Stenographisches Protokoll

44. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 22., und Donnerstag, 23. November 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

44. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 22., und Donnerstag, 23. November 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 22. November 2000: 9.02 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 23. November 2000: 0.00 – 1.10 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Mitteilung über die Ernennung eines Mitgliedes der Bundesregierung

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 259/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Energieeffizienzverbesserung bei Bundesgebäuden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001)

5. Punkt: Bericht über den Antrag 312/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG)

6. Punkt: Bericht über den Antrag 313/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden


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44. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich

9. Punkt: Bericht über den Antrag 127/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 202/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Abschaffung der §§ 188 und 248 StGB – Herabwürdigung religiöser Lehren sowie des Staates und seiner Symbole

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

12. Punkt: Bericht über den Antrag 302/A der Abgeordneten Paul Kiss, Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7.7.1976 (BGBl. 396/76 idF BGBl. 24/1988) über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz) geändert wird (247/A)

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967) geändert wird (255/A)

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (266/A)

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (267/A)

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (268/A)

*****

Inhalt

Nationalrat

Gedenken an die Opfer der Katastrophe von Kaprun 22

Mandatsverzicht der Abgeordneten Günther Platter und Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 23

Angelobung der Abgeordneten Astrid Stadler 23

Personalien

Verhinderungen 22, 76

Ordnungsruf 220


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44. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Antrag des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 38/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz geändert werden, gemäß § 43 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Dezember 2000 zu setzen 42

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 42

Zurückziehung des Fristsetzungsantrages 144

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte und der systematischen Bespitzelung durch Angehörige des Sicherheitsapparates und zur Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit diesen Sachverhalten gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 258

Bekanntgabe 42

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 42

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich, der Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden, die dazu geführt haben, dass jahrelang unbemerkt personenbezogene Daten an dazu nicht Berechtigte weitergegeben wurden, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 259

Bekanntgabe 50

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 50

Gemeinsame Debatte über diese beiden Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen 259

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 259

Dr. Peter Pilz 261

Günter Kößl 263

Dr. Reinhard Eugen Bösch 263

Dr. Peter Wittmann 264

Mag. Terezija Stoisits 265

Ablehnung der beiden Anträge 267

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 43


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44. Sitzung / Seite 4

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Zwischenrufe in der Debatte über die Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen 263

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend allfällige Ordnungsrufe 267

Erklärung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend Vereinbarung in der Präsidiale beziehungsweise Bestimmungen der Geschäftsordnung hinsichtlich der Erteilung von Ordnungsrufen 267

Aktuelle Stunde (10.)

Thema: "Auswirkungen des Bank-Burgenland-Skandals auf den Staatshaushalt und die Steuerzahler"

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 23

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 26

Rudolf Edlinger 28

Dr. Andreas Khol 29

Hans Müller 30

Dr. Alexander Van der Bellen 32

Ing. Erwin Kaipel 33

Paul Kiss 35

Hermann Böhacker 36

Mag. Werner Kogler 38

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid sowie Ernennung von Frau Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger zur Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie 39

Ausschüsse

Zuweisungen 40, 242, 245, 247, 258, 258

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler 40, 40

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest um die Inflationsrate, Anpassung des Pflegegeldes, Auszahlung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses, Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren sowie die Erhaltung der ORF- und Telefongebührenbefreiungen und des damit verbundenen Leistungsumfanges für alle Anspruchsberechtigten (319/A) (E)113

Begründung: Annemarie Reitsamer 119

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 124

Debatte:

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigung) 129

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 129, 140, 151, 155

Heidrun Silhavy 129

Dr. Gerhart Bruckmann 131

Annemarie Reitsamer (tatsächliche Berichtigung) 133

Reinhart Gaugg 134

Karl Öllinger 136

Doris Bures 139


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44. Sitzung / Seite 5

Franz Kampichler 141

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) 142

Dr. Helene Partik-Pablé 142

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 144

Sigisbert Dolinschek 146

Karl Donabauer 148

Rudolf Nürnberger 149

Theresia Haidlmayr 153

Mag. Walter Tancsits 155

Annemarie Reitsamer 156


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44. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Erhöhung der Treffsicherheit des Bundespflegegeldgesetzes – Ablehnung 154, 157

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 319/A (E) 157

Verhandlungen

1. Punkt: Mitteilung über die Ernennung eines Mitgliedes der Bundesregierung 43

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 39

Redner:

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 43

Dr. Alfred Gusenbauer 4


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44. Sitzung / Seite 7

6

Mag. Helmut Kukacka 48

Dr. Alexander Van der Bellen 50

Ing. Peter Westenthaler 53

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 55

Mag. Andrea Kuntzl 58

Ing. Leopold Maderthaner 60

Dr. Evelin Lichtenberger 62

Dr. Harald Ofner 64

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 67

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) 69

Kurt Eder 70

Mag. Karin Hakl 72

Dr. Peter Pilz 74

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 77

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 77

Karl Öllinger (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 77

Dr. Peter Pilz (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 77

Mag. Reinhard Firlinger 78

Dr. Caspar Einem 80

Georg Schwarzenberger 81

Josef Edler 83

Emmerich Schwemlein 84

Gabriele Binder 85

Dr. Robert Rada 86

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 87

DDr. Erwin Niederwieser 89

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (tatsächliche Berichtigung) 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Ermittlungen in der Spitzelaffäre – Ablehnung 52, 91

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung 76, 91

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (298 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (347 d. B.) 91

3. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 259/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Energieeffizienzverbesserung bei Bundesgebäuden (348 d. B.) 92

Redner:

Doris Bures 92

Mag. Walter Tancsits 94

Dr. Gabriela Moser 101

Mag. Reinhard Firlinger 103

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 105

Kurt Eder 106

Matthias Ellmauer 108

Dr. Evelin Lichtenberger 109

Detlev Neudeck 110

Ing. Erwin Kaipel 111

Karl Freund 112

Josef Edler 157

Hans Sevignani 158

Franz Riepl 159

Johann Loos 159

Berichterstatter Detlev Neudeck (Schlusswort) 161

Annahme des Gesetzentwurfes in 347 d. B. 161

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 348 d. B. 161

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (296 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001) (366 d. B.) 161

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 312/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG) (371 d. B.) 162

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 313/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (372 d. B.) 162

Redner:

Mag. Barbara Prammer 162

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 163

Mag. Terezija Stoisits 165

Edith Haller 168

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 171, 174, 186

Dr. Ilse Mertel 172

Mag. Dr. Josef Trinkl 174

Karl Öllinger 176

Dr. Michael Krüger 178

Dr. Johannes Jarolim 181

Mag. Walter Tancsits 183

Theresia Haidlmayr 183

Dr. Sylvia Papházy, MBA 185

Mag. Gisela Wurm 187

Ridi Steibl 189

Mag. Johann Maier 190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend Evaluationsstudie zum Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz – Ablehnung 174, 193

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Informations- und Maßnahmenpaket zur Konsumentenerziehung – Ablehnung 191, 193

Annahme der Gesetzentwürfe in 366, 371 und 372 d. B. 191, 193, 193

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 366 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend gesetzliche Regelung der Mediation (E 40) 193

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 366 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Auswirkungen der Neuregelung des Kindschaftsrechts (E 41) 193

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (297 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (373 d. B.) 193

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (273 und Zu 273 d. B.): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich (374 d. B.) 194

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 127/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (375 d. B.) 194

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 202/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Ab


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44. Sitzung / Seite 8

schaffung der §§ 188 und 248 StGB – Herabwürdigung religiöser Lehren sowie des Staates und seiner Symbole (376 d. B.) 194

Redner:

Otto Pendl 194

Werner Miedl 195

Mag. Terezija Stoisits 197

Dr. Harald Ofner 201

Günter Kößl 203

Dr. Michael Krüger 204

Annahme des Gesetzentwurfes in 373 d. B. 206

Genehmigung des Staatsvertrages in 273 und Zu 273 d. B. 206

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 273 und Zu 273 d. B. 206

Kenntnisnahme der Ausschussberichte 375 und 376 d. B. 207

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (338 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001) (377 d. B.) 207

Redner:

Rudolf Parnigoni 207

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 210

Theresia Haidlmayr 211

Wolfgang Jung 215

Helmut Dietachmayr 216

Karl Freund 217

Helmut Dietachmayr (tatsächliche Berichtigung) 219

Ludmilla Parfuss 219

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 220

Robert Egghart 222

Dr. Reinhard Eugen Bösch 223

Hermann Reindl 224

Dr. Evelin Lichtenberger (tatsächliche Berichtigung) 225

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 225

Dr. Helene Partik-Pablé 226

Annahme des Gesetzentwurfes 227

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 377 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Auslandsdienst und allfällige Ausgliederung der Verwaltungsangelegenheiten des Zivildienstes sowie Zuweisung von Zivildienern an die Länder im Bereich des Katastrophenschutzes (E 42) 229

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 302/A der Abgeordneten Paul Kiss, Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird (378 d. B.) 229

Berichterstatter: Werner Miedl 229

Redner:

Mag. Gisela Wurm 230

Werner Miedl 231

Mag. Terezija Stoisits 233

Mag. Eduard Mainoni 235


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44. Sitzung / Seite 9

Emmerich Schwemlein 237

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 237

Günter Kößl 238

Dr. Helene Partik-Pablé 239

Annahme des Gesetzentwurfes 240

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7.7.1976 (BGBl. 396/76 idF BGBl. 24/1988) über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz) geändert wird (247/A) 240

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 24


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44. Sitzung / Seite 10

1

Mag. Walter Posch 241

Dr. Christof Zernatto 242

Zuweisung des Antrages 247/A an den Ausschuss für Menschenrechte 242

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967) geändert wird (255/A) 242

Redner:

Gerhard Reheis 243

Anton Wattaul 244

Dr. Evelin Lichtenberger 244

Zuweisung des Antrages 255/A an den Verkehrsausschuss 245

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (266/A) 245

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger 245

DDr. Erwin Niederwieser 246

Mag. Helmut Kukacka 247

Zuweisung des Antrages 266/A an den Verkehrsausschuss 247

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (267/A) 248

Redner:

Mag. Johann Maier 248

Dr. Günther Leiner 249

Dr. Brigitte Povysil 250

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 251

Dieter Brosz 251

Gabriele Heinisch-Hosek 253

Dr. Erwin Rasinger 254

Dr. Alois Pumberger 254

Dr. Kurt Grünewald 256

Ing. Wilhelm Weinmeier 257

Zuweisung des Antrages 267/A an den Justizausschuss 258

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (268/A) 258

Zuweisung des Antrages 268/A an den Gesundheitsausschuss 258

Eingebracht wurden

Petitionen 40

Petition zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahl und gegen die Sparmaßnahmen der FPÖVP-Regierung im Bildungsbereich (Ordnungsnummer 10) (überreicht vom Abgeordneten Dr. Dieter Antoni )

Petition zur Erhaltung des Wachzimmers St. Pölten/St. Georgen (Ordnungsnummer 11) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl )

Petition betreffend "Lärmschutz-Petition" (Ordnungsnummer 12) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl )

Gesetzesantrag des Bundesrates 40

355: Gesetzesantrag der Bundesräte Johann Payer, Jürgen Weiss, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny, Univ.-Prof. Dr. Peter Böhm und Genossen vom 9. November 2000 betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes (Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für das Stellungnahmeverfahren des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen)

Regierungsvorlagen 40

271: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über die Förderung und den Schutz von Investitionen

299: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Usbekistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen

316: Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG

352: Umweltmanagementgesetz – UMG

358: Kapitalmarktoffensive-Gesetz, KMOG

379: Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 – FAG 2001) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Wohnbauförderungs-Zweckzuschussgesetz 1989 geändert werden

Berichte 40

III-65: Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Anonyme Geburt und ,Babynest‘"; Rechtliche und faktische Fragen im Zusammenhang mit der Einführung von anonymer Geburt und "Babynest"

III-69: Förderungsbericht 1999; Bundesregierung

III-70: Wildschadensbericht 1999; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-71: 16. Sportbericht 1999; BM f. öffentliche Leistung und Sport

Vorlage 18 BA: Bericht betreffend den Budgetbericht des Bundes 2000; BM f. Finanzen


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Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 11

Anträge der Abgeordneten

Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest um die Inflationsrate, Anpassung des Pflegegeldes, Auszahlung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses, Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren sowie die Erhaltung der ORF- und Telefongebührenbefreiungen und des damit verbundenen Leistungsumfanges für alle Anspruchsberechtigten (319/A) (E)

Hermann Reindl, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einsatzzulagengesetz, BGBl. Nr. 423/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 127/1999, und das Auslandszulagengesetz, BGBl. I Nr. 66/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 64/2000, geändert wird (320/A)

Hermann Reindl, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zugewiesene Beamte, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 95/2000, geändert wird (321/A)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Prüfung und Umsetzung sektoraler LKW-Fahrverbote, insbesondere auf der Inntal-Brennerachse (322/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend keine Privatisierung bzw. Ausgliederung der Bundesanstalten für bakteriologisch-serologische Untersuchungen (323/A) (E)

Sigisbert Dolinschek, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden (324/A)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (325/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird (326/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Inge Jäger, Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend die Förderung des Fairen Handels [(309/A) (E)] [(Zu 309/A) (E)]

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Schulaufsicht Graz-Umgebung-Nord (1448/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend widerrechtliche Abfragen des Steueraktes von Dr. Jörg Haider (1449/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Donnerstagsdemonstrationen" (1450/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beauftragung der Innenrevision mit Ermittlungen zum Fall Gaston Glock (1451/J)


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44. Sitzung / Seite 12

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Politik gegen den ländlichen Raum durch Schließung von Postämtern in der Region Steyr (1452/J)

Ing. Kurt Gartlehner und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Mittel für oberösterreichische Schulbauten (1453/J)

Hans Müller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Datenmissbrauch beim Gendarmerieposten Neunkirchen (1454/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend gefälschte Beweismittel und mediale Vorverurteilung durch "NEWS" (1455/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend gefälschte Beweismittel und mediale Vorverurteilung durch "NEWS" (1456/J)

Sophie Bauer und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend beabsichtigte Schließung des Kraftwerk Voitsberg III der Verbundgesellschaft sowie das Vertragsverhältnis mit der Graz-Köflach-Bergbau (1457/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend EKIS-Abfragen über politische Funktionsträger und ihre Familienangehörigen in Vorarlberg (1458/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1459/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1460/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1461/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1462/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1463/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1464/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1465/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1466/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 13

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Studie über die Armut im ländlichen Raum (1467/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend wasserrechtliche Genehmigungsverfahren für das Bundesstraßenprojekt B 301 (1468/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Privatstiftung Leopold (1469/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Neue Waldinventur (1470/J)


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Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 14

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Antrag auf Vollmitgliedschaft in der Westeuropäischen Rüstungsgruppe (1471/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1472/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Klärung übertriebener Ausbaupläne der Wasserstraßendirektion (WSD) und fragwürdiger Praktiken bei Auftragsvergaben zur Projektierung des weiteren Donauausbaus östlich von Wien (1473/J)

Mag. Werner Kogler und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verschwendung von Bundes- und Landesmitteln durch geplante großräumige Aus- und Neubauten im Verlauf der B 67 und weiterer Straßen im Raum Wildon–Weitendorf–Stocking (1474/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1475/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1476/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1477/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1478/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1479/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1480/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1481/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1482/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1483/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1484/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1485/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (1486/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1487/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Verletzung von Amtsgeheimnissen (1488/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwendung von personenbezogenen Daten durch Angehörige des österreichischen Bundesheeres (1489/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sonderstatus für Bundeswohnungsgesellschaften (1490/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegale Einwanderer (1491/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend "Import von ausländischen Fachkräften" (1492/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegale Weitergabe von Einvernahme-Protokollen an die Zeitschrift "NEWS" (1493/J)

Bernd Brugger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend iranische Christen in Tirol (1494/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aktivitäten der Bundesregierung und insbesondere der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten zur Bekämpfung der Todesstrafe (1495/J)

Hans Sevignani und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verteilung eines "Terminplaners" mit geschmacklosem/hetzerischem Inhalt gegen Dr. Jörg Haider am Bundesoberstufenrealgymnasium Innsbruck/Fallmerayerstraße durch die "Aktion Kritischer SchülerInnen" im September 2000 (1496/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Übernahme der Verteidigungskosten für die betroffenen bergbehördlichen Bediensteten im Falle Lassing (1497/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Reise- und Aufenthaltskosten für die Klima-Konferenz in Den Haag (1498/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Schließung der Lehrwerkstätten der TKW Kaprun (1499/J)


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44. Sitzung / Seite 15

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Höhe der Zahlungen an AUF-Funktionäre wegen illegaler Weitergabe von Daten (1500/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aussagen des Kärntner Landeshauptmannes in der Pressestunde vom 12. November 2000 (1501/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mensurkämpfe der Burschenschafter (1502/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl in Österreich (1503/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl in Österreich (1504/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend verbotene Informationsweitergabe im Einflussbereich des Innenministeriums (1505/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Informationssicherheit im Bereich der Exekutive (1506/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Datenmissbrauch im Bundesministerium für Inneres (1507/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Privatisierung der NÖ Siedlungswasserbau GesmbH (NÖSIWAG) (1508/J)

Anna Huber und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Weiterführung der Mariazellerbahn (1509/J)

Johannes Schweisgut und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lärmschutzmaßnahmen für die Gemeinde Erl (1510/J)

Anton Heinzl und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lärmschutz im Raum St. Pölten (1511/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Heizkostenzuschuss für Haushalte mit einem geringen Einkommen (1512/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Behandlung Behinderter im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen des Schienenverkehrs (1513/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Quarantäne Fresh Frozen Plasma (qFFP) und Alternativen dazu (1514/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verkauf der Kärntner Seen an die Österreichische Bundesforste AG (1515/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Häufung von Unfällen auf der S 6 im Raum Gloggnitz (1516/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Einsparung der Bundessozialämter (1517/J)


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44. Sitzung / Seite 16

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (1518/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Speicherung gesundheitsbezogener Daten im EKIS (1519/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend fehlende Transparenz bei HIV-Datenbank-Projekt (1520/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Behindertenmilliarde im Budget 2001 (1521/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Behindertenmilliarde im Budget 2001 (1522/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Geschützte Werkstätten (1523/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Höhere Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft in Bad Vöslau (1524/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Höhere Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft in Bad Vöslau (1525/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Genitalverstümmelung an Frauen in Österreich (1526/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Genitalverstümmelung an Frauen in Österreich (1527/J)

Karl Dobnigg und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend geplante Schließung der IESG – Abteilung Leoben (1528/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend personelle Ausstattung der Geschäftsstelle des Menschenrechtsbeirates (1529/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Mädchenförderung an Höheren Technischen Lehranstalten (1530/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Diskriminierung von Frauen durch "männliche" Stellenausschreibung (1531/J)

*****

Otmar Brix und Genossen an die Obfrau des Untersuchungsausschusses betreffend organisatorische Maßnahmen rund um die Arbeit des Untersuchungsausschusses (8/JPR)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend die Beschaffung von fair gehandelten Produkten in staatlichen Einrichtungen (9/JPR)


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44. Sitzung / Seite 17

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1182/AB zu 1205/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1183/AB zu 1231/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1184/AB zu 1229/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1185/AB zu 1186/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1186/AB zu 1183/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1187/AB zu 1187/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1188/AB zu 1188/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1189/AB zu 1189/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (1190/AB zu 1213/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1191/AB zu 1226/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1192/AB zu 1232/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen (1193/AB zu 1212/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1194/AB zu 1216/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1195/AB zu 1218/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1196/AB zu 1191/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1197/AB zu 1207/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1198/AB zu 1209/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1199/AB zu 1286/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1200/AB zu 1184/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál und Genossen (1201/AB zu 1215/J)


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44. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (1202/AB zu 1211/J)

der Vizekanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen (1203/AB zu 1182/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1204/AB zu 1204/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen (1205/AB zu 1181/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1206/AB zu 1219/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1207/AB zu 1223/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Miedl und Genossen (1208/AB zu 1254/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (1209/AB zu 1180/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1210/AB zu 1190/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1211/AB zu 1217/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder und Genossen (1212/AB zu 1230/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem und Genossen (1213/AB zu 1208/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1214/AB zu 1210/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1215/AB zu 1220/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1216/AB zu 1222/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1217/AB zu 1224/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1218/AB zu 1227/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1219/AB zu 1228/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1220/AB zu 1242/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1221/AB zu 1214/J)


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Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1222/AB zu 1258/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1223/AB zu 1263/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (1224/AB zu 1221/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (1225/AB zu 1274/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (1226/AB zu 1261/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (1227/AB zu 1255/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (1228/AB zu 1259/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen (1229/AB zu 1266/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1230/AB zu 1299/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1231/AB zu 1241/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (1232/AB zu 1283/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1233/AB zu 1236/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1234/AB zu 1252/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (1235/AB zu 1271/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (1236/AB zu 1262/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen (1237/AB zu 1265/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1238/AB zu 1267/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1239/AB zu 1250/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1240/AB zu 1253/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1241/AB zu 1247/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (1242/AB zu 1275/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Wattaul und Genossen (1243/AB zu 1281/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Wattaul und Genossen (1244/AB zu 1282/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Otto Pendl und Genossen (1245/AB zu 1264/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1246/AB zu 1235/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen (1247/AB zu 1248/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1248/AB zu 1245/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1249/AB zu 1246/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1250/AB zu 1249/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1251/AB zu 1287/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1252/AB zu 1243/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál und Genossen (1253/AB zu 1270/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (1254/AB zu 1273/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann und Genossen (1255/AB zu 1233/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1256/AB zu 1284/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1257/AB zu 1272/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1258/AB zu 1293/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1259/AB zu 1237/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1260/AB zu 1238/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1261/AB zu 1239/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1262/AB zu 1240/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1263/AB zu 1251/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1264/AB zu 1256/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1265/AB zu 1257/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (1266/AB zu 1276/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (1267/AB zu 1277/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (1268/AB zu 1279/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1269/AB zu 1289/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1270/AB zu 1268/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1271/AB zu 1260/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál und Genossen (1272/AB zu 1269/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (1273/AB zu 1278/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (1274/AB zu 1280/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1275/AB zu 1306/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1276/AB zu 1331/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (Zu 1185/AB zu 1186/J)

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der Obfrau des Untersuchungsausschusses auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen betreffend organisatorische Maßnahmen rund um die Arbeit des Untersuchungsausschusses (8/ABPR zu 8/JPR)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 22

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 44. Sitzung des Nationalrates.

Ich gebe bekannt, dass das Amtliche Protokoll der 43. Sitzung vom 30. Oktober 2000 in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben ist.

Ich darf Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzen.)

Gedenken an die Opfer der Katastrophe von Kaprun

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Zeitspanne, seit wir uns das letzte Mal im Nationalrat versammelt haben, ist die Ortschaft Kaprun und damit ganz Österreich von einer schrecklichen Katastrophe betroffen worden. 155 Menschen, Männer und Frauen, Ältere und Jüngere, Österreicher und Angehörige anderer Nationen, sind an einem strahlenden Wintersamstag durch eine Seilbahnkatastrophe am Kitzsteinhorn ums Leben gekommen.

Ganz Österreich war schockiert. Der Schock reichte weit über die Grenzen unseres Landes hinaus, wie zahlreiche Kondolenztelegramme und auch die Anteilnahme an der Trauerfeier in Salzburg bewiesen haben.

Auch der österreichische Nationalrat, der unmittelbar nach der Katastrophe eine Sitzung abgesagt beziehungsweise verschoben hat, möchte in einer Trauer- und Gedenkminute seinem Schock und seiner Fassungslosigkeit über dieses entsetzliche Unglück Ausdruck verleihen, aber auch seiner Verbundenheit mit den Angehörigen und Freunden der Opfer, gleichgültig welcher Nationalität und Religion und welchen Geschlechtes.

Es ist das ein Unglück, das zusammenführt, ein Ereignis, das innehalten lässt, wobei das Trennende zwischen den Menschen zurückstehen muss, wie auch Kardinal Schönborn gemeinsam mit dem evangelischen Bischof Sturm zu Recht in Salzburg festgestellt hat.

Ich möchte von dieser Stelle aus allen Helfern, in welcher Funktion auch immer sie tätig waren, danken, gleichgültig, ob ihre Hilfe in einem physischen Einsatz oder in Betreuung, Trost, Beistand bestanden hat oder weiter besteht.

Ich darf Sie als Mitglieder der österreichischen Volksvertretung bitten, der Opfer dieser Katastrophe von Kaprun auch hier im Hohen Haus in Stille zu gedenken. (Die Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.)  – Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

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Ich gebe bekannt, dass folgende Abgeordnete als verhindert gemeldet sind: Achatz, Gaál, Dr. Glawischnig, Fischl und Mag. Sima.


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44. Sitzung / Seite 23

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe weiters bekannt, dass von der Bundeswahlbehörde die Mitteilung eingelangt ist, dass die Abgeordneten Günther Platter und Dipl.-Ing. Schöggl auf ihre Mandate verzichtet haben und dass an ihrer Stelle Frau Astrid Stadler und Herr Harald Fischl in den Nationalrat berufen wurden. Die Wahlscheine der Genannten liegen vor.

Da Herr Abgeordneter Fischl heute als entschuldigt gemeldet ist, wird seine Angelobung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden, wohl aber können wir die Angelobung von Frau Abge-ordneter Stadler vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird die neue Kollegin ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich darf Frau Abgeordnete Ludmilla Parfuss bitten, die Gelöbnisformel zu verlesen. – Und Sie, meine Damen und Herren, darf ich bitten, sich neuerlich von den Sitzen zu erheben.

Schriftführerin Ludmilla Parfuss: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die soeben angelobte Frau Kollegin herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Auswirkungen des Bank-Burgenland-Skandals auf den Staatshaushalt und die Steuerzahler"

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Die Redezeit für die Begründung beträgt, wie bekannt ist, 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.07

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Das rosarote Zentralorgan von Mittwoch, 22. November, also von heute, titelt: "Koalition lenkt vom Spitzelskandal zur Bank Burgenland ab".

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein diese Schlagzeile zeigt, dass es sich dabei um Journalismus handelt, der über Bestimmtes gerne und ausführlich berichtet, über andere Dinge, die unter Umständen wirklich von großer Tragweite sind, jedoch nur ungern. Aber ich werde heute genug Berichtenswertes liefern, meine sehr geehrten Damen und Herren vom rosaroten Zentralorgan. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

Die Bank Burgenland weist zum 31. Dezember 1999 eine Bilanzsumme von 40 Milliarden Schilling aus, und die bisher bekannt gewordenen Verluste betragen rund 4,5 Milliarden Schilling. Meine Damen und Herren! Das sind mehr als 10 Prozent der gesamten Bilanzsumme dieser Bank. Davon entfallen rund 2,75 Milliarden auf einen einzigen Schuldner, nämlich jenen namens Hom-Rusch, und – das ist ebenso bemerkenswert – nahezu weitere 2 Milliarden auf Kreditausfälle, die in erster Linie Namen betreffen, die immer wieder im roten politischen Dunstkreis zu finden waren. Es sind die Kredite für die Firmen Wippel, Glatter und Markowits, Glastextil Fabrini und viele andere.


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Meine Damen und Herren! Fest steht bereits heute, dass die Bank Burgenland – und das ist die schlechte Nachricht für alle Burgenländer; sie sollen es heute wirklich einmal hören – nicht in der Lage sein wird, diese Kreditausfälle selbst zu bedienen. Das heißt, auf Grund der Ausfallshaftung, die seinerzeit von Landeshauptmann Stix und seinen Freunden beschlossen und übernommen wurde, haften nun alle Burgenländer und Burgenländerinnen mit einer Summe von 16 000 S pro Kopf, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Haigermoser: Wie viel?) 16 000 S an Haftung hat hiemit jede einzelne Burgenländerin, jeder einzelne Burgenländer übernommen.

Einmal mehr werden die fleißigen Burgenländer mit ihren Steuern das ausgleichen müssen, was rote Politik in den Sand gesetzt hat, was ihnen rote Freunderlwirtschaft eingebrockt hat.

Noch viel schlimmer als die Sache an sich bereits ist, wird alles, wenn man weiß, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Presse, dass bereits seit Beginn des Jahres 1993 von verschiedensten Seiten auf das sich schon damals abzeichnende Finanzdebakel aufmerksam gemacht wurde.

Es gab zum Beispiel – ich danke dem "Kurier" dafür – am 17. und am 20. Jänner 1993 deutliche Hinweise darauf, dass es dort Unregelmäßigkeiten gibt. Die Reaktion der Verantwortlichen war gleich null.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 12. Februar 1993 erging ein Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden der Bank Burgenland, an den Aufsichtsrat der Bank Burgenland und an die Polizeidirektion Eisenstadt. In diesem Schreiben sind die undurchsichtigen finanzpolitischen Transaktionen des Herrn Hom-Rusch detailliert aufgelistet. Der Verfasser verweist wörtlich darauf, dass die Bank Burgenland "Verlustgeschäfte in zig-Millionenhöhe" finanziert. Der Verfasser verweist auch ausdrücklich auf die "unerklärlichen Auslandsüberweisungen", auf "die betrügerische Geldbeschaffung mit fingierten Rechnungen". Er verweist auf "ungedeckte Schecks" und fragt in diesem Schreiben:

"Können Sie tatsächlich ein Kreditvolumen von ca. 300 Mio rechtfertigen, welches weit über dem Jahresumsatz liegt und größtenteils noch unbesichert ist?"

"Zusammenfassend stellen wir fest", schreibt er weiter, "daß Ihrerseits eine Firmengruppe finanziert wird, die bereits insolvent ist." (Abg. Haigermoser: Das ist unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Ein Schreiben vom Februar 1993, in dem all das, was jetzt langsam an die Oberfläche kommt, bereits bekannt gemacht wurde.

Der Schreiber sagt: Es ist so, dass wir Sie aus diesem Grund darauf aufmerksam machen wollen, damit ein größerer Schaden hintangehalten werden kann. – Reaktion beim Vorstand: null. Reaktion beim roten Aufsichtsrat: null. Reaktion bei jenen, die im Jahr 1993 dafür politisch verantwortlich waren: null.

Meine Damen und Herren! Damals hätte der Gesamtschaden nicht mehr als 200 Millionen Schilling ausgemacht. Heute liegt er bei 4,7 Milliarden! Diese Kluft haben die Politiker, die im Burgenland an der Macht sind, zu verantworten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) 4,5 Milliarden Schilling hat diese rote Politik im Burgenland zu verantworten.

Am 10. Oktober 1996 richtete der freiheitliche Abgeordnete Wagner an Landeshauptmann Stix folgende Frage:

"Herr Landeshauptmann, gibt es Anzeichen dafür, daß bei der Bank Burgenland vergebene Kredite im Gesamtausmaß von zirka 1,2 Milliarden Schilling uneinbringlich sind?"

Herr Landeshauptmann Stix antwortet: "Ganz im Gegenteil", Herr Kollege Wagner, "die Bank Burgenland hat eine sehr gute und zufriedenstellende Entwicklung genommen." (Abg. Haigermoser: Na schau!)  – Am 10. Oktober 1996!


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44. Sitzung / Seite 25

Wagner fragt nach: ",... Vier Großkredite im Ausmaß von insgesamt 1,2 Milliarden Schilling an Wiener Unternehmen sind nicht mehr einbringbar.‘"

Herr Landeshauptmann Stix: "Wir haben unsere Bilanz vorgelegt und für alle Teile die Bestätigung bekommen. Es kann sich hier" – bei Ihnen, Herr Kollege Wagner – "nur um Kaffeesudlesen handeln." – Stix, Landeshauptmann des Burgenlandes, der große Kaffeesudleser!

Meine Damen und Herren! Es hat in diesem Zusammenhang Alarmzeichen genug gegeben. Wer nicht reagiert hat, ist Landeshauptmann Stix mit seinen Genossen, und das muss der Öffentlichkeit einmal klar und deutlich gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Hier hat der große Schaden für die Bevölkerung im Burgenland begonnen. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Meine Damen und Herren! Auf Grund der Informationen, über die wir heute verfügen – Herr Kollege Parnigoni, hören Sie einmal gut zu! –, behaupte ich, Stix und all seine Freunde – Moser (Abg. Haigermoser: Genossen!), Genosse Moser, Genosse Gassner, Genosse Schneeberger und viele andere – haben damals schon Kenntnis davon gehabt, ja Kenntnis haben müssen, wie es tatsächlich um die Bank Burgenland steht, denn diese Informationen konnte und durfte man nicht übersehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie aber haben nichts getan – zum Leid und zum Schaden der burgenländischen Bevölkerung.

Es ist genau diese beispiellose Verfilzung von Parteipolitik und wirtschaftlichen Interessen, die es gerade im Burgenland gibt, die damals bereits eine Klärung verhindert hat, genau dieses rote Netzwerk, das es leider Gottes noch immer in diesem Land gibt. Die zaghaften Versuche, Licht ins Dunkel der Bank Burgenland zu bringen, sind bisher – ich sage: bisher – im roten Netzwerk hängen geblieben. Es wird nicht so bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür werden wir sorgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Niemand – niemand! – kann glauben, dass Gassner, Stix, Schneeberger, SPÖ-Kurzzeitobmann Moser oder auch der Herr Ex-Finanzminister so naiv waren und so naiv sind, dass sie sieben lange Jahre hindurch nicht bemerkt haben wollen, was da geschehen ist. Dagegen spricht die Tatsache, dass auch Kredite von anderen Freunden der Sozialdemokratie, die ich schon genannt habe, uneinbringlich sind.

Es besteht vielmehr der dringende Verdacht, dass es für die burgenländische SPÖ handfeste Gründe gab, all diese Dinge zu vertuschen. Einige dieser Gründe dürften nun in Venezuela gefunden worden sein. Dort sichergestellte Belege – das kann man im "profil" nachlesen – weisen auf Geldflüsse von Hom-Rusch zur SPÖ hin. Damit ergeben auch die von Hom-Rusch’s Steuerberater angesprochenen Verrechnungskonten, über die zirka 150 Millionen Schilling gelaufen sein sollen, endlich Sinn, meine Damen und Herren. Sind das die Gründe dafür, dass Justiz und Sicherheitsexekutive in Sachen Bank Burgenland so zögerlich vorgehen?

Zum Vergleich, weil die Spitzelaffäre angesprochen wurde: Ein anonymer Anruf genügt, um Hausdurchsuchungen durchzuführen. Dort aber wurde man nicht tätig, meine Damen und Herren.

Sind das die Gründe dafür, dass Klubobmann Dr. Rauter nicht Einsicht in die wesentlichen Protokolle haben konnte? Sind das die Gründe dafür, dass sie ihm verweigert wurde, meine Damen und Herren? Während Vernehmungsprotokolle von Dr. Haider am nächsten Tag in allen Magazinen Österreichs zu lesen sind (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner ), wird dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses die Einsicht in die Protokolle verweigert! – Darüber lohnt es sich zu berichten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wenn es um das Öffnen der AUF-Konten geht, funktioniert die Maschinerie, wenn es aber darum geht, festzustellen, wie die hoch verschuldete "Burgenländische Freiheit", das Zentralorgan der Sozialdemokraten, entschuldet und saniert wurde, dann gibt es kein Öffnen der Konten, meine Damen und Herren.


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44. Sitzung / Seite 26

Bis heute warten wir vergeblich darauf (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dass wir über die wundersame Finanzierung dieser roten Parteizeitung informiert werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Der Schlusssatz: Meine Damen und Herren! Das Ausmaß des Skandals mit 4,7 Milliarden Schilling ist derart eklatant, dass Licht ins Dunkel gebracht werden muss. Noch funktionieren die roten Seilschaften. (Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Die Zeit arbeitet für die Aufklärer, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Gegenstand gelangt der Herr Finanzminister zu Wort. Die Redezeit von 10 Minuten soll nicht überschritten werden. – Bitte, Herr Minister.

9.18

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Kollege auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sie wissen, dass ich in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage vom 6. Juli dieses Jahres erstmals die Möglichkeit hatte, Ihnen Informationen über den damals aktuellen Stand, vor allem bezüglich der finanziellen Lage der Bank Burgenland, zu geben.

Es ist Ihnen daher bekannt, dass am 2. Juni 1999 das Bundesministerium für Finanzen den Auftrag für eine Vor-Ort-Prüfung bezüglich der Bank Burgenland an die Oesterreichische Nationalbank erteilt hat, dass mit 3. Mai dieses Jahres von unserer Seite bescheidmäßig festgestellt wurde, dass es Gesetzesverletzungen gegeben hat, vor allem in Bezug auf mangelhaftes Risikomanagement, in Bezug auf unzureichende Erfassung der Kredite und in Bezug auf eine Nichteinhaltung der Großveranlagungsbestimmungen. Das hat am 2. Juni dazu geführt, dass es zwei Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft gegeben hat, die von unserer Seite an sie übermittelt worden sind. Und am 19. Juni war klar – wie jetzt auch vom Herrn Abgeordneten ausgeführt wurde –, dass der Vorsorgebedarf allein Hom-Rusch betreffend eine Größenordnung von 2,35 Milliarden Schilling ausmacht; wobei im Zerschlagungsfall die Belastung des Landes auf Grund der Ausfallshaftung, die übernommen wurde, nicht 2,35 Milliarden, sondern sogar 3,4 Milliarden Schilling betragen würde.

Damit war bereits damals klar, meine Damen und Herren, dass es ein eklatantes Versagen der Vorstände, ein eklatantes Versagen der Aufsichtsräte, ein eklatantes Versagen der Bankprüfer, aber auch und gerade in dieser Frage ein eklatantes Versagen der Eigentümer gegeben hat, da es hier auch eine besondere Verantwortung der Eigentümer insofern gibt, als eben das Land Burgenland die volle Gewährträgerhaftung übernommen hat und aus diesem Grund auch das volle Bucheinsichtsrecht, das volle Buchprüfungsrecht, das volle Betriebsprüfungsrecht zu jedem Zeitpunkt für diese Bank hatte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Wenn man darüber hinaus auch noch berücksichtigt, dass der Eigentümer ja über die Organbestellungen – sprich: die Bestellung des Aufsichtsrates und damit indirekt auch die Vorstandsbestellung – entsprechende Verantwortung hat, dann ist das, was der Eigentümer in seinem Einflussbereich hatte, sehr beträchtlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider muss ich Ihnen heute sagen, dass es eine weitere wesentliche Verschärfung der Situation im Burgenland und der Bank Burgenland gegeben hat; eine Verschärfung, die wir in einem Vortrag an den Ministerrat den Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung zur Kenntnis gebracht haben.

Die voraussichtliche Belastung des Landesbudgets – und das ist das Thema der heutigen Aktuellen Stunde –, beträgt demnach, natürlich abhängig von den Erträgen, die die Bank in Zukunft erwirtschaften wird, 0,5 Milliarden Schilling, die im letzten Jahr von der Bank als Wertberichtigung abgeschrieben wurden, 2,35 Milliarden betreffend Hom-Rusch, die bereits bekannt waren, dazu kommen jetzt auf Grund einer weiteren Prüfung 400 Millionen Schilling als Schaden


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betreffend Hom-Rusch, und es kamen zu diesen bestehenden Verbindlichkeiten weitere 1,35 Milliarden Schilling aus Kreditprüfungen als Schaden – bis jetzt bekannt – hinzu. (Abg. Mag. Schweitzer: Rote Freunde!) Somit wissen wir derzeit in Summe von einem Schaden von 4,6 Milliarden Schilling, der im Burgenland tatsächlich eingetreten ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist unglaublich!)

Ich kann Ihnen aber leider nicht versichern, dass das die letzte Größenordnung ist, mit der wir es zu tun haben werden, und zwar deshalb, weil 6,7 Milliarden Schilling an privaten Krediten über 10 Millionen Schilling ungeprüft sind und weitere 8,7 Milliarden Schilling an Krediten bis 10 Millionen Schilling ungeprüft sind. Das heißt, mehr als 15 Milliarden Schilling an Krediten, die vergeben sind, sind noch nicht geprüft, was einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf über die 4,6 Milliarden Schilling hinaus realistisch erscheinen lässt.

Insofern ist klar, dass ein guter Teil dieser 4,6 oder mehr Milliarden Schilling durch die Garantieerklärung des Landes dann auch tatsächlich in Anspruch genommen werden wird und der fällige Betrag dann selbstverständlich voll defizitwirksam durchschlagen wird, und zwar auf den Landeshaushalt und selbstverständlich auf den burgenländischen Steuerzahler, der dafür die Rechnung zahlen wird müssen. Damit ist selbstverständlich eine gewaltige Hypothek für die Zukunft des Landes, was den Handlungsspielraum betrifft, was Zukunftsinvestitionen im Burgenland betrifft, gegeben.

Meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist das eine ungeheuerliche Vorgangsweise, ein verantwortungsloses Management, wo auch rechtliche und strafrechtliche Konsequenzen – Sie wissen, dass sich Vorstand Gassner in Untersuchungshaft befindet, dass gegen die anderen Vorstände Ermittlungen eingeleitet sind – geprüft werden, ein verantwortungsloses Vorgehen des Managements. Man muss aber auch sagen: Aufsichtsrat und Politik haben in dieser Frage zugesehen, sodass dies aus meiner Sicht nicht nur ein Kriminalfall ist, sondern auch ein eklatantes politisches Versagen vorliegt.

Meine Damen und Herren! Ich sage ganz offen an dieser Stelle – und Sie wissen, dass ich Landeshauptmann Stix schätzen gelernt habe, vor allem in der Frage der Finanzausgleichsverhandlungen, aber ich muss das an dieser Stelle hinzufügen –, dass Landeshauptmann Stix in dieser Frage der Bank Burgenland auf Grund seiner Funktion als Eigentümervertreter enorme politische Verantwortung zu tragen hat, weil die Eigentümerrolle nicht wahrgenommen wurde, weil dadurch massiver Schaden für das Land entstanden ist und weil in letzter Konsequenz die Burgenländer die Rechnung zu zahlen haben werden.

Daher ist es mir gerade in diesem Zusammenhang wichtig, zu sagen: So falsch man im Burgenland agiert hat, so richtig agieren wir auf Seiten der Bundesregierung mit dem Beschluss bezüglich der Privatisierungsstrategie, den Sie mitgetragen haben, denn wir haben nicht mehr als 4 Milliarden Schilling Obligo in einer staatsnahen oder in einer Staatsbank, sondern wir haben knapp 18 Milliarden Schilling an Erlösen für den Verkauf der P.S.K. lukrieren können und damit gut und klug für den Steuerzahler gehandelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn man sich bemüht, diesen Skandal einzuordnen, damit man die historische Dimension ein bisschen sieht, dann fällt einem beispielsweise ein, dass es damals in den achtziger Jahren bei der Creditanstalt-Bankverein eine Restrukturierungsnotwendigkeit von drei Industriebeteiligungen gegeben hat: die Maschinenfabrik Haid, die Maschinenfabrik Andritz und Steyr-Daimler-Puch, wo es zwischen 1985 und 1996 Zuschüsse des Steuerzahlers von mehr als 8 Milliarden Schilling gegeben hat.

Uns allen ist die Länderbank noch zu gut vor dem geistigen Auge, bei der der Steuerzahler für mehr als 5,9 Milliarden Schilling geradestehen musste. Wir werden erst im Jahr 2001 mit knapp 1,1 Milliarden Schilling die restlichen Zahlungen auf Grund des Länderbank-Skandals zu leisten haben.

Wenn man diese Vergleiche zieht, erkennt man, dass es sich bei der Bank Burgenland fraglos um den größten Skandal, um den größten Bankenskandal, den es jemals in der Geschichte der Zweiten Republik in einem österreichischen Bundesland gegeben hat, handelt, mit einer ent


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sprechenden Belastung für den Haushalt, mit einer Belastung für den Steuerzahler, mit einer massiven Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten im Burgenland.

Und gerade vor diesem Hintergrund ist es mir wichtig zu betonen, dass das Bundesministerium für Finanzen alle denkbaren aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gesetzt hat. Wir werden Ende November den KPMG-Bericht über die Gesamtprüfungen aller Kredite vorgelegt bekommen und dann wissen, ob es 4,6 Milliarden sind oder die Zahl deutlich nach oben zu revidieren ist. Man wird dann den Business-Plan der Bank Burgenland mit Ende November zu prüfen haben. Und wir versuchen, zu unterstützen und davon zu überzeugen, dass die Bestellung eines dritten Vorstandsmitgliedes in der Bank Burgenland Sinn macht, wenn man sieht, dass allein das Ausleihvolumen seit dem 31. Dezember 1999 um 1,45 Milliarden Schilling gestiegen ist, das bedeutet neue Kredite für 1,45 Milliarden Schilling. Wir alle sollten großes Interesse daran haben, dass das ordnungsgemäß und seriös abgewickelt wird, damit die Zukunft gesichert ist.

Es ist daher wichtig, dass sorgfältig ermittelt wird, dass in dieser Frage restlos aufgeklärt wird, dass die Verantwortung politisch, rechtlich und strafrechtlich entsprechend wahrgenommen wird, dass Konsequenzen gezogen werden. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass man aus diesem Skandal lernt, dass Privat besser ist als Staat. Immer dann, wenn Private mit ihrem Geld, mit ihrem Herzblut, mit ihrer Identifikation mit einem Unternehmen agieren, wird mehr herauskommen als bei den vielen Beispielen staatlichen Missmanagements, was staatliches Eigentum betrifft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es muss alles getan werden, damit der Schaden für den burgenländischen Steuerzahler minimiert werden kann. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend: Es ist von vitalem Interesse, dass wir so vorgehen, damit wir das Vertrauen, damit wir den Glauben, damit wir die Sicherheit der Kleinanleger hinsichtlich einer stabilen, soliden Bankenlandschaft verbessern beziehungsweise wiederherstellen können. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Die Bestimmungen der Geschäftsordnung sind bekannt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edlinger. Redezeiten jeweils 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Edlinger –: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!)

9.29

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was heute hier von den Regierungsparteien, vor allem von der Freiheitlichen Partei, inszeniert wird, ist ein klassisches Ablenkungsmanöver. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie veranstalten eine Aktuelle Stunde im Nationalrat, aber nicht, um jenen Spitzelskandal zu diskutieren, der ganz Österreich bewegt und in den die FPÖ massivst involviert ist (Beifall bei der SPÖ und den Grünen – ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP), in dem Spitzenfunktionäre der Freiheitlichen Partei krimineller Handlungen verdächtigt werden, nein, darum geht es nicht!

Nicht über diesen möglicherweise größten politischen Skandal wird hier diskutiert (Abg. Mag. Schweitzer: Was fällt Ihnen zu 4,7 Milliarden ein?), sondern über einen Fall sehr großer Wirtschaftskriminalität im Burgenland, der zum Teil Monate, ja Jahre zurückliegt, wo die politische Verantwortung durch einen Untersuchungsausschuss des Burgenländischen Landtags längst geklärt ist und in dem jetzt die Gerichte am Zug sind.

Diese heutige Aktuelle Stunde, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Lehrbeispiel für politisches Ablenkungsmanöver, das ÖVP und FPÖ inszenieren, und ist ein Lehrbeispiel dafür, wie versucht wird, manipulativ die blau-schwarze Koalition im Burgenland vorzubereiten. (Beifall bei der SPÖ.)


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44. Sitzung / Seite 29

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe in Erinnerung, dass sich der zuständige Burgenländische Landtag bereits ausführlich mit der Bank Burgenland und dem gewaltigen Kriminalfall des Bauunternehmens Hom-Rusch beschäftigt hat. (Abg. Mag. Schweitzer: Was ist mit den anderen 2 Milliarden?)

Der Untersuchungsausschuss des Burgenländischen Landtags hat seine Arbeit bereits vor zwei Monaten abgeschlossen, und er wurde zum politischen Rohrkrepierer für Blau-Schwarz. Der groß angekündigte Misstrauensantrag gegen den beliebten und geschätzten Landeshauptmann Karl Stix blieb aus, weil Sie offensichtlich Ihr eigener Mut verlassen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Kreditvergabe durch den Vorstand der Bank Burgenland ist kein politischer Skandal, sondern ein Fall von Wirtschaftskriminalität. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht einmal Wirtschaftsprüfer der Bank Burgenland, die Jahre hindurch den uneingeschränkten Prüfungsvermerk gaben, haben einen Verdacht geschöpft. (Abg. Haigermoser: Der Weihnachtsmann war es!)

Wenn Sie aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, über politische Verantwortung im Fall Bank Burgenland reden wollen, dann reden wir darüber. Dann reden wir doch darüber, dass zum Zeitpunkt der fragwürdigen Kreditvergaben drei Vorstandsmitglieder vorhanden waren, von denen kein einziges Mitglied der Sozialdemokratischen Partei war, aber sehr wohl eines ein hochrangiger Politiker der Volkspartei, nämlich Landtagspräsident und Parteisekretär und der "Schöpfer" des Herrn Jellasitz. Dort liegt der politische Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Reden wir auch davon, dass die Kreditakte, und zwar sämtliche Kreditakte, auch die Unterschrift des Herrn Widder, nämlich jenes hohen ÖVP-Würdenträgers im Burgenland, getragen haben! Und reden wir über jenen Herrn, der kraft Gesetzes über die Bank Burgenland zu wachen hat, nämlich über den Aufsichtsratspräsidenten! Wer ist denn dieser Herr Dr. Frantsits? Er ist der Präsident der Industriellenvereinigung – kein Sozialdemokrat!

Und wenn über Geldflüsse zur Parteienfinanzierung geredet wird – ich weiß das nicht –, dann wäre es schon interessant zu prüfen, in welcher Weise hier Gelder über die Industriellenvereinigung des Burgenlandes dorthin geflossen sind, wo es die Industriellenvereinigung ja gar nicht in Abrede stellt, nämlich zu Blau und Schwarz. Und wenn man sich die Parteikassen Ihrer beiden Parteien und unsere anschaut, dann sind wir in dieser Frage wohl über jeden Verdacht erhaben, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die heutige Aktuelle Stunde im Nationalrat ist der klassische Versuch der Regierungsparteien, von eigenen Problemen abzulenken, abzulenken davon, dass diese Bundesregierung Österreich in das internationale Abseits manövriert hat, abzulenken vom FPÖ-Spitzelskandal, abzulenken davon, dass die FPÖ nach den Fällen Rosenstingl, Schreiner, Mentil, Gratzer, Meischberger, Windholz, Passer schon wieder im Skandalsumpf ist, abzulenken vom personellen Chaos dieser Bundesregierung. Sie spielen "Taxi blau" – jede Woche ein Minister weg. Das ist der Zustand dieser Bundesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Und Sie wollen ablenken von der harten, sozial ungerechten und unnötigen Belastungspolitik dieser Bundesregierung.

In eineinhalb Wochen sind burgenländische Landtagswahlen. Sie missbrauchen das Parlament, um Ihren Freunden im Burgenland zu helfen. Aber die Burgenländer sind klug genug, dieses Manöver zu durchschauen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Oje-Rufe bei der SPÖ.)

9.35

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den bisher größten Konkursfall der Republik haben Sozialdemokraten mit dem "Konsum" zu verantworten.


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44. Sitzung / Seite 30

(Rufe bei der SPÖ: Geh, geh!) 5 Milliarden Schilling wurden den Österreicherinnen und Österreichern genommen, 5 Milliarden Schilling hat die Wirtschaft zu tragen gehabt. Ich fürchte, dass der zweite große rote Wirtschaftsskandal um die Bank Burgenland den burgenländischen Steuerzahler mehr als jene 5 Milliarden Schilling kosten wird, die die Sozialdemokraten beim "Konsum" zu verantworten hatten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es zeigt einmal mehr, dass Sozialdemokraten mit dem Geld der Steuerzahler und der Wirtschaft nicht umgehen können. Eine Partei, die selber 350 Millionen Schilling Schulden hat, zeigt eben, dass sie nicht weiß, dass jeder Schilling sauer verdient und sorgsam ausgegeben werden muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Herr Widder, der eigentliche Drahtzieher!)

Meine Damen und Herren! In der Demokratie haben wir das System der Gewaltenteilung: Eine Staatsgewalt kontrolliert die andere; dadurch werden Freiheit und Rechtsstaat garantiert. Die Staatslehre hat schon lange herausgearbeitet, dass dieses System der Gewaltenteilung gefährdet ist, wo politische Parteien die Gewaltenteilung unterlaufen und die Gewalten verbinden. Im Burgenland liegt ein klassischer Fall dafür vor, wo die Sozialdemokratische Partei in sämtliche Staatsgewalten eingedrungen ist und das System der Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Herr Widder!)

Ein roter Generaldirektor (Abg. Edlinger: Ein roter Generaldirektor – das ist falsch!), ein roter Aufsichtskommissär, ein Finanzminister der Sozialdemokratie, der die Bankenaufsicht wahrzunehmen hat und der hier, vor mir am Rednerpult stehend, kein Wort dazu sagte, dass er als Verantwortlicher für die Bankenaufsicht maßgebend dafür Verantwortung trägt, dass diese Schadenssumme nicht schon früher erkannt und verhindert wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ein schwarzer Aufsichtsratspräsident! Ein schwarz-blauer Aufsichtsratspräsident! – Abg. Schwemlein: Grasser hat Edlinger entlastet! Das stimmt nicht! Das ist eine Frechheit!)

Ich sage es immer wieder: Wer mit dem Finger auf jemanden zeigt, auf den weisen selbst drei Finger, Herr Finanzminister außer Dienst. Der Brief des Herrn Weintögl, womit das Konkursverfahren eingestellt wurde, das noch viel Schaden verhindert hätte, ist auftragsgemäß geschrieben worden. (Abg. Edlinger: Nein, das ist falsch! Das wissen Sie!)

Meine Damen und Herren! Die Gewaltenverbindung durch die Sozialdemokraten in der Führung der Bank, in der Beaufsichtigung der Bank, in der Kontrolle der Bank ist ein deutliches Zeichen: Die "rote Krake" hat wieder einmal zugeschlagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. Ich erteile ihm das Wort. Redezeit: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte.

9.38

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister für Finanzen! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als Freund von guten Speisen, die ich täglich von meiner Gattin aufgetischt bekomme, erlaube ich mir, Ihnen ein Rezept vorzulegen, das ich aus dem Burgenland mitgenommen habe, das den Burgenländern aber sicherlich nicht gut bekommen wird. Verantwortlich für dieses Rezept ist "Landes-Chefkoch" Karl Stix.

Man nehme ein Stück Lammfleisch – muss aber vom schwarzen Widder sein –, man nehme ein Stück Putenfleisch der Marke Glatter, und beides übergießt man mit einem kräftigen Rotwein aus der Weinregion Gassner. (Abg. Parnigoni: Wirklich peinlich!) Damit das Ganze noch einen besonderen Geschmack bekommt, legt man noch ein paar faule Eier aus der Legepartie Hom-Rusch dazu. (Abg. Nürnberger: Da war ja der Schweitzer um Klassen besser! Was du da aufführst!) Das Ganze lässt man etwas einwirken und mischt noch brisante Zutaten, sprich Gesetzesverletzungen, dazu: Verstoß gegen das Vieraugenprinzip, Verstoß gegen die Großveranlagungsvorschriften, Verstoß gegen die Vorschriften hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung, Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, auch Verstoß gegen die goldene Bankregel, kein gutes Geld


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zu einem schlechten Kredit zu geben. (Abg. Schwemlein: Haben Sie Ihre Rede am 11. November vorbereitet? Das ist ja schwach!) Zum Schluss versetzt man diesen burgenländischen Eintopf noch mit schwarzem Pfeffer und sehr viel rotem Paprika.

Da wir in einem sehr teuren Lokal sitzen, kostet dieses Gericht 4,5 Milliarden Schilling oder anders ausgedrückt 4 500 Millionen. (Abg. Schwemlein: Herr Kollege, vergessen Sie die Serviette nicht!) Unverkäuflich? – Mitnichten! Das Land Burgenland wird diese Kosten übernehmen, da es sich verpflichtet hat, für die Bank Burgenland die Verluste aus Bankgeschäften zu übernehmen. (Abg. Nürnberger: Wer war denn der "schwarze Pfeffer"? Nennen Sie einen Namen!)

Angefangen hat dieser größte Bankenskandal der Zweiten Republik im Jahre 1987. (Abg. Nürnberger: Jellasitz ist der "schwarze Pfeffer"!) Die Wege von Gassner und Hom-Rusch kreuzten sich, und nach einigen Jahren waren bereits 500 Millionen Schilling Schulden vorhanden. Schon damals bestand erheblicher Wertberichtigungsbedarf. – Aber es macht doch nichts, wir haben doch die Landeshaftung vom Burgenland.

1995 bis 1999 wurden der Howe Bau AG weitere 2 Milliarden zugezählt. Sicherheiten: deutsche Grundschuldverschreibungen, die sich als belehnungsunwürdig erwiesen. – Aber es macht doch nichts, wir haben doch die Landeshaftung vom Burgenland. (Abg. Nürnberger: Khol verlässt schon den Raum wegen dem "schwarzen Pfeffer"!)

Ich war selbst 32 Jahre lang Geschäftsleiter einer Bank, kann aber aus Zeitgründen nicht auf alle Kreditgeschäfte eingehen. Ich möchte nur auf die dubiosen Zustände zu reden kommen. Dubios war die Vorlage dieser wertlosen Grundschuldverschreibungen und deren Akzeptierung. Dubios war auch die Vermittlung der Provision in Höhe von 180 Millionen Schilling. Das heißt, 20 Prozent der 900 Millionen Schilling an vorgelegten Grundschuldverschreibungen wurden kassiert.

Dubios waren auch die Empfänger dieser Provisionen: der Aufsichtsratsvorsitzende der Howe AG und jene Person aus England, die einen positiven Bericht über die Grundschuldverschreibungen erstellt hatte. – Aber es macht doch nichts, wir haben doch die Landeshaftung vom Burgenland.

Im Jahre 1997 entging die Howe-Gruppe knapp einem Konkursantrag, der vom Finanzamt für Körperschaften angestrebt wurde. Aber die politische Achse Gassner–Stix–Edlinger funktionierte, und der Steuerakt der Howe-Gruppe wurde neu aufgerollt und der drohende Konkursantrag zurückgenommen.

Erst 1999 – für meine Begriffe viel, viel zu spät – wurde eine Bankprüfung seitens der Nationalbank vorgenommen, welche vom Bundesministerium für Finanzen beauftragt wurde. Aus diesem Bericht gehen alle meine Feststellungen hervor, Herr Parnigoni. (Abg. Schwemlein: Ihr Gericht ist in der Zwischenzeit verbrannt! Das können Sie wegschmeißen! Sehr schlecht gekocht!)

Trotz all dieser unglaublichen Zustände und Tatsachen wurde auf Wunsch von Landeshauptmann Stix der Dienstvertrag des Herrn Gassner um ein weiteres Jahr verlängert, obwohl Monate vorher das Finanzministerium bereits festgestellt hat, dass dies undenkbar ist.

Gassner trägt als Vorstandsmitglied die Verantwortung für die 4 500 Millionen Schilling Ausfall, er kann aber noch mit einer Pensionsabfertigung von rund 27 Millionen Schilling rechnen. Als politischen Hauptverantwortungsträger kann man Landeshauptmann Stix bezeichnen. Er war bis 1998 Aufsichtsratskommissär, hat alle Berichte, Prüfungsberichte übernommen und nichts unternommen. Ein klassischer Fall von Verletzung der Sorgfaltspflicht.

Wozu auch? – Wir besitzen doch die Landeshaftung vom Burgenland. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.43


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44. Sitzung / Seite 32

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.43

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung, Herr Kollege Edlinger, dass es sich hier um einen reinen Kriminalfall handelt. Die SPÖ ist auch heute nicht bereit, zuzugeben, dass sie hier das größte Schlamassel, das es tatsächlich je bei einer Landesbank gegeben hat, zumindest mit angerichtet hat. (Hört-Hört-Rufe bei den Freiheitlichen.) Auf der anderen Seite kann ich mich nur wundern, dass die Kollegen der FPÖ heute die Dinge teilweise treffend beschreiben – rotes Netzwerk und so weiter –, aber nur die Hälfte der Zustände im Burgenland damit wiedergeben. In beiden Reden, sowohl von Herrn Finanzminister Grasser wie auch von Herrn Kollegen Schweitzer, ist kein einziges Mal das Wort "ÖVP" vorgekommen.

Ich war jetzt mehrere Male im Burgenland und muss Ihnen sagen, Ihr Kollege Rauter ist da realistischer, denn er spricht nicht von einem "roten Netzwerk", sondern von einem "rot-schwarzen Netzwerk". Und das trifft die Verhältnisse im Burgenland und bei der Bank Burgenland im Speziellen wirklich viel deutlicher! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Wer war der Landeshauptmann?)

Das ist bekannt, wer der Landeshauptmann war, selbstverständlich! Das habe ich ja gesagt, dass die Sozialdemokraten hier die Hauptverantwortung tragen, aber das Proporzregime im Burgenland besteht ja nicht aus einer Partei, das sind ja wohl in erster Linie Rote und Schwarze und die Freiheitlichen in der Landesregierung noch dazu. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) An der Spitze des Vorstandes der Bank Burgenland stand natürlich einer, der den Sozialdemokraten zugeschrieben wird, und im weiteren Vorstand sind die Mitglieder schachbrettartig von ÖVP und SPÖ angeordnet, so, wie es sich in diesen altmodischen Systemen gehört.

Wie hat es denn im Aufsichtsrat ausgeschaut, Herr Kollege Khol? – Nach diesem alten pannonischen und nicht nur pannonischen, sondern früher in ganz Österreich üblichen System ist es so: Wenn der Vorstand den Roten zugeschrieben wird, dann muss natürlich der Aufsichtsratspräsident den Schwarzen zugeschrieben werden. Na selbstverständlich! Das hat Herr Jellasitz im Untersuchungsausschuss selbst gesagt. Das ist ja ganz klar. (Abg. Dr. Khol: Parteifrei! – Abg. Kiss: Sie träumen, Kollege Van der Bellen!) – Leider nicht! Leider träume ich nicht, sondern das sind die Zustände.

Und die Landesregierung ist an dem Ganzen unschuldig, die Landesregierung, die bekanntlich rot, schwarz und blau ist? Die Landesregierung hätte mit Eigentümerfunktionen zu erfüllen gehabt, noch dazu, da das Land auf Grund der Vergangenheit der Bank als Hypothekaranstalt bekanntlich haftet. (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege Wagner hat seine Pflicht getan! Er hat auch dagegengestimmt, wie Sie wissen!)  – Ja, Herr Kollege Schweitzer, das reicht alles nicht! Jetzt will natürlich keiner mehr schuld sein. Ich verstehe das schon. Und dass Sie heute die ÖVP in der Verantwortung einfach draußen vor der Tür lassen, das verstehe ich auch, aber das entspricht leider nicht den Tatsachen.

Sogar der Vorsitzende des Kontrollausschusses im Landtag ist ein Schwarzer, Herr Kollege Khol. Sie können ja nicht so tun, als ob die Schwarzen erst am 3. Dezember in den Burgenländischen Landtag einziehen und erst ab dann dort eine politische Rolle spielen würden. Das trifft hoffentlich auf die Grünen zu, denn es scheint wirklich so zu sein, dass der Burgenländische Landtag ein bisschen frischen Wind braucht (Beifall bei den Grünen) und eine Partei, die versteht, was es heißt, Opposition zu machen. Das gibt es ja nicht im Burgenländischen Landtag. (Abg. Dr. Trinkl: Das Christkind kommt erst in einem Monat!) Auch die Freiheitlichen sitzen in der dortigen Landesregierung. Da braucht es Leute, die von diesem Geschäft etwas verstehen, die wissen, was es heißt, Kontrolle auszuüben.

Einer der schwarzen Vorstände der Bank Burgenland hat ja selbst im Untersuchungsausschuss erklärt, dass er seit 1992 Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bei Hom-Rusch-Krediten hatte. Und was ist in den sieben Jahren passiert, die daraufhin vergangen sind?


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Das Gleiche gilt für den Aufsichtsratsvorsitzenden. Beide sind nicht erst 1999 eingetreten. Das schwarze Vorstandsmitglied, dessen Namen ich jetzt nicht nenne, war 14  Jahre lang im Vorstand der Bank! Da wollen Sie mir einreden, dass das überhaupt keine Rolle spielt in Hinsicht auf politische Verflechtungen? (Abg. Dr. Martin Graf: Van der Bellen, der Pflichtverteidiger der SPÖ! – Abg. Schwemlein: Wieso? Er sagt nur die Wahrheit!) Der den Schwarzen zugeschriebene Aufsichtsratspräsident war neun Jahre lang Präsident des Aufsichtsrats der Bank Burgenland. Nichts gewusst, nichts verstanden, nichts getan, obwohl alle seit sieben Jahren von den Verhältnissen Kenntnis hatten!

Und, Herr Kollege Khol: Wer hat denn den Vertrag von Herrn Generaldirektor Gassner zuletzt noch um ein Jahr verlängert, obwohl alle diese Bankberichte, die Prüfberichte, die Nationalbankberichte vorlagen? (Abg. Dr. Khol: Landeshauptmann Stix! – Abg. Schwemlein: Was, der Landeshauptmann allein? Wie soll denn das gehen?)  – Einstimmig im Aufsichtsrat, Rot und Schwarz, vermutlich in Absprache mit Landeshauptmann Stix und seinem Stellvertreter Jellasitz. So einfach, meine Herren von der ÖVP, können Sie es sich nicht machen! (Beifall bei den Grünen.)

9.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kaipel. Ich erteile ihm das Wort für 5 Minuten. – Bitte.

9.49

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Trattner: Wie war es jetzt wirklich? Sind es 4,6 oder 4,8 Milliarden?) Die tatsächliche Summe liegt noch nicht auf dem Tisch. (Abg. Mag. Schweitzer: Die wird noch höher!)  – Herr Schweitzer, wie immer, stellen Sie Zahlen in den Raum, die Sie nicht beweisen können.

Aber, Herr Schweitzer, wenn Sie sagen, mit 16 000 S sind die Burgenländer pro Kopf durch den Skandal belastet, dann frage ich Sie: Was sagen Sie dazu, wenn Ihr Spitzenkandidat, Herr Salzl, seine Gemeindebürger mit 55 000 S belastet, ob Säugling oder Pensionist? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Das ist viel! – Abg. Mag. Schweitzer: Der tut ja etwas für die Bürger!)  – Ja, verschulden! (Abg. Mag. Schweitzer: ... eine Herzeigegemeinde!)

Herr Finanzminister! Ich bin einigermaßen entsetzt darüber, dass Sie auch von der Regierungsbank aus den Wahlkampf gegen das Burgenland führen. Nehmen Sie vielleicht auch dazu Stellung, wie Sie das Eigentum der Österreicherinnen und Österreicher verschleudern – aktuelles Beispiel: Telekom Austria! Da geht es um Größenordnungen, die wesentlich höher sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit Ihrer Politik erreichen Sie nur, dass Sie die Bank Burgenland liquidieren, dass Sie die Kunden dieser Bank, die Bediensteten dieser Bank und das Land insgesamt schädigen. Das ist wahrscheinlich Ihre Absicht. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer? Wir?)  – Ja, natürlich, Herr Schweitzer! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Ich glaube, du hast einen Realitätsverlust! Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Müller! Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie den "schwarzen Pfeffer" in Ihre Speise mit verarbeitet haben. Sie haben uns nur nicht erklärt, wer dieser "schwarze Pfeffer" ist. Jedenfalls haben Sie zugegeben, dass die Würze des Skandals die ÖVP ausmacht. Ich kann es Ihnen beantworten: Der "schwarze Pfeffer" werden Herr Widder, Herr Schneider, Herr Frantsits und Herr Jellasitz sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Lauter Freiheitliche?)

Herr Schweitzer! Sie missbrauchen einmal mehr das Parlament, um Wahlkampf von hier aus zu führen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie benutzen die Bank Burgenland einmal mehr, um Schwarz-Blau im Burgenland zu installieren. Sie lenken ab, wie Kollege Edlinger schon gesagt hat, von Ihren eigenen Problemen, Sie lenken ab davon, dass Sie vor der Wahl den Leuten versprochen haben, dass Sie sie nicht belasten werden. Was ist die Wahrheit? (Abg. Mag. Schweitzer: Bank Burgenland ist das Thema!)  – Tatsächlich wird nächstes Jahr


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jeder Steuerzahler monatlich durchschnittlich 1 200 S mehr an Steuern zahlen – monatlich durchschnittlich 1 200 S mehr an Steuerleistung von jedem Steuerzahler. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Der Staatshaushalt bis zu dieser Regierung war ein rotes Desaster!)

Sie lenken ab vom größten Skandal in dieser Republik, vom Spitzelskandal, wo ein blaues Netzwerk nachvollziehbar sein wird, und es ist höchst an der Zeit, dass damit aufgeräumt wird. Nicht nur Sie, Herr Schweitzer, und Herr Haider (Abg. Mag. Schweitzer: Doktor Haider! – Abg. Gaugg: Landeshauptmann Haider! So viel Zeit muss sein!) haben ständig hier mit irgendwelchen geheimen Akten agiert, auch Ihr Kollege Kiss verfügte über solch geheime Akten. Er hat am 6. Juli aus Protokollen von Aufsichtsratssitzungen der Bank Burgenland zitiert. Es handelt sich hiebei offensichtlich um Unterlagen, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen, und es drängt sich schon der Verdacht auf, dass da auch Personen aus dem Finanzministerium mitspielen. Daher habe ich mir erlaubt, eine entsprechende Darstellung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das ist eine Idee! Bravo!)

Meine Damen und Herren! Es ist schon bedrohlich, wenn Teile einer Regierungsfraktion auf diese Art Menschenhatz betreiben, wenn Teile einer Regierungsfraktion permanent mit Gerichten konfrontiert sind, wie auch Sie, Herr Schweitzer, wenn Teile einer Regierungsfraktion im Sumpf zu Hause sind.

Und da ist es schon interessant, dass der Bundeskanzler überhaupt nichts dazu zu sagen hat, wie es überhaupt interessant ist, dass er sich seit neun Monaten auf Tauchstation befindet – und Ihr Haider säuft dabei ab. Aber freuen Sie sich nicht zu früh: "Piranha" Haider wird seine Chance noch bekommen, zum Nachteil der ÖVP. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jedenfalls hat der ideologische Umbau in Österreich begonnen. Die dritte Partei stellt den Bundeskanzler – obwohl sie das nicht wollte –, mit Hilfe der Freiheitlichen, von denen Herr Abgeordneter Khol gemeint hat, dass mit dieser Partei kein Staat zu machen ist, dass diese Partei außerhalb des "Verfassungsbogens" steht.

Auch in der Steiermark hat man inzwischen Blau-Schwarz installiert. Die kleinste Partei wurde mit dem Landeshauptmann-Stellvertreter belohnt. Und auch im Burgenland ist natürlich Blau-Schwarz vereinbart. Es gibt dazu eine Reihe von Vorleistungen wie beispielsweise die Auflösung des Landtages durch Blau-Schwarz. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat dir das aufgeschrieben?) Es gibt die Vorleistung, dass aus dem Untersuchungsbericht alle Passagen, die der ÖVP schaden könnten, nachträglich herausgestrichen wurden, und auch diese Aktuelle Stunde und morgen wahrscheinlich eine Dringliche Anfrage sind Vorleistungen für Schwarz-Blau im Burgenland.

Sie wollen heute und morgen nichts anderes tun, als Unwahres zu verbreiten. Sie haben auch der Öffentlichkeit mitgeteilt, ...


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (fortsetzend): ... dass die SPÖ im Burgenland Parteifinanzierungen entgegengenommen hat. Das ist heute widerlegt worden. Wir haben die Konten offen gelegt. Herr Schweitzer, Herr Khol, tun auch Sie das! (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Es ist höchst an der Zeit, dass dieser Belastungsregierung im Burgenland ein roter Landeshauptmann entgegengestellt wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (fortsetzend): Damit im Burgenland der gemeinsame Weg fortgesetzt wird, wird die SPÖ am 3. Dezember die Mehrheit im Burgenland erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Kiss. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Oje-Rufe sowie weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

9.55

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Ich habe ja "nette" Bezeichnungen gehört, kaum dass ich zum Rednerpult gekommen bin, wie "Dreckschleuder" und Ähnliches. Das ist das Niveau, mit dem SPÖler andere Kollegen in diesem Hause titulieren – auch einmal gesagt für die Öffentlichkeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und dies, noch bevor man ein einziges Wort gesagt hat!

Ich könnte jetzt sagen, ich habe nicht ganz verstanden, was Kollege Kaipel so dahergefaselt hat, zum Beispiel über diese Dringliche Anfrage und allfällige Anzeigen, aber ich habe sehr wohl verstanden, was Kollege Edlinger gesagt und auch Kollege Van der Bellen gemeint hat.

Kollege Edlinger, eines in Ihr persönliches Stammbuch: So fahrlässig, wie Sie mit dem Geld der Steuerzahler der Republik Österreich umgegangen sind (Abg. Edlinger: Ja, ja!), wie Sie jene Schuldenpolitik, die Sie zu verantworten haben, betrieben haben, so fahrlässig haben Sie heute hier auch in der Angelegenheit der Bank Burgenland argumentiert. Glauben Sie mir, ich schäme mich für diese Ihre Einstellung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Unruhe auf der Galerie.)

Kollege Van der Bellen! Auch wenn Sie mir den Rücken zeigen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Sekunde, Herr Kollege. Ich darf bitten, dass auf der Galerie Beifalls- oder Missfallenskundgebungen nicht stattfinden.

Bitte, setzen Sie fort, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Paul Kiss (fortsetzend): Kollege Van der Bellen! Ich habe Verständnis dafür, dass Sie guter Hoffnung sind, wenn Sie an den 3. Dezember, an den Tag der Landtagswahl, denken, aber das Christkind für die Grünen wird im Burgenland erst am 24. Dezember kommen – und da ist für Sie nichts drinnen im Körberl. Glauben Sie mir das! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In der Sache selbst hat der Herr Finanzminister ein klares, ein entschiedenes Wort gesprochen. Finanzminister Mag. Grasser ist der Auffassung, dass in dieser Angelegenheit ein eklatantes Versagen der politischen Verantwortungsträger vorliegt, und dieses eklatante Versagen ist zweifelsfrei der SPÖ zuzuordnen. (Rufe bei der SPÖ: Widder! Jellasitz!)

Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Sie es nicht hören wollen, darf ich Ihnen hier anhand eines Schaubildes zeigen, wo diese "rote Krake", von der unser Herr Klubobmann gesprochen hat, dieses rote Netzwerk an Personen festzumachen ist. Schauen Sie sich das einmal an! (Der Redner hält eine Tafel mit der Überschrift "Bank Burgenland und das rote Netzwerk" in die Höhe.) Diese Namen kennen Sie alle miteinander, Kolleginnen und Kollegen. (Abg. Edlinger: Widder, Jellasitz, Frantsits!) Das sind lauter Rote, die in diesen Skandal der Bank Burgenland involviert sind – egal, ob sie nun Stix heißen, ob sie nun Moser heißen, ob sie Niessl heißen, egal, ob sie Tumpel-Gugerell heißen oder wie auch immer: Hier ist das rote Netzwerk, diese "rote Krake", die Bank Burgenland in Personen manifestiert. Das ist Ihre Verantwortung um diesen Skandal der burgenländischen Steuerzahler! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden durchleuchten, wie es um die Parteienfinanzierung zu Gunsten der SPÖ steht. Es wäre ja eine Chuzpe, Kollege Edlinger, wenn jene Partei, die Misswirtschaft betreibt, als Argument dafür, dass Parteienfinanzierung nicht geflossen sei, die 400 Millionen Miesen anführt. Das ist ja die Quadratur des argumentativen Kreises. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wir werden auch herausfinden, in welche persönlichen und parteipolitischen Kanäle Schmiergeld in diesem Zusammenhang geflossen ist. 180  Millionen Schilling an Schmiergeld – und das ist evident! – sind im Zusammenhang mit der Vergabe von Krediten geflossen. Es sind


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Gelder geflossen, die die Bank Burgenland, die der burgenländische Steuerzahler und damit auch wir vom Parlament ganz gerne vom Hintergrund her ausgeleuchtet wissen wollten. Dieses Schmiergeld – das schmiere ich Ihnen jetzt einmal so ums Maul – werden Sie nicht los! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin selbst Kunde der Bank Burgenland, und ich bin deswegen Kunde der Bank Burgenland, weil es exzellente Mitarbeiter in dieser Bank, in den einzelnen Filialen gibt, die qualitativ, kompetent, geschult sind, anders als oben an der Spitze, wo natürlich Tür und Tor für politische Interventionen geöffnet waren (Abg. Edlinger: Der Herr Widder! Der ÖVP-Landtagspräsident!), wo eben die "rote Krake", wie es unser Klubobmann gesagt hat, eingegriffen, interveniert hat, damit dieses Machwerk, damit diese Misswirtschaft überhaupt möglich geworden ist.

Wenn am 3. Dezember 200 000 burgenländische Frauen und Männer zur Wahl gehen, dann können diese 200 000 burgenländischen Frauen und Männer zu jedem SPÖ-Parteiobmann gehen und sagen: Ich würde jetzt gerne bar aufs Handerl 20 000 S von dir haben. Die würde ich bekommen, hätte die SPÖ nicht 4,6 Milliarden Schilling bei der Bank Burgenland verludert – 20 000 S pro wahlberechtigtem Burgenländer! (Abg. Edlinger: Zum Landtagspräsidenten der ÖVP sollen sie gehen! Ein ÖVP-Skandal ist das!) Das, Kollege Edlinger, ist etwas, was selbst Sie nachrechnen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn rotes Unvermögen, wenn mangelnde rote Kompetenz, wenn rotes Desinteresse zu diesem Skandal geführt haben, dann ist es hoch an der Zeit, dass dieser Augiasstall im Burgenland ausgemistet wird. Ich bin überzeugt davon: Die burgenländische Bevölkerung, die burgenländischen Wähler werden dies am 3. Dezember tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme an, Kollege Kiss, Sie wollten niemanden persönlich apostrophieren mit dem Ausdruck "Maul", sondern dass das als eine Redensart zu werten ist.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Ich erteile ihm das Wort. (Abg. Haigermoser: Ein Kinderreim ist das! Ein Kinderreim!)

10.00

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Alt-Finanzminister Kollege Edlinger, Ihr Ablenkungsmanöver ist wirklich in die Hose gegangen. Sie haben tatsächlich ein selektives Wahrheits- und Wahrnehmungsvermögen. Sie haben einerseits erklärt, es handle sich um einen Wirtschaftskriminalfall, andererseits sagen Sie etwas später, da seien auch ein paar Schwarze dabei gewesen, also ein klassischer politischer Skandal! Also was ist es jetzt? Ein politischer Skandal – oder ein Wirtschaftsskandal? Weil die Roten zuständig waren, soll es ein Wirtschaftsskandal sein? – Ganz im Gegenteil: Dieser Skandal rund um die Bank Burgenland ist der klassische sozialdemokratische Politskandal! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was Kollege Kaipel von sich gegeben hat, war wirklich grandios. Sagte er doch glatt, Minister Grasser kämpfe von der Regierungsbank aus gegen unser Burgenland. Unser Burgenland, sagt er. So weit ist es schon bei den Sozialdemokraten gekommen. Unser Burgenland! Burgenland gehört den Roten! So wie die Bank Burgenland. – Ja wo leben Sie denn überhaupt? Wer hat wem den Kampf angesagt? Finanzminister Grasser hat der roten Verschwendungspolitik im Burgenland den Kampf angesagt – für die Burgenländer, für die "kleinen Leute" im Burgenland! Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Van der Bellen versucht, mit einem "Seitenschlenkerer" auch die Freiheitlichen miteinzubeziehen, weil die Freiheitlichen in der Burgenländischen Landesregierung sitzen. Ich darf darauf hinweisen, dass gerade das freiheitliche Mitglied in der Burgenländischen Landesregierung, nämlich Gabriel Wagner, bereits am 10. Oktober 1996 den Skandal klar und deutlich aufgezeigt hat. Er hat den sozialistischen Skandal im Burgenland im Landtag mittels einer Anfra


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ge aufgezeigt. (Abg. Öllinger: Da hat er aber lange gebraucht! Vier Jahre!) Und was haben die Sozialisten gemacht? – Sie haben zu allem gesagt: Alles nicht wahr! Sie haben alles mit ihrer Mehrheit zugedeckt. Und das ist der wahre Skandal, der die Burgenländerinnen und Burgenländer 4,6 Milliarden Schilling kosten wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht nicht nur darum, meine Damen und Herren, ob jetzt das Land Burgenland die Ausfallshaftung übernehmen muss. Selbst wenn die Bank das irgendwann einmal wieder erwirtschaften könnte, durch höhere Zinsen etwa, durch höhere Bankspesen, zahlen die Zeche für diesen sozialistischen Skandal auf jeden Fall der "kleine" Sparer, der "kleine" Anleger, der "kleine" Bürger. Wenn die Bank diesen Skandal tatsächlich selbst aufarbeitet, dann verliert der Finanzminister allein durch die Abschreibung dieser Forderungen rund 1,5 Milliarden Schilling an Körperschaftsteuer. Und wen belastet das wiederum? – Natürlich den Bürger und Steuerzahler! Und das ist der wahre Skandal, dass die Bürger die Folgen zu tragen haben, und dagegen müssen wir mit aller Vehemenz ankämpfen!

Ich kann schon verstehen, dass die SPÖ heute schwankt zwischen schmähstad – auf Wienerisch gesagt – und Erregung. Diese pannonische Geldvernichtung ist eben ein Skandal der Roten, darüber kommt man nicht hinweg. Man braucht sich nur den Aufsichtsrat anzuschauen. Die Auflistung der Aufsichtsratsmitglieder liest sich wie das "Who is who" in der SPÖ-Burgenland. (Abg. Edlinger: Der Vorsitzende ist kein Roter! Das ist ein Finanzier von Schwarz-Blau!) – Sie tragen die Verantwortung und haben schlicht und ergreifend versagt!

Es ist das das Ergebnis einer jahrzehntelangen sozialistischen Freunderlwirtschaft, während der sich die Reichen schamlos bedient haben und der "kleine Bürger" jetzt die Zeche zu bezahlen hat. Das ist Ihre Politik! Das zieht sich wie ein roter Faden durch all die sozialistischen Skandale. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ob es der "Konsum" ist, ob es "Euroteam" ist, ob es Ihre Parteifinanzen sind – immer hat der "kleine Bürger" die Zeche zu bezahlen, während die Reichen sich bedient haben. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Es ist daher absolut unerhört, was Sie hier an den Tag legen.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Vielzahl von Dingen, die hier noch zu sagen wären, aber ich möchte nur noch auf Folgendes eingehen (Abg. Grabner: Auf Haider!): Wenn man heute im Burgenland einen 100 000-S-Kredit aufnehmen will, braucht man dazu – ich habe mit einem Bürger dort gesprochen – ein halbes Dutzend Bürgen, einen Taufschein, einen Impfschein, die Bürgschaft der Großmutter und vieles mehr. Wollen Sie aber 1 Milliarde Schilling von der Bank Burgenland haben, wissen Sie, was Sie dann brauchen? – Dann brauchen Sie einen klingenden Namen, dann brauchen Sie gefälschte Bilanzen, dann brauchen Sie eine gefälschte Heiratsurkunde, und vor allem brauchen Sie die schützenden Hände der Sozialdemokraten im Burgenland. Dann wird Ihr Kredit – anders als beim "kleinen Bürger" – in der Höhe von 1 Milliarde Schilling bewilligt. Der "kleine Bürger" muss seinen 100 000-S-Kredit mit Zins und Zinseszins selbst zurückzahlen. Für die sozialistischen Milliardenverschwendungen muss der Bürger und Steuerzahler aufkommen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Dieser Bank-Burgenland-Skandal mit 4,6 Milliarden Schilling Mindestschaden ist ein reiner sozialdemokratischer Skandal, den ausschließlich Sie zu verantworten haben! (Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) An der Spitze der Chef der Bankenaufsicht Edlinger, der hier die Stirn hat, als Versager auch noch den Ankläger zu spielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. Er hat das Wort. Redezeit: 5 Minuten.


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10.07

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat wäre das ein Thema, das mehr hergeben müsste als einschlägige Wahlkampfparolen, allerdings kommt man jetzt schwer umhin, noch einmal ein Resümee zu ziehen und ein paar Fakten zusammenzufassen.

Erstens, was die Verdrehung der Sache betrifft, wer wohin flüchtet: Kollege Schweitzer! Sie haben damit begonnen. Wenn hier jemand flüchtet und etwas verdreht, dann sind das angesichts Ihrer Ausführungen zu Beginn dieser Aktuellen Stunde sicherlich Sie und die Freiheitlichen. Sie stehen im Zentrum des systematischen Datenmissbrauchs im Burgenland (Abg. Mag. Schweitzer: Im Burgenland gibt es das auch? Wo denn?), und da hat Kollege Edlinger völlig Recht: Dieser Ansatz war durchschaubar! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wo denn? Wo denn? Sag nicht die Unwahrheit!)

Nächster Punkt: Diese Affäre ist nicht nur eine Affäre des Burgenlandes, doch darauf ist heute keine Zeit verwendet worden, wir werden uns dafür aber Zeit nehmen müssen. Es stellt sich schön langsam die Frage, wozu wir in Österreich eine Bankenaufsicht haben. Serienweise "krachen" die Banken. (Ruf bei den Freiheitlichen: Welche?)  – Rieger, nicht nur die Bank Burgenland. Und die Bankenaufsicht kommt dann halt immer im Nachhinein um die Kurve und meint, sie hätte irgendwann schon irgendwie irgendetwas gewusst.

Herr Finanzminister! Es geht mir jetzt nicht um die relevante Zeit, was die fraglichen Kreditvergaben betrifft, darüber hat die Bankenaufsicht den einen oder anderen bescheidenen Bericht abgeliefert. Aber in der Frage der Verlängerung der Amtszeit des Direktors Gassner hat die Bankenaufsicht letztendlich zugestimmt. Und wann war das? Im März dieses Jahres. Und wer war damals Finanzminister? Sie, Herr Kollege Grasser. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer war der Chef?)

In diesem Zusammenhang ist einmal festzuhalten, dass am 9. März und am 27. März Sitzungen mit Vertretern der Bankenaufsicht im Burgenland stattgefunden haben, obwohl noch nicht einmal die Finanzprokuratur involviert war. – Auch ein Versäumnis! Die Finanzprokuratur hat irgendwann einmal befunden, die Suppe sei im Wesentlichen zu dünn für gravierende Schritte. Mag sein, aber die Bankenaufsicht hat unmittelbar mitgewirkt bei dem politischen Kuhhandel zur Verlängerung der Amtszeit des nunmehr in U-Haft sitzenden Generaldirektors Gassner.

Herr Finanzminister! Mir ist nicht bekannt, dass der Kuhhandel ein Instrument des Bankwesengesetzes ist. Möglicherweise gehört das in die politische Zoohandlung, dort ist es üblich. (Beifall bei den Grünen.)

Aber in diesem Fall ist klipp und klar anhand der Protokolle des Untersuchungsausschusses nachvollziehbar, dass hier ein ganz eigenartiger Deal stattgefunden hat. Die Bankenaufsicht hätte unter Ihrer Führung, Herr Finanzminister, Gassner mit den Instrumenten, die das Bankwesengesetz bietet, bereits entlassen können. Sicherlich hätte das auch seine Zeit gedauert, aber wenn man sich nicht im Stillen getroffen hätte, insbesondere mit Stix, und durchaus auch Kontakt mit schwarzen Regierungsmitgliedern gehalten hätte und angedroht und angekündigt hätte, was die richtigen Schritte wären, dann wäre der Spuk ganz geschwind vorbei gewesen. Das hätte präventive Wirkung entfaltet, selbstverständlich.

Es ist auch Ihr Versäumnis, Herr Finanzminister, dass Gassners Vertrag als Direktor verlängert worden ist. Das ist eine Erkenntnis, die hier einmal ausgesprochen werden muss. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Grasser fördert Gassner!)

Zum Burgenland selbst ist zu sagen: Selbstverständlich sind dort spezielle Verhältnisse vorherrschend. Es stimmt: Es gibt ein vernetztes und verflochtenes System, aber es ist eben nicht nur ein rotes. Es bleibt mir daher nichts anderes übrig, als tatsächlich ein paar Namen ins Spiel zu bringen, was sonst eher nicht meine Art ist.

Vorstandsdirektor Widder ist Generalsekretär der burgenländischen Schwarzen gewesen, mehrere Jahre hindurch. Er war hoher Funktionsträger für die Schwarzen im Burgenländischen


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Landtag. Er war viele, viele Jahre lang als Schwarzer im Vorstand. Und da gehen Sie mit Schaubildern hierher ans Rednerpult, färben alles rot ein, und das ist dann das rote Netzwerk?! Das ist einfach lächerlich, das glaubt Ihnen kein Mensch! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Frantsits ist Aufsichtsratsvorsitzender gewesen, hat in den neunziger Jahren mehrmals davon Kenntnis bekommen, dass mit den Kreditengagements Hom-Rusch etwas nicht stimmt. Er hat als Aufsichtsratsvorsitzender nichts unternommen, definitiv nichts! Er hat sich irgendwie herausgeredet, wie in den Protokollen nachzulesen ist.

Die Blauen in der Landesregierung haben offensichtlich bloß den Beweis dafür erbracht, dass sie das irgendwann einmal entdeckt haben wollen. Das mag schon sein, Kollege Schweitzer, aber die Kraft der Kontrolle reicht offensichtlich nicht aus, um tatsächlich etwas zu bewirken. Deshalb ist es, glaube ich, wirklich so, dass es gegenüber dieser Proporzregierung im Burgenland mit drei Parteien einer frischen und grünen Kraft im Landtag bedarf. Das beweist dieser Skandal auch, denn Sie (in Richtung Freiheitliche) haben, obwohl Sie jahrelang in den Gremien vertreten waren, da wohl auch versagt. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es also um eine unbestechliche, um eine glaubwürdige und um eine wirksame Kontrolle geht, wird es einer Änderung am 3. Dezember bedürfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen mir dazu keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich erkläre die Aktuelle Stunde für beendet.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass mir ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers an den Präsidenten des Nationalrates mit folgendem Wortlaut vorliegt:

"Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 14. November 2000, Zl. 300.000/7-BEV/2000, über meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid vom Amt entbunden hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz Frau Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger zur Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ernannt.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Schüssel"

*****

Zu der soeben verlesenen Mitteilung beziehungsweise zu dem soeben verlesenen Schreiben liegt mir das Verlangen von fünf Abgeordneten aller Fraktionen vor, gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung sogleich eine Debatte durchzuführen. Diese Debatte hat durchgeführt zu werden, lediglich über den Zeitpunkt kann das Plenum mit Mehrheit befinden.

Gibt es Einwendungen dagegen, dem Antrag zu folgen und die Debatte sogleich durchzuführen? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1448/J bis 1507/J.

Schriftliche Anfrage an die Obfrau des Untersuchungsausschusses: 8/JPR.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 9/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 1182/AB bis 1276/AB.

Beilage zur Anfragebeantwortung: Zu 1185/AB.

Anfragebeantwortung durch die Obfrau des Untersuchungsausschusses: 8/ABPR.

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 309/A (E).

4. Regierungsvorlagen:

Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG (316 der Beilagen),

Umweltmanagementgesetz – UMG (352 der Beilagen),

Kapitalmarktoffensive-Gesetz, KMOG (358 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 – FAG 2001) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Wohnbauförderungs-Zweckzuschussgesetz 1989 geändert werden (379 der Beilagen).

5. Gesetzesanträge des Bundesrates:

Gesetzesantrag der Bundesräte Johann Payer, Jürgen Weiss, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny, Univ.-Prof. Dr. Peter Böhm und Genossen vom 9. November 2000 betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes (Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für das Stellungnahmeverfahren des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen) (355 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend den Budgetbericht des Bundes 2000 (Vorlage 18 BA);

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (31 E Vr 913/00, 31 E Hv 42/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach §§ 111 Abs. 2, 115 StGB,

Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (31 E Vr 914/00, 31 E Hv 43/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach §§ 111 Abs. 2, 115 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 10 zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahl und gegen die Sparmaßnahmen der FPÖVP-Regierung im Bildungsbereich, überreicht vom Abgeordneten Dr. Dieter Antoni,


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Petition Nr. 11 zur Erhaltung des Wachzimmers St. Pölten/St. Georgen, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 12 betreffend "Lärmschutz-Petition", überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über die Förderung und den Schutz von Investitionen (271 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Usbekistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen (299 der Beilagen);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 315/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Organisationsreform der Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung in Österreich (z. B. Privatisierung, Ausgliederung),

Antrag 316/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Nichtnovellierung der "Suchtgift-Grenzmengenverordnung";

Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (315 der Beilagen),

Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Anonyme Geburt und ,Babynest‘"; Rechtliche und faktische Fragen im Zusammenhang mit der Einführung von anonymer Geburt und "Babynest" (III-65 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Antrag 317/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend eine Österreichische Initiative für EU-Projekte zur Sanierung nuklearer Altlasten auf der Halbinsel Kola und in der Barents-See;

Verfassungsausschuss:

Antrag 314/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz durch Bestimmungen für den Fall der Befangenheit des Bundesministers für Justiz ergänzt wird,

Antrag 318/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Förderungsbericht 1999 der Bundesregierung (III-69 der Beilagen);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Wildschadensbericht 1999 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-70 der Beilagen);


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Ausschuss für Sportangelegenheiten:

16. Sportbericht 1999 der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport (III-71 der Beilagen).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Reitsamer und Genossen vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt haben, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 319/A (E) der Abgeordneten Reitsamer betreffend Anpassung der Pensionen zumindest um die Inflationsrate als Dringlichen Antrag zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung, die Sie alle kennen, werden wir die Debatte über diesen Dringlichen Antrag um 15 Uhr beginnen.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen beantragt hat, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 38/A der Abgeordneten Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz geändert werden, eine Frist bis zum 12. Dezember des heurigen Jahres zu setzen.

Es liegt auch in diesem Zusammenhang nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung das Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da wir für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages entsprechend einem Verlangen in Aussicht genommen haben, wird die Kurzdebatte im Anschluss an die Beratungen zum Dringlichen Antrag durchgeführt werden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag erfolgt im unmittelbaren Anschluss an die Debatte.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Dr. Peter Kostelka hat nach § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte und der systematischen Bespitzelung durch Angehörige des Sicherheitsapparates und zur Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit diesen Sachverhalten einzusetzen.

Auch hier liegt das auf § 33 Abs. 2 gestützte Verlangen vor, eine Debatte über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchzuführen.

Ich werde Debatte und Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Erledigung der Tagesordnung anberaumen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir, was die Tagesordnung der heutigen Sitzung betrifft, folgender Vorschlag vor: zunächst den Punkt 1 zu debattieren – das ist die Regierungsumbildung –, dann gemeinsam die Punkte 2 und 3, 4 bis 6 sowie 7 bis 10.


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Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben im Sinne der Geschäftsordnung in der Präsidialkonferenz Konsens über die Redezeit gefunden. Es wurde eine Tagesblockzeit von 10 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich im Einzelnen folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 195, Freiheitliche und ÖVP je 145 sowie Grüne 115 Minuten.

Darüber hinaus wurde zum Tagesordnungspunkt 1 folgende freiwillige, aber ernst genommene und verbindliche Vereinbarung getroffen: Es erhält zunächst der Herr Bundeskanzler für 10 Minuten das Wort, dann folgt eine Wortmeldung pro Fraktion für ebenfalls 10 Minuten in der Reihenfolge der Stärkeverhältnisse der Fraktionen, dann eine Wortmeldung der neuen Frau Bundesministerin für 15 Minuten und dann wiederum eine Runde von Wortmeldungen für je 10 Minuten pro Fraktion. Anschließend wird sich die Frau Vizekanzlerin für 10 Minuten zu Wort melden, und dann folgt wiederum eine Runde für je 10 Minuten pro Fraktion. Im Anschluss daran gehen wir einfach nach den einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung vor.

Über diesen Redezeitvorschlag, nämlich die Blockredezeiten, hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage daher, ob es gegen die vorgetragenen Blockredezeiten Einwendungen gibt? – Da dies nicht Fall ist, ist dies einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Mitteilung über die Ernennung eines Mitgliedes der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Die Redeordnung ist bekannt. Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist der Herr Bundeskanzler. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

10.18

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen eine Umbildung der Bundesregierung präsentieren. Mein Dank gilt Michael Schmid, der neun Monate lang das Infrastrukturministerium geführt hat. Er hat als eine persönliche Konsequenz nach den steirischen Landtagswahlen – nicht wegen Problemen in der Regierung, sondern ausschließlich als Konsequenz aus steirischer Sicht – das Amt freiwillig zurückgelegt. Ich präsentiere Ihnen heute seine Nachfolgerin: Frau Dr. Monika Forstinger.  – Herzlich willkommen im Team! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Sie hat keinen ganz leichten Start gehabt, das muss man objektiv und ehrlich zugeben. Wir haben eine Reihe von objektiven Problemen im Infrastruktursektor, unzählige Wünsche, die nicht alle gleichzeitig finanziert werden können. Es ist eine Prioritätenreihung natürlich notwendig. Es muss innere Strukturreformen – längst überfällig – innerhalb der Bahn und in anderen Bereichen geben.

Wir haben Schwierigkeiten gehabt mit Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes. Die Mautpolitik muss verändert werden. Wir haben großes Interesse daran, dass der Transitvertrag über das Jahr 2003 hinaus erweitert und ergänzt wird. Diesbezüglich haben auch zwei sehr interessante Gespräche mit dem italienischen und dem deutschen Regierungschef, mit Giuliano Amato und gestern mit Gerhard Schröder, stattgefunden, die zum ersten Mal eine echte Hoffnung aufkeimen lassen, dass die ökologische Bedeutung der qualitativen und quantitativen


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Beschränkung des Güterverkehrs in sensiblen Routen endlich auch ein europäisches Thema wird. Ich glaube, das ist ein wichtiger Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Besonders bitter und schmerzlich war natürlich, dass eigentlich fast zeitgleich mit dem Amtsantritt – die Frau Vizekanzler und ich haben Monika Forstinger am Samstag, den 11. November, der österreichischen Öffentlichkeit vorgestellt – die schreckliche Katastrophe in Kaprun bekannt wurde. Fast zeitgleich fand die Präsentation statt. Ich habe es auch als großartig empfunden, dass sie sofort vor Ort gewesen ist und die notwendigen Konsequenzen eingeleitet und koordiniert hat, denn es muss österreichisches Interesse sein, als ein Land, das ja letztlich vom Tourismus und von der höchstmöglichen Sicherheit nach menschlichen Maßstäben lebt, alles nur Erdenkliche zu tun, um unseren Gästen auch wirklich ein Optimum an Sicherheit zu bieten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Dr. Forstinger ist eine Frau, die aus der Wirtschaft kommt, die bereits Spitzenjobs in der Kommunikation und im technischen, im umweltbezogenen Bereich innehatte. Sie kommt aus einem der Topbetriebe der österreichischen Papierindustrie mit einer Verflechtung auf dem gesamten Weltmarkt. Ich finde, auch diese Durchlässigkeit ist etwas, was hochinteressant ist und auch diese Regierung auszeichnet: dass es eben selbstverständlich sein muss, dass Profis aus der Wirtschaft in die Politik – und auch in die Gegenrichtung muss es möglich sein – wechseln können. Ich empfinde das als eine Bereicherung und eine Befruchtung für die österreichische Politik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Monika Forstinger ist eine, die sehr viel Erfahrung hat auch an der sehr heiklen Schnittstelle zwischen wirtschaftlichen Interessen und ökologischer Verantwortung, zwischen den beinharten Kosteninteressen auf der einen Seite und dem sensiblen Umgang mit Nachbarn, mit Bürgerinteressen und so weiter auf der anderen Seite. Ihr Studium – Bodenkultur und Landschaftsökonomie – qualifiziert eigentlich gerade für dieses Ressort sehr.

Sie ist eine Frau – auch das sei am Ende dieser Vorstellung vermerkt, denn wir haben etwas in dieser Bundesregierung, die ja die kleinste seit 1945 ist, fertig gebracht, nämlich dass eigentlich die klassischen Rollen keine Bedeutung mehr haben. Manche in der Opposition haben bei der letzten Vorstellung Herbert Haupt kritisiert, weil er der erste "Herr Frauenministerin" ist; zugleich aber auch bitte Generationenminister. Heute präsentieren wir eine Frau, die Technologie- und Infrastrukturministerin ist. Und auch das ist der richtige Weg: dass Frauen Schlüsselressorts, wenn die Qualifikation stimmt, leiten können, dass die Besetzung von Ämtern ohne Rücksicht auf das Geschlecht vorgenommen wird.

Wir haben eine Vizekanzlerin, die gleichzeitig die Personalchefin und die Verwaltungschefin der gesamten Republik ist, eine Außenministerin, eine Bildungsministerin, jetzt eine Technologie- und Infrastrukturministerin und eine Staatssekretärin, die für den Tourismus Verantwortung trägt. Das allein ist schon eine Innovation, die spannend ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dazu kommt, dass jetzt auch jene Dinge zu greifen beginnen, die wir uns mit dem Bundesministeriengesetz vorgenommen haben:

eine zentrale Kompetenz für den Staat, für die Abläufe im Staat durch das BMöLS,

ein Infrastrukturressort, wo nicht mehr die klassischen Spannungen, hier Straße – hier Schiene, gelebt werden, sondern wo das in einem ganzheitlichen Konzept zusammengeführt werden kann,

ein Generationenminister, der von den Jungen, den Familien bis zu den älteren Menschen die neue soziale Frage behandeln kann,

und ein Minister, der Wirtschaft und Arbeit als ein Gesamtarbeitsfeld hat.


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Ich glaube, dass auch die Umweltkonzeption, wo zum ersten Mal Luft, Wasser, Boden, Wald in einer Hand sind, eine ist, die fast vorbildlich werden könnte für die europäischen Kompetenzverteilungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber zur inhaltlichen Arbeit. – Ich freue mich sehr, dass das Hohe Haus im Ausschuss das Budget und die Budgetbegleitgesetze bereits beschlossen hat. Ich danke sehr für diesen Mehrheitsbeschluss. Ich habe auch mit großem Interesse vermerkt, dass eigentlich nach dem Beschluss die Alternativen der Opposition auf den Tisch gekommen sind.

"Wir stellen Zukunft ohne Schulden vor!" – Das Interessante daran ist schon, dass jetzt, zweieinhalb Monate nach dem letzten Reformdialog, wo ja alle, auch die Oppositionsparteien, das Ziel eines schuldenfreien Budgets gesamtstaatlich begrüßt haben, auf einmal wieder alles anders sein soll.

Das SPÖ-Konzept, das Alfred Gusenbauer präsentiert hat, verfolgt im Wesentlichen: das Nulldefizit zwei Jahre später und – machen wir es uns ein bisschen leichter – 20 Prozent weniger, und das ist es. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und dazu muss ich schon sagen, meine Damen und Herren von der Opposition – diese inhaltliche Auseinandersetzung muss möglich sein –: Der eigentliche Effekt heißt ja nur, dass man dann dreimal 15 Milliarden, also 45 Milliarden zusätzliche Schulden machen will. Und ob das ein Konzept für die Zukunft ist, in einer Zeit, wo wir Hochkonjunktur haben, wo so und so viele europäische Länder – übrigens viele dabei, die sozialdemokratische Regierungschefs haben – einen anderen Weg gehen, weiterhin eine Schuldenmacherpolitik zu betreiben, möchte ich bezweifeln. Freunde, das geht mit uns nicht, das lehnen wir ab, und ich glaube, Österreich will das auch nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dazu kommt, dass – das ist auch interessant und soll ausgesprochen werden – in Ihrem Konzept keine Senkung der Lohnnebenkosten vorgesehen ist, keine Senkung der Arbeitsbelastung für menschliche Arbeit, dass es daher eigentlich eine Bremse für die Beschäftigungspolitik darstellt.

Nichts für die Familien! Sie wollen in Wahrheit den Familienfonds schlicht und einfach fürs Budget ausräumen, meine Damen und Herren. – Mit uns nicht! Wir haben ein anderes Kinder-, Familien- und Zukunftskonzept, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nichts für die Investitionen in die Sicherheit, in die innere und äußere Sicherheit!

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich verstehe, warum Sie dieses Konzept: mehr Schulden machen, Schuldenabbau zwei Jahre später mit höheren Zinszahlungen für alle kommenden Generationen, nicht schon zu Beginn des Reformdialogs vorgetragen haben. Die Folge wäre ein homerisches Gelächter in der österreichischen Öffentlichkeit gewesen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben aber längst weitergearbeitet, denn dieses Ziel "Zukunft ohne Schulden" ist ja längst akzeptiert, ist ja öffentlich akzeptiert von der Bevölkerung und auch von der öffentlichen Meinung. Wir haben am Montag in einer Regierungsklausur das nächste Großprojekt gestartet, und dieses Konzept heißt "Der neue Staat". Das ist sehr wichtig, denn wir wollen einen starken, aber zugleich schlanken Staat. Das heißt ganz konkret:

14 000 weniger Beamte werden eine bessere Arbeit mit mehr Motivation, mit moderneren Mitteln im 21. Jahrhundert leisten. Dazu kommt erstmals ein Controlling durch alle Ressorts, zentral gesehen, damit wir auch wirklich die Ziele, die wir uns vorgenommen haben, erfüllen können. Zum ersten Mal wird es eine Kostenstellenrechnung in jedem einzelnen Ressort geben, eine Buchhaltungsreform, die sicherstellt, dass wir das nach einheitlichen Kriterien machen, dabei 1 000 Dienstposten einsparen und 700 Millionen Schilling an Kosten.

Ein zentraler Einkauf, eine Beschaffungsagentur, ein neues Meldewesen, online sollen Steuer-, Passanträge und Behördengänge erledigt werden können, und eine Bürgerkarte soll dem


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Bürger die Sozialversicherungszugänge – keine Abrechnung mehr händisch mit Krankenschein – geben, die Möglichkeit einer Identitätsfeststellung und Daten, wenn er sie freiwillig speichern will.

Ich glaube, dass dieser Weg, sich großen Themen zuzuwenden und sie Schritt für Schritt in einem guten Teamgeist abzuarbeiten und auch öffentlich zu kommunizieren, ein richtiger ist. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der neuen Infrastrukturministerin. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesministerin Dr. Forstinger: Danke schön!)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Gleiche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

10.30

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch mit größten Schönreden hat der Herr Bundeskanzler die traurige Bilanz der Bundesregierung der letzten Monate nicht überspielen können. Was hier heute angesichts einer absoluten Krisensituation dieser Regierung geboten wurde, ist doch nicht einmal der Versuch – nicht einmal der Versuch – gewesen, sich mit den anstehenden Problemen zu beschäftigen.

Wodurch wird diese Bundesregierung in erster Linie gebeutelt? (Abg. Auer: Durch Sie nicht!) – Sie wird dadurch gebeutelt, dass die Freiheitliche Partei in einen Spitzelskandal verwickelt ist, welcher der größte demokratiepolitische Skandal in der Geschichte der Zweiten Republik ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, von den großartigen Verwaltungsreformen gesprochen haben, die dazu führen sollen, dass es weniger Beamte gibt, dann wissen wir seit mehreren Tagen ganz genau, welche Methode dahinter steckt. Die Freiheitliche Partei versucht, einzelne Beamte, die ihrer Arbeit nachkommen, die ermitteln und untersuchen, in aller Öffentlichkeit mundtot zu machen. Das ist Ihre Art von Verwaltungsreform. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei stellen sich Grundsatzfragen, Grundsatzfragen von Staat und Recht: Genießen in unserem Land öffentlich Bedienstete, die entsprechend dem gesetzlichen Auftrag ihrer Arbeit nachgehen, untersuchen und ermitteln, den Schutz und das Vertrauen dieser Bundesregierung, oder sind sie das Freiwild völlig wild gewordener Funktionäre der Freiheitlichen Partei geworden? (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Wer in einer solchen Angelegenheit, in einer solchen Grundsatzfrage unseres Staates schweigt, der macht sich als Bundeskanzler mitschuldig. Da können Sie sich nicht abputzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie weisen darauf hin, dass der große Vorzug dieser Bundesregierung die Durchlässigkeit ist. Diese Durchlässigkeit haben wir in den letzten Monaten gesehen: Ein freiheitlicher Minister nach dem anderem hat das Feld räumen müssen, und dann, wenn er gegangen ist, hat kein Hahn nach ihm gekräht. Das ist die Durchlässigkeit Ihrer Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Da heute über die Angelegenheit der Bank Burgenland und über den finanziellen Schaden, der daraus entstanden ist, gesprochen wurde, schlage ich vor, schauen wir uns an, was denn Ihre so genannten Profis in der ÖIAG unter dem Titel der Privatisierung in den letzten Monaten zu Stande gebracht haben. Wir haben mit Recht am Beginn dieser Legislaturperiode kritisiert, dass Ihre Art zu privatisieren, nämlich Fallfristen festzulegen, dazu führen wird, dass österreichisches Eigentum unter Preis verschleudert werden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist in den letzten Wochen passiert? – Die Art und Weise und zu welchen Preisen der Verkauf der UMTS-Lizenzen und die Telekom-Privatisierung stattgefunden haben, ist die größte Verschleuderung von Volksvermögen, die in der gesamten Geschichte unseres Landes jemals stattgefunden hat. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ihre Profis haben dazu beigetragen, dass den Steuerzahlern in Zukunft zweistellige Milliardenbeträge abgehen werden. Das ist die Bilanz Ihrer Wirtschaftspolitik! In den letzten Monaten haben Sie nicht Wirtschaftspolitik für das Land gemacht, sondern in allen Aufsichtsräten die Freunde des Herrn Prinzhorn, die sich offensichtlich in der Vergangenheit durch großartige Parteispenden erbötig gemacht haben, platziert. Das ist nicht Wirtschaftspolitik, sondern Freunderlwirtschaftspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben sich heute in einer kursorischen, oberflächlichen Art und Weise mit den Fragen des Budgets beschäftigt. Ich frage Sie: Der Finanzminister hat angekündigt, dass wir ein Benchmarking durchführen, dass wir uns anschauen, wie andere europäische Staaten Budgetüberschüsse erzielt haben und mit welchen Maßnahmen sie das erreicht haben. Ich habe bis zum heutigen Tag weder von Ihnen noch vom Finanzminister eine Antwort darauf erhalten. Wir haben sie uns besorgt. Diese Staaten haben durch eine gezielte Wirtschaftswachstumspolitik dazu beigetragen, dass die Haushalte konsolidiert wurden. Sie haben zum Unterschied von Ihnen, die Sie dabei sind, das Wachstum in Österreich abzuwürgen, eine Politik gemacht, die in Ausbildung investiert, in öffentliche Infrastruktur investiert und das Wachstum vorantreibt, und damit Steuereinnahmen lukriert, die es möglich machen, den Haushalt zu konsolidieren. Diese Staaten haben vorgezeigt, dass es möglich ist, sozial ausgewogen zu konsolidieren. Was Sie machen, ist blanker Sozialabbau und hat mit Zukunftssicherung nichts zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie meinen, der Unterschied zwischen Ihrem Konzept und unserem bestehe nur darin, das Nulldefizit zwei Jahre später und mit 20 Prozent weniger zu erreichen, dann muss ich Ihre Fähigkeit, Dokumente zu lesen, anzweifeln. Worum es in den unterschiedlichen Auffassungen fundamental geht, ist Folgendes: Wir würden im Sinne der Budgetkonsolidierung auf Mehrausgaben, die in Zeiten der Hochkonjunktur nicht notwendig sind, verzichten. Zweitens: Wir würden eine Wirtschaftspolitik machen, die das Wachstum nicht abwürgt. Und drittens: Wir würden das österreichische Besteuerungsniveau von Vermögens- und Kapitalsteuern auf das europäische Niveau heranführen. – Diese drei Maßnahmen bieten auf der anderen Seite die Möglichkeit, auf Sozialabbau zu verzichten, in öffentliche Infrastruktur zu investieren und Forschung und Entwicklung auszubauen. Das ist ein modernes Konzept. Ihr Konzept besteigt den Schnellzug in die Vergangenheit. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen war es auch erstaunlich, dass nach all den Turbulenzen der vergangenen Wochen, die dadurch gekennzeichnet waren, dass sich die freiheitlichen Spitzenfunktionäre und der Herr Innenminister alle möglichen Arten von "Freundlichkeiten" ausgerichtet haben, die dadurch gekennzeichnet waren, dass die Spitzelaffäre die Bundesregierung lahm gelegt hat, die große Erwartungshaltung war, dass bei der Regierungsklausur jetzt endlich wieder über Reformen geredet wird, die diese Bundesregierung seit Monaten ankündigt. Faktum ist: Das Ergebnis war eine dicke Null. Sie haben wieder keine Reformen zu Stande gebracht. Diese Regierung hat sich bereits nach neun Monaten so abgenützt, dass sie nur mehr in internem Parteienstreit verheddert ist. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber Sie haben einige Glanzleistungen vollbracht: Sie haben es zu Stande gebracht, dass in Österreich die Inflationsrate im vergangenen Jahr 0,8 Prozent betragen hat und heuer bei 2,8 Prozent liegt. Sie haben es zu Stande gebracht, dass die höchste Steuer- und Abgabenquote in der Geschichte dieses Landes der österreichischen Bevölkerung überantwortet wird. Sie haben es zu Stande gebracht, dass in Zeiten europäischer Hochkonjunktur das österreichische Wachstum hinter dem europäischen Schnitt zurückfallen wird. Und Sie haben es zu Stande gebracht, dass ein Land, das durch Wohlfahrtsstaat und Konsensdemokratie groß geworden ist, derzeit ein politisches Klima vorfindet, in dem niemand, kein Beamter, sei es in der Justiz oder im Innenministerium, noch sicher sein kann vor den unqualifizierten Attacken und Angriffen Ihres Regierungspartners, der versucht, von seinem fundamentalen Skandal, mit Mitteln der organisierten Kriminalität eine Parallelorganisation in der Polizei etablieren zu wollen, abzulenken.

Dieser Kernpunkt der Gefahr unseres Landes muss schonungslos aufgeklärt werden. Es müssen die strafrechtlichen und politischen Konsequenzen gezogen werden. Sie, Herr Bun


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deskanzler, müssen sich die Frage stellen: Stehen Sie in der Verteidigung hinter dem Rechtsstaat und hinter den österreichischen Beamten, oder stehen Sie zur Freiheitlichen Partei? – Beides gleichzeitig können Sie nicht haben. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

10.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

10.40

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Rede des Herrn Dr. Gusenbauer (Rufe bei der SPÖ: War super!) hat es deutlicher denn je gemacht: Österreich braucht diese Bundesregierung, Österreich braucht diese Reformen und diesen neuen Weg, den diese Bundesregierung eingeschlagen hat, denn diese Opposition und dieser Oppositionsführer sind ohne wirtschaftspolitische Alternativen und ohne jede gesellschaftspolitische Perspektive für dieses Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die SPÖ hat diesem Reformprogramm der Bundesregierung nichts entgegenzusetzen. Sie haben keine konstruktiven Alternativen geboten, keine Vorschläge gebracht, wie der Sozialstaat finanziert, die Pensionen gesichert und die Zukunft der Jugend finanziert werden können, meine Damen und Herren! Sie müssen endlich Abschied nehmen von Ihrer ängstlichen und antiquierten Wirtschaftspolitik, die den Weg Österreichs in die Schuldenfalle nicht konsequent stoppen will, meine Damen und Herren! (Abg. Edler: Telekom! – Abg. Reitsamer: Telekom!)

Ihre wirtschaftspolitischen und gesellschaftspolitischen Rezepte sind doch in Wirklichkeit ideologische Denkmalpflege für eine politische Konzeption, die ihre Bewährung in der Praxis nicht bestanden hat, meine Damen und Herren! (Abg. Edler: Telekom!) Wir alle wissen es doch: 5 Milliarden Schilling "Konsum"-Pleite, Verstaatlichten-Debakel, an dem wir heute noch zu zahlen haben. 50 000 Arbeitsplätze haben wir in diesem Zusammenhang verloren. Ja nicht einmal die eigene Parteikasse können Sie in Ordnung halten, meine Damen und Herren! Das spricht doch alles gegen Ihre Argumente, die Sie hier vorbringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nach 30 Jahren SPÖ-Finanzpolitik beträgt derzeit die Staatsverschuldung insgesamt über 1 743 Milliarden Schilling. Das entspricht somit 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Schuldenrucksack ist unter einer SPÖ-Verantwortung von einem kleinen Proviantbeutel zu einem großen Marschgepäck angewachsen, das nun diese neue Bundesregierung belastet, meine Damen und Herren!

Allein für die Zinszahlung müssen wir fast 100 Milliarden Schilling aufbringen. Wäre das Budget nicht mit diesen Zinszahlungen belastet, hätten wir heute schon einen Budgetüberschuss, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat eine historische Trendwende vollzogen. Diese Bundesregierung wird keine Staatsschulden mehr machen. 80 Prozent der Österreicher stehen dazu und sagen: Jawohl, es ist richtig, dass der Staat keine Schulden mehr macht. – Heute haben wir Vollbeschäftigung. Noch nie haben so viele Menschen einen Arbeitsplatz gehabt wie derzeit. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mit dem Schuldenmachen aufzuhören, meine Damen und Herren! Deshalb macht es diese Bundesregierung jetzt, und wir sind ihr dafür dankbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit dieser Neuorientierung wird auch endlich der falschen Politik aus der Kreisky-Zeit eine Ende gesetzt, nämlich dass der Staat mehr Geld ausgeben kann, als er einnimmt. Schulden muss immer jemand bezahlen, meine Damen und Herren, und wenn es die nächste Generation von Steuerzahlern ist. Das gilt natürlich in allen Bereichen.

Lassen Sie mich kurz nur eines zur Spitzelaffäre sagen: Herr Kollege Gusenbauer! In all den Jahren der sozialistischen Spitzelaffäre haben (Abg. Dr. Gusenbauer: Was?) – warten Sie! – sozialistische Innenminister die Verantwortung in unserem Land gehabt. Diese Innenminister waren von den illegalen Abfragen informiert, haben aber nichts dagegen getan. Sie haben


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dieses System nicht geändert. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Sie haben dieses System nicht abgestellt. Über die politische Verantwortung, die sie dafür trifft, werden wir in diesem Haus noch zu reden haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sind Sie für einen Untersuchungsausschuss?)

Meine Damen und Herren! Als Verkehrssprecher wünsche ich der neuen Bundesministerin Dr. Forstinger im Namen meiner Fraktion im Interesse des Landes, im Interesse einer optimalen Verkehrspolitik viel Erfolg, entsprechende Durchschlagskraft und auch das notwendige Managementgeschick, um diese komplexen Verkehrsprobleme der Zukunft zu bewältigen.

