, ja Tage nicht hier war. Ich kritisiere das nicht. Ich sage es ausdrücklich jetzt sogar entschuldigend: Er hatte etwas zu tun, genauso hat Herr Gusenbauer etwas zu tun.

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, hören wir doch auf, auf wichtige Funktionäre, die auch noch andere Aufgaben haben, ständig mit dem Finger zu zeigen und zu sagen: Er ist schon wieder nicht da! Wo ist er denn wieder? (Abg. Achatz: Wie haben Sie reagiert! Was hat Ihre Fraktion gemacht?)

Meine Damen und Herren! Ich wollte das nur einmal angemerkt haben, es war auch keine Kritik, es war an uns alle gerichtet.

Meine Damen und Herren! In aller Kürze: Die ganze Diskussion heute, offiziell beginnend eigentlich gestern, reicht Monate zurück. Immer wird von "Scherbenhaufen", "Sanierungsfall" et cetera geredet. Ich zitiere Ihnen in diesem Zusammenhang Folgendes:

Wir hatten "noch nie so gute Voraussetzungen für unser Land. Wir sind wirtschaftlich stark und wohlhabend." " ... und wir können unseren Bürgerinnen und Bürgern eine hohe soziale Sicherheit anbieten."

"Die Republik Österreich ist von sehr schwierigen Anfängen nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem wirtschaftlichen Musterland aufgestiegen." Die Arbeitslosigkeit "sinkt und zählt zu den niedrigsten in ganz Europa. Noch nie waren in Österreich so viele Menschen erwerbstätig wie heute."

"Das ist unsere ökonomische Erfolgsbilanz."

"Wir verfügen über hohe Standards bei der Altersvorsorge, und wir haben ein im internationalen Vergleich wirklich gut funktionierendes Gesundheits- und Pflegesystem. Natürlich dürfen wir nie vergessen, dass es noch immer Armut in unserem Land gibt, aber trotzdem wissen wir, dass


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noch nie in der Geschichte Österreichs so viele von uns in Wohlstand und sozialer Sicherheit gelebt haben" und leben. "Dies ist unsere soziale, gemeinsame Erfolgsbilanz."

Meine Damen und Herren! Wenn das einer von uns gesagt hätte, hätten Sie aufgeheult, hätten Sie gesagt: Was ist denn das für eine furchtbare Propaganda?! Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Herr Bundeskanzler Schüssel in seiner Regierungserklärung! Das sind keine Propagandasprüche der Sozialdemokraten, das ist die Tatsachenfeststellung am Beginn Ihrer Regierungstätigkeit.

Seit dieser Zeit vergisst man das und tut so, als ob man nicht dabei gewesen wäre. Aber offenkundig bedarf es, muss ich sagen, eines Schockerlebnisses, um – und das richtet sich jetzt nicht an die ÖVP – bei manchen Freiheitlichen ein bisschen die Tür zum Mut zur Wahrheit zu öffnen. Ich muss dazusagen: Es sind ohne Zweifel die Äußerungen von Haider und Stadler, die immerhin viele Jahre hindurch Klubobmänner Ihrer Fraktion waren, beachtenswert.

Stadler sagte zu Recht vor Montag: Das habe ich an sich schon immer gesagt: dass man die ÖVP erstens nicht aus der Ziehung lassen kann, dass sie für das 14-jährige Koalitionswirtschaften mitverantwortlich ist.

Herr Gorbach, ein an sich ruhig argumentierender freiheitlicher Funktionär, sagte: Die ÖVP war 14 Jahre lang für Schuldenpolitik verantwortlich. Es geht nicht an, dass die Volkspartei 14 Jahre lang für die Schuldenpolitik mitverantwortlich war – und nun der FPÖ den schwarzen Peter in die Hand drücken will.

Meine Damen und Herren! Das ist die Tatsache! Das ist die Realität! Und ich würde sagen: Hören wir doch auf, ständig dieses Land schlecht zu machen!, denn: Täuschen wir uns nicht, dass man nicht anderswo auch beachtet, wie wir über unser Österreich reden!

Tun wir nicht so, als ob nichts Positives gemacht worden wäre! – Edlinger hat in fulminanter Darlegung gebracht (Abg. Steibl: Ist das der neue SPÖ-Vorsitzende?), was alles in den letzten 30 Jahren geschehen ist, und ich könnte jetzt seitenlang zitieren, was alles an positiven Maßnahmen gesetzt worden ist. Zum Beispiel: im Bereich der Bildung: doppelt so viele Lehrer, viermal so viele Hochschulstudenten, doppelt so viele Ärzte, viermal so viele Krankenschwestern und Ähnliches mehr. Das sind alles Tatsachen.

Aber es ist Vorsicht geboten. Man braucht nur zu lesen, was vor einigen Tagen, am Wochenende, in der Headline im Wirtschaftsteil der "Zürcher Nachrichten" stand. Ich zitiere: "Trübere Konjunkturaussichten für Österreich." Es wird darauf hingewiesen, warum dies so ist, in welche Richtung der Zug fährt. Und wenn gleichzeitig, wie von Herrn Bartenstein zitiert worden ist, Herr Professor Frisch sagt, das Budget werde schon halten, wenn die Konjunktur nicht einbricht, dann stelle ich mir schon die Frage: Was passiert dann, Herr Minister, wenn sie einbricht?

Herr Finanzminister! Ihr Staatssekretär hat ja schon gesagt, was dann passiert. Ich wünsche es mir nicht. Ich wünsche es diesem Land nicht. Ich kann nur eines sagen: Wie Sie das anlegen, wird sich erst dann herausstellen, wenn es zum Budgetvollzug kommt.

Zum Schluss möchte ich nur noch eines sagen – die Zeit ist leider zu kurz für längere Darlegungen –: Es ist interessant, in welcher Kürze die ÖVP ihre Aussagen macht. Sie verweigert jegliche Stellungnahme. Herr Khol hat noch vor kurzem zum Budgetentwurf 1999 gesagt: Die Regierungsparteien können ein Budget vorlegen, "das den eingeschlagenen Konsolidierungskurs zu einem Höhepunkt und Endpunkt führt."

Herr Kollege Stummvoll – das ist überhaupt das Beste – hat noch am 26. Jänner 2000, also einige Tage vor dem Antritt der neuen Regierung erklärt: Finanzminister Edlinger ist beim Budget eine "mehrmalige Punktlandung" gelungen. Ein wunderbarer Budgetvollzug.

Ich wünsche dem derzeitigen Finanzminister einen annähernd so guten Budgetvollzug, wie ihn Kollege Edlinger in den letzten Jahren hatte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33


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41. Sitzung / Seite 88

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

14.33

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Ich danke dem Kollegen Heindl für die Erinnerung an das, wofür Bundeskanzler Schüssel in seiner Regierungserklärung den Österreicherinnen und Österreichern gedankt hat, nämlich für ihre hervorragende Arbeit. Ich glaube, sie haben es nicht verdient, dass die Früchte ihrer Arbeit in einer immensen Schuldenlast und Zinsenzahlung untergehen. Daher ist es notwendig, auf Grund der guten Wirtschaftslage den "turn around", den Neustart in der Budgetpolitik zu wagen. Mit dem vorliegenden Budget 2001 ist dieser Neustart meiner Ansicht nach gelungen, und zwar auch für die Bereiche Wirtschaft und Arbeit.

Es gibt im internationalen Geschehen genügend Beispiele dafür, dass zuerst die Ordnung der öffentlichen Haushalte kommt und dann daraus eine solide Beschäftigungspolitik und Vollbeschäftigung erfolgen kann. So ist dieses Doppelbudget 2001/2002 auch der Start in Richtung Vollbeschäftigung und auch die Antwort auf die Frage, die Kollege Nürnberger gestellt hat: Was tun Sie zur Armutsbekämpfung? Ich glaube, das Wirksamste und Nachhaltigste ist, Arbeit für alle, die arbeiten können, zu schaffen und anzubieten.

Ich glaube, dass es genau das ist, was einige Vertreter der SPÖ stört, weil ihre Prognosen nicht in Erfüllung gegangen sind. 40 000 Arbeitslose wurden auf Grund der Sanktionen prophezeit – das war im Februar 2000 –, 32 000 Arbeitslose wurden im Mai auf Grund des Wohnpakets angekündigt, und im Juni dieses Jahres haben Sie erklärt, diese Regierung verwandle kaltschnäuzig arme, ältere und kranke Menschen in Arbeitslose. Der AMS-Bericht hingegen sagt für dieses Quartal: Mit 24 Prozent ist der Beschäftigungszuwachs bei den über 55-Jährigen am höchsten.

Das ist das Ergebnis! Treten Sie doch vor die Leute hin, die Sie verunsichert haben, und sagen Sie: Wir entschuldigen uns, wir werden in Zukunft nicht mehr Panikmache betreiben und nicht mehr schwarzmalen, sondern konstruktiv an diesem Neubeginn mitarbeiten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der Neubeginn in der Budgetpolitik muss aber auch sozial ausgewogen sein, ausgewogen zwischen Wirtschaft und Arbeit und auch innerhalb der einzelnen Berufsgruppen. Ich biete als Beispiel dafür den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst an. Dieser wurde hart verhandelt, das ist überhaupt keine Frage, das ist ja ganz klar, denn es ging dabei um einen Bereich, der einen ganz wesentlichen Posten der Ausgaben des Bundes ausmacht.

Aber der Abschluss mit plus 3 Prozent für die Wenigverdiener und mit plus 1 Prozent für jene, die viel verdienen, kann sich sehen lassen. Ich danke dafür den Verhandlern auf beiden Seiten der bewährten und wieder bewährten kleinen Sozialpartnerschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch ein Beispiel aus dem Bereich der Strukturbereinigung im Sozialsystem, Treffsicherheit genannt, erwähnen. Es wurde ja breit dazu eingeladen, für den an sich geringen Teil – 5 Milliarden von 100 Milliarden Konsolidierungsbedarf – Ideen, Vorschläge und Bereinigungsmaßnahmen einzubringen.

Die Experten haben zum Beispiel vorgeschlagen, die Mitversicherung der Frauen abzuschaffen. Herr Marin zum Beispiel, der bestimmt kein Parteigänger der ÖVP ist, gehörte dazu. Da lobe ich mir, dass die politische Seite dann die Entscheidung getroffen hat, dass es uns etwas wert ist, dass in diesem Land Kinder aufgezogen und erzogen werden, und dass es daher richtig ist, dass wir die Mitversicherung für jene Eltern, die Kinder erzogen haben oder hatten, weiterhin aufrechterhalten. Das ist Budgetsanierung im sozialen Bereich mit Augenmaß, meine Damen und Herren!

Es wurde die Frage gestellt: Muss es denn so schnell gehen? – Ich sage Ihnen: Aus der Sicht des Sozialpolitikers kann es gar nicht schnell genug gehen, denn was heißt es, mit der Budget


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sanierung zu warten? Wir haben heute schon mehrmals gehört, 100 Milliarden Schilling Zinsenlast gebe es allein aus der Verschuldung, die aus dem Bundesbudget bezahlt werden müsse. Das ist eine Leistung, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Erwerbstätigen in diesem Land Jahr für Jahr erbringen müssen.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Gerade aus Ihren Kreisen, aus den Kreisen der linken Ökonomie kommt doch die Idee der Wertschöpfungsabgabe, damit eben Arbeit weniger belastet wird. Ich gratuliere: Sie haben es mit Ihrer Budgetpolitik "geschafft"! Nur leider in umgekehrter Richtung: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land führen Jahr für Jahr an die 30 000 S von ihrem Lohn für ihre Arbeit an die internationalen Finanzmärkte ab. – Das ist es, was Ihre Budgetpolitik bisher bewirkt hat – eine Art negative Wertschöpfungsabgabe an das internationale Finanzkapital, an die Finanzhaie der Wall Street, wie es Ihr Parteivorsitzender wahrscheinlich noch vor einigen Jahren in Moskau genannt hat. Daher ist es richtig, dieser Politik gegenzusteuern, und zwar mit jedem Tag schneller, damit die Zinszahlungen, die die Arbeitnehmer unseres Landes zu leisten haben, auch immer niedriger werden. – Das ist sozial richtig, das ist ökonomisch richtig und schafft Arbeitsplätze. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Noch eine abschließende Bemerkung, mit welcher ich der mehrmals gehörten Theorie, dass ja nur die Zinsen zu zahlen sind und die Schulden nicht und dass es für einen Staat gar nichts ausmache, dass er Schulden hat, entgegentreten möchte.

Sie wissen wahrscheinlich, wie man im privaten Bereich jemanden nennt, der Schulden aufnimmt und gar nicht vorhat, sie zurückzuzahlen. Aber ich will den Vergleich nicht auf den Punkt bringen und diese Bezeichnung führen. Ich weiß, dass es jene Politik ist, die die Schuldenlast auf die Kinder und auf die nächsten Generationen abwälzt – im Wissen, dass sie nie selbst von den Verantwortlichen zu bezahlen sind. Daher ist wahrscheinlich der sozialistische Finanzminister, Herr Böhm von Bawerk, auf den 100-Schilling-Schein gekommen (der Redner hält einen 100-Schilling-Schein in die Höhe), der ja ganz treffend und in Ihrem Sinn gesagt hat: "Der Staat kann nicht Bankrott gehen, sondern nur seine Gläubiger." – Aber das sind wir, meine Damen und Herren, und daher beenden wir diese Politik! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn es Stand der österreichischen Volkswirtschaftslehre ist, dass man Schulden nicht zurückzahlen muss, dann ist das für mich ein Argument mehr zu einer schnellen Universitätsreform. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

14.42

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Kollege Dr. Heindl, ich gebe Ihnen in vielem Recht, nur bitte, das alles kann keine Einbahnstraße sein. Sie haben sicherlich die Autorität, das hier zu sagen, aber viele Angehörige Ihrer Fraktion halten sich nicht an das, was Sie versuchen, uns hier positiv vorzugeben.

Ich sehe ein, dass der große Parteiführer der Sozialdemokraten nicht hier ist, aber ich hätte dem Herrn Dr. Gusenbauer doch gerne einen kurzen Satz mitgegeben, der da lautet: Jeder schlechte Tag beginnt mit einer vergebenen Chance.

Herr Gusenbauer hätte heute die große Chance gehabt, hier vor vollem Haus zu erklären, wohin denn die Reise der Sozialdemokratie bei der Budgetsanierung geht, wo da Ihre positiven Ansätze sind, was da das Wollen der Sozialdemokratie war und ist.

Was ist herausgekommen? – Rückblickend hat Herr Gusenbauer mit der "dunkelroten Brille" Schönfärberei betrieben. Das vorgelegte Reformbudget, das Sanierungsbudget hat er als substanzlos bezeichnet und in polemischer Weise kritisiert und für die Zukunft hat er überhaupt keine Aussagen getroffen, es gab von seiner Seite nur inhaltsleere Worthülsen. Mit einem Wort: Herr Gusenbauer hat heute hier den nachhaltigen Beweis dafür erbracht, dass aus einer ehemaligen staatstragenden Partei eine destruktive Neinsagerpartei geworden ist, die ausschließlich Fundamentalopposition betreibt. Damit, meine Damen und Herren von den Sozialdemokra


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ten, sind Sie auf einem sehr schlechten Weg, und der Bürger wird es Ihnen auch entsprechend zeigen. (Abg. Silhavy: Ihnen hat er es schon gezeigt!)

Auch der Herr Alt-Finanzminister Edlinger hat versucht, mit der "dunkelroten Brille" den Schuldenberg zu argumentieren. Und er hat diesbezüglich einige ganz interessante Aussagen getätigt. Er hat gemeint: Es können mehr Lehrer, mehr Krankenschwestern, mehr Ärzte und so weiter bezahlt werden. (Abg. Mag. Prammer: Das ist Faktum!) Das ist Faktum!

Ja selbstverständlich ist das Faktum. Aber wissen Sie, was das bedeutet? – Dass ein laufender Aufwand, dass laufende Betriebsausgaben in der Privatwirtschaft mit Schulden finanziert werden. Wissen Sie, was das ökonomisch, betriebswirtschaftlich bedeutet? – Das ist der erste Schritt zum Konkursrichter. Das ist doch wirklich ein hanebüchener Unsinn, wen ich heute Schulden damit begründe, dass ich laufende Kosten finanziere.

Aber es zeigt sich ja überall dort, wo die Sozialdemokraten das finanzielle Sagen haben, wo sie wirklich direkten Einfluss haben, wie gut sie mit ihren budgetpolitischen Problemen fertig werden. Ich nenne nur ein paar "ganz kleine" Beispiele: Bank Burgenland: 3 Milliarden Schilling Schaden. Die ehemalige verstaatlichte Industrie: 120 Milliarden Schilling hat das Ganze dem österreichischen Volk gekostet. Verschwendung von Volksvermögen! 120 Milliarden Schilling wurden verschwendet, und Zehntausende Arbeitsplätze wurden vernichtet. Das ist die sozialistische Budget- und Wirtschaftspolitik! "Konsum"-Pleite: 4 Milliarden Schilling. Die eigene Partei haben Sie finanziell nicht im Griff. Dort gibt es 350 Millionen Schilling Schulden. Es gäbe noch viel mehr Beispiele.

Wenn Herr Finanzminister außer Dienst Edlinger gesagt hat, es wurden 750 ... (Abg. Edlinger: Aber nicht in Ruhe!) Habe ich nicht gesagt! "Außer Dienst", habe ich gesagt! Man merkt es, Sie gehen ständig auf und ab, Sie sind unruhig und nicht in Ruhe.

Herr Alt-Finanzminister! 750 000 Arbeitsplätze wurden geschaffen. Bitte, wer hat denn diese Arbeitsplätze geschaffen? – Nicht die SPÖ! Nicht die Rahmenbedingungen der SPÖ haben das zustande gebracht, sondern es waren die klein- und mittelständischen Betriebe in Österreich, die diese Arbeitsplätze hier geschaffen haben, und nicht Sie. Das sollte man auch einmal in aller Deutlichkeit hier sagen.

Weil Herr Präsident Verzetnitsch hier ein Taferl nach dem anderen in die Höhe gehalten hat, möchte ich ihn fragen: Wo waren denn die Taferl vom Herrn Verzetnitsch in den Jahren 1995, 1996, 1997? Ich könnte jetzt auch eine ganze Reihe von Taferln hier herstellen und damit aufzeigen, mit all welchen Dingen die SPÖ (Abg. Edlinger: Sie haben nicht einmal ein Taferl!)  – nicht Sie, Herr Edlinger! – die Bürger belastet hat.

Wenn ich die Wortmeldungen der sozialdemokratischen Fraktion Revue passieren lasse, dann muss ich sagen: Ich war anscheinend bei einer anderen Veranstaltung! Reden Sie von einem anderen Budget?

Heute steht in der "Presse" unter der Überschrift "Expertenlob zum Zwillingsbudget": "Die Konjunktur werde durch die beiden Sparbudgets nicht abgewürgt, meinen Wirtschaftsforscher und -professoren."

"Überwiegend positiv kommentieren prominente Wirtschaftswissenschaftler das Doppelbudget 2001/2002." Dazu gehört auch Erich Streissler.

Auch IHS-Chef Felderer – auch kein Freiheitlicher – lobt die Vorgabe in diesem Budget immer wieder.

Oder: Professor Helmut Frisch sagt, das Budget, das Nulldefizit werde halten. (Abg. Edlinger  – auf zwei Zeitungsblätter weisend –: Abkassieren!)

Herr Alt-Finanzminister Edlinger! Nachdem, was Sie an budgetärem Erbe dieser neuen Bundesregierung hinterlassen haben, haben Sie überhaupt kein Anrecht, haben Sie überhaupt keine


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Veranlassung, an diesem Budget Kritik zu üben. Sie sollten zuerst vor der eigenen Türe kehren und dann mit dem Finger auf andere zeigen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das können Sie uns nicht verbieten! Ich bin nur meinen Wählern verpflichtet – nicht Ihnen! Gott sei Dank!)

14.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

14.48

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren, die wenigen noch im Plenum Verbliebenen! Wenn ich über das Budgetkapitel "Verkehr" hier spreche und wenn ich mich mit der Verkehrspolitik dieser neuen Regierung hier auseinander setze, dann wird es natürlich auch angesagt sein, über den grenzenlosen Nepotismus, der nun bei der Neubestellung der ÖBB-Vorstandsetage ausbricht, einige Worte zu verlieren, wo man gezielt den Ehemann einer Ihnen bekannten Person und größten Frächter von Vorarlberg, der rein auf die Straße orientiert Geschäftspolitik macht, der in einem wirtschaftlichen Konfliktverhältnis zu den ÖBB steht (Abg. Böhacker: Das stimmt nicht! Sie haben keine Ahnung!) und den Sie in den Aufsichtsrat der ÖBB hineinschieben wollen. (Abg. Böhacker: Sie kennen den Unterschied zwischen Frächter und Spediteur nicht! Sie haben wirklich keine Ahnung!)

Na bitte, dann schauen Sie sich doch einmal die Geschäftspolitik dieses Unternehmens an, dann werden Ihnen vielleicht die Augen geöffnet! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Kennen Sie den Unterschied zwischen Frächter und Spediteur?) Wenn das nicht, was ich vermute, mein lieber Herr Zwischenrufer, Absicht ist (Abg. Böhacker: Das ist unglaublich!), die hundertprozentig zu dem passt, was an Politik im Bereich "öffentliche Verkehrsmittel" von den beiden Koalitionsparteien derzeit betrieben wird. (Abg. Böhacker: Sie haben keine Ahnung!)

Öffentliche Verkehrsmittel spielen in Ihrem Denken keine Rolle, und die Verkehrsverbünde haben auch vom kommenden Budget keine Verbesserung ihrer Situation zu erwarten. Die Finanzierung der Verkehrsverbünde ist auf dem katastrophalen Stand, den Sie im Budget 2000 festgeschrieben haben, eingefroren.

Das bedeutet natürlich mittelfristig eine extreme Ausdünnung von Leistungen, was wiederum eine enorme Mobilitätseinschränkung für all diejenigen bedeutet, die nicht über einen eigenen PKW verfügen oder denen der eigene PKW auf Grund der allgemeinen Preissituation zu teuer geworden ist. Das ist aber eine vollkommen falsche Politik für die Zukunft, wie auch Sie wissen müssten, wenn Sie sich die Verkehrssituation in unseren Städten anschauen.

Da wir schon bei den öffentlichen Verkehrsmitteln sind: Sie sollten einmal registrieren, was sich nun erstmals im Großraum Innsbruck abgezeichnet hat. Im Großraum Innsbruck hat es den ersten Konflikt um die Schülerfreifahrten im Bereich des öffentlichen Verkehrs gegeben, und zwar deswegen, weil ein großer Widerspruch zwischen zwei Gesetzesmaterien vorliegt, nämlich zwischen dem Gesetz über den öffentlichen Personen- und Regionalverkehr und dem Familienlastenausgleich in Bezug auf die Finanzierung der Schülerfreifahrten.

Diese katastrophale Situation muss sofort bereinigt werden, wollen wir nicht auch in anderen städtischen Großräumen in ein Problem geraten, sodass unter Umständen die Eltern die Karten für ihre Kinder selbst bezahlen müssen, und diese dann erst im Nachhinein über das Finanzamt abrechnen können. Das wäre ein bürokratischer Aufwand, den diese Regierung, die sich ja zur Entbürokratisierung verpflichtet hat, keinesfalls rechtfertigen könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Insgesamt gesehen zeichnet sich in diesem Budget alles, was den Verkehrsbereich betrifft, durch enorme Intransparenz – es wurden Posten verschoben, Vergleichbarkeit liegt fast nicht mehr vor – und vor allem durch den folgenden Umstand aus: Für den Straßenbau – das zeigen zwei Entscheidungen der letzten beiden Tage, nämlich die Trassenverordnungsbeschlüsse für die Nord Autobahn und die B 301 – werden zweistellige Milliardenbeträge zur Verfügung gestellt, die Verkehrsverbünde aber, die für ältere Menschen, für Kin


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der, für Jugendliche und für alle Menschen ohne Auto extrem wichtig sind, bekommen keinen Groschen mehr von Ihnen!

So schaut Ihre "soziale Gerechtigkeit" im Verkehrswesen aus! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte.

14.53

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Einige wenige Male ist heute an dieser Stelle, in der Debatte über dieses sozial ungerechte Budget, von einem besonderen Aspekt gesprochen worden – einige wenige Male deswegen, weil es offensichtlich ausschließliche Angelegenheit der Opposition ist, darauf hinzuweisen, dass in diesem Land keine Frauenpolitik mehr stattfindet.

Dieses Budget zeigt das ganz besonders! Ich kann unmöglich in der Kürze der Zeit auf all das eingehen, was damit den Frauen in Zukunft angetan wird, was ihnen zum Teil schon jetzt angetan wird mit jenen Maßnahmen, die ja schon beschlossen sind. Darum möchte ich nur auf einige wenige eingehen.

Noch einmal zur Streichung der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenversicherung. Das, was die Frauen brauchen – nämlich Eigenständigkeit – garantieren Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, nicht. Das, was Sie wollen, ist, die Frauen in Abhängigkeit von ihrem Mann zu halten. Und wenn Sie von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie reden, dann meinen Sie: Beruf für ihn und die Familie für sie – und das ist nicht unser Konzept! (Beifall bei der SPÖ.)

In Hinsicht auf die Streichung ist – ich habe gestern schon einmal darauf hingewiesen – festzuhalten: Das, was Sie jetzt machen, nämlich kinderlosen Frauen die kostenlose Mitversicherung zu streichen, wird immer wieder zu bestimmten, ganz konkreten Fällen und Situationen führen.

Erstes Beispiel: Ein Paar, kinderlos, beide erwerbstätig; sie wird arbeitslos, bekommt keine Notstandshilfe, weil er vielleicht ein paar Schilling zu viel verdient – und plötzlich ist sie nicht mitversichert! Diese Frau ist keine "freiwillig zu Hause Gebliebene"! – Seien Sie doch so konsequent, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Notstandshilfe vom Einkommen des Partners abzukoppeln, dazu haben Sie von der ersten Minute weg unsere Zustimmung! Wenn wir die Notstandshilfe partnerunabhängig machen, dann können wir auch über solche Maßnahmen, wie Sie sie jetzt setzen, diskutieren.

Ein zweiter Punkt in Sachen kostenloser Mitversicherung und deren Streichung: Was ist denn mit jenen ausländischen Frauen – aber das ist, wie ich weiß, nicht das besondere Anliegen der Regierungsparteien –, die gar keine Möglichkeit haben, erwerbstätig zu sein und nun nicht mehr mitversichert sein können? (Abg. Murauer: Woraus schließen Sie, dass das kein Anliegen der Regierung ist?)  – Weil Sie andernfalls diese Maßnahme, so wie sie ist, nicht setzen könnten – ganz einfach! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)  – Ausländischen Frauen, die nicht automatisch eine Beschäftigungsbewilligung haben, werden nämlich einfach ausgesteuert und nicht mehr mitversichert. Und das, meine Damen und Herren, zeigt ohnedies auch die Gesinnung, die dahinter steckt.

Ein drittes Beispiel zur Streichung der kostenlosen Mitversicherung betrifft Studentinnen, die in Zukunft ja auch Studiengebühren zu zahlen haben. Es gibt tatsächlich gar nicht so wenige junge Frauen, die ein Lebenskonzept für sich gewählt haben, das ja offensichtlich das konservative Lebenskonzept ist, sie haben nämlich geheiratet. Leider haben sie noch kein Kind. (Abg. Öllinger: Da haben sie aber ein Pech!) Aber das ist wahrscheinlich sowieso genau jener Mangel, auf den hingewiesen werden soll. Diese Frauen müssen jetzt Studiengebühren zahlen, gleichzeitig jedoch sind sie nicht mehr bei ihrem Mann mitversichert. – Hätten sie nicht geheiratet, wären sie weiter bei ihren Eltern mitversichert. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )


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Diese Ungerechtigkeiten, meine Damen und Herren, diese Ungerechtigkeiten werden wir aufzeigen, und Sie werden die Rechnung dafür präsentiert bekommen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Um gleich bei den Studiengebühren zu bleiben: Diese Studiengebühren sind ein Schlag ins Gesicht vieler, vor allen Dingen Frauen und Mädchen.

Dazu ein ganz konkretes Beispiel: Meine Tochter geht in die Matura-Klasse. In dieser Klasse gibt es ein Zwillingsschwesternpaar. Ihre Mutter ist Alleinerzieherin – keine arme Alleinerzieherin, eher an der untersten Grenze –, sie hat drei Kinder, ein Sohn studiert bereits, und diese Frau hat ihren beiden Töchtern bereits mitgeteilt: Es ist zwar gut, wenn sie ein hervorragendes Maturazeugnis nach Hause bringen können und werden, nur: Studieren wird nicht mehr drin sein. (Abg. Mag. Mühlbachler: Wieso nicht?)  – Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Da sind Sie falsch informiert über die Studienbeihilfe!)

Über die Arbeitslosenversicherung will ich gar nicht mehr reden, darüber ist heute ohnehin schon sehr viel gesprochen worden.

Ein Punkt noch zum Schluss: Ich habe heute einen Artikel aus der Zeitung der oberösterreichischen Ärztekammer erhalten. Er ist ganz neu, und ich möchte wissen, was Sie dazu sagen, und ich verlange von Ihnen Aufklärung darüber. (Abg. Dr. Pumberger: Wo steht das geschrieben?) Der oberösterreichische Ärztekammerpräsident schreibt darin zum Thema Pflegegeld – ich möchte Ihnen das nicht vorenthalten und zitiere (Abg. Dr. Pumberger: Ja, bitte!)  –:

"Die Regierung bemüht sich nach wie vor um ein Null-Defizit. Änderungen wird es möglicherweise auch beim Pflegegeld als Maßnahme zur sozialen Treffsicherheit geben." – In weiterer Folge führt er das Pflegegeld aus und kommt dann zum Schluss, Pflegevertrag ist des Rätsels Lösung: "Ich kann mir daher gut vorstellen," schreibt er, "dass die Auszahlung des Pflegegeldes an eine Art ,Pflegevertrag‘ zwischen Patient und pflegender Person einerseits und Patienten und behandelndem Arzt andererseits gebunden wird. ... Außerdem könnte durch einen Pflegevertrag eine koordinierende Stellung des Hausarztes festgelegt werden, wobei es uns natürlich auch darum geht, dass systemkonform die dafür vom Arzt aufzuwendenden Leistungen nicht aus den ohnehin knappen Kassenmitteln bezahlt werden, sondern aus dem Bereich des Pflegegeldes." – Zitatende. (Abg. Haidlmayr: Genau das habe ich erwartet!)

Meine Damen und Herren! All das läuft unter dem Titel "Sparen", all das läuft unter dem Titel "strukturelle Maßnahmen"!

Ich verlange hier und heute Aufklärung – und zwar eine Aufklärung, die mindestens ein Jahr lang hält und nicht so, wie es in der Vergangenheit immer war, dass zunächst angekündigt, dann aufgeklärt wurde, und dann erst recht die grausamen Maßnahmen beschlossen wurden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Grasser.

Ich mache nur darauf aufmerksam, dass um 15 Uhr die Besprechung der Anfragebeantwortung beginnt. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.59

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte nur ganz kurz zu einigen Punkten des heutigen Vormittages Stellung nehmen.

Erstens wurde der Paradigmenwechsel angesprochen. – Ich bin erstaunt darüber, dass man "Paradigma" in diesem Hause erklären soll! Ich denke, wir alle wissen, dass es um ein Denkmuster geht, das das wissenschaftliche Weltbild einer Zeit prägt, und dass wir es daher natürlich


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jetzt mit einem Paradigmenwechsel zu tun haben, weil ein Weltbild, nämlich jenes der Schulden, der Hypotheken, der Verbindlichkeiten ausgetauscht und abgelöst wird von einem neuen Weltbild, nämlich vom Weltbild dieser Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hohen Hauses. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das heißt: Wir sanieren in einem ersten Schritt die Staatsfinanzen. Wir sichern die Zukunft für die nächste Generation. Wir machen Strukturreformen, ob es der Finanzausgleich ist, ob es eine Verwaltungsreform ist, ob es eine Liberalisierung ... (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen und zeigt auf die Uhr.)  – Schlechtes Timing?!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, ich bitte, den Satz ohne weiteres zu vollenden und dann zu sagen, ob Sie die Rede beenden oder nach der Kurzdebatte fortsetzen wollen. – Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): ... ob es die Liberalisierung von Strom und Gas ist, ob es die Privatisierung ist oder ob es die Hochschulpolitik ist. Das ist ein Paradigmenwechsel, meine Damen und Herren, der für die Zukunft dieses Landes wichtig ist.

Damit danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit für diese ganz besonders kurze Rede. Der Herr Staatssekretär wird nach der Besprechung der Anfragebeantwortung weitermachen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche nunmehr nach den einschlägigen Bestimmungen die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 1.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1016/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu der für 15 Uhr anberaumten Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Inneres mit der Ordnungszahl 1016/AB.

Die Anfragebeantwortung ist verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Sie wissen, dass der Erstredner oder die Erstrednerin eine Redezeit von 10 Minuten zur Begründung hat.

Erstrednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ich erteile ihr daher das Wort für 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.02

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Besprechung der Anfragebeantwortung zur seit fast einem halben Jahr bestehenden Causa Zivildienst ist deshalb so notwendig, Herr Minister, weil Sie in der Beantwortung meiner Anfrage, die ich am 5. Juli dieses Jahres an Sie gestellt habe und in der es ganz konkret um die noch ungelösten Probleme der Zivildienstnovelle, die mit 1. Juni 2000 in Kraft getreten ist, geht, diese noch offenen Probleme nicht ausreichend beantwortet haben.

Ich hatte natürlich Verständnis, dass Sie die im "Standard"-Chat an sie gestellten Fragen damals nicht in voller Länge beantworten konnten, eben deshalb habe ich diese Anfrage – ganz konkret auf Grund dieser Fragen – gestellt, mit der Bitte, dass diese Fragen noch einmal, und zwar intensiv und ausführlich, von Ihnen beantwortet werden.

Herr Minister! Ich war ziemlich überrascht, als ich im September die Anfragebeantwortung bekommen habe, denn Sie haben darin zu den Fragen 1, 9 und 10 nur geschrieben, dass Sie die Fragen nur insoweit beantworten, als es die Allgemeinheit interessiert und deren Probleme betrifft. Das erstaunt mich etwas, denn ich glaube, auch Zivildiener sind Teil der Allgemeinheit. Und


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speziell Zivildiener müssen mit diesem Gesetz seit 1. Juni leben, daher haben sie enormes Interesse daran, diese Fragen in Langform beantwortet zu bekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Beantwortung der Fragen ist auch deshalb so wichtig, weil Sie, Herr Minister, eingesehen haben, dass die Zivildienstnovelle, die mit Juni in Kraft getreten ist, eigentlich nicht das ist, was sie hätte sein müssen. Deshalb haben Sie sich ja auch sofort wieder auf den Weg gemacht. Letzte Woche ist uns ein Entwurf für eine Novelle der Novelle zugegangen, mit der – sie soll mit Jänner nächsten Jahres in Kraft treten – jene Probleme, die bereits mit dem Gesetz vom 1. Juni geschaffen wurden, nicht gelöst, sondern noch zusätzlich verschärft werden. Genau das erhöht die Brisanz für den einzelnen jungen Mann, der sich überlegt, ob er es sich in Zukunft tatsächlich noch wird leisten können, Zivildienst zu machen oder nicht, noch viel mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Es ist, auch wenn Sie es gerne hätten, noch immer nicht geklärt, wie Zivildiener mit 43 S pro Tag essen sollen. Sie haben damals gemeint, das sei dadurch möglich, dass die Einrichtungen Essen anbieten.

Ich war im Oktober bei der ZiviTroika in St. Pölten – Sie wissen, das ist die Dachorganisation aller Zivildienstleistenden in Österreich –, und dort wurde mir bestätigt, dass nicht einmal 30 Prozent aller Zivildiener mit Essen versorgt werden, geschweige denn, dass ihnen Gasthäuser oder andere Versorgungsstätten zur Verfügung stehen, wo sie dreimal am Tag um insgesamt 43 S essen können.

Weder das Rote Kreuz noch irgendwelche anderen Organisationen können flächendeckend in ganz Österreich für Zivildiener Essen sicherstellen, kleine Einrichtungen sowieso nicht, denn eine Organisation, die fünf, sechs Mitarbeiter hat und ein kleines Büro mit 20 Quadratmetern, wird und kann sich auch in Zukunft keine Küche plus eine Köchin leisten, die die Zivildiener dreimal pro Tag anständig bekocht beziehungsweise mit Essen versorgt. Das wird nicht gehen, das geht auch in Zukunft nicht!

Herr Minister! Das Problem der Zivildiener verschärft sich mit der neuen Novelle. Ich habe Ihnen das auch in meiner Stellungnahme geschrieben – ich muss dazu sagen, dass ich nicht aufgefordert war, eine Begutachtungsstellungnahme abzugeben, habe es aber trotzdem gemacht, da Sie mich ja eingeladen haben, immer quasi in Dialog mit Ihnen zu bleiben und Dinge, die uns auffallen, mit Ihnen zu besprechen beziehungsweise vorher schon darauf aufmerksam zu machen und Lösungsvorschläge anzubieten und nicht nur Kritik zu üben.

Diese Einladung habe ich ernst genommen. In Zukunft wird es, wenn die Novelle wirklich in der Form kommt, wie Sie es geplant haben, sehr, sehr schwierig werden, mit Ihnen noch über den Zivildienst zu diskutieren, denn Sie, Herr Minister, möchten den Zivildienst ganz einfach privatisieren, und zwar dahin gehend, dass Sie sich in der neuen Novelle – bitte, hören Sie zu, denn das ist einmalig – nur mehr auf die Zuteilung, die Auszahlung der Fahrtkosten, der Wohnkosten und der Familienbeihilfe, die de facto ja gar kein Zivildiener bekommt, beschränken.

Alle anderen Verpflichtungen, die Sie bis jetzt – und mit Recht – in Ihrer Verantwortung haben, nämlich die Bezahlung der Zivildiener – sprich: Pauschalvergütung –, die Sicherstellung, dass Zivildiener auch ordentlich zu essen bekommen, und zwar in den Einrichtungen et cetera, diese wesentlichen Bereiche geben Sie jetzt ab an die Einrichtungen selbst und schaffen damit das zweite große Problem, nämlich dass die Zivildiener jetzt in permanente Abhängigkeit ihrer Einrichtung kommen, obwohl jeder Zivildiener nicht mit der Einrichtung einen Vertrag hat, Zivildienst zu leisten, sondern ausschließlich mit dem Ministerium. Das heißt, Sie als Vertragspartner des Zivildieners lösen Ihre Vertragspartnerschaft auf und übergeben sie anonym der Trägerorganisation.

Herr Minister! So kann es nicht gehen! Und es kann auch nicht sein, dass Zivildiener jetzt mehr oder weniger eine Vorreiterrolle einnehmen sollen, da Sie deren Pflichtversicherung abschaffen. In dieser Novelle steht nämlich, dass es sich eine Einrichtung nun aussuchen kann, ob sie ihren Zivildiener bei einer privaten Versicherung versichert oder sonst irgendwo.


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Das geht nicht! Sie wissen, Herr Minister, dass 98 Prozent oder 99 Prozent der österreichischen BürgerInnen über die allgemeine Sozialversicherungspflicht bei den jeweiligen Krankenkassen et cetera pflichtversichert sind, also einer Pflichtversicherung unterliegen. Sie wollen diese Pflichtversicherung jetzt in eine Versicherungspflicht umwandeln, das heißt, der Zivildiener oder die Einrichtung sollen bezüglich einer Krankenversicherung et cetera zu einer Privatversicherung hausieren gehen. – Das geht aber nicht, Herr Minister, denn es ist Auftrag des Bundes, es ist Auftrag Ihres Ministeriums, Zivildiener pflichtzuversichern. Außerdem: Wenn Sie all das, von dem in dieser neuen Novelle jetzt die Rede ist, den Einrichtungen übertragen, dann frage ich Sie: Was machen Sie mit den 70 MitarbeiterInnen, die im Ressort Inneres für den Zivildienst zuständig sind, denn die paar Aufgaben, die dann noch verbleiben, sind locker mit zwei bis drei Personaleinheiten zu erledigen. Wenn man nämlich nur mehr zuweist und Familienbeihilfe, die es de facto nicht gibt, auszahlt, erzeugt das in der Praxis auch keine Arbeit mehr.

Herr Minister! Ich ersuche Sie noch einmal: Kaufen Sie sich bitte nicht vom Zivildienst frei! Lassen Sie den Zivildienst nicht als privat irgendwo im Regen stehen, sondern fühlen Sie sich verantwortlich für die Zivildiener, für den Zivildienst. Das heißt, lösen Sie die Verträge zwischen Zivildienern und Ministerium nicht auf und bringen Sie die Zivildiener nicht in die Abhängigkeit von Trägerorganisationen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Die Redezeit soll gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.11

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben eine ungeheure Altlast übernommen: einen "Rucksack" von 17 000 jungen Männern, die auf ihre Zuteilung warten; eine Altlast von 17 000 jungen Männern, die in ihrer Lebensplanung massiv beeinträchtigt sind; eine Altlast von 17 000 jungen Männern, die Monat für Monat immer wieder bei verschiedenen politischen Verantwortungsträgern intervenieren mussten, um endlich Klarheit über ihre persönliche Zukunft in den nächsten Jahren zu erhalten. Das war und ist unerträglich, und das mussten wir ändern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Altlast war vorhersehbar, bereits in einer Studie aus dem Jahre 1993 wurde dieser "Rucksack" prognostiziert – die Zahl ist im Jahre 2000 auf fast 100 genau eingetreten. Der Rechnungshofbericht aus dem Jahre 1997 hat eine massive finanzielle Unterdeckung und das Ausbildungssystem kritisiert.

Daher haben wir – ich danke dem Hohen Haus, dass es diese Vorgangsweise unseres Hauses so unterstützt hat – ein massives Rettungsprogramm zur Rettung des Zivildienstes, der Zivildienstorganisationen und der Zivildiener gestartet. Ich bin froh und glücklich darüber, dass ich Ihnen heute auf der Grundlage einer Regierungsvorlage berichten kann, dass wir voll im Zeitplan sind und dass wir, wenn das Hohe Haus seine Zustimmung gibt, ab Jänner nächsten Jahres einen Zivildienst-Neu auf neuer Basis haben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich gehe hiebei nach sehr klaren Grundsätzen vor:

erstens: prioritäre Zuweisung an Organisationen im Bereich des Rettungswesens, der Sozial- und Behindertenhilfe sowie der Katastrophenhilfe;

zweitens: Sicherung des Grundrechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht, auch unter veränderten budgetären Rahmenbedingungen;

drittens: einfachere, transparentere und effizientere Gestaltung der gesetzlichen Regelungen dieses Dienstes am Menschen und rasche Zuweisung zur Erleichterung der Lebensplanung.

Daher habe ich eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Herren und Damen meines Ministeriums, aus Vertretern der Zivildiensteinrichtungen und aus Vertretern von Zivildienern, eingesetzt. Auf


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Basis der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe wurde ein Zivildienst-Neu entwickelt, den ich am 17. Oktober 2000, also vor einigen Tagen, dem Ministerrat vorlegen konnte, der dort auch beschlossen wurde und Ihnen jetzt vorliegt. Er umfasst vier zentrale Punkte.

Erstens: Abbau von Zuweisungsrückständen, dadurch bessere Planbarkeit für die Trägerorganisationen, sodass eine gewisse Zuweisungsanzahl von Zivildienern für länger als ein Jahr fix und fertig beziehungsweise gesichert ist und damit die Planbarkeit gegeben ist.

Zweitens: Wir erschließen neue Tätigkeitsfelder in den Bereichen Umweltschutz und Jugendarbeit.

Drittens: die Möglichkeit, über die tatsächliche Zuweisung hinaus gegen Vergütung weitere Zivildienstpflichtige pro Termin zugewiesen zu bekommen. (Abg. Haidlmayr: Zivildienst ... bleibt aufrecht!)

