Stenographisches Protokoll

56. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 1., und Freitag, 2. Feber 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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56. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 1., und Freitag, 2. Feber 2001

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 1. Feber 2001: 9.01 – 24.00 Uhr

Freitag, 2. Feber 2001: 0.00 – 0.14 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1999) sowie die Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Wildschadensbericht 1999 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 199/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Anpassungen des Forstrechts an die naturschutzfachlichen Erfordernisse

5. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 244/A (E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend "Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet"

6. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau; Erster Teilbericht

7. Punkt: Bericht über den Antrag 311/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden, und über die

Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 82/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. 60/1974 idF BGBl. I 153/1998, geändert wird (Novellierung des § 64 StGB)


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56. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste und das Hochschul-Taxengesetz 1972 geändert werden

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 274/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend freien Zugang zu allen Bildungsinstitutionen

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 87/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Rindfleisch-Etikettierungsgesetz und das Lebensmittelgesetz 1975 geändert werden

14. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein vom 4. Dezember 2000 (Tiermehl-Gesetz) geändert wird

15. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 184/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Lebensmittelverzeichnis

16. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 218/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Ludmilla Parfuss und Genossen betreffend obligatorische Kennzeichnung der Eier nach der Haltungsform

17. Punkt: Bericht über den Antrag 241/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 242/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz

19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 5/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens

20. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 100/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung

21. Punkt: Bericht über den Antrag 341/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 222/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg

23. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 272/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Vorlage eines umfassenden Drogenberichtes über das Jahr 1999 an das Parlament


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56. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 223/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe

25. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 250/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung von barriere>freiem Zugang zu Arztpraxen

26. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 10056/00, Hv 5888/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler

27. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 10003/00, Hv 5858/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 16, 35

Ordnungsrufe 201, 256

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 370/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer "Kommunikationsbehörde Austria" und weitere Bundesgesetze gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 28. Feber 2001 zu setzen 35

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 35

Redner:

Dr. Michael Krüger 150

Peter Schieder 151

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 151

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 152

Annahme des Fristsetzungsantrages 153

Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortlichkeit von Bundesministern dieser Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen und aller vorhergehenden ressortzuständigen Bundesminister seit 1990 im Zusammenhang mit illegalen Praktiken bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln, der jahrelangen politischen Untätigkeit, der fehlenden Koordination und der fehlenden Information der Konsumenten und Konsumentinnen über Gesundheitsgefahren gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 251

Bekanntgabe 35


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56. Sitzung / Seite 4

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 35

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortlichkeit sowie aller anderen damit zusammenhängenden Sachverhalte betreffend Kontrollmängel im Zusammenhang mit dem BSE-Skandal, gesetzwidrige Verwendung von Tierarzneimitteln in der Schweine- und Geflügelmast, gesetzwidrigen Import von Tierarzneimitteln nach Österreich, die sich daraus ergebenden Gefahren, die daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden und inwiefern diese Sachverhalte in einem verfehlten Förderungssystem ihren Ursprung haben, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 252

Bekanntgabe 57

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 57

Gemeinsame Debatte über diese beiden Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen 252

Redner:

Dr. Eva Glawischnig 253

Mag. Johann Maier 255

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 255

Ablehnung der beiden Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen 257

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 477 und 478 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 35

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 38

Ersuchen des Abgeordneten Karl Öllinger um Beischaffung des Protokolls über die Ausführungen des Abgeordneten Georg Schwarzenberger in der gemeinsamen Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5 zwecks Erteilung eines Ordnungsrufes 49

Feststellung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend im Zusammenhang mit der persönlichen Erwiderung des Abgeordneten Emmerich Schwemlein 82

Unterbrechung der Sitzung 113

Feststellung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Caspar Einem 145

Mitteilung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend e-voting 188, 191

Fragestunde (9.)

Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 16

Heinz Gradwohl (72/M); Roland Zellot, Ing. Hermann Schultes, Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber


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56. Sitzung / Seite 5

Anna Elisabeth Achatz (70/M); Karl Freund, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Emmerich Schwemlein

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (68/M); Ludmilla Parfuss, Franz Hornegger, Karl Donabauer

Georg Schwarzenberger (66/M); Dr. Gabriela Moser, Mag. Johann Maier

Mag. Ulrike Sima (73/M); Erwin Hornek, Dr. Eva Glawischnig

Ing. Gerhard Fallent (71/M); Matthias Ellmauer, Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Otmar Brix

Dr. Eva Glawischnig (69/M); Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Robert Wenitsch, Jakob Auer

Karlheinz Kopf (67/M); Dr. Eva Glawischnig, Mag. Kurt Gaßner, Dr. Helene Partik-Pablé

Rainer Wimmer (74/M); Mag. Dr. Udo Grollitsch, Jakob Auer, Mag. Werner Kogler

Ausschüsse

Zuweisungen 36

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Walter Tancsits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Gewalt von links" (1840/J) 108

Begründung: Dr. Helene Partik-Pablé 113

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 117

Debatte:

Mag. Walter Tancsits 122

Dr. Josef Cap 123

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 125

Theresia Zierler 126

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 127

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigung) 128

Dr. Peter Pilz 128

Doris Bures 130

Paul Kiss 132, 147

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigung) 133

Dr. Martin Graf 134

Karl Öllinger 135

Werner Miedl 136

Wolfgang Jung 138

Walter Murauer 139

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 141

Helmut Haigermoser 141

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) 142

Dr. Caspar Einem 143

Mag. Walter Tancsits (tatsächliche Berichtigung) 145

Dr. Harald Ofner 146

Dr. Peter Kostelka 148

Dr. Alexander Van der Bellen 148


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56. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Caspar Einem und Genossen betreffend Anfragebeantwortung des Bundesministers für Inneres zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Partik-Pablé, Tancsits und Kollegen – Ablehnung 145, 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Ofner, Paul Kiss
und Genossen betreffend Handhabung von Demonstrationen – Annahme (E 55) 147, 149

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundesregierung (III-61 d. B.) über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1999) sowie die Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG (454 d. B.) 38

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird (455 d. B.) 38

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Wildschadensbericht 1999 (III-70 d. B.) des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (456 d. B.) 38

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 199/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Anpassungen des Forstrechts an die naturschutzfachlichen Erfordernisse (457 d. B.) 38

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 244/A (E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend "Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet" (458 d. B.) 38

Redner:

Mag. Ulrike Sima 39

Anna Elisabeth Achatz 41

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 43

Georg Schwarzenberger 47, 52

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) 49

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 50, 68, 93

Mag. Johann Maier 52

Georg Schwarzenberger (tatsächliche Berichtigungen) 55, 80

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) 56

Robert Wenitsch 56

Dr. Eva Glawischnig 58

Karl Donabauer 59

Manfred Lackner 61

Franz Hornegger 64

Dr. Gabriela Moser 65

Jakob Auer 68

Mag. Kurt Gaßner 70

Jakob Pistotnig 72

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 73

Hermann Gahr 75

Ludmilla Parfuss 76

Roland Zellot 77


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56. Sitzung / Seite 7

Emmerich Schwemlein 79

Karl Freund 80

Emmerich Schwemlein (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 82

Heinz Gradwohl 83, 93

Franz Kampichler 86

Mag. Dr. Udo Grollitsch 87

Helmut Haigermoser 88

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) 89

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 90

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 92


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56. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen betreffend Forcierung des Biolandbaues in Österreich durch die Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget – Ablehnung 41, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend unbefristetes Verbot der Verfütterung von Tiermehl – Ablehnung 46, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Zurücknahme der Kürzungen für die Organisationen des Biologischen Landbaus im Jahr 2001 – Ablehnung 47, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz – Ablehnung 54, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen betreffend Vorlage aller Zahlen, Daten und Fakten betreffend die Futtermittelkontrolle auf bäuerlichen Betrieben – Ablehnung 64, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Ausweitung der Lebensmittelkontrollen – Ablehnung 67, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen betreffend unbefristete Verlängerung der Arbeitsstiftung für Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft (Aufleb) auf Grund der Gefahren für die Arbeitsplätze, verursacht durch Machenschaften in der Futtermittelindustrie und in Schweinemastbetrieben – Ablehnung 72, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen betreffend Beschluss eines Bundes-Tierschutzgesetzes – Ablehnung 77, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Schwarzenberger, Anna Elisabeth Achatz und Genossen betreffend illegalen Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung – Annahme (E 54) 81, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Forcierung der Forschungsanstrengungen zum Schutz und zur Sicherheit der Verbraucher im Zusammenhang mit der gefährlichen Ausbreitung von CJK sowie BSE – Ablehnung 84, 96

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend grundlegende Umorientierung in der Agrarpolitik, Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung der Agrarförderungen, stärkere ökologische Auflagen und mehr Konsumentenorientierung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – Ablehnung 85, 96

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend die Einrichtung von Tieranwaltschaften in den Bundesländern – Ablehnung 90, 96

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-61 und III-70 d. B. 94, 96

Annahme des Gesetzentwurfes in 455 d. B. 96

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 457 und 458 d. B. 96

6. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-45 d. B.) des Rechnungshofes über die Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau; Erster Teilbericht (474 d. B.) 97

Redner:

Otmar Brix 97

Hermann Böhacker 98

Otmar Brix (tatsächliche Berichtigung) 99

Dr. Evelin Lichtenberger 100

Rosemarie Bauer 101

Gabriele Binder 102

Anton Wattaul 103

Edeltraud Lentsch 103

Josef Edler 104

Nikolaus Prinz 105

Mag. Brunhilde Plank 106

Johann Kurzbauer 107

Christian Faul 108

Reinhold Lexer 153

Mag. Kurt Gaßner 154

Wolfgang Großruck 155

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 156

Dr. Günther Kräuter 158, 163

Wolfgang Großruck (tatsächliche Berichtigung) 159

Staatssekretärin Mares Rossmann 160

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 160

Mag. Werner Kogler 161

Kenntnisnahme des Berichtes III-45 d. B. 163

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 311/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden, und über die

Regierungsvorlage (345 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (404 d. B.) 163

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 163

Dr. Martin Graf 166

Mag. Terezija Stoisits 168

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 170

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 173

Dr. Ilse Mertel 174

Dr. Michael Krüger 176

Dieter Brosz 177


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56. Sitzung / Seite 9

Mag. Dr. Josef Trinkl 178

Otto Pendl 179

Werner Miedl 180

Annahme des Gesetzentwurfes in 404 d. B. 182

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 82/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. 60/1974 idF BGBl. I 153/1998, geändert wird (Novellierung des § 64 StGB) (417 d. B.) 182

Redner:

Mag. Gisela Wurm 182

Dr. Harald Ofner 183

Mag. Terezija Stoisits 183

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 185

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 417 d. B. 185

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (389 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste und das Hochschul-Taxengesetz 1972 geändert werden (413 d. B.) 185

Berichterstatter: Mag. Gerhard Hetzl 185

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 274/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend freien Zugang zu allen Bildungsinstitutionen (416 d. B.) 185

Redner:

DDr. Erwin Niederwieser 186

Dr. Martin Graf 188


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56. Sitzung / Seite 10

Dr. Kurt Grünewald 191

Dr. Gertrude Brinek 193

Mag. Dr. Udo Grollitsch 195

Mag. Karin Hakl 196

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 197

Annahme des Gesetzentwurfes in 413 d. B. 198

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 416 d. B. 198

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (394 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (414 d. B.) 199

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 87/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz geändert wird (415 d. B.) 199

Redner:

Mag. Brunhilde Plank 199

Dr. Martin Graf 201

Dr. Kurt Grünewald 209

Mag. Rüdiger Schender 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend e-voting – Annahme (E 56) 201, 212

Annahme des Gesetzentwurfes in 414 d. B. 212

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 415 d. B. 212

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (388 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Rindfleisch-Etikettierungsgesetz und das Lebensmittelgesetz 1975 geändert werden (460 d. B.) 212

14. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein vom 4. Dezember 2000 (Tiermehl-Gesetz) geändert wird (461 d. B.) 212

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 184/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Lebensmittelverzeichnis (462 d. B.) 213

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 218/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Ludmilla Parfuss und Genossen betreffend obligatorische Kennzeichnung der Eier nach der Haltungsform (463 d. B.) 213

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 241/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (464 d. B.) 213

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 242/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz (465 d. B.) 213

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 5/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens (466 d. B.) 213

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 100/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (467 d. B.) 213

Redner:

Anna Huber 213

Anna Elisabeth Achatz 215

Dr. Gabriela Moser 216

Mag. Martina Pecher 217

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 219

Mag. Beate Hartinger 220


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56. Sitzung / Seite 11

Nikolaus Prinz 221

Ing. Erwin Kaipel 222

Jutta Wochesländer 223

Dr. Kurt Grünewald 224

Ridi Steibl 226

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 226

Dr. Alois Pumberger 227

Mag. Johanna Mikl-Leitner 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Verbot von Knochenmehl bei Nahrungsergänzungsmitteln – Ablehnung 220, 231

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 460 und 461 d. B. 230, 231

Kenntnisnahme der sechs Ausschussberichte 462, 463, 464, 465, 466 und 467 d. B. 231

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 465 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend illegalen Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung (E 57) 231

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 341/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird (459 d. B.) 231


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56. Sitzung / Seite 12

Redner:

Dr. Günther Kräuter 232

Dr. Alois Pumberger 233

Dr. Erwin Rasinger 233

Dr. Kurt Grünewald 235

Mag. Beate Hartinger 235

Dr. Günther Leiner 236

Mag. Karin Hakl 237

Dr. Michael Krüger 237

Annahme des Gesetzentwurfes in 459 d. B. 238

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 222/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg (362 d. B.) 238

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 272/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Vorlage eines umfassenden Drogenberichtes über das Jahr 1999 an das Parlament (365 d. B.) 238

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 223/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe (363 d. B.) 238

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 250/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung von barriere>freiem Zugang zu Arztpraxen (364 d. B.) 239

Redner:

Heidrun Silhavy 239

Dr. Erwin Rasinger (tatsächliche Berichtigung) 240

Dr. Alois Pumberger 240

Theresia Haidlmayr 242

Dr. Günther Leiner 242

Annemarie Reitsamer 243

Jutta Wochesländer 244

Dr. Kurt Grünewald 245

Dr. Erwin Rasinger 246

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 247

Gabriele Heinisch-Hosek 248

Dieter Brosz 249

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 362, 365, 363 und 364 d. B. 249, 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 365 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend jährlichen Bericht der ÖBIG über die Drogensituation in Österreich (E 58) 250

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 10056/00, Hv 5888/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (478 d. B.) 250

27. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 10003/00, Hv 5858/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (477 d. B.) 250

Annahme der beiden Ausschussanträge in 478 und 477 d. B. 250, 251

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 36

Zu 352: Ergänzung der Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Regierungsvorlage 352 der Beilagen betreffend Umweltmanagementgesetz – UMG

Bericht 36

Vorlage 20 BA: Bericht gemäß § (3) BHG, BGBl. Nr. 213/1986, in Zusammenhang mit P 3 des Allgemeinen Teiles des Fahrzeugplanes für das Jahr 2000; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für eine Totalreform der Landwirtschaft und Aktionsplan für den Biologischen Landbau (374/A) (E)

Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die Einführung einer Einwegabgabe (375/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für eine Totalreform der Bereiche Konsumentenschutz, Lebensmittelpolitik und Tiergesundheit (376/A) (E)


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56. Sitzung / Seite 13

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend vollständige Umsetzung der UNO-Frauenrechtskonvention CEDAW in Österreich (377/A) (E)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend weiterhin kostenlosen Zugang zur JUDOK und zum RIS (378/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend Verbesserungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung für StudentInnen (379/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend unvertretbare Verschlechterungen im Bereich der Sperre des Arbeitslosengeldes (380/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend unvertretbare Verschlechterungen bei den Familienzuschlägen im Arbeitslosenversicherungsbereich (381/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend unvertretbare Verschlechterungen beim Arbeitslosengeld (382/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend unvertretbare Verschlechterungen im Bereich der Notstandshilfe (383/A) (E)

Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent, Dr. Eva Glawischnig, Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die Umsetzung des "Protokolls von Melk" bezüglich des KKW Temelin (384/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Walter Tancsits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Gewalt von links" (1840/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bildungssparen (1841/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend günstige Studentenkredite (1842/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Westbahn (1843/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ITRAP (Programm zur Bekämpfung der Nuklearkriminalität) (1844/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend illegale Antibiotika in der Tierzucht (1845/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Hormon- und Antibiotikabelastung des österreichischen Grundwassers (1846/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die umweltpolitische Effizienz der EMAS-Zertifizierung (1847/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die umweltpolitische Effizienz der EMAS-Zertifizierung (1848/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einzahlung des Studienbeitrages (1849/J)


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Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Entwurf eines Kinderbetreuungsgeld-Gesetzes (1850/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend das Unterrichtsprinzip "Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" (1851/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schließung von Bezirksgerichten in Tirol (1852/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unglaublich dreiste Schröpfaktion der ÖBB an Mitbürgern (vorwiegend älteren), die nicht über Internet verfügen (1853/J)

Rudolf Edlinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der ÖIAG (1854/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kündigungsschutz (1855/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Abfertigung (1856/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Berufsfeuerwehr (1857/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Berufsfeuerwehr (1858/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Umstrukturierung in der Kunstsektion (1859/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Neubau des Welser Bahnhofes (1860/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Schließung von Bezirksgerichten (1861/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheitsakademie (1862/J)

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dienststellenstrukturkonzept für die Gendarmerie in den Bezirken Baden, Mödling und Wien-Umgebung (1863/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Bahntunnels (1864/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (1618/AB zu 1588/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (1619/AB zu 1605/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen (1620/AB zu 1606/J)


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des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (1621/AB zu 1591/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen (1622/AB zu 1617/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1623/AB zu 1620/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (1624/AB zu 1647/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1625/AB zu 1658/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1626/AB zu 1709/J)

 

 


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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen! Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, und eröffne hiemit die 56. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Ing. Maderthaner, Schweisgut und Mag. Schweitzer.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich beginne jetzt – um 9.02 Uhr – mit der Fragestunde, die wir für den Beginn der heutigen Sitzung in Aussicht genommen haben.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage ist die Frage Nr. 72/M, die Herr Abgeordneter Gradwohl eingebracht hat. Ich bitte um die Formulierung der Frage.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

72/M

Wie viele Futtermittelkontrollen haben Sie als der für das Futtermittelgesetz zuständige Landwirtschaftsminister (jährlich nach Bundesländern gegliedert) seit Ihrem Amtsantritt auf bäuerlichen Betrieben durchführen lassen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung!

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Nach dem Futtermittelgesetz 1999, das Sie mitbeschlossen haben, ist der Landeshauptmann für die Durchführung der Kontrollen auf den bäuerlichen Betrieben zuständig. Ab dem Jahr 1999 muss Österreich jährlich einen Bericht über die Durchführung der Futtermittelkontrolle der Europäischen Kommission zur Verfügung stellen. Auf Basis dieses Berichtes liegen seit diesem Zeitraum Zahlen vor.

Im Jahre 1999 wurden in Wien 24 Betriebe, in Niederösterreich 1 158, im Burgenland 55, in der Steiermark 1 232, in Oberösterreich 68, in Salzburg 175, in Tirol 95, in Vorarlberg 60 und in Kärnten 60, insgesamt also 2 927 Betriebe, kontrolliert, und zwar auf Basis eines Merkblattes, in dem besonders darauf hingewiesen wurde, dass auf verbotene, illegale Stoffe, wie beispielsweise Hormone oder Sonstiges, zu prüfen ist, sowie auf die Einhaltung der futtermittelrechtlichen Regelung, was das Tiermehlfütterungsverbot von Wiederkäuern betrifft.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Bundesminister! Es ist richtig, dass ich dieses Gesetz mitbeschlossen habe – die Zahlen liegen mir jedoch nicht vor –, aber die Vollziehung liegt nach wie vor auch im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes, also auch bei Ihnen.

Gestatten Sie mir daher die Zusatzfrage: Sind bei den von Ihnen genannten Untersuchungen mit Tiermehl verunreinigte Futtermittel entdeckt worden, und wenn ja, in welcher Form wurde gegen


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56. Sitzung / Seite 17

die Futtermittelproduzenten, die verbotenerweise dieses Tiermehl im Futtermittel hatten, vorgegangen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass gemäß Futtermittelgesetz die Kontrolle schwerpunktmäßig bei den erzeugenden und handelnden Betrieben stattfindet und stattfand, weil dort sozusagen das Nadelöhr ist. Sie wissen auch, dass wir entsprechende Futtermittelkontrollen durchgeführt haben, und ich werde Ihnen noch einmal die Zahlen der erstatteten Anzeigen nachreichen.

Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass wir bis vergangenes Jahr auf Basis des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der Europäischen Union eine Toleranzgrenze von 0,5 Prozent hatten, dass diese Toleranzgrenze ab 1. Jänner in Österreich nicht mehr zur Anwendung kommt, sondern Nulltoleranz vorliegt. – Die Zahlen werde ich Ihnen nachreichen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Zellot.

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wurden in den letzten Jahren bei den amtlichen Futtermittelkontrollen illegale Beimengungen von Hormonen und antibiotischen Leistungsförderungen festgestellt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Nach den mir vorliegenden Informationen der amtlichen Futtermittelkontrolle wurden keine Verstöße festgestellt. Anzeigen und Probleme hat es hinsichtlich der Einhaltung des Tiermehlfütterungsverbotes gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wer wünscht von der ÖVP-Fraktion eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Schultes.

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Herr Bundesminister! Diese Probleme sind nur auf EU-Ebene zu lösen, und daher stellt sich die Frage: Wie wird die EU auf die entstehende Eiweiß-Lücke, bedingt durch den Wegfall der Tiermehlverfütterung, reagieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich habe schon im Dezember dieses Hohe Haus darauf hingewiesen, dass das Tiermehlverfütterungsverbot logischerweise zu einer Aktivierung der europäischen Eiweiß-Produktion führen muss. Wir erwarten für Februar im Agrarministerrat einen Bericht der Kommission.

Österreich hat zwei konkrete Ideen in diese Diskussion eingebracht: einerseits die Erhöhung der Grünfuttertrocknungsquote, damit wir auf Basis unseres eigenen Grünlandes die Eiweißversorgung verbessern können, und andererseits die Öffnung der Flächenstilllegung für den produktiven Anbau von Eiweißpflanzen in Europa.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie werden Sie die Gentechnikfreiheit der Sojafuttermittel in Österreich sicherstellen, und wie viele Kontrollen haben Sie 1999 und 2000 diesbezüglich durchgeführt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass die Schlüsselfrage die ist, dass wir zu


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einer Kennzeichnung kommen müssen – was ist gentechnikfrei? –, wie es der Österreichische Kodex für Bioprodukte in der Europäischen Union vorsieht. Drängen wir darauf, dass möglichst rasch eine europäische Kennzeichnung für Novel Feed, also Futtermittel stattfindet, gleichzeitig aber dazu auch eine Definition verabschiedet wird, was "gentechnikfrei" bedeutet.

Im Rahmen der generellen Futtermittelkontrollen wurde selbstverständlich auch auf die Fragestellung Gentechnik hingewiesen. Ich habe nur die Zahlen darüber hier, wie viele Futtermittelkontrollen insgesamt gezogen wurden. Das sind, wie Ihnen schon im Ausschuss mitgeteilt wurde, 2 670 im Jahre 1996, 2 584 im Jahre 1997, 2 554 im Jahre 1998, 1 836 im Jahre 1999 und 1 600 im Jahre 2000.

Ich kann Ihnen gerne die entsprechenden Zahlen nachreichen, wie viele dieser Proben auch auf gentechnisch veränderte Futtermittel gezogen wurden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 2. Anfrage stellt Frau Abgeordnete Achatz. – Bitte.

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

70/M

Die jüngsten Entwicklungen am europäischen Agrarmarkt sind Ergebnis jahrelang verdrängter Problematiken, verbunden mit einer auf rücksichtslose Gewinnmaximierung ausgerichteten Massenproduktion. Welche Schritte sind aus Ihrer Sicht in der EU-Agrarpolitik angesichts dieser Entwicklungen zu setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Ich meine, dass die Europäische Union mit der Reform 1992 einen ersten Schritt in Richtung Direktzahlungen für bäuerliche Betriebe gesetzt hat, dass mit der Agenda 2000 ein Schlüsselbeschluss gefasst wurde, dass endlich eine zweite Säule der Agrarpolitik entwickelt wird, das, was wir in Österreich schon lange tun, jetzt bekannt unter ländlicher Entwicklung. In dieser zweiten Säule gibt es die Möglichkeit von Umweltprogrammen, die Österreich offensivst nutzt, Bergbauernförderung, von ländlicher Entwicklung im Sinne von Kooperationsprojekten à la 5b für den gesamten Bereich.

Trotzdem teile ich Ihre Einschätzung, dass sich die Agrarpolitik in Europa weiterentwickeln muss. Und ich möchte Ihnen vier große Bereiche skizzieren, in denen es aus meiner Sicht notwendig ist, weitere Fortschritte zu erzielen.

Erstens im agrarpolitisch engeren Bereich. Da geht es in allen europäischen Ländern um die noch stärkere Nutzung der Möglichkeiten, die das Programm zur ländlichen Entwicklung bietet, etwa hinsichtlich weiterer Offensive bei den Umweltprogrammen oder etwa der guten landwirtschaftlichen Praxis.

Zweitens meine ich, dass es in Europa zu einer Staffelung der Direktzahlungen, der Marktordnungsprämien nach Betriebsgrößen kommen soll und auch kommen wird. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund der Erweiterung eine agrarpolitische Schlüsselfrage.

Drittens bin ich der Ansicht, dass wir eine Flächenbindung bei der Auszahlung von Prämien auf europäischer Ebene anstreben sollen. Was meine ich? – Dass etwa bei den Rinderprämien der Zusammenhang zwischen Produktion und Fläche gegeben sein muss, weil flächenunabhängige Produktion letztendlich Basis für industrielle Produktionsformen ist.

Ich meine, dass wir in der Europäischen Union einheitliche und hohe Standards brauchen, etwa auch im Bereich Pflanzenschutz und im Bereich Tierarzneimittel. Ich weiß, dass Kollege Haupt da einen entsprechenden Vorstoß, den ich sehr unterstütze, plant. Und ich denke auch, dass wir dem Prinzip der Vereinfachung, der Entbürokratisierung großes Augenmerk schenken sollten.


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Im Bereich des Verbraucherschutzes ist aus meiner Sicht die Agentur für Lebensmittelsicherheit wichtig, und im Bereich des Verbraucherschutzes ist der Ausbau der Kennzeichnung und des Labelings inklusive der Herkunftsbezeichnung von zentraler Bedeutung.

Der dritte große Bereich ist das Thema Tierschutz. Da gehe ich davon aus, dass uns die Kommission demnächst einen Vorschlag zur Verbesserung der Tiertransportbedingungen auf Basis der Erfahrungen des Kontrollberichtes liefern wird. Wir beraten derzeit bereits intensiv einen Vorschlag zur Verbesserung der Tierhaltungsformen im Bereich Schweineproduktion.

Viertens ist die Frage der Lebensmittelstrategie ein ganz zentraler Punkt auch auf Basis des Weißbuchs der Europäischen Union zur Hebung der Qualität und der Gewährleistung der Sicherheitsansprüche der Verbraucher.

Frau Abgeordnete! Sie sehen also, dass aus meinem Zugang heraus die agrarpolitische Diskussion in Europa umfassend zu sehen ist, inklusive der Aspekte vor allem des Verbraucherschutzes, der ökologischen Anstrengungen und auch der Anstrengungen der Tierethik.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Neben den ungleichen Produktionsbedingungen in der EU – Mittel, deren Anwendung den Bauern in Deutschland gestattet ist, sind für österreichische Bauern verboten – ruiniert ein gnadenloser und brutaler Preisdruck durch die Handelsketten immer mehr Bauernexistenzen. Welche Maßnahmen werden Sie national beziehungsweise auf EU-Ebene setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass ich sehr intensiv einen "runden Tisch" vorbereite, an dem die Produzenten, die Verarbeiter, die Konsumenten und der Lebensmittelhandel sitzen werden. Ich meine, dass wir hier nicht die Frage der gesetzlichen Regelungen in den Vordergrund stellen sollen, sondern dass wir den Handel dazu motivieren sollen, auch durch vertragliche Produktionen, durch Gütesiegelproduktionen, durch Herkunftsstrategien, durch regionale Strategien endlich auch den Lebensmitteln jenen Wert zuzuerkennen, den Lebensmittel eben haben.

Ein Vorschlag von mir – auch als Appell an die Handelsketten – lautet, gerade in dieser Situation auf Sonderangebote, auf Lockangebote im Fleischbereich zu verzichten, damit auch klar wird: Dieses Lebensmittel ist wertvoll und darf nicht für derartige Aktionen missbraucht werden!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Freund, bitte.

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Bundesminister! In der europäischen Agrarmarktordnung gibt es ein Quotensystem für Milch und Zucker, um die Produktionsmengen im Griff zu behalten. Rechnen Sie damit, dass auch in Zukunft dieses Quotensystem bei Milch und bei Zucker aufrecht bleibt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass Österreich für die Aufrechterhaltung dieses Quotensystems eintritt. Warum? – Weil ich meine, dass diese Produktionsquoten zwei Effekte haben: Einerseits haben sie einen dämpfenden Effekt auf die Produktion selbst und stellen damit eine Maßnahme gegen, wenn Sie so wollen, Überproduktion dar. Andererseits – und das ist mir wichtig – haben sie auch den Effekt, dass die Produktion auf möglichst viele Betriebe verteilt wird. Ohne Quotensystem bei der Milch etwa hätten wir eine völlig andere Produktionsstruktur in Österreich und in Europa. Drittens steht vor allem die Sicherung der Produktion in den benachteiligten Gebieten dahinter.


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Daher tritt Österreich massiv für die Beibehaltung der Quote ein. Richtig ist aber auch, dass andere europäische Länder hier eine differente Auffassung vertreten. Entscheidend wird daher sein, dass wir für diese Überprüfungsphase der Jahre 2002, 2003 auf breiter Basis Verbündete für unsere Strategie haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, bitte.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Die angesprochene rücksichtslose Gewinnmaximierung im Rahmen der Massenproduktion betrifft vor allem und in einer ganz entsetzlichen Art und Weise Tiere als empfindsame und leidfähige Lebewesen. (Ruf bei der ÖVP: Nicht in Österreich!)  – Sehr wohl in Österreich! Leider sehr wohl auch in Österreich!

Treten Sie endlich dafür ein, dass im Rahmen der Europäischen Union keinerlei Subventionen mehr dafür gezahlt werden, dass Lebendviehexporte unter entsetzlichen Bedingungen stattfinden, und dass in Zukunft Subventionen möglicherweise auch für eine völlig sinnlose Vernichtung von Lebewesen bezahlt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass Österreich im Jahr 1999 ein eigenes Memorandum hinsichtlich der Frage Tiertransporte in der Europäischen Union eingebracht hat. Das Ziel, sage ich Ihnen ganz klar, liegt darin, Lebendtiertransporte für Schlachtungen zu vermeiden, und wenn Transporte durchgeführt werden, sie unter möglichst tierfreundlichen Bedingungen durchzuführen.

In diesem Sinne habe ich auch beim Agrarministerrat diese Woche zum Tagesordnungspunkt Tiertransport meine Position neuerlich klargestellt. Ich kann Ihnen mitteilen, dass ich immer stärker auch von anderen Kollegen unterstützt werde. Sie wissen aber, dass es einige Länder in der Europäischen Union gibt, die letztendlich auch aus wirtschaftlichen Interessen weiterhin für diese Lebendtiertransporte eintreten. Wir haben daher aus meiner Sicht intensivste Überzeugungsarbeit zu leisten, damit wir das österreichische Ziel, nämlich möglichst keine Lebendtiertransporte zum Schlachten bestimmt und bei Tiertransporten möglichst gute Bedingungen, erreichen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schwemlein, bitte.

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Frage der Kollegin Achatz zeigte ja auch eine berechtigte Kritik auf. Meine Frage an Sie: Was haben Sie konkret vor, um die kleinbäuerliche Struktur in Österreich nicht nur zu erhalten, sondern diesen kleinen Bauern, die unter sehr schlechten Bedingungen arbeiten, auch eine bessere wirtschaftliche Grundlage zu geben? Wir wissen ja, die bessere wirtschaftliche Grundlage ist in der Folge auch das gesündere, bessere Produkt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! In erster Linie müssen wir jetzt danach trachten, vor allem auf den Märkten wieder vernünftige Bedingungen zu haben, auch auf dem Rindermarkt, weil gerade die Bauern in den Grünlandgebieten, die kleineren Bauern in besonderer Weise betroffen sind. Ich mache darauf aufmerksam – manche haben das offensichtlich noch nicht realisiert –, dass von diesen katastrophalen Preisen in erster Linie die kleineren Betriebe in den benachteiligten Gebieten betroffen sind.

Zweitens: Sie wissen, dass wir den Sockelbetrag bei der Bergbauernförderung in zwei Etappen realisieren: Beginn im heurigen Jahr, Vollausbau im kommenden Jahr; eine ganz wichtige Maßnahme.


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Drittens: Sie wissen, dass wir in Österreich im Umweltprogramm bereits eine Modulation nach Betriebsgrößen vorgenommen haben. Ich halte es daher für notwendig – das habe ich Ihnen schon gesagt –, dass auch auf europäischer Ebene im Interesse der kleineren Betriebe bei Marktordnungszahlungen diese Staffelung nach Betriebsgrößen kommt. (Beifall bei der ÖVP.)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen zur 3. Anfrage. Ich bitte Herrn Abgeordneten Pirklhuber, diese Frage vorzutragen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Angesichts der aktuellen Agrarkrise gibt es ein Umdenken bei Bäuerinnen und Bauern und bei Konsumenten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Verlesung des Textes der schriftlich eingebrachten Anfrage!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

68/M

Welche speziellen Maßnahmen werden Sie jetzt zur gezielten Ausweitung des biologischen Landbaus im Bereich Förderung, Beratung und Vermarktung setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Mit ÖPUL 2000 haben wir mehr Mittel für die Biobauern zur Verfügung, und das ÖPUL 2000 wird angewendet. Es stehen für die Biobauern insgesamt etwa 1,5 Milliarden bis 1,6 Milliarden Schilling im Rahmen des ÖPUL zur Verfügung. Sie wissen, dass die exakte Zahl von der Anzahl der teilnehmenden Betriebe abhängt.

Zweitens: Wir fördern die Verbände. Richtig ist, Herr Abgeordneter, dass wir im heurigen Jahr bei der Verbandsförderung weniger Mittel zur Verfügung stellen, weil ich meine – und dazu stehe ich –, dass auch in der Frage der Bio-Verbände letztendlich eine Effizienz- und eine Strukturdiskussion notwendig ist. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass wir derzeit, glaube ich, 16 oder 17 Verbände haben, die in diesem Bereich tätig sind.

Drittens: Wir fördern die Erzeugergemeinschaften, auch die Erzeugergemeinschaft im biologischen Landbau, wie Sie wissen, mit etwa 6 Millionen Schilling pro Jahr.

Viertens stehen für die Biobauern und auch für die Organisationen selbstverständlich die Möglichkeiten der ländlichen Entwicklung zur Verfügung, insbesondere der regionalen Vermarktungsprojekte mit Tourismus und Gastronomie. Hier sehe ich große Chancen für den Bio-Landbau.

Fünftens: Es steht selbstverständlich die Maßnahme Vermarktungsverbesserung auch dem biologischen Landbau zur Verfügung. Ich plane derzeit zwei konkrete Studien und Projekte, einerseits zur Nutzung der sich nun ergebenden Chancen im Bereich Fleischvermarktung aus biologischen Produkten und zweitens in Richtung anderer Bio-Produkte, wie etwa Milch oder Gemüse, um auch da jetzt eine Initiative zu setzen und auf den Bedarf der Konsumenten und des Marktes richtig zu reagieren.

Sechstens: Sie wissen, dass wir im Rahmen von Bildung und Beratung selbstverständlich Mittel zur Verfügung haben, die auch für die Organisationen des biologischen Landbaus zur Verfügung stehen.

Siebentens: Sie wissen, dass wir bereits seit dem vergangenen Jahr ein Bio-Konzept erarbeitet haben, das nun einer öffentlichen Diskussion unterzogen wird. Zur Diskussion dieses Bio-Konzeptes wird im nächsten Monat eine Enquete stattfinden. Sie wissen das, Herr Abgeordneter, weil Sie selbst daran mitgearbeitet haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Das stimmt, Herr Bundesminister.

Meine Zusatzfrage lautet: Werden Sie im Sinne der Transparenz und Konsumenteninformation eine österreichische Bio-Dachmarke etablieren, und wie viel Budget werden Sie dafür zur Verfügung stellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass es eine derartige Initiative der Biobauern selbst bereits gibt. Es ist eine Marke kreiert, die "Bio plus" heißt, und ich denke, dass wir uns, aufbauend auf den verschiedenen Marken, die es derzeit rund um das österreichische Gütesiegel für den biologischen Landbau gibt, verstärkt um dessen öffentliche Präsentation kümmern müssen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Parfuss, bitte.

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie wissen, dass im EU-Kontrollbesuchsbericht eine Reihe von gravierenden Mängeln in der Tierhaltung festgehalten sind.

Welche Maßnahmen, Herr Bundesminister, werden Sie setzen, um diese Mängel auszumerzen, wie zum Beispiel, die Landwirtschaft verstärkt an das Niveau des biologischen Landbaus in der Tierhaltung heranzuführen? Die Schweinehaltung haben Sie bereits angesprochen, aber: Was ist mit den Kälbern, und was ist mit der Kontrolle in der Tierhaltung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Dieser Kontrollbericht auf Basis einer Kontrollreise von Inspektoren der Europäischen Kommission liegt vor und steht den Bundesländern selbstverständlich zur Verfügung. Es ist klar, dass die Bundesländer entsprechende Konsequenzen aus diesem Kontrollbericht ziehen müssen, einerseits was die notwendige Adaption der einen oder anderen Regelung betrifft, andererseits aber selbstverständlich auch, was die Frage der Einhaltung betrifft.

Wir haben im Bereich der Investitionsförderung einen Schwerpunkt gesetzt, für besonders artgerechte Tierhaltung einen höheren Zuschuss zu geben.

Ich gehe davon aus, dass die Europäische Union ihre Standards weiter verschärfen wird. Ich denke, dass der jetzt vorliegende Vorschlag für die Schweinehaltung verbesserungsfähig, verbesserungswürdig ist und damit eine gute Grundlage für europaweit einheitliche, möglichst hohe Standards bietet. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hornegger, bitte.

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wie werden von der Agrarpolitik die sich auf den Märkten für Bio-Produkte bietenden Chancen noch besser genützt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir derzeit diese beiden Projekte planen, einerseits hinsichtlich der Optimierung im Bereich Fleisch und Fleischvermarktung biologischer Erzeugnisse, andererseits im Bereich Bio-Milch und anderer biologischer Produkte.


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Zweitens denke ich, dass die angesprochene Marken-Strategie, die Kollege Pirklhuber angesprochen hat, ein wichtiges Element wäre. Eine Sorge, die die Konsumenten mir gegenüber äußern, ist, dass sie ein Problem mit der Pickerlvielfalt haben. Sie haben ein Problem mit der Pickerlvielfalt, weil sich keiner mehr so richtig auskennt, wer wo dahinter steht. Und daher ist diese Idee einer Konzentration – und darum ersuche ich auch die Verbände – hinsichtlich dieser Bewerbung ein ganz zentraler Punkt.

Und ich meine drittens, dass die verschiedenen Vermarktungsformen, die wir haben, diese Direktvermarktungsformen, die Bauernmärkte, aber auch die größeren Vertriebsformen des Handels, entsprechend genutzt werden müssen. Ziel muss es sein, dass alle biologisch produzierten Produkte auch als biologisch vermarktet werden. So weit sind wir aber leider noch nicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Donabauer, bitte.

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bei den äußerst schwierigen Verhandlungen zur Agenda 2000 haben Sie sich nachhaltig für zukunftsorientierte Vorschläge in der Landwirtschaft, in der Agrarpolitik eingesetzt, wie zum Beispiel für die Einführung der Größendegression bei den Ausgleichszahlungen, die Positionierung der flächenbezogenen Tierhaltung und vieles mehr. Leider haben Sie dort nicht die entsprechende Zustimmung gefunden, und zwar auch von Ländern, die sozialdemokratische Regierungen haben.

Bei dieser wichtigen Entscheidung zur Agenda 2000, bei der es um die Zukunft des ländlichen Raumes geht, ist Ihnen aber eines gelungen, nämlich das Programm ländliche Entwicklung festzuhalten. Meine Frage an Sie: Was leiten Sie davon ab? Welche Bedeutung hat dieses Programm für die bäuerlichen Betriebe in Österreich und für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des ländlichen Raumes?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer:
Herr Abgeordneter! Dieses Programm ländliche Entwicklung ist ein Schlüsselteil einer agrarpolitischen Strategie, wie ich sie verstehe. Für Österreich stehen aus europäischen Mitteln jährlich 5,8 Milliarden Schilling zur Verfügung; das sind 9,7 Prozent der gesamten Mittel, die in Europa für dieses Projekt ländliche Entwicklung zur Verfügung stehen.

Angesichts eines etwaigen Anteils österreichischer Landwirtschaftsbetriebe und österreichischer Produktion von 2 Prozent am gesamten EU-Topf können Sie ersehen, dass diese fast 10 Prozent eine Anerkennung dessen sind, was Österreich tut: insbesondere das Umweltprogramm, die Bergbauernförderung, die forstliche Förderung, die Investitionsförderung, der Sektorplan und dieses Projekt ländliche Entwicklung im engeren Sinne. Dadurch können wir diese Kooperationsmodelle zwischen Landwirtschaft, Gewerbe, Wirtschaft vertiefen und damit Arbeit und Beschäftigung auch im ländlichen Raum schaffen und einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität bäuerlicher Betriebe und ländlicher Regionen leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zur Anfrage 66/M, die vom Herrn Abgeordneten Schwarzenberger formuliert wird.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

66/M

Was sind die zentralen Ziele, die mit der Errichtung einer "Agentur für Ernährungssicherheit" erreicht werden sollen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Diese Agentur für Ernährungssicherheit soll folgende Ziele erreichen:

Erstens die wirksame und effiziente Kontrolle der Ernährungssicherheit zum Wohl von Mensch, Tier und Pflanze.

Zweitens wollen wir damit eine Bündelung der Vollzugs- und Kontrollkapazitäten aus den verschiedenen Rechtsbereichen schaffen, in einer ersten Stufe der Rechtsbereiche Lebensmittelrecht, Veterinärrecht und des gesamten Betriebsmittelrechts, also etwa Futtermittelrecht, Pflanzenschutzmittelrecht, Düngemittelrecht und Saatgutrecht.

In einer zweiten Ausbaustufe wollen wir die Länder einladen, diese Agentur zu unterstützen und auch ihre Kapazitäten einzubringen, sodass wir eine durchgängige Kontrolle und einen effizienten Vollzug all dieser Rechtsbereiche sicherstellen können.

Das Ziel dieser Agentur lautet daher: Kontrolle vom Feld bis zum Ladentisch, vom Stall bis zur Theke, damit dieses durchgängige Kontroll- und Effizienzprinzip Sicherheit und Qualität für die Konsumenten darstellt. Wir wollen die Laborkapazitäten effizient nutzen, damit wir auch zusätzliche und neue Kontrollaufgaben übernehmen können. Ich denke auch, dass im Bereich der Forschung und der Koordination von Forschung diese Agentur im Bereich Lebensmittelernährung auch eine Funktion übernehmen wird können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Bundesminister! Wie soll die Organisationsstruktur dieser Agentur für Ernährungssicherung aussehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Wir arbeiten derzeit an einer gesetzlichen Grundlage für diese Agentur. Es soll eine Körperschaft öffentlichen Rechts sein, eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu 100 Prozent im Besitz der Gebietskörperschaften – natürlich zu 100 Prozent im Besitz der Gebietskörperschaften, weil hoheitliche Aufgaben in dieser Organisation zu vollziehen sind.

Es wird daher auch einen Aufsichtsrat in dieser Einrichtung und einen wissenschaftlichen Beirat geben, damit wir letztendlich auch auf Grund von wissenschaftlichen Koordinationen mit europäischen Institutionen jeweils am letzten Stand des verfügbaren Wissens sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Bundesminister! Da die Konstruktion dieser Agentur eine Körperschaft ist, ist diese Agentur auch verschiedenen Interessengruppen zugeneigt. Es können auch Industriebetriebe Aufträge geben. Es ist auch vorgesehen, dass Sie als Landwirtschaftsminister entsprechende Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden. Wie kann angesichts dieser Rechtskonstruktion die Unabhängigkeit dieser Agentur gewährleistet werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Mit der Unabhängigkeit ist das so eine Sache. Gestern hat dieses Haus eine Chance zur Unabhängigkeit einer Institution versäumt. Das möchte ich Ihnen so sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir stellen mit dieser Konstruktion sicher, Frau Abgeordnete, dass wir dort eine Aufsichtsfunktion haben, wo sie aus meiner und letztendlich auch aus Ihrer Sicht verlangt wird, also dort, wo die Gesetzgebung und die Initiative stattfinden, das heißt auch in den Ministerien.


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Zweitens gehe ich davon aus, dass wir mit diesem wissenschaftlichen Beirat auch eine breite Transparenz dieser Institution haben. Es ist in dieser Konstruktion nicht vorgesehen, dass es Aufträge im Sinne von Industrie oder so etwas gibt, sondern dass die Vollziehung und die Kontrolle der Rechtsvorschriften durch diese Agentur konzentriert vom Bund und in der zweiten Stufe auch gemeinsam mit den Landesinstitutionen durchgeführt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Maier, bitte.

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Nach dem Bericht des nicht ständigen BSE-Untersuchungsausschusses wurden auf europäischer Ebene klare Vorgaben getroffen. Der Veterinärbereich kam zur Generaldirektion Gesundheit- und Verbraucherschutz. Meine Frage lautet daher: Mit welcher Begründung befindet sich nun in der geplanten Agentur Ihr Ministerium, das Landwirtschaftsministerium? Gibt es dafür eine konkrete Begründung, da klare Unterschiede zu dieser europäischen Vorgabe bestehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich bin Ihnen für diese Zusatzfrage sehr dankbar, weil sie zeigt, dass Sie doch endlich zur Kenntnis nehmen, wie die Kompetenzlage in Österreich ist. Wir haben seit Beginn der siebziger Jahre das Vier-Augen-Prinzip in Österreich. Sie wissen, dass seit Beginn der siebziger Jahre das Lebensmittelrecht und das Veterinärrecht im Bereich des Gesundheitsministeriums liegen und das Landwirtschaftsministerium für die Frage Betriebsmittelrecht zuständig ist.

Dieses Vier-Augen-Prinzip hat die Europäische Kommission seit 1997 verwirklicht. Dieses Vier-Augen-Prinzip soll auch in dieser Agentur gegeben sein, aber die Effizienz des Vollzugs und der Kontrolle soll verbessert werden, indem diese Kontrollvorgänge besser aufeinander abgestimmt durchgeführt und die Länderaufgaben mit einbezogen werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine weitere Zusatzfrage zu diesem Thema liegt mir nicht vor.

Daher kommen wir zur Frage 73/M, die von Frau Abgeordneter Sima formuliert wird.

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

73/M

Welche Vorkehrungen gegen schädliche Umweltauswirkungen (zum Beispiel Abfallentsorgung, Wasserreinhaltung, Bodenschutz, Naturschutz) haben Sie im Zuge der BSE-Krise und des Schweinemastskandals bisher gesetzt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Erstens: Wir haben existierende Rechtsgrundlagen, beispielsweise im Wasserrechtsgesetz. Wir haben Verordnungen, die Abwasser aus Schlachtbetrieben und Fleisch verarbeitenden Betrieben, Abwasser aus Betrieben zur Herstellung von Knochenleim, Gelatinen, Abwasser aus der konzentrierten Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere, Abwasser aus der Tierkörperverwertung und Abwasser aus der Reinigung von Verbrennungsgas regeln.

Zweitens: Ich bin dankbar dafür, dass dieses Hohe Haus – zumindest der Ausschuss, und ich gehe davon aus, auch das Hohe Haus – das Düngemittelrecht verschärft. Ich begrüße diese Initiative dezidiert, dass wir tierische Proteine als Düngemittel verbieten, damit auf Grund des Tiermehlverfütterungsverbotes kein Druck in Richtung Düngemittel entsteht. Das ist klug und richtig.

Drittens haben wir im Abfallwirtschaftsbereich mit dem Abfallwirtschaftsgesetz eine saubere rechtliche Grundlage, wie wir etwa jetzt bezüglich der Entsorgung von Tiermehl vorgehen. Sie können sicher sein, dass es auf Basis dieses Abfallwirtschaftsgesetzes entsprechende Geneh


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migungen gibt, dass nur in jenen Betrieben Tiermehl verbrannt wird, die tatsächlich auch die "Bedingungen" – unter Anführungszeichen – für diese Verbrennung erfüllen. Wir haben daher aus meiner Sicht jene Rechtsgrundlagen geschaffen, dass wir die Beseitigung des Tiermehls auch ohne Probleme bewältigen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, können Sie auch die Garantie dafür übernehmen, dass das Grundwasser und damit das Trinkwasser für viele Menschen frei von Hormon- und Antibiotikarückständen bleibt und ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.


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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer:
Sie wissen, Frau Abgeordnete, dass wir ständig Grundwasseruntersuchungen durchführen und dass es das Ziel meiner Wasserpolitik und jener der Bundesregierung ist, Grundwasser, und zwar sämtliches Grundwasser, als Trinkwasser grundsätzlich zur Verfügung zu stellen, wobei ich weiß – und zwar nicht nur ich –, dass wir in manchen Regionen, wo es eine intensivere landwirtschaftliche Bewirtschaftung in Kombination mit intensiver Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit gibt, damit Probleme haben. Dieser Bekämpfung gilt unser besonderes Augenmerk, und daher haben wir auch mit dem neuen Wasserrechtsgesetz, das seit 1. Jänner dieses Jahres in Kraft ist, die entsprechende Rechtsgrundlage verbessert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hornek, bitte.

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Durch welche Abfallbehandlungsmaßnahmen wird sichergestellt, dass Tiermehl ordnungsgemäß entsorgt werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Derzeit ist die Situation so, dass wir an und für sich einen hohen Standard in der Tiermehlproduktion haben.

Zweitens gibt es klare Bedingungen dafür, wie mit Sonderrisikomaterial umzugehen ist, nämlich Verbrennung von Sonderrisikomaterial.

Drittens führen wir das Tiermehl, das derzeit in Österreich anfällt, der ordnungsgemäßen Verbrennung zu, weil es letztendlich ein Verfütterungsverbot gibt.

Und viertens bereite ich die wissenschaftliche Klärung der Alternativen zur Tiermehlproduktion und letztendlich damit auch zur Verbrennung vor, weil ich denke, dass etwa in der Frage der Biogaserzeugung oder der Veresterung von tierischen Fetten hin zu Treibstoffen eine interessante Perspektive und Alternative zur Verbrennung gegeben wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, bitte.

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister! Der Trend zur Massentierhaltung und die damit verbundene Ausweitung von vielen Betrieben haben in der Vergangenheit zu verschärften Konflikten zwischen Wohnbevölkerung, Anrainern, Nachbarn und Betriebsinhabern geführt. In Deutschland laufen derzeit umfassende Untersuchungen, was die Gesundheitsgefährdung durch Abluft, Allergene, Viren, Keime, Toxine et cetera betrifft.

Warum ist es nicht möglich, in Österreich auch ein umfassendes Projekt zu starten und zu untersuchen, welche Gesundheitsgefährdungen auf Grund von Massentierhaltung auf die Wohnbevölkerung zukommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass wir eine gesetzliche Grundlage haben, über deren Qualität in der Anwendung wir beide unterschiedlicher Auffassung sind. Es ist das die Umweltverträglichkeitsprüfung, die selbstverständlich auch derartige Projekte ab einer bestimmten Schwelle erfasst. Aber ich werde mir sehr gerne anschauen, welche Projekte in dieser Frage auf wissenschaftlicher Ebene in Deutschland laufen, um auch für uns die notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gibt es dazu noch einen Wunsch auf Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur nächsten Anfrage. – Herr Abgeordneter Fallent, bitte.

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

71/M

Welche konkreten Ziele werden mit dem Benchmarking-Projekt betreffend die österreichische Abwasserwirtschaft verfolgt, in welchem Stadium befindet sich das Projekt, und wann ist mit den ersten konkreten Ergebnissen zu rechnen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Dieses Benchmarking-Projekt in der Siedlungswasserwirtschaft hat das Ziel, die Effizienz der entsprechenden Strukturen, die wir in Österreich mit relativ hohen öffentlichen Mitteln gefördert haben, zu steigern. Benchmarking kann und wird Optimierungspotentiale aufzeigen.

Zweitens: Benchmarking hat den Vorteil, dass es zur Motivation der Betreiber und der Mitarbeiter kommt, weil Benchmarking letztendlich aufzeigt, ob ich vorne bin oder Nachholbedarf habe.

Drittens: Ich sehe darin einen gewissen und notwendigen Gedanken der Wettbewerbsorientierung, auch in diesen Strukturen, damit wir uns im Wettbewerb sozusagen besser an einem Effizienz- und Qualitätsziel orientieren können.

Wie läuft das Projekt ab? – In Österreich nehmen etwa 70 Anlagenbetreiber an diesem Benchmarking-Projekt teil. Es ist in drei Teile gegliedert. Das Modul 1, das Vorprojekt in Richtung methodischer Ansätze, ist abgeschlossen. Derzeit läuft die Phase 2, in der die Benchmarking-Teilnehmer auf Basis einer individuellen Kosten- und Leistungsrechnung aus dem Jahr 1999 und technischer Kenngrößen ihre Leistungsdokumentation aufbereiten. Das Modul 3, das nun in der ersten Jahreshälfte durchgeführt wird, soll jetzt die Vergleichbarkeit herstellen. Ich denke, dass wir Mitte des heurigen Jahres, also etwa im Juni, fertig sein werden und auch die Ergebnisse präsentieren können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird vom Anfragesteller eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich Kollegen Matthias Ellmauer auf. – Bitte.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bereits 1854 wurde im Reichsforstgesetz die Nachhaltigkeit für die Bewirtschaftung der österreichischen Wälder festgeschrieben. Sie haben diese Nachhaltigkeit zum Prinzip der österreichischen Umweltpolitik gemacht. Nunmehr hat sich die österreichische Bundesregierung auch zur Nachhaltigkeit der Wasserbewirtschaftung bekannt. Können Sie uns die diesbezüglichen Eckpunkte mitteilen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Wasserstrategie, die die österreichische Bundesregie


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rung vergangenes Jahr bereits beschlossen hat, ist eines der Schlüsselelemente im Konzept der Nachhaltigkeit, wobei ich betone: Nachhaltigkeit bedeutet: ökonomische Nachhaltigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und soziale Nachhaltigkeit. Das Prinzip lautet daher: Schützen ist das erste, prioritäre Ziel, und das zweite betrifft die verantwortliche Nutzung. Das ist das Konzept.

Das bedeutet erstens, dass wir die Wasserressourcen dauerhaft nutzbar halten müssen, und zwar alle: Fließgewässer, Seen, aber vor allem auch das Grundwasser. Das bedeutet zweitens, den Anspruch zu halten, sämtliches Grundwasser als Trinkwasser zur Verfügung zu haben. Darin unterscheiden wir uns deutlich von anderen europäischen Ländern. Drittens wollen wir die natürliche Beschaffenheit unserer Gewässer sicherstellen und viertens selbstverständlich den Menschen vor den Gefahren des Wassers schützen. Ich denke dabei etwa an den Hochwasserschutzbau oder die Verbauungsmaßnahmen in den Gebirgsregionen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Bis wann werden Sie die technischen Richtlinien und die Förderrichtlinien zum Umweltförderungsgesetz im Hinblick auf kostengünstige dezentrale Abwasserentsorgung überarbeiten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Wir sind intensiv am Verhandeln, um diese Umarbeitung vorzunehmen, wobei ich Ihnen sehr klar sage, dass das ein etwas komplexer Verhandlungsprozess ist, wie Sie als Mitglied dieser Kommission auch wissen. Wir müssen ein Agreement finden, damit die Länder, vor allem aber auch die Gemeinden dieses Projekt mittragen. Bei den Gemeinden – das sage ich Ihnen auch sehr offen – gibt es unterschiedliche Zugänge, je nachdem, ob es sich um eine städtische oder um eine ländliche Gemeinde handelt.

Mein Ziel ist es, dass wir diese Überarbeitung möglichst rasch vornehmen, damit für alle Beteiligten wieder Klarheit herrscht, dass wir dabei aber schon auf die notwendigen Prioritäten eingehen und spezifische Fragen, wie etwa die Entsorgung im ländlichen Raum, in besonderer Weise beachten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Brix, bitte.

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Bundesminister! In den Medien tauchen vermehrt Berichte darüber auf, dass Österreich oder verschiedene Institutionen in Österreich daran denken, Trinkwasser in das Ausland zu verkaufen. Wir wissen aber ganz genau, dass es genügend Gebiete in Österreich gibt, wo das Grundwasser und somit das Trinkwasser auf Grund vieler Verunreinigungen nicht einwandfrei ist, wie zum Beispiel im Marchfeld.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister, lautet daher: Wie stehen Sie konkret dazu, Österreichs Trinkwasser zu exportieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich möchte noch einmal die Prinzipien wiederholen. Erstens: Schutz als prioritäres Ziel, zweitens: Priorität hat selbstverständlich die Versorgung der österreichischen Bevölkerung, das ist ganz klar. Es sagt auch der Rechtsrahmen des Wasserrechtsgesetzes, dass eine Genehmigung für die Nutzung nur dann erteilt wird, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Drittens: Bei diesen öffentlichen Interessen geht es selbstverständlich um die langfristige Sicherheit und Nachhaltigkeit – und diese Diskussion sollten wir führen.

Wir haben in Österreich allein in den letzten sieben Jahren – damit Sie eine Größenordnung haben –, also zwischen 1993 und 1999, über 90 Milliarden Schilling in die Reinhaltung investiert.


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56. Sitzung / Seite 29

Ich denke, dass wir auch Potentiale für die wirtschaftliche Nutzung haben, ohne dass wir damit das Prinzip der Nachhaltigkeit und der Priorität für die österreichische Bevölkerung in Frage stellen. Darum geht es mir. Damit wir die entsprechenden Grundlagen haben, habe ich drei Studien in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse – so hoffe ich – Mitte heurigen Jahres zur Verfügung stehen werden.


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56. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen zur 7. Anfrage, die von Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig formuliert wird. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

69/M

Womit begründen Sie Ihre jahrelange Untätigkeit hinsichtlich des illegalen und legalen Antibiotikaeinsatzes in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Österreich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Ich begründe meine jahrelange Tätigkeit als Landwirtschaftsminister auch in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen nur einige Beispiele aufzeigen. Erstens: Wir haben auch dank österreichischer Initiative in der Europäischen Union im Jahre 1997 Avoparcin verboten und weitere Zulassungen nicht mehr verlängert. Zweitens: Wir haben während der österreichischen EU-Präsidentschaft erreicht, dass Zink-Bacitracin, Spiramycin, Virginiamycin und Tylosinphosphat als Antibiotika in Futtermitteln verboten werden. Drittens: Wir haben intensiv daran mitgewirkt, dass wir in weiteren Schritten letztendlich auch die Ratsentschließung des Jahres 1999 zum Antibiotika-Verbot verwirklicht haben. Sie wissen, dass wir beispielsweise im vergangenen Agrarministerrat am 29. einen österreichischen Vorschlag betreffend ein gänzliches Antibiotika-Verbot in Futtermitteln eingebracht haben. Wir haben dafür bei acht Ländern, wenn ich mich richtig entsinne, eine dezidierte Unterstützung erhalten, und die Kommission hat zugesagt, dass sie einen Vorschlag erarbeiten wird, über den in der Folge dann abgestimmt werden kann.

Wir haben bei der Futtermitteluntersuchung ganz spezifisch auf diese Frage, Antibiotika und Hormone, einen Kontrollschwerpunkt gesetzt. Ich habe mit Kollegen Böhmdorfer gesprochen, um Sie informieren zu können: Auf Grund von 64 Faktenvorwürfen laufen derzeit 43 Verfahren. Es werden demnächst zwei Verhandlungen geführt. Diese Verfahren gehen schon teilweise auf einen längeren Erhebungszeitraum zurück, sind also nicht erst jetzt eingeleitet worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister! Am 30. Mai des vergangenen Jahres sind Sie von Frau Abgeordneter Madeleine Petrovic persönlich über die Missstände – insbesondere über den illegalen Medikamenteneinsatz in der Schweinehaltung – informiert worden. Sie haben aber keine wesentlichen Schritte dazu gesetzt, dass diese Praktiken im großen Stil abgesetzt werden. Wie begründen Sie das?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Ich möchte ganz klar sagen, dass das nicht stimmt. Ich bin von Frau Abgeordneter Petrovic auch darüber informiert worden, dass entsprechende Anzeigen laufen, und ich gehe daher davon aus, dass die in Österreich zuständigen Behörden eine entsprechende Ahndung vornehmen werden. Sie wissen, dass derzeit ein Verfahren, genau diesen einen, von Frau Kollegin Petrovic genannten Betrieb betreffend, im Gange ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Hannes Bauer, bitte.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Beantwortung ausgeführt, dass Sie tätig sind, andererseits aber liest man in den Medien, dass Sie vom Umfang des Einsatzes von Antibiotika überrascht sind. Ich glaube, Sie müssen sich entscheiden, ob Sie überrascht sind oder tätig waren. Das ist der erste Punkt.

Zweitens: Was tun Sie, Herr Bundesminister, da selbst ein AMA-Gütesiegel-Betrieb ein davon betroffener Betrieb ist, für die Wiederherstellung des Vertrauens der Konsumenten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich möchte noch einmal das wiederholen, was ich zu Beginn dieser Diskussion gesagt habe: Hier handelt es sich um kriminelle Machenschaften, die entsprechend geahndet und sanktioniert werden müssen. Hier darf und kann es kein Pardon geben. Hier werden auch die gesetzlichen Grundlagen verschärft, wie Sie wissen. Das Tierarzneimittelverkehrsgesetz stellt in Zukunft auch den Besitz von illegalen Tiermedikamenten strafbar. Und ich weiß, dass auch daran gearbeitet wird, im lebensmittelrechtlichen Bereich die entsprechenden Sanktionen zu verschärfen.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich, wo immer ich die Möglichkeit habe, selbstverständlich in aller Klarheit gegen diese kriminellen Machenschaften auftrete und daher höchstes Interesse daran habe, dass alles, was es in diesem Zusammenhang aufzuklären gilt, auch aufgeklärt wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wenitsch, bitte.

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Minister! In Österreich haben wir zum Schutz unserer Konsumenten die strengsten Erzeugerrichtlinien Europas und wahrscheinlich der ganzen Welt. Durch den freien Warenverkehr der EU werden jedoch immer mehr Agrarprodukte und Nahrungsmittel importiert, die mit Substanzen behandelt und versetzt wurden, die in Österreich strengstens verboten sind.

Herr Minister! Wird es in Zukunft endlich zu EU-einheitlichen Erzeugerrichtlinien kommen, um die Gesundheit der österreichischen Konsumenten nicht weiter zu gefährden und den für österreichische Bauern ungleichen Wettbewerb zu beenden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich habe schon erklärt, dass Österreich dafür eintritt – nicht nur ich, sondern auch Kollege Haupt –, dass wir einheitliche, möglichst hohe Standards der Zulassungen etwa im Bereich Tierarzneimittel, etwa im Bereich Pflanzenschutzmittel in Europa haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweitens gehen wir davon aus – das war auch Gegenstand der Diskussion am Montag im Agrarministerrat –, dass selbstverständlich auch importierte Produkte diesen europäischen Standards entsprechen müssen, weil es wohl keine Differenzierung geben kann, wenn es um die Gesundheit der Konsumenten geht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Alle in Österreich wünschen sich eine überschaubare, nachvollziehbare, kleinstrukturierte Landwirtschaft. Gerade in Österreich besteht jedoch eine so quasi europaweit einzigartige Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Und den Druck dieser konzentrierten Lebensmittelhändler spürt gerade die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft.


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56. Sitzung / Seite 31

Herr Bundesminister! Was werden Sie unternehmen, damit durch Kostenwahrheit die erschwerte Produktion von Österreichs Bauernhöfen auch in fairen Preisen sichtbar wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Erstens ist es Ziel, dass die Landwirtschaft einen wesentlichen Einkommensteil aus der Vermarktung ihrer Produkte erzielen kann. Ich finde das fair.

Zweitens plane ich, dass wir auch eine klare öffentliche Diskussion über die Wertschöpfungskette und über den Anteil der einzelnen Sektoren dieser Wertschöpfungskette am Verdienst führen. Ich halte es für fair, dass die Öffentlichkeit auch darüber informiert wird, weil es letztendlich Kosten der Produktion gibt. Je höher die Ansprüche sind, desto höher sind diese Kosten, und letztendlich haben alle Wirtschaftsbeteiligten das Recht, dass Kosten abgegolten werden.

Weiters ist dazu zu sagen, dass es Aufgabe der Agrarpolitik ist, etwa dort, wo zusätzliche Ansprüche der Gesellschaft gestellt werden – Stichwort Umweltprogramm –, diese zusätzlichen Leistungen abzugelten. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit kommen wir zur 8. Anfrage. Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf wird diese formulieren. – Bitte.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

67/M

Wie ist der Stand bezüglich der Sicherheits- und Umweltverträglichkeitsprüfung in Temelin?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Auf Basis des Ergebnisses von Melk sind die Etablierung der Info-Hotline, das "Early warning System" und die ersten Schritte der Energiepartnerschaft umgesetzt. Wir haben aber auch eine weitgehende Umsetzung im Bereich des Sicherheitschecks. Ich kann Sie darüber informieren, dass morgen die Kommission – so, wie vereinbart – nach Österreich kommt, um die österreichischen Sicherheitsbedenken von unseren Experten präsentiert zu bekommen, um letztendlich auch eine Beurteilungsgrundlage zu haben. Der nächste Schritt ist dann, dass die Kommission diese unsere Bedenken in Prag präsentiert.