Unsere Mithilfe, meine Damen und Herren, kann und will ich gerne anbieten. Wir stehen ihr bei der Bewältigung dieser Aufgabe offen, konstruktiv und kooperativ zur Seite. Wir halten es auch für ein Mindestangebot an Fairness und politischer Anständigkeit, wenn ihr auch die Opposition – anders, als das in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses der Fall war – eine entsprechende Einarbeitungszeit für diese schwierige Materie zugesteht, denn es wäre im höchsten Maße unfair, ihr jene Probleme aufzuhalsen, die sozialdemokratische Verkehrsminister in den letzten zehn Jahren nicht beziehungsweise völlig unzureichend gelöst haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Forderungen, die in den ersten Tagen bereits an die neue Verkehrsministerin gerichtet wurden, sind gleichzeitig ein Katalog von Mängeln und Versäumnissen, die von den sozialistischen Verkehrsministern hinterlassen wurden und die auch eklatante Fehlleistungen dieser Minister widerspiegeln, meine Damen und Herren! Diese Palette reicht von der Nichtlösung der Probleme des Semmering-Basistunnels (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) bis zu den offenen Problemen des Transitverkehrs, bis zu den Problemen der fehlenden Bahnreform. All diese Probleme haben Sie weder politisch noch rechtlich gelöst, meine Damen und Herren, sondern dieser neuen Regierung hinterlassen. (Abg. Edler: Semmering-Tunnel wiederholen!)

Es waren sozialdemokratische Verkehrsminister, die für jene Zustände in der Verkehrspolitik zuständig waren, die Sie heute beklagen, meine Damen und Herren! Deshalb ist Ihre Kritik völlig unglaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Sozialdemokratische Partei ist auch in diesem Bereich der Verkehrspolitik den Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Sie hat die Lösung von Problemen verschoben, sie hat Schulden ausgelagert, und sie hat Lösungen in die Zukunft verschoben. Das war der falsche Weg. Dieser darf in der Verkehrspolitik nicht weitergegangen werden. Bundesbahn: 50 Milliarden Schilling Schulden, ASFINAG: 82 Milliarden Schulden, Schieneninfrastrukturgesellschaft: 140 Milliarden Schilling, Post- und Telekom-Beteiligungsholding: 36 Milliarden Schilling. – Sie haben in diesem Bereich der Verkehrspolitik über 250 Milliarden Schilling Schulden angehäuft, meine Damen und Herren!

Die Post- und Telekom-Schulden haben sich angehäuft, weil die früheren Finanzminister die Gewinne des Telekom-Sektors in das Budget umgeleitet haben und der Telefonbereich seine Investitionen über zusätzliche Verschuldung finanzieren musste. Ich habe – Sie wissen es, meine Damen und Herren, auch von den Sozialdemokraten – vor dieser Entwicklung immer wieder gewarnt, aber Ihre Finanzminister wollten das so haben.

Auch die Ausgliederung der Post und Telekom, ihre Selbständigkeit und ihre Privatisierung wurden doch von den Verkehrsministern und den SPÖ-Gewerkschaftern verzögert, so lange es nur ging, meine Damen und Herren. Das war auch bei der UMTS-Versteigerung und bei der Telekom-Privatisierung ähnlich.

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang vorlesen, was ein anerkannter Wirtschaftsexperte, nämlich Dr. Wailand, heute schreibt – Herr Dr. Gusenbauer, das gilt auch für Sie –:

"Natürlich haben es die klugen Kritiker immer schon gewusst: Zum Schrottpreis hätte man die Telekom-Aktien jetzt verscherbelt. ... Haben diese Stimmen Recht? ... nein! Warum? Weil die Fehler bezüglich der Telekom vor vielen Jahren gemacht wurden: Als man ..."


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Abgeordneter! Ich bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): "Als man krampfhaft Post und Telekom in einem Unternehmen halten wollte, als die Finanzminister Jahr für Jahr ... aus dieser Firma absaugten, während" andere Unternehmen "längst Richtung Börse und Institutionalisierung" gingen. "Wo waren die Kritiker damals, wer hat diese Todsünden aufgezeigt?"

Meine Damen und Herren! Sie haben nicht nur keine Sünden aufgezeigt, sondern Sie sind in all diesen Fragen ganz massiv auf der Bremse gestanden und haben verhindert, dass es da zu fortschrittlichen Lösungen gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir brauchen nicht nur ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, wir haben uns ausgemacht, dass wir die 10 Minuten Redezeit einhalten, und das gilt für jeden, bitte!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Mein Schlusssatz: Wir brauchen nicht nur in der gesamten österreichischen Politik, sondern wir brauchen auch in der Verkehrspolitik neue Wege, und diese Bundesregierung steht dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das waren 11 Minuten und 10 Sekunden. Ich muss auf Fairness achten, Herr Kollege!

Herr Abgeordneter Van der Bellen, Sie sind der Nächste. Aber bevor Sie das Wort erhalten, habe ich noch etwas bekannt zu geben.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich teile mit, dass mir ein weiterer Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorliegt. Herr Abgeordneter Dr. Pilz hat gemäß § 33 Abs. 1 GOG beantragt, einen Untersuchungsausschuss betreffend die Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich und Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden, die dazu geführt haben, dass jahrelang unbemerkt personenbezogene Daten an dazu nicht Berechtigte und Befugte weitergegeben wurden, einzusetzen.

Es liegt auch dazu das Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Antrag durchzuführen. Diesem Verlangen ist stattzugeben.

Ich würde vorschlagen, dass wir auf Grund des engen inhaltlichen Zusammenhanges mit einem Untersuchungsausschuss, den wir bereits angekündigt haben, eine Praxis wählen, die wir in vergleichbaren Fällen gewählt haben. Das heißt, zwei kurze Begründungen und dann eine Diskussionsrunde, jede Fraktion hat 5 Minuten – sofern es darüber Konsens gibt, weil wir das immer nur auf konsensualer Basis zusammengelegt haben. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

*****

Das Wort erhält nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

10.53

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist dies die dritte Regierungsumbildung, wenn ich mich nicht täusche: zuerst Herr Krüger, dann Frau Sickl und jetzt Herr Schmid. Wir haben den Rücktritt von Herrn Schmid ohne großes Bedauern zur


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Kenntnis genommen, weil wir das Gefühl hatten, dass er in wichtigen Fragen seines Ressorts – zum Beispiel in Fragen der Forschungsfinanzierung, der Forschung und Entwicklung – nicht jenes Engagement gezeigt hat, das man sich von einem Innovationsminister erwarten hätte müssen.

Sehr geehrte Frau Ministerin Forstinger! Wir haben kein negatives Vorurteil gegen Sie gefasst. Wir haben uns natürlich in Oberösterreich erkundigt und unsere Kolleginnen und Kollegen im Oberösterreichischen Landtag (Abg. Dr. Ofner: Bespitzelt!) – bitte, Herr Kollege, man wird ja wohl noch fragen dürfen – gefragt: Sagt einmal, wie habt ihr Kollegin Forstinger erlebt? Diese haben gesagt: Sie ist im Großen und Ganzen okay. Ich will mich diesbezüglich jetzt nicht verbreitern.

Insofern wären wir in Versuchung, Frau Ministerin Forstinger diese 100-Tage-Frist zu geben, die üblicherweise oder hin und wieder neuen Ministern eingeräumt wird. Ich fürchte nur, Frau Ministerin Forstinger, das geht nicht angesichts des Vermächtnisses von Herrn Schmid, Ihrem Vorgänger, in den verschiedenen Bereichen Ihres Ressorts.

Zum Bereich Verkehr und dazu, was hier alles akut und ausständig ist, wird meine Kollegin Eva Lichtenberger Stellung nehmen. Ich möchte in der Beziehung nur einen einzigen Fall erwähnen, weil ich gestern im Burgenland wahlkämpfen war und dabei auf etwas gekommen bin, bei dem ich mir im Lauf der Jahre auch von Herrn Schweitzer mehr Unterstützung erwartet hätte. Es wird nämlich, Frau Bundesministerin, die Nebenbahnlinie Oberwart–Friedberg eingestellt werden, wenn Sie nicht umgehend tätig werden. Umgehend ist in diesem Fall wörtlich zu verstehen, weil die ÖBB angekündigt, angedroht haben, im Juni 2001 eine Reihe von Nebenbahnlinien einzustellen. Und dazu gehört auch Oberwart–Friedberg, wenn bis dahin nicht etwas geschieht. Da ich die ÖBB kenne, würde ich sagen, die ÖBB werden schon dafür sorgen, dass nichts geschieht. Die ÖBB sind nur an den großen zentralen Linien interessiert. Das zeigt die Vergangenheit zur Genüge.

Frau Bundesministerin! Ich weiß nicht, ob das schon über Ihren Schreibtisch gegangen ist, aber für die Strecke Oberwart–Wien – also nicht nur Oberwart–Friedberg, sondern für die ganze für die Pendlerinnen und Pendler relevante Strecke – gibt es ein Angebot der Graz-Köflacher Eisenbahnen. Ich finde es nicht nur wegen des speziellen Falles, sondern auch ganz allgemein sehr interessant, dass zum ersten Mal auf einer Infrastrukturstrecke, die dem Staat gehört und nicht den ÖBB, eine andere Firma bereit ist, einen Pendlerzug zu betreiben.

Das setzt natürlich eine enge Kooperation mit den ÖBB voraus, und das kann man nicht einfach erwarten, sondern dafür muss man sorgen. Dafür braucht es einen Regulator, der zum Beispiel mit dem Problem des Wiener Neustädter Bahnhofs, das die ÖBB in diesem Zusammenhang immer geltend macht, weil das eine große Engstelle, einen Engpass darstellt, zweckmäßig und zielgerichtet umgeht. Ich brauche nicht zu betonen, dass es im südlichen Burgenland Tausende von Leuten gibt, die derzeit mit dem PKW oder mit dem Autobus nach Wien pendeln – und das bei jeder Witterung. Ich sehe schon, der Kollege da hinten nickt, er weiß wahrscheinlich, wie es ist, wenn man im Winter über den Wechsel fahren muss. Das ist auch ein Sicherheitsproblem ersten Ranges. Sie sollten hier, Frau Ministerin Forstinger, umgehend tätig werden, um zu verhindern, dass ab Juni tatsächlich nur noch mit dem PKW oder Bus gefahren werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind heute aber implizit zwei weitere Regierungsumbildungen anständig, ausständig. – Wie sagt man dazu? – Stehen an, anständig kann man da nicht sagen, also sie stehen an und sind ausständig. Die eine, die wir seit acht oder neun Monaten verlangen und betreiben, ist die Regierungsumbildung betreffend den Rücktritt von Herrn Justizminister Böhmdorfer, und die andere Regierungsumbildung ist jene, welche die FPÖ seit Wochen verlangt, die aber bis jetzt nicht stattgefunden hat und auch nicht stattfinden soll.

Was Herrn Justizminister Böhmdorfer betrifft, so haben wir mehrfach auf die Unvereinbarkeiten hingewiesen, die er in seiner Person verkörpert. Die Anlässe unserer Misstrauensvoten waren unterschiedlich. Der erste Fall war § 248 Strafgesetzbuch im Mai dieses Jahres mit den


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entsprechenden Kommentaren im Bericht der "drei Weisen", der unter anderem in diesem Büchlein hier nachgedruckt ist. (Der Redner hält ein Buch in die Höhe.) Ich empfehle Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, das hin und wieder nachzulesen, insbesondere die Ziffern 95 und 10 dieses Berichtes. Zum Beispiel bezieht sich Ziffer 95 darauf, dass eine solche Position eines Ministers in der Bundesregierung – gemeint ist Böhmdorfer und die Strafverfolgung von oppositionellen Abgeordneten – nicht mit den Verpflichtungen eines Staatsorgans vereinbar ist, wie sie sich aus der Verfassungsstruktur der Europäischen Union ergeben. Das war im September dieses Jahres. – Folgenlos.

Die Regierung nimmt das hin. Die ÖVP schweigt. Das Schweigen zu solchen Fällen ist ein Kennzeichen des neuen Regierens, das uns die ÖVP zu Beginn dieses Jahres angekündigt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Unsere neuen Misstrauensanträge gründen nicht auf § 248, auf dieser nicht bereinigten Geschichte von damals, sondern beziehen sich auf die Unvereinbarkeiten, die Minister Böhmdorfer verkörpert, darauf, dass er oberster Ankläger ist, nämlich als Chef der Staatsanwaltschaft, und gleichzeitig Chefverteidiger der FPÖ und Chefverteidiger von Jörg Haider persönlich sein will. Dass jemand beide Positionen, Chefankläger und Chefverteidiger, in einer Person innehat, das gibt es in keinem Rechtsstaat dieser Welt! – In Österreich wird das jedoch geduldet!

Herr Justizminister! Allein die Bemerkung, die Sie in einem Interview gemacht haben, dass Jörg Haider "über jeden Verdacht erhaben" sei, hätte in einem anderen Staat für einen Rücktritt gereicht! Was immer Sie zu dieser Bemerkung bewogen haben mag: Diese muss als ein unverfrorener und unverhohlener Versuch der Beeinflussung der Exekutive und der Justiz interpretiert werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Deswegen wird mein Kollege Peter Pilz in der weiteren Debatte noch einen Misstrauensantrag einbringen.

Die andere Regierungsumbildung, die anstünde, wenn ich den Freiheitlichen glauben darf – und ich nehme sie ja im Rahmen des Möglichen durchaus ernst –, ist der Rücktritt von Innenminister Strasser. Seit Wochen trommeln die Freiheitlichen, dass Minister Strasser aufhören soll, sein Amt als Bundesinnenminister neutral wahrzunehmen, sonst werde dies und jenes passieren. Einschüchterungsversuche gibt es jeden Tag, und zwar nicht nur gegenüber dem Innenministern, sondern auch – und das halte ich für besonders verwerflich, und ich verwende dieses Wort mit Bedacht – gegenüber Beamten. Wenn Herr Westenthaler mich angreift, muss ich damit rechnen, denn ich bin Politiker, und ich kann auf der gleichen Ebene reagieren. Aber Beamte des Innenministeriums, den obersten Sicherheitschef des Innenministeriums anzugreifen, das ist wirklich inakzeptabel, Herr Kollege Westenthaler! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man muss den Eindruck gewinnen, dass Vorerhebungen wegen des Verdachts auf Verbrechen – es handelt sich nämlich bei dieser so genannten Spitzelaffäre nicht um irgendwas, sondern es besteht der Verdacht eines Verbrechens – Ihrer Meinung nach nur dann zulässig sind, wenn sie sich gegen andere richten, nicht aber, wenn sie sich gegen Angehörige der FPÖ richten! Und es ist, nebenbei bemerkt, typisch, dass Bundesjustizminister Böhmdorfer dazu schweigt, obwohl es sich hier über Wochen hinweg um unverschämte Versuche der Beeinflussung der Exekutive und der Justiz handelt, Herr Kollege Westenthaler! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Auf Grund der Ereignisse von gestern bin ich gezwungen, folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde, eingebracht im Zuge der Debatte über die Ernennung eines Mitglieds der Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Bundeskanzler und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert, allen Versuchen, die Ermittlungen in der Spitzelaffäre zu beeinflussen, entschieden entgegen


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zutreten. Die Ermittlungen sind ohne Ansehen der Person, ausschließlich auf Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu führen.

2. Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, allen Versuchen, Beamte seines Ressorts bei der Ausübung ihrer Dienstpflichten zu behindern oder unter Druck zu setzen, entschieden entgegenzutreten.

*****

Meine Damen und Herren! Allein die Tatsache, dass wir gezwungen sind, einen solchen Antrag über im Grunde genommen Selbstverständliches einzubringen, zeigt, wie weit wir im Umgang mit dem Rechtsstaat in diesem Lande gekommen sind! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist nicht nur die Schuld der FPÖ. Dort liegt sie natürlich vornehmlich, aber es liegt auch am Regierungspartner ÖVP! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Herr Präsident! Sind meine 10 Minuten um? – Gut. Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag des Abgeordneten Van der Bellen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte.

11.04

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Herr Kollege Van der Bellen, ich finde es sehr, sehr gut, dass heute wieder live im Fernsehen übertragen wird, denn dann können die Menschen Ihre Doppelzüngigkeit ein bisschen entlarven und nachverfolgen!

Sie, Herr Abgeordneter Van der Bellen, haben heute von "Chefankläger" und "Pflichtverteidiger" gesprochen. – Sie und Ihr Verbündeter Pilz und auch Ihre Verbündeten in der linken Reichshälfte, nämlich die Genossen, sind zum Chefankläger und Pflichtverteidiger der hohen roten Beamten in den Ministerien geworden. Dabei vergessen Sie völlig die Schicksale der kleinen Beamten, nämlich der suspendierten Polizeibeamten, die Familienväter sind und auf das Existenzminimum beschränkt werden, und zwar wegen einiger geringen und auch sehr dubiosen Verdachtslage. Diese Beamten müssen sofort eine rechtswidrige Hausdurchsuchung erleben und werden rechtswidrig – wie sich mittlerweile herausgestellt hat – suspendiert beziehungsweise versetzt. Entsprechende Bescheide liegen ja auf dem Tisch. – Ich finde es gut, dass die Menschen das sehen.

Herr Kollege Van der Bellen! Herr Kollege Gusenbauer! Wir setzen uns, solange die Unschuldsvermutung gilt, für diese kleinen Beamten und Familienväter ein. Für diese setzen wir uns ein! Sie verteidigen hingegen die Großen des Systems! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist interessant, mit welcher Emotionalität Herr Kollege Gusenbauer hier vorgetragen hat. Das ist klar: Jetzt sitzt eine "Regierung neu" auf der Regierungsbank (Abg. Dr. Gusenbauer: Jeden Tag neu!), und zwar mit einem nichtsozialistischen Bundeskanzler, nachdem dieses Amt jahrzehntelang in sozialistischer Hand war, mit der ersten Frau Vizekanzlerin der Republik Österreich, dem ersten Herrn Frauenminister der Republik Österreich und – jetzt ganz neu – der ersten Frau Technologie- und Infrastrukturministerin.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe, dass so viel an Neuem, so viel Wechsel, so viel Wende, so viel Sympathie und auch Kompetenz der Altpartei SPÖ fürchterlich weh tun und dass deren Mitglieder hier daher sehr emotional diskutieren müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Wie verzweifelt Sie sein müssen, zeigen ja die verzweifelten Ausflüchte, die Sie plötzlich suchen, wenn Sie etwa sagen, dass alles verschoben werden muss, dass kein Kindergeld kommen soll, dass es keine Nulldefizite geben soll, sondern weiter Schulden gemacht werden sollen, Schulden ohne Ende!

Sie gehen so weit, dass Sie nicht einmal ein Wort darüber verlieren, wie es dazu kommen konnte, dass im Burgenland die Hälfte des Landesbudgets, nämlich 4,7 Milliarden Schilling, im sozialistischen Skandal der Bank Burgenland den Bach hinunter gegangen ist. Und dann kommen Sie in Ihrer Verzweiflung, fast schon winselnd, mit Schmähs und Gerüchten. Herr Gusenbauer tut plötzlich wichtig und sagt, dass Sie ein Koalitionsangebot bekommen haben, dass jemand einen fliegenden Koalitionswechsel will! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Wenn man allerdings nachfragt, wer denn dieses Angebot gemacht hat, dann bekommt man zu hören: Das kann ich nicht sagen, den Namen verrate ich nicht! – Herr Kollege Gusenbauer! Die Performance, die Sie da an den Tag legen, ist jämmerlich, das glaubt Ihnen kein Mensch!

Dann regen Sie sich hier wegen eines oftmaligen Ministertauschs in neun Monaten auf, weil drei Minister ausgetauscht worden sind. Herr Kollege Gusenbauer! Sie vergessen dabei völlig, dass Ihre Partei allein in einem Jahr, im Jahre 1995, für vier Ressorts acht Minister und drei Staatssekretäre verbraucht hat. 1995 hat die SPÖ in einem Jahr beziehungsweise in nicht einmal einem Jahr, sondern in elf Monaten elf Damen und Herren für die Ressorts gebraucht. Das ist ja fast schon so wie bei "Taxi Orange" im ORF! Der Unterschied ist: Dort muss jede Woche einer das Haus verlassen, bei der SPÖ musste jeden Monat einer das Haus verlassen! Das ist der Unterschied zum "Taxi Rot" der SPÖ!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hören Sie jetzt gut zu, damit Sie merken, wie ein Regierungswechsel nicht stattfinden soll! – Die Tageszeitung "Die Presse" schreibt am 15. Juni 1996 Folgendes – ich zitiere –:

"Die Skurrilitäten häuften sich im Laufe der Jahre: Im ersten Kabinett folgte Harald Ettl als Beamten- und Gesundheitsminister Franz Löschnak, der 1989 Karl Blecha als Innenminister ablöste, weil dieser im ‚Lucona‘-Strudel unterging. Anfang 1992 musste Ettl gehen, um Michael Ausserwinkler als Gesundheitsminister Platz zu machen, der wiederum auch nur eine kurze und extrem glücklose Amtszeit hinter sich brachte, bevor er zurück nach Kärnten ging. Unterrichtsministerin Hilde Hawlicek wurde plötzlich ohne Vorwarnung durch Vranitzkys früheren Sekretär Scholten ersetzt. ... Es folgte Walter Geppert – einer der nicht seltenen personellen Fehlgriffe Vranitzkys. Den letzten dieser Art hatte sich der SP-Chef mit der Berufung von Andreas Staribacher zum Finanzminister geleistet, an dessen Inkompetenz unter anderem sogar das Kabinett Vranitzky IV nach nur einem Jahr scheiterte." – Das schreibt "Die Presse".

Und weiters: "Insgesamt schaffte es Vranitzky, mehr als 20 Minister und Staatssekretäre zu verbrauchen, eine stolze Leistung, die bis heute nicht ihresgleichen hat ..."

So etwas sucht man bis heute und wurde nicht mehr wieder gefunden! Und Sie werfen uns vor, dass wir im Rahmen einer Erneuerung in acht Monaten drei Minister auswechseln! Dazu haben Sie kein Recht, meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie sollten eher politische Verantwortung wahrnehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin froh darüber, dass wir eine neue Ministerin haben, die äußerst kompetent und zielstrebig ist und auch schon unter Beweis gestellt hat, dass sie schwierige Aufgaben in einer sensiblen Zeit richtig angeht. Ich muss sagen: Dieser Einstieg war sicherlich einer der schwierigsten, wenn nicht der schwierigste für ein Regierungsmitglied in einer der emotional wohl schwierigsten Phasen in der Republik Österreich. Ich möchte ihr für die richtigen Konsequenzen, die sie gezogen hat, danken, vor allem aber für das sehr sensible, verantwortungsvolle Vorgehen nach dieser schwersten Katastrophe der Zweiten Republik. Liebe Monika Forstinger! Du hast in dieser Phase nicht nur Größe, sondern viel Gefühl und vor allem politische Verantwortung gezeigt! Das war ein guter Einstieg! Danke! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Politische Verantwortung sollten Sie hier nicht einmahnen, wenn Sie noch immer nicht den Bank-Burgenland-Skandal geklärt haben. Ich habe es schon gesagt: Ein halbes Landesbudget – 4,7 Milliarden Schilling – wurde in einem dichten Netz von Freunderlwirtschaft in den Sand gesetzt. Mittlerweile liegt der konkrete Verdacht der Parteienfinanzierung und der Bestechung von SPÖ-Politikern vor. – Ich zitiere aus dem "profil":

"Aus den von Baumeister Gruber in Venezuela zusammengetragenen Dokumenten, darunter angeblich mehrere Mikrofilme aus dem Zentralrechner eines venezolanischen Geldinstitutes," – die man bei Hom-Rusch gefunden hat – "sollen sich freilich diese Vorgänge rekonstruieren lassen. Demnach soll Hom-Rusch bereits Ende der achtziger Jahre als weitgehend unbekannter Unternehmer stattliche Überweisungen nach Österreich getätigt haben. Auf Konten hochrangiger SPÖ-Funktionäre."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich richte diesbezüglich das Ersuchen an den Innenminister: Hier ist Gefahr in Verzug, und es wäre angebracht, so rasch wie möglich eine Sonderkommission einzusetzen, die diesen unfassbaren sozialistischen Kriminalfall aufdeckt, auch im Innenministerium. Das wäre notwendig! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Gusenbauer! Sie haben uns ein Budget mit 100 Milliarden Schilling Defizit hinterlassen. Sie haben über 2 000 Milliarden Schilling an Schulden hinterlassen, 9 Milliarden Schilling Krankenkassendefizit. Mit 350 Millionen Schilling sind Sie in Ihren eigenen Parteikassen pleite, und jetzt kommen noch 4,7 Milliarden Schilling durch die Freunderlwirtschaft im Bankenbereich dazu!

Meine Damen und Herren! Das ist Ihre politische Verantwortung, die Sie nicht wahrgenommen haben! Daher haben Sie auch nicht das Recht, auf einen angeblichen Spitzelskandal abzulenken, der in 30 Jahren Herrschaft im Innenministerium gewachsen ist, wo Sie auch dieses ominöse EKIS-Spitzelsystem aufgebaut haben. Das war nämlich Ihre Datei – und nicht die Datei der FPÖ oder der ÖVP –, in welcher noch heute illegale Daten enthalten sind! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Und heute wird sich auch herausstellen, dass das Ihr Skandal ist, denn jetzt geht Ex-Innenminister Einem bereits auf seinen Ex-Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Sika los. Jetzt geht es schon los! Jetzt beginnen schön langsam die Wahrheiten an die Oberfläche zu kommen!

Ungerechtfertigte Suspendierungen gegen "kleine" Beamte, die wir schützen, werden aufgehoben. Es tritt zutage, dass es zu rechtswidrigen Hausdurchsuchungen gekommen ist. Es tritt zutage, dass es zu rechtswidrigen Versetzungen gekommen ist, und zwar all das unter der Verantwortung des roten Sicherheitsdirektors Buxbaum. Daher haben wir sehr wohl das Recht, diese Kritik zu erheben, und selbstverständlich ist ein hoher Beamter des Innenministeriums nicht sakrosankt, sondern wird diese Kritik auch aushalten müssen, wenn er sich so gebärdet und so vorgeht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist eine Hetzkampagne!)

Sie haben in den vergangenen Wochen mit schweren Geschützen auf die Freiheitlichen gefeuert. Sie haben mit Kanonen gefeuert. Schön langsam lichten sich die Pulverdämpfe und die Wahrheit kommt an die Oberfläche, die rote Wahrheit! (Abg. Dr. Gusenbauer: Gibt es einen Untersuchungsausschuss?) Und ich sage Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer: Die Wahrheit in diesem roten Spitzelskandal wird Ihrer Partei noch zum Verhängnis werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Dr. Forstinger. – Bitte, Frau Minister.

11.15

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Regierungskollegen! Sehr geehrte Abgeordnete zum Nationalrat! Meine Damen und Herren auf der Zusehertribüne!


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Sehr geehrte Damen und Herren von der Presse! Liebe Freunde! Es ist heute schon gesagt worden: Mein Amtsantritt zu einem sehr hohen verantwortlichen Amt ist im Schatten eines schrecklichen Ereignisses gestanden, dessen Ursache wir heute noch immer nicht genau kennen. Es wurde mir einmal mehr bewusst, wie unbedeutend die eigene Befindlichkeit ist, und das ist gut so.

Ich danke von dieser Stelle aus noch einmal allen Betreuern vor Ort und all jenen, die bemüht sind, das menschliche Leid zu lindern! Weiters danke ich allen, die helfen, das Geschehene kritisch zu durchleuchten, damit wir daraus lernen und alles daran setzen, Derartiges in Zukunft zu verhindern! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf Grund solcher Vorkommnisse stellt sich immer wieder die Frage nach der Aufgabe des Staates. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ist in direkter Zuständigkeit für Seilbahnen in der Sicherheitsfrage verantwortlich. – Auch wenn es sehr beruhigt, dass alle Unterlagen und Berichte vorliegen, kann ich sagen, dass uns diese Diskussion sicherlich noch lange begleiten wird. Es ist nicht damit getan, wenn man sich auf den Formalstandpunkt zurückzieht. Auch wenn Ereignisse noch so tragisch sind, müssen wir den Blick nach vorne richten.

Ganz persönlich danke ich an dieser Stelle auch meinen verantwortlichen Mitarbeitern für den Einsatz auch am Wochenende und für die unbürokratische Unterstützung. Sie haben alle angeordneten Datenerhebungen, die Sonderüberprüfung und den Einsatz der internationalen Expertengruppe sofort mitgetragen, unverzüglich veranlasst und auch konstruktiv unterstützt. Für mich war dies bereits eine erste Bestätigung dafür, dass ich mit meinem – für manche teilweise jugendlich idealisierten – anderen Zugang zur Arbeit in einem Ministerium richtig liege. Meines Erachtens ist nämlich auch ein Ministerium zu solidem Krisenmanagement und raschem Handeln fähig! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Haltlose Anschuldigungen ehemaliger Verantwortlicher sind in einer derartigen Situation wirklich nicht angebracht. Vielmehr sind entsprechende Konsequenzen zu ziehen, man muss innehalten, Bestehendes überprüfen, aus Fehlern lernen und Erkenntnisse einfließen lassen. Überhastete Anlassgesetzgebung oder bewusstes Ausnutzen als Verzögerungstaktik bei der Entscheidung hinsichtlich anstehender anderer Projekte sind sicherlich nicht die geeigneten Mittel. Wir müssen uns aber auch dessen bewusst sein, dass es hundertprozentige Sicherheit nicht gibt und weder der Mensch noch die Technik fehlerfrei ist.

Das Thema Sicherheit ist ein wichtiger Schwerpunkt bei meiner künftigen Tätigkeit. Ein umfassendes Verkehrssicherheitspaket mit einer Reihe von Vorschlägen wird bereits ausgearbeitet. Es sollen jedoch keine einzelnen interdisziplinären Maßnahmen verordnet werden. Die Menschen müssen verstehen, warum Vorschriften erlassen werden. Hier gilt es, vor allem bei der Bewusstseinsbildung anzusetzen. Wichtig ist aber auch der internationale Vergleich gerade im Hinblick auf die Auswirkungen der Verbesserung der Sicherheit. Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden, viele Erfahrungen liegen bereits auch in anderen EU-Ländern vor. Die wirkungsvollsten Mittel sind einzusetzen. Verkehrssicherheit kann nicht nur ein Thema von Strafen und Vorschriften sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie wird kurz oft auch als "Infrastrukturministerium" bezeichnet, und mit Infrastruktur wird richtigerweise mehr bezeichnet als nur Schiene, Straße, Wasserstraßen und Seilbahnen. Vielmehr sind darin auch die Informationsübertragung, Telekom, und der Einsatz von Wissen, Innovation und Forschung enthalten. Es handelt sich hiebei um das Zukunftsministerium. Erstmals sind Schiene und Straße in einem Verantwortungsbereich zusammengefasst. Endlich ist es auch möglich, das gegenseitige Ausspielen zu verhindern.

Die uneingeschränkte Mobilität ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Die Konsequenzen, die sich daraus für die betroffenen Anrainer und die Umwelt ergeben, werden oft sehr spät beachtet. Österreich ist ein klassisches Transitland, und im Herzen Europas können wir Verkehrsprobleme sicherlich nicht allein lösen. Wenn wir langfristige, nachhaltige Lösungen erreichen


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wollen, ist ein starkes Auftreten mit kräftiger einheitlicher Stimme in Brüssel gefragt. Wir brauchen auf gesamteuropäischer Ebene tragbare Lösungen der Transitproblematik, die eine dauerhafte und umweltgerechte Reduzierung der Belastung für Österreich und seine Bevölkerung gewährleisten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man darf den Blick auf das Ganze nicht verlieren. So lange kleinräumige Interessen vor Gesamtlösungen stehen, werden noch so viele Studien und Verkehrskonzepte nicht helfen! Ich appelliere an alle, die gerne in der allgemeinen Diskussion für Integration und ein starkes Europa auftreten, dies auch bei der Lösung der anstehenden Probleme zum Ausdruck zu bringen!

Einen besonderen Schwerpunkt werde ich im Bereich der Innovation und Technologie setzen. Österreich ist als Land der Erfinder und des Exportes von Ideen sehr bekannt. Wir müssen aber auch mehr Selbstbewusstsein entwickeln und auch hinsichtlich der praxisorientierten Anwendung im eigenen Land einen kräftigen Impuls setzen.

Gleichzeitig ist aber auch darauf Bedacht zu nehmen, dass alle Programme so angelegt sind, dass eine entsprechende Hebelwirkung auch bei der Aktivierung der EU-Förderungsprogramme erzielt wird. Das alleinige Feststellen, wie weit hinten Österreich im internationalen Vergleich auch bei Forschungs- und Entwicklungsausgaben in der Wirtschaft gereiht ist, ist zu wenig.

Es sind Vorschläge auszuarbeiten, wie einerseits Schwachstellen beseitigt werden können, die aber auch eine deutliche Ansage für die künftige Entwicklung darstellen. Die Kompetenz in der Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnologie wird in hohem Ausmaß entscheiden, wie sich Österreich künftig wirtschaftlich entwickeln wird. Im Zusammenhang mit EDV-Arbeitskräften – Stichwort e-Commerce – geht es nicht nur um die Frage der Ausbildung, sondern vielmehr auch um die Frage des Einsatzes und der Organisation. Neue Medien sind nicht dazu geschaffen, uns mit einer Informationsflut Stress zu bereiten, sondern uns das Leben zu erleichtern. Der richtige Einsatz ermöglicht Flexibilität im Arbeitsbereich und damit nicht zuletzt auch für viele Frauen einen verbesserten Wiedereinstieg ins Berufsleben, Stichwort: Telearbeit. Bei Forschung und Entwicklung geht es eben nicht nur um die neuen Techniken, sondern es muss künftig in verstärktem Maß eine Ausrichtung auf den Bereich des vernetzten Denkens, der Organisation, der sozialen Kompetenz und der Kommunikation geben.

Es ist erfreulich, dass trotz der sehr restriktiven Sparmaßnahmen in diesem Bereich eine sehr hohe Dotierung, die voll rücklagefähig ist, im Budget vorgesehen ist. Für Forschung ist interdisziplinäres Denken erforderlich. Der bereits eingerichtete Rat für Forschung und Technologieentwicklung hat neben der Ausarbeitung der ersten Schwerpunkte auch die Bündelung der Kräfte bei der Zuständigkeit von drei Ressorts zu bewerkstelligen. Die Finanzierung muss nachhaltig wirken und somit einen echten Impuls für die Wirtschaft darstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die übertragene Aufgabe und die damit verbundene große Verantwortung stellen aber nicht nur eine tagtägliche Herausforderung dar, sondern bieten insbesondere auch die Chance, richtungweisende Schritte für unser Land zu setzen. Ich habe mir vorgenommen, dieses in die Zukunft orientierte große Ministerium nach ein wenig mehr managementorientierten Prinzipien zu führen und das Umfeld, den Markt, die künftige Entwicklung sowie – wie schon erwähnt – interdisziplinäre Zusammenhänge zu beachten und zu berücksichtigen, dass immer wieder zu hinterfragen ist, warum etwas bisher gerade so und nicht anders gemacht wurde.

Es muss auch erlaubt sein, Tabus anzudiskutieren und Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Gerade weil diese Zeit technisch so mobil und schnelllebig ist, soll neben dem Sachverstand auch der Hausverstand mehr Platz greifen. Das, was wir tun, muss für die Menschen verständlich sein. Entscheidungen können nur dann mitgetragen werden, wenn sie verstanden werden, denn nicht immer ist das technisch Machbare auch politisch realisier- und finanzierbar.

Geschätzte Damen und Herren des Nationalrates! Ich danke bereits im Voraus für die sehr gute Zusammenarbeit mit Ihnen!


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Mein Blick geht auch in Richtung Oppositionsparteien. Ernst gemeinte, konstruktive Kritik kann nur gut sein, damit die eingeschlagene Richtung immer wieder hinterfragt und so die Sicherheit gewonnen werden kann, dass Entscheidungen richtig getroffen wurden.

Ich trete mein Amt mit Dank an meine Familie und Freunde für die persönliche Unterstützung und an die ehemaligen Mitarbeiter, Kollegen und Geschäftspartner für die gute Zusammenarbeit in Achtung der übertragenen Aufgabe im Dienste der Republik an. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.25

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin Forstinger, ich darf Ihnen bei allem, was uns politisch trennt, mitteilen, dass ich mich darüber freue, dass jetzt eine Frau dieses Ressort übernimmt. Ich begrüße es parteiübergreifend immer, wenn Frauen in Spitzenpositionen kommen. Das ist besonders im Bereich der Politik sehr wichtig, weil das ein wichtiges Signal für alle Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen ist, und wir sind ja bekanntlich im Moment nicht besonders verwöhnt mit positiven Signalen in Richtung Frauen. (Abg. Dr. Pumberger: Sie sehen diese halt nicht!) Dieses gute Signal ist daher wichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie treten in einer politisch schwierigen Zeit an, Sie haben sich keine leichte politische Zeit ausgesucht. Die Partei, für die Sie hier antreten, haben Sie allerdings selbst gewählt, und dazu kann ich Ihnen nicht gratulieren! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Die Verweildauer in dieser Bundesregierung ist, speziell was Ihre Fraktion betrifft, bekanntlich sehr kurz. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Daher kann ich Ihnen im doppelten Sinne des Wortes nur dringend empfehlen, Frau Bundesministerin: Schnallen Sie sich an! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben das wichtigste Ressort übernommen für die Politik der Standortqualität unseres Landes für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Ihr Vorgänger hat leider nie wirkliches Interesse an dieser Materie entwickelt. Ich wünsche Ihnen, uns und vor allem dem Land, dass es Ihnen mit diesen wichtigen Fragen anders gehen wird.

Die Politik Ihres Vorgängers ist uns teuer zu stehen gekommen. Ich erinnere an die Versteigerung der UMTS-Lizenzen, bei welchen ein Bruchteil des möglichen Erlöses erzielt wurde. Das hat den Steuerzahler und die Steuerzahlerin Dutzende Milliarden Schilling an Steuergeld gekostet. Praktisch hat Herr Schmid auf diese Weise eine Steuer für ministerielle Unfähigkeit verursacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Durch das permanente Aufschieben der LKW-Maut entgehen dem Budget viele Milliarden Schilling, die wir brauchen würden und die uns einiges ersparen würden. Die Telekom-Verschleuderung vervollständigt dieses Bild. In diesem Zusammenhang wurde auf Milliarden an Einnahmen verzichtet. Diese Bundesregierung hat sich entschieden, lieber schmerzhafte Belastungen vorzunehmen, und zwar auf Kosten der Unfallrentner, der Arbeitslosen, der Studenten und der Frauen, die sich dafür entschieden haben, keine Kinder zu bekommen. – Das ist eine kaltherzige Politik, für die sich diese Bundesregierung entschieden hat, eine Politik, die dieses Land mit seiner sozialstaatlichen Tradition nicht verdient, eine Politik, die beschämend ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesminister! Ihr Vorgänger ist mit der Aussage abgetreten, dass er diesen Schritt deshalb setzt, weil seine Batterien leer sind. – Wenn man sich die Ereignisse der vergangenen Wochen vor Augen hält, dann muss man aber sagen, dass die Batterien der FPÖ überhaupt leer geworden sind, denn die FPÖ ist eine krisen- und skandalgeschüttelte Partei. Aus der Partei des "kleinen Mannes" ist eine Partei der gebrochenen Wahlversprechen geworden, denn die Bilanz nach wenigen Monaten lautet, dass wir die höchste Belastungsquote und die höchste


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Inflationsrate haben. Und was bedeutet das für die Geldbörse des von Ihnen viel zitierten "kleinen Mannes"? – Das Geld, das er in der Geldbörse hat, ist weniger wert, er muss aber mehr Belastungen damit finanzieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Wähler spüren das bereits und laufen der FPÖ nunmehr bei bereits fünf Wahlgängen davon. Das macht einen wesentlichen Teil der Nervosität dieser Partei aus.

Außerdem sind die Spitzen der FPÖ bis hin zu ihrem Alt-Parteiobmann in den größten demokratiepolitischen Skandal dieser Republik verwickelt, aus der Partei von Recht und Ordnung ist die Partei von Unrecht und Unordnung geworden!

Was die FPÖ in diesem Zusammenhang aufführt, das rüttelt wirklich an den Grundfesten dieser Republik. Nicht genug damit, dass der begründete Verdacht besteht, dass systematisch ein Spitzelnetz aufgebaut wurde, eine Struktur, um Menschen zu bespitzeln und Rufmord zu begehen, es werden jetzt auch noch Druckmittel angewandt beziehungsweise wird der Versuch unternommen, die Beamten, die im Auftrag der Justiz die Ermittlungen führen, zu beeinflussen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist dies die uns allen bekannte Methode der FPÖ, Menschen unter Druck zu setzen, sie zu verängstigen, wenn sie gegen die Interessen der FPÖ handeln oder gar nur denken. (Abg. Gaugg: Sagt Ihnen der Name Praschak etwas?)

Zuerst war einmal die Drohung gegen Oppositionspolitiker da, strafrechtliche Verfolgung vorzunehmen, wenn nicht regierungsfreundliche Haltungen eingenommen werden. Dann sind Künstler und Intellektuelle mit Klagen überhäuft worden. Schließlich wurden Journalisten darauf aufmerksam gemacht, dass die Pressefreiheit Grenzen hat, und wurden als "kranke Hirne" bezeichnet, wenn sie den FPÖ-Skandal aufdecken wollten. Jetzt sind offensichtlich die im Auftrag der Justiz ermittelnden Beamten dran. Dazu wäre doch endlich auch ein klärendes Wort des Justizministers am Platz! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie bauen eine Druckwelle auf, aber was ist Ihre Kritik? – Ihre Kritik ist, dass nur gegen Freiheitliche ermittelt werde. Dazu möchte ich zwei Feststellungen treffen:

Zum Ersten: Es ist gegen jene zu ermitteln, gegen die Verdachtsmomente vorliegen – und das sind nun einmal Repräsentanten Ihrer Partei. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Zweiten: Es ist offensichtlich für Sie schwierig, sich vorzustellen, dass Ermittlungen in objektiver Weise laufen. Das liegt aber daran, dass Sie Gefangene Ihrer eigenen Logik sind.

Die Frau Vizekanzlerin hat das auch deutlich zum Ausdruck gebracht, als sie in ihrer Rede am Kärntner Sonderparteitag gesagt hat: Das ist nicht der Rechtsstaat, den wir wollen! – Ja welchen Rechtsstaat wollen Sie denn: Wollen Sie den Rechtsstaat, wo der Herr Justizminister bereits die Maxime in Verteidigung Ihres Alt-Parteiobmannes ausgegeben hat? Wollen Sie einen Rechtsstaat, in dem Freiheitliche über jeden Verdacht erhaben sind? – Das ist nicht der Rechtsstaat, den wir wollen, und das ist nicht der Rechtsstaat, der unserem Demokratieverständnis entspricht. (Beifall bei der SPÖ.) Und wer ein derartiges Verständnis vom Rechtsstaat hat, der hat in der Regierung nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

FPÖ-Minister verlassen ohnedies in einem hohen Tempo die Regierung – neun Monate, drei Rücktritte, und was wir in diesem Zusammenhang nicht vergessen wollen: ein rücktrittsreifer Minister. Herr Bundesminister Böhmdorfer sammelt Rücktrittsgründe, er sammelt Misstrauensanträge. Ich kenne seine persönliche politische Lebensplanung nicht, ich weiß nicht, wie viele es werden sollen, aber jedenfalls ist auch sein Rücktritt absehbar.

Die FPÖ ist deshalb nicht regierungsfähig, weil sie keine Grundsätze, keine Werte, keine Moral und auch keine Substanz hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Bei Ihnen sitzt die Beleidigung tief!)


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Aber es gibt noch eine Partei in dieser Regierung; das vergißt man in letzter Zeit immer wieder. Was aber ist mit der ÖVP? Warum zögert die ÖVP-Spitze, sich unmissverständlich auf die Seite des Rechtsstaates zu stellen? (Abg. Mag. Kukacka: Sie steht auf der Seite des Rechtsstaates!) Das ist eine Grundsatzfrage! Erklären Sie sich bitte endlich deutlich! Was muss noch alles passieren? Was werden Sie noch alles verteidigen?

Der Herr Bundeskanzler hat heute eine sehr laue Erklärung abgegeben. Er hat eigentlich zu diesen Fragen gar nicht Stellung genommen. Herr Bundeskanzler, brechen Sie Ihr Schweigen, bevor nicht gutzumachender Schaden am Rechtsstaat entsteht! (Abg. Dr. Fekter: Welches Schweigen? Haben Sie heute bei seiner Rede nicht zugehört?) Ihr Schweigen ist nicht mehr Noblesse, sondern Ihr Schweigen grenzt an politische Verantwortungslosigkeit! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidlmayr. )

Herr Bundeskanzler! Sie haben in den Medien den Titel "der schweigende Kanzler" verliehen bekommen. Das ist ein trauriges Markenzeichen, für das Sie sich entschieden haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Offensichtlich waren Sie bei seiner Rede nicht da!)

11.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

11.35

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Zuerst darf ich Ihnen, Frau Bundesministerin Forstinger, zur Bestellung zur Ressortchefin eines der wichtigsten Ministerien herzlich gratulieren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Es ist nach Ihrer bisher gut geleisteten Arbeit in der Wirtschaft sicher eine interessante Herausforderung für Sie, dieses Ressort zu übernehmen. Ihr Aufgabengebiet ist sehr umfangreich und auch kein einfaches. In allen Bereichen, ob im Bereich der Verkehrsinfrastruktur oder der Telekommunikation oder der Technologie, geht es um für die Wirtschaft sehr wichtige, zukunftsgestaltende und wettbewerbsbeeinflussende Dinge.

Lassen Sie mich einige Worte zum Bereich Verkehrsinfrastruktur sagen: Der Güterverkehr stellt den Blutkreislauf der Wirtschaft dar. Wir selbst bestimmen das Verkehrsaufkommen. Zur oft gestellten Fragen, warum so viele LKWs fahren, darf ich sagen: Die arbeitsteilige Wirtschaft verlangt das, denn die Verbraucher wohnen meistens woanders, als die Produzenten sitzen. Auch weil wir jeden Tag frische Lebensmittel haben wollen, bestimmen wir das Verkehrsaufkommen. Daher ist es auch wichtig, dass alle Verkehrsträger gut und richtig eingesetzt werden und dass es keine einseitige Bevorzugung, egal, ob Straße, Bahn, Schiff oder Flugzeug, gibt. Dazu einige Details.

Beim Ausbau der Straßeninfrastruktur sind leistungsfähige Straßenverbindungen mit den EU-Beitrittsländern ebenso wichtig wie mit den Haupthandelspartnern. Dies betriftt vor allem – ich möchte das ein bisschen näher beleuchten – die Verlängerung der Mühlkreis Autobahn, den Bau der Nord Autobahn, eine Autobahnverbindung nach Bratislava, eine leistungsfähige Verbindung von der Süd Autobahn über Fürstenfeld und Heiligenkreuz nach Ungarn. Das sind nur einige Beispiele, die ich hier als wichtig anführen möchte.

In vielen Bereichen haben auch Reparaturarbeiten stattzufinden, und diese sollen, wie wir alle wissen, immer möglichst rasch durchgeführt werden.

Aus Sicherheitsgründen müssen alle Autobahntunnels, die zurzeit nur einröhrig ausgeführt sind, eine zweite Tunnelröhre erhalten. Dies ist insbesondere auf der Tauern Autobahn und im Packabschnitt der Süd Autobahn, wie wir wissen, wichtig.

Meine Damen und Herren! Aber da müssen wir eines wissen: Der Schuldenstand der ASFINAG beträgt derzeit zwischen 85 und 95 Milliarden Schilling. Das sind auch Schulden aus der


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Vergangenheit. Derzeit werden von der ASFINAG nur die Zinsen bedient. Wie das Kapital zurückgezahlt wird, wissen wir noch nicht. Es wird uns dazu noch einiges einfallen müssen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch eine Anmerkung zum Road-Pricing machen, das sicher kommen wird. Aus der Sicht der Wirtschaft ist zu betonen, dass damit eine weitere, sicherlich schwere Belastung auf die Wirtschaft zukommt, und zwar nicht nur, was die Transportkosten betrifft. Verschiedene sensible Produkte, wie zum Beispiel Holz, werden wahrscheinlich aus den angestammten Märkten geschmissen. Wenn das Road-Pricing realisiert wird, dann muss es meiner Meinung nach unbedingt im zeitlichen, tarifmäßigen und technischen Gleichklang mit der Bundesrepublik Deutschland, unserem Haupthandelspartner, geschehen. Dies ist sehr wichtig, um einerseits konkurrenzfähig zu bleiben und andererseits zusätzliche Mittel auch für den Straßenbau zu lukrieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Ofner. )

Nun auch ein paar Worte zur Eisenbahninfrastruktur: Es ist natürlich ebenso wichtig – das ist keine Frage –, dass sie richtig eingesetzt wird. Ich habe schon gesagt: Es ist wichtig, dass Straße, Bahn, Schiff und Flugzeug richtig eingebunden werden.

Meine Damen und Herren! Auch zur Schieneninfrastruktur lassen Sie mich einige Anmerkungen machen: Jahrelang sind in diesem Bereich keine Investitionen getätigt worden. Wir sind da sehr in Verzug. Man hat bei der Bundesbahn viele Jahre über alles geredet, nur nicht über Investitionen, und das fällt uns heute auch auf den Kopf. Es ist wichtig und notwendig, dass wir da die Weichen richtig stellen. Aber auch die Wasserstraßen müssen besser genutzt werden. – So viel zu diesem Themenbereich.

Meine Damen und Herren! Telekommunikation ist sicherlich das Zukunftsthema schlechthin. In diesem Bereich haben wir die höchsten Wachstumsraten zu verzeichnen. Es ist dies eines der interessantesten Teilgebiete Ihres Ressorts, Frau Ministerin.

Von besonderer Wichtigkeit ist dabei eine rasche Abwicklung aller notwendigen Verfahren. Es erweist sich der Verwaltungsgerichtshof – das darf ich hier auch anmerken – als der Telekom-Kontrollkommission nachgelagerte zweite Instanz insofern als unpraktikabel, als dort die Verfahren mehr als zwei Jahre dauern, was in Bezug auf die Schnelligkeit in der Telekommunikationsbranche inakzeptabel ist. Auch da muss an Tempo zugelegt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Technologiebereich ist sicherlich von wesentlichster Bedeutung für die Wirtschaft, für die Wettbewerbskraft der Wirtschaft in der Zukunft. Letztere hängt davon ab, wie weit wir bereit sind, in neue Technologien zu investieren, das heißt, Forschung und Entwicklung nachhaltig zu fördern. Da haben wir, wie wir wissen, einen Nachholbedarf.

Das Ansteigen der österreichischen Forschungsausgaben auf insgesamt 50 Milliarden Schilling beziehungsweise auf 1,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ist vor allem auf die intensiven Forschungsbemühungen der Wirtschaft zurückzuführen. Aber das ist noch nicht genug. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2005 die Forschungsausgaben auf 2,5 Prozent anzuheben. Dazu wird es notwendig sein, dass wir zusätzliche Forschungsaufwendungen tätigen, und da sind insgesamt mehr als 30 Milliarden Schilling vonnöten. Die öffentliche Hand und die Wirtschaft müssen gemeinsam sicher gewaltige Anstrengungen unternehmen, um dieses Ziel erreichen zu können.

Meine Damen und Herren! Das sind nur einige Zahlen, die für uns interessant sind und die es dringend anzupeilen gilt. Aber nur dann, wenn wir den Weg, den wir eingeschlagen haben, nämlich ein schuldenfreies Budget zu erstellen, auch konsequent fortsetzen, werden wir überhaupt in der Lage sein, diese Vorhaben auch umzusetzen beziehungsweise diese Ziele zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Bundesministerin! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, und zwar durchschlagenden Erfolg, sowie viel Glück bei der Bewältigung Ihrer Aufgaben, was sicherlich nicht einfach sein wird, aber ich bin auf Grund Ihrer bisherigen Leistung überzeugt davon, dass Sie das mit Ihren in der Wirtschaft gewonnenen Erfahrungen auch schaffen werden. Wir werden Sie dabei gerne unterstützen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Mader


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thaner begibt sich zu der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Dr. Forstinger und spricht dieser seine Glückwünsche aus.)

11.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

11.42

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Regierung! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Bevor ich mich der neuen Ministerin inhaltlich zuwende, lassen Sie mich doch einige Worte zu den Ausführungen des Herrn Westenthaler sagen: Es ist schon sehr interessant, dass das Einzige, das er sozusagen einzubringen hat, der Vorwurf ist, dass die Opposition die "großen" Beamten verteidigen würde. Bitte, rücken wir das doch ins rechte Lot! In Wirklichkeit geht es doch darum, dass – offensichtlich! – ein Konzept der Freiheitlichen verwirklicht werden soll, das da heißt: Wer gegen Freiheitliche ermittelt, muss weg! Alle anderen sind sozusagen freizustellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das, meine Damen und Herren, ist in einem Rechtsstaat nicht duldbar! Sollte der Koalitionspartner der FPÖ, die Volkspartei, daran denken, den Herrn Buxbaum zu opfern, weil er eben ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit ermittelt hat beziehungsweise dabei ist, zu ermitteln, so träfe das nicht nur ihn, sondern auch die so genannten kleinen Beamten, von denen die FPÖ so gerne redet. Diese sind dann davon besonders betroffen, wenn von oben der Ukas kommt, dass gegen bestimmte Leute nicht ermittelt werden darf. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis. )

Nun aber zu den Themen Verkehrspolitik und Technologiepolitik und zur Bestellung der neuen Ministerin.

Frau Ministerin! Sie selbst haben in einer Ihrer ersten Stellungnahmen gesagt, Sie würden die 100 Tage, die man üblicherweise einer neuen Ministerin oder einem neuen Minister konzediert, um sich einzuarbeiten, nicht brauchen. (Abg. Mag. Firlinger: Stimmt ja gar nicht!) Dann wurden Sie falsch zitiert. Ich glaube aber, dass Sie für dieses Riesenressort natürlich eine Einarbeitungszeit brauchen werden, und natürlich werden wir diese Situation, in die Sie gekommen sind, auch berücksichtigen. Das ist aus meiner Sicht klarzustellen.

Frau Ministerin, Sie haben ein so extrem schweres Erbe angetreten, dass einige Themenkreise ein Warten von 100 Tagen leider nicht zulassen werden. Da ist zum Beispiel die Frage der Mautklage. Wird die Mautklage nun gestellt oder nicht? Ihr Vorgänger, Herr Minister Schmid, hat sie ja angekündigt, aber seither hörte man nicht mehr viel davon. Wenn ja, wer wird geklagt? – Eine der spannenden Fragen, die sich nun in der Verkehrspolitik stellen.

Zweiter Punkt: Die Ökopunkteregelung ist neuerlich auf den Prüfstand gekommen. Wir haben neuerlich eine Riesenüberschreitung bei den Ökopunkten zu gewärtigen, und das, was uns nun für das kommende Jahr – auch mit Duldung der Vertreter des Außenamtes – via so genannten Ökopunkte-Kompromiss aufs Auge gedrückt worden ist, ist ja schon wieder in Gefahr. Auch da gilt es, in diesen 100 Tagen zu handeln, auch da kann nicht gewartet werden. (Beifall bei den Grünen.)

Zwei weitere Punkte, die anstehen und die auch nicht verschiebbar sein werden, betreffen die Frage der Ausschreibung bezüglich der Nebenbahnen. Es kann ja nicht bei den Ankündigungen der ÖBB bleiben, man werde all diese Nebenbahnen einstellen, wie zum Beispiel die Nebenbahn Friedberg–Oberwart, die Mariazeller Bahn oder die Pinzgau-Bahn, bei welcher nun als erster die Ausschreibung erfolgt. Da wird es darum gehen, wie das stattfindet, unter welchen Rahmenbedingungen die Ausschreibung erfolgt, ob das Interesse der Nutzerinnen und Nutzer im Mittelpunkt steht und ob die volkswirtschaftliche Verpflichtung zur Lösung des Pendlerproblems auch im Bereich Nebenbahnen ernst genommen wird.


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Ein äußerst kostenintensiver Punkt duldet leider auch keinen weiteren Aufschub: die Frage der Systementscheidung zum Road-Pricing. Ihr Vorgänger hat angekündigt, Anfang November endgültig klarzulegen, welches Modell des Road-Pricing in Österreich eingeführt werden soll, wozu es höchst an der Zeit ist.

Frau Ministerin! Sie haben in Ihrer Rede gesagt, Sie wollen in mehreren Bereichen zuerst hinterfragen, ob alte Vorgangsweisen richtig oder falsch waren. In der Frage der Einführung des Road-Pricing darf aber keine weitere Verzögerung eintreten, denn sonst entsteht im Budget des Bundes ein Milliardenloch. Dann würde sich auch der Verdacht erhärten – diesen hat Ihr Vorgänger sehr stark genährt –, dass es nur deshalb zur Verzögerung der Einführung des Road-Pricing kommt, weil einige Frächter antichambriert haben. Also da ist eine schnelle Entscheidung notwendig, wenn wir nur in Ansätzen den Termin, den die Regierung immer wieder versprochen hat, zu halten imstande sein wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Puttinger: Seit wann seid ihr für die Verhüttelung?)

Frau Bundesministerin! Sie haben sich natürlich – und das kann ich auch nachvollziehen – in vielen Fragen inhaltlich noch nicht festgelegt. Sie haben allerdings davon gesprochen, dass ganz oben auf Ihrer Agenda die Neustrukturierung der Bahn steht, und haben sozusagen den Wert der Privatisierung in diesem Bereich betont. Ich bitte Sie, sich in diesem Bereich internationale Beispiele sehr genau anzuschauen, denn Privatisierung beziehungsweise Liberalisierung ist ja noch nie ein Allheilmittel gewesen, wenn sie nicht unter Rahmenbedingungen stattfindet, die in erster Linie die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer und damit der Bevölkerung berücksichtigen.

Schauen Sie sich bitte als warnendes Beispiel das englische an, wo sich private Gesellschaften um die hochprofitablen Hauptstrecken balgen, wo aber Nebenstrecken mit weniger Auslastung "kalt" aufgegeben werden und eine Bedienung haben, die maximal dem letzten Jahrhundert entspricht, und schauen Sie sich auch die positiven Beispiele, die es in Europa durchaus gibt, an, um zu wissen, wie wir das in Österreich sinnvoll machen könnten, ohne dabei die Nutzerinnen und Nutzer endgültig zu schädigen.

Privatisierung darf kein Selbstzweck sein! Die Rahmenbedingungen hat die Politik zu definieren, und da darf man nicht von Vornherein annehmen, dass die Privatisierung das Allheilmittel ist, und darf nicht darauf vertrauen, ohne sich wirklich in der Zielsetzung klar zu sein, ohne sich dessen klar zu sein, was das oberste Ziel der Umstrukturierung bei der Bahn ist.

Weil Sie heute sagten, Sie wollen die Normen der Europäischen Union erfüllen, die es im Bezug auf die Trennung der Infrastrukturbereiche und der Fahrzeugbereiche zu erfüllen gibt, eine kleine Frage – vielleicht können Sie das noch nachholen –: Warum hat man gegenüber der Europäischen Union für das Vollziehen dieser Regeln nicht auch etwas in Bezug auf Transit und Transitverkehr herausverhandelt? Das hätten wir uns – und da spreche ich als Tirolerin – sehr gewünscht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zu einigen Dingen, die ich auf Grund der Zeitbeschränkung nur mehr sehr kurz ansprechen kann, aber ich hoffe, dass es in Sachfragen in Zukunft durchaus einen Dialog wird geben können.

Zunächst zur Entwicklung eines Bundesverkehrswegeplanes, der diesen Namen auch wert ist, der auch – und hier bitte ich Sie, noch einmal genau nachzuschauen – zwei Trassen noch einmal kritisch prüft, die entweder schon verordnet sind oder vor der Verordnung stehen. Das sind die Nord Autobahn und die B 301, zwei Bauwerke, die mehr als hinterfragbar sind, wenn es um künftige Verkehrspolitik geht. Das betrifft die Frage des Verkehrssicherheitspaketes, das Sie angekündigt haben, wo ich befürchte, dass Sie auf Grund Ihrer budgetären Ausstattung – es gibt heuer 15 Prozent weniger für die Verkehrssicherheit – wahrscheinlich einige Schwierigkeiten bei der Umsetzung bekommen werden, außer Sie wollen sich wirklich nur auf die Baustellen beschränken. Das hoffe ich aber nicht, und das möchte ich Ihnen auch nicht unterstellen.

Die Mittel für die Unfallforschung, die um 75 Prozent gekürzt worden sind, müssen wieder erhöht werden, denn nur so kann sozusagen eine sachliche Entscheidung getroffen werden.


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Die Fragen – in diesem Fall hoffe ich, dass Ihre aus Ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen auch in Bezug auf Bürgerrechte für Sie handlungsleitend werden – des Fluglärms, der mit den enormen Wachstumsraten im Flugverkehr einhergeht, sind dringend zu lösen. Es gibt viele Anrainer, die mit dem Rücken zur Wand stehen und sehr verzweifelt sind, wenn es um die Belastung ihrer Wohngegend geht. Das ist genauso ein Projekt, das mittelfristig und konsequent angegangen werden muss, wie die Frage Radverkehr oder Technologiefragen insgesamt.

Frau Ministerin! Zum Abschluss noch einige Worte zu Kaprun. Ich glaube, was wir in der Vergangenheit bei den großen Katastrophen gelernt haben und lernen mussten, ist, dass nach einer heftigen Diskussion alles abgebrochen und nichts mehr passiert ist. Ich erwarte mir von Ihnen – ich hoffe, ich erwarte es zu Recht –, dass Sie konsequent an der Umsetzung neuer Sicherheitsstandards für Tunnels, und zwar sowohl für Bergtunnels als auch für Tunnels im Eisenbahn- und Straßenwesen, sorgen werden und nicht nach einer ersten Runde der Stellungnahmen zum Alltagsgeschäft zurückkehren und darauf vergessen, wie wichtig und zentral dieses Thema nicht nur für den Tourismus, sondern für das gesamte Verkehrswesen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

11.54

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst dir, Frau Bundesministerin, von Herzen alles Gute wünschen. Die Sympathien der Bevölkerung sind dir ja schon in den ersten Tagen zugeflogen, das wirst du bemerkt haben. Dass du es trotzdem nicht leicht haben wirst, ist spätestens heute hier einmal mehr bestätigt worden, aber ich glaube, dass du dann, wenn es wirklich ernst wird, auf die Zustimmung der Bürger – und zwar nicht nur auf die Sympathisanten der Regierungsparteien – wirst zählen können. Es wird die Mehrzahl der Bevölkerung hinter dir stehen, davon bin ich ganz überzeugt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Als ich meinen sozialdemokratischen Vorrednern zugehört habe, habe ich den Eindruck gewonnen, dass die vergangenen 30 Jahre an ihrem Bewusstsein spurlos vorübergegangen sind, denn sie halten da heraußen Reden von der Position der Oberlehrer aus und vergessen ganz, dass sie keinen Parteichef mehr haben, der Kreisky heißt, der ein international außerordentlich renommierter Staatsmann gewesen ist, und dass sie nicht mehr von der Warte der absoluten Mehrheit aus Belehrungen erteilen können.

Es sind seither 30 Jahre vergangen. Sie haben keinen Kreisky mehr, Sie haben keine absolute Mehrheit mehr, Sie sind nicht mehr die "linke Reichshälfte", wie Sie heute ein Redner genannt hat, Sie sind ein linkes Reichsdrittel. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die drei Säulen, mein Lieber, von denen die Parteichefs immer gesagt haben, aus ihnen bestehe die Sozialdemokratische Partei, nämlich die Partei selbst, die Gewerkschaft oder die Fraktion der Gewerkschaft und der "Konsum", sie sind schon stark reduziert. Der "Konsum" ist weg, die Partei ist mit 350 oder 450 Millionen Schilling heillos verschuldet. (Abg. Schwemlein: Der Ofner wird alt!) Das heißt, eines von drei Beinen ist weg und das zweite ist gekürzt oder wackelt. Die Standfestigkeit wird nicht mehr großartig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Der Ofner wird alt!)

Dazu kommt noch, dass Ihnen niemand mehr etwas glaubt. (Abg. Schwemlein: Das glaubst aber nur du!) Ich bin beruhigt darob. Wenn die Leute euch das wirklich abnehmen würden, was ich euch da reden höre, dann wäre ich voll Sorge. Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, überziehen seit Jahren und in den letzten Wochen und Monaten ganz besonders in Ihren Darstellungen dermaßen, dass Ihnen das einfach niemand mehr abnimmt.

Wenn Obmann Gusenbauer hier herausgeht und Krokodilstränen darüber vergießt, was wir alles an Chancen versäumen, was wir tun könnten, was wir hätten anfangen sollen, was wir alles nicht getan haben, dann frage ich ihn und die Sozialdemokraten überhaupt, was sie denn


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von den Dingen, die er da heraußen vor einer halben Stunde gepredigt hat, in den vergangenen 30 Jahren wenigstens angefangen haben. Überhaupt nichts! Das alles ist Ihnen nur jetzt eingefallen, da Sie nicht mehr die Möglichkeit haben, sich entsprechend in Szene zu setzen!

Glauben Sie bitte nicht, dass die Bürger draußen nicht wissen, warum es jetzt gilt, den Gürtel enger zu schnallen. Die wissen das sehr wohl. Die wissen sehr wohl, was es bedeutet, pro Tag 680 Millionen Schilling – 680 Millionen Schilling pro Tag! – an Zinsen und an Kreditrückzahlung leisten zu müssen. (Abg. Edler: Wo sparen Sie? Bei den "kleinen Leuten"!) Sie sind zu 87 Prozent dafür, dass in Richtung Null-Neuverschuldung gearbeitet wird. Natürlich ist nicht jeder wirklich begeistert, wenn es ihn selber auch irgendwie trifft. Die Leute durchschauen Sie, die Leute wissen, dass an der Verschuldung die Sozialdemokratie schuld ist. Die Leute erkennen, dass alle Predigten, die jetzt von Seiten der Sozialdemokratie gehalten werden, daran kranken, dass Sie 30 Jahre Zeit gehabt hätten, irgendetwas zu tun, aber nichts oder zumindest nicht das Richtige getan haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber besonders absurd wird es, wenn, wie ich höre, Herr Gusenbauer – dem ich immer gerne ins Gesicht schaue, wenn ich mit ihm rede, aber leider ist er momentan nicht im Saal; ich mache es ihm nicht wirklich zum Vorwurf – das politische Klima beklagt. Ich habe jetzt wieder eine Inschrift wahrgenommen, die schlicht und einfach "Tötet Haider!" lautet. Ich erinnere an die Transparente, die bei den schon im Austrocknen begriffenen Demonstrationen an den Donnerstagen mitgetragen worden sind: "Widerstand im ganzen Land! Schüssel, Haider an die Wand!" Ich darf an das Transparent "Gebt uns Waffen!" erinnern.

Ich habe vor drei oder vier Tagen auf dem Weg zur Rehabilitation eine Inschrift gesehen, die wie folgt lautet: "Weg mit FPÖVP – Krieg!" Da frage ich mich, ob die Autoren dieser Texte wirklich alle Tassen im Schrank haben, denn Krieg in diesem Zusammenhang, im Zusammenhang mit einem innenpolitischen Problem, ist der Aufruf zum Bürgerkrieg, meine Damen und Herren! Und das ist das politische Klima, das Sie und Ihre Leute verbreiten und unter dem wir alle leiden! Das ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wer heute nach Krieg ruft, wer heute nach Bürgerkrieg ruft (Abg. Dr. Mertel: Haider in Villach hat "Krieg" gerufen!), wer dem nicht widerspricht, der hat jedes Recht verloren, ernst genommen zu werden, wenn er in der innenpolitischen Szene auftreten und mitreden möchte, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ähnlich ist es mit der Problematik der immer wiederkehrenden Misstrauensanträge gegen den Justizminister. Ich weiß schon, dass ein funktionierendes Justizressort ein Hindernis ist, wenn man in diesem Staat auch in der Rolle der Opposition tun und lassen möchte, was einem gerade einfällt. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Versuchung groß ist, den Justizminister und mit ihm die Justiz zu verunsichern, um sein Süppchen leichter ungestört kochen zu können. Aber ich sage Ihnen noch etwas: Dieser Justizminister hat vier oder fünf Misstrauensanträge überstanden, und er wird die nächsten 10 oder 15 auch überstehen, denn es wird die Waffe, die Sie leichtfertig verwenden, immer weniger wirkungsvoll und immer weniger scharf. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe auch meine Misstrauensanträge erlebt – ich weiß nicht mehr genau wie viele. Das ist eine ernste Sache, wenn man da oben auf der Regierungsbank sitzt. Der zweite ist nicht mehr so aufregend, beim dritten sagt man: Heute kommt vielleicht wieder ein Misstrauensantrag – na ja, schauen wir einmal. Das heißt, im gleichen Maße, in dem Sie in gebetsmühlenartiger Wiederholung einen Misstrauensantrag nach dem anderen einbringen, nehmen Sie diesem Instrument 50 Prozent seiner Wirksamkeit. Und irgendwann einmal gehört es so wie das "Grüß Gott" beim Hereingehen zum täglichen Geschehen und niemand regt sich mehr darüber auf. (Abg. Dr. Kostelka: Schaut so Ihre Vorwegnahme der Zukunft aus?)

Das sind allerdings Überlegungen, die parlamentspolitische, staatspolitische Inhalte haben, und die liegen Ihnen, wenn es um die tagespolitischen Anliegen geht, offensichtlich außerordentlich fern.


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Eines, bitte, findet sicher nicht statt, nämlich dass diese Regierung "gebeutelt" wird, wie Alfred Gusenbauer es sich wünscht, und sie ist auch nicht "lahm gelegt". Das merkt man schon daran, dass es viele Dinge gibt, die wir machen und von denen Sie beklagen, dass sie tatsächlich geschehen.

Damit bin ich bei der so genannten Spitzelaffäre: Ich habe mir aus der Sicht des Advokaten aus den Unterlagen, die diesbezüglich kursieren, einiges herausgesucht. Wenn Sie immer wieder erklären, die kritischen Oppositionellen würden bespitzelt und die Künstler und Intellektuellen, ist das überhaupt nicht wahr. (Abg. Schwemlein: Das ist alles protokolliert!) Die Bevölkerung fürchtet sich daher auch überhaupt nicht. Wenn Sie irgendjemandem einreden wollen, ihr müsst euch alle fürchten, dass ihr bespitzelt werdet, da schauen sie nur verständnislos oder sie lachen. Niemand nimmt an, dass er tatsächlich bespitzelt wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Zu Ihnen werden die besorgten Bürger nicht kommen!)  – Sie werden vielleicht bespitzelt und ich – von wem ist noch eine andere Frage –, aber der Durchschnittsbürger wird nicht bespitzelt.

Nach dem Auslieferungsbegehren, das dem Wiener Landtag vorliegt, kann ich Ihnen sagen: Es geht um fünf Probleme; eines habe ich vergessen, die übrigen vier kann ich Ihnen mitteilen. Es geht um Informationen über Jugendbanden-Unwesen in Favoriten, es geht um Informationen über U-Bahn-Kriminalität in Wien, es geht um Informationen über die "Operation Spring", bei der ungefähr 100 Drogenhändler festgenommen worden sind, und es geht um die beabsichtigte Schließung von Wachzimmern – das ist es. Nach meinem Dafürhalten sind das Informationen, die zu erfahren jeder Abgeordnete ein Recht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Willst du das gutheißen?) Und wenn er hier herinnen eine schriftliche Anfrage oder auch eine mündliche einbringt, erfährt er es, wenn auch mit einer gewissen Verzögerung. Es wird also nicht der unschuldige Bürger bespitzelt, sondern Anliegen, die vertretbar und berechtigt sind, werden auf diese Art und Weise entsprechend durchgebracht, wenn es überhaupt wahr ist.

Ich muss aber noch etwas anderes sagen: Da wird ein Polizist, der von sich selber sagt: "Ich weiß, ich bin ein Krimineller. Ich möchte aber andere auch hineinreißen." – ein gewisser Kleindienst –, vom ohnehin völlig unzuständigen Leiter der Wirtschaftspolizei, namens Mag. Horngacher, der mit dem Themenkreis an und für sich gar nichts zu tun hat, vernommen. (Abg. Schwemlein: Kleindienst hat mit den Freiheitlichen nie etwas zu tun gehabt!) Der also vernimmt Kleindienst – aus meiner anwaltlichen Praxis weiß ich warum –, aber die Argumentation ist interessant: Kleindienst habe es sich so gewünscht! – Probieren Sie einmal, einen bestimmten Polizisten zu finden, der Sie vernimmt, weil Sie es sich so wünschen! Ich denke mir meinen Teil bei diesen Dingen. (Abg. Schwemlein: Kleindienst habt ihr groß gemacht! Das war ein freiheitlicher Spitzenfunktionär!)

Und ich denke mir auch etwas dabei, wenn die Vernehmungsprotokolle aus eben dieser Wirtschaftspolizei über Jörg Haider zwar noch nicht beim Untersuchungsrichter sind und auch nicht bei der Staatsanwaltschaft, obwohl man behauptet, dass der Chef der Wirtschaftspolizei und seine Leute nur im Auftrag des Gerichtes einschreiten; weder die Staatsanwaltschaft noch der Richter haben sie gehabt, aber sie waren schon im Wortlaut in allen Zeitungen nachzulesen. Das ist Spitzelunwesen! Das ist ein Skandal! Da regt sich offenbar überhaupt niemand mehr darüber auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber ein bisschen muss man Mitleid haben, denn die Sozialdemokraten haben immer Pech: Die Wahl im Burgenland steht bevor, und der Skandal der Bank Burgenland ist da. Aber ich kann Ihnen nicht helfen: Die Skandale gibt es immer auf Ihrer Seite, und immer steht gerade eine Wahl vor der Tür. Schauen Sie darauf, dass Sie weniger Skandale haben, dann werden Sie nicht immer im Vorfeld einer Wahl damit konfrontiert sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizekanzler Dr. Riess-Passer. – Bitte.

12.04

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die neue Ministerin, Frau Dr. Monika Forstinger, hat heute hier ein sehr umfassendes Programm für eines der schwierigsten, aber gleichzeitig wichtigsten Ressorts dieser Bundesregierung vorgelegt. Ich habe in den letzten Tagen in den Medien oft die Frage gehört und die verschiedensten Spekulationen darüber gelesen, wer denn Fürsprecher von Frau Dr. Forstinger für diese Funktion gewesen sei. Ich kann Ihnen das ganz einfach beantworten: Ihre Fürsprecher waren Kompetenz, die berufliche und menschliche Qualifikation, die sie für diese Position mitbringt, und deswegen war sie die beste Wahl, um dieses Ministerium zu übernehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist heute auch schon im Anschluss an die Diskussion über die Frage: "Kann ein Mann Frauenminister sein?" angesprochen worden, dass jetzt eine Frau Technologieministerin ist. Und ich halte das auch aus meiner persönlichen politischen Erfahrung als Frau für etwas besonders Positives, Frau Kollegin Lichtenberger, weil ich eben nicht der Meinung bin, dass sich Frauen nur in "Nischen" wie Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Frauen- und Familienpolitik engagieren sollten, sondern durchaus auch in an sich typische Männerdomänen der Politik einbrechen sollen. Für uns ist es nicht das Geschlecht, das zählt, sondern der Mensch. Wir brauchen keine Quote, sondern wir setzen Chancengleichheit um. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In keinem anderen Bereich sind so viele wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen wie in diesem Ressort. Innovation, Infrastruktur, Forschung und Technologie sind die entscheidenden Zukunftsfragen für Österreich und entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes auf europäischer und internationaler Ebene. Die Weltwirtschaft wandelt sich immer mehr von einer Industriegesellschaft zu einer Informationsgesellschaft; das ist das, was man gemeinhin unter dem Schlagwort "new economy" zusammenfasst, und diese "new economy" beinhaltet enorme Möglichkeiten für Wachstum und Beschäftigung. Die Umformung der digitalen Information in wirtschaftliche und soziale Werte muss die Grundlage dieser New Economy sein. Neue Industrien entstehen, andere wandeln sich, und das Leben der Bürger erfährt tief greifende Veränderungen. Unternehmen in allen Industriezweigen wickeln ihre Geschäftsvorgänge zunehmend elektronisch ab. Alle Unternehmen, große wie kleine, müssen sich auf diese Umgestaltung einstellen.

Die Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten und anderswo zeigen, dass neue Technologien das Wachstum vorantreiben und – und das ist das Wichtigste! – Arbeitsplätze schaffen können. Allein Internet-Unternehmen bieten heute in Europa 2,3 Millionen Arbeitsplätze, 1998 – nur damit man das Wachstum in dieser Branche sieht – waren es noch 1,6 Millionen. Das ist eine große Herausforderung, auch für Österreich, die besonders auch im Bereich der Ausbildung neue Wege erfordert, das heißt Berufsbilder, die den Erfordernissen einer modernen Wirtschaftswelt entsprechen. Und hier müssen wir unsere bisherigen Anstrengungen nicht nur weiterführen, sondern intensivieren: Das betrifft die Technologieoffensive an den Schulen und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft im Rahmen von Kompetenzzentren. Das ist der richtige Weg, dieser Herausforderung zu begegnen, und nicht die Erhöhung der Zuwanderungsquote, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Forschung und Entwicklung ist ebenfalls ein Schwerpunkt dieses Ressorts und der Arbeit der neuen Ministerin und ein ganz entscheidender Schwerpunkt dieser Bundesregierung. Nicht nur die Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsquote auf 2 und in der Folge auf 2,5 Prozent ... (Abg. Schwemlein: Die Erhöhung der Abgaben!)  – Dass Ihnen das in den vergangenen Jahren nicht wichtig war, Herr Kollege, hat man an der Forschungspolitik gesehen, die Sie gemacht haben, die Österreich europaweit zum Schlusslicht in diesem Bereich gemacht hat, was den Anteil an Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt betrifft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen ein positives Klima für Forschung und Innovationen. Es ist nicht damit getan, dass wir Budgetmittel dafür zur Verfügung stellen und Förderungen gewähren, sondern das setzt auch


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voraus, dass wir ein innovationsfreundliches Klima, innovationsfreundliche Gesetze und einen entsprechenden Rechtsrahmen schaffen. Überreglementierungen behindern die Entwicklung von Unternehmen, vor allem der innovativsten unter ihnen. Das gilt besonders für eine bürokratische Gewerbeordnung, die die Gründung und das Wachstum innovativer Unternehmen in diesem Land behindert. Daher muss diese Gewerbeordnung geändert werden, um auch den neuen Unternehmen in diesem Bereich zu helfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Da wünsche ich viel Glück, denn die, mit denen ihr in der Regierung sitzt, haben da immer gebremst!)

Natürlich setzt das voraus, dass die öffentliche Verwaltung mit der Wirtschaft Schritt hält, was neue Technologien und den Einsatz dieser Technologien betrifft. Dies wird in der Form geschehen, dass der elektronische Akt, die elektronische Erledigung von Amtswegen noch in diesem Jahr in einigen Pilotprojekten durchgeführt werden wird, eine Bürger-Chipkarte, die letztendlich das One-Stop-Shop-Prinzip verwirklichen soll, eingeführt wird und entsprechende Umstrukturierungen im Bereich der Verwaltung durch das Projekt SAP, durch die Vereinheitlichung des Beschaffungswesens, aber auch durch eine Neuordnung des Dienst- und Besoldungsrechtes und die Anpassung an die Erfordernisse der heutigen Arbeitswelt vorgenommen werden. Es geht dabei um die Verwirklichung einer leistungsorientierten Bezahlung, von Jahresarbeitszeitmodellen und die Schaffung von gleichen Spielregeln auf dem Arbeitsmarkt und im Pensionssystem für alle, egal ob sie im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft tätig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben am Beispiel der Schweiz, aber vor allem auch am Beispiel des Bundeslandes Vorarlberg gesehen, dass es möglich ist, in diesem Bereich in Zusammenarbeit mit den Personalvertretern – und das ist Zusammenarbeit, wie ich sie mir zwischen Regierung und Interessenvertretern vorstelle – und auch im Einvernehmen mit den Personalvertretern die Pragmatisierung und die Amtstitel abzuschaffen und ein modernes Arbeitsrecht auch für den öffentlichen Dienst zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Gusenbauer hat in seiner heutigen Rede vom "Schutz des Beamtentums" gesprochen. – Nur das, was er gemeint hat, war eigentlich etwas anderes. Das, worauf es ankommen würde in diesem Bereich – das gilt für Beamte wie für Nicht-Beamte, für jeden Bürger in diesem Land –, ist der Schutz des Rechtsstaates. Aber darum ist es ihm in seinem Redebeitrag ganz offensichtlich nicht gegangen. Das nämlich, was Kollege Gusenbauer angesprochen hat, dass man Beamte vor Verdächtigungen in Schutz nehmen soll, diese Idee ist ihm nicht gekommen, als zahllose "kleine" Polizisten, die der AUF angehören, die der FPÖ angehören, mit einer wahren Lawine von Beschuldigungen von Ihrer Partei, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, und von den Medien als eine Art "Verbrecherbande" hingestellt wurden. (Abg. Schwemlein: Es ging nicht um Verdächtigungen! – Abg. Edlinger: Nicht von uns!)

Da hätte ich mir auch gewünscht, dass Sie klar machen, was in diesem Land selbstverständlich ist, und zwar dass die Unschuldsvermutung für jeden gilt und dass ein Beamter in diesem Lande – egal, ob er Generaldirektor oder Inspektor ist – den gleichen Anspruch auf die Unschuldsvermutung hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dass Ihr Mitleid ausschließlich einem einzigen Beamten gilt, hat natürlich auch damit zu tun, dass es jahrzehntelang in diesem Land die Praxis gegeben hat, Spitzenpositionen im öffentlichen Dienst nicht nach der Qualifikation, sondern in erster Linie nach dem Parteibuch zu besetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Unerhörte Unterstellung!)

Da Sie so aufgeregt sind, Herr Kollege, erspare ich Ihnen jetzt, die Modalitäten zu erzählen, nach denen der von Ihnen angesprochene Beamte bestellt wurde. (Abg. Dr. Mertel: Haider bestellt bekanntlich nur nach rein objektiven Kriterien!) Ich kann Ihnen nur sagen, dass diese Praxis, diese Methode, dass das Parteibuch ausschlaggebend ist, mit dem Regierungseintritt der FPÖ in dieser Republik beendet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr hält eine Tafel mit der Aufschrift: "Tiefer geht’s nicht!" in die Höhe.)


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Es muss Schluss damit sein, dass Beamtenkarrieren auf Parteibüchern gegründet werden – genauso wie Schluss damit sein muss, dass Beamte nur auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer Partei, nämlich zur FPÖ, einer Lawine von Pauschalverurteilungen, dienstrechtlichen Zurücksetzungen und Benachteiligungen ausgesetzt werden! (Abg. Edlinger: Und ein Roter ist Freiwild!)

In einem Rechtsstaat ist jeder vor dem Gesetz gleich, in einem Rechtsstaat ist jeder genau gleich zu behandeln. Und das sage ich nicht für die FPÖ pro domo, denn ich sage Ihnen: All das, was auch heute wieder an Beschuldigungen in den Raum gestellt wurde, ist ein Kartenhaus an Vorwürfen, das täglich immer mehr zusammenfällt – und von dem am Ende nichts übrig bleiben wird. Aber vor allem die Bürger in unserem Lande müssen die Sicherheit haben, dass Objektivität, dass Unparteilichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz gewährleistet sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Bürger müssen ebenso die Sicherheit haben, dass ihre Daten lückenlos geschützt werden. Dieses System, das in den siebziger Jahren von sozialistischen Innenministern entwickelt wurde, das sich EKIS nennt und das sich zu einem System entwickelt hat, in dem alles, bis hin zu den Scheidungsdaten einzelner Bürger – von denen mir noch keiner erklären konnte, was diese in einem solchen System verloren haben –, dokumentiert ist, dieses System wird abgeschafft und durch ein System ersetzt, bei dem der Bürger die Gewähr hat, dass seine Daten vor Missbrauch und vor Veröffentlichung geschützt sind. (Abg. Reheis: Ersetzt durch ein freiheitliches System?) Und das, Kollegin Kuntzl, ist der Rechtsstaat, den ich will! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Der Rechts -Staat, den Sie anstreben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Rechtsstaat hat aber auch sehr viel mit politischer Verantwortung zu tun. Politische Verantwortung ist auch eine Kategorie des Rechtsstaates. Sie haben nach 30 Jahren Regierungsverantwortung diese Verantwortung auch wahrzunehmen, und zwar für alles, was unter Ihrer Verantwortung passiert ist. Davon können Sie nicht ablenken!

In der Aktuellen Stunde ist heute schon die Bank Burgenland angesprochen worden, und Kollegin Kuntzl hat das Wort "Moral" in ihrer Rede erwähnt. Ich finde es sehr wichtig, dass wir uns diesem Wort auch in diesem Zusammenhang widmen, dass wir das Wort "Moral" auch in einem Zusammenhang sehen, in dem es darum geht, dass 4,6 Milliarden Schilling Schaden für Sparer und Steuerzahler entstanden sind, für die diese die Haftung übernehmen müssen. Da ist das Wort "Moral", da ist das Wort "politische Verantwortung" angebracht! Die haben auch Sie wahrzunehmen! Von dieser Verantwortung können Sie sich auch durch noch so viele Ablenkungsmanöver und laute Störversuche nicht verabschieden. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

12.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen des § 58 Abs. 3 GOG. Beginnen Sie mit der Wiedergabe des Sachverhalts, den Sie zu berichtigen wünschen.

12.15

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Von der Frau Vizekanzler hätten wir uns etwas mehr zu Forschung und Innovation und weniger Polemik erwarten können, aber das ist nicht Gegenstand der tatsächlichen Berichtigung. Sie hat gesagt, dass in 30 Jahren SPÖ-Politik Österreich zum Schlusslicht in der Forschungspolitik gemacht wurde. – Das ist, wie Sie natürlich genau wissen, völlig unrichtig. (Abg. Gaugg: Was ist daran falsch?)

Tatsache ist, dass in diesen 30 Jahren die Forschungsausgaben vervierfacht wurden. Tatsache ist, dass sich in diesen 30 Jahren die staatliche Forschungsquote im europäischen Schnitt bewegt hat, die wirtschaftliche dagegen unterdurchschnittlich war. (Abg. Haigermoser: Setzen, Nicht genügend!)

Tatsache ist, dass in den Zeiten der SPÖ-Regierungsbeteiligung die Forschungsquote kontinuierlich gestiegen ist, und Tatsache ist, dass im heurigen Jahr erstmals die Forschungs


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quote von 1,82 Prozent ... (Abg. Dr. Khol: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, das ist ein Redebeitrag!)  – Es passt Ihnen natürlich nicht, wenn man hier die Wahrheit sagt!

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, das ist keine tatsächliche Berichtigung! Nehmen Sie Bezug auf die Aussage der Frau Vizekanzler: Schlusslicht der EU!

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (fortsetzend): Tatsache ist, dass die Forschungsquote unter SPÖ-Regierungen gestiegen ist und im heurigen Jahr unter der FPÖ/ÖVP-Regierung erstmals gesunken ist. Das ist Tatsache! (Beifall bei der SPÖ.)

12.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

12.17

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Vizekanzler kann noch so schnell sprechen, deswegen wird nichts wahrer, und manches Mal habe ich sogar den Eindruck – bei ein paar Passagen kann ich es fast belegen –, dass sie schneller gesprochen hat, als sie eigentlich denkt. (Empörung und heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie sagt, dass der alte Proporz nunmehr vorbei ist, aber wir stellen fest, dass in alle wichtigen Gremien dieses Landes blaue Aufsichtsräte hineingedrängt werden. (Neuerlicher Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich wundere mich, dass Sie sich da aufregen! Es ist doch unglaublich: In der ÖIAG, in der BUWOG, bei den ÖBB wird darüber gesprochen. Und dann stellt sich die Frau Vizekanzler hier schnell sprechend her und sagt: Das ist alles neu, nur mehr Fachleute kommen überall hinein! – So kann man das nicht machen, Frau Vizekanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie sagen, dass Sie von der neuen Frau Bundesminister Forstinger sehr begeistert sind, darf ich festhalten, das haben Sie auch gesagt, als Frau Minister Sickl inthronisiert wurde. Damals waren Sie von der sozialen Kompetenz der Frau Minister sehr begeistert. Sie waren sehr begeistert, als Minister Krüger inthronisiert wurde, Sie waren sehr begeistert über den "Zukunftsminister" Schmid. (Abg. Dr. Mertel: Sie ist halt sehr begeisterungsfähig!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe nur, dass die Begeisterung der Frau Vizekanzler für Sie nicht ein schlechtes Omen ist. (Abg. Dietachmayr: Wenn sie begeistert ist, ist das eine gefährliche Drohung!) Das will ich nämlich nicht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesminister Forstinger! Die Sozialdemokratische Partei wird Ihnen grundsätzlich offen und unvoreingenommen gegenübertreten, denn ich weiß, dass Sie eine schwierige Aufgabe übernehmen. Ihr Vorgänger, Bundesminister Schmid, hat ein nicht leichtes Erbe, um nicht zu sagen ein Chaos hinterlassen. Es waren neun verlorene Monate für Österreich, in denen es Bundesminister Schmid gelang, den modernen Infrastrukturausbau Österreichs zu bremsen. Es ist ihm gelungen, den Einführungstermin des für die Finanzierung dringend benötigten Road-Pricing um mindestens ein Jahr nach hinten zu verschieben. Es ist ihm gelungen, die Autofahrer durch Erhöhung der Mautvignette und Versicherungssteuern mit 13 Milliarden Schilling jährlich zu belasten. Es ist ihm gelungen, eine unsoziale Verkehrspolitik und Telekom-Politik einzuleiten, meine Damen und Herren: andere Zeitungstarife, Änderungen bei den Telefonkostenbefreiungen, Tariferhöhungen im öffentlichen Verkehr. Ich denke hiebei an die Pendler und so weiter.

Es ist ihm gelungen, die Verkehrssicherheitspolitik völlig zu vernachlässigen. Da sind ihm nur einmal 60 000 S Strafe eingefallen, das war es schon. Da konnte nicht einmal Herr Kukacka mithalten. Es ist ihm aber auch gelungen, die Transitverhandlungen mit der Europäischen Union völlig zu verlieren, sodass die Brenner-Maut jetzt gesenkt werden muss, keine neue Ökopunkteregelung kommt und Österreich in Zukunft mit mehr Transit im Straßenverkehr wird leben müssen.


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Neben alledem hat er eine Politik gemacht, welche auch die Zukunft der wichtigen Verkehrsunternehmen massiv gefährdet. Ich denke nur an die Situation von AUA und Lauda Air sowie Post und Telekom.

Meine Damen und Herren! Es lässt sich errechnen – das kann man auch in Zahlen ausdrücken –, dass Bundesminister Schmid unser Land in nur neun Monaten Amtszeit zumindest 7,2 Milliarden Schilling gekostet hat, oder anders ausgedrückt: Jeder Tag seiner Amtszeit hat den Steuerzahler 26,6 Millionen Schilling gekostet. Und nicht nur die SPÖ, sondern auch die objektive Presse fällt das gleiche Urteil. Im "Standard", wo über das Vermächtnis des Herrn Zukunftsministers Schmid geschrieben wird, kann man schön nachlesen, was er alles geleistet oder nicht geleistet hat. (Abg. Mag. Schweitzer: "Objektive Presse"! Kurt! Das glaubst du ja selbst nicht, dass das objektiv ist!)

Aber nach all diesen Versäumnissen gibt es auch einen entsprechenden Entscheidungsdruck für Sie, Frau Bundesminister. Dennoch haben Sie im Budgetausschuss um eine entsprechende Einarbeitungszeit ersucht und wollten wichtige Entscheidungen frühestens im Jänner treffen. Ich bin ja sehr einverstanden damit, dass man manche Dinge genau anschaut und die Entscheidungen dann trifft, wenn man die Dinge wirklich durchschaut hat.

Aber um so erstaunter war ich bereits am nächsten Tag, als ich den Zeitungen entnehmen musste, dass Sie eine grundlegende Weichenstellung, ja geradezu eine Jahrzehnte-Entscheidung noch am selben Tag offenbar aus dem Bauch heraus oder mit dem Hausverstand, wie Sie so gerne zu sagen pflegen, getroffen haben, nämlich die Trennung der ÖBB in einen Infrastruktur- und einen Absatzbereich in zwingender Form durchzuziehen.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Das ist meines Erachtens ein schwerer Fehler. Es ist betriebswirtschaftlich ein Fehler, weil dem Unternehmen eine Milliarde Schilling aus Synergien verloren geht. Und es ist volkswirtschaftlich unsinnig, weil bei 86 Millionen Tonnen Güterverkehr 35 Millionen Tonnen zusätzlich auf die Bahn gebracht werden müssen, um die eine Milliarde Synergieverlust erst wieder verdienen zu können. Trotz aller Erfolge der Österreichischen Bundesbahnen ist das natürlich nicht zu erwarten.

Auf diplomatischer Ebene bedeutet es, dass wir in Frankreich und Deutschland schwere Probleme bekommen werden, weil wir damit einen Zickzackkurs in einer europapolitisch wichtigen Frage fahren und als nicht zuverlässig gelten.

Fast schaut es so aus, als ob Sie dem tüchtigen Unternehmen ÖBB, das zurzeit wirklich richtig und gut unterwegs ist, Hindernisse vor die Füße werfen wollen. Das kann ich mir nicht vorstellen, und daher sollte man darüber noch einmal sehr ausführlich diskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen im europaweiten Logistikgeschäft einen starken österreichischen Partner. Daher, sehr geehrte Frau Bundesminister, hören Sie nicht auf Zurufe in einfältiger Schrebergartenmentalität, machen Sie eine Verkehrspolitik zum Wohle unseres Landes! Sie werden aber einige weitere wichtige Entscheidungen – das hat auch meine Kollegin Lichtenberger schon gesagt – rasch treffen müssen.

Es ist zum Beispiel die Erstellung eines gesamthaften Bundesverkehrswegeplanes beziehungsweise Master-Planes dringend notwendig. Dieser verlangt eine klare Prioritätensetzung, damit die hochrangigen Verkehrsverbindungen rasch ausgebaut werden können. Es ist notwendig, Entscheidungen hinsichtlich Westbahn, Südbahn, Lückenschluss bei den Autobahnen und Schnellstraßen zu treffen. Es müssen hochrangige Verbindungen in die Oststaaten überlegt werden. Es geht um einen Autobahn- und Schnellstraßen-Ring um Wien. Ich teile nicht die Meinung der Kollegin Lichtenberger, dass die Süd- und Nordumfahrung Wiens nicht notwendig sei, denn das Ost-West-Transit-Aufkommen wird immer größer. Und wir brauchen in einer Großstadt dringend diese Umfahrungen.

Es geht um die raschestmögliche Einführung des LKW-Road-Pricing, das wurde heute schon ein paar Mal gesagt. Und auch dazu werden Sie sehr rasch eine klare Aussage treffen müssen. Zu dem, was Kollege Maderthaner meint, dass man das erst dann einführen soll, wenn es im


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europäischen Gleichklang möglich ist, kann ich nur sagen: Als die Vignette eingeführt wurde, hat man auch nicht auf den europäischen Gleichklang Rücksicht genommen.

Es geht um die Ausweitung des Gesamtfinanzierungsrahmens für das Projekt "Neue Bahn". Für den Ausbau der Bahninfrastruktur ist es notwendig, das Gesamtprojekt "Neue Bahn" rasch durchzuziehen.

Es geht darum, den öffentlichen Nahverkehr weiter zu verbessern. Nutzen Sie die Möglichkeiten des Nahverkehrsfinanzierungsgesetzes und fördern Sie den Wettbewerb, Frau Bundesminister! Schaffen Sie einen bundesweiten Verkehrsverbund, sodass unabhängig vom gewählten Verkehrsträger jeder Kunde mit einem Ticket quer durch Österreich fahren kann!

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kehren Sie auch zu einer sozialen Verkehrspolitik zurück! Es geht um die Beibehaltung der Telefongebührenbefreiung in der bisherigen Höhe. Es geht um die Rücknahme der Streichung der Zeitungstarifbegünstigungen. Es geht um die Rücknahme der Erhöhung der Bahntarife, die vor allem die Pendler ganz hart treffen. Es geht darum, ausreichende Mittel für den Nahverkehr bereitzustellen, um soziale Tarife entsprechend sicherstellen zu können.

Es geht aber auch – und das habe ich schon ein paar Mal verlangt – um die sofortige Anhebung des Kilometergeldes um 50 Groschen, nämlich von derzeit 4,90 S auf 5,40 S, und zwar nicht nur für die Autofahrer, sondern dies sollte unabhängig von der Wahl des Transportmittels sein.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Setzen Sie die verkehrspolitischen Interessen Österreichs in der Europäischen Union durch! Beginnen Sie eine Neuverhandlung des Transitvertrages über das Jahr 2003 hinaus! Schaffen Sie für Österreich vorteilhafte Transitregelungen im Zuge der Ostöffnung der EU! Sichern Sie das Funktionieren des Ökopunktesystems!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht auch um die Ausarbeitung eines neuen Verkehrssicherheitskonzeptes. Wir haben heute davon gesprochen, wir werden hier mit Ihnen gerne darüber diskutieren. Es geht auch um die Sicherung eines fairen Wettbewerbes auf den liberalisierten Märkten. Und da geht es vor allem darum, dass es nicht angehen kann, dass LKW-Fahrer auf Kosten der Sicherheit von Verkehrsteilnehmern irgendwo, in irgendwelchen Oststaaten angeheuert werden und auf Grund von Sozialdumping ihre Lasten dann durch Österreich karren müssen und nicht nur sich selbst, sondern auch viele andere mit gefährden.

Die Sozialdemokratische Partei fordert mehr Kontinuität in der Verkehrspolitik. In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie eine längere Amtsdauer haben werden als Ihre Vorgänger. Die Sozialdemokratie ist sich Ihrer besonderen Verantwortung vor allem auch für den Verkehrsbereich bewusst. Treffen Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, Entscheidungen für Österreich und die Bevölkerung, dann werden Sie in der SPÖ einen Partner finden. Entscheiden Sie sich aber gegen die Interessen des Landes oder gegen die Interessen der arbeitenden Menschen, dann werden Sie bei uns auf härtesten Widerstand stoßen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesministerin Dr. Forstinger. )

12.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.27

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ist tatsächlich ein Zukunftsministerium. Und es freut mich ganz besonders, dass eine Frau, dass Sie, Frau Bundesminister, diesem Ministerium in Zukunft vorstehen werden.

Dieses Ministerium hat die Aufgabe, nicht nur die künftigen Beitrittsländer der Europäischen Union mit Österreich auch räumlich zu verbinden, indem nämlich neue Infrastrukturen sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene geschaffen werden müssen, vielmehr stehen insbe


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sondere im Verkehrsbereich noch ungelöste alte Probleme an. Vor allem die Transitfrage – darauf möchte ich als Tirolerin unbedingt hinweisen – ist in Tirol seit Jahren, ja Jahrzehnten ein ungelöstes Problem.

Lassen Sie mich ganz kurz und plastisch die Situation schildern! Die Verkehrsbelastung im Tiroler Unterinntal ufert immer weiter aus, und die Zuwachsraten betragen dort jährlich weit mehr als 10 Prozent. Allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2000 hat der Verkehrszuwachs auf der Straße mehr als 12 Prozent betragen. Wir haben dort noch dazu eine besondere topographische und immissionsklimatologische Situation: Es handelt sich um ein Alpental, das durch Inversionswetterlagen gekennzeichnet ist. Das heißt, in diesem Tal hält sich ein Deckel aus Luft. Darunter stauen sich Schmutz und Lärm, und zwar in einem Gebiet, wo mehr als 60 Prozent der Tiroler Bevölkerung leben. Das sind Zustände, die für die Menschen in Tirol nicht mehr erträglich sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus meiner Sicht scheint die einzig mögliche Lösung für dieses Problem die Errichtung der neuen Unterinntal-Trasse und in weiterer Folge auch des Brenner-Basistunnels zu sein. Eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und auch von der lauten oberirdischen Schienenstrecke auf eine etwas mehr unterirdisch geführte Trasse scheint mir zwingend notwendig zu sein.

Wenn von Seiten Herrn Eders jetzt angemerkt wurde, dass der Gütertransport auf der Schiene nicht ausgelastet sei, so muss man an dieser Stelle schon auch einmal fragen: Warum ist das so? – In anderen Ländern ist das nämlich ganz anders, und ich wage da schon auch, das Management der ÖBB massiv zu hinterfragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang möchte ich mich wirklich froh und glücklich darüber zeigen, dass diese Bundesregierung ein besonderes Augenmerk auf die Trennung von Infrastruktur und Absatz legt, denn nur bei einer tatsächlichen Trennung von Infrastruktur und Absatz ist gewährleistet, dass auch andere Mitbewerber auf der Schiene Verkehr abführen werden. Ich glaube, dieser Wettbewerb ist für die Zukunft zwingend erforderlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben in Tirol die Situation, dass an unseren Grenzen in Südtirol und in Bayern bereits private Mitbewerber auftreten, die sagen, dass sie um 20 Prozent geringere Kosten den Verkehr auf der Schiene führen werden. Wenn die es schaffen, warum nicht auch die ÖBB? (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Bundesministerin! Ich darf an dieser Stelle dieses ganz dringende Anliegen der Tiroler Bevölkerung mit Nachdruck deponieren. Darüber hinaus ist es wichtig, dass, was die Mautklage betrifft, rasch Maßnahmen ergriffen werden. Es geht nicht an, dass der stetig anwachsende Verkehr auch noch immer billiger durch unser Land rollt. Das ist, als würde man einen roten Teppich ausrollen. Das wollen wir nicht. Es besteht beispielsweise die Möglichkeit, in Zukunft den Ausbau der Schiene in Tirol zu finanzieren, und zwar durch Querfinanzierung, um die Verlagerung von der Straße auf die Schiene zu ermöglichen. Die Europäische Kommission hat erst kürzlich dafür auch Bereitschaft signalisiert. Das heißt, die Maut, die wir jetzt nicht einnehmen dürfen, dürfen wir vielleicht so wie die Schweiz dann einnehmen, wenn wir jene Gewinne, die die derzeit durch das Urteil vorgeschriebene niedrigere Maut übersteigen, in den Ausbau der Schiene leiten.

In Italien hat man dafür schon Vorkehrungen getroffen und ein eigenes Gesetz geschaffen. Ich glaube, dass das ein gangbarer Weg wäre, den Ausbau auch zu finanzieren.

Aber ich möchte auch noch auf einen anderen Bereich zu sprechen kommen. Ich habe neulich einen Satz gelesen, der mir sehr gut gefallen hat:

"Früher war die Erde eine Scheibe, dann eine Kugel, heute ist sie ein Netz." – Er hat mir deswegen so gut gefallen, weil ich finde, dass dies die Befindlichkeit vieler Österreicher auf den Punkt genau trifft.


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Es haben leider immer noch viele von uns nicht begriffen, dass das Internet inzwischen bereits die Welt erobert hat. Das WorldWideWeb ist eine preiswerte, überall verfügbare und technisch ausgereifte Kommunikationstechnologie. Diese drei Faktoren haben das Internet zu einem idealen Kanal für den Austausch von Information und den Verkauf von Dienstleistungen gemacht. In der aufkommenden Wissensgesellschaft sind der Handel mit Ideen und über Datennetze verteilte Informationen von Wissen und Know-how die entscheidende Größe. Die New Economy, die so genannte Neue Wirtschaft, ist die Wirtschaftsform, die ökonomische Grundlage für unsere Wissensgesellschaft.

Meine Damen und Herren! New Economy besteht eben nicht nur aus Internetfirmen, e-Commerce, Aktienrausch, sie besteht vielmehr in einer neuen Form des Lebens und in einer neuen Form des Arbeitens. Sie bedeutet einen fundamentalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Es gibt auch keinen Gegensatz zwischen "old" und New Economy, sondern die New Economy ist ein neuer Zugang zur Arbeitswelt, der den Menschen und sein vernetztes Wissen – und nicht mehr die Maschinen – ins Zentrum stellt.

Das Internet ist für die New Economy das, was die Maschine für das Industriezeitalter war. Es treibt uns an. Die Telekommunikation, für die die neue Ministerin auch zuständig ist, kann man als Grundstoffindustrie der New Economy bezeichnen. Deshalb ist es mir wesentlich wichtiger, dass bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen die absehbar niedrigeren Nutzungsgebühren einen riesigen Standortvorteil für Österreich bedeuten werden, als einen kurzfristigen, wenngleich wünschenswerten Effekt für unser Budget zu erzielen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Erst dann, wenn das WorldWideWeb sein viertes W bekommt, wireless, kabellos, wird, gibt es riesige Chancen für unsere kleinen und mittleren Unternehmen. Österreich ist dort nämlich bereits führend. Die Marktdurchdringung bei den Mobiltelefonen beträgt in Österreich 60 Prozent. Wir liegen damit nach den skandinavischen Ländern bereits heute weit vor den USA und Japan, und diesen Vorsprung gilt es zu nutzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung versteht sich als Partner der New Economy, als Partner für eine moderne, umweltverträgliche Verkehrspolitik, als Partner für Wissenschaft, Innovation und Technologie.

Frau Bundesminister, ich wünsche Ihnen und damit allen Österreicherinnen und Österreichern eine weitsichtige und erfolgreiche Bewältigung Ihrer neuen und für unsere Zukunft so immens wichtigen Aufgaben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

12.36

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Bundesministerin Forstinger! Von dieser Stelle aus mein herzliches Beileid, weniger zu dem Ressort, das Sie übernommen haben, mehr zu der Partei, die Sie in dieser Regierung zu vertreten haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Sie hätte es schlechter treffen können!)

Auf Grund der fachlichen Qualifikationen, die man Ihnen – wir konnten es noch nicht überprüfen, und Ihre Einführungsrede hat darüber noch keinen Aufschluss gegeben – zumindest in Oberösterreich nachsagt, eine letzte Bemerkung dazu: Diese Partei haben Sie sich einerseits wahrscheinlich nicht verdient, andererseits aber – das muss man anmerken – selbst ausgesucht. Das ist das Problem, mit dem nicht nur Sie fertig werden müssen, weil – und hier schließe ich bei den Ausführungen meiner Vorrednerin an – etwa eine Infrastrukturfrage im Raum steht: Wie finanzieren wir die New Economy? Wie finanzieren wir die neue Telekommunikation, die neuen Arbeitsplätze und die neue Infrastruktur? Und da gäbe es sehr viel Geld.


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Ich erinnere nur an die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Erklären Sie mir, Frau Bundesministerin, wie es ein freiheitlicher Minister zustande gebracht hat – und das lässt sich leicht nachrechnen –, bei einer einzigen Versteigerung ohne Bruch eines einzigen Gesetzes einen Schaden von zumindest 24 Milliarden Schilling anzurichten! (Abg. Mag. Mainoni: Das ist kein Schaden!) Wenn Sie das jetzt in ein Verhältnis zum Kriminalfall Bank Burgenland setzen, dann können Sie feststellen, dass freiheitliche Wirtschaftskompetenz sich von sozialdemokratischer Wirtschaftskompetenz dadurch unterscheidet, dass ein freiheitlicher Minister imstande ist, ohne ein einziges Gesetz zu verletzen, einen Schaden in der fünffachen Höhe von jenem der Bank Burgenland anzurichten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe, Frau Bundesministerin, dass Sie zumindest hier im Vergleich zu Ihrem Vorgänger Besseres leisten, und wenn etwas gerechtfertigt war, dann war es seine Ablöse. (Abg. Kiss: Sie haben es nicht verstanden!)

Aber Sie sollten sich auch eine zweite Frage stellen, und diese zweite Frage lautet: Warum gibt es derzeit ein durchschnittliches Ablaufdatum für freiheitliche Regierungsmitglieder von sechs Monaten? Haben sie ein Batterieproblem, wie es Herr Ex-Minister Schmid erklärt hat? Haben sie ein automatisches Ablaufdatum, oder stimmt etwas mit dieser Regierungsmannschaft und mit dieser Partei nicht mehr?

Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Die fachlichen Qualifikationen – Westenthaler würde sagen: die Performance – legen es nahe, dass nicht nur diese drei nach einem durchschnittlichen Zeitraum von sechs Monaten zurücktreten. Da gäbe es noch andere Kandidaten. Die Frage, die sich mir vielmehr stellt, ist, warum die Minister, um die es wirklich geht und die in höchstem Maße ablösereif sind, um jeden Preis, und zwar weniger von der Freiheitlichen Partei, sondern insbesondere von Bundeskanzler Dr. Schüssel, im Amt gehalten werden.

Warum nimmt der Bundeskanzler den großen "Koalition-Alleskleber" und klebt den Justizminister am Sessel fest, obwohl er weiß, obwohl er ganz genau weiß, die Europäische Union hat das auch in ihrem "Weisen"-Bericht erklärt, warum Böhmdorfer nicht mehr tragbar ist? Es gibt ganz konkrete Verdachtsmomente, dass der Justizminister aus seiner Anwaltszeit heraus in die Spitzel- und EKIS-Affäre persönlich verwickelt ist. Jetzt ist ein äußerst glaubwürdiger Zeuge aufgetaucht, der erklärt hat, Geld, 5 Millionen Schilling, wahrscheinlich Schwarzgeld, wahrscheinlich Industriellenbeiträge zur illegalen Parteienfinanzierung der Freiheitlichen Partei, sind durch die Anwaltskanzlei Böhmdorfer über den jetzigen Minister selbst – er war der Adressat dieses Kuverts – geflossen.

Das ist nicht ein Rücktrittsgrund, meine Damen und Herren! Das sind so viele Rücktrittsgründe, dass bereits eine Serie von Justizministern in jeder zivilisierten Demokratie der Europäischen Union hätte gehen müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Nur in Österreich reicht eine Verurteilung durch die EU nicht, reicht eine Verwicklung in die Spitzelaffäre nicht, reicht der Verdacht auf Schwarzgeld durch die eigene Kanzlei nicht, und, und, und. (Abg. Mag. Mainoni: Bewusste Diffamierung!) Der Justizminister bleibt und sitzt an dem Ort, wo alle Ermittlungen gegen ihn langsam, aber sicher als Berichtsakte auf seinen Schreibtisch kommen.

Und ich frage mich: Haben Westenthaler, Haider und einige andere nicht primär Interesse daran, unter Inkaufnahme größten Schadens für die österreichische Justiz und den Rechtsstaat alles zu versuchen, dass gerade dieser Justizminister, solange es die Ermittlungen gibt, an diesem Platz sitzen bleibt, weil er selbst ein bestimmtes Interesse hat? Und das ist der entscheidende Punkt.

Derzeit, meine Damen und Herren, erleben wir etwas, was es noch nie gegeben hat. Und ich nenne Ihnen Beispiele, die es nicht geben wird und nicht geben kann, aus dem Alltagsleben.

Stellen Sie sich vor: Ein Autofahrer – es muss nicht gleich ein Landeshauptmann sein – rast mit 200 Stundenkilometern über eine Bundesstraße und wird von einem Verkehrspolizisten gestoppt. Normalerweise gibt es da Führerscheinentzug und, und, und. Im Falle eines frei


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heitlichen Autorasers muss man damit rechnen, dass der Verkehrspolizist ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch bekommt.

Stellen Sie sich einen ganz normalen – hoffentlich ist es nicht oft so normal in dieser Republik – Banküberfall vor! (Abg. Dr.  Partik-Pablé: Das ist eine Märchenstunde!) Der Bankräuber wird von Kriminalbeamten festgenommen und der Strafverfolgung zugeführt, wie das ganz normal ist. Und stellen Sie sich einmal vor, der hätte ein freiheitliches Parteibuch. Wäre das dann Amtsmissbrauch, wenn man einen Bankräuber festnimmt und der Strafverfolgung zuführt?

Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren, nicht von der Freiheitlichen Partei, denn da sind alle Bierzutaten, nicht nur Hopfen und Malz verloren (Beifall bei den Grünen), jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei: Warum sollen für freiheitliche Politiker Extragesetze gelten? (Abg. Dr. Mertel: Rechtsstaat!) Warum soll bei schwerem Verdacht auf begangene Verbrechen eine neue Regel eingeführt werden, nämlich: Wenn ein freiheitlicher Mandatar im Mittelpunkt gerichtlicher Untersuchungen steht, dann hat der oberste Polizeibeamte der Republik Österreichs zurückzutreten!? – Das ist neu. Meine Damen und Herren! Das ist absolut neu. Wenn das so weitergeht, dann werden wir bald keine Polizeibeamten im Innenministerium mehr haben, denn meines Wissens sind dort die Beamten und Beamtinnen nach wie vor der Meinung, sie gehen bei den Ermittlungen auf Grund der Gesetze und nicht der freiheitlichen Parteistatute vor. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Deshalb, meine Damen und Herren, weil dieser Zustand untragbar ist, weil – und das erwähne ich nur am Rand, das wird in den nächsten Tagen eine größere Rolle spielen – das nicht mehr nur ein Fall Wien, Kabas, Kreißl, und nicht mehr nur ein Fall Klagenfurt, Binder, Haider, sondern bereits auch ein Fall Eisenstadt, Schweitzer und einige andere, ist (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) – auch dazu liegen die Unterlagen vor und gibt es schon die Ermittlungen im Justizministerium und bei der Polizei –, weil wir kein Vertrauen haben, dass unter diesem Justizminister die Ermittlungen korrekt geführt werden können, und weil wir nicht wollen, dass auf dem Tisch eines Justizministers, gegen den selbst Ermittlungen laufen, die entsprechenden Akten als Berichtsakten landen, bringen wir einen sehr, sehr einfachen Entschließungsantrag ein.

Dieser Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Bundesminister für Justiz wird im Sinne des Art. 74 B-VG das Vertrauen versagt.

*****

Meine Damen und Herren! Tun Sie dem Rechtsstaat und der Republik Österreich diesen Gefallen und stimmen Sie für diesen Antrag! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Ich gebe bekannt, dass sich Herr Abgeordneter Dr. Feurstein soeben krankheitshalber für den Rest des heutigen Sitzungstages entschuldigt hat.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

12.46

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Abgeordneter Pilz hat hier beim Rednerpult behauptet, dass für freiheitliche Mandatare, Landeshauptleute oder Ähnliche andere Gesetze gelten als für alle anderen Bürger. – Das ist unrichtig! (Abg. Edlinger: Das ist so!)

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass Sie in dieser bodenlosen Kriminalisierungskampagne, die Sie hier vom Rednerpult aus wieder einmal gemacht haben, in Wirklichkeit Ihre wahre Maske haben fallen lassen, sich entzaubert haben. Sie haben in Ihren Reihen verurteilte Straftäter – ich erinnere: Petrovic, Pilz, Öllinger und andere –, nicht die Freiheitlichen! Kriminalisieren Sie nicht die Freiheitlichen – und nehmen Sie sich an der eigenen Nase! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Erwiderung! – Abg. Dr. Pilz: Rechtsordnung! – Abg. Jung: Die Straftäter wollen etwas sagen! – Abg. Böhacker: Nicht vom Sitzplatz aus! Das ist unglaublich!)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Petrovic zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Petrovic: Ich habe mich zu einer persönlichen Erwiderung gemeldet!)

Frau Abgeordnete Petrovic hat sich zu einer persönlichen Erwiderung zu Wort gemeldet. Bitte, nehmen Sie Bezug auf den Wortlaut und begründen Sie damit die Erwiderung.

12.48

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Abgeordneter Graf hat in einer wirklich unzulässigen und impertinenten Art und Weise behauptet (Widerspruch bei den Freiheitlichen), es gebe in den Reihen der grünen Mandatarinnen und Mandatare verurteilte Straftäter und -täterinnen, und er hat in diesem Zusammenhang meinen Namen genannt.

Ich lege großen Wert auf die Feststellung, dass ich keine einzige gerichtliche Verurteilung je hatte, auch keine getilgte, keine sonstige. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Öllinger, zur Geschäftsbehandlung oder zur Erwiderung? (Abg. Öllinger: Zur Erwiderung!) – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte zu einer persönlichen Erwiderung.

12.48

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Abgeordneter Graf hat in seiner tatsächlichen Berichtigung behauptet, dass ich ein gerichtlich verurteilter Straftäter sei.

Bei dieser Behauptung des Herrn Abgeordneten Graf handelt es sich um eine falsche Aussage. Ich bin kein gerichtlich verurteilter Straftäter. Ich stelle fest, dass diese Behauptung des Herrn Abgeordneten Graf mir und den anderen Kollegen gegenüber eine bösartige Verleumdung ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.50

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere zutiefst die Entgleisung des Abgeordneten Graf und sehe mich gezwungen, selbst eine persönliche Erwiderung vorzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Selbstverständlich bin auch ich – das ist bei den Grünen so üblich (Abg. Dr. Partik-Pablé: Eine scheinheilige Figur!)  – kein gerichtlich vorbestrafter Straftäter. Im Gegensatz zu vielen Freiheitlichen bin ich jederzeit bereit, zum Beweis dafür mein Leumundszeugnis vorzulegen. Da


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werden Sie nichts finden! Sie hatten übrigens bereits darin gesucht. Schauen Sie bei EKIS und anderem nach!

Und vielleicht ein letzter Hinweis: Ich bin mit großer Wahrscheinlichkeit auch deswegen kein gerichtlich verurteilter oder belangter Straftäter, weil ich nicht der Freiheitlichen Partei angehöre. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Firlinger zu Wort gemeldet. (Abg. Grabner: Kalt/warm! – Abg. Mag. Trattner  – in Richtung des Abg. Grabner –: Geh Noldi, reg dich nicht so auf! – Abg. Gaugg: Der Pilz ist wieder einmal zum Schwammerl g’worden!)

12.51

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Frau Bundesminister Dr. Forstinger! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Tagesordnungspunkt heißt, glaube ich, Ernennung eines neuen Mitgliedes der Bundesregierung (Abg. Schwemlein: Was du nicht geworden bist!), soweit ich mich entsinnen kann, Herr Kollege Schwemlein.

Es ist schon bezeichnend für die innere Einstellung, für die Frustration großer Teile der Opposition, dass sie sich mit diesem Thema einfach nicht auseinander setzen. Ich hätte mir erwartet, dass wir heute zumindest über wesentliche und markante Stellen hinweg eine Infrastrukturdebatte führen, und das hätte die neue Bundesministerin auch verdient. Aber Sie, meine Damen und Herren, insbesondere von den Grünen und Teilen der sozialdemokratischen Fraktion, haben anscheinend wenig Anstand.

Sie haben ein anderes Thema, weil Sie offensichtlich zum Bereich Infrastruktur nichts oder jedenfalls nicht sehr viel zu sagen haben. So schaut es für mich aus. (Abg. Dr. Lichtenberger: Da haben Sie aber einiges überhört!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Sie haben in die Diskussion überhaupt nichts einzubringen. Tut mir Leid, aber es ist so! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dies, wie auch der Herr Bundeskanzler heute schon ausgeführt hat, ein Schlüsselministerium, ein Schlüsselressort, das untrennbar mit dem weiteren Wohlstand Österreichs verbunden ist, an dem Arbeitsplätze hängen, mit dem die technologisch innovative Komponente Österreichs und damit auch das Image Österreichs im In- und Ausland untrennbar verbunden ist – aber all das interessiert Sie anscheinend nicht sehr!