Der zweite große Schwerpunkt war – ich bin überrascht, dass Sie, Frau Abgeordnete, diesem Ziel der Bundesregierung nicht Ihren Sanctus geben können – eine enorme Verwaltungsvereinfachung zugunsten der Zivildiener (Abg. Haidlmayr: Nein, das stimmt nicht!), zugunsten der Zivildienstorganisationen und natürlich auch zugunsten der Organisation des Ministeriums. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haidlmayr: Nur für die Organisation, nicht die Zivildiener!)

Wir berücksichtigen die Wünsche der Zivildienstpflichtigen, einer bestimmten Einrichtung zugewiesen zu werden. Wir wollen den Wunsch der Trägerorganisationen berücksichtigen, einen bestimmten Zivildiener auf Grund seiner Talente auch bekommen zu können. Wir schaffen die von den Trägerorganisationen an den Bund zu leistenden 55 unterschiedlichen Vergütungsformen ab, und wir schaffen auch das komplizierte Vertragswesen, in dem sich weder die Zivildiener noch die Organisationen noch die Beamten des Ministeriums zum Schluss restlos ausgekannt haben, ab.

Dritter Schwerpunkt: wesentlich mehr Autonomie und Gestaltungsfreiheit für die Trägerorganisationen. (Abg. Haidlmayr: Und Einschränkungen der Zivildiener und Abhängigkeit der Zivildiener von den Einrichtungen!)  – Der Grundsatz lautet: Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dem Bund eine monatliche Vergütung in der Höhe von 3 000 S zu leisten. Es gibt einige wichtige Ausnahmen wie das Rettungswesen, die Katastrophenhilfe, die Sozial- und Behindertenhilfe, Altenbetreuung, Krankenbetreuung, Betreuung von Drogenabhängigen, Vertriebenen, Asylwerbern und Flüchtlingen sowie von Menschen in Schubhaft. Diese zahlen dem Bund keine Vergütung, sondern erhalten vom Bund ein Zivildienstgeld in der Höhe von 3 000 bis 6 000 S.

Der zweite Aspekt im Bereich der Autonomie ist, dass Leistungen, auf die Zivildiener einen Anspruch haben, im Gegensatz dazu zu einem bestimmten Teil von den Trägerorganisationen zu erbringen sind, darunter fällt insbesondere der nunmehr gesetzlich normierte Anspruch auf Verpflegung, und damit ist auch die von Ihnen kritisierte Nichtverpflegung abgestellt (Abg. Haidlmayr: Die Einrichtungen können die Verpflegung nicht sicherstellen, Herr Minister!) und gesichert, dass ab In-Kraft-Treten dieses Gesetzes (Abg. Haidlmayr: Das ist nach wie vor unsicher!)  – und wenn Sie mitwirken, dann wird es rasch gehen – ein Vollkostenersatz und damit eine volle Verpflegung für alle Zivildiener gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haidlmayr: Das gibt es in der Praxis nicht!)

Es tut mir außerordentlich Leid, Frau Abgeordnete, dass Sie offensichtlich einen anderen Zivildienstgesetzentwurf in Händen haben als jenen, den der Ministerrat beschlossen hat. Ich darf Sie herzlich einladen, die Ministerratsvorlage zu lesen (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, wenn wir sie kriegen täten!), denn dann werden Sie sehen, dass die Pflichtversicherung nicht abgeschafft wird. (Abg. Haidlmayr: Ich habe das, was Sie mir zur Begutachtung geschickt haben!) Ich darf Sie freundlich einladen, das letzte Papier, das gültig ist, das auch dem Parlament zugewiesen wird, zu lesen.

Sie werden feststellen, dass die Pflichtversicherung darin nicht abgeschafft wird (Abg. Haidlmayr: Haben Sie es zurückgenommen?), dass aber eine wesentliche Verbesserung für die Zivil


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diener und für die Zivildienstorganisationen in diesem neuen Entwurf enthalten ist, und zwar deshalb – ich darf bei dieser Gelegenheit dem Herrn Staatssekretär für Gesundheit, Dr. Waneck, herzlich danken –, weil es uns gemeinsam gelungen ist, eine deutliche Senkung der weit überhöhten Beitragsgrundlage für Zivildiener zu erreichen. Vielleicht findet das Ihr Lob, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haidlmayr: Wenn Sie das zurückgenommen haben: ja!)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Abgeordnete! Zusammenfassend darf ich festhalten: Durch diese Novelle des Zivildienstgesetzes, durch diesen Zivildienst-Neu, werden fünf zentrale Punkte wesentlich verbessert.

Erstens: Der Verwaltungsaufwand wird deutlich reduziert, und zwar für alle Beteiligten.

Zweitens: Die Autonomie der Einrichtungen wird wesentlich gefördert.

Drittens: Der Zivildienst wird einfach, transparent und effizient gestaltet.

Viertens: Organisationsreformen, die für alle einen Gewinn bedeuten, nämlich für die Zivildiener selbst, für die Zivildienstorganisationen und für die Bürokratie, werden rasch umgesetzt werden können. (Abg. Haidlmayr: Nein, für die Zivildiener nicht!) Ich darf Ihnen sagen: Mir als Ressortchef ist es wesentlich lieber, ich kann Personal in der Bürokratie einsparen, damit die Sicherheit unserer Beamten und Beamtinnen auf der Straße weiterhin gewährleistet ist. Daher gehe ich diesen Weg sehr konsequent. Wenn Sie und Ihre Fraktion keine Freude damit haben, tut mir das Leid, aber ich werde dafür kämpfen, dass die Sicherheit auf der Straße Vorrang in meiner Personalplanung hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haidlmayr: Wenn die 70 Mitarbeiter alle Polizisten sind: okay! Aber das sind keine Polizisten!)

Schlussendlich werden – und das ist der fünfte und letzte Punkt – durch die vorgeschlagenen Maßnahmen wesentlich mehr Zivildienstpflichtige zugewiesen werden können, als das bisher der Fall war. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haidlmayr: Das geht nicht!)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Frau Abgeordnete Parfuss, Sie gelangen zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.20

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich verstehe den Ärger der Frau Abgeordneten Haidlmayr sehr wohl.

Herr Bundesminister Strasser! Sie haben wirklich eine sehr schnoddrige Beantwortung der Fragen der Grünen abgeliefert. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Widerspruch bei der ÖVP.) Sehr schnoddrig! Man darf nicht vergessen (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé ), dass diese Fragen die jungen Männer in ihrer ganz persönlichen Lebensplanung existentiell betreffen, und Sie wischen einfach drüber. (Abg. Dr. Khol: Das ist ja nicht wahr!)

Herr Bundesminister! Gerade von Ihnen habe ich zu Beginn Ihres Amtsantrittes angenommen (Zwischenruf des Abg. Kampichler ), dass Sie viel Verständnis für die jungen Menschen, die sich für den Zivildienst entscheiden, und auch Verständnis für deren Nöte haben. (Abg. Kampichler: Warum hat der Herr Schlögl nichts getan?) Keine Einstellung ist nämlich so nachhaltig wie jene, die aus der eigenen Erfahrung kommt. Herr Bundesminister! Sie waren selbst Zivildiener, allerdings unter weit besseren Bedingungen als jenen, die die jungen Menschen heute vorfinden, und – das muss ich auch betonen – in einem weit toleranteren, aufgeschlosseneren Klima in Österreich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Diese engagierten jungen Menschen, auf die wir alle, glaube ich, sehr stolz sein müssen (Abg. Hornek:  ... zwei Jahre gewartet!)  – denn sie entschließen sich für einen Dienst an der Gesell


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schaft, an der Menschheit, an der Menschlichkeit –, verdienen wirklich unsere Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diese großartigen jungen Menschen pflegen Senioren und Pflegebedürftige in Heimen. Sie betreuen Behinderte. Sie sind bei Krankentransporten nicht mehr wegzudenken, leisten wertvolle Friedensarbeit im Ausland und sind daher auch Sympathie- und Imageträger für Österreich. Das brauchen wir dringend, glaube ich. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben es persönlich angesprochen, Sie haben das Problem beim Namen genannt: 17 000 Männer sind auf der Warteliste und wissen nicht, wann sie ihren Dienst antreten können. Ich sage: Ginge es bei diesen Menschen um eine Gruppe, die ihr Leben bereits auf Schiene gebracht hat, wäre das eigentlich nicht so dramatisch, aber bei den Zivildienern handelt es sich um junge Menschen, die in Ausbildung sind, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, die auch am Anfang von persönlichen Beziehungen stehen. Ich meine, diese Menschen würden es verdienen, dass man ihre Situation so gut wie möglich gestaltet. (Zwischenruf des Abg. Kampichler. )

Herr Abgeordneter! Stattdessen werden ihnen Prügel aller Art vor die Füße geworfen – und alles nur, weil sie nicht den Dienst mit der Waffe leisten wollen. Wieder einmal zeigt sich, dass der Zivildienst so unattraktiv wie möglich gemacht werden soll. Der Hintergrund ist eigentlich ganz klar erkennbar: Es sollen wieder mehr junge Männer Wehrdienst leisten. Herr Bundesminister Scheibner braucht mehr Wehrdiener.

Herr Bundesminister Strasser! Ich möchte nicht ungerecht sein, es gibt Signale und hat von Ihnen durchaus Signale für eine Reform gegeben. Die zentrale Forderung der Expertengruppe – Sie haben sie persönlich angesprochen und auch eingesetzt – ist die Verkürzung des Zivildienstes um vier bis acht Wochen, eben um diese Warteschlange abzubauen. Aber kaum haben Sie diesen Vorschlag hinausposaunt, hat Sie sofort ein Ordnungsruf aus dem Verteidigungsministerium – oder kam er gar aus Kärnten; ich weiß es nicht so genau – ereilt; Rückzug Ihrerseits, alles wieder retour.

Herr Bundesminister! Ich sehe die Rettung des Zivildienstes, die Sie jetzt angesprochen haben, in Ihrer Novelle nicht. Solange Sie nicht die Zivildienstzeit verkürzen und vor allem die Ausweitung der Stellen verhindern ... (Zwischenruf.) Herr Bundesminister! Das ist ja Ihr Werk, das haben Sie verhindert. Das ist der Grund dafür, dass 17 000 Menschen warten müssen. Das ist der Punkt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Unruhe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Murauer. )

Herr Bundesminister! Ich frage Sie: Wer hat im Innenministerium das Zepter in der Hand? – Sie dürfen keine eigenständige Entscheidung beim Zivildienst treffen. Sie müssen in der Spitzelaffäre Ihre Hände in Unschuld waschen. Sie dürfen die Ausländerquote nicht erhöhen, obwohl die Wirtschaft nach qualifizierten Arbeitskräften schreit. Was wird noch folgen, Herr Bundesminister? Denken Sie nach! Ich sage und prophezeie Ihnen: In Ihrem Ministerium wird es noch viel dicker kommen! (Abg. Murauer: Warum hat Schlögl ...? Haben Sie das beantwortet?)

Ich gebe Ihnen den guten Rat: Wenn Sie glaubwürdig bleiben wollen, befreien Sie sich doch endlich vom Gängelband des "einfachen Parteimitgliedes" aus Kärnten und seiner FPÖ! Ich meine es durchaus gut mit Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Gleiche Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

15.26

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben jetzt bereits zwei Reden zum Thema Zivildienst gehört. Frau Haidlmayr hat von einer Privatisierung gesprochen. Ich glaube, das wäre heute um drei Uhr in der Früh beim Punkt Spanische Hofreitschule-Gesetz eher das Thema gewesen als beim Zivildienst.


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Aber auch Frau Parfuss hat die kurzen, prägnanten und präzisen Antworten unseres Herrn Ministers kritisiert. Für den Fall, dass Sie es nicht verstanden haben, werde ich noch einmal im Detail auf einige der Punkte des Herrn Ministers eingehen. Ich möchte vorher aber noch sagen: Der neue Gesetzentwurf ist gestern im Hause eingelangt. Den beiden Oppositionsparteien wäre es bei echtem Interesse sicher möglich gewesen, diesen Entwurf bereits gestern zu lesen, um nicht erst heute vom Minister Details erfahren zu müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Grundsätzlich möchte ich feststellen, dass man der Opposition immer wieder erklären muss, dass es sich beim Zivildienst um einen Wehrersatzdienst handelt, dass wir uns in Österreich grundsätzlich zu einer umfassenden Landesverteidigung bekennen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Haigermoser. )

Allerdings leisten natürlich die Zivildiener einen sehr wichtigen Beitrag zum Sozialwesen des Bundes. Viele karitative Organisationen könnten ohne den Zivildienst kaum ihr Auslangen finden. So wichtig der Zivildienst ist, darf es deswegen aber trotzdem nicht zu einer sozialen Quersubventionierung kommen. Tatsache ist, dass in Krankenanstalten teilweise sehr viele Zivildiener beschäftigt werden, während andere Organisationen ohne Zivildiener auskommen. Es kann auch nicht sein, dass ein Zivildiener einfach einen normalen Arbeitsplatz ersetzt. Das, glaube ich, wäre ein völlig falsches Verständnis von Zivildienst. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Haigermoser. )

Wie wir alle wissen, hat unser Bundesminister Strasser von seinen sozialdemokratischen Vorgängern ein sehr schwieriges Erbe übernommen. 17 000 Zivildiener sind über mehrere Jahre quasi "aufgelaufen" und sollen jetzt endlich zugewiesen werden. Ich glaube, die umfassenden Maßnahmen, die in den nächsten Monaten Fuß fassen werden, werden auch dafür sorgen, dass die Tausenden jungen Menschen in ihrer weiteren Lebensplanung nicht mehr so wie bisher beeinträchtigt sein werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird demnächst auch eine Novelle – wie vom Herrn Bundesminister angekündigt – geben, mit der grundsätzliche Verbesserungen durchgeführt werden. Ich meine, am wichtigsten ist – ich möchte das noch einmal wiederholen, da es vielleicht bei der linken Seite nicht so angekommen ist –, dass es einmal grundsätzlich – und dafür steht auch diese Regierung – zu einer Vereinfachung und zu einem Bürokratieabbau kommen wird, indem nicht mehr 55 verschiedene Vergütungsstufen bestehen, sondern auf eine Vergütungsstufe reduziert wird. Dieser Bürokratieabbau ist etwas, wofür wir auch in Zukunft stehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Haigermoser. )

Auch die verstärkte Berücksichtigung von Wünschen sowohl der Trägerorganisationen einerseits als auch der Zivildiener andererseits ist etwas, was für die Zukunft des Zivildienstes eine enorme Verbesserung bringen wird.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie kritisieren permanent die 43 S Entschädigung. Wie gesagt, wenn Sie den Entwurf gelesen hätten, wüssten Sie bereits, dass vom Minister diesbezüglich eine Novellierung für dieses komplizierte System geschaffen worden ist, durch die die Trägerorganisationen in Zukunft dazu aufgefordert und verpflichtet sind, die Verpflegung zu übernehmen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch darauf, dass in den vergangenen Jahren bereits bei vielen Organisationen eine Verpflegung für die Zivildiener vorgenommen worden ist.

Meine Damen und Herren! Die im Juni gesetzten Maßnahmen waren sicher ein erster harter Schritt, der unumgänglich notwendig war, um zu einer Vereinfachung des Systems zu führen. Die Bundesregierung wird mit einer neuen Novellierung, die im Jänner greifen soll, alles tun, um unzumutbare Härtefälle abzufedern, so wie dies auch bei allen anderen Maßnahmen der Bundesregierung der Fall ist. Und "abfedern" – leider Gottes ist Herr Abgeordneter Van der Bellen nicht im Saal – heißt für unsere Regierung nicht "Federn lassen", sondern "abfedern" heißt das "Auffangen von Härtefällen". – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.30


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41. Sitzung / Seite 101

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.30

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei einer Debatte zum Thema Zivildienst empfiehlt sich immer ein kurzer Blick in die Bundesverfassung. Dort heißt es nämlich in Artikel 9a:

"(1) Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung."

"(2) Zur umfassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung.

(3) Jeder männliche österreichische Staatsbürger ist wehrpflichtig. Wer aus Gewissensgründen die Erfüllung der Wehrpflicht verweigert und hievon befreit wird, hat einen Ersatzdienst zu leisten."

Meine Damen und Herren! Wenn man Ihnen von der linken Seite zuhört, könnte man meinen, es sei umgekehrt, könnte man meinen, der Zivildienst habe Priorität in der Bundesverfassung und der Wehrdienst sei der Ersatzdienst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der Herr Minister hat Ihnen auf Ihre Anfrage eine klare Antwort gegeben. Die Bemühungen zur Konsolidierung des Staatshaushaltes haben in allen Ministerien erhebliche Einsparungen gefordert. Ausgabenreduktionen im Bundesministerium für Inneres haben sämtliche Bereiche und somit auch die vorgesehenen Ausgaben für den Zivildienst betroffen. Um zumindest in diesem Jahr Leistungen des Zivildienstes sicherzustellen und vor allem auch weitere laufende Zuweisungen an die Organisationen zu gewährleisten, war eine Neupriorisierung der Zuweisungen notwendig.

Leitlinie dieser Überlegungen war vor allem, dass den Organisationen im Bereich des Rettungswesens, der Sozial- und Behinderten- sowie der Katastrophenhilfe oberste Priorität zukommen muss.

Meine Damen und Herren! Mit der mit 1. Juni in Kraft getretenen Zivildienständerung wurden wesentliche Schritte in diese Richtung getan. Es wurde der dreiwöchige Grundlehrgang abgeschafft, es wurde auch mit der Verpflegsregelung eine Regelung getroffen, die einen Lastenausgleich mit den Grundwehrdienern sicherstellt, denn diese 43 S, die jetzt vom Zivildiener aufzubringen sind, entsprechen genau dem Tageskostgeldsatz eines Grundwehrdieners beim österreichischen Bundesheer.

Zum Zweiten ist vom Ministerium sichergestellt worden, dass durch die Trägerorganisationen die Verpflegung aller Zivildiener sichergestellt ist.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wie in allen anderen Bereichen ist gerade auch in diesem Bereich Sanierungsarbeit notwendig, denn genauso wie im Budget, über das wir den ganzen Vormittag diskutiert haben und noch den halben Nachmittag diskutieren werden, haben Sie auch hier Altlasten hinterlassen, die die neue Regierung abbauen muss. Die 17 000 jungen Männer, die nun auf einen Zivildienstplatz warten, haben das Ihnen, meine Damen und Herren der SPÖ, zu verdanken. Die neue Bundesregierung wird Maßnahmen setzen, damit die Zivildiener in den kommenden Monaten eine ausreichende Zahl an Zivildienstplätzen zur Verfügung haben.

Die vom Minister vorgelegte neue Zivildienstgesetz-Novelle stellt dies in wesentlichen Bereichen sicher. Es wird keine Verkürzung der Zivildienstdauer geben, und es wird eine ausreichende Erhöhung der Zahl der Zivildienstplätze geben.

Herr Minister! Wir warten mit Spannung auf die Diskussion über diese Novelle und werden die Details noch mit Ihnen besprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.34


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41. Sitzung / Seite 102

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man Herrn Abgeordneten Bösch zuhört, ihn die gesetzlichen Rahmenbestimmungen herunterdeklinieren lässt und den Unterton dazu hört (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann ), dann kommt schon relativ klar heraus, dass er nach wie vor den Zivildienst als das versteht, als das ihn in diesem Haus, so denke und hoffe ich, nur die Freiheitlichen verstanden wissen wollen, nämlich als einen Strafersatzdienst; Strafersatzdienst für diejenigen, die sich dem Präsenzdienst aus Gewissensgründen oder sonstigen Gründen verweigert haben. Das ist Ihre Auffassung (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Im Sinne der Gleichheit! Im Sinne der Gerechtigkeit!), meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, und sie ist in der Bevölkerung auch einzigartig, denn mit diesem Standpunkt werden Sie bei der Bevölkerung wohl nicht akzeptiert werden. (Beifall bei den Grünen.) Es muss Ihnen schon klar sein, dass das eine Haltung ist, die von gestern oder eigentlich von vorgestern ist. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Bei euch ist demonstrieren der Ersatzdienst!)

Herr Bundesminister! Bei vielen der Ziele, die Sie für die neue Novelle genannt haben, kann man nicht viele Einwände haben: zum Beispiel Abbau von Zuweisungsrückständen – ja, das haben wir schon immer gefordert! Das ist Teil der Lebensplanung, wie Sie richtig sagen, der zu berücksichtigen ist, was jedoch in den letzten Jahren, aber auch in den letzten Monaten in vielfacher Weise nicht eingehalten wurde.

Aber der Punkt ist doch Folgender: Die Zuweisungsrückstände könnte man relativ simpel dadurch abbauen, dass man die Zivildienstzeiten verkürzt. Das wäre doch auch ein Vorschlag. Sie haben ja selbst diesen Vorschlag in die Debatte eingebracht: Wir könnten ganz locker über diesen Rückstand von 17 000 Personen "drüberhüpfen", wenn die Zivildienstzeiten verkürzt würden. (Abg. Mag. Mainoni: Da kommen ja noch mehr Zivildiener, Herr Öllinger!)

Da kommen noch mehr Zivildiener! – Ja, genau das ist Ihre Angst und Sorge, dass nämlich der Zivildienst unter Umständen eine attraktive Alternative zum Wehrdienst werden könnte. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Kuntzl. ) Wenn das wirklich Ihre einzige Sorge ist, meine Damen und Herren – und es scheint so, dass für Sie nur das das Problem ist; Herr Verteidigungsminister Scheibner hat auch gesagt (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dass er sich einen möglichst unattraktiven Zivildienst wünscht (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sie wollen ja das Bundesheer abschaffen!)  –, dann sage ich Ihnen: Auch mit dieser Haltung sind Sie einzigartig, denn der Zivildienst ist inzwischen, auch wenn das nicht so im Gesetz festgeschrieben ist, eine von der Bevölkerung durchaus akzeptierte und gleichwertige Alternative zum Präsenzdienst.

Sie werden wahrscheinlich irgendwann auch die Debatte über Alternativen zum verpflichtenden Präsenzdienst führen müssen und führen wollen. Diese hatten wir ja schon einmal angetönt. Nur ist sie jetzt wieder aus den Ohren. Ich höre nichts mehr davon, meine Damen und Herren. Woran liegt das? – Es ist ein anderes Thema, darum gehe ich jetzt nicht weiter darauf ein, aber ich sage Ihnen schon: Wenn Ihr Bestreben nur ist, den Zivildienst madig, mies und möglichst unattraktiv zu machen, dann stellen Sie sich dieser Debatte! Wir werden Sie zu dieser Debatte zwingen. Auch in der Öffentlichkeit! Der Zivildienst und die Arbeit, die viele Mühe, die Zivildiener in unserem Lande leisten, ist ja anerkannt. Und viele soziale Einrichtungen würden zusammenbrechen – das wissen Sie –, gäbe es den Zivildienst nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es hilft auch für die Debatte nicht sehr viel, wenn hier immer wieder versichert wird – auch von Ihnen, Herr Bundesminister –, der Zivildienst soll nicht die Normalarbeit ersetzen. Ja natürlich tut er das in vielen Fällen! Viele Institutionen und Einrichtungen würden zusammenbrechen – ob es jetzt das Rote Kreuz, das Niederösterreichische Hilfswerk oder sonst eine Einrichtung ist –, die würden zusammenbrechen! (Bundesminister Dr. Strasser: Das Niederösterreichische Hilfswerk


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hat keinen einzigen Zivildiener!)  – Das Niederösterreichische Hilfswerk hat keinen Zivildiener. Gut, ich akzeptiere das. Aber es gibt dennoch viele andere Institutionen, die auf Zivildiener angewiesen sind.

Deshalb ist es nach wie vor – wir würden Sie ja dabei unterstützen – eine berechtigte Forderung, dass die Zivildienstdauer verkürzt wird. Und deshalb ist es nach wie vor berechtigt, auch in der Frage der Essenskostenzuschüsse, die für viele Trägereinrichtungen, vor allem kleine Trägereinrichtungen bei weitem nicht gelöst ist, Initiativen und Anstrengungen zu unternehmen, damit auch diesbezüglich etwas zu Gunsten der Zivildiener getan werden kann.

Einen Eindruck können Sie nämlich nicht verhindern, Herr Bundesminister: dass bei dieser bevorstehenden neuen Regelung, bei der wir nicht die Gelegenheit hatten, diese als Regierungsvorlage von gestern auf heute zu studieren, vieles zu Lasten der Zivildiener geregelt wird. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

15.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit erkläre ich diese Kurzdebatte für beendet. – Danke, Herr Bundesminister.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kehren zur ersten Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 zurück.

Zu Wort gelangt der Herr Staatssekretär. – Bitte.

15.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es wurde heute mehrfach zitiert, wie sozial ausgewogen das Sparpaket 1996/97 gewesen sei. Es wurde zitiert, wie kritisch der Herr Rechnungshofpräsident dem jetzigen gegenüberstehe. – Wollen Sie wissen, was der Rechnungshof damals zu diesem Sparpaket gesagt hat, wie "gut" das war? – Ich zitiere:

Der Anteil der einnahmenseitigen Maßnahmen war höher als vorgesehen. Die Ausarbeitung der beiden Strukturanpassungsgesetze erfolgte unter großem Zeitdruck und war zum Teil unzureichend dokumentiert. – Zitatende.

Es gab damals im Dienstrecht Begutachtungsfristen von nur drei Tagen. Rückwirkend wurden Einnahmen erhöht. Ich bekenne mich ausdrücklich dazu, dass ein ausreichender Begutachtungszeitraum gegeben sein soll. Das muss ein Ziel sein, da sind sicher noch Verbesserungen durchzuführen.

Aber dann kommt die Hauptaussage: Trotz rückläufiger Abgangsentwicklung des Bundeshaushalts stieg die Finanzschuld des Bundes auch 1997 weiterhin an. Konkret vom Jahr 1996 von 1 416 Milliarden Schilling auf 1 497,3 Milliarden Schilling.

Allein in einem Jahr! Das ist heute unser Problem, das wir sanieren müssen. Trotz dieses damaligen 100-Milliarden-Schilling-Paketes ist es nicht gelungen, nachhaltig das Budget zu sanieren. Wir haben heute in der Gesamtverschuldung noch immer nicht die Quote, diese 60 Prozent, die für den Euro-Einstieg notwendig ist. Wir liegen noch immer bei 64 Prozent.

Weiters heißt es: Die Konsolidierungsmaßnahmen wurden nicht zur Verwaltungsvereinfachung genützt. Mehrere Regelungen verursachten sogar beträchtliche Verwaltungserschwernisse, zum Beispiel Änderungen von Abgabengesetzen während des Jahres. – Das hat allein der damalige Finanzminister verursacht.

Aber jetzt kommt es: Auch sozial Schwächere waren von den Konsolidierungsmaßnahmen betroffen. (Aha-Rufe bei der ÖVP.) Zum Beispiel Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes als Basis für Arbeitslosengeld von sechs auf zwölf Monate, Begrenzung der Höhe der Not


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41. Sitzung / Seite 104

standshilfe unter Bezugnahme auf die Versicherungsdauer, Einschränkung beim Familienzuschlag. Weiters wurden pensionsrelevante Maßnahmen im öffentlichen Dienst getroffen, die erst in etwa 20 bis 30 Jahren wirksam werden.

Das war die "geglückte" Reform des Bundeshaushaltes, die uns dazu veranlasst hat, dass wir heute dieses Budget erst tatsächlich konsolidieren müssen.

Herr Professor Van der Bellen hat gesagt, es mache nichts, wenn man Finanzschulden habe. Das sei nur ein Zinsenproblem. Also das möchte ich sehen, dass es, wenn sich ein Staat ständig mehr verschuldet, seine Finanzschuld ständig ansteigt, nur ein Zinsenproblem ist.

Die erste Konsequenz ist, dass man in eine schlechtere Bewertung kommt und daher höhere Zinsen zu zahlen hat. Nächste Konsequenz – das kann man international beobachten –: Es werden einem bei der Krediterteilung Auflagen erteilt. Dritte Konsequenz – und diese hatten wir schon einmal in Österreich, nämlich 1925 –: Es wird ein Kommissär bestellt, der vor Ort überwacht, dass die Maßnahmen wirklich umgesetzt werden. 1925 hatten wir bei einer Völkerbundanleihe einen eigenen Kommissär, der überwachte, dass die Maßnahmen auch gesetzt wurden. Das war das berühmte Verwaltungsentlastungsgesetz. Das ist die Folge, wenn man Schulden einfach treiben lässt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurde behauptet, dass wir den Sozialstaat vernichten. Wir geben heute pro Jahr 325 Milliarden Schilling für Pensionen, 250 Milliarden Schilling für Gesundheit, 73 Milliarden Schilling für Familienleistungen und 39 Milliarden Schilling für Unterstützungen bei Arbeitslosigkeit aus. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Das macht die bei weitem höchste Sozialquote in Europa aus.

Dadurch, dass wir bei den einnahmenseitigen Maßnahmen das untere Drittel entlasten, haben wir die Kaufkraft erhalten, ja sogar gesteigert.

Es wurde beklagt, dass die einnahmenseitigen Maßnahmen umfangreicher sind als die Ausgabenkürzungen. Das ist nicht deshalb so, weil wir so viele neue Einnahmen eingeführt haben, sondern weil durch die gute Wirtschaftslage das Bruttosozialprodukt weiter steigt. Im Jahr 1999 betrug es nämlich 2 686 Milliarden Schilling, im Jahr 2000 beträgt es 2 782 Milliarden Schilling, im Jahr 2001 wird es 2 935 Milliarden Schilling betragen, und im Jahr 2002 wird es die 3000-Milliarden-Schilling-Grenze überschreiten. Das ist der Grund dafür, dass wir eine solch gute einnahmenseitige Situation haben – und die müssen wir zur Konsolidierung nützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hätten wir nichts gemacht, hätten wir keine Maßnahmen gesetzt, dann wären unsere Ausgaben bis 2002 um 72 Milliarden Schilling gestiegen. Sie können sich davon überzeugen, Sie haben die Unterlagen. Durch unsere Maßnahmen steigen sie bis 2002 um nur 17 Milliarden Schilling, und das einfach deshalb, weil Struktureffekte vorhanden sind wie bei Löhnen, Gehältern und so weiter. (Abg. Mag. Prammer:  ...! Um das geht es ja! Und welche Maßnahmen?)

In der Zeit, als Finanzminister Grassers Vorgänger im Amt war, also ab dem Jahre 1997 bis zum Abgang am 4. Februar 2000, nämlich der frühere Finanzminister Edlinger, sind die Ausgaben um 38 Milliarden Schilling gestiegen. Ich glaube, wir können damit belegen, dass trotz all der harten Maßnahmen das bescheiden ist, was einmal als so genannte Konsolidierung geschehen ist. Es wurde keine wesentliche nachhaltige Sicherung erreicht, obwohl man zum Beispiel im öffentlichen Dienst die Belohnungen um 50 Prozent gekürzt hat, obwohl man bei der Haushaltszulage etwas gekürzt hat und die Überstundenbesteuerung verschlechtert hat. Unsere Maßnahmen hingegen sind ein verträgliches Paket, womit wir jetzt erstmals wirklich den Haushalt konsolidieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Das Absenken von 5,5 auf 2,3 Prozent haben Sie nicht mitbekommen?! – Abg. Dr. Jarolim: Das war sehr unfair!)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.


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15.48

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann dort fortsetzen, wo der Herr Staatssekretär geendet hat: Der Kassasturz, den diese Regierung vornehmen musste, war und ist erschreckend. Aber, auch wenn es heute schon einmal gesagt wurde: Die Wahrheit ist zumutbar (Abg. Dr. Wittmann: Was haben Sie die letzten 13 Jahre gemacht?), Herr Kollege! Deshalb muss noch einmal festgehalten werden: Diese Regierung hat ein ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was wir 13 Jahre gemacht haben? – Zum Teil mit Ihnen eine falsche Finanzpolitik! Und das war ja auch der Grund dafür, dass wir diese Koalition verlassen haben, Herr Kollege Wittmann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Regierung hat ein Land mit 2 200 Milliarden Schilling Schuldenlast übernommen. (Abg. Dr. Wittmann: Was haben Sie jetzt mitbeschlossen?) Die Österreicher müssen jeden Tag mehr als 680 Millionen Schilling an Zinsen und Tilgungen zahlen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Das sind gigantische 250 Milliarden Schilling im Jahr. Das ist die traurige Wahrheit. (Abg. Dr. Petrovic: Viel zu viele Autobahnen!) Aber wir haben rechtzeitig die Notbremse gezogen. Wir haben erkannt – wir hatten schon einmal ein Warnsignal gesetzt, als die Nationalratswahlen vorverlegt wurden –, dass diese Schuldenpolitik nicht so fortgesetzt werden kann. (Zwischenruf des Abg. Reheis. ) Aber die Sozialdemokraten waren nicht dazu bereit zu hören, deshalb müssen sie heute fühlen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl:  ... haben Sie mit dem Vizekanzler Schüssel noch ...! Das haben Sie vergessen!)

Ich möchte mich heute auch noch ein bisschen mit den außerbudgetären Schulden beschäftigen, meine Damen und Herren, denn frühere Bundesaufgaben wurden einfach in privatrechtliche Bundesgesellschaften ausgegliedert, wurden dort als neue Schulden geparkt. (Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich schlage einen Pakt vor: Kollege Kukacka kann jetzt ungestört reden, und danach kann Kollege Eder ungestört reden. Dann hören wir beide Seiten. – Bitte fortzusetzen, Herr Abgeordneter Kukacka!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Es wurden also die Schulden in Bundesgesellschaften geparkt, es wurden neue Schulden angehäuft. Man ist einfach den Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Man hat Probleme nicht gelöst, sondern verschoben. Man hat Schulden nicht zurückgezahlt, sondern ausgelagert. Man ist schmerzhaften Lösungen aus dem Weg gegangen, man hat sie einfach in die Zukunft verschoben. Das, meine Damen und Herren von der SPÖ, war der falsche Weg. Und es war unsere klare Entscheidung, Sie vor die Nagelprobe zu stellen, diesen Weg weiter zu gehen oder einen neuen zu beginnen. Sie haben sich für den alten Weg entschieden, und deshalb haben wir uns für eine neue Koalition entschieden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

ÖIAG: 46 Milliarden Schilling Schulden, Bundesbahnen: 50 Milliarden Schilling Schulden, ASFINAG: 82 Milliarden Schilling Schulden (Abg. Dr. Petrovic: Ja wofür denn? – Abg. Schwemlein: Es wollte wohl nur die SPÖ neue Straßen!), Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft: 35 Milliarden Schilling Schulden, BIG: 16 Milliarden Schiling Schulden, Wasserwirtschaftsfonds: 14 Milliarden Schilling Schulden, Postholding: 36 Milliarden Schilling Schulden, zusammen über 280 Milliarden Schilling Schulden, die außerbudgetär in neuen Gesellschaften geparkt wurden, damit das Budgetdefizit Maastricht-konform wurde und damit diese Schulden nicht im Budget gedeckt werden mussten, meine Damen und Herren. Das war der falsche Weg, gestehen Sie es doch ein! Erkennen Sie doch, dass Sie hier auf dem Holzweg gewesen sind, meine Damen und Herren! (Abg. Reheis: Gestehen Sie, dass Sie 14 Jahre dabei waren!)

Das Problem, das wir heute mit Ihnen haben, ist, dass Sie ohne jede Einsicht sind und dass Sie sogar bereit sind, diesen falschen Weg weiter zu gehen, meine Damen und Herren von der SPÖ. Und wenn Sie so weiter machen, werden Sie nach der Steiermark erneut vom Wähler die entsprechende Antwort bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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41. Sitzung / Seite 106

Meine Damen und Herren! Diese Koalition muss vor allem auch die Aufgaben des Staates dahin gehend überprüfen, ob neue Aufgaben nicht effizienter durch andere Organisationsformen, insbesondere auch durch private Initiative neu gelöst werden können. Es wird notwendig sein, einen Teil der staatlichen Aufgaben in private umzuwandeln. Der Staat soll und muss sich stärker auf eine regulierende Funktion zurückziehen. Dort, wo Private wirtschaftliche Funktionen übernommen haben, können sie das – das sehen wir an vielen Beispielen – besser als das der Staat kann, meine Damen und Herren. Deshalb werden wir auch den Weg der Privatisierungen fortsetzen, wie zum Beispiel im Fall der Austria Tabak, im Fall der Telekom Austria, im Fall der Staatsdruckerei und im Fall des Dorotheums.

Meine Damen und Herren! Dort überall ist eine sofortige Privatisierung sinnvoll. Bereits die erste Privatisierung, jene der P.S.K., war ein Erfolg. Es ist deutlich mehr erlöst worden, als die Experten vorausgesagt haben, und wir sind überzeugt davon, dass die Telekom-Privatisierung im November dieses Jahres ein Erfolg für den Eigentümer Staat werden wird, aber auch für die neuen Aktionäre, für die neuen Anteilseigner, für jene Bürger Österreichs, die sich an diesem Unternehmen beteiligen. Und damit wird das auch ein Erfolg für den Börseplatz und für den Wirtschaftsstandort Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haller. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Die ist nicht da!)  – Dann gelangt Herr Abgeordneter Kurt Eder zu Wort. – Bitte.

15.55

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, Kollege Kukacka irrt doch ein bisschen – aber das ist bei dieser Diskussion naturgemäß der Fall –, wenn er behauptet, der Grund für die neue Koalition sei gewesen, dass seitens der ÖVP/SPÖ-Regierung eine falsche Finanzpolitik gemacht wurde. Kollege Kukacka, zu diesem Argument kann man nur lachen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Grund dafür, dass es zu der neuen Koalition zwischen der ÖVP und der FPÖ gekommen ist, war, dass Herr Schüssel unbedingt Bundeskanzler werden wollte. (Beifall bei der SPÖ.) Und er hat die Bevölkerung, die Sozialdemokraten und er wird auch noch die Freiheitliche Partei – man merkt doch schon die Diskussionen – auch nicht immer ganz der Wahrheit entsprechend informieren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.  – Abg. Grabner: Ja genau!)

Herr Kollege Kukacka! Sie haben gemeint: Wer nicht hören will, muss fühlen! Damit haben Sie zugegeben, dass die Menschen sehr wohl fühlen werden, was Sie mit diesem Sparpaket der Bevölkerung antun. Das haben Sie gesagt! Und die Bevölkerung wird das fühlen – und nicht die Sozialdemokraten, die hier im Parlament vertreten sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kukacka! Da Sie die außerbudgetären Schulden und die Gesellschaften aufgezählt haben: Zwei Drittel davon waren in den Ressorts von ÖVP-Ministern. Ich war dabei, als Kollege Schüssel, der damals Wirtschaftsminister war, und wir die BIG, die Donaugesellschaften und viele andere Gesellschaften ausgegliedert haben. Die waren in Ihrer Verwaltung und nicht unter sozialdemokratischer Verwaltung, und Sie konnten dort absolut nicht wirtschaften! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Herr Minister Grasser, der immer so feinfühlig da hinten sitzt und lächelt und einen Dressman abgibt, noch einmal vom Paradigmenwechsel gesprochen hat, weil er anscheinend den Hinweis des Herrn Kollegen Van der Bellen nicht richtig verstanden hat, und gemeint hat, der Paradigmenwechsel wäre die Liberalisierung von Strom und Gas, und das auf seine Fahnen schreibt, dann kann ich auch nur in den Keller lachen gehen. Es ist doch bitte nicht so, dass das der Herr Finanzminister überlegt, erfunden und wirtschaftspolitisch-strategisch angelegt hat und damit beweist, wie klug man jetzt neue Politik macht, sondern er vollzieht damit ganz einfach Richtlinien der Europäischen Union. Dort ist dieser Geist entstanden und nicht in der Freiheitlichen Partei! (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Warum haben Sie es unter Edlinger nicht gemacht?)


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41. Sitzung / Seite 107

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer war denn eigentlich der Rekord-Schuldenmacher in den letzten Regierungsperioden? – Das war natürlich Wolfgang Schüssel, der heutige Bundeskanzler. (Abg. Schwarzenberger: Wer war denn Finanzminister?) Als die ÖVP 1986 in die Koalitionsregierung eingetreten ist, betrug der Schuldenstand rund 400 Milliarden Schilling. Als dann die ÖVP mitregiert hat, hat sich der Schuldenstand zu einer Größenordnung entwickelt, die Sie heute hier kritisieren. (Abg. Großruck: Und wer war Bundeskanzler?) Ich halte das einfach für nicht in Ordnung und für leicht lächerlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir befinden uns nun in der Situation, dass wir von einem guten österreichischen Weg abkommen. Die ÖVP und die FPÖ bringen Österreich von einem guten Weg ab! – Das ist der Satz, den man eigentlich in der Früh eines jeden Tages sagen muss, und keinen anderen. Die ÖVP und die FPÖ machen eine Politik der sozialen Kälte – die ist heute schon lang und breit diskutiert worden. (Abg. Dr. Fekter: Das glauben auch nicht mehr viele!) ÖVP und FPÖ, Frau Kollegin Fekter, geht es nicht ums Sparen, sondern um negative Umverteilung von unten nach oben, damit Sie noch reicher werden, als Sie schon sind. Das ist in Wirklichkeit die Politik, die Sie machen! (Beifall bei der SPÖ.)

ÖVP und FPÖ schaffen Verteilungsungerechtigkeiten, und dafür könnte ich jetzt eine Reihe von Beispielen aufzählen, die heute schon aufgezählt wurden, ich will es mir aber ersparen. Was ich mir aber nicht ersparen kann, ist, zu sagen, dass ich sehr starke Zweifel daran habe, dass mit diesen grausamen Maßnahmen, die Sie in den Budget- und Budgetbegleitgesetzen setzen, überhaupt das Nulldefizit im Jahr 2002 erreicht werden kann. Ich vermute, dass der Finanzminister noch viel mehr im Köcher hat und die Bevölkerung sich auf noch mehr gefasst machen muss.

Wie ungerecht die Belastungen sind, möchte ich hier auch deutlich sagen. Wenn ich beispielsweise von den Reaktionen lese: Herr Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl stellt fest, die Wirtschaft verstehe ihren Beitrag von 15 bis 20 Milliarden Schilling zur Erreichung des Nulldefizits im Jahr 2002 als "befristetes Notopfer". – So versteht die Wirtschaft das! Aber alle anderen Menschen in diesem Land erbringen kein befristetes Notopfer, sondern ein unbefristetes Notopfer, und das ist das Unsoziale an ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Jetzt müsst Ihr noch erklären, wie das ging, wo doch Edlinger Finanzminister war! – Abg. Grabner  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Du warst der Erste beim Fordern! – Abg. Dr. Khol: Für dich bin ich immer noch "Dr. Khol" !)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

16.00

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Niemand in unserer Gesellschaft kann jedes Jahr neue zusätzliche Schulden machen: kein Unternehmer, kein Bauer, keine Familie und auch nicht der Staat, wenn schon ein riesiger Schuldenberg vorhanden ist. (Beifall bei der ÖVP.) Daher ist doppelt zu unterstreichen, dass Schluss gemacht wird mit dem Schuldenmachen, denn die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.