Im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung haben wir ein gewisses Problem, weil aus österreichischer Sicht nicht – oder noch nicht – die notwendige Klarheit der tschechischen Seite gemäß Melk über die Implementierung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf Basis der EU-Direktive gegeben ist. Ich habe heute früh, bevor ich ins Parlament gefahren bin, mit dem dafür zuständigen Koordinationskollegen auf der tschechischen Seite, Jan Kavan, geredet und ihm klar gemacht, dass Österreich auf die volle Umsetzung der Ergebnisse von Melk beharrt. Ich habe ihn auch darauf aufmerksam gemacht, dass in diesem Zusammenhang letztendlich schon Zeitverzug gegeben ist und dass das auch Auswirkungen auf die Verfahrensdauer haben kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, bitte.

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister! Vor einem halben Jahr hat dieses Haus mittels eines Vier-Parteien-Antrages ein Stromimportverbot von Tschechien gefordert und beschlossen. Wie beurteilen Sie als Umweltminister, dass Ihr Partei- und Regierungskollege Martin Bartenstein bis zum heutigen Tage die nötigen Schritte zur Umsetzung dieses Stromimportverbotes aus Tschechien nicht gesetzt hat?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Sie kennen die ganz klare Haltung des Kollegen Bartenstein.


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Sie ist von ihm auch in der Öffentlichkeit bekannt gegeben worden. Wir haben mit dem ElWOG-Gesetz Gott sei Dank die Rechtsgrundlage geschaffen. Ich meine, dass wir gerade mit der Kennzeichnung europaweit vorbildlich sind. Andere europäische Länder beginnen jetzt, diese Kennzeichnung nach unserem Modell einzuführen. Sie können sicher sein, dass Herr Kollege Martin Bartenstein sowohl die Initiativen des Parlaments als auch der Bundesregierung selbstverständlich mitträgt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Gaßner, bitte.

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Bundesminister! In welcher Weise wollen Sie die Transparenz der Umweltverträglichkeitsprüfung, wie sie in Melk vereinbart wurde, für Temelin und vor allem für die Menschen in der Grenzregion sicherstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! So wie bisher wird in bewährter Weise das Umweltbundesamt diese Arbeiten koordinativ übernehmen und selbstverständlich auch die Möglichkeiten, wie etwa die des Internets, anbieten, um auf transparente Weise eine möglichst klare Einbindung aller Bedenken, die es in diesem Zusammenhang gibt, sicherzustellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Ich glaube, ich kann auch die letzte Anfrage aufrufen. Ich bitte um kurze Zusatzfragen und kurze Antworten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Ich habe mich zu einer Zusatzfrage gemeldet!) – Nein. Bei den Freiheitlichen ist hier ein Strich, aber wenn Sie das Wort wollen, können Sie es haben. Diese Zusatzfrage ist im Unterschied zu den anderen nicht angemeldet. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Minister! Es ist so, dass Zeitungsberichten zu entnehmen war, dass sich die Atom-Lobby in Tschechien durchgesetzt hat und wieder einmal gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist. Sie haben jetzt gesagt, dass die Vereinbarung von Melk gilt. Was werden Sie tun, wenn Tschechien nicht bereit ist, diese Vereinbarung einzuhalten? Gibt es da Ihrerseits einen Krisenplan?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Erste Priorität hat selbstverständlich die vollständige Umsetzung der Ergebnisse von Melk, weil dies einerseits im Interesse der Sicherheit – der Sicherheitscheck läuft morgen an – und andererseits im Interesse der UVP gelegen ist. Wir haben der tschechischen Seite sehr klar gesagt, dass die Position des österreichischen Parlaments und der österreichischen Regierung hinsichtlich der angesprochenen Frage des Energiekapitels selbstverständlich gilt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich rufe jetzt die 9. Anfrage auf, die Herr Abgeordneter Wimmer stellt. – Bitte.

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

74/M

Welche Offensivmaßnahmen zum Schutze der SchweinefleischkonsumentInnen haben Sie auf Grund der in den letzten Jahren immer wieder aufgetauchten Hinweise illegaler Verwendung von Tierarzneimitteln in der Schweinemast ergriffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich möchte Ihnen nur einige Beispiele dieser Initiativen nennen. Wir haben in der Europäischen Union mit der Agenda 2000 grundsätzlich vereinbart, dass in der ländlichen Entwicklung und bei den Marktordnungsmaßnahmen Mindeststandards,


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wie etwa Umweltschutzeinhaltung, Hygiene und Tierschutz, gelten, die Förderungsvoraussetzungen sind. Das gilt selbstverständlich und wird auch entsprechend kontrolliert.

Zweitens: Wir haben in der Förderung einen besonderen Schwerpunkt auf artgerechte Tierhaltung gelegt. Wir haben – das habe ich schon angesprochen – einen besseren Fördersatz, wenn artgerechte Projekte verwirklicht werden. Wir wissen, dass etwa 50 Prozent aller Projekte nach diesen Prinzipien – artgerechte Tierhaltung – verwirklicht worden sind.

Drittens: Sie kennen – das wurde heute auch schon angesprochen – die österreichischen Initiativen hinsichtlich der Frage Antibiotikaverbot, Einsatz im Futtermittel und die entsprechenden Kontrollen dazu.

Viertens: Ich habe immer die Etablierung der Tiergesundheitsdienste unterstützt, auch – wie Sie aus dem Ausschuss wissen –, wenn konkrete Projekte vorhanden waren, aus Mitteln des Bundes. Ich habe bereits vor einem Dreivierteljahr diese Plattform zwischen Landwirtschaft und Tierärzteschaft unter Führung von Professor Leibetseder etabliert, die diese Gesundheitsdienste noch effizienter und transparenter flächendeckend verwirklichen sollen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie meinten vorhin bei einer Beantwortung, die Bundesländer müssen die Konsequenzen aus dem EU-Kontrollbericht ziehen. Meine Frage lautet: Worin bestehen die Konsequenzen in Ihrem Ressort und jene, die Sie daraus ziehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich habe schon gesagt, dass die Bundesländer selbstverständlich, wenn es notwendig ist, einerseits im rechtlichen Bereich, andererseits aber im Bereich der Vollziehung ihre Vorhaben nicht nur konkret verbessern, sondern auch der Union berichten müssen. Natürlich unterstützt Österreich alle Initiativen, die es gibt – das habe ich auch schon angesprochen –, wie etwa die Frage der artgerechten Haltung im Schweinebereich, um auf europäischer Ebene möglichst hohe Standards zu erhalten. Mein Anliegen ist nicht nur der österreichische, sondern der gesamteuropäische Schutz und ist auch die artgerechte Tierhaltung. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grollitsch, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Der Einsatz von Arzneimitteln ist wohl dort am größten, wo sich die Mast bei Schweinen am weitesten von der artgerechten Tierhaltung entfernt. Teilen Sie meine Einschätzung, dass man sich beim Kauf heimischen Schweinefleisches dadurch Steigerungsmöglichkeiten erwarten kann, dass man österreichweit einheitliche Tierschutzbestimmungen erlässt, oder setzen Sie weiterhin auf diesbezügliche Maßnahmen – träge Maßnahmen – der EU?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich setze auf möglichst hohe Standards der Tierhaltung, und das sehr wohl auch auf europäischer Ebene. Da sage ich auch klar warum, nämlich weil es letztendlich um den gesamteuropäischen Standard geht, auf den alle Tiere, die in Europa gehalten werden, ein Recht haben.

Weiters muss auch klar gesagt werden, dass das auch eine Frage der Wettbewerbsverhältnisse ist. Ich kann doch nicht auf Dauer nur darauf schauen, wie es in Österreich geht. Es ist wichtig und notwendig, das auszubauen, aber wenn wir einen Binnenmarkt haben, dann wollen wir einheitlich möglichst hohe Standards haben.


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Zweitens gehe ich davon aus, dass die Länder dort Verbesserungen vornehmen, wo sie notwendig sind. Drittens ist es meine Überzeugung, dass man selbstverständlich in der Tierhaltung ohne Antibiotika als Futtermittelzusatzstoffe auskommen kann, wenn die Tierhaltung einerseits den artgerechten Ansprüchen entspricht und andererseits auch auf die notwendige Stallhygiene geachtet wird. (Beifall bei der ÖVP.)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Wegen einiger "schwarzer Schafe" bei Bauern und Tierärzten wird in Österreich medial der Eindruck erweckt, als ob sich die österreichischen Bauern mehrheitlich kriminell verhalten würden. Wie kann dieses völlig falsche Bild wieder zurechtgerückt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter Auer! Die erste Maßnahme sehe ich darin, dass sämtliche Behörden, sämtliche Institutionen alles dazu tun, damit diese kriminellen Machenschaften aufgezeigt, aufgedeckt, geahndet und sanktioniert werden.

Zweitens müssen wir dort, wo es zur Effizienzsteigerung notwendig ist, die Kontrollkoordination verbessern, etwa mit dieser Agentur für Ernährungssicherheit, wie wir sie in Österreich planen.

Drittens müssen wir die Standards auf europäischer Ebene verschärfen – Stichwort Antibiotikaverbot.

Viertens müssen wir in Österreich die gesetzlichen Grundlagen verbessern – Lebensmittelrecht, Tierarzneimittelrecht.

Fünftens müssen wir auf europäischer Ebene eine einheitliche Vollziehung und einen einheitlichen Standard auch in der Genehmigung anstreben.

Sechstens gehe ich davon aus, dass es in Österreich notwendig sein wird, dass wir auch letztendlich so etwas wie Marketing- und Imagekampagnen für die verantwortungsvoll produzierenden österreichischen Produzenten zum richtigen Zeitpunkt starten. Meine Sorge ist nämlich, dass aufgrund krimineller Machenschaften Betriebe, die ordnungsgemäß und verantwortlich produzieren, davon betroffen sind und selbstverständlich auch wirtschaftlichen Schaden nehmen. Die entscheidende Frage ist daher, dass wir den Konsumenten das Vertrauen in die guten österreichischen Produkte rasch wieder zurückgeben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kollege Kogler, bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Geschätzter Herr Minister! Wie beurteilen Sie das Kontrollsystem im Tiermast- und Konsumentenschutzbereich in Österreich, wenn etwa der zuständige steirische Landesrat Erich Pöltl entweder in hoffnungsloser Naivität oder in komplizenhafter Machenschaft die Öffentlichkeit voreilig davon informiert, was und wer kontrolliert werden soll?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! In Kenntnis der Person des Herrn Landesrates und seiner verantwortlichen Tätigkeit möchte ich erstens die Einleitung Ihrer Frage zurückweisen und Ihnen zweitens sagen, dass wir dort, wo diese Effizienz zu verbessern ist, auch rasch entsprechende Vorschläge erarbeiten werden. Dieser Zwei-Stufen-Plan mit der Ernährungsagentur, mit der Kontrollkoordination unter Einbindung der Länder soll die Effizienz, manche Schnittstellenproblematik, die es durchaus gibt, verbessern und vor allem für alle Betroffenen, für die Wirtschaft und die Bauern, klarere Vollzugsstrukturen in der Kontrolle darstellen. Es ist richtig, dass wir das tun, und das wird dem Hohen Haus rasch zugemittelt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Damit haben wir alle eingebrachten Anfragen behandelt, und ich kann die Fragestunde als beendet erklären.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe zwei nachträgliche Entschuldigungen für die heutige Sitzung, nämlich Frau Abgeordnete Dr. Povysil und Herr Abgeordneter Gradwohl. (Rufe bei der SPÖ: Gradwohl ist da! Er ist da!)  – Das war ein Missverständnis: nicht Gradwohl, sondern Grabner. – Hoffentlich ist er nicht auch da. (Abg. Dr. Khol: Die kann man nicht verwechseln! – Heiterkeit.)

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Mag. Tancsits und Genossen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung schriftlich eingebrachte Anfrage Nummer 1840/J an den Herrn Bundesminister für Inneres betreffend "Gewalt von links" dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen, die Ihnen alle bekannt sind, wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass die Abgeordneten Dr. Krüger und Dr. Baumgartner-Gabitzer beantragt haben, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 370/A der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer und Dr. Krüger betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer "Kommunikationsbehörde Austria" und weitere Bundesgesetze eine Frist bis zum 28. Februar 2001 zu setzen.

Es liegt mir das Verlangen auf Durchführung einer Kurzdebatte vor.

Da wir für 15 Uhr eine Dringliche Anfrage anberaumt haben, wird diese Kurzdebatte nach Abschluss der Debatte über die Dringliche stattfinden und sodann gleich die Abstimmung über den Antrag vorgenommen werden.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen nach § 33 (1) der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, und zwar zur Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft und anderer Bundesminister im Zusammenhang mit illegalen Praktiken bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln und jahrelanger politischer Untätigkeit.

Es liegt mir auch das von fünf Abgeordneten gestellte Verlangen vor, darüber eine Debatte durchzuführen.

Nach § 33 (2) der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben heute zwei Punkte, zu denen die Ausschussberichte noch nicht 24 Stunden aufliegen, daher ist von der 24-stündigen Auflagefrist Abstand zu nehmen, wenn wir diese Punkte in Verhandlung nehmen wollen.


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Es handelt sich dabei um die Tagesordnungspunkte 26 und 27: Berichte des Immunitätsausschusses über Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler, 477 und 478 der Beilagen.

Dafür ist, wie erwähnt, eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Ich stelle zunächst fest, dass das erforderliche Quorum für eine solche Abstimmung gegeben ist.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Auflagefrist zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig und daher – jedenfalls mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – beschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen. Ich bitte, diese zur Kenntnis zu nehmen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 1618/AB bis 1626/AB.

2. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Ergänzung der Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Regierungsvorlage 352 der Beilagen betreffend Umweltmanagementgesetz – UMG (Zu 352 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § (3) BHG, BGBl. Nr. 213/1986, in Zusammenhang mit P 3 des Allgemeinen Teiles des Fahrzeugplanes für das Jahr 2000 (Vorlage 20 BA).

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 365/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Volkszählungsgesetz 1980 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (424 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (428 der Beilagen);


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Justizausschuss:

Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz – GewRÄG (422 der Beilagen);

Landesverteidigungsausschuss:

Antrag 372/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen betreffend Neutralität und Sicherheitsdoktrin;

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 368/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen betreffend Aufforderung an die Bundesregierung zur Vorlage eines umfassenden Konzeptes für die Förderung der aktiven Sportausübung;

Umweltausschuss:

Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz – Pkw-VIG (423 der Beilagen),

Antrag 373/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (ALSAG-Novelle 2001);

Unterrichtsausschuss:

Antrag 366/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen betreffend Lehramtszeugnis für Behinderte,

Antrag 369/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Sonder-Maßnahmenpaket zur Ausbildung von Experten in Informations- und Kommunikationsberufen;

Verfassungsausschuss:

Volksbegehren neue EU-Abstimmung (445 der Beilagen),

Antrag 367/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, BGBl. 379 /1984, in der Fassung BGBl I 159/1999, geändert wird,

Antrag 370/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung einer "Kommunikationsbehörde Austria" ("KommAustria") und eines Bundeskommunikationssenates erlassen wird sowie das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz, das Rundfunkgesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Telekommunikationsgesetz, das Zugangskontrollgesetz, das Signaturgesetz und das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 geändert werden;

Wirtschaftsausschuss:

Antrag 371/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Günter Kiermaier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird.

*****

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen mir Vorschläge hinsichtlich der Zusammenfassung von Tagesordnungspunkten vor, und zwar mögen die Punkte 1 bis 5, 9 und 10, 11 und 12, 13 bis 20,


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22 bis 25 sowie 26 und 27 jeweils zusammengefasst und gemeinsam debattiert werden. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall, dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein und berichte, dass in der Präsidialkonferenz Konsens über folgende Redeordnung erzielt wurde: Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten sowie Grüne 104 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage, ob es Gegenstimmen gegen diese Blockredezeiten gibt. – Das ist nicht der Fall, damit ist es einstimmig so genehmigt.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundesregierung (III-61 der Beilagen) über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1999) sowie die Empfehlungen 2000 der Kommission gemäß § 7 LWG (454 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994 geändert wird (455 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Wildschadensbericht 1999 (III-70 d.B.) des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (456 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 199/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Anpassungen des Forstrechts an die naturschutzfachlichen Erfordernisse (457 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 244/A (E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend "Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet" (458 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 5 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wünscht einer der Berichterstatter das Wort zur mündlichen Berichterstattung? – Dies ist nicht der Fall.

Daher gehen wir in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sima. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.


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10.13

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der erste Punkt der Tagesordnung, der Grüne Bericht, ist auch eine gute Gelegenheit, eine kurze Bilanz über die Ereignisse der letzten Wochen im Landwirtschaftsbereich zu ziehen. Ich muss sagen, die Bilanz fällt in vielen Fällen leider vernichtend aus.

In den letzten Wochen hat sich ein Landwirtschaftsskandal an den anderen gereiht. Wir haben zuerst BSE, von dem es in Österreich Gott sei Dank noch keinen Fall gibt – ich hoffe, es bleibt auch dabei. (Abg. Schwarzenberger: Die Vorfreude war zu früh bei den Genossen!) – Nein, ich hätte mich wirklich nicht darüber gefreut, das können Sie mir glauben.

Es gibt einen Schweineskandal ungeahnten Ausmaßes, über den täglich neue Details bekannt werden. Seit gestern wissen wir, dass auch der Geflügelbereich von diesem Skandal nicht verschont geblieben ist.

Es hat sich herausgestellt, meine Damen und Herren, dass systematisch Medikamente und Hormone an Schweine und Geflügel verfüttert werden. Das sind nicht, wie hier immer dargestellt wird, ein paar Einzelfälle, sondern das ist leider systematisch passiert. Es ist ein System aufgebaut worden, mit dem diese Medikamente und Hormone an die Bauern verkauft wurden.

Auch Sie, Herr Minister, sprechen leider immer nur von "schwarzen Schafen", aber bedauerlicherweise handelt es sich hiebei um ein illegales Netzwerk und um eine systematische Verteilung von illegalen Medikamenten. Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, das nicht glauben will, dem möchte ich die Lektüre eines Buches empfehlen, es heißt "Gesundheitsrisiko Schweinefleisch". Es wurde in einem Jahr von den "Vier Pfoten" recherchiert, und das Buch enthält sehr viele interessante Details für jene, die noch immer daran zweifeln, dass es sich dabei um einen groß angelegten Skandal handelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Der Skandal weitet sich täglich aus. Wir erfahren täglich neue grauenvolle Details. Sie stehen nach den letzten Wochen vor den Trümmern Ihrer Landwirtschaftspolitik. (Abg. Schieder: Sehr richtig!) Viele Konsumenten stellen sich jetzt die Frage, was sie eigentlich noch essen sollen. Das Rindfleisch ist problematisch wegen BSE, bei Schweinen haben wir das Problem mit Hormonen und Medikamenten, und beim Geflügel ist es genauso.

Ich werde von sehr vielen Konsumenten angesprochen, die mich fragen, was sie eigentlich noch essen sollen, was sie noch essen können, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. – Allein die Tatsache, dass diese Frage gestellt werden muss, beweist für mich, dass Ihre Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre einfach gescheitert ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, Herr Bundesminister, haben – diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen – nichts oder nur sehr wenig unternommen, und wenn, dann nur unter massivem Druck entweder von Seiten der EU oder von Seiten der Opposition, oder erst durch Aufdeckung der Skandale durch Tierschutzorganisationen. Erst dann sind Sie tätig geworden.

Konkret zum Fall des Schweineskandals: Ich habe mir angeschaut, welche Hinweise es gibt. Man kann Ihnen zugestehen, dass es in den Jahren 1995 vielleicht Einzelfälle waren. Aber spätestens seit dem Jahre 2000, allerspätestens seit Februar 2000, mehren sich die dokumentierten Hinweise. Es gibt Artikel, es gibt Anfragen in diesem Haus, es gibt Anträge, es gibt noch mehr Artikel in Zeitungen. Da mehren sich die Hinweise, dass dieser Skandal größere Ausmaße als ein paar Einzelfälle hat.

Spätestens da, Herr Bundesminister, hätten bei Ihnen doch die Alarmglocken läuten müssen! Da hätten Sie doch tätig werden müssen. Sie haben vorhin in der Fragestunde gesagt, das sei seinen Weg gegangen. Da hätten Sie doch hinter die Kulissen schauen müssen, ob da nicht ein größeres System dahintersteckt. Aber nein, es braucht eine unabhängige Tierschutzorganisation, die sich über Spenden finanziert, die diesen Skandal nach einem Jahr kleinster Recherchearbeit aufdeckt – etwas, wozu Sie und Ihre Behörden nicht in der Lage waren. Ich halte das für einen unglaublichen Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)


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Grundsätzlich kann der einzige Ausweg aus dieser Krise aus meiner Sicht eigentlich nur eine Neuorientierung der österreichischen Agrarpolitik sein. (Abg. Schwarzenberger: Die die ökologischste aller 15 EU-Länder ist!) Das ist die einzige Möglichkeit, wie wir aus diesem Dilemma herauskommen, eben eine Orientierung in Richtung ökologische Landwirtschaft mit sozialen Standards, mit artgerechter Tierhaltung. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und dem Abg. Schwarzenberger. ) – Herr Kollege, Sie kommen dann auch noch zu Wort, dann können Sie uns Ihren Standpunkt mitteilen. (Abg. Schwarzenberger: Ich werde antworten! – Abg. Prinz: Das wird dann eine wohltuende Rede werden!) – Ich kann mir schon vorstellen, Herr Kollege Prinz, dass Ihnen meine Rede nicht gefällt, weil Sie unbequeme Reden nicht so gern mögen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Nachdem ihr bei allen Landwirtschaftskammerwahlen verliert, wollt ihr die Bauern zur Gänze ruinieren! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Schwarzenberger! Was ich gerne möchte, sind gesunde Lebensmittel für alle Konsumenten. Ich glaube, jeder Konsument hat ein Recht auf gesunde Lebensmittel! (Beifall bei der SPÖ.)

Wann, wenn nicht jetzt, gibt es endlich diese Neuorientierung in der Landwirtschaftspolitik, Herr Minister? – Ich vermisse leider sämtliche Aussagen Ihrerseits, die in diese Richtung gehen.

Mein Eindruck ist – dieser wird leider immer mehr verstärkt –, dass von ihrer Seite hauptsächlich beschwichtigt wird. Der Vorsitzende der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern saß auch einige Jahre in diesem Haus, und er war letzte Woche zum Beispiel im "Report" zu Gast. Das, was er dort von sich gegeben hat, hat mich sehr erstaunt, und zwar angesichts der unglaublichen Lage. Er hat nämlich gesagt, dass es zwar "schwarze Schafe" gebe, aber die österreichischen Lebensmittel seien nach wie vor die sichersten auf der ganzen Welt, und wenn es einen größeren Medikamenteneinsatz gegeben hätte, dann hätte man das sicher gewusst, weil man permanent Proben untersucht hat.

Ich finde, angesichts der jetzigen Situation ist diese Aussage völlig unglaubwürdig. Gefragt danach, wer an diesem Skandal schuld sei, sagt er: im Prinzip die ganze Gesellschaft, aber natürlich die Konsumenten, weil sie das gekauft haben. – Da frage ich mich schon, ob es bei Ihnen nicht zu einer gewissen Realitätsverweigerung kommt, dass Sie nicht sehen, dass das ganze System krank ist.

Ich frage mich: Für wie dumm halten Sie die Leute? – Sie wollen gesunde Lebensmittel haben, sie haben bisher dem Landwirtschaftssystem vertraut und werden jetzt vor die ernüchternden Tatsachen gestellt. Ich verstehe nicht, mit welcher fast schon Präpotenz Sie hergehen und sagen: Das sind Einzelfälle, und es ist eigentlich alles in Ordnung. – Also, das hat mich persönlich sehr erschüttert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Na geh! Das ist ja keine Wortwahl bitte! – Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.  – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen und schaltet kurz das Mikrophon der Rednerin aus.)

Das Mikrophon war kurz ausgeschaltet. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war auch gut so!) – Herr Westenthaler! Ihnen sollte man auch öfter das Mikrophon abdrehen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Sie haben aber eine merkwürdige Demokratieauffassung! Das muss ich Ihnen schon sagen!)

Herr Bundesminister! Herr Kollege Khol! Kollege Westenthaler hat mir gerade zugerufen, dass es gut wäre, wenn mir das Mikrophon abgedreht würde. Also Sie brauchen sich wirklich nicht aufzuregen. (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, ich habe gesagt, ...!) – Sie brauchen sich nicht aufzuregen und als Moralapostel aufzuspielen. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Die Menschen wollen nicht mehr länger beschwichtigt werden, sie wollen ein umfassendes Maßnahmenpaket. Sie wollen, dass die Fakten auf den Tisch gelegt werden und dass es endlich Maßnahmen gegen BSE und illegalen Medikamenteneinsatz gibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Nürnberger! Sind die Streiks heute in die Hosen gegangen? – Abg. Edlinger: Österreich wird von einer Regierung der Peinlichkeiten regiert! – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist der gescheiterte Finanzminister? – Abg. Edlinger  – in Richtung


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des Abg. Ing. Westenthaler –: Wasserträger! Kärntner Wasserträger! – Abg. Ing. Westenthaler: Gescheiterter Finanzminister! Abgewählter Edlinger!)

Ich halte es für essenziell, dass es eine Gesamtreform dieses Landwirtschaftssystems gibt. Wir werden diesmal nicht mit Systemkosmetik über die Runden kommen, und ich möchte daher namens meiner Fraktion folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Maier, Mag. Ulli Sima, Lackner und GenossInnen betreffend Forcierung des Biolandbaues in Österreich durch die Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert, dem Biolandbau in Österreich nicht nur bei Sonntagsreden seine Unterstützung zu versichern, sondern durch konkrete Aufstockung der Förderungsmittel für einen weiteren Ausbau dieser besonders ökologisch und tierfreundlich geführten Wirtschaftsweise stärker zum Durchbruch zu verhelfen.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

10.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag, den Frau Abgeordnete Mag. Sima eingebracht hat, ist genügend unterstützt, entspricht der Geschäftsordnung und steht daher mit in Verhandlung. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Achatz. Sie hat das Wort.

10.23

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Glawischnig! (Abg. Schwarzenberger: Nein, das war Sima! Glawischnig ist die Klügere!) Entschuldigung! Frau Kollegin Sima! Zu Ihrer Kritik, die zum Teil berechtigt ist, das ist überhaupt keine Frage; nur eines muss ich Ihnen schon sagen, Frau Kollegin Sima: Diese Situation europaweit und in Österreich ist eine Folge der Agrarpolitik (Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Heinzl: Der letzte Landwirtschaftsminister war ein Sozialdemokrat, nicht?), der Agrarpolitik der Europäischen Union. In diese Europäische Union wollten die Sozialisten und der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky ohne Wenn und Aber – ohne Wenn und Aber, ich erinnere Sie daran! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Frau Kollegin Ederer hat den österreichischen Familien versprochen: Wenn wir in der Europäischen Union sind, werden die Lebensmittel um so viel billiger – nicht besser, billiger hat sie gesagt –, dann erspart sich eine Familie 1 000 S im Monat. – Das waren ihre Versprechungen! (Abg. Dr. Pumberger hält einen 1 000 S-Schein in die Höhe.)

Noch etwas zu den unabhängigen Tierschutzorganisationen und den "Vier Pfoten". Ich frage mich: Wo waren diese Organisationen vor dem EU-Beitritt, als bekannt war, wie diese EU-Agrarpolitik abläuft? – Da waren sie nicht da, da haben sie geschwiegen, da haben sie sich mit Bundeskanzler Vranitzky fotografieren lassen. Ich möchte das nur in Erinnerung rufen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir diskutieren heute auch den Grünen Bericht 1999, und ich muss sagen, leider wird er auf Grund der Ereignisse der letzten Zeit nicht die notwendige Aufmerksamkeit bekommen, die ihm eigentlich gebührt. (Abg. Schieder: Die EU füttert nicht die Schweine! Die EU füttert nicht die Schweine!) – Man kann das auch lächerlich machen, wie das jetzt die SPÖ macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Man kann einen Skandal daraus machen, man kann alle Bauern kriminali


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sieren, so wie die SPÖ und die Grünen das machen, man kann den Ruf eines ganzen Bauernstandes ruinieren, und Sie lachen noch dazu. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Sie haben nur Ausflüchte! Es fällt Ihnen nichts ein!)

Wir diskutieren einen Grünen Bericht, wonach 1999, in einem ganz normalen Bauernjahr, die Bauern 3 Prozent Einkommensverlust hinnehmen mussten. Jahr für Jahr müssen die österreichischen Bauern Einkommensverluste hinnehmen. Die SPÖ lacht dazu, die Grünen auch. (Abg. Sophie Bauer: Sie haben geschwiegen und nichts unternommen!) Im Grunde wird zugeschaut, wie ein gesamter Bauernstand von der Wohlstandsentwicklung abgekoppelt wird.

Aber die dramatischen Einkommenseinbußen, die die Bauern im heurigen Jahr hinnehmen müssen, werden katastrophal. Diese BSE-Krise erschüttert die gesamte Europäische Union und trifft die österreichischen Rinderbauern völlig ungerechtfertigt.

Bei allen BSE-Tests in Österreich – 12 000 Tests wurden bisher vorgenommen – ist kein einziger BSE-Fall aufgetreten. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis, und freuen Sie sich darüber! Reden Sie nicht ständig einen Skandal herbei! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Lenken Sie nicht ab! Sie lenken ab!)

Trotzdem ist der Markt, obwohl es in Österreich keinen BSE-Fall gibt, für die österreichischen Bauern total eingebrochen. Sie können ihre Rinder nicht mehr verkaufen, und es besteht die Gefahr, Herr Bundesminister – da müssen wir jetzt aufpassen, und da besteht Handlungsbedarf –, dass sie die ÖPUL-Förderungen nicht mehr bekommen, weil die vorgeschriebene Viehzahl pro Hektar überschritten wird.

Herr Bundesminister Molterer! Ich ersuche Sie dringend, hier ganz rasch die notwendigen Schritte zu setzen, damit die Rinderbauern nicht auch noch Strafe zahlen müssen und aus dem ÖPUL-Programm herausfallen. Völlig unschuldig kommen die österreichischen Rinderbauern in diese existenzbedrohliche Lage.

Für mich ist es unverständlich, Herr Bundesminister, dass die Milchbauern in Österreich den Verwaltungsgerichtshof anrufen müssen, um zu ihrem Recht zu kommen, und zwar bei der Umwandlung der D-Milch-Quote in die A-Quote, eine laut EU-Recht vorgesehene Umwandlung. Nur die AMA hat den österreichischen Landwirten diese Umwandlung bisher praktisch verboten. Bitte, sorgen Sie dafür, dass die Bauern da zu ihrem Recht kommen!

Ein weiteres Problem, Herr Bundesminister, bei dem auf EU-Ebene Handlungsbedarf besteht, ist ein Abkommen, wonach jährlich 500 000 Rinder aus den Ostblockstaaten in die Europäische Union importiert werden. Diese Importe müssen angesichts dieser dramatischen Krise gestoppt werden.

Durch den stagnierenden Absatz von Milchkühen wird es auch zur Überlieferung der Milchquote kommen. Herr Bundesminister! Es kann nicht sein, dass die Bauern jetzt auch noch Strafe in Form einer Superabgabe zahlen müssen.

Das ist übrig geblieben – so kann man es sagen – vom Feinkostladen eines Herrn Fischler. Was hat dieser Herr den österreichischen Bauern nicht alles versprochen? – Ein Markt von 380 Millionen Menschen wartet auf unsere guten bäuerlichen Produkte. Jetzt ist dieser Millionenmarkt weggebrochen. Statt dessen will Herr Kommissar Fischler Millionen Rinder zur Marktbereinigung verbrennen und entsorgen.

Die Tatsache, dass die EU-Agrarpolitik völlig gescheitert ist, und zwar auf allen Linien, kann jetzt sicherlich niemand mehr bestreiten. 600 Milliarden Schilling werden jährlich in diese Agrarpolitik investiert. Hunderttausende Bauernexistenzen sind in den letzten Jahren europaweit vernichtet worden. Milliarden werden in undurchsichtige Import-Export-Subventionen gesteckt, in die Lagerhaltung, ja in die Lebensmittelvernichtung. Konzerne und industrielle Agrarwirtschaft werden hoch subventioniert.


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Der jüngste Fall, wonach 600 Millionen Schilling direkt in die Hände der Mafia gegangen sind, welche gepanschtes Rinderfett als Butter an die Nahrungsmittelkonzerne verkauft hat, ist uns ja auch noch in Erinnerung. – Alles Gelder, die man der Landwirtschaft anrechnet und zurechnet, die aber niemals bei den Bauern ankommen.

Und was fordert dieser Kommissar Fischler jetzt? – Er will den "gläsernen Bauernhof". Das traut sich Kommissar Fischler jetzt den europäischen Bauern zu sagen. Statt dass endlich – endlich! – eine "gläserne Vergabe" erfolgt und endlich einmal offen gelegt wird, wo diese 600 Milliarden Schilling hingehen, in welch dunkle Kanäle sie fließen, fordert Kommissar Fischler den "gläsernen Bauern". – Das halte ich wirklich für einen Skandal!

Herr Bundesminister! Mit der Agenda 2000 sind nicht nur positive Signale gesetzt worden, sondern mit dieser Agenda 2000 – wogegen wir Freiheitliche gestimmt haben, das muss man schon auch in Erinnerung rufen – sind die Preise für die Bauern weiter gesenkt worden: für die Rinderbauern, für die Getreidebauern und für die Milchbauern. Unsere Bauern müssen zu Weltmarktpreisen produzieren, haben aber bedeutend schlechtere Produktionsbedingungen als ihre Konkurrenz. (Abg. Auer: So ist das!) Es kann ja wirklich niemand mehr verstehen, dass bei uns verbotene Arzneimittel in Bayern erlaubt sind, um 30 Prozent billiger sind, jedes dritte in Österreich geschlachtete Schwein aus Bayern kommt und unsere Bauern schwerst kriminalisiert werden, wenn sie die gleichen Produkte wie die bayerischen Bauern verwenden! So kann es nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Bundesminister, richten Sie bitte Herrn Kommissar Fischler aus: Nicht der "gläserne Bauernhof" ist das Gebot der Stunde, sondern EU-weit einheitliche Produktionsbedingungen: strenge Auflagen, aber einheitliche.

Und mit noch einem Problem werden die Bauern alleine gelassen, und zwar mit den gnadenlosen, brutalen – man kann fast sagen: erpresserischen – Methoden der Handelsketten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Richtig! )

Wissen Sie, sehr geehrte Kollegen auch von der SPÖ und von den Grünen, unter welchen Bedingungen die Bauern verhandeln müssen? – Da kommt der Aufkäufer einer Handelskette zu einem Schweinemäster, bietet dem Schweinemäster den Tagespreis von holländischen Mastschweinen plus Transportkosten. Wenn der österreichische Bauer zu diesem Preis nicht verkaufen will, rollen schon die Tiertransporte von Holland nach Österreich. Diese holländischen Schweine werden in Österreich geschlachtet und werden mit der Schlachtung zu österreichischen – das ist der wirkliche Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Und ihr seid schuld!) Und der Konsument weiß überhaupt nicht, woher das Schnitzel kommt.

Herr Bundesminister! Wenn nicht raschest gleiche Umwelt-, Tierschutz-, Futtermittel-, Arzneimittel-, Wasserrechts- und Düngemittelgesetze, gleiche Produktionskosten bei den Betriebsmitteln EU-weit geschaffen werden, wird es in Österreich bald keinen Bauernstand mehr geben. Sie, Herr Bundesminister, haben bei der Umsetzung dieser Forderung jede Unterstützung der Freiheitlichen – sowohl in Österreich als auch in Brüssel oder Straßburg –, meine Betonung liegt aber auf "rasch". Gelingt die Umsetzung dieser Forderungen nicht, Herr Bundesminister, werden wir Freiheitliche nicht zuschauen, wie der Bauernstand in Österreich ruiniert wird, dann werden wir die Renationalisierung der Agrarpolitik bei gleichzeitiger Kürzung der Beiträge nach Brüssel fordern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

10.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! (Der Redner stellt eine Schachtel, mit Trauerflor versehen, auf das Rednerpult! – Abg. Böhacker: Sind das die grünen Landwirtschaftsminister?) Kollegin Achatz, eine Bemer


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kung zu Ihrer Rede: Sie sollten weniger schreien und mehr auf das achten, was Sie vor Jahren gefordert haben, wie zum Beispiel ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. Das haben Sie nicht realisiert, auch nicht in Ihren Regierungsverhandlungen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber kommen wir zur Causa prima der letzten Wochen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Achatz und Böhacker. ) Das ist dieses Agrar-Paket, meine Damen und Herren. (Abg. Haigermoser: Das ist ein Rednerpult, kein Schreibpult!) Dieses Paket ist Ausdruck der jahrelangen Bemühungen der Grünen in diesem Hohen Haus, die österreichische Landwirtschaft zu ökologisieren, unsere konkreten Beiträge: Hunderte von Anträgen, die Sie nicht entsprechend, gebührend beachtet haben, auch Sie nicht, Herr Bundesminister, und das ist der Skandal, der jetzt offensichtlich wurde. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Sündenregister der ÖVP-Agrarpolitik besteht eben darin, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Dem Trend in Richtung Massentierhaltung wurde nichts entgegengesetzt. Das letzte Ergebnis: die UVP-Gesetzgebung, die Hinaufsetzung der entsprechenden Richtwerte für die Massentierhaltung. Herr Bundesminister! Da sind Sie mit verantwortlich, und zwar federführend verantwortlich.

Sie haben Gesundheitsgefährdungen im Wesentlichen geduldet, Sie haben in Ihrem Förderungssystem nach wie vor keine soziale Dimension, Sie haben die Modulation in Österreich nicht eingeführt, wie das andere Länder wie Frankreich und Großbritannien getan haben, und Sie haben ökologische Reformen verweigert. Der Konsumentenschutz wurde grob fahrlässig vernachlässigt – das liegt sicher nicht nur an Ihrem Ressort, aber in Ihrer Zuständigkeit wäre es gelegen, in Zusammenarbeit mit den anderen Ressorts für eine entsprechende Weichenstellung zu sorgen –, und es wurden schließlich auch keine Maßnahmen gegen Nitrat- und Pestizidbelastung gesetzt. – Der vorliegende Grüne Bericht zeigt einmal mehr, dass alle Maßnahmen seit 1995 nicht wirklich entscheidende, neue Verbesserungen gebracht haben. Das ist das Problem, meine Damen und Herren.

Aber viel mehr als der vorliegende Grüne Bericht sind es derzeit die aufgedeckten Skandale im Bereich der intensiven Schweine- und Geflügelhaltung, die der Öffentlichkeit, die den KonsumentInnen für die Auswirkungen einer fehlgeleiteten Agrar- und Konsumentenschutzpolitik die Augen öffnen. Das ist der Kern der Frage. – Da ist nichts geschehen, Herr Bundesminister, und zwar entgegen allen Ihren Beteuerungen. Da sitzt die ganze Schweinewirtschaft im Schlamassel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Schweinebranche, die ja hier sind! Da müssten Sie sich einmal fragen: Was ist hier nicht passiert, welche Versäumnisse liegen vor? – Da geht es nicht um einige "schwarze Schafe" – aber überhaupt nicht! –, sondern um ein fehlgeleitetes System, das in seinem Kern korrupt und kriminell ist. Meine Damen und Herren! Das ist das Ergebnis der letzten Wochen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich werde das auch begründen: Wenn ein Obmann des Vereines der österreichischen Schweineerzeuger, Ökonomierat Jost, zurücktreten muss, weil er Tierärzte in seinen eigenen Betrieb als Betreuungstierärzte hereinholte – nämlich den bayerischen Tierarzt, der jetzt verhaftet wurde –, und dies als Obmann des größten Vereines, als Mitglied der Landwirtschaftskammer, dann ist das doch skandalös, bitte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das kann man doch nicht dabei bewenden lassen, dass Sie hier Lippenbekenntnisse für den biologischen Landbau in Österreich abgeben, Lippenbekenntnisse, hinter denen eben nicht die Maßnahmen stehen, die wir – sie finden sich hier in diesem Paket – seit Jahren von Ihnen einfordern. (Abg. Schwarzenberger: Warum decken Sie die Drogenmafia in Wien? – Abg. Edlinger: Das ist ein interessanter Zwischenruf von Ihnen gewesen, dass Sie die Bauern mit der Drogenmafia in einen Topf werfen!)

Aber, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, auch Sie werden hier nicht gut wegkommen. Es ist doch so, dass illegale Arzneimittelimporte schon 1995 ... (Neuerliche Zwischenrufe des Abg.


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Schwarzenberger. ) Kollege Schwarzenberger! Hören Sie noch zwei, drei Minuten zu! Sie kommen dann ohnehin gleich dran.

Auch die SPÖ hat jahrelang Maßnahmen aus dem Lebensmittelgesetz nicht umgesetzt, obwohl es in ihrer Ressortverantwortung lag. Illegale Arzneimittelimporte wurden zum Beispiel schon 1995 von namhaften Futtermittelfirmen in Österreich an Ihr Ministerium, meine Damen und Herren, gemeldet. – Nichts ist geschehen! Das ist das Versäumnis auf der Seite der Konsumentenschutzpolitik, und das wollen wir auch nicht verschweigen, Herr Bundesminister. Da gibt es Verantwortungen, die nicht eingelöst wurden im Namen der österreichischen Landwirtschaft und auch im Interesse der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich werde Ihnen an einem Beispiel Ihre Verantwortung noch einmal genau darstellen, Herr Bundesminister, nämlich konkret im Bereich der Schweine- und Geflügelwirtschaft. Sie haben 1995 ein Sonderinvestitionsprogramm für die Schweine- und Geflügelbranche durchgesetzt. Das war ein großer Erfolg für diese Branche. Was aber war der Inhalt dieser Richtlinie? – Billiges Geld, billige AIK-Kredite. Nur 35 Prozent der Futtermittel mussten gemäß dieser Sonderrichtlinie aus dem eigenen Betrieb sein, nur 35 Prozent! Sie sprechen von flächengebundener Tierhaltung, und das in einer Sonderinvestitionsrichtlinie. Das ist doch unglaublich, das ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die wirkliche Spitze dieses Eisberges ist, dass in diesem Sonderinvestitionsprogramm dezidiert drinnen steht, dass die Tierbestandsobergrenzen gemäß Viehwirtschaftsgesetz nur bis Programmende, nämlich nur bis zum 31. Dezember 1999, einzuhalten sind. Das ist doch unglaublich, dass Geld hergegeben wird, damit die Betriebe sozusagen vorsorglich aufstocken können und nachher, wenn die Verpflichtung vorbei ist, ihre Tierbestände massiv ausweiten können. Das ist wirklich unglaublich. Und ich finde es skandalös, dass Sie zum Beispiel die Kastenstände nach wie vor gefördert haben, die die EU verbieten wird. Das ist ein konkreter Fall, wo Sie versagt haben, Herr Bundesminister.

Ihre Antwort auf öffentliche Berichte über illegalen Arzneimitteleinsatz ist bezeichnend. Ich zitiere den "Standard" vom 13. Mai 2000:

"Minister Molterer werde versuchen, die Preise der Medikamente zu senken. Damit könnte auch das Problem der illegalen Beschaffung von Tierpharmazeutika entschärft werden. Der graue Markt könnte damit ausgehöhlt werden, ..."

Herr Bundesminister! Das ist doch unglaublich. Es ist doch nicht möglich, dass Sie das fordern. (Bundesminister Mag. Molterer: Das haben Sie selber gesagt!) Ich kritisiere, seit Sie in dieser neuen Regierung sind, dass Sie die Betriebsmittel begünstigen wollen, dass Sie die Betriebsmittel in Österreich, Dünge-, Pflanzenschutzmittel und Tierpharmazeutika verbilligen wollen, statt dass Sie entsprechend gegensteuern. Ich trete massiv gegen eine Verwendung dieser Mittel in diesem Sinne ein.

Wir wollen einen Dialog, meine Damen und Herren, aber wir müssen die Fakten auf den Tisch legen. Und das geht nicht, indem man sie verheimlicht, indem man sie wegschiebt.

Wir Grünen wollen einen Neubeginn in der Landwirtschaft. Wir wollen ein neues Leitbild für diese Landwirtschaft und für die Lebensmittelpolitik. Wir haben drei zentrale Forderungen für dieses neue Leitbild.

Es muss klar sein, dass Biolandbau die Spitze ist. Biolandbau statt Agrarfabriken – das muss unsere Losung sein, meine Damen und Herren! Lebensmittelsicherheit statt Konsumententäuschung. Nicht diese vielen Siegel. Sie haben schon Recht, da gibt es eine unüberblickbare Vielfalt. Aber Sie sind doch verantwortlich dafür, dass hier Tabula rasa gemacht wird, dass Klarheit geschaffen wird für die Konsumenten und Konsumentinnen und für die Bäuerinnen und Bauern genauso.


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Ein wichtiger dritter Slogan, den wir für zentral halten: Regionale Versorgung statt industrieller Massenware. Ich glaube, Lebensmittel sind ein Kulturgut, sind eine wesentliche Kulturfrage. Daher müssen wir, wenn wir die Ansage vom Feinkostladen Österreich ernst nehmen, danach trachten, regionale Produktion, regionale Versorgung zu verstärken.

Herr Bundesminister! Ein nächster Schritt muss die Verdoppelung der biologischen Landwirtschaft in Österreich sein. Das ist eine Forderung, die wir auch praktisch umsetzen müssen. Ich lade Sie zu einem Dialog dazu ein. Ich fordere Sie auf, dazu die nächsten Schritte zu setzen. (Abg. Zweytick legt ein Prospekt auf das Rednerpult.)

Herr Kollege Zweytick! Es ist schon in Ordnung, dass Sie mir das geben, Sie geben mir damit einen Anhaltspunkt. Kollege Zweytick gibt mir dieses Prospekt von ADEG, und auf dem darauf abgebildeten Fleisch sehen Sie das AMA-Gütesiegel. (Abg. Zweytick: Lies die erste Zeile!) Angesichts der Tatsache, dass es nur 13 000 AMA-Gütesiegel-Bauern gibt, aber 20 000 Biobauern, ist es eine Frechheit und ein Skandal, fast schon ein Verbrechen, wenn die Konsumenten mit so einem Gütesiegel letztlich verunglimpft werden, und zwar verunglimpft mit Bildern, Herr Kollege Zweytick, die die Illusion der Landwirtschaft vermitteln, die jene Idylle vermitteln, dass ein paar Kühe auf der Weide stehen und der Bauer gemütlich daneben steht. Dieses Bild von Landwirtschaft propagieren Sie mit Ihrem AMA-Gütesiegel, das nicht hält. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lasse mich nicht aufhalten. Es geht um wirklich viel, es geht um die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft. Ich bringe daher zwei Anträge auf Setzung konkreter Sofortmaßnahmen ein, Herr Bundesminister, zwei konkreter Sofortmaßnahmen, wobei ich mir aber erwarte, dass auch Sie, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, und Sie von der ÖVP heute diesen Anträgen zustimmen. Das ist die Nagelprobe, Herr Bundesminister, ob Sie es ernst meinen. Ich weiß schon, Sie können nicht alles überblicken, Sie sind in Ihrer Funktion darauf angewiesen, dass auch die Branche Ihnen zuarbeitet.

Ich gehe davon aus, dass Sie in diesem Schweinestall in Österreich aufräumen werden. Aber es geht darum, auch jetzt sofort im Bereich der BSE-Vorsorgemaßnahmen Ihr lange angekündigtes unbefristetes Tiermehlverbot in Österreich heute und hier zu beschließen. (Abg. Zweytick: Von welchem BSE redest du? In Österreich gibt es kein BSE! Sag das deutlich und klar!)

Es geht im zweiten Bereich auch darum, die Lippenbekenntnisse zum biologischen Landbau durch konkrete Entscheidungen umzusetzen. Eine konkrete Entscheidung wäre es, wenn Sie Ihre Budgetkürzungen für die Bioverbände in Österreich zurücknehmen würden, weil jetzt der Konsument und die Konsumentin Bio-Produkte verstärkt nachfragen und auch die Bauern umstellen wollen. Angesichts dieses erhöhten Informations- und Öffentlichkeitsbedarfs sollten Sie, Herr Bundesminister, sich einen Ruck geben. Da appelliere ich an Ihre Dynamik und auch ein bisschen an Ihre Flexibilität. Gehen wir hier gemeinsam einen Schritt, kommen wir zu einem neuen Agrarprogramm! (Beifall bei den Grünen.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend unbefristetes Verbot der Verfütterung von Tiermehl

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, über die Umsetzung der Entscheidung des EU-Rates vom 4.12.2000 über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Encephalopathien (TSE) hinaus ein unbefristetes Verbot der Verfütterung von Tiermehl zu erlassen.

*****


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Angesichts der BSE-Krise und des Schweineskandals ist es zu einer verstärkten Nachfrage für biologische Produkte gekommen.

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend Zurücknahme der Kürzungen für die Organisationen des Biologischen Landbaus im Jahr 2001

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird ersucht, die im Budget 2001 vorgesehenen Kürzungen für die Organisationen des Biologischen Landbaus zurückzunehmen und für den angesichts der verstärkten Nachfrage erhöhten Beratungs-, Organisations- und Kooperationsaufwand bei den Bioorganisationen ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen.

*****

Meine Damen und Herren! Das sind jene zwei Anträge, von denen ich mir erwarte, dass wir sie heute hier in diesem Haus beschließen. Symbolisch möchte ich Ihnen abschließend dieses Paket mit unseren Forderungen und Anträgen überreichen. Schauen Sie sich das bitte noch einmal genau an, wir werden nach diesem Tagesordnungspunkt auch eine Diskussion dazu mit Ihnen führen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Molterer eine Schachtel, der diese sogleich öffnet. – Abg. Ing. Westenthaler: So eine Riesenkiste – und nichts ist drin! Das ist ein Flop!)

10.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden verlesenen Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

10.48

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin entsetzt über die Polemik der Opposition und über den Aktionismus, der hier auf dem Rücken der Bauern ausgetragen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich nehme es von Sima noch hin, dass sie hinsichtlich der Struktur der österreichischen Landwirtschaft von Ahnungslosigkeit geplagt ist. Aber ich kann es nicht vom Abgeordneten Pirklhuber hinnehmen, der selbst Geschäftsführer eines Kontrollverbandes in der Landwirtschaft ist und darüber hinaus von Massentierhaltung in Österreich spricht.

Ich habe hier drei Tafeln (der Redner hält diese in die Höhe) über die Betriebsgrößenstruktur der einzelnen EU-Länder, auch Österreichs, und zwar Betriebsgrößenstruktur bei Schweinen, Anteil der Schweine in Beständen über 1 000 Stück. Österreich steht mit 2,2 Prozent mit Abstand an letzter Stelle – das ist die Gesamtzahl der Schweine in Betrieben –, während etwa in Irland 89 Prozent aller Schweine in Beständen über 1 000 Stück sind.

Entsprechendes habe ich hier für den Rinderbereich. Betriebsgrößenstruktur bei den Milchkühen, Prozentsatz der Betriebe, wo mehr als 50 Kühe im Betrieb stehen: in Österreich 0,7 Prozent, in Großbritannien 82 Prozent. Gesamtrinder: In Österreich stehen 1,2 Prozent der Rinder in Betrieben mit über 100 Rindern, während es in Großbritannien ebenfalls 69 Prozent sind. Der EU-Durchschnitt liegt bei 42 Prozent.

Ich verstehe nicht, wie Sie in diesem Fall von einer Umkehr der Agrarpolitik in Österreich sprechen können. Oder diese Tafeln sind falsch. Wenn Sie sagen, die Tafeln sind falsch, die von der Bundesanstalt für Bergbauernfragen stammen, dann verlangen wir, dass diese Bundes


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anstalt aufgelöst wird, wenn sie uns mit falschen Unterlagen beliefert. Ansonsten muss man sie anerkennen, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben im ÖPUL 2000, in diesem Programm für eine umweltgerechte österreichische Landwirtschaft, im heurigen Jahr eine wesentliche Aufstockung für die Biobauern vorgenommen. Allerdings wollen wir das Geld den Bauern geben und nicht den Organisationen, damit es der Pirklhuber wieder in die Tasche stecken kann, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Das ist unerhört!)

Die Flächenprämien für die biologischen Grünlandbauern werden im heurigen Jahr um 13 Prozent aufgestockt, die Flächenprämien für die Bioackerbauern werden um 11 Prozent aufgestockt. Das weiß der Pirklhuber natürlich sehr genau, allerdings spricht er hier wider besseres Wissen.

Auf die Ausführungen von Frau Abgeordneter Sima muss ich schon auch einige Antworten geben. Sie skandalisieren die gesamte Landwirtschaft. (Anhaltende Zwischenrufe der Abgeordneten Edlinger und Gradwohl. ) In Österreich gibt es 82 000 Bauern mit Schweinehaltung. Leider sind bei 36 Bauern Missstände aufgetreten, aber 36 Bauern sind weniger als ein halbes Promille. Wenn Sie deswegen alle Bauern in Misskredit bringen wollen, ist das meiner Meinung nach ungeheuerlich. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Oder: Es gibt in Österreich 100 000 Rinderbauern. Österreich, Finnland und Schweden gehören derzeit zu den einzigen Ländern in Europa, die keinen BSE-Fall haben. Angesichts von Medienberichten hat man den Eindruck, als ob Österreich sozusagen zur Gänze BSE-verseucht wäre. Bisher gab es keinen einzigen BSE-Fall! Die "Salzburger Volkszeitung" hat sogar in einer Glosse vor zwei Wochen geschrieben: "Die Vorfreude der Genossen war zu früh", weil sich der Verdacht in Tirol als nicht gerechtfertigt herausgestellt hat. (Abg. Edlinger: Ungeheuerlich, was Sie da sagen!)

Wenn es in der Vergangenheit in Brüssel Verhandlungen gab oder auch in Deutschland bei der Grünen Woche, dann hieß es immer: Jetzt kommen die Ökologen aus den Bergen. Wir haben bereits 1987 unter Minister Riegler mit der ökologischen Agrarpolitik begonnen; Molterer war bereits im Ministerbüro. Er hat schon damals sehr intensiv an diesem Programm mitgearbeitet. Ich kenne ihn so gut, dass ich weiß, dass er bis ins Innerste seines Herzens von dieser Idee beseelt ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines muss ich aber schon sagen: Seit die SPÖ in Opposition ist, versucht sie, die österreichischen Bauern insgesamt zu ruinieren. (Abg. Edlinger: Das stimmt ja gar nicht! Die Opposition kann das nicht, Herrn Bauernbundpräsident!) Wir wissen, in den sozialistischen Ländern des Ostens ist die Landwirtschaft ruiniert worden. Dort sind nur Großbetriebe übrig geblieben, meine sehr geschätzten Damen und Herren. Wenn die Hetze so weitergeht, dann sind auch die Biobauern betroffen; das sollte auch der Pirklhuber wissen.

Die "Salzburger Nachrichten", nicht unbedingt eine ÖVP-nahe Zeitung, schreiben: "BSE-Krise trifft auch Biobauern." Der Geschäftsführer des Biobauernverbandes in Salzburg klagt, dass die Biobauern die gleichen Preisverluste zu verzeichnen haben. Ein Schlachtrind, ein Mastrind hatte den Biobauern vor einem Jahr noch 10 000 S gebracht, jetzt sind es nur mehr 7 500 S. Im vorigen Jahr wurden 40 000 Tonnen Biorindfleisch produziert, aber nur 8 000 Tonnen Biorindfleisch konnten zu einem besseren Preis verkauft werden, alles andere ging in die traditionelle Schiene.

Herr Bundesminister! Was wir in nächster Zeit brauchen, ist, dass das Vertrauen der Konsumenten wiederhergestellt wird. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Gradwohl und Edlinger. ) Wir brauchen dauerhafte Verbote für Tiermehl so lange, bis der Ansteckungsherd wissenschaftlich erwiesen ist. Minister Molterer tritt dafür in der Europäischen Union ein. Der Agrarministerrat hat in dieser Woche beschlossen, dass das Separatorenfleisch aus der Nahrungskette genommen werden soll.


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56. Sitzung / Seite 49

Bis jetzt war es so, dass Biobauern und in erster Linie Biobauern Futter- beziehungsweise Tiermehl als Düngemittel verwendet haben, weil sie ja synthetische Düngemittel nicht verwenden dürfen. Da wir allerdings nicht wissen, ob nicht auch durch eine Weide eine Ansteckung erfolgen kann, wollen wir auf Nummer Sicher gehen und heute mittels Beschluss verbieten, dieses Tiermehl weiterhin als Düngemittel zu verwenden.

Wir brauchen aber auch langfristig einen europäischen Eiweißplan. Es kann ja nicht so sein, dass wir den Einsatz von unseren Eiweißfuttermitteln verbieten, aber dann Sojaschrot aus Amerika importieren, wo wir doch wissen, dass in Nordamerika der Großteil des Sojaschrots schon mit Gensoja vermischt ist. Das kann ja nicht die Lösung sein. Wir brauchen auch, um im Veterinärbereich wieder mehr Sicherheit zu bekommen, einheitliche strenge europäische Zulassungsbestimmungen. Wir leben in einem Binnenmarkt, es gibt an den Grenzen keine Zollstellen und keine Kontrollstellen mehr. Wir brauchen eine Trennung von Amtstierarzt und Betreuungstierarzt, sodass es auch da keine Vermischungsmöglichkeiten mehr gibt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Bravo! Bravo!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Österreich ist auch bei der Konzeption für die Marktordnungsprämien in der Agenda 2000 für eine Größendegression eingetreten. Insbesondere der deutsche Bundeskanzler Schröder, der englische Premierminister Blair und weitere sozialdemokratische Regierungschefs haben das massiv bekämpft, weil natürlich in den Großbetrieben die Landarbeiter eher bereit sind, sozialdemokratisch zu wählen, als die kleinen Bauern. Das war auch mit ein Grund dafür, warum dies die Vertreter der Sozialdemokratie in Europa bisher vehement abgelehnt haben. Wir werden aber in diesem Bereich sicher weiterkämpfen. Vor einer Osterweiterung – in diesen Ländern gibt es fast nur Großbetriebe – werden wir das umsetzen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.58

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche um Beischaffung des Protokolls mit den Ausführungen des Kollegen Schwarzenberger. Kollege Schwarzenberger hat in seinen Ausführungen meiner Erinnerung nach Kollegen Pirklhuber einer unmittelbar kriminellen Handlung geziehen und der Korruption beschuldigt. (Abg. Dr. Stummvoll: Stimmt ja nicht! – Abg. Auer: Das ist falsch! Das ist eine Unterstellung!) Ich glaube, dass diese Ausführungen des Kollegen Schwarzenberger einen Ordnungsruf verdienen.

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben seit langem eine Vereinbarung: Wenn ein Klub eine Passage aus dem Stenographischen Protokoll verlangt, dann bekommt er sie auch. Dazu bedarf es keiner besonderen Debatte. Ich werde so vorgehen.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Pirklhuber zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ich berichtige den Sachverhalt, den Kollege Schwarzenberger wie folgt dargestellt hat: Er meinte, es sollen eben nicht die Kontrollverbände, sondern die Bauern direkt das Geld bekommen, damit sich Pirklhuber das Geld nicht in die Tasche steckt.

Ich berichtige: Ich bin Obmann eines Bioverbandes, bin das ehrenamtlich und bekomme keinen Groschen Geld irgendwelcher Art dafür. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Kostelka: Das kann sich Schwarzenberger nicht vorstellen, dass jemand ehrenamtlich arbeitet!)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.


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Stenographisches Protokoll
56. Sitzung / Seite 50

11.00

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte diese Gelegenheit, nämlich die Debatte über den Grünen Bericht, gerne dazu benützen, um aus meiner Sicht zu aktuellen Fragestellungen Stellung zu nehmen, die diese Diskussion heute im Hohen Haus, aber auch weit darüber hinaus bestimmen.

Es ist vollkommen klar und richtig und auch nicht überraschend, dass es angesichts dieser öffentlichen Diskussion, angesichts der Vorfälle eine Verunsicherung bei den Konsumenten gibt, und es ist wohl legitim, dass eine Diskussion über die Agrarpolitik stattfindet, eine Diskussion über das, was es letztendlich an notwendigen Maßnahmen gibt. Alle Abgeordneten dieses Hauses, unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit, sollten dabei aber darauf Bedacht nehmen, dass wir bei dem bleiben, was österreichische Realität ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hiezu darf ich Ihnen mitteilen – und vergessen Sie das bitte bei dieser Diskussion nicht! –, dass wir in Österreich bisher keinen Fall von BSE haben, und das nicht aus Zufall, sondern weil wir seit Jahren und Jahrzehnten in die Sicherheit investiert haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Übersehen Sie nicht, dass wir in Österreich über 80 000 bäuerliche Betriebe haben, die Schweinehaltung betreiben, und dass es bis gestern Abend 38 Betriebe sind, die gesperrt worden sind, weil es offensichtlich kriminelle Machenschaften gegeben hat. Ich bitte Sie aber im Interesse der ordnungsgemäß produzierenden Betriebe, im Interesse der kleinen Betriebe: Stellen Sie doch diese Fakten dar, und verunglimpfen Sie nicht die gesamte Landwirtschaft in Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen, auch die Biobauern sind davon betroffen, weil Preisdruck auch vor diesem Sektor nicht Halt macht. Daher möchte ich Sie bitten, bei dieser Diskussion doch auch die Fakten zu sehen. Einige Fakten: In Österreich haben wir eine durchschnittliche Betriebsgröße von 16,3 Hektar, im europäischen Schnitt von 18 Hektar, in Großbritannien von 70 Hektar. In Österreich sind es nur 1,3 Prozent der Betriebe, die größer als 100 Hektar sind. In Österreich haben wir eine durchschnittliche Rinderzahl je Betrieb von 20 Stück, während es im EU-Durchschnitt fast 50 und in Großbritannien 87 sind. Und in Österreich sind es nur 0,5 Prozent der Betriebe, deren Bestand größer ist als 100 Stück, meine Damen und Herren! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Bedenken Sie doch bei der Darstellung, etwa auch im Bereich der Schweineproduktion, dass wir in Österreich einen Durchschnittsbestand von 37 Stück je Betrieb haben, während es in Großbritannien 557 und in den Niederlanden 723 Stück sind, und dass es in Österreich nur zwei Prozent aller Betriebe sind, die mehr als 400 Schweine halten. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das sind an die 2 000 Betriebe!)

Meine Damen und Herren! Bedenken Sie beispielsweise, dass wir in Österreich den höchsten relativen Anteil an Biobetrieben in Gesamteuropa haben. Nicht aus Zufall, sondern weil wir investiert haben: die Bauern, die Konsumenten und die Politik. Bedenken Sie beispielsweise, wenn Sie urteilen – und auch die Öffentlichkeit sollte das tun –, etwa den Düngemitteleinsatz je Hektar: Er liegt in Österreich bei 38 Kilogramm, wogegen er etwa in den Niederlanden bei 180 Kilogramm liegt.

Bedenken Sie, meine Damen und Herren, wenn Sie urteilen, dass Österreich beispielsweise je Vollarbeitskraft und Jahr den absolut höchsten Anteil an Mitteln aus Umweltmaßnahmen für die Bauern auszahlt. Wir stehen an der Spitze der Europäischen Union bei der Anwendung des Umweltprogramms.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn Sie urteilen, dann bedenken Sie auch, dass wir in Österreich beispielsweise 65 Prozent der gesamten Mittel, die wir in der Landwirtschaft, in der Agrarpolitik aufwenden, für die ländliche Entwicklung, für das Umweltprogramm, für die Bergbauern investieren, und nur 34 Prozent für Direktzahlungen aus den Marktordnungen.


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Wissen Sie, wie das Verhältnis im EU-Budget ist? – 15 Prozent für die ländliche Entwicklung und 85 Prozent für die Marktordnungsmaßnahmen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Und wieso gibt es dann den Antibiotika-Skandal?) Meine Damen und Herren! Ich lasse mir die österreichische Landwirtschaft weder schlecht reden noch schlecht machen – von wem auch immer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und weil Sie zu Recht eine Diskussion über die zukünftige Entwicklung fordern: Ja, ich bin jederzeit bereit, diese Diskussion – mit wem auch immer – zu führen. Diese ist notwendig und richtig. Ich stehe auch dazu, kritische Diskussionen zu führen. Ich sage Ihnen heute, was mein politisches Konzept ist. Das sollten wir diskutieren, und dann urteilen Sie, meine Damen und Herren!

Sie wissen, dass ich der Agrarpolitik immer – nicht erst seit heute, sondern seit ich Verantwortung trage – das Leitprinzip der Nachhaltigkeit vorangestellt habe, einer Nachhaltigkeit, die aus ökologischer Verantwortlichkeit, aus ökonomischer Tauglichkeit und sozialer Verträglichkeit besteht. Das ist die Grundlage. Auf dieser Grundlage produzieren bäuerliche Familienunternehmen. Das ist mein Leitbild für den Betrieb; eine Betriebsform, die in Österreich flächendeckende Bewirtschaftung sicherstellt, die durch ihre Bewirtschaftungsmethode nachhaltig wirtschaftet, die letztendlich die Funktionen erfüllt, die die Gesellschaft von ihr verlangt, und zwar alle Funktionen inklusive der Qualitätsproduktion von Nahrungsmitteln, und der die Möglichkeiten gegeben werden, etwa auch im europäischen Kontext wettbewerbsfair zu produzieren. Das ist mein Ziel, Herr Abgeordneter Pirklhuber! Das wissen Sie, dass ich für einheitliche und möglichst hohe Standards in der Europäischen Union eintrete. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Betriebe, diese bäuerlichen Familienbetriebe, erzeugen hochqualitative Lebensmittel. Mein Konzept ist, dass wir einen möglichst hohen Grundstandard in Europa für Qualität und für ökologische Verträglichkeit haben. Aufbauend auf diesen Grundstandard wird es in Zukunft – und davon bin ich überzeugt – drei Typen von Produktionen geben: Betriebe, die auf diesem hohen Level produzieren – nennen Sie es konventionelle Landwirtschaft. Es wird Produktionen geben, die sich Herkunftszeichen und Gütesiegeln verschreiben. Die können dann produzieren, wenn letztendlich auch der Markt entsprechende Preise für die Einhaltung dieser freiwillig höheren Standards ermöglicht. Und wir werden die biologische Produktion haben. Und für mich gibt es keine Grenze der biologischen Produktion, weder bei 10, noch bei 15, noch bei 20 Prozent. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Dann schauen wir, dass wir was weiterbringen! Derzeit gibt es jedenfalls einen Rückgang!)