Interessieren tut Sie etwas anderes: So liefert etwa Kollege Einem über die APA seitenweise Abhandlungen, was alles in der Vergangenheit unter dem letzten freiheitlichen Infrastrukturminister schief gelaufen ist, und richtet Forderungen – Forderungen, die aber Kollege Einem und auch Kollege Edler (Abg. Edler: Was ist denn?) alle samt und sonders an sich hätten richten müssen! Der gesamte Forderungskatalog, der seit wenigen Tagen gebetsmühlenartig heruntergebetet wird, dieser Forderungskatalog, meine Damen und Herren, umfasst Forderungen an ehemalige sozialistische Verkehrs- und Infrastrukturminister. Das muss man einmal ganz klar sagen. Richten Sie daher diese Forderung an die richtige Adresse!

Und bitte hören Sie auf, Althergebrachtes aus der Zaubertrickkiste hervorzuholen! (Abg. Edlinger: Werden Sie einmal erwachsen! Von den Schwarzen zu den Liberalen zu den Blauen!) All das ist Mottenkiste, Herr Kollege Edlinger! Sie waren in den letzten drei Jahren Finanzminister, und Sie haben die Finanzen Österreichs in einem derart katastrophalen Zustand hinterlassen, dass dadurch wirklich ein Wendepunkt in der Infrastrukturpolitik entstanden ist.

Wäre es darum gegangen, Ihre Schuldenpolitik fortzuführen, meine Damen und Herren von der SPÖ, dann müsste man heute sagen: Ende der Diskussion, Ebbe, große Ebbe in der Kasse, es geht nichts mehr weiter!


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Wir haben die Wende auch in der Infrastrukturpolitik herbeigeführt, und Sie werden schauen, was die neue Infrastrukturministerin noch zusammenbringen wird. (Abg. Edlinger: Die Wende ist eine alte Sache!) Sie werden wirklich schauen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir natürlich schon klar, dass, wenn ein neues Kabinett, eine neue Bundesregierung – und in Infrastrukturfragen eine neue Ministerin – Tabus aufzubrechen beginnt, Ihnen das sehr unangenehm ist. Ich verstehe das auch bis zu einem bestimmten Grad, aber das darf nicht dazu führen, dass Sie Diskussionsverweigerung betreiben, oder dass Sie wieder in bewährter Manier halb Österreich zum Widerstand aufwiegeln, wie wir das schon aus den vergangenen Tagen gut kennen.

Mir, Herr Kollege Edler, genügt es nicht, wenn man mit Transparenten, Schriften und Pamphleten herumwachelt und behauptet: Die neue Ministerin zerschlägt die ÖBB, und wir wehren uns dagegen! (Abg. Edler: Wirst es schon sehen!)

Wissen Sie, was die neue Ministerin macht? – Die neue Ministerin bringt neuen Wind in die ÖBB – und das ist Koalitionswille! –, damit wirklich liberalisiert wird (Abg. Edler: Das ist eine weitere Verschleuderung!), damit es wirklich einen Wettbewerb gibt, und damit es auch in diesem Bereich zu einem nachhaltigen Schuldenabbau kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist mir ganz wichtig!

Und das ist der Tabubruch! (Abg. Edler: Verschleuderung!) Früher hat man Geld hineingepumpt – auf Teufel komm raus, ganz egal, wie viele Milliarden. Heute, Herr Kollege Edler, heute, Herr Kollege Einem, müssen wir sorgfältig mit den Ressourcen umgehen. (Abg. Edler: Wie bei der Telekom!) Das ist der Punkt! Das schulden wir den österreichischen Steuerzahlern. Das schulden wir aber auch den österreichischen Verkehrsteilnehmern. Und an diesem Grundsatz gibt es nicht viel zu rütteln. (Abg. Dr. Kostelka: Telekom! Das ist eure Verschleuderungspolitik!)

Ein gutes Stichwort, Herr Kollege Kostelka! Danke, dass Sie mir den Ball gegen Ende meines Redebeitrages noch einmal auflegen. (Abg. Mag. Trattner  – in Richtung SPÖ –: Ihr habt doch die Post ausgeräumt, das wisst ihr doch selber!) Wissen Sie, was bei der Telekom passiert ist? Wissen Sie das? Erinnern Sie sich! Bitte, gehen Sie in sich!

Herr Ex-Minister Einem brachte die letzte Telekom-Novelle nicht durch, nicht einmal intern im SPÖ-Klub. (Abg. Haigermoser: So schaut es aus!) Daher wurde dieses Vorhaben schubladisiert und damit 18 Monate lang verschlampt. Und das ist der Grund, warum die neue Regierung, die neuen Koalitionsparteien diesen Vorschlag, der aus der Schublade wieder herausgeholt wurde, notreparieren mussten. Hätte Herr Bundesminister Einem das nicht verschlampt, dann wären wir mit der Versteigerung in wesentlich größere Nähe zum deutschen Auktionszeitpunkt gekommen und dann wäre auch mehr zu holen gewesen. Das ist die Realität, Herr Kollege Dr. Kostelka (Abg. Dr. Kostelka: Unsinn!), das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Schieben Sie also nicht immer Ihre Fehler der Vergangenheit auf die neue Bundesregierung! Ich hätte mir auch mehr Geld erwartet, aber ich habe nie, so wie etwa ein Träumer namens Parnigoni, von 44, 42, 45 Milliarden Schilling gesprochen. Das war nie drinnen. (Abg. Haigermoser: Parnigoni hat keine Ahnung!) Meine persönliche Erwartungshaltung lag bei 14 bis 15 Milliarden Schilling. Wir haben nun 11 Milliarden Schilling erreicht – machen wir bitte das Beste daraus, für den österreichischen Telekom-Markt, für den österreichischen Konsumenten! Und schauen wir bitte auch der Industrie auf die Finger, damit unter diesen günstigen Rahmenbedingungen tatsächlich konsumentenfreundlich gearbeitet wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Alles, was Sie in den letzten Tagen in der Verkehrspolitik von sich gegeben haben, verweise ich in das Reich der Spekulationen. Ich lade Sie herzlich ein, mit neuen Vorschlägen an diesem Diskussionsprozess teilzuhaben, Österreich auch bezüglich Verkehr und Infrastruktur wirklich zu erneuern – und zwar von Grund auf. Und verfallen Sie bitte nicht in hysterisches Geheul, wenn da oder dort ein Beistrich ge


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ändert wird, und wenn, wie die Ministerin gesagt hat, Dinge wirklich grundsätzlich hinterfragt werden!

Es ist hoch an der Zeit: Wir müssen diese großen Altlasten endlich los werden, da gibt es viel zu tun. (Abg. Dr. Kostelka: Ist der Schmid die Altlast?) Der neuen Frau Bundsministerin wünsche ich für diese Aufgabe, für diese große Herausforderung alles Gute. (Abg. Dr. Fischer: Was haben Sie gegen die Altlast Schmid?) An der Unterstützung durch den freiheitlichen Klub und auch die ÖVP wird es nicht mangeln. Wir werden sehen, wie konstruktiv Sie von der Opposition dann wirklich arbeiten werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Im Sitzungssaal läutet ein Handy.) – Handy abdrehen! (Abg. Haigermoser: Herr Einem, kennen Sie das: " ...auf halben Wegen und zu halber Tat" von Norbert Leser? Vielleicht ein Weihnachtsgeschenk für den Herrn Präsidenten! – Abg. Dr. Fischer  – in Richtung des Abg. Dr. Einem –: Bitte, sei gnädig mit der "Altlast" Schmid!)

13.00

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst sagen: Wir von der SPÖ, von der größten Oppositionspartei, bieten Ihnen, Frau Bundesministerin, eine konstruktive Opposition an. Uns sind Fragen der Infrastruktur, uns sind Fragen der Forschungs- und Technologiepolitik im Interesse dieses Landes zu wichtig, um sie ausschließlich als Opposition zu handhaben. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Da geht es darum, welchen Weg Österreich geht, welche Chancen die Menschen in diesem Lande haben. Und wir sind bereit, in konstruktiver Weise einen richtigen Weg mitzutragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Andererseits, Hohes Haus – und das müssen auch Sie, Frau Bundesministerin, in Ihrer neuen Funktion mittragen –, gibt es natürlich eine ganze Reihe von Dingen, die notwendigerweise unsere Kritik wachrufen. Wenn der Herr Bundeskanzler etwa heute erklärt, dass nach seinen Gesprächen mit dem italienischen Ministerpräsidenten und mit dem deutschen Bundeskanzler endlich Hoffnung bestehe, dass es in Europa zu einer auf die sensiblen Alpenzonen Rücksicht nehmenden Verkehrspolitik kommt, dann muss ich sagen: Herr Bundeskanzler, Sie haben wohl vergessen, dass es die ÖVP war, die das Road-Pricing seit 1998 verbockt und verhindert hat! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Und Sie haben wohl auch vergessen, dass letztlich die ÖVP daran schuld ist, dass wir bezüglich der Brennermaut das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof verloren haben und daher heute die Maut absenken müssen, sodass Österreich pro Jahr 350 Millionen Schilling verliert. Das sind Dinge, Herr Bundeskanzler, an die Sie sich erinnern sollten, und die stehen einer sensiblen Politik im Alpenraum im Wege! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Frau Bundesministerin! Es kommen tatsächlich große Aufgaben auf Sie zu, da auch Ihr unmittelbarer Amtsvorgänger den ÖVP-Verkehrspolitikern in nichts nachgestanden ist. Er hat an dieser Grundlinie nichts geändert! Er hat das Road-Pricing um ein weiteres Jahr verschoben! Ich denke, das sind Dinge, bei denen Sie zeigen müssen, ob Sie Verkehrspolitik im Interesse der sensiblen Alpenzonen ernst nehmen und in diesem Sinne etwas voranbringen. (Abg. Haigermoser: Jetzt kommt der Einem daher! Das ist ja nur mehr zum Wiehern!)

Dritter Punkt: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Sie haben, als Sie dieses Amt angetreten haben, mit Recht, wie ich glaube, erklärt, dass Sie sich zunächst orientieren wollen, bevor Sie in diesem großen Ministerium wesentliche, strukturgebende Entscheidungen treffen. Sie haben allerdings schon nach wenigen Tagen Ihrer Amtszeit eine Weisung gegeben, deren Konsequenz es ist, dass die österreichischen Verhandler im COREPER in Brüssel eine Position, für die ich hartnäckig gekämpft habe – das gebe ich gerne zu –, aufge


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geben haben. Sie sind nämlich politisch anderer Meinung gewesen. Sie sagen, Sie brauchen keinen Regulator im europäischen Recht, Sie zerschlagen die ÖBB ohnehin.

Allerdings, Frau Bundesministerin, sollte man solche Weisungen nicht am Anfang eines Geschäftes geben (Ruf bei der SPÖ: So ist es!), nämlich dann nicht, wenn man noch nicht weiß, dass man Positionen nicht einfach kostenlos preisgibt. Sie haben für Österreich nichts dafür eingehandelt, aber eine Position, die Ihnen nicht geschadet hat, aufgegeben! Professionelles Arbeiten ist das nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Dilettantismus!)

Frau Bundesministerin! Sie stehen natürlich im Zusammenhang mit der Gesamtzuständigkeit und dem gesamten Wirken dieser Bundesregierung. Es ist heute schon angesprochen worden: Die Privatisierung der Telekom Austria war blanker Pfusch! Bei dieser Gelegenheit sind den Österreicherinnen und Österreichern Milliarden entgangen! Auch dieser Betrag ist wesentlich größer als der kriminell verursachte Schaden bei der Bank Burgenland. Aber darüber will diese Bundesregierung nicht reden! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Sie sind nicht zuständig für die Privatisierung der Telekom, aber Sie sind zuständig für den Telekom-Regulator. Sie haben in Österreich eine Regulierungsbehörde, die international Anerkennung gefunden hat. Jetzt macht sich aber die Bundesregierung daran, dieses Instrument abzuschaffen, und zwar zu Gunsten einer "KommAustria", in der der richterliche Sachverstand künftig fehlen wird. Überlegen Sie sich, ob das weise ist, ob es gescheit ist für die Rahmenbedingungen, um die es hier geht, und für das Vertrauen dieses wichtigen Wirtschaftszweiges in den rechtlichen Rahmen! Der Telekom-Regulator hat bereits bewiesen, dass er in der Lage ist, dieses Geschäft gut zu machen.

Lassen Sie mich, weil meine Redezeit zu Ende geht, ein Letztes sagen: Sie übernehmen ein Ministerium, das gut organisiert ist, und Sie übernehmen dort vor allem sehr gut qualifizierte und engagierte Beamtinnen und Beamte. Frau Bundesministerin! Machen Sie etwas daraus! Stehen Sie zu diesen Beamtinnen und Beamten! Es ist ein Ministerium, in dem es viele gute Konzepte gibt, an denen auch noch einiges zu tun ist.

Ich kann Ihnen zum Schluss nur noch sagen: Wir sind bereit, auf einem Weg im Interesse der österreichischen Bevölkerung auch mitzugehen und nicht nur Opposition zu sein. Das ist ein Angebot, das wir ernst meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

13.06

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Abgeordneter Einem hat offensichtlich vergessen, dass die Verkehrsminister der letzten Jahre nicht ÖVP-Minister waren, sondern meines Wissens waren sowohl Klima als auch Einem der SPÖ angehörig. (Abg. Dr. Niederwieser: Und die Wirtschaftsminister: Farnleitner, Schüssel!) Herr Abgeordneter Eder hat heute eine ganze Liste von Versäumnissen aufgezeigt, die aber in den letzten elf Monaten überhaupt nicht zu bewerkstelligen gewesen wären. Das heißt, die Kritik der SPÖ-Abgeordneten richtet sich auch gegen die letzten SPÖ-Verkehrsminister. (Abg. Eder: Nein, nein!) Das, lieber Kollege Eder, sollte dir ins Stammbuch geschrieben werden. (Abg. Edlinger: Dafür war der Farnleitner zuständig! Aber den kennst du ja nicht mehr!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist heute von mehreren Rednern dargestellt worden, dass dieses Ministerium für Technologie und Infrastruktur ein sehr wichtiges Ministerium ist. Ich freue mich darüber, dass Frau Ministerin Forstinger auch eine Ausbildung an der Hochschule für Bodenkultur hat. (Bundesministerin Dr. Forstinger verlässt den Sitzungssaal.) Ich hoffe daher auf entsprechendes Verständnis für jene Probleme, die die Landwirtschaft mit dem Verkehr hat. (Abg. Leikam: Jetzt ist sie gegangen!)


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Wir sind nämlich gezwungen, für bestimmte landwirtschaftliche Maschinen eine Sondergenehmigung einzuholen, um überhaupt auf öffentlichen Straßen fahren zu dürfen. Immerhin hatten 25 Prozent der Mähdrescher in den letzten Jahren eine Spurbreite von mehr als vier Metern und mussten angemeldet werden. Für jede dieser Maschinen brauchen wir eine Sondergenehmigung, um auf unseren Straßen fahren zu dürfen.

Diese Sondergenehmigungen sind natürlich relativ teuer. Zum Beispiel kostet eine Genehmigung nach § 39 des Kraftfahrgesetzes allein 1800 S an Verwaltungsgebühren. Oder: Eine Ausnahmebewilligung nach § 101 des Kraftfahrgesetzes erfolgt nur für den einzelnen Fall, also pro Gerät, und kostet 400 S. (Abg. Schwemlein: Georg! Der Vorschlag kommt ja von eurer Regierung! Du kannst ja nicht an dich selber einen Appell richten!) Wir sollten auch im Lichte der Erweiterung der Europäischen Union um weitere mitteleuropäische Staaten, in denen auch beim Maschinenring wahrscheinlich ein gewisser Austausch vorhanden sein wird, und die wesentlich größere Maschinen haben, im Sinne der Konkurrenzfähigkeit einen Kostenausgleich anstreben.

Ich erwähne in diesem Zusammenhang auch, dass bezüglich der Verkehrssicherheit von diesen Maschinen, mit denen ja in der Regel sehr langsam gefahren wird, sehr wenig Unfallgefahren ausgehen. 7,5 Prozent der zugelassenen Kraftfahrzeuge sind landwirtschaftliche Zug- und Arbeitsmaschinen. Und diese 7,5 Prozent waren in den letzten Jahren laut Unfallstatistik insgesamt nur zu 0,68 Prozent an Unfällen beteiligt. Das heißt, es geht dabei nicht nur um die Verkehrssicherheit, sondern es geht darum, ein Modell zu finden, mit dem wir diese Maschinen einigermaßen kostengünstig einsetzen können.

Nun zu einem weiteren Bereich. Ich hoffe, der Frau Bundesministerin wird das noch mitgeteilt werden. Frau Abgeordnete Hakl hat die Situation im Inntal dargestellt. Als Salzburger Abgeordneter bin ich natürlich dazu gezwungen, auch die Situation an der Tauern Autobahn und an der Tauernbahn darzustellen, denn die Verkehrsverlagerung erfolgt nun teilweise stärker auf die Tauern Autobahn. Es gibt dort höhere Zuwachsraten, weil infolge der wirtschaftlichen Erholung der jugoslawischen Nachfolgestaaten die Tauern Autobahn jetzt wesentlich stärker genützt wird.

Es liegt eine Studie der ÖSAG vor – sie wurde vor etwa zehn Tagen veröffentlicht –, die besagt, dass es in den nächsten zehn Jahren auf der Tauern Autobahn zu einer Verdoppelung der Verkehrsfrequenz kommen wird. Es gibt derzeit schon zwischen 40 und 50 Stautage im Jahr, an denen vor den Tunnels nur mehr in Blockabfertigung gearbeitet werden kann, und diese Situation wird sich in den nächsten Jahren noch wesentlich verschärfen.

Auch entlang der Tauern Autobahn klagen Anrainer – ähnlich wie entlang der Inntal Autobahn und der Brenner Autobahn – über den unzumutbaren Verkehr. Darüber hinaus steht dort der Bau der zweiten Tunnelröhre an, um die Blockabfertigungen zu vermeiden, die ein ständiges Halten, Anfahren, Halten und wiederum Anfahren der Fahrzeuge zur Folge haben, wodurch die Umweltbelastung für die Umgebung noch größer wird.

Es haben heute bereits mehrere Redner gesagt: Wenn es uns nicht gelingt, mehr Transportkapazitäten auf die Schiene zu bringen, dann werden wir beim Kfz-Verkehr quasi Schiffbruch erleiden. Aus diesen Gründen war es das Ziel, die Tauernbahn zweigleisig auszubauen. Die Tauernbahn ist nämlich das Nadelöhr schlechthin zwischen Schwarzach und Mallnitz, weil die Strecke erstens sehr stark über Berge führt und zweitens nur eingleisig ausgebaut ist.

In der siebenten Übertragungsverordnung ist nun enthalten, dass 700 Millionen Schilling für den Ausbau der zweigleisigen Tauernbahn zur Verfügung gestellt werden. Im Jahre 1999 wurde mit den Bauten dazu bereits begonnen. Ein erheblicher Teil der Brückenbauten steht bereits. Wir hören nun aber von den Baufirmen, dass 400 Millionen Schilling des Budgets für die Tauernbahn für den Lainzer Tunnel sozusagen abgezweigt werden sollen.

Herr Staatssekretär! Ich bitte – ich werde das auch noch der Frau Ministerin sagen –, dass davon Abstand genommen wird, damit wir endlich mehr Transportkapazitäten vor allem in den oberitalienischen Raum, aber auch nach Slowenien und in die anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten auf die Schiene bringen können. Ich bitte darum, dieses Anliegen der Salzburger Bevölkerung zu berücksichtigen.


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Wenn die Frau Ministerin anwesend wäre, würde ich ihr in ihrem Amte viel Glück in unser aller Sinn und viel Erfolg wünschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Wo ist sie denn, die Ministerin? – Abg. Ing. Westenthaler: Sie muss sich ja nicht jeden Unsinn anhören! – Abg. Gradwohl: Kollege Westenthaler, Sie waren nicht da: Es hat Kollege Schwarzenberger geredet!)

13.14

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass die Frau Ministerin in Kürze wieder erscheinen wird. Aber wir wollen auch ihr eine kurze Pause zugestehen.

Der Herr Bundeskanzler hat heute nicht regiert, wie es allgemein von ihm zu erwarten ist, sondern er hat moderiert. Das ist seine Stärke. Und er findet anscheinend keine Zeit, politische Entscheidungen zu treffen, oder er will sie nicht treffen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Die Sozialdemokratie hat Ihnen ein blühendes Land, ein blühendes Österreich hinterlassen (Abg. Dr. Leiner: Mit Schulden!), aber Sie haben ein Land der Unsicherheit geschaffen, ein Land, das heute international im Out steht. Sie machen derzeit die größte Umverteilung, und das muss Ihnen ins Stammbuch geschrieben werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Blühende Schulden!)

Nun zur Frau Bundesministerin. Kollege Caspar Einem hat die Position der SPÖ dargelegt, und auch ich möchte sie unterstreichen. Frau Ministerin, Sie haben vorige Woche im Ausschuss versprochen, Sie würden die Kernprobleme mit großer Sorgfalt prüfen und erst dann entscheiden. Aber schon am nächsten Tag sind Sie – quasi mit einem Hüftschuss – an die Öffentlichkeit gegangen, was die Österreichischen Bundesbahnen betrifft. Sie haben deren Zerschlagung verlangt, nämlich die Trennung in Absatz und Infrastruktur.

Meine Damen und Herren! Ich darf für uns alle hier Folgendes richtig stellen: Da immer wieder angesprochen worden ist, dass die ÖBB derzeit über keine Rechnungssysteme verfügen, bei denen Absatz und Infrastruktur getrennt sind, muss ich sagen: Das stimmt überhaupt nicht! Die ÖBB, derzeit geführt über Vorstand und Aufsichtsräte, haben diese Trennung intern schon durchgeführt, und der Betrieb wird so geführt. Es gibt aber keine Notwendigkeit – das wurde heute wiederholt zum Ausdruck gebracht –, die ÖBB nach außen hin zu trennen. Auch keine EU-Norm schreibt Ihnen das vor, Frau Minister. Sie verlieren damit eine Milliarde Schilling, nämlich durch Synergieeffekte, die dabei verloren gehen. Das ist unverständlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Firlinger: Das stimmt nicht! Das ist eine Falschinformation!)

Meiner Meinung nach setzt sich die ÖVP da anscheinend mit Druck durch. Kollege Kukacka ist jetzt nicht hier; er hat das wiederholt in den letzten Jahren gefordert. Firlinger ist auch umgefallen, denn Kollege Schmid hat noch bei den letzten Verhandlungen mit der Gewerkschaft der Eisenbahner erklärt, er sehe keine Notwendigkeit für eine Trennung der ÖBB in Absatz und Infrastruktur. Und auch ich wiederhole: Die EU schreibt das nicht vor! (Abg. Mag. Firlinger: Schlanke Strukturen sind gefragt!)

Folglich, Frau Bundesministerin – das muss ich sagen –, ist dieser politische Wille, die Festlegung der Bundesregierung anscheinend nur politisch motiviert. Jetzt geht man gegen die roten Eisenbahner vor, gegen eine starke Gewerkschaft, gegen die Gewerkschaft der Eisenbahner.

An die Kolleginnen und Kollegen der FPÖ: Ich habe von meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Kärntner Raum, aus Villach gehört, dass Herr Landeshauptmann Haider zu den Eisenbahnern gegangen ist und gesagt hat, das sei der größte Blödsinn, und er werde sich dafür einsetzen, dass die ÖBB ein Betrieb bleiben. (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie hören ja das Gras wachsen!)  – Na, das werden wir uns dann anschauen, wer sich da durchsetzen wird: die Bundesregierung oder Herr Haider.


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Was bedeutet überhaupt die Trennung der ÖBB in Absatz und Infrastruktur? – Das bedeutet weniger Bahn und mehr Straße. Wir haben heute 8 Prozent mehr Schadstoffbelastung durch den vermehrten LKW-Verkehr.

Weniger Bahn bedeutet auch vermehrtes Stilllegen von Regional- und Nebenbahnen. Es ist heute auch die Strecke Oberwart–Friedberg angesprochen worden. Dies ist aktuell wegen des Wahlkampfes im Burgenland. Es gibt aber viele Strecken, besonders im Weinviertel, auch in Oberösterreich und so weiter bis hin zur Pinzgauer Bahn, die sehr gefährdet sind. Die sind dann zum Stilllegen praktisch freigegeben.

Zum Ausverkauf und zu den Spekulationen im Hinblick auf die Grundstücke und Immobilien der ÖBB. Da begehen Sie denselben Fehler, wie Sie ihn bei der Telekom praktiziert haben: Sie setzen auf weniger Sicherheit, auf Thatcherismus wie in Großbritannien. Die britische Bahn war die erste, die getrennt und privatisiert worden ist. Und was war der Erfolg in Großbritannien? – Sie haben die schwersten Eisenbahnunfälle, und die Regierung Blair muss jetzt umgerechnet über 350 Milliarden Schilling vom Staat her in die Sicherheit der Infrastruktur und in das Schienennetz investieren. Wollen Sie das, meine Damen und Herren? – Das ist doch der Endeffekt einer solchen Privatisierung, und das kann doch nicht Sinn und Zweck sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Machen Sie endlich einmal Ordnung, Frau Bundesministerin! Es sollte auch der LKW-Bereich eine Herausforderung für Sie sein. Da gibt es Standortverlagerungen bis in die Ukraine. Das ist eine falsche Konkurrenz für unsere Spediteure. Da wird zu Dumpingpreisen mit ausländischen Chauffeuren – manchmal sogar schwarz – gefahren. Herr Bundesminister Bartenstein! Schauen Sie sich an, was da an Schwarzarbeit betrieben wird! Auch die Kosten sind angesprochen worden und dass es notwendig ist, das Road-Pricing endlich umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Die ÖBB sind erfolgreich, sie sind auf Erfolgskurs. Versuchen wir für die Zukunft eine gemeinsame, sinnvolle, ökologische Verkehrspolitik, die zum Ziel hat, den Verkehr zu vermeiden, und den Verkehr auf die Bahn und auf die Wasserstraßen zu verlagern! (Beifall bei der SPÖ.)

13.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte.

13.20

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich glaube, dass es, wenn man Erwartungen in eine neue Bundesministerin setzt, gerechtfertigt ist, dass man Mängel des Vorgängers aufzeigt, damit eben eine Nachahmung dieser Mängel ausgeschlossen ist und Derartiges nicht mehr passieren kann.

Erlauben Sie mir, dazu ein paar Beispiele anzuführen: Es ist Herrn Minister Schmid nicht gelungen, sich gegen die unkontrolliert und unkoordiniert dahin fuhrwerkenden ÖBB-Vorstände durchzusetzen. Ich möchte meinen Vorredner in einem Punkt ein bisschen korrigieren: Die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB, Kollege Edler, arbeiten phantastisch (Beifall des Abg. Edler ), aber Gleiches vom Vorstand zu behaupten, das getraue ich mich von dieser Stelle aus nicht. Daher, Frau Bundesministerin, erwarten wir berechtigterweise von Ihnen: Zerschlagen Sie nicht die ÖBB, sondern geben Sie den Vorständen klare Ziele vor! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Herr Minister Schmid hat auf die Vorstände, auch bei den ÖBB, im Wesentlichen oder fast ausschließlich Druck in Richtung Geld, in Richtung Gewinn gemacht, verkehrspolitische Lenkungseffekte gab es keine. Daher erwarten wir von Ihnen, Frau Bundesministerin, zu Recht: Handeln Sie nicht nach irgendwelchen blau-schwarzen Finanzkorsetten, sondern denken Sie bei Ihrer Politik an die Menschen! Und wenn wir Sie dazu einladen, an die Menschen zu denken, dann lassen Sie es mich wie folgt auf den Punkt bringen: Das Auflassen von Nebenbahnen ist keine menschenfreundliche Politik! Ich spreche hier als


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verantwortlicher Mandatar des Pinzgaues, der Pinzgauer Bahn oder der Krimmler Bahn. (Abg. Böhacker: Der alleinige Vertreter bis du nicht! Da gibt es schon andere auch noch!)

Die Situation der Bahn ist eine mehr als unglückliche, und die Handlungen des Herrn Ministers Schmid waren mehr als verunglückt. Ich glaube daher, dass berechtigterweise von dieser Stelle aus an Sie nicht nur der Wunsch herangetragen, sondern auch die Erwartungshaltung weitergeleitet wird: Lassen Sie die Menschen in der Region, lassen Sie die Krimmler Bahn nicht auf der Strecke! Lassen Sie sie nicht verkommen, sondern denken Sie daran, dass wir diese Bahn brauchen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bitte Sie, noch etwas zu bedenken, Frau Bundesministerin. Unterstützen Sie nicht die Vorgangsweise, die bis dato stattgefunden hat, dass man, gerade was die Fahrpläne betrifft, eine zunehmende Ausdünnung vorgenommen hat, dass gerade die ÖBB sich aus Gebieten zurückgezogen haben. Denken Sie daran, was die Menschen brauchen! Wir erwarten von den Bürgerinnen und Bürgern, von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, dass sie mobil sind, dass sie flexibel sind. Daher dürfen wir von Ihnen als Ministerin erwarten, dass Sie all diesen betroffenen Menschen die Chance zur Flexibilität und zur Mobilität geben, indem Sie dafür sorgen, dass der öffentliche Personennahverkehr in der Zukunft gesichert ist! (Beifall bei der SPÖ.)

13.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

13.24

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das Ressort, das Sie, Frau Ministerin, übernommen haben, ist tatsächlich ein Schlüsselressort. Alle Entscheidungen in diesem Bereich bestimmen den Kurs in und für die Zukunft – positiv oder negativ, für oder gegen die Menschen, für oder gegen die Umwelt, für oder gegen die Bewältigung der anstehenden Probleme. Rasche und klare Entscheidungen sind gefragt.

Ein erstes Kennenlernen, Frau Bundesministerin, gab es schon im Budgetausschuss beim Kapitel Verkehr, und laut Ihren Aussagen – ich habe sie noch im Ohr – möchten Sie sehr seriös und sehr sorgfältig an Ihre Aufgaben herangehen und vor allen Dingen Prioritäten setzen.

Frau Ministerin! In diesem Zusammenhang möchte auch ich dezidiert fragen, wie wir Ihre Weisung nach Brüssel verstehen sollen, die einige Stunden nach Ihrem Amtsantritt erfolgte. Diese Weisung bedeutet einen Kurswechsel und eine Kursänderung der Verkehrspolitik.

Meine zweite Frage: Wie seriös ist tatsächlich Ihre Überlegung der Zerschlagung der ÖBB in Absatz und Infrastruktur, obwohl überhaupt nicht von der EU gefordert? Für mich, Frau Ministerin, stellt sich jetzt die Frage: Wessen Vertreterin sind Sie? Sind Sie Vertreterin der Menschen, oder sind Sie Vertreterin und Lobbyistin von bestimmten Gruppen, von Gruppen mit anderen Interessen?

Was würden denn Ihre Aussagen und Überlegungen bedeuten? – Das hieße doch, Gewinnbringendes zu verscherbeln, und das, was übrig bleibt, zu behalten und dadurch zum Beispiel die ÖBB zu schwächen! Ich denke, das ist nicht im Sinne der Menschen, das ist keine Politik für die Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Einen weiteren Aspekt, nämlich Ihren Arbeitsschwerpunkt – unter anderem Verkehrssicherheit –, konnte ich den Zeitungen entnehmen, und Sie stellten drei Punkte fest, die Ihre vordringlichsten Aufgaben sein werden: die Lösung des Problems Road-Pricing – ich denke, dabei geht es um Gerechtigkeit –, die Lösung des Problems Semmering-Basistunnel – dabei geht es um die Erreichbarkeit – und als dritte Problematik alles, was sich um den Transit rankt.

Notwendige und wichtige Ergänzungen, Frau Ministerin, sind zum Beispiel die Attraktivierung des Nahverkehrs und Lösungsvorschläge auch für die bedrohten Nebenbahnen. Ausbau und


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Lückenschluss im Straßenbau gehören selbstverständlich ebenfalls dazu. Ich meine auch, dass die unsoziale Verkehrspolitik neu zu überdenken ist, denn unter Ihrem Vorgänger Schmid ist es ja zu massiven Tariferhöhungen und Belastungen für die Autofahrer gekommen. Private Kraftfahrzeuge werden belastet, aber LKW und Busse werden steuerlich weiterhin geschont.

Frau Ministerin! So gesehen liegt viel Arbeit vor Ihnen, und wir im Hohen Haus werden Sie an den Taten messen und nicht an den Worten.

Zwei Punkte, die mir besonders am Herzen liegen, möchte ich in meiner Rede noch hervorheben. Dazu gehören zunächst die Nebenbahnen, umfasst doch der ÖBB-Schließungsplan allein in meinem Bundesland Niederösterreich 13 Nebenbahnen und Teilstrecken, auch "meine" – unter Anführungszeichen – Ybbstal-Bahn.

Wir SozialdemokratInnen halten ein flächendeckendes Bahnnetz im Sinne einer modernen und umweltgerecht orientierten Verkehrspolitik für unbedingt erforderlich. Nebenbahnen erfüllen unter anderem eine wichtige Funktion im öffentlichen Verkehr. Mobilität gewährleisten und die Umwelt schonen – das hat Priorität.

Mein zweiter Schwerpunkt ist die Verkehrssicherheit, die von Ihrem Vorgänger auch völlig vernachlässigt wurde. Zuletzt ist ihm dazu nur eine ganz und gar unsoziale und unausgewogene Strafregelung zum Schnellfahren eingefallen. Wichtig sind ein Verkehrssicherheitskonzept und vor allem Maßnahmen, die Verhaltensänderungen der VerkehrsteilnehmerInnen herbeiführen, um mehr Sicherheit zu gewährleisten und Unfälle zu reduzieren. Konstruktive Vorschläge jeder Art liegen unter anderem auch von den Autofahrerklubs und vom Kuratorium für Verkehrssicherheit vor. Jetzt gilt es, diese Vorschläge umzusetzen – zum Schutz aller VerkehrsteilnehmerInnen.

Frau Ministerin! Setzen Sie Prioritäten! Entscheidungen für die Zukunft sind notwendig, auch wenn manche meinen, Weiterentwicklung mit Versäumnissen verwechseln zu können, so wie Sie, Herr Kollege Schwarzenberger. Entscheidungen für die Menschen sind notwendig, nicht Entscheidungen im Sinne der Stärkeren! (Beifall bei der SPÖ.)

13.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

13.30

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin Dr. Forstinger, Ich habe dem "Format" entnommen, Sie gelten innerhalb Ihrer Partei als "neuer Shootingstar", und ich hoffe, dass Sie auch im Bereich Infrastruktur und Verkehr genau diesen Anspruch wahrnehmen werden. Bis heute habe ich jedoch – mit Verlaub! – nicht sehr viel davon bemerkt, denn wir hatten das "Vergnügen" (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie ist schon eine ganze Woche Ministerin und hat noch nicht alles erledigt?!), dass Sie uns in allen Ausschusssitzungen die Antwortbereitschaft verweigert haben. (Abg. Schwarzenberger: Das ist nicht sehr charmant!) Ich hoffe aber doch, dass Sie tatsächlich sehr intensiv an Ihre Arbeit herangehen werden (Abg. Schwarzenberger: Das ist wirklich nicht sehr charmant!) und uns daher vielleicht heute die Antworten nicht schuldig bleiben, sondern uns doch die eine oder andere Antwort geben.

Wir haben heute schon von Vorrednern gehört, was alles im Bereich der Nebenbahnen los ist. Frau Bundesministerin! Für uns Niederösterreicher ist es wirklich eine Katastrophe, wenn wir uns diese Nebenbahn-Situation anschauen. Es gibt eigentlich nur Schließungen. Wir haben zwar einen Landeshauptmann, der uns immer wieder einredet, Niederösterreich gehöre zu den Top-Ten-Regionen. (Abg. Rosemarie Bauer  – in Richtung SPÖ –: Eure Minister haben nichts zusammengebracht!)

Frau Abgeordnete, Sie als Weinviertlerin müssten genau in das gleiche Horn stoßen und nicht bei den Applaudierern sein, die permanent eine dieser Bahnen nach der anderen schließen, aber insgesamt verkehrspolitisch keinerlei Ansätze zeigen (Abg. Rosemarie Bauer  – in Richtung


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SPÖ –: Ja, ja, was eure Minister verschlampt haben!), wie wir sie im Weinviertel brauchen würden! Von Schlagwörtern allein können wir nicht leben! (Beifall bei der SPÖ.)

Tatsache ist – und das hat Ihr Vorgänger immer mit Kopfnicken zur Kenntnis genommen; ich hoffe, Sie nehmen das nicht mit Kopfnicken, sondern mit Taten zur Kenntnis –: Wir leben im Ostraum in einer völlig neuen Entwicklungszeit, was den Ost-West-Transit anlangt. Man redet so gerne von dem Nord-Süd-Transit, der sich im Westen unseres Landes abspielt. Wir konstatieren aber eine enorme Entwicklung, die sich im Ost bereich abspielt! Hier haben wir das Nadelöhr Wien, aber es gibt derzeit keinerlei Ansätze, dieses Nadelöhr Wien – verkehrspolitisch gemeint – zu reparieren. Wir reden von einer Nord Autobahn. Diese Nord Autobahn soll es im Jahre 2010 geben, aber es gibt keinerlei Ansätze, wie dieses Nadelöhr Wien gelöst werden wird. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Frau Bundesministerin! Das ist ein zentrales Anliegen für uns. Wird es eine Nordost-Umfahrung geben, Frau Abgeordnete? Wird es eine Nordwest-Umfahrung geben? Ich höre von keinerlei Unterstützung in genau diesen Fragen. Das einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist vielleicht, in Richtung St. Pölten die Schiene noch etwas zu verstärken. Für den Ostbereich besteht in dieser Hinsicht absolut kein Plan.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn ich dieses Problem andiskutiere, so ist mir als verantwortungsbewusstem Umweltpolitiker auch die Frage der Nationalparks bewusst. Es wird bereits, so liest man in den Medien, an einem dritten Nationalpark im Weinviertel gebastelt. Es gibt einen im Norden, es gibt einen im Süden, und jetzt soll noch einer im Osten kommen.

Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Wenn Ihnen die Infrastruktur, wenn Ihnen die wirtschaftliche Entwicklung am Herzen liegen, dann denken Sie bei all diesen weiteren Entwicklungen auch daran, dass es nicht so sein kann, dass wir als Korridor rundherum von Nationalparks umschlossen werden.

Noch ein Letztes – auch das gehört zu den zentralen infrastrukturellen Maßnahmen –: Seit Jahren gibt es eine Planungsvariante und eine Planungsgesellschaft Donau-Oder-Elbe-Kanal. Wie stehen Sie zu dieser Frage? – Im Ausschuss gab es dazu keine Antwort. Frau Bundesministerin, diese Wasserstraße ist nicht nur umweltfreundlich, sie ist eine wirklich notwendige Maßnahme, um mitzuhelfen, all die Verkehrsprobleme, die sich in Hinkunft durch den Verkehr von Ost nach West, von Nord nach Süd ergeben werden, zu lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. – Bitte.

13.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Bundesministerin Forstinger, die Oberösterreicher haben Ihnen ja quer durch die Parteien bereits relativ viele rote Rosen gestreut. Ich möchte heute nicht sehr viele rote Nelken hinzufügen, aber grundsätzlich ist es für uns schon erfreulich, eine Ministerin aus unserem Bundesland zu haben, die insbesondere die Verkehrsproblematik in Oberösterreich, aber auch andere Probleme gut kennt.

Lassen Sie mich aber trotzdem noch auf Ihren Vorgänger zurückkommen, weil man schon eines feststellen muss, auch wenn Herr Westenthaler-Hojac heute gemeint hat, dass wir ob dieser Wendigkeit, die die FPÖ bei der Regierungsumbildung beweist, verzweifelt sein müssen. Ich bin nicht sicher, ob diese Wendigkeit wirklich sehr positiv ist. Vielleicht meint dies Herr Kollege Westenthaler, aber im Grunde genommen muss man schon Folgendes feststellen: Die ÖVP-Mannschaft hält sich relativ stabil, aber bei den Freiheitlichen sind jetzt schon etwa 50 Prozent ausgewechselt, und sie haben noch immer einen Minister auf der Regierungsbank sitzen, der noch nicht davon überzeugt ist, dass er eigentlich zurücktreten sollte, wie jedoch viele andere und auch die Medien schon meinen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )  – Dir kann gar nichts mehr passieren. Du brauchst dich gar nicht mehr so zu echauffieren, du bist auch eine


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Altlast! (Beifall bei der SPÖ.) Kollege Schmid auch. (Abg. Haigermoser  – dem Redner zuwinkend –: Keppelmüller!) Darum sage ich ja, du bist ein Ruhiger. (Heiterkeit.)

Kollege Michael Schmid, einer der Zurückgetretenen, dessen Batterien leer waren, hat offensichtlich – das sieht man, wenn man den Zeitungen folgt und das auch selbst ein bisschen beobachtet – doch ein ziemliches Chaos hinterlassen. Das heißt, er hat ein Ministerium hinterlassen, das als so genanntes Zukunftsministerium geplant war. Daraus ist aber leider nichts geworden, weil man allein bei den Forschungs- und Technologiekompetenzen dem Ministerium nicht das gegeben hat, was dazu notwendig wäre.

Die Frau Bundesministerin aus Oberösterreich hat also zweifellos ein schweres Erbe mit einigen ganz großen Brocken anzutreten. Ich denke dabei auch an das Road-Pricing, wozu Minister a. D. Einem ausgeführt hat, dass es uns über viele Jahre etwa 15 Milliarden Schilling kostet, dass es das Road-Pricing nicht gibt. Ich möchte darauf hinweisen, dass das in etwa den Mitteln entspricht, die wir für den Lückenschluss der Autobahn – auch in Oberösterreich – dringend brauchen würden.

Auch in Bezug auf die Verkehrssicherheit wirkt sich das aus. Diesbezüglich, Frau Ministerin, werden Sie auch einiges zu tun haben. Es gibt eine beachtliche Anzahl von Unfällen im Bereich der Autobusse und des Schwerverkehrs, die sich speziell wegen langer und lang andauernder Baustellen ereignen. Diesbezüglich wartet einiges auf Sie.

Zum Transitverkehr: Sie haben zwar die Brennerstrecke schon besucht, aber ich glaube, es ist Ihnen auch bewusst, dass man, wenn man sich den Verkehr auf der Wiener Tangente oder auf der West Autobahn bei Linz anschaut, feststellen kann, dass dort wesentlich mehr LKW unterwegs sind, dass dort wesentlich mehr Verkehr stattfindet und dass da vieles zu tun ist.

Dazu kommen noch die ÖBB mit ihren Problemen und vor allem auch der Bereich, den Schmid meiner Ansicht nach sehr vernachlässigt hat, nämlich der Bereich der Innovation und der Technologie. Da verspreche ich mir von Ihnen besondere Ansätze. Ich sage das ganz bewusst, weil ich selbst, so wie Sie, aus der Holz verarbeitenden Industrie komme.

Ich denke, dass man in Österreich bisher immer, wenn von High-tech die Rede war, vor allem die Bereiche Telekommunikation, EDV, Computer gesehen hat und dass man sich viel zu wenig darauf besinnt, dass wir in Österreich folgende Stärken haben, und zwar vor allem in drei Bereichen: auf dem Eisen-, Stahl- und Metallurgiesektor, auf dem Sektor Wasser – dazu gehört auch Abwasser, Abfall, aber vor allem Trinkwasser mit der dazugehörigen Technologie und möglicherweise Nutzung unserer Wasserreichtümer – und darüber hinaus im Bereich Holz.

Damit meine ich nicht nur die Bretter und den Zellstoff, sondern wir beide, Frau Minister – und einige andere hier auch –, wissen, dass das Holz 50 Prozent Kittsubstanzen enthält, also wertvollste Substanzen, Chemikalien, die wir nützen können und zum Teil auch schon nützen. Es müsste wesentlich mehr Augenmerk auch auf einen entsprechenden Holz-Cluster gelegt werden.

Ich bin auch sehr froh, dass ich mit Ihnen wahrscheinlich einer Meinung darüber bin, dass die Zukunft der Abfallwirtschaft, so wie es jetzt ausschaut, wahrscheinlich in der Verbrennungstechnologie liegt. Wir beide haben ja in unseren Betrieben in irgendeiner Weise für Abfallverbrennungsanlagen verantwortlich gezeichnet, und insofern, Frau Bundesminister, glaube ich, dass Sie die Möglichkeit haben – das liegt mir als immer noch engagiertem Umweltfachmann sehr am Herzen –, diesbezüglich Herrn Minister Molterer zu unterstützen, denn Sie haben eine hohe Kompetenz oder große Möglichkeiten in Bezug auf den Klimaschutz. Wir wissen ja, dass ein Hauptteil der Kohlendioxidbelastung aus dem Verkehr kommt, und diesbezüglich haben Sie ganz große Möglichkeiten.

Insbesondere erwarte ich mir von Ihnen auch, dass es Ihnen gelingt, ganz klar die Bevorzugung des LKW-Verkehrs gegenüber dem PKW-Verkehr zu beseitigen. Von den etwa 65 Milliarden Schilling, die aus dem Kfz-Verkehr ins Budget fließen, werden in Wahrheit drei Viertel vom PKW-Verkehr aufgebracht, und ich erwarte mir, dass es da zu einer maßgeblichen


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Verschiebung kommt, so eben auch zu mehr Transport auf der Bahn und damit zu einer Entlastung unserer CO2-Bilanz.

Auf Sie warten auch noch einige andere Aufgaben, die noch ruhen, die ebenfalls nicht angegangen worden sind. Ich denke, immer aktueller wird etwa die Problematik der Handymasten, des Elektrosmogs. Diesbezüglich ist eine Verordnung überfällig, deren Formulierung man sich aber sehr gut überlegen muss.

Irgendwo habe ich gelesen, dass Sie sich im Bereich der HL-AG um entsprechende Mediation beworben haben. Sie sind nicht zum Zug gekommen, ich weiß aber, dass Sie – ich glaube, als Landschaftsplanerin im Bereich Enns – durchaus bei der HL-AG oder in deren Auftrag mitgearbeitet haben. Das heißt, Sie kennen die Problematik.

Für Oberösterreich ist es wichtig, dass es im Gebiet zwischen Wels und Salzburg – also nicht nur in Oberösterreich, sondern auch in Salzburg – zu vernünftigen Lösungen kommt. Und in diesem Zusammenhang, Frau Minister, sollten wir, wie ich meine, auch über einen neuen Ansatz im Entschädigungsrecht diskutieren. Ich sehe nicht ein, dass derjenige, über dessen Haus hinweg die Strecke geführt wird, entschädigt wird, derjenige aber, der 50 Meter weiter weg ist, der eine Lärmbeeinträchtigung hat, dessen Grundstück nur mehr die Hälfte wert ist, nach altem Recht praktisch nichts bekommt, keine Wertminderung abgegolten erhält. Mir ist es ein Anliegen, das zu diskutieren, und ich glaube, dass man mit diesem Ansatz auch sehr viele Schwierigkeiten, die jetzt vorhanden sind, beseitigen könnte.

Frau Minister! Nun zu einer Sache, die mir heute nicht ganz gefallen hat: In Oberösterreich haben wir ja ein neues Modell entwickelt, um dringende Straßenbauten vorzufinanzieren. Ich bin gespannt, was Ihre Freunde vom Regierungspartner – Auer, Großruck, oberösterreichische Abgeordnete – sagen. Sie haben in einer Presseaussendung scharf geschossen, haben den Straßenbau in Oberösterreich, der im Wesentlichen jahrelang, jahrzehntelang in der Verantwortung von ÖVP-Landesräten war, kritisiert, haben das aufgerechnet und gesagt, daher seien Sie auch gegen das Musiktheater.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, die Uhr hat leider nicht funktioniert. Ich muss Sie daher darauf aufmerksam machen, dass die freiwillige Redezeit schon überschritten ist.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (fortsetzend): Frau Bundesministerin! Sie wären gut beraten, nicht dem Kultur-Rabaukentum des Herrn Landesrates Achatz zu verfallen, sondern dem Kulturtheater Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

13.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

13.42

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Minister! Frau Ministerin Forstinger, Sie haben heute von den Rednern der Regierungsfraktionen viele Vorschusslorbeeren bekommen, was logisch ist, und Sie haben im Gegensatz dazu eigentlich kein Vorschussmisstrauen von der Opposition bekommen, sondern sind lediglich darauf hingewiesen worden, dass riesige Aufgaben auf Sie warten, was doch ein Zeichen dafür ist, dass die Opposition – wir jedenfalls – bereit ist, Ihrer Arbeit mit Fairness zu begegnen und konstruktiv mitzuarbeiten.

Folgendes, Frau Ministerin, möchte ich hier von diesem Pult aus in aller Deutlichkeit sagen: Bei vielem von dem, was Sie uns in Ihren Ausführungen hier an Plänen mitgeteilt haben, werden Sie die Gegner nicht bei uns und vermutlich auch nicht bei den Grünen finden, sondern einer dieser Gegner sitzt hier in der dritten Reihe und liest gerade Zeitung. (Der Redner blickt in Richtung des Abg. Mag. Kukacka, der Zeitung liest.) Er hat schon zu verstehen gegeben, wo die Grenzen Ihrer Politik sind. Es ist der Verkehrssprecher der ÖVP.


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Ein zweiter ist hier heraus gekommen, Kollege Maderthaner, und hat Ihnen sehr deutlich gesagt: Road-Pricing – ja schon, aber nicht so, wie das österreichische Parlament das gewollt hat, sondern viel, viel, viel, viel später. (Ruf bei der ÖVP: Aber geh! – Abg. Schwarzenberger: Nein, das hat er nicht gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das hat Kollege Maderthaner gesagt, und die Wirtschaftsminister Schüssel und Farnleitner haben ja alles dazu beigetragen, das Road-Pricing nachhaltig zu verschieben. Viele Milliarden an Einnahmen haben Sie leichtfertig weggeschmissen, nur weil die LKWs noch immer kein Road-Pricing zu bezahlen haben. Das wissen Sie ganz genau. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Schauen Sie also, wo Sie Unterstützung für Ihre Anliegen finden werden und wo Sie tatsächlich die Opposition in dieser Sache vorfinden werden. Ich denke, als Oberösterreicherin ist Ihnen einiges davon ohnedies schon bewusst geworden.

Es wurde heute des Öfteren die Frage der Forschungsmittel angeschnitten. Sie haben in Ihrer Rede gemeint, es seien Konzepte verschiedenster Art zu erarbeiten. Bei der Forschung, sehr geehrte Frau Ministerin, gibt es wirklich viele sehr gute Konzepte. Es gibt ein Grünbuch über die Forschung. Was es seit dem Regierungsantritt nicht oder zu wenig gibt, das ist, dass von Schwarz und Blau tatsächlich auch etwas umgesetzt wird.

Da werden Gremien geschaffen, da wird diskutiert, da wird angekündigt, da wird immer wieder darauf verwiesen, man wolle 2,5 Prozent Forschungsquote erreichen, aber konkret getan wird dafür nichts. Sie werden noch schwer zu kämpfen haben, damit Sie von den Milliarden, die aus Erlösen hereinkommen, tatsächlich etwas für die Forschung bekommen. Das ist zumindest unsere Erfahrung. Das wird Ihnen nicht in den Schoß fallen! (Abg. Böhacker: Bitte nicht so negativ! Mehr Optimismus, Herr Kollege!)

Lassen Sie mich zur Telekom-Versteigerung und zu den UMTS-Lizenzen einen Vergleich zwischen der früheren Regierung und der jetzigen Regierung anstellen. (Abg. Dr. Grollitsch: Lieber nicht! – Abg. Böhacker: Das kann nur in die Hose gehen! – Abg. Mag. Schweitzer: Das würde ich nicht tun, das schadet euch!)

In ganz Europa sind vor Jahren die GMS-Lizenzen verkauft worden. Der Staat hat die GMS-Lizenzen im Vorfeld – Sie kennen das, die derzeitige Handy-Generation – verkauft. Im Durchschnitt haben alle Länder, die bisher die UMTS-Lizenzen verkauft oder versteigert haben, das 40- bis 50fache des damaligen GMS-Erlöses (Abg. Mag. Schweitzer: GSM!) beziehungsweise des GSM-Erlöses erzielt.

Wie sieht das in Österreich aus? – In Österreich haben wir bei der UMTS-Lizenz 11,44 Milliarden Schilling erzielt. Und was hat die frühere Regierung, mit Caspar Einem im Verkehrsressort verantwortlich, für die GSM-Lizenzen erzielt? – 12 Milliarden Schilling! Also mehr, als Sie für die UMTS-Lizenzen erzielen konnten. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Das sind mindestens 35 Milliarden Schilling, die hier leichtfertig verschleudert wurden. Und dafür trägt niemand anderer die Verantwortung als Sie selbst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Kannst du das erklären?! Kannst du uns das erklären?!)

Frau Ministerin! An guten Ratschlägen und Wünschen haben Sie genug mitbekommen. (Abg. Mag. Schweitzer: Herr Doktor-Doktor! Erklär uns das!) Lassen Sie mich diesen noch zwei anschließen:

Das Erste ist: Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten wollen oder können. Sie werden sich damit sehr wohltuend aus dieser Regierungsmannschaft hervorheben.

Das Zweite ist: Die Beschäftigten im gesamten Verkehrsbereich – seien es die LKW-Fahrer, die Lokführer, die Leute in den Postbussen – stellen eine Personengruppe dar, die auch im Ministerium eine starke Lobby braucht, die auch dort eine Unterstützung braucht, damit ihre sehr, sehr schwierigen Arbeitsbedingungen verbessert werden. Unser Ersuchen und meine Bitte gehen dahin, sich auch dieser Gruppe als Ministerin anzunehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


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44. Sitzung / Seite 91

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Keppelmüller hat in seinem Debattenbeitrag davon gesprochen, dass in Oberösterreich durch Landesrat Achatz ein "Kunst- und Kultur-Rabaukentum" bestehe.

Richtig ist vielmehr: Es findet an diesem Sonntag zum ersten Mal in Oberösterreich eine Volksbefragung statt, bei der festgestellt werden wird, ob in Oberösterreich um 1,6 Milliarden Schilling eine Oper in den Berg gesprengt werden soll – trotz des bestehenden Landestheaters, das renoviert wird – und ob 700 000 S Folgekosten pro Tag zu bezahlen sein sollen oder nicht. (Abg. Dr. Keppelmüller: Endlich wieder ein Ausländerplakat!)

Das hat nichts mit Kultur-Rabaukentum zu tun, sondern es ist vielmehr eine grunddemokratische Angelegenheit, das Volk zu befragen, den Bürger zu befragen, ob er diese Oper haben will oder nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen betreffend Ermittlungen in der Spitzelaffäre.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Parnigoni  – in Richtung der Freiheitlichen –: Aufklärer! – Abg. Schwarzenberger: Gusenbauer stimmt nicht mit!)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jetzt jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Für das Protokoll: Abgeordneter Gusenbauer ist nicht anwesend! Nicht einmal der Oppositionschef ist dabei! – Abg. Schwarzenberger – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Dr. Böhmdorfer –: Gusenbauer vertraut dir bereits! – Abg. Ing. Westenthaler  – gleichfalls in Richtung Bundesminister Dr. Böhmdorfer –: Gusenbauer spricht dir das Vertrauen aus!)

2. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (298 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (347 der Beilagen)


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3. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 259/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Energieeffizienzverbesserung bei Bundesgebäuden (348 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Als erste Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihr hiermit.

13.51

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! (Die Rednerin wartet und blickt auf die Abgeordneten Mag. Firlinger und Dr. Puttinger, die hinter ihr an der Regierungsbank stehen und mit Bundesministerin Dr. Forstinger ein Gespräch führen.) – Falls mir die Herren Kollegen irgendwie Platz lassen, mache ich gerne von der Worterteilung Gebrauch. (Die Abgeordneten Parnigoni und Schieder: Puttinger! Setzen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Firlinger! Herr Abgeordneter Puttinger! Meine Herren Abgeordneten! Jetzt ist die Rednerin am Wort! Ich bitte, ihr die Möglichkeit dazu zu geben und Gespräche mit der Frau Bundesministerin im Anschluss daran zu führen! (Abg. Dr. Puttinger steht noch immer an der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Dr. Forstinger. – Abg. Dr. Einem: Der Herr Puttinger hört das nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Puttinger, ich verstehe es, wenn Ihre Aufmerksamkeit ganz auf die Frau Bundesministerin konzentriert ist, aber jetzt ist die Rednerin am Wort!

Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Das ist der einzige frauenpolitische Zugang von ÖVP und FPÖ, glaube ich. Man sieht ja auch in allen anderen Bereichen, wie mit den Frauen in diesem Land umgegangen wird, wie mit den Kolleginnen in diesem Land umgegangen wird. (Bravorufe und Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich denke mir, Sie sollten sich dafür schämen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich – danke (in Richtung der sich nunmehr von der Regierungsbank weg begebenden Abgeordneten Mag. Firlinger und Dr. Puttinger ), meine Herren – zur Sache kommen.

Es liegt uns heute der Entwurf einer Änderung des Bundesimmobiliengesetzes vor. Dieser Antrag ist grundsätzlich von der Intention her zu begrüßen, vor allem auch deshalb, weil es sich um eine Fortsetzung des bereits 1992 eingeleiteten BIG-Gesetzes handelt, bei dem es darum gegangen ist, dass man gesagt hat, es ist sinnvoller, die Bundesimmobilienverwaltung in eine Hand zu legen. Es macht keinen Sinn, wenn es, wie derzeit, bundesweit an die 30 Dienststellen gibt, die Bundesimmobilien verwalten. Diese Vorgangsweise ist weder effizient noch in Wahrheit sehr wirtschaftlich.

Die Reform, die heute vorliegt, hätte eine große Chance gehabt, tatsächlich den nächsten Schritt darzustellen. Tatsache ist aber, dass diese Reform auf der einen Seite halbherzig ist, weil Sie von den Regierungsparteien in Wahrheit die Chance, die Sie damit hatten, nicht nützen. Auf der anderen Seite ist Ihr Vorhaben – so wie vieles in anderen Bereichen in den letzten Monaten – eine Husch-Pfusch-Aktion. Ich möchte diesbezüglich nur daran erinnern, dass wir ungefähr vor einer Stunde den letzten Abänderungsantrag mit über 30 Seiten dazubekommen haben.

Dabei geht es um die Erstellung eines Sozialplans für die Beschäftigten der BIG, die von einer Ausgliederung natürlich betroffen sind. Dieser war einmal drinnen im Entwurf, dann war er wieder draußen aus dem Entwurf, dann war er wieder drinnen im Entwurf, und seit heute früh ist er wieder draußen aus dem Entwurf. – Das ist die eine Änderung.


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Bei der anderen Änderung geht es darum, in welchen Teilabschnitten die Übertragung von bundeseigenen Immobilien an die BIG tatsächlich erfolgen soll. Da war einmal die Rede davon, das in Teilabschnitten zu machen, dann war die Rede davon, es auf einmal zu machen. Seit heute früh ist es wieder so, dass die Übertragung in vier Abschnitten erfolgen soll. – Das ist die Art, wie die Regierung mit Problemen umgeht. Das ist eine Husch-Pfusch-Aktion und keine wirkliche Reform dieses Bereiches. Vor allem ist es deshalb keine Reform, weil das Abstellen aller Doppelgleisigkeiten, um die es geht, damit nicht erreicht wird.

Im Zuge der Änderung des Bundesministeriengesetzes vor einigen Monaten haben Sie sämtliche Bundesimmobilien der Landesverteidigung bereits zur Verwaltung an das Landesverteidigungsministerium übertragen. Das sind immerhin 40 Prozent aller Liegenschaften des Bundes, die dadurch in den Bereich des Landesverteidigungsministeriums gekommen sind. Das sind auch jene Flächen, die wirtschaftlich betrachtet die lukrativsten sind. Das heißt, da sind Sie nicht davon ausgegangen, dass es darum geht, die Immobilienverwaltung zusammenzulegen, sondern damit haben Sie eine zusätzliche Immobiliendienststelle im Landesverteidigungsministerium geschaffen.

Das ist ein Beweis dafür, dass es in Wirklichkeit zu keiner Vereinheitlichung kommt. Es gibt auch weiterhin eine Immobilienverwaltung im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten für die Botschaften im Ausland, es gibt weiter eine Sektion im Wirtschaftsministerium, und es gibt weiter die Burghauptmannschaft.

Das ist sozusagen ein Beweis dafür, dass die Reform, die Sie vorlegen, in Wahrheit nur eine Reduktion von 30 auf 29 Immobilienverwaltungsdienststellen darstellt. Das ist die ganze Leistung dieses Antrages, der hier vorliegt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie darüber hinaus über einen weiteren wesentlichen Bestandteil der Debatte im Ausschuss informieren, bei dem es um die Frage gegangen ist – ich betone, es geht um ein Volumen von 33 Milliarden Schilling, das aus dem Vermögen des Bundes an die BIG wandern soll –, wie dieser Finanzplan eigentlich erstellt wurde. Wie wurden die Liegenschaften des Bundes – etwa Schulen, Universitäten, Gerichtsgebäude, Polizeikommissariate, Wohnungen – eigentlich bewertet, wie wurde deren Wert eingeschätzt?

Es gibt kein Raumordnungskonzept. Das Wirtschaftsministerium ist uns seit zig Jahren dieses Raumordnungskonzept schuldig. Herr Bundesminister Bartenstein hat erklärt, er könne nicht annähernd sagen, wie viel Quadratmeter an Liegenschaften und Gebäuden der Bund besitzt. Die Angaben darüber schwanken um zig Tausende Quadratmeter.

Herr Bundesminister! Es ist eine unseriöse Vorgangsweise, die Bundesimmobiliengesellschaft mit der Verwaltung von Flächen zu betrauen, deren Umfang Sie nicht kennen, und dafür einen Betrag festzulegen, den Sie offensichtlich über den Daumen gerechnet haben. Damit erreichen Sie nichts anderes, als Schulden des Bundes zu tilgen, indem Sie sie auf die Bundesimmobiliengesellschaft übertragen. In Wahrheit ist das nur Budgetkosmetik, mehr ist das nicht.

Das ist der eine Effekt, den Sie damit erreichen: Sie übertragen die Schulden auf die BIG. Dafür hat der Bürger aber zu bezahlen, denn für die Kredite, die die BIG dafür – ich betone: für 33 Milliarden Schilling! – aufnehmen muss, sind Zinsen zu bezahlen.

Dafür ist in Zukunft von den Ministerien, denen die Gebäude zugeordnet werden, Miete zu bezahlen. Das heißt, das Unterrichtsministerium zahlt dann Miete für Schulen, das Innenministerium zahlt dann Miete für Polizeikommissariate, und das Justizministerium zahlt Miete für Gerichtsgebäude. Und wissen Sie, woher das Geld für die Miete kommt? – Dafür wird das Neubaubudget herangezogen.

Das sagen Sie auch ganz klar, nämlich in jenen Gemeinden, die aus Sicherheitsgründen seit langem um ein Polizeikommissariat kämpfen, und in jenen Bezirken in Wien, die auf Grund der Stadterweiterung dringend des Neubaus von Schulen bedürfen. Dafür wird in Zukunft nach Ihrer Aktion kein Geld mehr da sein. Das heißt, für uns von der Sozialdemokratie ist diese Vorlage daher abzulehnen. Wir haben einen Minderheitsbericht dazu eingebracht.


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Dies ist ausschließlich eine Geldbeschaffungsaktion. Ich weiß nicht genau, ob es für Abfangjäger oder für den Kinderbetreuungsscheck gedacht ist – jedenfalls ist dies keine effiziente und wirtschaftliche Immobilienverwaltung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

13.59

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich werde versuchen, in den paar Minuten, die mir zur Verfügung stehen, eine gravierende Änderung in der staatlichen Immobilienverwaltung – wahrscheinlich die gravierendste Änderung der letzten Jahrzehnte, ja überhaupt des letzten Jahrhunderts in Österreich – darzustellen.

Es geht um das Überführen der staatlichen Verwaltung von Bauten und Liegenschaften in ein modernes Management für eben diese Bauten und Liegenschaften. Wie meine Vorrednerin dankenswerterweise schon erwähnt hat, hat es die ersten zaghaften Versuche in dieser Richtung mit der BIG I im Jahre 1992 gegeben, die sich durchaus bewährt hat, sodass wir heute vor diesem wesentlichen Schritt stehen, privatisieren und ausgliedern können und in Zukunft eine marktkonforme Betreuung – und damit auch den Neubau von Erfordernissen – gewährleisten können.

Natürlich gibt es Ausnahmen; auch das wurde schon erwähnt. Bei Bauten, für die kein Markt vorhanden ist, ist es nicht sinnvoll, diese einzugliedern, zum Beispiel die historischen Bauten, die in der Burghauptmannschaft zusammengefasst werden, oder die Bauten und Liegenschaften des Bundesheeres. Der Markt dafür ist relativ beschränkt – außer Sie wollen das Neutralitätsgesetz auf diesem Wege sozusagen loswerden. Oder die Justizanstalten: Auch dafür ist der Markt relativ beschränkt.

Für die anderen Immobilien gibt es nach einer hervorragenden Vorbereitung durch die Beamten des Wirtschafts- und Finanzministeriums ein gemeinsames Management, eine Betreibergesellschaft und – beginnend mit 31. Jänner dieses Jahres – die Übertragung des Eigentums vom Bund auf die BIG.

Es wurden vorhin auch die Zahlen genannt: 33 Milliarden Schilling – 30 Milliarden fließen in das Budget, und 3 Milliarden dienen zur Kapitalaufstockung der BIG selbst. Wir sind damit auf der soliden Seite, denn die zugrunde liegenden Substanzwertgutachten haben einen Wert von 90 bis 100 Milliarden Schilling ergeben, sodass auch eine entsprechende Nachbesserung im Sinne des Bundesbudgets vereinbart wurde.

Im Zusammenhang mit dieser Übertragung möchte ich einen Abänderungsantrag zum vorliegenden Bericht des Bautenausschusses von mir, Kollegen Firlinger und weiteren Kollegen einbringen. Da es sich dabei um einen achtseitigen Abänderungsantrag handelt, bitte ich denn Herrn Präsidenten, im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung die Vervielfältigung und Verteilung zu genehmigen.

Die Kernpunkte dieses Abänderungsantrages sind die Übertragung der Liegenschaften und Bauten, und zwar aus budgettechnischen Gründen in insgesamt vier Tranchen, sodass im Wesentlichen im Jahre 2001 alles in das Eigentum der BIG übergeht. Die letzten beiden Tranchen umfassen jene Liegenschaften und Immobilien, die bereits im Fruchtgenuss stehen.

Beim zweiten Kernpunkt dieses Abänderungsantrages geht es darum, dass unbebaute Liegenschaften, die bereits als Straßentrasse verordnet, festgelegt wurden, ohne Entgelt von der BIG in das Eigentum des Bundes rückübertragen werden.

Es wurde auch gefragt, warum in diesem Abänderungsantrag der Sozialplan für die Bediensteten nicht enthalten ist. Dazu: Es wurde vor einer Stunde oder vor zwei Stunden in einem Initiativantrag der Vorschlag für ein Sozialplangesetz für die Vertragsbediensteten und Beamten der


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ausgegliederten Bereiche sowie auch der damit korrespondierenden Zentralstellen eingebracht, sodass wir nicht gleichzeitig im BIG-Gesetz einen solchen Sozialplan benötigen.

Der Kernpunkt für uns als Abgeordnete und als Gesetzgeber ist, dass mit 1. Jänner 2001, wenn die BIG-Lösung in Kraft tritt, gleichzeitig auch der Sozialplan für die dort Beschäftigten, für die Vertragsbediensteten und Beamten, in Kraft tritt, sodass die über 55-Jährigen dann Gelegenheit haben, mit 80 Prozent der Bezüge eine Art Vorruhestandsmodell in Anspruch zu nehmen.

Insgesamt, meine Damen und Herren, Hohes Haus, bedeutet diese Lösung, wie ich bereits vorhin erwähnt habe, einen Meilenstein in Richtung einer modernen Verwaltung, eines modernen Managements von Bauten und Immobilien.

Wenn man weiß, dass bereits in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts der damalige Völkerbund-Kommissar die Republik Österreich gerüffelt hat, weil sie eine so aufgesplitterte Bau- und Liegenschaftsverwaltung hatte, dann, so muss ich sagen, sind die bisher gesetzten Schritte einer Vereinheitlichung der BIG-Lösung 1 sicherlich richtig und der heutige Gesetzesbeschluss eine entsprechende Fortsetzung und ein Meilenstein im Sinne eines modernen Bau- und Liegenschaftsmanagements für das 21. Jahrhundert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der vorhin eingebrachte Abänderungsantrag nicht nur ausreichend unterstützt ist, sondern auch in einem entsprechenden sachlichen Zusammenhang mit der Materie steht. Er steht daher mit in Verhandlung und ist auch bereits zur Verteilung gelangt.

Dieser Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Mag. Firlinger und Kollegen zum Bericht des Bautenausschusses (347 d.B.) über die Regierungsvorlage (298 d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz) und mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 sowie das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesimmobiliengesetz (Artikel I) in der Fassung des Ausschussberichtes (347 d. B.) wird wie folgt geändert:

1. § 13 Abs. 1 erster Satz lautet:

"Die Objekte gemäß Anlage A (§ 1 Abs. 2) gehen in 4 Tranchen in das Eigentum (§§ 353 ff ABGB) der Bundesimmobiliengesellschaft mbH über, und zwar mit 31. Dezember 2000 die im Bundesland Wien gelegenen Objekte der Anlage A.1, mit 1. Jänner 2001 die restlichen Objekte der Anlage A.1, mit 1. Jänner 2002 die im Bundesland Wien in den Bezirken 1 bis einschließlich 18 gelegenen Objekte der Anlage A.2 und mit 1. Jänner 2003 die restlichen Objekte der Anlage A.2."

2. In § 13 Abs. 2 wird die Datumsbezeichnung "31. Dezember 2000" durch "1. Jänner 2001" ersetzt.

3. In § 13 wird folgender neuer Abs. 4 angefügt:

"(4) Unbebaute Liegenschaften (Liegenschaftsteile) gemäß Anlage A, die der Verwirklichung von bereits vor dem 1. Jänner 2001 gemäß § 4 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286/1971 in der Fassung BGBl. I Nr. 182/1999, verordneten Bundesstraßenabschnitten


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dienen, sind bei konkretem Bedarf ohne Entgelt in das Eigentum des Bundes rückzuübertragen. Bei Verbücherung einer Eigentumsrückübertragung ist § 16 sinngemäß anzuwenden."


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N="JUSTIFY">4. In §
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 17 ist im ersten Satz nach dem Ausdruck "Bundesimmobiliengesellschaft mbH" die Wortfolge "zum Zeitpunkt des jeweiligen Rechtsüberganges," einzufügen.

5. In § 18 wird die Datumsbezeichnung "31. Dezember 2000" im letzten Halbsatz durch "1. Jänner 2001" ersetzt.

6. In § 22 ist im letzten Halbsatz des letzten Satzes das Wort "soferne" durch "soweit" zu ersetzen.

7. In § 26 lautet der letzte Satz:

"Die Gesellschaft hat daher diesen Bedarf nach Maßgabe von Verträgen, die mit den betroffenen Bundesländern abzuschließen sind, durch Heranziehen von Landesbediensteten, die bis zum 31. Dezember 2000 mit einschlägigen Aufgaben der Bau- und Liegenschaftsverwaltung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 104 B-VG betraut sind, zu decken."

8. In § 36 Abs. 1 wird im ersten Satz die Wortfolge "bis zum 1. Jänner 2001" durch die Wortfolge "vor dem Zeitpunkt des jeweiligen Rechtsüberganges gemäß § 13" ersetzt.

9. In § 36 Abs. 2 wird im ersten Satz der Ausdruck "Arbeitnehmer gemäß § 22 Abs. 1" durch "Arbeitnehmer gemäß § 25 Abs. 1" sowie im zweiten Satz der Klammerausdruck "(§ 21 Abs. 2)" nach dem Wort "Stichtag" durch "(§ 24 Abs. 2)" ersetzt.

10. In § 46 lautet die Ziffer 1 wie folgt:

"1. das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mbH (BIG-Gesetz), BGBl. Nr. 419/1992 mit folgenden Ausnahmen:

§ 3 Abs. 1 ist auf die Objekte der Anlage A. 2 bis zum Zeitpunkt des jeweiligen Rechtsüberganges gemäß § 13 anzuwenden, § 3 Abs. 4 ist auf die nach dem BIG-Gesetz übertragenen, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht verwerteten Bundesmietwohngebäude und Wohnungen weiter anzuwenden, § 3a in der Fassung BGBl. I Nr. 113/1997 bleibt in Kraft;"

11. In § 47 lautet die Ziffer 1:

"1. der §§ 6 Abs. 2, 15, 18, 19 Abs. 1 und Abs. 2, 31, 33, 34 und 43 der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;"

12. In § 47 erhält die bisherige Ziffer 10 die Bezeichnung "11" und die neue Ziffer 10 lautet:

"10. des § 13 Abs. 4 der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie;"

13. Die Anlage A.1.1. zu Art. 1 wird wie folgt geändert:

Aus der Anlage A.1.1 entfallen die folgenden Objekte:

B

34057

Oberwart

2475

610.022

 

K

75402

Arnoldstein

249

620.290

 

N

03329

Waidhofen an der Ybbs

563

630.217

 

N

04016

Kottingbrunn

1409

637.216

 

N

04017

Leesdorf

1150

637.216

 

N

04020

Mitterberg

725

630.226

 

N

04032

Teesdorf

268

637.216

 

N

04035

Vöslau

623

637.216

 

N

12114

Krems

4312

630.152

 

N

12132

Stein

810

630.606

 

N

22143

Wieselburg

397

630.179

 

N

24056

Schwarzenau

449

630.397

 


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44. Sitzung / Seite 99

O

43009

Kreuzen

93

640.027

 

O

43009

Kreuzen

95

640.027

 

O

43009

Kreuzen

129

640.027

 

O

45311

Traun

637

640.097

AB

S

56223

Taxach

124

650.072

 

S

56603

Enzersberg

715

657.142

 

S

56603

Enzersberg

812

657.142

 

S

56611

Thalgauberg

219

657.142

 

St

61105

Bachholz

56

660.195

 

St

63232

Hautzendorf

354

660.849

 

St

65001

Aichdorf

24

667.810

 

St

65013

Judenburg

477

660.126

 

T

80002

Imst

1920

677.096

 

V

91021

Warth

70

680.061

 

W

01006

Landstraße

3903

690.042

6

 

b) In die Anlage A.1.1 sind die folgenden Objekte neu aufzunehmen:

nach der Zeile K KG 76218 Remschenig


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44. Sitzung / Seite 100

ist neu aufzunehmen:

K

76222

Trögern

3

620.294

S

 

nach der Zeile (beginnend mit) St 63262 Oberpremstätten sind neu aufzunehmen:

St

63262

Oberpremstätten

508

660.849

 

St

63262

Oberpremstätten

534

660.849

 

 

c) In der Anlage A.1.1 sind die folgenden Daten von Objekten abzuändern:

K 77121 Lorenzenberg 58 620.402: Hier ist in Spalte Anmerkung "S" einzufügen;

N 15028 Mistelbach 1658 637.806: Hier ist in Spalte Anmerkung "1" zu entfernen;

N 19580 Spratzern 1463 630.347:Hier ist in Spalte Anmerkung "BS" einzufügen;

N 19580 Spratzern 1567 630.347: Hier ist in Spalte Anmerkung "BS" einzufügen;

O 50106 Mondsee 187 640.779: Hier ist die EZ zu korrigieren: "987";

S 55128 Schwarzach I 391 650.170: Hier ist ier HieHHHhin Spalte Anmerkung "AB" einzufügen;

St 62001 Aigen 143 660.392 S: Hier ist die EZ zu korrigieren: "41";

St 66039 Schloßberg 45 660.857 S: Hier ist die KG, der KG-Name und die EZ zu korrigieren: "66035", "Remschnigg", "334";

St 66340 Klöchberg 93 660.424: Hier ist in Spalte Anmerkung "S" einzufügen;

St 67308 Ketten 241 667.236: Hier ist in Spalte Anmerkung "1" einzufügen;

T 81107 Fulpmes 798 670.172 We 125/3920: Hier ist in Spalte Anmerkung "WE" groß zu schreiben;

T 84005 Ischgl 169 670.150: Hier ist in Spalte Anmerkung "S" einzufügen;

W 01606 Großjedlersdorf I 31 690.477 ME 13/16: Hier lautet die Spalte Anmerkung richtig: "ME13/16; ME 3/16 AB"

Am Ende der letzten Seite der Anlage A.1.1 unter der Überschrift ‚Anmerkung‘ ist zur Anmerkung ‚6‘ nach ‚Austro Control‘ anzufügen: "GmbH";

d) Die Anlage A.1.2. zu Art. 1 wird wie folgt geändert:

In der Anlage A.1.2. ist die Tabelle auf Seite 85 wie folgt zu ergänzen:

Vorarlberg Anlage A.1.2

Nr.

Bezeichnung

Eingang, O

PLZ

Ort

Straße

KG

EZ

GRSTN

     

Oberlieger

     

92110

1486

238/5

     

Oberlieger

     

92110

1829

333/2

     

Oberlieger

     

92110

1486

333/3

V024

Götzis, Rütiberg, Bulittastra

Eingang offe

6840

Götzis

Bulittastraße

92110 Götzis

1853

310/2

     

Oberlieger

     

92110

1853

310/2

     

Oberlieger

     

92110

2122

314/2

     

Oberlieger

     

92110

2123

314/3

     

Oberlieger

     

92110

3424

314/4

VO25

Götzis, Vogelherd

Eingang vers

6840

Götzis

Am Vogelher

92110 Götzis

1584

549

     

Oberlieger

     

92110

1584

549

 

14 a) Die Anlage C zu Art. 1 wird wie folgt geändert:

Nach der Zeile

630712 1 3329 869 3340 Waidhofen an der Ybbs Graben 25 I7 BMI 309 sind neu aufzunehmen:

"630217 2 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Hintergasse 2 L3 BMLFUW DNW LF 251

630217 2 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Hintergasse 2 L5 BMLFUW LF 180

630217 3 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Hintergasse 2 L5 BMLFUW LF 543

630217 1 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Schloßweg 2 D Dritte 170

630217 1 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Schloßweg 2 L3 BMLFUW DNW LF 154

630217 1 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Schloßweg 2 L5 BMLFUW LF 2606

630217 4 3329 563 3340 Waidhofen an der Ybbs Schloßweg 2 B8 BMWA 100"

Nach der Zeile

630792 1 12211 69 3493 Hadersdorf am Kamp Landesknechtpl. 1 I7 BMI 142 ist neu aufzunehmen:

"630606 1 12132 810 3500 Krems an der Donau Donaulände 49 B1 BMWA AI WSD 923"

Nach der Zeile

640633 2 45619 1229 4040 Linz-Puchenau Golfplatzstr. I7 BMI 124

sind neu aufzunehmen:

"640097 1 45311 637 4050 Traun Schulstraße 59 U3 BMBWK(S) DNW 66

640097 1 45311 637 4050 Traun Schulstraße 59 U5 BMBWK(S) 7464

640097 1 45311 637 4050 Traun Schulstraße 59 U6 BMBWK(S) 4297"

Nach der Zeile

670022 24 81135 297 6020 Völs Geroldsbachweg 9 J3 BMJDNW J 359

ist neu aufzunehmen:

"670576 1 81008 250 6060 Hall in Tirol Löfflerweg 35 F1 BMF 171"

Nach der Zeile

690595 1 1002 359 1090 Wien Liechtensteinstr. 13 W5 BMBWK(U) 683

ist neu aufzunehmen:

"690982 1 1002 2042 1090 Wien Otto-Wagner-Pl. 4 I1 BMI 195"

Nach der Zeile

690525 1 2001 6702 1100 Wien Südbahnhof I1 BMI 197

ist neu aufzunehmen:

"690983 1 1103 28 1110 Wien Kaiser-Ebersdorfer Str. 290-292 I1 BMI 279"

Nach der Zeile

690890 1 1405 1138 1160 Wien Abeleg. I1 BMI 211

ist neu aufzunehmen:

"690984 1 1403 548 1160 Wien Koppstr. 9-11 I1 BMI 326"

Nach der Zeile

690621 1 1402 140 1170 Wien Comeniusg.2 I1 BMI 170

ist neu aufzunehmen:

"690895 1 2001 6208 1170 Wien Hernalser Hauptstr. 177 I1 BMI 287"

b) In der Anlage C sind die folgenden Daten von Objekten abzuändern:

630907 1 9110 53 3720 Ravelsbach Bahnstr. 39 I7 BMI 176: Hier ist die NFL zu korrigieren: "278";

670322 1 86009 33 6652 Elbigenalp I7 BMI 161: Hier ist in Spalte HAUS "53" einzufügen, weiters ist die NFL zu korrigieren: "175".

Begründung:

Lediglich die Änderungen in § 13 Abs. 1 und § 13 Abs. 4 sind inhaltliche Änderungen. Die Änderungen in § 13 Abs. 2, § 17, § 18, § 36 Abs. 1 und § 46 Ziff. 1 sind Anpassungen an die inhaltliche Änderung in § 13 Abs. 1. Die Einfügung einer weiteren Ziff. in § 47 ist Folge des neu aufgenommenen § 13 Abs. 4. Die übrigen Änderungen im Bundesimmobiliengesetz sowie dessen Anlagen sind lediglich redaktioneller Art und dienen insbesondere der Fehlerkorrektur.

Zu § 13 Abs. 1:

Die Änderung in § 13 Abs. 1 hat budgettechnische Gründe. Die Zahlung des Basisentgelts in mehreren aufeinanderfolgenden Raten war immer beabsichtigt. Gemäß dem Wunsch des BMF und in Abstimmung mit der BIG erfolgt nunmehr auch der Rechtsübergang in den Raten entsprechenden Tranchen. Die Tranchen wurden dabei so gewählt, dass die erste Tranche und die zweite Tranche am Ende des Jahres 2000 bzw. Beginn des Jahres 2001, also in verschiedenen Jahren sind, aber dennoch so, dass das gesamte zu übertragende Immobilienvermögen, soweit es derzeit von der Bundesgebäudeverwaltung verwaltet wird, mit 1. Jänner 2001 ins Eigentum der BIG übergeht. Somit entstehen mit der Gesamtausgliederung der BGV Österreich keine Probleme. Als dritte und vierte Tranchen wurden die Liegenschaften ausgewählt, die bereits im Fruchtgenuss der BIG sind, weil hier ein Aufschieben der Eigentumsübertragung keine verwaltungstechnischen Probleme macht. Als erste Tranche boten sich die im Bundesland Wien gelegenen Liegenschaften der Anlage A.1 an, da dies wertmäßig dem Wunsch des BMF entspricht heuer die kleinste Teilzahlungsrate zu lukrieren, dafür aber gleich die Eigenkapitalbasis


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44. Sitzung / Seite 101

der BIG um ATS 3 Milliarden aufzustocken. Auch die Zuordnung von Objekten der Anlage A.2 zur dritten Tranche erfolgte entsprechend den Budgetvorstellungen des BMF, diesfalls für 2002.

Da die nunmehr für die Budgetjahre 2000 bis 2003 vorgesehenen Teilbeträge der Höhe nach nicht jenen entsprechen, die seinerzeit als Ratenzahlungen der Modellrechnung zugrunde gelegt wurden und durch den erst späteren Eigentumsübergang der BIG-Fruchtgenussliegenschaften entgegen der bisherigen Annahme weiter eine Fruchtgenussentgeltverpflichtung der BIG besteht, ist die Modellrechnung in der vorliegenden Form überholt.

Zu § 13 Abs. 4:

Diese inhaltliche Neuaufnahme entspricht einem Wunsch des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie:

Es existiert derzeit keine zentrale Grundstücksevidenz der Bundesstraßenverwaltung. Es ist daher voraussichtlich nicht zu vermeiden, dass in der Anlage A auch unbebaute Liegenschaften oder Liegenschaftsteile enthalten sind, die bereits gemäß § 4 Bundesstraßengesetz als Straßentrasse verordnet wurden (diese Trassenverordnungen enthalten keine durchgehende Anführung von Grundstücksnummern, daher ist der direkte Vergleich mit der Anlage A nicht möglich). Dieser Konstellation trägt § 13 Abs. 4 Rechnung. Die Pflicht der BIG zur unentgeltlichen Rückübereignung stellt keinen verfassungswidrigen Eigentumseingriff dar, da die unbebauten Liegenschaften und Liegenschaftsteile mit Null bewertet wurden und somit in das von der BIG zu zahlende Entgelt von 33 Milliarden Schilling nicht einberechnet sind. Quantitativ handelt es sich bei den betroffenen Flächen überdies um Restgrößen, die die wirtschaftliche Gesamtposition der BIG zweifellos nicht berühren.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

14.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wenn dieses Bundesimmobiliengesetz wirklich das viel gepriesene Instrument für eine moderne Gebäudebewirtschaftung sein soll, dann, Herr Kollege Tancsits, frage ich mich schon: Warum sind 40 Prozent der Bundesimmobilien davon nicht betroffen? Warum sind 40 Prozent der Bundesimmobilien dem Ministerium für Landesverteidigung überantwortet worden?

Warum sollen die wesentlichen Kulturbauten in Österreich nicht nach diesen schönen, modernen und schlanken Gesichtspunkten bewirtschaftet werden – nämlich die Kulturbauten, auch das Parlament –, wenn das doch das angebliche Allheilmittel in einem 100 Jahre langen, umfassenden Prozess des Gebäudemanagements in Österreich ist? Warum wird das dann gerade auf einen Bereich fokussiert, wo Marktmechanismen teilweise gar nicht greifen können?!

Sie haben das hier als Marktinstrument dargestellt, aber ich frage mich: Gibt es jetzt einen Markt im Schulbau – was die Raumanmietung anlangt, was die Interessenten für Schulgebäude anlangt? Gibt es jetzt einen Markt für Universitätsgelände? Gibt es da unterschiedliche KäuferInnen, MieterInnen, die sich im Sinne eines marktwirtschaftlichen Wettbewerbs dort um Räume bemühen?

Ich finde, dieses Gesetz mit seinen marktwirtschaftlichen Ansätzen ist auf der einen Seite wahrscheinlich geeignet, ein besseres Management bei Ministerien herbeizuführen. Auf der anderen Seite jedoch ist es in keiner Weise umfassend genug und in keiner Weise zielgerecht, vor allem was den universitären Bereich und auch den Schulbereich anlangt.

Es geht hiebei sicherlich um einen Umfang an Quadratmetern, an Vermögen, an Werten, an Liegenschaften, über den man selten diskutiert. Es geht um sage und schreibe 5 Millionen Quadratmeter Grund und Boden, es geht um 1 400 Liegenschaften, es geht um 3 500 Einheiten,


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44. Sitzung / Seite 102

die auf diesen Liegenschaften stehen. Es geht insgesamt um einen Vermögenswert von 500 Milliarden Schilling! – Und dafür bekommt die Republik – und das angesichts der Budgetkonsolidierungsaufgaben – jetzt 30 Milliarden Schilling.

Das war ja auch der Ansatzpunkt, warum man jetzt relativ schnell, teilweise unüberlegt, mit letzten Abänderungsanträgen hier im Plenum noch etwas über die Bühne bringen will, etwas übers Knie bricht, was man schon längst hätte tun können und sollen, aber was man in anderer Form hätte tun müssen, nämlich in Form des Fruchtgenusses.

Es geht da wirklich um Vermögenswerte von außergewöhnlich großem Umfang, und es geht um Weichenstellungen, die Jahrhunderte betreffen. Es geht um Weichenstellungen, die vor allem den Bildungsbereich betreffen und die vor allem wieder zusätzliche Geldmittel notwendig machen werden und wahrscheinlich zusätzliche Engpässe heraufbeschwören werden.

Was passiert konkret? – Es gibt neben dem Budgeteinsparungsziel der Bundesregierung, dem auch dieses Gesetz dienen soll – daher diese 30 Milliarden Schilling –, auch noch das Ziel der Einsparung von Beamtinnen und Beamten. Diesem Ziel dient ja auch in erster Linie dieses Gesetz: Geld soll hereinkommen – und Beamte hinauskommen. Insgesamt 640 Beamte aus der Bundesverwaltung treten jetzt in den Dienst der Immobiliengesellschaft des Bundes, die wiederum eine Tochtergesellschaft einer GesmbH ist, nämlich der BIG.

Das ist ja auch ein Ziel, das zum Teil durchaus zu diskutieren wäre; aber das wird in dem Sinn fast vorrangig. In den Hintergrund treten die eigentlichen – von meiner Warte her auch notwendigen – Schritte, nämlich jene zu einer besseren Gebäudeverwaltung, einem besseren Management und einer besseren Effizienznutzung. Diese Schritte könnte man auch auf andere Art und Weise unternehmen. Ich habe mich da umgehört, habe mit Landesschulräten und mit Oberlandesgerichtspräsidenten telefoniert. Ich habe mich auch beim, glaube ich, Oberfinanzamt oder Oberlandesfinanzamt, was weiß ich (Bundesminister Dr. Bartenstein: Oberlandesfinanzdirektion!), bei der Oberlandesfinanzdirektion – danke, Herr Minister! – erkundigt.

All diese Behörden, die ja mit der Gebäudeverwaltung betraut sind, auch Erfahrung diesbezüglich haben, haben immer gesagt: Besser wären volle Verantwortung, ein ganzes Budget und auch volle Entscheidungsbefugnis. Dann könnten sie sich sehr wohl marktwirtschaftlich verhalten und entsprechend ihren Bedürfnissen auch die Räume anmieten. Sie sind aber gegen diese Steuerung praktisch von außen und von oben; das ist ihnen nicht als zielführend erschienen.

Vor allem möchte ich darauf hinweisen, dass gerade im Schulbereich eher Mangelwirtschaft herrscht – und das sogar noch verstärkt wird: Neubauten "hängen" wahrscheinlich völlig in der Luft oder sind nur zu erheblich höheren Kosten möglich, siehe Zinsbelastungen durch Kreditaufnahme, die erst dann getätigt werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

Aus diesen Gründen können wir diesem Gesetzentwurf sicher nicht zustimmen. Aber es gibt noch einen wesentlich bedeutenderen Grund, dagegen zu sein, und zwar verabsäumt es der Bund wiederum, in jenen Bereichen, in denen er eigentlich als Vorbild agieren sollte, mit Vorbildfunktion am Werk sein sollte, tätig zu werden, nämlich im Bereich Klimaschutz.

Herr Minister! Im Ausschuss haben wir schon darüber gesprochen. Mein Antrag hier im Plenum zeigt dieses Ziel und diesen Ansatzpunkt nochmals auf. Es geht auch darum, bei Bundesgebäuden im Hinblick auf die Erreichung der Kyoto-Ziele, im Hinblick auf Effizienznutzung auf dem Energiesektor Vorschreibungen zu machen, gesetzliche Verpflichtungen einzubauen, die von der Gebäudeverwaltung, die auch vom Eigentümer einzuhalten sind. Diese gesetzlichen Vorschreibungen werden dringend nötig sein. Das hat ja auch Ihr Beirat wiederholt attestiert. Das hat diese Arbeitsgruppe, die es gab, errechnet. Es geht ja da immerhin um ein Einsparungspotential in der Höhe von einer Viertelmillion Tonne an CO2. Das ist nicht wenig!

Das wird jedoch durch dieses Gesetz nicht möglich, denn Sie wollen ja diese 30 Milliarden Schilling. Sie wollen, dass diese Einnahmen des Bundes praktisch Maastricht-konform lukriert werden können. Deswegen dürfen Sie keine Vorgaben machen, deswegen verzichten Sie auf Klimaschutzmaßnahmen, damit Sie diese 30 Milliarden Schilling vielleicht doch – unter


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44. Sitzung / Seite 103

Anführungszeichen – "Maastricht-konform" lukrieren können. Das Problem ist nur, dass auch dieser Faktor, dieser budgetrelevante Gesichtspunkt da ist, dass man da Bundesschulden mit Hilfe von 30 Milliarden Schilling an Einmaleffekten tilgt. Das ist etwas in den Sand gesetzt beziehungsweise steht auf tönernen Füßen.

Selber schreiben Sie ja – oder lassen Sie schreiben – in den Begleittexten zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates – ich zitiere –:

Eine rechtssichere Einstufung kann erst im Falle einer allfälligen Überprüfung der nationalen Einstufung durch EUROSTAT mit etwaig nachfolgenden EuGH-Verfahren erfolgen. – Zitatende.

Es steht also noch immer in den Sternen, ob dieser Gesetzentwurf, diese Gesetzesvorlage wirklich Ihrem Ziel der Budgetkonsolidierung dienen kann. Klar ist: Er schadet den Schulen, er schadet den Universitäten – und bringt eine Hypothek für die Zukunft. In Zukunft werden nämlich Mietzinszahlungen bei weitem umfangreicher sein als diese einmaligen Einnahmenerlöse von 30 Milliarden Schilling. Das ist mir wirklich ein großes Anliegen. Es ist ein großes Problem insgesamt, dass wir uns für kurzfristige Erfolge – sprich: Nulldefizit – langfristig Mühlsteine um den Hals hängen, die uns vor allem in zwei Bereichen, nämlich im Schul- und im Universitätsbereich, wieder Schwierigkeiten schaffen werden, obwohl sich die Schwierigkeiten sowieso schon türmen. Deshalb noch einmal deutlich unsere Ablehnung! (Beifall bei den Grünen.)

Nur ein kleines Detail noch zur Maastricht-Konformität: An sich müsste die BIG, wie es so schön heißt, eine "market private institutional unit" sein. – Wie erklären Sie sich aber, Herr Minister, diese – wie nennt man das? – Organisationseinheit des freien Marktes? Wieso kann das die BIG sein, wenn der Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der BIG gleichzeitig der Leiter des Amtes für Bundesimmobilien bei Ihnen im Ministerium ist? – Ich sehe da keine Organisationseinheit des freien Marktes. Da gibt es enge Verflechtungen mit dem Bund. Deshalb sehe ich dieser Beurteilung durch EUROSTAT beziehungsweise durch die EU-Einheiten mit etwas Skepsis entgegen beziehungsweise fürchte ich, dass dieses Gesetz den Ansatz, den Sie gewählt haben, nicht erfüllen wird.

Ganz zum Schluss noch ein Hinweis: 100 Prozent Bundeseigentum bei der Bundesimmobiliengesellschaft sind jetzt gegeben. Herr Präsident Prinzhorn hat immer schon gesagt, man solle auch mit den Bundesimmobilien an die Börse gehen. Ich bin neugierig, was Sie dann noch entwickeln werden, wenn marktkonforme Mieten gezahlt werden und wenn insgesamt noch weitere Milliarden lukriert werden sollen. Womöglich geben Sie dann auch die Bundesimmobilien insgesamt an die Börse. Jetzt sind die Umstände jedenfalls schlecht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

14.16

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, man muss das Problem der österreichischen Immobilienbewirtschaftung, nämlich jene, die im Bundesbesitz steht, in einem Drei-Stufen-Fahrplan sehen; das wurde auch getan. Herr Kollege Tancsits hat ja bereits in seinen Ausführungen festgestellt, dass in der Vergangenheit ein wichtiger Schritt gesetzt wurde, bei dem man – zugegebenermaßen! – skeptisch sein könnte: Das war die Schaffung der BIG I. Man konnte aber in den vergangenen Jahren durchaus reichhaltige Erfahrungen schöpfen. Daher ist die Frage, wie das weitergeht, natürlich zu stellen und durchaus legitim.

Jetzt ist Schritt zwei an der Reihe. Und Schritt zwei heißt: Eigentum tatsächlich überführen. Auch jenes Eigentum oder jene Bewirtschaftungen, die früher über Fruchtgenussrechte geregelt worden sind, begründen auch tatsächlich echtes Eigentum.

Sicherlich wird es einen dritten Schritt geben, Frau Kollegin Moser. Ich gehe da gleich direkt auf Ihre Rede ein. Kein Mensch kann heute sagen, wann dieser Schritt kommen wird. Aber er wird


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kommen! Wir werden nicht bei diesem Status stehen bleiben. Der dritte Schritt – das kann ich Ihnen heute schon sagen – wird in Richtung weiteres Einführen von privaten Elementen in diesen Komplex gehen. Warum nicht eines Tages auch ein Unternehmen, das teilprivatisiert ist, das noch näher am Markt ist, das an der Börse steht? – Aber so weit sind wir heute noch nicht. Das wird einiger Jahre bedürfen. Wir müssen jetzt, in der Phase zwei, neue Erfahrungen mit diesem Konstrukt gewinnen.

Meine Damen und Herren! Zwei Zielsetzungen sind es, die verfolgt werden: Die erste – und das möchte ich noch einmal betonen – ist wirklich eine intensive und effiziente Immobilienbewirtschaftung, wobei natürlich der Bund mit seinen Dienststellen als der größte Mieter aufscheinen wird. Die zweite ist aber – das wird unmittelbar umgesetzt –, dass jenes Vermögen, das auf dem Immobiliensektor sozusagen frei zur Verfügung steht, auch bestmöglich verwertet wird. Es kann sein, dass man da neue Mietverträge abschließt, muss aber nicht sein. Es kann sein, dass man Objekte verkauft, muss aber nicht sein. Dazu gibt es eine Geschäftsführung in der BIG. Diese wird entsprechende Business-Pläne vorlegen. Damit wird das Unternehmen auch frei agieren können. Das war eine weitere Zielsetzung, meine Damen und Herren!

Es ist vollkommen klar: Man kann nicht den halben Weg gehen. Man kann nicht ein Unternehmen schaffen, das dann doch wieder sehr stark von der Republik Österreich dirigiert wird. Daher haben wir uns auch in diesen doch zahlreichen Runden, in denen es darum ging, auch die Interessen verschiedener Ministerien unter einen Hut zu bringen – diese Aufgabe ist ja nicht ganz leicht –, dazu entschlossen, das Gesetz so "schlank" zu machen, dass kein grundsätzlicher Zweifel am freien Agieren der Bundesimmobiliengesellschaft aufkommen kann. – Und das, meine Damen und Herren, halte ich für besonders wichtig im Hinblick auf die Erfüllung der Maastricht-Kriterien, im Hinblick auf die Maastricht-Kompatibilität oder -Konformität.

Frau Kollegin Moser hat heute so ihre Zweifel angemeldet. Für mich scheint das fast so, als würde sie sich freuen, wenn in einigen Jahren der EuGH sagen würde: Das habt ihr nicht 100 Prozent Maastricht-konform erledigt. – Das klang so irgendwie heraus. Mich würde das, Frau Kollegin Moser, nicht freuen. Aber ich sage Ihnen, was ein faktisches Problem ist: Es kann heute bei keinem großen Ausgliederungsvorhaben mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden, ob das volle Maastricht-Konformität hat oder nicht.

Die Beamten, die darüber verhandelt haben – und diesen gilt mein Dank, und zwar sowohl denen des Finanz- als auch des Wirtschaftsministeriums –, haben sich wirklich redlich bemüht und haben mehr als einmal hinterfragt, worum es eigentlich geht und wo mögliche Gefährdungspotentiale liegen. Diese Beamten sind nicht nur einmal nach Brüssel gefahren, sondern öfters, und sie haben, mit fortschreitenden Verhandlungsergebnissen, immer wieder diesen kritischen Punkt hinterfragt. Der Stand, den die Beamten mit nach Hause genommen haben, war Folgender: Es ist nicht damit zu rechnen, dass das aufgehoben wird. – Aber Garantie, bitte, gibt es keine – so wie bei vielen anderen Vorhaben auch nicht.

Letzter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es kam auch die Frage: Wie viel ist die Gaudi eigentlich wert? – Diese "Gaudi" ist die Kleinigkeit von 100 Milliarden Schilling wert, wenn man den reinen Substanzwert ansetzt. Sie ist 70 Milliarden Schilling wert, wenn man den Verkehrswert zugrunde legt. Wenn man aber kurzfristig verkauft, dann wir man auch nicht den Verkehrswert erzielen können. Daher war man da entsprechend vorsichtiger und hat sich durch verschiedene Abschlagsmodelle an einen Wert, an eine rechnerische Größe von 33 Milliarden Schilling gehalten. Diese hat man erarbeitet; davon gehen 3 Milliarden Schilling als Kapitaldotierung ab.

Sie können sicher sein, dass es da einen Modus gibt, dass nicht irgendwie leichtfertig Vermögen unter bewertet wird. Wenn es nämlich an die Realisation von Vermögen geht, Frau Kollegin Moser, dann wird eine Besserungsklausel Platz greifen, und mit dieser wird sichergestellt, dass direkt beim Verkauf zusätzliches Geld in die Kassa kommen wird. Darüber hinaus gibt es noch einen Eigentümer, da dies ja eine Kapitalgesellschaft ist. Im Sinne einer effizienten und wirtschaftlichen Bewirtschaftung kommt es auch zu Erlösen, also zu Dividendenzahlungen – und


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dann ist wieder der Eigentümer an der Reihe. An diesen werden doch zu einem sehr hohen Prozentsatz die in Zukunft zu erzielenden Betriebsgewinne abgeführt.

Meine Damen und Herren! Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diesbezüglich der wichtige Schritt zwei in sehr überlegter Art und Weise geschaffen wurde. Wir gehen unmittelbar an die Umsetzung, aber ich kann heute auch schon sagen: Nach den Erfahrungen, die wir gewinnen werden, freue ich mich direkt schon auf die Phase drei. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesminister Dr. Bartenstein gelangt nun zu Wort. – Bitte.

14.23

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte ein Wort des Dankes voranstellen, ein Wort des Dankes an die beiden Bautensprecher der Regierungsfraktionen, Tancsits und Firlinger, an die Beamten meines Hauses, aber auch an viele Beamte in anderen Häusern, nicht nur des Finanzressorts. Auch im Unterrichts- und Bildungsressort musste großes Verständnis für dieses Projekt da sein, sind doch 70 Prozent der Einmietungen aus diesem Hause kommend.

Danke letztlich auch an die Geschäftsführung und an die Mitarbeiter der BIG I, weil dieses enorme und umfassende Gesetzeswerk letztlich die Unterstützung aller benötigt hat. Und diese war auch gegeben.

Ich bin bei Ihnen, Herr Abgeordneter Firlinger: Es ist der zweite Schritt. Ein dritter Schritt ist als Vision mittelfristig durchaus in Aussicht; eine kapitalmarktfähige Immobiliengesellschaft des Bundes ist vorstellbar. Aber jetzt gehen wir einmal vom Fruchtgenuss auf Mieten, jetzt gehen wir einmal auf eine Vollausgliederung, die auch diese Immobilien des Bundes in das Eigentum der BIG stellt.

Es sind nicht 500 Milliarden Schilling, sehr geehrte Frau Abgeordnete Moser, sondern knapp 100 Milliarden Schilling. 97 Milliarden Schilling sind es, die das Institut für Regional- und Stadtforschung der TU Wien als Ertragswert kalkuliert hat. Abgeordneter Firlinger hat schon darauf hingewiesen: Durch entsprechende Abzüge kommt man auf diesen vorsichtig geschätzten Wert von 33 Milliarden Schilling. Mit der Besserungsklausel ist sichergestellt, dass allfällige Mehrerlöse dann auch dem Bund zugute kommen und nicht etwa dem Budget. Diese Mittel dienen zuvorderst dem Abbau und der Reduktion der Staatsverschuldung.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Moser! Lediglich 4,4 Milliarden Schilling sind im heurigen Budget budgetwirksam eingestellt, aber darüber hinaus sollen die rund 26 Milliarden Schilling an Nettoerlösen – die 3 Milliarden Schilling Kapitalausstattung kann man ja da nicht dazurechnen – zur Reduktion der Staatsverschuldung dienen.

Das, was Herr Abgeordneter Firlinger gesagt hat, nämlich dass es ein bisschen einen Widerspruch in Ihren Aussagen gibt, ist mir auch nicht ganz verborgen geblieben, wenn Sie mir diese Formulierung gestatten. Auf der einen Seite geben Sie zwar zu, dass Ihr Antrag zum Thema Klimaschutz und Energieeffizienz – mit den Zielen bin ich vollkommen einverstanden, gerade in der Woche von Den Haag und der 6. Klimaschutzkonferenz, aber es geht um den Weg – das Projekt in Sachen Maastricht-Konformität gefährden würde, auf der anderen Seite meinen Sie aber: Na ja, EUROSTAT, wer weiß, was da los ist, und vielleicht kommt am Ende heraus, dass das nicht Maastricht-konform sein und die Anrechnung auf die Staatsverschuldung nicht genehmigt wird.

Wir – meine Mitarbeiter und die Mitarbeiter des Finanzministeriums – haben das Unsrige dazu getan. Nach bestem Wissen und Gewissen legen wir dem Hohen Hause heute ein Gesetz vor (Abg. Edler: Na ja!), sehr geehrter Abgeordneter Eder (Abg. Eder: Ich habe nichts gesagt!)  – Edler sitzt hinter dir, Herr Abgeordneter Eder, nicht nur namensähnlich, sondern auch noch


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hintereinander sitzend –, meine sehr geehrten Herren Abgeordneten, von dem wir ausgehen, dass EUROSTAT ex post diese Maastricht-Konformität feststellen wird; ex ante war das nicht möglich, das ging nicht.

Dieses BIG-2-Gesetz bringt ein Stück mehr Markt, ein Stück mehr Kostenwahrheit. Es wird nicht mehr jede Fläche angemietet werden, es wird Objekte geben, die sich als nicht betriebs- und bundesnotwendig herausstellen und dem Markt zur Verfügung gestellt werden können. Das wird Aufgabe der BIG sein. Dieses Gesetz ist vom ersten Entwurf her auch deutlich privatwirtschaftlicher und bundes- und staatsferner geworden. Herzlichen Dank an alle Beteiligten! Es ist hier in den Parlamentsklubs hart gearbeitet worden, jetzt liegt ein "schlankes", vernünftiges Gesetz vor, das sich sehen lassen kann.

Wir entledigen uns unseres Bundeshochbaubudgets in hohem Maße, meine Damen und Herren: Nicht weniger als 4 Milliarden Schilling gehen in Mieten über, die den mietenden Ressorts zur Verfügung gestellt werden, 1,1 Milliarden Schilling gibt es für Instandhaltungen und 1,2 Milliarden Schilling für die Burghauptmannschaft.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Moser! Wenn Sie mir Ihr Gehör schenken, so wie auch ich Ihnen meines geschenkt habe: Ein bisschen gewundert habe ich mich schon, dass Sie auch die Kulturbauten der BIG überantworten wollen. Das aus Ihrer Fraktion zu hören, war etwas überraschend.

Und aus dem Hohen Hause zu hören, dass die Absicht bestünde, auch das Parlament der BIG zu überantworten: Wenn die grüne Fraktion diesbezüglich einen entsprechenden Antrag stellt, bin ich gerne gesprächsbereit. Jetzt ist es so, dass sich das Parlament selbst verwaltet. Das wurde schon bisher nicht von unserer Bundeshochbau-Sektion durchgeführt. Aber das liegt an Ihnen, sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie haben das hier beim Rednerpult gesagt.

Damit komme ich auch schon zum Schluss meiner Ausführungen. Diese Bundesimmobiliengesellschaft wird eine sehr beachtliche Gesellschaft sein, und zwar mit einem Einnahmenvolumen von nicht weniger als 8,1 Milliarden Schilling. Davon sind 3,5 Milliarden schon heute bestehendes Fruchtgenussentgelt. 4 Milliarden Schilling kommen an neuen Mieten herein und 600 Millionen Schilling sind sonstige Erlöse.

Wie gesagt: sehr beachtlich! Ich freue mich, dass es in letzter Minute gelungen ist, ein allumfassendes Konzept für einen Sozialplan für ausgegliederte Projekte zu erstellen. Es war immer klar: Entweder es gibt das als lex specialis – notfalls in zweiter Lesung im Parlament, Herr Abgeordneter Spindelegger –, oder es gelingt ein allumfassendes Projekt. Das ist jetzt gelungen, das ist der bessere Weg. Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgewirkt haben.

Zuletzt lassen Sie mich auch noch sagen, dass ich deutliche Effizienzverbesserungen im Immobilien-Management des Bundes erwarte. Diese Gesellschaft als Tochtergesellschaft der BIG wird das bestens machen und im Übrigen auch auf die Expertise und das personelle Know-how der Länder dort zurückgreifen, wo das gewünscht wird.

Insgesamt ist das eine sehr gelungene Gesetzesmaterie, die den Zielen, die die Abgeordneten Tancsits und Firlinger formuliert haben, hoffentlich und mit einiger Wahrscheinlichkeit in hohem Maße gerecht werden wird können. – Ich bedanke mich für die Erteilung des Wortes, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

14.30

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal habe ich natürlich Verständnis dafür, dass die Bundesregierung auch in diesem Bereich, über den wir hier jetzt diskutieren, 30 Milliarden Schilling für das Budget rasch haben und diesen Betrag rasch zur "Schuldenabdeckung", wie sie immer zu sagen pflegt, verwenden will.


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Mir persönlich tut es allerdings ein bisschen weh, dass das heute bereits beschlossen werden soll, denn ich vertrete die Ansicht, dass wir gerade bei diesem so wichtigen Punkt doch einen gemeinsamen Beschluss hätten zustande bringen können, zumal ja das BIG-Gesetz, das Bundesimmobiliengesetz, auf das ja all das aufbaut, 1992 in einer Koalitionsregierung von SPÖ und ÖVP gemeinsam entwickelt wurde; damals war übrigens Wolfgang Schüssel Wirtschaftsminister. Bereits damals sind wir davon ausgegangen, dass es vernünftig wäre, das Immobilienvermögen des Bundes in einer Gesellschaft zu bewirtschaften. 1992 ging es noch nicht darum, zu verkaufen, zu vermarkten, sondern man ging davon aus – das sind jene Schritte, von denen heute auch Kollege Firlinger gesprochen hat –, das einmal zu bewirtschaften.

Diese Bewirtschaftung wurde eine kleine Erfolgsstory, und es wurde in Zusammenarbeit mit einzelnen Ministerien eine Reihe von Immobilien der BIG übertragen, wo das eben Sinn machte und wo dann eben auch entsprechende Sanierungen durchgeführt werden konnten; ebenso konnten auch viele zusätzliche Schulen und Universitäten neu errichtet werden. Das ist also eine gute Grundlage gewesen.

Jetzt diesen Schritt so rasch zu setzen, bedeutet aber, dass man 30 Milliarden Schilling – zusätzlich 3 Milliarden Schilling an Eigenkapitalaufstockung – schnell auf die Beine bringen musste. Und damit man diese 30 Milliarden Schilling eben halbwegs sicher rasch auf die Beine bringt, hat man dabei, so die Aussage des Herrn Bundesministers, 100 Milliarden Schilling sozusagen ins Auge gefasst, sodass man eben, wie Kollege Firlinger sagte, auch bei verschiedenster Betrachtungsweise diese 30 Milliarden Schilling sicher zusammenbringt. Substanzwert also: 100 Milliarden Schilling, Verkehrswert: 70 Milliarden Schilling – und 30 Milliarden Schilling werden sozusagen auf der sicheren Seite sein. – Aber bitte, das verstehe ich ja noch.

Was ich allerdings nicht verstehe – und das ist die Kritik, die ich hier anbringen will –, ist, dass es bei diesen Milliardenbeträgen doch auch eine Menge an Unbekannten gibt. Eine diesbezügliche Bewertung erfolgte ja durch die TU Wien, und diese hat das dann wieder weitergegeben, und so weiter. Das ist aber, jetzt rein von der Bewertung her gesehen, schon viel Geld. Wir reden da so "locker": 100 Milliarden, 80 Milliarden und 30 Milliarden Schilling. Das ist alles so leicht dahingesagt, aber natürlich muss man schon genau wissen, wovon man da spricht, geht es dabei doch um eine Menge Geld.

Davon ausgehend, dass ja in Wirklichkeit auch noch die Bewertung eine Unbekannte, die Menge eine Unbekannte ist, halte ich das schon für ziemlich bedenklich. Im Bautenausschuss wurde ja lediglich von Zirka-Angaben gesprochen; der Herr Bundesminister sprach von zirka 35 bis 40 Millionen Quadratmetern. Das heißt im Klartext: 5 Millionen Quadratmeter sind sozusagen irgendwo in Fluss. Damit meine ich jetzt natürlich nicht, dass man nicht weiß, wo diese sind, aber: Auf Grund der vielen Transaktionen sind bei einem solch riesigen Vermögen einige Millionen Quadratmeter oft gar nicht wirklich erfassbar. Und das ist natürlich auch noch eine Unbekannte, die es da zu bedenken gilt. Insgesamt gibt es also wirklich eine ganze Menge an Unbekannten – und weil das eben der Fall ist, muss man 100 Milliarden Schilling des Bundesvermögens übertragen, sodass man wenigstens 30 Milliarden Schilling sozusagen auf der sicheren Seite hat.

Was uns – das war eigentlich dann der Knackpunkt insgesamt – am meisten frustriert hat, war, dass militärische Liegenschaften, die dem Bundesheer zwar zur Benutzung übertragen wurden, aber vom Bundesheer nicht benötigt werden, einfach so belassen hat, obwohl es dabei um 40 Prozent des gesamten Vermögens geht. 1 200 Beamte kamen unter die Verwaltung des Bundesheeres, und das halte ich für absolut ineffizient!

Wenn man meint, hier mit "Effizienz" und "besonderer Schlankheit" argumentieren zu müssen, kann ich nur sagen: Das stimmt alles nicht, denn in Wirklichkeit gibt es jetzt nicht eine Bundesimmobiliengesellschaft, die Bundesvermögen der Republik verwaltet, bewirtschaftet und managt, sondern es gibt nach wie vor verschiedenste Strukturen. Allein für Grundstücke, die dem Bundesheer zur Verfügung stehen, gibt es das Verwaltungspersonal mit 1 240 Mitarbeitern. Weiters gibt es die Burghauptmannschaft mit 260 Beschäftigten oder auch die Schloß Schönbrunn Betriebsgesellschaft, die aber durchaus gut vorexerziert hat, wie man ein Schloss


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bewirtschaftet – und die zum Beispiel ohne Weiteres in der Lage gewesen wäre, auch andere historische Bauten, inklusive Burghauptmannschaft, zu übernehmen.

Weiters haben wir die Bundesimmobiliengesellschaft, die IMB, das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, in dem es im Zusammenhang mit dieser Verwaltung noch immer rund 600 Beschäftigte gibt. Weiters verweise ich auf die ASFINAG, die nunmehr auch Grundstücke verwalten wird. Dazu zu sagen wäre aber auch noch, dass Grundstücke und Gebäude des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft nicht von der BIG, sondern separat verwaltet werden; auch für die Strafvollzugsanstalten gibt es einen eigenen Verwaltungsbereich.

Die Flughäfen in den Bundesländern, die auch dem Bund gehören, sind gleichfalls nicht in diesem Liegenschaftsbereich enthalten, auch nicht die Botschafts-Liegenschaften. Kollege Ellmauer hat ja gemeint, bei den Botschaften sollte das so bleiben, denn die können das eben. – Wenn man bitte so argumentiert, dann ist es für uns wirklich nicht möglich, dem hier unsere Zustimmung zu geben. Darüber hätte es wirklich noch vieler Diskussionen bedurft, denn wenn es um 100 Milliarden Schilling geht, dann sollte man nicht hudeln, Kollege Kopf, sondern doch ein bisschen länger miteinander reden und das ordentlich regeln.

Wie gesagt: Wir Sozialdemokraten wären da vielleicht auch mitgegangen, aber so geht es leider wirklich nicht! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

14.37

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Eder, ich weiß, Sie hätten da gerne zugestimmt und mitgewirkt, aber Ihr Klubobmann hat Sie dazu leider nicht autorisiert. Mir tut das Leid für Sie, weil wir eben wissen, dass Sie, Kollege Eder, ein konstruktiver Mitarbeiter im Bautenausschuss sind. (Abg. Dr. Fekter: Es gibt auch Vernünftige in der SPÖ! Der Eder gehört dazu!)

Aber nun zum eigentlichen Thema. Unsere Republik befindet sich in der Situation, dass wir von den Koalitionsparteien versuchen müssen, den Staatshaushalt nachhaltig zu sanieren und die Staatsschulden zu verringern. Und in diese Situation hat uns die 30 Jahre lange Misswirtschaft sozialistischer Finanzminister gebracht, sie hat uns diese Misere hinterlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Um nachfolgende Generationen nicht mit einer unverantwortlichen Bürde zu belasten, müssen jetzt Maßnahmen, und zwar sinnvolle Maßnahmen, gesetzt werden. Sinnvoll ist es jedenfalls, in Zeiten der Hochkonjunktur das Budget zu sanieren und die Staatsschuld zu verringern, auch wenn das jetzt für uns, eben auf Grund dieser sozialistischen Wirtschaftspolitik, sehr schwierig ist. Die Zinsenlast, die auf unserer Republik lastet, muss verringert werden, um wieder größeren finanziellen Spielraum zu bekommen, um in Zukunft die Steuerbelastung der österreichischen Bürgerinnen und Bürger verringern zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Firlinger. )

Meine sehr verehrten Damen Herren! Vollbeschäftigung und keine neuen Schulden, das hat sich diese Bundesregierung auf ihre Fahnen geschrieben – und dazu sind mutige Reformen notwendig. Eine solche Reform stellt die Neuorganisation der Bundesimmobilien dar, nämlich einen Modernisierungsprozess sowie eine grundlegende Organisationsreform einzuleiten.

Mit der Ausgliederung der Bundesimmobiliengesellschaft werden die Effizienz und das Kostenbewusstsein enorm gesteigert werden. Als die Bildung einer Bundesimmobiliengesellschaft, also die BIG I, 1992 durchgeführt wurde, war ich vehement dafür, und nun sehe ich mit gewisser Genugtuung, dass auch der zweite logische Schritt getan wird, nämlich die Einnahmen aus den Bundesimmobilien und deren Verwertung in eine Hand zu legen. Durch die Übertragung der Bundesliegenschaften an die BIG werden Kostentransparenz und Kostenbewusstsein ge


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schaffen, indem der Verbrauch von Ressourcen marktkonform einer Kosten-Leistungs-Kontrolle unterzogen wird. – Man kann somit in Zukunft auch einen Marktvergleich anstellen.

Weiters wird es zu einer Gesamtkoordination aller inländischen Liegenschaften kommen – ausgenommen die dem Verteidigungsressort zugeordneten Liegenschaften, und das ist bitte sinnvoll.

Nunmehr möchte ich auf den von der Opposition immer wieder behaupteten "Ausverkauf" des Bundesvermögens näher eingehen, ist es doch beileibe nicht so, dass jetzt das "Familiensilber" Österreichs "verscherbelt" würde. – Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Wir tun alles erdenklich Mögliche, um auch den nachfolgenden Generationen die Lebensgrundlage zu erhalten, eben durch notwendige Reformen und mit dem notwendigen Kostenbewusstsein.

Frau Kollegin Moser! Selbstverständlich wurde die Ausgliederung der Bundesimmobilien auch mit der Europäischen Union abgesprochen. Es sind mehrmals Bedienstete des Bundesministeriums in Brüssel gewesen. Bis dato ist jedoch von der EU kein konkreter Änderungswunsch bekannt geworden.

Die Ausgliederung der Bundesimmobilien und der teilweise Verkauf, bei dem übrigens nur etwa 6 Prozent der Objekte zum Kauf angeboten werden sollen, ist ein weiterer Schritt zur Normalisierung des Wohnungsmarktes. Man wird dann in Zukunft vor allem auch in Wien ohne Parteibuch leichter zu einer Wohnung kommen können. (Abg. Eder: Was heißt das?)