Der ehemalige SPÖ-Finanzminister Edlinger hat der Regierung 2 200 Milliarden Schilling Schulden und ein Defizit von 100 Milliarden Schilling hinterlassen. Unverantwortbare Summen sind das, meine Damen und Herren! Wenn Kollege Eder davon spricht und sich auf die ÖVP ausreden möchte, bleibt festzuhalten: Wer hat denn in den letzten Jahren den Bundeskanzler gestellt, und wer hat denn den Finanzminister gestellt? Beide kamen von der SPÖ-Seite. Daher haben Sie die Verantwortung dafür zu tragen! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Regierung macht einen Neustart. Sie macht einen Aufbruch in Sachen Budget, und zwar mit dem ehrgeizigen Ziel, endlich das Schuldenmachen zu beenden. Oberösterreich ist Beispiel: Schon vier Jahre werden bei uns keine neuen Schulden mehr gemacht. Und wer hat dort das Sagen? Die Volkspartei regiert dort, und die Finanzen sind in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Leikam. )


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41. Sitzung / Seite 108

Dabei ist natürlich jeder Budgetbereich von Einsparungen betroffen, auch das Agrarbudget. Eine Bevorzugung der Bauern, wie von der Arbeiterkammer und von der SPÖ ständig behauptet, findet nicht statt. Obwohl die Bauern jährliche Einkommensverluste von bis zu 6 Prozent hinnehmen müssen, werden auch da Einsparungen gemacht beziehungsweise versprochene Zusagen wie der Agrardiesel und der Sockelbetrag für die Bergbauern hinausgeschoben. Geschätzter Herr Staatssekretär! Herr Finanzminister! Ich erwarte jedoch schon, dass diese Zusagen auch tatsächlich eingehalten werden.

Meine Damen und Herren! Auch bei den anderen Betriebsmitteln haben wir die EU-Preise leider noch nicht erreichen können. Die Bauern sind dennoch gewillt, ihren Beitrag zur Stabilisierung des Budgets zu leisten. Wichtige Ziele aus der Sicht der Bauern konnten in diesem Budget abgesichert werden, und zwar können die umweltpolitischen Maßnahmen finanziert werden. Das Programm für die ländliche Entwicklung mit einem Volumen von 5,83 Milliarden Schilling aus Brüssel kann lukriert werden. Einzelbetriebliche Investitionsförderungen werden weiterhin möglich sein. Die Einheitswerte bleiben unverändert, die bis 2009 festgelegten Hektarsätze bleiben aufrecht. Das Pauschalierungssystem bleibt mit Optionsmöglichkeiten aufrecht.

Ein Schwerpunkt für die Zukunft ist für uns die Energie aus Biomasse. (Beifall bei der ÖVP.) Österreich ist in diesem Bereich bereits europaweit Spitzenreiter. An die 30 Prozent des Energieverbrauchs in Österreich stammen bereits aus erneuerbaren Energieträgern, während es in der EU erst 6 Prozent sind. Die derzeitige Situation auf dem Erdölmarkt zeigt, dass wir richtig liegen. Der Stellenwert des Biodiesels als Kraftstoff wird zunehmen. Die Verwendung von Biomasse nützt der regionalen Wirtschaftskraft. Mehr als 10 Milliarden Schilling bleiben jährlich in den österreichischen Regionen, und zirka 15 000 Arbeitsplätze sind dadurch geschaffen beziehungsweise abgesichert worden. Da müssen wir weiter aufbauen und investieren.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Minister Molterer hat mit dem Finanzminister eine wichtige Grundlage für die österreichischen Bauern abgesichert. Das wurde auch vom Grün-Abgeordneten Pirklhuber als sehr erfolgreich dargestellt. Er hat damit bestätigt, das wir einen hervorragenden Landwirtschaftsminister haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft – das habe ich eingangs schon erwähnt – verpflichtet geradezu dazu, die Unterstützung für die Bauern bereitzustellen. Wir von der ÖVP stehen dazu, weil es uns wichtig ist, auch in der Zukunft Bauern zu haben, die durch die Bewirtschaftung eine großartige Landschaft bewahren, sauberes Wasser, gesunde Lebensmittel und Naherholungsraum für die Städter zur Verfügung stellen. Das sollte auch von der Opposition zur Kenntnis genommen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich begrüße auch den Verkauf von Teilflächen der Österreichischen Bundesforste. Es geht um 30 000 bis 50 000 Hektar Randflächen und Arrondierungen. Die Käufer, in erster Linie unsere Bauern, sind hervorragende Waldpfleger und -bewirtschafter. Da braucht niemand Sorge zu haben, wenn Waldflächen abverkauft werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Aus agrarischer Sicht bekennen wir uns zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes, auch wenn es für uns nicht ganz einfach ist. Aber wir müssen den internationalen Herausforderungen gerecht werden. Wir müssen die Attraktivität und die Stabilität unseres Landes beachten, und wir müssen auch an uns und an die Zukunft unserer Kinder denken. So ist dieser Sparkurs zu verstehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Achatz. Die Uhr ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

16.06

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mir ist es schon unverständlich, dass der Agrarsprecher der SPÖ, Pirklhuber, die Aussetzung der Dieselpreisrückerstattung nicht als Beitrag zur Budgetkonsolidierung sieht. Das ist mir wirklich unverständlich. (Abg. Leikam: Er ist nicht von der SPÖ! – Abg. Schwarzenberger: Das ist ein Grüner!) Entschuldigung – Agrarsprecher der Grünen. Aber das ist an und für


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sich auch an die Adresse der SPÖ gerichtet. Auch die SPÖ anerkennt diesen Beitrag der Landwirtschaft nicht. Herr Kollege Leikam! Sie müssen schon zugeben: Die Betriebsmittelverbilligung ist den Bauern beim EU-Beitritt versprochen worden. Es ist ein Versäumnis der alten Bundesregierung, dass sie bis heute nicht stattgefunden hat, obwohl – das muss man sagen – das den Bauern zugesichert worden ist. Das ist ein Versprechen, das bis heute nicht eingelöst worden ist. (Abg. Leikam: Landwirtschaftsminister war und ist Molterer! Da hat Molterer versagt!)

Durch die katastrophale Budgetsituation, die Sie uns hinterlassen haben, kommt diese Dieselpreisrückvergütung erst im Jahre 2003. Das ist ganz besonders schmerzlich, denn es sind die Bauern, Herr Kollege Leikam, die seit 1995 einen Einkommensrückgang von 13 Prozent zu verzeichnen gehabt haben. 13 Prozent minus – und da reden Sie von "reichen Bauern"! Es ist ein sozialpolitischer Skandal, dass die durchschnittliche Bauernpension in Österreich 6 800 S beträgt. Das muss man sich vorstellen! Und da reden Sie von der sozialen Treffsicherheit der alten Bundesregierung. (Abg. Leikam: Wer war Landwirtschaftsminister?)

Es gibt Bäuerinnen, die 40, 50 Jahre lang hart gearbeitet haben und mit 2 000 oder 3 000 S Pension abgefertigt wurden. Gestern haben wir im Hohen Hause über die Menschenrechte diskutiert, aber die Menschenrechte gelten für Sie wahrscheinlich nur für Ihre rote Klientel! Wenn es eine andere politische Gruppierung betrifft, dann ist es aus mit den Menschenrechten, dann interessiert Sie das doch überhaupt nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zur sozialen Treffsicherheit dort, wo SPÖ-Politiker verantwortlich sind. Ich habe da die Presseaussendungen aus Oberösterreich über die soziale Treffsicherheit im Ressort des Landesrates Ackerl: "Landes-Sozialabteilung: Keine Verträge, keine Kontrolle von Leistungen". "Konzeptlose Geldvergabe in Ackerls Sozialabteilung". Innerhalb von fünf Jahren ist dort eine Erhöhung um 92 Prozent erfolgt, das heißt, eine Steigerung von 370 Millionen Schilling auf 650 Millionen Schilling.

Jetzt hat der Rechnungshof die Vergabe geprüft – der Rechnungshof, nicht die Freiheitliche Partei oder eine andere Gruppierung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Schreien Sie nicht zuerst, sondern hören Sie einfach einmal zu, das ist ja keine freiheitliche Propaganda! Der Rechnungshof hat festgestellt: "Prüfungsergebnis ernüchternd:

für die Mittelvergabe existierte bei der Sozialabteilung kein Gesamtkonzept;

die zur Förderung vorgelegten Projekte wurden ungeprüft zur Kenntnis genommen;

es gibt mit den Vereinen keine schriftlichen Vereinbarungen;

die Auszahlung der Mittel" – das muss man sich einmal vorstellen, und dabei handelt es sich um Steuergelder! – "erfolgte ohne Bedarfsprüfung, weshalb die Vereine teilweise Rücklagen in zweistelliger Millionenhöhe bilden konnten" – man stelle sich vor: die Vereine bilden Rücklagen in zweistelliger Millionenhöhe, und an die sozial Bedürftigen kommt nichts, sondern das kassieren die Vereine! –;

"die Angemessenheit der Entgelte wurde nicht überprüft;

es gab keine Sollvorgaben und daher auch keine Anreize, die Landesmittel wirtschaftlich einzusetzen. Nicht weniger als 689 Millionen Schilling sollen heuer an diverse Sozialvereine für die Erfüllung von Aufgaben im Bereich sozialer Dienste ausbezahlt werden. Wobei die Betonung auf sollen liegt, denn der Rechnungshof empfiehlt nun, ,in Hinblick auf die vorhandenen Überliquiditäten und Rücklagen‘ die budgetierten Landesbeiträge an die Sozialvereine zu kürzen." – Zitatende.

Wenn der Rechnungshof nicht im Land Oberösterreich unter tatkräftiger Mithilfe der Freiheitlichen installiert worden wäre, hätten wir diese katastrophale Mittelvergabe niemals feststellen können. Dort, wo Sie die politische Verantwortung haben, herrschen nämlich solche Zustände! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.11


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Sie hat das Wort.

16.11

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eines möchte ich namens meiner Fraktion festhalten: dass von diesem Belastungspaket, von diesem Budget der unsozialen Kürzungen und Streichungen, das Sie Sparpaket nennen, die Familien in Österreich voll getroffen werden. Emmerich Talos nennt dieses Belastungspaket "eine treffsichere Erhöhung des Armutsrisikos". Die Budgetrede, die wir gestern vom Herrn Bundesminister für Finanzen gehört haben, war eine Rede eines Marketingstrategen, der durch ständige Wiederholungen seine Aussagen glaubhafter machen möchte.

Sie von der ÖVP und Sie von der FPÖ brüsten sich ja immer damit, die Familienparteien schlechthin zu sein. Meine Damen und Herren, die Wahrheit schaut allerdings ganz anders aus. Sie machen eine Politik gegen die Familien, Sie betreiben Sozialabbau, der vor allem die Familien mit kleineren und mittleren Einkommen trifft. Ihr so genanntes sozial treffsicheres Paket trifft zielsicher die Karenzgeldbezieherinnen, kinderlose Ehepartner und Ehepartnerinnen, Studenten und Studentinnen und Arbeitslose. Sie führen Studiengebühren ein, kürzen bei den Zivildienern, streichen die Mitversicherung der Ehepartner. – Das ist Ihre Politik für Familien. Sie sind einzigartig als Familienparteien. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie kürzen die Familienzuschläge zum Arbeitslosengeld um 40 Prozent, die Zuschläge zum Karenzgeld für einkommensschwache Familien um 40 Prozent, das Arbeitslosengeld für Arbeitslose mit Familie, auch für Alleinerzieherinnen und Familien mit mehr als einem Kind, das Arbeitslosengeld für Frauen, die wegen Betreuungspflichten die Berufstätigkeit länger unterbrechen. Sie streichen das Weiterbildungsgeld für die Zeit nach der Karenz und die Kindergartenmillionen. Dazu kommt jetzt noch eine weitere Belastung der Länder und Gemeinden durch den 29,5-Milliarden-Schilling-Beitrag zur Budgetkonsolidierung, was natürlich zu Lasten des Ausbaues der Kinderbetreuungseinrichtungen gehen wird. – Man muss also sagen: Sie von ÖVP und FPÖ haben scharf gezielt und voll getroffen.

Wenn der Herr Finanzminister zur ganzen Budgetdebatte eine Minute knapp vor 15 Uhr spricht und dann noch beleidigt reagiert, obwohl ihn der Präsident aufmerksam macht (Abg. Achatz: Er ist unterbrochen worden!), dass er nur noch eine Minute bis 15 Uhr Zeit hat – eine Minute zu einer stundenlangen Budgetdebatte! –, dann weiß man, was den Herrn Bundesfinanzminister das ganze Budget und dieses Belastungspaket wert ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: "Der Bundesminister für Finanzen"! Den "Bundesfinanzminister" gibt es in Deutschland!) Jawohl, es gibt auch einen Namensvetter Westenthalers namens Westfahl in Deutschland, der relativ sympathisch ist. Sie heißen ja leider Westenthaler, oder?

Darüber hinaus schmücken sich der Herr Bundesminister und die Frau Vizekanzlerin mit fremden Federn. In seiner Budgetrede hat Grasser gestern gesagt: Ungefähr 25 Prozent der Steuerpflichtigen sind auch nach 2001 bessergestellt als 1999. Sie sind bessergestellt, ja, und zwar durch eine Steuerreform, die gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen worden ist! (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wir müssen doch das Beste daraus machen!) Von wem wohl, Herr Khol? – Da Sie immer so tun, als ob Sie nie an der Regierung beteiligt gewesen wären, frage ich mich, wer die Steuerreform beschlossen hat. 1998 wurde auch ein Familienpaket mit 12 Milliarden Schilling beschlossen, die erste Etappe ist bereits in Kraft getreten und finanziert.

Diese Regierung bestehend aus ÖVP und FPÖ greift mit einer Hand gleich mehrmals in die Taschen der Familien und stellt mit der anderen Hand in Aussicht, zukünftig irgendetwas gewähren zu wollen, nämlich ein Kinderbetreuungsgeld. Diesen Kuschelkurs, den Sie fahren und uns vorspielen, wird sich der Wähler nicht mehr länger gefallen lassen, wir haben das Wahlergebnis in der Steiermark gesehen. Wenn wir das sagen, lachen Sie uns aus. (Abg. Dr. Khol: 57 000 Stimmen haben Sie verloren! – Abg. Schwarzenberger: Um 10 000 mehr als die FPÖ!) Da kann ich nur auf eines hinweisen: Der stellvertretende Klubobmann der FPÖ im Parlament


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Fischl ist zurückgetreten und legt alle Funktionen zurück. So "gelassen" – unter Anführungszeichen – stehen Sie Ihrem Wahlerfolg in der Steiermark gegenüber.

Familienministerin Sickl jubiliert in einer Aussendung stolz, dass der FLAF 14,6 Milliarden Schilling zur Budgetkonsolidierung beitragen wird. Was heißt das hübsche Wort "Abschöpfung der Fonds" – wie es der Herr Finanzminister nennt – im Konkreten? – Im Klartext heißt das, Sie verwenden zweckgebundene Mittel, Familiengelder zum Stopfen der Budgetlöcher – eine Angelegenheit, die von der Frau Abgeordneten Haller von der FPÖ all die Jahre kritisiert worden ist. (Abg. Schwarzenberger: Das hat Edlinger auch schon gehabt!) Was machen Sie jetzt? – Ihre politische Glaubwürdigkeit haben Sie damit wirklich dokumentiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie, Herr Khol, immer fragen: Wer war denn Finanzminister? Wer war denn Bundeskanzler?, dann kann ich nur fragen: Wer waren denn die Familienminister und Familienministerinnen seit 1987? – Vier Familienministerinnen und ein Familienminister haben zu dem FLAF-Debakel, zum Debakel des Familienlastenausgleichsfonds beigetragen und zu verantworten, dass wir 1995 und 1996 ein Sparpaket schnüren mussten.

Was haben denn Sie von der ÖVP dazu beigetragen, als es darum ging, für die soziale Gerechtigkeit bei der Finanzierung des FLAF zu sorgen? – Durch mehr Beiträge von Bauern, von Gewerbetreibenden, von Selbständigen, die Einführung einer wertschöpfungsbezogenen Abgabe? Jetzt lassen Sie sich noch ein Gustostückerl einfallen. Zur Finanzierung des Karenzgeldes im Jahre 2001 wird der FLAF nichts mehr beitragen. Es werden keine Mittel fließen. Das bedeutet, dass der Arbeitslosenversicherungsfonds alleine das Karenzgeld zahlen muss. Das bedeutet im Klartext: Die Arbeitslosen müssen mit ihren Mitteln aus der Arbeitslosenversicherung die Wahlzuckerl der ÖVP und der FPÖ, nämlich das versprochene Kinderbetreuungsgeld, das Kindergeld für Millionäre bezahlen. (Rufe bei der SPÖ: Unerhört!)

Apropos Kinderbetreuungsgeld: Bis heute gibt es keine Information hier im Hause, die Auskunft darüber gibt, wie dieses Kinderbetreuungsgeld aussehen, wie es finanziert werden soll, ob die Aussage der Frau Generalsekretärin und der Wahlkämpferin Zierler stimmt, dass die Eltern von ab 1. Juli 2000 geborenen Kindern in den Genuss von zwei Jahren Karenzzeit kommen. Sie täuschen einfach die jungen Menschen.

Noch eine Anmerkung zu den Kinderbetreuungsplätzen und den Öffnungszeiten. Im Bericht zur Erhöhung der Treffsicherheit im Sozialsystem, den ja Sie von ÖVP und FPÖ in Auftrag gegeben haben, steht eindeutig drinnen, dass nur eines den Familien und den Berufstätigen hilft, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können: Kinderbetreuungseinrichtungen auszubauen und die Öffnungszeiten bedarfsgerecht anzupassen.

Was machen Sie von ÖVP und FPÖ? – Sie wischen alle Expertenmeinungen und Vorschläge vom Tisch und ignorieren sie. Kein Wort über deren weiteren notwendigen Ausbau, kein Schilling dafür im Budget 2000. Angesichts dieser Tatsachen, meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, unterlassen Sie es künftig, sich hier herzustellen und zu sagen, Sie seien die Parteien für die Familien! (Beifall bei der SPÖ.)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Er hat das Wort.

16.20

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu den Ausführungen meiner Vorrednerin, der Frau Mertel, schon auch etwas sagen. Frau Mertel, ganz egal, wer jetzt die Steuerreform beschlossen hat, Faktum ist, dass die Steuerreform zu finanzieren ist, und zwar im Budget. Bei einer Bilanz muss man halt das Gesamte sehen. Wenn Sie hier die Aussagen von Professor Talos ansprechen, dann muss ich dem entgegenhalten, dass man auch die Familiensteuerreform oder die Familienreform zu den Förderungen dazunehmen muss. Dann schaut natürlich die Bilanz ganz anders aus. Eine Gesamtsichtweise wäre also etwas objektiver.


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Zum Zweiten möchte ich aus Sicht der Wirtschaftskammer, weil wir hier öfters angesprochen worden sind, zum Ziel der Null-Neuverschuldung sagen, dass das ein wichtiges Ziel ist, akzeptiert und natürlich auch mitgetragen wird. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Die Europäische Währungsunion fordert formal, dass Einnahmen und Ausgaben einigermaßen im Einklang stehen und dass die Gesamtverschuldung reduziert wird. Warum ist das aber für unseren Standort – Herr Dr. Einem und auch andere haben auf dieses Motiv hin mehrere Fraugen gestellt – so wichtig? – Das ist, meine Damen und Herren, deshal so wichtig, weil jeder Tag, den wir für die Schuldenbedienung arbeiten, ein verlorener Tag ist, ein Tag, an dem wir an Wettbewerbsfähigkeit verlieren! Die Konkurrenz investiert längst in Forschung, Entwicklung und Bildung, während wir immer noch Schulden zurückzahlen. Wir reden jetzt von einem Nulldefizit, davon, dass die Neuverschuldung nicht erweitert wird, während sieben Länder in der Europäischen Union bereits Überschüsse erwirtschaft haben.

Herr Professor Van der Bellen, Sie haben es heute akademisch dargestellt. Im Endeffekt ist klar: Wenn ich das für etwas verwende, dann ist es möglicherweise, wenn es im Budget ist, eine Ausgabe und nicht die Verwendung des Überschusses – darüber kann man streiten. Im Endeffekt geht es darum: Was wird mit dem Geld getan? Die anderen Länder machen etwas Positives, Konkurrenz förderndes. Wir machen das nicht.

Herr Dr. Einem hat in diesem Zusammenhang auch gesagt: Der Häuselbauer investiert ja auch und macht Schulden. Es kommt also auf die Qualität der Schulden an. Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren, wir haben in letzter Zeit die falschen Schulden gemacht, für die Verstaatlichte enorme Summen ausgegeben, um dort die Strukturen zu halten, für die Konsumnachfrage, berühmtes Deficit-Spending vergangener Tage. Und wir haben nicht investiert in die Bundesbahnen, nicht investiert in den Straßenbau, nicht investiert in die Forschung. Und das alles ist das Problem.

Meine Damen und Herren! Warum reden wir von der Wirtschaft immer von einem Notopfer? – Weil in der Form natürlich schon einiges klar ist, und der Herr Finanzminister hat es ja gestern angesprochen. Er hat sich bei der Wirtschaft wie auch bei anderen Gruppen dafür bedankt, dass sie diese 15 Milliarden Schilling mit tragen, die aus unserer Sicht eine Belastung darstellen. Aber er hat dann einen zweiten Satz gesagt, der lautete: Wir haben nach der Sanierung wieder eine Chance, diesem Land eine Perspektive der Entlastung zu eröffnen.

Warum, meine Damen und Herren? – Das ist auch ganz klar: weil wir jetzt eine Steuerquote von 46 Prozent haben, wobei 46 Prozent 2 Prozent über dem europäischen Durchschnitt sind. Daher heißt es für die Wirtschaft: Wenn wir konkurrenzfähig sein wollen, dann brauchen wir in diesem Bereich eine Reduktion der Staatsausgaben von derzeit 53 Prozent auf etwa 51 Prozent gemessen am BIP. Das ist der internationale Durchschnitt. Und wenn wir wirklich die beste Verwaltung Europas wollen, Herr Staatssekretär, dann wird es im Jahr 2001 nicht ausreichen, 5 Milliarden Schilling zu bringen und nächstes Jahr 11 Milliarden Schilling, sondern dann müssen wir, wenn wir das umsetzen, 60 Milliarden Schilling einsparen. Daher sehe ich schon eines – und das möchte ich aus Sicht der Wirtschaft kritisch bemerken –: dass der Konsolidierungsbedarf in der Form noch konkretere Maßnahmen erfordert.

Auf diesem Weg zu den konkreteren Maßnahmen möchte ich auch die Gewohnheit ansprechen, immer wieder Überschüsse aus den Fonds abzuziehen. Das ist aus zweifachem Grund schlecht: erstens weil dadurch Versicherungsmittel, die aus Unternehmerbeiträgen bezahlt werden, wegkommen und zweitens weil es zwar sehr bequem ist, wenn man Mittel aus Fonds abziehen kann, der Reformbedarf dadurch aber verdeckt wird.

Daher, meine Damen und Herren: Wenn wir irgendwo Lösungen wie bei den Saisoniers haben, wenn es Sozialpartnereinigungen gibt, dann soll man diese entsprechend einbeziehen. Wenn es Möglichkeiten zur Beitragssenkung gibt, dann soll man sie auch nutzen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen: Lohnnebenkostensenkung müssen wir uns immer vorwerfen lassen. Im Budget 2001 ist nichts drinnen, in der Regierungsvereinbarung steht aber: Unfallversicherungsbeitragssenkung und Insolvenzfondssenkung. Ich möchte aus unserer Sicht schon


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bitten, dass man das auch entsprechend umsetzt, wenn es uns in der Diskussion schon vorgeworfen wird.

Meine Damen und Herren! Aus Sicht der Wirtschaft wollen wir ein saniertes Budget. Wir wollen aber auch ganz konkrete Maßnahmen, die sich im Strukturbereich abzeichnen, damit diese Sanierung auch auf Dauer ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hartinger. – Bitte.

16.25

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wie hat unser Finanzminister gesagt? – "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget." Ich möchte diesen Satz noch erweitern. Es wird Sie, Herr Staatssekretär, sicherlich sehr freuen, wenn ich sage: Ein saniertes Budget beginnt mit einem guten Controlling.

Controlling bedeutet Steuerung der Leistungen und der Kosten unter Voraussetzung der Setzung von Zielen. Herr Kollege Öllinger hat heute gemeint, dass man sich Ziele setzen muss und sich über Ziele einigen soll. Vielleicht könnten ihm die Kollegen ausrichten, mit den Grünen wollen wir uns sicherlich nicht über Ziele einigen, da ihre Ziele nicht unsere Ziele sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Soll ich ihm das ausrichten?) Ja bitte, richten Sie ihm das aus!

Finanzminister Grasser hat konkrete operationale Ziele genannt, beispielsweise dass ab 1. Jänner 2001 das Kindergeld für alle kommt, dass die Senkung der Lohnnebenkosten da ist, dass es eine Offensive in der Forschung und Entwicklung geben wird. Meine Damen und Herren! Das sind mittelfristige und langfristige familienpolitische und auch wirtschaftspolitische Steuerungsmaßnahmen.

Herr Finanzminister Grasser hat in jedem Ressort Kennzahlenentwicklung, Benchmarking, Anreizmechanismen initiiert. Wichtig sind Informationen und Transparenz, sinnvolle Vergleiche und nicht, Herr Kollege Edlinger, der Vergleich von Äpfeln mit Birnen, wie Sie es immer so gern tun. Sie vergleichen nämlich manchmal nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern Sie machen auch aus einer Mücke einen Elefanten, oder manchmal ist nicht einmal eine Mücke vorhanden, nämlich indem Sie Angst machen, Angst schüren (Abg. Edlinger: Sie schauen gar nicht so geschreckt aus!), beispielsweise Ausgliederung mit Privatisierung vergleichen. Schauen Sie die Taferl an, die Sie da bringen, Herr Kollege Edlinger. (Abg. Edlinger: Die Vergleiche sind alle korrekt!) Alle korrekt? Wirklich? (Abg. Neudeck: Ihre Zahlen waren ja bisher nicht richtig!) Haben Sie sie geprüft? – Das glaube ich. Ich würde sie auch gern prüfen, denn ich bin überzeugt davon, dass diese falsch sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Edlinger! Mir ist auch klar, warum sie falsch sind und warum das Budget Ihnen quasi entglitten ist: Sie hatten kein entsprechendes Controlling, Sie hatten keine Ziele, Sie hatten keine Transparenz und keine Planung. (Abg. Edlinger: Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden! Controlling: 1998 installiert!)

Herr Kollege Edlinger! Schauen Sie, der Herr Finanzminister hat ein gutes Controlling, ich selbst bin auch von der Ausbildung her Controller. Ich kann Ihnen vorschlagen, wenn Sie in Ihrer Partei Schwierigkeiten mit Ihrem Budget haben: Wir beraten Sie gerne. Das Grundwerkzeug des Controlling hat Ihnen nämlich gefehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unser Finanzminister hat das Budget saniert durch moderne, effiziente Methoden. Er kommt aus der Privatwirtschaft, und er weiß, wie man dort managen muss. Im Prinzip gibt es keinen Unterschied, ob man jetzt ein Profitunternehmen oder ein Nonprofitunternehmen, wie eben den Staat Österreich, steuern muss.

Noch etwas darf ich Ihnen sagen, Herr Kollege Edlinger, denn ich habe mich auf wissenschaftlicher Ebene auch damit beschäftigt, was da die Unterschiede sind. (Abg. Edlinger: Es tut mir Leid: Dass Sie sich wissenschaftlich damit beschäftigt haben, merkt man nicht, gnädige


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Frau! Seien Sie mir nicht böse!) Ich verspreche Ihnen eines: Bei der Sozialversicherung werden wir auch noch das Controlling durchführen, damit die dort effizienter arbeiten und nicht nur Proporzwirtschaft durchsetzen.

Wir Freiheitliche wollen generell klare Ziele, Planung und Transparenz quer durch alle Bereiche. Unsere Regierung hat das Schiff Österreich auf den richtigen Kurs gebracht – einen Kurs in einen schönen Tag in einem schönen Österreich, in einem lebenswerten Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Er hat das Wort.

16.30

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich entzückend, wenn eine junge Kollegin relativ unbedarft über die politische Arbeit des Finanzministers Edlinger hier spricht und eigentlich nicht einmal weiß, welche Maßnahmen von Edlinger eingeführt wurden und von Herrn Grasser jetzt exekutiert werden dürfen. Voriges Jahr wurden alle Beschlüsse, was die Controllingaktivitäten betrifft, in diesem Hause gefasst. (Abg. Neudeck: Überheblich steht Ihnen nicht gut!) Aber es ist ja an sich im Verlauf des gesamten Tages die Debatte in diese Richtung gelaufen.

Wir sind in der besonderen Situation, dass nach einer sehr erfolgreichen Konsolidierungspolitik in den letzten vier Jahren, in denen die Neuverschuldung von 5 Prozent auf 2,5 Prozent reduziert (Abg. Neudeck: Sie sind erst zugezogen, oder haben Sie die letzten Jahre hier erlebt?) – lieber Kollege, hören Sie einmal zu! – und wesentlich sensibler damit umgegangen wurde (Abg. Neudeck: Statistik!), bei den Sozialleistungen einzugreifen, und auch wesentlich weniger eingegriffen wurde, Sie, meine Herren, heute die Verschuldung um nur ein Prozent reduzieren und damit aber eine Katastrophe im Sozialbereich anrichten, Sozialversicherungen zerstören, Arbeitslosenversicherungen die gesunde Basis entziehen, um nächstes Jahr wahrscheinlich dann mit der Behauptung auf den Markt zu kommen, auch da müsse konsolidiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass man schlagwortartige Vergleiche anstellen kann: geringste Steuerquote in Europa während der letzten Bundesregierung – höchste Steuerquote aller Zeiten hier in Österreich mit dieser neuen Bundesregierung; gleichzeitig die höchste Inflation in Europa – die niedrigste Inflation in Europa mit den Sozialdemokraten in den letzten vier Jahren; Hochkonjunktur in ganz Europa – Konjunktureinbruch im kommenden Jahr in Österreich; Konjunktur geringer als Inflation, das heißt zusätzlich Neuverschuldung in den kommenden Budgets.

In diesem kurzen, schlagwortartigen Aufriss ist, glaube ich, schon dargestellt, dass Sie in Wahrheit überhaupt nicht konsolidieren. Sie werden auch nicht die Null-Verschuldung herstellen, und der Bund wird sich auch weiterhin mit mehr als einem Prozent neu verschulden, das heißt also, die Österreicherinnen und Österreicher werden auch in Zukunft die Neuverschuldungsproblematik haben. Ich bin überzeugt davon, dass Sie mit dieser Politik, die Sie tatsächlich betreiben, und der Politik, die Sie hier propagieren, in Wahrheit Schiffbruch erleiden werden.

Besonders dramatisch finde ich die ÖVP-Situation in diesem Punkt: Wenn man weiß, dass Sie hier hereingehen und gegen die Wahrheit sprechen, dass Sie Ihre eigene Geschichte verleugnen müssen, dann frage ich mich: Wo hängen Sie Ihr Gedächtnis auf, bevor Sie hier herkommen, wo legen Sie Ihren Magen hin, bevor Sie hier hereinkommen? – Ich glaube, es gibt keinen freien Sitzplatz mehr im ÖVP-Klub.

Ich glaube, es wird zu wenig sein, wenn Sie mit politischen Einzeilern hier agieren, denn Sie werden als politische Einzelle wirklich übrig bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.


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41. Sitzung / Seite 115

16.34

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Ich möchte mich noch einmal zum Thema "soziale Treffsicherheit" äußern. Die Regierung hat sich dazu bekannt, dass Schuldenpolitik die unsozialste Form von Politik ist. Das Reformziel ist daher formuliert: Keine neuen Schulden, denn – wie einige bereits ausgeführt haben – die Schulden von heute sind die Steuern von morgen und kosten im Endeffekt Arbeitsplätze von übermorgen.

Wenn man ganz ehrlich diskutiert und in die Zukunft schaut, dann muss man schon sagen: 680 Millionen Schilling Zinstilgung und Tilgung pro Tag – was könnten wir alles mit diesem Betrag machen? Und man muss auch sagen – ich möchte das jetzt auf die einzelne Person zurückrechnen –, das würde für jeden Erwerbstätigen heißen, dass er 7 300 S pro Monat mehr zur Verfügung hätte. (Abg. Dr. Van der Bellen: Quatsch!) Ich glaube, das allein zeigt, dass im Grunde die Schulden von heute verbaute Chancen von morgen sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund hat sich die Regierung dazu bekannt, auch im Sozialbereich zu schauen: Wo braucht es mehr Hilfe, und wo können wir einsparen? Ich glaube, bei einem Sozialbudget von 700 bis 800 Milliarden Schilling sind Einsparungen in der Höhe von 0,6 Prozent zwar nicht erfreulich, aber doch zumutbar. Es ist meiner Ansicht nach falsch, von Stillstand zu sprechen oder gar von Rückschritt zu reden, sondern es sind eben Reformschritte notwendig, um hier Änderungen herbeizuführen.

Ich möchte schon auch sagen: Sozialpolitik heißt für mich nicht nur Geld verteilen, sondern bei der Sozialpolitik stellt sich auch die Frage: Wie gehen wir miteinander um? Gerade in der Debatte zu den Sozialthemen sind von Ihrer Fraktion Ausdrücke wie Totengräber Khol, Totengräber des Sozialstaats, Willkürakt, Gräueltaten, Schröpfstaat gefallen. (Abg. Silhavy: "Totengräber Khol" ist nicht gefallen!)  – Da frage ich mich schon: Ist das sozial, wenn wir so miteinander umgehen? – Ich bezweifle das. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, es war auch nicht sozial und frauenfreundlich, was du, Kollege Gartlehner – ich schätze dich sehr –, zu den Ausführungen der Kollegin Hartinger gesagt hast. Das Controlling hat meiner Meinung nach bei deinen Worten hier auch sehr versagt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen von Kollegin Haidlmayr möchte ich sagen: Mich hat das betroffen gemacht. Ich glaube, auch hier heißt es, sozial zu sein. Auch wenn man behindert ist, kann man den anderen nicht alles zumuten und an den Kopf werfen. Und sie hat zu uns gesagt: In Ihren Köpfen sind Sie zu 200 Prozent behindert. – Ich kann das nicht akzeptieren, für niemanden hier im Hause! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich würde Sie, Herr Dr. Van der Bellen, bitten, dass auch Sie mit ihr sprechen, denn ich meine, das ist wirklich unzumutbar. Sie hat von Dr. Stummvoll gefordert, dass er sich für seine Aussage entschuldigen soll; ich möchte sie dann zitieren. Ich glaube, Frau Abgeordnete Haidlmayr sollte sich bei uns allen für diese Aussage entschuldigen.

Ich möchte auch noch eine Berichtigung von Dr. Stummvoll bringen. Es ist um die besagten 2 Milliarden Schilling gegangen, und er hat richtiggestellt, dass es eben so ist, dass diese 2 Milliarden Schilling nicht von den Behinderten genommen werden, sondern dass 1 Milliarde Schilling für die Behindertenpolitik zur Verfügung steht und dass diese wirklich sinnvoll eingesetzt werden soll. Und dazu möchte ich jetzt Stellung nehmen.

Die Arbeitslosigkeit sinkt – Gott sei Dank! – in allen Bereichen in Österreich. Wir sind sehr froh darüber, einen so hohen Beschäftigtenstand zu haben, wie das noch nie in dieser Republik der Fall war; und Gott sei Dank sinkt die Arbeitslosigkeit. Sie sinkt nur in einem Bereich nicht, das ist eben der Bereich der Behinderten, und die Regierung bekennt sich dazu, dass wir da aktiv sein müssen und wirklich vor allem junge Menschen in Beschäftigung bringen müssen. Wir sollten versuchen, für junge Menschen, aber auch für ältere Behinderte, die große Probleme am Arbeitsplatz haben – man spricht davon, dass zwischen 20 und 37 Prozent der Behinderten Arbeitsmöglichkeiten suchen –, gemeinsam mit den Ministerien, mit den Sozialpartnern und mit


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den Behindertenverbänden in Solidarität Lösungen zu finden, um eben den Behinderten zu helfen und sie zu integrieren. Ich glaube, dass wir da wirklich wesentliche Schritte setzen könnten.

Ich bin froh, dass zum Beispiel in der Zeitschrift "Bizeps" steht: "Die Aktion kam überraschend, da die hohe Arbeitslosenrate von behinderten Menschen bisher sehr selten ein Thema der Bundesregierungen ist bzw. war." – Zitatende.

Ich glaube, es spricht für sich, dass wir in diesem Bereich bereit sind, etwas zu tun, dass wir bereit sind, eine Offensive für die behinderten Menschen zu setzen und sie nicht an ihren Defiziten zu messen, sondern vielmehr an ihren Fähigkeiten. Wir werden sicherstellen, dass wir – wenn sie im Arbeitsbereich tätig sein wollen – ihnen auch dazu verhelfen, Arbeitsplätze zu finden.

Generell meine ich, ein Ende der Schuldenpolitik heißt: Österreich in Zukunft schuldenarm, aber eben – so wie es in unserer Bundeshymne heißt – zukunftsreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dipl.-Ing. Schöggl. Er hat das Wort.

16.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Professor Van der Bellen, Sie haben uns heute in der Früh mit Überheblichkeit von diesem Pult aus die Welt erklärt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Vergeblich!) Ich glaube, Sie sind zu viel mit Ihren eigenen Leuten zusammen, Sie sollten mehr unter die anderen gehen. Ich konnte bis heute nicht glauben, dass Sie eigentlich der Typus von Professor sind, gegen den die Studenten irgendwann einmal demonstrieren könnten. Aber wenn Sie es in Ihren Vorlesungen so machen wie hier, dann halte ich auch Demonstrationen für berechtigt.

Herr Professor Van der Bellen! Sie wissen, dass es Untersuchungen gibt, die ganz klar nachweisen, dass es einen Hebeleffekt von etwa 1: 20 in puncto Forschungsschilling zu Umsatzschilling gibt und einen Hebeleffekt von etwa 1: 10 in puncto eingesetzter Förderschilling zu Investitionsschilling. Das ist vom FFF nachgewiesen.

Zweitens – da liegen allerdings noch keine gesicherten Statistiken vor –: Mit der Steuerreform wurde ein Forschungsfreibetrag eingeführt. Ich denke, dass das sogar eine Motivation dafür sein wird, dass die Unternehmer ihre Statistiken exakter führen. Bisher war es so, dass die Forschungsstatistiken eher so mitgelaufen sind und die Forschungsausgaben in den Unternehmen nicht exakt erfasst wurden. Wenn sich jetzt aber daraus steuerliche Vorteile ergeben, dann werden auch die Statistiken besser sein, und das wird sich auch auf die Forschungsquoten auswirken. Ich bin davon wirklich überzeugt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie war es denn bisher? – Für den FFF hat es kein Budget gegeben. Es hat also keine mittelfristigen Ansätze gegeben. Teilweise haben Leute, die in der Forschung tätig sind, um ihren Lebensunterhalt gezittert. Es hat zwar eine Technologiemilliarde über drei Jahre gegeben, es ist uns jedoch nie gelungen, wirklich richtig Transparenz hineinzubringen, die ersichtlich macht, wie diese Gelder geflossen sind. Jetzt gibt es faktisch fast das Dreifache über drei Jahre. Das kann man nicht so einfach wegwischen, weil dies wirklich ein zukunftsorientierter Schritt ist, den diese Regierung in den Bereichen Technologie, Forschung und Forschungsförderung setzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage aber auch, dass Geld allein nicht alles ist, denn es müssen auch die entsprechenden Projekte dahinter stecken.

Zusammenfassend: Der österreichischen Forschungs- und Technologiepolitik geht es unter dieser Regierung gut. So gut ist es ihr unter den vergangenen Regierungen von Rot-Schwarz, so weit ich weiß, nie gegangen. Basis dafür ist die Erkenntnis, dass nur Arbeitsplätze in innovativen, forschungsorientierten Unternehmen sichere und zukunftsorientierte Arbeitsplätze sind. Wir wissen, dass heute erfolgreiche Unternehmen – Herr Stummvoll, Sie werden das sicher be


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stätigen können –, 85 Prozent ihres Umsatzes mit Produkten machen, die vor fünf Jahren noch nicht auf dem Markt waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur drei Zahlen: Der Forschungsförderungsfonds ist mit 561 Millionen Schilling dotiert – er ist im Jahre 2000 mit 530 Millionen Schilling dotiert –, der FWF mit 569,5 Millionen Schilling – er ist mit etwa 500 Millionen Schilling dotiert, wenn man die Nationalbank-Mittel dazugibt –, und sogar der ITF ist mit 217 Millionen Schilling so ausreichend dotiert, dass die Verpflichtungen, die sich auch aus den ESA-Programmen und so weiter ergeben, erfüllt werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider ist meine Redezeit schon fast abgelaufen, trotzdem noch Folgendes: Es ist viel zu tun in diesem Bereich. Der von uns eingesetzte Rat für Forschung und Technologie hat große Herausforderungen zu bewältigen. Es geht um Kompetenzbereinigungen, es geht um die Umgestaltung von Forschungs- und Entwicklungseinheiten, die kritische Größen erreichen, und es geht darum, die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft zu stärken. Es geht darum, dass wir das Problem und Projekt Großforschungseinrichtung angehen, und es geht darum, die Effizienz der eingesetzten Mittel zu überprüfen und zu steigern.

Abschließend zwei grundsätzliche Sätze: Erstens: Durch unsere Forschungs- und Technologiepolitik muss sich der Grundsatz "Stärken stärken!" ziehen. Das heißt, dort, wo wir jetzt schon stark sind, müssen wir noch besser werden, um uns auf den Weltmärkten behaupten zu können.

Zweitens: Auch in der Technologiepolitik müssen die Gesellschaft, der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Wir Freiheitlichen stehen für diese anthropozentrische Technologie- und Forschungspolitik.

Herr Staatssekretär! Viel Erfolg bei der Umsetzung dieses richtungweisenden Budgets. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

16.45

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Für eine Aussage bin ich Kollegen Schöggl wirklich dankbar, er hat nämlich gemeint, man könne ja, wenn Professor Van der Bellen so weitermache, ruhig auch gegen ihn demonstrieren. Kollege Schöggl, wenn das ein Grund ist, gegen Professor Van der Bellen, den wir ja alle kennen, zu demonstrieren, um wie viel mehr haben die Studenten dann Grund, gegen diese Bundesregierung zu demonstrieren? Die redet nämlich gar nicht mehr mit ihnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zweitens: Kollegin Gatterer hat gemahnt, wir sollten mit dem Begriff "sozial" nicht so leichtfertig umgehen, ihn auch im gegenseitigen Gespräch nicht so locker verwenden. Was mir, was uns im Zusammenhang mit dem Begriff "sozial" aufgefallen ist, ist, dass er in der Rede des Finanzministers gar nicht mehr vorgekommen ist. Auf Seite 1 der schriftlichen Ausführung seiner Rede spricht er nur noch von einer "liberalen und fairen Marktwirtschaft". Den Begriff "soziale Marktwirtschaft" hat die Bundesregierung offensichtlich bereits entsorgt, und auch das sollte uns zu denken geben, wenn wir dieses Programm zunächst einmal im Großen betrachten.

Was mich und viele andere wirklich erschreckt hat an der Rede des Finanzministers – ich denke, Sie, Herr Staatssekretär, haben auch daran mitgewirkt –, ist das hohe Ausmaß, in dem der Finanzminister unser Land Österreich schlecht gemacht hat. Die Darstellung des Zustandes Österreichs durch den Finanzminister ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) – Lesen Sie seine Rede nach, Kollege Firlinger!

Nach dem, wie dieser Finanzminister diese Republik niedergemacht hat, müsste jemand, der Gläubiger dieser Republik ist, sofort die Schulden eintreiben, sobald er das gehört hat. Diese


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Rede allein würde ausreichen, um uns auf den internationalen Märkten großen Schaden zuzufügen. (Abg. Mag. Kukacka: So ein Schwachsinn!) Das sollte sich auch ein Finanzminister überlegen, wenn er über das Budget spricht. (Abg. Mag. Kukacka: Das Gegenteil!) – Lesen Sie das nach, Kollege Kukacka! Der Finanzminister hat die Republik Österreich ganz anders dargestellt als der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung. (Abg. Schwarzenberger: Der Kostelka hat uns alle schlecht gemacht!)

Ein erklärtes Ziel der Bundesregierung wäre es, Bürokratie abzubauen, lesen wir immer wieder. Ich möchte an den Herrn Staatssekretär ganz eindringlich appellieren, über eine Bestimmung noch einmal gut nachzudenken und sie nicht zu beschließen, und zwar betrifft sie jenen Bereich, wo Sie die Besteuerung und die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Lehrenden in der Erwachsenenbildung neu regeln wollen.