Sie wissen, Herr Abgeordneter, wo mein Limit liegt: Das ist das, was der Markt vorgibt. (Zwischenruf des Abg. Schieder. ) Herr Abgeordneter Schieder! Danke für diesen Zwischenruf. Ich erinnere Sie nur an Ihren Fraktionskollegen, Kanzler Schröder in Deutschland, der vor einem Jahr gesagt hat: Hört doch endlich auf mit dieser Schrebergarten-Landwirtschaft in den Alpen, orientiert euch an den industriellen Notwendigkeiten! (Abg. Schieder: Schröder sitzt nicht da! Sie sitzen da!) Und wissen Sie, was er heute macht? Er sagt in Talkshows: Schauen wir das Beispiel Österreich an, wie Österreich das gemacht hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Schröder ist nicht in Österreich, er ist nicht Ihr Vorgesetzter!)

Ich habe ja nichts dagegen, und Sie wissen, Herr Abgeordneter, ein sehr kluger Politiker, den ich sehr schätze, aus meiner Fraktion – Kanzler Adenauer – hat gesagt: Man kann ja noch klüger werden. Offensichtlich ist bei der europäischen Sozialdemokratie ein gewisser Groschen gefallen. Danke! (Abg. Schieder: Ist Schröder schuld, dass Sie nichts gemacht haben?)

Herr Abgeordneter Schieder! Bei der Agenda 2000 wurden wir bei unseren Anträgen niedergestimmt – das wissen Sie! –, beispielsweise mit dem Wunsch, die Modulation der Agrarförderungen nach Betriebsgrößen zu gestalten. Ich kann Ihnen genau sagen, wer das abgelehnt hat. Auch Deutschland hat abgelehnt. Ich halte es für richtig, dass wir diese neue Initiative starten, genauso wie auch in der Frage der Flächenbindung in der Produktion, etwa durch die Orientierung der Tierprämien an Flächenkriterien. Viele dieser Initiativen sind notwendig und richtig,


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meine Damen und Herren, auch dort, wo die Standards verbessert werden müssen, die gesetzliche Grundlage verbessert werden muss.

Diesen Dialog möchte ich führen, und ich bitte Sie, dass wir in diese Richtung auch diese kritische Auseinandersetzung führen. Ich bitte aber auch darum, dass wir die Existenz der österreichischen Bäuerinnen und Bauern genauso ernst nehmen wie den Anspruch auf Qualität und Sicherheit für die Konsumenten, die ein Recht darauf haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir bei meinen Ausführungen einen sehr persönlich motivierten Schluss. In den letzten Tagen ist viel diskutiert, sind viele Beiträge geleistet worden, darunter auch Beiträge, die ich in dieser Art und Weise schlicht und einfach nicht akzeptiere. Wenn beispielsweise dem Ministerium vorgeworfen wurde, Berichte manipuliert zu haben, so weise ich das in aller Schärfe zurück. Es ist in der Zwischenzeit auch nachgewiesen, dass kein Beistrich von dem, was uns die Länder im Kontrollbericht gemeldet haben, verändert wurde. Er wurde wortidentisch weitergegeben. Sie wissen das, aber ich habe bis jetzt keine Entschuldigung gehört, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein zweites Beispiel: Gestern wurde mir vorgeworfen, das Ministerium sei Drehscheibe für illegale Tierarzneimittel. – Darf ich Ihnen sagen, was die Wahrheit ist, Herr Abgeordneter? Sie wissen es in der Zwischenzeit, haben es aber nicht korrigiert. Die Wahrheit ist, dass im Monatsbericht, der von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft herausgegeben wird, eine Kurzfassung eines wissenschaftlichen Berichts der EU-Kommission dokumentiert ist, in dem die EU-Kommission auf Möglichkeiten der Anwendung von E-Commerce in der Landwirtschaft hinweist – eine wissenschaftliche Arbeit, die in diesem Bericht dokumentiert ist. Wenn daraus, meine Damen und Herren, der Vorwurf entsteht, dass dieses Ministerium und damit ich hier etwas getan hätte, dann zeigen Sie mich an! Seien Sie so mutig, und sagen Sie nicht, Sie haben die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft strafrechtlich verfolgt. Trauen Sie es sich! Dann werde ich es Ihnen beweisen, was die Wahrheit ist, und ich erwarte, Herr Abgeordneter, dass Sie diese ehrenrührigen Vorwürfe, die keinerlei Grundlage haben, entsprechend zurücknehmen. Das wäre politischer Anstand! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer kurzen Erklärung erteile ich Herrn Abgeordnetem Schwarzenberger das Wort.

11.12

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Präsident Fischer hat mich ersucht, eine Aussage klarzustellen. Ich habe vom Rednerpult aus gesagt, dass wir den Biobauern mehr an Mitteln geben wollen, aber den Biovereinen nicht mehr Mittel geben können – wir haben 16 Biovereine –, und ich habe in diesem Zusammenhang, weil ich gewusst habe, dass Pirklhuber Funktionär eines Biovereins ist, gesagt: Wir wollen nicht den Biovereinen mehr Mittel geben, damit es sich sozusagen Pirklhuber in die Tasche stecken kann.

Wenn das falsch verstanden worden ist – ich habe es keineswegs kriminell gemeint –, nehme ich das mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das haben Sie nicht gemeint! – Abg. Dr. Khol: Eine Entschuldigung – so etwas möchte ich einmal bei den Grünen erleben!)

11.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.13

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie! (Der Redner stellt zwei Medizinflaschen auf das Rednerpult.) Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen meiner beiden Vorredner eingehen. Sie haben schon Recht, Herr Bundesminister Molterer: Bundeskanzler


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Schröder hat dazugelernt. Aber nehmen Sie auch Folgendes zur Kenntnis: Er hat seinen Landwirtschaftsminister ausgetauscht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Zu Recht! – Abg. Dr. Pumberger: Woher haben Sie die Medikamente?)

Nun zum Herrn Präsidenten, Kollegen Schwarzenberger: Ich war wirklich entsetzt über Ihren Debattenbeitrag. Ich stelle fest, dass Sie die Problemlage noch immer nicht erfasst haben. (Abg. Dr. Khol: Aber Sie wissen es!) Ich frage Sie daher: Ich esse gerne! Wie lange, Herr Präsident, muss ich mich und müssen die österreichischen Konsumenten sich beim Essen noch fürchten? Das liegt in Ihrer Verantwortung! (Abg. Schwarzenberger: Wir haben keinen einzigen BSE-Fall! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um den Grünen Bericht. Es geht um die Daten aus diesem Grünen Bericht, und es geht um agrarpolitische Festlegungen, um konsumentenpolitische Festlegungen. (Abg. Schwarzenberger: Wissen Sie, wie viel die Bauern zahlen?)

Kommen wir zum Bereich BSE und zur Futtermittel-Problematik. Ich frage Sie: Warum wurden auf den Bauernhöfen die Futtermittel nicht kontrolliert? Jeder in Westösterreich hat gewusst, dass die Bauern in Deutschland verunreinigtes Futtermittel einkaufen. (Abg. Mag. Kukacka: Nein, das haben wir nicht gewusst!) Warum wurde nicht überprüft?

Kommen wir zu diesem kriminellen Netz von Bauern und Tierärzten, die illegal Arzneimittel ins Land gebracht und angewandt haben. Ich frage mich, wie hier die Kontrollen funktioniert haben. Nunmehr, Herr Bundesminister, bin ich beim EU-Inspektionsbericht, in dem ein österreichischer Tierarzt feststellt: Auf Grund der Zeitvorgabe im Kontrollplan konnte er im Stall nicht überprüfen, welche Arzneimittel eingesetzt werden. Und das ist der Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie reden von "wenigen schwarzen Schafen". Hohes Haus! Es ist eine große Herde schwarzer Schafe geworden, und vorne stehen Tierärzte und einzelne Bauern. Ich stimme Ihnen völlig zu, dass diese Bauern den ganzen Stand in Verruf bringen. Sie verunsichern einerseits die Konsumenten, die mich jetzt in der Beratung fragen: Was kann ich noch essen? Wie sicher sind die Lebensmittel? Und andererseits stürzen sie Bauern, Bergbauern in existentielle Probleme. (Abg. Haller: Sie tun das!) Uns geht es nicht um eine generelle Skandalisierung. (Abg. Dr. Puttinger: Und was machst du jetzt?) Wir kriminalisieren nicht den gesamten Bauernstand. Wir weisen nur auf die Probleme hin und auf die fehlgeleitete Politik, für die Sie, Herr Bundesminister, verantwortlich sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Skandal hat einen Namen. Der Name ist Österreichische Volkspartei. Mich wundert es, Frau Aumayr, dass Sie so ruhig sind. Ich kenne Ihre engagierten Debattenbeiträge – ich meine die gegenüber der ÖVP aus der letzten Periode. Wo bleiben Sie heute? Wo ist Ihre Kritik? (Zwischenruf der Abg. Achatz. ) Ich habe schon zugehört, nur: Die essentielle Forderung nach einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz, wo ist die geblieben? Wir brauchen hier einen österreichischen Alleingang. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Dieser Skandal hat daher einen Namen, er heißt Österreichische Volkspartei, heißt Molterer. Es sind aber auch die Agrarlandesräte in den Bundesländern. (Zwischenruf des Abg. Zweytick. ) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kontrolle in Österreich – bleiben wir bei den Futtermitteln und bei den Arzneimitteln – ist mittelbare Bundesverwaltung. Die Agrarlandesräte entscheiden über die Kontrollen und führen keine Kontrollen auf den Bauernhöfen durch. Vielleicht können Sie uns das jetzt sagen, Herr Bundesminister: Wie viele Kontrollen wurden auf den Bauernhöfen durchgeführt? Wie viele Proben wurden gezogen? (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Sie haben das nicht gesagt, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Puttinger: Was kritisieren Sie an unserem Fleisch? Gar nichts, weil es nichts gibt!) Hier liegt das Grundübel, und wir haben hier ein Systemproblem.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz zur Lebensmittelagentur. Herr Bundesminister! David Byrne ist dem Vieraugenprinzip nicht unterworfen, David Byrne als Verbraucherschutzkommissar hat die Kompetenz in Veterinärangelegenheiten. Ich frage mich jetzt: Wollen


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Sie bei dieser neuen österreichischen Lebensmittelagentur Einfluss auf die Kontrolle nehmen? Wollen Sie die Kontrolle von Ihnen abhängig machen? Herr Bundesminister! Ich kenne doch den Gesetzentwurf, der in Ihrem Büro erarbeitet worden ist. Da gibt es keine Weisungsfreiheit, die sind weisungsgebunden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben dann folgendes Konstrukt einer Agentur für die Lebensmittelsicherheit in Österreich: Da gibt es auf der einen Seite den Landwirtschaftsminister und auf der anderen Seite den Gesundheitsminister. Beide können dem Geschäftsführer Weisungen erteilen. Jetzt frage ich Sie: Wie soll das funktionieren? Viele Köche verderben den Brei! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Gestatten Sie, dass ich noch konkret zu dieser Problematik komme. (Abg. Dr. Pumberger: Maier, woher haben Sie die illegalen Medikamente? Von Ihrem Tierarzt?) Wir haben im letzten Jahr hier an dieser Stelle einen Antrag eingebracht, den wir wieder einbringen werden. Und ich werde ihn heute einbringen. Sie haben damals von einer Schmutzkübelkampagne gesprochen. Kollege Prinz hat gemeint, es gäbe kein Problem. (Abg. Freund: Sind Sie Tierarzt?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein sehr großes Problem, und das Problem besteht darin, dass es ein illegales Netz gibt, aufgedeckt durch die Zollfahndung, weiterbearbeitet durch die kriminalpolizeilichen Abteilungen der Gendarmerie, die herausgefunden haben, dass es drei Verteilernetze in Österreich gibt. Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Warum haben im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung die ÖVP-Landesräte nicht reagiert?

Ich kann Ihnen da einen Vorwurf nicht ersparen, und jetzt komme ich konkret auf diese Ausgabe der "Monatsberichte über die österreichische Landwirtschaft", 11/2000, zu sprechen. Darin haben Sie eine Internet-Adresse angeboten, die wir uns natürlich angesehen haben, nämlich: Arzneimittel ohne Veterinärbescheinigung.

Hohes Haus! Was heißt das? – Das heißt: Liebe Bauern, ihr könnt euch Geld sparen, ihr braucht keine Tierärzte. – Ich weiß nicht, wie viele Bauern Tierärzte bestellt haben.

Herr Bundesminister! Ich sehe das in Betrachtung der Gesamtproblematik als Aufforderung zu einem Gesetzesverstoß: Verstoß gegen das Rezeptpflichtgesetz (Bundesminister Mag. Molterer: Klagen Sie mich!), Verstoß gegen das Arzneiwareneinfuhrgesetz (Bundesminister Mag. Molterer: Klagen Sie mich!), Verstoß gegen das Tierärztegesetz (Bundesminister Mag. Molterer: Klagen Sie mich!), Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (Bundesminister Mag. Molterer: Klagen Sie mich!), und überhaupt ist es ein Verstoß gegen das generelle Verbot des Arzneimittelversandes in Österreich. (Bundesminister Mag. Molterer: Klagen Sie mich! – Abg. Dr. Pumberger: Sagen Sie, woher Sie die Medikamente haben!)  – Herr Bundesminister, dafür tragen Sie allein die Verantwortung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Und wie sind Sie in den Besitz dieser Medikamente gekommen? – Abg. Dr. Trinkl: Wer hat Ihnen die Medikamente verordnet?)

Hohes Haus! Ich erlaube mir daher, den von mir bereits erwähnten Entschließungsantrag neuerlich einzubringen; Sie haben die Chance, meine sehr verehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Gradwohl und GenossInnen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, dem Nationalrat:


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1. Ein gemeinsames Maßnahmenpaket zum Verbot von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen als Futtermittelzusatz auf nationaler Ebene vorzulegen, und damit der Erklärung der WHO betreffend der zunehmenden Resistenz gefährlicher Bakterien gegen Antibiotika einerseits zu entsprechen und anderseits der Entschließung des Rates vom 8. Juni 1999 zur Antibiotikaresistenz zum Schutz vor Gesundheitsschäden gerecht zu werden.

2. Ein gemeinsames Maßnahmenpaket zur Entschließung des Rates vom 8. Juni 1999 zur Antibiotikaresistenz "eine Strategie gegen die mikrobiologische Bedrohung" vorzulegen.

3. Gemeinsam mit der Interessenvertretung der Bauern (Landwirtschaftskammern) eine Informationskampagne zu starten, die das Ziel hat, die Produzenten und den Handel davon zu überzeugen, dass die Marktchancen österreichischer Produkte mit "garantierter Antibiotikafreiheit" verbessert werden können.

4. Eine gesetzliche Regelung für die zukünftige, verstärkte, umfassendere und effizientere gemeinsame Kontrolle und Überwachung des Besitzes, der Lagerung und des Einsatzes von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen (sogenannte Tierarzneimittel) vorzulegen, um den immer wieder aufgedeckten illegalen Handel (insbesondere durch nichtösterreichische Tierärzte) sowie die Beimischung und Verabreichung gesundheitsschädlicher Präparate zu verhindern.

5. Einen Gesetzesvorschlag über den, der Gefahr der Gesundheitsschädigung angemessenen Erhöhung des Strafrahmens für den Besitz illegal eingeführter und in Verkehr gebrachter Präparate vorzulegen.

6. Ein koordiniertes Forschungsprogramm zur Entwicklung und zum stärkeren Einsatz von auf pflanzlicher Basis hergestellten Futtermittelzusatzstoffen vorzulegen.

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Ruf bei der ÖVP: Ein bisschen spät sind Sie dran!) Nehmen Sie diese Chance wahr! Sonst ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. – Bei meiner Ehr’! (Beifall bei der SPÖ.)

11.24


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier, Genossen und Genossinnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.24

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Abgeordneter Maier hat hier gerade erklärt, auf Bauernhöfen werden keine Untersuchungen durchgeführt.

Er ist Salzburger Abgeordneter und müsste wissen – weil es in Salzburg auch durch die Medien gegangen ist –, was das Land angeboten hat: Jeder Bauer kann neben den offiziellen Untersuchungen untersuchen lassen (Abg. Schieder: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!), und das Land übernimmt dafür die Kosten, weil eine Untersuchungsprobe 900 S kostet.

Abgeordneter Maier müsste das also wissen, und er hat hier wider besseres Wissen eine Falschmeldung von sich gegeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

11.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. Ich erinnere Sie an § 58 Abs. 2 GOG, Herr Abgeordneter. – Bitte.

11.25

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zum Ersten, Herr Präsident, stelle ich das Verlangen, dass das Protokoll herbeigeschafft wird. (Abg. Schieder: Das geht nicht! Zur Geschäftsordnung müssen Sie sich melden!)  – Ich komme schon dazu.

Herr Mag. Maier hat hier gesagt, er kommt nun auf die illegalen Machenschaften der Bauern und Tierärzte zu sprechen. – Das ist eine Verunglimpfung zweier Berufsstände, das lassen wir uns nicht bieten! Ich ersuche, das Protokoll herbeizuholen, damit wir das nachsehen können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zum Zweiten hat Herr Mag. Maier hier ausgeführt, dass Herr Minister Molterer die Kontrolle des Medikamenteneinsatzes in Österreich sträflich vernachlässigt hätte.

Ich stelle richtig: Dafür ist nicht Herr Minister Mag. Molterer zuständig gewesen, sondern dafür war Frau Minister Prammer zuständig. Ich würde bitten: Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: ... keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe.)

11.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.26

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sieht, Österreichs Bauern haben im Moment wirklich keinen leichten Stand. (Abg. Edlinger  – in Richtung ÖVP –: Er ist für die Bauern zuständig gewesen, Minister Molterer!) Neben dieser katastrophalen wirtschaftlichen Lage ... (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem derzeit schwierigen Stand für Österreichs Landwirtschaft haben manche Kolleginnen und Kollegen auch noch die Stirn, hier heraußen die Landwirtschaft in Bausch und Bogen zu kriminalisieren. (Abg. Dietachmayr: "In Bausch und Bogen" hat niemand gesagt!) Ich halte das für äußerst verwerflich, es ist wirklich eine Zumutung, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich finde es auch verwerflich, dass einzelne Betriebe – ich halte hier deutlich fest: einzelne Betriebe! – mit illegalen Mitteln versuchen, ihre Gewinnchancen zu erhöhen beziehungsweise vielleicht sogar ihre Existenz zu ermöglichen. Ich halte das für verwerflich. Genauso verwerflich ist aber Ihr Verhalten, Herr Kollege Pirklhuber und Frau Kollegin Sima, hier heraußen am Rednerpult gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haller: Und Maier!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu guter Letzt möchte ich auf die Agrarpolitik der Europäischen Union eingehen. Wenn ich lese, dass Agrarkommissar Fischler jetzt von Österreichs Bauern verlangt, sie sollen sich mit der europäischen Agrarpolitik solidarisieren, kann ich darüber nur lachen. Ich muss Ihnen wirklich sagen, ich halte das für eine Zumutung. Diese europäische Agrarpolitik ist ja im weitesten Sinne verantwortlich für den derzeit schlechten Zustand unseres Bauernstandes in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von Rot und Grün: Anstatt hier auf der österreichischen Landwirtschaftspolitik herumzuhacken, sollten Sie auf Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Europäischen Union einwirken, endlich europaweit gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das tun wir ja! Seit Jahren tun wir das!) Ja, Kollege Pirklhuber, Ihre Kollegin ist in Deutschland Landwirtschaftsministerin, es gibt eine grüne Landwirt


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56. Sitzung / Seite 57

schaftsministerin in Deutschland. Ich darf daran erinnern, dass in Deutschland in der Schweinemast beziehungsweise im Tierbereich Substanzen erlaubt sind, die hier in Österreich strengstens verboten sind. Wo ist hier Ihr Aufschrei? – Ich habe ihn nicht vernommen, Herr Kollege Pirklhuber. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Der Kommissar ist ein Österreicher!)

Herr Kollege Pirklhuber, schalten Sie sich bitte ein! Wirken Sie auf Ihre Kollegin in Deutschland ein, diesen wahnsinnigen Wettbewerb im Bereich der Landwirtschaft endlich zu beenden!

Ich möchte noch eine kurze Bemerkung zur Biolandwirtschaft hier in Österreich machen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bekenne mich dazu, dass diese Biolandwirtschaft in Österreich verstärkt und vermehrt gefördert gehört. Aber bitte leben wir nicht in einer Illusion darüber, dass man mit Förderungen allein einen Wirtschaftszweig aufrechterhalten kann! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: 83 Prozent ...!) Hier sind die Konsumenten aufgefordert, die – selbstverständlich teureren – Bioprodukte auch zu erwerben, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es geht also darum, die Konsumenten auf diesen Weg zu bringen, und da können Sie sehr wohl mithelfen, Herr Kollege Pirklhuber, und auch die Kolleginnen und Kollegen von der roten Fraktion: Hier können Sie gerne mithelfen, die Konsumenten in Österreich auf die Biolinie einzuschwören, ich habe nichts dagegen. Aber das Augenmerk der österreichischen Landwirtschaftspolitik muss natürlich darauf liegen, auf eine flächendeckende ökologisch orientierte Landwirtschaft zu achten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Gesunde Lebensmittel, Herr Kollege, sonst gar nichts! Ich möchte nur gesunde Lebensmittel haben, sonst gar nichts!)

Ja, Herr Kollege Edlinger: Ich möchte ein gesundes Bundesbudget, und ich möchte gesunde Lebensmittel. Meine Damen und Herren, die Zeit, in der der Pleitegeier über diesem Hohen Haus geschwebt ist, ist Gott sei Dank vorbei. Wir werden das Budget sanieren, und wir sind auch in der Landwirtschaftspolitik auf dem richtigen Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Auf einem langen Weg!)

11.30

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


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56. Sitzung / Seite 58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung betreffend Kontrollmängel, die daraus entstehenden Gefahren für die Konsumenten und Konsumentinnen und die daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden, insofern diese Sachverhalte in einem verfehlten Förderungssystem ihren Ursprung haben, einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Da der Gegenstand der Untersuchung in inhaltlicher Übereinstimmung mit dem des bekannt gegebenen Antrags auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen steht, beabsichtige ich im Einvernehmen mit den antragstellenden Fraktionen, wie auch zuletzt in vergleichbaren Fällen vorzugehen.

Die beiden Anträge werden in gemeinsamer Debatte behandelt. Zuerst erfolgt die Begründung des Antrags der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen, an die die Begründung des Antrags der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen anschließt. Darauf folgt die gemeinsame Debatte über beide Anträge. Schließlich folgt die getrennte Abstimmung über diese Anträge.

Diese Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung stattfinden.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet in dieser Debatte ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt gehen sie auf ihre eigene ehemalige Ministerin los, auf die Prammer! Das hat sie nicht verdient! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

11.32

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit Statistiken lässt sich sehr viel verschleiern. Es sei mir erlaubt, einige Dinge im richtigen Licht darzustellen, noch einmal die Fakten auf den Tisch zu legen und damit auch die Kirche im Dorf zu lassen.

Wenn immer wieder auf die Kleinst-Strukturiertheit der österreichischen Landwirtschaft hingewiesen wird, dann muss man einmal ganz deutlich sagen, wie sich das verändert hat und wie viele Betriebe jetzt welche Größen haben. Wenn man auf die berühmten 40 Schweine pro österreichischem Durchschnittsbetrieb hinweist, verschweigt man wohlweislich die Entwicklung seit 1995. Bis zu diesem Zeitpunkt war es in Österreich überhaupt nicht möglich, mehr als 400 Schweine pro Betrieb zu haben. Mittlerweile haben wir Betriebe mit über 10 000 Schweinen, über 12 000 Schweinen. Mittlerweile haben 2 000 Betriebe mehr als 400 Schweine, und sie haben damit insgesamt 33 Prozent der Marktmacht inne. Ist das ein Trend zur Massentierhaltung, ja oder nein? – Meine Antwort ist eindeutig: ja.

Zum Zweiten: Wenn man sich jetzt hinstellt, in einer empörten Entrüstung so tut, als seien es nur einige schwarze Schafe, und weiterhin darauf beharrt und im Übrigen zur Tagesordnung übergeht, dann leugnet man eine der wichtigsten Lehren, die man aus diesem Skandal ziehen könnte; nämlich eine völlige Umorientierung der Agrarpolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Kollegin Achatz! Herr Kollege Wenitsch! Seit 1995 ist die EU-Agrarpolitik fest in der Hand der österreichischen ÖVP. Die Agrarpolitik in Österreich ist schon seit jeher fest in der Hand der österreichischen ÖVP. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Über weite Strecken hat man hier dem Druck einer bestimmten Lobby immer wieder nachgegeben. (Abg. Böhacker: Genauso wie die Budgetpolitik in der Hand der SPÖ!) Ich betone, es sind nicht die kleinsten Bäuerinnen und Bauern, die von diesem System profitieren, sondern es sind einige wenige: 1 Prozent der Landwirte erhalten genauso viel Förderung wie 40 Prozent der Kleinsten! Ist das nicht ein ungerechtes System? Regt Sie das als Landwirtschaftsfunktionäre nicht auch ein bisschen auf? Ist da nicht vielleicht auch im System irgendetwas faul?

"Der Standard" vom 24. Jänner schreibt: "Entweder sagt Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer die Unwahrheit, oder er weiß es nicht besser." – Als "blauäugig" wird der Minister bezeichnet. "Es wird seit Jahrzehnten gedealt, und die Politik ist Schmiere gestanden." (Abg. Zweytick: Der "Standard" weiß es "besser"!)

Was sind die Fakten? – Wir haben jetzt die Fakten halbwegs auf dem Tisch, und ich hoffe, dass das auch für den Herrn Bundesminister ausreicht, um eine politische Beurteilung zu machen: gut organisierte Verteilerringe, Landwirte, Futtermittelverkäufer, die auch als Dealer tätig sind. Wir haben einen abgeschätzten Markt von 100 bis 300 Millionen Schilling an illegalem Tierarzneimittelhandel in Österreich. Heute wurden wiederum zwei weitere Betriebe gesperrt. Ich glaube, jetzt ist es endlich an der Zeit, dass diese Theorie der schwarzen Schafe in sich zusammenbricht und dass man das auch zur Kenntnis nimmt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein. )

Der Fehler liegt im System. Herr Bundesminister, ich weiß, dass all die letzten Jahre nicht Sie allein zuständig waren. Es gibt eine sehr breite politische Verantwortlichkeit in diesem gesamten Bereich. Deswegen wollen wir auch eine lückenlose Aufklärung in Form eines Untersuchungsausschusses.

Ich möchte den Blick nochmals in die Vergangenheit richten und zeigen, seit wann die Fakten eigentlich auf dem Tisch liegen.


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"Kleine Zeitung", 1986: Drogenhandel: Schutz von oben? Hormonskandal: Neue Verdachtsfälle.

"Kleine Zeitung", Jänner 1986: Schlief das Ministerium? Gesundheitsministerium involviert – Amtstierarzt aus der Steiermark schlug Alarm.

"Kurier", 1984: Bürokratie verschleppt den Viehskandal.

"Kurier", 1986: Der österreichische Viehskandal weiter verschleppt – Verantwortungslose Stümperei der Zuständigen.

Ein Brief des Steirischen Vereins für Konsumentenschutz aus dem Jahr 1989: Österreich besitzt zwar ein strenges Lebensmittelgesetz, doch gibt es Lücken in diesem Gesetz, die einen illegalen Medikamenteneinsatz begünstigen, weil die Strafbarkeit nicht gegeben ist. Doch sind diese Verbote bis heute nicht in Kraft. – Das wird im Jahr 1989 geschrieben!

Es geht weiter: 1995 ... (Abg. Achatz: Wer war da Gesundheitsminister?) Ich habe gerade gesagt, es geht mir um die Gesamtverantwortung und darum, dass man aus dieser Krise endlich die Lehren zieht. Das betrifft nicht nur die ÖVP, sondern das betrifft alle Verantwortlichen der letzten 15 Jahre in diesem Bereich. (Beifall bei den Grünen.)

"Kurier", 1995: Neuer Tiermedikamentenskandal bahnt sich an – Steirische und oberösterreichische Bauern von schwarzen Schafen aus Bayern zur Selbstmedikation verleitet. – Das war 1995.

1998, 1999 und im Jahr 2000: Wiederum massive Hinweise, Schreiben der Tierärztekammer, direkte Information von Tierschutzorganisationen, Anfragen der Opposition – punktgenau: Seit wann haben Sie vom illegalen Medikamentenhandel gewusst, Herr Minister, Frau Ministerin? –, an alle zuständigen Ressorts gerichtet.

Es wurden bis zum heutigen Tag illegale Praktiken im Bereich Tierarzneimittel von Seiten der politisch Verantwortlichen wissentlich geduldet und gedeckt. Gesundheitsgefährdung der KonsumentInnen wurde wissentlich in Kauf genommen – sie sind schließlich diejenigen, die auf der anderen Seite des Systems jahrelang völlig uninformiert über all diese Praktiken geblieben sind. Die Umweltgefährdungen, über die wenig diskutiert worden ist, sind bewusst in Kauf genommen worden. Es hat keine lückenlose Aufklärung und keine Information der KonsumentInnen in all diesen Jahren gegeben.

Für uns ist es daher eine sehr, sehr klare Sache, die in Form eines Gerichtsverfahrens nicht mehr ausreichend geklärt werden kann. Es geht um die politische Verantwortung, und es geht darum, die Lehren und Chancen, die sich aus dieser Krise ergeben, zu sehen. Aber davor ist eine lückenlose Aufklärung dieser Machenschaften notwendig.

Deshalb bringen wir auch einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein. Dieser richtet sich, wie gesagt, nicht gegen einen einzelnen Minister, sondern gegen alle politisch Verantwortlichen, die seit 1984 sichtlich auf beiden Augen blind waren oder wissentlich – und ich wiederhole es nochmals – ein mafioses System bewusst gedeckt haben. (Beifall bei den Grünen.)

11.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.39

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Agrar-Grundsatzdiskussion ist in jedem Parlament Europas sehr emotional. Der Grüne Bericht – er wird heuer zum 41. Mal vorgelegt – ist auch in diesem Land ein politisches Thema, das die einzelnen politischen Gruppen in große Spannung versetzt.

Ich verstehe Emotionen, ich verstehe Betrachtungen, ich verstehe auch Positionierungen. Ich würde mir nur eines wünschen – und darum bitte ich –, dass wir in einer so wichtigen Frage


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auch der Sachlichkeit entsprechenden Raum geben und dass wir vom Populismus und Aktionismus weggehen, vom Schachtel-Aufstellen, von Untersuchungsausschüssen. Wir haben davor keine Angst, es kann alles überprüft werden. Sie müssen nur wissen, was Sie mit dieser Forderung letzten Endes einleiten und was Sie irgendwie erreichen wollen. (Abg. Schwemlein: Na, was?) Ich verstehe den Inhalt und die Philosophie nicht. Das ist aber Ihre Sache. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Grünen Bericht. – Herr Bundesminister, ich möchte Ihnen und vor allem auch Ihren Mitarbeitern Anerkennung für die gute Arbeit aussprechen. Dieser Grüne Bericht liegt in zweisprachiger Abfassung vor. So etwas werden Sie in keinem anderen Parlament Europas finden – eine tolle Sache! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Haller. )

Die Zahlen, die darin festgehalten sind, zeigen zum einen einen Einkommensrückgang. Das ist sehr bedauerlich. Wir können aber auch auf positive Entwicklungen hinweisen, und das sollten wir sehr deutlich hervorheben, nämlich zum Beispiel die Tatsache, dass die Agraraußenhandelsbilanz von 1995 bis 1999 um 19 Prozent verbessert werden konnte. Das heißt, österreichische Agrarprodukte sind in der ganzen Welt begehrt, gefragt und werden auch gekauft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie sich heute und hier über die Landwirtschaft und die Agrarwirtschaft so breit auslassen, möchte ich Sie aber auch ersuchen: Sehen Sie die Bedeutung der Landwirtschaft auch in volkswirtschaftlicher Sicht! Denken Sie daran, dass in der Landwirtschaft, in den vor- und nachgelagerten Bereichen mehr als 500 000 Menschen Beschäftigung, Arbeit und Lebensunterhalt haben. Auch das ist ein Faktor, den wir sehr deutlich ansprechen sollen.

Die österreichische Agrarpolitik ist seit dem Jahre 1986 wie folgt orientiert: Wir haben uns auf die flächengebundene, bäuerlich strukturierte Landwirtschaft ausgerichtet und legen allergrößten Wert darauf, vor allem der Nachhaltigkeit entsprechenden Raum zu geben.

Herr Bundesminister! Ich bedauere wirklich, dass es Ihnen trotz umfangreichen Engagements und großen Bemühens nicht gelungen ist, bei den Agenda-Verhandlungen im vergangenen Jahr die wichtigen Fragen der Größendegression oder der flächengebundenen Tierproduktion mit einzubinden. (Abg. Gradwohl: Warum nützen wir dann nicht ...?) Ich sehe es aber als einen großen Fortschritt, dass es möglich war, das Programm für ländliche Entwicklung als Grundsatzelement in der Agrarpolitik festzuhalten.

Trotz all dieser Entwicklungen, die positiv sind, müssen wir wissen, dass die Produktion insgesamt gut, aber leider in einzelnen Bereichen nicht fehlerfrei ist. Mit der medial stark thematisierten Entwicklung, mit der wir zurzeit zu tun haben, müssen wir fertig werden, das ist keine Frage. Ich habe nur eine Bitte: Wann werden wir endlich so viel Energie, so viel Phantasie und so viel Engagement und auch Geld für die Erforschung der BSE-Ursachen und von deren Auswirkungen aufwenden? Das würde uns weiterhelfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Alles andere bringt uns keinen Schritt weiter, sondern bringt Europa und die Landwirtschaft Europas in eine nur noch tiefere Krise, die der Landwirtschaft und den Verbrauchern nicht gut tut. Da sind wir gefordert, und ich bitte Sie, dass Sie mit uns diesen Weg gehen.

Da heute und hier mehrmals vom illegalen Medikamenteneinsatz gesprochen wurde, möchte ich feststellen, dass Sie dazu auch aus der bäuerlichen Vertretung eines sehr deutlich hören können: Wer sich auf diesem Gebiet verirrt hat, hat allein zu gehen, hat keine Toleranz und keinen Schutz zu erwarten; wer da Fehler macht, muss mit seinen Fehlern selbst fertig werden.

Damit Sie aber die Handlungsfähigkeit dieser Regierung erkennen, darf ich Ihnen sagen: Diskutieren wir doch über das Thema "Agentur für Ernährungssicherheit" oder – wie der Herr Bundesminister heute in der Fragestunde sagte – den runden Tisch, an dem er alle Interessengruppen zusammenführen möchte, um mit ihnen über Gegenwart und Zukunft im Lebensmittelbereich, in der Lebensmittelproduktion zu reden. Das sind echte Ansätze für eine konstruktive Politik!


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Sie fordern von uns dauernd eine Verbesserung aller möglichen Standards. Denken Sie daran: Vor zehn Jahren haben die Österreicherinnen und Österreicher für Lebensmittel mehr als 23 Prozent ihres Einkommens ausgegeben, heute sind es kaum 15 Prozent. Meine Damen und Herren, das ist auch eine bedenkliche Entwicklung! Deshalb möchte ich Sie bitten, dass wir heute und hier auch feststellen: Es muss Schluss damit sein, dass Lebensmittel als Lockprodukte in allen Supermärkten angeboten werden! Das geht, bitte, nicht an, das können wir so nicht durchhalten, vor allem, weil damit die Qualitätsproduktion in keiner Weise angeregt wird.

Ich möchte schließlich auf ein paar Bereiche Bezug nehmen, von denen ich glaube, dass sie ausgesprochen werden müssen. Wir brauchen gleiche Produktionsstandards und Herkunftsbezeichnungen bei Fleisch und Lebensmitteln aus allen Gebieten, aus dem Europa der Fünfzehn und aus allen anderen Ländern, die Lebensmittel nach Österreich liefern. Nur dann ist es korrekt! Es kann doch nicht sein, dass wir uns im eigenen Land mühen und plagen und uns durch den Warenfluss, der heute allerorts stattfindet, alle anders produzierten Lebensmittel aus allen anderen Regionen der Welt hereingebracht werden! Hier brauchen wir klare, vergleichbare Standards.

Herr Bundesminister! Ich meine, dass Sie hohes Ansehen und Wertschätzung genießen und dass Ihre Arbeit Anerkennung verdient. Ich möchte uns alle bitten: Hören wir auf, die Landwirtschaft und die Agrarpolitik zu fraktionieren: in gute und schlechte Bauern, in solche, die "Bio" machen, und solche, die nicht "Bio" machen. Wir haben hier eine Aufgabe zu bewältigen, der wir uns gemeinsam zu stellen haben.

Herr Bundesminister! Wir wünschen Ihnen viel Kraft bei der Aufgabe, eine zukunftsorientierte Agrarpolitik für die Bauern, für die Verbraucher und für unser Land auch weiterhin zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.47

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn wir uns heute über den Bericht zur Lage der österreichischen Landwirtschaft unterhalten – der übrigens wenig schmeichelhaft für den Minister ist –, so kommen wir nicht umhin, auch über gewaltige Fehlentwicklungen und Auswüchse im Bereich der Agrarpolitik zu sprechen und diese zu hinterfragen.

Herr Minister! Für diese Agrarpolitik sind ausschließlich Sie zur Verantwortung zu ziehen, dafür sind Sie ausschließlich verantwortlich. Ob BSE, Salmonellen, Schweinepest, Tiermehl in Futtermitteln, illegale Hormone und Antibiotika in der Massentierhaltung – all das sind letztlich immer nur die Symptome eines durch und durch kranken Agrarsystems. Natürlich ist Österreich nicht davor verschont geblieben ... (Abg. Zweytick: Geh, bitte!)

Lieber Freund Zweytick, auch wenn du es nicht glaubst, ich kenne das schon: Natürlich wird es heruntergespielt, aber in Anbetracht der Fakten gibt es nichts mehr herunterzuspielen. (Abg. Zweytick: Das sind immer die schwarzen Schafe! Immer und überall auf der Welt!) Es sind einfach Fakten. (Abg. Dr. Mertel: Lass ihn ...!)

Ich lasse ihn ohnehin schon in Ruhe, okay. (Bundesminister Mag. Molterer: Wir haben keinen BSE-Fall! Das sagen Sie schon auch?) Das ist richtig, Herr Minister, und ich wünsche mir auch keinen herbei. (Abg. Achatz: Freuen Sie sich darüber, dass wir keinen haben!) Es reicht uns schon der Antibiotika-Skandal in der Massentierhaltung bei den Schweinen und neuerlich auch in der Geflügelzucht. Herr Minister, das allein reicht auch schon!

Die jüngsten Skandale – und damit bin ich wieder beim Thema – beim Schwein, in der Schweinehaltung und natürlich auch, wie sich jetzt herausstellt, in der Geflügelzucht zeigen auch eindrucksvoll auf, dass diese Landwirtschaftspolitik eine große Gefahr für die Gesundheit der Konsumenten darstellt. Es ist nicht länger zu verantworten, Herr Minister, dass durch diese


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Politik und die damit verbundenen Risken die Gesundheit der Menschen in diesem Lande gefährdet wird.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nunmehr speziell auf den Skandal um den Antibiotikaeinsatz bei Schweinen, insbesondere auf Antibiotikaresistenzen, zu sprechen kommen. In der Massentierhaltung werden Antibiotika heute längst nicht mehr nur zur gezielten Krankheitsbekämpfung verwendet, sondern, wie nunmehr ersichtlich ist, häufig illegalerweise auch zur Wachstumsförderung eingesetzt. Antibiotikarückstände in Schweinefleisch und sogar resistente Bakterien in diesen Lebensmitteln sind die Folge.

Für die Menschen lauert hier ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko. Gefährliche Infektionskrankheiten können beim Menschen oft nicht mehr effektiv bekämpft werden, denn die Krankheitserreger sind in zunehmendem Maße gegen die in der Humanmedizin verwendeten Antibiotika resistent.

Ich darf Ihnen auszugsweise aus einer Studie aus Holland die Erkenntnis bringen, dass in den Niederlanden über 150 Schweineställe und rund 50 Truthahnfarmen untersucht wurden, in denen Antibiotika als Leistungsförderer den Futtermitteln zugesetzt wurden. (Abg. Zweytick: Niederlande! Holland!) – Das ist ja bei uns auch so, Herr Kollege Zweytick. (Zwischenruf der Abg. Achatz. ) Es ist natürlich das Gleiche, Frau Aumayr, Entschuldigung, Frau Achatz, das wissen Sie ganz genau. Es geht beim Problem der Antibiotikaresistenz ja um das Prinzip. Ob nun diese oder jene Antibiotika eingesetzt werden, es sind immer die gleichen Auswirkungen – auch wenn Sie es nicht gerne hören, Frau Kollegin.

Fest steht – und das ist erschreckend –, dass die Tierpfleger und die Schlächter, die in engem Kontakt mit den Tieren gestanden sind, Träger dieser Bakterien waren.

Was noch schlimmer ist: Es wurden auch Stuhlproben von über 300 Einwohnern einer von den Mastbetrieben entfernt liegenden Stadt untersucht. (Abg. Zweytick: Holland! Holland!) Das erschreckende Ergebnis, Herr Zweytick: Rund 14 Prozent der Testpersonen waren mit resistenten Bakterien infiziert. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Wo war das?!) Herr Kollege Zweytick! Da gibt es nichts mehr zu beschönigen! (Abg. Zweytick: Sag "Holland" dazu! Holland!)

Herr Kollege Zweytick! Wie kann man nur so naiv sein! Ich hätte mir zumindest von dir erwartet, dass dein Denken etwas offener ist. (Abg. Achatz: Wo war das?) Aber ich verstehe dich schon, Kollege Zweytick, du musst heute hier natürlich die Beschwichtigungsrolle übernehmen. Aber das gelingt dir nur schlecht und kann in Anbetracht dieser Fakten auch nicht gelingen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Kollege Zweytick! Aber noch etwas Neueres – vielleicht trägt das dazu bei, dass du doch einmal einsichtig wirst –: Untersuchungen des Robert-Koch-Institutes, ein durchaus unverdächtiges Institut, haben gezeigt, ... (Abg. Haigermoser: In Holland gibt es auch die "Coffee-Shops" – und bei uns Gott sei Dank noch nicht!)

Kollege Haigermoser meldet sich auch wieder einmal zu Wort, wenn auch das, was er von sich gibt, nicht sehr gescheit ist. (Abg. Haigermoser: Lackner, bleib mein Freund!) – Ja, ist in Ordnung, Herr Kollege!

Fest steht, dass Antibiotikaeinsatz Resistenzen bewirkt, die Sie offensichtlich unterschätzt haben, meine Damen und Herren!

Und was geschieht jetzt? – Wir haben es heute nur allzu eindrucksvoll erlebt: Es wird beschwichtigt, es wird verniedlicht, es wird verharmlost, und die Beschwichtigungsweltmeister Molterer und Schwarzböck spielen den Skandal natürlich herunter.

Als großer Skandal – das ist der letzte "Schlager" in diesem Bereich – ist die Aussage des obersten Bauernvertreters Rudolf Schwarzböck zu werten, nämlich dass es im konventionellen Bereich ohne Medikamenteneinsatz nicht möglich ist, zu produzieren. Meine Damen und


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Herren! Damit erklärt er in einem Atemzug jahrelange kriminelle und extrem gesundheitsgefährdende Praktiken der Tierfabrikanten zu einem harmlosen Kavaliersdelikt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Prinz. )

Herr Kollege Prinz kann sich ja noch zu Wort melden und seinen bescheidenen Beitrag in diesem Hause kundtun, denn viel ist bei Ihnen ohnedies nicht hoch zu werten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Jetzt so zu tun, als handle es sich dabei nur um ein Kavaliersdelikt von einigen schwarzen Schafen, halte ich schlichtweg für einen Skandal und für verantwortungslos! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es geht jedoch auch anders – oder sagen wir so: Es ginge auch anders. Ich habe hier einen Beitrag aus der Schweiz, wo es heißt: Biostimulatoren statt Antibiotika. (Zwischenruf des Abg. Freund. ) Hier wird sehr eindrucksvoll der Beweis geführt, dass es auch so geht und dass auch mit diesen Biostimulatoren durchaus entsprechende Werte in der Schweinezucht oder -mast ... (Abg. Freund: Über 300 BSE-Fälle in der Schweiz!)

Auf jeden Fall steht fest, dass hier ausgezeichnete Werte erzielt worden sind und dass durch diesen Züchter dem Konsumenten Schweinefleisch zugeführt werden kann, an dem erkennbar ist, dass verantwortungsvolle Agrar- beziehungsweise Mastpolitik gemacht worden ist. (Abg. Dr. Brinek: Was ist mit BSE? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss meiner Ausführungen noch ein paar Forderungen an eine "Landwirtschaft neu" zum Schutz der Konsumenten in diesem Lande: Eine radikale Umstellung der Agrarförderungspolitik ist gefragt. (Abg. Schwarzenberger: Wollt ihr unbedingt eine industrialisierte Landwirtschaft?) Der Herr Minister hat ja schon angedeutet, dass er sich für die Lösung dieser Problematik enorm einsetzen wird. Ich hoffe, dass es relativ rasch vonstatten gehen wird. Nur: Diese Kunde hören wir schon sehr lange, geschehen ist bis zum heutigen Tag jedoch relativ wenig. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. )

Herr Minister! Sie waren Minister, es ist daher nicht möglich, dass Sie sich einfach aus der Verantwortung ziehen. Das mag vielleicht anderswo gehen, aber wenn Sie als Minister es sich so einfach machen, ist das schon fast ein Skandal. (Abg. Auer: Ihre Beiträge sind ein Skandal!) Nehmen Sie zur Kenntnis: Wenn Sie Minister waren, dann haben Sie diese Politik zu verantworten! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine weitere Forderung ist die verstärkte Unterstützung der Bioverbände zur besseren ökologischen Beratung und Kontrolle der umstellungswilligen Bauern. Sehr wichtig ist auch die Zielsetzung, bis 2005 den Anteil der Biobauern auf 30 Prozent im Verhältnis zu den konventionell wirtschaftenden Landwirten zu erhöhen. Das ist, glaube ich, machbar, auch wenn Sie jetzt behaupten werden, dass das nicht der Fall sein wird.

Herr Minister! Lassen Sie mich zum Schluss noch einige Worte zum Thema Resistenzen sagen – Resistenzen gegenüber politischer Verantwortung von konservativen Politikern. Sie haben es sich heute sehr leicht gemacht: Das Gute nehmen Sie für sich in Anspruch, für das Schlechte tragen die Beamten und alle anderen die Schuld. Ich glaube, das kann nicht die Vorstellung von politischer Verantwortung sein.

Sollte es Ihnen mit einem Neubeginn in der Agrarpolitik wirklich ernst sein, dann erweisen Sie diesem Land bitte einen großen Dienst: Schauen Sie über die Grenze nach Deutschland und ziehen Sie die entsprechenden Konsequenzen, denn mit Ihnen wird ein Neubeginn nicht möglich sein. Ihre tiefe Verflechtung und Verstrickung in dieses marode System lässt echte Reformbestrebungen zugunsten der bäuerlichen Betriebe – ich sage das bewusst! – kaum zu, lässt diese nicht erwarten.


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Ich darf noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Maier, Mag. Ulli Sima, Lackner und Genossen betreffend Vorlage aller Zahlen, Daten und Fakten betreffend die Futtermittelkontrolle auf bäuerlichen Betrieben, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 betreffend den Grünen Bericht 1999

Entschließungsantrag:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat alle Zahlen, Fakten und Daten über die Kontrolle von Futtermittel auf bäuerlichen Betrieben in ganz Österreich unter Berücksichtigung von Tiermehlverfütterng auf Grund der Ergebnisse der Futtermittelkontrollen in den Jahren 1989 bis 2000 bis 1. März 2001 in Berichtform vorzulegen.

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Lackner eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.58

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Opposition wurde heute wahrscheinlich falsch informiert (Abg. Schwemlein: Von euch!)  – ich kann mir nicht vorstellen, wie sonst sie diesen Aktionismus und Populismus betreiben könnte. Sie hat anscheinend geglaubt, dass heute eine Direktübertragung stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Grünen und die Sozialisten sind nach dem BSE-Skandal draufgekommen, dass es viel mehr Konsumenten als Bauern gibt. (Abg. Schwemlein: Nein, das wissen wir schon lange!)

Herr Konsumentenschützer Maier ist jetzt auch wieder hier – ich hatte schon geglaubt, dass er von seinen Flascherln etwas erwischt hat, weil er so lange abwesend war. Herr Konsumentenschützer Maier, von Ihnen kann ich es noch verstehen, denn Sie bekommen von Ihrem Landeshauptmann-Stellvertreter in Salzburg wöchentlich zwei Auftritte im Fernsehen, bei denen Sie sagen, dass Sie wieder irgendwo eine Kleinigkeit in einer Dose gefunden haben – und das nur, um Ihren Populismus fortzusetzen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Hören Sie endlich auf, auf dem Rücken der Bauern, der Fleischverarbeitungsbetriebe und des Handels herumzutanzen! Bleiben Sie bei der Wahrheit, helfen Sie mit, mit uns den Konsumenten wieder zu überzeugen von der Qualität, denn in Österreich haben wir noch keinen BSE-Fall, obwohl Sie einen anderen Eindruck vermitteln wollen. Versuchen Sie das mit uns, denn nur gemeinsam mit den Konsumenten ist es möglich, wieder aus dieser Krise herauszukommen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Wir reden von Preisrückgängen in der Höhe von 20 bis 30 Prozent – die Wahrheit ist eine andere! Die Rinderställe sind voll (Abg. Dr. Mertel: Sollen die Konsumenten sie aufessen?), unverkäufliche Rinder werden von 1 S bis 5 S pro Kilogramm gehandelt.

Denken Sie einmal darüber nach: 1 S für ein Kilogramm Rind lebend! (Abg. Dr. Mertel: Was wollen Sie von uns ...?) Meine Damen und Herren! Hunde- und Katzenfutter kostet das Fünf- bis Zehnfache. – Das nur zum Nachdenken.


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Jetzt haben wir Bauern die Alternative: verbrennen oder verschenken. Herr Pirklhuber, von Ihnen würde ich noch glauben, dass Sie Ihre Kollegen davon überzeugen können, endlich mit dem Populismus aufzuhören. Meine Damen und Herren! Für einen produzierenden Landwirt und Züchter ist Verbrennen wohl der Gipfel der Perversität, wenn woanders Hunderte Millionen Menschen Hunger leiden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Minister hat schon ausführlichst darüber Bericht erstattet, und auch im Ausschuss wurde ausgiebig darüber diskutiert, dass unser gemeinsames Ziel eine Neuorientierung in der Landwirtschaft in Österreich sein wird. Agrarindustrien mit Tausenden von Mastrindern, Zehntausenden von Schweinen, Legebatterien mit Millionen von Hühnern wie in anderen EU-Ländern müssen bei uns in letzter Minute verhindert werden, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Hannes Bauer. ) – Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, Sie werden ja über die Struktur in Niederösterreich Bescheid wissen.

Wenn europaweit 20 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe 80 Prozent der Förderungsgelder erhalten, muss ... (Abg. Schwemlein: In Österreich!) – Auch in Österreich! (Abg. Schwemlein: Das ist ein Problem, da hast du Recht!) Das werden wir gemeinsam mit Ihnen, wenn Sie mithelfen – der Herr Minister hat es schon angekündigt –, aufzeigen und ändern. (Abg. Schwemlein: Wir fordern es ja schon seit Jahren!)

Meine Damen und Herren! Damit die Kühe wieder Gras fressen und die Kälber wieder Milch saufen können (Abg. Dr. Mertel: Ihr Minister hätte es ja schon machen können!): Sagen wir gemeinsam ja zur Wende im Agrarbereich in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

12.03

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Generalisierungen in so heiklen Bereichen wie Lebensmittel, Gesundheit und auch Landwirtschaft sind immer fehl am Platz, weil dann immer alle draufzahlen, und das wollen wir nicht! – Mit "alle" meine ich die Landwirte, die KonsumentInnen.

Deshalb ist es eben wichtig, dass endlich gesagt wird, dass Sie alle Register ziehen müssen, damit nicht wegen einiger schwarzer Schafe – seien es 38 Schweinezüchter, bis jetzt, oder vielleicht sehr, sehr viele Hühnerzüchter, das wissen wir noch nicht, darauf komme ich später noch zu sprechen, oder seien es eventuell ein paar Rinderzüchter – alle draufzahlen. Genau das ist unser konkreter Vorwurf auch in dieser Debatte: dass Ihre Politik und Ihre Maßnahmen nicht gezielt und nicht strukturiert in die Richtung gehen, diese schwarzen Schafe auszumerzen.

Daher wollen wir immer wieder unsere Generalforderungen erheben und immer wieder in dieselbe Kerbe schlagen und sozusagen zu einer Generalrevision der Landwirtschaftspolitik vordringen. Diese Generalrevision ist notwendig, damit es keine schwarzen Schafe gibt, denn sonst geschieht genau das, wofür Sie dann immer wieder geradestehen müssen, wofür Sie dann immer wieder den schwarzen Peter bekommen, nämlich dass die Landwirtschaft als solche in Misskredit gezogen wird. Wir wollen das nicht, und Sie sollten daher endlich handeln, damit das nicht mehr geschieht.

Nun konkret zu dem, was Sie alles nicht tun, sodass ständig Skandale passieren.

Erstens: Sie unterstützen den Trend in Richtung Massentierhaltung, Herr Minister, auch in Richtung Industrialisierung der Landwirtschaft. Sie unterstützen das, die ÖVP unterstützt das!

Herr Minister, Sie haben Fakten genannt, ich nenne Ihnen auch Fakten, wir wollen ja sachlich diskutieren (Abg. Schwarzenberger  – eine Graphik mit der Überschrift "Betriebsgrößenstruktur bei Milchkühen" in die Höhe haltend –: Kennen Sie diese Tabelle?): Bis 1994 galt bei den


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Mastschweinen eine Tierbestandsobergrenze von 400. Sie haben dafür gesorgt, dass die Obergrenze auf 1 000 erhöht wurde. – Faktum! Das ist Ihre Landwirtschaftspolitik!

Hohe Obergrenzen beinhalten die Gefahr und das Risiko, dass Tierfutter mit Antibiotika vermischt zum Einsatz kommt, dass dann das Tierfleisch verunreinigt ist und dass letztlich die Gesundheit der KonsumentInnen gefährdet ist. (Beifall bei den Grünen.)

Zweites Faktum: Sie haben die Tierbestandsobergrenze auch bei den Masthühnern enorm erhöht: von 22 000 auf 55 000. Bei den Truthühnern – da steht in den nächsten ein, zwei Wochen sicher auch ein Antibiotikaskandal ins Haus, da bin ich mir sehr sicher, denn in diesem Bereich werden Antibiotika in breitem Umfang eingesetzt, nur gibt es momentan noch keine Recherchen der Kriminalpolizei, oder sie sind noch nicht bekannt – haben Sie die Bestandsobergrenze von 8 000 auf 20 000 erhöht. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Das ist Ihre Politik, Herr Minister, Herr Landwirtschaftssprecher!

Setzen Sie bitte andere politische Maßnahmen, dann schaut es auch anders aus; aber Sie führen eine Industrialisierung herbei, geben der Massentierhaltung mehr oder weniger freien Raum und erhöhen noch die Möglichkeiten. (Abg. Schwarzenberger  – neuerlich eine Graphik zeigend –: Mit Abstand an letzter Stelle ist Österreich in der Struktur!) – Ich schaue mir dann gerne Ihre Graphik näher an.

Ihre Politik, die die Skandale geradezu heraufbeschwört, umfasst vor allem auch Tatenlosigkeit im Umgang mit illegalen Praktiken bei Tierarzneimitteln. – Wir sind ja nicht müde: Seit 1990 stellen wir Anfragen, seit 1990 stellen wir Anträge in diese Richtung, und immer wieder antworten Sie uns, dass Sie entweder nicht zuständig sind oder dass ohnehin genügend gemacht wird. All das ist schön dokumentiert, ich kann es Ihnen anschließend geben.

Eines ist sehr, sehr wesentlich: Schließen Sie endlich die Gesetzeslücke, was die Strafbarkeit von missbräuchlichem Einsatz von Antibiotika und verschiedenen Tierarzneimitteln anlangt.

In Österreich ist nach wie vor die Lagerung straffrei, ist die Vor-Ort-Hofhaltung von verschiedenen Medikamenten beziehungsweise Antibiotika straffrei. Meine Damen und Herren! Die Kriminalpolizei kann ja nur dann ein Vergehen feststellen, wenn der Bauer oder die Bäuerin sozusagen in flagranti ertappt wird. Wollen Sie Videokameras in den Kuhställen? Wollen Sie die Videoüberwachung per Kriminalpolizei in den Kuhställen? Auf Grund Ihrer mangelhaften Gesetze könnte nur auf diese Art und Weise wirklich effizient kontrolliert werden und ein effizientes Strafausmaß festgelegt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Landwirtschaftsminister, ich nehme Ihnen ja Ihr persönliches Bemühen in Richtung Biolandbau wirklich ab, keine Frage, auch auf EU-Ebene sind Sie immer wieder durchaus pionier- und pilotprojektartig unterwegs, aber hören Sie doch auch auf die einheimischen warnenden Stimmen!

Die Tierärzte haben schon im Mai sozusagen unter dem Würgegriff gestöhnt, dass sie vor Ort landwirtschaftlichen Funktionären ausgesetzt sind, die auf eine drastische Reduzierung bei den Fleischuntersuchungen dringen. Das ist das Problem. Sie müssen, wenn Sie für die Landwirtschaft, für die KonsumentInnen Sicherheit haben wollen – und das nehme ich Ihnen voll und ganz ab –, auch dafür sorgen, dass die Landwirtschaftsfunktionäre nicht so massiven Druck auf die Kontrollore ausüben, auf die Tierärzte. Ich kann Ihnen gerne das Schreiben der Tierärzte geben, Herr Präsident Josef Jäger hat es unterschrieben.

Bevor ich meinen Antrag einbringe, möchte ich noch darauf hinweisen: Heute ist in der "Presse" zu lesen: "Antibiotika für Hühner". – Wir werden nächste Woche auch den Antibiotika-Skandal bei Hühnern wahrscheinlich in größerem Umfang noch behandeln müssen. Ich zitiere:

"Der Grazer Bakteriologe Feierl" stellt fest: ",Seit zehn Jahren!‘" – Herr Landwirtschaftsminister, ich glaube, Sie sind sogar schon etwas länger in der Landwirtschaftspolitik – ",findet, unfreiwillig, in ganz Österreich ein flächendeckender Menschenversuch statt.‘" – Mit Antibiotika über Hühnerfleisch.


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Ich war im Sommer bei den Direktoren der Bundesanstalt für Lebensmittelkontrolle und habe gefragt, was das gravierendste Problem ist. Die Antwort darauf war: Antibiotika.

Herr Landwirtschaftsminister! Bitte machen Sie etwas in diesem Bereich! Trachten Sie danach, dass Antibiotika in Futtermitteln gänzlich gestrichen werden, dass vor Ort kontrolliert und das Strafausmaß entsprechend geändert wird. Sorgen Sie dafür, dass bereits gestraft werden kann, wenn illegal gelagert wird. Das ist ganz wesentlich!

Nun noch zu einem anderen Bereich, der für Sicherheit und Vertrauen sorgen muss, nämlich auch für die Lebensmittelkontrolle, zur Agentur. Sie haben ja bereits in der Fragestunde auf die Agentur, die jetzt dafür eingerichtet werden soll, hingewiesen. Sie haben auch auf meine Zusatzfrage geantwortet, da ich ja Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit habe. Diese Bedenken stützen sich auf eine Graphik, die Sie präsentiert haben (die Rednerin zeigt diese in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Mag. Molterer): das Diagramm dieser Agentur.

Dieses Diagramm der Agentur zeigt einen großen Block (die Rednerin zeigt die Graphik in Richtung Abgeordnetenbänke)  – da steht "Agentur" – und zwei Pfeile: Einflussnahme beziehungsweise Weisungen beziehungsweise übergeordnete Behörde. Die zwei Pfeile stammen einerseits vom Ministerium für Gesundheit und Soziales und andererseits – und das ist meine Befürchtung, Herr Minister – vom Landwirtschaftsministerium.

Wenn diese Agentur kommt, dann gibt es in Österreich einen massiven Rückschritt. Auf EU-Ebene ist die Kontrolle ausschließlich Angelegenheit des Gesundheitsbereichs – Kommissar Byrne hat hier die alleinige Oberhoheit. Sie aber organisieren eine Agentur – ich weiß, es gibt schon lange die Pläne, Bundeslabor und so weiter –, in der Sie als Landwirtschaftsminister auch vertreten sind, in der Sie eventuell auch sozusagen Ihre Interessen mitvertreten müssen, denn Sie sind ja nicht nur der persönlich überzeugte Herr Minister Molterer, sondern Sie sind ja auch ein Repräsentant von Agrarfunktionären, die leider noch die traditionelle Politik betreiben.

Deshalb mein großer Appell: Es ist nur dann für die Sicherheit der KonsumentInnen und auch für die Sicherheit der Bauern, die ja zu 90 Prozent ordentlich produzieren, gesorgt, wenn die Kontrolle wirklich unabhängig ist und wenn Sie sie freihalten von Einflussbereichen landwirtschaftlicher Funktionäre.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Moser, Glawischnig, Freundinnen und Freunde betreffend Ausweitung der Lebensmittelkontrollen

1. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, eine Ausweitung der staatlichen Lebensmittelkontrolle vorzunehmen und diesbezügliche Maßnahmen betreffend Personalstand, Kontrolldichte, Kontrollfrequenz, Ausbildungsprogrammen (Spezialisierungen), neuen Kontrolleinrichtungen, Monitoring zu setzen sowie die erforderliche Budgeterweiterung sicherzustellen.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchungen und -kontrolle nicht auszugliedern und zu privatisieren.

*****

Herr Minister! Dieser Antrag könnte Sicherheit schaffen, könnte Vertrauen schaffen. Bitte, nehmen Sie ihn ernst beziehungsweise stimmen Sie ihm zu, sonst wird das, was Sie oft reklamieren, nämlich Sicherheit und Vertrauen, wieder nur mit Füßen getreten, und Sie sind unglaubwürdig – und das wünsche ich Ihnen nicht. Sie sollen glaubwürdig sein, unterstützen Sie


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daher bitte Maßnahmen und Instrumente, die Glaubwürdigkeit schaffen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Dr. Moser soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

12.13

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Moser, ich möchte Ihre sehr differenzierten Ausführungen zum Anlass für einige Klarstellungen nehmen.

Erstens: Wir arbeiten mit Hochdruck an der Verschärfung der Regelungen im Tierarzneimittelgesetz, um auch den Besitz von illegalen Tiermedikamenten strafbar zu stellen, sodass wir auch die Möglichkeit haben, gegen das Verteilernetz strafrechtlich vorzugehen.

Zweitens: Es wird überlegt und geprüft, im Bereich Lebensmittelrecht, wie ich schon angedeutet habe, auch das Strafausmaß zu erhöhen, um letztendlich auch die abschreckende Wirkung zu verstärken.

Zur Agentur: Noch einmal: Dabei geht es darum, dass es zwei Zuständigkeiten gibt. Es ist auch in der Union so, dass es zwei Zuständigkeiten gibt: Eine liegt bei Kommissar Fischler und eine bei Kommissar Byrne. Diese Zuständigkeitstrennung, diese strikte Trennung, hat sich in Österreich bewährt, und sie sollte auch hinsichtlich der Gesetzgebung selbstverständlich aufrecht bleiben.

Worum es bei der Agentur-Idee geht, ist, dass wir die Effizienz der Kontrolle dadurch erhöhen, dass wir Mängel, die es beispielsweise an der Schnittstelle zwischen Bund und Ländern gibt, durch die Konzentration der Kontrolltätigkeit beseitigen. Es ist nicht an eine Privatisierung gedacht – auch das habe ich schon klargestellt –, wir wollen eine Körperschaft öffentlichen Rechts, zu 100 Prozent – natürlich! – im Besitz des Bundes.

Nächster Punkt: Frau Abgeordnete, es ist sehr leicht, sich hierher zu stellen und von Verflechtung zu sprechen. Ich würde Sie ersuchen, zur Kenntnis zu nehmen, dass in meinem Verantwortungsbereich allein im Jahr 1999 162 Anzeigen erfolgt sind. Sie sollten im Zusammenhang mit meinem Verantwortungsbereich zur Kenntnis nehmen, dass ich nicht erst seit gestern, sondern schon seit längerer Zeit in der Europäischen Union für ein generelles Verbot von Antibiotika in Futtermitteln eintrete.

Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Wenn das Ministerium konsequent vorgeht – das tut das Ministerium, beispielsweise in der Frage Dioxin-Problem, wenn Sie sich erinnern, in Österreich –, dann hat das Ministerium und haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie derzeit mit einer Amtshaftungsklage zu tun. Das sollte doch der Nachweis dafür sein, dass dieses Ministerium unter meiner Verantwortung sehr klar zwei Prinzipien hoch hält: einerseits die Sicherheit und die Qualität der Lebensmittel, andererseits aber selbstverständlich die Sorge dafür, dass wir eine Landwirtschaft haben, die auch wirtschaftlich in der Lage ist, die gewünschte Qualität der Lebensmittel tatsächlich zu erzeugen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.16

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist wohl unbestritten, dass dieser Grüne Bericht eine exzellente Vorlage ist, um anhand von Daten und Fakten die Agrarpolitik nachzuvollziehen. Dafür


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gebührt vor allem den Beamten ganz besonderer Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dieser Grüne Bericht zeigt auf, dass sich das Minus bei den in der Landwirtschaft erzielten Einkommen durchaus fortsetzt – das ist sehr betrüblich –, zeigt aber auch auf, dass gerade in der Tierhaltung besonders starke Einbußen zu verzeichnen waren.

Meine Damen und Herren! Es ist mehr als interessant und bedauerlich, wenn ein Rindfleisch-Konsument, also jemand, der begeistert Rindfleisch essen möchte, durch Europa fährt und diese Diskussion miterleben muss: Da gibt es das Land Österreich, das bis heute keinen einzigen BSE-Fall hat (Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank!)  – keinen einzigen! –, aber es wird hier diskutiert, als ginge die Welt unter! (Abg. Murauer: So ist es!) So kann es doch wohl nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass wir bis heute BSE-frei sind, zeigen die knapp 13 000 Untersuchungen. Dies ist ein Verdienst der von der Politik gesetzten Maßnahmen – Tiermehl-Verbot in diesem Bereich seit 1990, Risikotests ebenfalls seit langem –, es ist dies aber vor allem auch ein Verdienst der verantwortungsvollen Bauernschaft Österreichs, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher sollte – auch wenn es der Opposition noch so schwer fällt – die Wahl der Worte ein bisschen genauer überlegt werden. Meine Damen und Herren! Dieser Bundesminister, der mit Engagement und sehr sorgsam und mit großen Verdiensten eine österreichische Agrarpolitik leitet, die sich international mehr als sehen lassen kann, verdient Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich behaupte auch, meine Damen und Herren, dass wir noch nie vorher eine derart positive und gute Fleischqualität hatten. Fragen Sie die Profis!

Ich habe im Zusammenhang mit einem so genannten Konsumentenschützer, der hier auftritt und einige Fläschchen herstellt, eine Frage: Was passiert denn, wenn die Konsumentenschützer, die Arbeiterkammer Preisüberprüfungen durchführen und bei den Restaurants feststellen, dass Preisunterschiede gegeben sind, dass in dem einen Lokal das Schnitzel 120 S kostet und in dem anderen 140 oder 150 S? – Dann wird darauf hingewiesen und dieser Betrieb quasi als Preistreiber vor den Vorhang gezerrt. – Das kann es doch wohl nicht sein! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man sollte einmal hergehen, meine Damen und Herren, und die biologische, die hervorragende Qualität, die dieser Betrieb vielleicht verwendet, hervorheben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn es wirklich so einfach wäre: klein, überschaubar, biologisch gewirtschaftet – und wir haben absolute Sicherheit. Aber absolute Sicherheit gibt es nirgends – leider!, füge ich hinzu –, denn es ist erwiesen, meine Damen und Herren, dass es in der Schweiz, die auch eine kleinstrukturierte Landwirtschaft hat, 360 Verdachtsfälle auf BSE gegeben hat, und davon sind nach unserer Information immerhin vier Tiere aus Bio-Betrieben betroffen – Herr Kollege Pirklhuber, immerhin vier waren von Bio-Betrieben!

Meine Damen und Herren! Diese Diskussion, das stelle ich eindeutig fest, ruiniert in erster Linie die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft, ruiniert aber auch viele Wirtschaftszweige, die mit Hunderttausenden Schilling, mit in die Millionen Schilling gehenden Inseraten dann wieder versuchen müssen, eine gegensteuernde PR-Kampagne zu starten. Diese Diskussion ruiniert vielleicht aber auch Zigtausende Arbeitsplätze in der fleischverarbeitenden Industrie. Wir sollten uns daher alle miteinander ein wenig mäßigen!

Eines fällt mir heute schon auf, und zwar die völlig ruhige Verhaltensweise der früheren Bundesministerin Prammer. Ganz ruhig ist sie heute, heute wird nichts gesagt. Sonst hört man öfters so manche Zwischenrufe von ihr, was sie alles weiß und besser machen würde. Aber vielleicht gründet sich das auf Ihre ehemalige Kompetenz, Frau Bundesministerin a.D.! Der


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Karikaturist Haderer hat Sie ja einmal ganz gut dargestellt, meine Damen und Herren von der SPÖ, im Hinblick auf Ihre Kompetenz in der Tierhaltung. (Der Redner hält eine Karikatur in die Höhe, auf der Abg. Mag. Prammer und ein Schwein auf einer Wiese zu sehen sind, wobei die Abgeordnete auf das Schwein deutet und sagt: "Kuh!")  – Das sagt wohl alles, oder? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was ich bedauere, das ist die Berichterstattung in den Medien, besonders auch im ORF. Am 23. Jänner gab es die Meldung: 16 Schweinefarmen wurden gesperrt, ich betone: 16 Schweinefarmen. Und dann konnte man in der einen oder anderen Zeitung noch lesen: Diese Farmen haben einige hundert Schweine. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Was ist daran falsch?)  – Da wird ein Bild gezeichnet, das skandalös ist!

Die Organisation "Vier Pfoten" hat sich in meinem Bezirk, in Bachmanning, bemüßigt gefühlt, einen Betrieb sozusagen vorzuführen (Abg. Achatz: Zu besetzen!), zu besetzen, und dann musste man wieder abziehen – man hat sich bis heute nicht entschuldigt! –, weil der Amtstierarzt festgestellt hat, dass dies ein Fünf-Sterne-Betrieb ist. Ich schäme mich für diese Organisation! Sie sollte wenigstens den Mut haben, sich bei diesem Bauern zu entschuldigen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol  – in Richtung Grüne –: So schaut es aus! – Gegenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Es geht um die Vorverurteilung, die da erfolgt! Herr Kollege Pirklhuber, vielleicht haben Sie die Möglichkeit, dieser Organisation zu sagen, dass es so nicht geht. Diese Vorverurteilung, die man mit vielen Betrieben und mit vielen Bauern aufführt, ist ein Skandal! Das ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Diese Bauern können sich nicht helfen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Setzen wir uns zusammen, Kollege Auer!)

Ich bekenne mich dazu: Wenn jemand illegal, verbotenerweise Medikamente einsetzt – egal, ob dies ein Tierarzt verteilt oder ein Bauer einsetzt –, dann gehört er entsprechend bestraft und zur Verantwortung gezogen. Das sollte klargestellt sein. Aber was derzeit gemacht wird, ist eine Zumutung!

Zur Struktur der österreichischen Bauernschaft. Da können Sie sich einmal ein Bild zu Gemüte führen, wie etwa die Milchindustrie in Neuseeland aussieht, wie die Milch in anderen Ländern produziert wird. (Der Redner hält eine Photographie in die Höhe. Diese zeigt eine weitläufige Halle mit kreisförmiger Rinderhaltung.)  – Das ist ein Melkkarussell für 500 Kühe. Österreichische Bauern haben im Vergleich dazu nur ein paar Tiere, ein Zehntel des Bestandes, wie er hier an einem einzigen Melkkarussell auf einmal aufgetrieben wird. Und dann reden Sie vom Trend zur Massentierhaltung. Das ist doch schön langsam eine Zumutung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, setzen Sie Ihre erfolgreiche Agrarpolitik trotz des Störfeuers weiter fort – im Interesse der Bauern, im Interesse der österreichischen Konsumenten, die wissen, wem sie diese österreichische Qualität zu verdanken haben: den Taten und den Maßnahmen des Bundesministers, der Verantwortung der österreichischen Bauern, aber nicht den Zwischenrufen mancher Oppositionspolitiker! (Bravo-Rufe bei der ÖVP. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein  – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Auer –: Jakob, du hättest noch "Halleluja!" nachrufen müssen!)

12.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

12.25

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Auer, du hast gemeint, in Österreich gibt es noch keinen BSE-Fall. Ich sage: Gott sei Dank gibt es noch keinen BSE-Fall! Als ich deiner Rede aber weiter gefolgt bin, hat sie in mir den Eindruck erweckt, als ob du meinst, na ja, es gibt ohnehin keinen BSE-Fall, also tun wir weiter so, wie wir es bisher getan haben. (Abg. Schwarzenberger: Damit es weiter


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keinen gibt!)  – Das genügt nicht! Wer redet von den Konsumenten, von der Verunsicherung und der gesundheitlichen Gefährdung der Österreicherinnen und Österreicher? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Grüne Bericht ist ein sehr informatives und sehr aussagekräftiges Werk. Er bekräftigt einmal mehr, er bestätigt die Forderung der Sozialdemokraten nach einem Umdenken in der Förderphilosophie. Nicht "groß" und "mehr", nicht die Quantität, sondern Qualität und Arbeit sollten die Fördergrundlagen sein.

Dieser Philosophie, das Große und das Mehr zu fördern, entspringt leider für die Bauern der Zwang, kostengünstig zu produzieren, unter Druck zu produzieren. Damit greift man eben zu wachstumsfördernden, giftigen Arzneimitteln und zu Billigstfutter. Wohin das führt, das sehen wir jetzt in der Situation, in der die Konsumentinnen und Konsumenten derart verunsichert sind, dass sie wirklich nicht mehr wissen, was sie eigentlich noch essen können und was ihnen nicht schadet.

Meine Damen und Herren! Der sehr fragwürdige Schluss, der auch in diesem Haus von einigen Bauernvertretern schon gezogen wurde, lautet sinngemäß so: Eigentlich ist der Konsument selbst schuld, denn er greift ja immer wieder zu den Billigprodukten.

Meine Damen und Herren! Das könnte man auch auf andere Produkte übertragen, so nach dem Motto: Eigentlich ist derjenige, der sich ein Auto um 100 000 S kauft, selbst schuld, wenn die Bremsen nicht funktionieren. Hätte er sich eines um 800 000 S gekauft!

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Konsumenten haben ein Recht darauf, Lebensmittel zu kaufen, die sie nicht gefährden, egal, ob sie billig oder teuer sind. (Abg. Hornek: Das ist ein dummer Vergleich!)  – Wir reden immer noch von Lebensmitteln, sehr geehrter Herr Kollege. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek: Sie reden von einem Auto!)

Obwohl diese Missstände jahrelang bekannt sind, wurden sie immer wieder zugedeckt und weggeschoben, und es wurden auch die Kontrollen sehr effektiv verhindert. Wenn ich mir überlege, dass noch vor einer Woche der Agrarreferent aus Oberösterreich, Landeshauptmann Pühringer, den "Oberösterreichischen Nachrichten" gegenüber erklärt hat, er und seine Agrarabteilung haben vom Arzneimissbrauch nichts gewusst, dann muss ich sagen, das ist der eigentliche Skandal, meine Damen und Herren! Das ist wirklich Verweigerung der Realität, wenn man vor einer Woche noch nicht wusste, dass es diesen Missbrauch gibt.

Die Konsumenten fragen sich natürlich auch: Wo bleibt denn wirklich die Kontrolle? Wo bleibt denn die Kontrolle in den Schlachthöfen? – Ich erzähle Ihnen jetzt ein Beispiel von einem Schlachthof aus meiner Gemeinde. Er hat in Normalzeiten – jetzt nicht mehr – 3 500 Schweine geschlachtet und 150 bis 200 Rinder. In diesem Schlachthof sind neun Tierärzte damit beauftragt, die Beschau durchzuführen. Ich betone: neun Tierärzte. Von diesen neun Tierärzten sind drei Amtstierärzte, die daneben einen normalen Job haben, die aber eigentlich dazu da wären, die Tierärzte zu kontrollieren. Sie gehen aber nur dorthin, um zu beschauen. Wie ist das zu vereinbaren, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Pumberger: Das wurde von Ihnen beschlossen! Dein Gemeinderat hat das beschlossen! Die Beschau wird im Gemeinderat beschlossen!)

Vier Trichinenbeschauer gibt es außerdem auch noch. Und es kommt noch dazu, dass diese Tierärzte ja auch Kunden haben, nämlich die Bauern, in deren Ställe dieselben Tierärzte kommen.

Meine Damen und Herren! Wie kann denn das wirklich noch eine Kontrolle sein? Ich glaube, es wäre sehr viel gescheiter, wenn man statt der großen Agenturen, die hier geplant sind, eine Art Gesundheitspass für eine wirklich "gläserne Produktion" von Tieren einführen würde. Jedes Tier wird von der Geburt bis zum Konsumenten genau mitverfolgt. Warum kann denn da nicht auch eine tierärztliche Kontrolle mitgemacht werden? Das hätte Sinn! Das würde eine wirklich effiziente Kontrolle bedeuten, meine Damen und Herren.


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Abschließend möchte ich noch eines sagen: Es wurde heute gerade von der ÖVP und der FPÖ so viel geklagt, wie schlecht es den Bauern gehe. Jenen, die es ehrlich meinen, geht es wirklich schlecht, dazu stehe ich. Aber kein Mensch hat bisher davon geredet, dass es eine ganze Reihe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der fleischverarbeitenden Industrie gibt, die jetzt um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen. Kurzarbeit, Kündigung, das sind die Folgen!

Daher möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gaßner, Wimmer, Gradwohl, Mag. Maier, Mag. Ulli Sima und Genossen betreffend unbefristete Verlängerung der Arbeitsstiftung für Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft (Aufleb) auf Grund der Gefahren für die Arbeitsplätze, verursacht durch Machenschaften in der Futtermittelindustrie und in Schweinemastbetrieben

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ersucht, einen Gesetzesvorschlag dem Nationalrat zu übermitteln, der die Stiftungsteilnahme an der Arbeitsstiftung "Aufleb" auch nach dem 31. Dezember 2000 ermöglicht.

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben durch Herrn Abgeordneten Mag. Gaßner eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.31

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde weder Medizinflaschen wie Herr Kollege Maier hierher stellen noch einen Schuhkarton wie Herr Kollege Pirklhuber. Ich müsste einen Baum hier hereinbringen, und der würde das Plenum wahrscheinlich ausfüllen, aber das hätte auch einen Vorteil: Man würde nicht sehen, dass die Herren von der roten, von der linken Reichshälfte, die enorme zusätzliche Forderungen an den Wald stellen, an der Diskussion fast kein Interesse haben, sonst wären diese Reihen hier (der Redner deutet auf die SPÖ-Reihen) nicht so leer. (Abg. Schwemlein: Können Sie das nochmals wiederholen? – Abg. Dr. Mertel: Das Kärntnerisch verstehe nur ich! Leider!)

Meine Damen und Herren! Der Wildschadensbericht sagt, dass der Wildschaden um 2 Prozent zugenommen hat. Abgenommen hat lediglich der Anteil an Schälschäden, nämlich um zwei Zehntelprozent, und trotzdem wurden im vergangenen Jahr fünf Millionen Stück Stangenholz frisch geschält.

Nebst jenen 11 Prozent, bei denen das Weidevieh – speziell in Salzburg und in Tirol – noch für Verbissschäden und für Waldschäden verantwortlich ist – daher erscheint eine Trennung von Wald und Weide dringendst notwendig –, gibt es dafür auch andere Ursachen. In diesem Katalog, im Wildschadensbericht, steht Folgendes – ich zitiere –:


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"Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Neben überhöhten Schalenwildbeständen und Waldweide sind vor allem Fehler an der Wildfütterung und in der Waldbewirtschaftung (Monokulturen ohne entsprechendes Äsungsangebot) sowie Beunruhigung des Wildes durch Tourismus, Siedlungstätigkeit oder Verkehr zu nennen. Durch die zunehmende Inanspruchnahme der Natur durch den Menschen wird der Lebensraum des Wildes immer stärker eingeengt. Dies führt mangels Ausweichmöglichkeiten regional zu überhöhten Wildbeständen" – Ende des Zitates –, und damit zu Wildschäden.

Sehr verehrte Damen und Herren! Damit komme ich zum Entschließungsantrag, den Herr Kollege Dr. Kräuter eingebracht hat und in dem es heißt: Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet. – Herr Kollege Kräuter! Ist das an Ihnen vorübergegangen? Der Wald ist doch schon viele, viele Jahre lang für Erholungszwecke geöffnet. Es sind in ganz Österreich 99,2 Prozent frei zugänglich, und nur 0,8 Prozent sind vorübergehend oder zeitweise gesperrt, und zwar zum Schutz des Waldes, zum Schutz des Wildes oder auch zum Schutz des Menschen, weil vorübergehende Sperren hauptsächlich wegen Schlägerungen gemacht werden.

Ganz im Gegensatz dazu – daher kenne ich mich langsam nicht mehr aus – liegt aber ein Antrag von Herrn Dr. Kräuter im Sportausschuss, der fordert, Mountainbikern sollen generell alle Wege ab eineinhalb Metern geöffnet werden. (Abg. Schwemlein: Länge oder Breite?) Und ich darf Sie schon einmal fragen: Wissen Sie, was eineinhalb Meter im Wald sind? Meine Damen und Herren, das ist kein Gehsteig, das ist ein Hohlweg! Aber auch Radfahren auf dem Gehsteig ist nicht überall erlaubt.

Es haben selbstverständlich auch die Senioren und die Familien mit Kindern das Recht, sich im Wald zu erholen. Diese Menschen sind nicht daran interessiert, dass dann auf einem schmalen Weg hinter einer Kurve ein Mountainbiker hervorkommt und womöglich irgendein Unfall passiert. Auch diese Menschen wollen sich erholen, aber die Öffnung wäre eben eine Gefahr für diese Spaziergänger, und das Verhältnis von Spaziergängern zu Mountainbikern beträgt mindestens 30 : 1.

Herr Kollege Kräuter – er ist leider Gottes nicht da –, ich möchte Sie auch fragen: Was wollen Sie eigentlich? Wissen Sie eigentlich selbst noch, was Sie wollen? Wir vergönnen jedem Menschen aus der Stadt, sich im Wald zu erholen, das soll jeder tun dürfen, aber das Maßhalten tut ebenfalls Not.

Ich kenne schon das Motto, das Sie haben, das Sie anwenden. Ihr Motto lautet schlechthin: Nichts besitzen, aber alles benutzen! – Besitzen heißt nämlich Verantwortung, besitzen heißt wirtschaftliche Verantwortung, Verantwortung gegenüber der Pflanze, den Naturgewalten, es heißt Herrichten von Wegen, Aufforsten, Sanierung des Schutzwaldes. Das ist eine Verpflichtung, wenn man besitzt! Alles zu benutzen und nichts zu besitzen, das hat es ja jahrzehntelang im Osten gegeben. Dass dort der Wald kaputt ist, dass auch das System nicht gehalten hat, all das dürfte Ihnen doch nicht neu sein. Ich lade Sie also ein: Schauen Sie mit uns auf den Wald! Sorgen Sie mit uns, mit uns Waldbesitzern dafür, dass die Bürger auch noch in 50 und 100 Jahren den Wald zu Erholungszwecken benutzen können! Machen wir ihn nicht kaputt!

Eines darf ich Ihnen auch noch sagen: Was Sie wollen, ist schlechthin eine Totalenteignung. Aber ich sage Ihnen: Solange es mich und uns in diesem Haus gibt, wird diese Enteignung nicht stattfinden, weil sie nichts bringt! Das ist im Osten so gewesen, es war in Russland und in den Oststaaten so, dass das nicht nur für das Volk, sondern auch für den Wald tödlich war. Aber wir wollen einen gesunden Wald für unsere Bürger! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

12.37

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst sagen, dass diese Diskussion natürlich Gelegenheit gibt, über eine


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Wende in der Agrarpolitik zu reden, und ich meine, man sollte diese Chance auch nutzen. Ich verstehe daher diese Verteidigungsstrategie nicht. Worum es eigentlich geht, ist, dass wir – und da stimme ich mit einigen Vorrednern durchaus überein – eine gemeinsame Agrarpolitik so zu formulieren haben, dass sie sowohl den Ansprüchen der Bauernschaft, was das Einkommen betrifft, als auch natürlich den Anforderungen im Konsumentenbereich gerecht wird.

Dabei geht es nicht nur unmittelbar um den Konsumenten, sondern auch um jene, die in dieser Region leben. Es geht darum, dass auch die Landschaft intakt ist. Das bedeutet, dass dieses Dreieck zu betrachten ist, dass wir nicht über Schuldzuweisungen zu diskutieren haben, aber dennoch feststellen müssen, dass sich einiges in Schieflage befindet.

Es ist so, dass man bei einer solchen Gelegenheit zwei Strategien verfolgen kann. Die eine Strategie ist die, dass man es wegschiebt. Dann verändert sich nichts zum Guten. Die andere ist die, dass man die Diskussion offensiv aufnimmt und in hervorragender Weise einen Schritt vorwärts setzt, nämlich im Interesse aller, und dass man letztlich auch Fahnenträger in Europa für diese Wendepolitik im Agrarbereich wird. Das halte ich für ungemein wichtig, meine sehr geschätzten Damen und Herren.

Ich sage das als einer, der aus dem Weinviertel kommt. Wir haben einmal die große Diskussion über den Weinskandal gehabt. Einige Jahre später hatten wir wieder einen hervorragenden Wein, und es ist eigentlich so etwas wie eine Gesundung der Weinwirtschaft passiert. Wenn ich also diesen Fleischskandal, der heute diskutiert wird, als eine Chance betrachte, dann ersuche ich Sie, das Offensivargument stärker in Betracht zu ziehen. Ich denke nicht, dass man nur davon sprechen kann, dass sich einige schwarze Schafe unter den Bauern befinden. Es sind nämlich schon zu viele, und das bedeutet, dass man zugeben muss, dass die Agrarpolitik in eine gewisse Sackgasse geraten ist.

Auch ich weiß, dass die Agrarpolitik und nicht nur die Bauernschaft unter enormem Druck steht, bestimmte internationale Spielregeln zu beachten. Aber da muss man sich fragen: Wie kann man die Spielregeln auch international verändern? Das bedeutet, dass man da einen Schwerpunkt zu setzen hat. Und es ist gut – das sage ich gleich dazu –, wenn man dann in der internationalen Diskussion so etwas wie ein Modell hat, das man vorweisen kann, damit man sagen kann: In Österreich haben wir diese gesunden Nahrungsmittel, in Österreich haben wir eine bäuerliche Struktur, die das letztlich doch sicherstellt oder eher sicherstellt.

Herr Bundesminister! Ich meine, niemand, der sich schon längere Zeit in der Politik bewegt, hat nicht in einem bestimmten Umfang gewisse Wahrnehmungen gehabt. Es geht dann immer darum, ob man diese Wahrnehmungen ernst nimmt oder ob man sie eben unter den Teppich kehren möchte.

Ich habe immer gefordert, dass wir zum Beispiel in der Frage der Kontrolle durchaus die Veterinärseite mehr einbeziehen. In Wirklichkeit ist einer der Gründe, warum vieles entstanden ist, auch darin zu sehen, dass die Veterinärseite im Wesentlichen hinausgedrängt wurde, manchmal aus Kostengründen, manchmal auch aus anderen Überlegungen, weil man da vielleicht mehr einsetzen konnte, als es gut war. Daher glaube ich, dass das nicht rein zufällig ist, denn wenn der Ärztekammer-Präsident davon spricht, dass das der größte Skandal in der Ernährungsgeschichte unseres Landes ist, so ist das schon eine Stimme, die gewichtig ist.

Es ist auch nicht so, dass zum Beispiel Universitätsprofessor Dr. Maximilian Schuh nicht schon lange über die Praktiken in der Schweineproduktion berichtet und auch immer wieder darauf hingewiesen hätte – es wurde auch von der Tierärztekammer ein Dossier erstellt, aber die Warnungen wurden mehr oder weniger nicht ernst genommen, und es wurde keine ausreichende Gegenstrategie ergriffen.

Aus diesem Grund, Herr Bundesminister, ist es schon so – denn auch wenn Sie vielleicht nicht unmittelbar derjenige sind, der diese Agrarpolitik will, so haben Sie diese doch zu vertreten; ich sage das sehr deutlich –, dass die Frage einfach erlaubt sein muss: Wie viel haben Sie gewusst, und wann haben Sie es gewusst? – Ich habe Ihnen heute schon die Frage gestellt, wie es sein


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kann, dass Sie sich einerseits dessen rühmen, dass Sie tätig waren und viel gemacht haben, aber sich andererseits von dem überrascht zeigen, was passiert ist.

Sie müssen sich entscheiden, ob Sie es gewusst haben und tätig waren, gegengesteuert haben oder ob Sie es nicht gewusst haben und daher überrascht sein können. Sie können nicht beides sein, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass die Landwirtschaft – das ist eigentlich mein Anliegen – erkennen muss, dass wir bei allen Wettbewerbsbedingungen in Wirklichkeit eine Gesamtverantwortung haben. Diese Gesamtverantwortung lautet, dass die Ökologie, der Verbraucherschutz und die Landwirtschaft als Einheit zu sehen sind und daher auch gemeinsam gedacht werden muss. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.43

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst möchte ich Herrn Abgeordneten Bauer loben; viele seiner Aussagen heben sich von den übrigen Aussagen der Opposition ab. Dafür danke ich ihm. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der Grüne Bericht gibt insgesamt die schwierige Lage in der Landwirtschaft wieder, die Einkommen pro Familienarbeitskraft sind gesunken, und nunmehr verschärft der BSE- und Medikamenten-Skandal die Lage der österreichischen Bauern.

Ich persönlich bin der Meinung, dass diese Krise eine Chance werden muss. Wir dürfen hier nicht polemisieren, wir wollen nicht Beschuldigungen aussprechen und Verunsicherung schaffen, sondern wir müssen an alle denken, nämlich an die Konsumenten, an die fleischverarbeitende Industrie und an die Bauern. Ich war letzte Woche in einem fleischverarbeitenden Betrieb, wo es 80 Angestellte gibt. Diese Leute zittern um ihren Arbeitsplatz, auf diese Leute müssen wir ebenso Rücksicht nehmen wie auf die Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir dürfen die Berufsstände nicht pauschal verurteilen, wir müssen rasch das Richtige tun, wir müssen die Verursacher und die Schuldigen finden, dürfen sie nicht schützen, sondern müssen sie zur Verantwortung ziehen und nachdenken, wie wir in Zukunft die Kontrolle vom Hof bis zum Konsumenten so gestalten können, dass es nicht zu viel Bürokratie gibt und dass die Sicherheit des Konsumenten gewährleistet ist.

Wir müssen aber – und das ist meine Sorge – den Konsumenten zum Umdenken bringen. Vielfach hat man heute gemeint, Bio sei die Lösung. Ich als Tiroler Abgeordneter habe große Sorge, denn ich habe erfahren, dass in Tirol viele aus dem Bio-Landbau ausgestiegen sind. Wenn man die Hintergründe erfragt, so ist es der höhere Preis, warum die Konsumenten Bio-Produkte zu wenig kaufen. Wir müssen den Bürger und Konsumenten dahin bringen, dass er Bio-Produkte auch kauft und isst; das wäre die Lösung. Man soll nicht sagen, dass Bio pauschal die Lösung ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Was mich noch mit Sorge erfüllt – das darf ich hier sagen; es ist fast ein bisschen lustig –, ist, dass man jetzt Straußen, Kängurus, Schildkröten und was weiß ich auf die Speisekarte setzen will. (Abg. Auer: Krokodile!) Mich hat diese Woche ein Bauer angerufen und gefragt, wie es wohl sein wird, wenn wir im Sommer Strauße und Kängurus auf unsere Almen auftreiben. Das kann es ja wohl auch nicht sein, denn das will wahrscheinlich niemand hier im Saal.

Künftig brauchen wir für unsere Bauern Initiativen, Rahmenbedingungen, Standards in der Tierhaltung und bei der Tierfütterung, beim Pflanzenschutz, aber auch bei den Umweltauflagen. Wir brauchen weiters Qualitätssiegel, die mehr Ehrlichkeit zeigen.


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In diesem Sinne fordere ich, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, um die Wirtschaftskraft der Bauern zu stärken und die Wirtschaftskraft der verarbeitenden Industrie auszubauen. Nur so können wir den Bauern künftig höhere Produktpreise garantieren. Kein Bauer ist glücklich, wenn er nur von Förderungen leben muss; er will von gerechten Preisen leben und sich somit seinen Lebensunterhalt selbst verdienen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.47

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Am Beginn eine Bemerkung zu den Rednern der FPÖ: Ich würde empfehlen, dass Sie einmal mit Ihrem Tierschutzsprecher Kontakt aufnehmen. Er kommt nämlich zu gänzlich anderen Schlüssen als Sie. Wenn Sie schon nicht mit ihm reden, dann sollten Sie zumindest seine Pressemeldungen durchlesen.

Zum Vorredner. Ich möchte auch nicht Kängurus oder Strauße essen, nicht nur, weil ich kein Fleisch esse, sondern weil wir nicht imstande sind, diese Tiere in Österreich artgerecht zu halten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Auer: Das ist vernünftig! Das ist sachlich!)

Mich als Tierschutzsprecherin interessiert natürlich in erster Linie die Tierhaltung. Herr Bundesminister! Wir haben angesichts der BSE-Krise, die hoffentlich noch sehr, sehr lange außerhalb von Österreich bleiben wird, und angesichts des Medikamentenmissbrauchs gehört, dass es auch in Österreich fünf vor zwölf in der Tierhaltung ist. Um vor allem in Zukunft Missbrauch und Tierleid zu vermeiden – wie auch meine Vorredner gesagt haben –, müssen wir neue Möglichkeiten ansteuern.

Viele tierschutzbewegte Menschen in Österreich, Tierschützer, namhafte Experten und Politiker in diesem Haus weisen seit Jahren auf die krankmachenden Haltungs- und Zuchtbedingungen von Nutztieren hin, meine Damen und Herren! Seit Jahren  – aber ohne Erfolg, Herr Bundesminister!

Es ist jetzt so weit, dass man nichts mehr schönreden kann, so wie es auch heute wieder passiert ist. Es genügt nicht, einen Dialog zu führen. Jetzt, meine Damen und Herren, muss endlich gehandelt werden! Sie werden an Ihren Taten gemessen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

BSE ist nur ein Ausdruck für leistungsorientierte Fleischproduktion, Antibiotika-Missbrauch in der Schweinezucht ist ebenfalls nur ein anderer Ausdruck für Tiere als Produktionsmittel. All diese Skandale sind eigentlich die logische Fortführung einer Landwirtschaftspolitik, die das Tier nicht als eigenständiges Individuum mit eigenen Rechten betrachtet, sondern unter dem Motto sieht: mehr, schneller, billiger. Das ist die fatale Fehlentwicklung! Und die rächt sich jetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Tierschutz wurde von den Entscheidungsträgern in der Landwirtschaft nie richtig ernst genommen. Sie fragen: Wo sind diese Entscheidungsträger? – Ich sage es Ihnen: im Bauernbund, in der ÖVP und im Landwirtschaftsministerium! Wer hat immer gegen modernen, effizienten Tierschutz gestimmt? – Die ÖVP, auf Kosten der Tiere und der Konsumenten! Das war nicht Abgeordnete Prammer, meine Damen und Herren, wie Sie es uns jetzt weismachen wollen.

Wie oft hat es in diesem Haus Diskussionen über ein Bundes-Tierschutzgesetz gegeben, wie oft über ungenügende Tierschutzvorschriften, wie oft über unsinnige Regelungen in 15a-Verträgen?

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Dutzende von verpassten Gelegenheiten, Skandale in der Tierhaltung zu verhindern und das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen. Immer kam


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das Argument, es gebe genügend Vorschriften, für Einheitlichkeit sei gesorgt. Mitnichten, Herr Bundesminister, mitnichten!

Die EU, von der ÖVP in Tierschutzfragen immer angerufen – dort wird auch immer alles eingefordert, anstatt im eigenen Land etwas zu unternehmen –, kritisiert unsere Tierschutzvorschriften.

Meine Damen und Herren! Das ist wichtig. Die Kontrollorgane behaupten, sie leiden unter Personalmangel, sie können nicht in dem Maße kontrollieren, wie sie gerne wollten. Ich frage Sie: Ist das vielleicht sogar erwünscht?

Meine Damen und Herren, vor allem von der FPÖ! Herr Dr. Grollitsch! Wir von der SPÖ bringen heute einen Entschließungsantrag ein, denn der Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Leibetseder, sagt in der "Krone": Da geht es um die Gesundheit der Menschen. Wir fackeln nicht lange. In den Bauernhöfen muss für eine artgerechte Tierhaltung gesorgt werden. – Zitatende.

Ich hoffe, Sie werden unserem Antrag zustimmen, den ich hiemit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Parfuss, Mag. Sima, Gradwohl, Mag. Maier, Lackner und GenossInnen betreffend Beschluss eines Bundes-Tierschutzgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, vor dem Hintergrund der kriminellen Verwendung von Tierarzneimitteln in der Schweinemast und im Sinne von 460 000 tierschutzbewegten Unterschriftenleistern den Entwurf eines strengen, modernen Bundestierschutzgesetzes bis 31. März 2001 vorzulegen, um auch auf den Bauernhöfen für eine artgerechte Tierhaltung im Sinne des Sonderbeauftragten der Bundesregierung in Sachen Fleischkrise, Rektor der Veterinärmedizinischen Universität, Dr. Josef Leibetseder, umzusetzen.

*****

Meine Damen und Herren! Tierschutz ist Menschenschutz! Stimmen Sie bei diesem Antrag mit! (Beifall bei der SPÖ.)

12.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Frau Abgeordneter Parfuss eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zellot.– Bitte. (Abg. Dr. Mertel  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Kärntner Abg. Zellot –: Sie müssen aber so reden, dass man Sie versteht! Die anderen! Ich verstehe Sie! – Abg. Zellot  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werde dem nachkommen!)

12.53

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Parfuss hat gerade von Tierschutz gesprochen. Tierschutz ist wichtig. (Abg. Dr. Mertel: Menschenschutz!) Man hat in der heutigen Debatte auch von Konsumentenschutz gesprochen. Konsumentenschutz ist wichtig. Ich frage Sie aber, meine geschätzten Damen und Herren: Wer schützt eigentlich noch die Bauern?

Wenn man sieht, wie diese Diskussion über die Landwirtschaft geführt wird, muss ich sagen, da wird nur hin- und hergezogen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser. ) Die Bauern werden in jeder


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Hinsicht nur geschädigt, keiner kann sich mehr schützen, und kein einziger Bauer kann sich wehren. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Auer. )

Meine geschätzten Damen und Herren! Der Grüne Bericht 1999 zeigt, dass das bäuerliche Einkommen sinkt. Er zeigt die Problematik der österreichischen Landwirtschaft auf und ist sehr umfassend. Ich glaube, es ist auch wichtig, bei dieser Debatte hier hervorzuheben, dass dieses Problem in der Landwirtschaft nicht nur auf Österreich bezogen werden kann, sondern vor allem in Bezug auf die Europäische Union gesehen werden muss. Sie alle sprechen immer von einer Wende in der österreichischen Agrarpolitik. Ich sage Ihnen: Ich bin für eine Wende in der europäischen Agrarpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn immer eine Wende in Österreich gefordert wird, so fordern wir auch massiv ein dauerhaftes Tiermehl-Verfütterungsverbot in der gesamten Europäischen Union. Verpflichten wir auch die Europäische Union, die gleichen Testungen durchzuführen wie in Österreich! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.  – Abg. Wenitsch  – in Richtung des Abg. Öllinger –: Wir haben es ja, Herr Kollege!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Fordern wir auch, dass eine Vertuschung der BSE-Problematik in den Mitgliedstaaten der EU nicht allein mit Verbrennungen der Rinder gutgemacht werden kann!

Meine geschätzten Damen und Herren! Sagen wir auch deutlich, dass es natürlich auch im Wettbewerb, vor allem bei Düngemitteln, beim Bodenschutz, bei verschiedenen Hygienebestimmungen – ob es bei Milch oder bei Fleisch ist – immer Unterschiede gibt! Das zeigt eigentlich, dass es in der Vergangenheit keine gemeinsame europäische Agrarpolitik gegeben hat – und auch jetzt nicht gibt –, sondern eine gemeine! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Für mich ist ganz klar: BSE stellt für uns ein Problem dar. Das, was sich am Schweinesektor in Bezug auf den Erwerb illegaler Mittel getan hat, ist eine Schweinerei! Ich distanziere mich von solchen Machenschaften und von Bauern, die das tun.

Viele Bauern aber haben, wenn sie diese Diskussion hören, Tränen in den Augen angesichts der Tatsache, dass man sich zum Beispiel die Gemeinheit erlaubt, die europäische Landwirtschaft hier im Plenum mit der flächengebundenen österreichischen Landwirtschaft zu vergleichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Bauern haben Tränen in den Augen, wenn ihre Produkte im Laden genau mit Namen und Adresse gekennzeichnet sind, aber immer nur von Konsumentenschutz gesprochen wird. Die Bauern haben Tränen in den Augen, wenn sie unter strengsten Hygienebestimmungen, unter strengsten Milchkontrollen ihre Kühe melken und sich hier noch sagen lassen müssen, man wolle von den Bauern nur eines: gesunde Lebensmittel.

Ja, meine geschätzten Damen und Herren, hat die österreichische Landwirtschaft in der Vergangenheit nur Dreck erzeugt? – Ich finde, es ist eine Schweinerei, wenn solche Aussagen gemacht werden. Ich glaube, dass es auch eine Bewusstseinsbildung dahin gehend geben muss, dass die Landwirtschaft natürlich auch sehr viele Arbeitsplätze mit sich bringt. Ich meine, wenn Sie hier eine Diskussion führen, dass alles, was aus der Landwirtschaft kommt, schlecht ist, dann führen Sie auch eine Arbeitsplatzvernichtungsdiskussion – nicht nur für die Bauern, sondern auch für die Konsumenten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich denke, es wird in Zukunft auch wichtig sein, dass das Bündnis zwischen Bauern und Konsumenten selbstverständlich gestärkt wird. Die österreichische Bauernschaft wird das auch garantieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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12.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

12.58

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landwirtschaftsminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass mir niemand widersprechen wird, wenn ich sage, es macht keinen Sinn, wenn wir reflexartig Schuldzuweisungen treffen. Tatsache ist aber – das möchte ich auf alle Fälle hervorheben (Abg. Böhacker: Erste Schuldzuweisung!)  –: Es geht darum, festzustellen, wer aller von dieser Situation betroffen ist, und es geht um die Sinnfrage. Die Sinnfrage kann nicht sein, wer wie produziert, sondern die Sinnfrage muss sein: Wie geht es den Konsumentinnen und Konsumenten, wie geht es den Menschen, wenn sie landwirtschaftliche Produkte vorgesetzt bekommen?

Die Debatte hat mir etwas sehr bewusst gemacht, nämlich ein Lied, das Arik Brauer einmal veröffentlicht hat. Sie kennen das Lied: "Hinter meiner, vorder meiner, links, rechts güt’s net, ober meiner, unter meiner siech i nix." (Abg. Hornek: Das gilt für die SPÖ!)  – Genau das ist die Politik, die in der Vergangenheit in der Landwirtschaft gemacht wurde. Arik Brauer hat es damit auf den Punkt gebracht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )

Meine Damen und Herren! Tatsache ist auch: Wir werden uns keinen einzigen Schritt weiterentwickeln, solange niemand in diesem Saal bereit ist, zu erkennen, dass es nicht fokussiert um ein Problem geht, sondern dass es um Grundsätzliches geht. Wir werden nichts verändern, wenn niemand hier bereit ist, zu erkennen, dass wir eine Schicksalsgemeinschaft sind – eine Schicksalsgemeinschaft deshalb, weil die Bauern deswegen produzieren, um die Menschen zu ernähren, und nicht aus einem Selbstzweck heraus. Daher ist es berechtigt und legitim, wenn man hinterfragt, ob das in Ordnung ist oder nicht, was die Bauern produzieren.

Da möchte ich schon eines klar und deutlich festhalten: Es sind massive Fehler passiert. Es kann nicht damit beginnen, dass man – Herr Kollege Schwarzenberger war ja einer der Ersten, der die Debatte in diese Richtung geführt hat – jetzt sagt: Schuld ist in erster Linie der Konsument, schuld ist in erster Linie die Opposition. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Das, Herr Kollege Schwarzenberger, geht nicht; das geht alleine schon deshalb nicht, weil ich (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger – Sie können ja dann herauskommen und uns das erklären – mir Folgendes denke: Sie waren einmal bei einer Bauernveranstaltung, am Ende dieser Bauernveranstaltung haben Sie Polizeischutz gebraucht. Die "Salzburger Nachrichten" haben berichtet, dass es dort mehr als handfest zugegangen ist. Das, lieber Kollege Schwarzenberger, kannst du nicht tatsächlich berichtigen. Das wurde im ORF und in den "Salzburger Nachrichten" berichtet. Ich gehe davon aus, dass du dort nicht deshalb Probleme hattest, weil du Oppositionsinhalte vermittelt hast, sondern weil du versucht hast, die verfehlte ÖVP-Landwirtschaftspolitik zu verteidigen. Und das war dann klarerweise die Reaktion eurer Bauern! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es fällt mir, von der Symbolik her, was die Landwirtschaftspolitik und den Verlauf dieser Debatte betrifft, eines ein; daher habe ich das auch vorbereitet. (Der Redner stellt eine Tafel, auf denen die "drei weisen Affen" abgebildet sind, auf das Rednerpult.) Das ist eine Symbolik, die Ihnen allen, so glaube ich, sehr gut bekannt ist. Ich lade Sie ganz dringend ein, von dem Verhaltensmuster abzugehen, nichts zu sehen, nichts zu hören und nichts zu sagen. (Abg. Auer: Wie der Schwemlein!)

Das Wesentliche ist, dass wir jene Wege gehen, die ja teilweise von Ihnen selbst auch eingeschlagen und zugestanden wurden. Wenn Herr Kollege Hornegger hier herausgeht und von uns erwartet, dass wir in jenen Punkten zustimmen, die eine massive Veränderung der Landwirtschaftspolitik bedeuten, nämlich eine Politik hin zu einer flächengebundenen Tierhaltung, eine Entwicklung der Landwirtschaft hin zur Ökologie, zu biologischen Produkten, dann brauchen Sie und Herr Kollege Hornegger vorweg uns nur zuzustimmen. Da sind wir ganz bei Ihnen.

Was passiert ist – und das möchte ich klar und deutlich als Nicht-Landwirt sagen –, ist Folgendes: Ich habe mit sehr vielen Bauern aus meiner Region gesprochen, und es tut mir zutiefst Leid, dass diese Leute, die unter erschwerten Bedingungen arbeiten, die ehrliche Produkte auf


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den Markt bringen, durch die Politik als Gesamtes in Misskredit gekommen sind, dass diese Leute unter dem Strich um den Fleiß ihrer Arbeit betrogen werden. Das kann als Politik so nicht fortgesetzt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein wesentlicher Punkt ist: Nutzen wir jetzt die Zeit zum einen zum Umdenken! Und zum Zweiten: Nutzen wir die Zeit, offensiv an die derzeitige Situation heranzugehen! Untersuchen wir: Was ist los mit den Futtermittelkontrollen?! Untersuchen wir: Wie schaut es aus mit den Arzneimittelkontrollen?! Untersuchen wir: Was ist los mit den Einfuhrkontrollen?! Untersuchen wir: Wie schaut es aus mit den Beschauungsgesetzen?! – Es geht darum, das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten zu gewinnen. Vertrauen können Sie nur gewinnen, wenn Sie erstens informieren und zweitens lückenlos aufdecken.

Wir werden Sie daran messen, ob Sie zum einen eine reine Beton-, eine Verhinderungspolitik machen oder ob Sie zum anderen eine Politik machen wollen, die im Sinne Ihrer Landwirte und der Konsumentinnen und Konsumenten ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Auer. )

13.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Stummvoll  – in Richtung des Abg. Schwemlein –: Taferl mitnehmen!)

13.04

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schwemlein hat gesagt, ich hätte im Rahmen einer Versammlung Polizeischutz gebraucht.

Ich erwidere hier: Diese Aussage ist falsch! – Ich habe in meiner 30-jährigen Tätigkeit als Politiker noch nie Polizeischutz angefordert. Wenn bei größeren Veranstaltungen – das gilt für alle Parteien – auch die Polizei mit dabei ist, kann man nicht sagen, wir hätten Polizeischutz angefordert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

13.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte. (Abg. Dr. Mertel: Kein Mensch hat von "anfordern" geredet! – Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

13.05

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Minister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dieser Grüne Bericht ist wahrlich ein übersichtliches Werk des Bundesministeriums und zeigt die Multifunktionalität unserer Landwirtschaft sowie die verschiedensten Bereiche, in denen unsere Bauern ihr Einkommen erwirtschaften. Leider ist wieder ein Einkommensrückgang zu verzeichnen, das war im Jahre 1999 so. Es hat sich im vergangenen Jahr eine gewisse Stabilisierung bei den Erzeugerpreisen eingestellt, dann kam diese Hysterie bezüglich BSE und letzten Endes auch der Medikamentenmissbrauch bei den Schweinen. Das hat zu einem katastrophalen Rückgang der Erzeugerpreise geführt.

Dieser Bericht gibt aber auch Auskunft darüber, dass mit 155 000 S je Familienarbeitskraft der Bauern der landwirtschaftliche Bereich am unteren Ende der Einkommenspyramide liegt. Das ist immer wieder aufzuzeigen, weil es gilt, diese Diskussion auch unter diesem Aspekt zu sehen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wie dramatisch momentan die Situation ist, haben zum Teil meine Vorredner hier schon angedeutet. Auch ich möchte noch einmal darauf zurückkommen und darauf verweisen, dass Kühe derzeit praktisch unverkäuflich sind, dass bei Jungstieren ein Preisrückgang von 4 000 bis 5 000 S zu verzeichnen ist und sie sehr schwer absetzbar sind. Was das für die betroffenen Rinderbauern bedeutet, das, so glaube ich, muss ich nicht näher erläutern. Die vorherrschende Situation ist bedrückend, obwohl wir in Österreich keinen einzigen BSE-Fall zu verzeichnen haben. Das Thema BSE wird hier jedoch immer wieder von verschiedenen Kreisen hochstilisiert, und letzten Endes wird immer wieder darauf verwiesen.


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Ich verstehe überhaupt nicht, dass von Seiten der SPÖ und den Grünen die österreichische Landwirtschaft so massiv kritisiert und immer wieder bedauert wird, dass sie zu wenig biologisch sei, dass sie nur aus Agrarfabriken bestehe und einfach nur die Großbauern unterstütze. Dieser Vorwurf geht eindeutig ins Leere und wurde hier auch schon widerlegt. (Beifall bei der ÖVP. )

Bundesminister Molterer hat den Weg von Minister Riegler fortgesetzt und eine nachhaltige und naturnahe Landwirtschaft gefördert. Er wird sie auch in Zukunft fördern. 85 Prozent der österreichischen Bauern produzieren nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltprogramms und nehmen die umfangreichen Auflagen auf sich, die dieses ÖPUL-Programm beinhaltet: Zwei Großvieheinheiten pro Hektar dürfen nur gehalten werden, weniger Pflanzenschutzmittel und weniger Dünger müssen verwendet werden. All das wird streng von der AMA kontrolliert, und in den meisten Fällen, also zu 99,9 Prozent, wird das von den Bauern richtig gemacht. Es gibt kein anderes Land in Europa, das solch eine naturnahe Landwirtschaft betreibt, wie es in Österreich der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Betreffend biologischer Landbau: In Deutschland gibt es nur 2,4 Prozent biologisch produzierende Bauern; bei uns sind es immerhin 10 Prozent, und dieser Prozentsatz wird sicherlich in Zukunft weiter steigen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte darauf verweisen, dass wir hier gerade von Bundesminister Molterer, vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, aber letzten Endes auch von uns, der ÖVP-Fraktion, und überhaupt von den Regierungsparteien – da ist auch die Freiheitliche Partei mit dabei – eine Änderung in den verschiedensten Bereichen erreichen wollen, die immer wieder zu Kritik geführt haben.

Deshalb möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwarzenberger, Achatz, Freund, Wenitsch, Auer und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1999 (III-61 der Beilagen), betreffend illegalen Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene im Sinne eines vorbeugenden Konsumentenschutzes für ein generelles Verbot des vorbeugenden Einsatzes von antibiotischen Leistungsförderern weiterhin einzusetzen.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch die Schaffung einer Agentur für Ernährungssicherheit den Kontrollnotwendigkeiten Rechnung zu tragen, um damit in der bäuerlichen Qualitätsproduktion sowie in den vor- und nachgelagerten Bereichen der Lebensmittelproduktion ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten. Das Vertrauen der Konsumenten ist Voraussetzung für den Absatz hochwertiger Agrarprodukte und muß daher oberste Priorität genießen.

3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, die nicht nur die Anwendung illegaler Medikamente und Hormone in der Tierzucht, sondern auch bereits den Besitz unter Strafe stellt.

4. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für eine unbefristete Verlängerung des generellen Tiermehlverfütterungsverbotes in der Europäischen Union über den 30. 6. 2001 hinaus einzusetzen. Sollte dafür in den zuständigen EU-Gremien keine Mehrheit gefunden werden, müssen entsprechende Maßnahmen auf nationaler Ebene getroffen werden.

*****


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Ich ersuche Sie, meine sehr geschätzten Damen und Herren, insbesondere auch von der Opposition, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind nämlich davon überzeugt, dass sich die europäische Agrarpolitik an der österreichischen Agrarpolitik orientieren soll – und nicht umgekehrt!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, liebe Konsumenten! Sie sollten unseren Bauern auch weiterhin vertrauen, denn sie produzieren im europäischen Vergleich nach wie vor gesunde, hervorragende Lebensmittel, in kleinen Einheiten, und gestalten und bewirtschaften eine großartige Kulturlandschaft.

Die Volkspartei bekennt sich dazu. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht im notwendigen Zusammenhang mit der Tagesordnung und steht damit auch mit in Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Herr Abgeordneter Schwemlein zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.12

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzenberger behauptete, ich hätte gesagt, dass er Polizeischutz angefordert hätte.

Das habe ich nicht gesagt, und daher erwidere ich ... (Abg. Dr. Khol: Das ist keine Erwiderung!)  – Herr Kollege Khol! Kollege Schwarzenberger kann nicht etwas erwidern beziehungsweise tatsächlich berichtigen, was ich gar nicht gesagt habe. (Abg. Dr. Khol: Das ist eine sachliche Berichtigung!) Ich lasse mich auf keine Diskussion mit Ihnen ein. (Abg. Dr. Khol: Das ist keine Erwiderung!)

Tatsache ist, ich zitierte den ORF-Salzburg (Abg. Böhacker: Keine persönliche Erwiderung!) und die "Salzburger Nachrichten", die berichteten (Abg. Dr. Khol: Das ist keine Erwiderung!), dass Kollege Schwarzenberger bei einer Bauernversammlung mit Handgreiflichkeiten konfrontiert wurde (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Missbrauch der Geschäftsordnung!) und die Gendarmerie vor Ort war. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Nein! Das stimmt nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Das stimmt ja nicht! – Abg. Schwarzenberger: Ich zahle 100 000 S, wenn ich mit Handgreiflichkeiten bei einer Bauernversammlung konfrontiert war! Das ist eine reine Erfindung!)

13.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Das ist eine missbräuchliche Verwendung der Geschäftsordnung! Das war keine persönliche Erwiderung! Er war nicht persönlich einbezogen!) Ich glaube, dass es angebracht wäre, sich sowohl die Bestimmung über die "Tatsächliche Berichtigung" als auch jene über die "Persönliche Erwiderung" einmal persönlich vorzunehmen, und zwar von all denjenigen, die daran denken, sie anzuwenden.

Die Bestimmung darüber ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.)  – Darf ich um Aufmerksamkeit bitten, sonst wird es dem nächsten Redner wieder so gehen, dass er sich im Graubereich bewegt. (Abg. Dr. Mertel: ... Zuchtmeister ...!)

Die diesbezügliche Bestimmung lautet: "§ 58 (3) Eine Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung ist nur durch einen Abgeordneten möglich, der in die Darlegung des berichtigten Sachverhaltes gemäß Abs. 2 persönlich einbezogen wurde; er hat sich bei seiner Wortmeldung auf die Sachverhaltsdarstellung zu beschränken." (Abg. Schwemlein: Na genau! – Abg. Dr. Antoni: Genau so war es!)


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Der Sinn der Bestimmung – wir haben schon öfter darüber diskutiert – weist zweifellos nicht nur in die Richtung, dass der eine das gesagt hat und der andere jenes, sondern dass es sich hier um die persönliche Einbeziehung eines Abgeordneten handeln muss. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.)

Ich würde, da wir diese Frage in der Präsidiale bereits mehrfach besprochen haben, Ihnen raten, dieses Thema in Ihrer nächsten Klubbesprechung anzusprechen (Abg. Dr. Pumberger: SPÖ-Klausur für Geschäftsordnungsfragen!) und sich mit den Inhalten dieser Bestimmung auseinander zu setzen, um sie in Zukunft auch zweifelsfrei anzuwenden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

13.15

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! In der heutigen Debatte ... (Abg. Dr. Khol: Das war keine Erwiderung!)  – Herr Kollege Khol, ich würde ganz gerne wieder zum Thema zurückkommen (Abg. Dr. Khol: Na, können Sie!), statt eine Geschäftsordnungsdebatte weiterzuführen, und ersuche Sie auch, dem Ratschlag Ihres Präsidenten Folge zu leisten, das im Klub auszudiskutieren (die Abgeordneten Dr. Khol und Auer: In deinem Klub!), und sich wieder dem eigentlichen Thema der Debatte zu widmen, Herr Kollege Auer! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! In der heutigen Debatte, die nunmehr schon etwas mehr als drei Stunden dauert, hat es ein Hin und Her gegeben. Dieses Hin und Her kommt aber unter dem Strich in einer bestimmten Art und Weise auf den Punkt: Es geht um die österreichische Landwirtschaft, es geht um die österreichische Produktion, und es geht vor allem – und darin waren sich alle Fraktionen einig – darum, dass jegliche Art von Produktion gesunde Lebensmittel und nicht nur irgendwelche Nahrungsmittel auf den Markt zu bringen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren – da keine Zwischenrufe kommen, nehme ich an, dass ich damit tatsächlich richtig liege, dass dies für alle Fraktionen gilt (Abg. Böhacker: So bedeutend war die Aussage nicht!)  –, steht aber im Widerspruch zu dem, was die Redner dieser beiden Fraktionen (der Redner deutet in Richtung ÖVP-Bänke beziehungsweise die der Freiheitlichen) in ihren Debattenbeiträgen vorhin ausgeführt haben, und teilweise auch zu dem, was Sie, Herr Bundesminister, ausgeführt haben.

Herr Kollege Freund! Ich beginne mit Ihnen. Sie haben einen Entschließungsantrag eingebracht, der in einigen Punkten durchaus annehmenswert ist. Aber wenn Sie uns erklären können, dass diese Lebensmittelagentur, die Agentur für Lebensmittelsicherheit, tatsächlich so eingerichtet wird, dass die Sicherheit gegeben und dort nicht der Einfluss der Agrarbürokratie und der Agrarlobby verankert ist – wie dies im vorliegenden Entwurf des Landwirtschaftsministeriums der Fall ist –, dann können wir durchaus darüber reden.

Und zum zweiten Punkt: Da wir hier im österreichischen Nationalrat sitzen und hier österreichische Gesetze beschließen, Herr Kollege Freund, brauchen wir nicht händeringend und auf Knien Europa zu bitten, die Antibiotika nicht mehr zu verfüttern, sondern können das auch für uns in Österreich durchführen. Die Schwierigkeiten sind nicht so groß, wie Sie immer tun. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Freund: Wir stehen im internationalen Wettbewerb!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meiner Fraktion, und damit auch mir, wurde in Redebeiträgen im Rahmen dieser Debatte sehr oft vorgeworfen, den Bauernstand zu verunglimpfen. Wir wollen den Bauernstand in keiner Weise verunglimpfen, denn wir wissen, wie wichtig der Bauernstand ist. Viele von uns kommen aus ländlichen Regionen, genau wie Sie. Viele von uns wissen, wie die ländlichen Regionen aussehen würden, hätten wir dort nicht die kleinstrukturierten Familienbetriebe.

Aber, geschätzte Damen und Herren, was haben Sie denn in den letzten Jahren unternommen, um im Bereich der Förderpolitik, im Bereich der Strukturpolitik ... (Abg. Steibl: Er verwechselt Deutschland mit Österreich!)  – Frau Kollegin Steibl, Sie wissen über vieles Bescheid (Abg.


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Dr. Mertel: Nein, nichts!), aber über die Agrarpolitik nicht (Abg. Steibl: Mehr als Sie!), daher würde ich Sie ersuchen, sich ein wenig zurückzuhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Steibl, wenn Sie tatsächlich auf Ihre Herkunft abzielen, dann müssten Sie doch unserer Meinung sein, wenn es darum geht, Fördermittel so zu verteilen, dass die kleinen Familienbetriebe das Geld bekommen – und nicht 80 Prozent der Mittel zu nur 20 Prozent aller Bauern gehen, und 20 Prozent der Mittel zu den übrigen 80 Prozent. Das hält sich ja nicht die Waage, Frau Kollegin Steibl! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Sie verwechseln Deutschland mit Österreich!)

Einige Vorredner haben heute ausgeführt, dass die Kleinen unter Druck kommen. – Das ist richtig, und das bedauern wir zutiefst. Es stellt sich aber die Frage, warum die Kleinen unter Druck kommen. Ist es nicht so, dass die Kleinen jetzt unter Druck kommen, weil sich hier ein Netzwerk zusammengefunden hat? Herr Kollege Khol würde wahrscheinlich von einer "Krake" sprechen. Ich spreche von einem Netzwerk, das sich in diesem Bereich zusammengefunden hat und in dem mit illegalen Medikamenten, Wachstumsförderern, Hormonen und allem Möglichen gedealt wird. Wie viele es tatsächlich sind, steht noch nicht fest. Der Ermittler in der Steiermark hat heute zu vermelden gewusst, dass man jetzt die Spitze des Eisberges gefunden haben wird und dass davon auszugehen ist, dass es mehr werden. Daher getraue ich mich nicht, mich darauf festzulegen, wie viele es sein werden. Aber es sind zu viele, die diese Praktiken durchgeführt haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Und die, Herr Kollege Donabauer, kreiden wir an, nicht den Bauernstand! Wir wollen die Bauern nicht verunglimpfen, weil wir sie brauchen. Wir kreiden jedoch an, dass diese Dinge jahrelang bekannt waren, dass jahrelang immer wieder Berichte aufgetaucht sind, aber in Wirklichkeit nichts getan wurde. (Abg. Donabauer deutet auf die Reihen der SPÖ-Abgeordneten.) Mein Kollege Schwemlein hat ein treffliches Bild davon gezeichnet. Und das, Herr Kollege Donabauer, verurteilen wir. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist doch die leichteste Methode, lieber Karl Donabauer, wenn man selbst im Eck steht, zu sagen: Die anderen sind schuld, die Bösen sind alle um mich (Abg. Donabauer: Nein! Der Herr Maier hat ...!), ich bin doch nur so brav und so gut! – Das nimmt dir keiner mehr ab, Herr Kollege Donabauer! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Da wir gerade so schön im Disput sind, Kollege Donabauer: Du hast angesprochen, dass sich in der Forschung über BSE zu wenig tue, dass da zu wenig getan werde. Im Ausschuss gab es für deine Fraktion die Möglichkeit, einem diesbezüglichen Antrag zuzustimmen. Herr Kollege Donabauer! Wir eröffnen nun diese Möglichkeit erneut, denn ich sprach hier vor einigen Monaten von konstruktiver Oppositionspolitik und will sie auch darbieten.

Ich bringe hiemit folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Gradwohl, Mag. Sima, Lackner und Genossen betreffend Forcierung der Forschungsanstrengungen zum Schutz und zur Sicherheit der Verbraucher im Zusammenhang mit der gefährlichen Ausbreitung von CJK sowie BSE

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, rasch ein Schwerpunktforschungsprogramm betreffend Creutzfeldt-Jakob-Krankheiten beziehungsweise BSE-Ausbreitung in die Wege zu leiten, die dafür notwendigen Sach- und Budgetmittel zur Verfügung zu stellen und darüber dem Wissenschaftsausschuss bis spätestens 31. März 2001 schriftlich zu berichten.

*****


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Wenn Sie das forcieren wollen, Kollege Donabauer, dann sind Sie herzlich eingeladen mitzustimmen, damit diese Forschungsinitiativen ausgeweitet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein Vor-Vorredner, der Herr Vizepräsident der Landwirtschaftskammer in Kärnten, Kollege Zellot, hat angeführt, dass es einer Wende in der gemeinsamen Agrarpolitik bedürfe. – Da bin ich bei Ihnen. Die gemeinsame Agrarpolitik ist die europäische, Kollege. (Abg. Böhacker: Die ganze Welt!)

Eine derartige Änderung ist notwendig, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Wende ist auch in Österreich notwendig. Und ich frage Sie – in Abwandlung eines Werbespruchs des Bauernbundes – "bei Ihrer Ehr’": Ist es nicht so, dass jetzt der beste Zeitpunkt wäre, diese Wende herbeizuführen? Ist es nicht so, dass vor dem Hintergrund der jetzt laufenden Diskussion, der momentanen Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten, der wichtigsten Partner des Bauern, eine Änderung in der Agrarpolitik notwendig wäre, auch nationalstaatlich, und nicht nur – ich sage es noch einmal – händeringend auf Knien in Europa nachzufragen?

Im Übrigen frage ich mich, warum der Parteikollege unseres Landwirtschaftsministers da nicht massiver vorgerückt ist, da er ja die ökosoziale Marktwirtschaft aus Österreich mit nach Brüssel genommen hat. Allerdings hört man jetzt eigentlich nichts mehr davon. (Abg. Dr. Petrovic: Verschollen in Brüssel!) Das Gegenteil tönt teilweise aus Brüssel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang darf ich noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka, Gradwohl und Genossen betreffend grundlegende Umorientierung in der Agrarpolitik, Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung der Agrarförderungen, stärkere ökologische Auflagen und mehr Konsumentenorientierung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, eine soziale Staffelung von Agrarfördermitteln, insbesondere der Marktordnungsprämien, zur gerechteren Verteilung im Sinne einer inneragrarischen Solidarität stärkere ökologische Auflagen und Maßnahmen für eine tiergerechtere Viehhaltung einzuführen. Dazu ist dem Nationalrat bis 1. März 2001 ein entsprechender Bericht zur Beratung vorzulegen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Zellot ist eingeladen, hier mitzustimmen. Die freiheitliche Fraktion hat in einigen Redebeiträgen heute genau diese Stoßrichtung, diese Zielrichtung erwähnt. Wir laden Sie ein und sind auch dabei, diese Agrarpolitik gemeinsam zu verändern mit der Zielrichtung, die Ausrichtung der Förderpolitik in die richtige, in eine positive Richtung zu bringen.

Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Herr Bundesminister, Sie haben davon gesprochen, dass meine Fraktion die Bauern verunglimpfe, und gemeint, Sie würden sich von unserer Fraktion die Landwirtschaft nicht schlecht oder kaputt reden lassen. Lassen Sie mich einen Hinweis geben! Es gibt eine Presseaussendung vom 26. Jänner 2001 mit folgendem Inhalt – ich zitiere wörtlich –:

"Durch die kriminellen Praktiken einiger weniger Betriebe ist der gesamte Berufsstand in Misskredit gebracht worden." – Zitatende.


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56. Sitzung / Seite 86

Diese "kriminalisierenden" Aussagen, Herr Bundesminister, stammen nicht von einem Vertreter meiner Fraktion, denn dies ist unter dem Titel "Schwarzenberger: Politische Schlammschlacht ..." zu lesen. Das heißt, Ihr Ersuchen geht an den Präsidenten des Österreichischen Bauernbundes (Abg. Dr. Puttinger: Nein, überhaupt nicht!), dem ich im Übrigen noch etwas ins Stammbuch schreiben will. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. )

Herr Bundesminister, das mögen Sie vielleicht als schwach empfinden, doch ich würde Sie ersuchen, sich, wenn Sie auf der Regierungsbank sitzen, zu Wort zu melden und nicht von hinten dreinzureden, denn das hört dann das Plenum nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen will ich dem Herrn Präsidenten des Österreichischen Bauernbundes, der ja immer wieder die alleinige Vertretung der Interessen der Bauern beansprucht, abschließend noch etwas ins Stammbuch schreiben: Seit 1990 gibt es in Österreich ein Verfütterungsverbot von Tiermehl an Wiederkäuer. Ich halte hier den Bauernbundkalender für das Jahr 2001 in Händen. Seit heuer ist das Tiermehlverfütterungsverbot umfassend.

Daher frage ich mich, warum die Bauern darin von Ihrer Interessenvertretung (Abg. Schwarzenberger: Der ist aber schon voriges Jahr ...!)  – das hat sich aber abgezeichnet, Herr Kollege Schwarzenberger – auf Seite 234 in der Futtermittelwerttabelle noch immer darauf hingewiesen werden, welchen Futtermittelwert Fleischmehl ohne Knochen oder Fleischknochenmehl hat, wenn doch die Verfütterung untersagt ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Schwarzenberger! Gehen Sie in sich, denken Sie einmal nach, was Sie den Bauern empfehlen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die beiden soeben vorgetragenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt, stehen in einem entsprechenden sachlichen Zusammenhang und stehen daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. – Bitte.