Es werden historische Objekte wie die Hofburg oder Schloß Schönbrunn nicht ausgegliedert, sondern einer dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nachgeordneten Dienststelle, der Burghauptmannschaft, unterstellt. Es ist also nicht so, dass wir sorglos mit dem Eigentum der Österreicher umgingen. Im Gegenteil: Der Staat und damit die Steuerzahler profitieren von der Ausgliederung, da es jetzt endlich auch zu marktkonformen Preisen kommen wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt dieser Transaktion: Nur zu einem geringen Teil werden diese 30 Milliarden Schilling in den Bundeshaushalt fließen. Der überwiegende Teil wird in mehreren Tranchen zur Schuldentilgung herangezogen und wirkt zinsenreduzierend. Aber nicht nur das: In Zukunft soll die BIG jährlich etwa 460 Millionen Schilling Gewinn erwirtschaften.

Es ist mir klar, dass in Zukunft weitere marktkonforme Schritte notwendig sein werden, um auf diesem Gebiet erfolgreich zu bleiben. Aber – Kollege Firlinger und der Herr Bundesminister haben das schon angekündigt – wir werden uns auf diesem Weg weiterbewegen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

14.42

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist es notwendig und sinnvoll, im neuen Jahrtausend über Bundesimmobilien nachzudenken, neue Vorgangsweisen zu finden und sich zu überlegen, wie ein solches Riesenvermögen, ein – unter Anführungszeichen – "Riesenbesitz" optimal bewirtschaftet oder ausgelagert werden kann. Das ist richtig, und es ist auch gut, wenn man sich das überlegt.

Wenn man das allerdings so macht, wie es im Falle des Bundesimmobiliengesetzes geschieht, kommen bei mir natürlich schon Bedenken auf, ob das in Zukunft nicht eines der Beispiele dafür sein wird, wie man Auslagerungen auf keinen Fall machen soll. Ich möchte nur noch einmal an die Vorgangsweise erinnern.

Das, was uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, ist die ungefähr fünfte bis siebte Version zu diesem Thema, von der wir Kenntnis erlangt haben beziehungsweise erlangen konnten. Die Stellungnahmen der Bundesländer – in diesem Zusammenhang nenne ich vor allem Kärnten,


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Salzburg und Niederösterreich – waren negativ. Die Stellungnahme der Universitäten war negativ. Im Ministerrat gab es eine andere Vorlage als im Ausschuss, und jetzt liegt wieder etwas anderes vor uns. Was besonders interessant ist, ist ja, dass man, wenn man sich die Liste anschaut, worauf sich diese Neuregelung bezieht, sieht, dass da nicht einmal Vollständigkeit und Klarheit vorliegt.

Wenn ich mir also vorstelle: Man beschließt eine Neuregelung in einem Bereich und weiß in Wirklichkeit noch nicht einmal, für welchen Bereich man diese Neuregelung beschließt, und zwar im Detail. Unklarheiten bei den Quadratmeterzahlen waren in dieser ganzen Sache noch eines der marginaleren Probleme.

Auf einen Punkt aber möchte ich – weil das für mich noch immer eines der zentralen Themen ist und auch angesichts der derzeit stattfindenden Konferenz in Den Haag – noch einmal im Detail eingehen: Das ist die Frage von Klimaschutzmaßnahmen bei Bundesgebäuden.

Seit Jahren verlangen die Grünen auf Länder- und Bundesebene immer wieder, dass die Kriterien von Klimaschutzzielen auch auf jene Gebäude, die unter Bundeshoheit stehen, anzuwenden sind. Und seit Jahren laufen wir diesbezüglich gegen Betonmauern, im wahrsten Sinne des Wortes gegen Betonmauern. Sogar bei einigen Sanierungen, die es in den letzten Jahren und Jahrzehnten gegeben hat, wurden diese Ziele nicht einmal ignoriert beziehungsweise wurde sogar gegen diese Ziele gearbeitet. Und nun, da wir versuchen, zumindest in dem Moment, in dem diese Neuregelung in Kraft tritt, Klimaschutzziele mit auf den Weg zu geben, damit sich zumindest in Zukunft etwas Sinnvolles in diesem Bereich ändert, sagt man natürlich eiskalt, mit einer nicht ganz hundertprozentig nachvollziehbaren Berufung auf die Maastricht-Kriterien: Nein, jetzt geht es nicht mehr! (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Das hat aber doch Frau Kollegin Moser gesagt!)

Ich habe mich auf Ihre Stellungnahme bezogen, Herr Minister, auf Ihre Antwort auf die Ausführungen von Frau Kollegin Moser. Das haben Sie ja auch so genannt.

Diese Klimaschutzziele, die hier ignoriert wurden, haben auch Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit österreichischer Klimaschutzpolitik insgesamt. Das ist eine Kritik, die natürlich in erster Linie die Vergangenheit betrifft, die aber für heute und für die weitere Vorgangsweise überall dort, wo es Klimaschutzmaßnahmen im öffentlichen Bereich betrifft, Mahnung und Warnung sein soll. Warum schicken wir Vertreterinnen und Vertreter nach Den Haag, um internationalen Klimaschutz zu pflegen, wenn Klimaschutz überall dort, wo direkt öffentliches Handeln betroffen ist, nicht einmal ignoriert wird?!

Meine Damen und Herren! Das halte ich für einen Schandfleck! (Beifall bei den Grünen.)

14.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

14.47

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die uns jetzt vorliegende Gesetzesvorlage stellt unserer Ansicht nach wieder einen weiteren Schritt in die richtige Reformrichtung dar. Die Ausgliederung der Bundesgebäudeverwaltung wurde bereits vor zehn Jahren durch den damaligen Bundesminister Lacina in Angriff genommen und, wie so vieles in sozialdemokratischer Manier, nicht erledigt.

Die Auslagerung der Verwaltung in eine Immobilien-Managementgesellschaft und die Übertragung der meisten Bundesgebäude an die BIG trägt modernen Ansprüchen sowohl in der Verwaltung als auch dem nötigen Immobilienmanagement Rechnung. Eine bedarfsbezogene Gesamtsteuerung sowohl auf Mietbasis als auch bei den Liegenschaftsverkäufen wird damit in Zukunft ermöglicht. Kostenbewusstes Raummanagement führt zu Budgetentlastung bei laufenden Kosten und langfristig zu Verbesserungen der Bausubstanz. Derzeit bestehende Nutzungen werden durch neu begründete Mietverhältnisse ermöglicht und für die Zukunft gesichert.


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Die Bundesgebäudeverwaltung besteht in veränderter Form seit Maria Theresias Zeiten. Tiefgreifende, dringend notwendige Reformen waren Jahrzehnte hindurch leider nicht möglich. Die BIG hat in Zukunft, nach Beschlussfassung dieses Gesetzes, die gesamte Bewirtschaftung der ihr übertragenen Immobilien vorzunehmen und wird dies mit dem erfahrenen Personal, jedoch mit zeitgemäßer Struktur durchführen.

Für die im Bundesbesitz verbleibenden historischen Gebäude wird die Burghauptmannschaft Österreich allein verantwortlich sein.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die Seiten 1 bis 23 des Berichts des Bautenausschusses gelesen haben, sehen Sie, mit wie viel Kompetenz und Vorsicht dieser wirkliche "big deal" angegangen wurde. Schlagwort: Österreich neu regieren und verwalten!

Die Planerfolgsrechnung 2001 bis 2010 der TPA zeigt die Sinnhaftigkeit dieses vorliegenden Gesetzes. Es hat mir besonders gefallen, wie stark man dem Kollegen Eder angesehen hat, dass es ihm wehtut, dass er hier nicht seinem Gewissen freien Lauf geben kann und zustimmen darf, sondern dem Parteizwang unterliegt.

Ein weiteres Argument für die Ausgliederung hat mir Frau Abgeordnete Bures in ihrer Rede geliefert. Wenn es bisher nicht möglich war, den genauen Immobilienbestand des Bundes zu erfassen, so ist gerade diese Ausgliederung der richtige und notwendige Schritt zur Erfassung des Bestandes.

Meine Damen und Herren! Die Redner von Rot und Grün jammern über Mieten und Zinsen, die in Zukunft zu zahlen sind. – Vielleicht können Sie mir erklären, wer die Zinsen sozialdemokratischen Ursprungs bisher bezahlt hat? – Der Erlös der Ausgliederung entlastet das Bundesbudget und geht nicht in undurchsichtigen Kanälen verloren.

Ein Wunsch zum Abschluss: Ein lang notwendiges Immobilienfondsgesetz würde unseren Bürgern die Möglichkeit geben, sich zur Vermögens- und Pensionssicherung an den ausgegliederten Immobilien zu beteiligen. Damit geben wir Frau und Herrn Österreicher die Möglichkeit, vom "big payer" der sozialdemokratischen Regierung zum "big player" in Zukunft zu werden.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Springen Sie über Ihren parteipolitischen Schatten – und stimmen Sie diesem zukunftsweisenden Gesetz zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

14.51

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Der Energieverbrauch von Bundesgebäuden und die damit verbundenen klimarelevanten CO2-Emissionen verursachen einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Belastung des Klimas. Das CO2-Einsparungspotential bei öffentlichen Gebäuden wurde von der Arbeitsgruppe des Kyoto-Forums zur Erstellung einer nationalen Klimastrategie immerhin auf etwa 250 000 Tonnen CO2 beziffert.

Nun hätte der Bund im Zuge der Übertragung der Bundesgebäude an die BIG die Möglichkeit, einen gesetzlichen Auftrag zur Verbesserung der Energieeffizenz im Bundesgebäudebestand zu verankern. Eine derartige Vorgangsweise wurde bereits von den Bund-Länder-Arbeitsgruppen unter der Koordination des Bundesministers für Landwirtschaft und Umwelt in den vergangenen Monaten erarbeitet. Trotzdem wurde das Anliegen des Klimaschutzes bisher nicht adäquat auf bundesgesetzlicher Ebene berücksichtigt.

Daher ist es notwendig, soweit es wirtschaftlich sinnvoll erscheint, verstärkt energetische Sanierungen im Gebäudebestand zu veranlassen. Damit ist nicht nur ein Klimabeitrag und ein Komfortgewinn für die Nutzer zu erzielen, sondern ebenfalls eine Wertsteigerung. Deshalb erscheint ein klarer gesetzlicher Auftrag zur schrittweisen und gezielten Energieeffizienzsteigerung des


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gesamten Gebäudebestandes durch systematische energetische Sanierungen jener Objekte mit schlechtesten Energiewerten sehr sinnvoll. Zumindest müsste dem Bund die Möglichkeit eingeräumt werden, in Zukunft der BIG die Umsetzung der Klimaschutzziele im Bundesgebäudebereich zu verordnen.

Auf Grund der Langzeitrentabilität ist die Sorge vor der Erhöhung der Mietkosten unberechtigt, denn die laufenden Betriebskosten würden sich erheblich verringern. Bei einer flexiblen und zielorientierten Abstimmung zwischen Refinanzierungszeitraum und erzielten Einsparungen müsste es zu keiner Mehrbelastung des Bundes kommen.

Im Zuge der Ausgliederung der Bundesimmobilien wäre es ein großes Versäumnis, wenn der Bund nicht die Möglichkeit wahrnähme, die BIG mit der Durchführung von Klimaschutzmaßnahmen zu beauftragen. Gerade die Glaubwürdigkeit der Republik Österreich im Hinblick auf den Klimaschutz gegenüber anderen Ländern, insbesondere unseren östlichen und EU-beitrittswilligen Nachbarn, wäre erheblich beeinträchtigt.

Wir Sozialdemokraten unterstützen daher den Antrag der Grünen, dass die Bundesregierung beauftragt wird, die BIG im Bereich des Bundesgebäudebestandes zur Energieeffizienzverbesserung in dem von der Arbeitsgruppe des Kyoto-Forums vorgeschlagenen Ausmaß zu verpflichten. Dazu gibt es eine Reihe von Maßnahmen wie die Festlegung von energetischen und emissionsbezogenen Zielvorgaben für den verwalteten Gebäudebestand. Sinnvoll wäre ein vorgegebenes gestaffeltes Reduktionsziel, und zwar bis 2005 eine Reduktion um 10 Prozent und bis 2010 eine Reduktion um 20 Prozent. Bei Ausschreibungen sollte das Bestbieterprinzip um ökologische Kriterien erweitert werden. Systematische Gebäudezustandserhebungen sind durchzuführen, eine Energiebuchhaltung ist einzuführen, und bis 2003 soll es für alle Bundesgebäude "Energieausweise" geben. Für die Sanierung muss es eine Prioritätenreihung nach energetischen Gesichtspunkten geben.

Es gibt also viele Möglichkeiten, die Energieeffizienz der Bundesgebäude zu verbessern. Nützen wir die Möglichkeit für den Umweltschutz, für die Erreichung der Klimaschutzziele, aber auch für ein sinnvolles Sparen. Wenn schon die Bundesregierung immer vom Sparen redet: Beim Energieverbrauch und daher auch beim Geldverschwenden könnte wirklich sinnvoll und zukunftsorientiert gespart werden. Wenn Sie bei der Energieverschwendung den Rotstift ansetzen, dann werden Sie uns mit sich haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. )

14.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie nur noch 4 Minuten bis 15 Uhr haben und dass Sie entweder Ihre Rede unterbrechen oder sich beeilen müssen. – Bitte.

14.56

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Um die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes einem Modernisierungsprozess unterziehen zu können und die Organisation nachhaltig zu reformieren, ist es nur logisch, diese marktwirtschaftlich zu bewirtschaften. Und mit diesem BIG-Gesetz wird das ermöglicht.

Aber auch den Belangen des Umweltschutzes muss Rechnung getragen werden. Diese Bundesregierung hat sich von Beginn an zum Umweltschutz bekannt. Auch zu den völkerrechtlich verbindlichen Kyoto-Zielen bekennt sich diese Bundesregierung. Die Klimaschutzziele werden von dieser Bundesregierung nicht ignoriert, geschätzte Frau Abgeordnete Lichtenberger. Nur sehen wir im Gegensatz zur Opposition den Lösungsansatz nicht in einer weiteren Regulierung und Bürokratisierung, sondern in der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung. Umweltschutz liegt im Interesse des Managements der Bundesimmobiliengesellschaft. Bei einem marktwirtschaftlich geführten Unternehmen ist die Bereitschaft sehr wohl vorhanden, die Energieeffizienz zu verbessern, um im eigenen Interesse Kosten zu sparen.

Wenn die Grünen in einem eigenen Antrag verlangen, dass diesbezüglich bundesgesetzliche Regelungen eingeführt werden sollen, so ist das, glaube ich, nicht notwendig. Kein moderner


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Betrieb ist nämlich langfristig bereit, horrende Energiekosten zu verbuchen, wenn er durch Sanierung die Möglichkeit zur langfristigen Kostenreduktion hat.

Umweltschutz geht uns alle an! Diesem Slogan kann ich nur voll zustimmen. Aber wir müssen uns auch überlegen, wie wir eine marktkonforme Regelung finden, ohne alles gleich wieder in einem Gesetz festzuschreiben.

Im Regierungsübereinkommen ist die Erarbeitung einer nationalen Klimastrategie zur Erreichung des Kyoto-Zieles gemeinsam mit den Gebietskörperschaften festgeschrieben. Die Bereitschaft von Wirtschaft und Staat, unsere Umwelt zu schützen, ist in hohem Maße gegeben. Mehr noch: Wir haben uns sogar verbindlich dazu verpflichtet.

Es ist beileibe nicht so, dass in unserem Land nichts in Richtung Umweltschutz getan würde. Ich möchte Sie nur an das im Rahmen der Wohnrechtsnovelle 2000 beschlossene Modell "Contracting" und an die ausgezeichneten Regelungen bei der Wohnbauförderung erinnern. Mehr noch: Ich getraue mir, hier zu sagen, dass Österreich in Sachen Umweltschutz sogar eine Vorreiterrolle innerhalb der Europäischen Union einnimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Bewusstsein des Österreichers ist sehr wohl auf Umweltschutz bedacht. Es gibt kaum ein Gebäude, bei dem auf energiesparsamen Betrieb nicht geachtet würde. (Abg. Dr. Khol: Mit Ausnahme des Parlaments!) Überall wird versucht, die Wärmedurchlässigkeitswerte durch Dämmung und neue Baustoffe so energiesparend wie möglich zu gestalten.

Auch die Bundesregierung trägt ihren Teil dazu bei, die Energieeffizienz zu steigern. Namhafte Mittel werden zur Forschung und im Wohnbau zur Verfügung gestellt. Dieses BIG-Gesetz ist ein wichtiger Schritt dieser Bundesregierung, ihre Reformbereitschaft unter Beweis zu stellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Herr Abgeordneter Freund war jetzt fast 1 Minute zu schnell. Aber jetzt ist es 15 Uhr. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest um die Inflationsrate, Anpassung des Pflegegeldes, Auszahlung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses, Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren sowie die Erhaltung der ORF- und Telefongebührenbefreiungen und des damit verbundenen Leistungsumfanges für alle Anspruchsberechtigten (319/A) (E)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 2 und 3, und wir gelangen nun, um 15 Uhr, zur Behandlung eines Dringlichen Antrages im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung.

Es handelt sich um den Selbständigen Antrag 319/A (E). Dieser ist inzwischen vervielfältigt und verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Unter dem zynischen Titel "Hebung der sozialen Treffsicherheit" wurde von der FPÖVP-Koalition vor wenigen Wochen ein Kahlschlag im Sozialsystem mit einem unvorstellbaren Kürzungsvolumen von knapp 8 Milliarden Schilling durchgeführt. Dieser Sozialraubzug der FPÖVP-Koalition übertraf alle Befürchtungen, die bereits im Vorfeld von Organisationen wie Caritas, Diakonie, des katholischen Familienverbandes und vielen anderen im Interesse der Menschen in unserem Land tätigen Institutionen geäußert wurden. Insbesondere werden durch dieses Belastungspaket untere und mittlere EinkommensbezieherInnen in einem Ausmaß getroffen, das viele von ihnen an den Rande ihrer Existenz bringt.


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Dieses Paket trägt die "Handschrift der sozialen Kälte": Der beispiellose Sozialabbau wird auf dem Rücken von Beziehern von Unfallrenten, auf dem Rücken von Arbeitslosen, auf dem Rücken von Studenten und Pensionisten und voll auf dem Rücken von Ehepaaren, die in strukturschwachen Gebieten wohnen, ausgetragen.

Es stellt sich darüber hinaus die Frage, warum die FPÖVP-Koalition überhaupt eine hochkarätige Expertengruppe beschäftigt hat, die zu der Ansicht gelangt ist, dass Einsparungen in einzelnen Sozialbereichen zu Mehrausgaben in anderen Bereichen führen müssen, wenn deren Stellungnahmen überhaupt nicht berücksichtigt wurden.

Sämtliche Befürchtungen, dass das Verständnis der FPÖVP Koalition von sozialer Treffsicherheit darin besteht, die unteren und mittleren Einkommensschichten abzukassieren, haben sich bestätigt. Die Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung von Partnern ohne Kinder ist ein weiterer Anschlag vor allem auf PensionistInnen und Ehepaare in strukturschwachen Gebieten, wo Frauen vielfach keinen Arbeitsplatz finden.

Die von der Koalition selbst durchgeführten Berechnungen der finanziellen Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen – in den Erläuterungen zum Budget und des Budgetbegleitgesetzes nachzulesen – ergeben für das Jahr 2001 eine Steigerung der Belastungen der Österreicherinnen und Österreicher insbesondere durch Steuererhöhungen und Einführung neuer Steuern um 30 Milliarden Schilling. Dem stehen Ausgabensenkungen von lediglich 3 Milliarden Schilling gegenüber. Das Verhältnis von einnahmenseitigen zu ausgabenseitigen Maßnahmen im Budgetbegleitgesetz 2001 liegt daher bei 10 : 1 und widerspricht der wiederholten Behauptung der Mitglieder der Koalition, die Budgetkonsolidierung erfolge überwiegend ausgabenseitig.

Das Budgetbegleitgesetz 2001 ist ein massives Belastungspaket, das zusammen mit dem Belastungspaket 2000 und den Pensionskürzungen dazu führen wird, dass am Ende dieser Legislaturperiode die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen um jährlich 43,4 Milliarden Schilling weniger Einkommen haben werden als heute, Unternehmer und Selbstständige hingegen jährlich 3,4 Milliarden Schilling mehr als heute.

Einige Beispiele für die Belastungen und Kürzungen:

Durch die Kürzung des Pensionistenabsetzbetrages von 5 500 S ab einer monatlichen Bruttopension von 20 000 S werden die PensionistInnen belastet. Bei zirka 26 000 S Bruttopension entfällt der gesamte Pensionistenabsetzbetrag. Belastung für die betroffene PensionistInnen: 1,9 Milliarden Schilling.

Die Verdreifachung der Einheitswerte für Liegenschaften zum Zweck der Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, führt vor allem bei Kleinerbschaften von Uninformierten zu Steuererhöhungen. Mehrbelastung: 1 Milliarde Schilling.

Während die Frächter verschont bleiben, werden die privaten Autofahrer massiv zur Kasse gebeten:

Die motorbezogene Versicherungssteuer ist für private Autofahrer um 51 Prozent gestiegen.

Die Mautvignette für PKW wurde um 80 Prozent auf 1 000 S verteuert.

Private Kraftfahrer zahlen 13 Milliarden Schilling mehr, während LKW und Busse steuerlich geschont werden.

Krankenversicherung:

Die Belastungsmaßnahmen der Koalition im Bereich der Krankenversicherung belasten insbesondere PensionistInnen, durch die starke Erhöhung der Selbstbehalte um über 2,2 Milliarden Schilling.

Anhebung der Rezeptgebühr von 45 auf 55 S.


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Einführung einer Ambulanzstrafgebühr (150 S bei ärztlicher Überweisung, 250 S ohne Überweisung, ausgenommen in Notfällen).

Reduktion satzungsmäßiger Mehrleistungen der Krankenversicherung.

Demgegenüber steht die Senkung der Dienstgeberbeiträge zur Krankenversicherung um 0,3 Prozent, die Mindereinnahmen in der Krankenversicherung von 900 Millionen Schilling jährlich verursacht!

Das Pensionsbelastungspaket:

Massive Verschlechterungen für Österreichs PensionistInnen bewirkt das Pensionsbelastungspaket der FPÖVP-Koalition. Das Vertrauen in das Pensionssystem wurde insgesamt erschüttert – Leistungskürzungen in einem Gesamtvolumen von 53 Milliarden Schilling (Summe der Leistungskürzungen von 2000 bis 2004) bringen viele Vertreter der ältere Generation in unserem Land an den Rande der Existenz. Insbesondere durch

die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit,

die Anhebung des Pensionsantrittsalters bei vorzeitigen Alterspensionen um 18 Monate,

die Verschärfung der Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt von 2 auf 3 Prozentpunkte,

die Reduktion bei den Witwen/Witwerpensionen,

Verschlechterungen bei den Invaliditätspensionen

und die Neuregelung der Pensionsanpassung

verlieren alle PensionistInnen.

Die Anhebung des Pensionsantrittsalters in Verbindung mit der Erhöhung der Pensionsabschläge ist bereits seit 1. 10. 2000 wirksam. Dieser überfallsartige Eingriff in die Lebensplanung von Tausenden Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet und Beiträge bezahlt haben, missachtet jeglichen Vertrauensschutz und führt zu nachhaltigen Kürzungen von Pensionsleistungen.

Die Neuordnung der Hinterbliebenenpension ist ein massives Kürzungsprogramm ("Spreizung" im Umfang von 0 bis 60 Prozent; sachlich nicht begründbare Unterschiede bei den so ermittelten Pensionsleistungen). Damit werden die Pensionen von erwerbstätigen Frauen und Männern gekürzt, während nicht Erwerbstätigen davon profitieren.

Wie unnotwendig und ungerechtfertigt diese Eingriffe im Bereich der ASVG-PensionistInnen sind, zeigen auch die Bundesbeiträge zu den unterschiedlichen Pensionssystemen. So beträgt der Bundesbeitrag ohne Ausgleichszulage

für rund 1.600 000 Pensionen im Bereich der Unselbstständigen 30,4 Milliarden Schilling.

Für rund 345 000 Gewerbetreibende und Bauern beträgt der Bundesbeitrag 26,3 Milliarden Schilling!

Die Pensionsanpassung für das Jahr 2001:

Die am 14. 11. 2000 im Ministerrat beschlossene Pensionsanpassung von 0,8 Prozent und einer geringen Einmalzahlung ist völlig unangemessen. Die ältere Generation wird von der Regierung hintergangen, FPÖ und ÖVP brechen alle Versprechungen, die sie gegenüber den Pensionistenvertretern gemacht haben.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hat vor rund einem Jahr als Vizekanzler per Handschlag die "Wertsicherung der Pensionen" versprochen. Weit über 200 000 ÖsterreicherInnen unter


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stützen durch ihre Unterschrift die Forderung der PensionistInnen nach einer Pensionsanpassung, die zumindest die Inflationsrate abgilt.

Die Inflationsrate ist im September dieses Jahres gegenüber September 1999 um 3 Prozent angestiegen. Die erwartete Inflationsrate für das Jahr 2000 beträgt 2,3 Prozent (Schätzungen des Finanzministeriums für 2001: 1,7 Prozent).

Die von der FPÖVP-Koalition beschlossene Pensionsanpassung um 0,8 Prozent bedeutet einen massiven Einkommensverlust für die PensionistInnen. (Die Metaller haben für 2001 eine Lohnerhöhung von 3,4 Prozent verhandelt, die Handelsangestellten eine Gehaltserhöhung von 3 Prozent erreicht).

Der Wertausgleich, in Form einer Einmalzahlung zur Pension (Volumen von 2,1 Milliarden Schilling), die auf gewisse Gruppen verteilt werden soll, wird auf keinen Fall den realen Einkommensverlust für die PensionistInnen ausgleichen.

Insbesondere im Bereich der Pensionisten im öffentlichen Dienst bedeutet das eine Null-Anpassung, weil gleichzeitig mit dem Pensionsbelastungspaket eine Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages um 0,8 Prozent vorgenommen wurde.

Zur Erinnerung die Aussagen von führenden FPÖ-Politikern zum Thema Pensionserhöhungen:

APA0309 5 II 0442 03.Nov 94

Soziales/Pensionen/FPÖ/Haider

Pensionserhöhung: Haider für 3,4 Prozent

Utl.: "Kraftprobe" im Hauptausschuss – Pensionisten waren schon in den Vorjahren Verlierer =

Wien (APA) – FPÖ-Bundesparteiobmann Jörg Haider hat am Donnerstag die Regierungsparteien aufgefordert, die Pensionen im kommenden Jahr um 3,4 Prozent und nicht – so wie vom Pensionsbeirat vorgeschlagen – nur um 2,8 Prozent zu erhöhen. Haider verband diese Forderung in einem Pressegespräch mit massiven Vorwürfen an SPÖ und ÖVP, ihre "budgetären Nöte auf dem Rücken der Schwächsten auszutragen", und kündigte den Versuch der Freiheitlichen an, im Hauptausschuss des Nationalrates eine Mehrheit gegen die zu geringe Pensionserhöhung zustandezubringen

Der FP-Obmann bezeichnete die von der SP-VP-Regierung an den Tag gelegte "Spargesinnung" bei den Pensionen unter Hinweis auf die durchschnittliche Arbeiterpension von 8 500 S und jener der Angestellten von knapp über 11 000 S als "unmoralisch"..................

OTS0062 5 II 0406 NFC001 09.Nov 94

FPÖ/Petition/Pensionsanpassung ***ORIGINALTEXT-SERVICE***

FPÖ-Petition zur ausreichenden Pensionsanpassung =

Wien, 1994-11-09 (fpd) – Im folgenden der Wortlaut der von FPÖ-Bundesparteiobmann Dr. Jörg Haider heute bei einer Pressekonferenz in Wien präsentierten FPÖ-Petition zur Pensionsanpassung: ****

Die Inflationsrate als unterste Grenze zur realen Pensionskürzung muss jedenfalls überschritten werden.

Die Unterzeichneten ersuchen den Nationalrat, folgende Änderungen der Pensionsanpassung zu beschließen:

1. Die Pensionsanpassung für 1995 muss zumindest 3,2 Prozent betragen, jedenfalls aber 0,5 Prozent über der Inflationsrate liegen (sonst muss eine Nachzahlung erfolgen). Der Ausgleichszulagenrichtsatz muss um den Fixbetrag von S 500,-- angehoben werden.


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2. In Zukunft soll die Anpassung jedem Pensionisten eine Erhöhung der Pension bringen, die der Steigerung des Durchschnittsverdienstes eines unselbstständig Erwerbstätigen entspricht, jedenfalls aber um 0,5 Prozent über der Inflationsrate liegt.

(Schluss) PW

APA0366 5 II 0495 Siehe APA289/18.11 18.Nov 94

Soziales/Pensionen/Parlament/Nationalrat/Ausschuss

Hauptausschuss beschließt 2,8 Prozent Pensionserhöhung -Tagesmeldung

Für FP-Obmann Jörg Haider ist diese Zusage "pure Verhöhnung". Offenbar wolle die Regierung die Pensionisten "hinters Licht führen und täuschen".

Klubobmann-Stellvertreter Ewald Stadler sprach von einem "faulen Trick", da nicht eine automatische Anhebung zugesagt worden sei, sondern nur eine "Gesprächsbereitschaft".

Anmerkung: Die Inflationsrate betrug 1995 2,2 Prozent, die Pensionserhöhung 2,8 Prozent.

APA0331 5 II 0288 20.Nov 98

Soziales/Pensionen/FPÖ/Grüne

Für Haider ist die Erhöhung um 1,5 Prozent "in Wahrheit eine Farce". Nach dem Abzug von Lohnsteuer, Sozialversicherung und Inflationsrate bleibe den meisten gar nichts oder sie würden sogar ins Minus geraten. Für den FPÖ-Obmann stellt sich auch die Frage nach der Existenzberechtigung des Seniorenbeirates.

Anmerkung: Die Inflationsrate betrug 1999 0,6 Prozent, die Pensionserhöhung 1,5 Prozent.

Der neue Sozialminister und damalige FPÖ-Sozialsprecher Haupt hat zur

Pensionsanpassung 1999 folgendes gesagt:

OTS217 5 II 0132 NFC002 19.Nov 99

Die Freiheitlichen/Haupt/Senioren ***OTS-PRESSEAUSSENDUNG***

Haupt: SPÖ und ÖVP Seniorenobleute verraten das eigene Klientel

Wien 1999-11-19 (fpd) – Als Verrat am eigenen Klientel bezeichnete heute der freiheitliche Sozialsprecher Mag. Herbert Haupt die Beschönigungsversuche von Blecha und Knafl die minimale Erhöhung der Pensionen als Erfolg zu verkaufen. **** Sämtliche, bereits in der Herbstlohnrunde erzielten Lohnabschlüsse – von den Metallern bis zum Handel und Gewerbe – waren mit bis zu 2,4Prozent um ein vielfaches höher, "und ob den Pensionisten und da vor allem den Kleinstrentnern nur ein Drittel davon zusteht mag jeder für sich selbst beurteilen", so Haupt..............

Das war am 19. 11. 1999, in der Zwischenzeit behauptet sich Minister Haupt als Sozialabbauminister:

Die Valorisierung des Pflegegelds ist von den Freiheitlichen immer wieder versprochen worden. Sogar die Vorgängerin von Minister Haupt – die ansonsten glücklose Frau Sickl – hat den Pflegegeldbeziehern Einmalzahlungen versprochen. Die Ankündigung von Minister Haupt, dass es im Jahr 2001 keine Valorisierung des Pflegegeldes geben werde verursachte einen Proteststurm bei den betroffenen Gruppen.

Die FPÖ lässt insgesamt, seit sie in der Regierung ist, einen eklatanten Mangel an Erinnerungsvermögen erkennen. Den vollmundigen Ankündigungen folgen Durchsetzungsschwäche gegen


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über dem Koalitionspartner und daher im Ergebnis ein gebrochenes (Wahl-)Versprechen nach dem anderen.

Heizkostenzuschuss:

Obwohl die OPEC eine höhere Förderquote beschlossen hat, ist der Rohölpreis gestiegen. Die Heizölpreise bleiben ebenfalls auf Rekordniveau (Ofenheizöl +4,4 Prozent, Heizöl leicht +3,8 Prozent im Vergleich zum September 2000), jetzt ist auch noch Erdgas empfindlich teurer geworden (+4 Prozent im Vergleich zum September 2000). Die betroffenen Menschen konnten mit den notwendigen Käufen nicht mehr warten, denn die Temperaturen sind gefallen und die Heizölpreise sind sogar noch angestiegen.

Die höheren Energiepreise belasten die österreichischen Haushalte enorm. Seit der Ölpreisexplosion im September des Vorjahres belaufen sich etwa die Treibstoffmehrkosten auf rund 14 Milliarden Schilling. Und für Heizöl und Erdgas müssen in der kommenden Heizsaison rund acht Milliarden Schilling mehr ausgegeben werden.

Am schlimmsten trifft es MieterInnen und BesitzerInnen von Wohnungen und Eigenheimen mit niedrigem Einkommen, die auf Heizöl angewiesen sind. Verglichen mit dem Vorjahr ist der Preis je Liter um rund 3,50 S gestiegen. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von rund 4 000 Litern, für die Beheizung eines durchschnittlichen Eigenheimes, in einer Heizsaison belaufen sich die Mehrkosten somit auf rund 14 000 S.

Der Finanzminister profitiert von diesen massiven Belastungen der Haushalte in Form höherer Mehrwertsteuereinnahmen um mindestens 2 Milliarden Schilling.

Ein Teil dieses Geldes muss aus unsere Sicht unverzüglich an NotstandshilfebezieherInnen, KarenzgeldbezieherInnen, PensionistInnen, Kranke, Menschen mit Behinderungen, ArbeitslosengeldbezieherInnen, BezieherInnen von Opferrenten die ein Haushaltseinkommen von unter 12 000 S netto im Monat haben, von der Sozialversicherung, dem Arbeitsmarktservice bzw. dem Bund ein Heizkostenzuschuss, durch eine Einmalzahlung von 1 500 S ausgezahlt werden um die ölpreisbedingten Mehrkosten für die Monate Oktober, November und Dezember 2000 abzudecken.

Wenn bis zum 15. Dezember 2000 die Verkaufspreise für Heizöl und Erdgas nicht gesunken sind, ist durch Verordnung für den Rest der Heizperiode (Jänner, Feber, März und April 2001) ein zusätzlicher Betrag von 500 S pro Monat, für die definierte Personengruppe auszuzahlen.

In den Sozialhilfegesetzen der Bundesländer sind gleichwertige Regelungen auf landesgesetzlicher Ebene zu schaffen und die erhöhten Mittel auszubezahlen. Die finanzielle Bedeckung der zusätzlichen Kosten für die Bundesländer werden durch Überweisungen aus dem Bundesbudget gedeckt. Im Rahmen der Amtshilfe sollen den Ländern jene Daten zur Verfügung gestellt werden, die für die Administration des Heizkostenzuschusses benötigt werden. Die finanzielle Bedeckung ist durch die gestiegenen Mehrwertsteuereinnahmen aus den erhöhten Treibstoffpreisen sichergestellt.

ORF- und Telefongebührenbefreiungen:

Die ORF Gebührenbefreiung ermöglicht vielen PensionistInnen die Programme des ORF zu empfangen. Daher leistet diese Gebührenbefreiung einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der notwendigsten Informationen. Diese Möglichkeit darf nicht eingeschränkt werden. Nach dem neuen Fernsprechentgeltzuschussgesetz wird jeder Anspruchsberechtigte einen Scheck erhalten, den er bar im Festnetz- bzw. bei Mobilfunkanbietern für die Gebührenbefreiung verwenden kann. Da die Höhe der Zuschussleistungen aber durch Verordnung erst festgesetzt wird, droht eine Kürzung der Zuschussleistungen für die Anspruchsberechtigten.

So werden im Rahmen des Verkehrsbudgets die für die Telefongebührenbefreiungen vorgesehenen Zuschüsse des Bundes von mehr als 900 Millionen auf 750 Millionen Schilling vermindert. Die Telekom Austria hat bereits darauf hingewiesen, dass dieser Betrag nicht ausreicht, um


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die Leistungen bei den Gebührenbefreiungen für alle Anspruchsberechtigten aufrecht zu erhalten.

Gesamtbewertung

Die durch die Leistungskürzungen entstehenden Spielräume im Bundeshaushalt sollen offensichtlich dazu benutzt werden, um die Sozialabgaben der Arbeitgeber in einer Größenordnung von rund 8 Milliarden Schilling zu senken und in Form des Kindergeldes Leistungsausweitungen in Milliardenhöhe ohne jede soziale Differenzierung in Aussicht zu stellen.

Insgesamt stellt die klar erkennbare Politikgestaltung der neuen Koalition ein aggressives Vorgehen gegen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen dar, ist mit dem Geist der Konsensdemokratie unvereinbar und führt damit auch zu einer Gefährdung der gesellschaftlichen Stabilität und des sozialen Friedens und höhlen damit die Grundlagen des österreichischen Wohlfahrtsstaates aus.

Diese FPÖVP-Koalition ist mit dem Anspruch angetreten an ihren Taten gemessen zu werden, daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Dringlichen Antrag:

"Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu setzen, um dem Nationalrat bis zum 5. Dezember 2000 eine Regierungsvorlage mit folgendem Inhalt zuzuleiten:

Pensionsanpassung für das Jahr 2001 mindestens im Ausmaß der Teuerungsrate.

Anpassung des Pflegegeldes zumindest mit einer Einmalzahlung.

Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren.

Heizkostenzuschuss in der Höhe von 500 S monatlich, für BezieherInnen eines Haushaltseinkommens von unter 12 000 S während der Heizperiode.

Der Bundesminister wird weiters aufgefordert, innerhalb der Bundesregierung sicherzustellen, dass die ORF- und Telefongebührenbefreiungen im vollen Leistungsumfang für alle Anspruchsberechtigten weiter erhalten bleiben."

*****

(Abg. Dr. Khol: 20 Sozialdemokraten sitzen hier! So dringlich kann das nicht sein! – Abg. Schwarzenberger: Fürs Protokoll!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: 20 Sozialdemokraten, Herr Klubobmann. (Abg. Dr. Khol: Der Parteivorsitzende nicht, der Klubobmann nicht!) Wenn Sie mich schon in einen solchen Dialog verwickeln, sage ich: Es kommt auf die Qualität an und nicht auf die Quantität. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich kehre schon wieder zurück zur Vorsitzführung, und zwar dahin gehend, dass als Erstrednerin Frau Abgeordnete Reitsamer das Wort erhält. Nach § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Gaugg: Kein Kostelka, kein Verzetnitsch und kein Gusenbauer! – Abg. Dr. Khol: Die gehören alle nicht zur Qualität! Ein vernichtendes Urteil über Ihren Obmann! – Abg. Ing. Westenthaler: Nur ein gescheiterter Finanzminister Edlinger ist da!)

15.01

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es war einmal: Es war einmal eine Partei, dann wurde aus ihr eine Bewegung, dann wurde es wieder eine Partei. Die hauptverantwortlichen Märchenonkel in


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dieser Partei namens Jörg, Ewald, Herbert sprachen sich für die "kleinen" Frauen, die "kleinen" Männer aus. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Mag. Haupt –: Herbert, dir bleibt auch nichts erspart!) Ich meine nicht körperlich klein, sondern Menschen mit kleinem Einkommen.

Sie haben die Geschichte erzählt: Stärkt uns, dann wird es euch besser gehen! Die Menschen haben an dieses Versprechen geglaubt und stärkten. Dann kam das böse Erwachen: Statt zu bekommen, wurde genommen – das dafür gründlich! Das holte die Menschen sehr unsanft aus ihren Träumen zurück.

Ich möchte nur jene Maßnahmen, die die ältere Generation betreffen, kurz umreißen: die 50-prozentige Erhöhung aller Bundesverwaltungsabgaben, die Kfz-Steuer, die Energiesteuer, die Autobahnvignette, die Führerschein- und Reisepassgebühr, die Tabaksteuer, die Ambulanzgebühr, die Rezeptgebühr, mehr Geld für Krankenhausaufenthalte, die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die Anhebung des Frühpensionsalters um eineinhalb Jahre (Abg. Schwarzenberger: Nur um eineinhalb Jahre! Edlinger hätte drei Jahre vorgesehen!), die Erhöhung der Abschläge von 2 auf 3 Prozent, die Kürzung der Witwen- und Witwerpensionen, die Kürzung von Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen, die Änderung der Pensionsanpassung – ganz wichtig –, die Senkung des Pensionistenabsetzbetrages ab 20 000 S Bruttopension, nicht zu vergessen die Tariferhöhungen bei der Eisenbahn, meine Damen und Herren, dann der Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose Ehepartner, die Besteuerung der Unfallrenten. – Das alles erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Sogar das Wirtschaftsforschungsinstitut hat in einem Gutachten gesagt: Die Pensionisten sind die größten Verlierer dieser Budgetpolitik.

Meine Damen und Herren! Unfassbare 123 Milliarden Schilling werden bis zum Jahre 2003 den PensionistInnen und ArbeitnehmerInnen genommen. Das betrifft summa summarum fünf Millionen Menschen. Wenn ich den Durchschnitt berechne, dann sind das 24 500 S pro Kopf. Bitte, lassen Sie das auf der Zunge zergehen! (Abg. Gaugg: Rechnet ihr das so wie beim "Konsum"?)

Dann kam, um die Betroffenen etwas ... (Abg. Gaugg: Und bei der Verstaatlichten habt ihr auch so gerechnet!) Herr Kollege Gaugg, jetzt bin ich am Wort! (Abg. Gaugg: Sie sind am Wort, aber Ihre Zahlen kann ich nicht glauben!)  – Um die Betroffenen etwas zu beschwichtigen, war es natürlich Zeit für neue Märchen: das Märchen von den großen Schulden. Dasselbe Strickmuster, nur ein neuer Märchenonkel, und zwar namens Karl-Heinz!

Meine Damen und Herren! Die Tatsache aber ist, dass die Verschuldung Österreichs weit unter dem EU-Durchschnitt liegt. Die Verschuldung Österreichs entspricht einer Verschuldung eines Häuselbauers mit acht Monatsgehältern. Da können Sie sich denken, dass dieses zweite Märchen die Menschen viel schneller auf den Boden der Realität zurückgeholt hat. (Abg. Schwarzenberger: Sie sollten Tatsachen berichten, nicht Märchen erzählen!) Sie wissen – sie haben ja Vergleichsmöglichkeit, speziell die Älteren –, dass die SPÖ Österreich zum Positiven verändert hat. Sie wissen auch, Opfer und Entbehrungen beim Hausbau und beim Wohnungsbau einzuschätzen.

Deshalb war es dann gut, als "Märchentante Susi" auftrat und sagte: Stopp den Belastungen! – Aber leider, es blieb bei der Ankündigung. Sie fahren mit einer Rasenmähermethode über die Menschen hinweg. Das ist ein Sozialabbau, der nicht mehr akzeptiert wird. Das zeigen, bitte, auch mehr als 208 000 Unterschriften. Sehr verehrter Herr Minister! Ich darf Ihnen für den Anfang einmal das erste Paket so überreichen. (Die Rednerin überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Haupt einen Stapel an Dokumenten. – Bundesminister Mag. Haupt: Danke! – Beifall bei der SPÖ.)

Mehr als 208 000 Unterschriften wurden eingebracht. Es ist die Zeit der sozialen Kälte angebrochen. Sie speisen die Pensionistinnen und Pensionisten mit einer Pensionsanpassung von 0,8 Prozent ab. (Die Rednerin überreicht Bundesminister Mag. Haupt einen weiteren Stapel an


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Dokumenten. – Beifall bei der SPÖ.) Die Inflationsrate im September 2000 betrug 3 Prozent. Nicht nur der Ölpreis allein, sondern Ihre Maßnahmen sind Mitauslöser dafür – wenn ich nur an die Rezeptgebühr mit plus 22 Prozent Erhöhung denke. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist alles, was ihr zusammenbringt? Die zwei jämmerlichen Stoßerln?)

Ihr Rundumschlag gegenüber den Seniorenvertretern Blecha und Knafl, sie wären verantwortlich dafür, dass der Zeitraum Juli bis Juli zur Berechnung der Pensionsanpassung herangezogen wird: Meine Damen und Herren! Der Berechnungszeitraum wurde von Ihnen, Herr Bundesminister, aber auch vom einfachen Parteimitglied aus dem Bärental kritisiert. Aber es wird nicht wahrer, wenn Sie immer wieder behaupten, dass Blecha und Knafl dem zugestimmt hätten.

Knafl als Obmann des Seniorenbundes Ihres Regierungspartners, einer Nebenorganisation Ihres Regierungspartners, ist hier wohl ein unverdächtiger Zeuge. Und was sagt er? – Herr Präsident, ich zitiere nur, um mir nicht einen Ordnungsruf einzuhandeln. – "Lügen zur Potenz", sagt Herr Knafl zu den Haider-Aussagen. – Haider betreffend des Zeitpunktes der jährlichen Pensionsanpassung: "Das kann man nicht ernsthaft kommentieren. Es handelt sich um Lügen zur Potenz." – Knafl dazu abschließend: "Haider kann Derartiges nur bei einem Narrenkongress gehört haben, der üblicherweise in der Faschingszeit stattfindet." (Abg. Ing. Westenthaler: Zu dem Herrn kommen wir schon noch!)

Meine Damen und Herren! Wahr ist vielmehr, dass ein Mitspracherecht der Seniorenvertreter ausgehandelt wurde. Wozu, frage ich Sie, soll diese Mitsprache gut sein, wenn vorher schon über alles drübergefahren wird? Das müssen Sie mir einmal erklären. (Abg. Ing. Westenthaler: Zu dem Herrn kommen wir noch!)

Herr Bundesminister Haupt hat in einem Gespräch mit den SeniorenvertreterInnen Gespräche mit Bundeskanzler und Vizekanzlerin zugesagt. Sie warten heute noch darauf. Aber die Beschlussfassung im Ministerrat ist am 14. November 2000 über die Bühne gegangen. Wenn das nicht ein grober Wortbruch ist! Wir müssten es zwar gewöhnt sein, meine Damen und Herren, aber wir werden uns nie daran gewöhnen.

Lassen Sie mich jetzt einiges aus vergangenen Budgetverhandlungen zur Pensionsanpassung zitieren: "Haider für 3,4 Prozent", "‚Kraftprobe‘ im Hauptausschuss – Pensionisten waren schon in den Vorjahren Verlierer ... FPÖ-Bundesparteiobmann Jörg Haider hat am Donnerstag die Regierungsparteien aufgefordert, die Pensionen im kommenden Jahr um 3,4 Prozent und nicht – so wie vom Pensionsbeirat vorgeschlagen – nur um 2,8 Prozent zu erhöhen. Haider verband diese Forderungen in einem Pressegespräch mit massiven Vorwürfen an SPÖ und ÖVP, ihre ‚budgetären Nöte auf dem Rücken der Schwächsten auszutragen‘" (Abg. Gaugg: Habt ihr es gemacht oder nicht?), "und kündigte den Versuch der Freiheitlichen an, im Hauptausschuss des Nationalrates einen Mehrheit gegen die zu geringe Pensionserhöhung zustandezubringen." Er bezeichnete das als "unmoralisch".

Meine Damen und Herren! Ich darf auf die Pensionsanpassungen in dieser Zeit verweisen. Die Inflationsrate betrug zum Beispiel 1995 2,2 Prozent, die Pensionserhöhung immerhin 2,8 Prozent. (Abg. Böhacker: Finanziert habt ihr es mit Schulden!)

Haider nochmals, am 20. November 1998: "Für Haider ist die Erhöhung um 1,5 Prozent ‚in Wahrheit eine Farce‘." – Die Inflationsrate betrug 0,6 Prozent, die Erhöhung dagegen 1,5 Prozent. – Man könnte hier noch zuhauf solche Zitate wiederholen. Aber so viel Vergesslichkeit bei der FPÖ? – Ich kann das eigentlich nicht verstehen.

Herr Bundesminister Haupt! Sie werden in Zukunft nicht mehr der Sozialminister, sondern der Sozialabbau minister sein. Das ist umso tragischer, als Ihnen von allen Parteien Kompetenz zuerkannt wird, aber Sie befinden sich leider in Geiselhaft jener, die hier den Kurs vorgeben! (Beifall bei der SPÖ.)

Die FPÖ/ÖVP-Regierung hat die Pensionisten einmal mehr verraten und verkauft, und es mutet wie ein Schmierentheater an, wenn der erhobene Zeigefinger aus dem Bärental kommt. Er


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erinnert immer wieder daran, was Sie für die "kleinen Leute" zu tun hätten, aber in Wirklichkeit wird gnadenlos drübergefahren. Man muss das einfache Parteimitglied einfach einmal daran erinnern, dass es Mitglied des Koalitionsausschusses ist und somit für all diese Maßnahmen die volle Verantwortung trägt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?) Herr Ing. Westenthaler! Ich kann selber schreiben, ich kann selber lesen, und ich schreibe mir meine Schlagworte grundsätzlich selbst auf. Und wenn ich zitiere, ist es für mich wichtig, wahrheitsgemäß zu zitieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das sind ja keine Schlagwörter! Das ist ja die ganze Rede! Sie lesen ja die ganze Rede!)

Meine Damen und Herren! Es ist eine Farce, überhaupt von Verhandeln zu reden, denn im Budget haben Sie keinerlei Spielraum für zusätzliche Zugeständnisse an die Seniorenvertretungen. Der Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs, Karl Blecha, stellt fest, wenn es bei 0,8 Prozent Anpassung bleibt, dann werden 2 500 S an Wertausgleich für alle Pensionisten gefordert. Ich sage Ihnen eines: Die sozialdemokratische Regierung hat den Menschen einen bescheidenen Wohlstand gesichert, aber Sie zertrümmern das Sozialsystem!

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Herrn Abgeordneten Bösch – mir ist dieser Herr nie sonderlich aufgefallen –, der die "roten Verschwender" zum Schweigen auffordert. Er spricht von einer "unsozialen SPÖ-Politik", aber immerhin erkennt er, dass die Pensionisten nicht auf Rosen gebettet sind. Ich frage Sie: Warum streuen Sie ihnen dann zusätzliche Dornen ins Bett? (Beifall bei der SPÖ.)

Auch beim Pflegegeld haben Sie Gedächtnisschwund, meine Damen und Herren von der "F", denn die Vorgängerin von Herrn Minister Haupt hat eine Einmalzahlung versprochen. – Ein gebrochenes Wahlversprechen mehr oder weniger: Die ÖsterreicherInnen sind daran zwar schon gewöhnt, aber sie werden das nie akzeptieren. Wir haben sogar in Zeiten der Budgetkonsolidierung eine Novelle zum Pflegegeld gemacht und haben immerhin 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt, was für 15 000 Betroffene eine ganz massive Erleichterung dargestellt hat, nämlich den verbesserten Zugang zur Pflegestufe 4. An Ihre Attacken in diesem Zusammenhang brauche ich Sie wohl nicht zu erinnern!

Meine Damen und Herren! Jetzt komme ich zum Thema Heizkosten. Zu den bereits genannten Belastungen kommt noch die Ölpreiserhöhung – ungefähr 4 Prozent –, was pro Haushalt und Heizsaison insgesamt eine Mehrbelastung von 14 000 S bedeutet. Der Finanzminister profitiert davon mit 2 Milliarden Schilling. Ihre Drohung hier in diesem Haus, man solle sich warm anzuziehen, habe ich eigentlich in Richtung der Abgeordneten verstanden. Offensichtlich aber sollten sich alle ÖsterreicherInnen warm anziehen. Wir haben jetzt schon Ende November, aber es gibt noch immer keinen Heizkostenzuschuss, Sie sind äußerst säumig, doch zum Glück ist das Klima sehr mild.

Unser sozialdemokratischer Antrag hatte bisher noch nicht die Ehre, auf die Tagesordnungen im Sozialausschuss zu kommen. Ich habe das jedes Mal gefordert! Herr Bundesminister Haupt erhebt gegenüber Karl Blecha den Vorwurf, das "eigene" Bundesland Wien hätte noch keinen Antrag gestellt. – Herr Bundesminister Haupt! Ich habe hier einen Brief der Wiener Vizebürgermeisterin in Händen, einen Brief, der an Ihre Amtsvorgängerin gegangen ist, und zwar am 20. Oktober 2000. Sie fordert darin, dass für die Heizperiode schnellstens etwas anzubieten ist. Da heißt es: Im Hinblick darauf ersuche ich im Rahmen der Amtshilfe um rasche elektronische Bekanntgabe der Namen sowie Adressen und Kontonummern der ausschließlich im Bereich der Bundesdienststellen zugehörigen und erfassten in Frage kommenden Personen.

Sie hat nicht einmal eine Antwort bekommen! Wenn man solche Behauptungen aufstellt, dann sollte man vorher recherchieren. Entweder herrscht Unordnung bei Ihnen im Ressort, oder Sie haben diesen Brief bereits zum Heizen gebraucht! Ich weiß es nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sagen also einerseits wissentlich die Unwahrheit, und auf der anderen Seite fordern Sie, dass in diese heikle Materie kein Populismus einfließen soll. Wie sollen wir das verstehen?

Nächster Punkt: Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung kinderloser Partner.


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Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, ein Großbauer, sagen wir im Burgenland oder in Niederösterreich, der über sehr viel Grund verfügt (Abg. Schwarzenberger: Der größte Bauer ist der Häupl! Der kommt gleich nach den Bundesforsten!), verkauft ein kleines Stückchen Grund an einen Arbeiter, der mittel bis schlecht verdient. Nehmen wir einmal an, dieser Großbauer hat im Jahre 1997 geheiratet, seine Frau ist teilzeitbeschäftigt, und im Sinne der Subsidiarität ist dieser Großbauer bei seiner teilzeitbeschäftigten Frau mitversichert.

Dann ist da dieser Arbeiter, der mit seiner Frau schwer gearbeitet hat, um sich das kleine Grundstück zu kaufen und ein Haus darauf zu errichten. Die Frau verliert mit 53 Jahren ihre Arbeit, wird also arbeitslos und ist auf Grund ihres Alters nicht mehr vermittelbar. Anschließend an die Arbeitslosigkeit bekommt sie die Notstandshilfe. Das Partnereinkommen beträgt 17 000 S, daher fällt die Notstandshilfe weg, und überfallsartig muss jetzt der Mann 3,4 Prozent seines Einkommens zusätzlich für seine Frau berappen! (Abg. Gaugg: Was habt ihr für eine schlechte Politik gemacht? Dass so etwas möglich ist!)

Ein weiterer Punkt: die Kürzung der Absetzbeträge. – Ein Pensionist mit 27 000 S brutto, was ohnehin selten genug vorkommt, meine Damen und Herren, verliert elfmal so viel wie ein Großverdiener mit 100 000 S brutto. Da bin ich sehr dankbar für die Aussage meines Kollegen Dr. Bruckmann, denn er hat gesagt, sollte die Reduktion der Pensionistenabsetzbeträge nicht fallen, dann würde er dem Budget nicht zustimmen. Ich bin skeptisch, ob starken Worten auch Taten folgen. Aber Sie könnten heute schon ein Zeichen setzen, Herr Kollege Bruckmann, indem Sie unserem Dringlichen Antrag zustimmen. So einfach wäre das! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Besteuerung der Unfallrenten: 66 000 Unfallrentner sind gleichzeitig Pensionsbezieher, und 60 Prozent dieser Unfallrentner haben weniger als 15 000 S brutto. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Herr Kollege Gaugg, geben Sie bitte Ruhe! (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt haben Sie sich verlesen!) Nein, ich habe mich nicht verlesen, ich brauche das nicht zu lesen.

Herr Kollege Haupt! Von allen Fraktionen wurde Ihnen soziale Kompetenz zugestanden. Sie müssten ja schon schlaflose Nächte haben und Alpträume bekommen, wenn Sie daran denken, dass man den ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen jetzt jährlich 43,4 Milliarden Schilling abnimmt und den Unternehmern und Selbständigen jährlich 3,4 Milliarden Schilling dazugibt! Ihre spezielle Zielscheibe ist bedauerlicherweise die ältere Generation, die dieses Land aufgebaut hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher den Dringlichen Antrag zur Gedankenunterstützung noch einmal ein.

Dringlicher Antrag

"Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu setzen, um dem Nationalrat bis 5. Dezember 2000 eine Regierungsvorlage mit folgendem Inhalt zuzuleiten:

Pensionsanpassung für das Jahr 2001 mindestens im Ausmaß der Teuerungsrate.

Anpassung des Pflegegeldes zumindest mit einer Einmalzahlung.

Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren." – Auf diese wird meine Kollegin Silhavy noch zu sprechen kommen.

"Heizkostenzuschuss in der Höhe von 500 S monatlich, für BezieherInnen eines Haushaltseinkommens von unter 12 000 S während der Heizperiode. ..."

*****

Sie alle würden gut daran tun, diesem Antrag zuzustimmen.


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Meine Damen und Herren! An Worten – das haben die Zitate gezeigt – können wir Sie nicht mehr messen. An Taten wahrscheinlich auch nicht, denn ich kenne keine Skala nach unten, die ausreichen würde, Ihre sozialpolitischen Grauslichkeiten entsprechend einzureihen. Das ist ein sozialer Kahlschlag und der größte soziale Raubzug in der Zweiten Republik überhaupt, meine Damen und Herren! Schreiben Sie sich das hinter die Ohren! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Dringlichen Antrag hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Reitsamer –: Sie haben mindestens eine Seite zweimal gelesen! – Abg. Dr. Khol: Das war jetzt Rotkäppchens Märchenstunde!)

15.20

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin zunächst einmal davon ausgegangen, dass die größte Fraktion in diesem Hohen Hause den sozialen Problemen in dieser Republik mehr Aufmerksamkeit schenkt, als sie dies in Form eines verfrühten Weihnachtsmärchens mit der kleinen Susi und dem lieben Strolchi und allen anderen Dingen tat, aber ich muss zur Kenntnis nehmen, dass der Ton in diesem Hohen Hause, auch was ernste Dinge angeht, Dinge, die die Menschen in dieser Republik berühren, offensichtlich in der Vorweihnachtszeit anders ist, dass es kein Ton ist, der der Ernsthaftigkeit der Diskussion angemessen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Sie belehren uns nicht von der Regierungsbank! – Abg. Edlinger: "Susi und Strolchi"! Diese Diktion ist ja vom Herrn Haider!)

Frau Kollegin Reitsamer und Herr Kollege Schieder! Ich darf darauf aufmerksam machen, dass nicht nur Hunderte, sondern Tausende Menschen in Österreich von diesen Maßnahmen betroffen sind. Ich darf Sie schon daran erinnern, sehr geehrte Damen und Herren von der größten Oppositionspartei hier in diesem Hohen Hause, dass die Pensionsanpassungen in den letzten 30 Jahren, als Sie der Politik maßgeblich Ihren Stempel aufgedrückt haben und dafür verantwortlich waren, leider in sehr vielen Fällen deutlich unter der Inflationsrate bleiben mussten, weil das nötige Geld im Staatssäckel gefehlt hat, und das deswegen, weil Sie eine Verschwendungspolitik betrieben haben, die nicht mit der Situation eines Häuselbauers mit einer Verschuldung mit acht Monatsgehältern zu vergleichen ist, sondern die tatsächlich, wenn man es hochrechnet, dieser Republik einen derartigen Schuldenstand hinterlassen hat, dass jeder einzelne österreichische Arbeitnehmer pro Monat 7 000 S mehr Einkommen haben könnte, wenn wir diese Schulden nicht hätten, sondern Geld in Höhe dieser Schulden an die Bürger dieses Landes verteilen könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Auch ich wäre gerne ein Sozialminister am Ende der ÖVP-Alleinregierung der Jahre 1969 bis 1970, mit einem gefüllten Staatssäckel und mit einem Füllhorn, und nicht ein Sozialminister des Jahres 2000 nach der sozialistischen Regierungsperiode, nach der sozialdemokratischen Verantwortung für die Budgets in diesem Hohen Haus, nach der sozialdemokratischen Verantwortung für die Entwicklung hin zu heute mehr als 3 500 Milliarden Schulden, die wir derzeit haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es muss auch einmal gesagt werden, dass von den Steuerleistungen, die die Einkommensbezieher aus unselbständiger Beschäftigung in Österreich jährlich abliefern, derzeit der Schuldendienst den Löwenanteil aufbraucht. Ihre unsoziale Politik auch in diesem Bereich zwingt uns, zwingt die derzeitige Bundesregierung dazu, in Zukunft sozialere Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war 14 Jahre lang Sozialsprecher meiner Fraktion, und es bestand in dieser Zeit ein unbestreitbarer Konsens zwischen allen Fraktionen in diesem Hohen Haus, auch in jener Zeit, als es fünf Fraktionen gab, dass das Sozialste Vollbeschäftigung ist und daher die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Zunahme der Zahl von Arbeitsplätzen das vordringlichste Ziel aller Bundesregierungen zu sein hat. Diese Bundesregierung hat daher diesem ihrem Ziel die entsprechenden Rahmenbedingungen dieser Republik untergeordnet.


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Wir haben auch betreffend unsere Bemühungen innerhalb der neun Monate, die wir Verantwortung tragen, gerade im Bereich der Vollbeschäftigung und auf dem Weg dorthin einiges vorzuweisen. Sehr geehrte Damen und Herren! Auch Ihnen von der Sozialdemokratie ist bekannt, dass in Österreich von 1999 bis 2000 die Arbeitslosenrate insgesamt um 11,7 Prozent gesunken ist. Besonders erfreulich ist, dass die Arbeitslosenrate bei den Behinderten um 23,1 Prozent gesunken ist, die Arbeitslosenrate bei den Männern um 12,8 Prozent, die Arbeitslosenrate bei behinderten Männern um 24,5 Prozent, die Arbeitslosenrate bei Frauen leider unterdurchschnittlich um nur 10,7 Prozent und die der Frauen mit Behinderungen um 20,7 Prozent.

Sie wissen, sehr geehrte Damen und Herren von den Oppositionsparteien, dass es in Österreich in diesem Sommer so viel Beschäftigung gegeben hat wie in den letzten 10 Jahren nicht, und daher hat die Bundesregierung zwei ihrer Ziele erreicht: Erstens: Einleitung eines Maßnahmen- und Konsolidierungskurses in dieser Zeit des wirtschaftlichen Wachstums, um für wirtschaftlich schwierigere Zeiten wieder jenen Spielraum zu haben, der notwendig sein wird, damit alle Schichten schwierige Situationen sozial verträglich "durchtauchen" können. Zum Zweiten haben wir unser wichtiges Vorhaben im Interesse aller, den Sozial- und Wirtschaftsstandort Österreich zu verbessern, auch in die Tat umgesetzt, wie die von mir gerade zitierten und unbestrittenen Arbeitsmarktdaten beweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Kollegin Reitsamer! Sie, die ich in Ihrer Tätigkeit als Vorsitzende des Sozialausschusses durchaus schätze, haben sich in Ihren heutigen Ausführungen hauptsächlich mit dem Pensionsproblem und mit der Pensionsanpassung beschäftigt. Ich habe Ihnen schon klar und deutlich gesagt, dass viele Ihrer Zitate, die Sie heute verwendet haben, aus der Sicht des Zeitpunktes zu sehen sind, in dem sie getätigt worden sind. Man muss die Zitate, die Sie heute gebracht haben, etwa jene von Dr. Haider oder von mir, dahin gehend betrachten und auch die Zeiträume davor betrachten. Ich darf Sie schon darauf hinweisen, dass es vor drei Jahren überhaupt eine Null-Pensionsanpassung gegeben hat. Daher ist die nachfolgende Pensionsanpassung und sind die damaligen Aussagen auch im Lichte der damaligen Rahmenbedingungen zu sehen.

Ich darf Sie weiters darauf aufmerksam machen, Frau Kollegin Reitsamer, dass unter meiner Vor-Vorgängerin in diesem Amt, der Frau Bundesministerin Hostasch, das Nettopensionssystem eingeführt worden ist, auch mit Duldung und mit Zustimmung des sozialdemokratischen Pensionistenverbandes und seines Obmannes Karl Blecha. Ich darf darauf hinweisen, dass im ursprünglichen Entwurf dieser Bundesregierung der August als jeweiliger Anpassungsmonat vorgesehen war. Die Berechnungsmodalitäten und der knappe Zeitraum für die Umsetzung aber sprachen für den September als Zeitpunkt für eine Pensionsanpassung. Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass erst nach einer Aussprache zwischen den Seniorenverbänden und Frau Bundesminister Sickl auf einmal ein entsprechender Antrag mit den derzeitigen Rahmenbedingungen für die Pensionsanpassung – also vor dem Sommer – gekommen ist.

Es ist durchaus verständlich, dass man im Frühsommer des Jahres 2000 der Meinung gewesen ist, dass die Pensionisten besser fahren, wenn man die Inflation von Juni bis Juni betrachtet, weil in den vorangegangenen Jahren im August beziehungsweise im Juli jeweils die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt am niedrigsten war. Es ist daher auch nachvollziehbar, wer diese Ansprüche stellte, das Gesetz dahin gehend zu ändern.

Ich darf daher korrigieren: Wir sind hier nicht einfach auf einer Faschingsveranstaltung, sondern wir haben hier das umzusetzen, was im Gesetz steht, und der gesetzliche Rahmen ist eng genug.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin auch immer davon ausgegangen, dass Ihnen von der Sozialdemokratie gerade die Menschen mit den niedrigsten Einkommen am Herzen liegen. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die derzeitige Pensionsanpassung mit 0,8 Prozent Inflationsabgeltung plus 0,7 Prozent für die unteren Einkommensschichten, also 1,5 Prozent Abgeltung, den vom Wifo gerade festgestellten Inflationsrahmen genau berücksichtigt. Ich gebe schon zu, sehr geehrte Damen und Herren, dass zwar jeder in dieser Republik mehr in seiner Brieftasche hat, dass aber die Erhöhungen der Heizölpreise und auch der Preise für sonstige


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Mineralölprodukte gerade im Herbst und Winter einen großen Druck auf die Brieftaschen aller Bevölkerungsschichten ausgeübt haben. Ich möchte aber betonen, dass im Gegensatz zum Text Ihres Dringlichen Antrages auf Grund der geplanten legistischen Maßnahmen auch das Frächtereigewerbe von dieser Bundesregierung im gleichen Ausmaß wie die privaten Kraftfahrer belastet wird.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Oppositionsparteien! Das von Ihnen behauptete überdurchschnittliche Belastungspaket für die Pensionisten trifft 75 Prozent der Pensionisten überhaupt nicht, weil 75 Prozent unserer Pensionen unter jenen 20 000 S liegen, ab denen der Pensionistenabsetzbetrag dann bis 26 000 S eingeschliffen wird. Wir haben auch im Budgetausschuss darüber diskutiert: Wenn Sie das Bruttoeinkommen eines Einkommensbeziehers mit 20 000 S ohne Kind vergleichen mit dem eines Pensionisten mit ebenfalls 20 000 S brutto, so sehen Sie, dass der Pensionist etwas über 900 S mehr an verfügbaren Nettobezügen hat.

Ich darf darauf hinweisen, dass in der Gruppe jener, die über 30 000 S Bruttopension im Monat verfügen – da gibt es im ASVG-Bereich nur einige wenige –, der Unterschied zu den Aktiven, die 30 000 S brutto verdienen, 1 932 S zugunsten der Pensionisten beträgt. Diese Unterschiede für die Pensionisten sind von dieser Regierung gewollt, weil wir dadurch jenen Aufbaugenerationen, die 35, 40 und mehr Jahre lang ihre Arbeitsleistung eingebracht haben, einen gewissen Standard auch in der Pension erhalten wollen.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, ich kann Ihnen seriöserweise nicht mehr versprechen als das, was im Rahmen des Bundesbudgets enthalten ist. Sie alle kennen die Zahlen. Ich glaube, dass es daher in meiner Position als Sozialminister nur gerechtfertigt ist, das auch hier in der Öffentlichkeit zu vertreten, was ich den Pensionistinnen und Pensionisten in diesem Lande als Pensionserhöhung versprechen kann.

Wenn Sie zum Thema der Heizkostenerhöhung gesprochen und auch den speziellen Bezug der Bundesländer dazu angeschnitten haben, dann darf ich Ihnen, Frau Kollegin Reitsamer, sagen, dass ich selbstverständlich die entsprechenden Aussagen Ihrer Wiener Stadträtin Laska vom 7. November kenne. Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass die Maßnahmen bis zum heutigen Tage noch nicht umgesetzt sind; mein Büro hat sich erst vor einigen Stunden wieder im Wiener Rathaus erkundigt. Es würde mich im Interesse jener 70 000 Wienerinnen und Wiener, die laut Presseaussendung von Frau Kollegin Laska in den Genuss dieser Maßnahme kommen sollen, freuen, wenn dies so über die Bühne ginge.

Die Bundesregierung, speziell Finanzminister Grasser, hat auf jeden Fall vorgesorgt, dass die Heizkostenzuschüsse in all jenen Bundesländern, in denen sie an sozial Bedürftige ausbezahlt werden, per Antrag ab Antragstellung und Gesetzesverabschiedung verdoppelt werden können. Sollten in Wien 861 S ausbezahlt werden, so wird dieser Betrag verdoppelt. Wenn in Vorarlberg bei einem Zwei-Personen-Haushalt 2 000 S gewährt werden, wird eben dieser Betrag verdoppelt werden. Die Bundesregierung ist durchaus bereit, die soziale Gesinnung der Landesregierungen und der dort Vertretenen zu unterstützen und den Bürgerinnen und Bürgern, die es notwendig haben, zu helfen, so wie es im Regierungsbeschluss vom 19. September, wenn ich mich richtig erinnere, enthalten ist.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass Sie mit Ihrem Vorschlag, den Sie in Form eines Antrages eingebracht haben – dies in Kenntnis der Beträge, die die einzelnen Bundesländer zu leisten gewillt sind –, deutlich unter jenem Betrag geblieben sind, den die Bundesregierung gemeinsam mit den Verantwortlichen in den Landesregierungen den sozial Schwachen in der österreichischen Bevölkerung als Ausgleich für die gestiegenen Heizölpreise gewähren will. Daher kann ich mich als Sozialminister nicht Ihrem Antrag anschließen, sondern bin aus tiefstem Herzen überzeugt davon, dass sich die Bundesregierung bereits früher mit diesem Problem beschäftigt und Maßnahmen gesetzt hat, und zwar in sozialerer Form, als Sie dies beabsichtigen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es besteht kein Zweifel, dass die Nichtvalorisierung des Pflegegeldes eine Belastung für mich darstellt. Ich bin noch nie davor zurückgeschreckt, auch unpopuläre Dinge in der Öffentlichkeit


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zu vertreten, wenn dies notwendig ist, anstatt sie von anderen vertreten zu lassen. Aber ich bin auch zutiefst davon überzeugt, dass dann, wenn das notwendige Geld, das jetzt auf Grund der Sparmaßnahmen dieser Bundesregierung fehlt, im Staatssäckel wieder vorhanden sein wird, die notwendigen Valorisierungsmaßnahmen gesetzt werden.

Ich darf Sie von der Sozialdemokratie schon auch darauf hinweisen, dass Sie von 1996 bis 1999, also in der Zeit, in der Sie in der Verantwortung waren, auch keine Valorisierung durchgeführt haben. Man sollte zunächst den Balken im eigenen Auge suchen, ehe man den Splitter im Auge des anderen hervorkehrt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es mag interessant und lustig sein, Frau Kollegin Reitsamer, wenn man eine Rede in Form eines Märchens hält und so Dinge an die Öffentlichkeit bringt, nachdem man sich als größte Partei in diesem Hause aus der Verantwortung und in Fundamentalopposition begeben hat, wo man, wie manche Mitglieder Ihrer Fraktion meinen, vielleicht erst schön langsam das traurige Los der Oppositionspolitik lernen muss.

Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass diese Bundesregierung mit der Absicht, ein Paket von 1 Milliarde Schilling für bessere Beschäftigungsmöglichkeiten und den besseren Zugang zum Arbeitsmarkt für Behinderte einzusetzen, einen sozial verträglichen Weg gegangen ist. Die Bundesregierung hat auch den Angehörigen, den die Behinderten Pflegenden, eine neue Möglichkeit eröffnet, nämlich die Gratisversicherung für pflegende Angehörige schon ab Pflegestufe 4 und nicht wie bisher ab Pflegestufe 5, dankenswerterweise mit einer Übergangslösung für jene, die derzeit eine freiwillige Weiterversicherung abgeschlossen haben, eine Möglichkeit, die die Damen und Herren Abgeordneten von den beiden Regierungsfraktionen auch mit meiner Unterstützung mitgetragen und mit ausverhandelt haben, um auch diese Menschen in beschränktem Maße in den Genuss der neuen Möglichkeiten der Gratisversicherung für pflegende Angehörige kommen zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage klar und deutlich: Wir haben in der Behindertenpolitik eine andere Prioritätensetzung, zunächst die Absicherung und die langfristige Versorgung jener, die Pflegeleistungen erbringen, die Schaffung von Arbeit und den Zugang zum primären Arbeitsweg für behinderte Menschen, und als nächste Stufe wird dann die Valorisierung des Pflegegeldes kommen.

Ich verstehe, dass sehr viele Menschen darüber nicht glücklich sind, aber ich bin sehr froh, nachdem mein Ministerium und das Ministerium des Herrn Bundesministers Bartenstein, die die Verhandlungen mit den Behindertenorganisationen führen, von Anfang an die behinderten Menschen und ihre Vertretungen in die Verhandlungen bezüglich Pflegegeld mit eingebunden haben, dass jene, die Auskunft bekommen haben, wie das Pflegegeld ab 1. Jänner 2001 und die "Behindertenmilliarde" umgesetzt werden sollen, kein Misstrauen gegen diese Bundesregierung hegen, sondern für diese Maßnahme unverhohlene und ungeteilte Zustimmung aus Behindertenkreisen kommt. Darüber bin ich glücklich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben neulich im Gesundheitsausschuss meine Anwesenheit statt jene des Herrn Staatssekretärs für Gesundheitsfragen verlangt. Ich darf daher auch heute die Gelegenheit nützen und als Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zu jenen Themenkreisen, die im Zusammenhang mit der Ambulanzgebühr angeschnitten worden sind, Stellung nehmen und diese Stellungnahme zu diesem Themenkreis, zum Dringlichen Antrag mit einbringen.

250 S Ambulanzgebühr und 150 S Ambulanzgebühr bei Überweisung sind schon für einen Einkommensbezieher von 10 000 S brutto um 40 S weniger als die von Ihren Vertreterinnen und Vertretern im Hauptverband der Sozialversicherungsträger verlangte Erhöhung um 0,2 Prozent für alle in der Krankenversicherung. Das möchte ich klar und deutlich feststellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Diese Rechnung, sehr geehrte Damen und Herren, kann jeder Pensionist, jeder unselbständig Tätige, jeder Einzelne durchführen, und Ihnen von der Sozialdemokratie ist wie jedem anderem hier in diesem Raum, der die Sozialstatistiken kennt, bekannt


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und bewusst, dass 20 Prozent aller Versicherten pro Jahr Ambulanzen in Anspruch nehmen und 80 Prozent nicht in sehr unterschiedlicher Variation. Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, auch darauf hinweisen, dass bei den Ambulanzgebühren eine Reihe von Ausnahmemöglichkeiten im Gesetz vorgesehen sind.

Sie gehen immer davon aus, dass Mindestrentner und sozial Schwache unter diese Regelungen fallen. Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben anscheinend seit Juli dieses Jahres noch nicht die Zeit gefunden, das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, das Sie mitbeschlossen haben, nachzulesen. Oder sollten Ihnen etwa die Unterschriftenaktionen im Rahmen mancher Sozialversicherungsträger mehr am Herzen liegen als die Gesetze, die Sie hier im Hohen Hause beschlossen haben?

Tatsache ist, dass für 50 Prozent aller, die Gefahr laufen könnten, Ambulanzgebühren zu bezahlen, von dieser Bundesregierung schon eine Ausnahmeregelung festgeschrieben worden ist. Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich frage Sie schon: Welches Vertrauen haben Sie in Ihre Vertreter im Hauptverband? Diese Bundesregierung hat aus gutem Grund dem Hauptverband und den Sozialversicherungsträgern die Regelungen und auch die sozialen Ausnahmeregelungen bekannt gegeben, weil wir immer davon ausgegangen sind, dass das, was Sie seit 50 Jahren predigen, nämlich die Mitverantwortung und die Eigenverantwortung der in den Sozialversicherungsträgern tätigen Funktionäre, die ihre Versicherten dort vertreten und die am besten wissen, wer sozial bedürftig ist, gefragt ist. Die haben die Daten, sie wissen, wer sozial bedürftig ist, sie kennen die Einkommenssituationen, und es sind daher auch keine Datenmanipulationen über Ministerien, über die Grenzen des Hauptverbandes hinaus notwendig, um diese Maßnahmen und diese Regulative umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wissen, dass zum jetzigen Zeitpunkt alle Sozialversicherungsträger gemeinsam 4,9 Milliarden Schilling – also nicht ganz 5 Milliarden – Schulden haben. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die ursprüngliche Annahme von 5,9 Milliarden Schilling bis Ende 2000 konnte Gott sei Dank auf Grund der Sparmaßnahmen und des Verhandlungsgeschicks meines Herrn Staatssekretärs auf dem Medikamentensektor um etwa 900 Millionen Schilling gesenkt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache Sie aber auch darauf aufmerksam, dass laut Bericht des Rechnungshofs zum Follow up, der am Freitag dieser Woche erschienen und mir übermittelt worden ist, trotzdem zwei Sozialversicherungsträger, die über massive Schulden verfügen, enorme freiwillige Sozialleistungen getätigt haben.

Ich bin als Sozialminister immer davon ausgegangen, dass die Krankenversicherung auch in der Funktion des Arbeitgebers primär jene Leistungen zu erbringen hat, die den kranken Menschen, den Beitragszahlern zugute kommen, und erst dann, an zweiter Stelle in der Reihenfolge, ihren Mitarbeitern "Marmelade aufs Butterbrot" – um das so auszudrücken – geben kann.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Dass in dieser beschränkten Situation zwei Sozialversicherungsträger, die über einen massiven Schuldenstand verfügen, einen umgekehrten Weg gegangen sind – und beide sind von Ihren Vertretern majorisiert –, soll zum Nachdenken anregen, wer da sozial agiert: die Bundesregierung oder Ihre Vertreter in der Selbstverwaltung der Sozialversicherungen?

Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es von 1997 bis 1999 einen Kompromiss gegeben hat, diese freiwilligen Leistungen in entsprechender Form zurückhaltend zu gestalten. – Das ist so erfolgt. Aber kaum war dieses Gentlemen-Agreement beendet, hat man einen anderen Weg beschritten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht diese Bundesregierung ist unsozial, sondern unsozial ist Ihre Politik, Schulden zu machen, die wir übernehmen mussten. Wir werden dafür sorgen, dass wir in Zukunft wieder jenen finanziellen Spielraum haben werden, um die vielleicht heute enttäuschten Pensionisten und Behinderten morgen voll zufrieden zu stellen. – Das verspreche ich Ihnen als Sozialminister. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.42


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44. Sitzung / Seite 129

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir gehen in die Debatte ein.

Die Redezeiten sind bekannt: kein Klub mehr als 25 Minuten, kein Redner mehr als 10 Minuten.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. Ich bitte um den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt.

15.43

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister Haupt hat behauptet, während der Zeit der Sozialdemokratie in der Bundesregierung hätten die Pensionisten weniger als die Inflationsrate bekommen. – Dies ist unrichtig!

Richtig ist: Die Pensionen wurden in Relation zur Inflationsrate in den Jahren 1970 bis 1999 um 34 Prozent erhöht, von 1980 bis 1999 um 6,2 Prozent und von 1989 bis 1999 immer noch um 3,2 Prozent.

Weiters berichtige ich Ihre Worte, mit welchen Sie wider besseres Wissen behauptet haben, Herr Bundesminister – ebenso wie Ihr einfaches Parteimitglied im Bärental Haider –, dass die beiden Pensionistenvertreter Blecha und Knafl dem Anpassungszeitraum Juni 1999 bis Juni 2000 zugestimmt hätten. – Dies ist nicht richtig!

Richtig ist – und es ist gestattet, dass ich einen der Betroffenen zitiere, nämlich Seniorenbundobmann Knafl zu Haider-Aussagen –, was im folgenden Zitat wiedergegeben wird:

"Lügen zur Potenz": "Der Bundesobmann des österreichischen Seniorenbundes Stefan Knafl möchte die Aussagen des Kärntner Landeshauptmannes Haider betreffend den Zeitpunkt der Berechnung der jährlichen Pensionsanpassung nicht ernsthaft kommentieren. Für Knafl handle es sich schlicht und einfach um Lügen zur Potenz." "Knafl dazu abschließend: Haider kann Derartiges nur bei einem Narrenkongress gehört haben, der aber üblicherweise in der Faschingszeit stattfindet." – Das sagt Ihr Koalitionspartner, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

15.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

15.45

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Ich möchte Ihre Zahlen nicht im Raum stehen lassen. Ich darf zitieren:

1980: Pensionsanpassung 5,6 Prozent, Verbraucherpreisindexsteigerung 6,4 Prozent, Kaufkraftverlust minus 0,8 Prozent. (Rufe bei der SPÖ: Ein Jahr!) 1988: 1,2 Prozent Pensionserhöhung, 2,0 Prozent Verbraucherpreisindex, Kaufkraftverlust minus 0,8 Prozent. 1994: 2,5 Prozent Pensionserhöhung, 3,0 Prozent Verbraucherpreisindex, Kaufkraftverlust minus 0,5 Prozent. 1997: 0,0 Prozent Pensionserhöhung, 1,3 Prozent Verbraucherpreisindexsteigerung, 1,3 Prozent Kaufkraftverlust. – Das sind Ihre Statistiken, Herr Kollege Nürnberger. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Abgestürzt, Herr Kollege Nürnberger!)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten, gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.46

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister Haupt, Sie haben bekrittelt, dass in der Vorweihnachtszeit ein anderer Ton gewählt worden sei. – Ich sage Ihnen: Der Ton ist ein anderer, weil die Kollegin Reitsamer eine sehr nette Abgeordnetenkollegin ist, denn sonst hätte sie nicht von einem "Märchen" gespro


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44. Sitzung / Seite 130

chen, sondern von "Raubrittern" und von "Kreuzzügen". Ich denke, Sie wissen, was das heißt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Dort, wo es um Auffangmaßnahmen für Menschen mit geringerem Einkommen geht ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren von der FPÖ! Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie einmal zuhören würden, denn ein Dialog kann logischerweise nur dann bestehen, wenn man zuerst einmal zuhört und dann, wenn man heraußen steht, darauf Antworten gibt. Aber die Antworten werden Ihnen fehlen, daher müssen Sie dazwischenrufen, das ist ja klar. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollen ja gerne zuhören, aber es fällt uns so schwer!)

Herr Bundesminister! Dort, wo es um Auffangmaßnahmen geht, wo Leute mit geringem Einkommen auch noch durch höhere Heizkosten belastet werden, sind Sie außer leeren Worthülsen und blau-schwarzen Lippenbekenntnissen bisher alles noch schuldig geblieben, und Sie sind auch heute wieder Zahlen schuldig geblieben.

So verantwortungslos, wie Sie mit diesen Menschen in der Politik umgehen, so gehen Sie auch mit anderen Mitbürgern und Mitbürgerinnen um. Da wird penibel danach gesucht, wo man den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein paar Milliarden – sage ich jetzt einmal – wegnehmen kann. Da wird danach gesucht, wo man Leistungen in Millionen- bis Milliardenhöhe kürzen kann. Pensionen werden de facto gekürzt. – Ich darf Ihnen auch noch ein Packerl übergeben. (Die Rednerin überreicht Bundesminister Mag. Haupt einen Stoß Dokumente. – Abg. Haigermoser: Da sieht er ja nicht mehr drüber!) – Das ist aber das Problem des Herrn Ministers. Ich denke, er wird sich zu helfen wissen.

Pensionen werden jedenfalls gekürzt, indem die Teuerung nicht abgegolten wird. Herr Kollege! Sie vertreten ja hier im Haus die Unternehmer, Sie haben es ihnen ja schriftlich gegeben, daher würde ich mich an Ihrer Stelle auch dorthin wenden. (Abg. Haigermoser: Ich habe überhaupt nichts gesagt!) – Kollege Gaugg, nicht Sie. Kollege Gaugg hat das in schriftlicher Form hier dem Hause bekanntgegeben. (Abg. Gaugg: Was soll ich gesagt haben?)

Auf jeden Fall haben Sie das Weiterbildungsgeld für Frauen nach der Karenz gestrichen, die Unfallrentner werden bestraft, indem sie Steuern zu zahlen haben, und den Arbeitslosen wird der Familienzuschlag sogar um ein Drittel gekürzt. Herr Bundesminister, interessant und lustig ist das alles wirklich nicht!

Sie waren heute ja eine Zeit lang auf der Regierungsbank, und dafür haben Sie sich heute anhören müssen, dass Sie Gelder verschleudern: 24 Milliarden die UMTS-Lizenz betreffend. 24 Milliarden Schilling! Gleichzeitig haben Sie zuwenig Geld für Sozialleistungen. Sie verschleudern jetzt Milliarden beim Börsegang der Telekom. Es ist eine Verschleuderung von Geldern, die Sie diesem Staat durch verantwortungslose Politik vorenthalten, und auf der anderen Seite bestrafen Sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionistinnen und Pensionisten, kranke Menschen mit Leistungskürzungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich kann das schon nicht mehr hören, dass 75 Prozent der Leute nicht betroffen sein werden. Stichwort: die Erhöhung der Rezeptgebühr von 45 S auf 55S. Ich würde mir wünschen, dass die Österreicherinnen und Österreicher alle gesund sind, aber leider können die Österreicherinnen und Österreicher auch krank werden, und dann trifft sie die Erhöhung der Rezeptgebühr. (Abg. Gaugg: Aber die 9 Milliarden ...!)

Die unsozialen Ambulanzgebühren, von denen nicht einmal Kinder ausgenommen sind, werden von Ihnen noch verteidigt, indem Sie sagen, die Hälfte sei ja ohnedies davon ausgenommen. Erklären Sie mir, wozu Sie diese Ambulanzgebühren überhaupt einführen, Herr Bundesminister! Sie können sie nicht deshalb einführen, weil Sie die Krankenkassen damit sanieren wollen, denn im selben Atemzug müssen die Dienstgeber für die Arbeiter um 0,3 Prozent weniger zahlen. – 0,3 Prozent weniger, obwohl Sie selber sagen, die Krankenkassen haben ein Defizit.


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44. Sitzung / Seite 131

Herr Bundesminister! Wo ist Ihre Verantwortung? Wo ist Ihre Verantwortung für die gesundheitliche Vorsorge in Österreich? So einfach können Sie es sich nicht machen und sagen: Der Hauptverband soll! Der Hauptverband muss!

Sie sind der zuständige Minister, und ich frage mich: Wie werden Sie in Zukunft die Liquidität der österreichischen Krankenkassen sichern? Wie sichern Sie, dass die Menschen, die auf der Besuchergalerie sitzen, die Menschen, die draußen sind, und auch wir selber, die wir ja auch Betroffene sind, die bisher vorhandene qualitativ sehr gute Gesundheitsvorsorge in Österreich auch in Zukunft haben können?

Herr Bundesminister! Noch etwas, wenn wir schon beim Thema Krankenkasse sind: In Österreich zahlt ein verheirateter Familienvater mit zwei Kindern, der 25 000 S verdient, für die Krankenversicherung 850 S im Monat. In Deutschland – Sie nehmen ja immer so gerne ausländische Beispiele, um zu zeigen, was günstiger ist –, gleicher Fall: 1 712 S, und in der Schweiz, die ja von Ihnen auch so gern zitiert wird: 4 186 S.

Welche Politik streben Sie also an? – Nicht eine Politik, um den Menschen Belastungen zu ersparen. Im Gegenteil: Solche Modelle zeigen, dass alles teurer wird, dass alles kostspieliger wird. Sie setzen sogar die Gesundheit der Menschen in Österreich aufs Spiel. Ich meine, dass das der größte Skandal in dieser Republik überhaupt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie betonen immer, dass Sie zuwenig Geld hätten. Dazu darf ich Ihnen sagen: Die Politik, die Sie machen, ist kein Sparen. Verschleuderung von Mitteln haben wir heute schon angesprochen. Aber es geht ja um andere Sachen auch noch. Da werden auf der einen Seite Geldgeschenke gemacht, und auf der anderen Seite wird gekürzt, abgeknabbert, abgezwickt, da wird den Leuten das Geld aus der Tasche gezogen.

Herr Bundesminister! Ich muss sagen, ich bin irgendwie sehr enttäuscht, denn ich habe gedacht – ich kenne Sie ja von der Ausschussarbeit –, dass Sie ernsthaft an die Thematik herangehen würden und nicht rein polemische Parteipolitik in der Regierung betreiben würden. Ich habe mich schwer getäuscht, nicht Sie haben mich getäuscht, sondern ich habe mich schwer getäuscht. Das sage ich hier ganz offen.

Sie behaupten mit dem Argument des Sparens, das – wie gesagt – ohnedies nicht erfolgt, Leistungen kürzen zu müssen. Sie ziehen dabei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Pensionistinnen und Pensionisten, arbeitslosen Menschen, behinderten Menschen und kranken Menschen das Geld aus der Tasche, um es Großbauern, Großindustriellen und anderen als Geschenk zuzuschieben. – Das ist unsozial, das ist ungerecht! Sie sollten sich schämen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: 1 Milliarde für die Behinderten!)

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Professor Bruckmann. Die Uhr ist gemäß seinem Wunsch auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

15.53

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als Seniorensprecher meiner Fraktion muss ich mich im Rahmen der mir maximal verfügbaren zehn Minuten auf jene Punkte in dem acht eng gedruckte Seiten umfassenden sozialpolitischen Rundumschlag, dem ich, verehrte Kollegin Reitsamer, sicherlich nicht meine Zustimmung geben werde, beschränken, die unmittelbar die Interessen älterer Menschen betreffen – insbesondere die mit 1. Jänner 2001 vorzunehmende Pensionsanpassung. Lassen Sie mich eingangs einige Fakten festhalten.

Erstens: Unser Pensionssystem beruht auf dem Umlageverfahren. So sehr ich mich darüber freuen würde, Pensionisten noch und noch höhere Pensionen zukommen lassen zu können, muss ich mir dessen bewusst sein, dass jeder Schilling, den ein Pensionist bekommt beziehungsweise mehr bekommt, einem Aktiven aus der Tasche gezogen werden muss – sei es in Form seiner Beitragszahlung auf direktem Wege, sei es indirekt über den Staatszuschuss, also aus dem Steuertopf.


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Zweitens: Seit Jahren ist die Zahl der Pensionsbeitragsjahre rückläufig. Die zaghaften Versuche der letzten SPÖ-Sozialministerinnen, das De-facto-Pensionsantrittsalter durch Gesundbeten ein bisschen hinaufzubringen, haben fehlgeschlagen.

Drittens: Gleichzeitig ist aber die durchschnittliche Pensionsbezugsdauer massiv gestiegen. Jeder neue Pensionistenjahrgang hat erfreulicherweise eine höhere Lebenserwartung als der Jahrgang vor ihm – eine Entwicklung, die weiterhin in dieser Form anhalten wird. Heute kommt auf je drei Österreicher zwischen 15 und 60 Jahren ein über 60-Jähriger, in 30 Jahren werden es zwei sein. Diese Entwicklung muss, würde man ihr nicht gegensteuern, zwangsläufig zum Zusammenbruch unseres bewährten Pensionssystems führen.

Der einzige wirklich zielführende Weg, zu einer Sanierung zu kommen, ist der, dass Herr und Frau Österreicher in Hinkunft bereit sein müssen, einen entsprechend höheren Teil ihrer steigenden Lebenserwartung für die Aktivzeit zu verwenden, damit sich die Zahl der Jahre der Beitragszahlung und die der Pensionsbezugsdauer nicht noch weiter auseinander entwickeln.

Diesbezüglich war die Bundesregierung auf dem völlig richtigen Wege, indem sie eine Anhebung der Voraussetzungen für den Bezug einer Frühpension in mehreren Etappen um 1,5 Jahre vorgenommen hat, eine Anhebung, die den wütenden Protest der Opposition hervorgerufen hat. Zusätzlich musste aber ein zweiter Weg gegangen werden, nämlich jener, ein neues System der Pensionsanpassung festzulegen, das den Pensionisten zumindest die Erhaltung der Kaufkraft sichert.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Genesis in Erinnerung rufen: Noch vor dem Sommer wurde ein Sozialrechts-Änderungsgesetz, zunächst im vorparlamentarischen Raum, diskutiert. Dessen Kernpunkte waren:

Erstens: das Festhalten an der Nettoanpassung, wie sie bereits – das hat der Herr Sozialminister schon ausgeführt – in der Periode Hostasch festgelegt worden war, und zwar nach einer zugegebenermaßen ziemlich komplizierten Formel.

Zweitens: Falls die Inflationsrate höher liegt als die Nettoanpassungsrate, wird die Differenz zur Nettoanpassung durch eine Einmalzahlung abgegolten.

Drittens: Die diesbezügliche Entscheidung fällt nicht – wie ursprünglich vorgesehen – eine Kommission, sondern wird im Einvernehmen mit dem Seniorenrat getroffen. Jetzt kommt der entscheidende Punkt – ich sehe Präsidenten Blecha nicht mehr, er war bis vor kurzem noch hier oben auf der Galerie –: Diesen neuen Regelungen, dieser Vereinbarung haben in einem internen Gespräch Bundesminister Bartenstein, Bundesministerin Sickl, Präsident Blecha für den Pensionistenverband, Knafl für den Seniorenbund und Harring für den Seniorenrat – alle fünf – zugestimmt. (Abg. Dr. Khol: Blecha auch?) Einschließlich Blecha! Anschließend hat der Seniorenrat mit der Stimme von Blecha ebenfalls einen einstimmigen Beschluss gefasst, dieser Neuregelung zuzustimmen. (Abg. Dr. Khol: Der "Floh" ist davongehüpft!)

Nun kommen wir konkret zur erstmaligen Anwendung dieses Gesetzes. Auf Grund des Gesetzes ergibt sich durch die festgelegte Formel per 1. Jänner nächsten Jahres eine Nettoanpassung um 0,8 Prozent, die Inflationsrate der Monate August bis Juli – darauf werde ich noch zurückkommen – beträgt 1,5 Prozent, also sind 0,7 Prozent durch eine Einmalzahlung auszugleichen. Über die Verteilung dieser 0,7 Prozent wird morgen in einem Gespräch beim Herrn Sozialminister, in einem Gespräch des Seniorenrates – wieder einschließlich des Präsidenten Blecha – entschieden werden.

Da gibt es zwei Denkschulen. Die eine ist die, dass diese 0,7 Prozent als fixer Einmalbetrag bezahlt werden sollen. Es sieht auf den ersten Blick so aus, als ob das eine sozialpolitisch gerechte Lösung wäre. Dem ist allerdings auch einiges entgegenzuhalten: Es widerspricht dem Versicherungsprinzip, es würde am unteren Ende große Schwierigkeiten bringen, weil Bezieher von Kleinstpensionen, zum Beispiel Zweitpensionen zu einer hohen ausländischen Pension, denselben Betrag dazubekommen würden.


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Die andere Denkschule ist die, dass man sagt, es ist wesentlich einfacher, diese 0,7 Prozent als festen Prozentsatz zu geben, alle Pensionen um 1,5 Prozent aufzuwerten, denn die Bezieher höherer Pensionen zahlen dann ohnehin einen höheren Prozentsatz davon durch ihren höheren marginalen Steuersatz zurück. Aber wie gesagt: Das wird morgen eingehend mit dem Herrn Sozialminister besprochen werden.

Jetzt komme ich auf die berühmte Inflationsrate zu sprechen. Sinnvollerweise können nur zwölf aufeinander folgende Monate mit den zwölf Monaten des Vorjahres verglichen werden, um eine durchschnittliche Inflationsrate zu erreichen.

Herr Bundesminister! Ich darf in Erinnerung rufen: Es war damals die Ministerialbürokratie, die gesagt hat: Wir können nicht über den Juli hinausgehen, weil wir die Umstellung sonst bis Jahresende nicht schaffen werden! Aus diesem Grund hat man sich dann dem gebeugt und der Periode August bis Juli zugestimmt. Der Zufall – oder der Teufel, wenn Sie so wollen – hat es gewollt, dass August, September und Oktober sehr hohe, im Vergleich zum Vorjahr höhere Inflationsraten gebracht haben; das ist mit ein Grund für die gegenwärtige Verunsicherung.

An sich ließe sich im mehrjährigen Durchschnitt sagen, dass das selbstverständlich im nächsten Jahr durchschlagen wird. Sehr wohl aber ließe sich doch – darüber wird morgen, auch dem Wunsch des Sozialministers und des Seniorenrates folgend, gesprochen werden – darüber nachdenken, ob man die Periode nicht doch ein bisschen weiter heraufziehen kann.

Über den Heizkostenzuschuss hat der Herr Bundesminister schon gesprochen, ich brauche daher darauf nicht näher einzugehen.

Ich fasse zusammen: Einerseits wird die Teuerung der letzten Monate durch die Tatsache, dass die höheren Inflationsraten sowieso im nächsten Jahr – allerdings mit einjähriger Verspätung – eingerechnet werden, in den Pensionen ihren Niederschlag finden. Durch den Heizkostenzuschuss, der ohnehin auf dem besten Weg ist, verwirklicht zu werden – darüber hat Herr Bundesminister Haupt bereits berichtet –, wird den ärmeren Pensionsbeziehern die Abgeltung der erhöhten Kosten ermöglicht werden, und über die 0,7 Prozent wird morgen diskutiert werden.

Ich möchte aber doch den Herrn Präsidenten Blecha bitten, jetzt keine Kindesweglegung zu betreiben. Hat er im Sommer diesem neuen Gesetz zugestimmt, dann ist es für mich undenkbar, dass er nunmehr, da die Anwendung dieses von ihm gutgeheißenen Gesetzes Werte liefert, die ihm nicht passen, so tut, als habe er damit nichts zu tun und als wäre es unbedingt notwendig, nunmehr Pensionisten mehr zu geben.

Hohes Haus! Es ist billigste Polemik, sich allen Maßnahmen widersetzt zu haben, die zu einem höheren Pensionsantrittsalter und damit zu einer besseren Füllung des Topfes führen würden, aus dem die Pensionen bezahlt werden können, gleichzeitig aber höhere Anpassungen zu fordern. Ein Minimum an Seriosität der Argumentation kann wohl auch von einer Oppositionspartei nicht nur gefordert, sondern auch erwartet werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich die Frau Abgeordnete Reitsamer zu Wort gemeldet. Ich bitte, die Geschäftsordnung zu beachten!

16.02

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Kollege Bruckmann hat wieder behauptet, dass Knafl und Blecha zugestimmt hätten, den Berechnungszeitraum für die Pensionsanpassung von Juli bis Juli festzulegen.

Ich berichtige tatsächlich: Als "glatte Lüge" bezeichnete in einer ersten Stellungnahme der Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs Karl Blecha die heutige Aussage des Landeshauptmannes Jörg Haider, wonach der Zeitpunkt der Berechnung der Pensionsanpassung auf Grund des Wunsches der SPÖ- und ÖVP-Seniorensprecher Blecha und Knafl auf den 15. Juli vorverlegt worden war.


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Meine Damen und Herren! Knafl wurde bereits zitiert, jetzt habe ich Blecha zitiert. Es wird nicht wahrer, wenn man es immer wieder wiederholt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.04

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn die Frau Abgeordnete Reitsamer noch dreimal ans Rednerpult schreitet und behauptet, Blecha und Knafl hätten nicht zugestimmt, dann ist das trotzdem nicht die Wahrheit. Beide haben im Juli dieses Jahres von historischen Verhandlungen gesprochen und sich selbst auf die Schulter geklopft. (Abg. Reitsamer: Nein!)

Dass einem Kollegen Knafl die Form der Pensionsanpassung nicht passt, ist mir schon klar, weil der überwiegende Teil der 4,5 Milliarden Schilling, die zur Verfügung stehen, sozial gerecht den kleineren Pensionsbeziehern ausbezahlt werden – und dazu gehört er bei Gott nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Knafl soll sich daran erinnern, wie er seinerzeit als Landeshauptmann-Stellvertreter in Kärnten agiert hat. Da hätte er in seiner Amtszeit die ÖVP fast zu Tode geritten, und jetzt scheint er halt eine Plattform zu suchen und sich an irgendjemandem zu reiben.

Tatsache ist, dass diese Sozialdemokratische Partei ein Bild des Jammers darstellt. Das betrifft nicht nur die geringe Anzahl der Anwesenden bei dieser Debatte über Ihren Dringlichen Antrag – Sie haben jetzt von der Anzahl her ungefähr jene Größe, die Sie bei der nächsten Nationalratswahl haben werden, wenn Sie weiterhin so agieren; ungefähr 20 werden Sie sein –, noch interessanter ist, dass beim Dringlichen Antrag Ihrer Fraktion von der ersten Minute bis jetzt weder der Gewerkschaftsvorsitzende Verzetnitsch da war ... (Abg. Edlinger: Der ist krank!)  – Der ist wahrscheinlich deshalb krank geworden, weil er den Antrag gelesen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Parteivorsitzende Gusenbauer fehlt mir, also gehe ich davon aus, dass er ebenfalls nicht einverstanden ist mit dem Agieren des Parlamentsklubs. (Abg. Ing. Westenthaler: Der ist auch krank! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, der besucht den Verzetnitsch! – Abg. Silhavy: ..., muss man ja krank werden!)

Im Wesentlichen bietet diese Partei ein Bild des Jammers. Wenn Sie in wochenlangen Unterschriftenaktionen weniger Unterschriften zusammenbringen als die Freiheitlichen im Burgenland betreffend die Osterweiterung – nämlich innerhalb von 14 Tagen 4 000 Stimmen –, dann muss ich Ihnen sagen, dass wir auch da das Ziel erreichen werden, dass zur Osterweiterung abgestimmt werden muss. Das können wir nicht den Politikern allein überlassen, da soll die Bevölkerung mitbestimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Mitglieder der SPÖ stellen sich hier her – egal, wer es ist, angefangen vom Ex-Minister Edlinger bis zur Frau Reitsamer (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ), bis zur Frau Silhavy – und meinen, Sie seien die Erfinder des Wohlstandes in diesem Lande. – Wir hätten ein blühendes Land übernommen.

Ich frage mich jedoch: Wie kann es dann sein, dass rund eine Million Menschen in diesem Land an der Armutsgrenze leben, wenn die Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten so erfolgreich war? – Tatsache ist beziehungsweise wahr ist vielmehr: Skandale pflastern Ihren Weg, begonnen beim "Konsum": Tausende Arbeitsplätze verloren, Tausende Arbeitsplätze in der verstaatlichten Industrie verloren (Rufe bei der SPÖ: Einmal zuhören!), die ÖBB an den Rand des Ruins gebracht, die Post finanziell ausgehöhlt. – Das waren Ihre "Leistungen" in den vergangenen Jahrzehnten. Und für den berühmten "kleinen Mann" null: null Einsatz, null Ideen und keine Bereitschaft, soziale Verbesserungen herbeizuführen.


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Sie können noch so oft zum Rednerpult gehen und dazu meinen, eine Pensionserhöhung mit 1,5 Prozent wäre zu gering. Dem stimme ich schon zu, natürlich hätte jeder gern mehr. Aber hätten Sie nicht solch einen Schuldenberg hinterlassen, wäre ein finanziell höherer Beitrag denkbar gewesen. (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Silhavy. ) Allein der Skandal der Bank Burgenland mit fast 5 Milliarden Schilling würde es ersparen, die Pensionistenabsetzbeträge zu verändern. Das wissen Sie ganz genau.

Sie sind es, die dieses Desaster verursachen und verursacht haben, aber wir sind Österreicher mit Verantwortung auch gegenüber der jüngeren Generation.

Es ist schon eigenartig, ich erinnere mich noch gut an den Brief des Herrn Vranitzky im Jahre 1995 an die Pensionisten. Wer war es denn, der im Jahre 1997 keine Pensionsanpassung ausbezahlt hat? – Es war die SPÖ. Wer hat die Pensionsanpassung 1998 unter der Inflationsrate abgeschlossen? – Es war die SPÖ. Wer hat die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes eingeführt? – Es war die SPÖ. Wer erhöhte die Krankenkassenbeiträge? (Abg. Edlinger: Machen Sie es rückgängig!)

Lieber Herr Ex-Finanzminister Edlinger! Wir könnten all diese Dinge rückgängig machen, hätten Sie nicht das Geld, das Sie nicht hatten, mit beiden Händen ausgegeben. In Wirklichkeit ist die Staatssanierung durch Ihr Agieren notwendig geworden. Sie haben grob fahrlässig gehandelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Edlinger. )

Sie im Staatshaushalt, der Herr Klima im Parteihaushalt mit 350 Millionen Schilling Schulden und der Herr Sallmutter, der auch immer wieder als Oberlehrer in dieser ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Reden Sie nur, oder haben Sie auch etwas zu sagen?

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Jetzt ist einmal Kollege Gaugg am Wort (Abg. Schwemlein: Dann soll er etwas dazu sagen!), dann ist Kollege Öllinger zu Wort gemeldet, dann die Kollegin Bures. Einer nach dem anderen!

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Sallmutter, der sich grundsätzlich zu jedem erdenklichen Thema zu Wort meldet, ist nicht in der Lage, jenen Bereich, für den er verantwortlich ist, seriös zu führen, denn sonst würde es nicht zu Abgängen in einer Größenordnung von 5 bis 6 Milliarden Schilling kommen.

Auch ein Faktum: Wir bräuchten keine Ambulanzgebühren, wir bräuchten keine Rezeptgebühren, hätten Sie nicht Geld ausgegeben, das Sie nicht gehabt haben.

Sie handeln grob fahrlässig! Wir wollen Österreicher mit Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation sein, auch wenn es Ihnen nicht passt! (Beifall des Abg. Ing. Westenthaler. )

Für Sie ist es nämlich völlig unerheblich, um wie viel die Pensionen erhöht werden, denn Sie sitzen in geschützten Werkstätten, Sie finanzieren Ihre Vorstandsposten, und Sie vergessen den Fall Praschak. Ein Herr Scholten wurde damals in die Kontrollbank hinein gelobt, und diesem werden die 1,5 Prozent relativ egal sein!

Das ist Ihr Problem: Die Menschen haben sich von Ihnen längst abgewandt. Und ich garantiere Ihnen: Die Menschen werden in diese neue Regierung – auch wenn es Ihnen überhaupt nicht passt – großes Vertrauen gewinnen! Aber wir müssen halt nun einmal die Sanierung jenes Desasters übernehmen, das Sie hinterlassen haben. Sie wissen genau, dass bei einer Einsparungsnotwendigkeit von 100 Milliarden Schilling rund 8 Milliarden Schilling im Sozialbereich zur Einsparung vorgesehen sind. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Das tut weh. (Abg. Edlinger: Demolieren Sie Österreich nur!) Aber diese Maßnahmen wären nicht notwendig, wenn Sie das Geld nicht verwirtschaftet und mit beiden Händen ausgegeben hätten! Überall dort, wo Sie wirtschaftliche Verantwortung tragen, entsteht ein Desaster. Ich wiederhole mich: "Konsum", eigene Partei und Staatshaushalt. Das ist Realität! Das ist Ihre Form der Sozialpolitik, und diese ist unverantwortlich und verantwortungslos.


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Es finden sich in dieser Anfrage merkwürdige Dinge. Es wird von einem "Kahlschlag im Sozialsystem" gesprochen. Handelt es sich wirklich um einen Kahlschlag im Sozialsystem? – Erstmals wird eine "Behindertenmilliarde" eingeführt, 1 Milliarde Schilling für verbesserte Berufschancen für behinderte Menschen! (Zwischenruf der Abg. Huber. )

Sie sprechen in Ihrem Dringlichen Antrag von strukturschwachen Gebieten. Es ist hochinteressant, dass es in Österreich strukturschwache Gebiete gibt. Wie kann das nach 30 Regierungsjahren der SPÖ der Fall sein? Ich frage mich: Wie kann das wirklich passieren? Warum gibt es Menschen, denen man die Notstandshilfe streicht, weil der Partner 17 000 S verdient? – Sie haben diese Gesetze eingeführt. Sie allein sind dafür verantwortlich, und obwohl Sie ständig soziale Leistungen gekürzt haben, haben Sie immer mehr Schulden gemacht. Das ist das Problem. Ich würde an Ihrer Stelle einmal darüber in der Lehre nachlesen, dann werden Sie es vielleicht auch verstehen.

Für die Krankenversicherung gilt dasselbe: Sie sollten einmal darüber nachdenken, wie mit Geldern aus dem Sozialministerium umgegangen wurde. (Abg. Schwemlein: Es gibt eh einen Untersuchungsausschuss! Lass ihn arbeiten!) Allein 118 Millionen Schilling hat "Euroteam" missbräuchlich verwendet, nachweislich missbräuchlich verwendet. Insgesamt sind im Familien- und Sozialministerium 7 Milliarden Schilling durch Ihre Hände gelaufen. Das wird ein hochinteressanter Ausschuss, und das Ergebnis wird Sie noch sehr überraschen. So gibt es etwa Karteileichen wie den Sohn von Klima und David Mock, den Pressesprecher. Alle von Ihnen! Und wenn Sie so tun, als ob diese jetzige Regierung einen sozialen Kahlschlag vorbereitet (Abg. Schwemlein: Das ist eine sehr treffende Formulierung!), dann darf ich Ihnen folgende Zahlen mit auf den Weg geben – einfach zum Nachdenken –:

Etwa die Bundesbeiträge für die Pensionen in den Jahren 2001 bis 2005: Die Bundesbeiträge für die Pensionsversicherung der Arbeiter betragen im Jahr 2001 20 Milliarden Schilling. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Hören Sie zu, da können Sie etwas lernen! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Pensionsversicherung der Arbeiter erhält im Jahr 2001 einen Zuschuss vom 20 Milliarden Schilling. (Abg. Schwemlein: Du kannst wahrscheinlich nur besser buchstabieren als ich!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Von 20 Milliarden Schilling im Jahr 2001 steigt der Zuschuss des Bundes auf 34 Milliarden Schilling im Jahre 2005. Bei den Angestellten wird er von 10,5 Milliarden auf 22,3 Milliarden Schilling erhöht und damit mehr als verdoppelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das muss man wissen, damit man sich auskennt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Die Redezeit beträgt wie die des Vorredners 10 Minuten. – Bitte.

16.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Gaugg, ich weiß zwar nicht, was der Tod von Herrn Praschak mit dem Thema des Antrages zu tun hat, und ich weiß auch nicht, was der Konkurs des "Konsum" mit dem Thema Pensionen zu tun hat, aber wenn Sie es wissen, dann bin ich schon zufrieden. Mir ist dieser Zusammenhang allerdings nicht klar geworden. (Abg. Gaugg: Was hat der Knopf an deinem Kragen mit dem Antrag zu tun?)

Herr Kollege Gaugg! Hinsichtlich eines Teils des Problems ist der Antrag nicht so schlecht, nämlich in der Begründung. Ein Teil des Problems ist nämlich die Art und Weise, wie die Parteien in diesem Haus und außerhalb des Hauses – etwa die Seniorenverbände versus andere Verbände – mit diesem Thema umgehen. In diesem Sinn ist der Antrag deswegen nicht schlecht, weil er auch Ihnen vor Augen führen könnte und sollte, wie unverantwortlich Sie in vergangenen Jahren manchmal im Zusammenhang mit dem Thema Pensionen umgegangen sind. Daher stünde Ihnen ein Wort der reuigen Einsicht an, dass Sie, in Prozentsätzen ausgedrückt,


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in den vergangenen Jahren etwas gefordert haben, wovon Sie jetzt, da Sie selbst die Regierungsverantwortung übernommen haben, sagen: Das können wir uns nicht leisten. Ein solches Wort der Reue und Einsicht stünde Ihnen an. Sie könnten sagen: Wir haben eine falsche Politik gemacht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gaugg: Wir haben eine falsche Politik gemacht?) Ja natürlich! Das steht auch in dem Antrag! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Kollege Gaugg, hören Sie zu! Es kommt noch ein Nachsatz! Und dasselbe gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei. Ein Teil des österreichischen Problems ist, dass die Sozialpolitik im Bereich der Renten und Pensionen nicht gemeinsam gemacht wird, sondern dass sie immer für oder gegen jemanden gemacht wird, dass die Rentner und Pensionisten in diesem Spiel von einer Partei gegen eine andere instrumentalisiert werden. Es wird darauf hingewiesen – das ist in diesem Antrag durchaus nützlich nachzulesen –, dass schon in den vergangenen Jahren die einen die Retter der Pensionisten sein wollten, während die anderen die Bösen sind, die den Pensionisten alles Üble an den Hals wünschen. – Das ist ein Teil des Problems.

Meine Damen und Herren! Blicken Sie ein bisschen über Österreich hinaus, dann werden Sie wahrscheinlich sehr bald bemerken, dass in anderen Ländern zwar auch nicht immer sehr gut, aber doch verantwortlicher mit einem solch sensiblen Thema, bei dem es um soziale Interessen, um Lebensinteressen geht, umgegangen wird. So versucht beispielsweise die Regierung aus SPD und Grünen in Deutschland, die Opposition selbstverständlich in jede Änderung des Renten- und Pensionssystems mit einzubeziehen. Da wird lange um einen Konsens in wichtigen Fragen gestritten, weil nicht nur die Regierung, sondern alle Parteien der Überzeugung sind, dass es wichtig ist, dass diese Fragen im Interesse des Landes, der Gesellschaft, des sozialen Zusammenhaltes gelöst werden, und dass über diese Fragen so lange diskutiert beziehungsweise gestritten werden muss, bis erkennbar ist, dass es eine Einigung gibt oder eben nicht gibt.

In Österreich wird anders Politik gemacht: Da wird vorgeführt, und da werden die Rentner und Pensionisten, ebenso wie andere Gruppen, in Geiselhaft genommen, um sie gegen die jeweils andere Partei auszuspielen.

Betrachten Sie die bisherige Debatte: Sie unterscheidet sich in nichts von dem, was wir hier im Parlament schon erlebt haben. In vergangenen Jahren hat Kollege Haupt, der jetzige Herr Minister, die sozialdemokratische Regierung gegeißelt für ihre unverantwortliche Politik im Bereich der Renten und Pensionen, weil sie eben nicht genügend erhöht hat.

Meine Damen und Herren! Insofern ist das, was in diesem Antrag steht, nützlich und erhellend, und es ist gut, dass das hier dokumentiert wird. Aber das gilt auch – ich wiederhole – für die Sozialdemokratische Partei, vor allem im Hinblick darauf, dass die sozialdemokratische Fraktion dieses wirklich schlimme Paket der sozialen Treffsicherheit als eine in dieser Dimension noch nie da gewesene Maßnahme bezeichnet hat.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Da will und muss ich Sie schon daran erinnern, dass wir in diesem Haus auch über die Sparpakete 1 und 2, um bei dieser ursprünglichen Nummerierung zu bleiben, diskutiert haben. Damals wurden im Bereich der familienpolitischen Leistungen 6 Milliarden gestrichen, im Bereich der Arbeitslosenversicherung 5 Milliarden pro Jahr und im Bereich der Pensionsversicherung 15 Milliarden Schilling abgezockt. Das waren in Summe auch keine schwachen Pakete, Raubzüge, um es in Ihrer jetzigen Diktion zu sagen. – Wir haben es als Belastungspaket bezeichnet.

Damals wie jetzt ist interessant, dass man nicht intensiv darüber nachdenkt, welche Gruppen unter bestimmten Maßnahmen besonders leiden könnten. Herr Bundesminister! Es läge in Ihrer Verantwortung, das herauszuarbeiten und dafür zu sorgen, dass vermieden wird, dass durch eine eventuelle Kumulierung dieser Wirkungen gewisse Gruppen besonders betroffen werden.

Dazu kommt es nämlich auch bei diesem Belastungspaket im Rahmen der sozialen Treffsicherheit. Dazu kommt es, wenn die Pensionen nicht entsprechend erhöht werden, wobei ich über die


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Formulierung nicht besonders glücklich bin, welche die Sozialdemokraten in ihrem Antrag gewählt haben, indem sie nämlich nur eine Pensionsanpassung im Ausmaß der Teuerungsrate gefordert haben.

Meine Damen und Herren! Für mich besteht nämlich sehr wohl ein Unterschied zwischen verschiedenen Betroffenen: Beispielsweise treffen eine Frau, die bis jetzt eine kleine Eigenpension, den Ausgleichszulagenrichtsatz von, sagen wir, 8 000 S und dazu noch eine Versehrtenrente hatte, weil sie entweder selbst einen Unfall gehabt hat oder Bezieherin einer Hinterbliebenenversehrtenrente ist, die also insgesamt 12 000 S erhielt – und da bin ich durchaus bei den Zahlen der Kollegin Reitsamer –, die Maßnahmen im Bereich des Pakets der sozialen Treffsicherheit in Form einer zusätzlichen Steuerbelastung eindeutig stärker als andere. Diese Frau wird beispielsweise durch die 1 000 S monatlich, die ihr von einem Tag auf den anderen auf einmal weggenommen werden, schwerstens belastet. Sie wird durch dieses so genannte Paket der sozialen Treffsicherheit, das mit Treffsicherheit überhaupt nichts zu tun hat, schwer belastet, und Sie sollten einmal nachdenken, Herr Bundesminister, wie man diesen Personengruppen helfen könnte.

Es macht nämlich sehr wohl einen Unterschied, ob Menschen wie diese Frau vom Verzicht auf Inflationsanpassung betroffen sind oder etwa lustige Politpensionisten, wie wir sie auch hier im Haus haben, die ein Abgeordnetengehalt, eine Politpension, zusätzlich eine ASVG-Pension und außerdem vielleicht auch noch eine Viertpension beziehen. Wenn eine solche Person – dieses Beispiel gibt es in diesem Haus – sagt, dass sie auch eine Inflationsanpassung haben möchte und sich dadurch belastet fühlt, dass bei ihren Pensionsansprüchen die Inflationsanpassung nicht vorgenommen wird, dann würde ich das doch etwas anders und kritischer beurteilen.

Das ist meiner Ansicht nach überhaupt das Problem, das in der gesamten Debatte bisher ausgespart geblieben ist: dass es in Österreich – egal, in welchen Größenordnungen wir das beschreiben – sehr viele Personen gibt, denen wir, obwohl sie arbeiten – 40 Stunden oder 30 Stunden, wie viele teilzeitbeschäftigte Frauen – und beispielsweise ein Kind oder zwei Kinder ernähren müssen, durch die Einkommenspolitik nicht garantieren können, dass sie von zusätzlichen Leistungen unabhängig sind, sondern dass sie auf diese zusätzlichen Sozialleistungen angewiesen sind, um zu überleben. Das ist das Beschämende, egal wie gut oder schlecht eine zusätzliche Leistung ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist beschämend, dass es Personen gibt, die von 10 000 S brutto leben müssen und damit nicht nur sich, sondern unter Umständen auch noch eine zweite Person erhalten müssen. Es ist beschämend, dass solche Menschen auf zusätzliche Transfers, in welcher Form auch immer, angewiesen sind.