Herr Staatssekretär! Das ist nicht vollziehbar. Wir haben mit Vertretern einer Reihe von Erwachsenenbildungseinrichtungen gesprochen, und in erster Linie geht es darum, dass durch diese Maßnahme Erwachsenenbildung für die Teilnehmer massiv verteuert wird.

Herr Staatssekretär! Reden Sie einmal mit jemandem von einer Fachhochschule. Die Fachhochschulen haben Lehrende aus verschiedenen Bereichen, das sind hoch qualifizierte Leute, und die brauchen wir auch in den Fachhochschulen, die brauchen wir in der Erwachsenenbildung generell, wenn ich etwa an den gesamten IT-Bereich denke. Wir bekommen zu diesen Bedingungen niemanden, der an einem Wochenende, weil das im Lehrplan so steht, Stunden an einer Fachhochschule für Berufstätige hält. Wir bekommen zu diesen Bedingungen niemanden mehr. Die lassen sich nicht als Dienstnehmer anmelden, sondern die hatten bisher einen Werkvertrag, erbringen eine Werkleistung und möchten auch so behandelt werden. Sie riskieren, das Ziel, in der Erwachsenenbildung, in der Weiterbildung etwas zu erreichen, bei weitem zu verfehlen, wenn Sie die Erwachsenenbildungseinrichtungen mit dieser Maßnahme an den Rand des Ruins treiben. Ich muss das so scharf sagen, weil es auch so scharf zu sehen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Fachhochschulen – das ist ein Stichwort. Wir finden im Budget überhaupt nichts, was den Ausbau der Fachhochschulen im Bereich Gesundheit und Soziales anlangt. Auch das wäre ein Ziel gewesen. Es finden sich null Schilling dafür. Das heißt: Sagen Sie allen, die in diesem Sektor Fachhochschulprojekte eingereicht haben – es sind in ganz Österreich 20 an der Zahl –, dass sie zumindest ein weiteres Jahr – wenn ich das Budget 2002 sehe, muss ich sagen: dann noch ein weiteres Jahr – werden warten müssen. Das ist für die Entwicklung des Fachhochschulsektors ebenfalls negativ.

Abschließend zu den Studiengebühren – wir haben hier sicher noch Gelegenheit, ausführlich darüber zu sprechen –: Faktum ist, dass die derzeitige Regelung überhaupt nichts vorsieht für die Situation, dass jemand berufstätig ist und studiert. "Lebensbegleitendes Lernen" haben sich doch alle hier auf die Fahnen geschrieben. Jene, die neben ihrem Beruf ein Studium absolvieren wollen, werden das in Zukunft zu diesen Bedingungen – wie diese Gesetze ausschauen – nicht mehr machen können. Das ist kontraproduktiv.

Besonders zynisch finden wir eine Aussage in den Erläuternden Bemerkungen. Es ist unbestritten, dass die Akademikerquote, die ohnedies niedrig ist, durch diese Maßnahme sinken wird. Die Frage unter Experten ist, wie weit sie sinken wird. Werden wir dann noch 150 000 Studierende haben, 130 000 oder wie viele? Es ist daher blanker Zynismus, dass in den Erläuternden Bemerkungen zu diesen Maßnahmen steht:

Die Sicherung der Studienmöglichkeit von Studierenden aus wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsschichten trägt zur Erhaltung und Ausweitung des Arbeitskräftepotentials mit höchster Qualifikation bei. – Zitatende.

Das ist blanker Zynismus, denn das ist das Gegenteil dessen, was eintreten wird; das wissen auch alle.


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Dieses Gesetz leidet noch unter einem weiteren Mangel. Ich frage Sie: Was geschieht, wenn im Herbst 2001 die Studierenden sagen, dass sie diese Gebühr nicht zahlen? Was geschieht dann? Was werden Sie dann sagen? Sie werden dann sagen, dass sie die Gesetze brechen, oder? Nur: Dieses Gesetz hat mit einem Gesetzesbruch begonnen, Kollege Khol, denn das Begutachtungsrecht ist ein gesetzlich verbrieftes Recht, und das Begutachtungsrecht wurde von dieser Regierung eindeutig gebrochen. Erwarten Sie daher dann nicht, dass sich die Studenten im nächsten Herbst genau an die Gesetze halten. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

16.51

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget 2001 ist ein Neustart für die Finanz- und Budgetpolitik in Österreich. 30 Jahre SPÖ-Finanzminister haben allen Österreicherinnen und Österreichern einen immens hohen Schuldenberg beschert. Einer der "Schuldenbarone" dieser Republik, Ex-Finanzminister Edlinger, hat hier vom Rednerpult aus gemeint: Wir haben einen geordneten Haushalt übergeben! Er hat den Plenarsaal verlassen, ich hätte ihm gerne gesagt, dass er nicht einmal sein Büro ordnungsgemäß übergeben hat, geschweige denn einen ordnungsgemäßen Haushalt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Niemand – niemand! – kann auf Dauer mehr Geld ausgeben, als er einnimmt, kein Privater, kein Unternehmer, aber auch kein Staat. (Abg. Reheis: Sie waren ja selbst 14 Jahre lang in der Regierung! Was soll das?) Ich sage Ihnen eines – Sie können das gar nicht oft genug hören; merken Sie sich das! –: Wir haben in der Zeit, in der die ÖVP den Finanzminister gestellt hat, einen Bruchteil jener Schulden dieser Republik gemacht, die in der Zeit entstanden sind, in der Sie von der SPÖ den Finanzminister gestellt haben. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Ich sage Ihnen noch etwas: Schon in den siebziger Jahren hat in diesem Hause Arthur Mussil mit den Worten gewarnt: Schulden sind verbrauchte Zukunft, Schulden gefährden Arbeitsplätze! – Sie wissen das. Und es ist alles genau so eingetreten, wie Arthur Mussil hier prophezeit hat. Er hat Recht behalten! Und wir wissen heute – Herr Kollege Kukacka hat es bereits gesagt –: Dieser sozialistische Weg war der falsche Weg! Er war ein Holzweg für diese Republik! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Theorie des Austro-Keynesianismus, auf den Herr Androsch so stolz war – er hat sich jetzt sogar dazu verstiegen, in der "Kleinen Zeitung" Ratschläge zu geben; Herr Androsch gibt Ratschläge für die Finanzpolitik der Republik, das ist ja zum Lachen! –, dieser Austro-Keynesianismus und das Deficit-spending haben uns in die Irre geführt! (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie die Güte, uns zu erklären, was "Austro-Keynesianismus" ist?! – Abg. Dr. Khol: Das, was Kreisky gemacht hat, war Austro-Keynesianismus!)

Deswegen und vor diesem Hintergrund begrüßen wir das ambitionierte Ziel, das sich Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Grasser gestellt haben: Keine neuen Schulden für dieses Land! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die historische Trendwende in der österreichischen Finanzpolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Menschen dieses Landes geben uns Recht – Sie haben die Zahlen zu wiederholten Malen gehört; ich darf sie noch einmal zitieren, auch wenn Sie sie nicht hören wollen –, es gibt eine brandneue Untersuchung des Fessel-Instituts, die Folgendes aufzeigt: 59 Prozent der Österreicher sagen: Jawohl, Budget bis 2002 sanieren! 59 Prozent der Österreicher! (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Ich darf Ihnen auch sagen, Frau Mertel: 51 Prozent der SPÖ-Wähler sagen dasselbe, und Sie sollten auf die Wähler hören. (Abg. Huber: 14 Jahre lang waren Sie in der Regierung!)

Ich darf Sie daran erinnern: Im Landtagswahlkampf in der Steiermark hat sich die SPÖ dazu verstiegen, den Wählern die rote Karte zu zeigen. Herr Schachner hat der Bundesregierung die rote Karte gezeigt. Nur, was ist geschehen? – Der Wähler hat Herrn Schachner die rote Karte


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aus der Hand genommen und hat sie ihm selbst vor die Nase gehalten. Jawohl, Sie haben am vergangenen Sonntag die rote Karte bekommen. Das ist zu Ihrem Leidwesen auch die Wahrheit. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. )

Völlig unverständlich in diesem Zusammenhang ist für mich daher eine Aussage von Ihnen, Herr Professor Van der Bellen – die Wirtschaftssprecherin der SPÖ Kubitschek hat sie wiederholt –: Warum eigentlich die Aufregung wegen der Schulden? Es denkt sowieso niemand daran, die Schulden zurückzuzahlen, es geht ja nur um das Nulldefizit! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wird ja nur noch durch eine Aussage der Frau Kollegin Sophie Bauer im Landwirtschaftsausschuss überboten, wo sie gesagt hat: Mit der Ausgliederung entsteht die Gefahr , dass die Betriebe – die Hofreitschule war gemeint – wirtschaftlich geführt werden. Ihnen fehlt wirklich jedes Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie klammern sich an die Vergangenheit, Sie klammern sich an das Heute, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, wir aber wollen mit einem ausgeglichenen Budget neue Chancen eröffnen – neue Chancen für mehr Beschäftigung in einer neuen starken Wirtschaft; neue Chancen für die Verwirklichung einer schlagkräftigen schlanken Verwaltung; neue Chancen für unsere studierende Jugend in leistungsfähigen Universitäten; neue Chancen für sozial Schwache, dass wir ihnen auch in Zukunft das beste Sozialsystem Europas anbieten können, und letztlich neue Chancen für unsere Kinder und Enkelkinder, sodass auch ihnen genügend Spielraum eingeräumt werden möge, damit sie ihren Staat selbst gestalten können. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

16.57

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich glaube, angesichts der vorgeschrittenen Diskussion sollte man sich in dieser Grundsatzdebatte zum Budget doch auf einige Kernpunkte und auf ein Leitmotiv des Budgets 2001 beziehen, man sollte auf die Ausgangslage, auf die Idee und auf die Vision zurückkommen, und da müssen wir bedauerlicherweise feststellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass seitens der sozialdemokratischen Fraktion der Ernst der Lage leider noch immer nicht begriffen wurde, oder man will einfach die Tatsachen, die nackten ökonomischen Tatsachen, nicht wahrhaben. (Zwischenruf des Abg. Reheis. )

Es ist schon eigenartig, dass heute, nachdem in der Diskussion von Rednern der freiheitlichen Fraktion und von Seiten der ÖVP mehrfach eingewandt wurde, in welch katastrophalem Zustand der ehemalige Finanzminister die Staatsfinanzen übergeben hat oder eigentlich nicht übergeben hat, versucht wurde, diesen Angriff mit einem Gegenangriff wegzuwischen. Es heißt, Herr Finanzminister Karl-Heinz Grasser würde Österreich in aller Welt schlecht machen. Also, es gehört schon eine Stirn dazu, so etwas zu behaupten!

Herr Kollege Niederwieser, ich glaube, man muss Ihrem Kurzzeitgedächtnis wieder einmal auf die Sprünge helfen: Wer war es denn, der Österreich und die österreichische Bundesregierung international angepatzt hat? – Nicht Herr Karl-Heinz Grasser, sondern Vertreter Ihres großeuropäischen Klubs in der Sozialistischen Internationale! Das möchte ich in Erinnerung rufen. (Abg. Dr. Kostelka: Es sind zu wenig zum Klatschen!)

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Wenn Sie heute die Notwendigkeit des Sanierens negieren und so tun, als könnte man ewig wie bisher weiterwursteln, möchte ich an Sie appellieren: Denken Sie bitte auch an unsere gemeinsame Währung! Sie heißt "Euro". Wir als Freiheitliche Partei haben die negative Entwicklung des Euros vorhergesehen. Wir haben die Einführung des Euros mit Skepsis verfolgt – Sie kennen unsere Position. Sie haben gesagt, all das werde nicht eintreten. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen, der Euro ist deshalb so schwach, deshalb so weich, weil die internationale Finanzwelt noch nicht nachhaltig das Gefühl vermittelt bekommen hat, dass es sich auch in Europa um auf Dauer ausgeglichene Budgets oder Budgets handelt, die auch tendenziell in Richtung Überschuss gehen. Das ist das Problem der gemeinsamen Europawährung. Und daher hat jedes Land, auch das kleinste Land, auch das kleine Österreich, die verdammte Pflicht, seine Budgets in Ordnung zu bringen und zusätzlich für Vertrauen zu sorgen. Das ist keine Frage allein der großen EU-Mitgliedsländer. Eine Währung ist so stark oder so schwach wie die Finanzen des kleinsten Mitgliedslandes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher müssen die Finanzen nachhaltig in Ordnung gebracht werden, denn ein weicher Euro bedeutet ein steigendes Zinsniveau, bedeutet, das wir im internationalen Leistungsgefälle – beispielsweise zu den USA oder zu Japan – nicht mithalten können. Das bedeutet weiters, dass die Zinsschraube durch steigende Zinsen auch auf das Budget drückt und das Budget daher bei instabiler Finanzlage, bei steigenden Zinsen gefährdet ist.

Meine Damen und Herren! Das wollen wir verhindern, und daher wird unser Finanzminister mit Nachdruck diese Budgetpolitik zum Wohle Österreichs betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist so, wie gesagt wurde: Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget! Wir wollen den Österreicherinnen und Österreichern, den Steuerzahlern der Zukunft viele gute Tage, unendlich viele gute Tage, ermöglichen, und daher wird diese neue Finanz- und Budgetpolitik, diese neue Fiskalpolitik jetzt auf Punkt und Beistrich zügig umgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.03

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Für die Zukunft des österreichischen Bildungswesens ist der Tag, an dem dieses Budget bekannt wurde, wirklich kein guter Tag. Ich meine, es ist eher ein schwarzer, ein blau-schwarzer Tag. (Beifall bei der SPÖ.) Bildung – ich meine schulische Bildung, ich meine Erwachsenenbildung – kommt nämlich außer in einer Überschrift in der Budgetrede des Herrn Finanzministers überhaupt nicht vor. (Abg. Dr. Trinkl: Weil die Frau Bundesministerin so kompetent und gut ist!)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Was Sie im Bildungsbereich im Budget 2001 im Kapitel Unterricht leisten, ist in der Tat nichts anderes als eine massive Täuschung der gesamten Bevölkerung. Ständig reden Regierungsmitglieder – sprich der Bundeskanzler, die Bildungsministerin – von der Notwendigkeit, in Bildung mehr und intensiv zu investieren; zuletzt der Herr Bundeskanzler im "Report" Dienstag am Abend. Auch der Herr Finanzminister sprach von einer Erhöhung des Unterrichtsbudgets. Die Wahrheit sieht aber ganz anders aus: Die Erhöhung von rund 1,3 Milliarden ist nichts anderes als die Gehaltserhöhung von 500 S für die Beamten und die erforderlichen Mehrkosten der Mietzahlungen der Bundesschulen an die BIG. (Ruf bei der ÖVP: 1,3 Milliarden, ist das keine Erhöhung?)

Ich sage Ihnen etwas: Die Biennalsprünge – der Herr Staatssekretär hat schon den Struktureffekt angesprochen – der LandeslehrerInnen sowohl im Bundesschul- wie auch im Landeslehrerbereich sind im Budget nicht einmal berücksichtigt. Sie allein würden eine Steigerung von 4 Prozent des Budgets notwendig machen. Das Budget wird aber um lediglich 1,7 Prozent angehoben.

Selbst im laufenden Jahr 2000 muss im Bildungsbereich mit einem Fehlbetrag von 1 Milliarde Schilling gerechnet werden. Insgesamt ist allein auf Grund des bisher Gesagten zu befürchten, dass Ende 2001 ein Fehlbetrag von rund 4 Milliarden Schilling bestehen wird. Und da behauptet der Herr Finanzminister hier von der Regierungsbank aus, dass für Bildung mehr ausgegeben wird. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.


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Nur ein Blick zum Finanzausgleich: Allein im nächsten Jahr müssen im Landeslehrerbereich 2 300 Planstellen eingespart werden. Bis zum Jahre 2004 sind 5 500 bis 6 000 Planstellen einzusparen. Da sagen Sie, in Bildung wird investiert? (Abg. Dr. Puttinger: Das ist aber nicht von der Menge, sondern schon von der Qualität abhängig!) – Die Qualität des Unterrichts wird leiden.

Das bedeutet, wir werden weniger Angebote bei Freigegenstände haben ebenso bei unverbindlichen Übungen. Die Integration von behinderten Schülern und Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache wird enorm behindert werden – das trifft insbesondere die Bundesländer Kärnten, Burgenland und Wien. Die Nachmittagsbetreuung für Schülerinnen und Schüler wird reduziert werden. Die Vertragsverlängerungen für die Vertragslehrerinnen und -lehrer werden nicht möglich sein. Junglehrer, die auf eine Anstellung warten, haben überhaupt keine Chance, dranzukommen. – Das ist Ihre Bildungspolitik!

Sie setzen darüber hinaus – und das ist die noch größere Dramatik! – überhaupt keine Initiativen für das berufsbildende Schulwesen. Wir haben überfüllte Klassen, teilweise über 40 Schüler. Es gibt jährlich Tausende Abweisungen. Es fehlen Studien- und Schulplätze in jenen Schulen, in denen sich die Schülerinnen und Schüler angemeldet haben, in die sie gehen wollen.

Das Budget des berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesens wird eingefroren. Wir haben dort einen Lehrermangel. Experten – das ist allgemein bekannt – fordern einen zügigen Ausbau des berufsbildenden Schulwesens, wenn der Wirtschaftsstandort Österreich gesichert und weiter ausgebaut werden soll. Aber Sie frieren einfach die Mittel ein.

Was unternehmen Sie, um die Klassenschülerzahlen endlich zu senken? Was unternehmen Sie, um Vorsorge zu treffen (Zwischenruf des Abg. Jung ), dass die Schüler nach Berufs- und Bildungswegorientierung jenen Schul- und Ausbildungsplatz bekommen, der ihnen empfohlen wurde? Wo im Regierungsübereinkommen und im Budget findet sich die versprochene Technologiemilliarde? Wo sind die Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Aus- und Weiterbildung für die Lehrerinnen und Lehrer, für die Fremdsprachenoffensive angeboten werden kann?

Meine Damen und Herren! Ihr Budget ist ein Bildungs-Crashkurs. SchülerInnen, Eltern, Lehrer, Studentinnen und Studenten werden so Opfer Ihrer Zwangsneurose, das Nulldefizit so schnell wie möglich zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

17.08


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41. Sitzung / Seite 123

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Kostelka. – Bitte.

17.09

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr verehrter Herr Präsident! Wir befinden uns mitten in der ersten Lesung zum Budget, und der Herr Finanzminister findet es nicht für notwendig, hier im Hause anwesend zu sein.

Ich stelle den Antrag auf Herbeizitierung des Herrn Finanzministers, und ich bitte Sie, im Sinne von § 59 Abs. 1 der Geschäftsordnung unverzüglich darüber abstimmen zu lassen. (Zwischenrufe.)

17.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Jawohl, ich stelle ausdrücklich das erforderliche Quorum fest. (Abg. Schwarzenberger: Zur Geschäftsordnung! – Weitere Zwischenrufe.)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

17.09

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche, einzuläuten, um jene, die in den Vorräumen sind, in den Plenarsaal zu bitten. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Achatz. – Bitte.

17.10

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist bei dieser Budgetdebatte Herr Staatssekretär Finz anwesend. Das ist eine vollwertige Vertretung des Finanzministers, das ist verfassungskonform, das ist eine durch die Geschäftsordnung gedeckte Ansicht. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist ein unerhörter Vorgang! "Unverzüglich" hat es geheißen! – Abg. Dr. Pilz: Das ist wieder eine Schiebung! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich stelle folgenden Antrag ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Sie sich ein bisschen beruhigen würden, sehr geehrte Kollegen ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete Achatz, Sie sind am Wort zur Geschäftsbehandlung! Haben Sie noch etwas zu sagen zur Geschäftsbehandlung?

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (fortsetzend): Es ist nur relativ schwierig, Herr Präsident, sich bei diesem Lärmpegel seitens der Oppositionsparteien zu artikulieren.

Ich stelle den Antrag, Herr Präsident, über den Antrag des Kollegen Kostelka eine Debatte abzuführen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir haben soeben einen Antrag gehört, eine Debatte über den Antrag des Abgeordneten Kostelka abzuführen.

Wer für die Abhaltung einer Debatte ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Niemand.

Somit kommen wir zum Antrag des Abgeordneten Kostelka auf Herbeizitierung des Herrn Bundesministers für Finanzen. (Abg. Dr. Kostelka: Ich verlange Auszählung der Stimmen, Herr Präsident!)  – Wir werden die Stimmen auszählen.

Ich bitte die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen. (Abgeordnete der ÖVP und der Freiheitlichen eilen in den Sitzungssaal und begeben sich zu ihren Plätzen. – Rufe bei der SPÖ: Das ist ein Skandal! Unerhört! – Abg. Bures: Herr Präsident! Sie hätten unverzüglich abstimmen müssen! – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Ich bitte die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Es kommen immer noch welche herein! Das ist unerhört!)

Wir sind bei einer Abstimmung. Die Plätze sind eingenommen, und wir zählen aus. Der Antrag lautete auf Auszählung der Stimmen, also zählen wir aus. Ich bitte die Schriftführer, entsprechende Hilfestellung zu leisten. (Abg. Verzetnitsch betritt den Sitzungssaal und eilt zu seinem Platz. – Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Der Verzetnitsch zählt nicht!)

Ich bitte Sie, zwecks Auszählung der Stimmen Ihre Plätze einzunehmen und diese nicht zu verlassen. Es ist sehr knapp, und ich möchte eine korrekte Abstimmung vornehmen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Grabner: Immer beim Prinzhorn!)

Ich bitte Sie, mir bei der Auszählung der Stimmen behilflich zu sein. Es geht um wenige Stimmen, und ich möchte eine korrekte Abstimmung vornehmen. Die Abgeordneten Parfuss und Haller bitte ich, mich dabei zu unterstützen. (Die Schriftführerinnen Haller und Parfuss begeben sich auf das Präsidium. – Ruf bei der SPÖ: Das ist ein unwürdiger Vorgang!) Nein, das ist nicht unwürdig. Das ist in höchstem Maße würdig. (Abg. Dr. Mertel: Zeit schinden! – Abg. Grabner: Immer beim Prinzhorn! – Die Schriftführerinnen nehmen die Auszählung vor.)


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41. Sitzung / Seite 124

Herr Abgeordneter Nürnberger! Sie sind nicht auf Ihrem Platz! (Schriftführerin Parfuss: Ich habe ihn mitgezählt! – Abg. Nürnberger geht zu seinem Platz.) Danke sehr. Sie sind mitgezählt worden. Ich wollte nur, dass man Sie nicht übersieht, wenn Sie gesucht werden. – Danke sehr, Herr Abgeordneter. (Die Stimmenauszählung wird fortgesetzt.)

Frau Abgeordnete Parfuss ist nach wie vor damit beschäftigt, die drei Reihen auszuzählen, und hat sich gerade selbst korrigiert, daher zählt sie sie noch einmal aus. Frau Abgeordnete Parfuss ist dafür zuständig! (Ruf bei der SPÖ: Gehen wir! Hauen wir den Hut drauf! – Abg. Ing. Westenthaler: Das geht wieder daneben, Herr Kollege Gusenbauer!)

Das von den beiden Damen und mir ausgezählte Ergebnis lautet 84 : 62. Der Antrag ist damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Oje!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Kostelka. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich will jetzt gar nicht qualifizieren, wie Sie in zeitlicher Hinsicht vorgegangen sind, nur konstatiere ich einen Bruch der Geschäftsordnung. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Die Vorgangsweise ist von der Geschäftsordnung klar vorgegeben. Zuerst finden Wortmeldungen statt. Dann gehen wir in das Abstimmungsverfahren ein. Sie haben das getan, indem Sie ausdrücklich festgestellt haben, dass das Quorum besteht. Das ist der Beginn des Abstimmungsverfahrens, und Sie hätten unverzüglich die Abstimmung durchführen müssen, ohne jemand Weiterem das Wort zu erteilen. Das haben Sie nicht getan, und das ist ein offensichtlicher Widerspruch zu § 59 Abs. 1 der Geschäftsordnung.

Ich ersuche Sie daher, unverzüglich diese Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidiale abzuhalten, um auf diese Art und Weise diese Frage zu klären. Sie, Herr Präsident, tun nicht mehr und nicht weniger, als diesem Hause den Finanzminister, der seine Vorlage zu vertreten hat, vorzuenthalten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

17.18

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Meine Damen und Herren! Die Geschäftsordnung sagt in ihrem § 65 Abs. 3, die Abstimmungen sind so durchzuführen, dass die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben in der Präsidiale bereits mehrfach diese Mätzchen erörtert, wie man die vorübergehende Abwesenheit von Abgeordneten des Nationalrates überfallsartig dazu ausnützt, um durch sofortige Abstimmung die Herbeiholung eines Ministers zu erzwingen.

Wir haben in der Präsidiale des Nationalrates festgehalten, dass hier der Präsident einzuläuten hat, damit die wahre Absicht, die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt. Ich finde an Ihrer Vorgangsweise nichts, was ich zu tadeln hätte, und bitte, in der Beratung fortzufahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Demokratische Möglichkeiten nennen Sie "Mätzchen"?)

17.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

17.19

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich glaube, dass die Opposition nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, wenn eine überwältigende


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Mehrheit der Abgeordneten der Regierungsparteien nicht an den Plenarsitzungen teilnimmt. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten möchte ich festhalten: Wenn die Geschäftsordnungsinterpretation des Kollegen Khol stimmt, dann wären überhaupt keine Abgeordneten zur Abstimmung mehr notwendig. Wenn nämlich die Mehrheitsverhältnisse (Abg. Dr. Fekter: Die haben doch ein freies Mandat!), die auf Grund der Wahlen zustande gekommen sind, die Mehrheitsverhältnisse sind, die bei jeder Abstimmung zum Ausdruck kommen müssen, dann ist es nicht mehr notwendig, hier abzustimmen.

Aber unsere Geschäftsordnung sieht noch einen kleinen notwendigen physischen Beitrag der Abgeordneten zu Abstimmungen vor – und auf den wollen wir auch in Zukunft nicht verzichten.

Ich möchte nur eines festhalten: Es gibt einen wesentlichen Grundsatz bei Abstimmungen: Der laufende Abstimmungsvorgang darf nicht unterbrochen werden. Und ich weise Sie darauf hin, Herr Präsident, dass Sie einen laufenden Abstimmungsvorgang unterbrochen und es damit zugelassen haben, dass durch Herbeiholen abwesender Abgeordneter eine mögliche bestehende Mehrheit verändert worden ist und damit der momentane Mehrheitswille des österreichischen Nationalrates zum Abstimmungszeitpunkt geändert worden ist.

Diese Änderung eines möglichen Mehrheitswillens ist ausschließlich Ihrer Vorsitzführung zu verdanken. Ich stelle fest, dass das zumindest am heutigen Tag der erste bekannte Bruch der Geschäftsordnung ist, und ich ersuche auch namens meiner Fraktion, das jetzt in einer Sonderpräsidiale zu besprechen.

17.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Westenthaler. – Bitte.

17.21

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Feststellung Nummer 1: Es qualifiziert hier jemand die Geschäftsordnung, dessen Vorwurf nach wie vor im Raum steht, dieses Haus und das Präsidium dieses Hauses mit dem Milošević-Terrorregime verglichen zu haben.

Feststellung Nummer 2: Der Finanzminister war bis 15 Uhr hier im Hause anwesend und hat jederzeit die Möglichkeit, sich durch den Herrn Staatssekretär vertreten zu lassen.

Bemerkung Nummer 3: Nach § 13 Abs. 3 der Geschäftsordnung dieses Hauses kann der Parlamentspräsident jederzeit die Sitzung unterbrechen.

Bemerkung Nummer 4: Nach § 66 GOG kann der Präsident jederzeit – und ich würde das für die Zukunft auch anregen –, wenn es hier Zweifel gibt, namentliche Abstimmung anordnen.

Ich bin der Überzeugung, dass sich der Präsident absolut geschäftsordnungskonform verhalten hat. Ich bemerke eine hohe Nervosität in den Reihen der SPÖ, die offenbar auf Grund der Übermüdung der letzten Nacht aufgetreten ist, und wünsche Ihnen eine gute kommende Nacht. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Unerhört!)

17.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es hat sich nun jede Fraktion zu diesem Thema zu Wort gemeldet. Es gab ja gestern eine ähnliche Situation, daher werden wir diese Sache in der Präsidiale besprechen. Die Vorgangsweise, die ich gewählt habe, entspricht einer langjährigen Übung; sie ist nicht neu.

Wir setzen daher die Debatte mit dem nächsten Redner fort.


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Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte. (Abg. Grabner  – in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Dipl.-Ing. Prinzhorn –: Der ist ja unfähig! Das darf nicht wahr sein!)

17.23

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie! Ich möchte zunächst einmal als Abgeordnete dieses Hauses bei den Zuhörinnen und Zuhörern um Entschuldigung bitten für dieses Theater seitens der Opposition. Das ist dieses Hauses nicht würdig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Ansehen dieses Hauses lassen wir uns nicht versauen mit solch einem Theater! Ich komme mir vor wie im Kindergarten. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: ... wenn der Präsident des Nationalrates die Geschäftsordnung beugt! – Abg. Grabner: Ja, jedes Mal!)

Herr Präsident! Könnten wir zur Sache kommen und einmal inhaltlich diskutieren? Diskutieren wir darüber, wie wir die Studiengebühren fördern, oder diskutieren wir darüber, wie wir die Kindergärten fördern?

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete! Sie sind am Wort. Sprechen Sie bitte zur Sache! (Anhaltende Zwischenrufe.)

Abgeordnete Ridi Steibl (fortsetzend): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eingangs noch zwei Bemerkungen zu zwei Kolleginnen, nämlich Kollegin Prammer und Kollegin Petrovic, machen. Sie haben in ihren Reden nämlich von einem Rückschritt der Frauenpolitik gesprochen. – Das kann wohl nicht sein.

Ich möchte nur anmerken, die Frauenpolitik in Österreich ist gut. Ein Beispiel: In der Steiermark hat Spitzenkandidatin Waltraud Klasnic mit über 50 Prozent der Stimmen von Seiten der Frauen gewonnen. Das heißt, es gibt ein gutes Frauenprogramm, und wir werden dieses Frauenprogramm gerne beispielhaft manch anderen Organisationen zur Verfügung stellen, damit sie wissen, was ein gutes Frauenprogramm ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun aber zum Budget, das seitens der ÖVP unter dem Motto "Neustartbudget" steht. Was bedeutet dies? – Zukunftssicherung, Aufbruch, soziale Gerechtigkeit und gute Familienpolitik. Erlauben Sie mir, dies anhand einiger Beispiele zu demonstrieren.

Die Familienbeihilfe bleibt. Sie wird nicht gestrichen, wie es die SPÖ noch bei den Koalitionsverhandlungen Anfang des Jahres vorgeschlagen hat. Die Pensionen sind gesichert. Die Mitversicherung der Ehegatten mit Betreuungspflichten bleibt. Sie wissen ja vielleicht noch: Im Jahre 1996 hat die Bundesgeschäftsführerin der SPÖ, Brigitte Ederer, hier in diesem Haus vorgedacht und gemeint, dass die automatische Mitversicherung durchaus zu diskutieren und in Frage zu stellen sei, und heute spricht die SPÖ von einer unvorstellbaren Regelung!

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Familienleistungen sind eine Grundsatzfrage der sozialen Gerechtigkeit und nicht bloß der sozialen Bedürftigkeit. Zur Erinnerung: Die Familiensteuerreform bringt jetzt schon 12 Milliarden Schilling mehr für Familien. Ebenso zeigen die speziellen Familienförderungen der Länder, dass bereits viel erreicht wurde, ohne auf die Verwirrungen rund um den so genannten Kinderscheck einzugehen. Die Bevölkerung in der Steiermark hat auch ein feines Gefühl dafür gehabt, was sozial gerecht und was machbar ist.

Es gibt nunmehr gemeinsam mit dem Regierungspartner auch eine konsequente Umsetzung dessen, was im Regierungsprogramm in Bezug auf das Familienpaket vereinbart wurde. Allen Unkenrufen zum Trotz, dass wir auf Kosten der Familien Finanzlöcher stopfen wollen, zeigt diese Regierung, wie man das Budget sozial gerecht saniert und die Familien fördert.

Ich möchte Ihnen sagen, dass gerade seitens der SPÖ hier ja andere Wege gegangen werden sollten. So hat etwa die Kollegin Prammer noch vor ein paar Wochen ein Karenzmodell vorge


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stellt, wonach es eine Geburtenbeihilfe von 4 000 S im Monat für das erste Jahr gibt und dann ein Karenzzeitmodell bis zum zehnten Jahr. Unser Vorschlag hingegen lautet: 24 Monate plus 12 Monate, 6 250 S pro Monat beziehungsweise 6 000 S pro Monat.

Man kann also schon sagen, dass die Fakten seitens der SPÖ nicht richtig dargestellt werden. Ich war eigentlich nicht davon überrascht, dass dieses neue Karenzmodell seitens der SPÖ in der Öffentlichkeit nicht sehr deutlich in Erscheinung getreten ist.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schwarzmalerei und Panikmache sind der falsche Weg – unser Regierungsprogramm, unser Budget sind der richtige. Ich danke auch Herrn Staatssekretär Finz dafür, dass er hier Ruhe bewahrt hat, dass er hier anwesend ist. Er ist mehr als ein würdiger Vertreter des Ministers, und er zeigt, wo es langgeht. (Beifall bei der ÖVP.)

Für uns ist wichtig, dass ein Leistungs- beziehungsweise Lastenausgleich zwischen denen, die Kinder haben, und Kinderlosen, zwischen Generationen und Geschlechtern stattfindet. Das Gießkannenprinzip, dem die SPÖ offenbar anhängt, undifferenziert Gelder zu verteilen, kann nicht der richtige Weg sein. Förderungen müssen klar definiert und möglichst punktgenau sein, damit sie beim richtigen Adressaten die richtige Wirkung erzielen.

Das familienpolitische Förderungsprogramm ist finanzierbar, machbar, sozial gerecht und wird auch zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt und eingebracht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.30

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es ist täglich das gleiche Bild, wir kennen das ja schon seit dem 4. Februar: Auf Seiten der SPÖ und der grünen Opposition nahezu während eines ganzen Plenartages leere Reihen, ein Parteivorsitzender und Klubobmann, der eigentlich immer nur da ist, wenn das Fernsehen anwesend ist, wenn die Kameras laufen, aber ansonsten kaum Interesse an einer politischen Auseinandersetzung hat (Abg. Ing. Westenthaler: Dabei sollte er gerade dann nicht da sein, wenn das Fernsehen da ist! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen), und auf der anderen Seite die täglich inszenierte Skandalisierung, wenn Präsident Prinzhorn den Vorsitz führt, und zwar immer zu ausgewählten Zeiten.

Wir haben schon gemerkt, dass Sie sich zu ausgewählten Zeiten verabreden, methodisch, inszeniert, sich zusammenfinden, dann in den Saal hereinstürmen, hier einen Geschäftsordnungsantrag auf Herbeizitierung eines Ministers stellen, und dann bei der Auszählung jedes Mal einen Skandal vom Zaun brechen, weil Sie diesen Präsidenten permanent zu desavouieren versuchen – und damit auch das Präsidium dieses Hohen Hauses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition! Ich kenne genügend Abgeordnete aus Ihren Reihen – einige sind sogar anwesend –, die mit solchen Zuständen, wie Sie sie produzieren, permanent, jeden Tag, um eine Skandalisierungswelle vorzubereiten, nicht einverstanden sind.

Ich glaube, es ist der Würde dieses Hauses abträglich, wenn man permanent versucht, die Geschäftsordnung, die Sie selber gegen die Stimmen der Freiheitlichen Partei beschlossen haben, zu instrumentalisieren, zu beugen, zu drehen, zu wenden, um hier ganz einfach Skandale zu produzieren, aber in der Sache selbst, zum Budget oder zu irgendeinem Thema, das auf der Tagesordnung steht, nichts beizutragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das hat Methode. Ich kenne derartige Vorgangsweisen aus anderen Regimen, wo man versucht hat, den Parlamentarismus abzuschaffen. Das fängt immer mit kleinen Dingen an. Egal, ob es in der ehemaligen DDR, in der Sowjetunion oder im real existierenden Sozialismus oder im Nationalsozialismus war: Es war immer die gleiche Methode, nämlich das Parlament möglichst arbeitsunfähig zu machen, nicht in der Sache zu debattieren, sich keiner Debatte mehr über das


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Budget zu stellen, sondern lediglich Skandale zu produzieren. Und das tun Sie hier im Hohen Hause!

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Sie haben das Wort "zur Sache" selbst verwendet. Ich würde Sie ersuchen – Ihre freiwillige Redezeit ist bald erschöpft –, wieder zum eigentlichen Thema zurückzukehren.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme diesen Rüffel zur Kenntnis, aber ich sage an dieser Stelle, ich habe mehrfach schon auf das Budget und die Budgetdebatte Bezug genommen, und ich befinde mich in der Sache. Und das bleibt letztlich auch zu sagen übrig.

Sie von den Oppositionsparteien spielen ein relativ gefährliches Spiel, wenn Sie auf der einen Seite permanent versuchen, die Menschen draußen skandalisierend gegen diese Regierung aufzuhetzen, und auf der anderen Seite das gleiche Spiel hier im Hohen Hause fortsetzen wollen, mit ähnlichen, ja sogar gleichen Mitteln. Diese Methoden erkennt man, und wenn man sie erkannt hat, dann weiß man sie auch einzuschätzen. Wir werden lernen, damit zu leben – und es wird Ihnen nicht gelingen, weniger Demokratie hier ins Hohe Haus zu bringen, als es sie derzeit gibt und in der Vergangenheit schon gegeben hat. Wir werden in diesem Punkt sicherlich auch die Hüter der Demokratie in diesem Haus bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.34

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte, bevor ich mich mit meinem Redebeitrag dem Thema zuwende, feststellen, dass es ganz einfach das geschäftsordnungsmäßige Recht der Mehrheit dieses Haus ist, den Minister dazu einzuladen, der Debatte zu folgen und auf die Argumente der Abgeordneten einzugehen.

Herr Bundesminister Grasser hat sich hier eine Minute und 35 Sekunden hergestellt, ist dann verschwunden, und daher haben wir den Antrag gestellt, dass der Herr Bundesminister dieser Debatte folgen möge. (Abg. Haigermoser: Geh, hör doch auf! Keine Krokodilstränen!)

Meine Damen und Herren! Es ist im Sinne eines objektiven Präsidenten, dass er die Geschäftsordnung umsetzt. (Abg. Mag. Firlinger: Hör auf mit den Scheinheiligkeiten!) Und wenn Herr Abgeordneter Khol dann etwas zitiert, das völlig irrelevant für diesen gegenständlichen Fall ist, weil er nämlich eine Bestimmung zitiert hat, die für die Abstimmung von Gesetzen zuständig ist, so ist das eine Sache, aber für eine Geschäftsordnungsdebatte gibt es eigene Bestimmungen. (Abg. Mag. Firlinger: Ist das eine Geschäftsordnungsdebatte, oder hast du inhaltlich etwas zum Budget zu sagen?)

Meine Damen und Herren! § 59 Abs. 1 GOG besagt, dass ein solcher Antrag vom Präsidenten sogleich abzustimmen ist. Diese Pflicht hat Präsident Prinzhorn eindeutig nicht wahrgenommen. Das heißt, Herr Präsident Prinzhorn hat die Geschäftsordnung verletzt, und es ist ihm daher auch sehr klar Parteilichkeit nachgewiesen worden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Bei wem?)

Wenn sich dann noch Frau Abgeordnete Steibl da herausstellt und sozusagen dieses Selbstverständnis entwickelt, einfach drüberzufahren (Abg. Haigermoser: Ja genau, drüberfahren!)  – denn es ist klar, die Mehrheit ist ja gesichert –, dann zeigt sich, welches Demokratieverständnis Sie in Wirklichkeit haben.

Herr Abgeordneter Khol hat dem Ganzen noch die "Krone" aufgesetzt, indem er – und auch Sie, meine Damen und Herren auf der Galerie, sollten das wissen – Rechte der Opposition als "Mätzchen" bezeichnet. Damit ist das Demokratieverständnis der Regierungsparteien auch für die Öffentlichkeit, denke ich, eindeutig klar geworden. Die Menschen sollen wissen, wie Sie mit


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den Rechten der Opposition und wie Sie mit der Demokratie umgehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Einige wenige Sätze zum Budget. Frau Bundesministerin Gehrer hat heute hier gemeint, es müssen alle einen eigenen Beitrag leisten, sonst kämen die Steuerzahler zum Handkuss, müssten die Steuerzahler immer mehr Beiträge zahlen.

Ich kann leider den Herrn Minister nicht fragen, und der Herr Staatssekretär plaudert mit einem Abgeordneten; dem ist auch egal, was hier die Opposition zu sagen hat. (Abg. Murauer spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Dr. Finz.) – Ich weiß nicht: Ist es üblich, dass Sie da Festreden halten? Setzen Sie sich, Herr Kollege ... (Abg. Murauer: Geh bitte, sei mir nicht bös!)

Herr Präsident! Können Sie nicht dafür sorgen, dass zumindest der Staatssekretär zuhört, wenn der Minister schon zu feig ist, sein Belastungspaket hier zu vertreten? (Beifall bei der SPÖ.) Das ist ein Skandal erster Ordnung! Sie sind ja wirklich eine schlimme Sache für die Demokratie!

Setzen Sie sich nieder, Herr Kollege! (Abg. Murauer: Das lasse ich mir von Ihnen nicht sagen!) Also bitte, das ist wirklich eine Frechheit! Die Bevölkerung Österreichs soll wissen, wie Sie mit der Demokratie umgehen! Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Parnigoni! Bleiben Sie wenigstens noch eine Minute da! Herr Parnigoni! Nur die Weisen sind im Besitz von Ideen, aber Sie, glaube ich, sind von Ideen besessen, und in diesem Sinne muss man aufpassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit Aussagen des Herrn Dr. Gusenbauer beginnen, der gesagt hat: ein Tag der Täuschung, ein Tag der Wahrheit. Ich gebe schon zu, dass es für ihn gestern ein Tag der Enttäuschung gewesen ist, Enttäuschung darüber, dass ein so tolles Budget vorlegt worden ist. Und es ist ein Tag der Wahrheit, wenn er heute draufkommt, dass bei der Diskussion im Plenum die Wahrheit ans Licht kommt, und dass es wirklich so ist, wie die ÖVP und wie die FPÖ sagen, nämlich dass dieses Budget und seine Sparmaßnahmen sozial gerecht sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Noch vor kurzer Zeit stand das Ziel, keine Schulden zu machen, außer Streit, auch beim Kollegen Gusenbauer, auch beim Professor Van der Bellen. (Abg. Schwarzenberger: Der ist ja nie da!) Es ist nicht lange her, da sprachen sich auch Bundeskanzler Klima und Herr Finanzminister Edlinger dafür aus, dass man vom Schuldenmachen wegkommen sollte. Ich glaube, man hat sich jetzt auf einmal innerhalb weniger Wochen davon verabschiedet.

Vielleicht ist Herr Dr. Gusenbauer schon wieder im Ausland. Wenn er dort ist, sollte er nicht champagnisieren, sondern er sollte vielleicht die Staatsoberhäupter oder die Leute, mit denen er verhandelt, fragen, wie diese mit ihrem Budgetdefizit fertig geworden sind, wie diese ihre Schulden zurückgezahlt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: So eine tiefe Schublade gibt es ja gar nicht, die du da aufmachst!) Ich habe nämlich sonst den leisen Verdacht, dass vielleicht auch viele Reisen einen Menschen nicht dazu bringen, seinen Horizont zu erweitern. Ich glaube, das wäre sicherlich nicht im Interesse der österreichischen Politik.