13.27

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Gradwohl, soweit ich informiert bin, ist der Bauernbundkalender schon immer im Herbst des Vorjahres fertig. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) In diesem Jahr werden Sie wahrscheinlich die Dinge im rechten Lot haben, Herr Kollege Gradwohl. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Keine Aufregung also über den Bauernbundkalender! (Abg. Dr. Mertel: Zehn Jahre!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Grüne Bericht beschäftigt sich auf den Seiten 100 und 101 mit der Produktion und der Vermarktung von Rindern und Schweinen, ein aktuelles Thema, das ja die heutige Diskussion in weiten Bereichen geprägt hat. Der Verbraucher ist verunsichert, das wurde bereits festgestellt. Es gibt überall dort große Vorbehalte, wo die Herkunft der Produkte nicht genau zurückverfolgt werden kann. Überall dort, geschätzte Damen und Herren, wo die Sicherheit, dass die Tiere gesund aufwachsen beziehungsweise mit gesundem Futter gefüttert werden, nicht gegeben ist, gibt es große Bedenken und Sorge der Konsumenten.

Ich komme aus einer Region, die erfreulicherweise über eine kleinstrukturierte Landwirtschaft verfügt und wo die Verarbeitung der Schlachttiere noch in überschaubaren Klein- und Mittelbetrieben stattfindet. Diese Transparenz bewirkt, dass der Markt bei uns Gott sei Dank nicht so stark eingebrochen ist – ganz im Gegenteil: Unsere Betriebe verzeichnen eine verstärkte Nachfrage jener Konsumenten, die ihren Bedarf bisher vielleicht in Großmärkten, in Diskont-Märkten gedeckt haben. Die kleinen, die seriösen Betriebe, die überschaubaren Betriebe profitieren derzeit von dieser Situation, und es gibt sogar eine neue Chance für die kleinen Nahversorger.

Ich möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren, meinen Redebeitrag dazu benutzen, um mich bei diesen Betrieben dafür zu bedanken, dass sie verantwortungsbewusst handeln, dass


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56. Sitzung / Seite 87

sie mit hohem Arbeitseinsatz, mit enormem Fleiß und mit großem Aufwand gesunde Nahrungsmittel produzieren. Ich bedanke mich bei den Bauern unserer Region, darüber hinaus aber auch bei den vielen Tausenden Bauern in ganz Österreich, die im Interesse der Konsumenten, vielleicht unter Verzicht auf höhere Gewinne, wirklich seriös gesunde Lebensmittel produzieren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: ... Förderungen ...!)

Ich möchte auch speziell jenen fleischverarbeitenden Klein- und Mittelbetrieben danken, die täglich gesunde Nahrungsmittel produzieren. Sie sind derzeit in einer schwierigen Situation, sie kämpfen mit Gegenströmungen, die beinahe übermächtig sind. Wenn derzeit in allen Medien praktisch täglich Ekel erregende Berichte über Tierkadaver oder wenig geschmackvolle Schlachtungsvorgänge gebracht werden, dann vergeht den Konsumenten der Appetit. Wollen wir diesen Schaden begrenzen, und zwar sehr, sehr rasch, dann muss diese Berichterstattung auf eine objektivere Ebene gebracht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch, wie heute schon angesprochen, dass die Einkäufer der großen Verbrauchermärkte ihre Vorgangsweise überdenken. Der derzeit vorherrschende Preisdruck ist einer der Gründe für diese negativen Auswirkungen auf dem Fleischmarkt. Immer billigere Lockangebote verhindern einen realistischen Preis und zerstören unsere Versorgungs- und Handelsstrukturen.

Wir Konsumenten können uns faire Marktpreise leisten, nur wollen wir uns auf die Qualität verlassen können. Generell muss es gelingen, dass wir aus der derzeitigen Krise eine neue Chance ableiten. Eine Entwicklung ähnlich jener auf dem Weinmarkt sollte unser Ziel sein.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es uns mittelfristig gelingen wird, dass das Vertrauen in die Produkte wiederhergestellt wird. Beste Qualität zu einem fairen, kostendeckenden Preis liegt nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern auch im Interesse der Konsumenten und Produzenten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Grolli! – Abg. Dr. Mertel: Grolli allein zu Haus!)

13.32

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es gibt keinen Zweifel daran, dass sowohl BSE als auch der Medikamenteneinsatz in der Schweinezucht ihre Ursache in einer denaturierten Fütterung und einer nicht artgerechten Tierhaltung haben. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist der gemeinsame Nenner, der heute im Hohen Haus zu erkennen war. Nebenbei noch: Auch der Wunsch, dass nicht nur wir, sondern auch die Bürger unseres Landes mit gesunden Lebensmitteln versorgt sind, ist, nehme ich an, ein gemeinsamer Wille.

Der Zugang ist ein unterschiedlicher. Es versteht sich, dass Sie das ausnützen, um das so genannte Bundes-Tierschutzgesetz zum Sprengthema zu machen, Frau Parfuss. Es wird aber nicht gelingen, uns auseinander zu dividieren, das darf ich Ihnen vorweg sagen. (Zwischenruf der Abg. Parfuss. )

Auch wenn ich nicht damit zurückhalte – und ich habe das auch medial getan –, dass wir unsere Überzeugungsarbeit beim Koalitionspartner für ein solches Gesetz verstärkt fortsetzen werden (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Die Tiere sind Ihnen Wurscht, Hauptsache ist die Mehrheit!)  – aber nicht mit dieser Polemik, wie Sie sie in Ihrem Antrag heute versucht haben!

Frau Parfuss! Was soll ich von Ihnen halten? Vor einem Jahr haben Sie gegen eine Fristsetzung für ein Bundes-Tierschutzgesetz gestimmt. Dann haben Sie im Unterausschuss Tierschutz seitens Ihrer Fraktion ein Bundes-Tierschutzgesetz als Antrag eingebracht. (Abg. Mag. Prammer: Und was ist jetzt mit Ihnen?) Nun konterkarieren Sie diese Bemühungen und diese gemeinsame Linie mit einem Antrag, der eine Fristsetzung bis 31. März vorsieht.


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56. Sitzung / Seite 88

Warum haben Sie diese Wünsche nicht in Ihrem Antrag eingearbeitet? Warum gehen wir nicht gemeinsam diesen Weg weiter zu einem gemeinsamen Ziel? Jetzt fällt Ihnen Herr Professor Leibetseder ein, den wir ohnehin zum Sonderbeauftragten gemacht haben – Gott sei Dank! Reformregierung: rasches Handeln! (Abg. Parfuss: Wissen Sie, was er sagt?) Jetzt fällt Ihnen ein, Sie müssen ein Gesetz über den Zaun brechen, das sowohl Ihren Antrag als auch die grundsätzliche gemeinsame Bemühung konterkariert.

Aber ich empfehle Ihnen Folgendes, Frau Parfuss: Gehen Sie einmal zu Ihrem Genossen Häupl und fragen Sie ihn, was derzeit auf dem Sektor der Haltungsvorschriften an Mindestbewegungsmöglichkeiten im Bundesland Wien gültig ist! Fragen Sie ihn einmal, wie er zur Vereinheitlichung auf diesem Sektor steht! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Vor allem im 1. Bezirk!)

Ich darf Ihnen nur sagen: Wien unterschreitet die Mindestvorschriften am massivsten! (Abg. Edlinger: Die Landwirtschaft im 1. Bezirk ist auch sensationell groß!) Dass die Mindestvorschriften in den Ländern keine endgültige Lösung sind, Herr Bundesminister, das wissen Sie auch. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Ich kann Sie nur bitten und auffordern, dass Sie, verehrter Herr Bundesminister, bei diesem Thema nicht die beiden Finger verwenden, nämlich einerseits, die EU wird es schon richten, und andererseits, die Länder müssen entsprechend reagieren.

Nehmen wir uns doch selbst beim Schopf und versuchen wir, eine österreichweite Richtlinie auf diesem Gebiet, verbessert, zu erarbeiten! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parfuss: Das waren jetzt ...!)

13.35

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte. (Abg. Edlinger: Der Experte für alles!)

13.36


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56. Sitzung / Seite 89

Abgeordneter Helmut Haigermoser
(Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Herr Edlinger! Auf diesen Zwischenruf, "Experte für alles", gehe ich gerne ein. Ich darf Ihnen erzählen, warum ich mich jetzt zu Wort gemeldet habe. Ich habe in den fünfziger Jahren Lebensmitteleinzelhändler gelernt, habe zehn Jahre lang ein Feinkostgeschäft geführt, war 16 Jahre lang in einer großen Fleischhauerei als Mitarbeiter tätig. Und ich meine, ich verstehe von diesen Dingen mehr, als Sie von den Finanzen verstehen, denn meine Ergebnisse sind herzeigbar – im Unterschied zu Ihren Budgets, Herr Bundesminister, Herr "besonders klug", Herr Pleite-Bundesminister Edlinger! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, Herr Edlinger (Abg. Edlinger: Ja!): Auch wenn Sie heute keine blauen Schweinchen auf Ihrer Krawatte haben ... (Abg. Edlinger: Braune Bären! – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)  – Das ist genau diese Halblustigkeit, mit der sich diese Opposition bei einem derart ernsten Thema aus der Verantwortung zu stehlen versucht!

Mir ist einiges bei der Diskussion aufgestoßen, etwa dieses Ping-Pong-Spiel. Vor wenigen Monaten hatten Sie noch das Konsumentenschutzministerium besetzt, mit der gestylten Frau Bundesministerin in der vordersten Reihe. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ...!)  – Lassen Sie mich doch in Ruhe mit Ihren Zwischenrufen, die interessieren mich nicht, die interessieren mich genauso wenig wie das Fahrrad, das gerade in Peking umfällt. (Abg. Dr. Fischer: Genauso wie uns Ihre Zwischenrufe interessieren! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Da waren Sie auf Tauchstation! Und wenn ich jetzt den Versuch unternehme ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Petrovic: Aber sexistische Untergriffe haben hier gar nichts verloren!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Es ist wirklich schon schwierig, den Redner zu verstehen, zumindest von hier heroben. Ich nehme an, es geht Ihnen nicht viel besser. Bitte, den Lärmpegel ein wenig zu senken!

Abgeordneter Helmut Haigermoser (fortsetzend): Und wenn ich jetzt versuche, das Thema ein wenig ernster zu behandeln, als Sie das getan haben (Abg. Schieder: Herr Haigermoser! Wir haben alle bei Ihnen Zwischenrufe gut!), so müssen wir uns fragen (Ruf bei der SPÖ: ... haben alle ein Guthaben!), warum heute zum Beispiel ein Kilo Fleisch im Laden weniger kostet als vor 20 Jahren (Abg. Dr. Fischer: Der so intelligente Zwischenrufe macht!), Herr Abgeordneter Dr. Fischer, warum ein Ei heute weniger kostet als vor 20 Jahren. Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, was die Dinge heute wert sind.

Und warum, meine Damen und Herren, ist es dazu gekommen? – Weil zum Beispiel die so genannten Konsumentenschützer seitens der Arbeiterkammer ausgeschwärmt sind und vermeinten, Lebensmittel müssen billig sein, dürfen eben nichts kosten. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da müssen wir uns fragen, ob wir damit einer gesunden nachhaltigen Landwirtschaft gedient haben. Ich sage Ihnen: Nein, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir sollten uns auch fragen – nämlich die Gesellschaft insgesamt –, ob es nicht wider die Schöpfung und wider die Natur ist, wenn wir auf der einen Seite Pflanzenfresser heute – und das ist anprangernswert! – mit Tiermehl füttern (Abg. Verzetnitsch: Das ist seit zehn Jahren verboten!) und auf der anderen Seite unsere Katzen aus goldenen Tässchen füttern! Das sind Dinge, die nachdenkenswert sind und die man diskutieren muss, meine Damen und Herren, wer immer daran schuld ist! Mir ist es zu oberflächlich, jetzt dieses Ping-Pong-Spiel zu betreiben: Haust du meine Bauern, haue ich deine Konsumenten oder wie immer.

Man muss sich auch fragen, was die Union diesbezüglich zu tun hat. Wo waren Sie denn, als wir mit unserem "Feinkostladen Österreich" in die EU eintraten und es darum ging, das Verhandlungsergebnis zu diskutieren, Dinge, die aus Holland, aus England zu uns kommen (Abg. Silhavy: Herr Haigermoser! Das müssen Sie Minister Molterer fragen!), hintanzuhalten? Wo waren Sie da? – Auf Tauchstation, Herr Edlinger! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ohne Wenn und Aber haben Sie uns BSE auf dem Silbertablett serviert, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Zwischenrufe der Abgeordneten Edlinger und Silhavy. )

Ich weiß schon, dass die Probleme nicht so leicht zu lösen sind. (Anhaltende Zwischenrufe. – Abg. Dr. Mertel: Wie schützt man Sie vor Dummheit? – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Ich weiß schon, dass es einer tieferen Diskussion bedarf, um auch mit der Gesellschaft ins Reine zu kommen und zu sagen: Meine Damen und Herren, gesunde Lebensmittel müssen auch etwas wert sein.

Aber mit Ihren billigen Anträgen, mit Ihrem Wegstehlen aus der Vergangenheit werden wir kein Problem lösen. (Abg. Edlinger: Ein Witzbold! – Heiterkeit des Abg. Edlinger. )

Diese Koalition wird die Probleme angehen, wird sie auch in der Union in die Verhandlungen einbringen, aber nicht mit Ihrer Polemik und mit Ihrem Versagen in der Vergangenheit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr gut! – Zwischenruf des Abg. Leikam. )

13.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: ... Edlinger, der gescheiterte Finanzminister!)

13.40

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Haigermoser und Polemik – das ist etwas, was wirklich gut zusammenpasst! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Dr. Stummvoll: Den Sachverhalt darstellen!)


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56. Sitzung / Seite 90

Kollege Haigermoser hat gemeint, die Konsumentenschützer der Arbeiterkammer seien ausgeschwärmt (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!), um zu behaupten, Lebensmittel dürfen nichts kosten. (Abg. Haigermoser: Indirekt haben sie es gemacht!)

Ich stelle richtig: Die Konsumentenschützer der Arbeiterkammer sind nie ausgeschwärmt, um zu sagen, Lebensmittel dürfen nichts kosten (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die sitzen in den Büros! – Abg. Achatz: In der warmen Stube sitzen sie!), sondern sie haben untersucht und haben darauf hingewiesen, wenn Lebensmittel verdorben waren, wenn sie nicht dem Lebensmittelgesetz entsprochen haben oder wenn sie den Konsumenten gesundheitlich geschadet haben. (Abg. Dr. Khol: Das ist eine Rede, keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Debattenbeitrag!) Das waren die Aufgaben der Konsumentenschützer der Arbeiterkammer, die sie immer und nach wie vor wahrnehmen werden. Es ist auch richtig und wichtig (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!), dass in diesem Sinne die Konsumenten vor Produkten, die ihrer Gesundheit schaden (Abg. Dr. Khol: Das ist ja eine Rede!), geschützt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt kommt die gestylte Klubobfrau! – Abg. Hagenhofer: Herr Westenthaler, halten Sie sich ein bisschen zurück!)

13.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich bewundere Herrn Abgeordneten Niederwieser, dass er zu den Haigermoser’schen Ausführungen so etwas Ähnliches wie eine tatsächliche Berichtigung zustande bringt. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das ist sooo lustig! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist dem Edlinger sein Humor, da lacht er!)

Ich bringe zunächst folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend die Einrichtung von Tieranwaltschaften in den Bundesländern

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird anlässlich der Maßnahmen im Zusammenhang mit der BSE-Krise und des Schweineskandals aufgefordert, in allen Bundesländern Tieranwaltschaften einzurichten und mit den Bundesländern diesbezüglich in Verhandlung zu treten.

Aufgabe der Tieranwaltschaften soll die Wahrnehmung der Interessen des Tierschutzes und der Tierrechte im Verwaltungsverfahren, im Verwaltungsstrafverfahren sowie im gerichtlichen Strafverfahren sein. Ferner ist die Zuständigkeit der Tieranwaltschaft für die Beratung der TierhalterInnen sowie die Information der Öffentlichkeit in Angelegenheit des Tierschutzes zu statuieren.

Für die Tieranwaltschaft soll gelten:

Die TieranwältInnen sind in Ausübung ihres Amtes weisungsfrei. Der Tieranwaltschaft sind alle Bescheide und Urteile, die in tierschutzrechtlichen Verfahren ergehen, nachweislich zuzustellen.

Die TieranwältInnen müssen über eine entsprechende Ausbildung verfügen und eine mindestens fünfjährige Erfahrung im Bereich des Tierschutzes nachweisen. Sie werden von Tierschutzvereinen, die ihre Tätigkeit mindestens zehn Jahre im Bundesgebiet ausgeübt haben, nominiert und für eine bestimmte Funktionsperiode ernannt.

*****


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56. Sitzung / Seite 91

Meine Damen und Herren! Ich halte die Einrichtung derartiger Tieranwaltschaften, das heißt eigenständige Rechte für Tiere, für wesentlich, um das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten wiederzugewinnen. Wir können dem Regierungsantrag deshalb nicht zustimmen, weil wir an der Unabhängigkeit einer Behörde, die von der Regierung geschaffen wird, aber über deren Konturen wir nichts Näheres wissen, unsere Zweifel haben, so wie dies auch in der gestrigen Debatte der Fall war.

Ich glaube, es wäre wirklich wichtiger, in einer Kooperation zwischen der Exekutive – die sich ja jetzt offensichtlich bewährt – und den ehrenamtlich tätigen Organen der bereits langjährig im Bundesgebiet agierenden Tierschutzvereine eine wirklich ernsthafte und glaubwürdige Kontrolle in diesem Bereich aufzubauen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir stimmen diesmal – ich würde fast sagen, ausnahmsweise und entgegen unseren Ausführungen im Ausschuss – dem Grünen Bericht nicht zu, weil seit der Beratung und auch gerade jetzt in dieser Debatte so vieles hervorgekommen ist, dass wir eigentlich erst wirklich umfassende Handlungen sehen wollen und darüber auch im nächsten Bericht lesen wollen, damit wir diesem Bericht dann auch wieder guten Gewissens zustimmen können. Ich füge aber gerne hinzu, dass der Bericht an sich sehr seriös und gut gemacht ist, er ist nur leider jetzt in diesem Kapitel unvollständig, was die umfassenden Maßnahmen zur Wiedererlangung des Vertrauens der Konsumentinnen und Konsumenten betrifft.

Ich komme zu einem letzten Punkt, zu jenem, der mir am meisten am Herzen liegt. Abgeordneter Schwarzenberger und etliche andere haben gefragt: Ja was sollen wir denn tun? Die Konsumentinnen und Konsumenten kaufen nach wie vor lieber billige Waren, und viele Bäuerinnen und Bauern bleiben auf der ehrlichen, guten – und teureren – Bioqualität sitzen.

Da stelle ich Ihnen aber schon die Frage, ob das nicht auch mit der Art der Vermarktung und mit Ihrer Agrarpolitik zu tun hat. Sie haben selbst gesagt, wir haben in Österreich einen hohen Anteil im Biosegment. Aber auch dieser hohe Anteil liegt nur bei etwa 10 Prozent, das heißt, 90 Prozent gehören nicht dazu.

Jetzt konzediere ich gerne, dass auch unter diesen 90 Prozent der konventionellen Betriebe sehr, sehr viele – eine große Mehrheit – eine absolut tadellose Qualität produzieren und durchaus das Vertrauen verdienen, nur: Es gibt auch die anderen – Sie sprechen von den schwarzen Schafen; ich glaube, dass gerade in diesem Fall tierische Vergleiche nicht so sehr angebracht sind.

Wir brauchen jetzt nicht darüber zu reden, wie viele das sind. Auf jeden Fall können wir aber sagen, dass mit der Intensität der Haltung und bis zu einem gewissen Grad auch mit der Betriebsgröße die Wahrscheinlichkeit, dass Medizinalfutter eingesetzt wird, steigt, und wenn es dann nicht – und zwar getragen durch öffentliche Kontrollen – eine Art der Kennzeichnung gibt, die eindeutig ist, dann sagen die Leute: Ich kenne mich in diesem Kennzeichendschungel ohnedies nicht mehr aus, und wenn ich nicht wirklich weiß, was denn jetzt eine echte Bioqualität ist und was nur ein wohlklingender Name ist, ohne dass höhere Qualitätsrichtlinien dahinter stehen, dann kaufe ich wirklich nach dem Preis.

Diese Klarheit zu schaffen, zum Beispiel den Tiergerechtheitsindex als verpflichtende Kennzeichnung einzuführen, das sind Sie schuldig geblieben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Reitsamer. )

Weil Sie auch gesagt haben, es werde hier immer fälschlicherweise behauptet, dass es in Österreich industrielle Agrarstrukturen gäbe: Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es hat niemand behauptet, dass das den ganzen österreichischen Markt betrifft! Wir kennen die Statistiken und wissen daher, dass die Ausgangslage in Österreich Gott sei Dank noch ziemlich günstig ist. Es ist wirklich das Konzept des Feinkostladens auch jetzt noch umzusetzen. Nur werden auch Sie nicht abstreiten können, dass die Tendenz in Richtung Konzentration sehr wohl voranschreitet, dass wir gerade etwa im Bereich der Schweinezucht eine Verdoppelung der Großbetriebe seit dem Jahre 1995 verzeichnen, und das heißt schon etwas.


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56. Sitzung / Seite 92

Ich verstehe auch Folgendes nicht, Herr Bundesminister – und ich rede jetzt nicht von irgendwelchen strafrechtlichen oder sonstigen Verantwortlichkeiten, denn dass wir uns gemeinsam bemühen wollen, das Vertrauen wiederzugewinnen und ein lückenlos ökologisches, kontrolliertes Konzept umzusetzen, darin gehen wir ja, so hoffe ich, konform –: warum Sie sich angesichts einer wachsenden Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten, die berechtigt ist und die konkrete Ursachen hat, und der von mir dargestellten Konzentrationstendenzen dann in Podiumsdiskussionen – Sie wissen, wovon ich rede – ausgerechnet mit den Allergrößten, die in Österreich Schweine produzieren und die auch in ein Verfahren verwickelt sind – wie immer das ausgehen wird –, an ein Pult und an einen Tisch setzen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes. )

Es ist sehr wohl ein begründeter Verdacht, ein sehr handfester Verdacht vorhanden, dass auch in diesem allergrößten österreichischen Betrieb unbefugtermaßen Arzneimittel eingesetzt worden sind: Antibiotika, Neuroleptika und andere Substanzen. Da heißt es etwas, wenn dann der Leiter dieses Betriebes mit dem EU-Agrarkommissar und dem zuständigen Bundesminister so auf einem schönen Tisch sitzt und dahinter "Agrardialog" steht. Natürlich indiziert das für die Konsumentinnen und Konsumenten: Das ist ein absoluter Musterbetrieb.

Da möchte ich, dass sich auch die öffentliche Darstellung ändert. Wenn dann noch dazu dieses Gebiet und diese Agrarfabrik zum Sperrgebiet erklärt wird, dann wird es auch demokratiepolitisch bedenklich.

Meine Damen und Herren! Ich würde mir erwarten, dass die Parteinahme für die österreichischen Bio-Betriebe und für diese Kleinbetriebe, die sich um Umstellung bemühen und die unsere Hilfe – auch unsere finanzielle Hilfe – brauchen, auch sichtbar wird durch das Auftreten des Ministers, des Agrarkommissars und durch die Stellungnahme von uns allen. Wenn wir das erreichen, dann, so glaube ich, könnten wir von der erwünschten Trendumkehr und von der Wiedererlangung des Vertrauens zu Recht sprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der vorhin vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem entsprechenden Zusammenhang und damit auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war verständlich, dass in der heutigen Debatte über diesen Grünen Bericht das europaweite Problem BSE und schwarze Schafe in der Viehwirtschaft natürlich den Hauptgegenstand der Diskussion bilden würden. Ich wollte mich ursprünglich nicht melden, habe mich jetzt aber doch gemeldet, meine Damen und Herren, und zwar deshalb – die letzten Redner, Kampichler und Haigermoser, haben es angedeutet, und ich möchte es verstärken –, weil die ganze Debatte zwar eine Fülle von Einzelanregungen gebracht hat, sehr oft von Kontrolle und Kontrollmaßnahmen die Rede war, ich persönlich aber davon überzeugt bin, dass der Kern des Problems woanders liegt.

Der Kern des Problems liegt, bitte, darin, dass wir heute in unserer Gesellschaft Erwartungshaltungen dahin gehend haben, dass Lebensmittel – und ich sage bewusst "Lebensmittel" und nicht "Nahrungsmittel" – immer billiger werden müssen. Es ist dies eigentlich eine Umkehr unserer Prioritäten, dass wir sagen, das, was unser Leben, unsere Lebensqualität bestimmt, soll immer billiger werden, damit wir vielleicht mehr Geld für ein größeres Auto oder für eine teurere Urlaubsreise haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Sophie Bauer und Dr. Antoni. )

Meine Damen und Herren! Nehmen wir uns alle an der Nase: Diese Erwartungshaltung haben wir zum Teil alle selbst mitgetragen, die hat auch die Politik mitgetragen – man denke nur etwa an den "Ederer-Tausender": "Wenn wir zur EU kommen, wird alles billiger, vom Joghurt bis zum Fleisch." (Zwischenruf des Abg. Mag. Maier. )  – Diese Erwartungshaltung erzeugen die großen Handelsketten, indem sie gerade immer wieder Lebensmittel zum Kern ihrer Diskont- und Lock


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angebote machen, diese Erwartungshaltung erzeugen aber sehr wohl auch Konsumentenschützer, die oft im höheren Preis reine Profitgier der Unternehmer sehen und nicht die höhere Qualität.

Meine Damen und Herren! Nehmen wir uns selbst an der Nase: Es sind diese Erwartungshaltungen – europaweit –, die das erzeugen, was heute zu Recht hier kritisiert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gerade wir in Österreich – und da haben die Landwirtschaftsminister von Josef Riegler über Franz Fischler bis zu Willi Molterer die Weichen richtig gestellt in Richtung kleinstrukturierte Landwirtschaft, in Richtung Delikatessenladen Europas (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Hannes Bauer, Sophie Bauer und Huber )  – haben die besten Voraussetzungen dafür, dass wir diese Erwartungshaltungen abbauen. Die Zukunft kann nicht sein, immer mehr immer billiger zu erzeugen, die Zukunft kann nur darin liegen, hochqualitative Lebensmittel – nicht Nahrungsmittel, bitte – als Bestandteil unserer Lebensqualität zu haben. – Dafür, Herr Minister, und für diese Strategie haben Sie unsere volle Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gelangt nun der Herr Bundesminister. – Bitte.

13.55

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur zwei Sätze zu Frau Abgeordneter Petrovic und ihrer sehr interessanten Rede sagen.

Erstens: Frau Abgeordnete! Ich glaube tatsächlich, dass es ein gesellschaftspolitisches Thema ist, die Frage zu stellen: Warum kostet ein Kilogramm Schweinefleisch im Sonderangebot 34,90 S und ein Kilogramm Fleisch in der Katzennahrung umgerechnet 86 S? – Das ist ein Thema! Hier ist aus meiner Sicht das Wertegefüge nicht mehr in Ordnung.

Zweitens: Zu der von Ihnen angesprochenen Veranstaltung möchte ich Sie nur informieren, dass deren Thema lautete: "Wie kann Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft gesichert werden?", und dass am Podium beispielsweise auch der Geschäftsführer des WWF, Dr. Lutschinger, gesessen ist. Ich nehme nicht an, dass Sie meinen, dass dieses Thema und diese Zusammensetzung des Podiums nur in irgendeiner Form ein Signal für etwas Illegales ist.

Ich denke, dass wir doch die Chance wahrnehmen sollen, die jetzt dadurch gegeben ist, dass wir so viele Fragen von Konsumenten über Lebensmittel haben wie noch nie zuvor: Damit können Lebensmittel aus der Anonymität heraustreten, damit kann wieder bewusst gemacht werden, was Lebensmittel wert sind. Wir sollten auch die Chance ergreifen, zu dieser Ökologisierung der Landwirtschaft, zu der sich offensichtlich alle bekennen, auch die ökonomischen Rahmenbedingungen richtig zu gestalten.

Das ist aus meiner Sicht die Aufgabenstellung, denn – nochmals – Nachhaltigkeit ist nicht nur ökologische Orientierung, sondern auch ökonomische Tragfähigkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Jawohl! – Abg. Auer: Minister Molterer ist einfach der Beste! – Ruf bei der ÖVP: Er weiß, was er verspricht!)

13.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort. – Bitte.

13.56

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zwei Schlussredner in dieser Debatte haben mich veranlasst, mich noch einmal zu Wort zu melden. (Abg. Großruck: Es gibt nicht zwei Schlussredner, nur einen!) – Ein Schlussredner der Freiheitlichen und ein Schlussredner der ÖVP, Herr Kollege Großruck. – Okay, du rechnest anders. Sei’s drum.


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Herr Kollege Haigermoser! Ich denke, es ist absolut Strategie – auch eingelernte und einstudierte Strategie – dahinter, wenn ausgerechnet Sie sich hier ans Rednerpult stellen und davon sprechen, die SPÖ hätte den Konsumentinnen und Konsumenten "BSE am Silbertablett serviert", denn irgendetwas wird schon hängen bleiben, wenn man es oft genug sagt.

Herr Haigermoser! Ich weise diese Ihre Äußerung aufs Schärfste zurück (Beifall bei der SPÖ), und ich kann beweisen, dass Sie absolut im Unrecht sind. – Wenn Sie Zeit dafür haben – das wird ein bisschen länger dauern –, machen wir ein Privatissimum.

Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Stummvoll war hier auf der Suche nach den Schuldigen. (Rufe bei der ÖVP: Überhaupt nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Missverstanden!)

Meiner Empfindung nach hat er die Schuldigen auch gefunden, und zwar in den Konsumenten, in der Staatssekretärin außer Dienst Ederer und in allen möglichen anderen Gruppierungen. (Abg. Dr. Stummvoll: Missverstanden! – Ruf bei der ÖVP: Das hat er nicht gesagt! – Abg. Dr. Stummvoll: Bitte nicht so primitiv!)  – Nur, Herr Kollege Stummvoll: Wenn Sie davon sprechen, dass die Preisgestaltung natürlich Einfluss hat, so frage ich Sie: Wer gestaltet denn die Preise wirklich? Sind das nicht die Vertreter der Wirtschaftskammer mit den Vertretern der Bauern, die diese Preise gestalten? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Nein! Nein, ...!)  – Und wenn es nicht so ist, wo sind dann die Vertreter der Bauern, wenn es um die Preisgestaltung geht, Kollege Schwarzenberger? (Abg. Schwarzenberger: ... das sind ja keine amtlichen Preise!)

Was die Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten betrifft, geschätzte Damen und Herren, noch eine Bemerkung: Es gab schon seit längerer Zeit die Diskussion um das berühmte rot-weiß-rote "A", das österreichische Produkte kennzeichnet – allerdings nicht so kennzeichnet, dass dort, wo Österreich draufsteht, wirklich Österreich drin wäre, sondern dass nur die Wertschöpfung bezeichnet wird.

Herr Kollege Stummvoll! Ein Ihnen nicht ganz Unbekannter hat auf einen "Standard"-Artikel im Jahre 1999 der damaligen Bundesministerin Mag. Prammer einen Brief geschrieben, in dem er sehr stolz erklärt, dass es ihm gelungen ist, alle, die sich damals dagegen ausgesprochen haben, dieses "A"-Gütesiegel auf Lebensmittel anzuwenden, weil es irreführend wäre, wieder ins Boot zu bekommen, und das "A" auf Lebensmitteln glücklicherweise wieder besteht. – Wenn Sie es nicht glauben: Hier ist das Schreiben (der Redner hält den Brief in die Höhe), unterschrieben von Leopold Maderthaner, damals Präsident der Wirtschaftskammer. (Abg. Silhavy: Oh!)  – Suchen Sie in den eigenen Reihen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Da ich davon ausgehe, dass der Berichterstatter kein Schlusswort wünscht, kommen wir nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme. – Ich mache darauf aufmerksam, dass wir zirka 15 Abstimmungen vor uns haben, und ich bitte daher um entsprechende Aufmerksamkeit, um kleinere Pannen zu vermeiden.

Wir kommen als Erstes zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, den vorliegenden Bericht III-61 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Sima und Genossen betreffend Forcierung des Biolandbaues in Österreich durch die Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Genossen betreffend unbefristetes Verbot der Verfütterung von Tiermehl.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. (Lebhafte Oh-Rufe bei der SPÖ in Richtung der nicht zustimmenden Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)  – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Genossen betreffend Zurücknahme der Kürzungen für die Organisation des biologischen Landbaues im Jahr 2001.

Ich bitte im Fall der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Edlinger  – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Nicht lernfähig!)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz.

Ich bitte bei Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und Genossen betreffend Vorlage aller Zahlen, Daten und Fakten betreffend die Futtermittelkontrolle auf bäuerlichen Betrieben.

Ich bitte bei Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Rufe bei der SPÖ – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Fundamentale Neinsager! Vergifter-Koalition!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser und Genossen betreffend Ausweitung der Lebensmittelkontrollen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gaßner und Genossen betreffend unbefristete Verlängerung der Arbeitsstiftung für Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft auf Grund der Gefahren für die Arbeitsplätze, verursacht durch Machenschaften in der Futtermittelindustrie und in Schweinemastbetrieben.

Ich bitte all jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Parfuss und Genossen betreffend Beschluss eines Bundes-Tierschutzgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schwarzenberger, Achatz und Genossen betreffend illegalen Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 54.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Forcierung der Forschungsanstrengungen zum Schutz und zur Sicherheit der Verbraucher im Zusammenhang mit der gefährlichen Ausbreitung von CJK sowie BSE.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Edlinger  – auf die nicht zustimmenden Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen deutend –: Gegen die Forschung!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend grundlegende Umorientierung in der Agrarpolitik, Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung von Agrarförderungen, stärkere ökologische Auflagen und mehr Konsumentenorientierung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. (Abg. Ing. Westenthaler: Hoffentlich stimmt der Antrag! Haben Sie den durchgelesen?)

Ich bitte bei Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend Einrichtung von Tieranwaltschaften in den Bundesländern.

Ich bitte auch da um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Es ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 455 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, den vorliegenden Bericht III-70 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 457 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 458 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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6. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-45 der Beilagen) des Rechnungshofes über die Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau; Erster Teilbericht (474 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Brix. Ich erteile ihm das Wort.

14.07

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Frau Tourismus-Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Der Bericht des Rechnungshofes über die Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau ist ein sehr, sehr vernichtender Bericht, vor allem was Niederösterreich betrifft.

In seinem Bericht hat der Rechnungshof zum Beispiel festgestellt, dass auf der Südautobahn bei den Baulosen doppelt so hohe Preise verrechnet wurden wie auf der Westautobahn. (Ruf bei der ÖVP: Selektive Wahrnehmung!) Wenn man weiß, meine Damen und Herren, wie viele täglich auf der Südautobahn stehen, weil sie von ihrem Wohnort zu ihrem Arbeitsplatz fahren müssen – Pendler, Arbeiter und Angestellte –, dann wundert man sich, dass dort nicht rascher ausgebaut wurde, weil auch doppelt so hohe Preise verrechnet worden sind. Man zwingt daher die Arbeiter und Angestellten dazu, auf der Südautobahn zu warten, nur weil Politiker versagt haben und es ganz einfach toleriert haben, dass auf der Südautobahn bei den Baulosen doppelt so hohe Preise wie auf der Westautobahn verrechnet worden sind.

Meine Damen und Herren – ich überzeuge mich nochmals kurz mit einem Blick auf die Regierungsbank –, mich wundert nicht, dass Frau Bundesministerin Forstinger nicht hier ist. (Rufe bei der SPÖ: Wo ist sie? – Abg. Dr. Jarolim: In Kärnten!) Sie, die auf die Zurufe des Herrn Landeshauptmannes aus Kärnten hört und dort sofort in blindem Gehorsam alles erfüllt, was das "einfache Parteimitglied" will – weil dieses ja sonst die Partei durcheinander bringen würde –, schaut zwar, dass sie die Wünsche des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten befriedigen kann, sie achtet aber bei der Kontrolle nicht darauf, dass die Preise bei Baulosen eingehalten werden, und sie ist dabei, dafür zu sorgen, dass Wien, die Bundeshauptstadt, in diesem Bereich ausgehungert wird: In Wien und in der Region Ost soll ganz einfach nichts erfolgen, denn da weiß man jetzt schon, dass am 25. März die Freiheitliche Partei jene Wählerstimmen erhalten wird, die sie verdient, nämlich fast gar keine. Für die Politik, die Sie gemacht haben, verdienen Sie diese Zensur! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Frau Bundesminister Forstinger nicht kommt, hat auch damit zu tun, dass zum Beispiel der Ausbau der S 80, der paktiert ist, in einem Vertrag festgelegt und unterschrieben ist und bis zum Jahre 2005 erfolgen sollte, von Bundesminister Schmid gestoppt wurde, und die Menschen aus Stadlau und aus Hirschstetten haben keine Möglichkeit, woandershin zur Arbeit zu fahren. Aber das brauchen wir nicht, das stoppen wir ganz einfach.

Die Frau Bundesminister hat weiters die Errichtung des Lainzer Tunnels gestoppt, weshalb in der Bundeshauptstadt auch nicht der zentrale Bahnhof Wien auf dem Gelände des Südbahnhofes errichtet werden kann.

Sie haben versprochen, Park-and-ride-Möglichkeiten für die Arbeiter und Angestellten zu schaffen. Park-and-ride-Anlagen sollten in Strebersdorf, in Atzgersdorf errichtet werden. (Abg. Böhacker: Wo steht denn das? Im Rechnungshofbericht?) Da können Sie nachschauen. Ich erzähle es Ihnen, damit Sie es sich merken. In der Siemensstraße, in Liesing hätten Park-and-ride-Anlagen errichtet werden sollen.

Fragen Sie einmal einen Abgeordneten aus dieser Region, ob dort eine Park-and-ride-Anlage errichtet worden ist! Weil die Geldmittel für ganz andere Dinge hinausgeschmissen worden sind,


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wie der Rechnungshof aufgedeckt hat, darf in Wien diesbezüglich nichts errichtet werden, und das zum Schaden der Wienerinnen und der Wiener!

Meine Damen und Herren! Wir werden uns auch dagegen wehren, wenn jetzt vielleicht – und das wird vor allem die Favoritner und die Simmeringer interessieren – auch die Südumfahrung in Frage gestellt wird, wenn die Wiener keine B 301 bekommen, nur weil Frau Forstinger ihre Geldmittel für andere Dinge braucht. Hier wird die Ostregion klar benachteiligt. Es gibt aber auch ein Konzept der Landeshauptleute von Niederösterreich, Burgenland und Wien. Und auf den Brief der drei Landeshauptleute hat Frau Bundesminister Forstinger geantwortet – so hat es Bürgermeister Häupl ausgesprochen – wie auf einen Schimmelbrief eines Bittstellers, der um irgendwelche Subventionen ansucht.

Wenn Sie sich den Rechnungshofbericht durchlesen, dann werden Sie bemerken, wie viele Fehler in diesem Bericht aufgeführt sind, nämlich dass man säumig mit den Geldmitteln umgegangen ist, dass man ganz einfach keine Kontrolle vorgenommen hat. Und daher werden Straßenbauvorhaben wie die B 225, die B 228, die B 7, alles wesentliche Bauvorhaben in der Bundeshauptstadt, gestoppt und der Osten des Landes, Wien, Niederösterreich und Burgenland, benachteiligt. Fragen Sie einmal jene Frauen und Männer, die aus dem Weinviertel nach Wien einpendeln müssen und stundenlang auf verstopften Straßen stehen. Aber Frau Forstinger ist nicht bereit, dafür Geld herzugeben.

Österreich hat neun Bundesländer und nicht nur eines, Kärnten, mit einem "einfachen Parteimitglied", das seine Partei diktieren kann. Ich glaube, die Wienerinnen und Wiener werden es verstehen, diesen Parteien und vor allem der Partei von Frau Forstinger jenes Votum zuzusprechen, das sie sich verdienen, nämlich gar keines. (Beifall bei der SPÖ.)

14.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

14.13

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofs! Frau Staatssekretärin! Kollege Brix, kurze Aufmerksamkeit bitte: Ich bin sehr enttäuscht, weil du hier die Gelegenheit vorübergehen hast lassen, dich für deinen Ausrutscher gegenüber der Frau Staatssekretärin ganz offiziell zu entschuldigen.

Kollege Brix hat im Rechnungshofausschuss und auch in einer Presseaussendung gemeint, die Frau Staatssekretärin sei ahnungslos. (Zwischenruf des Abg. Brix. ) Kollege Brix gehört offensichtlich zu jener Spezies von Mann, die noch immer der antiquierten Ansicht anhängt, dass eine Frau in technischen Fragen, in Baufragen und in wirtschaftlichen Fragen nicht kompetent sein kann. Herr Kollege Brix! Das ist absolut frauenfeindlich, und Sie sollten sich dafür schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Schauen Sie einmal in Ihren eigenen Reihen nach Frauenfeindlichkeit, Herr Kollege! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Viele haben es vermutet, manche haben es gewusst, und eine kleine Minderheit von Skrupellosen hat die Schwächen im österreichischen Vergabesystem schamlos ausgenutzt. Heute liegen mit diesem Rechnungshofbericht die Fakten auf dem Tisch, und wir sollten alle gemeinsam dem Rechnungshof und seinen Prüfern für diese hervorragende Arbeit danken. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Faktum ist aber auch – und das wird in diesem Bericht schonungslos aufgezeigt –, dass im österreichischen Bundesstraßenbau und im Bundeshochbau in den geprüften Jahren hochgerechnet Hunderte Millionen Schilling an Steuergeldern verschwendet wurden, an Steuergeldern, die nunmehr bei der Finanzierung von anderen Bauvorhaben abgehen.

Meine Damen und Herren! Das Strickmuster war in der Vergangenheit immer das gleiche – und wird es, so befürchte ich, auch in Zukunft sein –: eine oberflächliche, wenig ausgereifte Planung, mangelnde Qualität der Leistungsverzeichnisse, unzureichende Bauaufsicht und entsprechende Baudokumentationen, unnötige und oft wirklich nicht nachvollziehbare Großzügigkeiten bei der


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Anerkennung von Schlussrechnungen. Und dazu kommt, dass es für all diese Malversationen im Wesentlichen kaum Sanktionsmöglichkeiten gibt.

Der Rechnungshof führt all das auf, nicht gering sind diese Dinge, die er hier bekrittelt: Die Qualität der Leistungsverzeichnisse war so mangelhaft, dass ein wesentlicher Teil der Leistungen nicht oder in anderem Umfang ausgeführt wurde. Gemeinsam mit stark unterschiedlich angebotenen Einheitspreisen habe dies zur Folge gehabt, dass bei diesen Vorhaben ein an zweiter Stelle oder noch weiter hinten gereihter Bieter die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Leistungen billiger abgerechnet hätte als der jeweilige Billigstbieter. – Wer hat hier verdient? Wo sind hier die Verantwortlichen?

Oder: Damit wurde breiter Raum für die Einheitspreisspekulationen zum Nachteil der Bauherren geboten. Zum Nachteil der Bauherren – das bedeutet schlicht und ergreifend nichts anderes, als dass jemand anderer entsprechend verdient hat.

Ich darf es an einem kleinen Beispiel festmachen. Beim Umbau der Alten Residenz in Salzburg wurden 10 Kubikmeter Erdaushubarbeiten ausgeschrieben. Schlussendlich wurden 1 000 Kubikmeter abgerechnet, das Hundertfache! Wenn man sich nun vor Augen führt, dass der Billigstbieter für diese Aushubarbeiten den doppelten Preis des Zweitbieters angeboten hat und dadurch allein bei diesen Erdaushubarbeiten 2,1 Millionen Schilling an Schaden verursacht wurden, dann weiß man, was hier gespielt wird.

Es ist daher dringend notwendig – es ist in der Kürze der Zeit nicht möglich, all das aufzuzählen –, dass in Zukunft auch entsprechende Sanktionsmechanismen geschaffen werden. Und es muss so sein, dass Länder, in denen die Steuerverschwendung durch mangelnde Kontrolle, Mängel in der Erstellung von Leistungsverzeichnissen und bei Abrechnungen nicht abgestellt wird, in Hinkunft mit finanziellen Sanktionen zu rechnen haben. Außerdem muss es – und da ist der Herr Präsident des Rechnungshofes schon aktiv geworden – zu einem Rating der Firmen kommen. Jene Firmen, die immer wieder auffällig sind, müssen nach hinten gereiht werden, egal, ob Ziviltechniker, in der Bauaufsicht oder in der Planung oder ausführende Firmen (Abg. Dr. Lichtenberger: In der Kammer!), um im gegebenen Fall temporär mit einem Auftragsverbot, mit einer Auftragssperre belegt zu werden.

Nur so können all diese Dinge, die der Rechnungshof wirklich minutiös aufgezeigt hat, in Zukunft abgestellt werden, denn es ist offensichtlich, dass die Verantwortlichen, egal, auf welcher Seite, nur die Peitsche der finanziellen Sanktionen kennen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.18


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Brix zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.19

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Böhacker hat von diesem Rednerpult aus behauptet, ich hätte gesagt, die Frau Staatssekretär sei ahnungslos (Abg. Böhacker: Eine Presseaussendung!), oder eine diesbezügliche Presseaussendung gemacht. Und er hat gesagt, das ist eine sexistische Bemerkung.

Erstens liegt es mir fern, hier in irgendeiner Form zwischen einem Mann und einer Frau zu differenzieren, und zweitens möchte ich hier die Presseaussendung vorlesen. Tatsache ist, dass in dieser Presseaussendung Folgendes gestanden ist:

"Als ,völlige Unzumutbarkeit‘ gegenüber dem Parlament bezeichnete Brix den Umstand, dass der kritisierte Bartenstein nicht persönlich" – er ist auch heute nicht hier – "vor dem Rechnungshofausschuss erscheint und sich von der in dieser Angelegenheit" – in dieser Angelegenheit! – ",ahnungslosen‘ Tourismus-Staatssekretärin vertreten lässt." – Das ist die Tatsache. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: ... Entschuldigen Sie sich! Schämen Sie sich! – Abg. Brix: Sie hat auch nichts gesagt im Ausschuss, sie war ja still!)

14.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

14.20

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Es ist ja sehr schade, dass gerade beim Thema Rechnungshofbericht über die Auftragsvergaben im Hoch- und Tiefbau, bei der Einschau und Aufarbeitung der darin enthaltenen Problematiken nicht mehr Anwesende hier in diesem Hause sind, vor allem auch deswegen, weil man das, was der Rechnungshof dankenswerterweise mit großer Genauigkeit an möglichen Sparpotentialen aufgelistet hat, gerade in einer Zeit der Budgetknappheit dringend brauchen könnte, um Budgetlöcher, die immer wieder neu aufgerissen werden, zu schließen, und man sich damit unter Umständen die eine oder andere Brutalmaßnahme gegen sozial Schwache sparen könnte.

Ich möchte nur einige Punkte herausgreifen, auch solche Punkte, von denen ich glaube, dass sie in die Zukunft weisen und dass sie für zukünftige Vorgangsweisen extrem wichtig sind, die mir in diesem Rechnungshofbericht aufgefallen sind. Ich habe mich ja gerade mit Straßenbauprojekten und ihrer nachträglichen Beurteilung in meiner politischen Tätigkeit schon einige Male zu befassen gehabt, siehe Arlberg-Schnellstraße und die damit verbundenen Umtriebe.

Ein Schritt, den ich für die Zukunft als besonders wichtig erachte, wird angedeutet. Das ist die Verstärkung von begleitender Kontrolle in diesem Bereich, die natürlich auch die Funktion haben kann, Alarm auszulösen, wenn man sieht, dass es durch bestimmte Vorgangsweisen zu Extremüberschreitungen zu kommen droht, und im einen oder anderen Fall würde es dann sicher noch möglich sein, die Sparpotentiale auszuschöpfen.

Ein weiterer Punkt, der auffällig ist, ist die Ansetzung von Prüfungen oder auch von Kollaudierungen nach der Verjährfrist, wo es dann oft keinerlei Möglichkeiten mehr gibt, auf diejenigen, die den Schaden verursacht haben, zuzugreifen, weil sich vielleicht inzwischen die Firma mehr oder minder absichtlich schon in den Konkurs verabschiedet hat, wie es ja auch in dieser Branche ab und zu der Fall ist. Ich glaube, da werden Sie aus Ihrer Vergangenheit auch sagen können ... (Abg. Böhacker: Wie soll ich das jetzt verstehen?) Als Politiker – nicht, dass Sie selbst beteiligt sind, nicht, dass Sie mich jetzt falsch verstehen! Also Sie werden sicherlich Fälle kennen, wo man keinerlei Möglichkeiten mehr hatte, Vergehen auch wirklich zu ahnden. In einem Hochbau-Fall in Tirol war das zum Beispiel so. Das ist eine schwierige Situation, und deswegen ist die rechtzeitige Ansetzung der Prüfungen ein ganz zentrales Erfordernis.

Ein wesentlicher Punkt, der in den immer mehr verschachtelten Firmenkonstruktionen aus meiner Sicht zunehmend eine Rolle spielt, ist die Frage der Subunternehmer. Das Aufrufen von Subunternehmen im Nachhinein schafft Unklarheiten, die sowohl beim Vollzug, aber auch, und vor allem dann, bei der Kontrolle große Schwierigkeiten machen, verursacht unklare Vertragsverhältnisse und auch Unklarheiten für die öffentliche Hand, die hier zu entscheiden hat, im Entscheidungsvorgang. Da muss es Maßnahmen geben, und da würde ich sehr viel Wert darauf legen – und ich glaube, der Rechnungshof hat dafür gute Grundlagen erarbeitet –, dass wir in diesem Bereich konkret werden würden. Es gibt auffällige Geschichten von Subunternehmen, die nur kurz bestanden haben. Es gibt genauso auffällige Geschichten von Subunternehmen, die den Verdacht auf Bieterabsprachen nicht entkräften können. Hier muss ein wesentlicher Punkt des Angriffes sein.

Zum Schluss und als Wesentlichstes: Dieser Rechnungshofbericht ist wieder einmal eine deutliche Auflistung der partiellen Unfähigkeit der öffentlichen Hand auszuschreiben. Kollege Firlinger hat das offensichtlich im Rechnungshofausschuss auch moniert: Dass das Vergabewesen perfekt wird, sei auszuschließen, hat er gesagt. Aber hier kann man sich nicht auf diese Haltung zurückziehen. Perfekt wird es nicht sein, aber das Streben nach Perfektion könnte pro Jahr Sparpotentiale in Milliardenhöhe auslösen.

Wenn die Ausschreibungen endlich auf ein Niveau kommen, dass das Bestbieterprinzip guten Gewissens eingesetzt werden kann, dann kommen wir sowohl im Straßenbau als auch im


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Hochbau zu einer wesentlich besseren, konkreteren Vorgangsweise, als es bisher der Fall war. Ich halte das für die zentralen Konsequenzen, die wir als PolitikerInnen daraus zu ziehen haben, denn jeder Rechnungshofbericht ist für uns immer so gut, so gut es uns gelingt, Konsequenzen für die weitere Praxis daraus zu ziehen und das, was als Potential aufgezeigt worden ist, wirklich auszuschöpfen.

Danke noch einmal dem Rechnungshof für seine Arbeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte.

14.26

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich nur jenen anschließen, die meinen, dass im Zusammenhang mit der Prüfung von Hoch- und Straßenbau vieles nicht in Ordnung ist, dass die Fehler aufgezeigt werden müssen und die Fehler, die erkennbar sind, abgestellt werden müssen. Ich glaube, da gibt es über alle Fraktionen hinweg überhaupt keinen Zweifel.

Ich kann mich nur dem Dank an den Rechnungshof anschließen, und ich schließe mich auch dem Dank des niederösterreichischen Baudirektors, Hofrat Stipek, an, der nämlich gesagt hat, er ist dem Rechnungshof sehr dankbar, denn in vielen Bereichen ist es gerade für die Länder oder für den Bauherrn sozusagen und den Kontrollor selbst sehr interessant und hilfreich, Schwachstellen aufgezeigt zu bekommen, um sie beheben zu können.

Ich möchte aber doch noch zwei, drei Sätze zu Herrn Kollegen Brix sagen, der jetzt nicht anwesend ist. Er hat sich letztes Mal im Ausschuss schon so alteriert, dass ich um seine Gesundheit große Sorge gehabt habe. Ich freue mich, dass das Klima heute hier im Plenum viel besser ist als letztes Mal im Ausschuss. Kollege Brix hat heute wieder Niederösterreich in besonderem Maße angegriffen, weil er gemeint hat, dort gebe es die größten Skandale. Meiner Erinnerung nach, muss ich sagen, sind die größten Bauskandale in Wien passiert, aber vielleicht erinnere ich mich nicht richtig.

Aber ich glaube, wir sollten uns nicht bekämpfen. Herr Kollege Gaßner, Sie sind ja Ausschussmitglied und Zeuge. Es ist sinnlos, einen Kampf Wien – Niederösterreich zu führen, denn unsere Landeshauptleute sind absolut auf besserem Fuß, als offensichtlich wir es sind. Gerade die drei Landeshauptleute von Niederösterreich, Burgenland – auch der neue – und Wien sind es, die gemeinsam – und das finde ich besonders gescheit – ihre Stärke nützen und den Verlauf von Verkehrsprojekten, die natürlich alle drei verbinden beziehungsweise betreffen, sinnvoll miteinander aushandeln wollen. (Ruf bei der SPÖ: Sagen Sie das dem Haider!) Es ist doch wesentlich besser, etwas im Guten zu entwickeln. Gestern las ich in der Zeitung, dass nächste Woche wieder ein Termin der gemeinsamen Aussprache geplant ist. Herr Kollege Brix, so sieht es aus, da gibt es ja keine verfeindeten Lager, sondern da gibt es eine ganz geschickte Gemeinsamkeit und Stärke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Erzählt mir nichts! Kollege Kummerer hat ja fluchtartig den Saal verlassen. Wenn wir Niederösterreicher zusperren, könnt ihr Wiener nicht einmal aus eurer Stadt raus. (Heiterkeit.) Das heißt, es ist wichtig, zu schauen, wie denn die Verkehrsverbindungen von der Bundeshauptstadt Wien in die transeuropäischen Netze der EU aussehen. Das ist ja klar, wo verläuft denn die große Autobahn? – Im Norden, über Tschechien, Prag, Slowakei. Das heißt, wir brauchen dringend Verbindungen von Wien dorthin. Daher ist die A 4, die Nord Autobahn, in Niederösterreich ganz wichtig, anschließend an den Ring um Wien, weil ihr den wieder zur Entlastung braucht.

Also was soll das, dass wir da mit Kleinkrämereien einen Krieg anfangen? Unsere eigenen Landeshauptleute würden über uns herzlich lachen, würden sie uns hier zuhören, denn die wissen ganz genau, was sie wollen. Wir sollten da weder einen Scheinkrieg noch einen wirk


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lichen Krieg führen, denn im Grunde genommen müssen wir darauf schauen, wie wir gemeinsam das Beste aus der Situation herausholen können und dass wir eine gute Verhandlungsposition mit der Frau Bundesministerin haben, die übrigens letztes Mal im Ausschuss einen sehr kompetenten Eindruck gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich komme zurück zum Rechnungshofbericht und möchte nur sagen, dass die Baudirektoren in ihren Stellungnahmen auch Rechenschaft darüber abgelegt haben, was sie bisher gemacht haben. Ich verweise darauf, dass gerade bei den Niederösterreichern sehr klar und detailliert aufgezeigt wurde, dass man sich sehr wohl bemüht hat, schon bei der internen Kontrolle, aber jetzt auch auf Grund des Rechnungshofberichtes, manches abzustellen, eine Vergabekommission einzusetzen, Vergabespezialisten – diesem Beispiel sind viele gefolgt –, Kurse und Schulungen im Vergaberecht abzuhalten, vor allem was die Ausschreibungen betrifft. Ein neuer Weg mit den Ziviltechnikern, ganz verkürzt gesagt, wird beschritten, wobei ich hier auch noch einmal die Kritik aufgreifen möchte, dass Ziviltechniker die Vergabeordnung nicht beherrschen. Es müsste hier wahrscheinlich viele Veränderungen geben, besonders die begleitende Kontrolle müsste ausgebaut werden.

Ich bedanke mich herzlich beim Rechnungshof, der viele Punkte aufgelistet hat, wo es Verbesserungen geben könnte. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass das auch wahrgenommen wird. Im Übrigen bedanke ich mich auch für den Bericht der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Korruption im Vergabewesen, der bereits andiskutiert wurde. Sehr geehrter Herr Präsident, vielen herzlichen Dank! Er ist sehr informativ für uns Abgeordnete, und ich hoffe, dass er auch umgesetzt wird, sodass es dann auch eine sinnvolle Gleichschaltung gibt und wirklich vieles im Vergabewesen verbessert werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

14.32

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Bauer, das Problem ist nur, dass es im Zusammenhang mit Ihren Ausführungen tatsächlich einen lachenden Dritten gibt, nämlich den Landeshauptmann von Kärnten. (Abg. Rosemarie Bauer: Da habt ihr ein Stigma! Ich sehe das nicht so!) Er ruft, und die Frau Ministerin setzt ihre Prioritäten völlig anders, als die Notwendigkeiten tatsächlich sind. Da können wir noch so viel Gemeinsames haben, aber das ist eine Tatsache, Frau Kollegin Bauer. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Erzählen Sie das einmal in Kärnten Ihren sozialdemokratischen Kollegen!)

Im vorliegenden Bericht über die Auftragsvergabe, Herr Kollege Böhacker, gibt es tatsächlich massive Kritikpunkte, und ich denke, darüber muss man natürlich auch reden, denn diese Kritik betrifft vor allen Dingen das Land Niederösterreich. Ich würde meinen, es ist ein nicht sehr ordentliches Zeugnis, das dieser Bericht ausstellt. Die Aufklärung über die beanstandeten Mängel war leider auch in der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses nicht möglich beziehungsweise auch nicht zufrieden stellend.

Zu den Fakten, die dieser Bericht beinhaltet: Zum einen beanstandet der Rechnungshof Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften. Der Rechnungshof kritisiert mangelnde Transparenz der Vergabeverfahren, und der Rechnungshof stellt auch ein mangelndes Leistungsverzeichnis fest. Und vor allen Dingen kritisiert der Rechnungshof auch die zahlreichen Abrechnungsmängel. Die Liste der Fehlleistungen, meine Damen und Herren, könnte natürlich fortgesetzt werden; sie sind fast unerschöpflich. 14,5 Millionen Schilling hätten allein durch mehr Sorgfalt und durch Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen bei den überprüften Bauvorhaben eingespart werden können. Rund 11,5 Millionen Schilling sind laut Rechnungshofpräsident Fiedler noch gerichtsanhängig.

Im Rechnungshofausschuss hat Ministerin Forstinger darauf hingewiesen, dass zwar mit Bundesgeldern gearbeitet wird, sie aber keinerlei Kompetenzen und keinerlei Zuständigkeiten hat,


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wobei ich feststellen muss, dass auch heute das Interesse der Ministerin sehr, sehr gering ist. Natürlich liegt die Verantwortung bei den Ländern. Der zuständige Beamte des Landes Niederösterreich präsentierte uns zwar einige Veränderungsvorschläge, die Realisierung und vor allen Dingen die Auswirkungen dieser Neustrukturierungen werden wir aber genau zu beobachten haben. Tatsache ist aber, meine Damen und Herren, dass der Straßenbaureferent von Niederösterreich Landeshauptmann Pröll ist und dieser somit der politisch Verantwortliche ist.

Aktiv beim Zupflastern des Bundeslandes Niederösterreich mit Plakaten, säumig im Umgang mit Steuergeldern – das sagt der Bericht. (Abg. Rosemarie Bauer: Das war im Burgenland, Frau Kollegin!) Der Bericht spricht tatsächlich eine klare Sprache, und die Latte der Versäumnisse des Landes Niederösterreich ist lang und nicht zu akzeptieren. Ja es zieht sich wie ein Faden durch dieses Bundesland, ich denke auch an die Säumigkeit in Bezug auf die Problematik der Nebenbahnen, Frau Kollegin Bauer, auch da ist Aktivität gefordert. Sorgfältiger, effizienter und sparsamer Umgang mit öffentlichen Geldmitteln ist gefragt, und es gilt deshalb Ihr Motto, Frau Kollegin: Messen Sie uns an den Taten und nicht an den Worten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Ja, das ist auch richtig!)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.

14.36

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Herr Fiedler! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Binder: "Herr Rechnungshofpräsident"!) Frau Lichtenberger! Heute, muss ich ehrlich sagen, kann ich wirklich komplett mit Ihnen konform gehen, obwohl Sie nicht im Ausschuss waren. Heute bin ich mit Ihnen ganz auf einer Linie.

Vorerst möchte ich mich auch herzlich beim Herrn Fiedler bedanken, weil ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass der Rechnungshof auch diese Angelegenheit prüft. Grundsätzlich muss man sagen, dass der Rechnungshof keine Preisabsprachen feststellen konnte. Das ist auch sehr schwierig, weil das sehr oft nicht einmal den Gerichten gelingt.

Was aber ganz klar aufgezeigt wurde, das sind grobe Verstöße gegen das Vergaberecht, nicht vorhandene Transparenz bei Vergabeverfahren und Abrechnungsmängel. Und wer ist dafür zuständig? – Die Länder sind dafür zuständig! (Abg. Edler: Und die politische Verantwortung?) Ich darf Ihnen sagen, ich war heute Vormittag bei der Frau Minister, und die hat mir gesagt – weil Sie behauptet haben, es sei ihr kein Anliegen –: Wenn das in Zukunft so ist, dann wird es zu finanziellen Konsequenzen seitens der Ministerin kommen. Das hat sie ganz klar gesagt. Der Frau Minister ist es auch ein Anliegen, dass man die Kollaudierungen in der Frist macht, weil wir draufgekommen sind, dass man von möglichen 33 Millionen Schilling, die man zurückfordern hätte können, leider nur 5 Millionen Schilling bekommen hat, weil zu spät kollaudiert wurde, also die Frist versäumt wurde. Das wollte ich Ihnen sagen.

Noch einmal zum Bericht, weil mir da ein Satz ganz gut gefallen hat: Das zuständige Amt der Niederösterreichischen Landesregierung sichert die kurzfristige Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes zu. – Es bleibt zu hoffen, dass Herr Pröll das auch macht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Binder: Da werden wir aufpassen!)

14.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

14.39

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn man sich die Rechnungshofberichte zu den verschiedenen Baubereichen in unserem Land ansieht, dann beschleicht einen wirklich ein etwas mulmiges Gefühl. Da kann ich mich nur meinen Vorrednerinnen und meinem Vorredner anschließen.

Das ist auch beim vorliegenden Bericht zum Bundesstraßenbau der Fall, wo das Land Burgenland die Projekte vergeben und abgewickelt hat. Da wurde zum Beispiel ein und dasselbe


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Straßenstück zweimal hintereinander ausgeschrieben, und obwohl zwischen den beiden Ausschreibungen mehr als ein Jahr lag, boten exakt dieselben Firmen wieder an, und natürlich war auch die Reihenfolge der Bieterfirmen genau die gleiche wie beim ersten Mal. Nur der Preis, geschätzte Damen und Herren – man höre und staune! –, war jeweils um 20 Prozent höher. Aber den zuständigen Beamten in der Burgenländischen Landesregierung ist das nicht aufgefallen, und auch dem zuständigen Landesrat in der Burgenländischen Landesregierung ist das nicht aufgefallen.

Dass Ausschreibungsunterlagen manchmal verschwinden und manchmal auch nachgebessert beziehungsweise ausgebessert wurden – dieser Vorwurf des Rechnungshofes blieb ebenfalls unwidersprochen.

Ich will hier nicht zu weit ausholen, geschätzte Damen und Herren, denn wir wissen mittlerweile alle, dass dort, wo private Bauwirtschaft und öffentliche Auftraggeber zusammenkommen, besondere Spielregeln gelten müssen. Ich bin daher sehr froh über die ständigen Kontrollen durch den Rechnungshof in diesem Bereich. Dem Präsidenten möchte ich versichern, dass diese Arbeit wesentlich zum Funktionieren unseres Staates beiträgt. Ich darf mich daher wieder einmal von dieser Stelle aus bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, und bei Ihren Beamten aufrichtig bedanken. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wo die Kontrolle versagt, versagen doch bald auch die Verwaltung und die Wirtschaft.

Geschätzte Damen und Herren! Das zweite Element, das Verfilzung von Wirtschaft und Verwaltung verhindert, ist der demokratische Wechsel der handelnden Personen. Die Proporzregierungen, die in den Bundesländern viele Bundeskompetenzen ausüben, verhindern diesen Wandel. Hier ist endlich mehr Flexibilität gefordert. 55 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sollten wir dem demokratischen Wechselspiel auch in den Bundesländern eine reelle Chance geben.

Noch einen Schluss können wir ziehen: Eine Verwaltung soll nicht nur stabil sein, sie muss sich auch weiterentwickeln können. Aus diesem Grund müssen und werden wir auch die Verwaltungsreform weiter vorantreiben. Mögen die Widerstände noch so groß sein, wir lassen uns sicher nicht beirren, weil wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

14.42

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, die wesentlichen Fakten dieses Berichtes wurden angesprochen. Dem Präsidenten und den Kolleginnen und Kollegen des Rechnungshofes wurde Dank ausgesprochen. Dem möchte ich mich anschließen, denn der Bericht ist wirklich eine gute Grundlage, um Position beziehen zu können beziehungsweise wichtige Informationen zu erhalten.

Meine Damen und Herren, insbesondere die Damen und Herren von der ÖVP! Sie waren in den letzten Jahren verantwortlich in diesem Bereich, von 1994 bis 1996 ist auch stichprobenartig geprüft worden. Auch der derzeitige Bundeskanzler Dr. Schüssel, damals als Wirtschaftsminister für Straßen zuständig, ist mit verantwortlich.