Natürlich haben Sie Recht, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, dass man diesen Personen nicht auch noch zusätzliche Leistungen, die auch angeführt werden, streichen darf, wie etwa die Befreiung von Telefongebühren oder Rundfunkgebühren. Das eigentlich Beschämende ist jedoch, dass es Personen gibt, die nicht in Pension sind, sondern im aktiven Erwerbsleben stehen, 40 Stunden arbeiten und trotzdem mit ihrem Einkommen nicht überleben können!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Diese Debatte hätte ich, unabhängig von allen anderen Formulierungen, die im Antrag nicht optimal ausformuliert sind, gerne geführt. In diesem Punkt wäre diese Regierung zu fordern, zu Verteilungsfragen, die sie mit diesem Budget in diesem Land vornimmt, sollte sie Auskunft geben. Das wäre sinnvoll, nicht aber das Betreiben einer kleinlichen Lizitationspolitik! (Beifall bei den Grünen.)


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44. Sitzung / Seite 139

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bures zu Wort. – Bitte.

16.25

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie werden gar nicht so viele Listen wegräumen können, wie wir Unterschriften von betroffenen Leidtragenden Ihrer Politik haben. – Ich überreiche Ihnen diese somit. (Beifall bei der SPÖ. – Die Rednerin überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Haupt ein Konvolut von Listen.)

Einige meiner Vorredner haben, wie ich meine, für alle klar zum Ausdruck gebracht, wie unsozial und hartherzig die Politik dieser Bundesregierung ist. Ich meine, dass es sich hiebei – und das wird immer mehr Menschen klar – nicht um ein Sparprogramm handelt, sondern – und das entsprechende Täuschungsmanöver haben Sie über eine Werbeagentur auf Kosten der Steuerzahler betrieben – ausschließlich um ein Belastungspaket, weil Sie in Wirklichkeit Geld brauchen, um andere zu beschenken, und zwar jene, die es am wenigsten brauchen, und jene, die ohnedies zu den Wohlhabenden in diesem Land gehören, und um Ausgaben finanzieren zu können wie etwa den Ankauf von Abfangjägern, wobei sich wahrlich die Frage stellt, wie wichtig das ist, wenn wirklich gespart werden muss.

Herr Kollege Öllinger! Sie haben gesagt, dass es schon Sparpakete gab und haben die Frage in den Raum gestellt, ob und inwiefern diese sozial gerecht waren. Die Erörterung dieser Fragen halte ich für eine wirklich wichtige und spannende Diskussion. Das ist vor allem auch deshalb wichtig, um darzulegen – ich verweise auf die Ausführungen des Herrn Gaugg –, wie es eigentlich mit dem Schuldenberg und dem Budget ausschaut, das diese Regierung übernommen hat.

Es ist uns gelungen, die Budgetkonsolidierung so weit voranzutreiben, dass das Budgetdefizit von 5,2 Prozent auf 2,1 Prozent gesenkt wurde, und zwar mit Maßnahmen, die keine solchen sozialen Grausamkeiten in sich bergen, und gleichzeitig mit einer Familiensteuerreform – darauf möchte ich hinweisen – und einer Steuerreform, die vor allem Beziehern niedriger Einkommen zugute gekommen ist. Diese Steuerreform versuchen Sie sich jetzt an die Fahnen zu heften, obwohl die ÖVP dagegen Widerstand geleistet und die FPÖ sogar dagegen gestimmt hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe schon wiederholt darauf hingewiesen, dass Sie mit Belastungen der Ärmsten in diesem Land und auch mit Belastungen bei Arbeitnehmern rasch zur Hand sind, dass Sie aber sehr zögerlich vorgehen, wenn es um die Leistung von Hilfestellung geht. Daher ersuche ich Sie, denn es wird kalt, sich nicht noch mehr Zeit zu lassen und sich nicht noch mehr auszureden, sondern zu erklären, wie jene Menschen, die nicht wissen, wie sie die Heizkosten finanzieren sollen, nachdem sich der Heizkostenpreis verdoppelt hat – wobei sich der Finanzminister durch den hohen Heizölpreis und Benzinpreis ein Körberlgeld gemacht hat –, endlich zu ihrem Zuschuss kommen. Wir fordern Sie auf, allen Menschen, die ein Einkommen unter 12 000 S haben, diesen Heizkostenzuschuss bundesweit zur Verfügung zu stellen und sich nicht hier auf irgendwelche Gebietskörperschaften, Länder auszureden, die keine Zuständigkeit dafür haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage der Höhe der Pensionen: Sie, Herr Bundesminister, sind hier aufgestanden und haben kritisiert, dass die Pensionserhöhungen in der Vergangenheit Ihrer Auffassung nach zu gering waren. Können Sie mir in Anbetracht dessen die jetzige Pensionserhöhung um lächerliche 0,8 Prozent erklären, die nicht einmal annähernd die Inflationsrate abdeckt? Können Sie mir erklären, warum gerade jene Pensionisten, die einen wesentlichen Beitrag geleistet haben zur Erhöhung des Wohlstands in diesem Land, das Sie jetzt gerade zerschlagen, nur 0,8 Prozent bekommen, weil sie in den letzten Jahren nach Ihren Angaben einen Übergenuss an Pensionen hatten? Wie ist das in Einklang zu bringen? Einerseits sagen Sie, dass die Erhöhungen zu gering waren, und gleichzeitig beschließen Sie in Wirklichkeit eine massive Pensionskürzung! (Beifall bei der SPÖ.)

Generell kann man Ihnen allerdings nicht vorwerfen, dass Sie kein Herz für Pensionisten hätten! Betreffend Ex-Minister Schmid, der ja mittlerweile in Pension gegangen ist, setzt sich der Ministerrat nicht zusammen und sagt, geben wir ihm halt 0,8 Prozent Pensionsanpassung, sondern da ist man schon einigermaßen großzügiger. Ich möchte das näher ausführen: Ex-Minister


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Schmid bekommt nach neun Monaten – wie wir alle wissen, erfolgloser – Ministerarbeit und elf Monaten auch nicht sehr erfolgreicher Nationalratstätigkeit 136 000 S im Monat! Das beschließt der Ministerrat. Wenn es in den eigenen Sack geht, dann haben Sie also ein Herz für Pensionisten!

Wie verhält es sich denn mit Ihren 66 000 S? – Das sind die Unwahrheiten, die ohnedies längst ans Tageslicht kommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sind unglaubwürdig! Das weiß die Bevölkerung mittlerweile, und sie wendet sich von Ihnen ab. Herz haben Sie nur für sich selbst und für die eigene Tasche, die anderen aber werden ausgesackelt.

Ich möchte dazu nur einige Beispiele Ihre Glaubwürdigkeit betreffend anführen, vor allem weil Sie gesagt haben, dass wir Sie an Ihren Taten messen sollen. Es gibt nämlich Widersprüche zwischen dem, was diese Regierung sagt, und dem, was sie tut.

Der Herr Bundeskanzler hat zum Beispiel gesagt, dass es keine Steuererhöhungen geben wird. Was ist Tatsache? – Tatsache ist, dass wir jetzt die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik haben: Sie wurde auf 46 Prozent hinaufgeschraubt, und das trifft auch jene viel massiver, die ein geringeres Einkommen haben. Für diese Menschen bedeutet das, ab 2001 täglich durchschnittlich 40 S mehr an Steuern und Abgaben bezahlen zu müssen. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben gesagt, dass es keine Studiengebühren geben wird. – Nun gibt es diese.

Sie haben gesagt, dass alle Maßnahmen sozial ausgewogen sein werden. – Über diese Aussage lachen selbst die Hühner! Das ist Ihre "Glaubwürdigkeit"!

Sie halten es nicht sehr stark mit der Glaubwürdigkeit, Sie halten es meiner Auffassung nach aber auch nicht sehr stark mit der Moral! Können Sie mir erklären, welche Moral dahinter steckt, wenn Sie vorhaben, Mindestrentnern die Telefongebührenbefreiung wegzunehmen, womöglich in vielen Fällen also den letzten Kontakt zur Umwelt? Das sind Ihre Maßnahmen!

Wo ist denn die Moral, wenn Sie sich – wie ich schon gesagt habe – bei der Erhöhung des Diesel- und Heizölpreises bei jeder Erhöhung ein Körberlgeld machen? Das sind 2 Milliarden Schilling, die Sie den Betroffenen nicht zurückgeben! Wo bleibt Ihre Moral, wenn es darum geht, dass das Pflegegeld erhöht werden soll?

Herr Bundesminister! Es geht nicht darum, dass Sie sparen müssen! Sie geben mehr aus, als jemals zuvor ausgegeben wurde. Sie haben Mehrausgaben von 70 Milliarden Schilling! Hingegen gibt es 15 Milliarden Schilling Steuererleichterungen für Arbeitgeber. Diese Politik geht zu Lasten der unteren Einkommen und zu Lasten der Pensionisten, bei dieser Politik geht es in Wirklichkeit nur darum, dass Sie sich und Ihre Klientel bedienen wollen, und diese Politik bedeutet in Wirklichkeit Umverteilung von unten nach oben! Diese Politik haben Sie zu verantworten! Sie verdienen den Namen "Sozialminister" nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Die Redezeit ist die gleiche wie für alle Abgeordneten. – Bitte, Herr Bundesminister.

16.33

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Bures hat in ihrem Debattenbeitrag soeben angedeutet, dass sie davon ausgeht, dass die Begünstigungen für die Radio-, Fernseh- und Telefongebühren fallen könnten. – Das ist nicht der Fall. Ich darf Ihnen betreffend die Gebühren in diesem Bereich mitteilen, dass die Bundesregierung, im Gegenteil, für die Bezugsberechtigten – und dieser Kreis bleibt völlig gleich – nunmehr nicht nur Anschlüsse bei der Telekom, sondern auch Anschlüsse bei den Mobilbetreibern in entsprechender Form vorsieht.


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Ferner darf ich daran erinnern, dass keine gänzliche Befreiung bestanden hat, sondern dass die Grundgebühr plus eine Stunde im Grundgebührensatz bis dato die gültige Rechtslage war.

Sehr geehrte Frau Kollegin Bures! Ich bitte Sie, Ihre diesbezüglichen Positionen zu korrigieren, wenn Sie an die Öffentlichkeit treten.

Sehr geehrte Frau Kollegin Bures! Sie haben im Zusammenhang mit dem Pensionsbezug des Herrn Bundesministers Schmid einige Positionen bezogen. Ich darf Sie schon daran erinnern, dass die Pensionsregelung, in deren Genuss Herr Bundesminister Schmid kommt, völlig gesetzeskonform ist und dass diese Gesetzeskonformität auf der Grundlage eines Vierparteienbeschlusses beruht, an dem auch die Sozialdemokratie mitgewirkt hat und als einzige Fraktion im Hohen Haus die Freiheitlichen nicht mitgewirkt haben.

Ich möchte Sie bitten, das in der Öffentlichkeit auch so darzustellen, denn dafür, sehr geehrte Frau Kollegin Bures, haben Sie die volle Verantwortung zu tragen! Wir Freiheitliche haben Sie damals in der Diskussion auf diesen Missstand aufmerksam gemacht, Sie haben diese Privilegien aber leider nicht abgeschafft. Und ich sage es hier auch ganz klar, um nicht auch das noch von Ihnen hören zu müssen, dass auch für meine Person diese alten Regelungen gelten und dass es mir sogar verwehrt wurde, für die neuen Regelungen, die eine Verschlechterung bedeuten, zu optieren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. Die Uhr ist auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.

16.35

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich habe leider kein Paket für Sie mitgebracht, aber ich hoffe, Sie sind mir deswegen nicht gram.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Menschen, mit denen ich spreche, versichern mir, dass das Unsozialste, was wir unseren Mitbürgern antun können, eigentlich die hohe Verschuldung des Staates ist, denn die Schulden von heute sind die Belastungen und die Steuern von morgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Das Bequemste für jede Regierung ist natürlich die Schuldenpolitik unter der Devise: Zwei Legislaturperioden werden wir schon überstehen, und dann gilt: Nach uns die Sintflut! – Diese Regierung ist angetreten, um unsere hohen sozialen Standards auch für kommende Generationen zu erhalten und abzusichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Bures! 59 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind mit diesem Weg einverstanden und unterstützen diesen Weg. Die Bevölkerung spürt, dass dieser Weg richtig ist und dass die Einsparungsmaßnahmen sozial ausgewogen sind!

Meine geschätzten Damen und Herren! Bevölkerungsgruppen, die es sich leisten können, leisten ihren Beitrag zur Sanierung des Staatshaushaltes. Dazu darf ich richtig stellen, dass Lohnsteuerpflichtige 11 Milliarden Schilling an Beiträgen dafür leisten, Körperschaft- und Einkommensteuerpflichtige, Frau Kollegin Bures, leisten 17 Milliarden Schilling, und der Insolvenz-Entgeltsicherungsfonds wird zu Gunsten des Budgets 3,7 Milliarden Schilling beisteuern. Auch das sind Leistungen beziehungsweise Gelder, die an sich von den Arbeitgebern kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit aber soziale Ausgewogenheit gegeben ist, hat diese Regierung anerkannte Fachleute eingesetzt. Dieser Katalog von Vorschlägen wurde unter Professor Mazal erarbeitet, und die Regierung hat diese Vorschläge weitgehend berücksichtigt. In Österreich bleibt damit das hohe soziale Niveau erhalten, und auch der breite Wohlstand ist damit für die Zukunft abgesichert.


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Geschätzte Damen und Herren! Ein wichtiger Faktor für unseren Wohlstand ist der hohe Beschäftigungsstand, und zu keiner Zeit gab es so viele unselbständig Erwerbstätige wie heute. Die günstige Konjunktur hilft uns dabei, die Budgetsanierungsmaßnahmen erträglich zu gestalten. Es ist auch wirtschaftlich vernünftig, jetzt zu sanieren, um bei entsprechendem Bedarf wieder Spielraum für Impulse aus dem Bundesbudget zu haben. Nach dieser Sanierungsphase besteht auch wieder Spielraum für die Politik, gestaltend einzugreifen.

Die Regierung kann dann wichtige Maßnahmen umsetzen, wie zum Beispiel das Kinderbetreuungsgeld, das nicht nur eine wichtige familienpolitische, sondern vor allem auch eine sozialpolitische Maßnahme darstellt. Heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, fallen in diesem Bereich sehr, sehr viele sozial Bedürftige durch den Rost. In Zukunft werden auch geringfügig Beschäftigte, Studentinnen und solche, die keiner außerhäuslichen Erwerbstätigkeit nachgehen, dieses Kindergeld erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch dieses Kindergeld werden etwa 6 Milliarden Schilling an wirtschaftlichen Impulsen ausgelöst. Es handelt sich dabei um Gelder, die im Land ausgegeben werden und somit einen gewaltigen Rückfluss in Form der Verbrauchssteuern bewirken. Auch damit helfen wir, unser Sozialsystem abzusichern.

Geschätzte Damen und Herren! Die Regierung hat den richtigen Weg eingeschlagen. Österreich sichert seine hohen Standards im sozialen Bereich. Wir bleiben hier an der Spitze der Länder Europas. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich der Bundesminister außer Dienst Abgeordneter Einem zu Wort gemeldet. – Bitte, die Geschäftsordnung zu beachten!

16.41

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein Vorredner, Herr Abgeordneter Kampichler, hat zu Beginn seiner Rede festgestellt, dass das Schuldenmachen, dass die Staatsschulden das Problem der Generationen von morgen sind. (Abg. Kampichler: Richtig!)

Herr Abgeordneter! Diese Tatsachenbehauptung ist rein finanzwissenschaftlich gesehen einfach falsch. (Ruf bei der ÖVP: Das ist keine Berichtigung!)

Schon der Finanzwissenschaftler von Stein hat 1871 in seinem Lehrbuch festgestellt, dass ein Staat ohne Staatsschuld entweder nichts in seine Zukunft investiert oder in der Gegenwart zu viel verlangt. (Abg. Steibl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist eine eigene Meinung!)  – Sie verlangen in der Gegenwart zu viel. Das ist das Unsoziale! (Beifall bei der SPÖ.)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Das sind Meinungsfragen, und ich glaube, wir müssen bei der tatsächlichen Berichtigung bei Tatsachenfeststellungen bleiben.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Sie hat das Wort. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

16.42

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere zur SPÖ, zur Frau Abgeordneten Bures: Wenn Sie 30 Jahre lang in Opposition gewesen wären, dann würde ich Ihre wütenden Angriffe und Darstellungen der jetzigen sozialen Missstände ja noch verstehen. Aber Sie waren es ja, die in einem Zeitraum für die Sozialpolitik verantwortlich waren, in dem sich die Zahl von einer Million Menschen entwickelt hat, die ein Einkommen von nur 12 000 S im Monat haben. Diese eine Million Menschen mit dem geringen Einkommen ist ja nicht in den letzten acht Monaten entstanden, sondern in den vergangenen Jahren, in denen Sie für die Sozialpolitik verantwortlich waren.


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Das Defizit im Gesundheitswesen ist nicht in den letzten acht Monaten entstanden, das ist in den letzten Jahren entstanden, in denen Sie die Verantwortung für die Sozial- und Gesundheitspolitik gehabt haben.

Das Bezügegesetz, das Frau Abgeordnete Bures im Zusammenhang mit Herrn Minister Schmid bemängelt hat, haben Sie, wie Herr Minister Haupt vorhin gesagt hat, beschlossen, Sie vorgeschlagen.

Ich glaube schon, dass Sie ein bisschen fairer diskutieren sollten in dieser gesamten Angelegenheit. Es steht Ihnen wirklich nicht zu, das alles einzufordern, was Ihnen durchzusetzen nicht gelungen ist. Frau Abgeordnete Mertel, Sie nicken dazu. Ich glaube, Sie können mir zustimmen. (Abg. Dr. Mertel: Voll und ganz! Immer!)

Sie hätten wirklich Grund genug, mit uns gemeinsam sachlich über die Budgetkonsolidierung zu sprechen. Denn Sie können ganz einfach nicht abstreiten, dass die Finanzpolitik in den letzten Jahren verantwortungslos war, dass sie jämmerlich war, dass sie dilletantisch war und letztlich dazu geführt hat, dass wir jetzt vor diesem riesigen Schuldenberg stehen und dass allein 100 Milliarden Schilling an Zinsen für die Staatsschulden bezahlt werden müssen. Und das geht natürlich auch dem Sozialbudget ungemein ab.

Niemand hat Verständnis für Ihre jetzige Kritik, denn während sich andere EU-Staaten in den vergangenen Jahren zu einem Budgetüberschuss hinaufgearbeitet haben, hat Österreich das Schlusslicht in der EU beim Budgetdefizit eingenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen kein weiteres Schuldenmachen mehr! Wir wollen nicht haben, dass unsere Kinder, unsere Jugendlichen weiter belastet werden. Wir wollen eine Zukunft ohne Schulden, und wir sind überzeugt davon, dass die Österreicher mit uns einer Meinung sind, dass ein Ende gemacht werden muss mit dieser Schuldenpolitik.

Frau Abgeordnete Reitsamer hat hier erwähnt, dass es die Österreicher zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht haben und dass Sie diesen Wohlstand gesichert haben. Das ist aber wirklich eine rhetorische Behauptung, denn bei diesen hohen Staatsschulden ist der Wohlstand nicht abgesichert (Abg. Reitsamer: Geh, bitte!), sondern wir müssen jetzt erst diese Absicherung des Wohlstandes vornehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganz im Gegenteil: Durch diese hohen Staatsschulden wird nämlich die Sicherheit gefährdet. Und wenn Herr Abgeordneter Einem gemeint hat, ein Staat ohne Staatsschulden sei nicht in Ordnung oder so ähnlich, dann gebe ich schon zu, dass jeder Staat Staatsschulden haben soll und muss, dass das durchaus üblich ist, aber, Herr Abgeordneter Einem, es geht immer darum, wie hoch diese Staatsschulden sind. (Abg. Edlinger: Unter dem europäischen Schnitt!) Und wenn einmal die Belastung so hoch ist wie in Österreich, dann können Staatsschulden auch den Wohlstand gefährden. Ich glaube, Sie müssen Ihr Zitat auch richtig interpretieren, Herr Abgeordneter Einem. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Plötzlich entdecken Sie Ihr Herz für Behinderte. Plötzlich erheben Sie den Vorwurf, den Behinderten werde das Geld aus der Tasche gezogen. Aber ich kann mich erinnern, beim letzten Sparpaket haben Sie die Behinderten mit 4 Milliarden Schilling belastet. Sie haben das Taschengeld der Behinderten, die sich in einer Heimunterbringung befinden, auf 500 S reduziert. – Frau Reitsamer, wo waren Sie da? (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Keine Valorisierung des Pflegegeldes. Seit dem Jahr 1993 hat es keine Valorisierung des Pflegegeldes gegeben. Und jetzt werfen Sie der Regierung vor, dass sie in den acht Monaten keine Valorisierung vorgenommen hat – trotz der hohen Staatsschulden, die Sie hinterlassen haben. Also von 1993 bis 2000 gab es keine Valorisierung, das macht alles nichts, weil das unter sozialistischer Sozialministerschaft passiert ist. (Abg. Haidlmayr: 1996!) Aber in den acht Monaten soll das jetzt alles aufgeholt werden. Ja wie stellen Sie sich denn das vor? Sie stehen doch mit Ihren Angriffen absolut neben der Realität. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierung hat in einer wirklich einzigartigen Weise für Behinderte etwas getan, indem sie 1 Milliarde Schilling für eine Beschäftigungsoffensive zur Verfügung stellt. Sie haben tatenlos zugesehen, wie die Behindertenarbeitslosigkeit gestiegen ist. Sie haben überhaupt nichts getan, Herr Abgeordneter Einem, um die Behindertenarbeitslosigkeit zu senken – und die Behindertenarbeitslosigkeit liegt weit über dem Durchschnitt der Arbeitslosigkeit anderer Gruppen. Nichts haben Sie getan! 1 Milliarde Schilling wird jetzt für eine Beschäftigungsoffensive für Behinderte zur Verfügung gestellt. (Abg. Haidlmayr: Auf Kosten der Unfallrentner!) Das müssen Sie anerkennen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Öllinger ist leider nicht im Saal, er steht draußen. Herr Abgeordneter Öllinger! Sie haben gemeint, auch die Opposition müsste ein bisschen Reue darüber zeigen, wie sie mit der Pensionsthematik in der Vergangenheit umgegangen ist. Also ich möchte Ihnen sagen, wir sind niemals unverantwortlich umgegangen mit diesem Thema. Herr Abgeordneter! Wir, die Freiheitlichen, haben bereits im Jahre 1986 darauf hingewiesen, dass das bestehende Pensionssystem in dieser Form nicht weiter finanzierbar ist. Wir haben damals das Drei-Säulen-System vorgeschlagen, sind nur leider Gottes an der SPÖ gescheitert, die uns auch immer wieder glaubhaft gemacht hat, dass das bestehende Pensionsrecht ohnehin über die Jahrtausendgrenze halten wird. Wir haben es ja dann gesehen: Ein Jahr hat es jeweils gehalten oder höchstens zwei Jahre, und dann waren die Jahrtausendgesetze wieder im Eimer. Wir haben ganz bestimmt eine verantwortungsvolle Politik auch in Pensionsfragen an den Tag gelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen jetzt vor der Tatsache, dass diese Regierung nur durch eine konsequente, gezielte Sparpolitik eine gesunde Basis schaffen kann, eine gesunde Basis für die Pensionssicherung, für ein Gesundheitswesen, das auch den modernen Entwicklungen entspricht, und für die Sozialleistungen, die alle brauchen, die an den hohen Einkommen, am hohen Wirtschaftswachstum eben nicht teilnehmen können.

Unser Konzept ist nicht, neue Schulden zu machen, sondern unser Konzept ist, zu konsolidieren und den Wohlfahrtsstaat für die Zukunft abzusichern: für unsere Pensionisten, für unsere Kinder, für unsere Jugendlichen. Und dabei lassen wir uns nicht beirren durch Ihre Querschüsse, mit denen Sie nur politisches Kleingeld machen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edlinger: Phrasen, Frau Doktor, Phrasen! Nichts als Phrasen!)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich habe heute vor Eingang in die Tagesordnung bekannt gegeben, dass neben dem Dringlichen Antrag auch ein Antrag der grünen Fraktion eingebracht wurde, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 38/A der Abgeordneten Petrovic und Genossen eine Frist bis zum 12. Dezember zu setzen. Außerdem wurde eine Debatte darüber beantragt.

Ich teile nunmehr mit, dass dieser Fristsetzungsantrag beziehungsweise dieses Verlangen zurückgezogen wurde. Daher ist auch keine Debatte darüber zu führen. Das bedeutet, dass wir nach Ende der Behandlung des Dringlichen Antrags gleich mit der Rednerliste zur Tagesordnung fortsetzen. Ich sage das deshalb, damit sich Abgeordnete, die dann in der Rednerliste drankommen, nicht darauf verlassen, dass es noch die Kurzdebatte gibt. – Bitte um Kenntnisnahme.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

16.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich will ein paar Anmerkungen zur bisherigen Debatte einbringen und auch einige kleine Fragen an den Herrn Bundesminister richten.

Der Bundesregierung und den Regierungsparteien fällt immer sehr deutlich die Kritik der EU am österreichischen Budgetdefizit auf. Das haben Sie gehört, das haben Sie wahrgenommen. Und Sie haben es zum Anlass genommen, jetzt auch eine millionenschwere Werbekampagne der


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Bundesregierung zu starten. Mit einem kleinen Kindchen wird da geworben: die rosige Zukunft durch Schuldenabbau.

Meine Damen und Herren! Wenn man diese 70 Millionen Schilling für eine Werbekampagne der Regierung umlegt etwa auf die Versorgung von ... (Abg. Mag. Posch: Sie irren sich! Es sind 84 Millionen!) 84 Millionen Schilling – da müsste ich umrechnen. Bei 70 Millionen Schilling kämen Sie nämlich auf 10 000 Menschen, denen Sie einen Heizkostenzuschuss von 7 000 S geben könnten. Ich denke, bei diesen armen, bei diesen bedürftigen Menschen wäre das Geld besser aufgehoben als bei einer Werbekampagne der Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich weiß nicht, ob das der Sozialminister auch so sieht.

Aber wie gesagt, die Budgetkritik der EU haben Sie gehört. Was Sie nicht hören und beharrlich nicht hören wollen, ist, dass die EU genauso heftig, genauso vehement auch Kritik an der allzu großen Kluft zwischen den Geschlechtern beim Einkommen und bei den Pensionen, bei den Renten geübt hat. Der so genannte Gender Gap ist in Österreich erheblich größer als in anderen entwickelten Industriestaaten. Die Schere ist zugegebenermaßen, Herr Bundesminister, schon seit geraumer Zeit aufgegangen. – Kollege Spindelegger nickt. Die ÖVP war, so glaube ich, auch in den vorhergehenden Regierungen vertreten. Also irgendetwas müssen Sie damit zu tun haben – oder Sie haben diese Phase gänzlich vergessen.

Jedenfalls geht diese Schere auf, was unter einer anderen Bundesregierung geschehen ist, nur die Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden, werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – da sind sich SozialexpertInnen aller Couleur einig – dazu führen, dass diese Schere weiter aufgeht. Wenn Sie die bessere finanzielle Absicherung von Frauen im Wesentlichen ausschließlich an den Tatbestand Mutterschaft knüpfen und den Konnex zum Arbeitsmarkt schwächen, indem es nicht mehr um Versicherungssysteme geht und indem noch dazu nach einer Betreuungskarenz kein Recht auf erworbene Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bestehen soll, dann ist völlig klar, was passieren wird: Es ist ein Anreiz da, für längere Zeiten aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden. Und wir wissen alle, und auch Sie als Experte in der Sozialpolitik wissen es, was das bedeutet, nämlich dass der Wiedereinstieg, vor allem der Wiedereinstieg auf gleichem Niveau, nahezu unmöglich sein wird. So eine Politik lehnen wir strikt ab! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen, dass schon heute nur etwa 20 Prozent der Frauen einen gleichwertigen Wiedereinstieg ins Berufsleben schaffen. Wenn dazu nicht einmal mehr der volle Anspruch, und zwar Rechtsanspruch, auf die Leistung der Arbeitslosenversicherung besteht, dann können Sie sicher sein, dass sich diese Quote weiter verschlechtern wird. Dann wird uns die EU wieder kritisieren, aber die Bundesregierung stellt sich bei dieser Kritik, im Gegensatz zur Budgetkritik, absolut taub oder schwerhörig.

Es ist in der vorangegangenen Debatte ein weiterer Aspekt genannt worden. Ich glaube, es war Abgeordneter Kampichler, der gesagt hat: Jene, die es sich leisten können, tragen zur Budgetkonsolidierung bei. (Abg. Haidlmayr: Minimal!) Ich frage: Wer denn? Wie denn? Herr Abgeordneter Kampichler! Wie groß ist denn der Beitrag der – und da verwende ich sehr bewusst nur die männliche Form – Stiftungsmilliardäre zur Budgetkonsolidierung? Zahlen sie so viel – und auch das wäre noch ungerecht – auf die Zinserträge wie die viel gerühmten kleinen Sparerinnen und Sparer? Die zahlen nämlich 25 Prozent auf die Erträge ihrer Sparguthaben. Und wie viel zahlen die Milliardäre? (Abg. Haidlmayr: Nix! – Ruf bei der ÖVP: Dasselbe! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aha, Sie verweisen auf die frühere Regierung, in der Sie von der ÖVP offenbar nicht vertreten waren. Das ist bemerkenswert! Also die Erinnerungslücken werden immer größer. Und vor allem, Herr Abgeordneter Kampichler: Kann das ein Argument sein: Weil sie früher nichts bezahlt haben, brauchen sie jetzt auch nichts zu zahlen? Das erinnert mich an die Argumentation von Präsidenten Prinzhorn gegenüber "NEWS". Er hat gesagt: Ja, da hat man einmal ein Privileg eingeführt, und das kann man doch nicht so hopp oder tropp wieder abschaffen! (Beifall bei den Grünen.)


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Herr Bundesminister! Es würde mich interessieren, wie Sie das sehen. Wenn man so hopp oder tropp die Rechte der FrühpensionistInnen einschränken kann, die Weiterbildungskarenz streichen kann, halten Sie es dann wirklich für gerechtfertigt, dass jene, die in Summe im Jahr zumindest – und das sind niedrige Schätzungen – 40 Milliarden Schilling an Zinserträgen bekommen, nicht einmal so viel in Prozenten zahlen wie die kleinen Sparerinnen und Sparer? Das wären nämlich bei 25 Prozent 10 Milliarden Schilling, und wir könnten uns all diese Maßnahmen ersparen, die Sie damit rechtfertigen, dass Sie sagen, wir müssen halt jetzt die Vergangenheit, die uns die alte Regierung beschert hat, aufarbeiten, irgendwie bewältigen. (Abg. Dolinschek: Genauso ist es!)

Sie hören nicht zu, Herr Abgeordneter Dolinschek! Würde man die Milliardäre, auch Ihren Herrn Prinzhorn, nur so besteuern wie die kleinen Sparerinnen und Sparer, dann hätten wir ein absolutes Nullproblem in dem Land. Und wir von den Grünen sind absolut dafür, dass die ganz, ganz Reichen zumindest so viel zahlen wie die kleinen Leute. Das wäre wohl nur billig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Allerletztes – und das möchte ich den Herrn Bundesminister sehr bewusst im Plenum fragen –: Es betrifft keine Äußerung von ihm, sondern einen Artikel, der über ihn in der Zeitschrift "Zur Zeit" erschienen ist. Aber es ist immerhin ein Bundesrat Ihrer Fraktion, der ein Mitherausgeber dieser Zeitschrift ist. Darin steht nämlich, dass Sie bis vor kurzem Mitglied im Gesamtdeutschen Coburger Convent waren und damit Ihre Verbundenheit nicht nur mit Ihrer Kärntner Heimat zeigten, sondern mit dem gesamten deutschen Volk. Meine Frage aus wohl gegebenem Anlass: Wie stehen Sie persönlich dazu? Orientiert sich Ihre Verbundenheit am deutschen Volk oder am österreichischen? (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Fragen Sie die Frau Stoisits!)

16.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

17.00

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Debatte zum Dringlichen Antrag der SPÖ hat mit einer Märchenstunde begonnen. Frau Kollegin Reitsamer hat sie eingeleitet – und diese hat jetzt mit Frau Kollegin Petrovic geendet.

Frau Kollegin Petrovic! Sie haben gesagt, wenn man in der Einkommenskategorie unseres Präsidenten Prinzhorn einsparte, dann bräuchte man niemanden zu belasten. (Abg. Edlinger: Nein, das hat sie nicht gesagt! Den Prinzhorn hat sie nicht einsparen wollen!) Ich bin ganz Ihrer Meinung. Ich bin auch für eine Verteilung von oben nach unten und nicht für eine von unten nach oben, und genau diese Verteilung von oben nach unten passiert jetzt!

Aber das, was Sie in der Vergangenheit immer gefordert haben, nämlich einen Spritpreis von 35 S pro Liter, erwähnen Sie jetzt nicht. Wenn Sie diesen hohen Preis einführten, dann wären sämtliche "kleine" Arbeiterinnen und Arbeiter, die pendeln müssen, extrem belastet. Dort würden Sie den Hebel ansetzen, wenn Sie in der Bundesregierung wären. Gott behüte Österreich davor! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Die Bundesregierung, die jetzt im Amt ist, hat ein schweres Erbe übernommen. Die vorangegangene Regierung hat 2 000 Milliarden Schilling Schulden angehäuft und uns diese überlassen. (Abg. Edlinger: Das drittreichste Land der Erde haben Sie übernommen!) Alle Österreicherinnen und Österreicher müssen daher jeden Tag mehr als 680 Millionen Schilling an Zinsen und Tilgungen bezahlen. Das sind insgesamt gigantische 250 Milliarden Schilling im Jahr! Alle österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten um etwa 7 000 S netto im Monat mehr verdienen, hätte man nicht 30 Jahre lang eine derart unsoziale und unverantwortliche Politik betrieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Schulden sind der größte Feind von Arbeitsplätzen, und das Unsozialste überhaupt ist es, Schulden zu machen und andere dafür bezahlen zu lassen.


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44. Sitzung / Seite 147

Es ist heute die Kritik aufgekommen, dass die Rezeptgebühr angehoben wird, die Ambulanzgebühren eingeführt werden, es wurde aber nicht gesagt – und so erscheint es auch in den Broschüren, die der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammern österreichweit aussenden –, dass Notfälle von den Ambulanzgebühren ausgenommen sind, dass chronisch Kranke ausgenommen sind, dass jene ausgenommen sind, die von der Rezeptgebühr befreit sind. Diese sind alle ausgenommen. Mit einer Überweisung durch einen praktischen Arzt macht das maximal 150 S pro Quartal und nicht bei jedem Besuch aus, ohne Überweisung 250 S, maximal 1 000 S jährlich. Wen trifft es also? – Den Armen sicherlich nicht.

Hinsichtlich Rezeptgebühren, sehr geehrte Damen und Herren, kann ich mich daran erinnern, dass Sie, als Sie in der Regierung waren und die Verantwortung in Österreich getragen haben, die Rezeptgebühren dreimal erhöht haben, nämlich 1996 von 35 auf 42 S, 1998 von 42 auf 43 S und 1999 von 43 auf 44 S. – Das ist Tatsache! (Abg. Reitsamer: Und Sie um 22 Prozent innerhalb von neun Monaten! Soziale Treffsicherheit!) Jetzt ist diese Gebühr noch einmal angehoben worden, da gebe ich Ihnen schon Recht – mir wäre es auch lieber, wenn das nicht hätte passieren müssen –, aber man hat zur selben Zeit auch Verhandlungen mit der Pharmaindustrie geführt, und zwar dahin gehend, dass es andere Packungsgrößen geben soll, wodurch man ebenfalls einsparen kann. Das müssten Sie auch einmal erwähnen, Frau Kollegin Reitsamer!

Was von der SPÖ geführten Bundesregierung seit 1996 alles erhöht wurde, das sage ich Ihnen jetzt: die Lohn- und Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer wurde erhöht, die Kapitalertragsteuer wurde von Ihnen erhöht, die Tabaksteuer wurde von Ihnen erhöht, die Umsatzsteuer und die Versicherungssteuer ebenfalls. Die Höchstbeitragsgrundlage zur Sozialversicherung, die Normverbrauchsabgabe, eine Energieabgabe auf Strom und auf Gas und ebenfalls die Stempelmarkengebühren wurden von Ihnen erhöht.

Und was wurde von Ihnen gekürzt? – Da kommt auch einiges zusammen: Das Karenzgeld, und zwar Dauer und Höhe, wurde gekürzt, das Pflegegeld wurde gekürzt, beim Bausparen wurden Einschnitte vorgenommen, der Allgemeine Absetzbetrag wurde gekürzt, die Absetzbarkeit von Sonderausgaben, die Steuerfreiheit von Überstunden, das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld wurden von Ihnen gekürzt, und überhaupt gestrichen von der SPÖ-Regierung wurden die Geburtenbeihilfe, die Studentenfreifahrt, die Schüler- und die Lehrlingsfreifahrt.

Die Kritik seitens der SPÖ am Schuldenabbau mit den moderaten Maßnahmen durch die jetzige Bundesregierung stellt eigentlich die Glaubwürdigkeit Ihrer Fraktion in Frage.

Ich darf jetzt noch kurz etwas zur Hebung der sozialen Treffsicherheit sagen. Ich höre von Ihnen immer wieder: "hartherzige Politik", "Handschrift der sozialen Härte", "Kahlschlag im Sozialsystem". – Unser Ziel ist es, herauszufinden, wo im Sozialsystem Unterversorgung beziehungsweise Überversorgung besteht und auch jene Themen in der sozialpolitischen Diskussion, die in den letzten Jahren häufig nur plakativ angesprochen wurden, auf eine rationale Grundlage zu stellen. Das heißt: Hilfe für jene, die sie brauchen, und nicht für jene, die sie unbedingt wollen!

Die Armutsbekämpfung und die Existenzsicherung durch die Vernetzung und die Koordinierung bestehender Sozialleistungen in Bund, Ländern und Gemeinden sind unser Ziel. Der Heizkostenzuschuss etwa wurde angesprochen. Es gibt in verschiedenen Bundesländern einen Heizkostenzuschuss. Kollegin Bures übt hier Kritik – wahrscheinlich weil das Bundesland Wien keinen Heizkostenzuschuss gewährt –, weil der Bund den Heizkostenzuschuss in den einzelnen Ländern verdoppelt. Das ist allerdings ein Versäumnis des Bundeslandes Wien, und die Mehrheitsfraktion in diesem Bundesland, Frau Kollegin, ist Ihre Fraktion. Die Sozialdemokraten haben es in Wien verabsäumt, den Bürgern einen Heizkostenzuschuss zu gewähren.

Der Bund verdoppelt die Zuschüsse, aber Sie sind säumig: Führen Sie eine derartige Regelung auch in Wien ein! Soziale Härten werden durch solche Begleitmaßnahmen der Bundesregierung abgefedert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


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44. Sitzung / Seite 148

17.07

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon sonderbar, dass man sich dafür, dass man die Finanzen in den Griff bekommen möchte, dass man sie ordnet, dass man aufhört, die Zukunft zu "verbrauchen", und anfängt, die Zukunft zu gestalten, auch noch rechtfertigen muss. Ich verstehe das nicht.

Wir haben heute Vormittag ein Thema diskutiert, bei dem alle, die unser Ziel nicht verfolgen, hätten erkennen müssen, wohin dieser liederliche Weg führt: ins Verderben! Die Diskussion heute Vormittag war Ihnen auch nicht angenehm; das hat man gemerkt. Das kann auch nicht der Weg sein, und diesen Weg gehen wir nicht. Auch Sie sagen: Jawohl, es soll Veränderungen geben, aber nicht jetzt, sondern erst in zwei, drei, vier Jahren.

Der Herr Bundeskanzler hat es heute schon gesagt: Wir wollen die Gunst der Stunde nutzen und beginnen jetzt damit, die Dinge sorgfältig und korrekt umzusetzen. Wie schon Minister Haupt in seiner Beantwortung richtig gesagt hat, war es in den Jahren 1969, 1970 natürlich leichter, Sozialminister zu sein. Damals waren die Staatsfinanzen in Ordnung. Heute ist das besonders schwierig, weil wir – wer auch immer, ich weise keine Schuld zu – gerade für diesen Bereich mehr Geld ausgegeben haben, als wir ausgeben sollten und uns leisten konnten. Und diese Linie kann nicht fortgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie glauben, in der Vergangenheit alles richtig gemacht zu haben, dann frage ich Sie, warum der Sozialbericht des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen – früher hieß es anders, wie Sie wissen – ausweist, dass heute in Österreich 900 000 Menschen leben, die extrem einkommensschwach sind. Das ist doch bitte ein Faktum. (Abg. Sophie Bauer: Sie waren in der Regierung dabei!) Da kann man doch nicht sagen: Es war alles okay, es war alles in Ordnung!

In dem Bericht ist genau aufgelistet, wer das ist: die Familien, die Alleinerzieher, die Arbeitslosen, die kleinen Gewerbetreibenden, die kleinen Bauern. Das steht alles drin. Lesen Sie das doch bitte einmal und orientieren Sie sich danach!

Die Pensionsanpassung war immer ein Thema, und ist es auch heute. Wenn Sie heute in Ihrem Dringlichen Antrag schreiben, dass diese Regierung nichts anderes macht, als diese Gruppe mit den niedrigen Einkommen zu belasten, dann darf ich Sie schon an Folgendes erinnern: Die Steuerreform, die wir gemeinsam gemacht haben, hat gerade für den unteren und mittleren Einkommensbereich enorme Vorteile geschaffen. Da können Sie uns doch jetzt, da wir das umsetzen, nicht plötzlich vorwerfen, dass das unrichtig ist. Das, bitte, nehmen wir so nicht zur Kenntnis!

Ich darf Ihnen kurz vortragen: In den Jahren 1980, 1981, 1982 waren Sie allein in der Regierung. In all diesen Jahren haben Sie die Pensionen weniger stark angepasst, um weniger, als die VPI-Steigerung ausmachte. Genauso im Jahre 1988. Wir haben 1997 als Koalition gemeinsam eine Nullanpassung beschlossen – in einem Jahr, als der Verbraucherpreisindex 1,3 Prozent ausmachte. Damals war das alles in Ordnung. Und wenn wir heute eine sehr soziale, eine sehr korrekte Anpassung durchführen – sehr korrekt, indem wir sagen: 0,8 Prozent für alle und bei den "Kleinen" plus 1,7 Prozent –, dann ist das eine gute Sache, zu der wir ja sagen und zu der wir auch stehen! Und diese Sache verdient es nicht, so kritisiert zu werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie vom Pensionsantrittsalter oder von den Kürzungen in der Pensionsberechnung sprechen, dann ist zu sagen: Die Kürzung in der Berechnung ist mit Ihnen in der Reform 1997 beschlossen worden, und was das Antrittsalter anlangt, so haben auch Sie in den Koalitionsverhandlungen mit uns eine Hinaufsetzung vorgeschlagen, und zwar nicht um 18 Monate, wie wir sie jetzt umsetzen, sondern um 24 Monate. Wir haben diesbezüglich also sogar eine bessere Regelung geschafft. Wir werden dieses Thema im Interesse der Sicherung der Leistungen für die Zukunft auch weiterhin sorgfältig behandeln, weil wir uns dem Bürger gegenüber im Höchstmaße verpflichtet sehen.


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Es wurde heute auch gesagt, dass es Kürzungen bei der Hinterbliebenenpension gibt. – Bitte, schauen Sie sich doch die Regelung an! Für die Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen sind auch in Zukunft die Hinterbliebenenleistungen gesichert. Für die Übrigen haben auch wir in der Reform 1997 ab einer gewissen Höhe der Pension einen Kürzungsfaktor von bis zu 40 Prozent beschlossen. Das ist jetzt nur noch weiter ausgebaut worden, und zwar im Interesse vieler Bürger und vor allem der jungen und der arbeitenden Gruppe.

Ich glaube, dass wir mit all diesen Maßnahmen gut liegen. Schlecht liegen Sie, wenn Sie uns hier vorhalten, wir sollten bei den Heizkosten mehr tun, und dort, wo Sie die Verantwortung tragen, nichts getan wird. Das ist das Problem. Dort muss Ordnung gemacht werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde Sie daher bitten: Begleiten Sie uns auf diesem Weg, mit dem wir – wie ich schon sagte – aufgehört haben, die Zukunft zu "verbrauchen", und begonnen haben, die Zukunft sinnvoll zu gestalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte. (Abg. Nürnberger begibt sich mit zwei zusammengebundenen Papierstößen zum Rednerpult. – Abg. Haigermoser: Vorsicht auf die Bandscheiben, Herr Kollege!)

17.12

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister Bartenstein! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister Haupt, ich habe Ihnen im Juli von dieser Stelle aus auf Grund von Wortmeldungen in einer wenige Tage zuvor stattgefundenen Sitzung des Sozialausschusses soziales Gewissen attestiert. Ich habe Ihnen in der letzen Sozialausschusssitzung vor wenigen Tagen ebenfalls soziale Gesinnung und soziales Gewissen attestiert. Herr Bundesminister! Ihre Handlungen, die Sie bisher als Minister gesetzt haben, veranlassen mich, zuzugeben, dass ich mich geirrt habe und meine Meinung revidieren muss. Wahrscheinlich haben Sie bei der Angelobung beim Herrn Bundespräsidenten in der Garderobe Ihr soziales Gewissen hängen lassen, Herr Bundesminister! Ich werde Ihnen den Beweis dafür erbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Pensionsanpassung. – Vorweg halte ich fest, dass meine Behauptung, die ich im Rahmen einer tatsächlichen Berichtigung vorgebracht habe, stimmt. Ihre Taktik, Ihre Tricks, die Sie angewandt haben, habe ich bereits im Jahr 1977 – da habe ich das erste Mal für die Metaller lohnverhandelt – angewandt, indem ich mir aus einer Statistik das herausgesucht habe, was mir genehm war.

Ich habe gesagt, in einem Zeitraum von zehn Jahren – 1989 bis 1999 – gibt es eine Reallohnsteigerung von 3,2 Prozent. – Herr Bundesminister! Ich bin gerne bereit, Ihnen einen Taschenrechner zur Verfügung zu stellen, damit Sie das nachrechnen können. (Abg. Mag. Firlinger: Den braucht er nicht!)  – Aber Kopfrechnen kann er nicht, sonst könnte er nicht auf diese Zahl kommen.

Aber nun sei Ihnen in Erinnerung gerufen, Herr Bundesminister, was Sie – das ist gar nicht so lange her – am 19. November 1999, etwa vor einem Jahr, gesagt haben.

Haupt: "SPÖ- und ÖVP-Seniorenobleute verraten das eigene Klientel." "Als Verrat am eigenen Klientel bezeichnete heute der freiheitliche Sozialsprecher Mag. Herbert Haupt die Beschönigungsversuche von Blecha und Knafl, die minimale Erhöhung der Pensionen als Erfolg zu verkaufen. Sämtliche bereits in der Herbstlohnrunde erzielten Lohnabschlüsse von den Metallern bis zum Handel und Gewerbe waren mit bis zu 2,4 Prozent um ein Vielfaches höher, und ob den Pensionisten und vor allem den Kleinstrentnern nur ein Drittel davon zusteht, mag jeder für sich selbst beurteilen." – Zitatende.

Herr Bundesminister! Ich würde Ihnen vorschlagen, wenn Sie schon im Jahr 1999 die Metaller als Vorbild genommen haben, dann tun Sie das heuer auch wieder! Wir haben für die Industrie


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3,4 Prozent abgeschlossen. Aber ich habe Verständnis dafür, dass Ihnen das vielleicht zu hoch ist. Nehmen Sie halt den Abschluss des Metallgewerbes mit 2,7 Prozent, und der Applaus jedes einzelnen Pensionisten in diesem Land ist Ihnen sicher, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte fest, dass diese Pensionserhöhung der größte Pensionsraub seit Bestehen der Zweiten Republik ist. Herr Abgeordneter Gaugg hat hier gesagt und sich gerühmt, dass die FPÖ im Burgenland 4000 Unterschriften gesammelt hat. Dazu sage ich Ihnen, Herr Bundesminister, diese 4 000 Unterschriften können Sie in der Aktentasche wegtragen, aber ich würde Ihnen empfehlen, sich einen großen Einkaufswagen zu besorgen, denn Sie bekommen von uns noch einmal ein paar Tausend. (Beifall bei der SPÖ. – Der Redner überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Haupt die beiden mitgebrachten verschnürten Papierstöße.)

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde ich Sie wirklich bitten, sehr genau zuzuhören, was ich jetzt sage. Es hat nämlich – und ich habe sehr genau zugehört – Herr Abgeordneter Bruckmann während seiner Rede – wie mir in Erinnerung ist, haben Sie ja die Frau Generalsekretärin Rauch-Kallat in einem Vorzugsstimmenwahlkampf hinausgeboxt, in dem sie vorwiegend um die Stimmen der älteren Menschen geworben und diese auch bekommen haben – um 15.42 Uhr hier von diesem Pult aus – und das ist untergegangen, aber ich habe das genau registriert, ich habe mitgeschrieben – gesagt: Jeden Schilling, den ein Pensionist bekommt, muss man einem Aktiven aus der Tasche ziehen. Das, sehr geehrter Herr Bruckmann, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die größte Beleidigung aller Pensionisten unseres Landes, die hier je geschehen ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Er löscht die Tatsache, dass die heutigen Pensionisten 30, 35, 40, 45 Lebensjahre lang gearbeitet haben und für ihr eigenes Sozialsystem Beiträge geleistet haben, einfach aus, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Es stünde Ihnen gut an, Herr Bruckmann, wenn Sie hier herauskämen und sich bei den Pensionisten für diese Aussage entschuldigten! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zum Sozialausschuss im Juli. Darauf habe ich mich nämlich gestützt, Herr Minister, als ich Ihnen soziales Gewissen unterstellt habe. Sie sind nämlich damals vis-à-vis von mir gesessen und haben gesagt: Geben Sie Ruhe! Die Ambulanzgebühr für die Kinder kommt ja sowieso nicht. – Mittlerweile steht sie im Gesetz.

Ein paar Sätze noch zu den Ambulanzgebühren. Völlig unverständlich ist ja, warum man, wenn man einen Überweisungsschein hat, 150 S bezahlen muss, und wenn man ihn nicht hat, 250 S. Was steckt denn dahinter? Wir alle miteinander wissen, dass die Krankenkassen Finanzprobleme haben. Und mit dieser Maßnahme zwingen Sie zum Beispiel die Pensionisten dazu, dass sie sich, bevor sie ins Ambulatorium gehen, einen Krankenschein holen, zum praktischen Arzt gehen und sich dort eine Überweisung geben lassen. Natürlich verrechnet der praktische Arzt das Fallpauschale, weil er nur den Überweisungsschein ausgestellt hat. Sie sorgen also wieder dafür – Umverteilung! –, dass, wenn sich der Pensionist die 100 S bei der Ambulanzgebühr ersparen will, die Ärzte das Fallpauschale als Honorar bekommen.

Weil Sie das in Ihrer Beantwortung so heruntergespielt haben, sage ich Ihnen, dass es 5 Millionen Ambulanzfälle im Jahr gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Umverteilung, die sie betreiben, weg von den Ambulatorien – den Ärmsten der Ärmsten macht man es teuer – hin zu den frei praktizierenden Ärzten.

Vielleicht können Sie uns auch Antwort darauf geben, warum denn eigentlich die privaten Ambulatorien ausgenommen sind, Herr Bundesminister? Können Sie sich auch gegen Ihren Staatssekretär nicht durchsetzen, der eines der größten privaten Ambulatorien hat? Nur, wenn man zum Herrn Waneck geht, braucht man keine Ambulanzgebühren zu bezahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Noch ein Beispiel: Ich bin schon sehr oft sehr hämisch mit Zurufen bedacht worden, das stimme alles nicht, was ich gesagt habe. Als ich gesagt habe, dass die Angleichung der Arbeiter an die


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Angestellten den Arbeitgebern ein Körberlgeld bringt, ist immer geschrien worden: Das stimmt nicht! Nun darf ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich muss mir leider auch schon eine Brille aufsetzen, weil es verschämt kleingeschrieben ist –, aus einer Broschüre zitieren, und zwar nicht aus einer Broschüre der Kammern oder des Gewerkschaftsbundes, sondern aus einer offiziellen Broschüre der Bundeswirtschaftskammer, wofür Sie, Herr Generalsekretär-Stellvertreter Mitterlehner, zuständig sind; aus einer offiziellen Broschüre, die die Bundeswirtschaftskammer an alle Unternehmen in diesem Lande gesandt hat:

"Urlaubsaliquotierung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Entlastung für Arbeitgeber: 1,8 Milliarden Schilling." (Abg. Silhavy: Das ist ein Skandal!) Weiters steht dort: "Achtung: Betriebsvereinbarungen, die diese Verbesserungen wieder aufheben, sollen vermieden werden." Das heißt also, mit dem Betriebsrat soll über keine Verbesserung gesprochen werden.

Weiters heißt es: Entlastung des Arbeitgebers durch Senkung des Krankenversicherungsbeitrages für Arbeiter um 0,3 Prozent. "Entlastung für die Arbeitgeber: 1 Milliarde Schilling." – Hören Sie zu, was noch darin steht: "Diese für die Arbeitgeber sehr wichtige Ausgleichsmaßnahme war im Regierungsübereinkommen nicht vorgesehen und konnte auf Betreiben der Wirtschaftskammer durchgesetzt werden." – Wo war denn da der liebe Herr Gaugg? – Über den Tisch seid ihr gezogen worden, meine sehr geehrten Gewerkschafter von der Freiheitlichen Gewerkschaft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Reitsamer: Bravo!)

Nun komme ich zu einem Schmankerl, meine sehr geehrten Damen und Herren, das die soziale Gesinnung der Wirtschaftskammer zeigt. Die 14 Tage Wartefrist bei der Entgeltfortzahlung werden aufgehoben. Es wird empfohlen: Macht einmal einen Monat Probezeit, und wenn jemand am fünften oder zehnten Tag krank wird, dann schmeißt ihn raus, dann braucht ihr ihn nicht zu bezahlen. – Auch das ist in der Broschüre nachzulesen.

Das ist die soziale Gesinnung eines Herrn Mitterlehner, der Bundeswirtschaftskammer. Und vieler Unternehmer in diesem Lande sage ich zur Ehrenrettung, dass sich nicht alle an diese Vorschläge halten, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich komme zum Schluss und darf Folgendes sagen: Herr Bundesminister Haupt! Sie haben die Bezeichnung "Susi und Strolchi" zurückgewiesen. Diese Bezeichnung hat nicht Frau Annemarie Reitsamer erfunden, sondern das war Ihr "einfaches Parteimitglied" aus dem Bärental, Jörg Haider heißt er, der dem geschätzten Herrn Bundeskanzler diesen Spitznamen gegeben hat. (Abg. Reitsamer: So ist es!) Ich sage: "Susi" und "Wolferl" haben der Bevölkerung wirklich Märchen erzählt, denn wir haben die größte Umverteilung. Die Arbeitnehmer, die Pensionisten, die Rentner zahlen in den nächsten drei Jahren rund 124 Milliarden Schilling an Steuerleistungen mehr.

Sie sagen immer, dass zwei Drittel der Menschen davon nicht betroffen seien. In diesem Zusammenhang könnte ich Ihnen einen Fragebogen geben: Es sind 39 Maßnahmen, und ich halte jede Wette, dass jede einzelne Bürgerin oder jeder einzelne Bürger in diesem Land zumindest von einem halben oder einem Dutzend dieser Maßnahmen betroffen ist.

Es ist dies keine soziale Treffsicherheit, sondern es ist dies die größte Treffsicherheit für den größten Sozialabbau seit Bestehen der Zweiten Republik und die größte gesellschaftspolitische Umverteilung – aber nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Sie werden die Rechnung von den Menschen präsentiert bekommen, denn für dumm dürfen "Susi" und "Wolferl" die Menschen nicht verkaufen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

17.23

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Nürnberger hat hier einige Fragen aufgeworfen, die ich aus meiner Sicht nicht so im Raum stehen lassen kann.


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Sehr geehrter Kollege Nürnberger! Sie haben im Zusammenhang mit meinen seinerzeitigen Aussagen zur Pensionsanpassung und der nunmehr erfolgten Pensionsanpassung, so wie sie die Bundesregierung geplant hat, gemeint , das wäre der größte soziale Raub in der Geschichte der Zweiten Republik. – Ich darf Sie korrigieren, Herr Kollege Nürnberger, und sagen, dass es kein Raub ist, sondern dass mit 0,8 Prozent und 0,7 Prozent, das heißt also mit 1,5 Prozent, genau die Inflationsrate von Juni 1998 bis Juni 1999 in entsprechender Form abgegolten wird, so wie es auch das Nettopensionsanpassungssystem, das Sie während Ihrer Regierungszeit eingeführt haben, gesetzlich vorschreibt.

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Ich darf Sie des Weiteren darauf hinweisen, dass in der Zeit, in der die Sozialdemokratie allein in der Verantwortung war, insbesondere im Jahre 1981 der Nettokaufkraftverlust der österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten mit minus 1,6 Prozent der höchste in der Zweiten Republik war – zumindest nach den mir vorliegenden Zahlen, die bis in das Jahr 1965 zurückreichen.

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Ich möchte Sie dringend ersuchen, diese Ihre Aussagen zu korrigieren. Tatsächlich ist es so, dass während der sozialdemokratischen Alleinregierung die Pensionisten am schlechtesten abgeschnitten haben. Gerade diese Bundesregierung sieht für die unteren Einkommen für die Jahre 1998/99 eine genaue Inflationsanpassung nach dem Nettoanpassungssystem vor.

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Sie haben weiters die Ambulanzgebühren angeführt. Ich darf Sie korrigieren: Bei den Ambulanzgebühren habe ich Ihnen schon klar nachweisen können, dass die vom Hauptverband geforderte und verlangte Anpassung in der Höhe von 0,2 Prozent für einen Einkommensbezieher mit 10 000 S eine Schlechterstellung in der Höhe von 40 S pro Jahr bedeutet.

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Ich darf Sie weiters korrigieren, dass mehr als 50 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger, die die Ambulanzen aufsuchen werden, von den Ambulanzgebühren befreit sein werden. (Abg. Nürnberger: Das stimmt nicht, was Sie sagen!) Herr Kollege Nürnberger! Sie als Funktionär der Wiener Gebietskrankenkasse wissen auch ganz genau, dass die Ambulanzen des AKH allein einen Zuschussbedarf in der Höhe von 3,5 Milliarden Schilling haben. Die Ersatzraten der Wiener Gebietskrankenkasse machten im Jahre 1997 966 Millionen Schilling aus. Insgesamt wurde ein Zuschussbedarf von mehr als 2 Milliarden Schilling pro Jahr verursacht. Es ist daher nur recht und billig, wenn auf Grund der Ambulanzgebühren auch ein Umlenkungseffekt im niedergelassenen Bereich erreicht wird.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass im niedergelassenen Bereich mit der Krankenscheingebühr die Versicherten nach wie vor einen Anspruch auf dreimonatige Leistungen ohne sämtliche Gebühren haben. Es ist der Wille der Bundesregierung, die Belastungen im Sozial- und Gesundheitssystem so zu verlagern, dass sich dort, wo bei gleicher Leistung und gleicher Qualität die Leistung erbracht werden kann, die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft hinwenden können, damit innerhalb der Sozialversicherungssysteme endlich jene Gelder frei werden, um notwendige Pflichtleistungen von der Sozialversicherung abdecken zu können. (Abg. Bures: Die Kranken zahlen! Vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer!)

Ich habe die Pflichtleistung, die aus meiner Sicht zu erbringen ist, nämlich die Psychosomatik erwähnt. Ich glaube, sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger, dass es unbestritten ist, dass diese Leistungen endlich auch auf Krankenschein eingeführt werden sollen, vor allem angesichts dessen, dass sich auf Grund der Gebühren in der Höhe von 1 500 S bis 1 800 S pro Betreuungsstunde nur die Finanzstärksten in diesem Land eine psychosomatische Therapie leisten können. Mit Sicherheit können dies nicht die Finanzschwachen und mit Sicherheit auch nicht die niedrigen Einkommensbezieher.

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Ich darf Sie des Weiteren darauf aufmerksam machen, dass sich die Frauenbeschäftigungsquote von 1994 bis 1999, also in der Zeit, in der wir noch nicht in der Regierung waren, klar und deutlich negativ entwickelt hat. Ich darf Ihnen die Statistik Österreichs, also Ihre eigenen Berechnungen, vorhalten. Sie sehen diese erschreckenden


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Zahlen. Ich gehe davon aus, dass die Maßnahmen dieser Bundesregierung am Ende dieser Legislaturperiode hoffentlich eine Trendumkehr für die Frauen bringen werden.

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! In dieser Diskussion wurde behauptet, dass die Sozialversicherungen und die Belastungen der Pensionsversicherung dieser Bundesregierung ausschließlich zur Budgetkorrektur in diesem und im folgenden Jahr erfolgt sind. Ich darf Sie auf Folgendes aufmerksam machen, Herr Kollege Nürnberger: Hier sind die offiziellen Zahlen, die ich Ihnen und Kollegen Öllinger in Vertretung des Kollegen Van der Bellen auf die Anfrage 149/JBA übermittelt habe.

Die Zuschüsse des Bundes werden sich für die PVA der Arbeiter im Jahre 2001 von 20 141,4 Millionen bis 2005 auf 33 985,5 Millionen erhöhen. In der Sozialversicherung der Bauern werden sich die Zuschüsse von 13 699,6 auf 15 819 Millionen erhöhen. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft: von 13 578 auf 16 919,1 Millionen; bei der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues: von 1 588,2 auf 2 611,7 Millionen; bei der PVA der Angestellten: von 10 535,5 Millionen auf 22 264,7 Millionen. – Das ist eine Zunahme von mehr als 100 Prozent innerhalb dieser fünf Jahre. Bei der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen wird sich die Summe von 599,2 auf 1 105,2 Millionen erhöhen. – Das ist eine Zunahme von 103 Prozent in diesen fünf Jahren.

Diese Bundesregierung ist gut beraten, heute schon Vorsorge, budgetäre Vorkehrungen für die Jahre 2003, 2004 und 2005 zu treffen. Und dazu gehört der Sparkurs dieser Bundesregierung, nämlich zur Absicherung der Pensionen sowohl im Bereich der unselbständig Tätigen als auch im Bereich der selbständig Tätigen.

Es muss leider gesagt werden, dass Sie auf Grund Ihrer Regierungsgestion, auf Grund des Sparkurses, den Sie leider nicht gefahren sind, auf Grund der Verzögerung der Pensionsreform 1997 und auf Grund der Nichteinhaltung der Vorschläge Ihres eigenen Experten Rürup, der sich erst gestern wieder mit seinen Expertisen zu Wort gemeldet hat, diese Malaise der österreichischen Pensionsversicherung verursacht haben und es nicht diese Bundesregierung war.

Wir sind angetreten, um Ihre Fehler auszugleichen und das soziale System in Österreich stabil zu halten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.)

17.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

17.30

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute wurde bezüglich des Pflegegeldes schon sehr oft beteuert, dass man es so gern erhöhen möchte, wenn man nur könnte.

Herr Sozialminister Haupt! Ihre Ankündigungen, Sie würden gerne, wenn Sie nur könnten, nehmen Ihnen die behinderten Menschen in Österreich nicht mehr ab. Sie könnten, wenn Sie wollten, aber Sie wollen ganz einfach nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Kollegin Petrovic hat Ihnen, so glaube ich, sehr deutlich vor Augen geführt, wie einfach es gewesen wäre, diese brutalen Einsparungen, die Sie jetzt planen, die Nichtvalorisierung, den Taschengeldraub et cetera, wieder zurückzunehmen, indem man die Stiftungserträge besteuert. Aber davon wollen Sie nichts hören. Also bitte erzählen Sie niemandem mehr in unserem Land, Sie können nicht. – Sie wollen nicht, weil Sie ganz einfach jene, die reich sind in Österreich, keinesfalls zur Kasse bitten wollen. Ob die Armen, die wenig oder gar nichts haben, etwas bekommen oder nicht, ist für Sie kein Thema, Hauptsache, den Reichen wird nichts genommen. (Beifall bei den Grünen.)


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Ich erlaube mir deshalb wieder einmal folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Erhöhung der Treffsicherheit des Bundespflegegeldgesetzes

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 31.12.2000 eine Regierungsvorlage eines Bundespflegegeldgesetzes folgenden Inhalts vorzulegen:

1. Das Bundespflegegeld wird mit Wirkung vom 1. Jänner 2001 und in der Folge jährlich in der Höhe der Pensionsanpassung valorisiert. – Herr Minister! Das ist überfällig, und das ist finanziell locker enthalten.

2. Das Bundespflegegeldgesetz gebührt bei Vorliegen der Voraussetzung bereits vor dem 3. Lebensjahr. – Herr Minister! Damit haben wir auch einen Wunsch, den Sie seit Jahren geäußert haben, in unserem Entschließungsantrag verpackt.

3. Das Taschengeld bei Spital- oder Heimaufenthalt wird wieder auf die ursprüngliche Höhe von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 erhöht.

*****

Herr Minister! Auch das ist eine jahrelange Forderung von Ihnen und Ihrer Partei. Sie können heute beweisen, ob Sie noch dazu stehen oder ob Sie sich schon längst davon verabschiedet haben.

Herr Minister! Sie haben auch davon gesprochen, dass die Einsparungen und die Art und Weise, wie Sie diese so genannte Behindertenmilliarde lukrieren, die ungeteilte Zustimmung der behinderten Menschen in Österreich findet. Sie alle haben anscheinend noch nie gelesen, wie sich die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation mehrmals in Presseaussendungen und bei persönlichen Besuchen bei Ihnen zu diesem Thema geäußert hat. Herr Minister! Es wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass der Präsident der ÖAR Ihr Experte beim Hearing zum Budgetbegleitgesetz war und er in seiner Wortmeldung alles andere als eine Zustimmung kundgetan hat. Sagen Sie nicht, die Behindertenverbände seien damit einverstanden. Sie sind es selbstverständlich nicht, weil niemand von den behinderten Menschen einsieht, dass Sie auf der einen Seite einer Gruppe von behinderten Menschen etwas wegnehmen, um es auf der anderen Seite einer anderen Gruppe im verminderten Ausmaß wieder zu geben. (Beifall bei den Grünen.)

Das hat nicht die Zustimmung der behinderten Menschen. Merken Sie sich das! Das ist die Wahrheit.

Ich möchte jetzt noch auf den ersten Teil Ihrer Ausführungen eingehen, in dem Sie davon gesprochen haben, dass die Arbeitslosenrate bei den behinderten Menschen zurückgegangen sei.

Herr Minister! Sie werden doch nicht glauben, dass dieser Rückgang der Arbeitslosenrate, sofern er tatsächlich zahlenmäßig stattgefunden hat, auf Ihre Regierungsbeteiligung zurückzuführen ist. Das ist doch lachhaft. Der Rückgang der Zahl der arbeitslosen behinderten Menschen ist ausschließlich darauf zurückzuführen, dass in einigen Bundesländern wieder Plätze in geschützten Werkstätten und Beschäftigungstherapien geschaffen worden sind, die aber den behinderten Menschen, die dort arbeiten müssen, keinerlei sozialversicherungsrechtliche Absicherung bieten. Das heißt, dass sie für ihre Tätigkeit zwischen 72 S und 300 S pro Monat bekommen und weder pensionsversichert noch krankenversichert noch arbeitslosenversichert sind. Dorthin sind die behinderten Menschen, die vorher am Arbeitsmarkt um Arbeit angesucht haben, verschwunden. Jetzt verrichten sie eine Tätigkeit, für die sie nichts mehr bekommen und für die sie auch keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung haben.


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Noch eines, Herr Minister: Es wurde auch heute von Herrn Kampichler immer wieder darauf hingewiesen, was denn nicht alles getan werde und was denn nicht alles vom Mazal-Bericht umgesetzt wurde. – Ich erinnere Sie: Schlagen Sie Seite 49 auf und lesen Sie ganz genau, was da steht. Auf Seite 49 steht zur Pflegesicherung – ich will es jetzt nur verkürzt sagen –, dass diese Valorisierung längst überfällig ist, dass man in dieser Arbeitsgruppe von einer Einmalzahlung Abstand nimmt und dass man auch von der sozialen Staffelung abgeht. Aber insbesondere wird betont, dass schon längst eine Valorisierung hätte stattfinden müssen.

Herr Kampichler! Das steht in diesem Papier, und das ist es auch, was Sie – nur so nebenbei gesagt – nicht umgesetzt haben.

Ich könnte noch einen Punkt nennen, bei dem Sie Geld lukrieren könnten. – Herr Minister! Die Bundesregierung hat gestern ein neues Plakat vorgestellt. Dieses Plakat kostet 70 Millionen Schilling. Wissen Sie, was 70 Millionen Schilling bedeuten? – Das wäre das Pflegegeld für 3 000 behinderte Menschen in Österreich im Jahr. Das machen diese 70 Millionen Schilling aus. Ich glaube, Sie täten gut daran, von Ihren Werbungen Abstand zu nehmen und statt dessen die Valorisierung zu forcieren und die Pflegegelder entsprechend anzuheben. 3 000 Menschen haben Sie nur mit diesem einen Plakat um ihr Pflegegeld gebracht. Dafür brauchen Sie sich nicht zu rühmen, dafür sollten Sie sich schämen. (Beifall bei den Grünen.)

17.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

17.38

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte nur zum zweiten Mal feststellen, dass ich nur im Zusammenhang mit einer einzigen Maßnahme dieser Bundesregierung davon gesprochen habe, dass sie die ungeteilte Unterstützung der Behindertenverbände hat. Das betrifft die Grundintention der "Behindertenmilliarde" und das Umsetzungsziel, mit dieser Behindertenmilliarde Menschen mit Behinderungen in die primäre Arbeitswelt zu bringen und dort auch langfristig zu implementieren.

Sehr geehrte Frau Kollegin Haidlmayr! Es ist mir selbstverständlich bewusst, dass die Zahlen, die derzeit im Jahresabstand zu finden sind und die erfreulicherweise einen Rückgang der Zahl der behinderten Menschen, die ohne Arbeit sind, darstellen, mit einer gehörigen Portion Mitarbeit der Länder und der Gemeinden, aber auch der österreichischen Wirtschaft erreicht worden sind. Aber ich darf auch, so wie alle anderen Vertreter der Bundesregierungen vor mir, darauf hinweisen, dass in der Zeit, in der wir Regierungsverantwortung gehabt haben, also in neun Monaten des Jahres 2000, dieser Zustand erreicht worden und keine Verschlechterung eingetreten ist. Die Befriedigung darüber werden Sie mir hoffentlich noch glauben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe mich zum Abschluss dieser Debatte noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich mich bedanken und ganz klar aufzeigen möchte, dass die Sozialpolitik bei dieser Bundesregierung, bei dieser Regierungskoalition und vor allem bei Bundesminister Mag. Herbert Haupt in guten Händen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das ist peinlich!)

Ihr Dringlicher Antrag, den man umschreiben könnte mit: Alles soll so bleiben, wie es ist, nur ein bisschen mehr gibt es für jeden, wir brauchen uns eh keine Gedanken zu machen, wer es


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bezahlt! hat sich von selbst gerichtet (Abg. Edlinger: Das ist peinlich, was du sagst!), sei es bei den Pensionen, hinsichtlich derer Seniorensprecher Professor Bruckmann das Funktionieren des Umlageverfahrens, auch für schlichtere Gemüter verständlich, erklärt hat (Beifall bei der ÖVP)  – übrigens habe ich mit Interesse vermerkt, dass sich hier einige Leute vom Umlageverfahren distanziert haben –, sei es beim Heizkostenzuschuss, wobei diese Bundesregierung schneller und zielgerichteter gehandelt hat, und zwar schon gehandelt hat, noch ehe Sie überhaupt draufgekommen sind, dass die Preise gestiegen sind. (Zwischenruf der Abg. Bures. )

Meine Damen und Herren! Bundesminister Haupt hat sachlich kompetent und überzeugend Regierungsarbeit und Sozialpolitik in allen Punkten dargelegt. Da ist es kein Wunder, wenn Sie Ihren Antrag von braven Administratoren – das gebe ich zu – der sozialen Verwaltung hier eher lieblos und ohne viel Unterstützung darlegen lassen. Da wundert es nicht, dass der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes es gar nicht für wert findet, an der Debatte über diesen Antrag teilzunehmen. (Abg. Dr. Kostelka: Verzetnitsch ist krank gemeldet! – Abg. Nürnberger: Das ist aus der untersten Lade! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wahrscheinlich ist er wiederum damit beschäftigt, falsche schwarz-blaue Zitate plakatieren zu lassen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Wo ist der Gusenbauer? – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Oder wo ist denn der Herr Parteivorsitzende Gusenbauer? – Ich gebe aber auch hier zu: Der Vorwurf, dass er nicht da ist, ist wahrscheinlich ungerecht. (Abg. Dr. Kostelka: Ihr Argument ... Krankheit! Das ist alles! – Zwischenruf der Abg. Bures. ) Ich bin ja ohnehin dankbar dafür, dass Herr Kollege Gusenbauer nur dann spricht, wenn er ins Fernsehen kommt. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Er spricht lang genug!)

Herr Dr. Gusenbauer hat aber am Vormittag gesagt, dass diese Regierung keinen Fortschritt aufzuweisen hat – null Reformen! Meine Damen und Herren, erklären Sie mir das! Entweder fahren wir drüber, es geht alles viel zu schnell – und auf der anderen Seite gibt es null Reformen. Vielleicht könnten Sie sich einmal intern darüber einigen. (Abg. Edlinger: Das Gegenteil von Reform heißt Rückschritt!)

In der Sozialpolitik – Heizkostenzuschuss, Pensionsreform, die anderen Maßnahmen der Sozialpolitik zur Sicherung für die nächsten Generationen (Abg. Edlinger: Neue Belastungen ...!)  – wurde heute wieder eindeutig bewiesen, wo der Weg hingeht, nämlich in eine Zukunft einer sicheren Sozialpolitik für alle Generationen in diesem Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Er hat die Rolle des jugendlichen Liebhabers, wie er seinen Brief geschrieben hat!)

17.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. Verbleibende Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

17.43

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Wenn Sie schon beklagt haben, dass ich den Einstieg sozusagen mit einem Märchen gemacht habe: Erzählen Sie keine Märchen, dann werden Sie nicht als Märchenerzähler dargestellt!

Herr Kollege Dolinschek hat gesagt: Wenn wir nicht so verschuldet wären, könnte jeder Österreicher 7 000 S mehr haben. – Warum nehmen Sie dann den Österreicherinnen und Österreichern 24 500 S weg? Das frage ich Sie.

Zum Pflegegeld: Wer hat es denn eingeführt? – Die Sozialdemokraten. Wer hat 1998 die Reform gemacht, die 15 000 Betroffenen ein Plus von 3 000 S gebracht hat?

Sie besteuern jetzt die Unfallrenten. Ich sage Ihnen ein Beispiel. Eine Frau pflegt einen verunfallten Mann über zehn Jahre und zahlt ihre Pensionsbeiträge selbst ein, damit sie nachher etwas hat. (Abg. Dr. Khol: 1 Minute ist um!) Diese kürzt man jetzt herunter. Sie hat schon gepflegt, als es noch kein Pflegegeld gab, meine Damen und Herren, weil das erst viel später von den Sozialdemokraten eingeführt wurde.


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Wenn Herr Donabauer hier Klientelpolitik betreibt, sich an die guten Sachen erinnert – da war die ÖVP dabei. Wenn es etwas Negatives war, vergessen wir es, da fallen wir Alzheimer anheim, Herr Kollege Donabauer! Das ist wirklich ganz schlimm! (Abg. Donabauer: Aber geh!)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz, bitte!

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (fortsetzend): Zuletzt Herrn Kollegen Kampichler ins Stammbuch geschrieben (Abg. Dr. Khol: Schlusssatz!): Aus Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus würde ich die Diktion "durch den Rost fallen" nicht gebrauchen. Man fällt bekanntlich, wenn so etwas geschieht, durch das soziale Netz. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 319/A (E) der Abgeordneten Reitsamer und Genossen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest um die Inflationsrate.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer ist beim eigenen Antrag nicht da!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Erhöhung der Treffsicherheit des Bundespflegegeldgesetzes.

Ich bitte ebenfalls jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme nunmehr die Verhandlung über die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Jetzt sag etwas Gescheites in der Kürze!)

17.45

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zurückkommend zum Bundesimmobiliengesetz: Ich glaube, Wesentliches wurde hier schon dokumentiert, auch seitens der Sozialdemokratie. Die politische Absicht ist sicherlich sinnvoll, nur die Vollendung fehlt, Herr Bundesminister.

Da auch von der Einladung an die Sozialdemokratie gesprochen worden ist, beizutreten, muss ich sagen, dass diese Bundesregierung in Wirklichkeit nicht gewillt war, einen Konsens in dieser sehr wichtigen Zukunftsfrage zu erreichen. Der Vorgang, wie Sie mit uns umgehen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist bei jeder Ausschussarbeit derselbe, das wiederholt sich jetzt auch bei diesem Gesetz: Sie bringen eine Regierungsvorlage ein – okay, das hat auch die vorhergehende Regierung gemacht –, es gibt dann Abänderungen, aber Sie bringen das alles nicht so zeitgerecht ein, dass wir die Möglichkeit hätten, uns einzuarbeiten, Position dazu zu beziehen. So geschah es auch heute, wo hier im Plenum noch Abänderungsanträge eingebracht worden sind. Das ist sehr, sehr unfair.

Herr Bundesminister Bartenstein! Es heißt, der Wert kann nicht definiert werden. Sie sprechen von 100 Milliarden Schilling, es gibt Diskussionen darüber, dass es bis zu 500 Milliarden Schilling sein werden. Doch ich hoffe, dass nicht nachher, wenn gewisse Verkäufe der Immobilien getätigt worden sind und in der Umsetzung gewisse Spekulationen ausgelöst werden, der Wert


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auf 500 Milliarden Schilling steigt, aber der Staat, wir gemeinsam, die Steuerzahler nichts davon haben, sondern rein die Spekulanten. Das erwarte ich nicht.

Für mich ist es unverständlich – da Sie, so höre und lese ich, ein erfolgreicher Unternehmer sind –, dass Sie nicht bereit waren, praktisch einer Gesamtlösung beizutreten. Es ist unverständlich, dass wesentliche Immobilien im Bereich Landesverteidigung bleiben oder dass wesentliche Immobilien, was die Botschaften betrifft, im Außenministerium bleiben. Das ist unverständlich. Es wäre möglich gewesen, und wir haben es in der Wirtschaft gemeinsam so verstanden, dass es ein Dach darüber geben kann. Hier wird es Doppelgleisigkeiten geben, und meiner Meinung nach geht es hier um den politischen Einfluss.

Zum Abschluss sei noch angesprochen, was für mich als Gewerkschafter essentiell ist: der Sozialplan. Es gibt hier einen Abänderungsantrag, und ich hoffe, dass dies auch mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, mit der zuständigen Personalvertretung verhandelt worden ist. Das sind doch, so meine ich, auch wesentliche Eingriffe in das Dienstrecht.

Nochmals angesprochen: Ich bedauere es, dass die Regierungsfraktionen es nicht angestrebt haben, dass wir einen Konsens erreichen. Infolgedessen müssen Sie das allein beschließen und auch die Verantwortung dafür tragen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sevignani. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.49

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzte Minister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Regierungskoalition hat sich entschlossen, die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu zu organisieren. Ziel ist eine Neuorganisation nach wirtschaftlichen und marktorientierten Grundsätzen. Dazu soll die Bundesgebäudeverwaltung ausgegliedert und eine Immobilienmanagementgesellschaft errichtet werden. Die Ausgliederung erfolgt in vier Tranchen und soll 2001 abgeschlossen sein.

Weiters geregelt werden die Mietverhältnisse des Bundes und seiner ausgegliederten Verwaltungseinrichtungen, Liegenschaftsübertragungen sowie die Überleitung der Bediensteten. Mit diesem Gesetz wird der 1992 mit der Gründung der Bundesimmobiliengesellschaft begonnene Weg fortgesetzt.

Beseitigt wird auch die Zersplitterung der Zuständigkeiten. Es gibt zirka 30 verschiedene Dienststellen, die für die Verwaltung und Betreuung der Liegenschaften des Bundes zuständig sind.

Festgeschrieben werden endlich jene ressortübergreifenden Kompetenzen, die eine gesetzliche Raumbewirtschaftung des Bundes zulassen, und es gibt endlich auch ein Anreizsystem für eine effiziente Raumnutzung für frei werdende Kapazitäten.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Diese Regierungsvorlage ist mit einem Vorhaben sachlich und objektiv begründet. Es ist dies ein weiterer Mosaikstein in unseren Bemühungen, Österreich, seine Verwaltung und seine Strukturen auf dem Weg ins dritte Jahrtausend zu modernisieren.

Für die früheren Regierungen mit einem herrschenden sozialdemokratischen Staats- und Wirtschaftsverständnis war dies kein Thema. Für uns Freiheitliche spielen Kostenbewusstsein und eine Steigerung der Effizienz, besonders in der Bundesverwaltung, eine große Rolle. Ich ersuche daher die Oppositionsparteien, dieser Regierungsvorlage samt dem Abänderungsantrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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17.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Riepl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.51

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Damen und Herren! Das Bundesimmobiliengesetz steht zur Diskussion. Die Vorredner meiner Fraktion haben auf die Position der Sozialdemokraten in klarer und, denke ich, sachlicher Form hingewiesen und auch begründet, warum wir dieser Vorlage nicht zustimmen können.

Die Struktur der Liegenschaftsverwaltung des Bundes wird, wie wir gehört haben, künftig Doppelgleisigkeiten so wie bisher aufweisen, weil das Management aller Liegenschaften des Bundes nicht unter einem Dach besorgt wird – also ein Schritt in eine an sich richtige Richtung, aber ein halber Schritt und nicht ein ganzer. Das bedauern wir.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Art und Weise und die Geschwindigkeit dieser Veränderungen – zuerst eine Regierungsvorlage, dann ein gesamtändernder Abänderungsantrag und jetzt ein Abänderungsantrag, der den letzten, gesamtändernden Abänderungsantrag wieder abändert – zeigt den Zeitdruck, den sich die Regierungsparteien auferlegt haben.

Besonders am Herzen liegt mir aber auch, wie bei Umstrukturierungen und Ausgliederungen mit den betroffenen Arbeitnehmern umgegangen wird, welches Recht künftig für sie gelten soll und welche Mitbestimmungsqualität sie künftig vorfinden werden. Ich kann nach der Vorlage, die jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, nicht beurteilen, ob die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer ausreichend und fair diskutiert wurden, ob auf berechtigte Wünsche eingegangen wurde und ob jede Verunsicherung vermieden wurde. Auch deshalb werde ich dieser Änderung heute nicht zustimmen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Hudelei bei diesem Abänderungsantrag der Abgeordneten Tancsits und Firlinger hat mich aber noch in einem anderen Punkt etwas verwirrt. Der Gesetzentwurf besteht, wie Sie alle wissen, aus drei Artikeln. Der erste Artikel ist in neun Abschnitte gegliedert. Herr Abgeordneter Tancsits und Herr Abgeordneter Firlinger als Einbringer dieser Vorlage! Warum soll jetzt in wenigen Minuten über eine Vorlage abgestimmt werden, in der der achte und neunte Abschnitt im ersten Artikel nur im Inhaltsverzeichnis vorkommen? Warum wohl? Ich weiß es nicht. Im Gesetzestext ist kein achter und neunter Abschnitt bezeichnet. Dafür kommt aber ein sechster Abschnitt einmal nach dem siebenten Abschnitt, doch richtigerweise auch einmal vor dem siebenten Abschnitt vor. Was ist da passiert? Vielleicht können Sie das noch aufklären, Herr Abgeordneter Tancsits. Sonst liegt hier doch eine Vorlage vor, die ein bisschen ein Durcheinander mit sich bringt.

Liebe Kollegen von ÖVP und FPÖ! Ich meine daher, Hudeln gefährdet die Qualität. Ihr Antrag lässt Qualität vermissen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Loos zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Schon in den Ausschusssitzungen konnte man leider feststellen, dass die Nichteinbeziehung der historischen Bauten, der Justizanstalten, der Liegenschaften und Bauten des Bundesministeriums für Landesverteidigung dafür herhalten müssen, dass dieser Gesetzesänderung nicht zugestimmt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer wieder höre ich, auch von dieser Stelle aus, dass man konsensbereit wäre. Man merkt auch in den Ausschusssitzungen, dass man einem Konsens nahe ist. Wenn es aber darauf ankommt, ein Gesetz gemeinsam zu beschließen, dann gibt es irgendwelche Ausreden, damit man nicht zustimmen muss. Ich werde versuchen, zumindest jene Punkte, die ich genannt habe, zu entkräften. Vielleicht gelingt es Ihnen doch, diesem Gesetz zuzustimmen.


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Zum Beispiel, was die historischen Bauten betrifft – der Herr Bundesminister hat bereits darauf hingewiesen –: Was wollen Sie mit einem Parlament? Wo wollen Sie das verwerten? Wie können das bewerten? Wo wollen Sie einen Quadratmeterpreis feststellen? Was ist das Gebäude wert?

Wie schaut es beispielsweise mit der Nationalbibliothek aus? – Meines Wissens gibt es nicht einmal eine Versicherung, die die Nationalbibliothek versichert, weil man diese Werte nicht feststellen kann. Es geht um Kulturgüter, und da kann man eine Wertfeststellung nicht genau durchführen. Wo gibt es einen Markt für solche Dinge? Daher kann man derartige Dinge nicht in die Bundesimmobiliengesellschaft einbringen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wo sehen Sie eine Vermarktungsmöglichkeit für Justizanstalten? Ich wüsste keine. Gott sei Dank ist das alles in staatlicher Hand, und dort muss und soll es auch bleiben.

Nun zum Bundesheer: Frau Abgeordnete Dr. Moser hat erwähnt, dass 40 Prozent aller Liegenschaften nicht in das BIG mit einbezogen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon seit langer Zeit gibt es hier eine Trennung. Die BGV I verwaltet zivile Objekte, die BGV II verwaltet militärische Objekte. Das hat sich in der Zwischenzeit ein wenig vermischt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit wirklich guten Gründen hat man hier Trennungen durchgeführt. Es ist so, dass man wissen muss, wovon man spricht, wenn man von militärischen Liegenschaften spricht. Ich werde Ihnen einige Beispiele nennen, und Sie sagen mir dann, wo man die möglicherweise vermarkten könnte: Gefechtsstände, Bunkeranlagen, Führungs- und Fernmeldeeinrichtungen, Truppenübungsplätze, Kasernen, Munitionslager, Schießstätten und so weiter. Wo wollen Sie das verwerten, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Andererseits: Wenn man das anmieten müsste, wäre das so teuer, dass die Sicherheit derjenigen, die in diesem Bereich tätig sind, stark gefährdet wäre, weil man auf Grund der hohen Kosten wesentlich kleinere Bereiche in Anspruch nehmen würde.

Es gibt aber auch noch ein weiteres Argument, warum beispielsweise Anlagen des Bundesministeriums für Landesverteidigung nicht in die BIG eingebracht werden können. Wie Sie wissen, ist im Artikel 79 Abs. 1 B-VG die militärische Landesverteidigung geregelt. Ich glaube, dass es zumindest verfassungsmäßige Probleme geben könnte, wenn man einer Privatgesellschaft durch Zurverfügungstellung der Infrastruktur einen Eingriff in diese hoheitlichen Aufgaben gewähren würde.

Im Übrigen möchte ich feststellen, dass zum Beispiel die 1 300 Naturalwohnungen, die zum Bereich des BMLV gehören, sehr wohl in die BIG eingebracht werden. Man sieht also: Dort, wo es irgendwie möglich ist, wird meiner Meinung nach das Richtige getan, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie sehen also, dass es triftige Gründe dafür gibt, bestimmte Bauten und Liegenschaften nicht in die BIG zu übertragen.

Noch eines, Frau Abgeordnete Lichtenberger: Sie bekritteln – auch andere Abgeordnete haben das getan –, dass hier Abänderungen getätigt wurden. Als Parlamentarier finde ich es richtig, wenn im Ausschuss Abänderungen gefasst werden. Das ist das Mitwirken der Parlamentarier überhaupt.

Da mit 1. Jänner 2001 auch ein Sozialplan für die betroffenen Bediensteten in Kraft treten wird und da es sich bei dieser Gesetzesänderung um die Einführung eines modernen Immobilienmanagements handelt, werden wir dem gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Schlusswort? – Bitte, Herr Abgeordneter Neudeck.

Berichterstatter Detlev Neudeck: Zum verteilten schriftlichen Ausschussbericht 347 der Beilagen bringe ich folgende Druckfehlerberichtigung vor:

Auf Seite 43 sind die in der rechten Einlagezahlspalte befindlichen Rautezeichen von oben nach unten durch folgende Zahlen zu ersetzen:

30 034, 30 096, 30 237, 60 041, 60 048, 60 099, 60 101, 60 158, 60 190, 60 260, 60 422, 60 685, 60 686, 60 734, 60 856, 70 373, 70 386 und 80 638.

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Danke sehr.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 347 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Zum Gesetzentwurf haben die Abgeordneten Mag. Tancsits und Mag. Firlinger einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag vorliegt, werde ich daher sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages sowie der Druckfehlerberichtigung abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Tancsits und Mag. Firlinger sowie der Druckfehlerberichtigung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Dr. Kostelka  – in Richtung der Freiheitlichen –: Wo ist der Westenthaler? – Abg. Schwarzenberger  – in Richtung des Abg. Dr. Kostelka –: Der sucht den Gusenbauer!  – Heiterkeit.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 348 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (296 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001) (366 der Beilagen)


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5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 312/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Genossenschaftsrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 geändert werden (Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG) (371 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 313/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (372 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen somit gleich in die Debatte ein.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Prammer trägt eine Plakette mit der Abbildung eines in zwei Hälften geteilten Kindes.)

18.04

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren einen Tagesordnungspunkt, den wir unter das Motto stellen können: Hauptsache gemeinsam – egal, wie! Hauptsache gemeinsam, koste es, was es wolle! Hauptsache gemeinsam, zumindest nach außen muss der Schein gewahrt bleiben!

Dieses Motto haben sich die Regierungsparteien nicht nur beim Kindschaftsrecht gesetzt, dieses Motto haben sich die Regierungsparteien ganz grundsätzlich in ihrer allgemeinen Politik, die sie Tag für Tag den Österreicherinnen und Österreichern bescheren, gesetzt. Aus der Art und Weise, wie die Regierungsparteien Themen diskutieren, wird eindeutig klar, es geht beim Kindschaftsrecht, es geht bei der so genannten gemeinsamen Obsorge nicht um das Wohl des Kindes, sondern um beleidigte Scheidungsväter, vielleicht auch um die eine oder andere beleidigte Scheidungsmutter, es geht um Machtansprüche, es geht um Geld, vor allen Dingen um den Unterhalt, und da sind in erster Linie die Mütter betroffen und werden in Zukunft ganz massiv betroffen sein.

"Im Schnellzug zurück in die Vergangenheit" heißt die Devise dieser Bundesregierung. Die Devise "Im Schnellzug zurück in die Vergangenheit" kommt auch hier in dieser Debatte um die gemeinsame Obsorge zum Ausdruck. Es wird versucht, das Rad der Zeit zurückzudrehen.

Das Kindschaftsrecht ist erst 22 Jahre alt. Es ist sehr gut und sehr genau erarbeitet worden und 1978 beschlossen worden. Es ist vor allen Dingen in viele Expertinnen- und Expertenmeinungen, in die Veränderungen und in die Weiterentwicklungen des Familienrechtes und auch in die Veränderungen des Namensrechtes eingebettet. Und jetzt sehen sich viele Familien, viele Mütter, vor allen Dingen auch viele Kinder, in die Situation versetzt, dass sie nicht mehr jene klaren Verhältnisse haben, die sie brauchen, wenn es zur Scheidung kommt.

Klare Verhältnisse sind es nämlich, die minderjährige Kinder gerade in einer so schwierigen Zeit, wie sie die Scheidung für sie mitbringt, dringend brauchen. Sie müssen wissen, wo sie in Zukunft leben, mit wem sie in Zukunft leben, wer für sie die Entscheidungen treffen wird, die täglich anfallen. Sie müssen auch wissen, wo sie hingehen sollen und müssen, wenn sie bei einem Freund oder bei einer Freundin über Nacht bleiben wollen, wenn sie sich ein neues T-Shirt wünschen, wenn sie die Schule wechseln wollen und vieles andere mehr.


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Meine Damen und Herren! Das Ganze hat auch mit Autorität zu tun, nämlich mit Autorität im besten Sinne des Wortes. Wenn wir einer Person, bei der das Kind nach der Scheidung lebt, die Autorität untergraben, indem die so genannten wichtigen Entscheidungen plötzlich einer anderen Person, nämlich jener Person, mit der das Kind nicht mehr lebt, in die Hände gegeben werden, dann untergraben wir die Möglichkeiten vieler Mütter – in erster Linie der Mütter, denn das ist ja der Regelfall –, für ihre Kinder eine gute Erziehung zu gewährleisten.

Das, meine Damen und Herren, müssen Sie sich an Vorwürfen auch gefallen lassen, wenn es zur Veränderung des Kindschaftsrechtes beziehungsweise zur so genannten gemeinsamen Obsorge kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen natürlich, dass Kinder beide Elternteile lieben und dass sie es oft schwer verstehen, dass sich ihre Eltern nicht mehr mögen und sich trennen wollen. Und natürlich wollen die Kinder auch in Zukunft beide Elternteile für sich haben und wollen auch den Kontakt mit beiden Elternteilen nicht abreißen lassen. Daher gibt es ja auch das Besuchsrecht. Dort ist es auch geklärt, wie die Regelungen ausschauen sollen, und da bedarf es auch nicht allzu vieler Veränderungen.

Wenn Eltern es tatsächlich schaffen, sich einen Schritt zurückzunehmen, und ihre Kinder in den Mittelpunkt stellen, dann ist auch gewährleistet, dass Kinder diese Möglichkeiten nach Scheidungen haben. Alle Expertinnen und Experten bestätigen, dass das auch nach dem heutigen Recht möglich ist. Dazu brauchen wir keine Veränderungen, denn Vernunft ist gesetzesunabhängig, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch eine falsche Behauptung möchte ich berichtigen, und das ist mir ganz besonders wichtig. Von Seiten der Regierungsparteien ist immer wieder behauptet worden, das gemeinsame Obsorgerecht soll es in Zukunft nur bei Einvernehmen geben. Das ist nicht wahr! Im Gesetz steht es anders. Erst nach sehr langen Verhandlungen, nach langen Verfahren, die viel Zeit und viel Geld kosten werden und wo auch viele Richterinnen und Richter befasst werden – und ich frage Sie, Herr Minister, ob Sie diesbezüglich bei den Familienrichtern schon vorgebaut haben – kann es unter Umständen zum alleinigen Sorgerecht eines Elternteiles kommen.

Ich brauche nicht mehr sehr viel dazu zu sagen. Nur so viel: Frau Abgeordnete Fekter, ich weiß nicht, ob Sie die Stellungnahme des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung gelesen haben. Ich frage mich, wie Sie in Ihrem beziehungsweise in unserem Bundesland dem Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, der Landesregierung im Allgemeinen, von der man weiß, wie sie zusammengesetzt ist, erklären wollen, dass Sie sich dem, was vernünftige Menschen gesagt haben, gänzlich entschlagen. Es sagen dort nämlich neben vielen ExpertInnen auch die Beamten ganz eindeutig, dass die gemeinsame Obsorge dort, wo Einvernehmen herrscht, heute schon möglich ist. Dazu bedarf es keiner Gesetzesänderung, sondern nur der Vernunft der Eltern. Aber es ist eine Frage von Macht. Es ist eine Frage von Macht vor allem beleidigter Scheidungsväter, die ihren geschiedenen Frauen offensichtlich auch noch lange Zeit nach der Scheidung Schwierigkeiten machen wollen.

Ich kann an dieser Stelle – die Redezeit ist sehr knapp – nur eines noch sagen, und das sage ich ganz klar und deutlich: Sobald in diesem Haus – und ich hoffe und rechne damit – eine andere Mehrheitskonstellation möglich ist, werden wir – dafür verbürgt sich die Sozialdemokratie – diese Bestimmungen, die die Regierungsparteien heute verantworten müssen, sofort wieder korrigieren und in die Richtung verändern, dass die Menschen gut miteinander auskommen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter  – bereits auf dem Weg zum Rednerpult –: Gott sei Dank passiert das nicht so schnell!)

18.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.11

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Seit ich Vorsitzende des Justizausschusses bin – das ist seit 1995 –, ist kein einziges Gesetz im Justizausschuss so intensiv beraten worden wie dieses Kindschaftsrechts-


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44. Sitzung / Seite 164

Änderungsgesetz. Wir haben zwei Tage lang ein Expertenhearing abgehalten und einen Tag lang im Justizausschuss beraten. Die überwiegende Mehrheit der Experten hat sich positiv zu dieser Novelle geäußert, und die einhellige Kritik, die von den Experten vorgetragen worden ist, wurde dann in einem umfassenden Abänderungsantrag berücksichtigt. (Abg. Mag. Prammer: Das ist nicht wahr!) Somit kann man von einer breitest diskutierten epochalen Novelle sprechen, die leider bei der linken Seite dieses Hohen Hauses auf massiven Widerstand stößt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es hat im Jahre 1999 18 512 Ehescheidungen gegeben, und das hatte zur Folge, dass 16 907 Minderjährige zu Scheidungswaisen wurden. Daran kann man erkennen, dass eigentlich enorm viele Kinder bei Scheidungen betroffen sind. Dieses neue Gesetz stellt erstmals die Rechte und das Wohl des Kindes in den Vordergrund. (Abg. Binder: Das ist unglaublich!) Die Richter haben dem Recht des Kindes zum Durchbruch zu verhelfen. In der Rede der Kollegin Prammer habe ich davon nichts gehört. Sie hat nur von der "Macht der Mütter" und von der "Macht der Männer" gesprochen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erstmals wird im neuen Gesetz die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge für Kinder nach der Scheidung verankert. Unsere Nachbarländer kennen dieses Modell bereits seit längerem. Das Gesetz, welches Kollegin Prammer hier als so ideal bezeichnet hat, stammt aus dem Jahre 1978 und hat den gesellschaftlichen Wandel, der sich in der Zwischenzeit vollzogen hat, nicht mitvollzogen.

Es war daher höchst an der Zeit, einen modernen Weg einzuschlagen, um diesem gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen. Die gemeinsame Obsorge schaffen wir für jene Familien, die erkennen, dass für eine gesunde Entwicklung des Kindes und für seine künftige Beziehungsfähigkeit der Kontakt zu beiden Elternteilen notwendig ist. Und wir schaffen die gemeinsame Obsorge auch für jene neue Generation von Vätern, die sich auch nach der Trennung von ihrer Frau um ihre Kinder nicht bloß finanziell sorgen wollen.

Wir wissen, dass es einen massiven Wunsch von scheidungswilligen Eltern gibt, den Trennungsschock für ihre Kinder dadurch zu mindern, dass sie den Kindern Eltern bleiben und sich auch in Zukunft gemeinsam um die Kinder kümmern. (Abg. Mag. Prammer: Ist das verboten gewesen?) Man kann sich vom Partner scheiden lassen, aber man bleibt trotzdem Elternteil. Man scheidet sich nicht von den Kindern, und die Mehrheit der Eltern will auch Eltern bleiben, auch wenn sie sich als Partner trennen.

Alle Experten halten es für unabdingbar notwendig, dass der ungestörte Kontakt zu beiden Elternteilen gegeben ist, um eine gesunde Entwicklung und die künftige Beziehungsfähigkeit der Kinder zu gewährleisten. Wer seinem Kind einreden will, dass der Papa oder, umgekehrt, dass die Mama nach der Scheidung nur böse ist und wer sein Kind mit solchen Feindbildern erzieht, riskiert, dass dieses Kind später selbst in der Beziehungsfähigkeit Probleme bekommt. (Abg. Mag. Prammer: Und das neue Gesetz wird das jetzt ausschließen?!) Wir als Gesetzgeber haben diesem Wissen Rechnung getragen und das Recht des Kindes auf Kontakt mit beiden Elternteilen verankert. Elternegoismen sind dem Kindeswohl unterzuordnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für die linken Feministinnen geht es bei der Obsorge primär um die Macht; die Kollegin Prammer hat das schon erwähnt. (Abg. Binder: Der Katholische Familienverband und die Katholische Männerbewegung ...!) Im "profil" hat Frau Hammerl das auch ausgeführt. – Uns geht es nicht um die Macht, sondern uns geht es um das Recht der Kinder, und die Richter müssen diesem Recht der Kinder, nämlich dem Recht des Kindes auf beide Elternteile, zum Durchbruch verhelfen. (Abg. Edlinger: Absurd!)

Es ist uns natürlich bewusst, dass dieses Recht des Kindes auf ungestörten Kontakt zu beiden Elternteilen in sehr konfliktträchtigen Fällen schwer durchsetzbar sein wird. Richter haben dafür nach dem neuen Gesetz jetzt mehr Möglichkeiten und neue Instrumente. Die Richter können beispielsweise die Besuchbegleitung anordnen, die durch Fachleute der Jugendwohlfahrt wahr


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genommen wird, oder sie können auch die Mediation anordnen, um eine Konfliktbereinigung zu erreichen oder zumindest anzustreben.

Für Eltern, die an einer Konfliktlösung überhaupt nicht interessiert sind, gibt es auch in Zukunft nach wie vor die Möglichkeit, bei Gericht das alleinige Sorgerecht zu beantragen. Sie, Frau Kollegin Prammer, haben in Ihren Ausführungen nur jene Eltern bedacht, die an keiner Konfliktlösung interessiert sind. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube aber, dass der überwiegende, der mehrheitliche Teil der Eltern sehr wohl konsensual vorgehen möchte. (Abg. Edlinger: Das glaube ich leider nicht!)

Ein weiterer Teil der Novelle enthält die Bestimmung, dass die Kinderrechte im Scheidungsverfahren gestärkt sind. Kinder ab 14 Jahren können auch eigene Verfahrensschritte setzen, sie müssen auch angehört werden. Außerdem hat in Zukunft im Sinne der Stärkung des Kindesrechtes ein 14-jähriger Jugendlicher beispielsweise auch das Recht, selbst zu einer medizinischen Behandlung seine Zustimmung zu geben.

Konsensual und ohne große Diskussion wurde in diesem Gesetz die Großjährigkeit von 19 auf 18 Jahre abgesenkt. Wir sind damit das letzte Land in der Europäischen Union, das diesen Schritt setzt. Diese Senkung der Großjährigkeitsgrenze führt aber bei allein erziehenden Müttern dazu, dass der Unterhaltsvorschuss auch nur bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gewährt werden kann, nicht mehr über die Großjährigkeit hinaus. Um Härten zu vermeiden, haben wir in dieser Novelle eine Übergangsregelung in der Form geschaffen, dass Kinder, die jetzt schon das 14. Lebensjahr überschritten haben, die Unterhaltsbevorschussung bis zum 19. Lebensjahr gewährt bekommen, um der mittelfristigen und langfristigen Lebensplanung dieser Familien Rechnung zu tragen. Ich gehe davon aus, dass für die jüngeren Kinder dann, wenn es so weit ist, bereits das Kinderbetreuungsgeld da sein wird, das dann die finanziellen Härten auffängt.

Gesellschaftspolitisch ist dieses Gesetz ein Quantensprung in Richtung einer partnerschaftlichen Elternschaft, eines partnerschaftlichen Elternmodells und Familienbildes. (Abg. Mag. Prammer: Es ist die Frage, in welche Richtung!) Deshalb wurde diese Novelle von der Linken auch so massiv bekämpft.

Dass unser Weg der modernere ist, wird die Zukunft zeigen. Ich bin zuversichtlich, dass die überwiegende Mehrheit der Scheidungseltern die gemeinsame Obsorge wählen wird. Mit begleitender Forschung – das wird hier noch in einem Entschließungsantrag zu beschließen sein – soll die Akzeptanz bei dieser Novelle in mehreren Jahren untersucht werden. Sie wird zeigen, Frau Kollegin Prammer, dass diese Reform dringend geboten war, um Aggressionen und Provokationen bezüglich des Sorgerechts abzubauen. (Abg. Mag. Prammer: Und den Unterhalt...!) Unsere Lösung wird den Scheidungskonflikt entkrampfen und die Trennungsbelastung für Kinder eindeutig mildern. Diese Milderung der Kindesbelastung war Ihnen aber keine Silbe wert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.20

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Frau Vorsitzende des Justizausschusses hat die neue Devise ausgegeben: halbe-halbe. Da stimme ich ihr vollkommen zu. Ich habe ihr noch nie so zugestimmt wie heute. Wenn das, was sie heute gesagt hat, wirklich ernst gemeint ist, dann muss von dieser 80 Millionen Schilling teuren Informationskampagne, die die Bundesregierung zur Eigenwerbung startet, die Hälfte für eine Halbe-Halbe-Kampagne abgezweigt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich Ihnen kurz erläutern, warum diese Frage der Obsorge beider Elternteile nach Scheidungen – um es wienerisch auszudrücken – so reingegangen ist. Natürlich hat niemand etwas dagegen, dass sich Mutter und Vater um ihre Kinder


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kümmern, und zwar während aufrechter Ehe und nach geschiedener Ehe. (Abg. Dr. Fekter: Dann muss man es auch ermöglichen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! No na, wollen wir das. Und weil wir von der linken Hälfte, wie sie so schön sagt, das so sehr wollen, deshalb setzen wir uns auch so intensiv gegen das ein, was heute Gesetz zu werden droht. Im Kern ist es an sich etwas, was jeder will, nämlich dass Mutter und Vater, egal, ob verheiratet, nicht verheiratet oder ex-verheiratet, sich um ihre Kinder kümmern. Das ist noch das einzig Gemeinsame, was man in der Regel nach Scheidungen hat. Hätte man nämlich andere Absichten, würde man sich doch nicht scheiden lassen.

Ich versuche, mir das genau vorzustellen: Warum lassen sich Eheleute scheiden, wenn sie sich so wahnsinnig gut verstehen, wenn sie sich so wahnsinnig lieben? Warum lassen sie sich scheiden? Weil es offensichtlich in ihrem Leben andere Schwerpunkte gibt, weil die Liebe nicht mehr so intensiv ist wie vorher und "blöderweise" gibt es dann auch noch Kinder. Außerdem ist es Realität – und die verkennt Frau Abgeordnete Fekter gänzlich –, dass es die Frauen sind, die in Österreich immer noch zu 90 Prozent die häusliche Arbeit und damit auch Pflege und Erziehung der Kinder erledigen. (Abg. Haller: Ändern Sie was?) Ausnahmen bestätigen die Regel!

Darum, liebe Frau Dr. Fekter, ist es so, dass ich selbstverständlich weiterhin darum kämpfen werde, wie ich es auch in der Vergangenheit getan habe, dass Väter die Möglichkeit bekommen, sich in die Sorge um ihre Kinder mehr einzubringen. Dazu sind gesetzliche Maßnahmen auch eine Möglichkeit. Nur, meine Damen und Herren, die fehlen gänzlich! Wir setzen vollkommen isoliert von der gesellschaftlichen Realität eine gesetzliche Maßnahme, die in Zukunft auf dem Rücken der Kinder und auf dem Rücken der Mütter ausgetragen werden wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt möchte ich etwas aufklären, damit es nicht so im Raum stehen bleibt, wenn die Frau Vorsitzende des Justizausschusses sagt: Noch nie wurde im Justizausschuss ein Gesetz so intensiv diskutiert wie diese Novelle. – Noch nie wurde ein inhaltlich und von den Auswirkungen her so schwerwiegendes Gesetz ohne Begutachtungsverfahren in den Justizausschuss gebracht. Das muss man nämlich vorweg sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und hätte es nicht die bekannte Beharrlichkeit der Frau Abgeordneten Prammer und die meine, die mittlerweile sozusagen amtsbekannt ist, gegeben, dann hätte es kein Hearing gegeben. Frau Dr. Fekter hat gesagt: Wozu brauchen wir ein Hearing? Ich kann euch nicht überzeugen und ihr könnt mich nicht überzeugen! Meine Damen und Herren! Ich habe in diesem Hearing viele Erkenntnisse gewonnen, die ich vorher nicht gewinnen konnte, weil mir die Informationen gefehlt haben, und zwar auch im Hinblick darauf, dass die Obsorge beider Elternteile etwas ist, was legistisch auch vorstellbar wäre, wenn entsprechende Rahmenbedingungen gegeben wären. Unter Bundesminister Michalek ist die ganze Gesetzesprozedur angelaufen, aber unter ganz anderen Vorzeichen. Er hat nämlich damals einen Entwurf vorgelegt, nach dem es eine Obsorge beider Elternteile nach der Scheidung auch geben hätte können, aber wohlgemerkt auf Antrag, meine Damen und Herren.

Ich hatte bis vor relativ kurzer Zeit noch die Hoffnung, dass es bei diesem Gesetzesvorhaben auch so etwas wie ein ernsthaftes Bemühen um einen Konsens geben könnte. Ich sage das jetzt, weil es eben nicht dazu gekommen ist: Über ein Mittelding zwischen dem alten Michalek-Entwurf, den Vorstellungen, die ein nicht unmaßgeblicher Teil des Hohen Hauses dazu hatte, und dem vorliegenden Entwurf hätte ein Konsens erzielt werden können, wenn es auch nur einen Funken Absicht dazu bei den Regierungsparteien gegeben hätte. Wenn Frau Dr. Fekter sagt, dass die Experten überwiegend oder fast alle diesem Regierungsvorschlag ihre Zustimmung gegeben haben, dann muss ich sie fragen: Wer ist denn Professor Friedrich? Wer ist Frau Professor Deixler-Hübner? Wer ist Professor Berger? Wer ist Frau Dr. Hornyik, Frau Rechtsanwältin Klaar, Frau Paschinger vom Verein der Amtsvormünder Österreichs? Wer ist Frau Piringer von der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende? Wer ist Frau Pintarits von den österreichischen Kinder- und JugendanwältInnen? Sie alle haben ihre Skepsis gegenüber diesem Gesetzesvorschlag in eben diesem von Ihnen angeführten Hearing vorgebracht. Ich


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habe bei diesem Hearing niemanden gehört, der gesagt hätte: Das Gesetz ist super! So wollen wir es!

Was mich auf Grund dieses Hearings am stärksten dazu bewogen hat, den Abänderungsantrag  zu stellen, den ich eingebracht habe und der verteilt wird, war, zu bitten  – zu bitten, betone ich –: Setzen wir diese Regelung für zwei Jahre aus! Das heißt, beschließen wir die Kindschaftsrechtsnovelle, weil viele Dinge enthalten sind, die wichtig sind und die auch den gesellschaftlichen Veränderungen seit der letzten großen Novelle Rechnung tragen, nicht aber in dem Punkt der gemeinsamen Obsorge nach Scheidungen, denn damit gibt es auch noch zu wenig Erfahrungen in vergleichbaren Ländern.

Aus Deutschland, wo eine ähnliche Regelung unter in gewisser Hinsicht ähnlichen, nicht identischen gesetzlichen Rahmenbedingungen eingeführt wurde, ist der Vizepräsident des deutschen Familienrichtertages hier gewesen und hat uns von den Erfahrungen berichtet. (Abg. Dr. Fekter: Die ein Erfolg ist!) Er hat aber selbst gesagt – der Herr Bundesminister hat es auch gehört, dass er das gesagt hat –, es gebe noch keine Evaluierung dieser Erfahrungen, weil es zwar wissenschaftliche Begleitforschung gibt, aber noch keine Ergebnisse. Und das ist es, was wir gerne hätten. Warten wir die Erfahrungen in einem von den gesetzlichen Rahmenbedingungen her vergleichbaren Land ab, und handeln wir dann!

Meine Damen und Herren! Das ist sozusagen das Konstruktive, das sowohl die SozialdemokratInnen – Kollegin Prammer hat es in ihrem Debattenbeitrag bereits ausgedrückt– als auch die Grünen im Sinn haben. Wir sind – und da bin ich jetzt wieder bei der Position von Frau Dr. Fekter – für halbe-halbe. Wir sind dafür, dass es so etwas wie gesellschaftliche Anreize und auch Regelungssysteme dafür gibt, dass das Engagement von Vätern sowohl im familiären Bereich, aber auch durch die beruflichen Rahmenbedingungen so ermöglicht wird, dass sie sich auch tatsächlich einbringen können und ihren Anteil an der Haus- und Familienarbeit auch leisten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es werden immer Äpfel mit Birnen verglichen. Zum Beispiel gibt es in Schweden Regelungen in Richtung Obsorge beider Elternteile nach Scheidungen. Aber in Schweden, meine Damen und Herren, ist die Realität der Familien so, dass 44 Prozent der schwedischen Männer in Karenz gehen. 44 Prozent der schwedischen Männer gehen in Karenz! (Abg. Schwarzenberger: Der Väter wahrscheinlich!) Und 43 Prozent der Zeit, die arbeitende Eltern mit ihren Kindern verbringen, wird von den Vätern erbracht. Wissen Sie, wie viel nach Studien in Österreich die Zeit ausmacht, die arbeitende Väter mit ihren Kindern verbringen? Neun Minuten pro Tag! Das hat Ihnen Kollegin Heindl schon vor Jahren immer wieder gesagt. Aber nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil die Rahmenbedingungen so sind, wie sie sind.

Die Verpflichtung des Gesetzgebers wäre es also, diese Rahmenbedingungen zu ändern, denn – und damit möchte ich auch zum Abschluss kommen – wir wollen nicht gegen die Obsorge beider Elternteile polemisieren oder ideologisieren. Wir wollen, dass sie diskutiert wird, und zwar so diskutiert wird, dass die Befürchtungen nicht wahr werden, die ExpertInnen haben, die schon in der Vergangenheit sozusagen vor Ort mit den betroffenen Frauen gearbeitet haben und auch künftig arbeiten werden, nämlich dass Frauen und Mütter nach Scheidungen noch erpressbarer werden, als sie es schon sind.

Das ist es, was wir befürchten, und deshalb die Bitte: Überlegen Sie es sich noch einmal! Stimmen Sie der Aussetzung dieser beiden Paragraphen zu, damit wir in zwei Jahren – das ist ein Vorschlag – eine Regelung zusammenbringen, die wirklich zum Wohl der Kinder, aber auch zum Wohl der Mütter und Väter ist! Das wäre es, was wir wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.


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18.31

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kinder lieben ihre Eltern und in der Regel beide. Und Kinder brauchen für ihre gedeihliche Entwicklung in der Regel beide Elternteile. Sie brauchen ihre Liebe, sie brauchen ihre Obsorge – und das auch nach der Scheidung. Daraus leitet sich doch wohl ab, dass Kinder ein Recht auf eine kontinuierliche Beziehung zu beiden Elternteilen auch nach der Scheidung haben. (Abg. Mag. Prammer: Was ist da die Regel?)

In Österreich ist das derzeit nicht so. Österreich ist das einzige Land in der EU, das derzeit nach der Scheidung eine Alleinzuteilung der Elternrechte vornimmt und ist somit das Schlusslicht, Frau Kollegin Prammer. Die Opposition klammert sich an diese überholte Regelung, Und, entschuldigen Sie, das finde ich absurd!

Die Opposition will, dass das Verantwortungsgefühl beider Elternteile oder des Elternteiles, der nicht mehr beim Kind wohnt, mit der Scheidung endet. Dabei sollten doch Eltern auch über die Scheidung hinaus die Verpflichtung wahrnehmen, das Scheidungsleid und das traumatische Erlebnis, das eine Scheidung für Kinder bedeutet, hintanzuhalten. Das ist eine Verpflichtung, die Eltern wahrzunehmen haben, und das betrifft viele Kinder. Im Jahre 1998 waren es über 20 000 Kinder, im vergangenen Jahr fast 18 000 Kinder. Und ich frage Sie wirklich, Frau Kollegin Prammer: Was können denn Kinder dafür, wenn sich ihre Eltern nicht mehr verstehen? Die Kinder sind die großen Leidtragenden. (Abg. Edlinger: Was soll man denn machen, wenn sich die Eltern nicht mehr verstehen? – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Prammer und Binder. )

Die Debatte um die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge gibt es in Österreich bereits seit zehn Jahren. Ich selber bekenne mich seit 1992 dazu und spätestens seit der Familienrechtsenquete im Jahre 1993 weiß man und wissen Experten, dass Handlungsbedarf besteht. Da ist eben die Politik aufgefordert, endlich zu handeln, und die neue Regierung tut das. Sie bessert einen Entwurf nach, den bereits der Vorgänger des heutigen Justizministers, Michalek, vorgelegt hat.

Wir wollen eine bessere Weichenstellung, wir wollen eine Weichenstellung, die sich im europäischen Gleichklang befindet, denn die derzeitige Regelung positioniert uns nicht nur als Schlusslicht aller europäischen Länder, sondern sie steht auch im Widerspruch zum Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, Frau Kollegin. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Kennen Sie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention? Oder den Artikel 5 des siebenten Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention? Das steht dagegen. Von den 17 Experten, die gehört wurden, waren nur zwei ausdrücklich und generell gegen den neuen Entwurf.

Er wurde aber auch gelobt, und das sei hier einmal angeführt. Er wurde wegen der Stärkung der Kinderrechte, vor allem für über 14-Jährige, gelobt. Positiv beurteilt wurden die Besuchsbegleitung und die Besuchsrechte Dritter, die neu kommen werden. Positiv vermerkt wurde die Verhinderung der Sterilisation Minderjähriger. Positiv gesehen und gelobt wurde die Mediation, die eingeführt werden soll. Über die Herabsetzung der Volljährigkeitsgrenze von 19 auf 18 Jahre wurde eigentlich gar nicht diskutiert. Es ist sehr bezeichnend, dass der Justizsprecher der SPÖ dieser Debatte gar nicht beiwohnt, denn er hat sich immer dafür ausgesprochen und hat sogar im Justizausschuss gesagt, dass dieser Entwurf sehr viele positive Dinge enthält. Auch das sei hier festgehalten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Prammer und Binder. )

Es gibt allerdings mehrere Experten, die gemeint haben, die ungewollte Automatik des § 177a Abs. 2 wäre zu verändern. Das machen wir. Das machen wir in einem Abänderungsantrag, der gleichzeitig auch die Anregungen der Sachwalterschaft mit einbezieht, die bei diesem Expertenhearing angeführt wurden. Es wird auch die verlangte Begleitstudie geben und es wird – und das ist auch ein persönliches Anliegen von mir – in kurzer Zeit ein klares Berufsbild zur Mediation auszuarbeiten sein.