Meine Damen und Herren! Die Staatsschuldenbelastung ist tatsächlich dramatisch. Der Schuldenbetrag ist enorm, er wurde heute schon so oft genannt: 2 274 Milliarden Schilling! (Abg. Reheis: Für die Hälfte ist die ÖVP mitverantwortlich!) Dazu möchte ich schon sagen: Im Jahre 1970, nach 25 Jahren schwarzer Finanzminister, hatten wir ein Defizit von nur 7,2 Milliarden Schilling und Gesamtschulden in Höhe von 43 Milliarden Schilling. Und jetzt, 30 Jahre


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später, nach fast dem gleichen Zeitraum, nach 30 Jahren sozialistischer Finanzminister haben wir ein Defizit von 109 Milliarden Schilling und einen Gesamtschuldenbetrag von 2 274 Milliarden Schilling. (Abg. Eder: Das kannst du ja nicht vergleichen!) Das ist ein gewaltiger Unterschied, und da müssen wir schon überlegen: Woher kommt das?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind 250 Milliarden Schilling an Zins- und Tilgungsleistungen, das ist jeder siebente Steuerschilling, den wir dafür aufbringen müssen und der uns abgeht, das sind 680 Millionen Schilling an Zinsen und Tilgung jeden Tag, und das sind, wenn Sie es nachrechnen, 7 000 S pro Arbeitnehmer pro Monat, die er haben könnte, wenn die vorige Regierung nicht so gehandelt hätte! 7 000 S pro Monat für jeden Arbeitnehmer in Österreich! Haben Sie sich das einmal überlegt, was Sie mit Ihrer sozialen Haltung, mit Ihrem Hinausschmeißen von Geld letzten Endes erreicht haben? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Ziel muss lauten: Keine neue Schulden machen, denn Schulden sind sozial ungerecht, und Schulden verbauen die Zukunft unserer Jugend! Ich gehe nicht diesen Weg, und diesen Weg wird keiner von der Freiheitlichen Partei und von der ÖVP gehen, nämlich mit voller Kraft zurück in die Vergangenheit, den Weg, den Sie ununterbrochen wieder aufzeigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die gesamte Debatte verfolgt und festgestellt, dass eigentlich von Ihrer Seite nur Kritik gekommen ist, reine Kritik. (Abg. Edler: Der Verlierer Puttinger! Die haben schon gewusst, warum sie dich nicht gewählt haben!) Haben Sie jemals etwas anderes gebracht als Kritik? Es wurde kritisiert und kein Vorschlag gemacht. Auch Professor Van der Bellen wird als erster Wirtschaftsprofessor im Parlament in die Geschichte eingehen als derjenige, der heute bei der ersten Lesung des Budgets keinen produktiven Vorschlag gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eines können Sie nicht wegwischen, über eines können Sie nicht hinweggehen: dass von 3,5 Millionen Lohnempfängern 2,6 Millionen einkommenssteuerlich von den Maßnahmen nicht betroffen sind. 75 Prozent der Steuerpflichtigen werden im Jahr 2001 – das wissen Sie ganz genau! – mehr Geld in der Tasche haben, als sie heute haben. 75 Prozent! Die unteren 50 Prozent der Einkommensbezieher werden deutlich mehr haben, und das letzte untere Drittel wird 5,5 Milliarden Schilling zusätzlich haben. Wenn Sie das nicht akzeptieren, dann verstehe ich Ihre soziale Einstellung nicht mehr, dann weiß ich nicht, warum Sie dauernd behaupten, dass Sie auch für die Kleinen sind. Das kann ich hier in keiner Weise mehr nachvollziehen.

Es kommt – und das möchte ich auch sagen – im Leben nicht darauf an, etwas nur zu versprechen. Sie haben nur versprochen und nicht gehalten. Wir von der neuen Regierung versprechen und halten. (Abg. Reheis: Sie haben versprochen und gebrochen!) Wir haben es jetzt mit diesem Budget eindeutig bewiesen, dass wir unsere Versprechen letzten Endes auch halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hätten wir mit Edlinger gearbeitet, wäre es zu einer Verteilung von unten nach oben gekommen, wie Sie es dauernd behaupten, denn – und das möchte ich Ihnen schon sagen – dieser Schuldenberg, diese Tilgung der Zinsen und des Kapitals, das ist ein derartig hoher Betrag, dass er selbstverständlich den Kleinen mehr belastet als den Großen. Es soll doch einer herauskommen und mir hier erklären, wieso 109 Milliarden Schilling den Kleinen weniger belasten sollen als den Großen! Wer hat denn bitte mehr? Das müssen Sie mir bitte schön einmal erklären. Das hätte also nicht nur eine Verlagerung der heutigen Belastung auf die nächste Generation, sondern auch eine Verlagerung der Belastung von den Großen zu den Kleinen bedeutet. Und dazu sind wir nicht bereit! Wir sind für solche Dinge nicht bereit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Wer hat denn die meisten Schulden gemacht? Haben Sie schon einmal mit Frau Gehrer gesprochen?)

Ein Grundsatz unserer Budgeterstellung – ich glaube, es war ein guter – war eine faire Beitragsleistung über alle Schichten hinweg. Das Ziel war, alle zu beteiligen: die Unternehmer, die Vermögenden, die Konzerne, die Stifter, die Bauern, die Bediensteten, die Arbeitnehmer – alle. Ich


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glaube, mit diesem Budget ist dies geschehen. Mit diesem Budget haben wir es erreicht, die Zukunft von allen mit einem Beitrag von allen abzusichern.

Das war unser Ziel, und ich glaube, dass wir genügend überlegt haben, den richtigen Weg zu gehen. Diejenigen, die überlegen, meine sehr verehrten Damen und Herren – und das ist es, was Ihnen wehtut, das ist es, worüber Sie sich aufregen –, sind natürlich letzten Endes auch die Überlegenen. Das sind diejenigen, die in der Politik Erfolg haben werden. (Abg. Edler: Sie sollten bei der Wahrheit bleiben! Die ÖVP hat am meisten Schulden gemacht!) Das haben wir auch letztes Wochenende in der Steiermark bewiesen. Das können Sie nicht wegwischen, das liegt auf dem Tisch. Damit haben wir das auch für Sie klargestellt.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich auf Neil Armstrong verweisen, der als erster Mensch am Mond gewesen ist und dort die historischen Worte gesprochen hat: ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Schritt für die Menschheit. – Wenn ich mir das Budget anschaue, das wir jetzt behandeln werden, dann glaube ich, dass es für uns Abgeordnete aller Parteien ein kleiner Schritt ist. Aber für die Menschen draußen und im Speziellen für die Jugend, für alle jungen Menschen, ist das wirklich ein großer Schritt in und für die Zukunft.

Wir laden Sie ein: Machen Sie bei diesem Schritt in und für die Zukunft mit! Lesen Sie das Budget, und Sie werden draufkommen, dass das, was ich gesagt habe, richtig ist! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Hagenhofer zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, halten Sie bitte § 58 Abs. 3 GOG ein.

17.48

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Puttinger hat soeben gesagt: Wir haben versprochen und gehalten.

Ich stelle tatsächlich richtig: Die Frau Vizekanzlerin hat im August einen Belastungsstopp versprochen. Und was ist gekommen? – Rezeptgebührenerhöhung, Ambulanzgebühren, Kürzung des Arbeitslosengeldes, Wegfall der Vergütung aus dem Insolvenzfonds, Wegfall des Weiterbildungsgeldes. Versprochen – gebrochen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schender. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Steibl: Das war eine politische Äußerung und keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Hagenhofer: Frau Kollegin! Von Ihnen bin ich sehr enttäuscht wegen Ihrer Wortwahl!)

17.49

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind schon am Ende einer sehr ausführlichen Generaldebatte über das Budget 2001. (Abg. Schwemlein: Falsch! Wir sind am Beginn einer Debatte!) Wir haben sehr viele sehr gute und stichhaltige Argumente der Koalitionsparteien gehört. Wir haben aber sehr wenige, eigentlich gar keine konkreten Vorschläge von den Abgeordneten der Opposition gehört, wie sie gedenken würden, das Budgetdesaster, das sie über Jahrzehnte aufgebaut haben, zu bereinigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Reheis: Sie wollten sie nur nicht hören!)

Herr Kollege! Ich kann Ihnen sagen, was die SPÖ heute den ganzen Tag hier von diesem Rednerpult aus getrommelt hat: wie unsozial die Reformen seien, wie ungerecht der Sanierungskurs sei. (Abg. Reheis: Weil es die Wahrheit ist!) Es ist keine einzige konkrete Maßnahme von Ihrer Seite gekommen. (Abg. Reheis: Sie haben die Vorschläge nicht hören wollen! Das ist die Wahrheit!)


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Herr Kollege! Die Wahrheit, die Sie sich endlich eingestehen müssen, ist die, dass der Sanierungskurs dieser Bundesregierung eine Überlebensfrage ist. Der Sanierungskurs dieser Bundesregierung ist eine Überlebensfrage für die Zukunft dieses Landes, und das wissen Sie ganz genau. (Abg. Schwemlein: Für die Koalition, aber nicht für das Volk!) Sie wissen ganz genau, dass es fünf vor zwölf ist und dass das jetzt die letzte Chance ist, mit einer guten Konjunktur im Rücken gute Reformen umzusetzen.

Die Regierungen der letzten Jahre haben uns ein Finanzchaos hinterlassen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da muss man halt auch immer wieder betonen, dass die Hauptverantwortlichen dafür in den Reihen der SPÖ zu suchen sind. Innerhalb der letzten 30 Jahre waren es ausschließlich sozialdemokratische oder sozialistische Bundeskanzler, es waren ausschließlich sozialdemokratische oder sozialistische Finanzminister, die die Verantwortung tragen für diesen unglaublichen Schuldenberg, den wir hier heute zu sanieren haben. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Selbstverständlich war die ÖVP dabei, aber Sie haben die Hauptverantwortung gehabt, meine Damen und Herren von der Sozialistischen Partei. Nehmen Sie das zur Kenntnis!

2 200 Milliarden Schilling Schulden haben wir in Österreich, wir zahlen 100 Milliarden Schilling Zinsen jährlich, 100 Milliarden, für die es keine Leistung gibt, 100 Milliarden Schilling, die uns für Forschungsausgaben, für eine Lohnkostensenkung, für eine Senkung der Abgabenquote fehlen. (Abg. Reheis: Das stimmt ja nicht!) Kollege Puttinger hat das angeführt. 7 000 S netto mehr könnte jeder Arbeitnehmer im Monat haben, müssten wir nicht Ihren Schuldenberg finanzieren, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Reheis: Das wird nicht wahrer, auch wenn Sie es noch so oft behaupten! Das stimmt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben Schulden gemacht auf Kosten künftiger Generationen, Sie haben die Republik abgewirtschaftet, meine Damen und Herren von der sozialistischen Fraktion. Sie haben die Staatsverschuldung in die Höhe geschraubt, wir haben heute eine Pro-Kopf-Verschuldung in der Höhe von 215 000 S, und von Ihnen kommt kein einziger Lösungsvorschlag, wie man diese Misere in den Griff bekommen kann. (Abg. Reheis: Halten alle dieselbe Rede!)

Aber, Herr Kollege Reheis, ich sage Ihnen eines: Vielleicht ist es eh besser, wenn von Ihnen keine Vorschläge kommen. Wenn man sich nämlich anschaut, wie Sie mit Geld umgehen, wenn man sich anschaut, wie Sie nicht nur den Staat hinuntergewirtschaftet haben, sondern wie Sie auch den "Konsum" in die Pleite getrieben haben, wie Sie Ihre eigene Partei in die Schulden und an den Rand des Konkurses getrieben haben, dann weiß man, dass man Sie nicht ans Geld lassen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Reheis: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)

Ich kann mich noch gut erinnern, Herr Kollege Häupl hat im Zuge der Sanierung Ihrer maroden Parteifinanzen – 350 Millionen Schilling Schulden haben Sie ja – gesagt: Wenn man von jedem Parteimitglied der SPÖ 750 S einnehmen würde, dann wäre die Partei saniert. (Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl! Rosenstingl!) Na schlagen Sie das halt auch vor! Würden Sie das auch vorschlagen, 215 000 S von jedem Österreicher einzuheben, vom Säugling bis zum Greis, dann wäre auch die Republik saniert!

Das wären wahrscheinlich Ihre Vorschläge, und daher ist es gut, dass Sie nicht mehr das Budget verwalten, sondern dass eine neue Regierung einen ordentlichen, vernünftigen Sanierungskurs fährt, der sozial gerecht ist und der den künftigen Generationen, der vor allem der Jugend von heute eine Zukunft und eine Chance lässt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Darf ich doch zu Beginn noch einmal auf den heutigen Sitzungsverlauf zurückkommen. Ich tue es ungern, Herr Präsident, aber Sie haben die Verantwortung, wie so eine Plenarsitzung verläuft. Ich möchte gar nicht auf den letzten Vorfall während der Rede des Abgeordneten Parnigoni näher eingehen, wo Sie die Aufgabe gehabt hätten, darauf aufmerksam zu machen, dass sich Abgeordnete nicht lautstark mit Personen auf der Regierungsbank unterhalten sollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das können Sie Ihrem Genossen Fischer erzählen!)

Ich komme zurück auf die Rede des Abgeordneten Verzetnitsch. Die Bundesminister Grasser, Bartenstein und Gehrer haben sich minutenlang miteinander unterhalten, obwohl sie der Abgeordnete Verzetnitsch ständig angesprochen hat. Das ging so weit, dass es ihnen nicht einmal aufgefallen ist, dass der Abgeordnete Leikam den dreien, weil sie sich so gut unterhalten haben, ein Kartenspiel überreicht hat. Auch hier wäre es die Aufgabe des Präsidenten, einzuschreiten und dafür zu sorgen, dass den Rednern die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet wird. Auch das gehört zu einem ordentlichen Verlauf einer Plenardebatte, und das sollte auch das Publikum wissen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Wir sind ja kein Polizeistaat! – Abg. Dr. Spindelegger: Und was ist, wenn Kollegin Hagenhofer eine tatsächliche Berichtigung macht, die keine ist? Was ist dann?)

Meine Damen und Herren! Die ÖVP und die FPÖ betreiben eine Politik der sozialen Kälte. Den ganzen Tag zieht sich das heute schon durch diese Debatte. Viele Belastungsmaßnahmen beweisen, dass es dieser Regierung nicht ums Sparen, sondern um kalte und brutale Umverteilung von Arm zu Reich geht. Unter dem Deckmantel des Sparens wird eine massive Umverteilung zu Lasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und sozial Schwachen zugunsten der Arbeitgeberseite und der Reichen vorgenommen. Durch diese Politik, meine Damen und Herren, wird am Ende dieser Legislaturperiode bis zum Jahre 2003 – wenn sie so lange dauert – die Arbeitgeberseite um 2,2 Milliarden Schilling reicher sein als heute und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Pensionistinnen und Pensionisten dagegen um 47,9 Milliarden Schilling ärmer sein als heute. Das ist die kalte Politik dieser Regierung.

Nun zur "sozialen Treffsicherheit", von der Sie immer sprechen: Ich möchte auf die einzelnen Maßnahmen gar nicht mehr eingehen, die sind heute schon hinlänglich diskutiert worden, aber warum diskutieren wir nicht über die Treffsicherheit im Steuersystem? Warum diskutieren wir nicht auch über die Treffsicherheit bei den Subventionen im Agrarbereich? Es gäbe hier noch viele Diskussionen zu führen. Ich hoffe, dass das im Laufe der Budgetdebatten noch möglich sein wird.

Herr Finanzminister Grasser hat in der gestrigen "ZiB 2" wiederum das Beispiel der Alleinerzieherin gebracht, die trotz mancher Belastungen und Veränderungen heuer um soundso viel mehr Schilling im Geldtaschel hat. Wie oft sollen wir hier das nochmals betonen: Diese Lohnsteuerreform und dieses Familienpaket wurden gegen die Stimmen der Freiheitlichen voriges Jahr hier im Parlament beschlossen! Und jetzt schmücken sich die Herrschaften mit einer Feder am Hut, der ihnen gar nicht passt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat seinen Lieblingssatz geprägt: "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget." Dazu schreibt heute sehr treffend Dietmar Mascher von den "Oberösterreichischen Nachrichten": "Ein schlechter Tag beginnt mit der Erinnerung an eine Reihe nicht eingehaltener Versprechungen."

Versprechungen – deren gibt es genug. Ich möchte nur ein paar zitieren: "Steuererhöhungen sind kein Thema!" – Wolfgang Schüssel am 11. Februar. "Eine Diskussion um Steuererhöhungen hat keinen Sinn, weil man damit den Reformeifer sofort bremst!" – Schüssel am 16. August. "Von Steuererhöhungen ist im Programm kein Wort enthalten! Ziel ist es, ausgabenseitig zu sparen!" – Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer am 11. Juli. "Steuererhöhungen zur Budgetsanierung sind ausgeschlossen!" – Haider nach einem achtstündigen Gipfel der Koalitionsspitzen


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am 31. August. Und so weiter und so fort. Hier sieht man wieder deutlich, wie sehr Sie Ihre Wahlversprechen schon gebrochen haben.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch auf einen Antrag betreffend Kürzung der AK-Umlage zu sprechen kommen, der heute vom Klubobmann Westenthaler eingebracht wurde. Wir werden uns damit im zuständigen Sozialausschuss sehr ausführlich zu beschäftigen haben. Dazu hat Herr Universitätsprofessor Dr. Emmerich Talos kürzlich bei einer Diskussion in Linz gesagt:

"Noch nie in der Zweiten Republik gab es einen derartigen Anschlag auf eine Institution, die dem politischen Gegner nahe steht. Eine Kürzung der Mittel um 40 Prozent würde es der Arbeiterkammer unmöglich machen, die vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen. Dadurch würde ihr nicht nur die Legitimität entzogen, sondern ihre Existenz in Frage gestellt."

Meine Damen und Herren! Der gesetzliche Auftrag der Arbeiterkammer ist es, die Arbeitnehmer zu vertreten, nicht die Regierung, nicht das Parlament und schon gar nicht die Unternehmer. Es ist die Pflicht dieses Parlaments, die Erfüllung dieses Gesetzesauftrages der Arbeiterkammer auch zu ermöglichen! (Beifall bei der SPÖ.)

Für dieses neu Regieren sollten Sie sich genieren! (Beifall bei der SPÖ.)

18.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben sicher Verständnis dafür, wenn ich auf meinen Vorredner, der außer Allgemeinplätzen in seinem Debattenbeitrag nichts gebracht hat, nicht repliziere (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen), aber ich komme nicht umhin, auf den Kollegen Parnigoni einzugehen, der hier von diesem Rednerpult aus einmal mehr ein Theater inszeniert hat und auf die demokratischen Rechte insbesondere der Oppositionsabgeordneten pocht.

Ich darf Herrn Kollegen Parnigoni, den "Hüter" der Demokratie, an die Situation erinnern, als es um die 0,5-Promille-Abstimmung ging und er die Kollegin Hagenhofer unter physischer Gewaltanwendung zur Abstimmung gezwungen hat. Das sind die "Hüter" der Demokratie in diesem Hause! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dietachmayr: Das wurde von ihr selbst richtig gestellt! – Abg. Mag. Kogler: Hören Sie auf mit diesem alten Hut!)

Ich stelle fest, dass der Indikator für inszenierte Komödien, für inszenierte theatralische Darbietungen derzeit nicht im Haus ist. Das ist der Klubobmann der Sozialisten, der immer nur dann im Haus ist, wenn es ansteht, irgendetwas zu inszenieren. Ansonsten liefert er nur seinen Debattenbeitrag, seine Wortspende ab und ist dann hier in diesem Haus nicht mehr anwesend. Aber er hat eines im Rahmen seiner Wortspende gemacht: Er hat davon gesprochen, dass ein modernes Österreich, ein zukunftsorientiertes Österreich übergeben wurde. Ich stelle fest: Sie haben nicht übergeben. Sie denken beispielsweise nicht an die "Übergabe" im Finanzministerium von Ihrem Altminister Edlinger. Sie haben bestenfalls einen Abgang getätigt – und das nicht besonders gut –, einen Abgang, der sich durchaus positiv auswirken wird im Hinblick auf den Abgang im Budget, den uns 30 Jahre Sozialismus und sozialistische Finanzpolitik hinterlassen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Edlinger hat von einem Paradigmenwechsel gesprochen und wollte diesen Paradigmenwechsel anhand der erfolgten Strompreissenkung, der Stromliberalisierung ad absurdum führen. Er hat in diesem Zusammenhang auf eine EU-Richtlinie verwiesen und gesagt, dass wir nationalstaatlich ohnedies nur nachzuvollziehen hätten. Da frage ich Sie aber, sehr geehrte Damen und Herren: Warum ist das beim ElWOG 1 nicht passiert? Warum haben Sie damals als rot-schwarze Koalition festgehalten daran, die Privilegienbereiche weitgehend zu schützen, der vorgezogenen Liberalisierung entgegenzuwirken und damit zu verhindern, dass auch in diesem Bereich dem freien Markt Einzug beschert wird? Das war


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nicht möglich. Das ist jetzt mit dieser neuen Reformregierung möglich. Unter den Sozialisten wäre das mit Sicherheit nicht möglich gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stelle auch fest, dass sich Herr Kollege Eder in seinem Debattenbeitrag dazu verstiegen hat, den Herrn Finanzminister hinsichtlich seiner Mimik, seines Lächelns anzusprechen. Ja, er hat sich sogar dazu verstiegen, den Finanzminister gleichsam als "Dressman" hinzustellen. Er hat das tatsächlich so ausgedrückt. (Abg. Haigermoser: Wer war das? Der Edlinger? Der Edlinger ist kein Dressman!) Ich stelle fest, dass ein attraktives Äußeres speziell bei uns Freiheitlichen mit Sicherheit kein Hinderungsgrund ist, eine verantwortungsvolle und führende Funktion zu übernehmen.

Wenn es um einen Dressman geht, dann kenne ich in diesem Hause nur einen, wenn auch möglicherweise nur als Amateur und nicht als Profi, und dabei kann es sich nur um Altfinanzminister Edlinger handeln, der sich, zumindest was die Krawatten betrifft, auf diesen Bereich spezialisiert hat. Möglicherweise ist er gerade beim Aussuchen einer neuen Kollektion. (Abg. Haigermoser: Mit einer Blindschleiche drauf!)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Sie haben uns 2 200 Milliarden Schilling Schulden überlassen. Wir haben diesen Scherbenhaufen aufzuräumen, wir haben dafür zu sorgen, dass der Staatshaushalt und das Budget wieder in Ordnung gebracht werden, um auch der Zukunft ruhig und getrost entgegensehen zu können. Die Maßnahmen, die erforderlich sind und die der Finanzminister mit diesem Budget trifft, sind Maßnahmen, die als gute Investition in eine sichere Zukunft zum Wohle unserer nachfolgenden Generationen zu sehen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.05

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zunächst einmal, Kollege Hofmann: Wenn Sie hier die vorhandenen Schulden ansprechen, dann dürfen Sie nicht vergessen, dass das Geld ja nicht im Casino verspielt wurde, sondern dass hier Werte geschaffen wurden, die Österreich wohlhabender, reicher und sozial sicher gemacht haben. – Wir Sozialdemokraten brauchen uns jedenfalls unserer Vergangenheit nicht zu schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär, Sie – und damit meine ich vor allem auch die Bundesregierung – sprechen von einem guten Tag, von einem sanierten Budget. – Ich würde meinen, die Absichtserklärung des Herrn Finanzministers – und mehr war seine Rede nicht – erlaubt weder von einem sanierten und schon gar nicht von einem seriösen Budget zu reden.

Ganz unter die Räder gekommen ist der Bereich Sicherheit, Herr Staatssekretär. In dem 20-seitigen Redekonvolut war dem Herrn Bundesminister die innere und die äußere Sicherheit ganze 16 Zeilen wert. Das zeigt, welchen Stellenwert er und damit diese Bundesregierung dem Schutz und der Sicherheit Österreichs einräumen. Ganze sechs mickrige Zeilen waren dem österreichischen Bundesheer gewidmet.

Wenn dann gesagt wird, die internationalen Aufgaben werden die Herausforderungen der nächsten Jahre sein, so hat er Recht, sagt damit aber nichts Neues. Aber wenn der Herr Bundesminister dann beispielhaft auf die Hubschrauberbeschaffung hinweist, verstehe ich nicht ganz den Zusammenhang. Für mich, Herr Staatssekretär, ist dieser Hubschrauberkauf die Nagelprobe für die Spargesinnung dieser Bundesregierung gewesen. (Abg. Jung: Gönnen Sie den Piloten nicht die Sicherheit?) Sie haben sich in Zeiten eines radikalen Sozialabbaus, in denen vor allem bei den kleinen und mittleren Einkommen rücksichtslos abkassiert wird, bei zwei gleichwertigen Angeboten (Abg. Ellmauer: Völliger Unsinn!) für das teure amerikanische Modell entschieden. (Abg. Murauer: Toni, du weißt, dass sie nicht gleichwertig waren!)


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Herr Staatssekretär! Sie als Finanzexperte, der sehr kompetent ist und dem ich auch meine Hochachtung ausspreche möchte, müssen feststellen, dass für ein amerikanisches Modell 500 Millionen Schilling mehr ausgegeben worden sind. Das, Herr Staatssekretär, müssen Sie erst der Bevölkerung erklären. Es ging um die Beschaffung von Transporthubschraubern für die Katastrophenhilfe (Abg. Jung: Nicht nur, das ist doch nicht wahr!)  – das haben wir nach den Ereignissen von Galtür im Landesverteidigungsrat seinerzeit unter der Verantwortung Klima/Schüssel beschlossen – und nicht um die Beschaffung von amerikanischen Hubschraubern für den Kampfeinsatz. (Abg. Jung: Womit soll er denn kämpfen, Herr Kollege? Können Sie uns das sagen, womit er kämpfen soll? Sagen Sie mir das!)

Herr Staatssekretär, hier wurden die falschen Prioritäten gesetzt, und daher sind die Vorgänge um diesen Hubschrauberkauf, Herr Kollege Jung, in hohem Maße aufklärungsbedürftig. (Abg. Jung: Das finde ich lächerlich! Womit soll er kämpfen? Womit?) Wir brauchen nicht zu kämpfen! Wir brauchen keinen Kampfhubschrauber, denn Gott sei Dank werden diese Panzerschlachten, von denen Sie wieder sprechen, nicht stattfinden – weder in Österreich noch in Europa!

Daher mein Ersuchen, Herr Staatssekretär: Legen Sie, Sie oder der Herr Bundesminister, die Entscheidungsgrundlagen für diesen Hubschrauberkauf, die Sie veranlasst haben, dieser derartigen Geldverschwendung zuzustimmen, auf den Tisch! (Abg. Jung: Es ist schon schlimm, wenn man so reden muss!) Immerhin geht es um eine halbe Milliarde Schilling. Daher noch einmal: In Zeiten des radikalen Sozialabbaus, in denen der Bevölkerung schwerste Opfer abverlangt werden, werden wir ganz einfach nicht akzeptieren, Kollege Jung, dass teuren, schnittigen Kampfhubschraubern der Vorzug vor einer europäischen Vernunftlösung gegeben wurde. (Abg. Jung: Jetzt sagen Sie mir bitte, womit er kämpfen soll! Wo ist die Bewaffnung? Ich glaube, das ist die Voraussetzung!) Für uns, Herr Staatssekretär, sind daher Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Beschaffungspolitik des Bundesheeres unabdingbar (Abg. Jung: Wo ist die Bewaffnung?), Kollege Jung, denn diese kostspielige Fehlentscheidung haben Sie mit zu verantworten, Herr Staatssekretär. – Wir werden das ganz einfach nicht zur Kenntnis nehmen, wir werden das weiter diskutieren, das wird weiter auf der politischen Tagesordnung bleiben. Ziel unserer Politik ist es, die Situation der Menschen zu verbessern, und das Resultat Ihrer Politik ist, die Sache weiter zu verschlechtern. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bevor ich auf das Budget 2001 eingehe, hätte ich gerne eine kleine persönliche Berichtigung hinsichtlich der Ausführungen des Herrn Professors Van der Bellen dargebracht.

Kollege Van der Bellen hat über das Kyoto-Ziel gesprochen und gemeint: Für diejenigen in der FPÖ, die mit diesem Ausdruck nichts anzufangen wissen, erkläre ich nun diesen. – Bitte, Herr Kollege Öllinger, richten Sie Herrn Professor Van der Bellen aus, es steht ihm nicht zu, uns Freiheitliche als dumm und ungebildet zu betrachten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zum Budget 2001. – Auf einem Spruchkalender wurde kürzlich festgehalten: Je älter ein Bergsteiger wird, desto höher werden für ihn die Berge. – Ich möchte diesen Spruch abwandeln und festhalten: Je länger unser Finanzminister Grasser in der Regierung ist, desto niedriger wird der Staatsschuldenberg und das Budgetdefizit unseres Landes. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Aus dem Bundesvoranschlag für das Jahr 2001 ist zu entnehmen, dass das gesamtstaatliche Defizit auf rund 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zurückgeführt wird. Getragen durch die derzeit gute konjunkturelle Situation wird im Jahre 2002 ein ausgeglichenes Budget angestrebt. Dieses wurde bereits beim Reformdialog sowohl von den Sozialpartnern als auch von den Oppositionsparteien außer Streit gestellt.


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Zu diesem ausgeglichenen Budget hat sich Österreich bereits 1997 im Stabilitätspakt verpflichtet. Dort heißt es wörtlich: Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, das in ihren Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen festgelegte mittelfristige Haushaltsziel eines nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts einzuhalten.

In der laxen Einhaltung dieses Stabilitätspaktes durch manche EU-Länder, zum Beispiel auch Deutschland, sehe ich auch einen der Gründe für den schwachen Euro.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Wirtschaft braucht einen handlungsfähigen Staat mit soliden Finanzen. Eine Weiterführung der Schuldenpolitik, wie sie die sozialistischen Finanzminister der letzten 30 Jahre praktiziert haben, wäre unverantwortlich, denn eine solche Politik ist die unsozialste Politik, die man machen kann.

Auf Grund unserer derzeitigen Staatsschulden müssen täglich rund 680 Millionen Schilling für Kapital und Zinsen aufgebracht werden. Budgetkonsolidierung ist kein Selbstzweck, eine rasche und nachhaltige Budgetkonsolidierung sichert vielmehr den Wirtschaftsstandort Österreich und damit die hohe Beschäftigung sowie nachhaltiges Wirtschaftswachstum, die Kreditwürdigkeit Österreichs auf dem internationalen Kapitalmarkt, günstige Zinssätze für Investitionen des Staates, der Wirtschaft und der Konsumenten.

Die Rückführung des Budgetdefizits erfolgt so weit wie möglich über die Ausgabenseite. Von den rund 90 Milliarden werden 70 Prozent auf der Ausgabenseite und 30 Prozent auf der Einnahmenseite getätigt. Nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeitgeber werden einen wesentlichen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten. Ich erinnere nur: Abschaffung des Investitionsfreibetrages, Einschränkung von Rückstellungen, Begrenzung von Verlustvorträgen, Abzinsung von Verbindlichkeiten sowie Besteuerung der Stiftungen.

Die Verwirklichung all dieser Vorhaben wird zum Ziel haben, den Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern. Ich bin überzeugt davon, dass diese unsere jetzige Bundesregierung es ermöglicht, dass wir in zwei Jahren zu jenen Ländern in der EU zählen, die ein ausgeglichenes Budget erwirtschaften. Anstelle eines Landes der Schuldenberge wollen wir ein zukunftsreiches Österreich schaffen, das sich auch für unsere künftigen Generationen als lebenswert erweist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.15

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann dieses Budget sehen, wie man will, aber ein Meilenstein bei diesem Budget ist, dass das Pflegegeld in keiner Weise eingeschränkt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist zu keiner, nicht zur geringsten Einschränkung beziehungsweise Beschneidung des Pflegegeldes gekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der sozialistischen Fraktion! Sie können sich noch sehr gut erinnern an die Kürzungen des Pflegegeldes, die Sie durchgeführt haben, und – noch schlimmer! – an die Halbierung des Taschengeldes für Behinderte. Wir haben solche Schritte nicht gesetzt.

Heute hat Frau Abgeordnete und Ex-Ministerin Prammer zu Recht kritisiert, dass es einen neuerlichen Anschlag auf das Pflegegeld gibt. Es gibt einen Ärztekammer-Präsidenten – dieser steht zwar der ÖVP nahe, aber die ÖVP kann nicht immer etwas für seine Handlungen –, der sich vorstellen kann, mit Unterstützung der Sozialistischen Volkshilfe, wie er mir in einem Telefonat heute mitgeteilt hat – ich habe ihn gleich angerufen –, dass es zu einem Pflegevertrag zwischen Arzt, Patient und Pflegegeldbezieher kommt, sodass der Arzt zusätzlich zum Krankenschein, den er ohnehin kassiert, auch noch einen Teil des Pflegegeldes als Honorar bekommt.


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41. Sitzung / Seite 138

Ich habe mich sofort und unverzüglich mit Dr. Leiner, dem Gesundheitssprecher der ÖVP im Parlament, in Verbindung gesetzt, ich habe sofort Herrn Präsident Pjeta angerufen, um Klarheit zu schaffen. Die ÖVP, der Gesundheitssprecher mit seiner Fraktion, und die freiheitliche Fraktion – also die Regierungsparteien – werden diesen Unfug, diesen Anschlag auf das Pflegegeld nie und nimmer zulassen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Pflegegeld-Klau – das war im Sparpaket 1997, das wollen wir nicht wiederholen!

Herr Präsident Verzetnitsch hat heute Vormittag auch einen bemerkenswerten Fall geschildert, der ihm unterlaufen ist. Ein Behinderter, Zuhörer auf der Galerie, sagte, er zahlte 1998 15 000 S Rezeptgebühr. 1998 – für die Höhe der damaligen Rezeptgebühr kann die derzeitige Regierung nichts! 15 000 S Rezeptgebühr; sozialistische Regierung 1998. (Abg. Schwemlein: Und jetzt zahlt er noch um 10 S mehr pro Rezept!)

Es gibt einen Härtefonds. 15 000 S jährlich für Rezepte – bei einer Rezeptgebühr von damals 43 S hätte dieser Patient, wenn das stimmt, pro Tag – pro Tag! – eine Großpackung mit 50 Tabletten schlucken müssen, damit er auf diese Kosten kommt. Wenn das wirklich der Fall wäre, dann müsste man auf den Härtefonds bei der Sozialversicherung zurückgreifen – der Sozialversicherung, der Gebietskrankenkasse, die zur Gänze in der Hand der Sozialdemokraten ist –, dann müsste man diesem bedauernswerten Mann unter die Arme greifen und ihm diese Rezeptgebühren aus dem Härtefonds rückerstatten. Das wäre etwas gewesen, was Herr Verzetnitsch hätte veranlassen können, anstatt sich hier herzustellen, den Mann zu bedauern und so zu tun, als ob er nichts dafür könnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Betreffend das Gesundheitsbudget möchte ich sagen, es freut mich, dass wir wieder ein ordentliches Budget zustande gebracht haben, dass wir Maßnahmen ergriffen haben, wodurch auch für die kommende Periode, für die kommenden zwei Jahre die Versorgung der österreichischen Bevölkerung gesichert ist, wenngleich wir auch auf Grund der maßlosen Verschwendungspolitik der Sozialdemokraten im Versicherungswesen und auf Grund mangelhafter Eingriffe gerade bei den Medikamentenpreisen, weil nie verhandelt worden ist, einige Einschnitte machen mussten: Erhöhung der Rezeptgebühr, Einführung der Ambulanzgebühren. – Bedanken dürfen sich die Patienten bei der Verschwendungspolitik der Sozialdemokraten! (Abg. Schwemlein: Das sagen Sie bei Ihren drei Pensionen!)

Wir werden dafür sorgen, dass die gesundheitliche Versorgung aufrechterhalten wird und dass wir keine weiteren einschneidenden Maßnahmen ergreifen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Drei Pensionen? – Ein Pensionshai!)

18.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.19

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget!", so hat unser Finanzminister gestern gesagt, und ein guter Tag hat wirklich begonnen, nämlich ein guter Tag für Kunst und Kultur.

Keine Kürzungen: Erstmals erreicht das Kunstbudget die 3-Milliarden-Schilling-Grenze, gibt es ein Plus – ein Plus!  – von 1,9 Prozent für Bildung und Kultur. Das Budget ist in der Summe vergleichbar mit dem Budget Frankreichs. Und – völlig unglaublich! – nicht die Sozialdemokraten haben dieses Budget für Kunst und Kultur erstellt, nein!, die protestieren nämlich gegen dieses Kunst- und Kulturbudget, sondern die FPÖ-ÖVP-Koalition hat dieses Budget erstellt, und kein Künstler ist bis jetzt ausgewandert, und kein Künstler muss sich existenziell bedroht fühlen, denn wir haben sogar das seit Jahrzehnten diskutierte, aber nie ausverhandelte Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz erarbeitet. Und das, meine Damen und Herren, genau das ist unser kulturpolitisches Credo: Handeln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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41. Sitzung / Seite 139

Handeln statt polemisieren, handeln statt ideologisieren. Wir haben gehandelt – in unserem Auftrag, wie wir ihn verstehen, als Delegierte der Gesellschaft, entsprechend unserem Auftrag, den Reichtum unserer Kultur zu erhalten und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass freies kulturelles und künstlerisches Schaffen möglich wird.

Wir haben die Buchpreisbindung durchgesetzt, die steuerliche Erleichterung für Künstler, den Wegfall der Ausstellungsvergütung und damit der Schwächung des Verwaltungsmonopols durchgeführt, den Entwurf zum Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und schließlich sogar für Kunst und Kultur einen positiven Budgetvoranschlag durchgesetzt, und all das, meine Damen und Herren, in nicht einmal einem Jahr, sondern in einem Dreivierteljahr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir rufen nicht auf zur Demonstration, wir polemisieren nicht – wir arbeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Jawohl!)

Für uns ist es von ganz besonderer Bedeutung, dass schon unsere Kinder Kunst- und Kulturbildung erfahren dürfen, dann haben sie nämlich als Erwachsene eine ganz andere Beziehung zu Kunst und Kultur. Dann ist Kunst und Kultur auch für sie ein Anliegen, und das ist es, was mir als Kulturpolitikerin wichtig ist: dass sie eine Beziehung zu Kunst und Kultur entwickeln, dass es ihnen ein Anliegen ist, auch öffentliches Kulturgut privat zu besitzen, sodass es wirklich zu einer "private and public partnership" auch in Kunstagenden kommt. Es soll in unserem Land über Kunst und Kultur diskutiert werden, aber nicht von einer selbst ernannten pseudointellektuellen Clique, sondern von der Bevölkerung. Es soll diskutiert werden, es soll kontroversiell diskutiert werden. Theater sollen Anliegen von Bürgern sein, und man soll nicht aus Angst vor dem Scheitern eines Kulturprojektes Volksbefragungen zu verhindern versuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich halte absolut nichts von einer volksbevormundenden Politik, nichts von Politikern, die erklären, Kulturprojekte seien nicht mehrheitsfähig, denn gerade diese Politiker haben dies durch Umgehung des Bürgers jahrelang betrieben und haben dazu beigetragen. Österreich wird in der ganzen Welt als Kulturnation angesehen – und ist es auch! Treten wir endlich alle einmal auch dementsprechend auf, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erfolgreiche Kulturpolitik trifft nicht Entscheidungen wie Staat oder Markt, sondern entscheidet für die Interaktion. Erfolgreiche Kulturpolitik sieht nicht den Kulturschaffenden auf der einen und den Konsumenten auf der anderen Seite, sondern sie bringt beide zusammen. Erfolgreiche Kulturpolitik ideologisiert nicht, sondern sie praktiziert die Grundfeste der Demokratie: Diskussion und Toleranz! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger  – in Richtung SPÖ –: Da könnt ihr noch etwas lernen!)

18.24

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein Wort zum Routinefoul der SPÖ heute um 17.30 Uhr. Der Letzte, der während des Auszählungsvorganges in den Saal schlich und am falschen Platz landete, war Kollege Brix. Der Erste, der sich nach dem Abstimmungsergebnis tierisch brüllend so aufführte, dass ich mir um seine Gesundheit Sorgen machte, war Kollege Brix. – Lieber Sportkollege Brix! Als Präsident eines Sportfachverbandes solltest du von den Sportlern auch die Fairness bei der Niederlage lernen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Der Applaus war enden wollend!) – Herr Kollege Brix hat möglicherweise geistig mitapplaudiert.

Zum Thema "Universität". – Ich zitiere aus einer Fachzeitschrift: Das österreichische Bildungswesen ruht sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit aus. Dies sagt der Generaldirektor von VA-Stahl Peter Strahammer, und er spricht aus, was ein Großteil der heimischen Unternehmer, vor allem jene, die im internationalen Wettbewerb stehen, denkt. Das viel gerühmte österreichi


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41. Sitzung / Seite 140

sche Bildungssystem – sagt er – ist endgültig in die Mittelmäßigkeit abgerutscht. Der Anteil der Studienanfänger liegt in Österreich bei 28 Prozent, im OECD-Durchschnitt sind es 40. Die Quote der Hochschulabschlüsse im Jahr 1998 betrug in Österreich 13,7 Prozent gegenüber 23 Prozent im OECD-Schnitt; Abschlüsse der altersmäßig vergleichbaren Bevölkerung.

Für Strahammer ist die einzige Antwort auf die Misere – und Sie werden ihn nicht unserer Fraktion und unserem Gedankenkreis zuordnen, wiewohl er auch mit seiner Schlussaussage Recht hat –: Nur autonome Universitäten, die über Zugang und Kostenbeiträge der Studierenden selbst entscheiden, können die Zukunft auch für Absolventen in Richtung Industrie sein. – So weit Herr Strahammer.

Ich gestehe, dass auch ich nicht glücklich über die Art der Einführung der Studiengebühren war. Ich hielte es für besser, einer vollautonomen Universität die Möglichkeit zu bieten, Studiengebühren einzufordern. Nichtsdestoweniger haben uns die Universitäten kein klares Signal gegeben, dass sie dazu in absehbarer Zeit in der Lage sind, und daher war in Anbetracht der Budgetsituation Handlungsbedarf gegeben.

Herr Niederwieser hat beim Verlassen des Pultes noch zurückgerufen, die Studenten würden sich die Gebühr nicht gefallen lassen, es werde einen heißen Herbst geben. Der VSStÖ hat Aufkleber präpariert und bringt diese – auch ungewollt vom Autobesitzer – auf Autos an. Auf diesen Aufklebern steht: Es kommt ein heißer Herbst! – Flammen über Flammen finden sich auf diesem Aufkleber. Bezeichnenderweise wurde für den "heißen Herbst" die Rune der SS verwendet. Diesen Zusammenhang verstehe ich nicht.

Es soll nicht mit Feuer gespielt werden! Das hat aber nicht nur der VSStÖ getan, sondern wir kennen auch das Zitat von Seiten der Gewerkschaft. Meine Damen und Herren! Wirken Sie beruhigend auf die Studierenden ein! Geben Sie ihnen die Vision, dass sie als Mitzahler künftig auch das Recht haben, von ihren Universitäten entsprechende Gegenleistungen einzufordern! Unter diesem Aspekt wollen wir die Studiengebühr sehen. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

18.29

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Am Ende einer langen Debatte noch einmal zurück an den Anfang. Finanzminister Grasser hat nicht nur gesagt: "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget!", sondern er hat auch – drei Mal – gesagt: "Der Vergleich macht uns sicher!" – Und der Vergleich macht uns sicher, das wird auch in den heutigen Medienberichten anerkannt.