So rosig, meine Damen und Herren, fällt dieser Bericht nicht aus. Da geht es ja "nur" um 50 Millionen Schilling oder vielleicht 100 Millionen Schilling, die man hätte einsparen können, wenn man besser koordiniert hätte, wenn man auch die Länder kontrolliert hätte. Es sagt auch niemand, dass der zuständige Bundesminister oder die Bundesministerin nicht aufgefordert ist, Kontrollinstanzen des Bundes einzuziehen. Im Zusammenhang mit Ausschreibungen, Bestbietermodell beziehungsweise -nichtmodell wäre Wesentliches einzusparen gewesen.

Es ist bedauerlich, dass die zuständige Ministerin Forstinger heute nicht anwesend ist, zumal hier doch auch neue, aktuelle verkehrspolitische Fragen angesprochen worden sind. Und es ist


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zu hinterfragen, meine Damen und Herren! Ich will jetzt nicht persönlich Position gegen ein Bundesland beziehen – das Bundesland Kärnten ist genauso berechtigt, seine Bauvorhaben, sei es jetzt im Rahmen der Bahninfrastruktur oder auf der Straße, umzusetzen, das ist überhaupt keine Frage –, aber wenn die Frau Ministerin den Sparstift ansetzt und Projekte, die ausgeplant sind, für die auch Finanzierungszusagen vorhanden sind, komplett außer Kraft setzt, was den österreichischen Staat und die Steuerzahler wahrscheinlich nicht nur Millionen, sondern Milliarden kosten wird, dann ist das ein politischer Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Bauer hat davon gesprochen, dass die Landeshauptleute der Ostregion, Häupl, Pröll und der neue Landeshauptmann des Burgenlandes, besonders gute Kontakte haben und an einem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sehr interessiert sind. Dann können sie doch einen Stopp für diese Ausbauten nicht zur Kenntnis nehmen, weil nämlich diese Ausbauten unbedingt notwendig sind, wenn wir die Osterweiterung positiv umsetzen wollen.

Als Wiener Abgeordneter – im Übrigen haben Sie sich, Frau Kollegin Bauer, versprochen: Es ist nicht die A 4, sondern die A 5! – sage ich Ihnen Folgendes – Frau Lichtenberger wird etwas dagegen haben, aber sie kennt wahrscheinlich die Verkehrssituation links der Donau nicht –: Wir leben mit dem täglichen Stau, wir können nicht einfahren, und wir können nicht ausfahren. Wir brauchen unbedingt die Nordostumfahrung! Und ich sage Ihnen, aber das soll keine Drohung sein: Links der Donau, in den größten Bezirken Wiens, in Floridsdorf und der Donaustadt wohnen zirka 300 000 Menschen, und wir werden es nicht zur Kenntnis nehmen, dass Landeshauptmann Pröll seine A 5 auf die Südosttangente lenkt, sodass das Fahren dort unmöglich ist! Wir brauchen unbedingt die Nordostumfahrung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht war eine gute Grundlage dafür, auch dieses Thema anzusprechen. – Ich danke nochmals. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

14.47

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist das Bau- und Straßenbauwesen eine durchaus komplizierte Materie und für Uneingeweihte etwas schwer zugänglich. Es ist eine Reihe von Richtlinien und Normen einzuhalten, und man muss durchaus verantwortungsvoll und kompetent agieren. Leider war das, muss man sagen, wenn man sich den Bericht anschaut, im Bundesland Salzburg nicht immer der Fall. Ich habe mir den Rechnungshofbericht in diesem Zusammenhang durchaus genau angesehen: Leistungsverzeichnisse sind unvollständig und ungenau erstellt worden, die Kontrollen durch das Amt der Salzburger Landesregierung waren durchaus mangelhaft, und aus dem Bericht geht auch klar hervor, dass die Mitarbeiter zum Teil Richtlinien, Vergaberichtlinien des Bundes und dergleichen nicht eingehalten haben. Die Salzburger Residenz kann durchaus als Beispiel dafür dienen, wie man Geld liegen lässt oder – sagen wir es so – auch verschwendet.

Daher stellt sich für mich die Frage nach der politischen Verantwortung. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass Einsparungspotentiale, die es eigentlich gibt, auch genützt werden sollten. Die politische Verantwortung liegt natürlich beim zuständigen Mitglied der Landesregierung, und ich glaube schon, dass sich ein Landeshauptmann auf seine Mitglieder in der Landesregierung durchaus verlassen können muss. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Der Herr Präsident des Bauernbundes sagt das richtig.

Für mich interessant war, wie in der Ausschusssitzung Herr Kollege Brix auf Niederösterreich gezeigt hat. Eine Presseaussendung ist zitiert worden, die Herr Kollege Böhacker auch angesprochen hat. Diese Ausschusssitzung und die Presseaussendung des Kollegen Brix weisen das gleiche Muster auf, nach dem dies auch im Untersuchungsausschuss "Euroteam" immer abläuft: zuerst draußen anschütten, und im Ausschuss selbst ist man dann wieder moderat und zugänglich! Aber so ist er, der Kollege Brix, er kann wahrscheinlich nicht heraus aus seiner Haut. Das muss man akzeptieren und zur Kenntnis nehmen.


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Eines aber ist schon klar, meine Damen und Herren: Wer von Niederösterreich redet, sollte vielleicht nach Salzburg oder ins Burgenland schauen, denn wenn man hier vergleicht, dann muss man sagen, in Niederösterreich herrschen ohnehin noch eher selige Zustände. In Salzburg muss sich die Frau Landesrat schon noch dessen bewusst werden, dass sie ihre Funktion als Bauherr mehr als bisher wahrnehmen muss, und zwar nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Ich glaube, dieser Grundsatz muss auch in diesem Bereich gelten.

Positiv sei vermerkt: Man hat in der Ausschusssitzung durchaus das Gefühl gehabt, die berechtigte Kritik des Rechnungshofes ist in Salzburg auf fruchtbaren Boden gefallen. Es ist wirklich versprochen worden, nach vorne zu arbeiten. Ich persönlich hoffe, dass nicht nur Worte gesetzt worden sind, sondern diesen Worten auch Taten folgen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

14.49


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. – Bitte.

14.50

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Kolleginnen und Kollegen! Die grundsätzliche und zentrale Aussage des wertvollen Rechnungshofberichts ist heute schon mehrere Male festgestellt worden: Vergabe- und Abrechnungsmängel böten ein Einsparungspotential von 33 Millionen Schilling allein für wenige Monate, für den Zeitraum, mit dem sich der Bericht befasst hat.

Ich denke, bei der neuen Sparregierung sollten spätestens da die Alarmglocken ganz schön läuten, dies umso mehr, als offensichtlich klar wird, dass sowohl Vertreter der damals zuständigen Regierung – damaliger Minister Schüssel, damaliger Staatssekretär Bartenstein – als auch die heutige Ministerin von ihren Kontrollfunktionen relativ wenig hören und wissen wollen.

Ich war auch einigermaßen über den Ablauf im Ausschuss erstaunt, wo das recht großzügige Agieren von manchen Landespolitikern und dieses saloppe Auslegen des Gesetzes im Bereich der Ausschreibungen und der Zuschlagserteilungen keineswegs irgendwie Kritik von ministerieller Seite fanden.

Zu Niederösterreich wurde ja schon in relativ deutlicher Sprache gesprochen. Mir scheint das in zweierlei Hinsicht sehr bedenklich zu sein. Das eine wurde schon besprochen, und das andere ist: Niederösterreich pocht auf eine Sondersituation. Kollege Kurzbauer hat im Ausschuss gesagt, Niederösterreich habe eine besondere Situation und daher dürfe Niederösterreich auch mehr fordern und mehr bestimmen in der Politik Österreichs. Diese Sonderbefugnisse, die sich Niederösterreich offensichtlich nimmt, erlauben der Landesregierung auch den Durchgriff auf die Bundespolitik und auf die Infrastrukturpolitik Österreichs. So selbständig werkt der offensichtlich mächtigste ÖVP-Bundespolitiker Pröll in den Infrastrukturkompetenzen des Landes und verhindert somit zukunftweisende Infrastrukturpolitik in Österreich. Ich sage nur: Semmeringtunnel. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn dann noch der mächtigste Bundespolitiker der FPÖ auftritt und die Frau Bundesministerin zu sich zitiert, wenn er droht und die Rute ins Fenster stellt, dann wird mir endgültig bang um die Verkehrsinfrastrukturpolitik. (Ruf bei den Freiheitlichen: Fürchten Sie sich nicht!)  – Ich muss mich fürchten, denn die Frau Ministerin hat klar und deutlich darauf reagiert. Sie hat gesagt, es sei kein Problem, es könnten ja alle Landeshauptleute ihre Erfolge so großartig vermarkten wie das "einfache Parteimitglied". Wir hätten nach dieser Ja-nein-/Vielleicht-oder-doch-nicht-Infrastrukturpolitik ihres Vorgängers auf bundesweit durchdachte Infrastrukturpolitik gehofft. Aber sich dann zurückzuziehen und zu sagen, die Darstellung in den Medien stimme nicht, andere Landeshauptleute sollten nicht den Bund als Ausrede dafür hernehmen, dass es kein Geld gibt, lassen wir nicht gelten.

Ich widerspreche von hier aus der Frau Ministerin noch einmal deutlich: Nicht jeder Landeshauptmann kann sich von der Bundesregierung abholen, was er will! Das kann nur einer, weil diese Koalition von seinem Wohlwollen und seiner Befindlichkeit lebt – und das ist das Bedenkliche an dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

14.53

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wende mich zuerst einmal Kollegen Brix zu. Lieber Kollege Brix, anscheinend gibt es zwei Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofes. Ich habe nämlich einen Bericht, der zwar sehr wohl Mängel aufweist, aber was Niederösterreich betrifft, kann ich diesen nicht als vernichtenden oder katastrophalen Bericht sehen.

Zweiter Punkt: Park-and-Ride-Anlagen. – Herr Kollege Brix! Sie haben einige Gemeinden genannt, in denen es nicht möglich ist, Park-and-Ride-Anlagen zu errichten. Ich möchte ganz kurz darauf hinweisen, dass bereits im Jahr 1994 das Land Niederösterreich mit den Bundesbahnen einen Rahmenvertrag über 24 000 PKW-Stellflächen abgeschlossen hat; derzeit werden ungefähr 8 000 genützt. Ich denke, dass es schon auch auf die Initiative der Gemeinde ankommt. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen: Die Stadtgemeinde Neulengbach hat vor ungefähr drei Jahren Verhandlungen mit den ÖBB aufgenommen. Es hat zwar einige Jahre gedauert, aber wir werden heuer im Herbst mit dem Bau von 380 Stellplätzen beginnen.

Grundsätzlich muss ich jetzt an die Adresse der Sozialdemokraten etwas sagen: Sie haben Versäumnisse von Frau Bundesminister Forstinger eingefordert. – Ich darf Sie nur kurz daran erinnern: Seit Anfang der neunziger Jahre, damals noch die Zeit sozialistischer Verkehrsminister, warten wir auf den Bundesverkehrswegeplan! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel: Herr Minister Einem hat laut verkündet: Masterplan, Ausbau des hochrangigen Straßen- und Verkehrsnetzes bis ins Jahr 2015! – Können Sie mir vielleicht sagen, was wirklich umgesetzt worden ist? (Abg. Brix: Schauen Sie einmal nach!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt komme ich aber wieder zurück zum Wahrnehmungsbericht, und ich möchte mich kurz mit einigen Projekten des Hochbaues in Niederösterreich befassen.

Prüfungszeitraum September 1998 bis April 1999: Die Auftragsvergaben erfolgten in den Jahren 1994 bis 1996, und 35 Bauvorhaben wurden geprüft, Prüfungsgegenstand war die ordnungsgemäße Abwicklung der Auftragsvergaben und die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften. Die Prüfung erfolgte mit Hilfe eines EDV-unterstützten Auswahlverfahrens. Es wurden Hauptbauaufträge von über 3 Millionen Schilling und Aufträge an einzelne Professionisten von über 1,5 Millionen Schilling berücksichtigt. Grundsätzlich stellte der Rechnungshof Mängel bei der Vergabe selbst oder infolge von Vergaben betreffend Qualität des Leistungsverzeichnisses fest. Es gab Mängel bei der Angebotseröffnung bezüglich Transparenz und Nachvollziehbarkeit, bei der Angebotsprüfung, zum Beispiel bei der Feststellung des Bestbieters oder auch bei Ausscheiden von Angeboten oder Auftragsabwicklungen.

Ich möchte ein konkretes Beispiel nennen: Bei der Generalsanierung der Weinbauschule Klosterneuburg führten unrichtige Ausschreibungsmodalitäten – so meint der Rechnungshof – zu zirka 1,9 Millionen Schilling an Mehrkosten. Aber positiv zu vermerken ist, dass das Land Niederösterreich sofort aktiv wurde, um diese Mängel zu beseitigen. Es wurde beispielsweise ein Mitarbeiter in der zuständigen Abteilung eigens damit beauftragt, sich intensiv mit der Thematik Vergaben zu befassen. Es wurde weiters ein eigenes Schulungsprogramm für Mitarbeiter installiert. Es wurde auch die Innenorganisation geändert. Es wurden Korrekturlisten mit dem Leistungsverzeichnis beigelegt und so weiter. Viele, viele Maßnahmen wurden gesetzt, damit in Zukunft diese Mängel abgestellt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke dem Rechnungshofpräsidenten und seinen Beamten sehr herzlich für das Aufzeigen dieser Mängel. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte. (Abg. Faul  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wie viele Minuten sind es noch, Herr Präsident?) – Es geht sich aus bis ungefähr 15 Uhr.

14.59

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Sache ist ja vieles gesagt worden, nur in der Dimension, Frau Kollegin Bauer, kann ich Ihnen nicht Recht geben. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Herrn Kollegen Kurzbauer möchte ich sagen: Man kann alles von jener Seite betrachten, die einem gefällt.

Die Kernpunkte in ihrer ganzen Dimension, die wirklich für Niederösterreich sprechen, sind einmal die Vergaben, die ohne Ausschreibung und nur nach der Willkür des Landes Niederösterreich oder nach dem Willen des Landeshauptmannes erfolgten. Es ist festgestellt worden, dass den Zuschlag zum Teil jene Anbieter, deren Angebote dem Inhalt und der Höhe nach auszuscheiden gewesen wären, erhielten und dass dadurch weitere seriöse Bieter ausgebootet wurden. Es waren zum anderen nicht überprüfte Leistungsabwicklungen und ungeklärte Leistungsverhältnisse, die zu hohen Kostenüberschreitungen geführt haben. Und es waren letztlich – und das ist sehr verwerflich für Niederösterreich – Ausschreibungen, die bereits geprüft und vergeben waren, die dann über Interventionen des Landes Niederösterreich oder einiger Städte wiederum an die Zweitbieter bei Mehrkosten von mehr als 30 Prozent vergeben worden sind.

Wenn Sie auch die Beamten in Schutz nehmen, muss ich Ihnen doch sagen, mir ist noch im Kopf, dass Kollege Stipek von Niederösterreich gesagt hat: Wir haben ungeschultes Personal gehabt, das diese Aufträge bearbeiten musste!, und er ein Bekenntnis dazu abgelegt hat, dass man die Mitarbeiter jetzt gezielt schulen wird. Man hat konzediert, dass der Zeitdruck in den Ämtern eine seriöse Bearbeitung dieser Aufträge nicht möglich gemacht hat, woraus die Mangelhaftigkeit in der Baukontrolle resultiere. Und wenn den Verantwortlichen in Niederösterreich gar nichts mehr eingefallen ist, dann haben sie gesagt: Na gut, das schlechte Wetter war eben schuld an den Kostenüberschreitungen bei Bauvorhaben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So wird gearbeitet in einem Bundesland, dessen Landeshauptmann hauptsächlich damit beschäftigt ist, die politischen Fäden in unserem Land zu ziehen, und sich um die innere Organisation seines Landes wahrscheinlich zu wenig kümmert. (Beifall bei der SPÖ.)

15.00

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Walter Tancsits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Gewalt von links" (1840/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf jetzt die Beratungen zum laufenden Punkt der Tagesordnung im Sinne der Ankündigung von heute früh unterbrechen, um die Dringliche Anfrage aufzurufen.

Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 1840/J. Diese wurde inzwischen verteilt und ist allen Abgeordneten zugegangen.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die linksextremistische Szene in Österreich hat seit der letzten Nationalratswahl am 3. Oktober 1999 in bisher nicht bekannter Weise ihre Gewaltbereitschaft unter Beweis gestellt. Dies beweisen die zahlreichen Übergriffe und die in Gewaltexzesse ausufernden Demonstrationen. Vor allem Aktivisten des anarchistisch/autonomen Blockes riefen bereits unmittelbar nach Vorliegen des Ergebnisses der Nationalratswahl 1999 zu Protestaktionen auf. Die linksextremistische


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Szene in Österreich, die zuvor vor allem verbal gegen den Staat und dessen Einrichtungen opponiert hatte, sieht sich offenbar seither veranlaßt, ihre Hemmungen abzulegen und Mittel der Gewalt gegen den Staat und seine Einrichtungen aber auch gegen alle Andersdenkenden einzusetzen. Die Teilnehmer an den Gewaltaktionen und ihre Sympathisanten zeigen dadurch, daß sie sich vom demokratischen Grundkonsens entfernt haben und eine Gefahr für die Demokratie in Österreich darstellen.

Insoweit wurde die Prognose des Staatsschutzberichtes 1999 des Innenministeriums, wonach die neue Regierungskonstellation für das weitere Verhalten der linksextremistischen Szene von besonderer Bedeutung sein werde, noch übertroffen. Leider haben auch die übrigen Ausführungen des Staatsschutzberichtes 1999 im Zusammenhang mit dem Linksextremismus traurige Wirklichkeit erlangt. So ist unter anderem in dem genannten Bericht für 1999 folgendes ausgeführt:

"In diesem Zusammenhang kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich künftig ausländische Gesinnungsgenossen vermehrt für die Unterstützung von Aktionen gewinnen lassen. Dies könnte das Gewaltpotential bei Demonstrationen oder bei Anschlägen erheblich erhöhen. Weiters wäre diesfalls ein Abgleiten von bisher gemäßigten Aktivisten in extreme Kreise nicht auszuschließen. ... Es ist jedoch zu erwarten, daß es auch künftig zu Sachbeschädigungen konspirativ wirkender Klein- und Kleinstgruppen mit anlaßbezogener unterschiedlicher Zielsetzung und Intensität kommen wird."

Bereits in dem vom damaligen Innenminister Schlögl für 1997 erstellten Staatsschutzbericht wird im Zusammenhang mit dem Linksextremismus prognostiziert, daß wegen der persönlichen Kontakte ins Ausland anzunehmen ist, daß bei Veranstaltungen und Kundgebungen auch ausländische Aktivisten mitwirken werden. "Bei derartigen Demonstrationen können gewaltsame Ausschreitungen nicht ausgeschlossen werden, insbesondere dann nicht, wenn Aktivisten aus dem benachbarten Ausland teilnehmen, denen eine höhere Gewaltbereitschaft nachgesagt wird."

Genährt wird die Szene durch die Druckwerke des linksextremen Spektrums "TATblatt" und "Akin". Immer wieder wird in diesen Blättern zu Gewalt aufgerufen! So beinhalteten die TATblätter 2/97 beispielsweise das Angebot zum Kauf von Anschlagsanleitungen und 8/97 und 9/97 Anleitungen zu Sabotageakten.

Als jüngste Auswirkungen dieser permanenten Aufrufe zu Gewalt gab es in der Nacht von 31.12.2000 auf 1.1.2001 einen Brandanschlag auf einen Privat-PKW eines WEGA-Beamten und am 21. und 22.1.2001 Anschläge auf die FPÖ-Lokale im 3. und 15. Bezirk, wobei das "TATblatt" seine guten Kontakte zur gewaltbereiten Wiener linksradikalen Szene durch die Veröffentlichung eines Bekennerschreibens dokumentierte.

Von Gewalthandlungen und Übergriffen sind auch die Demonstrationen, die seit der Bildung der Regierung laufend stattfinden, geprägt. Eingriffe in Eigentumsrechte, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen stehen auf der Tagesordnung und beweisen, daß das Demonstrationsrecht laufend mißbraucht wird, wie auch nachstehende Beispiele beweisen:

Anfang Februar 2000 wurden die Statue der Pallas Athene vor dem Parlament von mehr als 20 Demonstranten erklettert und beschädigt und Scheiben des Parlamentsgebäudes eingeschlagen.

Am 15. Juni 2000 stürmten Demonstranten das Hotel Marriott, was einen vorzeitigen Abbruch der dortigen Veranstaltung zur Folge hatte.

Am 20. September 2000 zog während einer Sitzung des Nationalrates ein Kundgebungszug vor das Parlament und im Rahmen dieser Versammlung kam es zu Verunreinigungen und Beschmierungen des Parlamentsgebäudes.

Am 20. Oktober 2000 wurde Interessierten die Teilnahme an einer FPÖ-Veranstaltung in der Stadthalle durch Demonstranten gewaltsam verwehrt.


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In den letzten Monaten wurden Gebäudefronten beschmiert, Vandalenakte an Objekten und Denkmälern begangen, Scheiben von Dienstkraftfahrzeugen eingeschlagen, Privatfahrzeuge beschädigt.

Bei zahlreichen dieser Demonstrationen wurden zudem Staatsbürger und Exekutivbeamte durch aggressive Demonstranten angegriffen und beleidigt. Es ist daher nur allzu verständlich, daß die österreichische Bevölkerung sich durch diese Vorgänge zunehmend beeinträchtigt und verunsichert fühlt.

Betrachtet man die gewalttätige Szene näher, so zeigt sich, daß sich diese in letzter Zeit auch verstärkt des Internets bedient. Über die Internetseiten wird vom TATblatt, Checkpoint Austria und anderen linksextremen Gruppierungen zu illegalen und gewalttätigen Demonstrationen aufgerufen. Als Unterstützer und Sympathisanten scheinen immer wieder z.B. KPÖ und Grüne auf. So findet sich beispielsweise auf der Internetseite des TATblattes ein von 11 grünen Abgeordneten zum Nationalrat unterfertigtes Flugblatt, in dem den Teilnehmern der Donnerstagsdemonstrationen dafür gedankt wird, "daß es lebendigen Widerstand gegen diese Regierung und ihr Projekt der autoritären Wende gibt". Die Unterzeichner diese Pamphlets – unter welchen sich auch der Klubobmann der Grünen im Parlament, Univ.-Prof. Van der Bellen, befindet – bringen unmißverständlich zum Ausdruck, daß sie sich auch mit allen Gewaltaktionen, die mit diesen Demonstrationen verbunden waren, implizit solidarisieren.

Die politische Brandmarkung von Personen, die nicht diesem Spektrum angehören, ist allerdings nicht neu. Als 1993 die ersten Briefbombenattentate verübt wurden, wurde durch linke Gruppierungen und Politiker in der Öffentlichkeit ein Klima erzeugt, das verhinderte, Ermittlungen gezielt in alle Richtungen nach ausschließlich kriminologischen Gesichtspunkten aufzunehmen.

Die Folge war, daß jahrelang kriminalistisch unsinnig in die falsche Richtung ermittelt wurde, was nicht nur dem Steuerzahler Millionen Schilling kostete, sondern auch zahlreiche unschuldige Menschen kriminalisierte.

Unterstützt wurden die gezielt falschen Ermittlungen durch eine Reihe von Desinformanten, v.a. aber vom Journalisten Purtscheller, der durch zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern sogar soweit ging, die FPÖ für den Bombenterror der "Bajuwarische Befreiungsarmee" (BBA) verantwortlich zu machen.

Die Desinformanten des Innenministeriums nahmen nicht nur an Gesprächen im Innenministerium selbst teil, sondern hatten auch Zugang zu einschlägigem Aktenmaterial.

Besonders das politische Interesse des damaligen Innenministers Dr. Caspar Einem hatte Vorrang vor dem Interesse der Aufklärung der Bombenattentate. So stellte dieser zunächst entschieden in Abrede, daß die Täter von Ebergassing überhaupt einen politischen Hintergrund hätten, obwohl ihm nachweislich einer der toten Attentäter bekannt war und er um dessen linksextreme politische Einstellung (autonome Hausbesetzerszene im Kirchwegerhaus) wußte. Das Agieren Einems führte letztlich dazu, daß einer der mutmaßlichen Attentäter, der PLO-Angehörige Bassam Al-Taher, ins Ausland abtauchen konnte.

Wie es überhaupt auffällt, daß bisher alle Bombenattentäter, die in diesem Zusammenhang bekannt wurden, politisch links zuzuordnen sind. Nicht nur die Täter von Ebergassing sondern auch Franz Fuchs, der als "ein echter Achtundsechziger" und "politisch eher links" stehend bezeichnet wurde und aus einem erzsozialistischen Elternhaus stammte.

In wenigen Tagen jährt sich der Tag der Bildung der Koalitionsregierung zwischen FPÖ und ÖVP. In den einschlägigen Medien der linksextremistischen Szene wurde bereits auf die Bedeutung dieses Jahrestages hingewiesen und zu verstärkten Aktionen gegen Blau/Schwarz aufgerufen. Eine für den 3. Februar 2001 angekündigte Großdemonstration steht unter dem Motto "1 Jahr Regierung – 1 Jahr Widerstand".


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Die Liste der zu dieser Demonstration aufrufenden Personen liest sich wie das who is who des österreichischen Linksextremismus und seiner Sympathisanten:

"ACUS Arbeitsgemeinschaft Christentum Sozialismus – Aktion kritischer SchülerInnen – Aktionskomitee gegen schwarzblau – AMSand – ANAR Austrian Network against Racism – Antifaschistische Linke AL – Arena – Ast ArbeiterInnenstandpunkt – AUGE / UG – Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit – Bezirkskomitee Ottakring gegen Schwarz Blau – Bokuresist – Botschaft der besorgten BürgerInnen – Brücken für den Frieden – Bunte Demokratie Für Alle (BDFA, AK) – Casa del Pueblo LA. – Der Funke – GEWI – Die Grünen – Die Grünen Frauen – GPA SchülerInnen – GPA StudentInnen /Wien – GRAS – GrünAlternative Jugend Wien – GRUWI – HOSI (Homosexuelle Initiative Wien) – Humanistische Plattform – Initiative TschuschInnenPower – Jugend gegen Rassismus in Europa – Jugendzeitschrift TOPONE – KJÖ/Junge Linke – KPÖ – LehrerInnen für den Friede – Ökoli – Österreichischer Friedensrat – Peter Kreisky als Vorsitzender der Beschäftigten /FSG in der AK – Plattform für Zivildiener – KSV – LILA Linke Liste Alsergrund – Linkswende – Plattform Offenes Kärnten – popo.at – Proj.Koordination/rosaflieder – Radio Orange 94.0 Wien – Resistancewear – REVO – Rosa-Antifa – Roter Letter (OÖ) – Salzburger Plattform gegen Rassismus und Sozialabbau – Schüler-Innen Aktionsplattform – SJ – SLP – SOAL Sozialistische Alternative – SOS-Mitmensch – SP-Frauen – STRV – Soziologie Salzburg – TATblatt – TÜWI – VIRUS – VSStÖ – WILI (Wr. LehrerInneninitiative) – Wiener Friedenbewegung/Friedensbüro Wien – ZIVI-TROJIKA"

Aufgrund der insbesondere im letzten Jahr gewonnenen Erfahrungen ist zu befürchten, daß dieser Jahrestag einen neuen Höhepunkt linksextremistischer Gewalt in Österreich auslösen wird. Es ist zu befürchten, daß die österreichische Bevölkerung mit weiteren Aggressionsakten, wie Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, etc., konfrontiert sein wird.

Es ist daher erforderlich, daß die Sicherheitsbehörden und alle anderen zuständigen Stellen auf allfällige Aktionen in entsprechender Weise vorbereitet sind.

In diesem Zusammenhang richten daher die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR nachstehende

Dringliche Anfrage

1. Wie schätzen Sie die Entwicklung des Linksextremismus in Österreich in den letzten Jahren ein?

2. Trifft es zu, daß linksextremistisch motivierte strafbare Handlungen sich von 1998 auf 1999 mehr als verdoppelt haben? Wenn ja, wie viele Sachbeschädigungen und Körperverletzungen gab es, welcher Art waren diese und in welcher Höhe belaufen sich diese? Wie sieht diese Entwicklung seit 1999 aus?

3. Welche Publikationen der linksextremistischen Szene sind Ihnen bekannt und wie bzw. von wem werden diese Publikationen Ihrer Kenntnis nach herausgegeben bzw. finanziert?

4. Ist Ihnen bekannt, daß Publikationen der linksextremen Szene durch das grüne Bildungswerk bzw. andere Vorfeldorganisationen der Grünen und der SPÖ mitfinanziert werden (z.B. durch Inserate)? Wenn ja, inwieweit und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

5. Werden die Zeitschriften "TATblatt" und "Akin" von Ihrem Ressort regelmäßig auf ihre extremistischen/staatsgefährdenden/kriminellen Inhalte überprüft? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

6. Wie viele Demonstrationen fanden in Österreich seit Jänner 2000 bis dato statt?

7. Wie viele dieser Demonstrationen waren angemeldet, wie viele unangemeldet?


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8. Welche Veranlassungen haben die Sicherheitsbehörden in den Fällen der unangemeldeten Demonstrationen getroffen und welche werden sie in Hinkunft treffen?

9. In welcher Art und bei wie vielen dieser Demonstrationen kam es bis dato zu (gewaltsamen) Ausschreitungen?

10. Wie viele Personen wurden im Zuge dieser Demonstrationen insgesamt bzw. bei den Donnerstagsdemonstrationen verletzt? Wie viele der Verletzten waren Exekutivbeamte, Demonstranten oder unbeteiligte Personen und um welche Verletzungen handelte es sich dabei?

11. Wie oft kam es im Zuge der Donnerstagsdemonstrationen zu Übergriffen oder Bedrohungssituationen für Passanten oder Hausbewohner?

12. Kam es im Zuge der Donnerstagsdemonstrationen zu Sachbeschädigungen, wenn ja, welcher Art waren diese, wie viele waren es und mit welcher Schadenshöhe?

13. Welche Gegenstände wurden von den Demonstranten als Wurfgeschosse verwendet und wurden bei den Demonstrationen auch Waffen, z.B. Leuchtpistolen oder Schlagstöcke, eingesetzt? Wenn ja, welche und wie viele?

14. Wurden bei den Demonstranten gefährliche Gegenstände oder Drogen beschlagnahmt? Wenn ja, um welche gefährlichen Gegenstände oder Drogen handelte es sich dabei?

15. Wie viele Demonstranten wurden seit Jänner 2000 bei den Demonstrationen insgesamt bzw. bei den Donnerstagsdemonstrationen bisher verhaftet und angezeigt? Wie viele sind als Berufsdemonstranten zu qualifizieren?

16. Wie viele Exekutivbeamte waren bei diesen Demonstrationen bisher im Einsatz?

17. Wie hoch sind die Mehrkosten, die allein aufgrund der seit Regierungsantritt ständig stattfindenden "Donnerstags-Demonstrationen" entstanden sind?

18. Wie hoch ist der Gesamtschaden, der durch die regierungsfeindlichen Demonstrationen bisher insgesamt entstanden ist?

19. Welche Kosten verursachten diese Demonstrationen bisher (gegliedert nach Personal- und Sachkosten)?

20. Welches Areal umfaßt die gem. § 7 Versammlungsgesetz normierte Bannmeile von 300 m um das Parlament?

21. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus, daß die Bannmeile bei den Demonstrationen immer wieder verletzt wurde?

22. Befindet sich die sogenannte "Botschaft der besorgten Bürger" auf dem Heldenplatz innerhalb der sogenannten Bannmeile? Aufgrund welcher Genehmigungen wurde dieses Objekt errichtet?

23. War die Gegenkundgebung zur Veranstaltung der Freiheitlichen Partei in der Wiener Stadthalle am 20. Oktober 2000 angemeldet? Wenn ja, wer waren die Veranstalter, der Leiter bzw. die bestellten Ordner dieser Gegenkundgebung?

24. Sind der Leiter bzw. die Ordner der obengenannten Gegenkundgebung, den gesetzwidrigen Handlungen am 20. Oktober 2000 entgegengetreten? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?

25. Welchen Ermittlungsstand gibt es in Ihrem Ministerium bezüglich des in der Nacht vom 31.12.2000 auf 1.1.2001 verübten Brandanschlages auf den Privat-PKW eines WEGA-Beamten in Wien bzw. bezüglich der Anschläge auf die FPÖ-Lokale im 3. und im 15. Bezirk?


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26. Wurden gegenüber dem linksextremen Druckwerk "TATblatt" im Zusammenhang mit den abgedruckten Bekennerschreiben zu dem Brandanschlag auf den Privat-PKW des WEGA-Beamten und zu den Anschlägen auf die FPÖ-Lokale im 3. und im 15. Bezirk Schritte gesetzt? Wenn ja, welche?

27. Welche Vorbereitungen bzw. Maßnahmen werden für die am kommenden Wochenende geplanten Großdemonstrationen getroffen, um die österreichische Bevölkerung vor allfälligen Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen schützen zu können?

28. Treten Sie dafür ein, daß in Hinkunft Personen, deren Aufmachung darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern, die Teilnahme an Demonstrationen verboten sein soll ("Vermummungsverbot")? Wenn ja, wann werden Sie diesbezügliche Maßnahmen setzen? Wenn nein, warum nicht?

In formeller Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 1 GOG als dringlich zu behandeln."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Partik-Pablé, wollen Sie beginnen oder sollen wir auf den Herrn Bundesminister warten? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir warten auf den Herrn Minister, bitte! Es ist ja immerhin eine Anfrage an ihn!)

Also ich nehme an, dass der Herr Bundesminister jeden Moment eintreffen wird, und daher unterbreche ich ganz kurz die Sitzung.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Herr Bundesminister Dr. Strasser ist eingetroffen, und daher kann ich Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé als erster Fragestellerin nach § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung das Wort erteilen, wobei die Redezeit mit maximal 20 Minuten begrenzt ist. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.02

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! 1997 hat Innenminister Schlögl im Staatsschutzbericht zum Thema Linksextremismus geschrieben:

Auf Grund der schwach organisierten Gesamtstruktur der linksextremen Szene, die hauptsächlich auf Kleingruppenarbeit aufbaut, ist derzeit nicht mit einer unmittelbaren Gefährdung der Demokratie und der Schädigung des Ansehens Österreichs zu rechnen. – Zitatende.

Mittlerweile hat sich diese Situation ganz grundlegend geändert, denn mittlerweile hat sich die linksextreme Szene in Österreich zu einer wirklich gewalttätigen Szene entwickelt, und natürlich ist jetzt auch eine Schädigung des Ansehens Österreichs mit diesen Demonstrationen, mit diesen Ausschreitungen, verbunden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Als es weder der SPÖ noch den Grünen gelungen ist, durch Vernadern, durch Diffamieren, durch Miesmachen im Ausland diese Bundesregierung, bestehend aus der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei, abzusetzen oder überhaupt zu verhindern, da wurde das politische Klima so aufgeheizt, dass heute das politisch motivierte Randalieren zur Regel geworden ist. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich benütze mit Absicht das Wort "randalieren", denn Übergriffe, Ausschreitungen von Demonstrationen auf das Hotel Marriott, wo eine Veranstaltung der Nationalbank stattfindet, oder ein Erstürmen der Pallas Athene ... (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein alter Hut!)  – Sie sagen, es ist ein "alter Hut", aber es ist trotzdem ungemein problematisch, wenn in einer Demokratie eine Nationalbank-Veranstaltung nicht in Ruhe stattfinden kann, sondern Demonstranten diese Veranstaltung stürmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Das hat nämlich nichts mehr mit der Ausübung des Demonstrationsrechts zu tun, sondern das ist ganz einfach die Anwendung von purer Gewalt aus politisch motivierter Aktion heraus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bekenne mich zum Demonstrationsrecht, damit kein Zweifel bleibt (Abg. Silhavy: Aber Sie bestimmen, wer darf!), aber ich verurteile alle Demonstrationen, bei denen es zu Gewaltanwendungen kommt, bei denen es zu Ausschreitungen kommt. – Frau Silhavy, Sie nicken, aber Sie wissen ganz genau, dass es bei sehr vielen Demonstrationen zu Ausschreitungen, zur Behinderung des Versammlungsrechts, zur Beeinträchtigung der persönlichen Sphäre von Menschen gekommen ist. Wenngleich Sie sich hier im Parlament – und da deute ich schon auf Sie von der Sozialistischen Partei und auf Sie von den Grünen – in Sonntagsreden immer als erstklassige Demokraten, als Träger von Toleranz und Verständnis gerieren, sind doch Sie es, denen diese Begriffe Fremdwörter sind, wenn es darum geht, Ihre politischen Ziele durchsetzen zu wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich erinnere Sie – auch Sie, Frau Silhavy –: Am 20. Oktober 2000 hält die Freiheitliche Partei in der Stadthalle eine ordnungsgemäß angemeldete Kundgebung für ihre Mitglieder ab. Diese Kundgebung wird von 800 Demonstranten gestört, und zwar in der Art gestört, dass es zu einer Behinderung jener Personen gekommen ist, die zu der Veranstaltung gehen wollten. Die Leute sind teilweise eingekesselt worden, belästigt worden, misshandelt worden. Einem Polizisten ist eine Bierflasche an den Kopf geworfen worden, der Zugang zur Halle ist von den Demonstranten abgeriegelt worden. Schließlich ist ein Holzscherengitter in Brand gesteckt, sind Transparente, Papier und so weiter verbrannt worden und ist damit auf die Besucher geworfen worden!

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer steht an der Spitze dieser Demonstration vor der Wiener Stadthalle? – Niemand anderer als die stellvertretende Klubobfrau Madeleine Petrovic! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja unerhört! Einer gewalttätigen Demonstration Hilfestellung leisten! Distanzieren Sie sich!) Unterstützt wurde sie auch von der Sozialistischen Jugend, Vertreter dieser Organisation waren ebenfalls Teilnehmer an der Demonstration. Frau Petrovic, die hier immer wieder Demokratie einfordert, moralisierend mit dem Finger zeigt, hat gefordert: keinen Millimeter Platz zu machen für diejenigen, die an der Veranstaltung teilnehmen wollen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Behinderung des Versammlungsrechts, das auch für die Freiheitlichen gelten muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hier im Parlament reagieren Sie ungemein empfindlich – sowohl SPÖ als auch Grüne. Der kleinste verbale Verstoß wird schon angeprangert, geahndet und so weiter. Aber bei den Demonstrationen, die Sie unterstützen, da fliegen die Fetzen, da kennen Sie überhaupt keinen Pardon! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Unterschied ist, dass sie keinen Helm aufgehabt hat! Der einzige Unterschied!)

Leider ist Frau Petrovic nicht da (Abg. Öllinger: Sie hört Sie!), denn sie hat uns ja gestern ein schönes Beispiel für ihre Empfindlichkeit hier im Parlament geliefert. Meinem Kollegen Firlinger hat sie zum Vorwurf gemacht, dass er zu einer Kollegin gesagt hat, sie hätte sich nicht schlau gemacht. Frau Petrovic hat gesagt, das sei Mobbing, das sei sexistisch, das sei sogar faschistisch, und was weiß ich noch alles.

Aber diese Frau Petrovic ist die Einpeitscherin bei den Demonstrationen gegen das Versammlungsrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Petrovic unterstützt durch ihre Anwesenheit gewalttätige Demonstrationen, aber im Parlament regt sie sich darüber auf, wenn jemand sagt, es habe sich jemand anderer nicht schlau gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Tag der Angelobung der Regierung, am 4. Februar 2000, werfen 2 000 Demonstranten Steine, Eier und Flaschen, um die Angelobung der rechtmäßig zustande gekommenen Bundesregierung zu verhindern. Und wer steht mitten unter ihnen? – Die stellvertretende Klubobfrau Petrovic, meine sehr geehrten Damen und


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Herren! Frau Petrovic ist leider nicht da (Abg. Ing. Westenthaler: Sie weiß, warum!), aber ich möchte ihr sagen: Wir brauchen keine Lektionen von Frau Petrovic, sondern Frau Petrovic muss Lektionen in Demokratie, in Toleranz, im Verständnis für politisch Andersdenkende nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Heute hat Frau Abgeordnete Petrovic (Abg. Öllinger: Da können Sie wirklich noch etwas lernen!)  – Sie kommen ohnehin dann dran, ich höre Sie jetzt nicht – Herrn Bundesminister Molterer vorgeworfen, er hätte sich mit einem Schweinezüchter fotografieren lassen, der angeblich auch Hormoninjektionen verwendet, und hat gemeint, das indiziere, dass der Minister mit diesen Methoden einverstanden ist. – Ja vergisst denn Frau Petrovic ganz, dass das, was sie macht, nämlich an der Spitze von gewalttätigen Demonstrationen zu stehen, genau dasselbe indiziert, nämlich dass sie gemeinsame Sache mit den Demonstranten, mit den Gewalttätigkeiten macht?! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein prominenter Grüner, ein Grüner der ersten Stunde, Herr Günter Ofner, sagt: An diesen gewalttätigen Demos nehmen immer wieder Abgeordnete und Aktivisten der Grünen teil. Diese Demonstrationen werden von einem kommunistischen Funktionär organisiert.

Günter Ofner sagt des Weiteren – Zitat –: "Nach der Verdrängung der letzten bürgerlichen Grünen sind nun die Linken in der Partei ‚Die Grünen‘ unter sich. Von der Ökologie ist wenig übriggeblieben. Die gesellschaftsverändernde Politik marxistischer Prägung dominiert."

Er sagt auch noch Folgendes – ich zitiere –: "Die gewaltbereite linksautonome Szene wird nun offen unterstützt."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Grüner der ersten Stunde. (Abg. Edlinger: Wer ist das?)  – Er war Generalsekretär bei den Grünen, Herr Edlinger.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! "Die gewaltbereite linksautonome Szene wird nun offen unterstützt." – Das sagt ein Grüner! Aber diese linksautonome Szene ist nicht mehr eine schwach organisierte Kleingruppe – nein!  –, sondern das ist eine gewaltbereite Szene, und diese linksautonome Szene ist durch die Unterstützung der politischen Parteien SPÖ und Grüne, die hier im Parlament sitzen, zu einer großen, zu einer gefährlichen Bewegung geworden, zu einer Bewegung, die dem Ansehen Österreichs im Ausland schadet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Das ist ja unerhört!)

Diese Unterstützung äußert sich, indem Abgeordnete Ihrer Partei daran teilnehmen, indem immer wieder behauptet wird, das seien eigentlich ohnehin alles friedvolle Demonstrationen. Das wird zum Beispiel von Frau Stoisits immer wieder behauptet.

Ich nenne einige Zahlen: Über 80 verletzte Polizeibeamte (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ihr egal!), 800 Sachbeschädigungen, ein Schaden im Ausmaß von 50 Millionen Schilling ist dadurch bereits entstanden. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sind die "friedlichen" Demonstrationen!) Das sind doch, bitte, keine friedlichen Demonstrationen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ und Grüne –: Der Joschka Fischer hätte eine Freude mit euch!)

Aber Sie dürften ja überhaupt ein gestörtes Verhältnis zur Gewalt haben. Das sieht man vor allem dann, wenn man die Berichterstattung in den deutschen Medien verfolgt. Das, was dort passiert, ist Ihnen nicht fremd. (Abg. Öllinger: Ich kenne Sie besser! Warum müssen Sie so etwas erzählen?)

Herr Abgeordneter Öllinger! Die Gewalt ist Ihnen nicht fremd! Man muss sich einmal vor Augen halten, welche Vergangenheit der Außenminister Deutschlands, Joschka Fischer, der ja eine Gallionsfigur der Grünen ist, hat. Das ist Ihr politischer Freund, das ist Ihr politischer Genosse, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Ziehvater!)

Dieser Außenminister wird verdächtigt, Molotow-Cocktails geschossen zu haben. Erwischt wurde er, als er mit der Faust auf einen Polizisten geschlagen hat, und zwar in Gesellschaft von


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einem, der zugibt: "Da haben wir hingehauen wie die Kesselflicker!" – Das sind Ihre Freunde in Deutschland! Das sind Ihre Vorbilder, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bin wirklich sehr erstaunt (Abg. Öllinger: Ich auch – über Sie nämlich!) über das, was Herr Van der Bellen in der "Pressestunde" gesagt hat, als er mit dem Vorleben des Herrn Bundesminister Fischer konfrontiert worden ist. Da haben Sie, Herr Abgeordneter, gemeint, er habe nur sein Demonstrationsrecht ausgenützt.

Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen, ist das Ihre ganze Stellungnahme zu dem gewalttätigen Vorleben Ihres grünen Bundesgenossen? Fällt Ihnen nicht mehr ein, als dass er das Demonstrationsrecht ausgenützt hat? – (Abg. Dr. Petrovic wendet sich dem neben ihr sitzenden Abgeordneten Dr. Van der Bellen zu und teilt ihm etwas mit.) Frau Petrovic! Sie brauchen dem Herrn Van der Bellen nicht zu soufflieren! Distanzieren Sie sich einmal von den gewalttätigen Demonstrationen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Van der Bellen und auch Frau Petrovic! Es ist höchst an der Zeit, dass Sie sich endlich einmal von den gewalttätigen Demonstrationen distanzieren! (Abg. Schwemlein begibt sich zu den Grünen und spricht mit diesen.) Jetzt kommt schon Schützenhilfe von der SPÖ. Ich glaube, dass Herr Van der Bellen endlich einmal Farbe bekennen soll! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Van der Bellen! Was sagen Sie zu den Demonstrationen in Wien, bei denen Parolen ausgegeben werden wie – ich lese Ihnen ein paar vor –: "Schießt mit Raketen auf die Bullen! Was habt Ihr noch zum Schmeißen? Nehmt alles, was ihr findet könnt, Steine oder Flaschen, Wurscht was!" (Die Rednerin hustet. – Abg. Dr. Kostelka: Da wird man heiser bei solch einem Text! Das verstehe ich!)  – Das sind die Demonstrationen, die von Ihnen, die von Frau Petrovic politisch unterstützt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das ist ziemlich jenseitig!)

Das ist nicht mehr zum Lachen, und das ist auch nichts mehr zum Schweigen! Ich warte wirklich auf Ihre Erklärung. Versuchen Sie uns nicht weiszumachen, dass Sie nicht wissen, welche Gewaltanwendungen da im Spiel sind.

Herr Van der Bellen! Sie machen ja nach außen hin eine schlaue Politik: Sie schauen immer sehr soft drein, lächeln immer (Abg. Mag. Trattner: So soft ist der Herr Van der Bellen nicht!)  –, aber Ihr wahres Gesicht läßt sich erahnen, wenn man sieht, wie Sie zur Gewalt stehen. Sie distanzieren sich nämlich ganz offenbar nicht von der Gewalt, die von einer Richtung kommt, die Ihnen genehm ist, nämlich von der linken Seite!

Wir stehen auf dem Standpunkt, dass man jede Gewalt ablehnen muss, egal ob sie von rechts oder von links kommt. Doch dieses Bekenntnis vermisse ich bei Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hinter Ihnen, Herr Abgeordneter Van der Bellen, steht Frau Petrovic ... (Abg. Dr. Kostelka: Können Sie zu Ihrer heutigen Dringlichen auch etwas sagen? Wie ist das so mit der Sache?) – sie steht hinter ihm in der Rangordnung des Klubs –, die immer mit dem Finger zeigt (Abg. Dr. Kostelka: Ich möchte wissen, worum es bei der Dringlichen geht!), die immer moralisierend herumrennt, die aber bei den Demonstrationen einpeitscht (ironische Heiterkeit bei den Grünen), die auch dabei ist, wenn es darum geht (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), die Rechte der Versammlungsteilnehmer zu beschneiden, und die zum Widerstand gegen eine legitime Regierung aufruft. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Petrovic! Wissen Sie, was? Sie können lachen, so viel Sie wollen! Aber das ist in Wirklichkeit nicht zum Lachen, wissen Sie das?! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Ist das Gegenstand der Bundesvollziehung: das Lachen der Frau Petrovic? Ich hätte gerne gewusst, worum es in diesem Zusammenhang geht!)

Ein weiteres Mitglied Ihres Klubs, Herr Van der Bellen, das ist Herr Pilz. (Oh-Rufe bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Kostelka: Sagen Sie einmal etwas zur Sache? – Zwischenruf der


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Abg. Mag. Stoisits. ) Herr Pilz, dessen politische ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es ist jetzt die Rednerin am Wort – egal, ob man mit ihr einverstanden ist oder nicht! Zwischenrufe sind legitim, aber sie sollen nicht alle gleichzeitig erfolgen.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich kann mir schon vorstellen, dass Ihnen das unangenehm ist. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Kostelka: Ich möchte wissen, worum es geht!)  – Herr Abgeordneter Kostelka, Sie haben offensichtlich die Dringliche Anfrage noch nicht gelesen. (Abg. Dr. Kostelka: Bei Ihrem Text kein Wunder! Sie sagen ja nicht, worüber Sie diskutieren wollen!) Sie horchen mir offensichtlich die ganze Zeit nicht zu (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), denn sonst wüssten Sie, dass wir über die gewalttätigen Demonstrationen reden! (Abg. Dr. Kostelka: Sie reden von Petrovic und Van der Bellen!)

Horchen Sie zu! Die Sozialisten sind ja auch dabei. (Neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Wir fürchten ja, dass am Samstag bei der großen Demonstration, zu der Sie wieder aufgerufen haben ... (Abg. Dr. Kostelka: Ich bin Waldviertler!)  – Herr Kostelka, Sie wohnen im Waldviertel, das kann schon möglich sein, aber aufgerufen haben dazu Teile der SPÖ. Es haben dazu aufgerufen die "Sozialistischen Frauen", die KPÖ, der VSStÖ, und all diese werden wieder gegen eine rechtmäßig eingesetzte Regierung demonstrieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Kostelka: Ich habe gedacht, Sie sind für das Demonstrationsrecht!)

Ich bin für das Demonstrationsrecht, aber ich bin nicht für Ausschreitungen bei den Demonstrationen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. )

Herr Kostelka! Der Großteil dieser 200 Demonstrationen ist nicht angemeldet und damit rechtswidrig. Aber Sie unterstützen diese Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen. Genau dagegen sind wir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundesminister für Inneres zu Wort. Ihre Redezeit, Herr Minister, soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Am Wort ist der Herr Innenminister. (Abg. Dr. Kostelka: Ich möchte wissen, ob das Lachen des Van der Bellen Gegenstand der Bundesvollziehung ist!)

15.19

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor ich auf die an mich gerichteten Fragen im Einzelnen eingehe, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf einige Grundsätze lenken, die wir bei der Handhabung von Demonstrationen beachten, und Ihnen die Merkmale des österreichischen Weges, wie er in ganz Europa inzwischen Beachtung findet – ganze Delegationen kommen zu uns nach Wien, um ihn zu studieren –, darlegen, nämlich die Handhabung der Demonstrationsfreiheit im Sinne eines rot-weiß-roten Ministeriums und auch die Handhabung des Schutzes der Bevölkerung und der Institutionen der Republik Österreich, die uns anvertraut sind.

Diese Merkmale und die Grundsätze lassen sich in einem Satz zusammenführen, der heißt: friedliche Kundgebungen ja, Blockaden nein! Unter diesem Rechtsgrundsatz machen wir unsere Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Schieder und Dr. Kostelka. )

Wir machen das nicht nur deshalb, weil es der österreichischen Rechtsordnung voll entspricht, sondern auch deshalb, weil wir keine Bilder über und von Österreich wollen, wie wir sie alle vierzehn Tage aus Berlin, aus Prag, aus Nizza, aus Paris oder von wo immer zu sehen bekommen. Wir wollen keine blutigen Straßenschlachten, wir wollen keine Massenkrawalle, sondern wir


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wollen ein Klima der Deeskalation und dabei einen österreichischen Weg gehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist in Österreich verfassungsrechtlich garantiert, und zwar im Staatsgrundgesetz aus dem Jahre 1867 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1958, die in unsere Verfassung voll integriert wurde.

Das in der österreichischen Bundesverfassung verankerte Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist als eines der höchsten demokratischen Güter voll zu respektieren. Eingriffe in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sind nur in dem vom Versammlungsgesetz und von der Menschenrechtskonvention gezogenen Rahmen möglich. Dazu gehört eine sorgfältige Abwägung der jeweils berührten und geschützten Interessen.

Nun zu einigen Sachgebieten, die – manchmal auch durchaus zu Recht und verständlicherweise – bei einigen Bevölkerungsgruppen zu Diskussionen und zu Sorgen führen. Zum Beispiel die Frage: Warum werden nicht angezeigte Demonstrationen nicht aufgelöst?

Die Unterlassung der Anzeige einer öffentlichen Versammlung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist für sich alleine noch nicht die Grundlage für eine Untersagung oder Auflösung der Versammlung, wohl aber für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe. Für die Untersagung oder für die Auflösung einer unangemeldeten Versammlung müssen immer zusätzliche Umstände vorliegen, etwa die Gefährdung von Schutzgütern, die im Versammlungsgesetz und in der Menschenrechtskonvention auch genannt werden.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die zuständigen Behörden ihre Entscheidungen ausschließlich auf Basis der maßgeblichen Rechtslage treffen und getroffen haben, und das nach einer sehr sorgfältig durchgeführten Interessenabwägung. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Kundgebungen haben ein Anrecht auf Schutz, wenn sie friedlich durchgeführt werden und ordnungsgemäß angemeldet sind. Damit sind gemeint die friedlichen Kundgebungsteilnehmer, auch Parteiveranstalter, und unter anderem besorgte Bürger, die an unserer Nordgrenze ihr Versammlungsrecht nützen, um auf eine aus ihrer Sicht bedrohliche Situation in unserem nördlichen Nachbarland hinzuweisen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei der SPÖ und den Grünen.)

Bei all diesen Versammlungen, bei all diesen Kundgebungen, bei all diesen Veranstaltungen ist der Spagat zwischen dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und der Wahrung der Rechte und Interessen anderer, nicht Betroffener – wie der Schutz der Gesundheit und der Moral oder der Schutz der Rechte und Freiheiten, aber auch das öffentliche Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Verbrechensverhütung – penibel und genau zu verfolgen.

Wir gehen diesen österreichischen Weg, der, in vier Punkten zusammengefasst, lautet: Friedliche, ordnungsgemäß angezeigte Versammlungen – ja! Gewaltsame Demos oder Straßenblockaden – nein! Das heißt, das Demonstrationsrecht nicht zu beschneiden, aber die Rechte und die Interessen der Bevölkerung, die direkt von den Demonstrationen betroffen ist, weil sie neben dem Stattfindungsort dieser Demonstrationen lebt und arbeitet und wirkt, zu wahren.

Drittens soll durch Gespräche der Behörde mit Veranstaltungsanmeldern darauf hingewirkt werden, dass es zu keinen Totalblockaden kommt, die unbeteiligte Passanten, Menschen auf dem Weg zur Arbeit, Einsatzfahrzeuge oder andere behindern.

Zum Vierten soll es klare Konsequenzen geben, wenn gegen diese Grundregeln verstoßen wird: von der Verhängung der gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungsstrafen bis zur Untersagung einer Versammlung, die zum Schutz der Sicherheit, zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer in unserer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, so wie das im Einzelfall geschehen ist, etwa bei der so genannten Aktion "Checkpoint Austria" – wir konnten das am


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selben Tag hier im Hohen Haus diskutieren – oder auch bei der kürzlich verfügten Platzsperre in Oberlaa.

Zusammenfassend: Gehen wir einen österreichischen Weg der Verhältnismäßigkeit und der Deeskalation, die eine Interessenabwägung zwischen Versammlungsfreiheit und den Interessen anderer Menschen bedeutet! Das ist – und das ist zuzugestehen – eine Gratwanderung, die bisher, davon bin ich überzeugt, mit Fingerspitzengefühl, mit Disziplin und mit konsequentem Einschreiten dort, wo es notwendig war, auch gut gemeistert wurde. Es ist ein gezieltes, maßvolles Einschreiten der Exekutive bei Gewalt und Ausschreitungen. Wie bei jedem Einschreiten gilt auch da das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Wir sind und wollen keine Rambos sein, sondern wir werden dafür sorgen, dass die Menschen in diesem Land auf den Sicherheitsapparat als vertrauensvolle Institution blicken können.

In diesem Zusammenhang gilt mein besonderer Dank für die Abwicklung in dieser Art und Weise in den letzten elf, zwölf Monaten ganz besonders den Führungskräften der Polizei und Gendarmerie, insbesondere dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und dem Polizeipräsidenten von Wien. (Beifall bei der ÖVP sowie bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nun zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage.

Zur Frage 1:

Der Linksextremismus hat sich in Österreich in den letzten Jahren wieder verstärkt aktiviert, wobei insbesondere die Themen Globalisierung, NATO, EU, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie zuletzt die neue österreichische Bundesregierung und die FPÖ angesprochen wurden. Obwohl derzeit das gemäßigte Spektrum bestimmend ist, nützte ein Teil der österreichischen Anarcho- und Autonomen Szene entsprechende Gelegenheiten, um ihr vorhandenes Aggressionspotential auszuleben. (Abg. Ing. Westenthaler: Hört! Hört!) Vorwiegend bei Protesten gegen die Bundesregierung und die FPÖ kam es zu Sachbeschädigungen, und zwar vor allem durch Schmieraktionen, gezielte Provokationen und dergleichen. Die jüngst durchgeführten Brandanschläge sind auf Grund von Bekennerschreiben der linksextremen Szene zuzurechnen. (Abg. Haigermoser: Da schau her!)

Derzeit stellen die linksextremistischen Gruppierungen in Österreich nach wie vor weder hinsichtlich der Zahl noch hinsichtlich des Gewaltpotentials eine akute Gefahr für die staatliche Sicherheit dar. Dessen ungeachtet wird diesem Bereich von den österreichischen Sicherheitsbehörden auch weiterhin ein besonderes Augenmerk zugewendet und die künftige Entwicklung genau beobachtet.

Zur Frage 2:

Ja. Es wurden 1999 16 Sachbeschädigungen, davon 15 Schmieraktionen und ein Steinwurf, verübt, die der linksextremen Szene zugeordnet werden können. Die Höhe des dadurch entstandenen Schadens ist im Detail nicht bekannt. Körperverletzungen wurden in diesem Zusammenhang nicht registriert. Im Jahr 2000 wurde ein weiterer Anstieg strafbarer Handlungen festgestellt. Die exakte Zahl liegt derzeit noch nicht vor.

Zu den Fragen 3 und 4:

Die bekanntesten österreichischen Druckwerke der linksextremen Szene sind das "TATblatt" und das "Akin". Als Herausgeber scheint im Impressum des "TATblattes" die "Unabhängige Initiative Informationsvielfalt" und im Impressum des "Akins" die "Bewegung für Sozialismus" auf. Daneben gibt es noch eine Reihe von Zeitschriften mit vorwiegend regionaler Bedeutung und zumeist unregelmäßigem Erscheinen.

Die Frage der Finanzierung von Publikationen ist für die Sicherheitsbehörden allenfalls im Zusammenhang mit Ermittlungstätigkeiten bei strafrechtlichen Handlungen relevant.


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Zur Frage 5:

In Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zur Anzeige beziehungsweise zur Verfolgung strafbarer Handlungen werden von der Sicherheitsbehörde die Druckwerke nach ihrem Erscheinen auf das allfällige Vorliegen von Medieninhaltsdelikten überprüft. Bei entsprechender Verdachtslage wird die jeweilige Ausgabe des Druckwerkes der zuständigen Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Beurteilung übermittelt.

Auf das Ergebnis dieser Beurteilung kommt dem Bundesminister für Inneres keine Ingerenz zu.

Zu den Fragen 6 und 7:

Es liegt über das Jahr 2000 derzeit noch keine bundesweite Statistik vor, allerdings wurde auf rund 1 100 Veranstaltungen von den Sicherheitsbehörden ein besonderes Augenmerk in Form von Schutz- oder Ordnungsmaßnahmen gelegt. Von diesen waren rund 900 angemeldet, und zirka 200 wurden unangemeldet abgehalten. (Abg. Haigermoser: Viele! Das ist ganz schön viel!)

Zur Frage 8:

Bei Demonstrationen wurden und werden die polizeitaktischen Maßnahmen situationsangepasst und auf den jeweiligen Informationsstand abgestimmt getroffen. Wahrgenommene Gesetzesverstöße wurden und werden den zuständigen Behörden zur Anzeige gebracht.

Zur Frage 9:

Zu massiven Ausschreitungen kam es bei einer Großdemonstration am 4. 2. 2000 in Wien. Dabei wurden 43 Sicherheitswachebeamte leicht verletzt, 32 Polizeifahrzeuge schwer beschädigt und die Uniformen von 109 Beamten größtenteils durch Farbbeutel schwer beschädigt.

Die Versammlung wurde aufgelöst, und im Zuge der Räumung wurden sieben Personen festgenommen.

Zur Frage 10:

Bis dato wurden bundesweit nach der derzeitigen Informationslage 99 Personen bei Demonstrationen verletzt, wobei im Zuge der so genannten Donnerstags-Demonstrationen 91 Personen als verletzt gemeldet wurden. Bei den Verletzungen handelte es sich vorwiegend um Prellungen und Hautabschürfungen.

Zur Frage 11:

Eine Bedrohung stellt überwiegend ein subjektives Empfinden dar, und es können darüber diesbezüglich keine Aufzeichnungen vorliegen. Im Übrigen darf ich auf die Beantwortung der Frage 10 verweisen.

Zur Frage 12:

Ich verweise auf meine Beantwortung der Fragen 3 und 4 der parlamentarischen Anfrage 1628/J.

Zu den Fragen 13 und 14:

Von den Demonstranten wurden Steine, Flaschen, Eier, Obst, pyrotechnische Gegenstände und Farbbeutel als Wurfgeschoße verwendet; die Anzahl der Gegenstände ist nicht bekannt. Drogen wurden bis dato keine beschlagnahmt. Eine Waffe im Sinne des Waffengesetzes wurde sichergestellt.

Zur Frage 15:

Bis dato wurden bundesweit 43 Personen im Zuge von Demonstrationen festgenommen. Über die Zahl der Anzeigen liegt keine zusammenfassende Statistik vor.


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Im Zuge der so genannten Donnerstags-Demonstrationen wurden 35 Personen festgenommen und rund 200 Anzeigen erstattet.

Eine Zuordnung als "Berufsdemonstrant" im Sinne der Frage ist mangels einer gesetzlichen Determinierung nicht möglich. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Zur Frage 16:

Insgesamt waren bundesweit zirka 32 000 Exekutivbeamte bei Demonstrationen im Einsatz.

Zu den Fragen 17 und 19:

Der Personalaufwand der Exekutive beläuft sich auf zirka 55 Millionen Schilling. Über den Sachkostenaufwand liegt keine genaue Statistik vor. Er dürfte sich rund um die 20 bis 25 Millionen Schilling bewegen. Eine detaillierte Berechnung würde einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern.

Zur Frage 18:

Eine Auflistung der Schadenssumme liegt nicht vor.

Zur Frage 20:

In der verbalen Umschreibung umfasst die Bannmeile des Parlaments folgendes Gebiet, welches innerhalb des genannten Bereiches gelegen ist: Museumstraße 4 – Burggasse – Museumstraße 3 – Neustiftgasse 7 – Mechitaristengasse 6 – Trautsongasse 8 – Josefsgasse – Josefstädter Straße 5 – Josefstädter Straße 8 – Lenaugasse 8 – Schmidgasse/Landesgerichtsstraße – durch Friedrich-Schmidt-Platz – Felderstraße 1a – durch Rathauspark – Dr. Karl-Lueger-Ring Höhe Burgtheater – Löwelstraße – Bankgasse 10 – Bankgasse 9 – Metastasiogasse 2 – Ballhausplatz 2 – Heldenplatz – das Erzherzog-Karl Denkmal wird nicht von der Bannmeile umfasst – Burgring – der Maria-Theresien-Platz wird nicht zur Gänze von der Bannmeile umfasst, auch das Maria-Theresien-Denkmal wird nicht von der Bannmeile umfasst.

Zur Frage 21:

Ich verweise auf meine Beantwortung der Frage 7 in der Anfrage 1559/J.

Zur Frage 22: nein.

Zur Frage 23:

Die Gegenkundgebung wurde am 18. Oktober 2000 vom Verein "Linkswende – Verein gegen Rassismus und soziale Ungleichheit" per Fax bei der Bundespolizeidirektion Wien angemeldet. Der genannte Verein war somit Veranstalter der Gegenkundgebung. Als Versammlungsleiter wurde anlässlich einer in der Bundespolizeidirektion Wien am 19. Oktober 2000 aufgenommenen Niederschrift ein Herr, wohnhaft in 1020 Wien, genannt. Eine Namhaftmachung der Ordner ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Zur Frage 24:

Nein. – Nach den mir vorliegenden Informationen haben jene Demonstranten, die versuchten, in die Stadthalle einzudringen, durch repressive polizeiliche Maßnahmen dieses Vorhaben nicht erreicht. Nach Möglichkeit wurden auch Personen, die die Veranstaltung in der Stadthalle besuchen wollten, geschützt.

Im Zuge des polizeilichen Einsatzes kam es zu Festnahmen und Anzeigen nach dem Strafgesetzbuch, davon waren 16 gegen unbekannte Täter wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt.


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Zu den Fragen 25 und 26:

In beiden Fällen wurde Strafanzeige gegen unbekannte Täter an die Staatsanwaltschaft Wien erstattet.

Zur Frage 27:

Die Bundespolizeidirektion Wien hat auf Grund der bisherigen Erkenntnisse die Beurteilung der Lage im Sinne des großen Sicherheits- und Ordnungsdienstes vorgenommen und die daraus resultierenden einsatztaktischen Maßnahmen veranlasst. Ungeachtet dessen wird jeweils versucht, bis zum Beginn der Versammlung Informationen zu erlangen und daraus resultierende einsatztaktische Maßnahmen zu setzen.