Und nun zu den oppositionellen Damen, denn anscheinend sind ja nur sie gegen diesen Entwurf und gegen den Machtverlust. Man hat das genau herausgehört. Im Justizausschuss waren zu


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diesem Gesetz letztlich nur vier Gegenstimmen zu vernehmen, denn alle anderen Damen und Herren der Oppositionsparteien haben sich schon früher verabschiedet. Ich möchte Ihnen in Auszügen Expertenmeinungen entgegenhalten. Sie können hereinbrüllen, was Sie wollen, Sie wissen im Grunde genommen genau, dass Sie falsch liegen.

Experte Figdor: Die gemeinsame Obsorge nicht gesetzlich zu regeln, ist absurd. Oder: Die faktische Machtlosigkeit der Männer ist es, die derzeit die Konflikte schafft. – Expertin Twaroch. Oder Haller: Eltern wollen die gemeinsame Obsorge. Weiter: Ein Viertel bis ein Drittel der Kinder haben derzeit keinen Kontakt mehr zum getrennt lebenden Elternteil. Der einjährige Einbruch, den Sie verlangen, ist schädlich, das wird ausdrücklich betont. Es würde ein Entfremdungssyndrom auftreten. (Abg. Dr. Jarolim: Wer hat das gesagt?) Das war Frau Dr. Twaroch, die das gesagt hat. Ich habe mitgeschrieben, ich habe so viele Seiten mitgeschrieben (die Rednerin hebt ihre Unterlagen in die Höhe), Herr Kollege Jarolim! Auch der Familienrechtsexperte Deisenhofer aus Deutschland, der sich seit 1977 mit Familienrecht befasst, hat vor den Gefahren dieses Entfremdungssyndroms gewarnt. Und er hat auch Folgendes gesagt, Frau Kollegin Prammer: Eine gute Mutter muss es zulassen, dass das Kind auch den Vater behalten darf. (Abg. Mag. Prammer: Und was ist mit dem guten Vater, wenn er sich nicht mehr blicken lässt?) Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Aussage.

Er hat aber auch gesagt, dass es sehr positive Auswirkungen der deutschen Gesetzesregelung gibt: 80 Prozent der Scheidungseltern stellen keinen Antrag auf getrennte Obsorge, 10 Prozent machen das in Übereinstimmung und nur mehr 5 Prozent der Fälle in Deutschland sind strittig. In Frankreich ist der Prozentsatz noch höher. Und er hat auch wortwörtlich gesagt, er sei fest davon überzeugt, dass das österreichische Modell noch besser ist als das deutsche.

Eines hat sich bei diesem Expertenhearing und auch bei Ihren heutigen Ausführungen herausgestellt: Das Frauenbild, das Sie zeichnen, Kollegin Prammer, ist überholt. Das ist ein Frauenbild der Unmündigkeit, die es de facto nicht mehr gibt. Auch die Väter bringen sich in den letzten Jahren verstärkt in die Obsorge bei den Kindern ein, und ich sehe nicht ein, dass man das verhindern soll. Die Rückkehr zur unbefriedigenden Rechtslage vor dem Jahre 1977 ist auch wissenschaftlich widerlegt, nachzulesen in der "Österreichischen Juristenzeitung".

Da es in allen europäischen Rechtsordnungen die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge gibt und das gemeinsame Sorgerecht als Regelfall als die beste Lösungsmöglichkeit in ganz Europa gilt, muss ich Sie fragen: Ist Österreich da wirklich anders? Ich bin mir sicher, dass die neue Regelung eine große Akzeptanz in der Bevölkerung finden wird, und ich vertraue in diesem Fall wie auch in anderen Fällen auf die bewusstseinsbildende Funktion der neuen Gesetzgebung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Genossen, der von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits in den Kernpunkten erläutert wurde, verteilt wurde und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maga Terezija Stoisits, Maga Barbara Prammer, Freunde und Freundinnen betreffend die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001, 296 der Beilagen, XXI GP), in der Fassung des Ausschussberichtes (366 der Beilagen)


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001, 296 der Beilagen, XXI GP), in der Fassung des Ausschussberichtes (366 der Beilagen)

wird wie folgt geändert:

Artikel I

1. Z 30 (§ 177) entfällt

2. In Z 31 (§ 177 a) entfällt

3. Z 32 (§ 178) entfällt

Artikel II

Z 3 (§ 55 a Abs. 2 erster Satz) entfällt.

Artikel III

Vor Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt.

1a. In § 2 Abs. 1 erster Satz entfällt die Wortfolge: "und entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos sind".

Artikel V

Z 2 wird wie folgt abgeändert:

2. In § 231 Abs. 1 Z 1 wird die Wendung "seinem Vormunde oder Mündel" durch die Wendung "der mit der Obsorge für ihn betrauten Person, seinem Sachwalter oder seinem Pflegebefohlenen" ersetzt und Abs. 2 wie folgt abgeändert

"(2) Die Aussage kann in den unter Z 1 und 2 angegebenen Fällen mit Rücksicht auf die daselbst bezeichneten Angehörigen auch dann verweigert werden, wenn das eheliche Verhältnis, welches die Angehörigkeit begründet, nicht mehr besteht oder es sich um Personen handelt, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben oder Kinder und Enkel einer von ihnen sind."

Begründung:

1. Zur gemeinsamen Obsorge:

Diese Regelungen garantieren, dass in Hinkunft bei strittigen Trennungen auf Kosten des Kindes mit Hilfe des Gerichtes mit regelmäßigen Anträgen weitergestritten wird. Dies gereicht sicher nicht zum Wohl des Kindes, sondern wird in erster Linie die Gerichte beschäftigen.

2. Das Zeugnisverweigerungsrecht in der ZPO (§ 321) sollte wie im Strafrecht auch auf die im gemeinsamen Haushalt lebenden LebensgefährtInnen ausgedehnt werden.


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3. Zum Unterhaltsvorschussgesetz

3. Beim Unterhaltsvorschussgesetz sollte endlich die Einschränkung auf österreichische Staatsbürger beseitigt werden. Die geltende Regelung widerspricht nicht nur den EU-Bestimmungen sondern auch dem B-VG zur Vermeidung rassischer Diskriminierung.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

18.40

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich in dieser Phase der Diskussion einschalten, weil ich interessiert daran bin, dass hier eine sachliche Diskussion stattfindet und dass man auf Kernargumente wirklich eingeht  – ohne mit Pauschalargumenten wie "Machtausübung", "Geld spielt eine Rolle" und so weiter zu operieren.

Wir hatten ja dazu ein sehr ausführliches Hearing, und Frau Abgeordnete Fekter hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass noch kaum ein Gesetz so ausführlich diskutiert und überlegt wurde. Ich bitte zu bedenken, worum es dabei geht, nämlich darum, dass der Gesetzgeber ein Angebot macht. Er macht das Angebot, dass jene Sorgeregelung, die während aufrechter Ehe besteht, auch für geschiedene Eltern beziehungsweise für die Familie nach der Scheidung gilt. – Frau Abgeordnete Mertel, wenn Sie dann zum Rednerpult kommen, bitte ich Sie, auf diese Argumente einzugehen, da Sie ja nach mir sprechen werden.

Während aufrechter Ehe haben wir die bewährte Regelung, dass eine Obsorge beider Elternteile stattfindet; keine gemeinsame Obsorge, sondern eine Obsorge beider Elternteile. Diese Obsorge funktioniert!

Frau Abgeordnete Mertel, ich bitte um Argumente dagegen. Was spricht dagegen, dass diese Obsorge beider Elternteile nach der Ehe als Angebot des Gesetzgebers fortgeführt wird? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Mertel, wenn Sie jetzt drankommen und diese Diskussion wirklich sachlich sein soll, dann bitte ich um Ihre Argumente, was bitte dem entgegenspricht, dass Eltern, die geschieden sind, die Möglichkeit gegeben wird, eine bewährte Obsorgeregelung auch dann, wenn sie geschieden sind, fortzuführen.

Herrn Abgeordnetem Öllinger, der dann gleichfalls hier zum Rednerpult kommen wird, rufe ich in Erinnerung, dass im Expertenhearing vom Sachverständigen Deisenhofer gesagt wurde, dass in Deutschland, wo seit 1998 diese Regelung existiert, 60 Prozent der Eltern damit einverstanden sind und dass in seinem Gerichtsbereich nur 20 Prozent Abänderungsanträge gestellt werden – und das in einem Gerichtsbereich, in dem 3 500 Scheidungen jährlich erfolgen.

Bedenken Sie bitte auch Folgendes: Jeder Elternteil, der mit dieser Regelung unzufrieden ist, kann das Gericht anrufen und damit erreichen, dass ein Elternteil – in der Regel wird er das selbst sein – mit dieser Obsorgeregelung in der Folge betraut wird.

Frau Abgeordnete Prammer! Es ist nicht so, dass da endlose Verfahren geführt werden, denn es gibt die Möglichkeit der einstweiligen Verfügung – und davon wird auch Gebrauch gemacht. Und es ist auch nicht so, dass Druck ausgeübt werden kann. Sollte nämlich tatsächlich versucht werden, Druck auszuüben, sollte der Unterhalt wirklich darunter leiden, also verkürzt werden, so kann am nächsten Tag derjenige, der glaubt, zu wenig Unterhalt zu bekommen, zu Gericht gehen und einen Antrag stellen. Sie wissen das doch ganz genau! Es gibt da keine Lücke im System! (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Ich bitte Sie, auf diese sachlichen Argumente einzugehen, weil es einfach kein besseres Modell dann geben kann, wenn es in bewährten


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Rechtskreisen wie in Deutschland nur 20 Prozent Abänderungsanträge in dieser Sache gibt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Da bin ich neugierig, ob das Ganze bei Frau Kollegin Mertel auf fruchtbaren Boden gefallen ist!)

18.44

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Mich über den Intelligenzquotienten des Herrn Haigermoser auszulassen, habe ich schon lange aufgegeben, und zwar vor fast schon zehn Jahren. Aber bitte, er hat einen guten Geschmack für schicke Krawatten, habe ich einmal in der Zeitung gelesen, und deshalb unterziehe ich seine Krawatten sozusagen immer einer Überprüfung – und muss sagen: mir gefallen sie nicht! (Abg. Haigermoser: Was haben Sie gegen die Krawatten von Herrn Edlinger?)

Meine Damen und Herren! Unbestritten ist, dass die Basis der gemeinsamen Obsorge das Einvernehmen der Eltern ist. Dem prinzipiellen Bestreben, das da immer geäußert wird, dass Kinder Kontakt zu beiden Elternteilen haben sollen, weil sie beide Elternteile lieben, dass es für ihre Entwicklung förderlich ist, zu beiden Elternteilen Kontakt zu haben, dass sie unter dem Abbruch der Beziehungen zu beiden Elternteilen oder zu einem Elternteil leiden, kann ich nur zustimmen. Dem stimme ich voll inhaltlich zu.

Dann aber, wenn ich hier Rednerinnen und Rednern wie Haller, Fekter, aber auch Ihnen, Herr Minister, zuhöre, werden mir die offensichtlichen Grenzen unserer Mitteilungsmöglichkeit bewusst, denn: Diese Ansichten teilen wir doch auch! Frau Haller sagte zum Beispiel, Kinder haben ein Recht auf kontinuierlichen Kontakt zu den Eltern. – Ja, haben sie! Wenn aber, umgekehrt, die Kinder von einem Elternteil vernachlässigt werden, sieht dieses Gesetz keine Möglichkeit vor. (Abg. Dr. Fekter: Ja natürlich! Die alleinige Obsorgepflicht gibt es auch noch!) Wie binden wir diesen Elternteil ein? Wie bringen wir diesen Elternteil dazu, sich um sein Kind zu kümmern?!

Frau Fekter sagte hier weiters, dass sie seit 1995 Vorsitzende des Justizausschusses ist und dass noch kein Gesetz so intensiv behandelt worden sei wie dieses. – Darauf kann ich nur antworten: Seit 1995 ist ja auch gesellschaftspolitisch nicht so Entscheidendes unter Ihrer Vorsitzführung geschehen. Aber vorher, selbst als die SPÖ die absolute Mehrheit hatte, auch unter den Nachfolgern Brodas, wurde über alle wichtigen gesellschaftspolitischen Gesetze im Justizbereich – ich erwähne in diesem Zusammenhang nur: Strafrechtsreform, Familienrechtsreform, Fortpflanzungshilfegesetz beziehungsweise Medizingesetz – oft jahrelang diskutiert. (Abg. Dr. Fekter: Das Kindschaftsrecht wurde jahrelang diskutiert!)

Vor der Beschlussfassung betreffend Fortpflanzungshilfegesetz – da waren Sie gar nicht im Parlament, Frau Fekter, sondern Staatssekretärin – wurde hier tagelang diskutiert, Paragraph für Paragraph durchgearbeitet. Das aber, was in diesem Zusammenhang hier geschehen ist, noch dazu in nicht einmal zwei halben Tagen, was Sie dann "Hearing" nennen, ist genau das Gegenteil: Da sind Sie einfach über Meinungen der Experten drübergefahren! (Widerspruch der Abg. Dr. Fekter. )

Sie von den Koalitionsparteien wollen das Gesetz hier herinnen durchpeitschen, eine solch sensible Materie, die wahrlich eingehendster Beratungen bedürfte! Wir von der SPÖ wollten ja einen Ausweg, Sie aber, Frau Fekter, reden da – das hat mich besonders "begeistert" – von den "linken Feministinnen unter der Vorsitzenden Hammerl", aber dass Sie damit auch die Katholische Männerbewegung, die Einspruch gegen die geplante gemeinsame Obsorge erhoben hat, als "linke Feministinnen" bezeichnen, finde ich wirklich interessant. (Abg. Steibl: Das stimmt nicht!)

Weiters sagte Frau Fekter, es sei der Wunsch aller Eltern, auch nach einer Scheidung die gemeinsame Obsorge für die Kinder zu haben. – Ja selbstverständlich, Frau Fekter, und es steht dem ja auch nichts entgegen, auch nicht auf Grundlage der jetzigen gesetzlichen Bestimmun


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gen, die gemeinsame Obsorge übertragen zu bekommen, wenn die Eltern eine Vereinbarung vorlegen, die gerichtlich genehmigt wird und diese Vereinbarung eben danach überprüft wird, ob diese dem Wohle des Kindes tatsächlich entspricht. (Abg. Dr. Fekter: Nein, eben nicht! Stimmt ja nicht!)

Hinweisen möchte ich auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 11. Juli 2000, in der es heißt – ich zitiere –:

Die bekämpfte Rechtslage hält jene Eltern, die sich über eine gemeinsame Obsorge einig sind, nicht davon ab, diese auch tatsächlich zu praktizieren. – Zitatende.

So viel zu den "mangelnden Lesekenntnissen", die uns Frau Haller vorgeworfen hat. (Abg. Dr. Fekter: Das Gesetz behindert sie dabei! )

Herr Bundesminister – Sie haben mich ja direkt angesprochen –: Die gemeinsame Obsorge in diesem Gesetz ist kein "Angebot", sondern ein Zwang. Der alte Entwurf, bei dem die Entscheidungsfreiheit noch da war, das war ein Angebot, aber Sie haben ja diesen alten Entwurf – der neue Entwurf wurde nicht einmal einer Begutachtung unterzogen – sozusagen verwahrlosen lassen. – Bei diesem Entwurf aber kann man wirklich von einer seelischen Verwahrlosung der Kinder und der Schwächeren in einem Scheidungsverfahren sprechen, und es sind doch vornehmlich die Frauen, die dadurch benachteiligt werden. (Abg. Dr. Fekter: Sie haben das Begutachtungsverfahren 1999 versäumt!)

Dieses Gesetz geht zu Lasten der Kinder, zu Lasten der schwächeren Teile in und nach einem Scheidungsverfahren – und das sind doch die Frauen! Und diese wirklich verunglückten neuen Bestimmungen, die diesem schlechten Modell "gemeinsame Obsorge" zugrunde liegen, überdecken leider auch andere Regelungsbereiche des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes, welche von Michalek, also von Ihrem Vorgänger, Herr Bundesminister Böhmdorfer, in dessen Entwurf übernommen wurden, Regelungen, die durchaus als positiv zu bezeichnen sind.

Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist gekennzeichnet von Unklarheiten, offenen Fragen und erheblichen Bedenken! – Wenn jedoch Sie, Frau Fekter, beim Hearing etwas anderes gehört haben, so dürfte das auf Ihr selektives Wahrnehmungsvermögen zurückzuführen sein. Selbst jene Experten, die sich einer gemeinsamen Obsorge gegenüber positiv gezeigt haben, äußerten ihre Bedenken, Bedenken gegen die lange Verfahrensdauer: zuerst Versuch einer gütlichen Einigung, dann Mediation, dann erst Gerichtsurteil. Das belastet das Kind und verlängert die emotional kritische Scheidungsphase. Dies alles ist dem Kindeswohl, von dem hier ja dauernd gesprochen wird, wahrlich nicht dienlich!

Die Zahl jener Fälle, in denen Väter ihre Unterhaltspflicht vernachlässigen, steigt von Jahr zu Jahr. Das ist nachzulesen im letzten Bericht der Volksanwaltschaft, der vor wenigen Tagen im Ausschuss abgehandelt wurde.

Durch die gemeinsame Obsorge wird der Druck auf die Mütter in Unterhaltsfragen sogar noch zunehmen. – Eine weitere Tücke dieses Gesetzes!

Dass ein Elternteil nach der Scheidung seine Pflicht, seine Verantwortung seinem Kind gegenüber vernachlässigt – wo doch alle ihre Kinder so lieben, sie aber vergessen, daher: keine Besuche, kein Interesse! –, ist doch bitte nicht etwas, was man dem neuen, "verfehlten" Frauenbild, wie Sie meinen, zuschreiben kann! Und: Ein solcher Elternteil kann auch nicht durch die geplante Regelung zur Wahrnehmung seiner Verpflichtungen veranlasst werden.

Aus dieser Neuregelung geht auch nicht hervor, wie gemeinsame Obsorge funktionieren soll, wenn die einzige wirkliche Basis, die einzige wirkliche Voraussetzung, nämlich das Einvernehmen, nicht vorhanden ist. Man hätte Regelungen finden können, Frau Fekter, wenn Sie eine sorgfältig agierende Vorsitzende gewesen wären, eine Regelung, mit der dem Bedürfnis, das sowohl die Eltern als auch die Kinder im Falle einer Scheidung haben, Rechnung getragen hätte werden können. Aber dieser Mühe wollten Sie sich, Frau Fekter, leider nicht unterziehen! Diese


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Zeit wollten Sie sich nicht nehmen, denn der Stil dieser Regierung wird bestimmt durch die Kurzformel "speed kills" sowie durch die Tatsache von ideologischem Fanatismus.

Es ist bedauerlich und aus meiner Sicht auch traurig und schade, dass ein Gesetz, über das weder hier im Hause noch in der Gesellschaft Konsens vorhanden ist, das trotz der Ratschläge und vor allem der Bedenken der meisten Expertinnen und Experten abgelehnt wird, heute hier im Nationalrat durchgepeitscht werden soll – und das zu Lasten der Kinder!

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Prammer, Dr. Jarolim und GenossInnen, zu 366 der Beilagen (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, möglichst rasch nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001, spätestens aber bis 31. Dezember 2001, eine Evaluationsstudie insbesondere über die Erfahrungen mit dem neu eingeführten Modell der ‚gemeinsamen Obsorge‘ dem Nationalrat vorzulegen. Dabei soll insbesondere berücksichtigt werden, wie sich durch die neue Rechtslage die Unterhaltsstreitigkeiten zwischen den Eltern entwickelt haben, wobei auch die Betreuungssituation während der Ehe und die Frage neuer Partnerschaften von Elternteilen nach der Scheidung berücksichtigt werden sollen.

Darüber hinaus soll es einen internationalen Rechtsvergleich mit im Gegenstand vergleichbaren europäischen Staaten geben. Es soll erhoben werden, inwieweit die Neuregelungen zu einer Verbesserung oder zu einer Verschlechterung des Kindeswohls nach der Scheidung geführt haben und inwieweit Fälle vorhanden sind, in denen der betreuende Elternteil vom anderen Elternteil aufgrund der gemeinsamen Obsorge unsachlich unter Druck gesetzt wird."

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

18.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Prammer, Dr. Jarolim und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

18.53

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Mertel, Sie haben argumentiert, dieses Gesetz sei "kein Angebot, sondern ein Zwang". – Vielleicht kann mir jemand erklären, worin der Zwang liegen soll, wenn jeder Elternteil jederzeit zu Gericht gehen und eine Abänderung der bestehenden Obsorgeregelung beantragen kann!

Da gibt es keinen Zwang, sondern gerichtliche Entscheidungen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

18.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.54

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben uns nicht nur vorge


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nommen, gemeinsam mit dieser Bundesregierung unter Kanzler Schüssel den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen, sondern wir scheuen uns auch nicht davor, große Reformprojekte in Angriff zu nehmen. Und dieses Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz ist ein solches großes Reformprojekt, weil es eben notwendig ist, auf in der Gesellschaft stattgefundene Veränderungen der letzten Jahrzehnte zu reagieren.

Wir können feststellen, dass die Bereitschaft junger Menschen, Verantwortung zu übernehmen – mehr, als das in den vergangenen Jahren der Fall war –, größer geworden ist. Und diesen Wunsch, dieses Bedürfnis junger Menschen nehmen wir ernst. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang kann man eine Reihe von Änderungen, die im vorliegenden Gesetzentwurf enthalten sind, nennen, so etwa die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters, die Stellung des Kindes grundsätzlich, die Stellung des Kindes im Verfahren, die Stellung des Kindes bei medizinischer Behandlung und so weiter.

Festhalten möchte ich hier auch, dass im Zuge der Verhandlungen im Justizausschuss all diese Themen außer Streit standen, dass es von Ihnen von der SPÖ nicht einmal der Mühe wert befunden wurde, in diese Debatte im Ausschuss einbezogen zu werden.

Die Ausführungen der Vorsitzenden des Justizausschusses Maria Fekter sind absolut richtig. Und auf ihren Wunsch hin haben wir gemeinsam zwei volle Tage mit Experten diskutiert, um festzustellen ... (Abg. Dr. Mertel: Zwei volle Tage?) Zwei volle Arbeitstage!

Sie von der SPÖ haben aber am letzten Tag leider schon leichte Ermüdungserscheinungen gezeigt, denn zum Schluss hat die SPÖ-Fraktion im Ausschuss sozusagen unter Schwindsucht gelitten. (Abg. Dr. Mertel: Das stimmt gar nicht! – Abg. Dr. Jarolim: Was Sie sich heute leisten, ist schrecklich!) Da waren nämlich nur mehr zwei Abgeordnete Ihrer Fraktion da! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Zahl der Abgeordneten der SPÖ wurde dort immer geringer – und zum Schluss waren Sie nur noch zu zweit im Ausschuss. Sie haben es auch nicht einmal der Mühe wert gefunden, die Abstimmung abzuwarten!

Betonen möchte ich hier nochmals, dass die Frau Vorsitzende keine einzige Wortmeldung zurückgewiesen hat oder gar einen Experten in seinen Ausführungen beschränkt hätte!

Jene Differenzen, die da zwischen der linken Reichsdrittelhälfte und der Mehrheit hier im Plenum bestehen, beziehen sich auf die gemeinsame Obsorge der Eltern nach der Scheidung. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. )

Frau Kollegin Stoisits! In einer Demokratie ist es doch bitte so, dass, auch wenn unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen aufeinandertreffen, eben trotz unterschiedlicher gesellschaftlicher Standpunkte letztendlich mit Mehrheit entschieden wird! So wie 1978 über die heutige Gesetzeslage von der damaligen SPÖ-Alleinregierung entschieden wurde, ist auch diese Bundesregierung bestrebt, anstehende Fragen einer Entscheidung zuzuführen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie, Frau Abgeordnete Mertel, haben hier von "Machtausübung" gesprochen und meinten, es gehe bei der Obsorge um "Macht". – Tatsächlich geht es um Macht, aber nicht um die Macht der Männer, die Angst hätten vor irgendwelchen körperlichen Verstümmelungen, wie Sie das im Ausschuss immer wieder angesprochen haben (Abg. Mag. Wurm: Was?), sondern vielmehr geht es Ihnen um die Angst, Macht zu verlieren.

Ich zitiere nunmehr wörtlich aus meiner Mitschrift aus dem Expertenhearing. Ihre Expertin, nämlich Frau Dr. Klaar, hat dort gesagt: Der, der die Arbeit hat, soll auch die Entscheidungsmacht über das Kind haben. – Zitatende. (Abg. Mag. Stoisits: Genau! Goldrichtig!)  – "Entscheidungsmacht" über das Kind! Solche Worte werden Sie von unserer Fraktion niemals hören! Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der ÖVP.)


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Uns,
meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es nämlich tatsächlich um das Wohl des Kindes. Wir stellen das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt (Beifall bei der ÖVP), und wir wollen nicht, dass dem Kind nach der Scheidung seiner Eltern zwangsweise ein Elternteil genommen wird. (Abg. Mag. Stoisits: Wieso "zwangsweise"?) Das wollen wir nicht! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir vertrauen auf den mündigen Bürger. Und Frau Kollegin Haller hat ja hier gesagt: Das Gesetz prägt den Menschen. Feststellbar ist – und Sie werden das nicht bestreiten können –, dass sich das Verhalten von Menschen, die sich in Scheidung befinden, in den letzten 20 Jahren geändert hat, denn zum Großteil erfolgen Scheidungen einvernehmlich. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Ich weiß, dass auch solche Scheidungen nicht konfliktfrei sind, lebe ich doch auch auf dieser Welt, aber es benützen – Gott sei Dank! – immer weniger Menschen ihre Kinder als "Waffe" gegen den Partner. (Abg. Mag. Wurm: Das ist das Problem an diesem Gesetz!)

Sie von der linken Seite dieses Hauses hängen noch immer der Zeit der siebziger Jahre an. Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir befinden uns in einem neuen Jahrtausend, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Reichsdrittelhälfte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Eine neue Welt!)

Sie waren nicht im Expertenhearing, und auch Sie nicht, Frau Kollegin Mertel – ich habe Sie nicht gesehen, vielleicht täusche ich mich –, aber Frau Kollegin Stoisits war dort, doch ihr Befund über dieses Expertenhearing lässt erahnen, dass sie geistig nicht immer anwesend war, denn sonst könnte sie nicht sagen, dass die Mehrheit der Experten die vorliegende Lösung abgelehnt hat. Es waren einige der Experten, vor allem jene, die sich mit heiklen Fällen in ihrem Beruf beschäftigen müssen, die – das gebe ich zu – Angst und Vorbehalte haben (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine beschämende Rede, Herr Kollege!), aber die Mehrheit der Experten war eindeutig für diese Lösung. Das können Sie heute hier nicht wegdiskutieren – da können Sie noch so laut schreien, es wird nicht anders. Das Expertenhearing hatte das Ergebnis, das es tatsächlich hatte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unser Modell möchte die Belastungen für die Kinder minimieren, und ich glaube, dass die vorliegende Lösung die Chance in sich birgt, die maximale Anzahl und den größtmöglichen Prozentsatz von Vätern, um die es Ihnen so sehr geht, dazu zu bringen, sich mehr um die Kinder zu kümmern, als es vielleicht heute der Fall ist.

Daher bitte ich Sie wirklich inständig: Geben wir den Eltern die Chance, zu beweisen, dass sie vernünftiger sind, als Sie es ihnen zutrauen, meine sehr geehrten Damen (Abg. Mag. Wurm: Die haben sie ja!)  – denn die Herren nehme ich hier aus –, und machen wir vor allem eines: Geben wir vor allem den Kindern die Chance, ihre Eltern so lange zu behalten, so lange es nur möglich ist, indem wir ihnen nicht einen Elternteil zwangsweise wegnehmen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Was heißt "zwangsweise"?)

19.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Um das gleich einmal von Beginn an klarzustellen, Herr Bundesminister, oder auch an die fehlende "rechte Reichshälfte" – unter Anführungszeichen – gerichtet: Wir sind gegen diese Änderung in der gemeinsamen Obsorge, aber nicht deswegen, weil wir für das alte Kindschaftsrecht sind. Das unterscheidet die grüne Fraktion, wie ich herausgehört zu haben meine, doch einigermaßen deutlich auch von den Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion.

Wir sind der Meinung, dass Obsorge von zwei Menschen – Sie nennen es "gemeinsame" Obsorge; das ist ein Begriff, der nicht stimmig ist, denn es ist eine getrennte Obsorge im Großen


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und Ganzen – möglich werden muss. Wir halten sehr viel davon. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich selbst, Herr Bundesminister, habe meine Erfahrungen mit dem alten Kindschaftsrecht und fehlenden Bestimmungen darin gemacht. Meine ältere Tochter ist unter diesen Bedingungen groß geworden, und es wäre unter Umständen etwas besser gewesen, hätte es gesetzliche Bestimmungen gegeben, die das unterstützt hätten. Aber aus dieser Erfahrung heraus, meine Damen und Herren, weiß ich auch, dass all das, nämliche rechtliche Verpflichtungen, rechtliche Möglichkeiten eines nicht ersetzen können: Wenn es zwischen den Partnern nicht stimmt, dann können Sie sich auf den Kopf stellen, dann wird das auch nicht funktionieren! – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Warum werden Ehen geschieden, wenn Kinder da sind? Da gibt es die Familienpsychologen, die sagen, es gibt die "kalten" Beziehungen, das sind jene, in denen schon in den ersten Jahren, eben gerade deswegen, weil die Aufteilung der Arbeit, der Versorgung der Kinder zwischen den Partnern nicht funktioniert, die Beziehung der Erwachsenen kaputtgeht. Da ist es aus – egal, wie lange die Ehe aufrecht bleibt oder nicht. Die sind kalt, da tut sich nichts mehr. Aber da ist für einen, nämlich für denjenigen, der die Kinder oder das Kind betreut, klar: Er – in der Regel sie  – hat die Arbeit. Irgendwann werden diese Beziehungen auch geschieden – in der Regel.

Und dann gibt es die "heißen" Beziehungen, in denen sich beide anstrengen, auch mit der Aufteilung der Arbeit mit den Kindern zurechtzukommen. Das funktioniert nirgendwo so, dass man sagen könnte: Halbe-Halbe. Na bitte, da sprechen wir als Parlamentarier über etwas, von dem wir klar wissen – zumindest die Männer hier herinnen –: Das können wir nicht leisten. Unsere Lebens- und Arbeitswelt ermöglicht Halbe-Halbe oder im Scheidungsfall die gemeinsame Obsorge auf gar keinen Fall, nämlich eine gemeinsame Obsorge so, dass darunter tatsächlich eine einigermaßen faire Verteilung, auch Arbeitsteilung, zu verstehen wäre.

Aber es kann funktionieren, wenn die beiden, Partner und Partnerin, eine "heiße" Beziehung gehabt haben. Dann kann es funktionieren. Nur: Das können Sie nicht durch ein Gesetz erzwingen, und das ist das Manko auch dieses Entwurfes in diesem Punkt. Sie versuchen, Ehe nach der Ehe zu simulieren, nämlich auch für jene "kalten" Beziehung, bei denen alles im Eimer ist, bei denen über das Kind gestritten wird – nicht für das Kind, sondern über das Kind –, bei denen die Partner auf diese Weise alles austragen. Und das ist das Problem!

Herr Bundesminister! Da sage ich Ihnen ganz klar: Da hilft mir Ihre Versicherung, die können ja ohnehin zu Gericht gehen und sich das dann vor Gericht ausstreiten, gar nichts, denn die Partnerin, die das Kind versorgt – ich spreche jetzt von der Frau –, ist nicht die FPÖ, die wegen jeder Kleinigkeit zu Gericht, zu Ihrer Kanzlei gehen kann, sondern die muss ein Kind betreuen. Die ist froh, wenn sie nichts vom Gericht hört. Die ist froh, wenn sie irgendwie mit dem Kind und dieser Beziehung über die Runden kommt. Auch wenn es umgekehrt ist, wenn es der Mann ist, der das Kind betreut und zu versorgen hat, dann ist er nicht daran interessiert, mit dem anderen Partner – in diesem Fall mit der Frau, die nicht das Kind betreut – schwerpunktmäßig irgendetwas zu regeln.

Wenn beide die Möglichkeit haben, das auszureden – und diese Fälle gibt es ja –, sich trotz aller Schwierigkeiten zu einigen, sich trotz Scheidung darüber klar zu sein, dass das Kind nicht Gegenstand des Streites sein darf, dann wird es funktionieren und da soll es auch funktionieren.

Ich sage Ihnen ganz klar: Soweit Ihre Regelung im Kindschaftsrecht uneheliche oder außereheliche Beziehungen betrifft, ist sie eine Verbesserung. Ich bin froh darüber. Ich habe das Schlimmste befürchtet, denn ich habe mir gedacht, dass da wieder auf jene vergessen wird, die nicht in einer ehelichen Beziehung leben, sprich bei einer Scheidung davon betroffen sind. Diesbezüglich ist das eine Verbesserung. Aber gerade deswegen hätten wir gerne anders darüber diskutiert, Herr Bundesminister. Wir hätten gerne Zeit dafür gehabt.

Ihr Vergleich mit Deutschland, den Sie gezogen haben, ist nicht sehr hilfreich. Die Bundesrepublik Deutschland hat ein anderes Ehe- und Scheidungsrecht als Österreich. Da ist auch in noch


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aufrechter Ehe in der Phase, in der schon der Konflikt aufzieht, sehr viel mehr möglich, als das in Österreich der Fall ist. Sehr viel mehr! Man müsste also diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen zwischen Österreich und Deutschland genau betrachten, um feststellen zu können, ob das miteinander vergleichbar ist – sonst werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Ich habe, da ich auch den Verein "Recht des Kindes auf beide Eltern" kenne und die Kollegin Fekter das Kindeswohl mit dem Recht des Kindes auf beide Eltern gleichgesetzt hat, eine Anmerkung zu machen. – Frau Kollegin Fekter! Das Kindeswohl ist nicht allein das Recht des Kindes auf beide Eltern. Das kann dazugehören, aber es ist nicht gleichzusetzen. Das Kindeswohl ist eine Größe, die relativ unbestimmt ist und gern als Spielball zwischen den Parteien benutzt wird, um Politik für die eine oder andere Seite zu machen.

Der Verein "Recht des Kindes auf beide Eltern" ist ein Verein, in dem sehr viele Männer sind – nicht nur, aber hauptsächlich Männer –, die durchaus unter, sagen wir einmal, traumatischen Scheidungserfahrungen leiden. Es sind aber in diesem Verein leider Männer bestimmend, die eine Schuldzuweisung nur an die "emanzipierten" – unter Anführungszeichen – Frauen vornehmen, die einen Krieg gegen Frauen führen wollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Lesen Sie die Publikationen, lesen Sie Aussagen der führenden Männer dieses Vereins, die nicht sehr unterscheidbar sind von den Aussagen des Herrn Jörg Haider, der soeben auf dem Villacher Parteitag auch von den "emanzipierten Frauen" gesprochen hat, "die nur Scheidungswaisen und verhaltensgestörte Kinder produzieren".

Meine Damen und Herren! Das ist eine Haltung, das ist Ausdruck einer Geisteshaltung, die leider über diese Regelung des Gesetzes eine praktische Anwendung finden kann. Wenn nämlich die Männer ihren Konflikt mit den Frauen, für den sie nur die Frauen verantwortlich machen, weil es in der Regel die Frauen sind, die die Scheidung anstreben, nicht die Männer, weil sie rauswollen und rausmüssen aus dieser Ehe, damit sie die Beziehung zu den Kindern weiterleben können, weil die Männer in der Regel die Belastung für die Beziehung darstellen, wenn diese Männer also jetzt eine Möglichkeit erhalten, über diese neue Regelung diesen Konflikt über Unterhaltsforderungen, über Rechtsansprüche auszutragen – dann "Gute Nacht!" (Abg. Dr. Fekter: Dann haben Sie das Gesetz nicht verstanden!) Dann gute Nacht, meine Damen und Herren, denn das wird möglich! (Abg. Dr. Fekter: Sie haben das nicht verstanden!)

Und um darüber ernsthaft zu diskutieren, Frau Kollegin Fekter, hätten wir uns bei dieser bedeutsamen Änderung ruhig noch etwas mehr Zeit nehmen können, wenn Ihr Interesse vorhanden gewesen wäre. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen den Grünen und der ÖVP.)

19.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

19.11

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass sich Abgeordneter Öllinger hier zum Rednerpult stellt und so mir nichts, dir nichts einen Verein diskreditiert, der naturgemäß hier in diesem Hohen Haus nicht vertreten ist und keine Möglichkeit hat, sich zur Wehr zu setzen.

Ich darf Ihnen ein Weiteres sagen, Herr Kollege Öllinger: Was den ersten Teil Ihrer Rede anlangt, kann ich Ihnen in weiten Teilen durchaus folgen, aber wenn Sie sagen, dass zu wenig Zeit gewesen wäre, sich mit der Materie auseinander zu setzen, so dürfte das wohl ein Akt des Selbstvorwurfes gewesen sein, denn, Herr Kollege Öllinger, ich war bei den Ausschussberatungen anwesend, ich war bei den Hearings anwesend, aber ich habe Sie dort nicht erblickt (Abg. Öllinger: Ich wäre gerne dabei gewesen!), was allerdings nichts heißt. Ich will Ihnen nicht unterstellen, dass Sie sich mit der Materie nicht befasst haben, aber wenn Sie sagen, es wurde der Sache zu wenig Augenmerk geschenkt, zu wenig Zeit, dann kann sich das ... (Abg. Öllinger: Mich hat niemand um den Termin gefragt!)


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Sie hat niemand um den Termin gefragt. – Wir leiden alle unter höchster Terminnot, das ist überhaupt keine Frage, aber ich glaube, wenn vier, fünf, sechs Termine angesetzt sind, zu denen Ausschusssitzungen beziehungsweise Hearings stattfinden, so sollte es doch einmal möglich sein, dafür Zeit zu haben. (Abg. Öllinger: Untersuchungsausschuss habe ich gehabt!) Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, nur dann können Sie sich nicht hier herunterstellen und für sich reklamieren, dass Sie die Zeit nicht hatten, um sich mit dieser Gesetzesvorlage zu befassen. (Abg. Öllinger: Einen anderen Ausschuss habe ich auch noch gehabt!) Das ist nicht fair, Herr Kollege Öllinger.

Zum Zweiten: Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit einem prominenten Journalisten, der sich eher als "linksliberal" deklariert und bezeichnet und auch so schreibt. Dieser hat mir Folgendes gesagt: Seine Ehe ist in die Brüche gegangen, und er hat mit seiner Gattin volle Übereinstimmung darin erzielt, dass die Obsorge in der Zukunft nach der Scheidung beiden Elternteilen zukommen soll. Er war verzweifelt, weil er in Österreich, basierend auf der derzeitigen Gesetzeslage, zunächst keinen Richter gefunden hat, der bereit war, eine gemeinsame Obsorge zu ermöglichen. Er hat dann doch eine Möglichkeit gefunden – Kollege Jarolim wird mir bestätigen, dass es in Ehesachen die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung gibt –, irgendwo an einem entlegenen Bezirksgericht einen verständnisvollen Richter aufzutreiben, der praeter legem oder sogar contra legem, also gegen das Gesetz, eine gemeinsame Obsorge zugunsten beider Ehepartner und zugunsten des Kindes gewährt hat. Beide wollten das so! (Abg. Öllinger: Sind Sie auch dafür?)

Und jetzt komme ich auf die gegenwärtige Situation. Es wurde immer wieder, auch von Kollegin Mertel, der Begriff des Zwangs gebraucht. – Ja bitte, der einzige Zwang, der hier besteht oder bestanden hat, war der, dass nach der bestehenden Gesetzeslage selbst dann, wenn vollste Übereinstimmung über eine beidseitige Obsorge bestand, der Zwang diesem Einvernehmen entgegenstand. Da kann mir niemand erklären, dass das im Interesse des Kindes und im Interesse der beiderseitigen Obsorge ist. Das kann mir niemand erklären, sondern ganz im Gegenteil: Das ist ein Oktroi des Gesetzgebers, ein unangemessenes Diktat des Gesetzgebers zu Lasten des Rechtsunterworfenen, zu Lasten der Kinder und zu Lasten der Möglichkeit einer einvernehmlichen gemeinsamen Obsorge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum zweiten Argument, das Ihnen auch der Herr Bundesminister näher zu bringen versucht hat und das bei Kollegen Jarolim – so wie ich seine Körpersprache und Mimik kenne und verstehe – durchaus auf ein offenes Ohr gestoßen ist, nicht so sehr bei den Damen der Sozialdemokratie, nämlich dass überhaupt kein Zwang besteht, Frau Kollegin Mertel. Verabschieden Sie sich von dieser Mär, dass ein Zwang zu einer gemeinsamen Obsorge besteht! Schauen Sie in das Gesetz hinein!

Was steht denn im Gesetz? – Es steht im Gesetz, dass im Fall einer gemeinsamen Obsorge dem Gericht eine Vereinbarung über die gemeinsame Obsorge vorzulegen ist, und in dieser Vorlage ist auch festzustellen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten wird.

Kollege Öllinger wird mir nun wahrscheinlich Folgendes entgegenhalten: Dadurch entsteht ein Zwang oder eine Zwangssituation, eine Drucksituation. – Ist es nicht so? (Abg. Öllinger: Das ist doch noch etwas differenzierter, als Sie es sagen!) Gut!

Es ist nämlich im Ausschuss immer wieder das Argument der Erpressung gebracht worden, dass also jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt unter dem Druck der Ereignisse oder unter dem Druck einer Gesamtregelung bereit sein könnte, sich einer gemeinsamen Obsorge zu unterwerfen, das aber später innigst bereut oder diese Vereinbarung unter Mentalreservation abschließt und dann ein Leben lang oder bis zur Volljährigkeit beziehungsweise Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes daran gebunden ist.

Bitte, das ist nicht wahr, Frau Kollegin Mertel. Schauen Sie in das Gesetz! Ein einfaches Aufschlagen der Seite 8 und ein einfacher Blick in das Gesetz werden Sie eines Besseren belehren. Wenn nämlich innerhalb einer angemessenen Frist nach der Scheidung – also wenn die Drucksituation vorbei ist – eine Regelung über die Obsorge, über die Ausgestaltung der


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Obsorge nicht zustande kommt, dann hat das Gericht eine Entscheidung zu treffen. Aber selbst wenn diese Entscheidung einmal getroffen ist, kann, wenn die gemeinsame Obsorge nicht funktionieren sollte oder die Behauptung aufgestellt wird, dass sie nicht funktioniert, zu jedem x-beliebigen späteren Zeitpunkt jeder der Ehepartner einen Antrag an das Gericht stellen, der darauf abzielt, dass über die Obsorge neu abgesprochen wird.

Und da wird mir doch jeder, der sich mit der Materie befasst, Recht geben, dass überhaupt keine Drucksituation, überhaupt keine Erpressungssituation, wie es immer wieder ins Treffen geführt wurde, vorliegen kann. (Abg. Öllinger: Aber das Geld! Das Geld! Herr Kollege Krüger, wer macht das denn? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Abschluss meiner Ausführungen noch ganz kurz einen Überblick über die Rechtslage in Nachbarländern oder in anderen Ländern der Europäischen Union geben. Über Deutschland wurde bereits gesprochen. Am 1. Juli 1998 ist dort das Kindschaftsrechtsformgesetz in Kraft getreten, und man hat gute Erfahrungen gemacht.

Herr Kollege Öllinger, ich kann Ihnen eines sagen: Es ist schon richtig, es gibt in Deutschland – bekanntermaßen sozialdemokratische Regierung – einen fundamentalen Unterschied bei der Scheidung, und zwar den, dass es in Deutschland nur einen Scheidungsgrund, nämlich Scheitern der Ehe, gibt. Dieser Scheidungsgrund hat aber überhaupt nichts mit einer Obsorgevereinbarung zu tun. Auch dort müssen sich die Elternteile selbstverständlich über die gemeinsame Obsorge einigen. (Abg. Öllinger: Es gibt auch die Abkühlungsphase!)

In Frankreich – bekanntermaßen sozialdemokratische Regierung – gibt es bereits seit 1984 die Möglichkeit einer gemeinsamen Obsorge nach der Scheidung der Eltern. (Abg. Öllinger: Soll es auch geben! Ist auch gut so!) In Schweden, in der von Ihnen so gerühmten Wiege des europäischen Sozialismus, gibt es die gemeinsame Obsorge. Dort ist die gemeinsame Obsorge der Regelfall. In England gibt es den Children Act aus dem Jahr 1989, und auch dieser enthält ganz klare Ausführungen über das Primat der gemeinsamen Obsorge. (Abg. Mag. Prammer: Haben Sie sich auch das Pflegschaftsrecht schon einmal angeschaut?)  – Frau Kollegin, da Sie die Unterhaltsfrage ins Treffen führen: Auch das ist ja wieder so eine Mär! Sie sagen, in erpresserischer Weise würden Unterhaltsansprüche mit der Obsorge verknüpft. Das ist doch nicht wahr!

Ich halte Ihnen entgegen: Wenn sich die Eheteile bei einer einverständlichen Scheidung über die Obsorge und den Unterhalt einigen, nachher aber ihre Meinung ändern, dann kann jeder Eheteil schon drei Tage nach Rechtskraft der Scheidung den Richter anrufen und sagen: Diese Obsorge, die wir vereinbart haben, erkläre ich so quasi für null und nichtig – das ist etwas unjuristisch ausgedrückt –, ich will eine Neuregelung. Das hat doch überhaupt nichts zu tun mit irgendeiner Erpressung oder irgendeiner Drucksituation. (Abg. Mag. Prammer: Sie sprechen wider besseres Wissen!)

Meine Damen von der Sozialdemokratie! Verabschieden Sie sich doch von diesem Fundamental-Standpunkt, den Sie da vertreten! Mit Recht war es bis zum Jahre 1978 Mittelalter, bis zu jenem Zeitpunkt, bis zu dem im ABGB gestanden ist: Der Mann ist das Oberhaupt der Familie. Mit Recht war das Mittelalter, überhaupt keine Frage! (Abg. Dr. Mertel: Kastrationsängste! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber man kann doch auch nicht ins andere Extrem verfallen und sagen: Die Frau ist das Oberhaupt der Familie und hat das Monopol auf Kinder! Das gibt es nicht!

Im Kindschaftsrecht gibt es keinerlei Monopol, sondern es ist ausschließlich gemäß dem Kindeswohl zu entscheiden. (Abg. Mag. Prammer: Halbe-Halbe!)  – Ja, Halbe-Halbe. Frau Kollegin, ich kenne Ihren Ansatz, und ich habe Ihnen im Ausschuss schon gesagt: Sie gehen von dem Ansatz aus, dass bei jeder Scheidung die Eheteile mit Hammer und Sichel aufeinander losschlagen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist ja nicht der Fall, das wissen wir ja aus der Praxis! 90 Prozent der Scheidungsfälle werden einverständlich geschieden, nur bei 10 Prozent kommt es zu einem förmlichen Scheidungsverfahren. Und ich kann Ihnen sagen, selbst bei diesen


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10 Prozent ... (Abg. Dr. Mertel: Es kommt nur zur einvernehmlichen Scheidung, weil sie sich keinen Rechtsanwalt leisten können! Das ist das Diktat der leeren Kassen!)

Frau Kollegin, Sie sagen, weil sie sich keinen Anwalt leisten können. Ich darf doch bei Ihnen Frau Kollegin, als einer akademischen Beamtin der Kärntner Landesregierung voraussetzen, dass Sie wissen, dass in Österreich jeder, der sich keinen Anwalt leisten kann, einen Anwalt beigestellt bekommt. Bitte verschonen Sie doch das Hohe Haus mit solchen Gebilden, die wirklich jeglicher Grundlage entbehren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme, meine interne Redezeit schon überschreitend, jetzt wirklich zum Schluss. Ich glaube, es ist ein sehr positiver Schritt in Richtung einer stärkeren Beachtung des Kindeswohls auch in Richtung einer stärkeren Beachtung der Aufrechterhaltung der Eltern-Kind-Beziehung. Wenn ich das, was der deutsche Experte gesagt hat, richtig zusammenfasse, es abstrahiere und auf den Punkt bringe, dann möchte ich sagen: Ich glaube doch, dass das Sein dem Bewusstsein folgt und dass diese Gesetzesvorlage sehr positiv ist und zum Kindeswohl einen sehr großen Beitrag leisten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu dieser Debatte ist grundsätzlich zu sagen, dass das Kindeswohl etwas sein sollte, was uns hier in der Diskussion nicht zu Zynismen verleiten sollte. Und in diesem Lichte sollten wir das Ergebnis des Hearings als das präsentieren, was es wirklich war, Frau Kollegin Fekter und Herr Kollege Trinkl, und darüber hinaus auch die Situation so darstellen, wie sie in einer Beziehungskrise, einer Scheidung tatsächlich ist.

Ganz kurz ein paar einleitende Bemerkungen. Es ist dieses Gesetz bereits seit längerem in Diskussion und in Ausarbeitung. Es ist ein sehr umfangreiches Gesetz. Ich weiß nicht genau, bis wann es zurückgeht, ich glaube, 1998 sind die Arbeiten begonnen worden. Es sind viele Punkte enthalten, die tatsächlich eine positive Weiterentwicklung darstellen, ich denke dabei insbesondere an die Absenkung der Volljährigkeitsgrenze. Aber selbst da haben Sie es geschafft, diesen Fortschritt dadurch zu konterkarieren, dass Sie – zunächst relativ ungestüm, jetzt schon etwas zurückhaltender – auch die Absenkung der Strafmündigkeit gefordert haben. Das hat Ihnen von Experten den Vorwurf eingebracht, dass das eine Rückkehr zum germanischen Rachedenken ist.

Ähnliches gilt auch für die Änderung im Zusammenhang mit der gemeinsamen Obsorge. Es hat im alten Entwurf eine Regelung gegeben, die sehr sorgsam ausdiskutiert war. Dieser Regelung ist zugrunde gelegen, dass es natürlich viele Eltern gibt, die nach der Scheidung eine gemeinsame Obsorge ausüben wollen und das auch zustande bringen, weil sie sich eben dessen bewusst sind, dass sich das Recht des Kindes auf beide Eltern natürlich auch über das würdevolle Verhalten der Eltern zueinander definiert und dass dem Kind – wenn sie verantwortliche Eltern sind – natürlich eine Situation geboten werden muss, die das Kind aus dem Streit heraushält.

Das, was Sie jetzt in dieser Abänderung vorgelegt haben und was auch einen heftigen Streit ausgelöst hat, ist meines Erachtens die für das Kind rücksichtsloseste Form aller Möglichkeiten einer gemeinsamen Obsorge. Mir ist es auch völlig unverständlich, warum Sie diese massive Änderung gegenüber dem alten Entwurf nicht ... (Zwischenruf der Abg. Haller. )  – Frau Kollegin Haller, entweder wollen Sie es nicht verstehen, oder Sie verstehen es wirklich nicht. Ich weiß es nicht, würde Sie nur ersuchen, mir abzunehmen, dass ich ernstlich bemüht bin, einen Sachdiskussionsbeitrag dazu zu leisten. Ich finde, die Materie ist – ich habe es eingangs gesagt – ganz einfach zu wichtig, um damit in ein polemisches Hickhack abzudriften.

Daher haben wir es auch nicht verstanden, dass Sie von dem Verfahren, das üblicherweise bei größeren Materien selbstverständlich ist, abgehen, nämlich von einem Stellungnahmeverfahren.


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Damit hätten Sie auf schriftliche Art und Weise Stellungnahmen eingeholt, die eine ernsthafte und ehrliche Diskussion ermöglicht hätten. Das haben Sie aber nicht getan!

Sie haben es dann über Drängen der Opposition mit dem Hearing mehr oder weniger zu kompensieren versucht, aber wie ich heute hier höre, sind die Ergebnisse dieses Hearings offenbar von Ihnen nicht zur Kenntnis genommen worden, oder Sie versuchen, ein anderes Ergebnis darzustellen. Es haben alle Experten, die für eine gemeinsame Obsorge grundsätzlich plädiert haben, darauf hingewiesen, dass diese gemeinsame Obsorge einer sehr sensiblen Vorgangsweise bedarf und nur dann in Betracht gezogen werden sollte, wenn sie außerhalb jeden Streites steht.

Wir alle wünschen uns, dass Ehen, die auseinander gehen, in einem humanen, in einem menschenachtenden Klima beendet werden, aber leider Gottes gibt es das nicht überall. Dort, wo es das nicht gibt, kommt es zu Situationen, in denen die Kinder unter die Räder zu kommen drohen, und davor sind sie zu schützen.

Der alte Entwurf, der eine gemeinsame Obsorge vorgesehen hat, war dadurch gekennzeichnet, dass man gesagt hat, es soll nach dem Streit, diesem heftigen Aufeinanderprallen der Interessengegensätze – und Sie alle wissen, Streitigkeiten bei Ehescheidungen können fürchterlichste Formen annehmen! –, eine Frist vergehen, und danach sollen jene Paare, die sich selbst in der Lage sehen, eine gemeinsame Obsorge so auszuüben, dass sie für das Kind förderlich ist, die Möglichkeit dazu haben.

Durch diese Antragsmöglichkeit, Kollege Krüger – das ist ja unbestritten –, durch diesen Druck und diesen Zwang kommt es sicherlich dazu, dass viele Mütter sagen werden: Na ja, um die alleinige Obsorge zu bekommen und um den Verzicht des Gatten zu erreichen, mit dem ich in einem heftigen Streit bin, verzichte ich auf die Aufteilung, verzichte ich auf Unterhaltsansprüche für mich selbst. Das ist die Realität!

Kollege Krüger, du bist Anwalt, der Minister ist Anwalt. Sie alle, wir alle müssten aus der Praxis doch wissen, dass es so etwas gibt. Dieser Druck ist real, und ihn zu leugnen, ist ganz einfach nicht akzeptabel.

Das, was diese Lösung bewirken wird, ist daher nicht im Interesse der Kinder und auch nicht im Interesse einer reellen Scheidung auf Basis einer sachlichen Situation, sondern wir erzeugen damit eine Drucksituation im Scheidungsverfahren, die unerträglich ist.

Ich komme zum Schluss. Sie sagen immer wieder, wir seien die einzigen in Europa, die diese gemeinsame Obsorge nicht haben. Dazu möchte ich bemerken, wir sind auch einer der wenigen in Europa, die nach wie vor die strittige Scheidung haben, und nicht die Zerrüttungsscheidung. Das führt natürlich auch dazu, dass es immer wieder zu eminenten Auseinandersetzungen, zu emotionalen Mega-Crashs in Beziehungen kommt, und das führt wiederum dazu, dass die Grundlage für eine gemeinsame Obsorge der Kinder denkbar schlecht ist.

Wenn Sie wirklich ernst meinen, was Sie hier vorgeben und behaupten, nämlich im Sinne der Kinder vorzugehen, dann müssen Sie die gesamte Situation betrachten, sensibel damit umgehen und dann eine gesetzliche Gesamtregelung treffen. Das tun Sie aber nicht, weil Sie aus mir völlig unerklärlichen Gründen – das kann auch nicht mit der Budgetsituation und finanziellen Notwendigkeiten argumentiert werden – in einer hochsensiblen Materie zunächst ohne Stellungnahmeverfahren, dann nach einem Expertenhearing – immerhin etwas, aber unter Negierung der dortigen Ergebnisse – eine Lösung präsentieren, die dem, was notwendig ist, nämlich das Wohl der Kinder zu schützen, einfach nicht gerecht wird. Und das bedauere ich sehr. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Der Abänderungsantrag ist das Ergebnis des Hearings!)

19.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.


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44. Sitzung / Seite 183

19.30

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zu den inhaltlichen Vorgaben der gemeinsamen Obsorge beziehungsweise der Obsorge beider Elternteile wurde im Detail schon einiges gesagt und berichtet.

Ich glaube, dass wir bei der Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition von zwei verschiedenen Grundlagen ausgehen, und das ist der eigentliche Grund der Auseinandersetzung. Bei uns, so meine ich, denkt niemand daran, dass der Staat die letzte, alles regelnde Instanz sein kann, um letzten Endes auch private Konflikte zu regeln. Ich denke, dass sich der Staat dort, wo private Konflikte sind, zurückzuziehen und nur dann einzugreifen hat, wenn das Kindeswohl – wie in vielen Fällen bei Ehescheidungen – gefährdet ist, und zwar mit dem Wissen, dass man letztgültige und letztendliche Regelungen, sofern man nicht das Private total unterwandern und regeln will, nicht treffen kann.

So hat es auch, für mich sehr beeindruckend, einer der als Experten gehörten Familienrichter gesagt: Der Staat sollte bei der Frage der Sorge um die Kinder so lange wie möglich nicht eingreifen, sondern nur dann, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Und genau darum geht es in diesem Entwurf: dass wir aus der jetzigen Situation herauskommen, dass dann, wenn Menschen, die in einer konfliktbeladenen emotionalen Situation stehen, weil sie auseinander gehen, aber trotzdem bereit sind, das Wohl des Kindes voranzustellen und zu sagen, wir werden weiterhin gemeinsam Sorge tragen, ihnen der Staat sagen muss: Das geht nicht, das ist nicht vorgesehen.

Wir setzen in der jetzigen Gesetzessituation auf Konfliktverstärkung. Die nun vorliegende Änderung ist die Umkehr – ich hoffe, auch die Trendumkehr in den Auswirkungen und quantitativen Zahlen, wenn wir das Gesetz in ein, zwei Jahren in seinen Anwendungen evaluieren –, die Trendumkehr in Richtung Konfliktvermeidung.

Daher ist es völlig richtig, zu sagen: Auch bei einer Trennung sorgt ihr gemeinsam so wie jetzt weiterhin für das Wohl des Kindes, und nur dann, wenn das nicht möglich ist – aus welchen Gründen auch immer –, werden gegebenenfalls auch mit Richterspruch unterstützende Entscheidungen und Maßnahmen getroffen.

Wir haben diese Gesetzesvorlage, das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz in einem sehr ausführlichen, zeitlich nicht beschränkten Hearing mit Expertinnen und Experten dargelegt. Das wurde schon erwähnt; ich unterstreiche es noch einmal, um der Legendenbildung vorzubeugen, hier werde – zur Abwechslung zum Vorwurf der Nullreform – wieder einmal "drübergefahren".

Ich glaube aber nicht – und das habe ich manches Mal in der Debatte herausgehört –, dass ein Expertenhearing von der einen oder anderen Seite sozusagen zu gewinnen ist, oder sich eine Meinung durchzusetzen hätte, sondern dabei werden uns lediglich Entscheidungshilfen geliefert. Mein Verständnis dieses Hohen Hauses ist es aber, dass wir die Entscheidungen mit Hilfe der Experten und der Expertenmeinungen zu treffen haben. Daher treffen wir heute diese Entscheidung in Richtung Konfliktvermeidung, in Richtung Hilfe in einer schwierigen Situation und in Richtung des Anliegens, das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen.

Es ist eine Chance und eine Einladung, von der ich hoffe, dass möglichst viele Eltern sie in dieser schwierigen Situation annehmen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Haller. )

19.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

19.35

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Justizminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Haller hat es in einem ganz kurzen Nebensatz erwähnt – wahrscheinlich hat sie sich auf die Diskussion deshalb nicht weiter eingelassen, weil sie doch das schlechte Gewissen drückt, wenn es um die Zwangssterilisation von Menschen mit geistiger Behinderung oder von psychisch kranken Menschen geht.


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Frau Haller! Es ist schon ein Stück Fortschritt – das ist unbestritten –, dass Minderjährige jetzt nicht mehr zwangssterilisiert werden dürfen. Das ist zweifelsohne ein Stück Fortschritt und schützt Kinder, solange sie noch nicht 18 Jahre alt sind. Wenn sie aber 18 Jahre alt sind, dann wendet sich das Blatt. Das heißt, von heute auf morgen entfällt dieser Schutz, der bei Minderjährigen noch galt, bei den Nicht-mehr-Minderjährigen, die eines Sachwalters bedürfen, dann ist das plötzlich völlig anders geregelt. Ab diesem Zeitpunkt, wenn Frauen, die in Sachwalterschaft stehen, 18 sind, ist sehr wohl auch weiterhin die Zwangssterilisation dieser Frauen uneingeschränkt möglich.

Die gerichtliche Vorentscheidung, die gefällt werden muss, um dieser Sterilisation zuzustimmen, hätte es auch schon jetzt gegeben. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es kommt nie so weit, dass so etwas über die Gerichte läuft, sondern es läuft einfach unter der Hand. Das wird auch in Zukunft nach wie vor möglich sein, und zwar unter dem Titel der medizinischen Indikation. Mit dieser Begründung gibt es für Frauen, die volljährig sind, keinen Schutz davor, zwangssterilisiert zu werden.

Dazu kommt noch – und es wäre wichtig, Frau Pablé, dass Sie das mit vertreten –, dass der Sachwalter, der das Verfahren einer Zwangssterilisation bei Gericht einleiten kann, im Regelfall die Eltern sind oder ein Elternteil ist, sprich, der Vater. Wenn der Vater diesen Antrag stellt und ihn unter dem Titel der medizinischen Indikation vorbringt, dann kommt er als Familienmitglied natürlich in einen persönlichen Konflikt. In diesem Fall geht es dann nicht mehr darum, die erwachsene behinderte Tochter zu schützen, sondern darum, sich selbst zu schützen, wenn es nämlich zum Beispiel darum geht, Großvater/Großmutter eines Kindes zu werden, dessen Mutter behindert ist. Das ist der Konflikt, der sich dann für Eltern, speziell für Väter, ergibt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt doch überhaupt nicht! Ich würde sehr gerne Großmutter werden!)  – Ich spreche auch nicht von Ihnen, Frau Pablé, sondern ich schildere die Situation generell. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist falsch, was Sie sagen! Sie können doch nicht über die Gefühle anderer urteilen!)

Um diesen Interessenkonflikt bei Sachwaltern, die Elternteile sind, gar nicht erst aufkommen zu lassen, müsste man sehr wohl nach wie vor den so genannten Kollisionskurator beiziehen. Dieser Kollisionskurator ist jene Person, welche die Befangenheit des Sachwalters gegenüber dem Gericht auflösen kann.

Sie finden offenbar, dass es nicht notwendig ist, die Einschaltung des Kollisionskurators in das Gesetz aufzunehmen, weil er in der Praxis ohnehin fast nie in Erscheinung getreten ist. Aber das ist ja gerade das Negative, dass er nie herangezogen worden ist! Deshalb muss er nun im Gesetz verankert werden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001) – 296 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes 366 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (296 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (366 der Beilagen) wird wie folgt geändert:


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44. Sitzung / Seite 185

In § 282 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

"Bei jeder medizinischen Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der behinderten Person zum Ziel hat, ist verpflichtend ein Kollisionskurator beizuziehen."

*****

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie vergeben sich wirklich nichts, wenn Sie diesem Antrag zustimmen. Sie vergeben sich nicht nur nichts, sondern Sie schaffen damit ein wenig Schutz für Frauen, die Gefahr laufen, auf Grund von Interessenkonflikten – zum Beispiel von Vätern – in die Lage zu kommen, dass sie gegen ihren Willen, etwa weil der Vater andere Interessen hat, weiterhin zwangssterilisiert werden können.

Generell möchte ich dazu sagen: Diese gesetzliche Änderung ist nur der halbe Schritt, aber absolut nicht die Lösung. Die Lösung muss so aussehen, dass es generell verboten sein muss, dass Menschen mit Behinderung zwangssterilisiert werden. Die medizinische Indikation, die laut Herrn Dr. Stormann so gut wie nie vorkommt, in der Praxis fast nie zum Tragen gekommen ist, darf dann auch nicht mehr im Gesetz stehen, sondern es muss ein generelles Verbot dieser Zwangssterilisation geben. Man darf sich nicht über den Bereich der medizinischen Indikation quasi eine Tür dafür offen halten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich stelle fest, dass der soeben vorgetragene Abänderungsantrag der Frau Abgeordneten Theresia Haidlmayr ausreichend unterstützt ist, in einem sachlichen Zusammenhang steht und daher auch mit in Verhandlung steht.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

19.42

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die gemeinsame Obsorge ist ein Recht, die gemeinsame Obsorge ist ein Kindesrecht, und die gemeinsame Obsorge ist ein Kindesrecht im Scheidungsfall.

Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz bringt die gemeinsame Obsorge als Kindesrecht. Und die gemeinsame Obsorge ist ein wesentlicher Bestandteil des Kindeswohles.

Frau Kollegin Mertel! Ein Wort zum "Druck auf die Mütter". Mich hat gestern eine Mutter angerufen. Sie ist unterhaltspflichtig, hat zwei Volksschulkinder, die beim Vater leben, und hat gesagt: Stell dir vor, was mir jetzt passiert ist! Ich war heute in der Volksschule, ich wollte wissen, wie es meinem Sohn geht, aber ich habe keine Auskunft erhalten, weil die Lehrerin gesagt hat: "Ich darf Ihnen nichts sagen." – Das spricht für die gemeinsame Obsorge. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Na bitte! – Abg. Mag. Prammer: Wie wird das in Zukunft sein?)

Eltern bleiben Eltern, auch nach der Scheidung, und das Scheidungskind liebt beide Eltern und braucht beide Eltern! (Abg. Mag. Prammer: Ich kenne mich bei Ihnen nicht mehr aus!) Das Scheidungskind hat das Recht auf Mutter und Vater, und es ist auch richtig, Mutter und Vater in die Pflicht zu nehmen. Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz schafft dieses Bewusstsein, und schafft auch die rechtliche Basis dafür. Und dass die gemeinsame Obsorge funktioniert, das hat Herr Dr. Krüger anhand zahlreicher europäischer Beispiele dargestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kinder können ihre Rechte nicht selbständig verteidigen, sie brauchen uns Politiker, damit wir die Interessen der Kinder wahrnehmen und diese Interessen auch in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns stellen. (Abg. Mag. Wurm: Spielball!) Die Regierungskoalition schafft mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz neue Standards zugunsten der Kinder. Und dass es keinen Zwang zur gemeinsamen Obsorge gibt, wissen wir alle, die wir uns damit befasst haben. (Abg. Mag. Prammer: Wie soll sich eine Lehrerin in Zukunft auskennen? Wird es eine "Green Card" geben?)


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Frau Kollegin Prammer! Natürlich muss ein Kind auch wissen, wo es hingehört, auch bei der gemeinsamen Obsorge, und deshalb gibt es ja auch ein Zuhause, wo es sich hauptsächlich aufhält, und eine Hauptbezugsperson. Das Halbe-Halbe, Frau "Mag. hoch a" Stoisits, kann nicht dem Kindeswohl dienen, sondern das Halbe-Halbe – das weiß ich aus eigener Beobachtung im Freundeskreis – dient nur der Verwirrung und der Verunsicherung der Kinder.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der einzige Maßstab ist das Kindeswohl, und da bin ich auch beim Kollegen Öllinger, obwohl wir uns sonst sehr selten finden. Aus zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Herrn Professor Max Friedrich weiß ich, dass ihm das Kindeswohl ein Hauptanliegen ist. Seine Schlussfolgerungen teile ich allerdings nicht ganz. Professor Max Friedrich denkt ganzheitlich, er sieht das Kind in seinem Umfeld in der jeweiligen Entwicklungsphase, und er stellt auch dar, dass das Kindeswohl aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt ist: aus dem körperlichen, dem intellektuellen, dem emotionalen und dem sozialen Kindeswohl. Und es ist wichtig, all diese Komponenten gleichermaßen zu berücksichtigen.

Die Scheidung ist immer eine Belastung für die Kinder. Ein Kind liebt beide Elternteile, und es sollten auch beide Elternteile das Kindeswohl beachten. Es dreht sich um die Entwicklung, es dreht sich um die Zukunft des Kindes. Kleinliche Revancheakte für eine gescheiterte Beziehung dürfen nicht auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden, und kleinliche Revancheakte können sowohl von Männern als auch von Frauen kommen.

Sollte es doch zu einer richterlichen Entscheidung kommen, dann ist es wichtig, dass die Richter mit den verschiedenen Facetten des Kindeswohles vertraut und diesbezüglich auch geschult sind.

Ein Wort zur Mediation. Die Mediation hat eine Win-Win-Situation zum Ziel und ist eine gute Sache. Aber es ist notwendig, die Berufsvoraussetzungen für Mediatoren zu regeln, und gerade im Familienrecht ist es wichtig, dass die Mediatoren auch eine rechtlich fundierte Basis haben und fundierte rechtliche Kenntnisse besitzen.

Im Zentrum des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes steht das Kind, das Kind mit seinen Bedürfnissen und seinen Rechten. Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz ist ein modernes und zukunftsweisendes Gesetz. Es richtet sich an moderne Eltern, die vor und nach der Scheidung die Obsorge des Kindes gemeinsam wahrnehmen wollen.

Edith Haller hat es schon gesagt: Gesetze schaffen Bewusstsein. – Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz schafft das Bewusstsein, dass es um das Kindeswohl geht und um das Kindesrecht der gemeinsamen Obsorge.

Ich hoffe, sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, dass Sie dieses moderne Gesetz mittragen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster ist Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.48

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Haidlmayr ist leider nicht im Saal. Ich möchte aber auf ihren Debattenbeitrag eingehen und Folgendes mitteilen:

Das heute in Diskussion stehende Gesetz sieht im § 282 Abs. 2 neu vor: "Der Sachwalter kann einer medizinischen Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der behinderten Person zum Ziel hat, nicht zustimmen" – das ist die prinzipielle Regelung, und es geht weiter: –, "es sei denn" – er darf also zustimmen –, "dass sonst wegen eines vorhandenen körperlichen Leidens eine ernste Gefahr für das Leben oder einer schweren Schädigung der Gesundheit der behinderten Person besteht." – Und ganz entscheidend ist der letzte Satz: "Die Zustimmung bedarf in jedem Fall einer gerichtlichen Genehmigung."


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Das heißt, der Sachwalter darf den Antrag nur dann stellen, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. In der Praxis muss er zu Gericht gehen, und das Gericht muss die Voraussetzungen des Antrages überprüfen und kann dann entscheiden.

Nach meinem Wissensstand wird derzeit in solchen Fällen immer außerdem ein Kollisionskurator bestellt. (Abg. Haidlmayr: Jetzt nicht mehr!) Das wollen Sie verankert haben. Wir haben Verständnis dafür und werden dies im Zuge der Reform zum Außerstreitverfahren genauestens mit Ihnen diskutieren. Dort kann man das auch regeln. Ich hoffe, das ist ein für Sie tragbarer Kompromiss. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

19.49

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Heute ist ein schwarzer Tag, ein kohlschwarzer Tag für die Frauen und ein schwarzer, ein kohlschwarzer Tag für die Kinder. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Heute wird gegen die Mehrheit der ExpertInnenmeinung (Zwischenruf des Abg. Böhacker ), entgegen der parlamentarischen Usancen, weil ohne Begutachtung, ein Gesetz beschlossen, das unter dem Titel der gemeinsamen Obsorge meiner Ansicht nach nicht Konflikte nach der Scheidung verhindert, sondern – im Gegenteil! – Konflikte schüren wird und noch viel Leid – davon bin ich überzeugt – über viele Frauen, die ja vor allem auf die Kinder aufpassen, und auch über viele Kinder bringen wird. (Abg. Jung: Männer gibt es bei Ihnen nicht!)  – Männer gibt es schon, Herr Abgeordneter Jung, aber die kümmern sich leider zu wenig um ihre Kinder. Das ist das Problem! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Das ist eine Unterstellung!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz soll verordnet werden, was nach jetziger Rechtslage schon möglich ist. Sie sind hier im Haus, während Ihr Kind wahrscheinlich zu Hause bei der Mutter ist und schläft. (Abg. Böhacker:  ...! Das ist eine Unterstellung, die ich zurückweise! – Zwischenruf des Abg. Kiss.  – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Schon die bisherige Rechtslage hat es ermöglicht, dass die gemeinsame Obsorge weiterhin aufrecht erhalten wird. Vielleicht ist Ihnen nicht bekannt, was wesentliche Organisationen zu dieser Gesetzesänderung sagen. Ich rede jetzt gar nicht vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der in seiner Zulässigkeitsentscheidung vom 11. Juni 2000 eindeutig sagt, dass die jetzige Rechtslage für das Kind besser ist, für klare Verhältnisse sorgt, und dass es zu keiner Gesetzesänderung in diesem Zusammenhang kommen soll.

Zur gemeinsamen Obsorge meldete sich auch die Katholische Aktion Österreich. Ich möchte Ihnen kurz vorlesen, wie das die Katholische Aktion Österreich sieht:

"Auch wenn ein Großteil der Scheidungen dem Papier nach ‚im Einvernehmen‘ erfolgt, so stehen dahinter doch in den meisten Fällen noch höchst akute unverarbeitete Beziehungskonflikte. Diese würden bei einer gemeinsamen Obsorge dann auf dem Rücken – oder schlimmer noch – in den Seelen der Kinder ausgetragen."

Das sagt nicht die linke Reichshälfte, nicht eine linkslinke überemanzipierte Frauenorganisation, sondern das sagt die Katholische Aktion Österreich. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die sind aber auch links!)

Der Katholische Männerbund sagt zum Beispiel Folgendes:

"Die gemeinsame Obsorge im Falle einer einvernehmlichen Scheidung verlangt ein hohes Maß an partnerschaftlichem Einverständnis und Verantwortung, das nicht bei allen vorausgesetzt


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werden kann. Daher kann eine gemeinsame Obsorge nur nach gelungener Mediation sinnvoll in die Tat umgesetzt werden."

Mediation ist so wie Psychotherapie, die kann man nicht verordnen, sondern daran muss man freiwillig teilnehmen! Das ist eines der Zeichen von Mediation.

Weiters sagt der Katholische Männerbund:

"Wir ersuchen Sie, sich dafür einzusetzen" – damit meint er uns –, "daß die Gerichte die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge – im Fall, daß Frau und Mann sich einvernehmlich darauf einigen –" (Abg. Steibl: Ich bin sehr verwundert, dass die SPÖ-Frauen auf den Katholischen Männerbund hören!)  – sich einvernehmlich darauf einigen, Frau Kollegin Steibl –, "in Betracht ziehen können."

Die katholischen Frauen sehen es vielleicht auch so.

Ich sage Ihnen, Frau Kollegin Steibl, wie es die Oberösterreichische Landesregierung sieht. Die ist auch unverdächtig, sie ist jemand, der sich unverdächtig äußern kann und ebenfalls seine Besorgnis ausdrückt. Es heißt da:

"Wie auch die Erläuterungen zum Entwurf einräumen, hängt das Weiterbestehen der Obsorge beider Eltern von deren Willen und deren Fähigkeiten zum einvernehmlichen Vorgehen ab. Sind sich aber beide Elternteile ohnehin einig, kann auch nach der geltenden Rechtslage derjenige, der nach Auflösung der Ehe die alleinige Obsorge hat, den anderen über Vollmachtserteilung in jeder Form an der Obsorge teilhaben lassen. Der nach der nunmehrigen Regierungsvorlage normierte Regelfall der gemeinsamen Obsorge hat zur Folge, dass auch das volle Vertretungsrecht bei beiden Elternteilen bleibt. Entstehen in der Folge aber schließlich doch Uneinigkeiten zwischen den Elternteilen, etwa über die Art der Schulausbildung des Kindes," – und das ist immer wieder Konfliktstoff – "wäre es rechtlich möglich, dass etwa die Mutter, bei der das Kind hauptsächlich wohnt, dessen Anmeldung in einer Schule vornimmt, der Vater aber, der mit der vorgesehenen Schule nicht einverstanden ist, das Kind am nächsten Tag wieder abmeldet."

Ich möchte Ihnen nicht alles vorlesen, aber wenn es Sie interessiert, Sie können es gerne haben. (Abg. Dr. Trinkl: Doch! Tun Sie nur! Stört nicht!) Das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung sagt abschließend:

"Angesichts der bekannten möglichen Dauer dieser Verfahren samt Möglichkeit der Erhebung von Rechtsmitteln kann somit ein erheblicher Zeitraum vergehen, bis schließlich rechtskräftig Klarheit in der Frage der Obsorge geschaffen wird. Insgesamt erscheint daher die vorgeschlagene gegenständliche Regelung sehr problematisch." – Also auch diese Stelle sagt das!

Das sind allesamt Äußerungen von Stellen, die sicher nicht verdächtig sind, dass sie Ausritte in überemanzipatorische Gefilde nehmen würden.

Was mich wirklich sehr kränkt, ist, dass die Experten- und Expertinnenmeinungen – und ich habe sie mir noch einmal genau durchgelesen: es hat sich der Großteil der ExpertInnenmeinungen dahin gehend verstanden, dass dieses Thema sehr sensibel ist und dass auch diejenigen, die eher BefürworterInnen waren, auf die Tücken dieses Gesetzes hingewiesen haben, das haben wir doch alle gehört! – ignoriert wurden.

Zum Beispiel hat Herr Universitätsdozent Figdor, den Sie auch immer wieder zitieren, gesagt, er misst diesem Gesetz eher programmatische Bedeutung zu, weil nämlich 40 Prozent der Väter den Kontakt zu ihren Kindern nach deren drittem Lebensjahr abbrechen. Das ist das Problem! (Abg. Haller: Mehr Zeit!) Und wenn dann diejenigen, die auf die Kinder schauen, bei wichtigen Anliegen immer nachfragen müssen, ist diese Regelung ein Weg zurück in die Zukunft, zurück in Männerherrlichkeiten – und das nützt dem Kind nicht! Das nützt überhaupt niemandem! (Abg. Böhacker: "Zurück in die Zukunft"! Vor in die Vergangenheit!)


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Daher überlegen Sie es sich, ob Sie diesem Gesetz wirklich zustimmen können, sehr geehrte Frauen von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

19.57

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst Dank an Kollegin Wurm für ihre Aussage aussprechen: Heute ist ein kohlschwarzer Tag. – Ich möchte ergänzen: Ja, stark, schwarz, weiblich! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ein wirklicher Dank gehört aber der Vorsitzenden des Justizausschusses, Frau Dr. Maria Fekter, ausgesprochen, die weiß, wie sensibel dieses Thema ist, welch bedeutendes gesellschaftspolitisches Thema das ist. Es zeigt auch die Vorbereitung, dass es kein Husch-Pfusch-Gesetz ist, sondern es hat viele, viele Gespräche, Anhörungen und so weiter gegeben. Die Tatsachen zeigen auch, warum dem so war.

Nach den Meldungen der zuständigen Gerichte wurden im Jahre 1999 in Österreich an die 18 500 Ehen rechtskräftig geschieden, davon 87 Prozent einvernehmlich. Diese Scheidungen betrafen insgesamt 20 900 Kinder, darunter an die 16 000 Minderjährige. Meine Frage an die Sozialdemokraten und an die Vertreterinnen einiger Frauenorganisationen lautet nun: Sind diese Kinder von einem Elternteil geschieden worden? – Ich sage nein. (Abg. Dr. Mertel: Umgekehrt!) Von Kindern kann man sich nicht scheiden lassen, Eltern bleiben Eltern. Jede Sozialarbeiterin und Psychologin wird bestätigen, dass nicht perfekte Eltern noch immer besser sind als gar keine oder nur ein Elternteil. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich denke, nicht umsonst veranstaltet die Initiative der Alleinerzieherinnen ganz bewusst Seminare mit qualifizierten männlichen Referenten, um Kindern den Umgang mit männlichen Bezugspersonen zu ermöglichen. Auch Professor Friedrich hat im Hearing darauf hingewiesen – ich zitiere einen Satz daraus –:

Ein Kind will beide Eltern und Harmonie. Ein Kind will keinen Loyalitätskonflikt. – Zitatende.

Daher ist die heute zu beschließende gesetzliche Regelung einer gemeinsamen Obsorge zu begrüßen. Das ist ein Schritt, der auch von der Zeit her gegangen werden muss. Eine gemeinsame Elternverantwortung für Scheidungskinder einzurichten, ist zum Wohle der Kinder. Die meisten europäischen Länder haben die Vorteile dieser gemeinsamen Erziehungsberechtigung bereits erkannt und auch positive Erfahrungen damit gemacht. Das muss man einmal zugeben, auch wenn gesagt wird, dass es in Deutschland diese Erfahrungen bei weitem noch nicht gibt. Aber der Experte aus Deutschland hat sehr wohl berichtet, dass es da eine positive Bewegung gibt.

Die SPÖ-Frauen und SPÖ-Frauenorganisationen sind wiederholt gegen eben diese Möglichkeit der gemeinsamen Verantwortung aufgetreten. Sie haben sogar propagiert, dass wieder ein Stück Frauenpolitik zu Grabe getragen werde. Ich stelle jetzt die Frage in den Raum: Ist das nicht eine einseitige Machtpolitik? – Das hat meiner Meinung nach nicht mit Frauenpolitik zu tun, sondern das ist Gesellschaftspolitik, das ist Väter-, Männer- und Mütter-, Frauenpolitik. Es geht um eine bessere Zukunft für Österreichs Trennungskinder. (Abg. Mag. Prammer:  ...! Wie kann man als Frau ... ignorieren?)  – Ich sage keinen Blödsinn, sondern ich sage das, was Tatsache ist. Auch ich bin im Beratungsbereich tätig und weiß, wie es Frauen, Männern, Müttern, Vätern und auch Kindern geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte auch etwas gegenhalten, weil wir heute anscheinend bei diesem so wichtigen Thema aufrechnen, wer was sagt. Ich möchte jetzt aufrechnen, dass auch durchaus positive Anmerkungen gekommen sind, zum Beispiel gibt es eine Stellungnahme des Kinder- und Jugendanwaltes der Steiermark. Man muss auch fragen: Ist vielleicht deswegen, weil er sich zu diesem Thema positiv geäußert hat, sein Vertrag nicht verlängert worden? – Das ist eine andere Frage,


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aber er hat Folgendes gesagt: Die bis jetzt geltende Regelung widerspricht dem Recht des Kindes auf Erziehung durch beide Elternteile. – Zitatende.

Das Gleiche ist auch vom Institut der Familienerziehung gesagt worden – ich zitiere –: Die gemeinsame Obsorge müsste nach unseren Erfahrungen für alle Eltern nach der Scheidung verpflichtend sein. – Zitatende.

Zusammenfassend möchte ich festhalten: Ein getrenntes Paar soll durch die gemeinsame Obsorge zu einer neuen Elternschaft finden, sonst kommt es zu schwierigen psychischen Entwicklungen auch seitens des Kindes. Besonders notwendig ist aber in diesem Zusammenhang der Ausbau und die Verstärkung der Eltern- und der Kinderbegleitung durch Mediation. Es ist sehr schade, dass dieses Thema heute so wenig angeschnitten wurde. Mediation und Familienberatung sollten ein selbstverständlicher Anspruch der Eltern werden. Ich ersuche auch den zuständigen Bundesminister, eine gesetzliche Regelung in Bezug auf Qualitätskriterien für die Ausbildung von Mediatoren zu forcieren.

Ich denke, wir haben heute ein gesellschaftlich wichtiges Gesetzeswerk vor uns und hoffe, dass dadurch so manches Leid gelindert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

20.03

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die heutige Diskussion hat sehr klar und deutlich gezeigt, dass es zu wenig Zeit für Diskussionen gegeben hat (Abg. Dr. Trinkl: Waren Sie noch bei der Abstimmung dabei im Ausschuss?), dass die Regierung und die Regierungsparteien nicht bereit waren, ausführlichst alle Probleme, und zwar nicht nur die Probleme der gemeinsamen Obsorge, sondern auch andere zivilrechtliche Probleme, zu diskutieren.

Ich sehe das auch in dem Zusammenhang, dass die Präsidiale und die Regierungsparteien an einem Tag zur selben Zeit sechs Ausschüsse terminisiert haben, sodass es nicht möglich war, gleichzeitig beim Justiz- oder beim Verfassungs- oder beim Gesundheitsausschuss anwesend zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Entwurf ist nicht ausgereift. Es hat einen anderen Entwurf gegeben, der vielleicht unsere Zustimmung gefunden hätte. Dieser Entwurf jedoch nicht, und zwar nicht nur wegen der gemeinsamen Obsorge, sondern gestatten Sie mir auch, einige andere Aspekte anzuführen, die aus meiner Sicht äußerst maßgeblich sind und bislang in der Debatte von keinem Redner angesprochen wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird auch die Altersgrenze für die Erreichung der Volljährigkeit abgesenkt. Gleichzeitig – und das muss man in einem Zusammenhang sehen – gibt es den § 146c, der die Handlungs- und Geschäftsfähigkeit mündiger Minderjähriger – das sind Personen, die das 14. Lebensjahr bereits vollendet haben – erweitert. Gleichzeitig gibt es den § 154 Abs. 4, nach dem Volljährige, die während ihrer Unmündigkeit oder Minderjährigkeit ein Geschäft abgeschlossen haben, dieses Geschäft nachträglich rechtswirksam anerkennen können.

Aber gestatten Sie, dass ich beim § 146c Abs. 1 bleibe, um hier in diesem Haus zu verdeutlichen, worum es geht.

"Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann das einsichts- und urteilsfähige Kind nur selbst erteilen; im Zweifel wird das Vorliegen dieser Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage Sie: Was ist das Kriterium der Einsichts- und Urteilsfähigkeit? Was passiert, wenn der behandelnde Arzt diese Einsichts- und Urteils


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fähigkeit nicht attestiert? – Sie haben keine Regelung getroffen, wer dann eine Entscheidung treffen kann.

Überhaupt nicht geregelt ist auch die Frage der Behandlungen, die mit schweren und nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit verbunden sind. Was sind das für Behandlungen? – Ich frage die Mediziner in Ihren Kreisen. Ist eine Gastroskopie, bei der es ein bestimmtes Restrisiko gibt, eine derartige Behandlung? Kann der 14-Jährige darüber frei entscheiden oder können darüber nur die Eltern entscheiden?

Oder: Ich komme zum Thema Piercing. Wer darf entscheiden, wenn ein Mädchen zu einem Arzt geht und meint, sie wolle ein Brust-Piercing? Ist das eine schwere Behandlung?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben das in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht geregelt. Wir Sozialdemokraten sehen gerade in diesen Bereichen einerseits Vorteile, andererseits aber auch große Schwächen. Wir befürchten, dass es dadurch zu einer verstärkten Verschuldung junger Erwachsener beziehungsweise auch Minderjähriger kommt.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen betreffend ein Informations- und Maßnahmenpaket zur Konsumentenerziehung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, möglichst rasch nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 gemeinsam mit dem Bundesminister für Justiz ein Informations- und Maßnahmenpaket zur Konsumentenerziehung – in dem insbesondere die Problembereiche der Handlungs- und Geschäftsfähigkeit von Minderjährigen und jungen Erwachsenen behandelt werden – für alle Schultypen zu erarbeiten, damit dies im Schuljahr 2001/2002 in den einzelnen Lehrfächern bereits eingesetzt werden kann."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dieser Problematik, zu den offenen Fragen der gemeinsamen Obsorge könnte man noch viel sagen, wobei Sie nicht auf Expertenmeinungen gehört haben.

Ich sage Ihnen noch einmal zum Schluss Folgendes: Die zivilrechtlichen Problemstellungen wurden von Ihnen überhaupt nicht ernst genommen. Sie wollten dieses Gesetz durchpeitschen. Sie werden aber auch die Verantwortung dafür zu tragen haben, wenn sich vermehrt junge Menschen in Schulden stürzen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht in einem ausreichenden Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie, er ist damit Gegenstand der Verhandlung beziehungsweise der Abstimmung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 in 366 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.


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Ferner haben Frau Abgeordnete Haidlmayr und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – und zwar der Reihe nach – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffern 30, 31 §§ 177a und 32 bezieht.

Jene Damen und Herren, die dafür stimmen, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 77 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über Artikel I Z 77 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II Z 3 sowie Artikel V Z 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 1a in Artikel III bezieht.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 366 der Beilagen beigedruckte Entschließung betreffend die gesetzliche Regelung der Mediation.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist, soweit ich das feststellen kann, einstimmig angenommen. (E 40.)

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 366 der Beilagen beigedruckte Entschließung betreffend Auswirkung der Neuregelung des Kindschaftsrechtes durch das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 41.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Prammer und Genossen betreffend Evaluationsstudie zum Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Maßnahmenpaket zur Konsumentenerziehung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz samt Titel und Eingang in 371 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig der Fall. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird samt Titel und Eingang in 372 der Beilagen abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, ein Zeichen zu geben. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (297 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (373 der Beilagen)


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8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (273 und Zu 273 der Beilagen): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich (374 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 127/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (375 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 202/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Abschaffung der §§ 188 und 248 StGB – Herabwürdigung religiöser Lehren sowie des Staates und seiner Symbole (376 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 7 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Pendl. Ich erteile ihm das Wort.

20.18

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte kurz zur Regierungsvorlage betreffend Strafvollzugsgesetz Stellung nehmen.

Wer sich mit dem österreichischen Strafvollzug auseinander setzt, weiß, dass eine große Strafvollzugsgesetz-Novelle im Interesse eines modernen, humanen, aber auch für die Österreicherinnen und Österreicher sicheren Strafvollzugs dringend notwendig wäre. Im internationalen wie im europäischen Vergleich ist der österreichische Strafvollzug mit geringeren Ressourcen, sowohl im Sach- als auch im Personalaufwand, ausgestattet.

Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben bereits einige der wichtigen Punkte besprochen. Wir haben heute in den meisten Dienststellen beziehungsweise Justizanstalten einen – ja man kann nur mehr von Notbetrieb sprechen, ob nun Betriebe und Werkstätten stunden- oder tageweise zugesperrt sind oder auch Gefängnisabteilungen oft nur mit einer einzigen Beamtin oder einem einzigen Beamten besetzt sind. Da ist weder der Gesetzesauftrag bezüglich Betreuung noch jener der sicheren Verwahrung gewährleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir, zwei, mir sehr wesentlich erscheinende Punkte, die wir ebenfalls bereits besprochen haben, hier und heute anzusprechen.

Eine der großen Problemstellungen im Strafvollzug ist der Komplex des Maßnahmenvollzuges, davon wiederum im Speziellen § 21 – sowohl Abs. 1 als auch 2 – StGB.

Im Strafvollzug sind die Unterbringungsmöglichkeiten nicht vorhanden. Ich weiß, dass schon lange daran gearbeitet wird, aber derzeit explodieren die Kosten für die Privatspitäler wie auch für den gesamten medizinischen Bereich. Wir wissen, Herr Minister, welche Taxe wir in den öffentlichen Spitälern zu zahlen haben.


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Ich erwarte – und alle Wissenden und Insider rechnen damit –, dass in den nächsten paar Jahren der letzte Schilling oder, wenn Sie so wollen, der letzte Euro für diesen Bereich des Strafvollzuges ausgegeben wird. Wir wissen, dass es nur eine einzige Lösungsmöglichkeit gibt, nämlich eine neue, justizinterne Regelung. Diese Arbeit, Herr Bundesminister, muss meiner Ansicht nach raschest in Angriff genommen werden.

Ein zweites Beispiel: Die derzeitige gesetzliche Regelung bezüglich der bedingten Entlassung wird von allen Experten, aber auch von allen Praktikern vor Ort als sehr problematisch beurteilt. Über die vorläufig bedingte Entlassung entscheidet der Anstaltsleiter. Der Insasse kommt in einen Entlassungsvollzug, wird auf die Freiheit vorbereitet, aber dann sagt der Richter vielleicht, dass er nicht entlassen wird: Er muss aus dem Entlassungsvollzug wieder zurück! – Wir können uns vorstellen, was es bedeutet, wenn man einen Menschen auf die Freiheit vorbereitet, ohne zu wissen, ob dieser entlassen wird oder nicht. Diesbezüglich ist es ebenfalls dringend, rasch eine Regelung zu finden.

Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Anhebung der Strafzeitgrenze für die Zuständigkeit der Strafvollzugsanstalten von zwölf auf 18 Monate ist vielleicht aus der Sicht der Besuchsregelung, wie Frau Kollegin Stoisits gemeint hat, sehr wichtig, andererseits aber wissen wir, dass, wenn wir uns zu einer Differenzierung im Strafvollzug bekennen, gerade in den Gerichtshofgefängnissen kaum Differenzierungen möglich sind. Daher sehe ich eigentlich nur einen Sinn darin, nämlich dass man diese Insassen den Gerichtshofgefängnissen als systemerhaltend belassen, also eine einfachere Vorgangsweise wählen will. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Neuordnung des Beschwerdewesens ist grundsätzlich zu begrüßen, das ist überhaupt keine Frage. Die Einrichtung von Vollzugskammern ist aber nur eine der Möglichkeiten, wie man dieses Beschwerdewesen organisieren kann. Es sind hiezu in den letzten Monaten und Jahren zahlreiche Vorschläge gemacht worden.

Zusammenfassend darf ich namens meiner Fraktion an Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, die Aufforderung, aber auch Einladung aussprechen, im Justizausschuss, wie in der Vergangenheit, unter Beiziehung von Experten gemeinsam eine große Lösung für den Strafvollzug zu erarbeiten. Eine solche große Lösung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dringend und notwendiger denn je.

Gestatten Sie mir einige abschließende Bemerkungen. In den letzten Tagen und Wochen wurden zahlreiche öffentlich Bedienstete unter den verschiedensten Gründen namentlich erwähnt, und zwar nicht, sage ich jetzt einmal, zu ihrer Freude. Ich möchte mich daher bei allen öffentlich Bediensteten, im Speziellen bei den Justizbediensteten, aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen im Strafvollzug, von der Justizwache bis zu den Sonderdiensten, für ihren schweren Dienst im Interesse unserer Heimat, im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher, persönlich, aber auch im Namen meiner Fraktion sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Die gegenständliche Regierungsvorlage, die eine Rumpflösung darstellt, die wichtigsten Bereiche außer Acht lässt und noch dazu nicht die beste Lösung ist, kann von unserer Fraktion nicht mitgetragen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

20.24

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Pendl, die österreichischen Beamten sind gut, sehr gut, viel besser als ihr Ruf, nicht nur die Justizwachebeamten, auch die Exekutivbeamten und die Lehrer. Wir alle sind froh, dass wir sie haben. Vor allem wir von der ÖVP sind immer hinter den Beamten gestanden, wir tun das auch jetzt und werden das auch weiterhin tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur damit es da keine Diskrepanzen gibt. (Abg. Schwemlein: Das war eh sehr vordergründig!) Wir von der ÖVP wissen, was wir an unseren Beamten haben.


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Die für die Zuständigkeit der Strafvollzugsanstalten, Herr Kollege, für den Vollzug von Freiheitsstrafen maßgebliche Strafzeit wird, wie mein Vorredner schon ausgeführt hat, nun von 12 auf 18 Monate erhöht, das kommt somit in die Kompetenz der landesgerichtlichen Gefangenenhäuser. Dies ist ein Ansatz, der mir besonders gut gefällt. Ich sage Ihnen auch warum: Das ist für mich ein Schritt, der längst fällig war.

Wenn man den Motivenbericht durchliest, dann kann man als eines der Motive lesen, dass es aus Gründen der Resozialisierung notwendig ist, dass Strafvollzugsanstalten, die näher am Wohnort der Angehörigen, der Familien, liegen, insofern einen Vorteil haben, dass der Häftling sozusagen stets von seinen Angehörigen betreut werden kann.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Meiner Ansicht nach hat das aber auch noch einen ganz anderen Vorteil. Das, was man bei näherer Befassung in Strafvollzugsanstalten vorfinden kann, glaubt ein durchschnittlicher Bürger gar nicht. Ich sage Ihnen ganz offen: In den Strafvollzugsanstalten – das ist auf der ganzen Welt so, unsere Strafvollzugsbeamten, also unsere Justizwachebeamten, sind deswegen nicht schlechter als jene anderswo – bekommt man alles, was das Herz begehrt, von Alkohol bis zu Drogen, es wird Gewalt ausgeübt! All das passiert in den Vollzugshäusern.

Herr Minister, wir sollten rasch darüber nachdenken, was wir in Hinkunft zur Differenzierung des Strafvollzugs, den Sie, Herr Kollege, auch angesprochen haben, tun könnten, um die so genannten leichten Fälle von den harten zu trennen – im Vollzug! All das, was ein so genannter leichter Fall noch nicht an kriminellen Dingen kann und weiß, lernt er spätestens, umgangssprachlich gesagt, "im Häfen". Herr Minister, ich bin überzeugt, auf Grund Ihrer Erfahrung wissen auch Sie das längst. Wir sollten den Erfahrungen anderer Staaten in Europa folgen und uns überlegen, was wir denn besser machen könnten, um die Möglichkeiten zur Resozialisierung zu verbessern.

Darüber hinaus werden wahrscheinlich bauliche und organisatorische Maßnahmen zur Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen notwendig sein. Vermutlich ebenso notwendig wird es sein, diese Vollzugskammern einzuführen und das Beschwerdewesen neu zu regeln. Ich gratuliere Ihnen, Herr Minister, dies ist eine Maßnahme, die höchst notwendig war, sie erfüllt auch die Anforderungen eines Tribunals im Sinne des Artikels 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das ist mir sehr wichtig und ich danke Ihnen, Herr Minister.

Ich danke aber auch unserer Vorsitzenden des Justizausschusses, die in solchen Fragen eine überaus offene Debatte zulässt, und es tut mir gut, in diesem Justizausschuss meine Arbeit zu tun. Ich sage das in deine Richtung, Maria Fekter. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Ofner. )

Aber nun, meine Damen und Herren, zu einer Vorstellung der Grünen, die Frau Abgeordnete Stoisits einbringt, und bei der die ÖVP nicht nur nicht mitkann, sondern von der ich peinlich berührt und auch verletzt bin. – Frau Kollegin Stoisits, Sie verlangen die Aufhebung des § 188, Herabwürdigung religiöser Lehren.

Ich bin praktizierender Katholik, ich war Ministrant, und ich habe auch meine Erfahrungen im Umgang mit dieser Bestimmung. Ich weiß von einem Fall, bei dem Hostien plötzlich auf der Straße aufgetaucht sind, und ich kenne betroffene Gläubige, die weinend an der Straße gestanden sind, weil sie dermaßen betroffen waren, und die Polizei gebeten haben, dagegen etwas zu unternehmen. Das ist ein Vorfall, der dokumentiert ist, der sich belegen lässt.

Meine Damen und Herren! Es geht mir jetzt nicht um die Symbole der Kirche – diesbezüglich haben wir, wie ich meine, ein sehr modernes Strafrecht –, sondern es geht um das religiöse Gefühl des Menschen, das da verletzt wird. Und das ist ein so sensibler Bereich, dass wir von der ÖVP nicht zulassen, dass es da zu Änderungen kommt. Wir sind absolut dagegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Stoisits, wenn Sie die Forderung nach einer Aufhebung mit der künstlerischen Freiheit begründen, dann muss ich Ihnen klar und deutlich sagen: Die künstlerische Freiheit


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oder die Freiheit des Menschen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Ich trete für künstlerische Freiheit ein – in jedem Bereich! –, aber sobald sensible Gefühle des Menschen verletzt werden, bin ich strikt dagegen.

Ich weise Sie darauf hin, dass es in der Vergangenheit einen Fall gegeben hat, nämlich den des Otto Mühl, bei dem man auch mit künstlerischen Freiheiten argumentiert hat. Herausgekommen sind Vergewaltigungen von 12-, 13-jährigen Mädchen, und dann hat bitte die Linke gesagt, das sei die künstlerische Freiheit, die zu vertreten und hochzuhalten wäre.

Meine Damen und Herren! Diese Art von Freiheit ist nicht jene, die wir meinen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

20.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

20.30

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes zum Strafvollzugsgesetz. Es hat zu Beginn der neunziger Jahre intensive Diskussionen über den Strafvollzug auf parlamentarischer Ebene gegeben, die darin gemündet haben, dass es einen einstimmigen Beschluss des Hohen Hauses zur großen Strafvollzugs-Novelle gegeben hat. –


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Einstimmig, betone ich! Einstimmig.

Diese Zeiten sind vorbei. Niemand hat mehr Interesse daran, dass Gesetze einstimmig beschlossen werden in diesem Haus. (Abg. Dr. Fekter: Oja, aber wenn es nicht möglich ist, ist es nicht möglich!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, es fehlt mir die Zeit, um mich darauf näher einzulassen. Aber ich habe hier schon öfter betont, warum.

Warum ich heute einen Abänderungsantrag eingebracht habe im Wissen darum, dass die Regierungsparteien dem gar nicht positiv gegenüberstehen? – Das geschah deshalb, um darauf hinzuweisen, dass es gerade im Strafvollzug auch einen gesellschaftlichen Wandel bezüglich der Sensibilität und des Interesses gibt, was Rechtsschutzinstrumentarien insgesamt angeht. Vor sieben oder vor acht Jahren ist, was solche Institutionen angeht, das Bewusstsein in der Öffentlichkeit, aber nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch bei den damit Befassten nicht so groß gewesen wie heute. Deshalb ist unsere Forderung nach einer Reform der Vollzugskommissionen bis hin zur Einrichtung unabhängiger Anstaltsbeiräte ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung dieser Rechtsschutzinstrumentarien. Und daher bringen wir diesen Abänderungsantrag ein, den wir bereits in der Diskussion um die große Strafvollzugsgesetz-Novelle in einem Unterausschuss und damals auch im parlamentarischen Ausschuss als Teil unseres seinerzeitigen Initiativantrages eingebracht hatten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird doch wohl niemand etwas gegen eine sinnvolle Kontrolle von außen haben. Dagegen wird doch wohl keiner etwas haben, auch nicht, was den Strafvollzug angeht, denn sinnvolle Kontrolle ist notwendige Kontrolle. Und dass diese Kontrolle nur von unabhängigen Institutionen durchzuführen ist, das wird auch niemand abstreiten. Sie fehlt in dem Komplex, was den Strafvollzug in Österreich angeht. – Das ist das eine, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das Zweite: Wie geht diese Regierung mit Initiativanträgen, die die Opposition stellt, um? – Sie werden abgelehnt. Es wird nicht einmal darüber diskutiert. Ich spreche hier vor allem auch die Frau Vorsitzende des Justizausschusses an. Da werden Schein-Unterausschüsse eingesetzt. Da stellt die Opposition Initiativanträge zur Änderung des StGB, und dann setzt man, um den Schein zu wahren, einen Unterausschuss ein. Es wird alles in Unterausschüsse verlegt. Der einzige Beitrag, den es beispielweise zu meinem Antrag bezüglich § 188 und § 248 StGB gab, war die Bemerkung der Frau Vorsitzenden, sie hält das nicht einmal für diskussionswürdig, weil es ihr um einen gewissen Respekt vor diesen Dingen geht. – Das habe ich so mitgeschrieben. Das war dieser Satz.

Ein Satz also zu oppositionellen Anträgen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dafür, dass die bestehende Bestimmung des österreichischen Strafgesetzbuches, nämlich § 189, Störung einer Religionsausübung, Bestandteil des StGB bleibt. Selbstverständlich bin ich dafür, denn zu dem schützenswerten Rechtsgut, um das es dort geht, stehen alle, niemand will etwas daran ändern. Aber § 188 und das, was es an Judikatur dazu gibt, ist ein Knebelungsinstrument für Künstler – und nichts anderes.

Deshalb bin ich dafür, dass wir hier eine Diskussion über die Notwendigkeit des so genannten Blasphemieparagraphen führen, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, der ist nichts anderes – und zu dieser Aussage stehe ich voll – als ein Überbleibsel des Säkularstaates Österreich, und das sollten wir so rasch wie möglich beseitigen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Nennen Sie ein Beispiel!) Aber wenn es, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht einmal eine Diskussion darüber gibt in einem Schein-Unterausschuss, weil das ja nicht einmal diskussionswürdig ist: Bitte, worüber soll dann mit wem diskutiert werden?

Zu § 248 StGB, Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole. – Das ist jener Paragraph, den zu benutzen der hinter mir auf der Regierungsbank sitzende Bundesminister für Justiz für eine verfolgenswerte Idee hält, um oppositionelle Abgeordnete hinter Gitter zu bringen. Dazu wurde überhaupt nicht einmal eine Bemerkung gemacht in diesem Schein-Unterausschuss, auch nicht in der nachfolgenden Sitzung des Justizausschusses.

Das soll Ihnen ein kleines Sittenbild darüber geben, wie die jetzige Regierung mit durchaus nicht blauäugigen Anträgen umgeht, sondern mit dem Bedürfnis, über Dinge zu diskutieren, die hauptsächlich deshalb beseitigt gehören, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind. Das ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir wollten. Aber ich frage mich: Mit wem soll man da reden?

Ich könnte Ihnen auch noch über den Antrag Mag. Posch berichten, der zwar diskutiert wurde, wobei es aber zu keinem Ergebnis kam – deshalb wird er auch in Bausch und Bogen, würde ich sagen, abgelehnt –, in dem es um eine Reform des Verhetzungsparagraphen geht. Das ist eine ähnliche Vorgangsweise.

Wo ist jetzt Herr Kollege Miedl? – Da hinten sitzt er neben Frau Wolfmayr. – Auch ich bin römisch-katholisch, aber ich sage Ihnen: Diese Geschichte, die Sie uns vorher erzählt haben, glaube ich Ihnen. Nur das hat nichts mit dem § 188 zu tun, sehr geehrter Herr Kollege Miedl. Das hat nichts damit zu tun. Der § 188 wird heute zu nichts anderem benutzt, als dass das österreichische Strafgesetz sich zum Hüter der Lehren der in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften macht. Meiner Ansicht nach hat das nichts zu tun mit dem, was im Strafgesetz zu normieren ist.

Ich bin dafür – und das wiederhole ich jetzt noch einmal –, dass wir den § 189 auch diskutieren. Vielleicht ist der reformbedürftig. Aber da muss man diskutieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, und nicht etwas in Bausch und Bogen ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits in seinen Grundzügen vorgebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem sachlichen Zusammenhang, ist auch bereits in Verteilung und steht damit mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen betreffend die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (297 der Beilagen, XXI. GP), in der Fassung des Ausschussberichtes (373 der Beilagen)


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (297 der Beilagen, XXI. GP), in der Fassung des Ausschussberichtes (373 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

"Artikel I

1. Z 7a lautet wie folgt:

7a. § 18 samt Überschrift lautet:

Vollzugskommission

§ 18 (1) Beim Bundesministerium für Justiz ist eine Kommission zu bestellen, die sich von der genauen Beobachtung der Vorschriften über den Strafvollzug, insbesondere über die Behandlung der Strafgefangenen, zu überzeugen hat.

(2) Die Kommission besteht aus acht Vertrauenspersonen, die aus ihrer Mitte für jedes Jahr ihrer Tätigkeit einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter des Vorsitzenden zu wählen haben.

(3) Zur Vertrauensperson darf nur bestellt werden, wer fähig ist, das Amt eines Geschworenen oder Schöffen auszuüben. Bei der Bestellung der Vertrauenspersonen ist besonders auf Personen Bedacht zu nehmen, die Verständnis für die Probleme des Strafvollzuges erwarten lassen. Der Bundesminister für Justiz bestellt die Vertrauenspersonen, wobei je eine Vertrauensperson auf Vorschlag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Bundesministeriums für Gesundheit zu bestellen ist. Eine Vertrauensperson ist aus dem Verwaltungsbereich des Bundesministeriums für Justiz zu bestellen. Bei der Bestellung der übrigen Vertrauenspersonen hat der Bundesminister für Justiz darauf zu achten, daß mindestens eine Person besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Menschenrechte aufweist sowie darauf, daß in der Kommission mindestens so viele Frauen wie Männer vertreten sind. Die Bestellung erstreckt sich jeweils auf fünf Jahre.

(4) Die Kommission kann nur in Anwesenheit des Vorsitzenden und von mindestens vier weiteren Mitgliedern tätig werden.

(5) Die Kommission behandelt die Berichte der unabhängigen Anstaltsbeiräte und setzt die ihr als nötig erscheinenden Maßnahmen. Sie hat das Recht, jede Anstalt zum Vollzug von Freiheitsstrafen unangemeldet zu besuchen. Die Anstalten haben der Kommission auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte über die Strafgefangenen zu erteilen und Einsicht in die Vollzugsunterlagen zu gewähren.

(6) Die Kommission hat dem Bundesministerium für Justiz alljährlich innerhalb des ersten Vierteljahres über ihre Tätigkeit im Vorjahr schriftlich zu berichten und, wenn sie es für nötig hält, Anregungen zu geben. Der Bundesminister für Justiz hat binnen 3 Monaten dem Vorsitzenden der Kommission eine Stellungnahme zum Bericht zuzuleiten. Erachtet es die Kommission für erforderlich, so erstattet sie unmittelbar dem Nationalrat Bericht.

(7) (Verfassungsbestimmung) Ist die Weitergabe von Informationen, die den Mitgliedern der Vollzugskommissionen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind, erforderlich, um eine rasche Beseitigung eines Mißstandes im Strafvollzug zu bewirken, so sind die Mitglieder der Vollzugskommission insoweit nicht zur Amtsverschwiegenheit (Art. 20 Abs. 3 B-VG) verpflichtet. Sie haben jedoch vor der Weitergabe dieser Informationen zu prüfen, ob dadurch Rechte beteiligter Personen schwerer verletzt werden könnten, als die vom Mißstand Betroffenen durch diesen in ihren Rechten verletzt werden. Ist dies der Fall, bleibt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit aufrecht.


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(8) Die Mitglieder der Vollzugskommission haben Anspruch auf Ersatz der
notwendigen Kosten, die ihnen durch Reisen zum Versammlungsort der Vollzugskommission, zu Gesprächen mit Mitgliedern der unabhängigen Anstaltsbeiräte sowie mit Vertretern des Bundesministeriums für Justiz entstanden sind. Für die bei Sitzungen der Vollzugskommission und zu deren Vorbereitung aufgewendete Zeit gebührt den Mitgliedern der Vollzugskommission eine Entschädigung im Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis, die Sachverständigen nach dem Gebührenanspruchsgesetz gewährt wird.

(9) Vertrauenspersonen, die ihr Amt mißbrauchen, sind vom Bundesministerium für Justiz zu entheben.

2. Nach Z 7a wird folgende Z 7b eingefügt:

7b. Nach § 18 werden folgende §§ 18a und 18b samt Überschriften eingefügt:

,Unabhängige Anstaltsbeiräte

Zusammensetzung

§ 18a (1) In jeder Justizanstalt wird ein unabhängiger Anstaltsbeirat eingerichtet. Er besteht aus dem Anstalts-Gefangenensprecher und dessen Stellvertreter (§ 23), den von den politischen Parteien gemäß Abs. 2 entsandten Vertretern, einem Vertreter einer Menschenrechtsorganisation (Abs. 3) sowie einem Vertreter der Rechtsanwaltskammer.

(2) Jeder Gemeinderat, in dessen Gebiet eine Justizanstalt gelegen ist, hat in den unabhängigen Anstaltsbeirat der betreffenden Justizanstalt pro Gemeinderatsfraktion einen Vertreter zu entsenden. Diese Vertreter sind vom Gemeinderat auf Grund von Vorschlägen der Gemeinderatsfraktionen spätestens zwei Monate nach Konstituierung des Gemeinderates zu wählen. Sie bleiben so lange im Amt, bis ein neugewählter Gemeinderat neue Vertreter entsendet.

(3) Der Bundesminister für Justiz hat für jede Justizanstalt eine Menschenrechtsorganisation einzuladen, in den unabhängigen Anstaltsbeirat der in der Einladung bezeichneten Justizanstalt einen Vertreter zu entsenden. Einer Menschenrechtsorganisation ist eine private insbesondere auch kirchliche Organisation gleichzuhalten, die sich mit der Betreuung Strafgefangener befaßt. Die Einladung gilt für 5 Jahre. Ihre Wirksamkeit verlängert sich um denselben Zeitraum, wenn ein Widerruf nicht rechtzeitig vor Ablauf dieses Zeitraumes erfolgt. Die Einladung ist jeweils dem unabhängigen Anstaltsbeirat und der bezeichneten Menschenrechtsorganisation zuzustellen.

(4) Die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern haben binnen zwei Monaten nach ihrer Konstituierung jeweils einen Rechtsanwalt in die unabhängigen Anstaltsbeiräte der in ihrem Wirkungsbereich gelegenen Justizanstalten zu entsenden.

(5) Die Entsendungsberechtigten haben darauf zu achten, daß in unabhängige Anstaltsbeiräte von Frauen-Vollzugsanstalten mehr weibliche als männliche Vertreterinnen entsendet werden.

(6) Der unabhängige Anstaltsbeirat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Gefangenenanwalt. Er ist einmal vierteljährlich einzuberufen, darüber hinaus sooft dies von einem seiner Mitglieder unter Bekanntgabe des Einberufungsgrundes verlangt wird.

(7) Die Mitglieder des unabhängigen Anstaltsbeirates haben das Recht, jederzeit die Strafgefangenen in der Justizanstalt zu besuchen und vom Leiter der Justizanstalt alle im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erforderlichen Informationen zu verlangen. Ein Verzeichnis der Mitglieder des für die jeweilige Anstalt zuständigen unabhängigen Anstaltsbeirates ist in jedem Haftraum aufzulegen. Als Anschrift des unabhängigen Anstaltsbeirates ist das Gemeindeamt jener Gemeinde anzugeben, in der die Strafvollzugsanstalt gelegen ist.

(8) Die Mitglieder der unabhängigen Anstaltsbeiräte haben Anspruch auf Ersatz der notwendigen Kosten, die ihnen durch Reisen zum Versammlungsort des unabhängigen Anstaltsbeirates, dem sie angehören, zu Gesprächen mit Mitgliedern der Vollzugskommission und mit Vertretern


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des Bundesministeriums für Justiz entstanden sind. Für die bei Sitzungen des unabhängigen Anstaltsbeirates und zu deren Vorbereitung aufgewendete Zeit gebührt den Mitgliedern der unabhängigen Anstaltsbeiräte eine Entschädigung im Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis, die Sachverständigen nach dem Gebührenanspruchsgesetz gewährt wird.

(9) (Verfassungsbestimmung) Ist die Weitergabe von Informationen, die den Mitgliedern der unabhängigen Anstaltsbeiräte ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind, erforderlich, um eine rasche Beseitigung eines Mißstandes im Strafvollzug zu bewirken, so sind die Mitglieder der unabhängigen Anstaltsbeiräte insoweit nicht zur Amtsverschwiegenheit (Art. 20 Abs. 3 B-VG) verpflichtet. Sie haben jedoch vor der Weitergabe dieser Informationen zu prüfen, ob dadurch Rechte beteiligter Personen schwerer verletzt werden könnten, als die vom Mißstand Betroffenen durch diesen in ihren Rechten verletzt werden. Ist dies der Fall, bleibt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit aufrecht.

§ 18b (1) Der unabhängige Anstaltsbeirat befaßt sich mit allen Beschwerden, die von Gefangenen wegen Mißständen im Strafvollzug an ihn gerichtet werden sowie mit Mißständen, die ihm sonst bekannt werden. Er hat das Recht, in alle Akten Einsicht zu nehmen und von der Anstaltsleitung sowie allen in der Justizanstalt tätigen Personen alle erforderlichen Auskünfte zu verlangen und diese Personen zu seinen Sitzungen vorzuladen.

(2) Der unabhängige Anstaltsbeirat kann gegen jede gesetzwidrige Anordnung von Organen des Strafvollzuges sowie gegen jeden gesetzwidrigen Vorgang in einer Justizanstalt Beschwerde beim Vollzugsgericht erheben, und zwar auch dann, wenn zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit ein Instanzenzug vorgesehen ist und der Betroffene nicht rechtzeitig ein Rechtsmittel erhoben hat.

(3) Vor Erlassung eines Straferkenntnisses wegen einer Ordnungswidrigkeit ist der unabhängige Anstaltsbeirat zu verständigen und über die gegen den betreffenden Strafgefangenen erhobenen Vorwürfe zu informieren. Er hat das Recht, eine Stellungnahme im Verfahren abzugeben und sich einem Rechtsmittel des Betroffenen anzuschließen.

(4) Der vom unabhängigen Anstaltsbeirat gewählte Gefangenenanwalt hat mindestens einmal wöchentlich die Anstalt zu besuchen und den Strafgefangenen die Möglichkeit eines Gespräches anzubieten. Er hat dem unabhängigen Anstaltsbeirat bei jeder Sitzung über seine Wahrnehmungen zu berichten.

(5) Der unabhängige Anstaltsbeirat erstattet einmal jährlich sowie in besonderen Fällen der Vollzugskommission Bericht. Er kann die Vollzugskommission auffordern, die betreffende Justizanstalt zu besuchen.‘

3. Z 7a wird zu Z 7c."

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

20.38

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst zu meiner unmittelbaren Vorrednerin Terezija Stoisits.

Ich bin schon relativ lange Abgeordneter in diesem Haus, aber ich kann mich nicht mit Ihrer Ansicht anfreunden, dass man verpflichtet sei, über ein bestimmtes Thema, das jemand vorgibt, zu diskutieren. Es ist das Recht jedes Abgeordneten, anwesend zu sein. Es ist schon fraglich, wie weit es seine Pflicht ist, anwesend zu sein. Es ist das Recht jedes Abgeordneten, aufmerksam zuzuhören. Eine Pflicht, aufmerksam zuzuhören, hat er jedenfalls nicht. Also wenn ich von irgendjemandem ermahnt werde: Passen Sie auf!, dann kann ich sagen: Dazu bin ich als Abgeordneter nicht verpflichtet.


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Aber dass man mir jetzt vorhält, dass andere und ich, dass niemand außer der Antragstellerin es für sinnvoll oder für notwendig oder für angezeigt gehalten habe, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern, das erscheint mir wirklich unzulässig. Der Abgeordnete darf reden, der Abgeordnete soll zu Themen, zu denen es wichtig ist, zu reden, auch reden, aber dass der Abgeordnete reden muss, das wäre neu und ist nicht vertretbar.

Ich darf nur einige wenige Sätze – ich weiß nicht, wie lange ich Zeit habe – zu den Themen, die jetzt zur Diskussion stehen, anbringen. Zunächst zur Problematik des Strafvollzuges. Ich persönlich glaube, dass der österreichische Strafvollzug in seiner Mittellage zwischen Strenge und Härte auf der einen Seite und Liberalität und Humanität auf der anderen Seite ein recht ausgewogenes Dasein führt.

Dass die Freiheitsstrafe nicht der Weisheit letzter Schluss ist und auch nicht sein kann, wissen wir alle. Aber es ist noch niemandem etwas Besseres eingefallen, was auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entsprechen würde.

Ich wünsche mir keinen wesentlich lockereren Strafvollzug, so wie er in einigen anderen Ländern gang und gäbe ist, sodass man den Eindruck hat, in irgendwelchen Anstalten haben nicht mehr die dortigen Vertreter der Behörde das Sagen, sondern in Wirklichkeit schon die Häftlinge. Ich wünsche mir auch keinen strengeren Strafvollzug, denn man kann heute jede Anstalt so dicht machen, dass niemand mehr hinaus kann und dass man verbotener Weise auch nichts mehr hinaus und hinein transportieren kann. Aber das führt dann zu den explosionsartigen Vorgängen, wie man sie manchmal im Fernsehen etwa über südamerikanische Gefängnisse sieht. Wenn nämlich der Häftling den Eindruck hat, dass er nicht einmal theoretisch die Möglichkeit hat, irgendetwas zu unternehmen, was gegen die Regeln ist, dann macht er sich Luft, indem er irgendwann einmal einen Wärter als Geisel nimmt oder die Matratze in seiner Zelle und damit den ganzen Trakt anzündet.