Er macht uns sicher, denn die Regierung vollzieht eine radikale Wende in der Finanzpolitik, wird uns in den Medien bestätigt. Wenn Michael Prüller in der "Presse" vom heutigen Tage sagt:

"Das Nulldefizit ist nur ein Etappenziel", dann hat er vollkommen Recht. Er hat aber auch Recht, wenn er sagt: "Sicher ist, daß die Regierung ihr Handwerk beherrscht – von Schwächen in der Kommunikation abgesehen – und Durchsetzungsvermögen besitzt. So scheinen die Budgetzahlen einigermaßen realistisch zu sein und die Wahrscheinlichkeit, ... das Schuldenmachen zu stoppen, hoch. Wird die Regierung aber ihre Chance für die Erneuerung Österreichs, die sie sich mit diesem Budget geben wollte, auch voll ausschöpfen?" 

Ich sage Ihnen eines, und das drei Mal: Sie wird, sie wird, sie wird es tun!

Natürlich sind die Ankündigungen, das Budget zu sanieren, nicht neu. Das beginnt im Jahr 1987 mit Finanzminister Lacina, der damals noch ambitioniert gemeint hat, wenn jetzt nicht drastisch den Staatsschulden und dem Defizit zu Leibe gerückt werden würde, dann würde der Spielraum des Staates noch kleiner werden. Wie wahr! Er hat auch im Budget 1987 behauptet, die Konsolidierung würde fortgesetzt werden. Lacina, 1995: dieselben Aussagen! Aber auch Finanzminister Klima, nunmehr wohnhaft in Argentinien, sagte 1996, das Konsolidierungsprogramm sei


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ohne Alternative. Österreich müsse seine Budgets in Ordnung bringen. – Das Ergebnis kennen wir alle.

Was uns damals als Sanierung verkauft wurde, mündete in ein Desaster, in Zinsen, die jährlich 100 Milliarden Schilling ausmachen. Finanzminister Grasser hat ein sehr treffliches Beispiel angeführt, dass alle österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 7 000 S mehr im Monat verdienen könnten, hätte man nicht die ganzen Jahre hindurch eine derart unsoziale und unverantwortliche Politik betrieben. (Abg. Dietachmayr: Wenn Sie aufgepasst hätten, hätte Ihnen der Herr Professor gesagt, dass das falsch ist!)

Jetzt bin ich bei den Vorwürfen der Opposition, die natürlich kommen – wie sollte es auch anders sein? Ex-Finanzminister Edlinger hat gemeint, dass diese Budgets sozial nicht treffsicher sind und dass sie den sozial Schwachen treffen, und dazu muss ich Ihnen etwas sagen.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie haben nicht nur in der Finanzpolitik versagt, sondern auch in der Sozialpolitik, und Sie selbst bestätigen das. Sie selbst bestätigen das in 22 Anträgen, beginnend mit Antrag 275/A, endend mit Antrag 296/A, alle gezeichnet Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer, betreffend die Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems. Und das sind nicht etwa Anträge, die Defizite in den jetzigen Budgets beinhalten, sondern diese Anträge zeigen Lücken auf, die im Laufe Ihrer Regierungstätigkeit entstanden sind und die von Ihnen nicht behoben worden sind.

Zum Beispiel Lücken im Krankenversicherungsschutz: mehr Rehabilitationsmaßnahmen, die Sie jetzt einfordern, Unsicherheiten im Bereich der Hauskrankenpflege, die Sie jetzt einfordern, längere Fristen für Anträge auf Kostenerstattung, die Sie jetzt einfordern, eine Umschichtung der Sozialhilfe, Verbesserungen beim Pflegegeld, bessere Absicherung der Pflegepersonen und der Pflegeinfrastruktur, die Sie jetzt einfordern, weil Sie nicht mehr in der Regierung sind. Sie fordern ein Teilarbeitslosengeld, ein Mindestarbeitslosengeld, Anhebung von Freigrenzen, Verbesserung von Zumutbarkeitsbestimmungen, und so weiter, und so weiter.

Sie haben Jahrzehnte Zeit gehabt! Sie hätten Zeit gehabt, diese sozialen Anliegen, die Sie jetzt anscheinend haben, weil Sie in der Opposition sind, zu verwirklichen. Und dafür fehlt mir natürlich aus heutiger Sicht jegliches Verständnis! Das beweist, was ich schon gesagt habe: Abgesehen von den immensen Staatsschulden beweisen gerade diese 22 Anträge der Sozialdemokratie, dass Sie nicht nur im Bereich der Finanzpolitik, sondern auch im Bereich der Sozialpolitik in den letzten Jahrzehnten versagt haben. Ich bin froh, dass diese neue Regierung einen anderen und besseren Weg geht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Ich bin eher für den ausklingenden Abend, für den wohlklingenden guten Morgen ist der Herr Finanzminister zuständig. Ich will das Zitat gar nicht wiederholen, er hat es ja marketingmäßig gut verkauft, indem er es gestern extra für das Fernsehen zwei Mal wiederholt hat. Man soll das nicht noch weiter aufwerten, denn diese Budgetrede war ... (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Er ist ein guter Mann!) – Ja, er ist vielleicht ein guter Mann, aber diese Budgetrede war eine Enttäuschung. Nichtsdestotrotz!

Der Finanzminister hat den Kulminationspunkt seiner Rede auf diesen Satz, den er dann extra noch einmal wiederholt hat, angelegt – und das ist eine Enttäuschung. Sie regen sich hier darüber auf, dass die Opposition – insbesondere auch Herr Professor Van der Bellen wurde angesprochen – keine Alternativvorschläge gebracht hat. Bei dieser Budgetrede war das relativ schwierig, denn man musste da einmal ein Sammelsurium von Unehrlichkeiten und zum Teil auch Schwachsinnigkeiten auseinander halten, und ich gestehe jedem Redner zu, dass dafür 20 Minuten Redezeit nicht ausreichend sind.


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Meine Damen und Herren! Eine gute Budgetdebatte beginnt mit einer guten und brauchbaren und jedenfalls ehrlichen Budgetrede. Das wäre einmal die Eingangsvoraussetzung gewesen. (Beifall bei den Grünen.)

Die 30 000 S Einkommensgrenze, unter der einkommenssteuerlich niemand tangiert werden sollte, brauchen wir nicht mehr zu erwähnen, das ist ausreichend dargelegt worden. Aber dass der Herr Finanzminister sich wirklich dazu verstiegen hat, in seiner schriftlichen Version festzuschreiben und es auch auszusprechen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich 7 000 S mehr im Monat verdienen könnten, wenn das nicht alles so gekommen wäre, das ist ökonomisch der absolute Nonsens. Ich kann mir sonst nicht helfen, also muss ich das zumindest für das Protokoll einmal festhalten.

Selbstverständlich stammen die Schulden der Vergangenheit aus Investitionen und bestimmten Maßnahmen, beispielsweise Infrastruktur-Investitionen, die natürlich zum Wirtschaftswachstum und zur Einkommenssteigerung beigetragen haben. Ich verstehe es daher nicht und bin enttäuscht, dass der Herr Finanzminister hier diese Rede gehalten hat.

Wie dem auch sei, was die Vorschläge der Opposition betrifft, muss ich sagen, in ein paar Punkten stehen wir mit unserer Kritik sicherlich nicht allein da. Der Rechnungshofpräsident hat selbst gestern und heute noch einmal erklärt, dass – das alte Sparpaket wurde auch kritisiert, aber jetzt kritisiert er, glaube ich, zu Recht – sowohl die einnahmen- als auch die ausgabenseitigen Maßnahmen nicht wirklich Strukturreformen entsprechen. Rasenmähermethode – das ist richtig! Das fehlt diesem Budget, und deshalb wird in ein paar Jahren wieder der nächste Schnitt notwendig sein. Strukturreformen würden bedeuten, endlich den Finanzausgleich anzugehen, zum Beispiel die Wohnbauförderung und ähnliche Dinge mehr. Das alles haben wir vermisst, obwohl der Herr Finanzminister es angekündigt hat, und daher unsere Enttäuschung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, wenn man die Vorschläge der Grünen zusammenfasste, ergäbe sich sehr wohl eine Reihe von Einsparungspotentialen für das Budget. Wenn man zum Beispiel eben bei besagter Wohnbauförderung endlich von der Objekt- zur Subjektförderung überginge, würde man natürlich auch tatsächlich – jetzt im positiven Sinn – mehr soziale Treffsicherheit erreichen. Das könnte einmal eine Maßnahme sein, die sehr wohl Ausgabenkürzungen legitimieren könnte, weil nämlich dann, wenn zielgerichtet gefördert werden würde, tatsächlich auch diejenigen, die – wie Sie immer sagen – etwas brauchen, etwas bekämen. Das jetzige System begünstigt die mittleren und höheren Einkommens- und Vermögensbezieher, und das wissen Sie ganz genau, aber das entspricht ja Ihrem politischen Vorhaben.

Es gibt ganz andere Punkte im Budgetbereich: ausgabenseitig etwa die Förderungen über den Siedlungswasserwirtschaftsfonds. Da werden Milliardenbeträge im Jahr an Förderungen für angebliche ökologische Projekte ausgesprochen, die überhaupt nicht so ökologisch sind. Wir haben das immer wieder hier thematisiert. Da geht es um zig-Milliarden in einer Legislaturperiode. Auf diesem Ohr sind Sie ganz taub, ich weiß das! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist, weil Sie Klientelpolitik betreiben, besonders Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP! Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht verwunderlich – weil Sie sich dauernd so echauffieren und im Übrigen regelmäßig Ihren Gedächtnisschwund zelebrieren –, dass sich mit dem Eintritt von ÖVP-Ministern in die Regierung der Anstieg der Verschuldung vervielfacht hat – nicht etwa verdoppelt, vervielfacht! Das ist auch ein Wesen und ein Ausdruck der Klientelpolitik, die Sie mitzutragen haben. Dass Sie angesichts dessen herumpolemisieren, verstehe ich wirklich nicht.

Es hat nicht nur die Budgetrede an Niveau vermissen lassen, sondern auch die Beiträge der angeblichen Wirtschaftspartei. Ich verstehe das deshalb nicht, weil nicht alles im Nachhinein schlecht geredet werden muss – auch von Ihrer Fraktion nicht, Herr Kollege Stummvoll!

Beispielsweise wurde Finanzminister Androsch zitiert. Androsch hat damals – Sie verteufeln dauernd den "Austro-Keynesianismus" – immerhin, ob einem das passt oder nicht – er ist auch von linker Seite dafür sehr kritisiert worden –, die Hartwährungspolitik mit gleichzeitig beschei


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den geforderter Lohnpolitik forciert. Das Ganze hat zumindest einen Stabilitätserfolg gehabt – ob man von der Verteilungsseite her dafür ist oder nicht, ist eine andere Frage –, aber es musste auch in Ihrem Sinn gewesen sein. Dass Sie heute hier herausgehen und in dieser Art und Weise Vergangenheitsverleugnung betreiben, ist wirklich enttäuschend – jedenfalls wenn Sie sich weiterhin mit dem Ruf als Wirtschaftspartei schmücken wollen.

Außerdem erinnere ich an den Schüssel-Ditz-Kurs und andere Vorhaben – was weiß ich, welche es noch gab. Prominenteste Mitglieder Ihrer Partei haben das mitzuverantworten gehabt. (Beifall bei den Grünen.)

Ob das in Zukunft so sein wird, hoffe ich nicht. Es beginnt nicht nur ein Tag, es beginnen auch Jahre und Legislaturperioden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Ich würde meinen, eine gute Legislaturperiode beginnt mit einer anderen Regierung.  – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Er redet überall mit und hat von nichts eine Ahnung!)

18.42

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Über Stunden versuchen Sie, uns hier gebetsmühlenartig klarzumachen, welch schöner Tag heute sei. Das mag durchaus für Sie Gültigkeit haben – für die Bürgerinnen und Bürger ist es ein rabenschwarzer Tag. Das ist eine Tatsache. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich werde in einigen wenigen Sätzen klarzumachen versuchen, warum das ein rabenschwarzer, genau genommen ein schwarz-blauer Tag für die Bürgerinnen und Bürger ist. Es geht nicht um die Stärke dieser Regierungsvorlage. Es geht nicht um die Anzahl der Seiten dieser Regierungsvorlage. Es geht um die Inhalte dieser Regierungsvorlage. Und diese Regierungsvorlage mit all ihren Details ist Wort für Wort gegen die Menschen in diesem Land gerichtet.

Meine Damen und Herren! Die Katastrophe bei dem Ganzen liegt aber in erster Linie darin, welches vordergründige Spiel Sie spielen. Lassen Sie mich das an Beispielen festmachen:

Eine Aussage des einfachsten Mitglieds der Freiheitlichen Partei, von Jörg Haider, lautete: Wir werden uns nicht gefallen lassen, dass die ÖVP mit uns so umgeht wie seinerzeit mit der SPÖ. – Das heißt, es ist schon zu damaliger Zeit und heute offenkundig, man geht nicht offen miteinander um. Aber der entscheidende Punkt ist: Was machen eigentlich Sie aus den jeweiligen Aussagen? – Auch da erlaube ich mir Herrn Haider zu zitieren, der sagte: Die Schulden der Republik sind nicht relevant. Ein Land, das gesunde Strukturen, eine wachsende Wirtschaft und sinkende Arbeitslosigkeit hat, ist eine gute Investitionsadresse. Wenn die Neuverschuldung auf dem Niveau von 65 bis 70 Milliarden Schilling bleibt, tut das niemandem weh. – Das sagt Ihr einfachstes Mitglied, Ihr Jörg Haider in Kärnten. (Abg. Böhacker: Wann hat er das gesagt? Wann?) – Das hat Herr Haider am 10. August 1997 gesagt, und das ist in "täglich Alles" veröffentlicht worden. (Abg. Böhacker: Das ist aber wohl ein großer Unterschied!)

Weitaus schlimmer für mich ist, wie Sie mit den Bürgerinnen und Bürgern umgehen. Weitaus schlimmer ist es für mich, welche Strategie Sie an den Tag legen. Herr Kollege Pumberger geht ans Rednerpult und stellt Betroffenheit dar, meint, wie wichtig es sei, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen. Das sagt Herr Kollege Pumberger, der, wie Sie alle wissen, drei oder vier Pensionen bezieht. Jetzt mag durchaus sein, dass er die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger hört – Herr Kollege Pumberger, aber nur akustisch! Im Herzen verstehen Sie diese Probleme nicht. Daher kommt es zu all diesen Maßnahmen und Handlungen, die Sie setzen.

Der nächste Höhepunkte findet heute in Salzburg statt. Man stelle sich vor: Die Freiheitlichen und die ÖVP sind Koalitionsparteien. In Salzburg verlangt die Freiheitliche Partei eine Sondersitzung des Landtages zu dem Thema, man müsse die medizinische Versorgung im Bundes


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land Salzburg sicherstellen, denn es drohe die Gefahr, dass Krankenhäuser – ob das Oberndorf oder Mittersill ist – geschlossen werden.

Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich einmal vor, welche Strategie Sie an den Tag legen, welche Signale Sie an die Bürgerinnen und Bürger aussenden, wenn Sie hier all diese Grausamkeiten vornehmen, beschließen und umsetzen, und draußen auf dem Land gehen Ihre Funktionäre her und versuchen, den Bürgern die Betroffenheit und das Robin-Hood-Verhalten klarzumachen – das heißt: Wir sind eure Retter, wir bewahren euch auf Landesebene vor den Grausamkeiten, die unsere Parteifreunde auf Bundesebene machen! – Das nimmt Ihnen niemand ab, das ist absolute Unehrlichkeit! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Meine Damen und Herren! Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten die Möglichkeit haben, uns im Detail mit all Ihren unsozialen Maßnahmen, mit Ihren Schritten betreffend den Abbau der sozialen Sicherheit in Österreich auseinander zu setzen.

Wir haben in der Vergangenheit aufgezeigt, und wir werden Ihnen in der Zukunft aufzeigen, wie die soziale Gerechtigkeit beibehalten werden kann, wie man Budgetpolitik macht, wenn man den Menschen in den Vordergrund stellt und nicht irgendeinen Nulldefizit-Wahn verfolgt. Wir werden in dieser Zeit den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, wie Sie handeln. Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern aufzeigen, dass Ihr parteipolitisches Motiv und nicht das Bedürfnis der Österreicherinnen und Österreicher im Vordergrund steht. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pumberger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen § 58 Abs. 3 GOG. Beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen!

18.48

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Abgeordneter Schwemlein hat behauptet, dass Krankenanstalten zugesperrt werden.

Ich stelle tatsächlich richtig, dass keine Krankenanstalten zugesperrt werden – weder in Salzburg noch in der Steiermark. (Abg. Schwemlein: Warum habt ihr eine Sondersitzung in Salzburg?)

Zum Zweiten hat Herr Abgeordneter Schwemlein behauptet, Abgeordneter Pumberger stelle sich hier her, zeige Betroffenheit und beziehe drei oder vier Pensionen. Ich stelle tatsächlich richtig (Abg. Schwemlein: Nicht jetzt – dann! Nicht jetzt – dann!): Ich bin 50 Jahre alt, beziehe keine einzige Pension, bin jedoch betroffen über das Theater der Sozialdemokraten bezüglich Herbeischaffung des Finanzministers. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 69 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich die Regierungsvorlage 310 und Zu 310 der Beilagen dem Budgetausschuss zu .

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (219 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000) (317 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Zu Wort ist niemand gemeldet.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 219 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschussbericht 317 der Beilagen angeschlossenen Abänderungen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (270 der Beilagen): Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (318 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.51

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Dobar vecer! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kärnten ist mit großem Abstand – abgesehen von meinem eigenen Heimatbundesland – mein liebstes Urlaubsland in Österreich – aus vielerlei Gründen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Nicht nur auf Grund der topographischen Natur und der schönen Gegend liebe ich dieses Bundesland über alles.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichtsdestotrotz bekomme ich jedes Mal Beklemmungsgefühle, wenn am 10. Oktober oder vor dem 10. Oktober – meistens am 10. Oktober – dieses anachronistisch anmutende Spektakel in Kärnten abläuft, das sich Umzug nennt. Irgendwie wirkt es wie eine Anzengruber-Inszenierung, wenn alle mit ihren Trachten, mit Fahnen und so weiter aufmarschieren. (Abg. Mag. Schweitzer: 14. Juli! 14. Juli!)

Ich frage mich immer, meine sehr geehrten Damen und Herren: Was wird denn am 10. Oktober in Kärnten gefeiert? – Da wird ein Mythos beschworen, nämlich ein Mythos der Grenze. Da kann man eigentlich keine andere Assoziation haben, als dass sich alle nur mit der Vergangenheit beschäftigen, ohne auch nur irgendwie in die Zukunft zu blicken.

Würde man nämlich heute, 80 Jahre nach diesem Ereignis, in die Zukunft blicken, dann müsste man sich tatsächlich damit beschäftigen, wie modern, wie weltoffen das Denken in Kärnten ist, wie gemeinsam mit den Nachbarn geplant wird, wie gemeinsam mit den Nachbarn gehandelt wird, welche Vorstellungen man insgesamt hat. Nichts von all dem habe ich jetzt – ich gebe zu: im Osten und bei diesen zum Teil geradezu obskur anmutenden Feierlichkeiten nicht physisch anwesend – empfunden.

Ich habe ein ähnliches Unbehagen, wenn es um diese 55 Millionen Schilling geht, die Kärnten zugesprochen bekommen soll, weil nämlich quasi in Zahlen ausgedrückt wird, was meiner Ansicht nach längst der Vergangenheit angehört, nämlich diese Abwehr-Mythologie, diese Grenzziehungsmythologie, die in Kärnten im Zusammenhang mit diesen Feierlichkeiten immer vorherrscht.


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Im Gesetzesantrag steht: Der Bund gibt Kärnten 55 Millionen Schilling. Mit 45 Millionen zieht der Herr Landeshauptmann durch Kärnten – in dem Fall ist es Jörg Haider, es könnte auch jeder andere sein; das hat mit ihm persönlich gar nichts zu tun. Er verteilt dann – so wie vor 80 Jahren oder noch länger davor – kaiserähnlich oder landfürstenähnlich das Geld: da ein bisserl etwas für einen Kanal, dort ein bisserl etwas für eine Straße. – So geschieht das dann. Das ist nicht das erste Mal, dass solche Abstimmungsspenden im Parlament beschlossen werden.

Ich neide den Kärntnern das Geld überhaupt nicht – nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Ich meine, dass die Regionalförderung in diesen Gebieten tatsächlich ein Bundesanliegen sein sollte und dass wir in Wien diese Gegenden Österreichs sozusagen fördern sollten. Ich komme aus einem Bundesland mit einer ähnlichen Randlage, mit ähnlichen Schwierigkeiten. Zum Teil wird mehr als geringschätzig und hochnäsig auf diese Gegenden geblickt und kümmert man sich viel zu wenig um diese.

Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht die Art und Weise, die die Menschen dort tatsächlich an Zuwendung – auch monetärer Art und von der Politik – brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Regierungsvorlage ein bisschen näher anschauen, dann kommt der eigentliche Hohn, wenn man liest, dass die Kärntner Slowenen – ich fasse das ein wenig verkürzt zusammen –, stellen Sie sich doch vor, 5 Millionen Schilling vom Bund bekommen. 5 Millionen Schilling! Welch maßlose Großzügigkeit!

Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dieses Jahr – ab 2001, wir sprechen heute schon den ganzen Tag vom Budget – den zweisprachigen Radios in Kärnten 10 Millionen Schilling an Förderungen, die sie in den letzten Jahren bekommen haben, wieder gestrichen werden? – 10 Millionen gestrichen, 5 Millionen wieder gegeben, das ergibt ein Minus in Höhe von 5 Millionen Schilling.

Meinen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das ein Beitrag ist, diese überkommene Abwehr-Mythologie, dieses alte Denken zu überwinden? Hat das irgendetwas mit modernem Verständnis von Weltoffenheit, von Zweisprachigkeit, von der Überzeugung, dass das Zukunftspotenzial ist, zu tun, dass man das nutzen könnte?

Mitnichten, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitnichten! (Abg. Zweytick: Wenn es nur vom Geld abhängt!) Darum, meine sehr geschätzten Damen und Herren, kann ich diesem Gesetzentwurf, so gern ich den Menschen in diesem Raum jede zusätzliche Förderung zukommen lassen würde, meine Zustimmung nicht geben, denn in Kärnten läuft die Politik dem – Herr Alt-Landeshauptmann Zernatto weiß das ganz genau – gänzlich entgegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Haben Sie schon gehört, dass das Land Kärnten zweisprachige Kindergärten, Landeskindergärten einrichtet, so wie jede Gemeinde einen Kindergarten hat? Zweisprachig? Ja? – Die Gemeinden setzen sich ein, einzelne und noch sehr spärlich, aber doch. Auch dort gilt es, einiges zu überwinden. Aber ich habe noch nicht gehört, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich das Land Kärnten zum Beispiel bereit finden würde, das zu tun, was im Burgenland – dort hat es auch lange gedauert – heute Realität ist. Da gibt es ein Kindergartengesetz, das die Zweisprachigkeit in Kindergärten – meiner Ansicht nach vom zeitlichen Umfang her noch ungenügend, aber doch – vorsieht, sie unterstützt und auch fördert. Dort hat das inzwischen Normalität erlangt, und dort funktioniert die Zweisprachigkeit.

In Kärnten sind wir ganz weit davon entfernt. Alles ist privatisiert – im wahrsten Sinn des Wortes: privatisiert. Eltern, Vereine, Vereinigungen, Initiativen kümmern sich um Zweisprachigkeit. Das Land hat sich längst verabschiedet und die Verantwortung in den Händen der engagierten BürgerInnen gelassen, ohne etwas zu tun.

Ein anderes Beispiel: Die erstbeste Gelegenheit, die der neue Landeshauptmann ergreifen konnte, um auf dem Gebiet des Minderheiten-Schulwesens einen Akt zu erlassen, hat er sofort genutzt: Das Qualifikationserfordernis der Zweisprachigkeit für Direktoren an zweisprachigen Volksschulen ist gestrichen. Halten Sie das, meine sehr geehrten Damen und Herren, für zeitge


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mäß? Halten Sie das für im Einklang mit dem, was dann so gut klingt, nämlich man fördere die Slowenen?

Das ist genau das Gegenteil dessen, was passiert. Die Assimilation wird bewusst und mit viel Geld unterstützt gefördert. (Abg. Dolinschek: Sie haben keine Ahnung!) Das ist das Problem, das das Land hat. Darum kann ich diesem Gesetzentwurf nicht meine Zustimmung geben. (Abg. Zweytick: Welche Assimilation? Welche Assimilation?)

Ulrike Lunacek wird Ihnen erklären, welch außenpolitischer Hohn hinter dieser so genannten Abstimmungsspende steht, angesichts dessen, dass man liest: 5 Millionen Schilling für die Kärntner Slowenen und 5 Millionen Schilling für die Deutsch-Österreicher in Slowenien. – Jeder Kärntner Slowene fühlt sich, wenn er das hört, verhöhnt. – Und da kann ich nicht mitmachen! (Beifall bei den Grünen.)

18.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leikam. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.59

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Martin Graf: Ihr habt Koalitionspartner!) Geschätzte Frau Kollegin Stoisits! Ich glaube, Sie sind mit Ihrem heutigen Beitrag zu diesem Punkt um einige Jahrzehnte zurück gelegen. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie dürften übersehen haben, dass es seit vielen Jahren – ich stehe nicht an, unseren ehemaligen Kärntner Landeshauptmann zu nennen – intensive Bemühungen im Bundesland Kärnten gab und auch heute gibt, das Verhältnis mit der Volksgruppe der Slowenen besser werden zu lassen, als es zweifellos einmal gewesen ist. Ich glaube, dass die Bemühungen durchaus von Erfolg gekrönt waren.

Schon bei der Abstimmungsfeier des 75-jährigen Jubiläums vor fünf Jahren war es erstmals der Fall, dass ein sehr prominenter Slowene bei der Festveranstaltung das Wort ergriffen hat. Es war auch diesmal bei der 10.-Oktober-Feier vor wenigen Tagen wiederum der Fall, dass ein sehr prominenter Slowene das Wort ergriffen hat. (Abg. Mag. Lunacek: Aber nicht auf der Straße!) – Das wäre auch möglich gewesen, er war auch dort mit dabei.

Es ist also durchaus nicht so, wie Sie heute gesagt haben, und wenn Sie sich ein bisschen intensiver mit den Abstimmungsspenden beschäftigt hätten, dann hätten Sie rasch erkennen können, dass es diese Abstimmungsspenden seit dem Jahre 1930 in regelmäßigen Abständen gegeben hat.

Ich halte das auch für einen wichtigen und richtigen Akt, denn eines muss schon klar festgestellt werden: 1920 haben in Kärnten die in der Abstimmungszone Wohnenden in einem beispiellosen Selbstbestimmungsakt die Entscheidung getroffen, dass Kärnten in der Form, wie wir heute die Grenzen kennen, nämlich mit den Karawanken, bei Österreich geblieben ist. Ich glaube, das kann man nicht einfach mit wenigen Sätzen abtun: Da ist vieles nicht in Ordnung; ich gönne den Leuten zwar das Geld, aber man könnte auf der anderen Seite großzügiger sein. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es sind auch nicht allein diese 5 Millionen, die übrigens das erste Mal zweckgebunden sind. Das hat es bei einer Abstimmungsspende noch nie gegeben, dass man 10 Millionen Schilling schon von der Bundesregierung her zweckgebunden gewidmet hat, sondern es war bisher immer so, dass die Entscheidung im Lande Kärnten gefallen ist. In erster Linie sind die Mittel für infrastrukturelle Maßnahmen in den Abstimmungsgemeinden aufgewendet worden. Diesmal hat man erstmals diesen Schritt gesetzt und eine Zweckbindung hineingenommen. Sie sollten nicht so tun, als ob das alles nichts ist.

Es sind auch nicht allein diese 5 Millionen Schilling, sondern die Volksgruppenförderung ist in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut worden. Sie ist jetzt allerdings – da haben Sie


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Recht – auch teilweise dem Sparstift der Regierung zum Opfer gefallen. Es sind Kürzungen erfolgt wie in vielen anderen Bereichen auch. Wir haben ja heute schon stundenlang über dieses Thema diskutiert. Es sind Kürzungen erfolgt, aber das sind nicht diese 5 oder 10 Millionen Schilling allein, um die es geht.

Es stimmt auch nicht, dass das Land nichts für zweisprachige Kindergärten unternimmt. Auch das ist nicht richtig. Auch da sind Sie schlecht informiert. Sie sollten öfter nach Kärnten kommen, dann würden Sie sich besser auskennen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vor allen Dingen aber, Frau Kollegin Stoisits, haben Sie etwas versäumt, wenn Sie am 10. Oktober nicht in Kärnten waren. Wenn Sie gesehen hätten, wie Zehntausende begeisterte Menschen aus allen Talschaften, aus den Städten unseres Landes in die Landeshauptstadt gekommen sind und diesen Ehrentag der Kärntnerinnen und Kärntner gefeiert haben, dann hätten Sie heute am Rednerpult mit Sicherheit andere Worte gefunden. Davon bin ich fest überzeugt. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Zeit ist relativ knapp. Lassen Sie mich jedoch auf eine Entwicklung hinweisen, die so nicht bleiben kann. Bereits seit dem Jahre 1930 – ich habe es vorhin erwähnt – hat es alle zehn Jahre und aus einmaligen Anlass vor fünf Jahren Volksabstimmungsspenden gegeben. Im Mai ist der Herr Landeshauptmann von einem Wien-Aufenthalt nach Kärnten gekommen und hat über die APA mitteilen lassen, dass er beim Finanzminister erreicht hat, dass 80 Millionen Schilling Abstimmungsspende für Kärnten gegeben werden. Wenige Tage danach hat sich Landesrat Wurmitzer auch nicht lumpen lassen und hat gesagt: 80 Millionen müssen her, müssen nach Kärnten, das brauchen wir.

Meine Damen und Herren! 1989, als Ferdinand Lacina noch Finanzminister dieser Republik war, haben die Freiheitlichen gar 100 Millionen Schilling an Abstimmungsspende für das Bundesland Kärnten gefordert. Man kann sich durchaus überbieten. Das ist nicht das Schlimmste. Diese Bundesregierung hat aber dann den Beschluss gefasst – die Regierungsvorlage liegt vor –: nicht 80 Millionen, nicht 100 Millionen, sondern 55 Millionen Schilling sind es. 10 Millionen davon, wie ich schon sagte, zweckgebunden, somit 45 Millionen Schilling für die Abstimmungsgemeinden in Kärnten. – Also bei weitem nicht das, was der Herr Landeshauptmann den Kärntnerinnen und Kärntnern versprochen hat und was auch Herr Wurmitzer so gerne für die Kärntnerinnen und Kärntner wollte.

Daher hat unsere Fraktion heute, meine Damen und Herren, einen Abänderungsantrag vorbereitet, den ich somit auch verlesen darf:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Leikam, Dr. Mertel, Dr. Antoni, Mag. Posch, Mag. Muttonen und Genossen betreffend den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (270 der Beilagen): Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (318 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im § 1 wird der Betrag für den einmaligen Zweckzuschuss von 55 Millionen Schilling auf 80 Millionen Schilling angehoben.

2. Im § 1a) wird der Betrag von 45 Millionen Schilling zur Verbesserung der Infrastruktur und für besondere Vorhaben im Abstimmungsgebiet auf 70 Millionen Schilling angehoben.

*****

Meine Damen und Herren! Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen aus Kärnten unserem Antrag heute die Zustimmung erteilen werden.


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Diese 10.-Oktober-Feier vor wenigen Tagen in Anwesenheit des Bundespräsidenten, beinahe der gesamten Bundesregierung, sollte ja nicht nur ein Signal in Kärnten gewesen sein: Es sollte die Anerkennung für unser Bundesland auch dadurch zum Ausdruck kommen, dass Sie heute diesem unserem Antrag zustimmen.

Meine Damen und Herren! Noch etwas: 1995 hat der damalige Landeshauptmann-Stellvertreter Grasser Finanzminister Staribacher mitgeteilt, man werde verhindern, dass der Bundeskanzler und der Finanzminister zu den Feierlichkeiten kommen können, wenn sie nicht bereit sind, diese 100 Millionen Schilling Abstimmungsspende zu geben. – Da der damalige Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter nunmehr Finanzminister ist, bin ich mir ganz sicher, dass es überhaupt kein Problem sein wird, dass Sie heute dem Antrag der sozialdemokratischen Abgeordneten aus unserem Bundesland zustimmen und die Kärntner das bekommen, was sie auch verdienen, nämlich das, was damals die Staatsregierung 1920 gesagt hat: Wir werden euch Kärntnerinnen und Kärntnern das nie vergessen.

Denken Sie heute bei der Abstimmung an den seinerzeitigen Aufruf und unterstützen Sie unseren Antrag! (Beifall bei der SPÖ.)

19.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Herrn Abgeordneten Leikam eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Leikam, Mertel, Antoni und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.08

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Leikam! Sie haben in Ihrer Rede gerade gesagt, dass Terezija Stoisits mit ihrer Ablehnung dieses Antrages um einige Jahrzehnte zurück liegt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Nicht sie ist es, sondern, wenn ich mir die ursprüngliche Fassung dieses Antrages ansehe, wie er noch im Ausschuss war, dann ist dieser Antrag ist um einige Jahrzehnte zurück. Wissen Sie, was nämlich darin gestanden ist? – Dass diese 45 Millionen Schilling unter Punkt A zum Zweck der "Festigung der Zugehörigkeit dieses Gebietes zu Österreich" gezahlt werden sollen. Ich frage mich, wer jemals in den letzten Jahrzehnten in Frage gestellt hat, dass Kärnten zu Österreich gehört? Oder sagt irgendjemand, vielleicht Milan Kucan, Kärnten soll wieder zu Slowenien gehören? – Das ist wohl etwas, was ein paar Jahrzehnte zurück ist. Sie haben es jetzt auch aus dem Antrag genommen, was ich begrüße.

Im Finanzausschuss habe ich auch die Frage an den Herrn Finanzminister gestellt, wofür denn diese Projekte im Detail sein werden, was das genau sein wird. Er hat gesagt, er wird sehen, ob er diese Details bis zur Parlamentsdebatte bringen kann. Sie liegen bis heute nicht vor.

Das, was uns weiterhin vorliegt, ist, dass eben unter anderem auch in dieser Regierungsvorlage steht:

"5 Millionen Schilling zur Förderung der kulturellen Aktivitäten der in einer ,Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Altösterreicher‘ zusammengefassten Vereine in Slowenien unter besonderer Berücksichtigung eines Bezuges zu Kärnten."

Die Frage ist: Wer sind denn diese? Wer sind diese Vereine? Sind das jene, die die etwa 1 800 sich zu dieser Volksgruppe bekennenden Slowenen zusammenfasst, die Deutsch sprechen? In welchem Verhältnis steht das zu dem Geld, das für die slowenischsprachigen Kärntnerinnen und Kärntner zur Verfügung gestellt werden soll? – Dieses Verhältnis ist in einem massiven Ungleichgewicht.


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Aber lassen Sie mich noch einmal dazu kommen, warum das insgesamt nicht sehr gut aussieht. (Abg. Dr. Martin Graf: Warum haben Sie etwas dagegen, wenn Ausländern eine Spende gegeben wird?) Ist das die neue Art, wie Österreich jetzt die Außenpolitik fortführt, eine Außenpolitik, bei der ständig Fehler gemacht werden? Es geht doch darum – die Außenministerin sagt es immer wieder –, dass wir eine neue Partnerschaft mit den mittel- und osteuropäischen Ländern eingehen wollen, und da gehört wohl auch Slowenien dazu. Passt das dazu, wenn gleichzeitig, vor allem von Seiten der Freiheitlichen, gesagt wird, die AVNOJ-Bestimmungen müssen weg, sonst gibt es ein Veto beim Beitritt?

Und genau in dieselbe Kerbe schlägt es wahrscheinlich auch, wenn jetzt da drinnen steht, dass diese 5 Millionen Schilling für die deutschsprachigen Altösterreicher, für deren Verein verwendet werden. Ist das eine Maßnahme der Vertrauensbildung mit Slowenien? (Abg. Dr. Martin Graf: Jawohl! Na selbstverständlich!) Das sieht wohl nicht so aus, vor allem dann nicht, wenn man es in dem Licht sieht, was der Herr Bundeskanzler beim Spaziergang an der Grenze (Abg. Zweytick: Ich war da dabei!)  – ja bei Ihnen, Herr Zweytick, an der wunderschönen südsteirischen Grenze – über Milan Kucan gesagt hat, als er meinte, dieser gehöre noch zum alten Regime. (Abg. Zweytick: Was hat der Kucan vorher gesagt?) Ist das eine vertrauensbildende Maßnahme? (Abg. Zweytick: Warum nicht?)

All diese Punkte, die ich hier zusammengefasst habe, sind kontraproduktiv, wenn Österreich in der Außenpolitik eine Vorreiterrolle im Zuge der Erweiterung haben soll. So ist Vertrauen mit Slowenien nicht herzustellen! Da braucht es andere Maßnahmen. (Abg. Zweytick: Und was ist mit Krško? Reden wir über Krško!) Diese Art der Außenpolitik – das sage ich auch Ihnen, Herr Zweytick –, wird Österreich weiterhin isolieren. Dazu brauchen wir keine EU-Sanktionen, das machen wir selbst. (Beifall bei den Grünen.)

19.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.12

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich freue mich, dass Kollegin Stoisits Urlaub in Kärnten macht. Ich glaube, sie wird sich dort eher der Familie widmen. Ich hoffe das sogar, denn vom Land und der Bevölkerung scheint sie wenig zu wissen, und ich kann ihr da vom Rednerpult aus auch nur zurufen: Lernen Sie Geschichte, Frau Abgeordnete Stoisits, denn der Unterschied zwischen einer Randlage im Burgenland und einem Gebiet, das einen Abwehrkampf gehabt hat, ist, glaube ich, sehr groß! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Martin Graf: Jawohl!)

Ich muss auch feststellen: Den Grünen ist heute etwas gelungen, was wir in Kärnten schon längst überwunden haben. Landeshauptmann Zernatto a. D. – leider –, der vor mir sitzt, ist es bei der 75-Jahr-Feier gelungen, die Slowenen in die Feierlichkeiten mit einzubinden, und auch diesmal bei der 80-Jahr-Feier war beim offiziellen Teil Bernhard Sadovnik anwesend und hat für die Slowenen gesprochen. Und Sie schaffen es – oder maßen es sich an, würde ich als Kärntnerin sagen –, diese Debatte über Kärnten dazu zu nutzen, die deutschsprachigen und die Slowenisch sprechenden Volksgruppen wieder auseinander dividieren zu wollen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sie wollen ja polarisieren!), das wirklich hinauflizitieren zu wollen und damit ausschließlich das Klima aufheizen zu wollen. Ich verstehe Sie nicht, das muss ich wirklich sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie waren im Ausschuss, doch Sie sind – das möchte ich noch einmal sagen – nicht lernfähig, denn damals hat Ihnen Christoph Zernatto schon gesagt, dass wir in Kärnten schon 14 zweisprachige Kindergärten haben. Ich sage es Ihnen jetzt gerne noch einmal, und es sollen auch alle hier im Hause wissen, aber Sie nehmen das nicht zur Kenntnis. Vielleicht nehmen Sie es das nächste Mal zur Kenntnis.

Ich möchte betonen – da gebe ich Ihnen Recht –, ich freue mich, dass wir die 80-Jahr-Feier so schön über die Bühne gebracht haben, und zwar in vielen Bereichen. Es hat viele Feiern gege


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ben, nicht nur vom Land aus, sondern auch in vielen Gemeinden, auch in vielen zweisprachigen Gemeinden, wo alle an diesen Feiern teilgenommen haben.

Ich muss sagen, dass ich über die Regierungsvorlage und auch über den Bericht ebenfalls etwas befremdet gewesen bin, denn das zeigt, dass auch viele Menschen in Wien die Geschichte nicht ganz so mitbekommen haben, wie ich als Kärntnerin es mir vielleicht gewünscht hätte. Aussagen über die "Angliederung an die Republik Österreich" und andere, die hier zum Teil im Bericht des Finanzausschusses enthalten sind, geben immer wieder Anlass, bei Diskussionen darüber zu reden.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gaugg, Gatterer und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Wiederkehr eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten als Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (270 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel genannte Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

§ 1 lautet wie folgt:

"§ 1. Dem Land Kärnten wird aus Anlass der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung, wonach sich die im Abstimmungsgebiet ansässige Wohnbevölkerung für die Zugehörigkeit zur Republik Österreich entschieden hat, im Jahr 2000 aus Bundesmitteln ein einmaliger Zweckzuschuss von 55 Millionen Schilling gewährt, der wie folgt zu verwenden ist:

a) 45 Millionen Schilling für wirtschaftliche und bildungspolitische Maßnahmen und zur Förderung von Betrieben und Arbeitnehmern im ehemaligen Abstimmungsgebiet.

b) 5 Millionen Schilling für Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der slowenischen Volksgruppe in Kärnten und zur Förderung von wissenschaftlichen Einrichtungen in Kärnten, die sich mit der Frage der ethnischen Minderheiten befassen.

c) 5 Millionen Schilling zur Förderung der kulturellen Beziehungen zur Republik Slowenien, insbesondere mit Vereinigungen deutschsprachiger Altösterreicher in der Republik Slowenien.

Der Zweckzuschuss ist zur Stärkung der Landesmittel bestimmt, für die in lit. a bis c genannten Zwecke."

*****

Frau Kollegin Stoisits! Ich möchte in diesem Zusammenhang schon sagen, dass diese 45 Millionen Schilling allen Kärntnern in Südkärnten zugute kommen, und ich meine, man sollte Arbeitsplätze nicht nach Minderheitenzugehörigkeit einteilen. Und wenn Sie kritisieren, dass 5 Millionen Schilling für die Beziehungen mit deutschsprachigen Altösterreichern in Slowenien bestimmt sind, dann frage ich mich schon: Wie ist Ihr Zugang zur Minderheitenpolitik überhaupt? Wenn Sie sich dafür aussprechen, dass Minderheiten und Volksgruppen gefördert werden sollen – und ich stehe auch dazu –, dann sollen sie auch in Slowenien gefördert werden – genauso wie hier bei uns in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens möchte ich noch festhalten – Sie wissen das genau, und auch Kollege Leikam hat das ausgeführt –, dass die 5 Millionen Schilling aus dieser Abstimmungsspende zusätzlich für die slowenische Volksgruppe zur Verfügung gestellt werden. Auch das ist ein Punkt, den ich hier unterstreichen möchte.

Ich glaube, diese Abstimmungsspende sollte ein kleines Danke dafür sein, dass die Kärntner in diesem Gebiet, Slowenisch sprechende und Deutsch sprechende, damals ja zu einem sehr


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jungen Österreich gesagt haben, an das viele andere zum damaligen Zeitpunkt noch nicht geglaubt haben, und so mit ihrem Abstimmungsverhalten die Südgrenze gezogen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Gatterer eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Gaugg, Gatterer und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.18

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorerst möchte ich mich einmal bei meinen Vorrednern, die so positiv über Kärnten gesprochen haben, die sich dafür eingesetzt haben, dass diese Abstimmungsspende an die Kärntner Abstimmungsgemeinden, an das Land Kärnten überwiesen wird, bedanken.

Ich möchte mich auch beim ehemaligen Landeshauptmann von Kärnten, Christof Zernatto, der hier unter uns sitzt, für seine Bemühungen um die Beziehungen zwischen der slowenischen Volksgruppe und der Deutsch-Kärntner Bevölkerung bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Zernatto: Danke! Danke!) Er hat sich wesentlich dafür eingesetzt, dass sich diese Beziehungen verbessert haben, aber darüber hinaus auch die Beziehungen zu Slowenien im ganzen Alpen-Adria-Raum. Unter deiner Landeshauptmannschaft ist das vorbildlich vorangetrieben worden, sodass wir heute zu diesen Ländern und deren Bevölkerung eine wesentlich bessere Beziehung haben als früher.