Zur Frage 28:

Dazu darf ich auf die Beantwortung der Frage 13 in der Anfrage 983/J verweisen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Jede Fraktion hat eine Redezeit von 25 Minuten, kein Redner darf länger als 10 Minuten reden.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Tancsits. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

15.38

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin als Wiener Mandatar an der Beantwortung und an der Diskussion dieser Fragestellung interessiert, weil dieses Bundesland beziehungsweise diese Stadt hinter dem vorgetragenen trockenen Zahlengerüst von Demos, Ausschreitungen, Sachbeschädigungen und Verletzungen wohl am meisten in ganz Österreich unter der linken gewaltbereiten Straßenszene zu leiden hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pumberger: Dort sind auch die meisten Sozialisten!)

Wien ist Schauplatz dieser Aktionen, und diese sind seit dem 4. Februar des vergangenen Jahres zum alltäglichen Geschehen geworden. Man darf aber dabei nicht übersehen und vergessen, dass es eine lange Vorgeschichte in dieser Szene gibt: Begonnen hat das Ganze mit der Hausbesetzer-Szene "Aegydigasse", mit dem "TATblatt"-Skandal, mit dem Versuch, die Stromversorgung in dieser Stadt zu unterbrechen – aber Ebergassing ist nicht ganz gelungen –; einige Namen von Personen, die da als Drehscheibe fungierten, sind hier immer wieder aufgetaucht, wobei ein Name sogar einem Innenminister gehört.

Es war eine abrufbereite Szene, die dann am 4. Feber 2000 zu Demonstrationen aufgerufen wurde. Oder glaubt irgendjemand in diesem Saal, dass man so plötzlich aus dem Nichts Zehntausende Leute auf die Straße bringen kann? – Das geschah, als am 4. Feber 2000 zu Mittag der Ballhausplatz gewalttätig besetzt wurde und als am Nachmittag Parteizentralen und das Sozialministerium gestürmt wurden. Warum wohl? – Ich vermute, um Akten über die Finanzierung einiger Gruppen, die dann als Demonstranten aufgetreten sind, zu vernichten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Am 19. Feber fand dann der Großaufmarsch statt, bei dem ehemalige Vorsitzende der Sozialistischen Partei zusammen mit Kommunisten und prominenten Mitgliedern der stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs aufgetreten sind. (Abg. Edlinger: Christliche Gewerkschafter nicht zu vergessen!) Sie sind zusammen aufgetreten mit vermummten, gewaltbereiten Demonstranten aus Deutschland – nach der Zielsetzung dieser Demonstration, nämlich die freie Regierungsbildung in Österreich zu untergraben, vermutlich Neonazis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Mehr Ernsthaftigkeit!)


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Das hat die Reihe der dann wöchentlich stattfindenden Donnerstags-Demonstrationen ausgelöst mit Highlights wie den Straßenblockaden am 5. Dezember und der Besetzung der ÖVP-Zentrale am 20. Dezember vergangenen Jahres. Ich gebe zu, wir haben Schwierigkeiten mit dem Abwägen zwischen Versammlungsfreiheit und dem berechtigten Schutz der Bürger. (Abg. Dr. Kostelka: Das glaube ich euch, dass ihr da Schwierigkeiten habt!) Wir haben deshalb Schwierigkeiten, weil am Beginn und beim Werden von bürgerlichen Parteien der liberale Rechtsstaat gestanden ist und nicht die gewalttätige linke Szene. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin dafür, beim Abwägen dieser beiden Ziele auch das Gefühl einfacher Bürger, Menschen in dieser Stadt, zu sehen und wahrzunehmen. Was denkt sich denn ein Elternteil, der 50 Meter neben der wöchentlich auftretenden PKK-Demo in der Prinz Eugen-Straße das Einschreiten dieses Staates gegen achtjährige Tretrollerfahrer erlebt? Was denkt sich denn der normale Bürger, wenn hier nicht eingeschritten wird, aber gleichzeitig die Park-Sheriffs der Gemeinde Wien Mütter jagen, die ihre Kinder vom pünktlich schließenden Kindergarten abholen müssen? Diese Abwägung fordere ich als Wiener Mandatar von den Behörden Wiens ein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was denkt sich denn ein Polizeibeamter dieser Stadt, der sieht, wie seine Kameraden und Kollegen im Einsatz verletzt werden, und weiß, dass auf der anderen Seite eine politische Partei, die die sicherheitspolizeiliche Führung in dieser Stadt hat, zusammen mit Leuten demonstrieren geht, die von der Polizei normalerweise als "Bullen" sprechen oder das an die Hauswände sprayen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was denkt sich denn ein Wiener Sicherheitswachebeamter, wenn er erfährt, dass sein Generalinspektor Schnabl zum Privatvergnügen an solchen Demos teilnimmt?

Meine Damen und Herren! Neben dem offensichtlichen Mitwirken der Grünen, was Frau Kollegin Partik-Pablé aufgezeigt hat, möchte ich Sie auf den geistigen Hintergrund gerade dieser Wiener SPÖ aufmerksam machen, die es niemals geschafft hat, sich von linker Gewalt in Vergangenheit und Gegenwart zu distanzieren. (Abg. Edlinger: Das bringen Sie nicht zusammen!) Wer dies nicht glaubt, möge aufmerksam die Straßennamen in dieser Stadt lesen! Da gibt es außer der Benennung eines Weges nach Friedrich Adler, einem Polit-Mörder des vergangenen Jahrhunderts, außerhalb von Nordkorea den wohl letzten Karl Marx-Hof dieser Welt. Sie haben sich nie distanziert, gerade Kollege Cap nicht, aber er hat als Nächster die Gelegenheit, von seinem Demo-Einsatz für Ho Chi Minh und andere kommunistische Massenmörder in den sechziger und siebziger Jahren zu berichten.

Meine Damen und Herren! Darum geht es in dieser Stadt: rotes Liebäugeln mit linksextremer Gewalt und grünes Fädenziehen. Das ist ein Vorgeschmack auf das rot-grüne Chaos, auf jene Lehre, die uns Joschka Fischer vor einem Jahr angezeigt hat. Die Bürger dieser Stadt werden das verhindern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das war ein peinlicher Auftritt! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abgeordneten Edlinger –: Sie sind die allerpeinlichste Figur! Ein abgehalfterter Finanzminister!)

15.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Redezeit ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

15.45

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe jetzt richtig ein Problem, die unterschiedlichen Meldungen einzuordnen, die ich soeben vernommen habe, wobei ich der Letzteren intellektuell nur schwer folgen konnte. Herr Klubobmann Westenthaler! Ich weiß nicht, ob das nach der Geschäftsordnung möglich ist, dass man offensichtlich gescheiterte Dringliche Anfragen ob ihrer Wirkungslosigkeit einfach zurückziehen kann. Man sollte darüber nachdenken, wenn es das in der Geschäftsordnung nicht gibt, damit Sie diese Möglichkeit haben, denn so ein Desaster wie heute habe ich hier im Haus noch nie erlebt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Ihr Antrag beim letzten Mal – vier Zeilen und ein gravierender Fehler!)


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Allein der Dank des Innenministers an den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und an den Polizeipräsidenten von Wien hätte schon gereicht, dass Sie Ihre Anfrage wieder zurückziehen. Das widerspricht nämlich komplett dem Geist Ihrer Anfrage, denn ich habe, als ich sie in meinem Zimmer durchgelesen habe, sofort beim Fenster hinausgeschaut, ob am Friedrich Schmidt-Platz der "rot-grüne Mob" auf- und abläuft. Ich habe ihn nicht gefunden! Wo ist er? Was ist mit diesen virtuellen Bedrohungsbildern, die Sie hier zeichnen?

Ist die Wahlkampfstrategie, die Sie haben, unter dem biblischen Titel "Fürchtet euch!" zu sehen? Das verstehe ich, denn wenn das plakatiert ist: oben steht "Fürchtet euch!" und unten ist das Bild von Helene Partik-Pablé und Hilmar Kabas, dann kriegt dieser Slogan Sinn. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber, so sage ich, eigentlich war das von der Spitzenkandidatin heute zugleich wieder ihr Abschied von der Spitzenkandidatur. Es wäre an der Zeit, Klubobmann Westenthaler, dass Sie aus Ihrem gemütlichen Klubkuschelbett herauskraxeln und sich endlich als Spitzenkandidat in Wien der Auseinandersetzung stellen würden. Hier herinnen die große Lippe entwickeln und sich nicht selbst dem Wähler stellen, das ist nicht mutig! Haider würde sagen: nicht Manns genug, aber das ist ja ein Wert, der in der FPÖ nichts mehr gilt, Manns genug, das ist ja das Problem.

Frau Partik-Pablé! Ich glaube, Ihre Rede hat Ihr Chef geschrieben, Hilmar Kabas. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Jemand anderer kann das nicht gewesen sein. Der ist ja dafür bekannt, dass er Manns genug ist, sich hinzustellen und zu sagen: Der Bundespräsident ist ein Lump! Und anstatt dass er dazu steht, die Brust frei macht am Podium des FPÖ-Landesparteitags und sagt: Jawohl, er ist ein Lump, und der möge als Erster zustechen, der nicht dieser Meinung ist!, hat er gesagt, Hump, Dump, Geblödel, ich weiß nicht, irgendwas hat er herumgedeutelt, anstatt dass er sich dazu geäußert hätte.

Jetzt kommt der ernste Teil, denn jetzt stellt sich die Frage: Was ist denn eigentlich staatszersetzender? Wenn sich einer herstellt und das Amt des Bundespräsidenten so herabwürdigt, da sollten Sie nicht schweigen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! (Abg. Ing. Westenthaler: 99 verletzte Beamte!) Er war nämlich Ihr Kandidat, der Dr. Klestil. Nicht schweigen und genießen, so wie Sie das seit einem Jahr in der Koalition machen: schweigen und genießen! Das Genießen sollte jetzt einmal ein Ende finden. Diese Beleidigung, diese Herabsetzung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Und wenn wir schon über Extremismus reden, dann lassen wir doch unseren Bundespräsidenten zu Wort kommen. Der hat zu Kabas Folgendes gesagt – ich zitiere die "Kronen-Zeitung" vom 9. Mai, das sollten Sie sowieso wissen, die lesen Sie ohnehin täglich:

Eine solche Sprache birgt die Gefahr in sich, den Untergang der politischen Kultur in unserem Land wieder einmal einzuläuten, da sie Menschen gegeneinander aufhetzt und schließlich zu Auseinandersetzungen und Ereignissen führen kann, von denen wir uns geschworen haben, dass sie nie wieder vorkommen dürfen. – Also radikaler, deutlicher als unser Bundespräsident kann man Extremismuskritik nicht bringen. An Ihren Chef war das gerichtet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dieser hat dann Unterstützung bekommen vom Vorsitzenden der freiheitlichen Unbelehrbaren, Karl Schnell, aus Salzburg, der hat dann überhaupt gleich mit Lumpi, Hund und so weiter ... Das ist staatszersetzend, wenn eine so wichtige Einrichtung in dieser Weise angegriffen wird. – Sie stimmen mir schon zu, ich merke es an Ihren Blicken. Langsam werden Sie schwankend in der FPÖ, aber da müssen Sie zuerst den Zuchtmeister da abwählen, damit Sie sich wieder etwas freier bewegen können, oder schicken Sie ihn endlich nach Wien, damit er sich dort dem Wähler stellen kann! (Abg. Ing. Westenthaler: Vielleicht fällt ihm zur Gewalt was ein! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Nein, nein, das war der Herr Bundespräsident. Nicht schon wieder den Herrn Bundespräsidenten beleidigen, denn diese Kritik kam von ihm. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Und was ist mit den 99 verletzten Beamten? Sie werfen verbal Steine! Sie sind ein verbaler Steinewerfer!)


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56. Sitzung / Seite 125

Sie stellen sich dar als die Partei von Recht und Ordnung, von Moral, als die Partei der Fleißigen und Anständigen. Wissen Sie, was der Herr Innenminister Ihnen heute gesagt hat? – Der hat Ihnen nichts anderes gesagt als das: Frau Partik-Pablé! Führen Sie Ihren Wahlkampf in Wien allein! Ich mache nicht mit.

Das war der Grundtenor seiner Antworten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

In Wirklichkeit hätte in der Anfrage doch etwas ganz anderes stehen sollen, man muss sich die Anfrage nur wirklich durchlesen. Sie in der ÖVP würden nicht mehr lachen, wenn Sie sie wirklich durchgelesen hätten. In Wirklichkeit hätte drinnen stehen sollen, und das ist die Quintessenz: Herr Innenminister! Es wird das Demonstrationsrecht missbraucht, es werden Steuergelder verschwendet, und die Polizei sieht zu. – Herr Klubobmann Westenthaler, Sie würden sagen: Scherzkekse, Vollkoffer, Idioten! Aber das müssen Sie sich mit der Polizeigewerkschaft und mit den Beamten ausmachen, diese Respektlosigkeit. Verurteilt sind Sie ja schon worden. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist falsch!) Aber das ist die wahre Frage.

Die nächste Frage ist: Herr Innenminister! Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich? – Das ist die Unterstellung in dieser Anfrage. Und darauf hat der Herr Innenminister heute ganz klar geantwortet. Und das war auch die Antwort auf Ihren Wahlkampfstart, den Sie heute versucht haben und der jämmerlich eingegangen ist. Also wenn Sie den Wahlkampf weiter so führen, sind Sie sicherlich unter 20 Prozent. Das kann ich Ihnen prophezeien. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und weil Sie sich so gerne als die Partei der Moral darstellen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, wir nicht! Ihr macht immer in Moral!), komme ich wieder zum Grundwert der FPÖ: Man muss Manns genug sein und dazu stehen! – Wissen Sie, das geht nicht. Vielleicht hat Sie das Plakat mit der Aufschrift "Mehr Sex, weniger FPÖ" bei der großen Demonstration auf dem Heldenplatz stimuliert, das im "Kurier" auf Seite 1 gebracht wurde. Ich war zuerst einen Moment lang schockiert, weil tabu, man weiß ja nicht, was sich die Leute denken und so weiter. Ich war also etwas schockiert. Wahrscheinlich war aber – wenn Sie schon virtuelle Bedrohungsbilder machen – die wahre Bedrohung, der Umkehrschluss: "Mehr FPÖ, weniger Sex". Wahrscheinlich war das ein Bedrohungsbild.

Aber daraus den Schluss zu ziehen – und da komme ich jetzt zu dem, was ich eigentlich sagen will –: Manns genug sein heißt, dass ich mich, wenn ich mit Freunden ein Bordell in Wien besuche, hinstelle und sage: Jawohl, wir haben ein Bordell besucht – und nach Ihrer Moral wahrscheinlich mit dem Zusatz: Na und? –, aber nicht sage: Nein, das war kein Bordellbesuch, wir haben – und diese Wortschöpfung ist ja genial! – einen Sicherheitslokalaugenschein gemacht. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich frage Sie: Welche Sicherheit haben Sie denn dort genau kontrolliert? (Neuerliche Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Welche Automaten haben Sie denn genau kontrolliert, ob Sie wirklich gefüllt waren?

Das ist es! Manns genug muss man sein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Manns genug sein und sich hinstellen und sagen, was ist! – Aber das können Sie nicht. Und daher sei Ihnen die Wahlniederlage, die Sie hinnehmen werden müssen, voll vergönnt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit plus Geschäftsordnung beachten! – Bitte.

15.54

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Kollege Cap hat hier von diesem Rednerpult aus behauptet, dass unser Klubobmann Peter Westenthaler bereits wegen einer strafbaren Handlung verurteilt worden sei. (Abg. Nürnberger: Das waren mehrere, nicht eine! – Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Das ist unrichtig! Das ist erwiesenermaßen unrichtig!


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56. Sitzung / Seite 126

Wahr ist vielmehr, dass Herr Abgeordneter Westenthaler bis dato der meistausgelieferte Politiker Österreichs ist. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Schieder: Weil es Anzeigen hagelt!) Bislang hat jedoch noch keine einzige Verurteilung gegen ihn gewirkt, und es ist auch so, dass man sich von einem abgehalfterten Generalsekretär der SPÖ nicht den Vorwurf einer strafbaren Handlung im Schutze der Immunität gefallen lassen muss.

Wenn Sie Manns genug sind, dann entschuldigen Sie sich für diese Entgleisung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Zierler. Ich erteile ihr das Wort. (Ruf bei der SPÖ: Apropos abgehalftert! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein  – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Zierler –: Waren Sie zufällig in der Steiermark?)

15.55

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap, wir kennen Ihre Wahlniederlagen, und wir wissen natürlich auch, dass Wahlniederlagen verbissen machen. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber ich glaube, dass heute hier nicht der Ort und auch nicht die richtige Zeit ist, um diese Wahlniederlagen auszuleben.

Und noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Grün! Ich habe den Eindruck beziehungsweise man kann es vielleicht nur damit entschuldigen, dass Sie diese Dringliche Anfrage von heute nicht gelesen haben. Wir sprechen hier und heute von Menschen, wir sprechen davon, dass in etwa 100 Menschen verletzt wurden, zum Teil schwer verletzt wurden. Das ist die bekannte Zahl. Wir wissen, dass es sehr viel mehr sind, die sich nicht gemeldet haben. (Abg. Dr. Kostelka: Zuhören!) Wir sprechen von Sachbeschädigungen in Millionenhöhe. Der Herr Innenminister hat es leider nicht zusammengezählt, aber wir wissen, dass es um die 100 Millionen Schilling sind. Darüber sprechen wir heute.

Was ist Ihre Reaktion darauf, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Sie lachen! Hohn, Häme, Gespött und Lachen! Ich bin sehr froh darüber, dass wir heute hier diese Diskussion haben, weil so können sich die Leute zu Hause ihr eigenes Bild machen, wie Sie mit Menschen in Österreich umgehen, wie Sie damit umgehen, dass wir Verletzte haben, dass es Menschen gibt, die sich fürchten, dass es Menschen gibt, die sich nicht mehr auf die Straße zu gehen getrauen. Ich gratuliere Ihnen, meine Damen und Herren von Rot und Grün! Sie haben sich heute selbst entlarvt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe hier eine Verlautbarung vom "TATblatt". Das wurde heute schon erwähnt. Da steht schwarz auf weiß:

"In der Nacht vom 31. 12. 2000 auf den 1. 1. 2001 haben wir vor dem WEGA-Stützpunkt Rossauer Kaserne einen geparkten privaten Bullen-PKW ... mit einem Brandsatz angezündet."

Dann ist ganz genau beschrieben, wie das gemacht wurde. Dann steht weiter: "RassistInnen und AntisemitInnen bewegen sich in Österreich wie die Fische im Wasser! Dieses Biotop werden wir trocken legen! Am 21. 1. gemeinsam den FPÖ-Parteitag in Oberlaa angreifen!" – Das ist der Aufruf des "TATblatt".

Und dann haben wir noch eine andere Ausgabe des "TATblatt", herausgegeben am 25. Jänner 2001, bei der letzten Demonstration. Da bedankt man sich:

"Die TeilnehmerInnen der Donnerstagsdemonstration haben eine Interpretation des Versammlungsrechts durchgesetzt, die einer demokratischen Gesellschaft entspricht und seit Jahren Standard ist." – Und jetzt sei es an der Zeit, eines zu sagen, nämlich: danke!

Und das ist dasselbe "TATblatt" wie das mit dem Aufruf! Und wer hat dieses "TATblatt" unterschrieben? Eine prominente Namensliste: Alexander Van der Bellen, Dieter Brosz, Eva


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56. Sitzung / Seite 127

Glawischnig, Kurt Grünewald, Werner Kogler, Evelyn Lichtenberger, Ulrike Lunacek, Karl Öllinger, Madeleine Petrovic, Peter Pilz und Terezija Stoisits. Ein Dankeschön kann man hier auch weiterleiten! (Abg. Ing. Westenthaler: Skandal!)

Oder ein Interview der Abgeordneten Stoisits in der Marburger Tageszeitung “Vecer”, in dem sie sagt, sie gruppiere die FPÖ-Wähler in alte Nazis und Extremisten, Opfer der Modernisierung. Oder: ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel wehre sich “wie ein Milošević”, indem er verkünde, “die ganze böse Welt ist gegen uns und wir Kleinen müssen leiden”. – Das entstammt einem Interview mit Abgeordneter Stoisits in der Marburger Zeitung “Vecer”.

Und weil Herr Obmann Van der Bellen vorhin gar so ratlos und unwissend dreingeschaut hat, als die Erstrednerin ihn auf seine Reaktion in der Pressestunde angesprochen hat: Es war die deutliche Frage nach seiner Reaktion auf Joschka Fischer. Und die einzige Antwort, die wir gehört haben: Ja mein Gott, es war die Ausübung des Demonstrationsrechts.

Herr Professor Van der Bellen! Da hätte ich mir von Ihnen auch etwas anderes erwartet, denn wir wissen ganz genau, worum es geht. Man kann sich nicht nur gemütlich zurücklehnen und sagen: Das war einfach nur die Ausübung des Demonstrationsrechts.

Ein Dankeschön möchte ich an all jene weitergeben, die das unterstützen, an all jene, die das fördern, und an all jene, die heute hier darüber lachen. Ein Dankeschön dafür, dass sich Menschen fürchten: Eine 80-jährige Frau wollte zu einer FPÖ-Veranstaltung gehen und konnte nicht durch die Demonstranten durchkommen. Ein Ehepaar nahm sie in die Mitte und wollte sie mitnehmen. Was war das Ergebnis? – Der ältere Herr wurde krankenhausreif geprügelt, die Frau gewürgt, die 80-Jährige erlitt einen Schock.

Oder: das Auto eines Studenten, das in der Schlösselgasse geparkt war: Es wurde durch Farbbeutel beschädigt – das wird ihm nicht ersetzt – und wird natürlich nicht repariert. Er muss das selbst finanzieren.

Oder: Danke für die vielen Wandbeschmierungen! Das geht so weit, dass sich manche nicht mehr anders zu helfen wissen, als eine Prämie für Hinweise auf die Täter auszusetzen. Das wissen wir zum Beispiel vom medizinischen Labor in der Westbahnstraße; da wurde eine Prämie in Höhe von 5 000 S ausgesetzt. Danke schön, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen von Rot und Grün!

Wir haben eines gesagt, und das wurde gestern auch hier im Parlament klar und deutlich gesagt: Gewalt ist immer abzulehnen, ob sie von links oder von rechts kommt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Schwemlein. ) Aber die Fakten, die wir hier haben, zeigen eines klar und deutlich: Was in Österreich jetzt an Gewalt passiert, das kommt von links! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Ich bitte, die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten. (Abg. Öllinger  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Selbstverständlich, Herr Präsident!)

16.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Zierler hat in ihrem Debattenbeitrag tatsachenwidrig behauptet, die von ihr genannten Abgeordneten hätten dem "TATblatt" zu den Demonstrationen gratuliert.

Ich stelle richtig: Die Danksagung der grünen Abgeordneten war an die TeilnehmerInnen der Donnerstagsdemonstration gerichtet. (Abg. Zierler: Das war das "TATblatt"!)

"Liebe TeilnehmerInnen der Donnerstagsdemonstrationen!" – das ist das Flugblatt-Original, auch wenn Sie es mir nicht glauben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war das Terror-Tatblatt!) Es ist ausdrücklich auch in dem Aufruf enthalten – das hat Frau Abgeordnete Zierler vergessen, oder es ist ihr beim Vorlesen entfallen –, dass es den DemonstrantInnen gelungen ist, den


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gewaltfreien Charakter des Widerstandes aufrechtzuerhalten. (Abg. Schwemlein  – in Richtung Freiheitliche –: Das war ein Bauchfleck! – Weitere Zwischenrufe.)

Dafür haben wir uns bedankt, und ich denke: zu Recht bedankt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: "Gewaltfreiheit" heißt: schwer verletzt am Bahnhof! – Weitere Zwischenrufe.)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.03

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Zierler hat bei unserem Dankesschreiben, das hier vorliegt, vergessen, dass sich nicht nur Dieter Brosz, Werner Kogler, Peter Pilz und einige, die sie genannt hat (Abg. Zierler: Danke, dass Sie weiter vorlesen!), sondern selbstverständlich auch Theresia Haidlmayr für die gewaltlosen Demos an den Donnerstagen mit bedankt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Jung: Man muss nicht alle vorlesen!)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Haidlmayr! Es ist sehr verdienstvoll, dass Sie das richtig stellen, aber eine tatsächliche Berichtigung war das nicht. (Abg. Ing. Westenthaler: Man sollte sie einmal lehren, was das ist! – Abg. Dr. Ofner: "Was schert mich die Geschäftsordnung?"!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Er hat das Wort.

16.04

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren, speziell Herr Kollege Westenthaler! Als Doppelverdiener sollten Sie hier doppelt ruhig sein. Aber auf das kommt ... (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist auch nicht ...!)  – Ich sage Ihnen, was "Doppelverdiener" heißt: Sie haben sich Burgenland verdient, und Sie werden sich auch Wien verdienen. Das werden wir alle noch erwarten! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Interesse nehme ich zur Kenntnis, dass die Regierungsfraktionen die Debatte um ihre eigene Dringliche Anfrage bereits verlassen haben. Wie immer in solchen Situationen sind aus Anständigen und Tüchtigen Abgängige und Flüchtige geworden. (Heiterkeit bei den Grünen.) Wo ist die – ah, die Begründerin ist wieder zurückgekehrt! Viele andere haben es vorgezogen, das Debakel aus der Ferne zu verfolgen; ich kann sie verstehen.

Herr Innenminister! Herzlichen Dank für die korrekte und ausführliche Beantwortung dieser verdienstreichen Dringlichen Anfrage. Ein Dank auch an die Anfragestellerinnen und Anfragesteller: Wir als grüne Fraktion können uns auf Grund der Geschäftsordnung nicht so oft Dringliche Anfragen leisten. (Neuerliche Heiterkeit bei den Grünen.) Sie haben uns zu einer Dringlichen Anfrage verholfen, ohne dass wir dazu unsere Unterschriften hergeben mussten. Ein herzliches Dankeschön, ich weiß diese kollegiale Unterstützung zu schätzen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein drittes Dankeschön: Herr Innenminister! Ich habe selten erlebt, dass – gut begründet, weil dieser Text dafür wirklich eine gute Begründung ist – eine Anfragestellerin derart elegant im Plenum des Nationalrates vorgeführt worden ist. Ich kann Sie persönlich verstehen, weil Sie sich politisch entscheiden mussten, wie Sie mit dem Versuch der Freiheitlichen Partei umgehen, nachdem – jetzt mit dem Mittel der Dringlichen Anfrage, vorher durchaus mit dem Mittel der öffentlichen Beschuldigung, auch Ihrer Person und Ihrer Spitzenbeamten – alles versucht wurde, um einen Richtungswechsel an der Spitze des Innenministeriums zu erzwingen.

Es ist keine Selbstverständlichkeit, in blau-schwarzen Zeiten ein Innenministerium – zumindest, was die Frage der Versammlungsfreiheit und des Demonstrationsrechtes betrifft – ausschließlich nach den Prinzipien des Rechtsstaates zu führen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Ich glaube, es war das erste Mal in diesem Haus, dass ein antwortendes Regierungsmitglied seinen Applaus fast ausschließlich von den Abgeordneten der Opposition erhalten hat. Das hatte gute Gründe: Das war eine rot-weiß-rote Anfragebeantwortung. – Das ist nicht ganz meine persönliche Terminologie, aber da ist etwas dran.

Jetzt frage ich mich: Was waren die Motive dieser gescheiterten Dringlichen Anfrage?

Das erste Motiv: Die Spitzenkandidatin wollte einmal kurz ins Fernsehen. (Heiterkeit des Redners.) Das verstehe ich; die Kabas-Plakate in Wien wird man noch wochenlang nicht wegbekommen, also muss man kompensieren. Ob das eine echte Kompensation ist, werden die Wählerinnen und Wähler in Wien entscheiden. Das steht nicht uns zu.

Zum zweiten Motiv: Den Innenminister in seiner Haltung zu beeinflussen, ist offensichtlich schief gegangen.

Bleibt ein drittes Motiv – das wurde heute noch nicht beleuchtet, ich persönlich halte es politisch für das Wichtigste. Es ist kein Zufall, dass es eine Abfolge gibt: gestern gegen Sallmutter, heute gegen die Demonstranten und Demonstrantinnen, morgen wahrscheinlich wieder gegen den ORF, übermorgen gegen die Justiz, am Tag darauf gegen die Opposition. – Das sind keine Zufälle, das hat wirklich politisches System.

Wenn es einen – unter Anführungszeichen – "politischen Erfolg" der österreichischen Bundesregierung gibt, dann ist das der Beginn einer erfolgreichen autoritären Wende, deren Elemente wir inzwischen zur Genüge und sattsam kennen gelernt haben: den Versuch, die Opposition einzuschüchtern, mit Klagslawinen mit dem Kanzleititel des Justizministers – jeder, der einmal vor Gericht gestanden ist, weiß, was es heißt, wenn die Kanzlei des Justizministers auf der Klage der Freiheitlichen Partei gegen Abgeordnete der Opposition oder Journalisten draufsteht –, durch die Sanktionsforderungen, nicht nur des freiheitlichen Ex-Parteiobmanns, sondern auch des Justizministers, der sich dann damit entschuldigt hat, er habe im Ministerrat nur 30 Sekunden lang die Forderung nach Sanktionen gegen kritisierende Abgeordnete unterstützt – als ob ein offener Verfassungsbruch im Ministerrat bis 30 Sekunden sanktionslos wäre und über 30 Sekunden hinaus zu einem politischen Problem würde!

Wir haben die Versuche der Einschüchterung der Justiz erlebt. Es war eine Ausnahmesituation, dass über 1 000 Staatsanwälte und RichterInnen ihren Protest öffentlich artikulieren mussten.

Wir haben erlebt, wie mit dem ORF umgesprungen worden ist: wie ein Klubobmann der Freiheitlichen Partei die Amtsperiode der Bundesregierung damit beginnt, dass er erklärt, man werde die roten Kuratoren jetzt rausschmeißen, und wie vor kurzem, bei seiner Oberlaaer Rede, der ehemalige Parteiobmann erklärt, das Werk sei im Prinzip und im Großen und Ganzen schon gelungen, jetzt müsse man nur noch die letzten "Widerstandsnester ausheben". – Das ist die Sprache von Regierungspolitikern gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk: "Widerstandsnester ausheben", wie bei einer militärischen Säuberungsaktion! Das ist eine Sprache, die bis jetzt in der Regierungspolitik in Österreich noch nicht üblich war. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Innerhalb weniger Tage mussten sich Richterinnen und Richter, Journalistinnen und Journalisten unabhängig voneinander zu Versammlungen treffen und Resolutionen verfassen; Hunderte und Tausende haben unterschrieben.

Das geht weiter: mit Gesetzen, mit den Überwachungsstaat-Gesetzen, mit den Sicherheitsüberprüfungen, mit den neuen Vollmachten für das Heeres-Nachrichtenamt, mit der Verlängerung zweier Überwachungsstaat-Gesetze, mit den "KommAustria"-Beschlüssen, die noch an der Zweidrittelmehrheit hängen, und vielem anderen mehr. Es hat neulich gegipfelt in dem Versuch, die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen anzugreifen.

Selbstverständlich müssen die Sozialversicherungen reformiert werden. Da hat sich einiges an Bürokratie und an bürokratischer Verschwendung angehäuft. Aber es geht doch nicht darum, hier irgendetwas strukturell zu reformieren. Hier wird immer ein bürokratischer "Augiasstall" be


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schworen – und dann tritt die blau-schwarze Regierung an und sagt: Lasst uns eine neue Stallverwaltung inthronisieren! Einen neuen Stallmeister wollen wir, damit endlich uns der Stall gehört! – Das ist blau-schwarze Regierungspolitik 2000 und 2001.

Meine Damen und Herren! Die autoritäre Wende ist noch längst nicht gelungen. Es ist nicht ausgemachte Sache, dass der ORF endgültig an die blauen Zügel genommen wird. Es ist noch nicht ausgemacht, ob der ORF nicht auf Prager und auf demokratische Verhältnisse zusteuert. Es ist noch nicht ausgemacht, dass es der Regierung gelingt, die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen zu brechen. Es ist noch nicht ausgemacht, dass sich das Strafrecht Woche für Woche öfter über die Kanzlei des Justizministers gegen die Opposition einsetzen lässt.

Das alles ist noch nicht ausgemacht! Nach dem Wiener Wahltag wird es noch viel weniger ausgemacht sein. Da gilt ein alter freiheitlicher Spruch, meine Damen und Herren, und er gilt immer mehr: "Wahltag ist Zahltag!" "Wahltag ist Zahltag", Herr Westenthaler! "Wahltag ist Zahltag", Frau Dr. Partik-Pablé! "Wahltag ist Zahltag" für Sie alle! Sie werden sehen, wie nach jedem Zahltag weniger von Ihnen in gesetzgebenden Körperschaften sitzen werden. Sie werden nach jedem Wahltag sehen, wie weniger von Ihnen in den Selbstverwaltungsorganisationen und Interessenvertretungen sitzen werden.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine demokratische Wende und viele Zahltage. Seien Sie sich sicher, wenn Sie so weitermachen und uns solche wunderbaren Dringlichen Anfragen bringen: Der nächste Zahltag, oder der übernächste, wird Ihr Zahltag sein. Ich freue mich schon darauf – und danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

16.14

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass durch die Diskussion, die bereits stattgefunden hat, klar zum Ausdruck gekommen ist, dass mit dieser Anfrage der Versuch gestartet werden soll, eine Realität zu erzeugen, die es in diesem Land überhaupt nicht gibt. Da wird der Versuch von Frau Partik-Pablé unternommen, Wien als eine Stadt darzustellen, die von Gewalt, Brutalität, Mord, Blut und Totschlag beherrscht ist.

Frau Kollegin! Wien ist nicht der FPÖ-Klub. Dort mag das stattfinden, aber in dieser Stadt findet das nicht statt. (Heiterkeit der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Wien ist eine sichere Stadt, in der die Menschen gerne leben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Bures! Wir stellen einmal klar: Es gibt in keiner dieser Fraktionen "Mord und Totschlag", jedenfalls nicht im strafrechtlichen Sinn. (Abg. Neudeck: Ist ja ungeheuerlich!)

Über politische Wertungen werde ich mich von hier aus selbstverständlich nicht äußern.

Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Es scheint hier aber ohne Zweifel eine gestörte Realitätswahrnehmung zu geben. (Abg. Neudeck: Von Ihnen!) Ich halte das für keinen Zufall, sondern für ein sehr bewusst eingesetztes Instrument. Wenn man sich die Anfrage anschaut, gewinnt man von den Autoren den Eindruck – Selbiges gilt hier und heute für die Redner der FPÖ –, dass da fast ein bisschen Gewaltsehnsucht mitschwingt.

Das hat natürlich System. Die FPÖ hat größtes Interesse daran, dass es instabile Verhältnisse, dass es Unruhe in diesem Land gibt. Dieses Interesse haben Sie deshalb, weil Sie ja immer mit autoritären Methoden vorgehen würden. Dann würden Sie sich leichter tun, Ihre autoritären Verhaltensweisen auch zu legitimieren, wenn dem so wäre, wie Sie sich das wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Aber das ist eben Ihr Verständnis, sozusagen Ihr Verständnis der Dritten Republik, das ist Ihr Verständnis der Freiheit, die Sie meinen. So stellen Sie sich den Umgang mit kritischen Menschen, den Umgang mit der kritischen Jugend, den Umgang mit anders denkenden Personen, kurz den Umgang mit Situationen, die Ihnen nicht recht sind, vor.

Herr Westenthaler! Da kann ihr Star-Verteidiger Graf herauskommen und sagen, was er will, es ist natürlich so: Sie hatten eine Verkehrskontrolle, Sie haben die Beamten "Scherzkeks" genannt, und Sie haben Worte wie "Sie sind ein Idiot", "ein Vollkoffer", "Sie sind ein Trottel" verwendet. Sie versuchten, es abzustreiten – nichtsdestoweniger handelte sich Westenthaler damit eine Anzeige und die rechtskräftige Verurteilung wegen Verletzung des öffentlichen Anstandes ein. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist falsch!)  – Das ist eine Tatsache, da können Sie herausschicken, wen Sie wollen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine Verurteilung! Verwaltungsstrafe! Wie oft sollen wir es noch richtig stellen?

Aber noch schlimmer verhält es sich bei Ihrem Umgang mit Frauen. Dabei haben Sie noch weit mehr Schwierigkeiten. Hier im Haus merkt man das auch an Ihren Zwischenrufen. (Abg. Ing. Westenthaler: Als Verwaltungsstrafe deklariert!) Mit Frauen tun Sie sich ganz besonders schwer. Da haben Sie es mit einer Beamtin zu tun, wie immer: zu schnell unterwegs, wie immer: unschuldige Menschen gefährdet. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist kein Urteil! Sie kennen sich nicht aus!) Was sagen Sie zu einer Beamtin, die Sie anhält und darauf aufmerksam macht? Wissen Sie, was Sie sagen? Wissen Sie noch, was Sie gesagt haben? – "Wissen Sie denn nicht, wen Sie vor sich haben? Es ist eine Frechheit, dass Sie einen Abgeordneten bestrafen wollen", haben Sie gesagt. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: ... in Ihrer Fraktion?)

Typisch für Ihre frauenfeindliche Umgangsweise ging es natürlich weiter, es handelte sich um eine weibliche Beamtin. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten einmal das Urteil ...!) Sie sagten: "Schauen Sie nicht so blöd, für Sie als Polizistin wäre es besser, wenn Sie einige Kilo abnehmen würden." (Ah-Rufe bei der SPÖ.) Das ist Ihr Umgang mit Personen, die nur ihren Pflichten nachkommen, weil es Situationen sind, die Ihnen zutiefst unangenehm sind und die Sie am liebsten beseitigen und wegschieben wollen. (Abg. Mag. Mainoni: Und was sagen Sie zu "Haider an die Wand"?)

Diese Umgangsformen pflegen Sie permanent. Was machen Sie denn laufend? – Es gibt laufend eine Klagsflut gegen Kritiker und Journalisten, die Sie mundtot machen wollen. Es gibt die Bespitzelung von Andersdenkenden, es gibt die Diffamierung des Bundespräsidenten, die bereits angeschnitten wurde. Es gibt die Beseitigung von Kritikern aus dem öffentlichen wie auch aus dem wirtschaftlichen Leben. Es gibt mit der heutigen Anfrage die Infragestellung demokratischer Rechte wie Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht.

Das ist Ihre Methode. In Ihrem Bild und in der Art, wie Sie Politik machen, gibt es nur Freund oder Feind, Gut oder Böse, und das Ziel ist immer das Auseinanderdividieren der Gesellschaft, das Entsolidarisieren der Gesellschaft und die Spaltung der Gesellschaft in allen Bereichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Beispielsweise geschieht dies durch Ihren sozialen Kahlschlag, indem Sie im Gesundheitswesen davon abgehen wollen, dass alle einzahlen, die Kranken wie die Gesunden, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, und hinzu kommt: Wenn du krank bist – Pech gehabt, zahle selber; wenn du noch dazu ein niedriges Einkommen hast – noch einmal Pech gehabt.

Das ist Ihre Politik und die Politik der ÖVP, Ihre Politik der sozialen Kälte, des Auseinanderdividierens von Gesunden und Kranken, des Auseinanderdividierens von Ausländern und Inländern, des Auseinanderdividierens eines Frauenbildes, von einem, das Ihnen passt, und einem anderen, das Ihnen nicht passt, nämlich das von selbständigen Frauen. Aber das wird nicht aufgehen. Diese politische Auseinandersetzung werden wir führen. Sie haben im gesamten letzten Jahr, seit Sie, die FPÖ, in Regierungsfunktion sind – Gott sei Dank! –, keine einzige Wahl gewonnen.


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Der Wähler sieht, was Sie tun, und er nimmt Ihre Schreckensszenarien, die Sie zu vermitteln versuchen, in Wirklichkeit nicht ernst. Aber ich verstehe die Panik der FPÖ, vor allem Ihre, Frau Partik-Pablé, knapp vor den Wahlen. Sie werden die Wahlen wie in der Steiermark und wie im Burgenland nicht gewinnen. Sie haben die Menschen und ihr Vertrauen missbraucht, und die Menschen haben das gesehen.

Ich war zwar ohnehin zuversichtlich, was den Wahlausgang in Wien angehen wird, aber seit der heutigen Dringlichen und seit Ihrer Rede bin ich geradezu siegessicher. Ich bin mir ganz sicher, dass wir diese politische Auseinandersetzung gewinnen werden. Wir werden diese politische Auseinandersetzung auch führen und den Menschen sagen: Hier (auf die Bankreihen von ÖVP und Freiheitlichen weisend) ist Entsolidarisierung, und hier (in Richtung SPÖ-Bänke) ist Solidarität. Hier (neuerlich auf die Bankreihen von ÖVP und Freiheitlichen weisend) steht man für die Ellbogengesellschaft – nur der Stärkere setzt sich durch –, und wir (in Richtung SPÖ) stehen für einen modernen Wohlfahrtsstaat. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

16.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte. (Abg. Parnigoni  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Der Interventions-Ingenieur hat schon beim Minister interveniert wegen seiner Beantwortung! – Abg. Ing. Westenthaler: Du wirst dann schon erfahren, warum!)

16.22

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Als Sicherheitssprecher der Österreichischen Volkspartei sage ich: Innenminister Ernst Strasser hat heute einmal mehr gezeigt, wie er Sicherheitspolitik interpretiert. Er hat damit auch der österreichischen Bevölkerung Sicherheit gegeben. Sein Wort vom rot-weiß-roten Innenministerium lebt er, es ist keine Worthülse, und ich möchte dir, Herr Bundesminister, für diese deine Aussagen heute ein Dankeschön sagen. (Allgemeiner Beifall.)

Es gibt auch keinen Zweifel darüber, dass all das, was er gesagt hat, professionell war, kompetent, unaufgeregt, so wie wir es uns seitens der Österreichischen Volkspartei von einem Bundesminister unserer Gesinnungsgemeinschaft erwarten – auch wenn von einer Seite Krokodilstränen fließen. Dem Kollegen Cap unterstelle ich nicht, dass er es nicht ehrlich gemeint hat. Er ist ein begabter Demagoge, das steht zweifelsfrei fest. (He-Rufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Kostelka: Ordnungsruf! – Abg. Nürnberger: Für "Demagoge" muss es einen Ordnungsruf geben! – Abg. Dr. Martin Graf: Aber "Mörder" darf man sagen!)

Na selbstverständlich ist er es! Ich habe es ja nicht abwertend gemeint. Das ist er nun einmal, und davon konnten sich alle überzeugen. Aber, Herr Kollege Cap, bei all dem ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Kiss! Das kann man so und so auffassen. Ich bitte Sie, den Ausdruck "Demagoge" nicht zu verwenden und ihn zurückzunehmen.

Abgeordneter Paul Kiss (fortsetzend): Das tue ich hiemit, Herr Präsident! Ich ziehe diesen Ausdruck zurück und sage, er hat uns einmal mehr ein Schauspiel seiner Kunst geboten. Ich habe mich manchmal natürlich auch des Schmunzelns nicht erwehren können, so wie auch andere Kollegen. Nur, Kollege Cap: Der Ernsthaftigkeit der Thematik war die Rede nicht angemessen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Cap, ich will gar nicht beckmesserisch sein, aber Sie haben in Ihrer zehnminütigen Rede mit keinem einzigen Wort das erwähnt, was Fakt ist, zum Beispiel, dass im Zuge von gewalttätigen Demonstrationen 88 Polizisten, wie ich einem Bericht des Bundesministeriums für Inneres, Abteilung II/6 entnehme, verletzt wurden. (Abg. Dr. Cap: Das ist zu verurteilen! – Abg. Öllinger: Warum haben Sie dann eine Anfrage gestellt?) Kein einziges Wort für jene Polizisten, die mit Leib und Leben für Ordnung, Ruhe und Sicherheit einstehen! Das enttäuscht mich massiv, und damit, Kollege Cap, haben Sie bewiesen, dass Sie es nicht ernst nehmen mit dem, was Sie gesagt haben. Das verurteile ich, und das hänge ich Ihnen an. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sie wissen, dass wir so etwas verurteilen!)


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Und ein Zweites, Kollege Cap, auch wieder an Ihre sehr persönliche Adresse, letztlich stellvertretend für die SPÖ Wien: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bürger Wiens, die Frauen und die Männer, die hier wohnen und arbeiten, eine so gewaltige Freude an Demonstrationen haben, die nicht angemeldet sind, an Demonstrationen, bei denen es Sachbeschädigungen gibt, bei denen Köpfe blutig geschlagen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Wählerinnen und Wähler, Ihre Funktionäre an der Basis, die Menschen, die das miterleben, ein Jahr lang miterleben, damit eine Freude haben! Kollege Cap, das müssen Sie sich mit Ihren Wählerinnen und Wählern ausmachen. Wir werden es den Menschen sagen, dass, sozusagen stellvertretend für die SPÖ Wien, Josef Cap in dieser prekären Situation offensichtlich auf die Menschen vergisst, bewusst vergisst. Das ist Ihre Politik, und die verurteilen wir! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Cap! Zum Beweis meiner These halte ich Ihnen etwas Rotes (eine Mappe mit rotem Einband in die Höhe haltend) entgegen – es müsste auch ein wenig Grün dabei sein –, nämlich jene Auszüge aus dem "TATblatt", sattsam bekannt, von mir in meiner Funktion als Sicherheitssprecher in den vergangenen Jahren, noch unter Caspar Einem, immer wieder mit einigen wirklich schönen rhetorischen Duellen hier im Parlament untermauert, als er Innenminister war, als wir miteinander in der Koalition waren: Mit keinem Wort, Kollege Cap, sind Sie auf all das, was hier im "TATblatt" erwähnt ist, eingegangen, wo SPÖ und Grüne der Anarchie, dem Chaos, der gewaltbereiten Szene, der Autonomen-Szene auch nur im Mindesten etwas entgegenhalten würden!

Ich habe hier in diesem Kompendium der Nationalbibliothek Hunderte Seiten aus dem vergangenen Jahr 2000, als sich die SPÖ, Herr Präsident Verzetnitsch, die Gewerkschaft als Österreichischer Gewerkschaftsbund solidarisierte mit Chaos, mit Anarchie, mit Gewalt. Das ist nicht eine Politik, die wir von der ÖVP wollen, und ich nehme an, auch die Freiheitliche Partei nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Cap! Ich nehme jetzt einmal nicht an, dass Sie das alles gelesen haben. Sie haben das "TATblatt" möglicherweise nicht einmal subskribiert. Aber ich werde Ihnen, wenn Sie daran interessiert sind, eine Kopie dieser Pamphlete, die widerlich sind, die staatszersetzend sind, in die Hand drücken, und ich bin überzeugt davon, dass Sie lernen, dass Sie das nächste Mal, wenn Sie zu diesem Thema reden, zweifelsfrei in schauspielerischer und talentierter Art und Weise reden werden, aber auf die eigentliche Thematik auch zu reden kommen werden, auf die Menschen, die unter diesen Demonstrationen leiden, auf all das, wozu hier in diesem "TATblatt" exemplarisch für viele andere Blätter, Zeitschriften und Illustrationen aufgerufen wird.

Ich kann mir nicht vorstellen, Kollege Cap, und ich kann mir das auch für die SPÖ-Führungsspitze in Wien nicht vorstellen, dass das die Intention Ihrer Politik ist. Wer sich von den Menschen entfernt, wer sich von diesem Rechtsstaat entfernt, wer nicht bereit ist, das zu verteidigen, wofür er kraft Gesetzes, kraft der Verfassung, kraft Eides und Gelöbnisses einsteht, der, Kollege Cap, hat meiner Meinung nach auf Dauer jeden Anspruch auf Solidarität, jeden Anspruch auf ein Wählervotum verwirkt.

Ich hoffe nicht, dass Ihre Bäume in den Himmel wachsen – im Gegenteil! Ich hoffe, dass sich die Menschen dieser Stadt dieser Themen bei der Wahl am 25. März erinnern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Nürnberger zu einer tatsächlichen Berichtigung vor. Bitte die Redezeit sowie die entsprechenden Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten.

16.28

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat behauptet, der ÖGB solidarisiere sich mit Gewalt und Chaos. – Das entspricht nicht den Tatsachen, das weise ich zurück!


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Wahr ist vielmehr, dass die Beschäftigten in diesem Lande, zum Beispiel heute in 220 Metallbetrieben 55 000 Beschäftigte, gegen Ihre unsoziale Politik in fairer, demokratischer Art und Weise demonstriert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Weil ihr sie aufhusst! – Abg. Kiss: Persönliche Erwiderung!)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Kiss wünscht eine persönliche Erwiderung. (Abg. Mag. Stoisits: Er ist ja nicht persönlich angesprochen worden!) Das ist nach der Geschäftsordnung nicht möglich, da er im zweiten Teil der Ausführungen nicht persönlich angesprochen war.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte. (Abg. Nürnberger: Herr Abgeordneter, ich bedanke mich für die Chance, dass ich das unterbringen konnte! – Abg. Ing. Westenthaler: Wir bedanken uns bei Ihnen, dass Sie diese Koalition ermöglicht haben, Herr Nürnberger! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler  – neuerlich in Richtung des Abg. Nürnberger –: Sie kriegen sicher noch einmal einen Orden von uns!)

16.30

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Als ich noch Student war – Herr Kollege Kostelka hat ja, neben anderen Personen, auch einmal an dieser Uni gelehrt –, habe ich mich bei meinem Studium des Öffentlichen Rechts – und auch danach – eigentlich immer gewundert, wozu es Bestimmungen in unserer Bundesverfassung beziehungsweise in einfachgesetzlichen Regelungen gibt, die es ermöglichen sollen, dass Abgeordnete ungehindert zu einem Plenartag, zu einer Parlaments- oder Ausschusssitzung gelangen können und dass der Staat die Verpflichtung hat, dafür Sorge zu tragen, dass gewählte Mandatare das Parlament ungehindert betreten können.

Damals, als Student, habe mich also gewundert, dass es so etwas noch gibt, denn ich konnte mir zu dieser Zeit nicht vorstellen, wozu man in einer entwickelten Demokratie eine solche Regelung überhaupt braucht – bis eben der 4. Februar 2000 gekommen ist! Seit diesem Tag weiß ich, wozu diese Bestimmung gut ist, wozu man sie braucht.

Da ist es mir – und vielen anderen Kollegen – so ergangen, dass wir auf der Fahrt zum Parlament von Demonstrationszügen auf der so genannten Zweier-Linie aufgehalten wurden. Die Polizei musste uns erst einen Weg zum Parlament bahnen, und über Umwege und mit einer Polizeieskorte ist es uns gelungen, ins Hohe Haus zu kommen. Ich möchte mich auch bei den Polizisten dafür bedanken, dass sie ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, damit eben der Nationalrat überhaupt tagen kann. Selbstverständlich nicht bedanken möchte ich mich hingegen bei den Demonstranten, die illegal demonstriert haben – und auch nicht bei jenen, die solche Demonstrationen permanent durch Aufrufe unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich jetzt höre, dass gesagt wird, die Gewerkschaft habe mit diesen illegalen Demonstrationen zum Teil nichts zu tun, so mag das vielleicht in dem einen oder anderen Punkt so stimmen, aber: Teilgewerkschaften solidarisieren sich permanent mit diesen Demonstranten, so etwa die GPA-Studenten Wiens, die GPA-Schüler und auch einige andere. Das sind jene Leute, die sich permanent – auch jetzt wieder – mit dem "TATblatt", gemeinsam mit den SPÖ-Frauen, dem VSStÖ, mit "SOS-Mitmensch", mit den Grünen als Partei oder mit grün-alternativen Studenten sozusagen ins Bett der Demonstrationsaufrufer begeben.

Heute habe ich hier von Kollegin Petrovic gehört: Wenn man mit jemand anderem auf Fotos aufscheint, dann indiziere man für die Öffentlichkeit, dass man sich mit den ebenfalls darauf Abgebildeten solidarisiere. – Frau Kollegin Petrovic, das ist es, was ich Ihnen und Ihrer Fraktion und auch den Linksextremen vorwerfe, nämlich dieses Messen mit zweierlei Maß: Recht gilt Ihrer Ansicht nach immer nur für einen selbst, der andere hat keine Rechte (Abg. Achatz: Vogelfrei!), ist vogelfrei. (Abg. Edlinger: Das ist ja nicht wahr! Sie können ruhig demonstrieren!)

Das ist es, was ich verurteile! Für den anderen gilt Ihrer Ansicht nach das nicht, was für Sie gilt – und umgekehrt!


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Dem Kollegen Cap bin ich aber sehr dankbar, hat er doch in witzig-launiger Art auch etwas Wahres gesagt, als er nämlich meinte: Sofort nach dem Lesen dieser Dringlichen Anfrage habe er aus dem Fenster gesehen, wo sich denn der "rot-grüne Mob" gerade befinde, wo dieser denn stehe. Damit hat Kollege Cap nämlich implizit zugegeben, dass es diesen rot-grünen Mob tatsächlich gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Er hat ihn nicht gefunden!)

Wäre sich Cap nämlich dessen sicher, dass es keinen rot-grünen Mob gibt, bräuchte er ja nicht aus dem Fenster zu blicken, um diesen zu suchen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie, Kollege Cap, haben ihn gesucht, weil Sie genau wissen, dass es ihn gibt!

Kollegin Bures meinte in ihrem Debattenbeitrag, von uns würden Realitäten aufgezeigt, die es überhaupt nicht gebe. 88 verletzte, zum Teil schwer verletzte Polizisten im vergangenen Jahr – und das alles im Zuge dieser Demonstrationen! –: Na bitte, wenn das nicht Realität ist, dann muss man schon fragen, ob da nicht manche selbst an Realitätsverlust leiden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Wie ist denn das, wenn plötzlich Parteilokale zerstört werden? "Zufällig" gerade solche der Freiheitlichen Partei, "zufällig" gerade solche der ÖVP. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist einzigartig in der Zweiten Republik!) Wo bleibt denn da Ihre Distanzierung von der Gewalt? Ist es Zufall, dass Abgeordnete seit Februar vergangenen Jahres sehr oft nicht mehr ungehindert ins Parlament kommen können? (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Cap: Na geh, bitte!) Ist das Zufall? Ist es auch Zufall, dass, seit die Grünen in Deutschland an der Macht sind, deutsche Soldaten in den Krieg ziehen müssen? Ist das alles Zufall? – Das bitte nur so als Gedankenspiel, was das Thema Gewaltbereitschaft anlangt.

Ist es Zufall, dass Parteilokale der politischen Mitbewerber FPÖ und ÖVP zerstört werden? Im 22. Bezirk etwa ist das passiert, ebenso in Wien/Innere Stadt, im 15. Bezirk und auch anderswo. In meinem eigenen Wohnbezirk, in der Donaustadt: vier Überfälle, ein Schaden an einem Parteilokal in Höhe von 250 000 S! Da geht es doch um Schäden, die einem von niemandem ersetzt werden! Das ist purer Vandalismus! Und immer passiert das an einem Freitag in der Nacht, und zwar zwischen 24 Uhr und 4 Uhr. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ist das Zufall – oder kann das vielleicht zusammenhängen mit politisch motivierten Randalierern, die auf dem Heimweg Parteilokale der Freiheitlichen aufsuchen, um diese zu zerstören?! Ist das Zufall – oder ist es keiner?

Ist es Zufall, dass sich die politische Auseinandersetzung, seit die Linken nicht mehr an der Macht sind, auf die Straße verlagert hat, dass die Straße mobilisiert wird? Ist es Zufall, dass Pilz von "Säuberungsaktionen" spricht, obwohl in Ihren Reihen die "Putztruppen" unterwegs sind, wie wir doch alle wissen?! (Abg. Öllinger: Wo denn?)

Ist es Zufall, dass Kollege Pilz permanent von "Wahltag ist Zahltag" spricht – und nichts dabei findet?! Wenn jedoch wir Freiheitlichen dies sagen, dann wird behauptet, das sei "NS-Jargon"! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Van der Bellen: Also, das sicher nicht!) Herr Kollege! Das haben wir hier im Hohen Haus von Frau Kollegin Stoisits gehört. Es gab diesen Slogan einmal, aber jetzt ist das alles normal. Der Standort bestimmt also bei Ihnen den Standpunkt. Das ist Ihre linke Ideologie, die wir nicht teilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

16.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich während der Rede des Kollegen Graf, aber auch schon vorher bei den Reden der Koalitionsabgeordneten, in die Reihen der Freiheitlichen Partei geblickt und da eigentlich nur verstörte Gesichter gesehen habe, war für mich klar (Abg. Mag. Trattner: Du musst einmal zum Optiker gehen! – Abg. Ing. Westenthaler: Eine Brille von Fielmann!): Nicht einmal den freiheitlichen Abgeordneten, die sich hier abgemüht haben – auch nicht den ÖVP-


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Abgeordneten –, ist es gelungen, irgendeine Motivation für diese Anfrage aufzubauen, irgendein Feuer hineinzubringen, irgendeine Glaubwürdigkeit in das, was Sie da herbeizureden versuchen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie wollen schon wieder Feuer hineinbringen! Er will schon wieder zündeln!)

Meine Damen und Herren! Das ist ja entsetzlich, das ist ja beschämend! Wir hatten hier im Jänner eine – zugegebenermaßen etwas verunglückte – Dringliche Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie wollen schon wieder Feuer! Zündeln wollen Sie!) Ihnen von den Freiheitlichen aber ist es gelungen, diese von der "Qualität" her noch bei weitem zu übertreffen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe mich auf diese meine Rede gründlich vorbereitet (Abg. Neudeck: Die Vorbereitung ist der Scheitel links, sonst haben Sie nichts gemacht!) und habe mir gedacht: Ja, es ist wichtig, zum Demonstrationsrecht Stellung zu nehmen. – Und dann ist dieser eine Satz von Frau Abgeordneter Partik-Pablé gefallen, der alles über den Haufen geworfen hat. Frau Abgeordnete Partik-Pablé, es tut mir wirklich Leid, aber Sie haben den Satz gesagt: "Herr Öllinger! Die Gewalt ist Ihnen nicht fremd!"

Das, Frau Kollegin Partik-Pablé, hat mich wirklich völlig durcheinander gebracht. Frau Abgeordnete Partik-Pablé, Sie machen uns im Untersuchungsausschuss – ich finde das wirklich sehr angenehm – auch manchmal einen Kaffee. Hätten Sie mich nicht bei dieser Gelegenheit fragen können: Kollege Öllinger, wie halten Sie es mit der Gewalt? In diesem Untersuchungsausschuss gibt es ein wirklich amikales Klima, und es war dort bisher wunderbar zu arbeiten. Sie, Frau Kollegin Partik-Pablé, haben dort den Vorsitz bisher auch immer ordentlich geführt, was Ihnen ja die Oppositionsparteien bestätigt haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dann nehmen Sie dazu Stellung! Erklären Sie’s! – Abg. Dr. Martin Graf: Das haben wir euch schon hundertmal gefragt! Sie haben sich nie distanziert!)

Aber hätten Sie nicht zumindest einmal, wenn Sie wirklich glauben, da handle es sich um einen Gewalttäter, um einen, dem Gewalt nicht fremd ist, mir gegenüber irgendeine Äußerung dazu machen können? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben sich nie davon distanziert! Der Herr Van der Bellen hat sich nie distanziert!) Hätten Sie das nicht tun sollen?  – Nein, Sie haben das nicht getan, denn Sie wissen ohnehin selbst, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, wie geradezu lächerlich diese Ihre Aussage war. Und wenn man Sie nach Ihrer Rede beobachtet hat, dann weiß man auch, dass es Ihnen dabei nicht sehr gut gegangen ist. (Abg. Dr. Martin Graf: Legen Sie ein Bekenntnis zur Gewaltfreiheit ab! Ein Bekenntnis zur Gewaltfreiheit wollen wir hören! Gibt es jetzt so ein Bekenntnis oder nicht?)

Im Übrigen sage ich nur mehr den Schlusssatz: Herr Bundesminister, ich bin sehr froh über die Art und Weise, wie Sie diese Anfrage beantwortet haben. (Beifall bei den Grünen.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: In keiner grünen Rede ein Bekenntnis zur Gewaltfreiheit! In keiner! Noch nie! – Abg. Mag. Kogler: Für dich machen wir eine Extra-Schicht! – Heiterkeit bei den Grünen.)

16.40

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Nürnberger, schöne Grüße von Herrn Abgeordnetem Kiss. Ich habe mir das angesehen. Natürlich gibt es in den "TATblättern" einige Solidaritätsadressen mit der Gewerkschaft und an die Gewerkschaft und auch Aufrufe der Gewerkschaft, an bestimmten Demonstrationen und Auseinandersetzungen teilzunehmen. – So viel sei nur zum Wahrheitsgehalt gesagt. (Abg. Silhavy: Haben wir Demonstrationsfreiheit in Österreich oder nicht?)

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! (Abg. Silhavy: Was ist jetzt: Haben wir in Österreich Demonstrationsfreiheit oder nicht?) Ich werde Ihnen jetzt etwas sagen: Ich bin über die Art und Weise, wie Sie hier Diskussionen führen, schwerstens betroffen. Ich habe mich in Vorbereitung


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auf die heutige Diskussion, Frau Kollegin, ein bisschen im Internet umgeschaut und mir das "TATblatt" angesehen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pilz, aber auch Herr Kollege Cap, weil Sie so herzlich gelacht haben! "A Happy New Year, dear WEGA!" Sie kennen das nicht, aber es gibt darin noch einige Solidaritätsadressen in Richtung SPÖ – das sage ich Ihnen dann –, in denen ungestraft Folgendes steht: Wir haben das Auto, den Privat-PKW eines Bullen heute Nacht angezündet. – Und dann steht auch dabei, wie man das macht.

Meine Damen und Herren! In Österreich werden ungestraft Anleitungen, Rezepte für Gewalttätigkeit angeboten. Das war bitte nicht vor zehn und nicht vor zwanzig Jahren. (Abg. Silhavy: Anzeigen! Zeigen Sie es an! – Abg. Mag. Wurm: Zeigen Sie es doch an!) Meine Damen und Herren! Wir reden darüber, ob es linke Gewalt gibt. Ich zeige Sie Ihnen hier. Es gibt sie leider Gottes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß natürlich, dass das wehtut, natürlich sind Sie betroffen. Ich bin aber noch mehr betroffen, meine Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Machen Sie eine Anzeige!) Herr Kollege Edlinger! Ich bin noch mehr betroffen. (Abg. Edlinger: Machen Sie eine Anzeige!) Unter derselben Internet-Adresse steht ein paar Seiten weiter (Abg. Mag. Wurm: Zeigen Sie es an! – Zwischenruf der Abg. Silhavy ): FPÖ-Bezirkslokale durchlüftet. – Man ist wahnsinnig stolz darauf, vergisst auch nicht hinzuzuschreiben, dass das "TATblatt" an sich, Herr Kollege Einem, natürlich nichts damit zu tun hat, sondern dass das anonym zugespielt wurde, so wie auch Herrn Pilz immer wieder Dinge anonym zugespielt werden. (Abg. Silhavy: Wie dem Westenthaler! – Abg. Edlinger: So wie Westenthaler und Herrn Böhmdorfer!) Man berichtet von einem Durchlüften der Parteilokale.

Es gibt keine Gewalt, meine Damen und Herren? Es gibt keine linke Gewalt? Ist Ihnen alles fremd? – Aber hier machen wir uns lächerlich, Herr Kollege Cap? (Abg. Edlinger: Machen Sie eine Anzeige! – Abg. Mag. Wurm: Zeigen Sie es doch an! Zeigen Sie es an!) Ich bin betroffen über die Art und Weise, wie man sich in Österreich zur linken Gewalt verhält. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen! Ein paar Seiten weiter gibt es eine Internet-Adresse "MayDay2000". All das ist verlinkt. Ich frage mich nur, woher die Linken das Geld für diese Links haben, das kostet viel Geld. Darin steht, meine Damen und Herren: Rechtshilfeformulare sind unter der Adresse "www.Gruene.at" anzufordern, also mit parlamentarischer Hilfe der Grünen. Was heißt denn das, meine Damen und Herren? – Das heißt, wenn man bei der gewalttätigen Beteiligung bei Auseinandersetzungen erwischt wird, wird von den Grünen der Rechtsschutz finanziert und bezahlt. Ich gratuliere, Herr Kollege Van der Bellen! Es gibt keine Gewalt, und wenn es sie gibt, dann helfen die Grünen, dass diejenigen, die sie begehen, herausgerissen werden. Das ist nicht meine Vorstellung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin entsetzt über das Naheverhältnis der Grünen zur linken Gewalt, meine Damen und Herren, wobei ich mich eigentlich gar nicht so sehr zu wundern brauche angesichts dessen, was erst vor kurzem über Herrn Kollegen Joschka Fischer, seines Zeichens deutscher Außenminister, aufgetaucht ist. Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen! Sie lachen jetzt wieder. Das ist nichts zum Lachen! (Abg. Dr. Van der Bellen: Lesen Sie die "Neue Zürcher"! Bilden Sie sich!) Ich habe gesehen, wie der jetzige Außenminister der Grünen, Joschka Fischer, auf einen am Boden liegenden Polizisten mit Händen und Füßen eingedroschen hat. Das ist nicht die Gewaltlosigkeit, die ich mir von einem Grünen erwarte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Was hat Van der Bellen damit zu tun?)

Das war im März 1973. Sie solidarisieren sich mit Herrn Joschka Fischer. (Abg. Öllinger: Da hat es die Grünen noch gar nicht gegeben!) Sie waren im Zuge der Sanktionen, die gegen Österreich verhängt wurden, bei ihm. "Einen Teufel werde ich tun!", das hat dieser Herr gesagt. Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Das war im März 1973. (Abg. Öllinger: Eben! 1973 war das!)


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Im Dezember 1975 gab es den OPEC-Überfall, bei dem Herr Joschka Fischer eine unrühmliche Rolle gespielt hat, und man prozessiert ja jetzt.