In Österreich ist die Strafrechtspflege, so glaube ich, doch vernünftig in der Mitte des Geschehens angesiedelt. Wir kommen mit der Vorlage zu einer deutlicheren Verrechtlichung und auch Verrichterung der Vorgänge im Strafvollzugsbereich. Das mag den Bedürfnissen nach mehr Rechtsstaat entsprechen, auch den Vorgaben, die wir aus internationalen Bereichen erhalten, aber ob es für die tägliche Praxis tatsächlich gescheiter ist, das wage ich zu bezweifeln. Kollege Pendl wird vielleicht ähnlicher Ansicht sein, dass es manchmal gescheiter ist, die Entscheidung in der Anstalt zu halten, als sie hinausgehen zu lassen – nicht nur gescheiter im Interesse der Anstaltsleitung, sondern sehr häufig auch im Interesse der Insassen der Anstalt. Meistens haben nämlich jene, die von außen hineinschauen, nicht wirklich eine Ahnung von dem, was drinnen vorgeht, sonst würde sich in der Strafrechtspflege manches anders abspielen.

Noch zu zwei der drei anderen Vorlagen. Ich glaube, dass die Ausdehnung des Verhetzungsparagraphen systemwidrig wäre. Der Verhetzungsparagraph ist seinerzeit vor allem aus der Überlegung heraus eingeführt worden, dass es eine Gruppenklage, eine Gruppenehrenbeleidigungsklage nicht gibt. Ich bin immer dafür eingetreten, dass jeder Angehörige einer beleidigten Gruppe das Recht haben soll, einfach mit einer Privatanklage wegen Ehrenbeleidigung oder Ähnlichem vorzugehen. Das einzuführen hat sich der Gesetzgeber nicht entschließen können. Die Konsequenz war der Verhetzungsparagraph. Aber wenn man jetzt die Lex Knoll einführen möchte, nämlich dass einzelne Repräsentanten von Gruppen nicht nur ihr Klagerecht haben, sondern sozusagen auch unter den Offizialparagraphen fallen sollen, dann, glaube ich, ist das systemwidrig. Wenn eine Gruppe, die zu groß ist, um selber jedem einzelnen Mitglied die Möglichkeit einer Privatanklage zu geben, durch Hetze betroffen ist, dann soll der diesbezügliche Paragraph des Strafgesetzbuches gelten. Wenn es Einzelpersonen sind, dann können sie klagen. Aber hier eine Duplizität einzuführen, das ist nicht notwendig und wäre systemwidrig.

Ich bin auch dagegen, dass man an einen Paragraphen rührt, der zugegebenermaßen selten angewendet wird, aber doch geeignet erscheint, die Gefühle der gläubigen Menschen in der einen oder anderen Richtung zu berühren, wenn er von der Abschaffung bedroht ist. Vielleicht wäre es in der Praxis gar nicht sehr bedeutungsvoll, aber es würde viel hineingeheimnist werden, wenn man sich entschlösse, jetzt einerseits die Herabwürdigung religiöser Symbole und


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andererseits auch die der Staatssymbole straffrei zu stellen, und es besteht vor allem keine Notwendigkeit in diese Richtung.

Und wenn im Unterausschuss und auch im Ausschuss selbst nicht diskutiert worden ist, dann zeigt ja das, Resi Stoisits, dass in Wirklichkeit kein Bedarf in diese Richtung besteht. Es sind ja die Abgeordneten in aller Regel nicht so mundfaul, dass sie nicht den Mund aufmachen, wenn etwas Diskutierenswertes da ist. Aber dass sie dort, wo offenbar kein Bedarf in diese Richtung besteht, nur weil du es dir wünscht, Diskussionen abwickeln, das kann wirklich auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

20.44

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohes Hauses! Mit der vorliegenden Änderung des Strafvollzugsgesetzes wird eine neue und wichtige Rechtsschutzeinrichtung geschaffen, die erstens eine wesentliche Entlastung des Bundesministeriums für Justiz bedeutet und zweitens eine Verbesserung des Rechtsschutzes für Strafgefangene mit sich bringt.

Mit dieser wichtigen Gesetzesänderung wird das Rechtsbeschwerdewesen aus dem Bundesministerium für Justiz ausgegliedert und werden unabhängige Vollzugskammern bei den Oberlandesgerichten eingerichtet. Da die Zusammensetzung der Vollzugskammern aus einem Dreier-Kollegium im Sinne des Art. 6 der Menschenrechtskonvention erfolgt, entspricht dieses Rechtsbeschwerdewesen den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, und das ist sehr sinnvoll.

Eine weitere wesentliche Änderung des Strafvollzugsgesetzes ergibt sich auch durch die Anhebung der Strafzeit auf 18 Monate für die Zuständigkeit einer Strafvollzugsanstalt, was ebenfalls als sehr positiv zu bewerten ist.

Diese wichtigen Änderungen im Strafvollzugsgesetz sind eine wichtige Weiterentwicklung unseres Strafvollzuges. Mit dieser Gesetzesänderung wird auch dem Anraten des Rechnungshofes nachgekommen, der schon im Jahre 1991 im Zuge der Verwaltungsanalyse auf mögliche Verbesserungen im Strafvollzug hingewiesen hat. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit den Anforderungen eines modernen und fairen, aber auch eines humanen Strafvollzugs optimal entsprechen, und ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei den Strafvollzugskommissionen, die für den österreichischen Strafvollzug hervorragende Arbeit leisten.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben im Unterausschuss – und dieser Unterausschuss ist nicht so abzuwerten, wie es Kollegin Stoisits getan hat – zwei Anträge behandelt, die in ihren Inhalten zwar sehr unterschiedlich sind, aber äußerst sensible Bereiche des Strafgesetzbuches betreffen.

Ich möchte zuerst auf den Antrag des Abgeordneten Posch und der SPÖ eingehen, in dem Änderungen betreffend den Verhetzungsparagraphen vorgeschlagen wurden. Wir sagen, dass das nicht notwendig und auch nicht zielführend ist. Hier reichen die bestehenden Gesetze bei weitem aus, um eine Strafverfolgung bei einer Verhetzung auch gegen führende Persönlichkeiten zu ermöglichen. Dazu haben wir im Strafgesetzbuch die Beleidigungsparagraphen, und wenn man das weiterspinnt, so haben wir das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch.

Ganz im Gegenteil: Wenn wir Ihrem Antrag nachgekommen wären, würden die von Ihnen vorgeschlagenen und diskutierten Neuregelungen zu mehr Unklarheiten und Problemen führen. Weil durch die bestehende Regelung die Freiheit des Einzelnen garantiert bliebt, ist eine Änderung nicht sinnvoll. Der Betroffene könnte nach Ihren Vorschlägen plötzlich mit einem Verfahren konfrontiert sein, das er gar nicht will, und in eine Situation kommen, in die er gar nicht kommen möchte.


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Zweitens ist häufig nicht eindeutig feststellbar, wer als "führende Vertreter" definiert wird. Ein Beispiel: Am Sonntag beim Stammtisch wird ein Pfarrer beschimpft und geschimpft. Ist der Dorfpfarrer für Sie ein "führender Vertreter" der Kirche oder nicht? Soll die Beleidigung strafrechtliche Konsequenzen haben, oder meinen Sie nicht auch, dass man in solchen Sachen die Kirche im Dorf lassen soll? Oder verstehen Sie unter "führenden Vertretern" wirklich nur die eine Angelegenheit der Frau Superintendentin Knoll, die ich im Übrigen sehr schätze?

Zum zweiten Antrag der Frau Abgeordneten Stoisits passt das mit der Kirche optimal dazu. Sie und ihr grüner Parlamentsklub verlangen nämlich die Streichung des Verbots der Herabwürdigung religiöser Lehren, des Staates und seiner Symbole.

Geschätzte Damen und Herren! Dass Sie von Seiten der Grünen keine Patrioten sind und keinen Patriotismus kennen, ist mir bekannt, seitdem Ihre Anhänger bei den Demonstrationen mit Spruchbändern mit der Aufschrift "Patrioten sind Idioten" unterwegs waren. Dass Sie aber so weit gehen, dass Sie die Bestimmungen des § 188 und des § 248 StGB aus unserem Strafgesetz eliminieren wollen, ist für mich eigentlich gar nicht vorstellbar!

§ 248 StGB enthält Bestimmungen für den Fall, dass jemand – ich zitiere – "in gehässiger Wiese die Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer beschimpft oder verächtlich macht" beziehungsweise gemäß Abs. 2 deren Symbole in gehässiger Weise verunglimpft oder verächtlich macht. – Die Streichung dieses Paragraphen kann doch nicht in unserem Sinne und im Sinne der Menschen in unserem Lande sein! (Abg. Haigermoser: Für die Grüne Partie schon!) Es ist doch nicht möglich, dass diese Symbole keinen Wert mehr darstellen! (Abg. Haigermoser: Doch, denn das ist die Anarcho-Szene!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass Sie diese Überlegungen ins Kalkül gezogen haben, als Sie diesen Antrag gestellt haben. Ich glaube aber zu wissen, was Sie beabsichtigen: Sie wollen damit der Beschimpfung, der Verhetzung, der Beschmierung und der Verspottung unseres Staates und dem Hass gegen unser Land Tür und Tor öffnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit diesem Antrag haben Sie und die Grünen ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Ihre selbstgewählte Redezeit bereits um einiges überschritten ist; die Uhr ist jedoch offensichtlich defekt und zeigt daher das Ende der Redezeit nicht an.

Abgeordneter Günter Kößl (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss: Mit diesem Antrag haben Sie und die Grünen nur gezeigt, was Sie wirklich wollen und was das Ziel Ihrer Politik ist, nämlich das Schlechtmachen und die Zerstörung wesentlicher Dinge unserer Republik. Das, geschätzte Damen und Herren, kann allerdings wirklich kein Thema sein, auch kein Thema im Ausschuss! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

20.52

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es alles andere als schlüssig ist, wenn man die Forderung erhebt, dass der Verhetzungsparagraph, also die Bestimmungen gegen die Verhetzung, ausgedehnt und dessen Anwendungsbereich auch auf führende Vertreter von Religionsgemeinschaften erweitert wird, wenn man also einerseits eine Politik vertritt, die offensichtlich darauf abzielt, dass Vertreter von Religionsgemeinschaften in den Schutzbereich mit einbezogen werden, andererseits aber dafür eintritt, dass der Paragraph, der die Religionsausübung und die Achtung der Religion des Einzelnen schützt und vor Verspottung bewahrt, abgeschafft wird. Daran sieht man, dass diesbezüglich nicht konsequent vorgegangen wird, sondern ein eklatanter Widerspruch besteht!


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Kollege Ofner hat es sehr deutlich ausgeführt: Der einzige und ausschließliche Grund für Ihre Forderung, dass die Bestimmungen gegen Verhetzung erweitert werden, liegt darin, dass sie offensichtlich über Zuruf der Frau Bischöfin Knoll eine Ahndung berechtigter Kritik von Seiten der Regierungsparteien herbeiführen wollen.

Was sind die Hintergründe dafür? – Frau Bischöfin Knoll hat sich, als sie Präsidentschaftskandidatin war, in unvertretbarer Form zu unserer Bundesverfassung geäußert. Sie hat sich sogar zur Meldung verstiegen, dass sie selbst dann, wenn die FPÖ die absolute Mehrheit in diesem Hohen Haus haben sollte, diese nicht mit der Regierungsbildung beauftragen würde. – Das wäre ein glatter Bruch der Verfassung! Weiters hat sie sich in einer wirklich gehässigen Form über die FPÖ geäußert und musste natürlich damit rechnen, was auch eingetreten ist, dass sie voll in die politische Diskussion mit einbezogen wird.

Das erklärt das Missverhältnis, das hier besteht: Einerseits werden haltlose Beschimpfungen der Frau Bischöfin Knoll zu Lasten der FPÖ akzeptiert und gefördert, andererseits wird von der FPÖ ein Diskussionsverbot verlangt, sodass wir über die Frau Bischöfin überhaupt nicht sprechen dürfen, weil sie ja unter einem besonderen Schutz steht.

Es ist aber ganz einfach nicht konsequent, wenn man einerseits jeglichen strafrechtlichen Schutz der Religionsgemeinschaften abschaffen, andererseits jedoch die führenden Vertreter von Religionsgemeinschaften – in diesem Fall Frau Knoll – unter einen Glassturz der Unverletzlichkeit stellen will. Diesbezüglich sind Sie in Ihrer Argumentation nicht konsistent.

Dazu möchte ich sagen: Ich vertrete die Ansicht, dass der Verhetzungsparagraph insgesamt problematisch ist. Meines Erachtens sind die Bestimmungen betreffend Verhetzung zumindest in Teilbereichen den Bestimmungen in autoritären Systemen ähnlich, nämlich insoweit, als hier ganz allgemeine Gesetzesbegriffe verwendet werden. So heißt es etwa in § 283 StGB:

"Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, zu einer feindseligen Handlung ... auffordert oder aufreizt, ist mit einer Freiheitsstrafe ... zu bestrafen."

Die "feindseligen Handlungen" betreffen in diesem Zusammenhang Religionsgemeinschaften oder auch Parteien. – Der Laie würde zu einer solchen Bestimmung sagen, dass es sich um einen "Gummiparagraphen" handelt. Was ist denn geeignet, die öffentliche Ordnung zu gefährden? Welche Kritik ist geeignet, die öffentliche Ordnung zu gefährden? – Diese Formulierung ist mir persönlich viel zu unbestimmt, und meines Erachtens hat diese Bestimmung insgesamt in einer liberalen Rechtsordnung nichts verloren.

Nun ganz kurz noch zum Antrag der grünen Fraktion, die Bestimmung "Herabwürdigung religiöser Lehren" zu streichen: Als Argument wurde herangezogen, dass letztendlich eine Streichung dieser Bestimmung zu Gunsten jener Künstler gereichen würde, die sich mit Symbolen insbesondere der katholischen Kirche auseinander setzen.

Ich darf Ihnen dazu sagen, dass ich beide Seiten beurteile und meine, dass diesbezüglich regelmäßig eine Interessenabwägung stattzufinden hat, und zwar eine Interessenabwägung zwischen Freiheit der Kunst auf der einen Seite und Unverletzlichkeit von religiösen Lehren auf der anderen Seite. Jetzt ist die Rechtsprechung aufgerufen, hier Maßstäbe zu setzen. Aber es kann nicht angehen, dass eine Gruppierung, nämlich Künstler, für sich Sonderrechte in Anspruch nehmen will und sagt: Wir sind Künstler, unser Grundrecht ist regelmäßig höherwertig einzuschätzen als jedes andere Grundrecht, auch das Grundrecht auf Religionsausübung, auf Unverletzlichkeit und auf Achtung des Religionsfriedens. – So kann es selbstverständlich nicht gehen!

Diesbezüglich besteht allerdings überhaupt keine Problematik, mein Vorredner hat das ja dankenswerterweise schon gesagt: Eine Einbeziehung der Religion und der religiösen Symbole in die Kunst ist nicht schlechthin strafbar. Das ist völliger Unsinn! Schauen Sie sich etwa das Oeuvre von Arnulf Rainer an, der sich immer wieder mit Symbolen der Kirche auseinander setzt, insbesondere mit dem Kreuz, aber niemals in einen Konflikt kommt. Er wurde erst kürzlich – wie ich gelesen habe – von Seiten der katholischen Kirche geehrt.


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Wenn man aber im Sinne meines Vorredners, wie er es zitiert hat, in gehässiger, herabsetzender Weise den Religionsfrieden mit Füßen tritt, dann ist es auch angemessen, wenn man dafür zur Verantwortung gezogen wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der grünen Fraktion! Wenn Sie bei dieser Bestimmung Bedenken haben, dann möchte ich Ihnen Folgendes vor Augen führen: Denken Sie daran, wie Sie in Anbetracht der Herabsetzung der Symbole einer anderen Religionsgemeinschaft, die auch auf deren Unverletzlichkeit pocht, etwa des mosaischen Glaubens oder der moslemischen Religion, reagieren würden! – Ich hoffe, dass dieses Beispiel Ihnen vor Augen geführt hat, dass Ihr Antrag sachlich vollkommen verfehlt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 373 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der Verfassungsbestimmungen enthält. Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und danach über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen.

Da dieser Zusatzantrag – wie gesagt – Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich lasse nunmehr über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen sowie die damit verbundene Änderung der Ziffernbezeichnung abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anhang, Vorbehalten, Erklärungen und Mitteilung der Republik Österreich in 273 und Zu 273 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dieses Übereinkommen in seiner dänischen, englischen, finnischen, französischen, gälischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Textfassung dadurch kundzumachen, dass diese im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle ebenfalls die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 375 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 376 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (338 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001) (377 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Ich erteile es ihm.

21.04

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsparteien haben mit zwei Novellen zum Zivildienstgesetz versucht, eine Neuorientierung des Zivildienstes, verbunden mit massiven Verschlechterungen für die Zivildiener, für die Trägerorganisationen und damit natürlich auch für die Bedürftigen und die sozial Schwachen, herbeizuführen.

In letzter Minute wurde durch einen Abänderungsantrag noch der § 12 verändert, weil es sonst in der heiklen Frage des Auslandsdienstes zu einer absoluten Orientierungslosigkeit gekommen wäre. Diese Bundesregierung hat auch in keiner Weise die Absicht, auf grünes Licht seitens der Länder zu warten. Trotz deren massiver Bedenken hinsichtlich des Konsultationsmechanismus peitschen Sie ganz einfach diese Novelle durch. Sie haben eine neue Form des Regierens gefunden! (Abg. Böhacker: Gott sei Dank!)

Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Novelle kommt es gerade im Hinblick auf die Dauer der Dienstzeit zu keiner auch nur annähernden Gleichstellung mit der zeitlichen Belastung der Präsenzdiener. (Abg. Dr. Leiner spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Haupt.)  – Herr Bundesminister! Es wäre durchaus ein Akt der Höflichkeit, wenn Sie die Güte hätten, mir zuzuhören! – Danke.

Herr Minister! Sie haben sich noch vor wenigen Monaten in der Frage der Dauer des Zivildienstes sehr weit hinausgelehnt und erhebliche Verkürzungen in Aussicht gestellt. Davon ist in dieser Novelle keine Rede mehr. Meine Damen und Herren! Der Zivildiener Strasser musste offensichtlich vor dem Grundwehrdiener Scheibner "habt Acht"-stehen und klein beigeben!

Hohes Haus! Es ist natürlich auch keine Lösung, dass man die Verantwortung für den Zivildienst aus der Bundeshoheit auslagert, denn schließlich hat der Staat eine Verantwortung für die Zivildiener. Sie leisten ihren Dienst ja bei der Republik und für die Republik, und daher ist es mehr als billig, wenn die Leistungsverpflichtungen nicht wie eine heiße Kartoffel an die Trägerorganisationen weitergegeben werden. (Abg. Jung: Billig ist es nicht!) Zumeist handelt es sich hiebei, wie wir alle wissen, um NGOs, also um Organisationen, die manchmal unbequem kritisch sind und der Regierung vielleicht nicht so die Rosen streuen, wie sie sich das vorstellt. Das


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hat man auch bei den Post-Zeitungstarifen gesehen. Das trifft wiederum oftmals diese Vereine. Politik hat eben Methode, diese Politik im Besonderen verfolgt aber eine sehr fragwürdige Methode!

Es ist auch Zynismus, wenn man von mehr Autonomie für die Trägerorganisationen spricht. Ich glaube, auf die Freiheit, ab jetzt anstelle des Bundes elementare finanzielle Brocken zur Versorgung der Zivildiener zu übernehmen, würden viele der Trägerorganisationen allzu gerne verzichten!

Auch die Zivildiener haben entsprechende Benachteiligungen hinzunehmen. Die Ansprüche vor allem hinsichtlich Verpflegung und Pauschalvergütung sind plötzlich nicht mehr öffentlich-rechtlich, sondern zivilrechtlich. Kommt es zu einem Streit, dann kann der Zivildiener vor dem Zivilgericht versuchen, im Zivilrecht-Rechtsweg seinen Prozess zu gewinnen. Er trägt natürlich auch das Prozessrisiko und ist somit in keinster Weise mehr einem Grundwehrdiener gleichgestellt.

Auch in der Frage der Verpflegungsmodalitäten ist es den Regierungsparteien nicht gelungen, eine klare und für die Zivildiener akzeptable Lösung zu finden. Es herrscht absolute Unsicherheit über den schwammigen Begriff der so genannten "angemessenen Verpflegung".

Meine Damen und Herren! Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Parnigoni, Dietachmayr, Ludmilla Parfuss und GenossInnen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Die Z 8 und 9 betreffend § 12b Abs. 8 bis 12 entfallen.

2. Die neue Z 8 lautet:

"8. § 12b Abs. 8 lautet:

‚Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, anerkannten Trägern jene Kosten, die ihnen durch den von Zivildienstpflichtigen gemäß Abs. 5 und 6 geleisteten Dienst erwachsen sind, bis zu dem Betrag zu ersetzen, der vom Bund im letzten Jahr in Vollziehung dieses Bundesgesetzes durchschnittlich für einen Zivildienstleistenden aufgewendet wurde. Die Höhe dieses Betrages ist vom Bundesminister für Inneres mit Verordnung festzustellen.‘"

3. In der Z 16 wird im § 28 Abs. 1 folgender Satz angefügt:

"Angemessen ist eine Verpflegung dann, wenn sie zumindest nach Qualität und Umfang der Verpflegung eines Präsenzdieners entspricht."

*****

Herr Bundesminister! Sie bezeichnen sich gerne als "erster Zivildiener des Staates". Ich will Ihnen gar nicht unterstellen, dass Sie das nicht sehr ehrlich meinen. Davon bin ich überzeugt! Das, was Sie an Einsatz für diese aktuelle Zivildienstgesetz-Novelle im Sinne der Zivildiener und im Sinne der Trägerorganisationen geleistet haben, war allerdings nicht gerade weltmeisterlich! Aber ich verstehe das, Herr Bundesminister, denn wer permanent in einer noch nie da gewesenen Art und Weise vom eigenen Koalitionspartner durch enervierende verbale Anschüttungen bei seiner eigentlichen Arbeit aufgehalten wird, hat es natürlich schwer, produktiv als Minister tätig zu sein und wirklich gute Gesetze zu machen! Meine Damen und Herren! Die Begleitmusik, die es im Innenausschuss gerade auch bei dieser Gesetzesnovelle gegeben hat, konnte sich hören lassen und hat ja zu einem handfesten Koalitionsstreit geführt. Im Ausschuss hat sich


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herausgestellt, wie es eigentlich läuft. Die Beschuldigten in der FPÖ-Spitzelaffäre – Haider, Kabas, Kreißl, Westenthaler, Mayerhofer, Binder und andere – waren vertreten durch Klubobmann Westenthaler, der sich im Schutz seiner Immunität sogar so weit versteigt, dass er den Beamten, die in den Ermittlungen tätig sind, de facto Verbrechen vorwirft, sie des Amtsmissbrauchs beschuldigt und viele andere Dinge mehr.

Herr Bundesminister! Sie haben den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit in Schutz genommen. Gestern im "Report" haben Sie in abenteuerlicher Weise versucht, das anders zu formulieren. Aber immerhin: Sie haben klar gestellt, dass weder Sie noch andere Beamte – nämlich der Generaldirektor – in diesen Fall involviert sind, weil ja die Sonderkommission, wie Sie sagen, völlig weisungsfrei gestellt ist und daher niemand, weder der Generaldirektor noch irgendjemand anderer außer den Beamten der Sonderkommission irgendwelche andere Anweisungen treffen konnte. Sie sagen selbst wörtlich auf die Frage, ob sich an der Rolle Buxbaums etwas verändert:

"Wer nicht vorgestern und gestern in der Ermittlung tätig war, der wird auch heute und morgen nicht tätig gewesen sein können." – Zitatende.

Das bezieht sich natürlich auch auf den Vorwurf Westenthalers, dass die Suspendierung des Herrn Binder eine amtmissbräuchliche Handlung des Generaldirektors Buxbaum gewesen sei. (Abg. Pistotnig: So ist es auch!)

Der Herr Bundesminister hat das richtig gestellt und hat versucht, in einer Form, die einem Eiertanz gleichkommt, das im "Report" darzustellen. Ihr Parteikollege und Schutzpatron, der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich Pröll, hat das eigentlich viel treffender gesehen und dargestellt, denn er hat erkannt, dass das Nervenkostüm des Herrn Westenthaler ein wenig angekratzt ist. Pröll sagt in einem in einem Magazin wiedergegebenen Interview auf die Frage, ob dieser Stil die freiheitlichen Nerven besonders strapaziert:

"Das ist doch nur öffentliches Säbelrasseln, zurückzuführen auf eine Profilierungsneurose von einigen wenigen freiheitlichen Spitzel ..." – Entschuldigung! – "Spitzenpolitikern. Manche sind nun einmal schwach im Einstecken, beim Austeilen dafür großzügig."

Es kann nur ein Einziger wirklich damit gemeint gewesen sein, das ist erkennbar! (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Auf die Frage "Was, vermuten Sie, ist der wahre Grund für diesen Rundumschlag der Freiheitlichen gegen den Innenminister und sein Ministerium?" sagte Pröll sehr klar: "Möglicherweise ein schlechtes Gewissen." – Das Wort "möglicherweise" kann er sich meiner Meinung nach sparen, denn es wird sich schon genau so verhalten, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben! (Abg. Kiss: Wie lange wirst du noch reden?) Das ist unsere Zeit, nicht deine!

Herr Bundesminister! Sie sind zentraler Punkt einer veritablen Koalitionskrise. Wir haben das ganz genau beobachtet: Es gab fliegende Türen und Schreiduelle bei den Zusammenkünften der letzten Koalitionsklausur. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie haben Sie das beobachtet? Haben Sie Spitzel? Haben Sie Marizzi mit einem Tonband hingeschickt?)

Herr Bundesminister! Es ist wirklich hochinteressant, wie sich der Schmusekurs in neun Monaten entwickelt hat! Und es ist auch interessant, wie Sie ein Teil einer griechischen Tragödie geworden sind, "Ein Alptraum für die Demokratie", wie im Magazin "NEWS" heute steht, ein Teil des Desasters dieser Bundesregierung. Ich sage das ganz offen, weil ich glaube, dass es fürs Protokoll sehr wichtig ist, dass das ausgesprochen wird!

Der ehemalige ÖVP-Landtagsabgeordnete Alfred Worm hat das wirklich hervorragend zusammengefasst, und das möchte ich Ihnen nicht ersparen. – Ich zitiere:

"Eine demokratiegefährdende Spitzelaffäre erschüttert das Land. Die Telekom-Aktie dümpelt am Tiefstkurs. AUA und Lauda Air crashen dahin. Die ÖIAG ist am Sand. Um den ORF tobt ein politischer Krieg. Der soziale Friede ist gestört. An allen Ecken und Enden rumort es. Eine


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innenpolitische Peinlichkeit jagt die nächste. Klestil verlangte damals eine Regierung, die Frieden im Inland garantiert und deren Reputation im Ausland uneingeschränkt ist. Schüssel und Haider wussten es aber besser." (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Frau Partik-Pablé! "Was Klestil nicht ahnen konnte, vollzieht sich jetzt vor aller Augen: Noch niemals zuvor hat eine Regierungspartei eine so skandalöse Hatz auf korrekte Spitzenbeamte – Buxbaum (Sicherheitschef), Horngacher (Wirtschaftspolizei), Staatsanwälte et cetera – veranstaltet, wie die FPÖ das jetzt tut. Ein Alptraum für die Demokratie."

Meine Damen und Herren! Wenn Sie noch lange am Ruder sind, wird es finster und kalt in diesem Land! Wir werden alles tun, um das zu verhindern! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, stelle ich fest, dass der Antrag der Abgeordneten Parnigoni, Dietachmayr und Ludmilla Parfuss ordnungsgemäß unterfertigt ist und in Verhandlung steht.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Puttinger. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mit seinen herkulischen Auftritten wird Herr Parnigoni letzten Endes sicherlich einen Erfolg wie Napoleon in Waterloo heimbringen, denn ich glaube, wenn man sich zwei Drittel seiner Zeit nicht mit dem eigentlichen Thema beschäftigt, sondern über anderes diskutiert – was vielleicht richtig ist –, dann geht man nicht in eine neue Richtung, was zum Beispiel bedeutet, dass man Gesetze so macht, dass sie verträglich sind, ganz gleich, ob es die Organisationen oder die Zivildiener betrifft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesänderung ist die 19. Novellierung, und ich glaube, dass es die erste Novellierung ist, die tatsächlich eine Reformstruktur mit sich bringt. Diese Reformstruktur war notwendig, weil der Innenminister ja einen Rucksack von seinen Vorgängern, Minister Schlögl und Minister Einem, bekommen hat. 17 000 Personen, 17 000 junge Männer, haben seit Monaten oder Jahren auf ihren Zivildienst gewartet. (Abg. Schwemlein: Das stimmt nicht!) Ihnen ist das nicht passiert, denn Sie haben das ja anders gemacht! Diese jungen Menschen waren in ihrer Lebensplanung massiv beeinträchtigt und dadurch vor allem auch auf dem Arbeitsmarkt großen Einschränkungen ausgesetzt.

Es bestand riesiger Bedarf, dass etwas reformiert und anders gemacht wird, denn man darf nicht mit dem Schnellzug in die Vergangenheit fahren, wie Sie heute selbst gesagt haben. (Abg. Schwemlein: Ich habe nichts gesagt!) Es war notwendig und höchste Zeit, dass gewisse Zustände abgeschafft werden!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt noch etwas Grundsätzliches in Richtung SPÖ und FPÖ sagen: Der Zivildienst ist und bleibt ein Wehrersatzdienst. Wir bekennen uns zur allumfassenden Landesverteidigung. Lesen Sie Art. 9a Bundes-Verfassung, dann verstehen Sie das! Sie zweifeln das nämlich immer wieder an und versuchen, in einer andere Richtung zu gehen!

Wir sind uns sehr wohl dessen bewusst, dass viele soziale Einrichtungen nicht existieren könnten, wenn es diesen Berufszweig nicht gäbe. Wir sind uns dessen bewusst, dass wir im Sozialbereich ohne den Zivildienst gar nicht auskommen könnten. Daher frage ich mich, warum der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Andreas Kollross, sagt, dass diese Geldverschwendungsmaschinerie abgeschafft und der Zivildienst verkürzt werden sollen, weil dies ein Zwangsdienst unserer Gesellschaft sei, den es nicht geben dürfe. Meine sehr verehrten Damen und Herren! So kann es nicht gehen! Diese Auffassung des sozialistischen Jugendchefs kann letzten Endes nicht unsere Grundauffassung vom Zivildienst sein!


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme nun aber doch ganz kurz auf die Inhalte zu sprechen: Was haben wir gemacht? Worin besteht die Strukturänderung? – Wir haben die Finanzen gesichert. Wir haben die Finanzkraft für den Zivildienst so weit gesichert, dass es im Einklang mit dem Budget steht, dass es in Zukunft wiederum Zivildienstgeber in genügender Anzahl geben wird. Wir haben es geschafft, dass die Trägerorganisationen alle Leistungen, auf welche die Zivildiener Anspruch haben, zu erbringen haben: angemessene Verpflegung, Bekleidung, Reinigung, Pauschalvergütung. Sie werden 3 000 S als Zivildienstleistung bezahlen. Wir haben alle anderen Organisationen, die das nicht können, ausgenommen, und wir haben Leistungen erbracht: 6 000 S, 3 000 S. Sie haben es ja hoffentlich im Gesetz nachgelesen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es auch geschafft, dass die Zuweisungsrückstände abgebaut werden können, weil eine gewisse Zuweisungszahl fix festgelegt wird. Man kann jetzt planen, und wir wissen, dass es ohne Planung einfach nicht geht. Wir haben neue Bereiche erschlossen – Umweltschutz, Jugendarbeit –, und darüber hinaus gibt es Zuweisungen, wodurch es möglich ist, zusätzliche Kräfte anzufordern. Ich glaube, das ist auch eine Lösung, die sehr wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben Vereinfachungen durchgeführt, wir haben den menschlichen Bereich verbessert. Es ist nun möglich, dass ein Zivildiener sich aussuchen kann, zu welcher Organisation er geht. Wir haben es möglich gemacht, dass eine Organisation festlegen kann, welchen Zivildiener sie haben will. (Abg. Haidlmayr: Das hat es immer schon gegeben, das ist ein Blödsinn!) Wir haben auch 55 unterschiedliche Vergütungsformen aufgelöst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drei wesentliche Positionen waren die Ziele dieser Novellierung, dieser einzigen und ersten Novellierung, obwohl es die 19. ist, die in die Reform der Struktur gegangen ist.

Erstens: dass das Grundrecht auf Befreiung von der Wehrpflicht und damit das Recht auf die Leistung des Zivildienstes als Wehrersatzdienst gesichert ist.

Zweitens: Es wurde die finanzielle Absicherung auf viele Jahre geschaffen; sie ist für Organisationen wie auch für die Zivildiener selbst berechenbar geworden.

Drittens: Es werden wesentlich mehr Zivildiener zugewiesen werden können, als das bisher der Fall war.

Meine sehr verehrten Damen! Es ist ein wirklich großer Erfolg für diese Koalition, und ich würde mich freuen, wenn wir uns nicht allein darüber freuen, sondern wenn Sie mit dabei sein könnten, wenn Sie mitstimmen und sich auch über solch ein Gesetz freuen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Geteilte Freude ist doppelte Freude!)

21.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

21.22

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Puttinger, jetzt ist mir klar, warum Sie sich hier bis jetzt noch nie zum Zivildienst zu Wort gemeldet haben. Es wäre besser gewesen, Sie hätten es auch heute nicht getan, denn so viel Uninformiertheit in solch kurzer Zeit an den Tag zu legen, grenzt schon an eine Sonderleistung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Nur kein Redeverbot aussprechen! Redeverbot für Puttinger!)

Wissen Sie was, Herr Puttinger? – Ich fange jetzt gleich einmal von vorne an: Sie als Gastwirt müssen das ja am besten wissen. Kriegt man in Ihrem Gasthaus um 43 S drei warme, anständige Mahlzeiten? – Nein, selbstverständlich nicht. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Aber der Zivildiener soll sich seine drei Mahlzeiten am freien Markt um 43 S kaufen können. Sie stellen sich da heraus und sagen, wie gut und wie super das ist! – Um 43 S kriegen sie bei Ihnen nicht einmal einen warmen Händedruck, geschweige denn ein Frühstück. – Das ist die Realität! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Herr Minister! Aber das allein ist es ja nicht. Sie haben im Juni gesagt, Sie werden den Zivildienst an Kopf und Gliedern reformieren. Wissen Sie, was Sie getan haben? – Den Kopf haben Sie vor die Tür gestellt, und die Glieder haben Sie amputieren lassen. So schaut es aus! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Minister! Es ist Ihnen nicht gelungen, eine Gleichstellung zwischen Zivildienst und Grundwehrdienst herzustellen, denn das erste, das Sie machen hätten müssen, wäre die zeitliche Gleichstellung gewesen. Aber die war Ihnen ja nicht wichtig, und deshalb dauert der Zivildienst immer noch zwölf Monate, während der Präsenzdienst acht Monate dauert. Sie hätten mit einer Kürzung des Zivildienstes auf acht Monate sofort den Rückstau weg gehabt und dafür nicht einen Schilling mehr gebraucht – ganz im Gegenteil: Die Aufwendungen wären um einiges günstiger gewesen.

Sie haben es auch verabsäumt, den Zivildienern in Zukunft Schutz anzubieten. Sie haben den Zivildienst in Ihrem Ministerium mehr oder weniger abgeschafft. So wie die Mitarbeiter in dieser Abteilung in Kürze nicht mehr da sein werden, so sind auch Sie nicht mehr zuständig für die Zivildiener.

Herr Minister! Sie waren es, der im Juni gesagt hat, Sie werden mit den Einrichtungen eine Regelung betreffend die Verpflegung finden. Jetzt haben wir November – Regelung gibt es keine. Sie haben es nicht geschafft. Aber die Einrichtungen sollen ab Jänner Möglichkeiten finden, wie sie die Zivildiener um 43 S pro Tag verköstigen. Lassen Sie sich nicht auslachen von der ganzen Bevölkerung in Österreich: Um 43 S gibt es keine drei Mahlzeiten, und die wird es auch in Zukunft nicht geben. Aber das ist Ihnen egal, da soll der Zivildiener tun, was er will. Hat er Hunger, ist es sein Problem. Hat er keinen Hunger, dann hat er Glück gehabt.

Herr Minister! Sie halten sich auch im Rahmen des außerordentlichen Zivildienstes, des Gedenkdienstes, sehr bedeckt, denn Sie haben bis heute überhaupt nichts darüber gesagt, wie hoch die jährlichen Zuwendungen für Gedenkdiener, für Sozialdiener im In- und Ausland sein werden. Sie haben nichts gesagt. Sie haben auch nicht gesagt, wer – wenn es eine Vereinsregelung gibt – dies bezahlen wird. Nichts davon steht in diesem Papier.

Herr Minister! Etwas haben Sie schon sehr klar gesagt, und das finde ich wirklich beschämend. Sie haben klargelegt, dass Rettungsorganisationen – die Feuerwehr und der Katastropheneinsatz – pro Zivildiener 6 000 S bekommen. Für jene, die es nicht so genau wissen: Für jeden Zivildiener, der in einer derartigen Einrichtung tätig ist, wird monatlich 6 000 S an die Einrichtung gezahlt, und die muss ihn mit diesem Geld dann verpflegen, die Pauschale ausbezahlen und so weiter.

Ist der Zivildiener aber in einer Behinderteneinrichtung, bei der Caritas oder bei der Flüchtlingshilfe tätig, dann sind es nicht mehr 6 000 S, sondern nur mehr 3 000 S. Arbeitet der Zivildiener im Drogen- oder im Asylbereich, dann hat die betreffende Einrichtung die Möglichkeit, sich einen Zivildiener um 3 000 S zu kaufen. Das ist eine Ungleichstellung, das ist eine Abwertung der Zivildiener – je nachdem, wo sie arbeiten.

Herr Minister! Das mindeste, das Sie zu tun haben, ist, für die finanzielle Gleichstellung zu sorgen, dass nämlich jede Einrichtung für jeden Zivildiener in Österreich gleich viel Geld erhält. Jetzt bekommen Organisationen, wo die Zivildiener – wenn es keinen Einsatz gibt – damit betraut werden, die Motoren und die Autos der Feuerwehr zu putzen, 6 000 S, und jene, wo die Zivildiener den Hintern von behinderten Menschen putzen, bekommen nur 3 000 S. – Daran sehen Sie, welche Wertigkeit Sie der Sozialarbeit angedeihen lassen: nämlich gar keine mehr! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jung: Diese Einrichtungen kriegen ohnehin alle staatlichen Förderungen!)

Noch etwas, Herr Minister! Ihr Ministerium – nicht Sie als Person – hat mit dem Zivildiener einen Vertrag, und nicht die Einrichtungen selbst. Jetzt haben Sie erst recht alle Ihre Pflichten an die Einrichtungen abgeschoben, und der Zivi ist mehr oder weniger nur mehr von der Einrichtung abhängig.


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Ich erlaube mir, drei Abänderungsanträge einzubringen, weil es unumgänglich und höchst wichtig ist, dass es eine Gleichstellung gibt. Sie beziehen sich auf zwei Verfassungsbestimmungen, unter anderem auf die Gewissensfreiheit.

Ich möchte diese Anträge verlesen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. (Verfassungsbestimmung) § 2 Abs. 2 lautet:

Die Ausübung dieses Rechtes ist dem Wehrpflichtigen jederzeit und ohne Befristung gewährleistet.

*****

Das heißt, keine Frist für Gewissensfreiheit.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

Der Nationalrat wolle beschließen:

2. § 6 Abs. 1 letzter Satz lautet:

Das Recht, die Widerrufserklärung abzugeben, ist dem Zivildienstpflichtigen jederzeit und ohne Befristung gewährleistet.

3. (Verfassungsbestimmung) § 2 Abs. 5 zweiter Satz lautet:

Für Zivildienstpflichtige, die eine Zivildiensterklärung abgegeben haben, dauert der ordentliche Zivildienst, sofern kein Präsenzdienst anzurechnen ist, acht Monate.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

Der Nationalrat wolle beschließen:

4. § 7 Abs. 2 erster Satz lautet:

Der ordentliche Zivildienst dauert acht Monate.

*****


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Das sind die Verfassungsbestimmungen, die zur Gleichstellung führen.

Ich habe auch schon die Vereinslösung angeführt, die ungeklärt ist, und in dieser Richtung möchte ich auch einen Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zur Regierungsvorlage (338 der Beilagen), mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (338 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

§ 12b Abs. 8 lautet:

Der Bundesminister für Inneres ist verpflichtet, anerkannten Trägern jene Kosten, die ihnen durch den von Zivildienstpflichtigen gemäß Abs. 5 und 6 geleisteten Dienst erwachsen sind, bis zu dem Betrag zu ersetzen, der vom Bund im Jahr 1999 in Vollziehung dieses Bundesgesetzes durchschnittlich für einen Zivildienstleistenden aufgewendet wurde. Dieser Betrag ist jährlich gemäß der Entwicklung der Verbraucherpreise im Inland anzupassen. Nur so kann der Auslandsdienst beziehungsweise der außerordentliche Zivildienst gesichert werden.

*****

Zur aktuellen Novelle möchte ich noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986) geändert wird (ZDG-Novelle 2001)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (338 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. In § 25a Abs. 2: wird die Zahl 14,73 durch die Zahl 12,87 ersetzt

2. § 28 lautet:

(1) Der Bund trägt alle Leistungen, die dem Zivildienstleistenden auf Grund der § 25 und 25a zustehen.

(2) Erfolgt die Verpflegung des Zivildienstleistenden nicht durch Naturalleistungen, gebührt ihm eine Vergütung in der Höhe des § 13 Abs. 2 Z 2 HGG genannten Tageskostengeld. – Das heißt eine Gleichstellung mit dem Heeresgebührengesetz.

(3) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dem Bund eine monatliche Vergütung von ATS 3 000,- je Zivildienstleistenden zu leisten.

3. Der geplante § 54a der Regierungsvorlage (338 der Beilagen) ist ersatzlos zu streichen.

*****

Herr Minister! Das sind die Mindestanforderungen, die Sie erfüllen müssen, um zumindest ein Stück Gleichstellung zu erreichen. Lassen Sie es im Interesse der Betreuungsorganisationen


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nicht zu, dass ein Zivildiener, wenn er bei der Feuerwehr ist, mit 6 000 S und im Behindertenbereich nur mehr mit 3 000 S ausgestattet wird.

Eine derartige Entscheidung zeigt ganz deutlich, wen Sie bevorzugen und wen Sie mittel- oder langfristig mehr oder weniger von den Zivildienern abziehen wollen: nämlich jene Einrichtungen, die es sich nicht leisten können, mit 3 000 S einem Zivildiener eine Pauschalvergütung zu bezahlen, ihn zu verpflegen, ihm die Kleidung zur Verfügung zu stellen, et cetera.

Herr Minister! Beantworten Sie mir nur eine grundsätzliche Frage: Ist es weniger wert, den Hintern eines alten oder behinderten Menschen zu putzen, als den Motor eines Fahrzeuges beim Roten Kreuz oder bei der Feuerwehr? Wenn Sie mir diese Frage beantworten, dann weiß ich auch, wo Sie stehen, wie Ihr Menschenbild ist, und warum dieses Gesetz so ist, wie es ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abänderungsanträge, die Frau Kollegin Haidlmayr referiert hat, sind ordnungsgemäß eingebracht, stehen zur Verhandlung und zur Abstimmung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

21.33

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu unserer grundsätzlichen Einstellung zum Zivildienst: Der Zivildienst ist eindeutig ein Ersatzdienst. Das heißt, er ist dem Wehrdienst ... (Abg. Öllinger: Haben wir jetzt Gebetsstunde?)  – Herr Kollege, auch wenn es stört: es steht so in der Verfassung – ... nicht gleichgestellt.

Zum Zweiten: Der Zivildienst ist gegenüber der Republik Österreich und damit überwiegend im Inland abzuleisten.

Was bedeutet das? – Der Zivildienst ist die Ausnahme und nicht die Regel. Der Auslandszivildienst – egal, in welcher Form – ist die Ausnahme von der Ausnahme und entsprechend restriktiv zu handhaben. Praktisch bedeutet das natürlich, dass jeder dienstpflichtige Bürger ein Wahlrecht hat, ob er Zivildienst oder Wehrdienst leisten will, wobei das auch grundsätzlich – da stimme ich Ihnen zu – nicht schlechter zu stellen ist. Nicht schlechter stellen bedeutet aber nicht eine reine Messung des Zeitaufwandes.

Ein praktisches Beispiel, das heute schon angesprochen wurde, das aber korrigiert werden soll, ist die Frage der Verpflegung. In diesem Bereich gab es berechtigte Kritik von Seiten der Zivildiener.

Nun zur Umsetzung. Viele Zivildiener – ich sage: viele – leisten eine wertvolle und vor allem im Pflegebereich eine anspruchsvolle, in manchen Bereichen sogar schwere Arbeit. Skepsis bleibt jedoch gegenüber jenen Bereichen – vor allem hinsichtlich der rechtlichen Abdeckung –, die ohne direkte Kontrolle durch Organe der Republik im Ausland geleistet werden.

Drittens: Ich persönlich lehne es auch ab, jenen Bereichen eine Ableistung des Zivildienstes zu ermöglichen, wie zum Beispiel im Dokumentationszentrum (Abg. Öllinger: Das kann ich mir vorstellen!), in denen eher eine politische Arbeit oder – wie in diesem konkreten Fall – sogar eine halbamtliche Spitzeltätigkeit geleistet wird. (Rufe bei den Grünen: Oh!)

Die vorliegende Novelle soll eine Verbesserung gegenüber der gegenwärtigen Situation bringen, an der die SPÖ so viel Kritik übt, obwohl sie jedoch für die Gesetzgebung bisher im Zivildienst wesentlich mitverantwortlich war. (Abg. Öllinger: Sie wollen nicht, dass sich jemand mit den Nazis beschäftigt! Ist es das, was Ihnen nicht gefällt?)

Der Inhalt dieser Novelle wurde in den letzten Wochen von den verschiedensten Bereichen und Seiten mit durchaus unterschiedlichem Ergebnis diskutiert. Ich habe mich in einigen Bereichen


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plötzlich auf Seite der Zivildienstorganisationen gefunden, die haben dann ihre Meinungen korrigiert. Es gab eine kontroversielle Diskussion – was im Prinzip nicht schlecht ist –, und es gab ein Ergebnis.

Nach Ansicht des Innenministeriums soll die Veränderung beim Zivildienst eine Entspannung der Lage, die zweifellos durch die sozialistischen Innenminister hervorgerufen wurde – eine Warteschlange von 17 000 Zivildienern ist ja keine Kleinigkeit –, bewirken. Maßgeblich dazu soll die Organisation des Zivildienstes durch eine Unternehmenslösung erfolgen, die den Inlandszivildienst zu organisieren hat. In Verbindung mit einer Vereinslösung für den Auslandszivildienst soll das Bundesministerium für Inneres in diesem Bereich entlastet werden.

Herr Bundesminister! Es wäre unredlich, würde ich jetzt nicht hinzufügen, dass mich beide Lösungen nicht vollkommen überzeugt haben. Es bleibt bei mir eine große Skepsis hinsichtlich der Möglichkeiten der Umsetzung in der Praxis. Aber ich gehe davon aus, dass Sie es sich genau überlegt haben. Schließlich tragen Sie die Verantwortung für die Umsetzung. Wer die Verantwortung trägt, soll in diesem Sinn – deswegen auch unsere Zustimmung – die Richtung angeben können. Es sind aber nicht alle Zweifel ausgeräumt.

Zum Schluss möchte ich im Zusammenhang mit dem Zivildienst auf einen Bereich zu sprechen kommen, der in einer kausalen Verbindung steht, nämlich den Katastrophenschutz. Er wird gegenwärtig, auch weil es sehr bequem ist, meistens dem Verteidigungsministerium zugeordnet, wenn es die Leistungsfähigkeit der örtlichen Feuerwehren überschreitet.

Nur im Ausnahmsfall sollte in Zukunft das Verteidigungsministerium auch diese Aufgaben in einem großen Katastrophenfall wahrnehmen können. Aber es sollte in den Ländern überlegt werden, ob nicht ein gewisser Anteil an Zivildienern in den Bereich des Katastrophenschutzes einbezogen wird, und im Bereich der Landesfeuerwehrkommanden oder in ähnlichen Bereichen Zivildiener aufgenommen werden können, die diese Aufgaben wahrnehmen.

Es wäre ein mehr als sinnvoller Einsatz, jedenfalls ein viel sinnvollerer und politisch weniger zweifelhafter als der im vorhin schon erwähnten Dokumentationszentrum, würden in den vorhin genannten Bereichen die Leute praktische Arbeit leisten. (Abg. Öllinger: Sie wollen nicht, dass man sich mit dem Nazitum beschäftigt!) Es würde auch eine Verbesserung im Bereich der Ausbildung der Feuerwehrleute auf Landesebene bringen und wäre sicher für alle Bereiche von Vorteil.

Herr Bundesminister! Ich habe gesagt, wir haben gewisse Bedenken. Wir werden trotz dieser Bedenken der Novellierung des Zivildienstgesetzes zustimmen, und wünschen Ihnen – nicht zuletzt auch im Sinne der betroffenen Personen – Erfolg bei der Umsetzung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

21.38

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Diese Zivildienstgesetz-Novelle hat es schon in sich: Man setzt sich über verschiedene Maßnahmen einfach hinweg, Befürchtungen von Ländern oder anderen Organisationen werden überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.

Herr Kollege Puttinger! Ich frage mich, wie Sie sich wieder nach Salzburg zurücktrauen, wo doch auch Salzburg – genau so wie Tirol und Oberösterreich – den Konsultationsmechanismus verlangt hat, weil Bestimmungen in dieser Novelle enthalten sind, die die Länder und Gemeinden ganz enorm treffen. Ich werde im Detail noch darauf zu sprechen kommen.

Gegenüber der Begutachtung und der Regierungsvorlage ist zum Beispiel die Verkürzung des Zivildienstes nicht mehr enthalten. Aber das Hauptproblem ist der § 28 Abs. 3, wonach Gebietskörperschaften von der Begünstigung ausgeschlossen sind. Das heißt, dass jene Trägerorgani


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sationen – Gemeindeverbände, Sozialhilfeverbände, Krankenhäuser et cetera – 3 000 S pro Monat, also 36 000 S jährlich pro Zivildiener an den Bund zahlen müssen. Durch diese Ausschaltung des Konsultationsmechanismus versucht der Bund neuerlich, Kosten auf die Länder und Gemeinden abzuwälzen. Das ist nicht in Ordnung, wenn da einfach drübergefahren wird!

Eine vorläufige Kostenberechnung der zu erwartenden Mehrkosten am Beispiel meines Bundeslandes Oberösterreich: Es wurde ausgerechnet, dass Mehrkosten von über zehn Millionen Schilling zu erwarten sind. Es ist daher davon auszugehen, dass der österreichische Schwellenwert für die Auslösung des Konsultationsmechanismus in der Höhe von 17,2 Millionen Schilling bei weitem überschritten wird.

Es ist einfach nicht einzusehen, warum auf diesen Umstand nicht Rücksicht genommen wird.

Wie sieht das in der Praxis aus? – Kollege Puttinger hat es als große Tat hingestellt. Ich frage mich, wie die Gemeinden reagieren werden, wenn Sie ihnen sagen: Wenn ihr einen Zivildiener in einem Altersheim oder in einer anderen Einrichtung der Gemeinde beschäftigen wollt, dann dürft ihr alles bezahlen, von der Sozialversicherung, der Ausbildung, der Verpflegung bis hin zu allfälliger Unterbringung und Bekleidung; zusätzlich dürft ihr noch 36 000 S im Jahr bezahlen! – Das muss man sich einmal vorstellen! Derartiges verkauft man dann als großartige Tat. Da wird mit ganz verschiedenen Maßstäben gemessen. Allein in den österreichischen Städten – von den Gemeinden rede ich gar nicht – sind derzeit über 500 Zivildiener beschäftigt.

Es ist auch nicht fair, wenn auf der einen Seite – so sehr ich die "Blaulichtorganisationen", das Rote Kreuz und den Samariterbund schätze – 6 000 S pro Zivildiener als Ersatzleistung erhalten werden, während auf der anderen Seite die Gemeinden – und das sind Sozialhilfeverbände, Träger von Altersheimen – dieses Geld bezahlen müssen. Man schiebt also das Geld nur im Kreis und der Bund stellt sich hin und verkauft das als Großtat, wie es heute diskutiert wird.

Mit einem weiteren Punkt in dieser Novelle kann ich mich überhaupt nicht einverstanden erklären, es sind auch viele Stellungnahmen in diese Richtung eingegangen, die müssten Sie auch gelesen haben: Sie wollen die Ermächtigung, dass Aufgaben der Zivildienstverwaltung in ein privates Unternehmen ausgegliedert werden. Das wäre eine weitere, nicht nachvollziehbare Ausgliederung eines Bereiches der Sicherheitsverwaltung. Da spreche ich noch gar nicht davon, dass dabei auch an die 70 Arbeitsplätze im Ministerium gefährdet sind, obwohl die Damen und Herren dort ihre Tätigkeit bisher zur Zufriedenheit ausgeübt haben.

Herr Bundesminister! Ein Hauptziel dieser Novelle sollte eigentlich die Verkürzung des Zivildienstes sein. Sie haben schon mehrmals auch hier im Hohen Haus erklärt, dass Sie für eine Gleichstellung mit den Präsenzdienern eintreten. Es soll aber nicht nur eine Gleichstellung bei der Kürzung des Verpflegekostenbeitrages sein, die wir heuer im Sommer erlebt haben, sondern auch eine Gleichstellung – zumindest eine annähernde Gleichstellung – bei der Zivildienstzeit. Das würde auch bewirken, dass die Zuweisungsrückstände in kürzester Zeit abgebaut werden könnten. Erst dann könnte man im Wesentlichen von einer Gleichstellung mit den Präsenzdienern sprechen!

Es gibt noch eine ganze Reihe von anderen Maßnahmen, die kritisiert werden, zum Beispiel vorenthaltene Ansprüche eines Zivildieners, die er sich auf dem Zivilrechtsweg erstreiten muss. Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, ob die Republik die Kosten im Falle eines Rechtsstreites mit einer Trägerorganisation betreffend der Verletzung der Pflichten gegenüber einem Zivildiener übernehmen wird. – Fragen, die völlig ungeklärt sind. Daher ist diese Novelle von unserer Seite abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

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Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Für die ÖVP ist der Zivildienst als Wehrersatzdienst wichtig. Wir neh


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men die einzelnen Zivildiener ernst und machen keine Politik auf dem Rücken derer, die sich für diesen Dienst entscheiden. (Abg. Haidlmayr: Selbstverständlich!)

Meine Damen und Herren! Jeder einzelne Zivildiener entwickelt während seiner Dienstzeit ein hohes soziales Bewusstsein, welches ihn für das ganze Leben prägt, ihn sogar bewegt, oftmals noch nach dem Dienst als freiwilliger Helfer zur Verfügung zu stehen. Dieses ungeheure Potential, das in den Zivildienstpflichtigen steckt, wird durch diese anstehende Novelle hervorgehoben und verstärkt berücksichtigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister Strasser! Ich bin sehr froh darüber, dass Sie sich ganz besonders um diesen Zivildienst angenommen haben. Zum Erhalt dieser für uns nicht wegzudenkenden Institution bedarf es natürlich einiger Reformschritte, die in dieser Zivildienstgesetz-Novelle zum Ausdruck kommen. Es handelte sich um eine äußerst prekäre budgetäre Situation, die Innenminister Strasser zu Beginn seiner Amtszeit vorgefunden hat, die ein sozialistischer Minister zurückgelassen hat.

Kollege Puttinger hat auf den Rückstau von mehr als 17 000 Zivildienstpflichtigen hingewiesen (Zwischenrufe der Abg. Haidlmayr und Schwemlein ), die einfach nicht zugewiesen wurden. So muss es ein vordringliches Ziel sein, die Zuweisungsrückstände abzubauen. Es kann nicht angehen, dass sich junge Männer, die sich für diesen achtungsvollen sozialen Dienst entschieden haben, jahrelang in Ungewissheit leben und in ihrer Lebensplanung eingeschränkt sind.

Herr Kollege Dietachmayr! Sie haben davon gesprochen, dass die Zivildienstzeit verkürzt werden sollte. Unter den sozialistischen Innenministern wurde der Zivildienst sogar verlängert, und jetzt kommen Sie auf einmal daher und fordern, dass er verkürzt werden soll. (Abg. Dietachmayr: Lieber Freund ... !)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es muss rasch gehandelt werden. Nur so können wir das von sozialistischer Seite Versäumte aufholen. Es sind nicht nur neue Tätigkeitsbereiche wie Umweltschutz und Jugendarbeit von immenser Wichtigkeit, sondern auch die Möglichkeit, dass gegen Vergütung über die tatsächliche Zuweisung hinaus weitere Zivildiener zugewiesen werden können. (Abg. Dietachmayr: Kurzzeitgedächtnis!)

Das vorliegende, völlig neue Finanzierungsmodell löst das bisher bestehende veraltete Modell mit 55 unterschiedlichen Vergütungsstufen ab. Damit geht natürlich eine Verwaltungsvereinfachung einher, verbunden mit Bürokratieabbau und einer flexiblen Handhabung der Institution Zivildienst.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Eine Verwaltungsvereinfachung ergibt sich auch dadurch, dass die Wünsche der Zivildiener und auch die Wünsche der Trägerorganisationen verstärkt berücksichtigt werden, das heisst, dass man einen bestimmten Zivildiener zugewiesen bekommen kann, der dann natürlich in die Planung miteinbezogen werden kann. Dies ist auch im landwirtschaftlichen Bereich besonders wichtig, denn nur ein Zivildiener, der die Gegebenheiten der Region kennt, kann optimal eingesetzt werden.

Daher ist es besonders wichtig, bestimmte Zivildiener einsetzen zu können. Man kann gerade im landwirtschaftlichen Bereich auch Zivildiener aus der Umgebung anfordern, so dass diese dann die Situation auf den jeweiligen Höfen natürlich ganz besonders erleichtern.

Mit dieser Novelle kann auf die Wünsche der bäuerlichen Familien ganz besonders eingegangen werden. Oftmals sind es vor allem Bäuerinnen, die durch harte Schicksalsschläge getroffen werden, und denen durch den flexiblen Einsatz von Zivildienern in einer schwierigen Zeit geholfen werden kann, ihre Existenz abzusichern.

Ich sage für meine Fraktion, für die ÖVP, ein eindeutiges Ja zum Zivildienst, ein Ja zu jenem sozialen Engagement, das Tausende junge Männer in unsere Gesellschaft einbringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.49


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Stenographisches Protokoll
44. Sitzung / Seite 219

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dietachmayr zu Wort gemeldet. Bitte die GO-Bestimmungen zu beachten!

21.49

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Freund hat gesagt, dass unter einem sozialistischen Innenminister die Zivildienstzeit verlängert worden wäre.

Ich berichtige ihn tatsächlich, dass während der letzten Koalitionsregierung – an der auch die ÖVP beteiligt war – ein Kompromiss gefunden wurde, denn sonst hätten wir überhaupt kein Zivildienstgesetz! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die ÖVP hat eine Verlängerung des Zivildienstes als Ausgleich zur Abschaffung der Gewissensprüfung verlangt – sonst hätten wir heute noch die Gewissensprüfung! Das nur zur Erinnerung. Das Kurzzeitgedächtnis ist bei manchen Abgeordneten offenkundig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Das ist ja eine Bestätigung und keine Berichtigung! – Rufe bei den Freiheitlichen: SPÖ-Innenminister!)

21.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.

21.50

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Darf ich gleich zu Beginn ein paar Worte zum Ausschuss sagen. Meine Damen und Herren! Ich bin seit zehn Jahren hier im Hause, aber dieses Benehmen eines so genannten Klubobmannes in einem Ausschuss habe ich wirklich noch nie erlebt.

Wir erinnern uns an den Abgeordneten Stadler. Er war manchmal auch unerträglich präpotent, aber er war wenigstens intelligent unerträglich präpotent. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Pumberger: Jetzt hören S’ doch auf!) Aber der Herr Abgeordnete Westenthaler ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Kollege Stadler ist nicht hier im Hause und kann sich daher gegen den Vorwurf "präpotent" nicht wehren. Ich bitte, darauf Rücksicht zu nehmen!

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (fortsetzend): Aber Herr Abgeordneter Westenthaler führt sich wirklich wie ein Rüpel auf. (Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Er beschimpft die Kollegen als charakterlose Personen, nur weil sie länger reden. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! "Rüpel" ist kein Ordnungsruf?) Er verunglimpft tadellose Beamte, obwohl seine Anschuldigungen – manche schreiben: Beflegelungen – richtig gestellt werden. (Abg. Ing. Westenthaler: "Rüpel" ist kein Ordnungsruf, Herr Präsident, oder wie ist das?) Und wenn er, wie so oft, übers Ziel schießt, dann muss Frau Partik-Pablé ihn pardonieren. Dieses Vorgehen ist "abstoßend"! (Abg. Dr. Pumberger: Abstoßend? Ihre Ausdrucksweise ist abstoßend! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist mit Ihrer "Sprachkultur"?)

Frau Partik-Pablé! "Abstoßend" sagt Herr Erwin Zankel in der "Kleinen Zeitung": "Der Hilfssheriff des Robin Hood aus dem Bärental hat das Halali, jetzt werde ‚die Jagdsaison auf die Jagdgesellschaft eröffnet‘, als Befehl aufgefasst und wild um sich zu schießen begonnen." (Abg. Mag. Mainoni: Bitte, können Sie sachlich was beitragen?) Ich zitiere weiter:

"Dass er nicht mehr Parteisekretär der Opposition, sondern Klubobmann einer Regierungspartei ist, hemmt Peter Westenthaler nicht. Er beflegelt die Vertreter der Exekutive und der Justiz als ‚rote Brüder‘ und droht dem Generalsekretär für Öffentliche Sicherheit eine Amtshaftungsklage an." (Abg. Mag. Mainoni: Zur Sache! – Ruf bei der SPÖ: Das sind Tatsachen!)  – Erwin Zankel ist sicher kein "roter Bruder".

Meine Damen und Herren! Es ist empörend, wie die FPÖ-Abgeordneten ehrbare Beamte für ihre politische Taktik – besser: politisches dramatisches Schauspiel – missbrauchen. (Abg. Mag. Mainoni: Zivildienst!) Nur, weil das Kärntner Parteimitglied Krieg und Jagd ausruft (Abg. Ing. Westenthaler: Wo bleibt der Ruf zur Sache?), weil er selbst und seine Methoden des


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Politikmachens ins Kreuzfeuer gelangen (Abg. Böhacker: Wann kommen Sie zur Sache?), müssen sie einfach herhalten, müssen sie für Ihr Spiel herhalten. Wie weit, Frau Partik-Pablé, wie weit, Herr Abgeordneter Westenthaler, geht Ihr Kadavergehorsam noch?, frage ich Sie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: "Kadavergehorsam"!)

Nun zum Auslandszivildienst. – Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches zum Auslandsdienst sagen. Mit der Anerkennung eines Gedenkdiensteinsatzes als Ersatz für den Zivildienst wurde ein offizielles Zeichen für die Mitverantwortung vieler Österreicherinnen und Österreicher an den Verbrechen des Nationalsozialismus gesetzt. Ich bin froh darüber, dass es das gibt! Die Auslandszivildiener leben durch ihre Arbeit mit Holocaust-Überlebenden einen wirklich verantwortungsbewussten Umgang mit der Vergangenheit vor. Österreich muss, glaube ich, gerade jetzt, in der jetzigen Situation froh sein, dass wir einen so positiven Imageträger im Ausland haben.

Mir ist es ganz, ganz wichtig, dass der Auslandsdienst eine Überlebenschance hat, Herr Bundesminister. Aber ich glaube, mit einem Fördervertrag oder Förderverein ohne gesetzlich verankerte finanzielle Beteiligung des Bundes stellt die Regierung diese historische Verantwortung in den luftleeren Raum. In Ihrem Abänderungsantrag steht nämlich nur die Ermächtigung des Innenministers, einen solchen Verein zu gründen und zu unterstützen. Keinesfalls wird von einer Verpflichtung gesprochen. Aber das ist der Punkt: Es müsste eine Verpflichtung sein, meine Damen und Herren! Mein Appell an Sie, Herr Bundesminister: Die Republik Österreich darf sich dieser Verantwortung nicht entledigen!

Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, aber ich denke mir, die jungen Menschen, die diesen Auslandsdienst durchführen, sind ohnehin in einer finanziell sehr schwierigen Lage. Ich bekomme immer wieder Spendenansuchen; ich nehme an, Sie auch. Ich hoffe, Sie haben auch einbezahlt. Ich glaube, diese finanzielle Situation ist für manchen Jungen sehr, sehr problematisch. Es ist doch ganz klar: Ein Auslandsaufenthalt ist wesentlich stärker mit Unkosten verbunden als ein Inlandsaufenthalt.

Herr Bundesminister! Mit Hilfe eines Fördervereins weitere Gelder aufzutreiben, ist an sich kein schlechtes Vorhaben. Nur ist es die historische Verantwortung Österreichs, die hier wahrgenommen wird, also soll sich der Bund auch zur Zahlung verpflichten und nicht die ersten Schritte zur Privatisierung tun. Ich kann mir schon vorstellen, wie das in ein paar Jahren ausschauen wird: Vom Bund wird immer weniger Geld in diesen Förderverein fließen, und ein paar freiwillige Spender sollen dann diesen wichtigen Dienst finanzieren.

Herr Bundesminister! Ich darf Sie daran erinnern, dass die Bundesregierung bei den Studiengebühren gesagt hat: Wofür man nichts bezahlt, das ist auch nichts wert. – Ich sage es deshalb mit Ihren Worten, damit Sie es auch so verstehen, wie ich es meine: Wenn der Bund nichts für den Auslandszivildienst bezahlt, ist er Ihnen auch nichts wert. Das ist ganz einfach!

Herr Bundesminister! Wir fordern Sie auf, die finanzielle Sicherstellung zu gewährleisten, sodass der Auslandsdienst auch in Zukunft möglich ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: ... aus der Parteikasse etwas zuschießen!)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Parfuss! Ich war im Innenausschuss nicht anwesend und kann nicht beurteilen, was dort vor sich gegangen ist. Ich verurteile es auch, wenn Beamte, die sich nicht verteidigen können, attackiert werden.

Dennoch erteile ich für den Ausdruck "Rüpel" an einen Abgeordneten einen Ordnungsruf. (Abg. Parfuss: Danke! – Abg. Ing. Westenthaler: Sagt noch "danke" dazu!)

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Strasser. – Bitte.

21.57

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Ist es möglich, dass ich ein Mikrophon bekomme? – Danke, Herr Präsident.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben einen totalen Kollaps im gesamten Bereich des Zivildienstes übernommen. Nach 25 Jahren Zivildienst haben noch 17 000 junge Männer auf ihre Zuteilung gewartet. Der Zivildienst war organisatorisch auf dem Boden und auch finanziell ausgeblutet. Daher war es notwendig, auch in diesem Bereich nicht nur die Notbremse zu ziehen, sondern grundsätzlich neu vorzugehen. Ich bin daher dem Parlament dankbar, dass in einer ersten Novelle diese ersten Schritte eingeleitet werden konnten und damit für nahezu 2 000 Zivildiener für das Jahr 2000 Platz geschaffen werden konnte. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin jener Arbeitsgruppe, in der die Grundlagen für die jetzt in Diskussion stehende Novelle erarbeitet worden sind, dafür dankbar.

Bevor ich zu den Eckpunkten dieser Novelle komme, darf ich zu zwei Beiträgen des Herrn Abgeordneten Dietachmayr ein paar Informationen anbieten. Herr Abgeordneter – er kann leider meine Ausführungen nicht hören; das tut mir Leid, vielleicht kann es ihm jemand weitergeben (Abg. Prinz: Ist auch normal: Zuerst etwas ausschütten und dann hinausgehen!)  –, ich habe 1980 meinen Zivildienst geleistet. Damals diente ich acht Monate ab, Herr Abgeordneter Dietachmayr, und damals war Erwin Lanc Bundesminister für Inneres. (Abg. Kiss: Welche Partei war das, Herr Minister?) Nach Herrn Bundesminister Lanc hatten die Herren Bundesminister Blecha, Bundesminister Löschnak, Bundesminister Einem und Bundesminister Schlögl das Amt des Bundesministers für Inneres inne. (Abg. Kiss: Von welcher Partei waren denn die?) Meines Wissens, Herr Abgeordneter, waren alle diese Herren Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei. (Abg. Kiss: Na, stell dir vor! So was!)

Zum Zweiten: Was Ihre Sorge wegen des Konsultationsmechanismus betrifft, darf ich Sie wissen lassen, dass das Bundesland Salzburg diesen Anspruch bereits zurückgezogen hat, dass das Bundesland Tirol das zugesagt hat und dass aus dem Bundesland Oberösterreich die Zusage für die Zurücknahme auf dem Weg in das Innenministerium ist.

Die Vorlage, die heute zur Diskussion und Beschlussfassung steht, hat vier entscheidende Punkte: erstens den Abbau von Zuweisungsrückständen, was eine bessere Planbarkeit für Trägerorganisationen zum Inhalt hat, das Erschließen neuer Tätigkeitsfelder im Bereich des Umweltschutzes und der Jugendarbeit und die Möglichkeit, über die tatsächliche Zuweisung hinaus gegen Vergütung weitere Zivildienstpflichtige pro Termin zugewiesen zu bekommen. (Abg. Haidlmayr: Wer sich’s leisten kann!) Das bedeutet, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es zum ersten Mal in der 25-jährigen Geschichte des Zivildienstes möglich ist, alle, restlos alle Wünsche der Trägerorganisationen im Jahre 2001, nach Gesetzwerdung dieser Novelle, berücksichtigen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Zweiten, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gibt eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung, die Berücksichtigung von Wünschen Zivildienstpflichtiger, einer bestimmten Einrichtung zugewiesen zu werden, die Berücksichtigung der Wünsche von Trägerorganisationen, bestimmte Zivildiener zu bekommen, die Abschaffung der von den Trägerorganisationen an den Bund zu leistenden, bisher 55 unterschiedlichen Vergütungsformen und die Abschaffung eines komplizierten Vertragssystems.

Drittens: Es gibt wesentlich mehr Autonomie für die Trägerorganisationen, die ungleich mehr in ihrem eigenen Bereich erledigen können. Allerdings gibt es auch einige Punkte, die die Organisationen auf sich nehmen, und das ist gemeinsam mit den Organisationen erarbeitet worden. (Abg. Haidlmayr: Und ohne Zivildiener!) Ich danke hier herzlich den Organisationen, die daran mitgewirkt haben (Abg. Haidlmayr: Es waren nur drei!), insbesondere dem Roten Kreuz, der evangelischen Diakonie und der Caritas. Ich bedanke mich auch bei den Zivildienerorganisationen, die ihre führenden Mitglieder und Funktionäre in dieser Arbeitsgruppe haben mitarbeiten lassen. (Abg. Haidlmayr: Aber die haben dieses Gesetz nicht unterschrieben! Die waren dagegen!)

Zum Vierten wurde die Dienstleistung im Ausland verstärkt und verankert, und sie wird durch zusätzliche Maßnahmen weiter verstärkt werden.


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Insgesamt wird durch diese Novelle erstens der Verwaltungsaufwand deutlich verringert, zweitens die Autonomie der Einrichtungen gefördert, drittens der Zivildienst einfach, transparent und effizienter gestaltet, und viertens werden durch die vorgeschlagenen Maßnahmen wesentlich mehr Zivildienstpflichtige zugewiesen werden können, als das bisher jemals der Fall war.

Ich habe allen zu danken, die mitgeholfen haben, dass diese grundsätzliche Neuerung, dieser Zivildienst-Neu, heute in diesem Haus beraten und, so hoffe ich, auch beschlossen werden kann. Ich möchte mich insbesondere bei den Beamten des Hauses bedanken, die hier Platz genommen haben, angeführt von Herrn Sektionschef Prugger.

Aber ich möchte auch im Rahmen des Parlaments, in diesem Hohen Haus, ganz besonders dem "Vater des Zivildienstes" danken, Herrn Ministerialrat Dr. Stradal, der hier bei uns ist. Er wird mit 30. November 2000 in den verdienten Ruhestand treten. Ich möchte Ihnen, Herr Ministerialrat, für Ihre Arbeit herzlich danken! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Haidlmayr: Herr Minister, warum zahlen manche Organisationen 3 000 und andere 6 000 S? Warum? – Abg. Kiss: Keine Debattenbeiträge ...! – Abg. Haidlmayr: Diese Frage haben Sie nicht beantwortet! – Abg. Ing. Westenthaler: Versuchen Sie nicht, den Minister einzuschüchtern! – Abg. Haidlmayr: Das hat der Minister nicht beantwortet!)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Egghart. Er hat das Wort.

22.04

Abgeordneter Robert Egghart (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte am Anfang gleich auf die Beschuldigungen eingehen, die im Innenausschuss gegen unseren Klubobmann gefallen sind. Wenn man ... (Abg. Dietachmayr: Den brauchen S’ nicht entschuldigen!)  – Schauen Sie, Herr Kollege, wir sind hier nicht in einem Mädchenpensionat, sondern man muss ganz einfach hin und wieder eine harte Kritik aushalten. (Abg. Mag. Wurm: Aber auch keine Herrenrunde!)

Um es einmal in aller Deutlichkeit darzustellen: Es hat ja keine Beschimpfung gegeben, der Herr Klubobmann hat niemanden beleidigt – außer Sie bezeichnen das Wort "Genosse" oder "roter Bruder" so. Für mich ist ein Bruder immer etwas Schönes, und für Sie muss doch ein roter Bruder etwas Schönes sein! Sehen Sie das, bitte, ohne alle Verharmlosung dieser Dinge nicht?

Wenn es um das Wort "charakterlos" gegangen ist, dann ist es darum gegangen, dass es im Ausschuss eine Vereinbarung gegeben hat, die von vier Parteien geschlossen wurde, Herr Kollege Dietachmayr, und die dann von den Grünen nicht eingehalten wurde. Auf Grund von Emotionen definiert man manchmal vielleicht etwas schärfer. Nur dürfen Sie nicht vergessen, dass die Freiheitliche Partei in den letzten Monaten besonders scharf attackiert worden ist. (Abg. Mag. Wurm: Frau Parfuss kriegt einen Ordnungsruf!)

Ich darf Ihnen vielleicht gleich am Anfang etwas Neues zur Spitzelaffäre sagen, nämlich dass heute die Staatsanwaltschaft in Salzburg die Behandlung der anonymen Anzeige zurückgelegt hat, die gegen einen unserer Landtagsabgeordneten, den Gendarmen Wiedermann, eingebracht wurde, einen ganz hervorragenden Mann, der ungerecht, und das anonym, beschuldigt worden war. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo!)  – So weit zum Innenausschuss. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir den Zivildienst haben, weil es ganz einfach zu einer sozialen Ausformung der Republik gehört, dass junge Männer auch dort ihren Dienst für die Gesellschaft leisten. Dieses Zivildienstgesetz bringt uns sicherlich entscheidende weitere Verbesserungen, die wir notwendig brauchen und die durch einen Rückstau aus der Vergangenheit auf uns zugekommen sind. Durch diesen Rückstau von 17 000 Anwärtern auf den Zivildienst haben viele junge Leute schweren Schaden in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung genommen, sie mussten jahrelang warten.

Ich möchte nun zum Gedenkdienst kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Gerade der Gedenkdienst ist eine besonders wichtige Sache. Ich sehe ihn deswegen für so wichtig an,


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weil es in dieser Republik ganz einfach Konsens darüber geben sollte, wie man mit der Vergangenheit umgeht. Diese Vergangenheit, die eben auf den Verbrechen des Nationalsozialismus fundiert, muss in aller Form, aber unpolitisch aufgearbeitet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss auf der anderen Seite dazu auch sagen, dass unser Zivildienst im Ausland nicht richtig verwertet wurde. Sonst hätte es, bitte, nicht so sein können, dass sich den EU-Sanktionen als erste Staaten Israel und Argentinien angeschlossen haben. Wenn man dort diese Dienste leistet, muss man auch diese Bewertungen vornehmen und versuchen, aus diesen Dingen etwas herauszuziehen, nämlich was da von österreichischer Seite her wirklich an solcher Arbeit geleistet wird.

Ich glaube aber trotzdem, dass es wesentlich wichtiger wäre, diesen Gedächtnisdienst auch im Inland zu führen, und zwar unpolitisch. Sehr geehrte Damen und Herren! Hätte es eine bessere geschichtliche Aufarbeitung von Verbrechen des NS-Regimes und keine Verschleierungen gegeben, dann hätte es niemals einen Fall Heinrich Gross gegeben. Ich zitiere den "Kurier" zum Fall Gross, dort schreibt Norbert Stanzel:

"Der eigentliche Skandal liegt nicht in der jetzigen Vertagung, sondern darin, dass der Gerichtsfall, der in seinen Grundzügen seit 55 Jahren bekannt ist, so lange verschleppt wurde. Das hat seine Gründe: Gross ersetzte sein NSDAP-Parteibuch durch eines der SPÖ und war prominenter Wahlkampfhelfer des SP-Bundespräsidenten Franz Jonas."

Was in der Kinderpsychiatrie "Am Spiegelgrund" geschah – das braucht man wohl nicht zu sagen –, war eines der größten Verbrechen der Geschichte.

Meine Herren und meine Damen von der Sozialdemokratie! Die antifaschistische Gesinnung hat sich in den letzten 14 Jahren in erster Linie in einer Ausgrenzung der FPÖ vollzogen. (Ruf bei der SPÖ: Na fürchterlich!) Was aber mit dem Fall Gross und den anderen NS-Verfahren in der SPÖ-Alleinregierung und unter ihren Justizministern verschleppt wurde, das möchte ich Sie wirklich fragen. Das sind die Probleme, die von Ihrer Seite auch aufzuarbeiten sein werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss kommend, möchte ich noch einen in diesem Falle unparteiischen Zeugen zitieren, nämlich den DÖW-Chef Neugebauer, der sagt: Ich habe in meinen Publikationen immer auf die Mitverantwortung der SPÖ gerade im Fall Gross hingewiesen. Die SPÖ habe Gross – nach den Worten Neugebauers – nicht nur den Wiedereinstieg in seine medizinische Karriere ermöglicht, sondern den Psychiater auch vor Strafverfolgung geschützt.

Das sollte an Ihr Gewissen appellieren. Sie haben ihm auch das Verdienstkreuz für Wissenschaft verliehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

22.09

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Reitsamer, wenn ich in einer Presseaussendung in Bezug auf die SPÖ-Finanzpolitik von "roten Verschwendern" gesprochen habe – Sie haben diese Presseaussendung dankenswerterweise in einem Ihrer früheren Beiträge erwähnt –, dann hat das schon seinen Grund. In allen Bereichen, die sich bisher unter sozialdemokratischer Dominanz befanden, muss diese Regierung sanieren – auch im Zivildienst! (Abg. Reitsamer: Wer’s glaubt, wird selig!) Um auch in Zukunft die Finanzierung des Zivildienstes gewährleisten zu können, ist diese Novelle dringend notwendig. Kernstück der Novelle ist das neue Finanzierungsmodell. Dieses sieht berechtigterweise vor, dass zukünftig Leistungen, auf die Zivildiener Anspruch haben, vermehrt von den Trägerorganisationen erbracht werden müssen. Weiters soll von diesen Organisationen dem Bund eine monatliche Vergütung erstattet werden. Ausgenommen sind Rechtsträger im Rettungswesen und in der Katastrophenhilfe; diese bekommen vom Bund ein Zivildienstgeld in der Höhe von 6 000 S. In der Sozial- und Behindertenhilfe sind es 3 000 S, ohne dass diese Einrichtungen eine Vergütung bezahlen müssten. Weiters wurden die


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bisher bestehenden 55 Vergütungsstufen vereinfacht, um so eine transparente Rechnungslegung sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Das alles bringt Verwaltungsvereinfachungen, Einsparungen und die Möglichkeit, zusätzliche Zivildiener einzusetzen, weil die Organisationen Zivildiener hinkünftig auch anfordern können. Dadurch wird der Zuweisungsrückstand von 17 000 jungen Männern in absehbarer Zeit abgebaut sein. Das alles, meine Damen und Herren, müsste im Sinne der Zivildiener, ihrer Organisationen und ihrer segensreichen Arbeit sein. Ich verstehe nicht, warum Sie hier gegen diese Novelle auftreten.

Den Auslandsdienst hinkünftig über einen Verein zu regeln, halten wir für einen Weg, Herr Bundesminister, den es zu erproben gilt. Wir werden sehen, was das bringen wird.

Wir Freiheitliche begrüßen diese Novelle auch deshalb, weil sie diese Ziele ohne eine Verkürzung des Zivildienstes – wie Sie sie ursprünglich geplant hatten, Herr Bundesminister – erreicht und somit der Lastenausgleich zum Wehrdienst und der Charakter des Zivildienstes als ein Wehrersatzdienst erhalten bleiben. Herr Bundesminister, dieser Weg ist der richtige! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. Ich erteile ihm das Wort.

22.12

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Unverständlich ist es, wenn sich die Oppositionsparteien in diesem Hohen Haus so gegen die Regierungsvorlage zur Novelle des Zivildienstgesetzes stellen. Gab es bisher 55 verschiedene Vergütungsformen, so wird es Zukunft nur noch drei davon geben, was eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung bedeutet. (Abg. Haidlmayr: 100-Prozent-Unterschied!) Was spricht dagegen, wenn die Dienstleistungen auf die Bereiche Umweltschutz und Jugendarbeit ausgedehnt werden?

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Parnigoni von den Sozialdemokraten hat die heutige Zivildienstdebatte zu einer Debatte über Datenmissbrauch umfunktioniert, ebenso seine Parteigenossin Parfuss. Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang einige Worte zu sagen.

Anscheinend hat die vereinte linke Opposition nur eines im Kopf: die Kriminalisierung der Freiheitlichen Partei – die Kriminalisierung der Freiheitlichen Partei! – und den Versuch, Zwist in die Koalition zu bringen, und das immer mit dem Hintergedanken: Divide et impera! (Abg. Dr. Mertel: Wie?)

Die Koalition wird sich auch nicht auseinander dividieren lassen, nachdem Grün-Abgeordneter und ehemaliges Mitglied bei den "Revolutionären Marxisten", Dr. Pilz, der heute im Parlament vorgestellten Frau Bundesminister Dr. Monika Forstinger Beileid zu der Partei, die sie in die Bundesregierung entsandt hat, gewünscht hat. Das ist übrigens jener Abgeordnete Pilz, gegen den im Zusammenhang mit der Datenmissbrauchsaffäre Ermittlungen laufen (Abg. Öllinger: Was? – Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist nicht wahr!) und der laut Bundesminister für Inneres Dr. Strasser bereits mehrmals vernommen wurde.

Kriminalisieren oder gleich einsperren – Sie lachen, Herr Öllinger! Aber Ihre Parteikollegin Abgeordnete Stoisits hat am 6. April 1995 quasi Haftstrafen für die Freiheitlichen in diesem Hohen Haus gefordert. Sie hat wörtlich gesagt:

"Ich als aufrechte Demokratin würde mir wünschen, daß, wenn es um Ihre Belange, um Ihre Sympathien geht, einmal die volle Härte des Gesetzes zuschlägt, und in diesem Fall wären das zwanzig Jahre." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen die Freiheitlichen im Zusammenhang mit Datenmissbrauch, die von der Opposition und der linken Presse erhoben worden


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sind, werden sich in Luft auflösen. Die Suspendierung eines Polizisten, der Mitglied der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher in Kärnten ist, musste bereits vorige Woche wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben werden. Kollege Egghart hat heute schon davon gesprochen, dass es auch einen weiteren Fall in Salzburg geben wird.

Wir Freiheitliche werden uns mit allen demokratischen Mitteln gegen eine Kriminalisierung zur Wehr setzen. Wir werden es keinesfalls zulassen, dass ein ganzer Berufsstand wie die Sicherheitsexekutive von der Linken in diesem Land in ein schräges Licht gerückt wird. (Abg. Schieder: Schiefes, nicht "schräges" Licht!) Von unserem Bundesminister für Inneres Dr. Strasser erwarten wir – unter Anführungszeichen – "kleine" Exekutivbeamte, dass er voll und ganz hinter uns steht, auch wenn massive Vorwürfe aus dem linken Reichsdrittel kommen. Es drängt sich auch die Frage auf, warum die Karenzierung des Buchautors Josef Kleindienst bis heute nicht aufgehoben worden ist und warum dieser nicht ebenfalls suspendiert worden ist.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Einen Keil in die Koalition zu treiben, wird auch dem Großen Vorsitzenden der Sozialdemokraten, dem Bodenküsser in Moskau, Genossen Gusenbauer nicht gelingen, auch wenn er heute in diesem Hohen Haus zu Bundeskanzler Dr. Schüssel gemeint hat, der Bundeskanzler müsse sich für den Rechtsstaat oder für die Freiheitliche Partei entscheiden, beides könne der Kanzler nicht haben.

Herr Abgeordneter Gusenbauer! Sie sind zwar nicht hier, aber ich kann Ihnen sagen: Auch diese Aussage von Ihnen ist nur ein plumper Versuch einer Spaltung der Koalition. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet. Gemäß Geschäftsordnung: 2 Minuten. – Bitte.

22.17

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Der Herr Abgeordnete hat in seiner Rede davon gesprochen, dass gegen den Abgeordneten Pilz ermittelt werde.

Diese Behauptung ist unrichtig und reiht sich nahtlos ein in das Dreckwerfen, das hier in manchen Kreisen immer mehr ... (Abg. Ing. Westenthaler: "Dreckwerfen" – das ist ein Wort!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Bitte nehmen Sie den Ausdruck "Dreckwerfen" zurück!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Ich nehme ihn gerne zurück, und ich stelle es Ihrer Phantasie anheim, wie Sie das sonst nennen würden. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein peinlicher Auftritt!)

22.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

22.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Reindl hat einmal mehr den Versuch unternommen, Kollegin Stoisits zu unterstellen, dass sie für freiheitliche Abgeordnete lange Gefängnisstrafen fordere, und er hat dabei ganz korrekt den Spruch der Abgeordneten Stoisits zitiert, hat allerdings in diesem Zusammenhang den Halbsatz unterschlagen: "... in diesem Fall wären das zwanzig Jahre".

Aus diesem Halbsatz wird klar, dass sich diese Äußerung auf Herrn Hans-Jörg Schimanek jun. bezieht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, das war nicht so!) Das war auch der Gegenstand der Debatte, und in diesem Fall, in dem es um Ihre Sympathien geht, um Ihre Sympathien, die der Freiheitlichen, in diesem Fall sind 20 Jahre tatsächlich die richtige Antwort. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das wollen Sie allein ...!) Das war die Meinung der Abgeordneten Stoisits. Aus diesem Zusammenhang ist klar: Es bezieht sich auf Hans-Jörg Schimanek jun.


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Es ist einmal mehr ein ziemlich plumper Versuch, etwas durch Wiederholungen zu behaupten, was trotzdem nicht richtiger wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: ... und keine staatsrechtliche Begründung!)

22.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Redezeit ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

22.19

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Parfuss, Sie werden es mir nicht übel nehmen, wenn ich auf Ihre heutige Sprache hier im Parlament ein bisschen eingehe, und zwar gerade deshalb, weil Sie sich stets als die Moralperson darstellen, die immer wieder von anderen einfordert, dass sie sich richtig ausdrücken sollen. Ich kann dasselbe auch zu Frau Lichtenberger sagen.

Sie haben sich heute beide enorm bloßgestellt: Sie, Frau Lichtenberger, indem Sie an einem Ordnungsruf vorbeigesegelt sind, und Sie, Frau Parfuss, weil Sie tatsächlich einen Ordnungsruf bekommen haben. Ich glaube, Sie sollten Ihren Forderungskatalog ein bisschen mehr auch an sich selbst richten und sollten sich auch selbst an diesen Forderungskatalog halten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Es gibt kein Monopol der Freiheitlichen auf ...!)

Im Übrigen: Was Sie Herrn Westenthaler vorhalten, nämlich, dass er den Herrn Beamten Buxbaum als Genossen bezeichnet hat, ist eigentlich überhaupt nichts im Verhältnis dazu, dass Sie ihm heute vorgeworfen haben, er sei ein Rüpel! – Herr Präsident Fischer, ich würde Sie darum bitten, dass Sie das Wort "Genosse" dann in den Ordnungsruf-Katalog aufnehmen, wenn es bereits so verwerflich ist, dass man einen Beamten als "Genossen" bezeichnet! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: "Genosse" ist jetzt ein Schimpfwort! – Gegenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Aber ich sehe schon ein, dass Frau Abgeordnete Parfuss und die gesamte sozialdemokratische Fraktion im Ausschuss sehr nervös und gereizt waren. (Abg. Dr. Mertel: Da waren wir sooo "nervös"!) Na, selbstverständlich! Sie ja auch! Selbstverständlich waren Sie gereizt und nervös, weil nämlich in diesem Ausschuss bekannt geworden ist, dass die Suspendierung von Herrn Binder aufgehoben worden ist, und das hat natürlich all Ihre Pläne total durchkreuzt!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wende mich nun der Zivildienstnovelle zu. Herr Minister, da muss ich Ihnen schon sagen: Ich bin nicht uneingeschränkt zufrieden mit dieser Novelle. Ich wollte eigentlich meine Kritik im Ausschuss darlegen, nur mussten Sie leider früher weggehen. Ich weiß, das war vereinbart, und ich halte mich auch an Vereinbarungen (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist der entscheidende Satz: Vereinbarungen sind einzuhalten!), deshalb halte ich Ihnen auch nicht vor, dass Sie frühzeitig weggegangen sind. Ich sage Ihnen all das, was ich Ihnen im Ausschuss sagen wollte, eben jetzt:

Sie haben zwar die Vergütungsstufen vereinheitlicht, aber in einer völlig inkonsequenten Art und Weise (Abg. Haidlmayr: Ja!), indem Sie nämlich diese zwei Rückvergütungsstufen geschaffen haben, wonach die Blaulichtorganisationen 6 000 S Rückvergütung erhalten und die anderen karitativen Organisationen nur 3 000 S (demonstrativer Beifall der Abg. Haidlmayr ), wie Frau Abgeordnete Haidlmayr Ihnen heute auch schon vorgeworfen hat.

Das ist überhaupt nicht berechtigt, Herr Minister, und ich frage mich, wie Sie das verantworten können! Ich werde Ihnen jetzt auch noch genau darlegen, warum ich es als nicht berechtigt empfinde: weil nämlich die Blaulichtorganisationen viel mehr Möglichkeiten haben, zu Einnahmen – zu hohen Einnahmen! – zu kommen.

Ein Beispiel: Ich habe eine behinderte Tochter. Diese wollte ich vor einiger Zeit wohin bringen lassen, in den vierten Stock, und brauchte dazu zwei Träger. Ich habe die Rettungsorganisation, das Rote Kreuz, angerufen. Die haben für das Hinaufbringen einer Behinderten in den 4. Stock 960 S verlangt! Da habe ich mir gedacht, das gibt es doch gar nicht, und habe den Arbeiter-Samariter-Bund – ebenfalls eine Blaulichtorganisation – angerufen: Die haben 970 S verlangt.


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Das war mir ebenfalls zu teuer. Ich habe dann die Johanniter angerufen, ebenfalls eine Blaulichtorganisation: Die haben 920 S für eine Fahrt verlangt. – Wissen Sie, was eine karitative Organisation für einen solchen Transport verlangt hat? – 340 S! Daran sehen Sie, dass die Blaulichtorganisationen bei allem enorm viel verdienen, und sie haben offensichtlich bei Ihnen ein offenes Ohr gefunden und haben sich durchgesetzt. (Abg. Haidlmayr: Ja!) Jetzt möchte ich wissen: Warum sind Sie in die Knie gegangen? Warum haben Sie diese ungerechtfertigte Vorgangsweise auf sich genommen? (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

Wie schon Frau Kollegin Haidlmayr gesagt hat, haben die karitativen Organisationen die weit unangenehmere Arbeit. Sie haben wirklich niedrige Dienste bei Behinderten zu verrichten und haben keine Möglichkeit, auf irgendeine andere Weise in den Genuss finanzieller Mittel zu kommen. Bitte, Herr Minister, sagen Sie mir: Warum wollten Sie sich den Blaulichtorganisationen gegenüber erkenntlich zeigen? (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Haidlmayr.  – Abg. Öllinger: Frau Partik-Pablé, Sie müssen mit der Opposition stimmen!)

22.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Von Seiten der Berichterstatter wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 377 der Beilagen.

Ich erinnere daran, dass Frau Abgeordnete Haidlmayr dazu einen Zusatzantrag und zwei Abänderungsanträge eingebracht hat.

Weiters haben die Abgeordneten Parnigoni und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die von den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – und zwar der Reihe nach –, und sodann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Zusatzantrag von Frau Abgeordneter Haidlmayr.

Dieser erste Zusatzantrag enthält Verfassungsbestimmungen. Ich stelle daher fest, dass das notwendige Quorum für eine solche Abstimmung gegeben ist.

Ich lasse also über den Zusatzantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen, der sich auf §§ 2, 6 und 7 bezieht, abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit, jedenfalls nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit, und ist daher nicht beschlossen.

Die Abgeordneten Parnigoni und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend den Entfall der Ziffer 8 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die für den Entfall der Ziffer 8 stimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Daher bleibt die Ziffer 8 im Gesetzentwurf.

Weiters haben die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen sowie die Abgeordneten Parnigoni und Genossen je einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 8 eingebracht.

Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Abänderungsantrag von Frau Abgeordneter Haidlmayr zur Ziffer 8.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.


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44. Sitzung / Seite 228

Als Nächstes stimmen wir ab über den Abänderungsantrag des Abgeordneten Parnigoni und Genossen zur Abänderung der Ziffer 8.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Auch dies findet nicht die Mehrheit.

Ich komme daher zur Abstimmung über die Ziffer 8 des Gesetzes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Fassung von Ziffer 8 des Gesetzes im Sinne des Ausschussberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit angenommen ist.

Herr Abgeordneter Parnigoni hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffer 9 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit der Streichung von Ziffer 9 einverstanden sind, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Die Ziffer 9 ist daher nicht gestrichen.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies in der Fassung des Ausschussberichtes mit Mehrheit angenommen ist.

Abgeordnete Haidlmayr hat einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 14 eingebracht.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Abänderungsantrag findet keine Mehrheit.

Ich komme daher zur Abstimmung über Ziffer 14 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, das Ziffer 14 in der Fassung des Ausschussberichtes angenommen ist.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen sowie die Abgeordneten Parnigoni und Genossen haben je einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffer 16 bezieht.

Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag von Frau Abgeordneter Haidlmayr zur Ziffer 16 abstimmen.

Ich ersuche im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir stimmen als Nächstes über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Parnigoni und Genossen betreffend die Ziffer 16 ab.

Auch hier darf ich um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Dieser Abänderungsantrag bleibt in der Minderheit.

Damit stimmen wir über Ziffer 16 in der Fassung des Ausschussberichtes ab.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung, falls dies gewünscht wird. – Ziffer 16 ist in der Fassung des Ausschussberichtes mit Mehrheit angenommen.

Abgeordnete Haidlmayr hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 29 des § 54a bezieht.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit.

Wir stimmen über diesen Teil des Gesetzes in der Fassung des Ausschussberichtes ab.


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Ich ersuche bei diesbezüglicher Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit in der Fassung des Ausschussberichtes beschlossen ist.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, bisher nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass die restlichen, bisher noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzes mit Mehrheit in der Fassung des Ausschussberichtes angenommen sind.

Damit haben wir die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Die zur Abstimmung stehende Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit haben wir die Gesetzesabstimmung beendet.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 377 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Entschließung annehmen wollen, um ein Zeichen. – Die Entschließung ist vom Nationalrat mehrheitlich angenommen. (E 42.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 302/A der Abgeordneten Paul Kiss, Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird (378 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit sind wir beim 12. Punkt der Tagesordnung angelangt.

Ich gehe sogleich in die Debatte ein. (Abg. Miedl begibt sich zum Pult des Berichterstatters.)

Wünscht der Berichterstatter das Wort? – Bitte.

Berichterstatter Werner Miedl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter möchte ich folgende im Bericht des Innenausschusses über den Antrag 302/A der Abgeordneten Kiss, Dr. Partik-Pablé und Kollegen betreffend die Novelle des Fremdengesetzes in 378 der Beilagen enthaltene Druckfehler berichtigen:

Erstens: Die Überschrift zur Änderung des Bundesbetreuungsgesetzes lautet richtig, "Artikel II" statt "Artikel 11".

Zweitens: Die Anordnung in Artikel II "§ 13" erhält die Ziffernbezeichnung 1.

Drittens: Nach dieser Ziffer 1 wird entsprechend dem im Ausschuss vorgenommenen Abänderungsantrag folgende Ziffer 2 angefügt:

2. § 14 wird folgender Abs. 4 angefügt:

(4) § 13 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2000 außer Kraft.

*****

Herr Präsident, das sind die Druckfehler, die zu korrigieren wären.

Ich bitte, jetzt in der Debatte fortzufahren. (Berichterstatter Miedl überreicht Präsident Dr. Fischer die schriftliche Fassung der Druckfehlerberichtigung. – Nach Übernahme des Schrift


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stücks hält Präsident Dr. Fischer eine kurze diesbezügliche Rücksprache mit dem Berichterstatter.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben nur diskutiert, ob das eine Druckfehlerberichtigung oder ein Abänderungsantrag ist. Aber ich nehme an, dass der Ausschuss weiß, was er beantragt.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Kiss: Herr Präsident, das darf man auch ändern! – Abg. Schieder: Nein, nein! Das ist nicht so klar, denn dann stünde es im Ausschussbericht!)

22.33

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wird die Wortfolge in § 23 Abs. 3 Fremdengesetz, die besagt, dass der Familiennachzug von Kindern Drittstaatsangehöriger nur bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres möglich ist, als verfassungswidrig aufgehoben. In der Begründung des Erkenntnisses ist ein ganz entscheidender Punkt die Feststellung, dass beim Nachzug drittstaatsangehöriger Kinder minderjährige Kinder unter und über 14 Jahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise ungleich behandelt werden.

Der Abänderungsantrag der Regierungsparteien sieht nun vor, da die Bestimmung mit 31. Dezemer 2000 aufgehoben werden soll, die Altersgrenze für den Nachzug von Kindern in meiner Ansicht nach weiterhin sachlich nicht zu rechtfertigender Weise von 14 auf 15 Jahre zu erhöhen. Im Innenausschuss haben die FPÖ- und ÖVP-Mitglieder die Hinaufsetzung des Zuzugsalters um nur ein Jahr mit mir nicht nachvollziehbaren Argumenten verteidigt.

Nicht nachvollziehbar ist für mich außerdem die von der Bundesregierung gegenüber dem Verfassungsgerichtshof getätigte Äußerung, wonach die meisten mündigen minderjährigen Kinder von Fremden eine Erwerbstätigkeit anstreben würden und nicht die Familieneinheit, sondern die Erwerbstätigkeit und die Gründung eines eigenen Hausstandes im Vordergrund stünden. (Abg. Wattaul: Da kennt sie sich wieder nicht aus!)

In einer von Josef Berghold, Elisabeth Menasse und Klaus Ottomeyer herausgegebenen wissenschaftlichen Studie, die das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur heuer veröffentlichte, wird aber das Gegenteil von den Behauptungen der konservativen Bundesregierung dargelegt. Ein Artikel von Dr. Gerhard Heckfleisch analysiert die schriftliche Befragung von 289 ausländischen und eingebürgerten Jugendlichen in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Tirol. 14 Prozent der Befragten waren unter 16 Jahren, 67 Prozent waren 16- bis 19-jährig und 19 Prozent waren älter als 19 Jahre. Von diesen 289 Jugendlichen leben 92 Prozent, also noch fast alle, bei ihren Eltern, 7 Prozent sind verheiratet und leben bei ihrem Mann. Weniger als 5 Prozent leben in einem eigenen Haushalt. Das ist im Vergleich zu den gleichaltrigen österreichischen Staatsbürgern unterdurchschnittlich. Ich habe auch selbst mit Türkinnen und Vertreterinnen anderer Nationalitäten gesprochen, die bestätigt haben, dass vor allem Frauen auf Grund der Traditionen, selbst wenn sie wollten, den Familienverband meist nicht verlassen können und dürfen. – Das sind die Tatsachen, schwarz auf weiß. Aber die Vertreter der Regierungsparteien behaupten frank und frei das Gegenteil, nur weil es ihnen gerade so in den Kram passt.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bei der Begründung von Gesetzesanträgen und auch bei Äußerungen gegenüber dem Verfassungsgerichtshof sollte man sich doch etwas genauer an die Tatsachen halten und den Spruch des Verfassungsgerichtshofes sowie neue Erkenntnisse der Wissenschaft gewissenhafter würdigen.

Wenn das Alter beim Familiennachzug von Jugendlichen, wie wir Sozialdemokraten vorschlagen, mit 18 Jahren, also mit der Erreichung der Volljährigkeit festgeschrieben wird, dann belastet das den Arbeitsmarkt nur unwesentlich, vermeidet aber Härtefälle und menschliches Leid.


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Ist es nicht unchristlich, meine Damen und Herren von der ÖVP, Gesetze nicht zu reparieren, die zigfach traurige Fallbeispiele wie das folgende aus Innsbruck provozieren?

Es geht um eine türkische Familie: Der Vater arbeitet und lebt seit zehn Jahren in Österreich, die Ehefrau und Mutter konnte mit einem Kind vor drei Jahren ebenfalls nach Österreich übersiedeln. Die zweite Tochter muss bei einer Tante in der Türkei leben, weil sie bei Erledigung des Antrages auf Familienzusammenführung gerade etwas älter als 14 Jahre war. – Auch das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ein Akt christlicher Humanität, hier Abhilfe zu schaffen! Ich sage das auch im Zusammenhang mit dem vor kurzem beschlossenen Gesetz, bei dem Sie sich auch sehr um das Kindeswohl bemüht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Überfallsartig wurde nun auch noch die Zusammenlegung des Integrations- und Asylbeirates in den Abänderungsantrag hineinformuliert, ohne Absprache mit den betroffenen Körperschaften und ohne Absprache mit den betroffenen nichtstaatlichen Organisationen. Es ist geradezu zynisch, dass in der Begründung behauptet wird, dass diese Gesetzesänderung eine Forderung dieser Organisationen sei. Caritas und Evangelische Diakonie beklagen sich deshalb auch sehr, weil die Gewichtung im neuen Beirat für Asyl- und Migrationsfragen ganz anders, nämlich regierungslastig, aussehen wird.

Waren bis jetzt im Integrationsbeirat 38 Prozent der Mitglieder von nichtstaatlichen, kirchlichen und humanitären Organisationen, so wird ihr Einfluss im neuen Beirat auf 18 Prozent mehr als halbiert. (Abg. Jung: Das ist ja ohnehin nur ein Beirat!) Der Einfluss derjenigen, die sich eigentlich beraten lassen sollten, Herr Abgeordneter Jung, steigt überproportional. Ich frage mich, wozu man noch einen Beirat, der eigentlich die Bundesregierung beraten sollte, benötigt, wenn in diesen Beirat eine Mehrheit von zwölf Mitgliedern vom Bund, von den Ländern und den Gemeinden entsandt wird! Sechs Mitglieder sind von den Ministerien und beraten sich dann überhaupt selbst – oder wie soll das aussehen?

Sehr geehrte Damen und Herren! Der dadurch wirklich entwertete Beirat verdient diesen Namen nicht mehr! Aber es kommt noch dicker, denn wenn es nach dem Willen der Regierungsparteien geht – beziehungsweise Sie, Frau Dr. Partik-Pablé, haben das im Innenausschuss gesagt –, dann soll auch der ÖGB noch aus diesem Integrationsbeirat herausverhandelt werden! Sie haben hingegen nichts davon gesagt, dass vielleicht auch die Industriellenvereinigung herausgenommen werden soll. (Abg. Jung: Oja!) Haben Sie nicht! Ich habe ganz genau zugehört! Ich bin nicht schwerhörig! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, schon vorher haben wir das! Koalitionsintern!)

Sie haben gesagt, der ÖGB gehört aus diesem Beirat heraus, und das ist für mich völlig unverständlich! Der ÖGB-Vertreter kennt sich nämlich am Arbeitsmarkt bestens aus! (Ruf bei der ÖVP: Das sagt er!) Er kennt die Verträglichkeit der Migration und kennt wie kaum jemand anderer den Arbeitsmarkt.

Daher, sehr geehrte Damen und Herren, glaube ich, dass die von Ihnen vorgeschlagene Lösung, in der es zu einer Zusammenlegung des Beirates auch gegen den Wunsch der Organisationen kommen soll, eine mehr als schlechte Lösung ist!

Zum Schluss möchte ich noch ganz eindringlich davor warnen, mit einer parlamentarischen Mehrheit ständig wie ein Panzer über alle Minderheitsmeinungen hinwegzufahren. Ich warne ganz eindringlich vor den Konsequenzen, die zu erwarten sind, wenn ganze Bevölkerungsgruppen ständig gegeneinander ausgespielt werden, wenn deren Vertreter nicht mehr angehört werden. Wer das auf Dauer tut, zündelt im Gebälk dieser Republik! Ich warne davor! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Das haben Sie aber lange gemacht! 30 Jahre!)

22.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

22.42

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vorliegenden Novelle reagiert der Gesetzgeber rasch und auch in


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44. Sitzung / Seite 232

einem richtigen Maße. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes hebt in Wirklichkeit eine Bestimmung des Fremdengesetzes auf, wonach 14-Jährige ab 1. Jänner 2001 unbeschränkt bis zum 19. Lebensjahr nach Österreich kommen sollten. Ich hoffe, dass die nun neu vorgeschlagene Regelung den verfassungsrechtlichen Prüfungen standhält.

Meine Damen und Herren! Aus humanitären Gründen halte ich diese Regelung grundsätzlich für fair und auch für notwendig. Frau Abgeordnete Wurm! Sie haben in einigen Beispielen geschildert, was sich mit Jugendlichen, die zu ihrer Familie nach Österreich ziehen wollen, zutragen kann. – Ich habe auch einige Beispiele parat, weil wir in der Steiermark nach den Kriegswirren im ehemaligen Jugoslawien plötzlich das Problem hatten, dass unbegleitete Jugendliche und zum Teil Minderjährige nach Österreich eingesickert sind. Das ist Sozialarbeitern aufgefallen: Plötzlich waren Kinder und Jugendliche in Graz und im Umfeld von Graz. Solche Menschen suchen ja hauptsächlich die Städte auf.

Verwaltung und Gesetzgebung waren eine Zeit lang sprachlos. Man hat nach Modellen und nach Lösungen gesucht, mit denen man diesen unbegleiteten Jugendlichen rasch helfen konnte. Ich war damals einer derjenigen, die in Zusammenarbeit mit der Caritas in der Steiermark ein Projekt zur Umsetzung bringen konnten, durch das Jugendlichen Heim und Unterhalt geboten werden konnten. Aus diesen Jugendlichen sind heute durchaus klasse und anständige Grazer Bürgerinnen und Bürger geworden.

Ich bin stolz auf diese Regelung und Lösung, weil sie auch einem humanitären Gedankengut entspringt: Wir haben genau aus dieser Überlegung heraus – weil es für Kinder und Jugendliche wahrscheinlich viel schwerer als für Erwachsene ist, in einem fremden Land ohne Eltern zu leben – als Gesetzgeber Jugendliche und Kinder vor einem Fremdengesetz, aber auch im Asylgesetz, besser gestellt. Deshalb bin ich persönlich auch froh darüber, dass unser Bundesminister Martin Bartenstein die Schubhaft von Kindern und Jugendlichen zum Thema gemacht und sie weiterhin verhindert hat.

Es gibt bei Jugendlichen deshalb jetzt eine bevorzugte Unterbringung, sofern sie um politisches Asyl ansuchen. Es gibt für Jugendliche generell geringere Strafdrohungen bei Gerichtsverfahren, und es gibt die Vertretung Jugendlicher durch das Jugendamt.

Meine Damen und Herren! All das sind Gründe, die es im Asylverfahren so besonders erstrebenswert machen, als Jugendlicher aufzutreten. Schon öfter wurde hier im Haus über genau diese Tatsache gesprochen: dass viele Menschen, die aus fremden Ländern zu uns kommen, behaupten, Jugendliche zu sein, um in den Genuss genau dieser Rechtswohltat zu kommen – und das, obwohl man medizinisch einigermaßen genau feststellen kann, wie alt jemand ist.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen: Gerade im Hinblick darauf, dass relativ viele kriminelle Handlungen auch von einem Teil dieser Jugendlichen begangen werden, sollten wir uns grundsätzlich zu einer doch differenzierten Haltung veranlasst sehen und nachdenken. Ich persönlich und auch die ÖVP, wir stehen zum Schutz und zur Unterstützung von jedem, der in seiner Heimat aus ethnischen, politischen oder religiösen Gründen vertrieben wurde oder dessen Leben sogar bedroht wurde. Dazu stehen wir. Allerdings, meine Damen und Herren, müsste es für jene, die sich den Flüchtlingsstatus durch Vortäuschung erschleichen wollen, Konsequenzen geben. Es leidet nämlich aus meiner Sicht die gesellschaftliche Akzeptanz genau dieser Regelung. Wir sollten daher – ich habe es dem Herrn Bundesminister auch in Ausschusssitzungen, und auch davor und später, gesagt – einen Aufenthaltsort für Jugendliche festlegen. Zurzeit sind jugendliche Asylanten in ganz Österreich unterwegs. Niemand weiß, wo sie sich aufhalten und was sie tun. Ich persönlich habe den Eindruck, dass jeder froh ist, wenn er diese jugendlichen Personen aus seinem Kompetenzbereich fort weiß. Ich bin überzeugt davon, dass die Verfahren beschleunigt werden müssen. Asylverfahren – auch solche von Jugendlichen – dauern oft Jahre.

Ich bin überzeugt, dass das EURODAC-System – das ist das elektronische Fingerabdrucksystem – viel rascher als bisher zur Umsetzung gelangen sollte, weil damit der Asyltourismus verhindert werden könnte. Es sollten gesetzliche Unterscheidungen zwischen offensichtlich


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minderjährigen und damit schutzbedürftigen Personen einerseits und Pseudominderjährigen andererseits getroffen werden.

Meine Damen und Herren! Das, was wir Österreicher im Zuge von kriegerischen Auseinandersetzungen für Flüchtlinge in Österreich getan haben, ist aus meiner Sicht beachtenswert und sollte auch so bleiben. Wir erlauben Menschen, die zu uns kommen und bei uns leben wollen, im Rahmen der Gesetze bei uns zu bleiben und hier ihre Existenz aufzubauen. Diese Gesetze sind aber auch Spielregeln, an die sich jeder zu halten hat: der Betroffene wie auch der Österreicher.

Wir beschließen heute die Zusammenlegung des Asyl- und des Integrationsbeirates. Das ist aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, weil er dadurch erstmals in der Lage ist, ein Problem auch ganzheitlich zu sehen.

Meine Damen und Herren! Der ganzheitliche Ansatz wird zur Lösung vieler Probleme und Anliegen beitragen. Ich bin grundsätzlich davon überzeugt, dass diese gesetzliche Bestimmung dazu führen wird, dass wir in einer humanitären, aber konsequenten und gerechten Ausländerpolitik einen Schritt weiter kommen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Stoisits  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nicht drücken, bevor ich zu reden anfange!)

22.49

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Zeit ist so kostbar, dass ich nur gesagt habe: Nicht drücken, bevor ich zu reden beginne!

Herr Bundesminister! "Ich bin bereit, Familiennachzug rascher zu behandeln." – Das ist eine der Überschriften in einem Ihrer ersten großen im "Kurier" veröffentlichten Interviews gewesen. Das ist nur ein Beispiel aus dem "Kurier"; Sie sind, als Sie in dieses Amt berufen worden sind, in allen Zeitungen mit ähnlichen Aussagen zitiert worden – aus meiner Sicht äußerst glaubwürdig: Ich habe das wirklich geglaubt, dass es Ihnen ein ehrliches Anliegen ist, Familiennachzug rascher zu behandeln.

Ich muss sagen, ich war auch irgendwie gerührt, als Sie in der "Pressestunde" damals, als Sie Minister wurden, dauernd von den NGOs gesprochen haben und auch in einem "Report"-Auftritt dauernd die NGOs erwähnt haben und wie sehr Ihnen an einer Zusammenarbeit liegt und dass Sie alle einladen, in einen Dialog zu treten. Ich sage "gerührt", weil ich mich auch selbst angesprochen gefühlt habe. Ich bin zwar als Abgeordnete nicht NGO, aber ich fühle mich den NGOs und ihren Anliegen so verbunden, dass ich mir gedacht habe: Hoppala! Nach den schweren Zeiten mit Löschnak und den nicht minder schweren Zeiten mit Schlögl könnte das jetzt etwas werden! – Ehrlich!

Das habe ich Ihnen auch in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Ich muss leider bedauernd feststellen, dass es das einzige war – es war zu Beginn Ihrer Amtszeit.

Was ist inzwischen daraus geworden? – Der Herr Bundesminister zeichnet sich jetzt schon durch die zweite Fremdengesetznovelle in seiner Amtszeit aus. Die erste will ich jetzt aus Zeitgründen nicht wiederholen, das habe ich hier schon getan. Es war schon so quasi die erste gefährliche Drohung, wie es langgehen soll: Die Anliegen der Freiheitlichen Partei wurden zu 150 Prozent durchgesetzt, die von der ÖVP zu 100 Prozent, die Anliegen jener Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, wurden negiert.

Was jetzt allerdings passiert ist – und ich will gar nicht auf die Art und Weise eingehen, wie mit der von uns immer schon als verfassungswidrig bezeichneten 14-Jahre-Frist umgegangen wurde –, ist, dass man den Verfassungsgerichtshof selbstverständlich – es ist eigentlich von dieser


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Regierung gar nicht anders zu erwarten – so restriktiv wie möglich interpretiert hat. Man ist nämlich hergegangen und hat die Frist auf 15 Jahre erhöht. Der Verfassungsgerichtshof hat aber nirgendwo von 15 Jahren gesprochen. Das tut diese Bundesregierung. – Das dazu.

Meine Damen und Herren! Aber ich komme jetzt zu etwas anderem: zum Überfall, zum echten Überfall in dieser Frage. – Am Donnerstag war Ausschuss. Am Mittwoch in der Nacht bekommt der Grüne Klub einen Abänderungsantrag. Man hatte sich nicht etwa überlegt und gesagt: Inländische und ausländische Familien sind Familien – und eine Familie ist eine Familie. Und gerade für eine christlich-soziale Partei ist die Familie etwas Wichtiges, um nicht zu sagen Heiliges, darum wollen wir eine ausländische Familie ähnlich behandeln wie eine inländische Familie. – Nein.

Es ist vielmehr darum gegangen, die einzige Einrichtung im gesamten Bereich der Integrationspolitik, die als Beirat – ein Beirat, der einen Minister berät – eingerichtet wurde und aus meiner Sicht wirklich ordentlich funktioniert – nämlich der Integrationsbeirat –, zu degradieren. Dieser ist bei der Einführung des Fremdengesetzes geschaffen worden, als das Aufenthaltsgesetz ausgelaufen ist, um eine Möglichkeit zu schaffen, humanitäre Lösungen zu finden.

Herr Minister! Das war zwar alles noch vor Ihrer Zeit, während der letzten neun Monate ist das auch alles ein bisschen anders geworden. Ihr Vorgänger, Minister Schlögl, hat diese Möglichkeit auch genützt – und Sie in bedingtem Ausmaß auch. Die NGOs haben diese Arbeit immer gelobt und haben auch mitgearbeitet.

Es gibt ein zweites Beratungsgremium nach dem Bundesbetreuungsgesetz, nämlich den Asylbeirat. Ich habe ihn in diesen Fragen jetzt schon über lange Zeit hinweg manchmal zentral, manchmal am Rand geschätzt. Ich habe überhaupt noch nie gehört, dass irgendjemand über diesen Asylbeirat etwas gesagt hätte – und wenn, dann Negatives, weil er nämlich überhaupt nicht arbeitet –, weil er – um es auf Wienerisch zu sagen – eine Einrichtung zum Krenreiben ist.

Was machen Sie jetzt? – Sie degradieren eine Einrichtung zum Krenreiben, zu einer Krenreibeinrichtung, weil diese nämlich jetzt genauso ausschaut wie jene, die seit 1991 wohl eingerichtet ist, jedoch nicht arbeitet. Herr Minister! Ich weiß nicht, ob es Ihnen bewusst ist, ich weiß nicht, ob Sie das irgendwie durchschauen. Ich habe wirklich geglaubt, Sie halten etwas von NGOs. (Abg. Dr. Leiner: Er ist selbst Präsident!) Das habe ich wirklich geglaubt, auch wenn ich das jetzt nur mehr mit Sarkasmus vorbringen kann.

Meine Damen und Herren, die Sie das vielleicht noch nicht wissen! Jetzt wird eine Institution geschaffen, bestehend aus insgesamt 23 Mitgliedern. Von diesen 23 Mitgliedern sind sage und schreibe vier Mitglieder NGO-Vertreter. Vorher gab es ein Gremium, das aus 14 Mitgliedern bestand, davon waren sechs NGO-Vertreter. – Glauben Sie, dass die NGOs das interessant und lustig finden, wenn sie sich in Gesellschaft mit Institutionen in einem Beirat finden, der nur den Minister berät – der tut sonst gar nichts, er bietet ihm sozusagen Grundlagen für Entscheidungen –, die in einem anderen Beirat gesessen sind, wo sie sich seit neun Jahren durch Untätigkeit ausgezeichnet haben? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Präsident! Aus Rücksicht auf die Würde dieses Hauses will ich jetzt dieses grobe Wort nicht verwenden (Abg. Öllinger: Brav!), aber es liegt mir eines auf der Zunge, das ich nicht ausspreche, das ich nur beschreiben möchte. Herr Bundesminister! Es beschreibt das, was Sie hier tun. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, beschreiben Sie es auch gar nicht, so etwas Grausliches!)

Es war ein echter Überfall, den die NGOs erlebt haben. Jene, die in dem einen Gremium sind, das gut arbeitet, haben natürlich nichts davon gewusst, dass sie von dort hinausbugsiert werden. Der andere Beirat hat natürlich auch nichts davon gewusst, dass er abgeschafft wird, das ist auch klar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt für mich nur zwei mögliche Erklärungen: Diese Regierung beziehungsweise dieser Innenminister geht dabei nach einem Muster vor – ich hoffe, dass ich in meiner Einschätzung nicht Recht habe –, wonach ihn Integrationspolitik überhaupt


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nicht interessiert. Dieses Thema ist ihm schlicht Wurscht – entgegen all seiner Ankündigungen. Das ist die eine Interpretationsmöglichkeit.