Frau Kollegin Stoisits! Wenn ich Ihnen so zugehört habe und wenn Sie sagen, Kärnten sei Ihr liebstes Urlaubsland, aber Sie verstehen diese obskuren Feiern nicht, so kann das wohl niemand nachvollziehen, der diese Feierlichkeiten heuer anlässlich der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung im Fernsehen miterlebt hat oder live dabei war. Sie haben irgendwie ein gestörtes Verhältnis dazu.

Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass Sie kritisieren – wenn Sie sich ein bisschen dafür interessierten, würden Sie anders reden –, dass auch die slowenische Volksgruppe bei den Feierlichkeiten im Wappensaal der Kärntner Landesregierung anwesend war und der Obmann des Rates der Kärntner Slowenen dort das Wort ergriffen hat und zu dieser Volksabstimmung am 10. Oktober, die die erste demokratische Volksabstimmung in Europa überhaupt war, gesprochen hat.

Was die Zuschüsse zur Volksgruppenförderung in Kärnten betrifft, so stimmen Ihre Zahlen ebenfalls nicht, Frau Kollegin Stoisits. Vielleicht hören Sie mir einmal zu, damit ich Sie ein bisschen aufkläre. Wenn Sie den Budgetvoranschlag durchlesen, dann werden Sie draufkommen, dass im Jahr 1999 mit 43 Millionen Schilling gefördert worden ist und die Zuschüsse noch einmal 6 Millionen Schilling betragen haben. Im heurigen Jahr ergeben sich nach dem Volksgruppengesetz 48 Millionen Schilling plus 3 Millionen Schilling Zuschuss. Das gibt in Kärnten netto um 2,5 Millionen Schilling mehr an Volksgruppenförderung für die Volksgruppe. – Das nur einmal zur Illustration und zum Nachdenken.

Herr Kollege Leikam! Mir ist schon klar, dass man oft das Doppelte fordern muss, um die Hälfte zu bekommen. (Abg. Leikam: Das hat ja der Landeshauptmann versprochen, nicht der Leikam!) Ich komme noch dazu, Herr Kollege, nur keine Aufregung!

Im Jahre 1992 war ich in Vertretung meines Kollegen Herbert Haupt beim Minderheitenbeirat dabei. Damals hat es mich gewundert, dass die slowenische Volksgruppe eine Forderung in der Höhe von 80 Millionen Schilling gestellt hat. Ich habe mich dann zu Wort gemeldet und habe den damaligen Obmann Grilc gefragt, wie das möglich ist, da in den Jahren davor mit 11 oder 12 Millionen Schilling gefördert worden ist. Er hat gesagt: Selbstverständlich wissen wir, Herr


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Abgeordneter, dass wir die 80 Millionen Schilling nicht bekommen werden, wir rechnen mit 14 bis 15 Millionen Schilling, aber das ist eben auf Grund der Aufstellungen unserer kulturellen Vereine und Institutionen herausgekommen. Man muss immer mehr fordern, damit man etwas bekommt.

Jetzt fordert die sozialdemokratische Fraktion auch einen höheren Betrag, der richtigerweise von unserem Landeshauptmann eingefordert worden ist. Ich bedanke mich bei dir, lieber Toni, auch dafür, dass du das eingebracht hast. Es ist sehr lobenswert, und ich kann das nur befürworten. Ich muss dir nur eines sagen: Ich habe gerade vorhin mit dem Landeshauptmann von Kärnten ein Telefongespräch geführt, und bei den Budgetgesprächen mit dem Finanzminister ist herausgekommen, dass ab 1. Jänner 2001 der Bund noch einmal 25 Millionen Schilling – Herr Kollege Leikam, vielleicht hörst du mir zu! – für Infrastrukturmaßnahmen drauflegt. Dann kommen wir auf die 80 Millionen Schilling. Dein Antrag ist also obsolet, der Kärntner Landeshauptmann war wieder schneller als du und einen Schritt voraus. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Leikam. )

Nichtsdestotrotz glaube ich, dass sich die Kärntner Bevölkerung – besonders jene in den Abstimmungsgemeinden – das verdient hat, vor allem, wenn man bedenkt, dass in dieser Abstimmungszone A seinerzeit 70 Prozent der dort wohnhaften Bevölkerung der slowenischen Sprache mächtig war und nur 30 Prozent der deutschen Sprache und sie sich aus wirtschaftlichen Überlegungen für die Kärntner Landeseinheit und für einen Verbleib in Österreich entschieden hat. Und das ist ihr zu danken.

Es ist nicht so, dass nur 5 Millionen Schilling für die slowenische Minderheit ausgegeben werden, sondern insgesamt 50 Millionen Schilling für dieses Gebiet. Das ist eine Tatsache. Das müssen Sie von den Grünen endlich einmal kapieren. Vielleicht werden Sie dann in Kärnten auch ein paar Stimmen mehr erhalten, denn mit Ihren Ansichten ist es kein Wunder, dass Sie dort immer durchrasseln. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. ) – Frau Kollegin Glawischnig, Sie sind ja eine Kärntnerin, Sie müssen sich dort auskennen. Aber leider sind Sie aus Oberkärnten. Ich bin direkt aus dem Abstimmungsgebiet. Ich bin südlich der Drau zu Hause, ich bin dort aufgewachsen, und ich weiß, was dort los ist.

Zu den 5 Millionen Schilling zur Förderung der kulturellen Beziehungen mit der Republik Slowenien sage ich auch noch etwas: Es ist sehr bedenklich, dass bei den Vorbereitungen zur Volkszählung in Slowenien im Jahr 2001 die Altösterreicher arg behindert werden. So ist es nur legitim, dass mit diesen 5 Millionen Schilling für die Verbesserung der Beziehungen zu unseren slowenischen Nachbarn die Altösterreicher in Slowenien gefördert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.25

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zur Debatte über die Abstimmungsspende für das Bundesland Kärnten sei zunächst, lieber Toni Leikam, noch einmal das wiederholt, was Kollege Dolinschek gesagt hat: Herzlichen Dank für die Unterstützung! Da aber ohnehin schon 25 Millionen Schilling für konkrete Projekte und nunmehr 55 Millionen Schilling gemäß vorliegendem Abänderungsantrag für das Bundesland Kärnten vorgesehen sind, sind wir im Zeichen des Einsparens und der Spargesinnung in dieser Republik auch damit einverstanden, dass die Globalsumme von 80 Millionen Schilling für das Bundesland Kärnten zur Feier der 80. Wiederkehr des Jahrestages der Abstimmung in entsprechender Form pünktlich und zeitgerecht kommt.

Ich möchte mich aber durchaus mit den Beiträgen der beiden Damen von der grünen Fraktion beschäftigen, denn eines, Frau Kollegin Lunacek und Frau Kollegin Stoisits, in Ihren Ausführungen verstehe ich nicht so ganz: Wenn Sie auf der einen Seite jene 5 Millionen Schilling monieren, die von Österreich für die deutschsprachige altösterreichische Minderheit nach Slowenien gehen, und meinen, dass das überhaupt kein Beitrag zur Völkerverständigung und


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kein Beitrag wäre, um eine neue Situation und eine verbesserte Partnerschaft herbeizuführen, so darf ich Ihnen Folgendes sagen: Aus dem Minderheitenbeirat und aus den Volksgruppenbeiratssitzungen wissen wir, dass beide Organisationen der slowenischen Volksgruppe in den letzten 20 Jahren 20 beziehungsweise 25 Millionen Schilling jährlich aus Slowenien bekommen haben.

Ich habe bis heute von Ihnen, den Grünen, noch nie gehört, dass Zahlungen von Slowenien an die Volksgruppe in Österreich ein nichtfriedlicher Beitrag zur Stärkung der Volksgruppe in Österreich wäre. Anders sehen Sie das offensichtlich, wenn vice versa Österreich seine Volksgruppen unterstützt. Immerhin wissen wir aus dem Bericht Professor Karners, dass etwa 1 860 Personen deutscher Muttersprache als altösterreichische Minderheit heute noch in der Gottschee und in der Untersteiermark in der Gegend von Laibach und Cilli leben und keine vollen Minderheitenrechte wie die Italiener, die Kroaten und Ungarn in Slowenien genießen, sondern einfach in den allgemeinen Staatsbürgerrechten subsumiert werden. Das bedeutet: keine Schulausbildung in ihrer Sprache, keine Vertretung im slowenischen Parlament, keine entsprechende Förderung, keine Restituierung ihrer beschlagnahmten Besitztümer.

Ich glaube schon, dass es verständlich ist, dass Österreich für diese Reste der altösterreichischen Volksgruppe, die bei der Volkszählung des Jahres 1910 noch 224 000 Personen allein in der Untersteiermark und mehr als 34 000 Personen in der Gottschee umfasst hat, einen Beitrag leistet, was die Begleichung einer längst fälligen Dankesschuld zur strategischen Überlebensstruktur der Altösterreicher in Slowenien darstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind mit dieser Forderung durchaus im Einklang mit den Minderheitenrechten des Europarates, denn ich darf Sie schon darauf hinweisen, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, dass selbstverständlich der Europarat in der Minderheitendeklaration nicht nur die Förderung bestehender, sondern auch die Restituierung für ehemalige autochthone Minderheiten zu seinen Förderungszielen gemacht hat. Wenn also nun die Republik Österreich erstmals in dieser Zweiten Republik bereit ist, auch im Einklang mit dem europäischen Recht und mit den entsprechenden Resolutionen und Deklarationen des Europarates tätig zu werden, und ausgerechnet von Ihnen, der grünen Fraktion, daran Kritik kommt, so glaube ich, sind Sie in Ihrer Position, die Menschenrechte gleich für alle Menschen in Europa zu vertreten, zumindest für mich fragwürdig. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: Für mich auch!)

Und noch etwas dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren von der grünen Fraktion: Wenn Sie so wie wir öfter in Slowenien wären, dann wüssten Sie auch – hier beziehe ich mich auf die Kollegin Lunacek –, dass die Position des Herrn Bundeskanzlers, der gemeint hat, dass mit der derzeitigen slowenischen Regierung nunmehr wieder das alte Regime an die Regierung gekommen sei, durchaus berechtigt ist. Seit den Wahlen in Slowenien und schon im Vorfeld der Wahlen haben jene Gruppen, die in Slowenien bei der Abstimmung die Mehrheit bekommen haben, versucht, im Vorfeld der Volkszählung, die im Jahre 2001 in Slowenien stattfinden wird, massiven wirtschaftlichen Druck, massiven physischen Druck und massiven moralischen Druck auf die bestehenden altösterreichischen Minderheiten, namentlich in der Gottschee, auszuüben; vielleicht gerade deswegen auf die Gottscheer, weil seinerzeit einmal die alte Regierung in Slowenien gemeint hat, dass ihr auf Grund des geschlossenen Siedlungsgebietes der Altösterreicher in der Gottschee eine Förderung der Gottscheer nach den Minderheitenrechten des Artikels 81 der slowenischen Verfassung als eine Verstärkung der Minderheitenrechte möglich erscheint.

Die neue Regierung hat im Vorfeld der Wahl und erst recht jetzt nach der Wahl begonnen, massiven Druck auf die Gottscheer und ihren Obmann Grill auszuüben, und ich glaube, alle österreichischen Parlamentarier sollten sich als Schutzmacht für die Altösterreicher fühlen und dieses Vorgehen der slowenischen Regierung, aber auch übereifriger nationalistischer Vertreter, die nunmehr in Slowenien in der Mehrheit sind, auf das Schärfste verurteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wer das nicht macht, sieht die Menschenrechte durch zweierlei Brillen. Ich hoffe nicht, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, dass die Menschenrechtsdebatten der letzten Tage


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von Ihnen nur vordergründig und mit parteipolitischer Polemik geführt worden sind und nicht aus echtem Interesse für die Menschenrechte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung Grüne –: Eine Doppelmoral ist das!)

19.31

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zwar Berichterstatter zu diesem Tagesordnungspunkt, und ich habe mir eigentlich überlegt, ob ich ein Schlusswort halten soll. Ich habe mich dann doch zu einer ganz normalen Wortmeldung entschlossen, weil es kein Schlusswort, sondern ein Dankeswort sein soll.

Ich möchte mich bei der überwiegenden Mehrheit dieses Hauses dafür bedanken, dass sie nicht nur Verständnis aufbringt für die nach wie vor durchaus schwierige Situation in Südkärnten, für die notwendige strukturelle Verbesserung, die dort gemacht werden muss, sondern ich möchte mich vor allem dafür bedanken, dass offensichtlich auch das Bewusstsein dafür da ist, was in diesem Land im Jahre 1920 passiert ist, dass nämlich damals, zu einer Zeit, als Österreich in Schutt und Asche lag und aus diesem Schutt und dieser Asche die junge Republik entstand, Männer und Frauen bereit waren, wieder zu den Waffen zu greifen und in einem Abwehrkampf auf ein Problem aufmerksam zu machen, das auch den Siegermächten damals gar nicht wirklich bewusst war. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Abwehrkampf hat letztlich dazu geführt, dass vor allem US-Präsident Wilson diesem Land das erste Mal im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zugestanden hat, in einer Volksabstimmung darüber zu entscheiden, wohin man in der künftigen Entwicklung Europas tendieren wird. Dieses Land hat sich – und das ist das Bemerkenswerte – bereits in der Zone A, jener Zone, in der ein besonders hoher Anteil an slowenischsprachigen Kärntnerinnen und Kärntnern zu Hause ist, mit deutlicher Mehrheit – mit 60 zu 40 etwa – für einen Verbleib bei der jungen Republik Österreich entschieden. Das war damals alles andere als selbstverständlich, denn dieser Republik haben damals wenige eine Chance gegeben, und es hat viele gegeben, die gemeint haben, man würde sich vielleicht leichter in das damalige Königreich Jugoslawien betten und hätte es dort wirtschaftlich möglicherweise besser.

Der Dank, der heute durch diese Zustimmung zu dieser Abstimmungsspende auch wieder zum Ausdruck kommt, wendet sich nicht an die Kärntnerinnen und Kärntner von heute. Die haben eigentlich nur eine Aufgabe: die Erinnerung an die Männer und Frauen von damals und die Dankbarkeit für sie hochzuhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Dank gebührt jenen, die durch ihr tapferes Eintreten damals erreicht haben, dass Klagenfurt heute keine Grenzstadt ist, dass das Gebiet südlich der Drau heute nach wie vor Kärnten ist und auch für Frau Stoisits als Urlaubsland, von ihr so geliebt, zur Verfügung steht. Ich würde mich freuen, wenn ich auch Frau Kollegin Stoisits im Sinne des Miteinanders der Volksgruppen in Kärnten heute für ihre Zustimmung ein kräftiges "Hvala lepa!" zurufen könnte. Leider kann ich es offensichtlich nicht, aber allen anderen, die sich selbstverständlich und mit Freude dazu bereit gefunden haben, sage ich dieses Dankeschön im Namen aller Kärntnerinnen und Kärntner. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.35

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich hätte gerne Herrn Alt-landeshauptmann Zernatto das letzte Wort gelassen, wenn er sich bereit erklärt hätte, unserem Antrag zuzustimmen. Dann hätten wir uns nicht mehr zu Wort zu melden brauchen. Den Dank,


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den er hier im Namen aller Kärntnerinnen und Kärntner ausgesprochen hat, hätte ich gerne auch erweitert, und zwar in Form eines Dankes an die Abgeordneten der Freiheitlichen und der Österreichischen Volkspartei, weil sie dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Aufstockung der Mittel von 55 auf 80 Millionen Schilling zustimmen (Beifall bei der SPÖ), und zwar so zustimmen, meine Damen und Herren, wie es Ihr Landeshauptmann im Mai in Kärnten versprochen hat.

Ich sage noch einmal: Die Kurzvisite von Landeshauptmann Haider gestern in Wien war überaus erfolgreich. Er kam mit einer großzügigen Geschenkzusage im Gepäck nach Kärnten zurück: 80 Millionen Schilling als Volksabstimmungsspende. Wo ist, bitte, diese großzügige Spende, meine Damen und Herren? (Abg. Haigermoser: 55 Millionen plus 25 Millionen!) Ich hätte gerne auch den Herrn Finanzminister hier gefragt, wie das nun zu werten ist. Er hat damals dem Herrn Finanzminister Staribacher gesagt: Es geht uns Kärntnern nicht ums Geld, es geht um ein Signal für Kärnten.

Wo ist, bitte, heute dieses Signal an Kärnten, dass Sie hier setzen, indem Sie unserem Antrag nicht die Zustimmung geben? Grasser hat zu Staribachers Haltung damals gemeint, das sei eine Desavouierung der Kärntner Bevölkerung, meine Damen und Herren. Ja wer desavouiert denn heute die Kärntner Bevölkerung, Herr Altlandeshauptmann Zernatto? Was soll der Dank, den Sie hier an alle erstattet haben? Grasser meinte damals, Sie – also nunmehr ÖVP, FPÖ – desavouieren die Kärntner Bevölkerung. Fünf Jahre alt ist diese Aussendung, Das ist noch gar nicht so lange her. Damals war er Landeshauptmann-Stellvertreter. Er hat von einer anderen Position aus gesprochen als jetzt als Finanzminister. Er will Kärnten nicht das geben, was der Herr Landeshauptmann und Herr Landesrat Wurmitzer den Kärntnerinnen und Kärntnern versprochen haben.

Herr Grasser hat damals gegenüber Herrn Minister Staribacher gemeint, eine solche Entscheidung könne nur jemand treffen, der von Geschichte nichts versteht. Ja, meine Damen und Herren, das waren klare Worte des damaligen Landeshauptmann-Stellvertreters und jetzigen Finanzministers. Jetzt ist er sehr zugeknöpft Ihnen gegenüber, er ist nicht bereit, diese Abstimmungsspende, die schon angekündigt war, zu geben.

Meine Damen und Herren! Ich habe hier Ihren Abänderungsantrag in Händen. Ein reiner Schwindel! Das haben sich die Kärntnerinnen und Kärntner nicht verdient, dass man so mit ihnen umgeht. (Abg. Dr. Khol: Ein Schwindel?)  – Ein reiner Schwindel, Herr Klubobmann Khol. Sie haben Ihren Klub schlecht auf diese Debatte eingestellt. Das muss ich Ihnen leider sagen. Wo ist hier eine Änderung gegenüber der Regierungsvorlage? – Eine einzige Zeile, entschuldige, eine einzige Zeile. In der Regierungsvorlage steht, die 45 Millionen Schilling sollen zur Verbesserung der Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden. In Ihrem Abänderungsantrag steht, die 45 Millionen Schilling sollten für wirtschafts- und bildungspolitische Maßnahmen verwendet werden. Das ist die einzige Abänderung, die Sie hier gegenüber der Regierungsvorlage verlangen. Und dafür danken Sie noch allen, falls sie Ihrem Antrag dann zustimmen sollen?

Dieses Doppelspielchen wird nicht aufgehen, meine Damen und Herren. Ich appelliere noch einmal ... (Zwischenruf des Abg. Großruck. ) – Sie kennen sich auch nicht aus in Kärnten. Bleiben Sie in Oberösterreich, bleiben Sie in Grieskirchen! Sie haben keine Ahnung! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Sie haben hier mit diesem Abänderungsantrag einen reinen Schwindel begangen. Sie haben nichts geändert, Sie haben die Beträge gleich gelassen.

Daher noch einmal: Der einzig richtige Antrag kommt von der sozialdemokratischen Fraktion, nämlich die Aufstockung von 55 auf 80 Millionen Schilling, und ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren, dem zuzustimmen.

Schade, dass die Bundesregierung so schwach vertreten ist, nur durch den Herrn Staatssekretär. Aber er war ja auch in Klagenfurt. Man ist zur ersten Reihe gar nicht dazugekommen. Der Bundespräsident war ein bisschen weiter vorne, aber die ganze Bundesregierung ist dort gesessen und hat gesagt, wir werden den Kärntnerinnen und Kärntnern helfen. Selbstverständlich werden wir das tun.


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Heute haben Sie Gelegenheit dazu, meine Damen und Herren. Stimmen Sie dem Antrag der Kärntner sozialdemokratischen Abgeordneten zu! Dann, glaube ich, werden Sie beruhigt nach Hause fahren können. Ansonsten hätten Sie ein klares Doppelspiel betrieben mit einem Abänderungsantrag, der, so wie er vorliegt, schlicht und einfach keiner ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 270 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Gaugg, Gatterer und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Leikam und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die Abänderungsanträge und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Leikam und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 1 bezieht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden. Sie tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereit gestellte Urne zu werfen. Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Leikam und Genossen stimmen, "Ja"- Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein"- Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird ihn später dabei ablösen. – Bitte, Herr Abgeordneter Schweitzer.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Mag. Schweitzer und Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.47 Uhr unterbrochen und um 19.52 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 153; davon 51 "Ja"- Stimmen und 102 "Nein"- Stimmen.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Leikam und Genossen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.


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Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 158

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Bures;

Cap;

Dietachmayr;

Eder, Edler, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Grabner, Gradwohl, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Leikam, Lexer;

Maier, Mertel, Muttonen;

Niederwieser;

Oberhaidinger;

Parnigoni, Pendl, Pfeffer, Pittermann, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Riepl;

Silhavy, Sima;

Verzetnitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Achatz, Amon, Auer;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Brosz, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Freund, Frieser;

Gatterer, Glawischnig, Graf Herbert, Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haidlmayr, Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kogler, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Loos, Lunacek;

Mainoni, Miedl, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;


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41. Sitzung / Seite 159

Neudeck;

Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pirklhuber, Pistotnig, Platter, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stoisits, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Van der Bellen;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wochesländer, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Abgeordneten Gaugg, Gatterer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf § 1 bezieht.

Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die Mehrheit fest. Es ist damit der Gesetzentwurf in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Dr. Khol: Ohne Gusenbauer! Ohne Leikam!)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (281 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (319 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf die Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kurt Eder. Ich erteile es ihm.

19.54

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man diese Regierungsvorlage ansieht, dann erscheint sie auf den ersten Blick als normale Vorlage. Es geht hier lediglich um den Verkauf von 42 000 Quadratmetern Grund in Waidmannsdorf in Kärnten an eine Reihe von gemeinnützigen Bauträgern. An und für sich wäre hierüber keinerlei Diskussion notwendig gewesen; auch die Zustimmung meiner Fraktion ist gegeben.


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41. Sitzung / Seite 160

Allerdings möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen – und das muss man bei einem solchen Grundstücksverkauf einfach hinterfragen –, dass es in den letzten Wochen in den Medien eine Reihe von Meldungen in diesem Zusammenhang gegeben hat. Ein paar Beispiele: "Die Presse": Sondergesetz soll Verkauf von Bundeswohnungen ermöglichen; APA: Rätselraten um Verkaufspläne von Bundeswohnungen; "Die Presse": Bundes-Wohngesellschaften vor der Auflösung; "Kurier": Wohnungsverkauf zum Schuldenabbau; "Der Standard": Tancsits misstraut den Grasser-Plänen; APA: Firlinger erwartet Debatte über WGG; et cetera et cetera.

Ich meine, man sollte das zum Anlass nehmen, um den Herrn Finanzminister zu fragen, was eigentlich im Bereich des gemeinnützigen Wohnungsbaus geplant ist. Immerhin gibt es rund 650 000 gemeinnützige Wohnungen mit gut 1,5 Millionen Menschen, die in diesen Wohnungen als Mieter leben. Ich glaube, diese haben ein Recht darauf, zu erfahren, was in Zukunft damit geschehen soll.

Es gibt auch eine Meldung des ORF in Kärnten, in der zum Beispiel bereits über die Aufhebung der Gemeinnützigkeit der Genossenschaften berichtet wird. Darin heißt es: Die landeseigenen Wohnbaugenossenschaften könnten in die Landes-Holding eingebracht werden. Ertrag dafür: 3 Milliarden Schilling. Bei einem Verkauf der Genossenschaften müsste die Gemeinnützigkeit aufgehoben werden. Dazu wäre laut Landeshauptmann Haider Finanzminister Grasser bereit. Derzeit fehlt dafür allerdings noch ein politischer Konsens.

Meine Damen und Herren! Wenn man solche Meldungen liest, dann muss man das sehr ernst nehmen. Damit soll man nicht spaßen. Ich möchte daher den Finanzminister ersuchen, nicht nur Signale in Richtung Änderungen im Aufsichtsrat der BUWOG zu setzen. Derzeit ist dort ein Immobilienmakler Vorsitzender, nämlich Herr Plech, der sich bei der BUWOG bereits in aller Ruhe alle Grundstücke und alle günstigen Bauten anschauen kann. Sollte es dann zu einem Verkauf von Häusern kommen, dann hat er bereits den Vorteil, zu wissen, wo die günstigsten Käufe zu tätigen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Menschen in diesen Wohnungen haben ein Recht darauf, zu erfahren, was mit diesen Wohnungen geschieht. Wenn man die Wohnungen nämlich nur an die Mieter verkaufen will, dann brauchen wir das Gesetz nicht zu ändern. (Abg. Mag. Trattner: Das ist eine Unterstellung!) Das ist auch jetzt schon möglich, denn wir haben im WGG geregelt, dass Genossenschaftswohnungen – wenn der Eigentümer das tun will – den Mietern zum Verkehrswert einer bewohnten Wohnung verkauft werden können.

Verunsichern Sie bitte nicht die Menschen in diesen Wohnungen, sondern sprechen Sie hier Klartext! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 281 der Beilagen. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Entwurf ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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41. Sitzung / Seite 161

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (96 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (320 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (100 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (321 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (278 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (322 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (276 der Beilagen): Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (323 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (108 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (324 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (275 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (325 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (277 der Beilagen): Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (326 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Berichterstatter verzichten auf eine Wortmeldung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Frieser. Ich erteile es ihr.


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41. Sitzung / Seite 162

20.00

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bilaterale Abkommen werden in diesem Haus zwar häufig abgesegnet, aber eine große Aufmerksamkeit wird ihnen in der Regel versagt. Damit wird man aber oft der Bedeutung und der Tragweite, die diese bilateralen Abkommen haben, nicht gerecht.

Heute liegen uns vier Doppelbesteuerungsabkommen zur Beschlussfassung vor. Lassen Sie mich in aller Kürze darauf eingehen. Zum Ersten geht es um das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Finnland. Das alte Abkommen stammt aus dem Jahr 1963. Mit der vorliegenden Neugestaltung des Abkommens kommt man nicht nur dem gegenwärtigen und heutigen Standard des Steuerrechts entgegen, sondern es ist auch dringend erforderlich, weil große, wechselseitige Investitionen vorliegen.

Ferner gibt es das Abkommen mit Aserbaidschan. Mit diesem Land hat es bisher kein derartiges Abkommen gegeben. Jetzt mag man sagen, Aserbaidschan ist vielleicht nicht so bedeutend, aber ich meine, gerade mit Märkten und Ländern, die erst in der Zukunft für uns von Bedeutung sein werden, ist es besonders wichtig, rechtzeitig Steuersicherheit und Rechtssicherheit zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abkommen mit Russland. Das vorherige Doppelbesteuerungsabkommen ist noch mit der Sowjetunion abgeschlossen worden. In der Zwischenzeit hat sich sowohl im neuen Russland als auch in Österreich die Steuergesetzgebung weiter entwickelt. Auch in diesem Fall hebt man durch die Neuratifizierung den Standard sozusagen wieder auf das neueste Niveau.

Ganz besonders wichtig ist das Abkommen mit der Schweiz. Darin haben wir endlich die Quellensteuer auf 5 Prozent reduziert, und zwar für Gewinnausschüttungen bei Konzernunternehmungen. Diesbezüglich hatten wir wirklich einen Nachholbedarf, denn es hat in anderen wichtigen EU-Ländern bereits entsprechende Absenkungen gegeben, beziehungsweise es gibt in vielen EU-Ländern überhaupt keine Quellensteuer auf Konzerngewinne.

Meine Damen und Herren! Ich möchte schließen und Sie alle auffordern und bitten, diesen sehr wichtigen bilateralen Verträgen, nämlich den Doppelbesteuerungsabkommen Ihre Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

20.03

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann gleich zu Beginn sagen, dass auch wir diesen Regierungsvorlagen zustimmen werden, denn es stehen ja wichtige Punkte der Zusammenarbeit im Bereich des Finanzwesens zwischen den verschiedenen Ländern hier auf der Tagesordnung.

Gerade was die Russische Föderation betrifft, denke ich, ist es wichtig, verstärkt zusammenzuarbeiten. Deswegen begrüße auch ich die heutige Vorlage. Aber ich finde, was die Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation betrifft, so kann es dabei nicht nur um Zusammenarbeit in finanziellen Belangen gehen, sondern man braucht sie auch in der Außenpolitik, zum Beispiel im Bereich der Menschenrechte.

In diesem Zusammenhang spreche ich Tschetschenien an. Das ist Ihnen ein Begriff. Wir haben schon vor einem knappen halben Jahr einen Entschließungsantrag aller vier Parteien in diesem Haus verabschiedet, bei dem es darum ging, dass sowohl von Seiten der OSZE als auch im gesamten internationalen Kontext Maßnahmen gesetzt werden, um diesen grausamen und menschenverachtenden Krieg zu beenden.

Mittlerweile sind 18 000 Menschen vermisst. Human Rights Watch spricht von 260 000 Flüchtlingen in dieser Region. Der OSZE ist es bisher leider nicht gelungen, ihre Assistenzgruppe wieder nach Tschetschenien zu bringen, während der Europarat dort sehr wohl schon ein Büro


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41. Sitzung / Seite 163

unterhält – zwar in Zusammenarbeit mit dem russischen Sonderbeauftragten, aber immerhin doch.

Worum geht es bei dem Entschließungsantrag, den ich einbringen werde? – Es geht darum, dass im Rahmen der EU-Präsidentschaft Frankreichs am 30. Oktober in Paris ein EU-Gipfel mit der Russischen Föderation stattfindet, bei dem auch Präsident Putin anwesend sein wird.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Lunacek, Jäger, Freundinnen und Freunde betreffend die andauernde Missachtung der Menschenrechte im Krieg in Tschetschenien

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten werden ersucht, die Initiativen zur Beilegung des Konflikts in Tschetschenien im Rahmen der Europäischen Union und im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – OSZE – mit Nachdruck fortzusetzen und zu intensivieren.

Weiters sollen bei der Gipfelkonferenz Europa – Russland am 30. Oktober 2000 in Paris die Menschenrechtsverletzungen im "vergessenen Krieg" in Tschetschenien gegenüber Präsident Wladimir Putin angesprochen und seitens der EU ausdrücklich verurteilt werden.

Insbesondere möge sich die Bundesregierung für eine sofortige Feuereinstellung und eine nachfolgende Überwachung des Waffenstillstands durch die internationale Staatengemeinschaft und für die Einleitung von Verhandlungen auf politischer Ebene, die eine langfristige Friedenssicherung in der Region zum Ziel haben müssen, einsetzen. Die Bundesregierung möge ferner für

einen sofortigen Waffenstillstand;

die Öffnung der Krisenregion für internationale humanitäre Hilfsorganisationen;

die freie Rückkehr von Flüchtlingen nach Tschetschenien;

die Einsetzung von internationalen Sonderbeauftragten für die Aufnahme von Verhandlungen zwischen Russland und anerkannten VertreterInnen der tschetschenischen Bevölkerung;

die Rückkehr der OSZE-Assistenzgruppe nach Tschetschenien;

die Zulassung von unabhängigen MenschenrechtsbeobachterInnen durch Russland;

die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen

eintreten.

*****

Ich habe mich gefreut, dass es von Seiten der Sozialdemokraten Zustimmung zu diesem Antrag gab. Leider war das von Seiten der Regierungsfraktionen nicht möglich. Anscheinend bin ich hier der demokratischen Illusion aufgesessen, dass es doch, wie ich meine, möglich sein kann, dass ein Parlament in einer solchen Menschenrechtsfrage die Bundesregierung gemeinsam auffordert – in diesem Fall am 30. Oktober –, aktiv zu werden. Es hat sich aber gezeigt, dass ich offenbar einer Illusion aufgesessen bin, denn FPÖ und ÖVP sind nicht bereit, mitzugehen. (Beifall bei den Grünen.)

20.07


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41. Sitzung / Seite 164

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der von Frau Abgeordneter Mag. Lunacek vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er steht in einem losen Zusammenhang mit der Tagesordnung und wird unter Hinweis darauf von mir zur Verhandlung beziehungsweise auch zur Abstimmung zugelassen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Abkommen mit der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen in 96 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Abkommen mit den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll in 100 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle auch dazu die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist damit ebenfalls angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Abkommen mit der Republik Kuba über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll in 278 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Übereinkommen mit der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in 276 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Einstimmigkeit fest. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Abkommen mit der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll in 108 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lunacek, Jäger und Genossen betreffend die andauernde Missachtung der Menschenrechte im Krieg in Tschetschenien.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Ver


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41. Sitzung / Seite 165

hinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll in 275 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich fest, dass dieser Antrag einstimmig angenommen ist.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in 277 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Antrag einstimmig angenommen ist.

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (104 der Beilagen): Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative – Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) (327 der Beilagen)


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41. Sitzung / Seite 166

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

20.12

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): In aller Kürze: Gestatten Sie mir, dass ich auch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Investitionsschutzabkommen mache, damit ich mich nicht zweimal zu Wort melden muss. Es besteht nämlich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Punkten.

Zunächst möchte ich sagen, dass wir selbstverständlich dieser Vorlage zustimmen. Allerdings möchte ich an die Verhandler, an die Regierungsmitglieder, appellieren, bei künftigen Gesprächen im Rahmen der EU auf einige Dinge Rücksicht zu nehmen, denn sonst werden wir Probleme bekommen. Man muss doch aus dem lernen, was in Seattle passiert ist, man muss doch auch aus dem lernen, was in Prag passiert ist, und man muss daraus Konsequenzen ziehen.

Ich darf erinnern: Vor eineinhalb oder zwei Jahren hat die damalige Bundesregierung den Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen eingeladen, im Zusammenhang mit den multilateralen Investitionsschutzabkommen Überlegungen anzustellen, wie Bedenken der Arbeitnehmervertretungen berücksichtigt werden können. Ich bedauere, dass man sowohl beim Beschluss der Investitionsschutzabkommen als auch bei den Verhandlungen im Rahmen der OECD diese Vertreter nicht gehört hat.

Das ist kein Zufall. Es sind ja schon die ILO-Arbeitervertretervorschläge berücksichtigt worden, aber jetzt sind sie wieder draußen. Dadurch begeben wir uns in unnötige Diskussionen. Ich glaube, dass es ganz einfach ein Muss ist, dass zumindest von österreichischer Regierungsseite auf diese Wünsche Rücksicht genommen wird, denn es ist selbstverständlich im Interesse aller, vor allem der EU-Länder, dass in diesen Entwicklungsländern Investitionen getätigt werden, die natürlich geschützt werden müssen. Genauso muss das Interesse vorhanden sein, dass dort demokratische Strukturen entstehen, dass dort Arbeitnehmerschutzinteressen berücksichtigt werden, weil es letztlich wieder auf uns zurückfällt, wenn wir dort Entwicklungen Platz greifen lassen, die wir alle nicht wollen.

Das ist der Kern meiner Ausführungen: ein Appell, sich in Zukunft bei Verhandlungen in Brüssel einzubringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. – Bitte.

20.14

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung bekennt sich auch dieses Mal zum Schuldenabbau in den ärmsten Entwicklungsländern unserer Welt. Wir übernehmen dabei – trotz Budgetkonsolidierung! – die Verantwortung, diesen Ländern zu helfen, und beteiligen uns an der internationalen Entschuldungsinitiative HIPC.

Bei dem zu beschließenden Gesetz geht es darum, jene Länder, die aus eigener Kraft ihre Schulden nicht bewältigen können, zu entlasten, damit sie wieder selbständig wirtschaften und vor allem in Gesundheit und Ausbildung investieren können. Die Kontrolle darüber erfolgt durch den Internationalen Währungsfonds und durch die Weltbank, damit sichergestellt ist, dass die Gelder gut verwendet werden. Ebenso wird die soziale Ausgewogenheit in den Entwicklungsländern kontrolliert. So wachsen neue Partner für die Wirtschaft heran.

Es besteht akuter Handlungsbedarf, denn der Schuldenstock betrug im Jahre 1999 bereits 71 Milliarden US-Dollar, und diesen gilt es abzubauen. Die Kosten dieser Initiative belaufen sich nach den letzten Berechnungen auf ungefähr 28,2 Milliarden US-Dollar. Der österreichische Beitrag beträgt dabei zirka 170 Millionen Schilling.

Der Internationale Währungsfonds hat Teile seiner Goldreserven verkauft, um seinen Anteil – das ist etwa die Hälfte der Kosten – zu finanzieren.

Wir glauben, damit einen wertvollen Beitrag geleistet zu haben, denn nur wer rasch hilft, hilft doppelt, wie Sie wissen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

20.16

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die noch verbliebenen Damen und Herren im Hohen Haus! Auch wir begrüßen diesen vorliegenden Gesetzentwurf und werden ihm zustimmen. Er stellt einen wichtigen Schritt dar, auch wenn er noch lange nicht ausreicht, es müssen auch noch andere Maßnahmen gesetzt werden. Da muss ich sagen: Es geht eben nicht, dass man zwar jetzt in dieser Angelegenheit einen Schritt setzt, dass man aber gleichzeitig nicht sieht, wie sich Österreich in den Verhandlungen auf internationaler Ebene verhält. Es ist uns von der Organisation "Jubilee 2000 UK", die sich um den Schuldenerlass kümmert, zugetragen worden, dass die österreichischen Vertreter beim Pariser Klub am 12. September dafür votiert haben, dass im Fall Uganda bei der Entschuldung die Entwicklungshilfekredite mit einbezogen werden müssen. Das bedeutet, dass der Schuldennachlass um insgesamt 15 Millionen US-Dollar weniger beträgt. Das sind ungefähr 40 Prozent der Mittel, die dem Uganda Poverty Action Fund zur Verfügung stehen würden.

Deshalb würde ich den Herrn Finanzminister – er ist leider nicht da, aber vielleicht können Sie, Herr Staatssekretär, meine Frage in Vertretung beantworten – gerne fragen, ob diese Haltung Österreichs symptomatisch ist für unser bekanntes Vorgehen: dass man zwar sagt, dass man bereit ist, einen Schritt zu setzen, man aber danach einen halben wieder zurückgeht, oder ob es in Zukunft eine mutigere Haltung Österreichs geben wird, zum Beispiel im Pariser Klub.

Ich hoffe das sehr, denn wenn sich Österreich weiterhin so zögernd verhält, dann heißt das gleichzeitig, dass man etwa die Bemühungen, die die österreichische Entwicklungszusammenarbeit in Uganda schon seit Jahren macht, unterminiert.

Es geht nicht an, dass Uganda einfach nur deswegen weniger Schulden erlassen werden, weil man die Kredite mit einberechnet. Ich hoffe, dass Österreich da mehr Großzügigkeit zeigt, denn schließlich sind wir das drittreichste Land Europas. Außerdem wäre es, wie mein Vorredner


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41. Sitzung / Seite 167

schon gesagt hat, auch für die österreichische Wirtschaft gut, wenn diese Länder wieder mehr Kaufkraft und Wirtschaftskooperation hätten. Ich wünsche mir diesbezüglich eine mutigere Haltung der österreichischen Vertreter bei den internationalen Organisationen. (Beifall bei den Grünen.)

20.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

20.19

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Laut Bericht der Entwicklungshilfeorganisation der Vereinten Nationen stehen den Entwicklungsländern jährlich ungefähr 50 Milliarden US-Dollar an Zuwendungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung. Im selben Zeitraum werden zirka 500 Milliarden US-Dollar an Rückflüssen aus den Entwicklungsländern in die Industrieländer verzeichnet. Das passiert durch ungünstige Handelsbeziehungen, aber vor allem durch den Kapitalabfluss, der im Rahmen der Verschuldung zustande kommt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Willy Brandt hat einmal vom Schuldendienst als der "Bluttransfusion vom Kranken zum Gesunden" gesprochen. Ich begrüße die vorliegende Regierungsvorlage deshalb, weil es dabei darum geht, endlich im Bereich der Industrieländer einen Schritt dahin gehend zu setzen, dass diese Schulden gestrichen werden.

Ich begrüße grundsätzlich die HIPC-Initiative – eine Initiative von Weltbank und Internationalem Währungsfonds –, im Rahmen welcher die Armutsbekämpfung angegangen wird, indem Schulden gestrichen werden. Dabei muss ich allerdings sagen, dass es zu langsam geht, dass es zu wenig effektiv ist. Es wurde versprochen, dass bis Ende dieses Jahres zwanzig Länder in diese Schuldeninitiative einbezogen werden. Derzeit stehen wir, glaube ich, bei neun Ländern. Ob die Weltbank und der Internationale Währungsfonds das noch schaffen werden, werden wir sehen.

Die Lösung des Schuldenproblems ist integrativer Teil der Entwicklungshilfe. Eine nachhaltige Entwicklung ohne dauerhafte Lösung der Überschuldung ist in den meisten Entwicklungsländern unmöglich.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang bei einer Organisation, die auch in Österreich tätig ist, sehr herzlich bedanken. Es ist dies – meine Kollegin Lunacek hat es schon angesprochen – die Organisation "Jubilee 2000 UK". Diese Organisation agiert weltweit. Sie hat im heurigen Jahr 21 Millionen Unterschriften weltweit gesammelt und diese dann in New York im September beim Millenniumsgipfel der UNO überreicht. Das stellt die stärkste Petition der Geschichte dar, die jemals durchgeführt wurde.

Ich halte das für eine großartige Leistung, die zeigt, dass sehr vielen Menschen bewusst ist, dass die Verschuldung der ärmsten Länder in Wirklichkeit der große Skandal ist, denn diese Schulden wurden im Zuge der Zinszuwendungen schon längst abgezahlt. Daher ist es notwendig, dass da Initiativen gesetzt werden, um den ärmsten Menschen auf der Welt wirklich zu helfen.

Ich möchte nun noch eine Zahl dazu nennen. Deutschland zum Beispiel hat im Jahre 1953 eine Entschuldung bekommen, und das, was man jetzt den Ländern der Dritten Welt anbietet, ist mit 150 Prozent des Verhältnisses des Schuldenstands zu den Exporten immerhin dreimal so hoch wie die Entschuldung, die damals Deutschland angeboten worden ist.

Abschließend möchte ich sagen: Wenn wir in Zukunft tatsächlich die Probleme der Länder des Südens lösen wollen, so ist die Entschuldung eine wichtige Voraussetzung dazu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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41. Sitzung / Seite 168

20.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

20.23

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Armut ist eines der drückendsten Probleme weltweit, und die Weltbank hat ihr zukünftiges Handeln unter den Slogan "attacking poverty" gestellt. Von sechs Milliarden Menschen muss nahezu die Hälfte mit weniger als 2 US-Dollar pro Tag auskommen, und ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt von weniger als einem US-Dollar pro Tag.

Armut wird neuerdings auch viel breiter definiert. Es geht um Hunger, Wassermangel, unzureichende Unterkunft, keine Zugangsmöglichkeiten zur Bildung oder zum Gesundheitswesen, Mangelernährung und Krankheit. Wenn man die Betroffenen selbst fragt, dann erhält man die Antwort, dass Armut aber auch Machtlosigkeit, Unvermögen, sich Gehör zu verschaffen, das Leiden der Menschen infolge schlechter Ernten, Naturkatastrophen und Gewalt und auch Furcht und Angst bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ursachen sind wirtschaftliche, politische und soziale Prozesse. Man muss leider auch feststellen, dass sich die Kluft zwischen Arm und Reich in den letzten 40 Jahren um das Doppelte vergrößert hat. Was kann also getan werden? – Selbsthilfe, so genanntes Empowerment ist gefragt. Das heißt, dass die Betroffenen aus eigener Kraft die triste Situation überwinden sollen. Was sind aber die Voraussetzungen, die Bedingungen, die diese Selbsthilfe erst ermöglichen? – Mehr Mittel für Entwicklungshilfe ist die eine Möglichkeit, Schuldenerlass ist die andere. Am besten wäre wahrscheinlich beides.

Diese Entschuldung war einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte bei der Konferenz der Weltbank und des IWF in Prag im September dieses Jahres, denn Entschuldung ist eine Chance auf Überwindung der Armut, auch eine Chance auf Entwicklung.

Die HIPC-Initiative wurde bereits im Jahre 1996 von der Weltbank und dem IWF gestartet. Es geht dabei um eine Reduktion der Schulden armer, hauptsächlich südlich der Sahara liegender afrikanischer Länder. Nach den Worten des Präsidenten der Weltbank ist die HIPC-Initiative auf einem guten Weg. Bis zum Jahresende sollen zwanzig Länder in diese Aktion aufgenommen werden. – Das sind jetzt seine Worte. Es bestehen aber durchaus Zweifel daran, dass das auch wirklich durchgeführt wird.

Österreich hat sich einer guten Tradition folgend für diese Entschuldung eingesetzt. Im Finanzausschuss wurde dieser Schritt bereits einstimmig beschlossen. Es gibt aber, wie gesagt, auch Zweifel und Kritik. "Good governance" wird das genannt, das braucht man, das ist eine Voraussetzung für den Schuldenerlass. Kritiker nennen das frei übersetzt "Geld für gutes Benehmen". Reformen in der Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik, die Wahrung der Menschenrechte, das Eindämmen der Korruption: Damit sollen die hochverschuldeten Länder selbst etwas dazu beitragen. Das ist die Forderung. Dass das aber für sie oft sehr schwierig ist, ist die andere Seite.

Etliche Teilnehmer an der Konferenz kritisierten, dass die Umsetzung dieses Programms sehr schleppend vor sich ginge, und forderten eine viel raschere Umsetzung. Genau darauf müssen wir achten. Es darf keine Verzögerungen geben. Es darf keine gebrochenen Versprechen geben.

Meine Damen und Herren! Die Politik der Nord-Süd-Solidarität muss Vorrang haben, und ich ersuche Sie um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. – Bitte.

20.27

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Weil es bei diesem Tagesordnungspunkt um Entschuldung geht, fällt mir die Rede des Herrn Dr. Pumberger ein, in welcher er beruhigend gemeint hat – ich sehe ihn jetzt nicht, leider ist er nicht da; ich sage das deshalb, weil die Regierungsfraktionen immer so gerne sagen, wir hätten in Österreich nur


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Schulden gemacht –, dass Sie die medizinische Versorgung in Österreich aufrechterhalten werden. Da sage ich aber doch wirklich ein herzliches Danke, und füge hinzu: Alles andere würde wohl nicht in Frage kommen. Oder haben Sie denn auch schon geplant gehabt, die medizinische Versorgung nicht aufrechtzuerhalten? (Beifall bei der SPÖ.)

Nun komme ich zum eigentlichen Thema, das sachlich schon recht umfassend aufbereitet wurde. So positiv dieser Gesetzesantrag auch ist, meine ich, dass die Verantwortung für Österreich um vieles weiter geht. Es geht darum – wie Kollegin Lunacek auch schon gesagt hat –, die Hilfe auszubauen und Mittel für Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit auch in Hinkunft auf jeden Fall zu sichern. Warum? – Ich denke, es geht nicht nur darum, dass wir Solidarität mit den Menschen in diesen Ländern üben, in die wir üblicherweise nur gerne auf Urlaub fahren (Abg. Dr. Pumberger  – am Rednerpult vorbeikommend –: Ich habe Ihnen zugehört!) – ich sage es Ihnen dann noch einmal –, sondern auch darum, dass wir in Europa ganz dringend aufgerufen sind, zu verstehen, dass wir EuropäerInnen nicht unschuldig daran sind, dass viele Länder so arm sind, wie sie es sind. (Abg. Haigermoser: Warum nicht die Europäer?) Europäer-großes I-Innen. (Abg. Haigermoser: Die Europäer! Die Europäerinnen! Warum verwenden Sie nur die weiblichen Formen?)  – EuropäerI nnen! Ich habe vorausgesetzt, dass das mittlerweile durchaus gängige Praxis ist und dass Sie verstehen, dass damit Männer wie Frauen gemeint sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das ist Ihr Problem!)

Nein, es ist nicht mein Problem, es ist Ihr Problem! Sie bezeichnen auch viele Frauen ständig als Männer, und dann ist es aber mein Problem. (Abg. Haigermoser: Sie haben ein Problem!) Immer Sie mit Ihren Störaktionen! Aber was soll‘s!

Ich denke, dass jedes Kind, das verhungert, jede Frau, die stirbt, weil sie keine medizinische Versorgung hat, und jedes Mädchen, das keine Chance auf Ausbildung hat, auch uns anklagt, denn wir haben jahrhundertelang viele der Betroffenen der ärmsten Länder ausgebeutet, ihnen unsere Welt, unser Denken, unsere Verwaltung, unsere Religion aufgedrängt. Und wir haben viele der heute ärmsten Länder geknebelt und ihnen wenig Chancen auf eigenständige Entwicklung gegeben. (Unruhe bei den Freiheitlichen.)  – Ich habe nicht gesagt "Österreich", ich habe gesagt "Europa", und wir gehören doch zu Europa. Und das sollte uns wichtig sein. (Abg. Haigermoser: Ich habe überhaupt nichts gesagt!)

Sehr oft wird gefordert, dass die betroffenen Staaten im Gegenzug zur Hilfe und zum Schuldenerlass endlich mit Korruption und Missständen aufräumen und endlich effiziente Staatsstrukturen installieren sollten.

Sie sollten auch autoritäre Regimes abwählen. Ich meine, zweifelsohne sollten sie das, aber ich bitte Sie, bei all den Maßnahmen, die wir in Hinkunft diskutieren werden, auch zu bedenken, dass auch Europas Weg in halbwegs funktionierende Demokratien ein langer, ein steiler und auch ein blutiger war.

Es ist für mich selbstverständlich, das sich Österreich an diesen Maßnahmen der Entschuldungspolitik beteiligt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.3


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1

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 104 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in der dritten Lesung angenommen.

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 256/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (328 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Abgeordnete Bures. Ich erteile es ihr.

20.32

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass die schon den ganzen Tag währende Debatte über das Belastungsbudget, das diese Bundesregierung heute hier vorgelegt hat, klar ans Tageslicht gebracht hat, dass Sie in allen Lebensbereichen die Bevölkerung massiv belasten, dass Sie unsoziale Maßnahmen setzen, die vor allem die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen in diesem Land ganz massiv trifft. Das geht von den Belastungen für die Studenten und Studentinnen bis zu den Pensionisten und zu den Autofahrern, es haben eigentlich alle Bevölkerungsgruppen in allen Lebensbereichen mit Verteuerungen und höheren Kosten zu tun.

Der Bereich der Autofahrer, die ohnedies durch diese Regierung mit massiven Belastungen bedacht worden sind, wird mit weiteren Belastungen konfrontiert. Ich möchte nur eine in Erinnerung rufen: die Erhöhung der Autobahnvignette, bei welcher es immerhin beinahe zu einer Verdoppelung kommen wird. Wenn die Autofahrer am 1. Jänner beim Kauf der Vignette 1 000 S auf den Tisch werden legen müssen, dann werden sie es Ihnen "danken". Sie werden zumindest wissen, wem sie das zu verdanken haben, und Sie werden die Rechnung dafür zu begleichen haben.

Weiters werden die Autofahrer mit einer Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer konfrontiert. Dabei geht es bei einem durchschnittlich großen Pkw um zusätzliche Kosten in der Höhe von 2 000 S.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, ich glaube, es gibt wenige unter Ihnen, die wissen, was ein Liter Benzin kostet, denn Sie lassen sich wahrscheinlich herumchauffieren, sie lassen von jemand anderem tanken, und in der Regel zahlen Sie die Benzinrechnung nicht. Aber für eine sehr große Gruppe von Österreicherinnen und Österreichern ist der hohe Benzinpreis eine massive Belastung. (Abg. Auer: Haben Sie ein Dienstauto?) Es ist bei sehr vielen Autofahrern, wenn sie zur Tankstelle fahren, um den Tank anzufüllen, tatsächlich die Angst da, dass das Benzin teurer wird, weil sie das beinahe schon tagtäglich erleben müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter den Autofahrern gibt es eine Gruppe von Menschen, die das Auto brauchen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, um überhaupt ihrer Berufstätigkeit nachkommen zu können, um für ihren Lebensunterhalt aufkommen zu können. Es sind dies die über 600 000 Pendler in Österreich. Auf diese Pendler, die von Ihren Belastungen ohnedies schon in vielen Bereichen existentiell bedroht sind, kommt nun zusätzlich der hohe Benzinpreis zu.

Es gibt natürlich auch Profiteure von einem hohe Benzinpreis, und einer dieser Profiteure ist der Finanzminister. Er nimmt in Wirklichkeit zusätzlich 2 Milliarden Schilling an Mehrwertsteuer ein. Wir wollen mit diesem unserem Antrag nichts anderes erreichen, als dass ein Teil dieser 2 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen – die sich im Budget gar nicht finden, mit denen der Finanzminister oder der Finanzstaatssekretär ja gar nicht rechnen konnten – an diese betroffene Bevölkerungsgruppe zurückgezahlt wird.

Wir fordern in unserem Antrag, dass die Pendlerpauschale um 30 Prozent erhöht wird, und zwar so rasch wie möglich. Wir haben vorhin gehört, rasche Hilfe sei doppelte Hilfe. Das gilt natürlich besonders in diesem Fall.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, Sie können ja heute, indem Sie unserem Antrag zustimmen, den Wahrheitsbeweis antreten, ob Ihnen die Interessen der Pendler am Herzen liegen, ob Ihnen die Probleme dieser Menschen am Herzen liegen oder nicht. (Abg. Haigermoser: Einem populistischen Antrag stimmen wir nicht zu!) Ich ersuche die nächsten Redner, die hier herauskommen werden, sich das doch zu überlegen.

In der Debatte am Vormittag hat sich gezeigt, dass es immer dann, wenn Sie von Abfederungen sprachen, um scheinheilige, halbherzige Maßnahmen ging. Das haben Sie auch bei den Pendlern vor. Sagen Sie den Pendlern nicht, Sie würden ihnen helfen, denn das Einzige, was Ihre Regierung im Ministerrat beschlossen hat oder sich vorgenommen hat, ist eine 10-prozentige Erhöhung für 20 Prozent der Pendler.

Das ist eine Chuzpe, meine sehr geehrten Damen und Herren, und keine Hilfe! Damit lassen Sie 500 000 Pendlerinnen und Pendler im Regen stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich fordere Sie daher auf – Sie sind ja immer schnell für Belastungen –: Seien Sie nicht so zögerlich, wenn es darum geht, den Menschen zu helfen, und stimmen Sie unserer Forderung zu, dass den 600 000 Pendlern geholfen wird, indem die Pendlerpauschale um 30 Prozent erhöht wird, um eine Summe Geld, das nicht zur Beschmückung des Finanzministers da ist, sondern das ohnedies diesen Menschen gehört. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Großruck hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.37

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Bures hat, an die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen gerichtet, gesagt, wir wüssten nicht, was ein Liter Benzin koste, und außerdem lassen wir uns wahrscheinlich herumchauffieren.

Ich berichtige tatsächlich: Frau Abgeordnete Bures! Erstens: Natürlich wissen wir, wie viel ein Liter Benzin kostet. (Abg. Nürnberger: Na was kostet er denn? – Abg. Dr. Kostelka: Was kostet ein Liter Benzin?)

Zweitens: Natürlich wissen auch Sie ganz genau, dass wir uns nicht herumchauffieren lassen. Wahrscheinlich haben Sie Ihre Position als Zentralsekretärin der SPÖ mit Chauffeur mit unserer Position oder vielleicht auch mit jener der Gewerkschaftsfunktionäre und der Arbeiterkammerfunktionäre verwechselt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

20.38

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vorausschicken, dass die freiheitliche Parlamentsfraktion diesem Antrag nicht die Zustimmung erteilen wird, und begründe dies mit drei Punkten.

Zum Ersten: Es ist wenig sinnvoll, Einzelmaßnahmen gesondert zu beschließen, wenn ein großes Steuerpaket im Rahmen der Budgetbegleitgesetze geschnürt wird!

Zum Zweiten: Es ist in Ihrem Antrag nicht einmal ein Datum enthalten, mit welchem Tag diese Erhöhung der Pendlerpauschale in Kraft treten soll, für welchen Zeitraum sie gelten soll. (Abg. Mag. Prammer: Ab sofort!) Sie kann frühestens mit Verlautbarung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Zum Dritten verweise ich darauf, dass im Budgetbegleitgesetz, in der Novelle zum Einkommensteuergesetz eine Erhöhung der Pendlerpauschale vorgesehen ist, und zwar um 10 Prozent,


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aber auch rückwirkend für das gesamte Jahr 2000, und zwar in der Form, dass ab 1. Jänner 2001 ein 20-prozentiger Zuschlag zur bisherigen Pendlerpauschale gewährt wird.

Frau Kollegin! Nun zu Ihrem Märchen mit den 2 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen. Das glauben Sie in Wirklichkeit doch selber nicht! Sie müssen nämlich bedenken, dass erstens in vielen Bereichen die Mehrwertsteuer als Vorsteuer in den Betrieben wieder abgesetzt werden kann, dass zweitens die erhöhten Kosten erhöhte Werbungskosten, erhöhte Betriebsausgaben ergeben und daher das Steueraufkommen bei den direkten Steuern zurückgeht. Daher sind Ihre 2 Milliarden Schilling eine Märchenzahl. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

20.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hohes Haus! Nach unseren Berechnungen würde sich gemäß diesem Antrag nicht ein Lohnsteuerausfall von 500 Millionen, sondern von 600 Millionen Schilling ergeben. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass sich die Erhöhung der kleinen Pendlerpauschale gemäß lit. b nicht mit der Erhöhung des Treibstoffpreises oder anderer Kfz-Kosten begründen lässt, da diese nicht an die Benützung eines Kfz gebunden ist.

Weiters möchte ich dazu feststellen: Diese 2-Milliarden-Erhöhung lässt sich – wie schon der Vorredner gesagt hat – von uns nicht nachvollziehen. Es werden vielleicht rund 1,5 Milliarden sein, weil man ja berücksichtigen muss, dass bei höheren Preisen eine Veränderung des Kaufverhaltens eintritt. (Zwischenruf des Abg. Riepl. )

Weiters berücksichtigt der Antrag überhaupt nicht, dass es bei einer Inflation zwar eine Einnahmenseite gibt – das ist richtig –, aber vor allem auch eine Ausgabenseite, und diese trifft den Staat voll. Wir haben auch höhere Heizkosten und höhere Benzinkosten zu zahlen, und es findet bei dem Ganzen ein Kaufkraftabfluss an das Ausland statt. Dort sind die Profiteure, nicht im Inland! Würde man den Ersatz der Inflation im Inland voll abdecken, dann würde bei uns die Inflation explodieren! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

20.41

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, Sie sind sehr genau beim Vorrechnen, in welchem Fall was wie viel kosten würde, jedoch weniger genau, wenn es um die Gebührenerhöhungen geht. Es ist nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage bestimmte Gebühren zu bestimmten Prozentsätzen erhöht werden. – So viel einmal vorneweg, ich werde dann noch ein Beispiel dafür bringen.

Meine Damen und Herren! Zur Begründung, warum der Antrag unserer Auffassung nach mehr als berechtigt ist: Der "Kurier" vom Dienstag schreibt neuerlich: "Benzin, Diesel und Heizöl wieder teurer." Im Hinblick darauf füge ich hinzu: 600 000 Pendler sind nicht irgendwer, sondern es geht um 600 000 betroffene Menschen, die kein öffentliches Verkehrsmittel benützen können und die die Belastung tragen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen jetzt an einem Beispiel erzählen, wie die Belastungen ausschauen: Es geht um eine Aushilfsbriefträgerin, 47 Jahre, verheiratet, ein Kind, Verdienst bei der Post: 10 280 S brutto im Monat. Sie fährt auf Grund der Zusammenlegung der Postämter eine Wegstrecke von 52 Kilometern. Das Dienstverhältnis endet wegen Zeitablaufs. Was geschieht? – Ihr steht eine Wartefrist beim Arbeitslosengeld ins Haus. (Abg. Böhacker: Das ist noch gar nicht beschlossen!) Es ist aber zumindest einmal angedacht. Die andere Regelung, dass es nicht kommt, ist noch nicht da. Darüber reden wir dann, wenn die Regelung da ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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10 280 S brutto hat die Dame verdient. Die Dame bekommt 4 815 S Arbeitslosengeld. Und was macht die Regierung? – Sie kürzt das Arbeitslosengeld, die Nettoersatzrate. Von den 4 815 S kommen am Ende 4 600 S heraus. (Abg. Böhacker: Kommen Sie zur Pendlerpauschale!) Jeder Schilling weniger tut dieser Person weh, Herr Böhacker! Dazu kommt noch, dass diese Dame keinen Familienzuschlag bekommt. – Sie können alle Ihren Kopf beuteln, aber überprüfen Sie das bitte einmal! Es stimmt! Oder belegen Sie mir, dass es sich anders verhält! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Was hat das mit der Pendlerpauschale zu tun?) Die Dame bekommt keinen Familienzuschlag, also wiederum 663 S weniger im Monat, weil das Einkommen ihres Gatten über 14 000 S liegt, nämlich 14 665 S beträgt. Der Gatte ist im Sonderruhestand bei der Post, der von der Post aus für 55-Jährige angeboten wurde.

Und jetzt soll die Wartezeit auf das Arbeitslosengeld kommen! Heute Vormittag wurde von der Regierungsbank aus gesagt, dass das nicht so einfach sei und dass die regionalen Beiräte schon entscheiden werden, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt oder nicht. Da frage ich Sie jetzt: Was ist ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund? Wie wird das aussehen? – Die Gattin eines Betriebsinhabers löst das Dienstverhältnis wegen schlechter Auftragslage. Das soll es ja geben. Begründung: Sie selbst geht in die Arbeitslose, denn sonst müsste ein Arbeitnehmer gekündigt werden. Wie wird das jetzt behandelt werden? Ist das jetzt ein berücksichtigungswürdiger Grund? Hat sie eine Wartefrist oder nicht? Ist es jetzt ein berücksichtigungswürdiger Grund oder nicht, wenn das Dienstverhältnis durch Zeitablauf endet oder auf Grund des Wegfalls der Mitfahrmöglichkeit gelöst werden muss?

Für meine Begriffe am menschenverachtendsten ist die Tatsache, dass dieser Postler – und nicht nur er, sondern alle, die im Sonderruhestand sind – von der Frau Vizekanzlerin ein Schreiben mit ungefähr folgendem Inhalt bekommen hat: Geschätzter Herr Sowieso! Auf Grund der Pensionsanpassung haben auch Sie eineinhalb Jahre länger im Sonderruhestand zu bleiben, oder Sie kommen mit 60 wieder in die Arbeit.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Jetzt frage ich Sie: Wenn jemand fünf Jahre lang zu Hause ist, mit 55 Jahren aus dem Dienst geht und mit 60 wieder anfangen soll, weil das Geld zu wenig wird, wo wird derjenige etwa bei der Post bei den raschen Änderungen der Technik wieder eingesetzt werden können? – Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Seien Sie doch bitte auch einmal menschlich und rechnen Sie nicht nur in Zahlen! Hinter den Zahlen stehen Menschen, vergessen Sie das bitte nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Mit der Pendlerpauschale hatte das aber nicht viel zu tun!)

20.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

20.47

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man aus einem Bundesland wie Tirol mit sehr, sehr vielen Zwangspendlern stammt, dann sind einem die Probleme im Zusammenhang mit erhöhten Preisen für Treibstoff und für Mobilität insgesamt mehr als vertraut. (Abg. Haigermoser: Ihre Forderung beläuft sich auf über 30 S!)

Herr Kollege! Hören Sie doch mit diesem alten Märchen auf! Sie haben es meiner Kollegin Moser nicht beweisen können, und Sie werden es auch mir nicht beweisen können! Hören Sie also endlich mit dem alten Blödsinn auf! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zurück zum Thema: Auch wenn diese Problematik bekannt und natürlich dramatisch ist, ist dieser Ansatz, der in diesem Antrag geschildert wurde, aus meiner Sicht nicht der richtige. Ich glaube, dass man die Pendlerproblematik nicht mit einer schlichten Erhöhung der Pendlerpauschale einfach lösen können wird. Es besteht das Problem, dass dies das falsche Signal ist, denn von den Preisen her ist es mehr als die Abgeltung für den gestiegenen Benzinpreis. Außerdem ist es das falsche Signal, das weitere Ausbauten für öffentliche Verkehrsmittel weiterhin bremsen und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel weiter unattraktiv machen würde.


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Nehmen Sie bitte das Ökosteuermodell ... (Abg. Dr. Martin Graf: 30 S! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Man sollte annehmen, dass Müdigkeit eher zu einer Beruhigung als zu einem größeren Rumoren führt. Ich bitte, dieser Annahme, wenn irgendwie möglich, Rechnung zu tragen!

Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Lichtenberger! – Bitte, fortzusetzen!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Ich danke. – Nehmen Sie bitte – ich wiederhole das – das Ökosteuermodell der Grünen mit dem Ökobonus für Mobilität zur Hand! Hierin besteht eine faire Lösung für Mobilität, auch für Zwangsmobilität in die Region! Das ist eine fundierte Berechnung! Wir können leider diesem Anliegen der Sozialdemokraten in dieser Form nicht folgen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 328 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

14. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (207/A)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

20.50

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in erster Lesung die Änderung des Konsumentenschutzgesetzes. Lassen Sie mich kurz darauf eingehen, worum es dabei eigentlich geht.

Wir wollen mit diesem Antrag erreichen, dass in Österreich die Maklerprovisionen bei der Vermietung einer Wohnung oder beim Kauf eines Eigenheimes gesenkt werden. Die österreichischen Wohnungssuchenden haben nämlich im europäischen Durchschnitt die höchsten Maklerprovisionen in der ganzen EU zu bezahlen. Ich sage Ihnen vergleichsweise die Höhe der Maklerprovisionen in anderen EU-Mitgliedstaaten, damit Sie ungefähr wissen, um welche Größenordnungen es sich dabei handelt.

Wenn eine österreichische Familie zu einem Wohnungsmakler geht, um dafür zu sorgen, dass sie ein Dach über dem Kopf hat, müssen im Durchschnitt drei Bruttomonatsmieten dafür bezahlt werden, das sind rund 20 800 S. Eine deutsche Familie hat im Durchschnitt mit 12 800 S zu rechnen. In Finnland sind es überhaupt nur 8 000 S, in Frankreich zahlt eine Familie für die Vermittlung einer Mietwohnung 4 300 S und in Schweden 1 800 S.

Ich nenne diese Zahlen, weil ich denke, dass es notwendig ist, dass sich diese Bundesregierung einmal die diesbezüglichen Beispiele anderer Mitgliedstaaten ansieht, weil ich meine, dass man sich ein gutes Beispiel an anderen Staaten nehmen könnte, wo Wohnungssuchende viel weniger zahlen müssen, als das in Österreich leider der Fall ist.


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41. Sitzung / Seite 175

Wir haben die höchsten Maklerprovisionen, und es besteht Handlungsbedarf, und zwar auch deshalb, weil Maklerprovisionen selbstverständlich einen Teil der Wohnkosten darstellen und vor allem die FPÖ ja angetreten ist, diese Kosten zu senken! Auch diesbezüglich haben wir erlebt, dass nun das Gegenteil der Fall ist, und Sie können jetzt den Wahrheitsbeweis antreten, auf welcher Seite Sie eigentlich stehen, ob Ihnen die Probleme der Mieter ein Anliegen sind oder ob Sie vorwiegend die Klientel der Immobilienmakler vertreten – einige unter Ihnen sind ja Immobilienmakler –, ob Ihnen also sozusagen das Hemd näher ist als der Rock.

Es gibt viele derartige Naheverhältnisse bei der FPÖ, und daher besteht in Wirklichkeit keine Bereitschaft, im Bereich der Wohnkostensenkung auch nur einen Deut etwas zu ändern. Das ist auch daran festzustellen, dass erstmals in der Zweiten Republik im sozialen Wohnbau, nämlich in der bundeseigenen Wohnbaugenossenschaft, der Aufsichtsratvorsitzende ein Immobilienmakler ist, also einer, der Geschäfte machen will. Ich hoffe nur, das er nicht Geschäfte mit dem sozialen Wohnbau und mit den Mieterinnen und Mietern machen will!

Bundesminister Grasser hat einen der größten Immobilienmakler zum Aufsichtsratvorsitzenden einer Wohnbaugenossenschaft bestellt. Ich meine, dass da eine Unvereinbarkeit besteht und dass das eine ungeheuerliche Vorgangsweise ist! Aber wir werden ja jetzt sehen, ob Ihnen diese Klientel wichtiger ist oder ob Sie Interesse daran haben, dass die österreichischen Mieterinnen und Mieter wie alle anderen in Europa geringere Maklerprovisionen bezahlen müssen. Daher haben wir in dem Antrag klar formuliert, dass es jetzt zu einer Senkung von diesem viel zu hohen Betrag, nämlich drei Bruttomonatsmieten, auf zwei Nettomonatsmieten kommt. Auch diesbezüglich können Sie den Wahrheitsbeweis antreten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

20.55

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Bei dieser formal interessanten Debatte handelt es sich um eine erste Lesung, allerdings bereits zum dritten Mal, weil Kollegin Bures den gegenständlichen Antrag wortgleich in Halbjahresabständen einbringt.

Ich möchte daher zur Begründung meiner Ablehnung und der Ablehnung meiner Fraktion keine weiteren Ausführungen bringen, sondern nur auf die diesbezügliche Debatte am 6. Juni 2000, nachzulesen in den Stenographischen Protokollen der XXI. Gesetzgebungsperiode, 29. Sitzung des Nationalrates, Seite 42 folgende, verweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu dem Hinweis punkto Monatsmieten und Maklerprovisionen in Europa möchte ich näher einwenden: Abgeordnete Bures hat nämlich vergessen, dazu zu sagen, dass in den meisten Ländern Europas befristete Mietverhältnisse bestehen und daher unsere Provisionshöhen, die auf unbefristete Mietverhältnisse abgestimmt sind, damit nicht vergleichbar sind. – Richtig wäre es, auf die Wohnrechtsnovelle des Jahres 2000 hinzuweisen, mit der wir zwingend einen Befristungsabschlag von 25 Prozent eingeführt haben, der sich natürlich auch auf die jeweilige Provision durchschlägt, das heißt, dass der Vergleichswert für die befristete Miete selbstverständlich um 25 Prozent zu senken ist.

Außerdem scheint mir noch etwas bei dem internationalen Vergleich untergegangen zu sein: Ich habe auch eine Statistik des internationalen Verbandes, und daraus geht hervor, dass es in jenen Ländern Europas, in denen angeblich niedrigere Provisionen verrechnet werden, anders aussieht. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. ) Ich weiß, über Statistiken lässt sich trefflich streiten! Daraus geht evident hervor, dass es in jenen Ländern, in welchen die Provisionen niedriger sind, überall freie Vereinbarungen und keine gesetzlichen Obergrenzen gibt. Daher meine ich, dass es der richtige Weg ist, zu überlegen, ob wir wirklich mit einer gesetzlichen Regelung auf Dauer niedrigere Preise erzielen können.

Meine Damen und Herren! Wir sind nun schon beim dritten diesbezüglichen Antrag, vielleicht können wir uns aber beim fünften oder sechsten Antrag – wenn Sie diesen weiterhin in Halb


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41. Sitzung / Seite 176

jahresabständen stellen – dazu entschließen, die gesetzliche Regelung überhaupt aufzuheben. Im Moment geht das noch nicht, weil wir in Wien die Folgen einer achtzigjährigen sozialistischen Planwirtschaft auf dem Wohnungssektor zu bewältigen haben und für den Schutz der Wiener Wohnungssuchenden und Mieter auslaufend noch gesetzliche Regelungen brauchen. Wenn im Wiener Bereich der Markt durchschlagen wird, dann wird es vielleicht auch möglich sein, so wie in allen anderen Ländern, freie Vereinbarungen einzuführen und damit auf Dauer mit Hilfe des Marktes niedrigere Preise zu erzielen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

20.58

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Bures hat – wie Kollege Tancsits schon vor mir gesagt hat – diesen Antrag innerhalb von sechs Monaten zum dritten Mal eingebracht. Ich habe fast das Gefühl, dass sie damit ins Guinness-Buch der Rekorde kommen will. (Abg. Bures: Vielleicht stimmen Sie einmal zu!)

Komischerweise lernen Sie aber nichts dazu, und solange der Antrag so falsch ist, wie Sie ihn formulieren, kann man nicht zustimmen! Sie vergleichen Äpfel mit Birnen, Obst mit Gemüse. In Österreich wird einem Mieter, der eine Wohnung sucht, meist ein unbefristetes Mietrecht mit Eintrittsrechten eingeräumt, das heißt, es bestehen eigentumsähnliche Verhältnisse, die man sonst in der ganzen EU sicherlich nicht findet. (Abg. Bures: Wir sind stolz darauf!) Sie sind stolz auf den Mieterschutz, Sie schützen aber die Besitzenden, nämlich diejenigen, die eine Wohnung haben, und Sie bestrafen diejenigen, die eine Wohnung suchen.

Schauen Sie sich ein normales Wiener Zinshaus an! (Zwischenruf der Abg. Bures. ) Ich bin kein Makler! Wenn Sie gemeint haben, dass ich der Makler in unseren Reihen bin, dann sage ich Ihnen: Ich bin kein Makler! Sie werden bei Zinshäusern in Wien feststellen, dass gerade diejenigen, die bedürftig sind, hohe Mieten zahlen, und diejenigen, die privilegierte Mietverträge bekamen, als sie eingetreten sind – das soll auch in Bundesgebäuden vorkommen! –, die geringsten Mieten zahlen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie wirklich etwas für die Mieter und Wohnungssuchenden tun wollen, dann können Sie gerade mit Ihrer Organisation im Bereich der Gemeindebauten zu rechtlich richtigen Quadratmeterverrechnungen und zu Kategorien kommen! (Zwischenruf der Abg. Bures. )  – Dafür bekommen sie aber auch etwas!

Sie könnten mit Ihren Genossen dort, wo die Gemeinde Wien als der größte Hauseigentümer Europas abcasht, sparen helfen, etwa bei den Kanal- und Abwassergebühren – jedes Jahr eine Milliarde Schilling Überschuss! – und bei den Versicherungsverträgen, die frei vergeben werden, bei denen nicht verhandelt wird und in den meisten Fällen die Wiener Städtische der Nutznießer ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Mietervereinigung vertritt die Mieter so, dass diese gegenüber der Gemeinde Wien ihre Interessen über Jahre und über Instanzen vertreten müssen, bis sie zu ihrem Recht kommen. Wir sind für mehr Markt im Mietrecht und für weniger Sozialismus, das gilt auch für die Provisionen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Die Uhr ist auf 2 Minuten gestellt. – Bitte.

21.02

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Leider ist unsere Redezeit schon weitgehend erschöpft. Man könnte nämlich den Kollegen von den Regierungsfraktionen noch einige Antworten geben.


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Ich sage aus meiner Erfahrung nur ein Wort dazu: Ich habe genug Leute gesehen, die Sechsmonatsverträge hatten und dafür drei Monate Provision bezahlen mussten, dann noch in andere Häuser umlogiert wurden, wo sie für weitere sechs Monate wieder drei Monate Provision bezahlt haben. (Abg. Neudeck: Das ist ...!) Solche Vorgangsweisen werden Sie auch mit Abschlägen nicht verändern!

Für uns gilt das Gleiche, was die Kollegin von der sozialdemokratischen Fraktion gesagt hat: Es muss in Österreich zu einer Reduktion der Provisionen kommen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

21.03

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Einer meiner Vorredner hat die Redewendung von den Äpfel und Birnen in den Mund genommen. – Heute gibt es eine bemerkenswerte Karikatur im "Kurier": Karl-Heinz hat zwei Birnen und fünf Äpfel. Drei Birnen spart er ein, zwei Äpfel gibt er her. Ist er nicht ein fescher Kerl? (Abg. Achatz: Das ist er!) So ähnlich kommt mir Ihre Wortmeldung, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, vor! (Abg. Achatz: Er ist der fescheste Finanzminister, den wir jemals hatten!)

Stellen Sie sich vor: Ein Makler verlangt für die Vermittlung einer Wohnung normalerweise zwei Birnen. Dann wird der Vertrag befristet. Wissen Sie, was dann geschieht? – Die Provision wird nicht um 25 Prozent reduziert, sondern er verlangt drei Birnen! (Abg. Neudeck: Das ist eine Naturalzahlung!) Nehmen Sie diese Rechnung in all ihrer Deutlichkeit zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht heute um einen Teilbereich des Konsumentenschutzgesetzes. Gestatten Sie, dass ich hier aus persönlicher Sicht etwas einbringe, da ich seit 20 Jahren als Berater tätig bin.

Dieses Konsumentenschutzgesetz ist mit den Arbeiterkammern in Österreich unmittelbar verbunden. Es ist ein Gesetz, das sozial Schwächeren hilft, Menschen, die im Alltag in der Wirtschaft durch Unternehmer übervorteilt werden. – Heute haben wir von der Absicht der Freiheitlichen erfahren, die Beiträge zu kürzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin im Parteienverkehr tätig, wenn ich in der Arbeiterkammer Salzburg tätig bin, und ich sage Ihnen: Zu uns kommen sozial schwache Personen, Menschen, die sich den Weg zum Gericht nicht leisten können. Wenn Sie diese Beitragskürzung durchziehen, dann werden wir auch im Bereich der Arbeiterkammern, im Konsumentenschutzbereich, den bisherigen Standard nicht mehr erbringen können, und zwar gerade im Beratungsbereich, wenn es etwa um Fragen geht, wie man sich gegen einen Keiler bei einem Haustürgeschäft hilft oder wenn es um Fragen bezüglich Banken geht. Nicht die Freiheitliche Partei hat diesbezüglich einen Skandal aufgedeckt, sondern die Arbeiterkammern! (Abg. Neudeck: Und was ist mit der BAWAG?)

Was sagt Herr Böhmdorfer? – "Ich bin der natürliche Feind der Banken." Gemacht hat er allerdings nichts, sondern die Arbeiterkammern haben etwas gemacht! Lassen Sie mich das hier mit aller Deutlichkeit sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Was war beim WEB-Bautreuhand-Skandal mit einem Schaden von drei Milliarden Schilling? Wer hat diesen aufgedeckt? Die Freiheitliche Partei? – Nein! Sie haben sich nicht "getraut", eine Anzeige zu machen! Das steht im Bericht des Untersuchungsausschusses! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sollte es zu dieser Kürzung kommen – und das möchte ich hier mit aller Deutlichkeit sagen –, dann schaden Sie den sozial Schwachen! Sie schaden den Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

21.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.

Damit schließe ich die Debatte.

Ich weise den Antrag 207/A dem Bautenausschuss zu.

15. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz geändert wird (191/A)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Die Debatte ist eröffnet.

Das Wort erhält Herr Abgeordneter Pirklhuber als Antragsteller. – Bitte.

21.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Im vorliegenden Initiativantrag der Grünen geht es um die aktuellen Herausforderungen, um die aktuellen agrarpolitischen Zukunftsstrategien.

Es ist nicht nur im Interesse der Bäuerinnen und Bauern notwendig, die Ökologisierung klar und präzise in das Landwirtschaftsgesetz zu integrieren, sondern auch die Konsumenten haben ein Recht darauf, dass die Ziele der Landwirtschaftspolitik deutlich formuliert werden, dass Ökologisierung nicht nur Lippenbekenntnis bleibt, sondern es diesbezüglich zu klaren, präzisen Aussagen kommt.

Letztlich geht es darum, ein Leitbild für die Landwirtschaft zu entwickeln. Der biologische Landbau als Produktionsmethode, die nicht nur von uns immer wieder propagiert und seit Jahren hier im Parlament vertreten wurde, ist nicht eine Produktionsmethode unter anderen. Nein! Es ist dies eine Landwirtschaftsmethode, die in der EU-Verordnung 2092/91 auch einheitlich geregelt ist.

Damit ist der Biolandbau die einzige Landwirtschaftsmethode weltweit, die wirklich nach klar definierten Vorschriften vor sich geht, die klar geregelt ist. Biolandbau ist eine Wirtschaftsweise, die im Hinblick auf wichtige Umweltziele effizient ist, etwa im Hinblick auf Grundwasserschutz, auf Trinkwasserschutz, auf Arten- und Bodenschutz und natürlich, meine Damen und Herren, auch im Hinblick auf Tierschutz und artgerechte Tierhaltung. All das ist in der biologischen Wirtschaftsweise inkludiert.

Meine Damen und Herren! Daher geht es darum, diese Wirtschaftsweise auch als Leitbild in das österreichische Landwirtschaftsgesetz zu integrieren. Wir haben bereits ein solches Gesetz in Österreich, nämlich das Wiener Landwirtschaftsgesetz, das erst im November letzten Jahres aus der Taufe gehoben wurde. Der biologische Landbau ist auf Initiative der Grünen bereits ein wesentlicher Bestandteil dieses Wiener Landwirtschaftsgesetzes, eine klare Zielvorstellung landwirtschaftlicher und agrarpolitischer Maßnahmen.

Meine Damen und Herren! Begleitend dazu muss auch die Frage der Gentechnikfreiheit geklärt sein. Warum? – Biolandwirtschaft ist per definitionem, und zwar auf Basis der EU-Verordnung, gentechnikfrei. Minister Molterer hat immer wieder gesagt und sagt es laufend, dass wir die Vorreiter sind, trotz Ausstiegsproblemen et cetera, die wir im Biolandbau haben, und wenn wir


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das sichern wollen und diese Vorreiterschaft ernst nehmen, dann müssen wir uns auch ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir die Gentechnikfreiheit in Österreich sichern können. Saatgutproduktion für den Biolandbau ist nämlich nur dann nachhaltig möglich, wenn wir Gentechnikfreiheit in unserem nationalen Produktionsgebiet – zumindest versuchen zu sichern.

Das ist EU-konform, das ist möglich. Es besteht gemäß EU-Freisetzungsrichtlinie die Möglichkeit, geographische Gebiete gentechnikfrei abzugrenzen. Genau das versucht nun dieser Initiativantrag zu verbinden: die Interessen der Landwirtschaft und die Interessen der Konsumenten mit einer klaren Zielformulierung für die nächsten Jahre und Jahrzehnte für die österreichische Agrarpolitik in das Landwirtschaftsgesetz zu integrieren.

Nehmen Sie diese Herausforderung an, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Agrarseite, nehmen Sie diese Herausforderung an! Gentechnikfreiheit ist ja auch eine große Chance für die Landwirtschaft selbst. Jetzt können wir das noch realisieren; in zehn Jahren wird es schwierig sein. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Haigermoser: Setzen!) Daher ersuche ich Sie, die im Ausschuss zu führenden Diskussionen mit konstruktiven und positiven Beiträgen zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jäger. )

21.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Ich erteile ihm das Wort.

21.11

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich beim Kollegen Pirklhuber für den Antrag bedanken, weil er nach vielen leeren Diskussionen doch wieder die Gelegenheit gibt (Abg. Haigermoser: Jungfernrede, Kollege?)  – ja! –, ein wichtiges Thema, ein zentrales Thema, ein Lebensthema, nämlich das Landwirtschaftsthema in diesem Haus zu diskutieren.

Die österreichischen Bauern bewirken Wunder. Sie leisten Gewaltiges, denn unter so vielfältigen Voraussetzungen, unter derart unterschiedlichen Bedingungen, in einem Mix von unterschiedlichen wirtschaftlichen Wettbewerbsvoraussetzungen schaffen es die österreichischen Bauern immer wieder, Ihren Tisch mit qualitativ höchstwertigen Produkten zu decken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das geschieht noch dazu zu Preisen, die international wettbewerbsfähig sind. Wir stehen doch heute im Wettbewerb mit Europa, ja der ganzen Welt. Große Konzerne kaufen bei uns ein, genauso wie die Hausfrau, die Mutter.

Wir decken Ihren Tisch, und wir sorgen für Ihre Freizeit. Wir bieten Ihnen Erholungsraum. Wir wecken für Sie, wenn Sie Urlaub auf dem Bauernhof machen, sogar extra den Gockelhahn für die Morgenmelodie auf!

Meine Damen und Herren! Österreichs Bauern leisten Gewaltiges aus dem Wunder der Vielfalt. Diese Vielfalt versucht nun Herr Pirklhuber mit seinem Antrag einzuengen auf die Methode der biologischen Landwirtschaft. Aber ich verstehe das, er hat ein eingeschränktes Gesichtsfeld, und das wird wohl die Methode sein, die er versteht. Die vielfältigen Herausforderungen brauchen jedoch sehr viel mehr an Antworten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unsere Biobauern leisten Gewaltiges. Wenn man mit Biobauern spricht, dann wünschen sie sich vieles zur Weiterentwicklung ihrer Landwirtschaftsform. Auch die Konsumenten wünschen sich vieles. Aber eines wünscht sich niemand, nämlich dass die Biobauern in diese Sonderstellung hineingeboxt werden, um das Flaggschiff der österreichischen Landwirtschaft zu werden. Sie können das in vielen Gebieten so nicht tragen. Der Markt wird entscheiden, wie gut die biologische Landwirtschaft sich letztendlich entwickeln kann. Wir wollen wirklich alles tun, damit sich dieser Markt gut entwickelt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich verstehe aber nicht, warum Sie den guten Namen, den die biologische Landwirtschaft in Österreich hat, dadurch anpatzen, dass Sie die Gentechnik in diesem Zusammenhang ins Landwirtschaftsgesetz hineinbringen wollen. Das muss man sich einmal vorstellen – wir werden es ja im Ausschuss noch diskutieren, aber das sollte alle interessieren –: Kollege Pirklhuber will die biologische Landwirtschaft als Leitbild verankern und die Gentechnik in der Landwirtschaft generell verbieten und verlangt in seinem Antrag eine einzige Ausnahme – er will, dass im Grundgesetz der Landwirtschaft festgelegt wird, dass Tierarzneimittel, Bodenverbesserer und Düngemittel von gentechnisch veränderten Organismen für die biologische Landwirtschaft zur Verfügung stehen sollen. Das ist etwas, das ich sicherlich nicht mittragen werde. Das ist sicherlich etwas, gegen das sich unsere Fraktion wehren wird. Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: ... eine EU-Verordnung!)

Ich lade Sie aber sehr herzlich ein, mit uns über die wirklich wichtigen Dinge nachzudenken. Das ist zum Beispiel die Zucker-Marktordnung, die in großen Bereichen Dinge erfüllt, die heute schon diskutiert wurden. Sie hilft dem Markt, sie hilft der Regionalentwicklung, sie hilft der Umwelt. Die Verarbeitung der Zuckerrübe ist eine der umweltfreundlichsten Produktionsweisen. Die Zucker-Marktordnung hilft auch der Entwicklungshilfe. Aber sie ist gerade gefährdet. Helfen Sie mit, dass die Zucker-Marktordnung hält, das wird mehr wert sein und mehr bringen als dieser Antrag!

Herr Pirklhuber, noch etwas: Wir sind heute am Ende eines langen Tages. Wenn unsereiner Kopfweh hat, dann weiß er: Es ist deshalb so, weil wir nicht schlafen durften. Wenn Sie Kopfweh haben, ist es nicht, weil Sie Ihr Heiligenschein drückt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Danke, Herr Staatssekretär.

Ich weise den Antrag 191/A dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zu.

16. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 263/00a) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (341 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum letzten Punkt der Tagesordnung.

Der Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Daher gelangen wir sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses, Folgendes zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. September 2000, 15 U 263/00a, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Pilz wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag des Immunitätsausschusses anschließen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


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Damit haben wir die Tagesordnung durchgearbeitet.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 307/A bis 313/A eingebracht wurden und die Anfragen 1382/J bis 1415/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen dienen wird, berufe ich für heute, 21.17 Uhr, das ist in unmittelbarem Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.16 Uhr