Die andere Interpretationsmöglichkeit ist, dass nicht er etwas zu sagen, zu bestimmen oder vorzugeben hat, sondern die Freiheitliche Partei. Diese setzt sich auch in diesen Punkten vollinhaltlich durch. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Freiheitlichen ein gestörtes Verhältnis zu NGOs und zur Zivilgesellschaft in Österreich generell haben, das wissen wir, und dass es ... (Abg. Öllinger: Burschenschaft!) – Danke, Herr Kollege Öllinger! – ... ausgewählte Organisationen gibt, zu denen sie ein gutes Verhältnis haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte dies auch noch weiter erläutern.

Herr Bundesminister! Wenn ich schon für Sie keine relevante Auskunftsperson bin, vielleicht ist es der Herr Präsident Küberl von der Caritas, den Sie nicht nur als Caritaspräsidenten, sondern auch in anderen Funktionen als einen seriösen Partner kennengelernt haben. Vielleicht glauben Sie ihm mehr. (Abg. Öllinger: Der ist ja bei der Caritas!) Er bringt dieselbe Kritik, die auch ich im Ausschuss formuliert habe, wo Sie leider nicht mehr anwesend sein konnten – das werfe ich Ihnen nicht vor, Sie konnten nicht dabei sein.

Erklären Sie uns das! Erklären Sie uns, dass Sie ein Wortbrecher sind, dass Sie ein solch gewaltiger Wortbrecher sind, dass Sie nämlich im Feber, März den NGOs quasi auf der Zunge gelegen sind, während Sie jetzt die NGOs schlicht und einfach desavouieren, und das in einem Ausmaß, wie es nicht einmal Löschnak geschafft hätte. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Von drei sogar auf vier erhöht!)

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

22.58

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese gespielte Entrüstung und Erschütterung der Kollegin Stoisits ist geradezu lächerlich. Ich werde Ihnen erzählen, was es in Wirklichkeit mit der Novelle zu diesem Gesetz auf sich hat.

Wie agieren genau so, wie man es von der Koalition erwartet. Wir setzen Novellen zügig um. Genauso ist es auch im Falle der Novelle des Fremdengesetzes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben die Gelegenheit benutzt, um zwei Beiräte in einem zusammenzufassen – eine Verwaltungsvereinfachung, die natürlich sehr sinnvoll ist. Eine sehr vernünftige, eine praktikable Lösung, die der Opposition natürlich nicht passt. Argumente dafür gibt es freilich wenig.

Ich kann mich noch an den Innenausschuss erinnern. Das einzige, das die Grünen eingebracht haben, war eine Leseübung des Abgeordneten Pilz, der umständlich einen Brief der Caritas verlesen hat. Die Caritas zeigt sich – na ja, wie soll ich sagen? – in diesem Brief sehr verärgert. – Erstens einmal macht das überhaupt nichts, dass sich die Caritas verärgert zeigt, und zweitens ist die Verärgerung der Caritas total unbegründet, also ist natürlich auch die Begründung des Kollegen Pilz und der Damen und Herren der Grünen unbegründet.

Ich verstehe die Aufregung nicht. Was ist denn eigentlich los? – Im Asylbeirat waren bisher 22 Mitglieder, von den 22 Mitgliedern waren lediglich drei von sozialen Einrichtungen, Caritas und Volkshilfe waren sowieso dabei.

Im Integrationsbeirat waren 14 Mitglieder, davon sechs von sozialen Einrichtungen, Caritas und Volkshilfe waren natürlich dabei. Ich weiß überhaupt nicht, warum sich die Caritas aufregt. (Abg. Öllinger: Das glaub’ ich gerne!) Insgesamt sind es in Wirklichkeit nur vier Organisationen, soziale Einrichtungen, die damals dabei waren und die jetzt in diesem neu geschaffenen Beirat für Asyl- und Migrationsfragen auch wieder dabei sind. Also es sind vier Einrichtungen. Es ist genau das geblieben, was es vorher war. (Abg. Kiss: So ist es!)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Armutszeugnis für die Caritas, wenn sie bejammert, dass ihr Know-how entzogen wird. Indirekt gibt die Caritas, wenn sie das bejammert, damit zu, dass das Know-how offensichtlich nicht ausreicht. (Abg. Öllinger: Hauptsache, das Know-how kommt bei Ihnen an!) Wir sind es schon gewöhnt, dass die Opposition irgendwelche fadenscheinige Aufhänger sucht, um schließlich dagegen stimmen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein besonderes Gustostückerl möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten: nämlich die abweichende persönliche Stellungnahme der gerade so jammernden Frau Abgeordneten Mag. Terezija Stoisitis.

Sie hüllt sich zuerst einmal in die Rolle eines Verfassungsrichters, weil sie bereits ankündigt, dass wieder eine verfassungswidrige Bestimmung geschaffen wird. Frau Abgeordnete: Sind Sie Verfassungsrichterin oder nicht? – Ich glaube, eher nicht. Das heißt also auf gut Deutsch: entweder lesen Sie Kaffeesud oder Sie überschätzen sich. (Abg. Dr. Mertel: Das ist etwas, was Ihnen nicht passiert: Selbstüberschätzung!)

Sie schreiben weiter: Abschaffung des Integrations- und Asylbeirates. Sie schreiben jedoch nicht den zweiten Halbsatz dazu: nämlich die Schaffung eines Beirates, in dem die beiden Beiräte aufgehen. Das ist typisch grüne Politik! Sie operieren mit Halbwahrheiten.

Drittens. Je nach Bundesland – schreiben Sie vollmundig – Wartezeit auf Familienzusammenführung: von zwei bis fünf Jahren. – Falsch! Nur ein Beispiel: Das Bundesland Salzburg – ich habe mich erkundigt – hat ein Jahr Wartezeit. Also auch das war unrichtig.

Das Letzte und vielleicht das Wichtigste: Bei Ihrer Stellungnahme zum § 36 Abs. 2 Ziffer 5, in dem es um die einwanderungswilligen Familienangehörigen geht, schreiben Sie: Einwanderungswillige Familienangehörige sollen illegalisiert werden.

Sehr geehrte Frau Magister Stoisits! Ich weiß zwar nicht, was Sie studiert haben – Jus, glaube ich nicht –, aber Sie haben zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie hier in einem gesetzgebenden Gremium sind, nämlich im Nationalrat, und dass hier die Rechtsstaatlichkeit zu beachten ist. Wer ohne entsprechende Bewilligung einreist, auch wenn er Familienangehöriger ist, der wird nicht kriminalisiert, sondern der ist kriminell. – Genau so ist es, und das haben auch Sie zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Ein gescheiter Mensch!)

Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen! Ich nehme diese Gelegenheit aber auch gleich wahr, um Sie darauf aufmerksam zu machen: Beim Aufdecken von Missständen werden wir uns sicherlich nicht von Ihnen behindern lassen. Ganz sicher nicht! (Abg. Öllinger: Spitzelakt!) Ich kündige an dieser Stelle eine Kampagne an, die praktische Fälle des Sozialmissbrauches betrifft, wie es schon einmal gewesen ist. Wir brauchen keine illegal beschafften Informationen, denn seit diesem Diffamierungsskandal, Herr Öllinger, über diese angebliche Spitzeltätigkeit, die sich ohnehin in Luft auflösen wird (Abg. Öllinger: Ah!), sind bei uns die Postkästen voll mit Informationen von Bürgern, die sagen, so etwas kann es ja gar nicht geben. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Aber diese Diffamierungskampagne bringt etwas Gefährliches mit sich. Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, darauf besonderes Augenmerk zu legen. Seit der Skandalisierung der EKIS-Abfragen nimmt die Zahl der Abfragen rapide ab. Polizisten berichten mir, dass in manchen Dienststellen, in denen früher 900 Abfragen pro Monat getätigt wurden, jetzt nur mehr sieben Abfragen pro Monat durchgeführt werden. (Abg. Öllinger: Das war eine SPÖ-Dienststelle!) Durch diese Einschüchterung traut sich kaum noch jemand, Anfragen zu machen. Wissen Sie, was das bedeutet? – Ganoven bekommen in Österreich Narrenfreiheit. (Abg. Öllinger: Sie haben das von Hallwang!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Öllinger: In Hallwang, oder?) Erfolgreiche Fahnder berichten mir, dass, wenn man nicht ständig in das EKIS hineinschaut, nicht ständig Personenfahndung und Sachfahndung miteinander überkreuzt und überprüft, dann wird den Ganoven in Österreich grünes Licht gegeben, und sie haben Narrenfreiheit.


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Um es auf den Punkt zu bringen: Durch diese Diffamierungskampagne und durch die Einschüchterung der Beamten – Drahtzieher ist die SPÖ, das ist ja unbestritten, das ist überhaupt keine Frage – gefährden Sie eine erfolgreiche Verfolgung von Verbrechern.

Lassen wir doch die Exekutivbeamten in Ruhe arbeiten! Sie leisten ordentliche Arbeit. Lassen wir uns durch die Diffamierungskampagne der SPÖ in diesem Zusammenhang nicht aus der Ruhe bringen!

Noch ein Ersuchen, Herr Bundesminister: Sie lassen sich Ihre Beamten nicht anpatzen, wie Sie in einer Presseaussendung vermelden. – Das ist verständlich. Aber das wird wohl auch für die Beamten zutreffen, die durch fadenscheinige Anzeigen und diffamierende Aussagen suspendiert wurden. Das sind nämlich ebenfalls Exekutivbeamte, die angepatzt wurden, und auch diese sind zu schützen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Die Uhr ist auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

23.04

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Mainoni hat ja ganz interessante Zusammenhänge geliefert. Zu seiner Verwunderung über die dramatisch zurückgegangene Zahl der EKIS-Abfragen möchte ich nur Folgendes sagen: Herr Kollege Mainoni! Diese sind etwa in dem gleichen Zusammenhang zu sehen wie die Papierentsorgung im Freiheitlichen Landtagsklub in Wien: Die hat nämlich dramatisch zugenommen. (Abg. Öllinger: Auch in Salzburg!) Aber das sind wohl alles wundersame Veränderungen, die Sie sich nicht erklären können. Wir haben relativ schnell eine Antwort darauf gefunden, warum in so manchen Dienststellen die Zahl der EKIS-Abfragen dramatisch zurückgegangen ist. Vielleicht sollten Sie einmal nachschauen, wie die jeweiligen Beamten politisch zuzuordnen sind.

In dieser Diskussion ist weiters massiv aufgefallen, dass sowohl Kollege Miedl als auch Kollege Mainoni ähnlich argumentiert haben. Mainoni sprach von "zügig umsetzen" und Miedl von "die Regierung handelt rasch". Alle Beiträge zu dieser Gesetzesnovellierung, die ernsthafter Natur sind, werden belegen, dass Ihre Feststellungen von "zügig" und "rasch" bestenfalls zu übersetzen sind mit "Speed kills".

Durch diese Novelle passiert etwas, was, glaube ich, niemand so richtig will, und ich will dem Herrn Bundesminister gar nicht unterstellen, dass das in seinem Sinne ist: dass nämlich die NGOs nicht mehr in dem Ausmaß gehört werden sollen, wie das in der Vergangenheit der Fall war. (Abg. Jung: Sie haben sich auch in einigen Bereichen sehr viel angemaßt, Herr Kollege!)

Ich finde das deshalb besonders schlecht, weil Österreich beziehungsweise die österreichische Regierung äußerst sensibel beobachtet wird, was die Art und Weise betrifft, wie wir mit Fremdenangelegenheiten umgehen. Daher glaube ich, es ist mehr als gerechtfertigt – und ich möchte damit meinen kurzen Redebeitrag beenden –, dieser Novelle nicht zuzustimmen, weil sie einen falschen Weg aufzeigt. (Beifall bei der SPÖ.)

23.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

23.07

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte zu einigen Punkten dieser Novelle Stellung nehmen, insbesondere zur Zusammenlegung der beiden Beiräte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1991 wurde der Asylbeirat eingerichtet. Bei der Einrichtung des Integrationsbeirates 1997 wurde auf parallele Bestimmungen des Asylgesetzes nicht Bedacht genommen. Frau Abgeordnete Stoisits! Daher war es ein Wunsch des Integrationsbeirates – wir sind hier also einem Wunsch des Integrationsbeirates nachgekommen –,


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dass in Ergänzung des Beirates durch Länderverteter auch die Möglichkeit der Beschäftigung mit Fragen des Asylgesetzes gegeben sein sollte. Das ist nicht irgendwem eingefallen, sondern das war eine ausdrückliche Anregung des Integrationsbeirates.

Daher haben wir den Beirat für Asyl- und Migrationsfragen zur Diskussion gestellt, der Beratung in drei Bereichen durchführen soll: und zwar in allen Asylfragen, die bisher dem Asylbeirat zufielen, in allen Integrationsfragen, die bisher im Integrationsbeirat behandelt wurden, und in allen Migrationsfragen, die bisher nirgends beraten worden sind – zumindest nach der gesetzlichen Vorgabe nicht.

Das bedeutet nicht nur eine Verwaltungsvereinfachung für alle Beteiligten, das bedeutet selbstverständlich auch synergetische Vorgänge und eine Erhöhung in der Effizienz der Arbeitsabläufe. Ich gebe Ihnen schon Recht, dass das einer der Schwerpunkte meiner Ressortführung ist und dass dies – leider, sage ich – nicht bei allen Fraktionen dieses Hohen Hauses auf Zustimmung stößt.

Außerdem war es Ziel, die Aufnahme aller Mitglieder beider Gremien möglich zu machen. Daher ist die Zusammensetzung in enger Anlehnung an den bisherigen Asylbeirat gewählt worden. Ich darf Ihnen versichern: Ich habe die feste Absicht, dass nicht mehr nur einige wenige NGOs teilnehmen können, sondern ich habe die Absicht, die Gemeinschaft von NGOs – nämlich die ÖKSA, das Österreichische Komitee für soziale Arbeit – zu bitten, mir ihre Vertreter zu nominieren, sodass nicht der Bundesminister die NGOs aussucht, sondern die NGOs ihre Vertretungen selbst aussuchen.

Ich werde dies der ÖKSA sehr ans Herz legen und hätte großes Interesse daran, dass hervorragende Experten wie zum Beispiel Herr Ecker von SOS-Menschenrechte und andere ihren Beitrag liefern können, weil sie wertvolle und äußerst intensive, gute Arbeit für dieses Gremium leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

23.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.10

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Novelle zum Fremdengesetz umfasst zwei Änderungen. Die eine ist durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden, und das ist von dieser Stelle aus schon sehr ausführlich debattiert worden. Die zweite Änderung betrifft den Asylbeirat und den Integrationsbeirat beim Bundesministerium für Inneres. Beide beschäftigen sich mit Einzelfällen, beide sind beratende Gremien, beide sprechen Empfehlungen aus, beide haben aber keinerlei exekutive Funktion. Das Asyl und die Integration sind – das werden wohl alle Beteiligten zugestehen – verwandte Materien. Beide Bereiche haben ein gemeinsames und wichtiges Ziel: nämlich besondere und äußerst problematische Fälle zu beraten, zu beurteilen und Empfehlungen an den Innenminister zu geben.

Eines steht dabei im Vordergrund: den betroffenen Asylwerber zu unterstützen, dem betroffenen Integrationswilligen zu helfen. Dem betroffenen Menschen, der auf Grund seiner Lebenssituation subjektiv verzweifelt ist und auf diese Unterstützung hofft, diesem Menschen ist es egal, ob sein Anliegen im Asylbeirat oder im Integrationsbeirat behandelt wird. Diesem Menschen ist es wichtig, dass ihm in seinem Krisenfall rasch geholfen wird.

Diese Beiräte sind – so ist es mir von einem Mitglied gesagt worden – als demokratische Ventile in Zweifelsfällen eingerichtet worden. Mir ist auch bestätigt worden, dass es in der Vergangenheit sehr oft zu Fallüberschneidungen und Parallelen gekommen ist. So war es auch der Wunsch von Beteiligten, beide Gremien zusammenzulegen, um ihre Arbeit noch effizienter zu erledigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Novelle hat das Ziel, die Verwaltung zu vereinfachen, Überschneidungen zu verhindern und damit auch Kosten zu sparen. Ich befürchte durch


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diese Gesetzesänderung überhaupt keinen Qualitätsverlust bei der Zusammenlegung von Asyl- und Integrationsbeirat, da die Qualität der Entscheidung nicht von der Größe des Organs abhängt, sondern von der sachlichen Aufbereitung und dem Engagement des Personenkreises, der diese Entscheidungen trifft.

Gerade was die Qualität der Entscheidungen betrifft, habe ich eine andere Forderung der Beiräte sehr wohl verstanden. Viele Abstimmungen über Empfehlungen wären in der Vergangenheit oft sehr schwierig gewesen. Der Wunsch des Beirates selbst war die Straffung der Sitzungen. Es wurde aber auch die Idee vorgebracht, Stellungnahmen verstärkt brieflich einzuholen.

An die Adresse der integrierten NGOs: Ich darf ihnen von dieser Stelle aus mitteilen, dass nichts wegrationalisiert wird, sondern dass alle als wertvolle Partner in Asylfragen geschätzt werden.

Hohes Haus! Die Menschenrechtsorganisationen in Österreich sind wichtig und ein unersetzbarer Bestandteil in unserem politischen System. Ihre Stimme ist laut und wird gehört und bleibt gehört. Das sei eben auch den Oppositionsparteien gesagt. Es wird nichts wegrationalisiert (Rufe bei der SPÖ: Caritas!), es wird nichts abgeschafft, sondern es wird verbessert. Wenn ich das Aufjaulen bei dieser Diskussion höre, dann scheint es mir eher so, als wäre für Sie nicht dieser Hilfe suchende Mensch im Vordergrund, sondern Ihre eigene Politik. Wir aber gehen von den Bedürfnissen der Betroffenen aus.

Frau Abgeordnete Stoisits! Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie eben nicht von den Bedürfnissen der betroffenen Menschen ausgehen, sondern dass Sie diese Organisationen für Ihre Politik vereinnahmen. Seien Sie nicht lauter, als es Ihnen zusteht, sonst überschreien Sie die, auf die wir hören müssen und die auch gehört werden wollen! – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.14

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Oppositionsabgeordneten, die sich heute bezüglich der Anzahl der Beiratsmitglieder zu Wort gemeldet haben, sollten sich vor Augen halten, dass es sich um eine beratende Tätigkeit handelt, und das kann ja auch bei einer Organisation erfolgen. Es geht doch nicht darum, die Regierung oder den Minister oder die Beamten zu überstimmen.

Der Asylbeirat hatte überhaupt nur zwei NGOs, der Integrationsbeirat sechs. Jetzt haben wir beide zusammengelegt und das arithmetisches Mittel genommen. Also ich glaube, das ist wirklich eine Lösung, bei der Sie keine Angst haben müssen, dass irgendetwas passiert.

Frau Abgeordnete Wurm hat befürchtet, dass Gruppen überfahren werden. – Frau Abgeordnete Wurm! Wenn Sie sich ein bisschen in die Vergangenheit versetzen, dann werden Sie sehen, dass die meisten Minister die längste Zeit ohne irgendeinen Beirat ausgekommen sind, und zwar zu einer Zeit, als die Einwanderung noch viel umfangreicher war und die Probleme überhaupt noch nicht gesetzlich geregelt waren. Deshalb gleich davon zu reden, dass das Gebälk brennen würde, scheint mir wirklich übertrieben zu sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Schwemlein hat auch gemeint, dass wir vorsichtig sein müssen, weil wir sensibel beobachtet werden, was die NGOs betrifft. Ich glaube, wir müssen wirklich keine Angst vor internationalen Beobachtungen haben, denn so viele Rechte, wie die NGOs in Österreich haben, haben sie in keinem anderen Land. Ich habe im Ausschuss schon darauf hingewiesen: Es werden Millionenbeträge dafür bezahlt, dass die NGOs in den Schubgefängnissen Beratungstätigkeiten ausüben. Sie können dort ungehindert mit den Schubhäftlingen verkehren und haben alle möglichen Freiheiten. Wie gesagt: Ich fürchte mich überhaupt nicht vor dieser sensiblen Beobachtung.


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Jetzt zu Ihnen, Frau Stoisits. Ich habe gehört, Sie waren gerührt, als der Herr Minister das erste Mal gesprochen hat. – Gut, jeder reagiert anders auf die Worte des Herrn Ministers. Ich war nicht gerührt. Für mich haben sich einige Punkte und Forderungen, die der Herr Minister genannt hat, nicht als sehr vorteilhaft erwiesen. Aber ich bin froh, denn der Minister hat in der Zwischenzeit ja erkannt, dass die Realität eine andere ist, wenn man Entscheidungen treffen muss.

Wenn man Minister ist und vor diesen gewaltigen Problemen des Zustroms von Ausländern steht, dann diktiert ganz einfach die Notwendigkeit. Da muss man sich halt oft auch von schönen Worten lösen und kann nicht alles durchführen, was man vielleicht ganz gerne durchführen möchte, wenn es nicht bestimmte Begrenzungen gäbe; noch dazu in Anbetracht dessen, dass im Jahre 1999 34 000 neue Aufenthaltsbewilligungen in Österreich ausgestellt worden sind. Da wird immer von der Quote, die ungefähr 8 800 beträgt, gesprochen. Tatsächlich ist es aber so, dass 34 000 neue Aufenthaltsbewilligungen erteilt worden sind. – Diese Zahl habe nicht ich erfunden, sie stammt vom Herrn Minister.

Wir haben schon oft über die Familienzusammenführung diskutiert. Die Familienzusammenführung bejaht ja wirklich jeder, aber dass sie in Österreich stattfinden muss, das bestreiten wir. Wir glauben eben, dass die Familienzusammenführung nicht unbedingt in Österreich stattfinden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Stoisits! Sie haben den Verdacht geäußert, dass der Minister nicht das macht, was er will, sondern das, was die Freiheitlichen wollen. – Das ist insofern richtig, als es sich um eine Koalitionsregierung handelt, wie Sie ja auch wissen. In einer Koalitionsregierung kann kein Minister, auch kein freiheitlicher, das machen, was er machen möchte, sondern er ist selbstverständlich darauf angewiesen, was der Koalitionspartner einzubringen hat. Das muss jeder zur Kenntnis nehmen. (Abg. Dr. Mertel: Ach so, das ist aber interessant!)

Selbstverständlich, Frau Mertel! Sie haben ja auch Rücksicht darauf nehmen müssen, was die ÖVP wollte – oder Sie haben die ÖVP einfach beinhart überstimmt, weil es Ihre Methode ist, über andere Meinungen drüberzufahren. (Rufe bei der SPÖ: Oh! – Abg. Nürnberger: Was, die ÖVP ist überstimmt worden von uns?) Sie müssen selbstverständlich zur Kenntnis nehmen, dass wir auch in der Innenpolitik ein gewichtiges Wort mitzureden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.20


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 378 der Beilagen unter Berücksichtigung der Druckfehlerberichtigung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7.7.1976 (BGBl. 396/76 in der Fassung BGBl. 24/1988) über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz) geändert wird (247/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.21

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Poštovani gospod president! Sehr geehrter Herr Präsident! Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Jahr einen Prüfbeschluss zum Volksgruppengesetz gefasst. Die Grünen schlagen vor, dass man der Aufhebung einer Bestimmung des Volksgruppengesetzes einmal zuvorkommt, indem sich der Nationalrat entschließt, sich nicht immer selbst die Blöße zu geben, vom Verfassungsgerichtshof Gesetzesbestimmungen aufheben zu lassen. Deshalb haben die Grünen den Initiativantrag zum Volksgruppengesetz eingebracht, um das vorwegzunehmen und zu korrigieren.

Es gibt nämlich solche Absurditäten in der österreichischen Rechtsordnung, die dem Artikel 7 des Staatsvertrags von Wien widersprechen, dass man zwar beispielsweise in einzelnen Gemeinden wie etwa Ludmannsdorf/Bilcovs auf dem Gemeindeamt selbstverständlich die slowenische Amtssprache verwenden kann, dass man zum Beispiel auch ein Verwaltungsstrafverfahren auf der Bezirkshauptmannschaft in Klagenfurt in slowenischer Sprache führen kann, dass man sich aber zum Beispiel auf dem Bezirksgericht in Klagenfurt nicht in slowenischer Sprache scheiden lassen kann, weil nämlich das Bezirksgericht Klagenfurt zuständig ist für Bilcovs/Ludmannsdorf und dort Slowenisch als Amtssprache nicht gilt. Das ist keine Absurdität, sondern eine vom Gesetzgeber durchaus in Kauf genommene Tatsache und wird in Bälde vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannt werden.

Meine Damen und Herren! Bitte handeln Sie, bevor sich wieder – so, wie gerade eben beim letzten Tagesordnungspunkt, beim Fremdengesetz – das bewahrheitet, was die Abgeordnete Stoisits sagt: dass wir es mit verfassungswidrigen Bestimmungen zu tun haben!

Herr Mainoni ist einer der wenigen, die erkannt haben, dass ich da Recht habe. (Abg. Böhacker: Ganz im Gegenteil!) Er war damals nur noch nicht Mitglied des Nationalrates, um zu wissen, dass ich diese Bestimmung, die aufgehoben wurde und heute korrigiert werden musste, schon damals als solche erkannt hatte.

Ähnliches spielt sich im Volksgruppengesetz ab, meine Damen und Herren, und deshalb ist es an der Zeit, zu handeln – daher die heutige erste Lesung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.23

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Hohes Haus! Das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, das wir vor geraumer Zeit hier beschlossen haben, legt eine Novelle zum Volksgruppengesetz tatsächlich nahe. Das ist überlegenswert, wenngleich nach dem vorliegenden Antrag von Terezija Stoisits in vielen Punkten schwer abschätzbar ist, was er tatsächlich für die einzelnen Behörden und Gemeinden, zum Beispiel Gendarmerie und so weiter, bedeuten würde.

Wir stimmen mit dem überein, was im Memorandum der österreichischen Volksgruppen im Hinblick auf die Topographie und über die Amtssprache gesagt wird, nämlich dass grundsätzlich ein Defizit besteht und dass die gegenwärtige Regelung betreffend die zweisprachigen topographischen Aufschriften nicht den Bedürfnissen der einzelnen Volksgruppen entspricht, dass aber zum Beispiel für die kroatische Volksgruppe durch die Verordnung, die jüngst erlassen wurde, dieses Defizit behoben wurde, und dass für die slowenische Volksgruppe die vollständige


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Umsetzung der 1977 erlassenen Verordnung der Bundesregierung notwendig ist. Hier ist der Landeshauptmann von Kärnten aufgefordert, endlich tätig zu werden.

Wir glauben auch, dass die 25-Prozent-Klausel nicht zeitgemäß ist und dass der Verfassungsgerichtshof mit seiner diesbezüglichen Entscheidung, mit seiner Entscheidung über die Gemeinde Ebendorf, einen gewissen Handlungsbedarf gesetzt hat.

Was die Amtssprachenverordnung anbelangt, geht der Antrag der Grünen weit über das hinaus, was die Volksgruppen selbst fordern. Es wird darin zum Beispiel überhaupt nichts über die slowenische Sprache ausgesagt. Es sind auch einige sachliche Unklarheiten enthalten. Es dürfte sich bei diesem Antrag um einen sehr alten Antrag handeln, zumal darin noch von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt Land mit der Expositur Feldkirchen die Rede ist, die es seit 15 Jahren nicht mehr gibt.

Insgesamt wären uns konkrete einzelne Fortschritte lieber als ausufernde Forderungskataloge, wie sie hier vorgelegt wurden. Aber, wie gesagt: Prinzipiell, von der grundsätzlichen Richtung her sind wir dafür, einige Versäumnisse der Vergangenheit zu beseitigen, die Volksgruppen zu stützen und zu fördern und insbesondere, wie gesagt, die Verordnung 1977 der Bundesregierung sofort umzusetzen, unverzüglich in Kraft zu setzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

23.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.26

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes war offensichtlich Auslöser für diesen Antrag der Kollegin Stoisits; er ist politisch möglicherweise klug und durchaus auch legitim.

Da wir aber wissen, dass der Verfassungsgerichtshof aller Voraussicht nach noch im November in dieser Angelegenheit entscheiden wird und daher dann auch Klarheit darüber bestehen wird, welche Handlungsnotwendigkeit hier gegeben ist – die zuständigen Regierungsmitglieder stehen auch absolut auf dem Standpunkt, dass dem Verfassungsgerichtshof entsprechend eine Anpassung des Volksgruppengesetzes vorgenommen werden soll –, meine ich, dass die Vorgangsweise damit ohnehin vorgegeben ist und dass es, falls notwendig, hier kurzfristig zu Änderungen kommen wird. Dazu hätte es dieses Antrages nicht bedurft. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 247/A dem Ausschuss für Menschenrechte zu.

14. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967) geändert wird (255/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen damit zu Punkt 14 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Reheis. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


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44. Sitzung / Seite 243

23.28

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nicht genug damit, dass die Anrainer, die Menschen und die Umwelt entlang der Transitrouten vom Verkehr massivst belastet, von Autokolonnen, LKW und Lärm quasi überrollt werden, gab es im September auch noch eine Dienstanweisung des Tiroler Landesgendarmeriekommandos, LKW bis zu einem Gesamtgewicht von 45 Tonnen weiterfahren zu lassen.

Da aber in Österreich für LKW noch immer das Limit von 40 Tonnen gilt und das Gesetz keine Toleranzgrenzen vorsieht, sind Überschreitungen unzulässig und strengstens zu ahnden. (Abg. Mag. Kukacka: In Österreich nicht 40 Tonnen, sondern 38!) Die Argumentation, wonach die modernen LKW durchaus eine Überschreitung des Gesamtgewichts auf 45 Tonnen zulassen (Abg. Mag. Kukacka: Kennt nicht einmal das Gesetz!) und keine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen, ist unrichtig (Abg. Mag. Kukacka: 38 Tonnen, nicht 40!)  – noch schlimmer, Herr Kollege! –, und daher ist das Bundesgesetz über das Kraftfahrgesetz entsprechend zu ändern. (Abg. Mag. Kukacka: Entsetzlich! Er redet wie der Blinde von der Farbe!)

Die bisherige Unklarheit im Bundesgesetz nützten der Tiroler Landeshauptmann und das Amt der Tiroler Landesregierung, um die Verantwortung einmal an den Verkehrsminister und ein anderes Mal an den Innenminister abzuschieben und sich selbst vor der Vollziehung des Tonnagenlimits zu drücken. Eine Auslegung des § 102 Abs. 12 Z g, wonach ein LKW erst eine offenkundige technische Verkehrssicherheitsgefährdung – hervorgerufen durch eine Überladung – aufweisen muss, führte zu der Dienstanweisung des Tiroler Landesgendarmeriekommandos, eine Gewichtsüberschreitung von 5 Tonnen oder 12,5 Prozent als zulässig anzunehmen.

Nicht nur, dass eine Überschreitung der Beladungsvorschriften auf jeden Fall die Verkehrssicherheit des jeweiligen LKW beeinträchtigt, wird auch die Straßensubstanz, die Asphaltdecke auf den Autobahnen massivst belastet. Da die Straßenbelastung mit der vierten Potenz der Achslast steigt, daher auch eine indirekte Auswirkung auf die Verkehrssicherheit – zum Beispiel durch Spurrillen auf den vom Gütertransport stark befahrenen Straßen – für jeden Autofahrer spürbar wird, ist die strikte Einhaltung des Tonnagenlimits auf Österreichs Straßen unerlässlich.

Jeder Autofahrer, jede Autofahrerin wird die Gefahr, die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch die Spurrillen kennen. Besonders bei starkem Regen ist die Möglichkeit, durch Aquaplaning in den von LKW in die Asphaltdecke eingefahrenen Spurrillen einen Unfall zu verursachen, besonders hoch.

Auch Ex-Verkehrsminister Schmid sah dies offensichtlich so, denn nach Bekanntwerden der Dienstanweisung der Tiroler Gendarmerie erklärte Minister Schmid – ich zitiere –: Die Überschreitung des 40-Tonnen-Limits – Verkehrsminister Schmid hat dieses 40-Tonnen-Limit zitiert – darf sich für LKW nicht auszahlen. Minister Schmid zeigte sich über die Dienstanweisung, LKW bis zu 45 Tonnen weiterfahren zu lassen, empört. Es reichte ihm nicht, LKW über diesen 40 Tonnen nur anzuzeigen und mit Verwaltungsstrafen zu belegen, nein, er forderte auch strengere Kontrollen des Tonnagenlimits.

Offensichtlich ist er durch seinen vorzeitigen Rücktritt nicht mehr dazu gekommen, eine entsprechende Novellierung des Bundesgesetzes umzusetzen. Aber er hat durch seine Aussage signalisiert, die derzeitige Gesetzesauslegung so nicht hinnehmen zu wollen.

Damit diese Überschreitung in Zukunft unmöglich sein und eine klare Gesetzesauslegung auch im Bundesgesetz verankert werden soll, stellen wir Sozialdemokraten den Antrag, das Bundesgesetz, das Kraftfahrgesetz von 1967, nach dem vorliegenden Vorschlag zu ändern. Mit dieser Änderung soll ein für alle Mal klar festgeschrieben werden, dass eine Überschreitung der Beladevorschriften, eine Überschreitung von 40 Tonnen Gesamtgewicht, in jedem Fall eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt.

Angesichts der Belastungen, die die Bevölkerung, die Umwelt und nicht zuletzt auch die Straßensubstanz zu tragen haben, sind ein klares Gesetz, eine strenge Kontrolle und ein hohes Strafausmaß unerlässlich. Wir ersuchen Sie, diese Gesetzesnovelle, wonach in Zukunft jede


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44. Sitzung / Seite 244

Tonnagenüberschreitung vermieden werden kann, zu unterstützen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

23.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.33

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Reheis! Ich war im Verkehrsministerium. Die Herrschaften im Verkehrsministerium, die Spezialisten, sagen etwas ganz anderes, als Sie hier erzählen.

Es ist nämlich so: Würden Sie ein Fahrzeug, das über 40 Tonnen hat, abstellen, dann würde man Sie doppelt bestrafen. Es ist klar, dass sich jeder gegen Überladung ausspricht. Aber man kann nicht eine Geldstrafe aussprechen und gleichzeitig abstellen. Darüber wird im Ministerium noch genauer gearbeitet.

Man muss sagen, Ihr Antrag geht in die richtige Richtung. Aber so, wie Sie den Antrag formuliert haben, ist er ganz einfach falsch. Ich werde Ihnen auch sagen, warum.

Wenn Sie einen 40-Tonner haben, dann haben Sie fünf Achsen; da haben Sie einen Achsdruck von acht Tonnen pro Achse. Wenn Sie mit einem Zweiachser fahren, der ein Gesamtgewicht von 16 Tonnen hat, dann haben Sie auf der ersten Achse sechs Tonnen, auf der zweiten Achse zehn Tonnen. Wenn Sie dann um zwei Tonnen überladen, dann bringen Sie bei einem Zweiachser schon zwölf Tonnen auf die Straße.

Es ist nicht das Gesamtgewicht das Problem. Das Problem ist der Achsdruck, der die Straße in Wahrheit kaputt macht. Man darf nicht Kraut und Rüben verwechseln.

Sie können heute, wenn ein Fahrzeug das technische Gesamtgewicht von 50 Tonnen hat – das ist durchaus möglich –, den Frächter deswegen nicht verurteilen, weil der Achsdruck bei diesen 50 Tonnen trotzdem nicht 15 Tonnen, sondern nur zehn Tonnen beträgt. Es wäre verfassungswidrig, wenn Sie einfach sagen würden: Stellen Sie ihn ab! – So ist es mir im Ministerium gesagt worden.

Zu der Regelung, dass man überhaupt einmal auf das Gesamtgewicht von 40 Tonnen kommt, muss man auch sagen: Es waren beim Beitritt Österreichs zur Europäischen Union EU-weit 40 Tonnen, in Österreich 38 Tonnen. Dann hat man eben diesen Kompromiss gefunden (Abg. Schwarzenberger: 5 Prozent Toleranz haben wir!), und um die österreichischen Frächter nicht zu diskriminieren, hat man die 5-Prozent-Toleranzgrenze festgelegt.

Wenn Sie jetzt ein Fahrzeug mit 40 Tonnen abstellen, dann haben Sie ein Problem, denn das wäre verfassungswidrig. Genau deshalb ist dieser Antrag verkehrt. Ich glaube, wir sollten im Ausschuss darüber reden.

Ich bin mit Ihnen d’accord: Überladen – das soll nicht mehr sein. Dadurch wird auch der Wettbewerb verzerrt. Das einzige Mittel dagegen kann nur Kontrolle sein. Nicht irgendein Zettel Papier, ein Gesetz – sondern es muss einfach kontrolliert werden! Ich glaube, das ist die richtige Richtung. (Abg. Dr. Kostelka: Dann macht es!)  – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzte Rednerin dazu: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

23.36

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allem: Sehr geehrter Herr Kollege Wattaul, Ihre wirklich sehr "lichtvollen" Erläuterungen über die Unnötigkeit von Tonnagenlimits widerlegen ja – wenn ich Sie jetzt ernst nehme in dem, was Sie sagen – alle Experten des Rechnungshofes. Wir hatten diesen Bericht im Rechnungshofunter


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ausschuss, und wir haben auch darüber diskutiert, dass die Überladung von LKW zusätzliche Straßenschäden in enorm hohem Ausmaß verursacht.

Sie sprechen davon, dass man – ich komme jetzt zu mehreren Punkten aus Ihrer Rede – LKW-Fahrer doppelt straft, wenn man sie erstens abstellen lässt und sie zweitens dann noch eine Strafe zahlen lässt. Aber das Abstellen ist ja nicht eine Strafe, sondern es ist dabei letzten Endes um folgende Frage gegangen: Es ist ganz klar, dass man, wenn man sozusagen eine Erhebung macht und den ganzen Akt einleitet, dies ja nicht im Fahren tun kann. Oder stellen Sie sich vor, dass man mit dem Polizeiauto neben dem LKW her fährt und dem Fahrer erklärt, was er zu tun hat, wenn er überladen fährt?

Oder eine zweite Variante, die sich aus Ihrem Redebeitrag ergibt: Was wollen Sie denn überhaupt? Wollen Sie, dass jetzt die Achslast gestraft wird? – Daran hängt sich für mich die Frage, warum es denn in Österreich überhaupt Tonnagenlimits gibt, wenn das alles ganz falsch ist und man die Achslast bestrafen muss. Das wird ja immer abstruser, je näher man sich mit Ihren Aussagen beschäftigt. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist aber jetzt auch nicht lichtvoll, was Sie da sagen!)

Damit komme ich zum letzten Punkt, den ich bei Ihnen hinterfragen muss: Wie sollen denn Kontrollen, wenn sie nicht davon begleitet sind, dass jemand mittels Strafe dazu motiviert werden soll, die Gesetze einzuhalten, überhaupt etwas bewirken? Glauben Sie vielleicht, dass die LKW-Fahrer so erschrecken, wenn sie einen Polizisten auf der Straße sehen, dass sie freiwillig ein paar Kisten von ihrem LKW herunternehmen?

Herr Kollege Wattaul! Sie stammen aus dieser Zunft. Wie Sie in dieser Zunft mit diesem Fachwissen überleben können, ist mir bis jetzt unklar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 255/A dem Verkehrsausschuss zu.

15. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (266/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 15 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin. – Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, Sie sind am Wort.

23.40

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch dieser Antrag, den ich eingebracht habe, beschäftigt sich mit dem gleichen Thema, und das ist kein Zufall. Wir haben in Österreich, aber vor allem in Westösterreich – und dort konzentriert auf der Inntal-Brenner-Route –, enorme Probleme mit Verstößen gegen bestehende Gesetze durch den Schwerverkehr.

Das hier genannte Beispiel, bei dem es um die Praxis geht, wie Verstöße geahndet werden, ist einer in einer langen, langen Serie von Missständen, die in den letzten Monaten konzentriert auch an die Öffentlichkeit gekommen sind. Das reicht von der illegalen Anstellung von Frächtern aus Osteuropa mit einem Stundenlohn von sage und schreibe 70 Groschen über Umgehungen der Ökopunktekontrolle und der Ökopunktepflicht für bestimmte Fahrten – auch da liegt ein Kontrolldefizit vor, und zwar ein gigantisches – bis hin zu dem, was wir hier ansprechen, nämlich


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dass Überladungen erst ab einem bestimmten Ausmaß geahndet werden – in Klammern: geahndet werden können  –, sodass die Strafen nicht mehr die Wirkung entfalten, die sie eigentlich entfalten müssen, um erstens Verkehrssicherheit zu gewährleisten, die Schäden auf der Straßendecke etwas geringer zu halten, als sie derzeit sind, und zweitens auch eine unfaire Konkurrenz auf dem Gütersektor durch Fahrer, die Gesetze laufend übertreten, endlich einmal in den Griff zu bekommen.

Diese Dinge sind für Westösterreich aktuell und wichtig, aber sie sind auch für Gesamtösterreich bedeutsam und wichtig, denn wenn die Güterströme, die schon heute auch im Ost-West-Verkehr verzeichnet werden, weiter anwachsen, wird Ostösterreich dieselben Probleme zur Kenntnis nehmen müssen, die Westösterreich jetzt schon hat. Also bitte: Ergreifen wir gleich Maßnahmen, damit wir gegen die schwarzen Schafe vorgehen können, und ändern wir die gesetzliche Regelung so, dass eine Bestrafung von schwarzen Schafen – es gibt im Frachtgewerbe leider viel zu viele! – endlich konsequent durchgeführt werden kann!

Dazu braucht es auch – das muss klar sein – im Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern viel höhere Kontrolldichten und ein konsequentes Vorgehen gegen Verstöße. So kann es auf unseren Transitachsen nicht weitergehen, vor allem nicht bei steigenden Verkehrsströmen, die wir zu gewärtigen haben: dass sowohl die Ökopunkteregelung nicht mehr eingehalten wird, als auch zusätzlich die hohe Brennermaut gesenkt werden muss.

Dieser Problematik müssen wir uns stellen und müssen Sie sich stellen. Ich hoffe, dass wir im Verkehrsausschuss endlich einmal eine Qualitätsdebatte darüber führen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis. )

23.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.43

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss Frau Kollegin Lichtenberger leicht widersprechen, obwohl die Anträge ja im Inhalt identisch sind. Das betrifft wirklich ganz Österreich! Das betrifft nicht nur Tirol, sondern das betrifft jeden, der in Österreich auf Autobahnen oder Straßen unterwegs ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ich rede davon, was jetzt ist, das ist das Problem!) Wenn man die Baustellen auf der West Autobahn sieht – wer dort ab und zu fahren muss, ist ohnedies "bedient" –, stellt fest: Das hat genau mit diesen Überladungen zu tun. Dort sind massiv schwere LKW unterwegs, die diese Straßen schnell zerstören.

Was ist die Reaktion der Regierungsparteien? – Den Kollegen Wattaul habe ich gehört, beim Kollegen Kukacka ahne ich, was er sagen wird (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind ein Prophet, Herr Kollege!): Ja, ja, alles richtig, das ist ein Problem, aber lösen tun wir es irgendwann, aber sicher nicht so, wie die Opposition das will, und sicher nicht so, dass man der LKW-Lobby auch nur in irgendeiner Form wehtun würde.

Kollege Wattaul! Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein, dass Sie hier keine Lösung vorschlagen werden und keine beschließen werden (Abg. Wattaul: Kontrolle!), die dieses Problem wirklich löst, so wie es hier vorgeschlagen ist. (Abg. Wattaul: Kontrolle!) Das werden Sie nicht tun, dazu sind Sie viel zu sehr mit der LKW-Lobby verbandelt. (Abg. Wattaul: Kontrollieren!)

Bei dem, was wir morgen auf der Tagesordnung haben, haben Sie es verstanden, x Gesetze mit viel Text hier innerhalb kurzer Zeit vorzulegen und zu ändern. (Abg. Donabauer: Kollege, wie immer!) Diese drei Zeilen, um die es hier ginge und von denen der frühere Verkehrsminister gesagt hat, das wäre doch sinnvoll, das braucht jedoch zwei Monate (Abg. Wattaul: Das haut Ihnen der Oberste in drei Monaten zurück!), da geschieht einmal gar nichts. Und wenn es dann vielleicht ... (Abg. Wattaul: Drei Monate später ...!)

Nein, das ist im Verkehrsausschuss noch immer nicht behandelt worden. Das Ersuchen hat gelautet, auch hier ein bisschen Tempo zu machen und auf die Menschen und ihre Bedürfnisse


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mehr Rücksicht zu nehmen. Wir ersuchen Sie wirklich, das rasch auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses zu setzen und das auch in diesem Sinne zu beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Verfassungswidrig!)

23.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.45

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist heute nicht mehr die Zeit, um eine Grundsatzdebatte über dieses Thema zu führen. Ich sehe, ehrlich gesagt, auch keine Notwendigkeit dazu, denn es gibt ein klares und eindeutiges Gesetz, und dieses Gesetz braucht nur klar und eindeutig vollzogen zu werden. Ich sehe da eigentlich überhaupt kein Problem.

Erstens stimmt der generelle Vorwurf nicht, dass in Österreich primär überladene LKW durch die Gegend fahren. Die letzte Messung im Jahr 1999 hat ergeben: 7 Prozent der LKW auf der Brennerroute – Waage Brennersee – sind überladen. Man soll daher das Problem nicht so dramatisieren und so tun, als ob nur überladene LKW durch die Gegend fahren würden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ist das nicht genug?) Es sind "nur" – unter Anführungszeichen; immerhin noch genug – 7 Prozent und nicht mehr, und das auf der Transitroute. Das muss einmal festgehalten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Die Höchstgewichte in Österreich sind nicht höher, sondern niedriger als in der EU. (Abg. Dr. Lichtenberger: Angepasst!) LKW mit Anhänger: Österreich 38 Tonnen – EU 40 Tonnen. LKW mit Sattelanhänger: Österreich 39 Tonnen – EU 41 Tonnen. LKW mit Container- und Wechselaufbauten: Österreich 42 Tonnen – EU 44 Tonnen. Und dann gibt es noch diese 5-Prozent-Toleranzgrenze, damit eine EU-Kompatibilität besteht.

Das heißt, wir haben eine ganz klare Regelung. Es darf und soll das 40-Tonnen-Limit nicht überschritten werden. Im Vorlauf und im Nachlauf, also im ÖBB-Terminalverkehr, kann es bis zu 44 Tonnen gehen. Ich nehme an, dass das genau die Dienstanweisung der Gendarmerie ist, dass im Vor- und Nachlauf auch LKW mit Wechselaufbauten bis zu 44 Tonnen haben können. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein! Ihre Annahme stimmt nicht!) Wenn das so ist – und davon gehe ich aus –, entspricht das dem Gesetz. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ihre Annahme trifft nicht zu!)

Im Übrigen soll bei LKW mit Anhängern die 40-Tonnen-Grenze eingehalten werden, und diese soll auch kontrolliert werden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja!) Das ist ja auch vorgesehen. Es gibt einen ganz klaren Erlass des Verkehrsministeriums, der das vorsieht. Wer diese 5 Prozent überschreitet, kann bestraft werden. Auch da gibt es entsprechende EU-Toleranzgrenzen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Darum geht es ja!) Aber das, was Sie hier einbringen, ändert überhaupt nichts an dem Kontrollproblem. (Abg. Reheis: Das ist unklar im Gesetz, Herr Kollege!)

Man muss sich daran halten, und das muss kontrolliert werden. Gesetze sind dazu da, eingehalten zu werden, und deshalb müssen sie auch kontrolliert werden. Es nützt gar nichts, immer strengere Normen zu verlangen, die dann nicht eingehalten werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es ist eine ganz klare Sache: Eine Gesetzesänderung ist nicht notwendig, weil sie auch nichts bringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Ganz für die Frächter! Da haben sie einen guten Vertreter gefunden!)

23.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 266/A dem Verkehrsausschuss zu.


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16. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (267/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.50

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich stimme meinem Vorredner in dem, was er in seinem letzten Satz gesagt hat, absolut zu: nämlich, dass es einfach nicht genügt, Gesetze zu verlangen, die dann nicht eingehalten werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau das trifft auf die Drogenproblematik zu.

Der von uns vorgelegte Antrag ist ein weiteres Beispiel dafür – und ich möchte das hier mit aller Deutlichkeit sagen –, dass wir, die Sozialdemokraten, keine Fundamentalopposition betreiben, sondern versuchen, ein Problem konstruktivst aufzuarbeiten. Ich weiß aber nicht, wie die Regierungsparteien sich gerade in Bezug auf dieses Problem verhalten werden, nachdem wir heute beim Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz erlebt haben, wie bestimmte Themen überhaupt nicht diskutiert wurden beziehungsweise einfach versucht wurde, ein Thema schnell durchzubringen.

Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Eine Änderung des Suchtmittelgesetzes sowie der Grenzmengenverordnung im Zusammenhang mit dem Jugendgerichtsgesetz hat enorme Auswirkungen: Auswirkungen auf Bestrafungen, auf Strafaufschub und dergleichen, aber auch Auswirkungen auf die Kosten des Bundes. Wir verfügen derzeit nur über den ÖBIG-Bericht, der Bestandteil des EU-Drogenberichtes ist – dieser stellt nur dar, wie sich Abhängige beziehungsweise Suchtkranke verhalten –, und über den Bericht der Zentralstelle für die Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität, der Daten aus dem Bereich des Innenministeriums enthält.

Nun gäbe es die Möglichkeit, zu einem umfassenden Drogenbericht zu kommen, der dies mit einschließt und darüber hinaus noch mehrere Bereiche abdeckt, nämlich die aktuellen epidemiologischen Daten zur Situation von Suchtkranken in Österreich, einen Bericht über "ChEckiT", eine Darstellung der europäischen Drogenpolitik und deren Auswirkungen auf Österreich. Wir meinen daher, dass wir gemeinsam versuchen sollten, zu einem derartigen Bericht zu kommen, und nicht, vorzeitig irgendwelche gesetzliche Regelungen auf Verordnungsebene zu schaffen.

Ich weise darauf hin, dass in der Enquete-Kommission "Reaktion auf strafbares Verhalten in Österreich" alle Experten ohne Ausnahme die Änderung der Grenzmengenverordnung wie auch die Änderung des Suchtmittelgesetzes abgelehnt haben. Das gilt genauso für das Jugendgerichtsgesetz, über das wir noch im Justizausschuss diskutieren werden.

In der letzten Diskussion im Gesundheitsausschuss wurden Vorwürfe gegenüber unserem Antrag zum Ausdruck gebracht. Ich möchte nur auf ein paar Aspekte eingehen. Ein Vorwurf von Seiten der Freiheitlichen Partei war jener, dass wir argumentiert hätten, es gäbe absurde politische Forderungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie es mich genau, konkret sagen: Wer Drogentests für Lehrer und Lehrerinnen oder für Kindergärtnerinnen verlangt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass diese politische Forderung absurd ist! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Dr. Pumberger: Super! Wenn sie nichts zu fürchten haben!)

Das Zweite: Es ist behauptet worden, es würde im Jahre 2000 mehr für die Prävention ausgegeben als 1999. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verweise dazu auf die parla


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mentarische Anfragebeantwortung 1238/AB, die ich gerade bekommen habe: Aus dieser ergibt sich, dass im Jahr 1999 für diesen Bereich 32 Millionen Schilling ausgegeben worden sind, und in diesem Jahr nur 28 Millionen Schilling. – Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Ein letztes Wort: Der Herr Staatssekretär hat behauptet, er habe einen Bericht von einem Experten bekommen, wonach 5 Gramm – das ist die so genannte Grenzmenge – für 35 Tagesrationen reichen würden. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass er in Schweden um halb zwei Uhr in der Früh über das norwegische Fernsehen einen Fernsehbericht gesehen hat; er hat dies bereits korrigiert. Ich habe wiederum die neue Anfragebeantwortung des Justizministeriums, aus der sich ergibt, dass schwer süchtige, kranke Personen eine Tagesmenge von 3 Gramm Heroin benötigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie Ihr Vorhaben umsetzen und die Grenzmengenverordnung ändern, wenn Sie das Suchtmittelgesetz in dieser Form ändern und gleichzeitig das Jugendgerichtsgesetz ändern, dann wird dies, wie es sich auch aus dem Bericht des Justizministeriums ergibt – ich betone, das ist nicht mein Bericht, sondern das ist der Bericht von Bundesminister Dr. Böhmdorfer –, zu einem führen: Es wird mehr kriminalisiert werden, und es wird mehr eingesperrt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das hat Österreich nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brosz und Dr. Grünewald. )

23.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.56

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mag. Maier! Sie haben jetzt selbst darauf hingewiesen, dass es bereits einige Berichte gibt. Es gibt zwei vom Innenministerium: den Drogenbericht und den Sicherheitsbericht.

Im Sicherheitsbericht wird noch einmal auf die Drogenproblematik eingegangen, und das Justizministerium hat in diesem Sicherheitsbericht ebenfalls die von dir jetzt gerade genannten Perspektiven mit eingearbeitet. Abgesehen davon gibt es den europäischen ÖBIG-Bericht. Darin könnte man jene Aspekte, die du hier dargelegt hast, sicherlich noch besser verifizieren und sie noch mit hineinbringen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das sicherlich noch wertvoll wäre.

Wir haben im Gesundheitsausschuss bereits beschlossen, dass jedes Mitglied des Gesundheitsausschusses diesen Bericht bekommt. Ich glaube daher, dass man damit der Sache wirklich gerecht wird und dass wir hier nichts mehr brauchen. Ich halte diesen Antrag für überflüssig, weil wir ihn bereits im Gesundheitsausschuss behandelt haben. (Abg. Dr. Pumberger: Für mehr als überflüssig!)

Eine Problematik möchte ich nur ganz kurz erwähnen: Herr Nürnberger – er ist leider im Augenblick nicht da – hat heute etwas über das LKF-System gesagt, das meinem gesundheitspolitischen Herzen wehgetan hat, weil ich gemerkt habe, dass hier ein Gewerkschafter nicht weiß, worum es wirklich geht.

Er meinte, dass die privaten Ambulatorien keine finanzielle Zuwendung bräuchten beziehungsweise hier nichts verlangt werde, wogegen bei den öffentlichen Ambulanzen eben 150 S und 250 S zu entrichten seien. – Da verstehen Sie noch nicht, worum es geht! Wir wollen ja die Patienten aus dem Krankenhaus heraus haben und sie heraußen im peripheren Bereich behandeln! Das war ja das Ziel der sozialistischen Gesundheitspolitik, die auch ich in sehr hohem Ausmaß mitgetragen habe! Jetzt auf einmal aber stört euch das! Das ist etwas, was mir nicht gefällt. (Abg. Silhavy: Die Ambulanzgebühren stören uns! – Abg. Dr. Kostelka: Die Ambulatorien sind ein peripherer Bereich! Das ist blanke Ideologie!)

Nur noch eine kleine Anmerkung: Es ist darauf hingewiesen worden, dass es hier eine totale gesellschaftspolitische Umordnung und Umorientierung gibt. – Das ist ganz klar: Es ist die Um


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orientierung vom Austromarxismus hin zur ökosozialen Marktwirtschaft! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.59

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Aussagen der letzten Weltgesundheitskonferenz sind zwischen drei und vier Prozent der Weltbevölkerung süchtig. Der Drogenhandel ist einer der größten Wirtschaftsfaktoren der Welt. Laut Schätzungen werden jährlich bis zu 500 000 Tonnen Marihuana und Haschisch erzeugt. Österreich nimmt eine Mittelstellung im Drogenhandel zwischen dem Osten und Westeuropa ein. (Ruf bei der ÖVP: Eine Vermittlerstellung!) Nur so, nur im europäischen und im internationalen Konnex ist die Drogenproblematik zu beurteilen und auch zu handhaben.

Die Zahl der Drogentoten ist in Österreich von 1998 auf 1999 von 162 auf 174 gestiegen. Im Drogenkonsum kletterte Österreich in Mitteleuropa leider von der vorletzten Stelle um fünf Stellen auf die siebente Stelle nach vorne. Die Zahl der Verurteilungen wegen Drogendelikten nahm ab. Die Zahl der Methadonbehandlungen stieg von 1991 bis 1998 von 1 300 auf über 3 000 an, und die Mittel für die therapeutische Behandlung von Süchtigen wurden 1999 gegenüber dem Jahr 1998 von 54 auf 60 Millionen Schilling aufgestockt. Und, Herr Kollege Maier, die Mittel zur Bekämpfung von Suchtgift- und Suchtmittelmissbrauch wurden im Jahr 2000 um 66 Prozent aufgestockt. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht!)

Das stimmt, und das lässt ganz klar folgende Schlussfolgerung zu: Therapie statt Strafe dort, wo es um den Weg aus der Krankheit, aus der psychischen und aus der physischen Abhängigkeit geht – im Sinne einer solidarischen Gesellschaft –, volle Härte aber dort, wo der Wirtschaftsfaktor Drogen, der Handel nämlich, seine menschen- und auch gesellschaftsvernichtenden Profite erwirtschaftet.

Wir sind daher natürlich für eine Herabsetzung der höheren Grenzmenge von 5,0 auf 3,0 Gramm Heroin. Geringe Mengen Heroin liegen im Falle eines Süchtigen bei zirka 0,25 bis 1 Gramm. Wir wollen damit ganz klar nicht den Kranken, sondern den Verursacher der Erkrankung treffen, nämlich den Dealer. Das bedeutet aber auch, dass bei übergroßen Mengen von Heroin, also bei der über 25-fachen Überschreitung der Grenzmenge, die höhere Bestrafung wesentlich früher zum Tragen kommt.

Therapie statt Strafe bei Kranken, Härte – absolute Härte – bei profitorientierter Vernichtung von Menschen – das ist die Botschaft dieser Regierung an die europäischen Mitgliedstaaten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die sozialromantische Verniedlichung und Freigabe von Drogen hat nachgewiesenermaßen in keinem einzigen europäischen Mitgliedstaat wirklich zu einer Senkung des Drogenmissbrauchs geführt. Eine Gesellschaft kann nur in beidseitiger Solidarität bestehen: Solidarität des Gesunden gegenüber dem Kranken, aber auch des Kranken gegenüber dem Gesunden. Die immer wieder als "Freiheit" dargestellte Lebensphilosophie, wonach meine Sucht ja wohl schließlich meine Privatsache wäre, führt entweder zum Leben und Sterben als Eremit oder zu einer totalen Entsolidarisierung der anderen Seite, die dann sagt: Was geht mich denn eigentlich seine Erkrankung an? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Absolut zu verurteilen ist aber auch jedes – und hinter dieser Meinung stehe ich ganz fest – gerade von den Medien so lässig geübte Verhalten unseren Kindern gegenüber, indem Suchtverhalten so ein bisschen als "Lifestyle" hingestellt wird, nach dem Motto: Na, wie war denn der "Smiley" gestern in der Disco?

Drogenbekämpfung ist Ursachenforschung und dann Ursachenbekämpfung, sie ist Hilfe im Krankheitsfall, sie ist Härte bei rein wirtschaftlichen Interessen, und sie ist Zusammenarbeit auf nationaler Ebene, im EU-Raum und im internationalen Bereich.


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Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns gemeinsam im Sinne unserer Generation und aller nachfolgenden Generationen bei der Bekämpfung dieses Problems zusammenarbeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, ich darf Sie auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung hinweisen!

0.03

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Vorrednerin hat in ihrer Rede behauptet, die Bundesmittel für Prävention wären um 66 Prozent gestiegen. (Abg. Dr. Povysil: Suchtmittelbekämpfung, nicht Prävention! Aufpassen! Genau zuhören!)

Ich berichtige auf Grund der Anfragebeantwortung 1238/AB des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen: 1999 wurden 32,099 Millionen Schilling ausgegeben. Im Voranschlag 2000 waren 24,124 Millionen vorgesehen: durch Erhöhungen kommt man auf einen Betrag von 28,9 Millionen Schilling. Damit ist der Betrag von 1999 nicht erreicht.

Hiezu kommt noch, dass das Projekt "ChEckiT" eingestellt worden ist, dass 2000 keine Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Daher stimmt, Frau Kollegin Povysil, Ihre Aussage nicht. Es werden sich die Kosten des Bundes auf Grund der Strafdrohungen sogar um einiges erhöhen, laut Schätzungen des Justizministeriums um etwa 25 Prozent. (Beifall bei der SPÖ.)

0.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.05

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst zum Antrag von Herrn Kollegen Maier: Ich bin eigentlich verwundert darüber, dass die Regierungsparteien in irgendeiner Form ein Problem damit haben sollen, einen umfangreichen Drogenbericht vorzulegen, der wesentliche Aspekte, die bislang nicht enthalten waren, mit beinhaltet. – Nun, wirklich verwundert bin ich eigentlich nicht darüber, denn man braucht sich nur die Stellungnahmen zur Grenzmengenverordnung und zur Suchtmittelgesetz-Novelle anzusehen, um festzustellen, dass es keinen, aber wirklich keinen Experten in Österreich gibt, der die Pläne dieser Regierung mit seiner Meinung unterstützen würde. Insofern wäre es natürlich problematisch, einen sachlich fundierten, umfassenden Bericht zu bekommen, weil Sie dann Schwierigkeiten hätten, Ihre Politik in irgendeiner Form umzusetzen.

Es wäre natürlich auch interessant, sich einmal anzusehen, wie die Mittel in Österreich eingesetzt werden, und ob der Mitteleinsatz wirklich ökonomisch ist. Es gibt hiezu auch Berechnungen. Wer sagt, es gibt keine anderen europäischen Modelle, der braucht sich nur ein bisschen zu orientieren und umzusehen.

Interessanterweise ist es so, dass mittlerweile in der Schweiz ein parteiübergreifender Konsens zu verschiedenen sehr progressiven Modellen in der Drogenpolitik entstanden ist. Ein Beispiel dafür wäre das Modell einer kontrollierten Heroinabgabe in Zürich. Hiezu gibt es ganz dezidierte, auch ökonomische Untersuchungen, die belegen, dass das auf Dauer gesehen dem Staat viel bringt und dem Betroffenen sehr viel bringt.

Man müsste sich also wirklich einmal ansehen, welche Modelle es gibt. Auch das wird im Antrag gefordert: dass man sich die internationale Entwicklung im Drogenbereich anschaut. Mich wundert, warum es hiezu keine Zustimmung gibt.

Der Antrag, den Sie dann als Entschließungsantrag im Ausschuss eingebracht haben und der vorsieht, einfach den ÖBIG-Bericht dem Parlament zur Verfügung zu stellen, beinhaltet eben leider wesentliche Teile nicht. (Abg. Dr. Pumberger: Das ist ein Super-Antrag! – Abg. Dr. Povysil: Das ist ein Super-Antrag!)  – Der Antrag war ganz "genial", ja! – Wenn Sie die


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Stellungnahmen des ÖBIG genauso ernst nehmen würden, würden wir uns viel ersparen. Das ÖBIG ist eindeutig gegen die Grenzmittelverordnung! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )  – Der Antrag ist ganz "wunderbar", sicher, Herr Kollege! Lesen Sie lieber die Stellungnahmen des ÖBIG zur Grenzmengenverordnung und zur Suchtmittelgesetz-Novelle, dann bräuchten wir über diesen ganzen Gesetzentwurf gar nicht mehr zu reden. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte die Gelegenheit aber auch noch nützen, um auf etwas einzugehen, was das letzte Mal im Gesundheitsausschuss behandelt wurde. Es gab dort die Diskussion um die Grenzmengenverordnung. Wir haben Herrn Staatssekretär Waneck gefragt, auf welche Experten er sich denn beruft. Ich habe ihn gefragt, ob er sich nur auf Herrn Koch beruft. Herr Koch ist bekannt dafür, dass er als Experte des VPM – einer sehr hinterfragungswürdigen Vereinigung, die nach einem deutschen Gerichtsurteil als "rechte Sekte" bezeichnet worden ist – tätig ist.

Herr Koch hat eine interessante Antwort verfasst: Es gab ein Schreiben einer sehr engagierten Frau aus Oberösterreich, die einfach aufzeigen wollte, dass die Drogenpolitik dieser Regierung und speziell der FPÖ sehr merkwürdig ist, an die Wiener Stadträtin Landauer. (Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Povysil und Dr. Pumberger. ) In diesem Bericht hat Herr Koch dann für Frau Landauer geantwortet. Ich möchte Ihnen daraus zwei Stellen vorlesen, nur damit man sieht, mit welchen Experten Sie sich umgeben. Herr Koch schreibt:

Der irreführende Vergleich mit Alkohol und Tabak hinkt an 20 Ecken. Erstens bringt kein Raucher alte Damen um, um an seine Zigaretten zu kommen. – Offenbar unterstellt also Herr Koch, dass Menschen, die Cannabis konsumieren, durch die Bank alte Damen umbringen! – Zweitens: Sie flippen auch nicht im normalen Alter als Polyproblematiker völlig aus dem Zivilisationsprozess aus, der die Gesellschaft am Leben erhält. – Zitatende.

Das sind die Experten, mit denen Sie sich umgeben! Das ist wirklich unglaublich, vor allem, wenn man sich ansieht, welche Expertenmeinungen es de facto in Österreich gibt! (Beifall bei den Grünen.)

Der Zweite, auf den Sie sich berufen haben, ist Herr Dr. Uhl vom Boltzmann-Institut. Ich habe mir gedacht, das kann doch nicht sein, dass Herr Dr. Uhl die Grenzmengenabsenkung befürwortet, zumal er ja zur Suchtmittelgesetz-Novelle geschrieben hat, dass seine Stellungnahme zum Entwurf deutlich negativ ausfällt.

Wir haben daher Herrn Dr. Uhl angerufen, und er sagte, er war der, der dafür zuständig war, dass die Grenzmenge damals angehoben worden ist, dass es zu einer Erhöhung gekommen ist, und er ersucht uns, diese Gerüchte, wonach er für eine Absenkung sei, wirklich umgehend und überall zu widerlegen und das auch eindeutig zum Ausdruck zu bringen. – Ich finde es wirklich stark, dass Herr Staatssekretär Waneck sich im Ausschuss auf jemanden bezieht, der sich nachher ganz klar von ihm distanziert! (Beifall bei den Grünen.)

Als letzten Punkt möchte ich Ihnen noch zwei Aussagen von Herrn Staatssekretär Waneck vorlesen, die einmal mehr vor Augen führen, dass wir einen umfassenden Drogenbericht ganz notwendig brauchen. In einer OTS-Aussendung vom 16. September sagt Herr Dr. Waneck: Die Aussage, mit Drogen kann man leben, ist falsch. – Zitatende.

Jetzt frage ich mich: Waren wir nicht schon so weit, dass wir festgestellt haben, dass Alkohol und Nikotin ebenfalls Drogen sind? – Das war ja in der Expertendiskussion schon lange außer Streit gestellt!

Wenn ich mir dann die Aussage, wonach es falsch sei, dass man mit Drogen leben kann, vor Augen halte, dann frage ich mich: Was passiert in diesem Haus hier? Was machen wir mit den Nikotinsüchtigen? – Die gibt es in diesem Haus auf jeden Fall. Ich möchte nicht sagen, dass es Alkoholsüchtige gibt, aber es gibt auf jeden Fall genügend in diesem Haus – ich zähle mich auch dazu –, die ab und zu Alkohol konsumieren, also damit auch eine Droge konsumieren. Jetzt frage ich Sie: Wenn all diese nicht leben können, was machen wir dann in diesem Haus? Wer


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wird nächste Woche hier sitzen, wenn man diese Aussage ernst nimmt? (Abg. Haigermoser: Mit dieser Rede werden Sie keinen überzeugen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Absolut unsensibel!)

Letzter Punkt: Herr Staatssekretär Dr. Waneck meint, man soll nicht zwischen "weichen" und "harten" Drogen unterscheiden, das könne man nicht. – Ich würde wirklich sehr für Sie hoffen, dass Sie nicht verantworten müssen, dass jemand, der Cannabis konsumiert, auf Grund der Politik, die Sie betreiben, einfach den Glauben an jede Aufklärung verliert und infolgedessen auch nicht bereit ist, das, was über Heroin zu sagen ist – nämlich, dass es eine extrem gefährliche Droge ist –, auch wahrzunehmen. Wenn Sie Cannabis und Heroin gleichstellen, dann betreiben Sie wirklich eine absolut gefährliche Politik, die die Jugend massiv gefährdet. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: "Einen Teufel werden wir tun!")

0.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

0.11

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Eine moderne Drogenpolitik geht davon aus, dass es keine drogenfreie Gesellschaft gibt. Ziel muss es sein, die Drogendiskussion zu versachlichen, um die Risiken und Schäden, die durch den Konsum von Drogen entstehen können, zu minimieren, denn ob Sie das wollen oder nicht, meine Damen und Herren: Die Gesellschaft war nie drogenfrei, ist es nicht, und wird es auch nie sein. Wer dies nicht erkannt hat, meine Damen und Herren, dem wird es nie gelingen, dieses Problemfeld seriös zu diskutieren. Aber wer Seriosität nicht kennt, dem kann sie auch nicht abhanden kommen. Anscheinend haben das etliche KollegInnen der Regierungsparteien nicht erkannt, denn wenn sie einzig und allein die Vision einer drogenfreien Gesellschaft vor Augen haben, dann muss man ihnen ein eklatantes Informations- und Wissensdefizit vorwerfen. Vielleicht ist es aber auch nur Desinteresse. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir den EU-Drogenbericht 2000 hernehmen, dann sehen wir, dass der Kontakt mit Heroin unter der Bevölkerung, unter den jungen Erwachsenen sehr gering ist. Allerdings wächst der problematische Konsum von Kokain und der Mischkonsum von Drogen: Amphetamine, Ecstasy, Medikamente sowie Cannabis.

Auf Grund dieser Ergebnisse sieht die EU vor, dass beide Bereiche, Prävention und Therapie, massiv ausgebaut werden müssen. Das halten in Österreich auch die Länder so. Fraglich ist allerdings, ob in Zukunft auch die Mittel für eine moderne Drogenpolitik aufgebracht werden können, da doch die Mittel des Bundes, wie wir gehört haben, gekürzt wurden. Bestes Beispiel ist das Projekt "ChEckiT", für das 1999 noch 1 Million Schilling vom Ministerium zur Verfügung gestellt wurde, für das es aber jetzt keine Förderung mehr gibt.

Dieses von den Freiheitlichen heftig kritisierte Projekt ist jedoch international anerkannt und soll in der EU sogar Nachahmung finden, weil es dazu keine gesicherten Daten gibt. Es geht bei diesem Projekt um Prävention und Information betreffend synthetische Drogen. Es sind derzeit ja ganz moderne Mittel im Umlauf, von denen wir noch gar nicht wissen, was wirklich drinnen ist. Es sind Fachleute vor Ort: bei den Jugendlichen, in den Diskotheken, bei den Raves, die die Inhaltsstoffe dieser Tabletten testen.

Was kann dabei gelingen, meine Damen und Herren? Es gelingt dabei, einerseits die Risikogruppen kennen zu lernen und andererseits zu erkennen, welches Material auf dem Markt ist.

Was aber gelingt Ihnen mit Ihrer repressiven Drogenpolitik? – Dass Sie die erfolgreiche Annäherung an gefährdete Jugendliche "umbringen"! – Nein, danke schön! Das sind sieben Schritte zurück in der Drogenpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Reden wir noch einmal über den österreichischen Bericht zur Drogensituation: Er ist lückenhaft, er ist nicht umfassend, und er untersucht nur das Drogenverhalten der Menschen. Wir brauchen daher umfassende Daten und Analysen, die uns als Grundlage einer alljährlichen parlamen


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tarischen Diskussion dienen können, meine Damen und Herren. Dann würde es nämlich nicht passieren, dass Sie Maßnahmen wie die Änderung im Suchtmittelgesetz und der Grenzmengenverordnung oder die Herabsetzung der Strafmündigkeit auf 18 Jahre überhaupt überlegen. Sie würden vielmehr nach ausgiebiger Diskussion über einen umfassenden jährlichen Drogenbericht, so wie wir ihn fordern, wissen, dass das Drogenproblem nicht dadurch verringert werden kann, dass man Drogengefährdete und Drogenabhängige kriminalisiert, sondern dass diese psychosozialer und medizinischer Hilfe und Behandlung bedürfen.

Ihr Motto – das ist uns bekannt – ist nämlich "Strafe statt Therapie" und "Repression statt Hilfe"! Sie verlassen den Weg "Therapie statt Strafe" (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer  – Abg. Binder  – in Richtung der Abg. Rosemarie Bauer –: Nur ruhig Blut, Frau Kollegin!), weil Sie vielleicht zu uninformiert sind. Wir leisten mit unserem Antrag sicherlich einen konstruktiven Beitrag zur Drogenpolitik, meine Damen und Herren (Abg. Rosemarie Bauer: Das höre ich jetzt zum ersten Mal!), denn wir haben erkannt, dass mit Moralisieren und Schuldzuweisungen nichts zum Positiven verändert werden kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Caritas-Präsident Franz Küberl sagt: Süchtige sind Menschen wie du und ich. – Behandeln Sie diese daher bitte auch so! Wenn Sie die Anfragebeantwortungen des Justizministers und des Sozialministers, die äußerst positiv ausgefallen sind, gelesen hätten, dann müssten Sie eigentlich schon jetzt anders denken, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

0.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.16

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Rosemarie Bauer: Von wem stammt jetzt dieser lückenhafte Bericht?) Wenn ich mir als einer, der in seiner Ordination schon etwa 25 schwerst Drogenabhängige betreut hat (Abg. Rosemarie Bauer:  Eben!)  – derzeit sind es zwölf –, die Rede von vorhin angehört habe, dann frage ich mich: Was ist an dieser Rede, in der Sie behaupten, es ginge uns um "Strafen statt Helfen", sachlich gewesen? (Abg. Binder: Haben Sie noch keine Alkoholiker behandelt in Ihrer Praxis?) Was, bitte, hat sich geändert? – Die ganze Diskussion dreht sich um des Kaisers Bart, um die berühmte Grenzmenge von drei Gramm.

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas: Sie werden in ganz Wien keinen Drogenpatienten finden, der drei Gramm reines Heroin braucht! Den werden Sie nicht finden!

Hören Sie einmal auf, hier die Wahrheiten zu verdrehen! Sie müssen zur Kenntnis nehmen – das kam auch im Wiener Drogenkonzept 1990, das mit den Stimmen aller Parteien im Gemeinderat beschlossen wurde, ganz klar zum Ausdruck –, dass wir auch gegen die Kleindealerei vorgehen müssen. Bei der Grenzmenge geht es um die Kleindealerei. Der Wiener Drogenkoordinator sagt ganz richtig, es muss eine rigorose Verfolgung von Drogenhändlern bei gleichzeitiger Entkriminalisierung der Drogensüchtigen geben. Dem habe ich und dem haben wir überhaupt nichts hinzuzufügen. Es bringt überhaupt nichts, ständig von "Strafen statt Helfen" zu reden, und das dann als "konstruktiv" zu bezeichnen.

Die Behauptung, dass wir eigentlich nur strafen wollen, ist einfach falsch! Wir bekennen uns zur Behandlung, aber wir bekennen uns auch dazu, dass man die Kleindealerei bestraft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Die Redezeitbeschränkung beträgt wunschgemäß 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Das war stark, Rasinger! – Abg. Dr. Khol: Rasinger ist ein Fachmann!)

0.18

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Mein lieber Kollege Maier! (Ruf bei der ÖVP: Der hat sich blamiert!) Hohes Haus! Wir haben im Gesund


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heitsausschuss die Situation richtig erkannt, und wir sind natürlich froh über jede zusätzliche Information, die wir bekommen können. Es scheint uns aber nicht sinnvoll, jetzt einen neuen Bericht anzufordern, weil wir bereits einen ÖBIG-Bericht haben, weil wir im Sicherheitsbericht die Suchtgiftkriminalität genau aufgelistet haben und weil wir jetzt dank eines hervorragenden Antrages der Regierungsparteien sichergestellt haben, dass uns durch diese Entschließung von Seiten des Bundesministers gewährleistet wird, dass auch die Mitglieder des Gesundheitsausschusses diesen Bericht über die Drogensituation in Österreich, der jährlich der EU vorzulegen ist, bekommen. Das ist hervorragend! Das ist eine gute Leistung der im Gesundheitsausschuss vertretenen Abgeordneten der Regierungsparteien. Damit können wir leben.

Daher ist Ihr Antrag, lieber Herr Maier, sozusagen "mehr als flüssig"! Wenn Sie dann sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der roten oder grünen Reichshälfte, was im Bereich der Drogen so wichtig wäre, dann verweise ich darauf, dass auch ein Drogenbericht, Herr Kollege Maier, nichts daran ändert, dass Ihre Sozialistische Jugend ganz andere Zielsetzungen hat. Sie stoßen in das Horn von Frau Heinisch-Hosek, die sagt, eine moderne Drogenpolitik geht davon aus, dass Drogenfreiheit nie erzielt werden kann, und daher gehen wir – das ist meine Conclusio daraus – zur Freigabe hin.

Die Sozialistische Jugend fordert das. Sie sagt: Wir fordern eine klare Positionierung der SPÖ für eine andere Drogenpolitik, nämlich für eine Legalisierung der so genannten weichen Drogen! Es heißt, der Handel soll ähnlich dem Tabakmonopol organisiert werden, Herr Kollege Maier!

Weiters: Die Entkriminalisierung aller anderen illegalen Drogen, die Entkriminalisierung von Heroin, Kokain und so weiter – all das fordert die Sozialistische Jugend: die kontrollierte Abgabe von so genannten harten Drogen und Spritzen an Süchtige, die Einrichtung von Fixerstuben und vieles mehr. Das Fachpersonal soll von Schule zu Schule ziehen, um in diese Richtung gezielte Aufklärungsarbeit zu betreiben. – Das ist sozialistische Drogenpolitik. Und das können Sie auch durch einen Drogenbericht, den Sie anfordern, nicht gut machen. (Ruf bei der SPÖ: Wir diskutieren die Problematik wenigstens!)

Ein Drogenbericht, der so ausfällt, wie Ihr Antrag formuliert ist. Sie fordern im Antrag: Dieser Drogenbericht hat insbesondere den Bedarf und Einsatz öffentlicher Mittel für Suchtprävention jährlich im Jahr 1999 wiederzugeben. – Das heißt, das, was 1999 war, das soll jetzt jährlich wieder gedruckt werden. Das Ergebnis von 1999 jährlich wieder! (Ruf bei der SPÖ: Na sehr witzig!) Das steht unter Punkt 2h. Schreiben Sie bitte Ihre Anträge ein bisschen sorgfältiger, da kennt sich doch überhaupt niemand aus!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Exekutive jammert jetzt schon. Ich verweise darauf, dass am 15. November der Suchtgiftreferent des Wiener Suchtgiftbüros, Michael Braunsperger, in der "Presse" schreibt:

Die Dealerszene in Wien ufert aus. Aus vielen Bezirken kommen Hilferufe von Kollegen. Sie sind mit ihren Möglichkeiten am Ende. Das Personal fehlt. Wo ist das Personal? – Es ist zu einseitigen Ermittlungen eingesetzt, um wegen des Datenmissbrauchs einseitig zu ermitteln, und für die Ermittlungen in der Drogenszene fehlen die Beamten. (Ruf bei der SPÖ: Hören Sie doch auf!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich zur Grenzmenge Stellung nehmen. Ich bin auch Arzt und habe beruflich mit Heroin zu tun. Wenn ich einem schwer krebskranken Patienten, der sich im finalen Stadium vor Schmerzen windet, die Schmerzen nehmen will, dann spritze ich ihm subkutan – nicht intravenös – zehn Milligramm. – Die Grenzmenge, die Sie beschlossen haben, beträgt 5 000 Milligramm, das Fünfhundertfache! (Abg. Mag. Lunacek: Das ist doch etwas anderes!) Wenn wir auf 3 000 Milligramm heruntergehen, dann ist das noch immer die dreihundertfache Menge einer Dosis, die ausreicht, um einem krebskranken Patienten die Schmerzen zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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0.22


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Restliche Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

0.22

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Pumberger! Sie hätten das nicht sagen sollen. Erstens ist Heroin kein Therapeutikum, das sollten Sie wissen. Sie haben gesagt, 10 Milligramm Heroin spritzen Sie subkutan. – Das wäre ein schwerer Kunstfehler!

Zweitens sollten Sie wissen, dass 10 Milligramm Morphin die Anfangsdosis bei Tumorkranken ist, und dass diese teilweise 200, 300, 400 Milligramm per os vertragen beziehungsweise brauchen können. Ich würde meinen, dass, wenn wir über diese Dinge reden, ein Minimum an Objektivität, an Faktenwissen und Sachverstand stärker sein sollte als der Wunsch nach Emotion und Populismus beziehungsweise simpler Überredungskunst, die aber weniger Kunst als simpel ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich glaube, es fehlt uns in dieser Debatte zu viel, um das seriös zu diskutieren: medizinisches, pharmakologisches, soziologisches, psychiatrisches und psychotherapeutisches Wissen. Die epidemiologischen Daten sind kaum angesprochen worden. Sie hängen dem Bild einer drogenfreien Gesellschaft nach, das gerne Ihr Wunschbild sein kann, das sich aber in der Realität leider als unrichtig erweist. Und wenn sich die Realität als unrichtig erweist, dann muss man nicht mit Aggression und Verzerrung in der Debatte reagieren, sondern man könnte versuchen, davon wegzukommen, alles auf eine juridische Debatte zuzuspitzen, und einmal ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen.

Ich glaube, mit restriktiven Verboten erreichen Sie nichts anderes – das bestätigen auch zahlreiche Experten – als eine Förderung des Schwarzhandels und der organisierten Kriminalität. Das ist bekannt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist bekannt, dass Sie, wenn Sie Leute in die Illegalität treiben, der Verelendung ganzer Gruppen von Süchtigen, die durch keine anderen Mittel mehr zu retten und auch nicht zu therapieren sind, den Weg ebnen. Wenn Ihnen das recht ist, dann tun Sie so weiter.

Ich finde es völlig falsch, medizinisch und menschlich unverantwortlich, Begleitkriminalität und Hepatitisvirusinfektionen beziehungsweise HIV zu fördern, was letztlich dadurch geschieht, wenn man die Leute nur noch in die Hinterhöfe und in die Illegalität schickt.

Alle Länder, die einen liberaleren Umgang haben, verzeichnen wohl keinen Rückgang der absoluten Zahl der Süchtigen – da haben Sie schon Recht –, aber einen Rückgang der organisierten Kriminalität, einen Rückgang der Begleiterkrankungen und einen Rückgang der gesamten Beschaffungsdelikte. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) – Sie mögen vielleicht von Kanonen oder ähnlichem etwas verstehen, aber davon wenig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir alle brauchen sozusagen in unserem Leben mehrere Krücken, da zähle ich mich auch dazu. Es gibt die Spielsucht, die Fresssucht, ...


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): ... die Fettsucht, und auch die Sucht, die Promillegrenze nicht herabsetzen zu wollen; und auch die Schnüffelsucht, die Spitzelsucht, die allerdings noch nicht als Erkrankung gewertet wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich sage Ihnen ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): Verglichen mit der modernen Drogenpolitik der Schweiz nehmen sich die Pläne unserer Bundesregierung aus wie die Statuten des Kameradschaftsbundes der Alphornbläser. Wenn Ihnen das recht ist, dann tun Sie weiter so! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

0.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.27

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach einem langen Parlamentstag, an dem die linke Opposition einen weiteren erfolglosen Versuch gestartet hat, diese Regierung in ihrer Reformarbeit zu behindern – durch Diffamierung, durch unbewiesene Beschuldigungen, durch einen erfolglosen Misstrauensantrag gegen einen erfolglosen Justizminister (lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ – Rufe bei der SPÖ: Bravo!), gegen einen erfolgreichen Justizminister; es ist wirklich schon spät heute –, müssen wir feststellen, dass Sie auch nicht zu einer sachlichen und seriösen Diskussion in der Drogenpolitik fähig sind. (Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei der SPÖ.)

Sie werden noch so viele Misstrauensanträge gegen diesen erfolgreichen Justizminister starten können, es wird Ihnen nichts nützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Waren Sie beim Pumberger in Behandlung? – Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Ich weiß schon, Herr Kollege, Sie finden das sehr lustig.

Die SPÖ hat schon im Gesundheitsausschuss erfolglos versucht, die falsche Drogenpolitik der letzten Jahre zu prolongieren. Sie wollen nun mit diesem Antrag einen weiteren, einen zusätzlichen Drogenbericht, obwohl es – es ist mir zumindest gelungen, die Aufmerksamkeit der SPÖ wieder zu gewinnen – bereits einen Bericht des ÖBIG – für jene, die es nicht wissen: Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen (Rufe bei der SPÖ: Oh!)  – gibt, der jährlich für die EU erstellt wird. Ich darf Ihnen nur noch sagen: Zusätzliche Bürokratie hilft sicherlich niemandem in der Drogenpolitik. (Ruf bei der SPÖ: Haben Sie einen Krankenschein?)

Die Regierung war auch in dieser Frage schneller. Es wurde nämlich bereits im letzten Gesundheitsausschuss ein Antrag dahin gehend beschlossen, dass der Bundesminister für Soziales und Generationen im Parlament jährlich diesen Bericht zur Information vorlegt.

Herr Abgeordneter Maier! Sie haben sich darüber beklagt – er ist nicht da –, dass es zu wenig Geld für die Präventionen, die Therapien in der Drogenpolitik gibt. Leider leidet auch die Drogenpolitik an dem Schuldenberg, den Sie von der Sozialistischen Partei uns hinterlassen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Maier! Was glauben Sie, was man im Sozialbereich und speziell in der Drogenpolitik mit 100 Milliarden Schilling, die wir jährlich allein an Zinsen zahlen, alles machen könnte? (Anhaltende Heiterkeit bei der SPÖ.)

Mit dem Amtsantritt der neuen Regierung begann auch in der Drogenpolitik eine Trendwende. – So hat Abgeordneter Maier seinen Antrag im Gesundheitsausschuss eingeleitet. Wie wahr, wie wahr, Herr Kollege Maier! Mit dem Amtsantritt der neuen Regierung begann Gott sei Dank auch eine Trendwende in der Drogenpolitik, eine Trendwende in Richtung mehr Schutz für unsere Kinder und für die Jugendlichen, und endlich eine wirksame Bekämpfung der Dealer und der Drogenmafia. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Kollegen vom Linksblock! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Es ist auch bezeichnend ... (Abg. Edler: Wissen Sie überhaupt, was der "Linksblock" war?) – Regen Sie sich nicht so auf, Herr Abgeordneter Schwemlein! (Neuerliche Heiterkeit bei der SPÖ, da sich der Redner auf den Zwischenruf des Abg. Edler bezieht.) Hören Sie mir lieber noch ein bisserl zu!

Mit dem Amtsantritt der neuen Regierung begann auch eine Trendwende in der Drogenpolitik. Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, dass es, als die Wiener Freiheitlichen ein drogenfreies Wien verlangt haben, einen großer Aufschrei auf Seiten der Opposition gegeben hat. Sie wollen kein drogenfreies Wien. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir aber werden härter in der Drogenpolitik durchgreifen – zum Schutze unserer Kinder und unserer Jugend! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 267/A dem Justizausschuss zu.

17. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (268/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum letzten Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein. (Rufe: Keine Wortmeldungen!)

Es gibt dazu keine Wortmeldungen, damit ist dieser Punkt erledigt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden in Kürze in die nächste Sitzung des Nationalrates eingehen. Vielleicht lassen Sie diese Sitzung heute noch zu Ende gehen.

Der Antrag 268/A wird dem Gesundheitsausschuss zugewiesen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte und der systematischen Bespitzelung durch Angehörige des Sicherheitsapparates; Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit in Zusammenhang mit diesen Sachverhalten sowie

über den Antrag der Abgeordneten Dr. Pilz und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Verantwortlichkeit des Bundesministeriums für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich, Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden, die dazu geführt haben, dass jahrelang unbemerkt personenbezogene Daten an dazu nicht Berechtigte weitergegeben wurden.

Diese Anträge wurden inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Die Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und GenossInnen gem. § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S: 5, F: 4, V: 4 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte und der systematischen Bespitzelung durch Angehörige des Sicherheitsapparates.

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit diesen Sachverhalten.


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Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bundesministeriums für Inneres und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten hin überprüfen.

Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gem. § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

Antrag

des Abgeordneten Dr. Pilz, Freunde und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

1. Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich.

2. Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden, die dazu geführt haben, dass jahrelang unbemerkt personenbezogene Daten an dazu nicht Berechtigte weitergegeben wurden.

Zusammensetzung: 5 SPÖ, 4 ÖVP, 4 FPÖ, 1 GRÜNE

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Im Einvernehmen mit den Antragstellern wird über die erwähnten Anträge eine gemeinsame Debatte – unpräjudiziell! – durchgeführt, wobei dem jeweiligen Erstredner zur Begründung eine Redezeit von je 10 Minuten zur Verfügung steht und im Anschluss daran je ein Redner pro Fraktion mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort gelangt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

0.35

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln zu vorgeschrittener Stunde und nach einer bemerkenswerten Diskussion in jeder Hinsicht ein Thema, bei dem sich die Wolken jetzt etwas klären, wo wir doch in den letzten Wochen in dieser Geschichte weitergekommen sind. Ich glaube, dass alle froh sind, dass es zu einer Klärung kommt, damit diese unerträgliche Situation ein Ende findet. Ich glaube, dass die Damen und Herren von der ÖVP angesichts der doch an Heftigkeit und sonstigen Attributen kaum mehr überbietbaren Erklärungen des Herrn Westenthaler ebenso glücklich sind, dass eine Klärung in dieser Frage stattfindet, damit wir doch zu einem baldigen Ende kommen.


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Wie wir hören, sind die Vorerhebungen doch relativ weit fortgeschritten, die Beweislage ist offenbar eine relativ dichte. Ich sage das natürlich immer unter Wahrung der Unschuldsvermutung.

Es gibt Rückdatenerfassungen. Man muss dem Innenminister wirklich Beifall zollen und sagen, es ist geglückt, von dem anfänglich etwas eigentümlich anmutenden Habitus, durch Verhaltensweisen abzulenken, abzukommen und in eine doch sehr effizient scheinende Verfolgung der Straftäter einzuschreiten. Kontoauszüge und Zahlungsbelege wurden nachverfolgt, und offenbar – das hört man aus der Justiz und liest man in den Zeitungen – können die Vorerhebungen im Dezember abgeschlossen werden. Auch die Anklageentwürfe sind ebenfalls bereits für Dezember zumindest angekündigt worden. Ich glaube, das macht uns alle froh. Wir stehen kurz vor Weihnachten, und wir können eigentlich hoffen, dass wir in dieser unklaren Situation, die der Herr Westenthaler immer wieder als etwas anderes darstellt, als es ist, tatsächlich weiterkommen.

Es geht jedoch in Wirklichkeit um ein Problem, das weit über diesen Kriminalfall hinausgeht. Der Kriminalfall wird sein Ende finden, die Herren Kreißl und Kabas werden sich zu verantworten haben, die Ergebnisse werden zu überprüfen sein, und ich nehme an, dass die meisten von Ihnen – das zeigen ja auch die Reaktionen der Freiheitlichen – sich ungefähr denken können, wie das Problem, wie dieser Fall ausgeht.

Was uns jedoch unabhängig davon zu befassen hat, ist die Frage, wie der Rechtsstaat, wie wir alle als Parlament darauf reagieren. Herr Westenthaler ist in einer an sich inhaltlich relativ schwachen und auch von der Auftrittsform kaum mehr diskutablen Art und Weise hergegangen und hat hier in einer Art und Weise Beamte des Landes verunglimpft, die, wie ich glaube – und das sollten wir uns im Rahmen einer Diskussion einmal zu Gemüte führen –, nicht akzeptabel ist.

Die Damen und Herren von der ÖVP fordere ich auf, sich diesbezüglich vielleicht doch einmal zu besinnen und nachzudenken, was das, was hier stattfindet, letztlich eigentlich bedeutet: dass nämlich im Rahmen eines Kriminaldeliktes in einer Art und Weise eine Hetzkampagne gestartet wird, die in einem entwickelten europäischen Rechtsstaat, auch außerhalb Europas, kaum denkbar ist.

Ich glaube, dass Ihnen das nicht ermöglichen kann – Verantwortungsbewusstsein vorausgesetzt –, sich dem Schweigen Ihres Bundeskanzlers anzuschließen, sondern Sie sind wirklich aufgefordert, sich mit einem Mindestmaß vor die betroffenen Beamten zu stellen. Jetzt sind es die Sicherheitsbeamten, zukünftig werden es die Richter sein. Sie müssen einfach zeigen, dass Sie es mit Ihren Beteuerungen ehrlich meinen, dass Ihnen sehr viel am Rechtsstaat liegt. Sie haben ja heute wieder eine Reihe von Argumenten in dieser Richtung gebracht.

Es kann nicht sein, und es ist wirklich unerträglich, dass sich ein Herr Westenthaler herstellt, tatsachenwidrige Behauptungen aufstellt, völlig an den Haaren herbeigezogene Argumente in den Raum stellt und auf diese aufbauend dann Ideen, Argumentationsketten von sich gibt, die an Groteskheit ja kaum mehr zu überbieten sind.

Ich frage mich: Wie weit sind wir eigentlich gekommen, dass Sie es der Opposition überlassen, sich als Einzige vor diese Personen, vor das, was den Rechtsstaat eigentlich ausmacht, zu stellen?

Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren von der ÖVP: Wenn Sie in sich gehend trotzdem der Meinung sind, dass diese Ihre Verhaltensweise – von den Freiheitlichen erwarte ich mir nichts anderes – tatsächlich richtig ist, dann ist das erschütternd. Ich glaube, es hätte vor kurzem noch niemand gedacht, dass es mit der demokratiepolitischen Entwicklung, mit der Reife in diesem Land so weit kommen kann.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss: Sie alle wissen, dass dieser Skandal nicht nur ein Kriminalskandal ist, Sie alle wissen, dass da eine tiefe politische Verflechtung stattgefunden hat und dass es eigentlich in jedem entwickelten Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit


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44. Sitzung / Seite 261

wäre, in einer solchen Causa einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Wir wiederholen daher diesen Antrag und werden ihn so lange einbringen, bis Sie durch die Strafverfahren und die eindeutigen Ergebnisse – und es wird sicherlich nicht mehr lange dauern – dazu gezwungen werden. Dass Sie dem Rechtsstaat nichts Gutes getan haben werden, das dürfte ja offensichtlich sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile nun dem Antragsteller des zweiten Antrages, Herrn Abgeordneten Dr. Pilz, das Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

0.41

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vertreter der Freiheitlichen Partei haben – aus welchen Gründen auch immer – eine penible Untersuchung der Vorgänge im Bundesministerium für Inneres gefordert. Ich schließe mich dem an. Wenn irgendetwas rund um den derzeitigen Innenminister zu untersuchen ist, wenn irgendetwas rund um den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, um den Chef der Wirtschaftspolizei, um die Mitglieder der Sonderkommission zu untersuchen ist, wenn Vorwürfe auf bewusste politische Lenkung überprüft werden sollen, dann gibt es dazu ein einziges Instrument, und das ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss.

Wenn Ihre Darstellung stimmt, dass Österreich ein Land völlig frei von freiheitlichen Spitzeln ist, wenn Kabas, Haider, Kreißl, Mayerhofer, Mainoni, Partik-Pablé und viele andere Unschuldslämmer und Unschuldslämmerinnen sind (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ), dann haben Sie nichts zu befürchten, dann richtet sich dieser Untersuchungsausschuss ausschließlich gegen die SPÖ und ihre "Hintermänner".

Lassen Sie uns doch gemeinsam mit der SPÖ, die nicht gewusst hat, worauf sie zusteuert, einstimmig die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses beschließen! Lassen Sie uns gemeinsam das "rote Netz" untersuchen und dann, wenn wir es dargestellt haben, mit vereinten Kräften zerreißen. – Das kann nur ein Untersuchungsausschuss bewerkstelligen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber jetzt passiert das, was immer mit Untersuchungen passiert, und ich habe da ein bisschen ein Déjà-vu-Erlebnis. In den letzten Tagen hat Klubobmann Westenthaler angekündigt, was er alles gegen den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit und gegen den Innenminister unternehmen wird. – Dann kommt ein kurzer Pfiff des beim Pfeifen immer viel muntereren Klubobmannes Dr. Khol, und er sagt: Sitz! – und Westenthaler sitzt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Klubobmann Khol! Ich muss Ihnen ein Kompliment machen: Die Dressur des Koalitionspartners ist zumindest im Nationalrat gelungen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich ersuche Sie, uns einmal hier im Hohen Hause vorzuführen, wie das geht. Westenthaler wird von der Leine gelassen (der Redner imitiert einen Hund): Wuff! Wuff! – Khol kommt und sagt: Sitz! – und Westenthaler sitzt. (Rufe bei der ÖVP: Sitz!) Eine Nummer, die diesem Haus so gut tun könnte. Was wir uns an Debatten, an Beflegelungen von Abgeordneten ersparen könnten, wenn Sie, Herr Kollege Khol, ab und zu mitten ins Plenum zu Ihrem Kollegen Westenthaler rufen würden: Sitz! (Weitere Rufe bei der ÖVP: Sitz!) Dieses kleine "Sitz" könnte manchmal eine Erlösung sein. – Gut.

Stück für Stück – mein Vorredner hat bereits darauf hingewiesen – lichten sich die Nebel. Ich frage mich: Wie lange wollen Sie noch warten? Wollen Sie warten, bis der geplagte Justizminister einen Böhmdorfer-Akt nach dem anderen im Berichtswege auf den Tisch bekommt und von seinem Staatsanwalt via Oberstaatsanwalt gefragt wird: Herr Justizminister, was sollen wir mit dem Anwalt Dr. Böhmdorfer machen? – Finden Sie das gescheit, was wir da vorhaben? (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Ha! Ha! Ha!) Was würden Sie sagen als der, der Weisungen geben kann und letzen Endes zu genehmigen hat?

Wollen Sie warten, bis Ihre Wiener Spitzenkandidaten möglicherweise auf der Anklagebank für die Plakatfotos des Wiener Wahlkampfes unter dem Motto "Wir sitzen für euch" zur Verfügung stehen? (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Ist das Ihre kurzfristige Politplanung? (Abg.


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Mag. Trattner: Was ist, sind wir wieder ernst?) Oder wollen Sie uns diese Possen, diese dubiosen Possen ... (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten einen Alkotest machen!) Mir ist die Wiener FPÖ da eher egal. (Abg. Ing. Westenthaler: Der ist ja total high! Das ist ja unglaublich! – Abg. Schieder: Herr Präsident! Der Abgeordnete sagt, der ist voll "high"! Schreiten Sie ein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Setzen Sie Ihre Rede fort! Es besteht kein Grund, sie zu unterbrechen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Ich warte ja nur, dass Sie, wenn der Abgeordnete Khol ein bisschen zu müde dazu ist, zum Abgeordneten Westenthaler "Sitz!" sagen. Es wäre gerade wieder notwendig gewesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Der sollte einen Alkotest machen! – Ruf bei den Freiheitlichen: 0,5 haben wir da herinnen! 0,0! – Ruf bei den Freiheitlichen: Stalinist!)

Damit komme ich eigentlich auch schon zum vorläufigen Schluss. Bei "Lucona" hatten wir meiner Erinnerung nach elf oder zwölf Anträge, bei "Noricum" waren es unwesentlich mehr. Eine damals wesentlich stabilere Koalition ... (Abg. Dr. Fischer: Herr Präsident! Wir haben uns in der Präsidiale darauf geeinigt, dass wir bei so etwas einschreiten! – Abg. Ing. Westenthaler: Der Präsident Fischer verteidigt jetzt den Pilz! – Ruf bei den Freiheitlichen: Der Parteivorsitzende Fischer verteidigt ...! – Abg. Dr. Fischer: Ja! Wenn ihr wollt, dass man sich gegenseitig "Nazi" und "Stalinisten" beschimpft, dann nur weiter so!)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Sie sind noch immer am Wort!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Herr Präsident! Ich danke Ihnen, dass Sie mir auf derart eindrucksvolle Weise die Möglichkeit zur Fortsetzung dieser Rede verschafft haben. – Danke. (Abg. Ing. Westenthaler: Der ist ja alkoholisiert, der da draußen!)

Ich komme zu einem vorläufigen Ende; wir werden uns noch einige Male darüber zu unterhalten haben. – Wir hatten bei "Lucona" und "Noricum" wesentlich stabilere Regierungen, auch sie haben einmal nachgegeben. (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger zu Abg. Ing. Westenthaler: Er hat Sie als "Hund" bezeichnet! – Rufe bei den Freiheitlichen: Er sollte einen Alkotest machen! Ein Skandal! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Pilz! Ihre Redezeit ist noch nicht erschöpft. Sagen Sie bitte Ihren Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur für das Protokoll in meinem Schlusssatz feststellen (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind ja nicht nüchtern! Am besten, der Arzt macht bei Ihnen einen Bluttest! – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), dass ich nach mehreren Beschimpfungen von Herrn Klubobmann Westenthaler jetzt auch noch laut und deutlich als Wahnsinniger beschimpft wurde, und ein Präsident (Ruf bei den Freiheitlichen: Das war der Auftritt eines großen Schauspielers!), dessen Aufgaben ich hier, glaube ich, nicht zu erläutern habe, nur eines dazu zu sagen hat, nämlich, dass meine Redezeit erschöpft ist. Herr Präsident! Nicht nur meine Redezeit ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist nicht erschöpft, Herr Abgeordneter! – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Herr Präsident! Meine Redezeit ist angesichts dieser Vorsitzführung erschöpft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsbehandlung!)


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0.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Petrovic. – Bitte.

0.49

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Da in der nächsten Sitzung keine Möglichkeit mehr bestünde, das zu thematisieren, rege ich dringend an, dass Sie sich das Protokoll beischaffen lassen und überprüfen, welche Zwischenrufe jetzt vorhin gefallen sind, da wieder einmal die geistige Gesundheit von Abgeordneten hier aus den Bänken beurteilt wird – und das sprengt jeden Rahmen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete! Das Protokoll hätte ich mir auch ohne Ihre Anregung vorlegen lassen, aber ich danke Ihnen.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

0.50

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Vorerst möchte ich hier von dieser Stelle aus einmal feststellen, dass wir froh sein können, dass wir mit Dr. Ernst Strasser einen Innenminister haben, der dafür sorgt, dass das Innenministerium nach 30-jähriger sozialistischer Machtausübung wieder zu einem rot-weiß-roten Innenministerium geworden ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In der Angelegenheit Datenmissbrauch wurde vom Innenminister sofort nach Bekanntwerden reagiert und eine unabhängig agierende Sonderkommission eingerichtet, die im Auftrag des Staatsanwaltes erhebt. Es wird somit jetzt strafrechtlich und disziplinär ermittelt, und anschließend kann, wenn es erforderlich ist, die politische Verantwortung gesucht und ermittelt werden.

Ein Untersuchungsausschuss in der jetzigen Situation und zur jetzigen Zeit würde die derzeit im Gang befindlichen Erhebungen empfindlich stören und verzögern. Das kann nicht in unserem Sinne sein, nicht im Interesse dieses Landes und schon gar nicht im Interesse der vielen Exekutivbeamten, die tagtäglich schwere und verantwortungsvolle Arbeit leisten und daran interessiert sind, dass dieses Thema rasch abgeschlossen wird.

Abschließend möchte ich von dieser Stelle aus klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass die von Herrn Kleindienst aufgezeigten Datenmissbräuche in einer Zeit stattgefunden haben, als sozialistische Innenminister die Verantwortung trugen und davon angeblich auch wussten. (Abg. Dr. Mertel: Das ist so, wie wenn der Bestohlene am Diebstahl schuld ist!)

Zum Abgeordneten Pilz, dem Hobby-Kottan des grünen Parlamentsklubs, möchte ich sagen: Wenn man im Glashaus sitzt, soll man nicht mit Steinen werfen! Oder sind Sie der Meinung, dass Ihnen Ihre Rechtfertigungen, wie Sie zu Ihren Informationen kommen, hier im Hohen Haus noch jemand glaubt? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Von Seiten der Österreichischen Volkspartei wird diesen heute eingebrachten und vorliegenden Anträgen von Grün und Rot sicher nicht zugestimmt werden. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

0.52

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses scheint den Kollegen von der SPÖ nicht so wichtig zu sein, wenn nicht einmal ihr Klubobmann anwesend ist.

Herr Kollege Jarolim! Herr Kollege Pilz! Wenn Grüne im Verein mit der SPÖ einen Antrag stellen, dann empfiehlt es sich für vernünftige Abgeordnete, grundsätzlich einmal misstrauisch und zur Sicherheit dagegen zu sein – und in diesem Falle ganz besonders –, und zwar nicht deshalb, weil wir Freiheitliche Gegner einer Untersuchung der Datenmissbrauchsaffäre wären,


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sondern deswegen, weil wir einen Untersuchungsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll halten. Jetzt ermitteln andere, nicht der Nationalrat!

Seit vorgestern hat die größere Regierungspartei, haben die Freiheitlichen wieder Vertrauen zur Ermittlungslust des Innenministeriums. Dieses Vertrauen – wir räumen es ein – war in den letzten Wochen zunehmend auf die Probe gestellt. Es hatte nämlich den Anschein, dass von den Beamten dort sehr einseitig ermittelt würde, als hätten sie im Buch des Herrn Kleindienst im Personenregister nach den Namen von freiheitlichen Funktionären gesucht, dann nur diese Passagen gelesen und alles andere geflissentlich übersehen. (Abg. Dr. Mertel: Genau so war es!)

Meine Damen und Herren! Wir erwarten, dass umfassend ermittelt wird, so wie es der Herr Innenminister auch angekündigt hat: unabhängig von Partei, Rang und Namen! Es darf nicht nur gegen freiheitliche Funktionäre gehen – gegen diese wird mit aller Schärfe vorgegangen, mit Suspendierung, Hausdurchsuchung, Vorverurteilung und Ähnlichem –, sondern es muss auch gegen andere gehen, gegen die es Verdachtsmomente gibt. Es darf nicht nur gegen kleine Gendarmen und Polizisten gehen, sondern es muss auch gegen große Beamte in den Ministerien gehen können. Nichts anderes, meine Damen und Herren, hat unser Klubobmann mit seinen Vorstößen in den letzten Tagen auch beabsichtigt – immer vorausschickend, dass die Unschuldsvermutung für alle zu gelten hat.

Man sollte auch bedenken, dass das Buch des Herrn Josef Kleindienst – meine Damen und Herren, Sie sollten sich das wirklich einmal überlegen – nicht das "Buch der Bücher" ist, sondern dass es auch noch andere Hinweise in dieser Frage geben wird.

Ich kann mit den Worten schließen: Wir Freiheitliche wollen nicht nur, dass jetzt umfassend ermittelt wird, sondern wir wollen auch, dass das Innenministerium, wie es der Herr Minister angekündigt hat, reformiert wird, um dort auch – und ich sage dies deutlich – sozialistische Altlasten und Versäumnisse zu bereinigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Der Schweiger auf der Regierungsseite! Der ehemalige steinerne Gast!)

0.55

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass der FPÖ ein guter Dienst erwiesen worden wäre (Abg. Haigermoser: Wie geht es denn dem Vikerl in Argentinien?), wenn sie sich der Meinung ihres einfachen Parteimitgliedes angeschlossen und die Einsicht erlangt hätte, dass man der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zustimmen sollte. (Abg. Haigermoser: Wie geht es denn dem Vikerl?)

Gab es zuerst nur einen Zeugen, der ganz massive Belastungen gegen FPÖ-Funktionäre vorgebracht hat, und ein gleichzeitiges Geständnis des nunmehr einfachen Parteimitgliedes, dass er die durch diese Funktionäre erhaltenen Daten auch immer bekommen kann, und zwar welche er will, wann er will und wo er will – was einem Geständnis in aller Öffentlichkeit gleichkommt –, gibt es nunmehr auch die dazu passenden Verdächtigen. Ich nenne diese Verdächtigen, weil sie ja im "profil" schon bekannt gegeben wurden: Es ist Jörg Haider, es ist Hilmar Kabas, es ist Michael Kreißl, es ist Ewald Stadler (Abg. Ing. Westenthaler: Schober!), es ist Leopold Mayerhofer, es ist Helmut Naderer, und es ist Horst Binder. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben zwei vergessen!)

Komischerweise haben sie alle zugleich und unorganisiert flächendeckend Abfragen in Auftrag gegeben oder werden verdächtigt, derartige Abfragen in Auftrag gegeben zu haben. Gerade diese Freiheitlichen, die versucht haben, diese Daten zu organisieren, herauszubekommen und auch zu verwenden, politisch zu verwenden (Abg. Ing. Westenthaler: Woher haben Sie das Sakko?), versuchen nun wie ein Ertrinkender, mit Rundumschlägen und gerade noch über


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Wasser haltend diese auf sie fallende Optik von sich zu weisen, und zwar in einer Vorgangsweise, die eigentlich wirklich der politische Skandal an der ganzen Sache ist.

Da sagt Westenthaler zum Beispiel, man werde per Gesetz dem ORF die Parteilichkeit austreiben. Da wird sozusagen die Mobilisierung des Justizministers in Angriff genommen, der sagen muss: Na ja, mein Parteifreund Haider ist über jeden Verdacht erhaben! – Er sagt das als Justizminister, obwohl er verdächtig ist! (Abg. Mag. Trattner: Wie heißt der Schneider?) Diese Vorgabe für sein Ministerium ist eigentlich ein wirklicher Justizskandal, von einem Justizminister, der schon durch den Weisenbericht belastet ist, der eigentlich schon Aussagen gemacht hat, die allein ihn für eine Ablöse reif machen würden. (Abg. Haigermoser: Zwei Fragen: Wie geht’s dem Vikerl? Und: Wer ist der Schneider?) Aber er muss für Haider noch einmal in die Bresche springen, er muss da unbedingt eine Verteidigung von sich geben. Er wird von den Richtern schon als Schaden für die Justiz bezeichnet, tritt noch immer nicht zurück und wird hier sogar noch für eine politische Verteidigung missbraucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann gibt es noch den Kärntner Komposch. Es wird eine immer dickere politische Suppe. Klubobmann Khol domestiziert den Westenthaler, nur seine Mitläufer wissen das noch nicht, die sprechen noch immer von einseitigen Ermittlungen. Gerade im Innenministerium gibt es einen Beamten, der sich um den Job des Sicherheitsdirektors für Kärnten bemüht: den Kärntner Komposch, der natürlich auf das Wohlwollen des Verdächtigen Haider angewiesen ist.

In Anbetracht dessen sagt man noch immer: Da gibt es keine politische Verquickung? – Der Justizminister ist involviert und schon angerufen; Herr Komposch will Sicherheitsdirektor werden und wird also in ein direktes Abhängigkeitsverhältnis zum einfachen Parteimitglied kommen. Weil Westenthaler durch die tatsächliche Domestizierung seitens des Kollegen Khol den Innenminister nicht mehr angreifen darf, versucht man, über Klagen Beamte mundtot zu machen. Das sind die politischen Skandale, die untersucht gehören! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das ist nämlich das, was dahinter steckt, nämlich durch Vertuschung und Ablenkungsmethoden Beamte, die nichts anderes tun, als ihre Aufgaben zu erfüllen, in wirklich prekäre Situationen zu bringen, in der Öffentlichkeit unmöglich zu machen und mit Klagen an ihrer Tätigkeit zu hindern. Das ist jener politische Skandal, der eigentlich durch einen Untersuchungsausschuss aufzuklären wäre.

Ich frage mich, wie lange die ÖVP dazu schweigen kann, wenn hier die gesamte Maschinerie dieser Republik dazu missbraucht wird, eine Partei vor dem Ertrinken zu retten oder vielleicht sogar nur ihren wirklich kurz vorm Untergehen stehenden Klubobmann. (Abg. Haigermoser: Die zwei dringlichen Fragen heute Abend: Wie geht’s dem Vikerl? Und: Wer ist der Schneider? Das müssen Sie beantworten! Ich bestehe darauf!) Ist es das wert, sich für den Klubobmann Westenthaler so in die Bresche zu werfen? Letztendlich bin ich sicher (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Zeit!), dass die ÖVP zur Vernunft kommen wird und dann, wenn es ihr passt (Abg. Dr. Pumberger: Schlusssatz!), wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt fehlt noch, wo Sie das Sakko her haben!)

Wenn Sie ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): ... die Wahl zu schlagen haben, bin ich neugierig, wie Sie dann argumentieren werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

1.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

1.02

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hemmungsloses Anpatzen – das ist der neue politische Stil. Das ist aber ein neuer Stil,


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bei dem die große Gefahr besteht, dass das sozusagen politischer Alltag wird. Das ist das, meine Damen und Herren, was mir das größte Unbehagen daran bereitet, nämlich die FPÖ mit der Art und Weise, wie sie hier im Parlament mit Zwischenrufen sozusagen coram publico – sodass jeder es hören kann und auch alles festgehalten wird – agiert. Das ist die eine Sache. Da gibt es auch Möglichkeiten, vorzugehen: Ordnungsrufe und Ähnliches. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir letzte Woche im Innenausschuss erlebt haben – dort werden keine Wortprotokolle erstellt, und dort ist Herr Abgeordneter Westenthaler, wie schon vorhin gesagt, durch hemmungsloses Anpatzen eines Beamten aufgefallen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Den er als "Genossen" bezeichnet hat!), der nichts anderes tut als das, was ihm nach Beamten-Dienstrecht als seine Dienstpflicht auferlegt ist; würde er es nicht tun, nämlich ermitteln und seine Arbeit tun, dann wäre das Amtsmissbrauch –, ist etwas, das auch hier im Plenum des Nationalrates einmal zur Sprache gebracht werden muss.

Ich möchte jene Unflätigkeiten, die dort gefallen sind, nicht wiederholen, weil sie auch schon genannt wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Mich macht besorgt, dass dieser Stil, der hier einreißt, nämlich die Unglaubwürdigmachung des Rechtsstaates durch dieses ständige Anpatzen, etwas ist, was diese Republik und diesen Rechtsstaat nachhaltig schädigt, ganz unabhängig davon, was in diesen konkreten Fällen herauskommt und passiert. (Abg. Silhavy: Das wollen die Freiheitlichen ja!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Vertrauen zu den ermittelnden Beamten, weil die ermittelnden Beamten von Bundesminister Strasser angeleitet werden. Herr Bundesminister Strasser hat ja in den letzten Wochen mehrmals verkündet – und auch glaubwürdig verkündet –, er unterstützt die Beamten seines Hauses und tut alles, was die Ermittlungen befördert (Abg. Donabauer: Nicht "befördert"! "Fördert"!), was sie unterstützt und nicht behindert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Täte er das nicht, dann wäre nämlich das Amtsmissbrauch. Herr Minister Strasser macht das Selbstverständliche. Er macht das Selbstverständliche, indem er ermitteln lässt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Aber für uns hier ist das Thema, dass die Sicherheitsbehörden ermitteln, dass die Justiz arbeitet, dass es Vorerhebungen gibt, die eine Sache. Die andere Sache sind die politischen Hintergründe bei all diesen Causen – das ist nicht eine Causa, das sind jetzt zahlreiche Causen –, dass die politischen Hintergründe nicht durch Gerichte allein beurteilt werden können oder werden, dass sie nicht durch die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden aufgedeckt werden, dass hier nur eine Möglichkeit besteht, nämlich die Möglichkeit, die politische Verantwortung und die politischen Hintergründe im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufzuklären. Das haben jene Fälle bewiesen, die jetzt nicht in der Dimension verglichen werden können, weil man die Dimension ja noch nicht kennt, die aber zum Erfolg geführt haben – jetzt in gewisser Hinsicht nicht "zum Erfolg" in Bezug darauf, was die Tätigkeit der Gerichte betrifft, und nicht daran gemessen, wie viele Verurteilungen es gegeben hat, sondern im Hinblick auf die Aufklärung der politischen Verantwortung –, und zwar die Untersuchungsausschüsse wie "Lucona" und "Noricum". Das ist es!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diejenigen – nicht in der FPÖ, sondern in der ÖVP –, die sich hier so intensiv auf ihre Brust klopfen und sich der reinen Weste, die sie haben, brüsten, lösen ja das größte Erstaunen aus, denn wenn jemand ein gutes Gewissen hat – das ist ja die Devise der ÖVP in all ihren Law-and-Order-Maßnahmen, die sie gemeinsam mit der SPÖ in der Vergangenheit mitgetragen hat und jetzt mit der FPÖ forciert betreibt –, braucht er, weil er eine reine Weste hat, keine Angst vor Untersuchungen zu haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Die Geschichte wird Sie, befürchte ich, einholen. Die Geschichte wird diejenigen einholen, die vielleicht tatsächlich eine reine Weste haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ist das eine Drohung?) Wenn es so ist, dann zeigen Sie sie her


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44. Sitzung / Seite 267

(Ruf bei der ÖVP: Redezeit!)  – aber bitte im Untersuchungsausschuss! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

1.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte wäre geschlossen, aber es gibt doch noch eine Wortmeldung – offensichtlich zur Geschäftsordnung – von Frau Abgeordneter Petrovic.

1.07

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche Sie nur, dass Sie noch bekannt geben, wie oder in welcher zeitlichen Abfolge jetzt mit allfälligen Ordnungsrufen verfahren wird (Abg. Ing. Westenthaler: Das muss er überhaupt nicht!), da Präsident Prinzhorn heute nicht mehr die Sitzung leiten wird und meines Wissens an sich die Vereinbarung besteht (Abg. Haigermoser: Sie sind ein lebender Ordnungsruf!), dass der vorsitzführende Präsident nur Vorfälle, die sich unter seiner Vorsitzführung ereignet haben, allenfalls geschäftsordnungsmäßig ahndet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Um 1 Uhr in der Nacht denken Sie noch ans Bestrafen!)

1.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Das ist richtig. Die Übung, die Sie angesprochen haben, Frau Abgeordnete Petrovic, wurde in der Präsidiale so vereinbart.

Es gibt die Möglichkeit, dass derjenige, der nicht mehr am Vorsitz ist und daher am gleichen Tag einen Ordnungsruf auch nicht mehr erteilen kann, dies geschäftsordnungsmäßig vor Eingang in die Sitzung am nächsten Tag tun kann.

Ich würde daher glauben, dass es hier zu einem kurzen Einvernehmen zwischen dem Ersten und dem Zweiten Präsidenten kommen sollte hinsichtlich der Vorsitzführung zu Beginn der Sitzung morgen um 9 Uhr. (Abg. Ing. Westenthaler: Das könnte aber auch morgen in der Früh sein und nicht jetzt um 1 Uhr in der Früh!)

Zu Wort ist jetzt niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Ing. Westenthaler: Die halbe SPÖ ist nicht da! Das ist wirklich ein Skandal!)  – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer und Van der Bellen schlafen!)

Schließlich lasse ich über den Antrag der Abgeordneten Dr. Pilz und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abstimmen.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer und Van der Bellen sind schlafen gegangen! Das ist wirklich peinlich! Sie nehmen das ja selbst nicht ernst!)

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 319/A bis 326/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1508/J bis 1531/J eingelangt.

*****


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44. Sitzung / Seite 268

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, Donnerstag, den 23. November 2000, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 1.10 Uhr