Aber es gibt keine linke Gewalt, meine Damen und Herren von den Grünen! Dem Polizisten Weber hat man zwei Drittel seiner Haut verbrannt. All das ist nicht linke Gewalt, sondern das ist irgendwie passiert. Bis heute hat sich Herr Außenminister Fischer nicht zu entschuldigen gewusst, obwohl er für den "Putztrupp" verantwortlich war, und das gibt er auch zu. Der "Putztrupp" hat auch Molotow-Cocktails geschmissen. (Abg. Ing. Westenthaler: Kein einziger distanziert sich von den Grünen! Van der Bellen hat sich auch nicht distanziert!) Herr Kollege Öllinger! Aber es gibt keine linke Gewalt. Ich bin entsetzt über Ihr Verhalten in diesem Hause! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pilz! Sie haben wörtlich Folgendes – in der Grün-Alternativen-Zeitschrift abgedruckt – gesagt:

Ich sage es euch jetzt exklusiv: Ich bin kein Freund der Polizei. Das wird auch der Punkt sein, wo wir es verstehen müssen, parlamentarische und außerparlamentarische Arbeit zu verbinden. – Zitatende.

Was meinen Sie denn damit, Herr Kollege Pilz? – Ich kann Ihnen sagen, was Sie damit meinen. Ich habe jetzt einige Polizistenattentate aufgezählt und Ihren geistigen Hintergrund miterklärt: Für mich sind diese Sachen klar, meine Damen und Herren!

Ich lehne auch namens der ÖVP Gewalt ab – egal, ob diese von Links oder von Rechts kommt. Wir haben ein klares Verhältnis, meine Damen und Herren, aber nicht auf diese Art und Weise. Ich bin entsetzt über Ihr Verhalten in dieser ernsten Diskussion. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Er hat das Wort.

16.46

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als in Deutschland die Bader-Meinhof-Bande auf dem Höhepunkt ihres unseligen Wirkens war und Buback ermordet wurde, erschien in deutschen linken Zeitungen ein Brief, der so genannte Mescalero-Brief, in dem sich – natürlich anonym – verschiedene Personen der Gesellschaft, der linken Schickeria, zu diesem Mord nicht persönlich als Täter, aber von der Idee her bekannten. Sie sprachen von "klammheimlicher Freude".

Diese klammheimliche Freude, meine Damen und Herren von den Grünen, habe ich jetzt in Ihren Gesichtern gesehen, und das ist auch auf den Bildern, die von der Kamera produziert werden, mitzuverfolgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie darüber lachen, wenn über (Rufe bei den Grünen: Über Sie!) verletzte Polizisten und über Gewalttaten gesprochen wird, dann ist das erbärmlich und schäbig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich möchte Ihnen bezüglich der Anfragebeantwortung noch etwas unterstützend unter die Arme greifen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie haben davon gesprochen, dass Besucher auf dem Weg zur freiheitlichen Veranstaltung in der Stadthalle im Wesentlichen gut geschützt durchgekommen sind. Ich zitiere nur eine von vielen Meldungen von Polizisten:

Um zirka 19.45 Uhr konnte ich wahrnehmen, wie einer Person der Zutritt zu der Veranstaltung gewaltsam verwehrt wurde. Die männliche Person wurde durch die Störer entlang der Sperrgitter getrieben. Dabei wurde er mehrfach zu Boden gerissen und mit Gegenständen und Holzlatten beworfen und geschlagen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ganz "ungehindert" zur Veranstaltung gelangt!) Im Bereich meiner Position wollte der Mann sich über das Sperrgitter retten und sich bei uns in Sicherheit bringen. Er wurde massiv durch mehrere Störer an den Kleidungsstücken zurückgezerrt und erhielt Stöße gegen den Körper. Ich versuchte, der Person Platz zu


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machen und ihm mit einem Schild Deckung zu geben. Während die Person nun so endlich über das Sperrgitter steigen konnte, wurde ich durch die Täter attackiert. – Zitatende.

Herr Bundesminister! Das verstehe ich nicht unter "freiem Zugang" zu einer Veranstaltung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie verweisen bei der Beantwortung der Fragen 3 und 4 auf die Anfragebeantwortung 1628/AB, die hier im Hause leider noch nicht eingetroffen ist. Vielleicht könnten Sie die Beantwortung nachholen. Sie müsste eigentlich nach den Regeln der Geschäftsordnung schon da sein.

Herr Bundesminister! Sie sprechen vom rot-weiß-roten Weg, der in aller Welt Bewunderung findet. – Er findet auf jeden Fall beim "TATblatt" Bewunderung, dort steht:

Die Teilnehmer der Donnerstagsdemonstrationen haben die Interpretation des Versammlungsrechts durchgesetzt, die einer demokratischen Gesellschaft entspricht. – Zitatende.

Ist es wirklich so, dass Sie sich mit den Teilnehmern der Donnerstagsdemonstration identifizieren? Ex-Minister Einem ist so beschäftigt. Vielleicht ist dieses Exemplar des "TATblatt" auf der Druckmaschine gedruckt worden, die Sie dem "TATblatt" damals gespendet haben, Herr Ex-Bundesminister Einem!

Es geht um die Terminologie dieses Blattes, das Sie hier unterstützen. Das ist kein Käseblatt, es ist gemeingefährlich, meine Damen und Herren von den Grünen! Da ist die Rede von: Bezirkslokale durchgelüftet, einige technische Verbesserungsarbeiten durchgeführt. – Wissen Sie, was das ist? – Auf diese Art und Weise hat die SA in den dreißiger Jahren verschiedene andere Lokale gestürmt und haben die Kommunisten in der Zwischenkriegszeit agiert. So agieren die Leute, die und deren Blätter Sie unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist bereits so, dass im Rahmen der Demonstrationen Häuser gestürmt werden, man geht hinauf, trommelt bei Leuten an die Türe, weil man glaubt, dass sie Äußerungen getätigt haben, die den Demonstranten unten nicht genehm waren. Es gibt darüber – Herr Bundesminister, vielleicht sollten Sie einmal nachlesen – auch Meldungen und Anzeigen bei der Polizei, und zwar nicht nur eine, sondern mehrere.

Ich möchte auch gar nicht davon reden, dass gewaltsam versucht wurde, hier in das Hohe Haus einzudringen, dass Sachbeschädigungen in der Höhe von mehreren hunderttausend Schilling angerichtet wurden und man geplant hat, die Fahne vor dem Haus bei der Hissung herunterzureißen, den weißen Streifen zu entfernen und die roten Fetzen zu hissen, wie es die Kommunisten 1919 bei der Ausrufung der Republik gemacht haben, als sie eine Räterepublik und keine freie wollten. Das sind verdächtige Parallelen zu manchen Vorgangsweisen.

Abschließend noch eines: Wenn man zum Parlament fährt, dann sieht man Plakate der Kommunisten, auf denen steht: "Der Hass ist rot".

Ich habe manchmal den Eindruck, der Hass in diesem Land ist rot-grün! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. (Abg. Kiss: Wie viele Minuten hat er noch, Herr Präsident?) – Die SPÖ hat 10 Minuten, die Freiheitlichen haben 9 Minuten, die ÖVP hat 6 Minuten, und die Grünen haben 13 Minuten. Herr Abgeordneter Murauer hat – freiwillig – 3 Minuten Redezeitbeschränkung. (Abg. Kiss: Sechs!) – 6 Minuten. – Bitte.

16.51

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Inneres! Meine Damen und Herren! Mein Beitrag wird weniger kabarettistisch sein. Es tut mir Leid, mir fehlen vielleicht auch die Fähigkeiten des Dr. Cap. (Abg. Dr. Mertel: Das stimmt! Das stimmt!) Aber


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solch ein Thema wie ein Kabarett abzuführen, Frau Kollegin Mertel, hat mich während der Diskussion schon sehr eigenartig gestimmt. (Abg. Dr. Mertel: Es kommt auf die Vorredner an!) Es geht um politische Systeme, wie uns Kollege Pilz mitgeteilt hat. Ich möchte mich daher mit der Gewalt der Worte auseinander setzen. Ich möchte mich mit den Worten und der Sprache der Linken (Abg. Parnigoni: Vielleicht der Rechten!) auseinander setzen und werde Ihnen das auch im Rahmen eines Kabaretts darstellen, Herr Edlinger!

Eines möchte ich in diesem Zusammenhang nicht verabsäumen: Ich möchte daran erinnern, dass die ganze Gewaltbereitschaft natürlich auch ideologische Grundlagen hat. Ich zitiere hier Otto Bauer aus dem Jahre 1919, der via sozialistischem Verlag, der, so nebenbei gesagt, auch in Konkurs gegangen ist, Folgendes mitgeteilt hat:

Wenn unser Volk die Notwendigkeiten der Stunde nicht begreift, wenn sich die besitzenden Klassen dem Notwendigen unvermeidlich widersetzen, dann würde der Sozialismus freilich auf andere Weise kommen. – (Abg. Dr. Mertel: Zitieren Sie Dollfuß!)

Otto Bauer schrieb weiters – hören Sie mir zu! –: ... die Folge eines furchtbaren Sturms, der zuerst alles zerstört, alles vernichtet, damit dann auf den Trümmern der alten Welt eine neue ersteht. – Zitatende. (Abg. Edlinger: Das hat Dollfuß gemacht! Genau das hat er gemacht!)

Das ist die ideologische Grundlage, die uns Pilz mit "politischem System" hier mitgeteilt hat. (Abg. Edlinger: 1935! Dollfuß 1935! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Weiters darf ich Ihnen das Kabarett, das in Steyr, in meiner Heimatstadt, aufgeführt wurde ... (Abg. Haidlmayr: Sie sind nicht aus Steyr!) – Bitte? (Abg. Haidlmayr: Sie sind nicht aus Steyr, Sie sind aus Sirfling ...! – Allgemeine Heiterkeit.) – Frau Haidlmayr! Wo bin ich zu Hause? (Abg. Kiss  – in Richtung des Redners –: Walter! Wo bist du wirklich zu Hause? Bist du aus Steyr oder nicht?) Danke vielmals. In Steyr wurde ein Kabarett im Jugendkulturzentrum aufgeführt. Daher möchte ich die Kultur auch noch ein wenig durchleuchten.

Meine Damen und Herren! Die Herren Stermann und Grissemann haben dort auch ein Kabarett aufgeführt. Was waren die Inhalte dieses Kabaretts, meine Damen und Herren? – Sie waren nicht gewalttätig, Herr Öllinger, es ging nicht um Gewalt und selbstverständlich auch nicht um das politische System. Man meinte nur: Man müsste Haider – ich zitiere – erschießen. Irgendjemand, der nur noch zwei Monate zu leben hat, sollte das tun. – So lautete der Aufruf zum Mord.

Ein Weiteres: Neben dem Mordaufruf gegen FPÖ-Chef Haider meinte er ... (Abg. Dr. Pilz: In Sirfling?) – Kollege Pilz! Verstehen Sie mich nicht? – Sie können mich hören, aber leider nicht verstehen. Das ist Ihr Problem! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Das ist ein Irrtum, das ist Ihr Problem!)

Es geht nicht um Haider, meinten die Kabarettisten weiter, sondern es geht um jene, die die Regierung wählen, und das sind alles Schweine. Haider ist einer, aber 28 Prozent der Österreicher machen über 1 Million aus, und das sind A ...

Meine Damen und Herren! Das ist selbstverständlich gewaltfrei, selbstverständlich kein "politisches System". Seit dem 4. Februar vergangenen Jahres bewegt uns eine Botschaft, die ebenfalls nichts mit Gewalt zu tun hat, nämlich die Botschaft: "Widerstand, Widerstand: Haider, Schüssel an die Wand!"

Meine Damen und Herren! Führen wir uns vor Augen, was dahintersteckt! Angesichts dessen redet man von Freiheit, redet man von Toleranz, die von der Gesellschaft eingefordert wird und die man sich auf die Fahnen schreibt. Selbstverständlich müssen die Demonstrationen gestattet sein, unser rot-weiß-roter Innenminister hat das klargestellt. Aber es geht nicht an, die Gewalt bei der Demonstration quasi mitzuführen und dann darüber zu lachen. Aber, Herr Kollege Pilz, von Ihnen erwarte ich nichts anderes. Aber auch andere meinen, dass es lächerlich sei. (Abg. Dr. Mertel: Tancsits war lächerlich!)


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Meine Damen und Herren! Es ist dies ein ernstes Kapital, und ich möchte mit folgendem Zitat schließen: An den Taten und Worten mögen die Österreicher erkennen, was eigentlich von linker Seite auf uns zukommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

16.57

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe erfahren, dass die Anfragebeantwortung, auf die ich bei der Frage 12 verwiesen habe, erst heute im Parlament eingelangt ist, und zwar fristgerecht, wie mir gesagt wurde. Daher möchte ich diese Frage noch mündlich beantworten, weil ich verstehe, dass ein derartiger Verweis als nicht statthaft angesehen werden könnte.

Zur Frage 12 trage ich daher nach: Bei den Demonstrationen wurden 559 Beschädigungen an Uniformen beziehungsweise Ausrüstungsgegenständen, 45 Beschädigungen beziehungsweise Verschmutzungen an Dienst-Kfz sowie 265 Beschädigungen zum Nachteil sonstigen fremden Eigentums verzeichnet. Die Höhe des Schadens an den Uniformen beziehungsweise Ausrüstungsgegenständen und Dienst-Kfz der Exekutive beläuft sich in diesem Zusammenhang auf 578 000 S. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sind die "friedvollen" Demonstrationen! – Abg. Dr. Khol: Das sind die "gewaltfreien" Demonstrationen, für die sich auch die Grünen im "TATblatt" bedanken!)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich kann das bestätigen, meine Damen und Herren! Die Anfragebeantwortung 1628/AB trägt die Unterschrift des Herrn Ministers vom 31. Jänner und ist heute, am 1. Feber, hier im Hohen Haus eingelangt.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

16.58

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Diese Diskussion, die wir heute über linke Gewalt führen, ist notwendig, und es wird nicht die letzte Diskussionsrunde sein, meine Damen und Herren! Es wird einen Fortsetzungsroman geben, und zwar einen Roman Ihrerseits, denn das, was wir heute gehört haben, war romanhaft. Gerade Ihr Hohngelächter von der linken Seite, meine Damen und Herren, hat bewiesen, dass Sie auf der Seite der Täter sind und nicht auf der Seite der hundert verletzten Polizisten.

Meine Damen und Herren! Sicherheitskräfte sind keine "Scheißbullen", wie es die Linke des Herrn Pilz skandiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das sind Sicherheitskräfte, die sich im Dienste des Staates, der Republik Österreich, für die Bürger einsetzen! (Abg. Schwemlein: Dann bring das dem Westenthaler bei!) Schändlich ist das, was Sie hier heute, Kollege Schwemlein, abgeliefert haben. Ich rate dir, die Diskussion in deinem Wahlkreis so zu führen, wie du dich heute hier aufgeführt hast. (Abg. Reitsamer: Sagen Sie das Westenthaler!)

Meine Damen und Herren! Da sind die Gutmenschen unterwegs, wenn es gilt, die Scheinheiligkeit und Wehleidigkeit zuoberst zu kehren. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Da sind sie wahrlich meisterhaft unterwegs: die Randalierer, die Gewalttäter, die verbale und körperliche Gewalt ausüben, mit dem Palmwedel des Feigenblattersatzes, diesen auf die Schlägerhand zu pflanzen, meine Damen und Herren! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

"Auf geht’s gegen den Schweinestaat!", wie die linken Brüder des Herrn Pilz skandieren – das ist nicht unsere Sache, meine Damen und Herren! Wir sind die Verteidiger der demokratischen Republik Österreich – und nicht auf der Seite des Herrn Peter Pilz! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Spuren führen von Joschka Martin Fischer über Herrn Klein auch nach Österreich. (Abg. Öllinger: Klein oder Kleindienst?) Herr Bundesminister! Es wird sehr interessant sein zu hinter


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fragen, in welchem Zusammenhang Herr Joseph Martin vulgo Joschka Fischer – Klein, Mord, OPEC – tätig gewesen ist. – Ich stelle nur diese Frage. Die Frage sei gestattet, ob man auch mit den bundesdeutschen Behörden in dieser Causa zusammenarbeitet. Diese Frage wurde nicht von mir gestellt, sondern in dem bekannten "rechtsextremen" Blatt "Der Spiegel", meine Damen und Herren! Das heißt also, Herr Bundesminister, wir werden uns auch im Sinne der Rechtshilfe zu fragen haben, wo die Täter sind.

Meine Damen und Herren! Die Pilzens, die Petrovicens, die Voggenhubers sind immer dabei, wenn es darum geht, zu skandieren. (Abg. Öllinger: Auf mich haben Sie vergessen, bitte!) – Nur einer steht verkleidet im Hintergrund: Herr Van der Bellen. Er kommt immer nur dann, wenn die Luft wieder rein ist. Das unterscheidet ihn von Herrn Fischer. Joschka hat ordentlich hingelangt – hoffentlich nicht bei Ihnen, als Sie zu Besuch bei ihm in Berlin waren, Herr Van der Bellen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Pilzens und Petrovicens sind vor Ort, meine Damen und Herren! Weil heute von Kabarett gesprochen wurde, möchte ich kurz Herrn Qualtinger, Herrn Karl, zitieren, der gesagt hat: "Da liegt einer, da pickt einer. Ein Unfall, ein Feuer, da bin ich immer gerne dabei." – Herr Pilz ist schon vor dem Feuer dort, wenn es gilt, die Lunte zu legen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gusenbauer champagnisiert in Paris, Van der Bellen parliert mit Joseph Martin vulgo Joschka Fischer. Fischer musste natürlich auch seine Brötchen verdienen, meine Damen und Herren! Zuerst als Schulabbrecher, Lehrabbrecher, nicht besonders qualifiziert, Intellektueller von eigenen Gnaden, hat er auch seine Bedürfnisse. – Zitat aus einem Magazin: Sein Geld verdankte er – so erinnern sich SDS-Veteranen – der partiellen Enteignung von Buchhändlern und Verlegern. Er verkaufte geklaute Bücher.

Meine Damen und Herren! Das sind Ihre geistigen Freunde! Das sind jene, welche auch in Europa die Gewalt predigen und von denen sich Herr Van der Bellen als Wolf im Schafspelz noch nie distanziert hat.

Zu guter Letzt, Frau Silhavy, zu einer Anfrage Ihrerseits zu einem Polizeieinsatz in Graz. Sie sprechen von einem brutalen Polizeieinsatz in Graz und nicht von der Brutalität der Täter! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Das ist eine Gemeinheit! "Stoiber ist ein Faschist!", "Stoiber ist ein Rassist!" – mit Gewalt wurde skandiert! Und diese Herrschaften verteidigen Sie, und die "Scheißbullen" – nach Ihrer Diktion – werden von Ihnen beschimpft! Mir graut vor Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das habe ich nie gesagt!)

17.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem.

Zuvor gelangt noch Frau Abgeordnete Silhavy zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Er wurde ja schon aufgerufen!)

17.04

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Abgeordneter Haigermoser hat soeben gesagt, ich hätte die Demonstranten, also die Täter und nicht die Opfer geschützt, und ich hätte das Wort "Scheißbullen" verwendet.

Erstens habe ich dieses Wort "Scheißbullen" jetzt in diesem Moment zum ersten Mal verwendet, und ich verwahre mich dagegen, dass Sie mir solche Dinge unterstellen.

Zum Zweiten habe ich eine Anfrage gestellt. In der Anfrage habe ich mich auf eine E-Mail bezogen, die ich bekommen habe. Ich habe den Herrn Innenminister gefragt, was es denn mit den Anschuldigungen auf sich hat. Er hat das genauso wie heute in seiner sehr ehrlichen, offenen


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56. Sitzung / Seite 143

und in einer staatstragenden Art beantwortet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Das war ein Redebeitrag und keine tatsächliche Berichtigung!)

17.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Berichtigung war das keine!

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Einem. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: "TATblatt"-Günstling!)

17.05

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Achtenswerter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Verbrüderung findet statt!) Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Frau Kollegin, ich habe den Eindruck gewonnen, dass Sie vielleicht derzeit gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe sind. Das täte mir Leid. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist unglaublich! – Abg. Dr. Ofner: Das ist unerhört! – Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich habe den Eindruck gehabt, dass Sie Grippe haben, dass Sie daher gehustet haben. Ich sage das deswegen ausdrücklich, weil ich denke, es sollte zumindest anerkannt werden. (Abg. Böhacker: Das ist dieselbe Frauenfeindlichkeit wie beim Herrn Kollegen Pilz! Das ist unglaublich! – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist sexistisch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich habe den Eindruck, dass Sie, aber durchaus auch einige von der ÖVP ein bisschen zu oft im dunklen Wald allein spazieren gegangen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Ich habe bei Ihnen heute den Eindruck gehabt, dass Sie dann, wenn Ihnen der Mumm für die kommenden Wahlen in Wien fehlt (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie werden sich wundern!), offenbar keine andere Wahl haben (Abg. Neudeck: Das ist sogar unter Ihrem Niveau!), als sich gewissermaßen eine Feindpuppe aufzublasen. (Abg. Dr. Martin Graf: "TATblatt"! Spenden! Sie sind einer der politischen Drahtzieher!) Sie versuchen, den Wienerinnen und Wienern die gleiche Angst zu machen, die Sie offenbar selbst haben, indem Sie eine große Feindpuppe aufblasen und Geschichten erzählen (Ruf bei den Freiheitlichen: Die braucht man nicht mehr aufzublasen!), die mit der Realität nicht sehr viel zu tun haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Distanzieren Sie sich einmal von den gewalttätigen Demos!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erkläre hier sehr klar und eindeutig, dass jede einzelne Straftat, ob das jetzt eine Straftat gegen Personen oder gegen Vermögen ist, von uns abgelehnt wird und dass wir jeden einzelnen Verletzten, den es gegeben haben mag, bedauern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Hohes Haus! Das aber, was Sie von der Freiheitlichen Partei und von der ÖVP hier heute versucht haben, ist, anhand von Einzelfällen Geschichten aufzublasen, als ob wir hier in Österreich in einem Land lebten, in dem sich die Menschen fürchten müssten. Das Gegenteil ist wahr. (Abg. Jung: Ihre Wortblasen! – Abg. Kiss: 88 verletzte Exekutivbeamte! 88 verletzte Polizisten im vorigen Jahr!)

Frau Partik-Pablé! Diese Strategie, die Sie heute hier angewandt haben und betreiben, ist erbärmlich, aber sie passt leider Gottes zu der Methode, wie Sie sich positionieren. Vermutlich haben Sie auch zu viele Gruselgeschichten gelesen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Von verletzten Polizisten, ja? – Abg. Kiss: Das ist kein Wunder, dass Sie Vranitzky gestampert hat!)

Aber die Wienerinnen und Wiener, die Österreicherinnen und Österreicher, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen keine Angst zu haben. Die Daten, die der Herr Innenminister bekannt gegeben hat, sprechen eine eindeutige Sprache. Sie sprechen nicht für das Massenphänomen der Gewalt. Sie sprechen dafür, dass es 99 Verletzte zu viel gegeben hat – das ist keine Frage – und dass es zu viele Sachbeschädigungen gegeben hat, sie sprechen aber nicht für Unsicherheit in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Regierung stützt sich auf 54 Prozent der Wählerstimmen, aber Sie versuchen die volle Machtergreifung. Das ist das Problem, das es momentan gibt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Was ist es anderes, um nur zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zu nennen, wenn Sie den erfahrenen und überaus qualifizierten Generaldirektor der ÖIAG aus dem Amt drängen, weil er Ihnen nicht mehr zu Gesichte passt? (Abg. Kiss: Was hat das mit Gewalt von links zu tun? Sie dreschen dieselben Phrasen wie andere von der linken Seite! Das ist intellektuell unter Ihrem Niveau!) Was ist es anderes, wenn Sie qualifizierte Präsidenten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger aus dem Amt drängen, weil sie sich erlaubt haben, ihre Pflicht zu erfüllen und dabei unter anderem auch kritische Worte für Ihre Politik gefunden haben?

Wenn Sie uns versprechen – wie Sie das gestern hier getan haben –, Sie wollten eine unabhängige Medienbehörde, in Wahrheit aber nach der Macht im ORF greifen, dann ist das der Griff nach der vollen Macht mit 54 Prozent, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Sie haben einen Unabhängigen verhindert!)

Hohes Haus! Sie von den Regierungsfraktionen greifen nach der ganzen Macht, und Sie wollen deshalb auch keine kritischen Stimmen hören. Sie wollen Ihre Kritiker mundtot machen! (Abg. Kiss: Dieselben Sprechblasen hören wir von jedem Redner aus der SPÖ! Hohl aufgeblasen! Heiße Luft!) Sie wollen die demokratischen Rechte, die es in diesem Land gibt, beschneiden. Ihnen sind unabhängig denkende Menschen zuwider. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen verdeutlichen. Ihnen ist der unabhängige ORF zuwider, der berichtet, der Informationen weitergibt, und daher trachten Sie danach, den unabhängigen ORF voll für die Regierungsseite zu vereinnahmen. (Abg. Kiss: Warum reden Sie nicht zum Thema? Wer hat Ihnen diese Rede aufgesetzt?) Ihnen sind unabhängige Forscherinnen und Forscher zuwider, und daher schaffen Sie jetzt ein Dienstrecht, das dazu führt, dass diese Forscherinnen und Forscher hinkünftig vor Ihren Eingriffen Angst haben müssen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ihnen sind unabhängig denkende und unabhängig handelnde Universitäten als wissenschaftliche Institutionen zuwider, und deswegen versuchen Sie, sie jetzt mit der Zuteilung der Investitionsmittel zu knebeln und in Ihre Richtung zu treiben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Kiss: Diese Rede haben Sie doch schon gestern gehalten zu einem anderen Thema! Wortwörtlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wollen auch keine kritische Öffentlichkeit, daher hat Herr Klubobmann Khol anlässlich der Frage des Postzeitungsversandes erklärt, dass es darum gehe, Schafe und Böcke zu trennen. – Das ist die Form von Beeinträchtigung der demokratischen Öffentlichkeit, die Sie sich vorgenommen haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber damit nicht genug, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sie wollen auch keine unabhängigen Staatsanwälte. Sie werden sich vielleicht nicht mehr daran erinnern, aber Sie haben gestern einen Antrag unserer Seite niedergestimmt, eine unabhängige Staatsanwaltschaft zu schaffen – weisungsgebunden, aber unter einem unabhängigen Chef.

Sie wollen keine unabhängigen Richter. Erinnern Sie sich daran, wie die Frau Vizekanzlerin zu diesen Fragen Stellung genommen hat, weil sich ein unabhängiger Untersuchungsrichter erlaubt hat, Untersuchungen gegen Freiheitliche voranzutreiben.

Sie wollen auch keine unabhängigen Beamten oder Beamten, die unabhängig und ausschließlich dem Gesetz verbunden handeln, und haben daher die Polizeibeamten bis hinauf zu Generaldirektor Buxbaum einer unvergleichbaren Hatz unterworfen.

Sie wollen keine unabhängigen Einrichtungen der Arbeitnehmervertretung. Sie wollen keine unabhängigen Arbeiterkammern, Sie wollen keine unabhängigen Gewerkschaften, deswegen


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vergeht kein Tag, an dem Sie nicht versuchen, diese Einrichtungen mundtot zu machen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Politik, die Sie betreiben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie wollen auch keine selbständigen und selbstverwalteten Sozialversicherungsträger, daher jetzt ein Exempel gegen das Präsidium dieser Sozialversicherungsträger.

Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, überziehen die Polizei mit einem Netz von Spitzeln, um Einzelfälle zu bekommen, die Sie dann zu Ihren Feindpuppen aufblasen können, die Sie uns hier vorführen, um der Bevölkerung Angst zu machen.

Das ist die Gefährdung der demokratischen Rechte, und das geht in Richtung autoritäres System. Das lehnen wir ab, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich bringe daher abschließend folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Einem und Genossen betreffend Anfragebeantwortung des Bundesministers für Inneres zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Partik-Pablé, Tancsits und Kollegen

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat begrüßt die vom Bundesminister für Inneres in seiner Anfragebeantwortung dargestellte österreichische Praxis in der Handhabung des Demonstrationsrechtes und ersucht ihn, diese Linie fortzusetzen.

*****

(Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.13


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56. Sitzung / Seite 146

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dr. Einem eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nach § 55 Abs. 1 GOG über unselbständige Entschließungsanträge hat Herr Klubobmann Khol mir gegenüber behauptet, der Antrag würde nicht mit der Vollziehung im Zusammenhang stehen. Ich bin nicht dieser Meinung! Es geht um die Handhabung des Demonstrationsrechtes und darum, diese Linie fortzusetzen. Daher bin ich der Meinung, er ist sehr wohl ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist euer Demokratieverständnis!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Tancsits zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.14

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Einem hat in seiner Rede behauptet, wir wollen keine unabhängigen Richter, wir wollen keinen unabhängigen ORF und so weiter.

Wahr hingegen ist: Wir wollen unabhängige Richter, einen unabhängigen ORF und so weiter. Wahr ist aber auch: Die SPÖ hat gestern in diesem Hause die Einrichtung einer unabhängigen Medienbehörde verhindert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Restliche Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

17.15

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nur einen einzigen Satz zu meinem Vorredner Caspar Einem: Bitte kaufen Sie sich das Buch des ehemaligen Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, Sika, und lesen Sie es! Jede andere Antwort erübrigt sich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zweitens: Wenn 100 Verletzte von ebendiesem Vorredner so abgetan werden – was ist das schon, es sind zwar 100 zu viel, aber was macht man so viel Aufhebens? –, dann frage ich Sie, was da los wäre – links –, wenn die ÖVP und die Freiheitlichen demonstrieren würden und es 100 Verletzte gäbe. Gnade uns Gott! Weltweit würde man uns prügeln, und jeder einzelne Verletzte wäre eine Katastrophe! Aber nach der Ansicht ehemaliger Innenminister aus diesem Bereich sind 100 Verletzte zwar 100 zu viel, aber in Wahrheit ist das kein Anlass, um Aufhebens zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber es genügt, wenn man sich die Sprache, die in dieser Gruppe verwendet wird, in Erinnerung ruft und vor Augen führt. Es genügt, wenn man im Parlament, in den Gassen und Straßen rundherum ein bisserl spazieren fährt und sich anschaut, was auf den Wänden steht. Da wird Widerstand beschworen. Ein Vorredner hat es schon erklärt: "Haider, Schüssel an die Wand, Widerstand im ganzen Land!" –, also Aufruf zum Mord! Aber das Wort "Widerstand", den wir alle als Symbol für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus empfinden, so zu missbrauchen, ist in Wahrheit eine Verniedlichung eines verbrecherischen Regimes der Vergangenheit, der man nicht scharf genug entgegentreten kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe heute einmal mehr in der Josefstädter Straße an einer Wand "Aufstand!" und in der Alser Straße "FPÖVP weg, Krieg!" gelesen. – Das ist der Aufruf zum Bürgerkrieg!

Das ist unerhört, das ist skandalös, das ist aber auch grenzenlos dumm, denn die haben noch nicht erlebt, wie ein Bürgerkrieg und ein Krieg sein können, die solche gemeinen ... (Abg. Heinzl: Sie auch nicht!) – Ich schon, mein Lieber! In mein Fenster haben sie schon hineingeschossen, da warst du vielleicht noch nicht auf der Welt! Ob es der Schutzbund war oder die Polizei, das weiß ich nicht, aber hineingeschossen haben sie bei mir am Lerchenfelder Gürtel – ich war so (der Redner macht eine Handbewegung, um die Größe anzuzeigen) klein. Aber das passt dir vielleicht nicht, weil ich ein Zeitzeuge bin, aber du nicht, das ist das Entscheidende. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber die verbrecherischen Dummköpfe, die diese Sachen auf die Mauern sprayen, haben nicht alle Tassen im Schrank! Sie verdienen unsere Verachtung und unsere Zurechtweisung. Wenn Cap sie als rot-grünen Mob bezeichnet hat, dann wird er wissen, wovon er redet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das nächste Kapitel: der Spruch "Haut die Bullen flach wie Stullen". – Dass das so wörtlich genommen wird, dass sich sogar ein späterer deutscher Vizekanzler diesen Wahlspruch zu Eigen macht, habe ich mir gar nicht vorgestellt, auch wenn ich die Gründlichkeit der Bundesdeutschen ins Auge gefasst habe. Er war bei der "Putztruppe": "Putztruppe" bezeichnet mit Vorsatz, man will prügeln, das heißt, dass es nicht so ist, dass man irgendwo in ein Handgemenge verwickelt wird. Die Truppe ist aufgestellt – wahrscheinlich Vergleichsmöglichkeit mit anderen Bereichen –: Man will hingehen, um zu prügeln, und man tut es dann auch. "Putztruppe" heißt, man räumt den Schmutz weg: Der "Schmutz" ist die Polizei.

So kommt man dann zu den anderen Sprüchen: "Einen Scheiß werde ich euch ..." – im Deutschen Bundestag gesagt –, oder auch zu dem Spruch "Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat" – der ist zur Abwechslung nicht aus Deutschland, sondern aus Österreich, und Sie kennen ihn ganz gut, meine Damen und Herren!


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Ich habe einen Entschließungsantrag einzubringen, von dem ich nicht weiß, wer ihn außer mir noch hat. Ich werde ihn daher noch während meiner kostbaren Zeit verlesen müssen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Kiss und Kollegen betreffend Handhabung von Demonstrationen

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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56. Sitzung / Seite 148

Der Nationalrat ersucht den Bundesminister für Inneres, die Politik zur Bekämpfung von Gewalt auf der Straße fortzusetzen und konsequent gegen Extremismus und Gewalt vorzugehen.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Außerhalb der Zeit! Das geht nicht! Außerhalb der Redezeit! Das geht nicht!)

Macht euch um uns keine Sorgen, auch nicht, was die nächste Wahl anlangt! Die Regierungsparteien werden wie in der Steiermark (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen) 60 Prozent haben und die Sozialdemokraten 38 Prozent. So wird es das nächste Mal sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist erschöpft, Herr Abgeordneter!

Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Kiss gemeldet. Restliche Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

17.20

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Den Weg, den Ernst Strasser skizziert hat, ein rot-weiß-rotes Innenministerium zu führen, haben wir ganz massiv zu unterstützen. Dies ist etwas anderes, als es die linke Seite dieses Hauses heute getan hat, nämlich der Gewalt, dem Extremismus das Wort zu reden. Wir sind dafür, dass der Gewalt und dem Extremismus eben nicht die Mauer gemacht wird, so wie es Cap verblödelt hat beispielsweise (Abg. Edlinger: Hallo, was ist denn das? "Verblödelt" hat er gesagt!), zu einem Thema, wo Menschen, Polizisten, Männer, Frauen, Jugendliche unter diesem Extremismus in Wien beispielsweise leiden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Kiss und Kollegen betreffend Handhabung von Demonstrationen

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat ersucht den Bundesminister für Inneres, die Politik zur Bekämpfung von Gewalt auf der Straße fortzusetzen und konsequent gegen Extremismus und Gewalt vorzugehen.

*****

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Kostelka –: Distanzieren Sie sich von der Gewalt!)

17.22

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Hohes Haus! Die Sozialdemokratie lehnt Gewalt überall ab: auf der Straße, in der Familie und auch in der Politik. (Abg. Neudeck: Wo? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und wir werden dies auch unter Beweis stellen (Beifall bei der SPÖ und den Grünen), indem wir diesem Antrag die Zustimmung erteilen. Es gibt kein Argument, warum man nicht unterstützen sollte, dass der Herr Bundesminister Gewalt auf der Straße oder wo auch immer bekämpft. Und wir sind auch dafür, dass Extremismus und Gewalt eine entsprechende Antwort von Seiten der Exekutive finden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die SJ ist überall dabei!)

Meine Damen und Herren! Interessant wird werden, ob Sie die Äußerungen des Herrn Bundesministers zur Praxis der Handhabung des Demonstrationsrechtes bejahen und ihn ersuchen, in der weiteren Zukunft entsprechend vorzugehen. Das ist unser Antrag, und unser Antrag hat zum Ziel, den vom Herrn Bundesminister mit Recht gerühmten österreichischen Weg weiterzugehen und das Demonstrationsrecht in Österreich zu wahren.

Für mich ist Ihr Antrag schlicht und einfach der Versuch, sich um diese Frage eines demokratischen Grundrechtes herumzuschwindeln. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Hören Sie auf! Das ist doch lächerlich!) Sie bringen einen eigenen Antrag ein, um nicht die Antwort auf die Frage geben zu müssen: Wie halten Sie es mit den Grundrechten der Demokratie, beispielsweise der Demonstrationsfreiheit? (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation ist ernst. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Stören die Versammlungen!) Aber, meine Damen und Herren und Frau Kollegin Partik-Pablé, Sie haben sich nicht enthalten, den heutigen Tag im Nationalrat zu Ihrem Wahlkampfauftakt zu machen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie stören die Versammlungen!) Sie haben bedenkenlos versucht, Stimmung zu machen mit der Angst vor Gewalt, anstatt mit uns gemeinsam Gewalt zu bekämpfen. Meine Damen und Herren! Das disqualifiziert Sie, das disqualifiziert Sie als Partei und als Spitzenkandidatin in Wien. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Distanzieren Sie sich doch!)

17.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Kiss eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Van der Bellen –: Jetzt hätten Sie eine große Chance!)

17.25

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Es liegen jetzt zwei Entschließungsanträge vor: der eine von Herrn Einem, der andere von Herrn Kiss, da der von Herrn Ofner offenbar nicht richtig eingebracht wurde.

Der Antrag von Herrn Einem heißt: "Der Nationalrat begrüßt die vom Bundesminister für Inneres in seiner Anfragebeantwortung dargestellte österreichische Praxis in der Handhabung des Demonstrationsrechtes und ersucht ihn, diese Linie fortzusetzen."


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Diesen Antrag von Herrn Dr. Einem werden die Grünen unterstützen. (Abg. Dr. Ofner: Aber nein!) Natürlich! (Abg. Ing. Westenthaler: Welche Überraschung!) Es ist kein Geheimnis, dass wir mit der Anfragebeantwortung von Herrn Innenminister Strasser heute sehr einverstanden waren, aus dem schlichten Grund, weil sie korrekt war. Das haben auch andere ... (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Damit will ich es auch bewenden lassen, weil es irgendwie peinlich ist, wenn man bei einem Minister besonders hervorheben sollte, dass er sich korrekt verhalten hat, und zwar nicht nur in der Anfragebeantwortung, sondern auch in der Sache, in der Handhabung des Demonstrationsrechts. Nur: Verstehe ich das richtig, ahne ich das korrekt, Herr Klubobmann Khol, dass die ÖVP und die FPÖ diesem Antrag nicht zustimmen werden? (Abg. Dr. Ofner: Van der Bellen! Hände falten!) Was ist das für ein Signal? Sie sind nicht einverstanden mit der Handhabung dieses Demonstrationsrechts? Mir kommt das sehr merkwürdig vor. (Abg. Dr. Martin Graf: Distanzieren Sie sich endlich einmal von der linken Gewalt!) Gut, Sie wollen das nicht mehr kommentieren. Sie haben natürlich auch keine Zeit mehr.

Wir werden auch dem Entschließungsantrag von Herrn Kiss zustimmen (Abg. Ing. Westenthaler: Verhelfen Sie uns auch noch zu einem Erfolg?), denn selbstverständlich, das Innenministerium, die Polizei, die Exekutive sind dazu da, die Gewalt zu bekämpfen, auch die Gewalt auf der Straße zu bekämpfen, no na – das ist die Aufgabe der Exekutive und ihres Vorstandes, des Herrn Innenministers –, und konsequent gegen Extremismus und Gewalt vorzugehen, selbstverständlich, gegen Gewalt, worin auch immer sie bestehen mag. (Abg. Ing. Westenthaler: Und jetzt die Distanzierung, bitte!) Alkoholisierte Lenker von Fahrzeugen, Werfen von Steinen – das ist alles indiskutabel, und die Polizei ist dazu da, das nach Möglichkeit zu verhindern, selbstverständlich. (Abg. Ing. Westenthaler: Wenn Sie sich jetzt noch distanzieren, ist der Abend gerettet!)

Aber dass Sie dem Antrag, der Aufforderung an den Innenminister, an der bisherigen Praxis der Handhabung des Demonstrationsrechtes festzuhalten, nicht zustimmen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, aber vor allem von Seiten der ÖVP, das wundert einen schon sehr, muss ich sagen. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ein No-na-Antrag!) Ihren eigenen Minister wollen Sie in dieser Form nicht bestätigen. (Abg. Dr. Khol: Wir haben einen eigenen Antrag!) Dass die FPÖ mit diesem Entschließungsantrag unzufrieden ist, das versteht jeder (Abg. Dr. Khol: Wieso?), das braucht man nicht näher zu erläutern. Man hat nur zu verfolgen brauchen, welchen Aufruhr das Ganze hier in diesem Reichsviertel verursacht hat.

Aber dass die ÖVP ihren eigenen Innenminister nicht bestätigt und begrüßt, dass er das Demonstrationsrecht in dieser und keiner anderen Form bisher, sagen wir, gewahrt, gepflegt und so weiter hat und dass er diese Linie fortsetzen soll, darauf mag sich wohl jeder seinen Reim machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Einem und Genossen betreffend Anfragebeantwortung des Bundesministers für Inneres zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Partik-Pablé, Tancsits und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein angemessenes Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Edlinger  – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Das ist eine Schande!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kiss und Genossen betreffend Handhabung von Demonstrationen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein guter Antrag!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies mehrheitlich angenommen. (E 55.)


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56. Sitzung / Seite 150

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nunmehr zur Durchführung der kurzen Debatte betreffend den Antrag der Abgeordneten Dr. Krüger und Dr. Baumgartner-Gabitzer, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 370/A der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer "KommAustria" und andere Bundesgesetze eine Frist bis 28. Februar 2001 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zu Wort gelangt zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

17.31

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir gestern bei der Debatte zur "KommAustria" auch einen derart einheitlichen Konsens gehabt hätten, was meiner Meinung nach demokratiepolitisch durchaus wünschenswert gewesen wäre, dann würde ich jetzt nicht dastehen, um den Antrag auf Fristsetzung zu begründen.

Dieser Antrag auf Fristsetzung wird eingebracht, weil eine dringende Erledigung der Lizenzanträge von Privatrundfunkveranstaltern notwendig ist.

Ich erinnere daran, dass der Verfassungsgerichtshof im vergangenen Jahr die Lizenzen von sehr vielen Privatrundfunkbetreibern wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben hat. Begründet wurde die Verfassungswidrigkeit damit, dass eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag als Lizenzbehörde erster Instanz per se verfassungswidrig ist.

Der Verfassungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es der Verfassung immanent wäre, eine Lizenzbehörde zu schaffen, die der Weisungsgebundenheit eines Ministeriums unterliegt und damit die Kontrollmöglichkeit durch das Parlament eröffnet.

Nur unter der Voraussetzung einer durch Verfassungsbestimmung zustande kommenden "KommAustria" könnte die Einrichtung einer verfassungsgebundenen Lizenzbehörde entfallen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag zielt darauf ab, dem Verfassungsausschuss eine Frist bis 28. Feber 2001 einzuräumen beziehungsweise zu setzen, innerhalb derer die Materie abzuhandeln und dann dem Plenum zur Beschlussfassung zu übergeben ist.

Wieso die Dringlichkeit? – Nach der Aufhebung der Bescheide durch den Verfassungsgerichtshof ergingen so genannte vorläufige Lizenzbescheide. Die Privatrundfunkbehörde trat am 19. Dezember 2000 zusammen und erließ zugunsten der bisherigen Lizenzinhaber vorläufige Bescheide, die auf die Dauer von sechs Monaten befristet sind. Diese sechs Monate laufen am 19. Juni aus. Das heißt, dass die Privatrundfunkbetreiber, wenn es nicht rasch legistische Maßnahmen gibt, dazu verurteilt wären, ihren Betrieb einzustellen.

Was das bedeutet, nehme ich an, wissen Sie, auch wenn sich das Interesse an dieser Debatte offensichtlich in engen Grenzen hält. Das würde nämlich bedeuten, dass die Betreiber dem Konkursrichter anheim gestellt werden. Wir nehmen daher diese Sorge sehr ernst. Da Sie leider Gottes verhindert haben, dass es zu einer weisungsfreien, durch die Verfassung garantierten, unabhängigen "KommAustria" kommt, bleibt uns nichts anderes übrig, als einen Initiativantrag


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56. Sitzung / Seite 151

einzubringen – dieser Verpflichtung sind wir gestern nachgekommen –, der vorsieht, dass es zu einer "KommAustria" in einem verkleinerten Ausmaß kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können uns jetzt nicht weiter spielen. Wir müssen zu einer Beschlussfassung kommen, widrigenfalls wir eine Insolvenzlawine der Privatradioveranstalter auslösen. Das kann nicht in unserem Interesse sein, zumindest ist es keinesfalls im Interesse der Freiheitlichen Partei und auch nicht im Interesse der Volkspartei. Wenn die SPÖ ihre eigenen parteipolitischen Interessen höher stellt als das Interesse der Privatrundfunkbetreiber, ist das ihre Sache. Das haben sie selbst auszumachen.

Wir jedenfalls wurden von Vertretern der Privatindustrie, nämlich der Privatrundfunkbetreiber, wiederholt aufgefordert, hier schleunigst dafür Sorge zu tragen, dass es zu dieser "KommAustria" kommt. Wenn es zur Schaffung einer weisungsfreien, unabhängigen und durch die Verfassung abgesicherten "KommAustria" in der gestern zur Diskussion gestandenen Form – wozu wir ja Ihre Zustimmung brauchen – nicht kommen sollte, dann müssen wir als weiteren Ausweg, wie es der Verfassungsgerichtshof vorsieht und es ja der verfassungsrechtliche Regelfall ist, notgedrungen die verkleinerte "KommAustria" weisungsgebunden im Bundeskanzleramt einrichten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Die Redezeit der Abgeordneten beträgt ab nun 5 Minuten. – Bitte.

17.36

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben inhaltlich über diese Materie gestern sehr lang gesprochen.

Was war es, was die Opposition, was war es, was die Sozialdemokraten einwendeten? – Wir sagten, so eine bedeutende Materie, wo es um die Regulierung der Medienlandschaft geht, soll im Ausschuss ordentlich beraten, eventuell einem Unterausschuss zugewiesen werden. Da sollen Experten gehört werden. Wir haben um Zeit gebeten, wir haben um Mühe gebeten bei der Beratung eines so wesentlichen Vorhabens.

Ich habe von hier aus gestern darauf hingewiesen, dass es eine der wesentlichsten Voraussetzungen ist, dass die Regierung endlich den Bericht, zu dem das Parlament sie beauftragt hat, nämlich über das digitale terrestrische Fernsehen, dem Parlament vorlegt, damit auch diese Schlussfolgerungen hier einfließen können. Dieser Bericht ist nicht da.

Sie stellen heute einen Fristsetzungsantrag, mit dem Sie uns zwingen, diese Materie bis 28. Februar, also bis zum Ende dieses Monats, in dem die Energieferien sind, in dem nicht so viele Ausschusswochen sind, in dem wir keinen Unterausschuss, kein Hearing abhalten können und diesen Bericht der Regierung nicht haben, zu behandeln.

Das zeigt, dass Sie die Materie nicht ernst nehmen. Das zeigt, dass Sie den Nationalrat nicht ernst nehmen, und das zeigt auch, dass Sie auf Anregungen der Opposition überhaupt nicht eingehen.

Wir haben gegen solch eine Vorgangsweise, gegen einen derartigen Beschluss heute und gegen solch eine kurze Frist, so arg das auch sein mag, kein rechtliches Mittel. Ich möchte Ihnen nur sagen, das ist eine Vorgangsweise, für die Sie sich als Parlamentarier schämen sollten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Das ist eine dilettantische Gesetzgebung, die Sie mit verantworten!)

17.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

17.38

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern wurde leider die Einrichtung einer unabhängigen Medien


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behörde von der Opposition verhindert. Das ist Tatsache, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist ganz anders, als es Herr Abgeordneter Schieder es hier darzustellen versucht hat, nämlich dass wir nicht bereit wären, auf Gespräche einzugehen, dass wir uns nicht Zeit und Mühe gegeben hätten und dass wir diese bedeutende Materie mit Experten zu beraten haben.

Das wurde alles getan, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja das große Missverständnis, das uns die Opposition jetzt einzureden versucht. Wir haben monatelang versucht, Gespräche zu führen. Wir haben den Sozialdemokraten und den Grünen sogar Termine um Termine genannt. Leider ist kein gemeinsamer Termin zustande gekommen. Herr Abgeordneter Cap, das wissen Sie ganz genau!

Es haben sich die Fundamentaloppositionellen zu unserem großen Bedauern in der so wichtigen Materie durchgesetzt. Sie, Herr Kollege Cap, haben uns vier Stunden, bevor wir zu verhandeln begonnen haben, in einer Aussendung der APA mitgeteilt: "Cap sieht keine Chance auf Einigung". – Das war vier Stunden, bevor wir zu verhandeln begonnen haben! So, meine Damen und Herren, schauen ernsthafte Gespräche mit uns nicht aus.

Sie wollen nämlich auch keine unabhängige Medienbehörde. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, Sie wollen das Mikado-Spiel, das Sie seit 15 Jahren in der Medienpolitik betreiben, leider weiterspielen: Der Erste, der sich rührt, hat verloren!

Sie übersehen aber, dass die neuen Medien ein dynamischer und rasanten Änderungen unterworfener Bereich sind und dass die Rezepte von gestern nicht für morgen passen. Wir als problem- und sachorientierte Politiker sehen die Notwendigkeit, diesen rasanten Entwicklungen Rechnung zu tragen. Und da wir auf Grund der Aufhebung der Behörde des Regionalradiogesetzes durch den Verfassungsgerichtshof bis zum 1. April eine Regelung fertig bringen müssen, müssen wir also bis zum nächsten Termin im Plenum eine entsprechende Behörde schaffen und werden das auch tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

17.41

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich fürchte, dass bis Ende Februar (Abg. Auer: Fürchten Sie sich nicht!) das, was von Experten- und Expertinnenseite als notwendig erachtet wurde, nämlich ein umfassendes Medienpaket vorzulegen, Ihrerseits nicht getan werden wird. Hätten wir die Sicherheit, dass es tatsächlich zu einer Diskussion über Privatradiogesetz, Privatfernsehgesetz, Rundfunkgesetz, also die ORF-Novelle, und das Kartellrecht gemeinsam mit der Regulierungsbehörde kommen könnte, dann ließe sich das sicher auch sehr kurzfristig diskutieren und möglicherweise auch – zumindest in Teilbereichen – konsensual regeln. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass sich das bis Ende Februar bewerkstelligen lässt.

Daher drängt sich hier der Eindruck auf, dass Sie von Anfang an vorhatten, eine einfachgesetzliche Regelung zu schaffen, dass Sie nicht wirklich an einem Verfassungskonsens interessiert waren. Und dann finde ich es allemal ehrlicher, wenn Sie diese weisungsgebundene Behörde schaffen, bevor es eine pseudounabhängige Behörde gibt, wo man dann nicht einmal nachweisen kann, dass es sehr wohl einen De-facto-"Weisungszug" gibt. Dann stehen Sie auch zu Ihrer politischen Verantwortung und dann soll es so sein. Aber dann tragen Sie diese Verantwortung auch allein. Unsere Stimmen werden Sie dazu nicht bekommen.

Ein Allerletztes möchte ich auch noch thematisieren. Herr Abgeordneter Krüger! Da Sie hier an die Bereitschaft appellieren, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen, muss ich sagen: Wenn Sie nicht einmal für Ihre eigene Person in der Lage sind, parlamentarische Beschlussfassungen zu respektieren und zu akzeptieren, dann ist es wohl ein bisschen sehr viel verlangt, von


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der Opposition, die immer mit sehr klar anderen Forderungen in Verhandlungen gehen wollte, die Sie jedoch verweigert haben, dies zu erwarten.

Herr Abgeordneter Krüger, eines werden Sie schon noch in der Öffentlichkeit erklären müssen, nämlich wieso Sie als Parlamentarier der Erteilung von vorläufigen Bewilligungen zustimmen, obwohl Ihnen in diesem Punkt die Opposition angeboten hat, dass eine verfassungsrechtliche Lösung zumindest befristet, nämlich bis zu einem umfassenden Medienpaket, möglich wäre. Das heißt, wir hätten hier Rechtssicherheit schaffen können. Das wollten Sie nicht.

Sie stimmen im Parlament dieser vorläufigen Regelung zu, mit Ihrem anderen Hut als Anwalt aber fechten Sie genau diese Regelung vor dem Verfassungsgerichtshof an. Was soll ich da über die Haltung der Person Krüger denken? – Als Parlamentarier dafür, als Anwalt dagegen; jedenfalls aber immer auf der profitablen Seite. (Beifall bei den Grünen.) Wenn Ihre gesamte Medienpolitik so ausschaut, dann kommt ja einiges auf uns zu. (Beifall bei den Grünen.)

17.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 370/A der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer und Dr. Krüger eine Frist bis 28. Februar 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlungen über den 6. Punkt der Tagesordnung betreffend Bericht des Rechnungshofausschusses wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Lexer. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Reinhold Lexer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Binder und Herr Abgeordneter Faul haben sich in der Debatte zum Rechnungshofbericht mit der Situation des Straßenbaues in Niederösterreich in scharfer Weise auseinander gesetzt, und zwar nicht nur hier im Hohen Haus, sondern sie haben dies auch über die Medien, über eine Presseaussendung wiederholt. Es dürfte den beiden Kollegen entgangen sein, dass erstens die Dinge, die sie kritisieren, bereits mehr als fünf Jahre zurückliegen und damit Geschichte sind und dass zweitens, wie mir aus Niederösterreich glaubhaft versichert wird, bereits vor dem Vorliegen des Rechnungshofberichtes wirkungsvolle Maßnahmen getroffen wurden, sodass wir den Straßenbau in Niederösterreich als vorbildlich und zeitgemäß bezeichnen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Binder und Herr Kollege Faul! Bitte nicht gleich rotsehen, wenn ein Schwarzer zuständig ist, und sich fair und sachlich mit der Materie auseinander setzen! Nur so kommen wir weiter. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Herr Kollege! Sind Sie auf einem fairen Weg unterwegs?) – Ich denke, wenn das nächste Mal Themen aus Ihrem Bereich diskutiert werden, dann werden Sie meine Fairness auch merken können. (Abg. Gradwohl: Das nächste Mal!) Heute ist leider ein ÖVP-Bundesland betroffen, ich kann daher nicht über andere Bereiche reden.

Nun möchte ich ein paar allgemeine und grundsätzliche Überlegungen anstellen und meine Wahrnehmungen zum Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes aus meiner beruflichen Praxis, aus dem Bericht der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Korruption und aus der Diskussion im Ausschuss vorbringen.


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Ich glaube, dass bei der Betrachtung von Bauverfahren die Zeit vor der Auftragsvergabe zu wenig berücksichtigt und beleuchtet wird. Ich glaube, dass die eigentlichen Fehlerquellen gerade in der Zeit vor der Auftragsvergabe zu suchen sind. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir nicht nur die Fehler ausmerzen, sondern dass wir bereits diese Fehlerquellen aufspüren und zu beseitigen versuchen.

Drei Punkte sind für mich in dieser Phase wesentlich: erstens eine sorgfältige Planung – die Planung muss auch von einer Kontrolle begleitet werden –, zweitens eine genaue und transparente Leistungsbeschreibung als Grundlage für die Ausschreibung und drittens eine umfangreiche und berechenbare Bodenanalyse, die als Grundlage wichtig ist.

Schon bei der Planung muss vermieden werden, dass bereits auf die Zukunft eingegangen wird und Bieter durch bestimmte Planungsleistungen bevorzugt werden. Eine sorgfältige und exakt spezifizierte Planungs- und Leistungsbeschreibung verhindert in weiterer Folge den Interpretationsspielraum der Betroffenen, der meistens zu überhöhten Nachforderungen und zu rechtlichen Auseinandersetzungen führt. Ich glaube, das ist auch sehr wichtig: Je exakter hier im Vorfeld gearbeitet wird, desto weniger Zores gibt es dann im Nachhinein. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Ausschuss ist auch zu Recht angemerkt worden, dass neben dem technischen und dem kaufmännischen Know-how und der Berufserfahrung im Baubereich das juristische Wissen von immer größerer Bedeutung ist. Wir haben auch erfreut zur Kenntnis genommen, dass uns die Behördenvertreter mitgeteilt haben, dass auf diesen Umstand bereits durch Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagiert wurde.

Es sind das natürlich nur einige wenige Punkte, die ich ansprechen möchte. Insgesamt aber glaube ich, dass diese Problematik dann endgültig entschärft werden kann, wenn wir auch in diesem Bereich, im Hochbau und im Straßenbau, ausgliedern und privatisieren. Durch diese Verlagerung in die private Wirtschaft können diese Vorkommnisse im Vorfeld von Ausschreibungen und kann auch Korruption zumindest im öffentlichen Bereich unterbunden werden.

Wenn wir diesen Bereich privatisieren, dann werden die öffentlichen Stellen eben Nutzer und Mieter und nicht mehr Bauherren sein. Es wird dann wichtig sein, dass die Mietverträge exakt ausgearbeitet werden und dass die Ausstattungsbeschreibungen ebenfalls exakt definiert werden. Ich meine insgesamt, dass es wichtig ist, auch diesen Bereich zu privatisieren und auszulagern: dorthin, wohin dieses Geschäft gehört, nämlich in die Privatwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.50

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine Herren Präsidenten! Hohes Haus! Der vorliegende Rechnungshofbericht würde sich ja fast spannend lesen, müsste man, wenn man darin nachliest, nicht feststellen, dass die Art und Weise, wie mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird, doch etwas bedenklich ist.

Lassen Sie mich das anhand von drei Beispielen aus Niederösterreich (Abg. Großruck: Burgenland auch!), aus dem Hochbaubereich Niederösterreich – ich werde gleich dazusagen, warum, Herr Kollege – belegen. Wenn man etwa von der Baustelle des Landesgerichtes in Krems liest, dann ist der erste, sehr eigenartig anmutende Fall folgender: Beim Protokoll, das bei der Angebotseröffnung zu schreiben ist, wurde ein Begleitschreiben, in dem 15 Prozent Preisaufschlag verrechnet werden, einfach nicht erwähnt. Plötzlich führt das zu einer Doppelverrechnung, die durchaus im Bereich von 700 000 S anzusetzen ist.

Ebenfalls beim Landesgericht in Krems, bei derselben Baustelle, waren Kanalbauarbeiten notwendig. Da mischt sich plötzlich die Stadt Krems ein und verlangt die Beauftragung einer Firma der Stadt Krems! – Wiederum 417 000 S Mehrkosten, und unerlaubtes Einmischen in eine Auftragsvergabe.


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Oder: Beim Neubau des Arbeitsamtes Baden werden sogar Leistungen in der Höhe von 2,7 Millionen Schilling gezahlt, die gar nicht geleistet wurden. – Also Bezahlung von nicht erbrachter Leistung, Doppelverrechnung und unerlaubte Einflussnahme bei der Auftragsvergabe.

Ich bin mir vorgekommen wie im Untersuchungsausschuss. Genau die gleichen Vorwürfe, die dort auch – hoffentlich berechtigt – ausgesprochen werden, und Vorkommnisse, die dort – hoffentlich auch tatsächlich – an den Tag gebracht werden.

Wenn man den Rechnungshofbericht genau durchliest und addiert, wie viel an Einsparungsmöglichkeiten der Rechnungshof vorschlägt, dann kommt man bei diesem Bericht auf 53 Millionen Schilling. Wenn man überlegt, dass das nur drei Bundesländer sind, dass laut dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes nur 40 Prozent der Fälle stichprobenweise überprüft wurden, wenn man weiter bedenkt, dass nur ein Zeitraum von acht Monaten untersucht wurde und dass, worauf der Herr Präsident aufmerksam gemacht hat, nur Vergabefehler und bei weitem nicht Ausführungsfehler untersucht wurden, dann können Sie sich ausrechnen, welche Summen hier vergeudet, verschwendet wurden. Das wäre ein Einsparungspotential, von dem man noch kaum etwas gehört hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Frage im Ausschuss war: Wer ist denn für die Kontrolle zuständig? – Ich habe gedacht, die Landesrechnungshöfe, aber nein, eine Auskunftsperson hat uns erklärt, das sei Sache der Innenrevision des jeweiligen Ministeriums. – Wie im Untersuchungsausschuss! Ist das nicht untersuchungswürdig, meine Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ.)

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Ein großer und guter Redner!)

17.54

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Da mein Vorredner, Kollege Gaßner, mit einer rhetorischen Frage geendet hat, möchte ich ihm die Antwort geben: Nein, das ist nicht untersuchungswürdig, denn das hat der Rechnungshof bereits untersucht. Untersuchungswürdig, meine Damen und Herren, sind manche anderen Vorfälle. Ich komme darauf noch zu sprechen.

Ich möchte mich aber vorerst beim Rechnungshof, beim Herrn Präsidenten und bei seinen Mitarbeitern sehr herzlich für seinen Bericht bedanken. Wie jeder Rechnungshofbericht ist er eine Rückschau auf etwas, was bereits passiert ist. Ich finde, dass der Rechnungshof sehr gut, ja hervorragend recherchiert hat.

Der Rechnungshofbericht sollte nicht in erster Linie eine Kritik sein, sondern eine Hilfe, es besser zu machen. Genau das, meine Damen und Herren, ist auch in der Sitzung des Rechnungshofausschusses betont worden. Aber interessant sind die Reaktionen der einzelnen Bundesländer.

Der Rechnungshof hat Vergaben in Niederösterreich, in Salzburg und im Burgenland kritisiert. Die Reaktion der Niederösterreicher war: Der Baudirektor hat gesagt: Mea culpa! Jawohl, wir wissen, dass vor sechs, sieben Jahren – auf diese Zeit bezieht sich die Prüfung des Rechnungshofes – etwas passiert ist. Wir haben das Controlling verbessert. Wir haben die Ausschreibemöglichkeiten verbessert. Wir schauen darauf, dass solche Fehler, die vor sechs, sieben Jahren passiert sind, weil auch wir Opfer einer bestimmten Entwicklung waren, in Zukunft nicht mehr passieren können.

Das ist die richtige Verhaltensweise und Antwort auf die Kritik des Rechnungshofes. Ähnlich hat auch der Baudirektor des Landes Salzburg reagiert – kein ÖVP-Mann. Das ist ein rotes Ressort, aber ich stehe nicht an, hier zu sagen, dass auch in Salzburg entsprechend plausibel geantwortet und reagiert wurde.


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Anders ist es im Burgenland gewesen. Im Burgenland hat der Baudirektor oder sein Stellvertreter – Bancsich hat er geheißen; er dürfte ein SPÖ-Genosse sein, weil sie sich gleich so begrüßt haben – als Antwort auf den Rechnungshofbericht vorweg einmal gar keine Antwort gegeben. Es wurde gesagt, wir sehen das gar nicht ein, dass wir kritisiert werden; da gibt es keine Antwort, weil wir anderer Meinung sind. – Dann hat sich noch herausgestellt, dass Angebote nach der Ausschreibung vernichtet worden sind, und, und, und. Meine Damen und Herren! Das wäre untersuchungswürdig, und ich hoffe nur im Interesse des Burgenlandes, dass auch dort die Verantwortlichen endlich so reagieren, wie das in Salzburg und in Niederösterreich der Fall war.

Interessant ist aber nicht nur die Reaktion der einzelnen Baudirektoren, sondern vor allem auch die Reaktion der SPÖ-Fraktion, die skandalisieren wollte. Wir haben es heute ja gehört: Der Skandal hat einen anderen Namen. Skandale fangen, wenn wir eine "Who is Who"-Liste der Skandale in Österreich erstellen müssten, bei "S" wie SPÖ an und hören bei "W" wie Wien auf. (Ruf: Das glaubst du ja selbst nicht! – Abg. Dr. Lichtenberger: Die Arlberg Schnellstraße hat es auch gegeben, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren! Schauen Sie sich doch die "Kronen Zeitung" der letzten 20 Jahre an! Nicht Niederösterreich, Burgenland, Salzburg und die anderen Bundesländer haben die Schlagzeilen gefüllt, sondern Wien! Ich erinnere nur an einige Stichworte: Bauring, Lütgendorf, Klimatechnik-Pleite, EUMIG-Pleite, Leodolter: das 100-Millionen-Schilling-Ding, AKH-Skandal, Androsch-Villenfinanzierung, Sekanina, Lucona, Hainburg, verstaatlichte Industrie, VOEST-Alpine, AMAG, "Noricum", Steuerschonung (Keller, Sallaberger, Rauter), Rechberger/Steiermark, "Konsum"-Pleite, verschiedene Pensionen, die Kraft/Marizzi-Heeresangelegenheit, Semperit-Pleite, und in jüngster Zeit: untersuchte Freiflüge von verschiedenen Politikern, "Euroteam", Bauskandal Flughafen Wien – und jetzt noch die Pleite der Bank Burgenland, meine Damen und Herren.

Das ist nur eine unvollständige Liste, wie mir mitgeteilt worden ist, von verschiedenen Skandalen. Meine Damen und Herren von der SPÖ, da sollte man schon die Kirche im Dorf lassen und gewichten: Was ist ein Skandal, und was ist eine berechtigte Rechnungshofkritik?

Jene, die ordentlich darauf reagieren, die sich die Kritik zu Herzen nehmen, Herr Präsident Dr. Fiedler, die das Büßerhemd anziehen und sagen: Mea culpa!, und dann die Situation ändern, das sind die, die richtig reagieren – im Gegensatz zu jenen, die sagen: Darauf reagieren wir nicht einmal, darauf geben wir nicht einmal eine Antwort! – Aber nicht nur Wien ist anders, sondern vielleicht ist auch das Burgenland in dieser Hinsicht anders. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Präsident Dr. Fiedler. – Bitte.

17.59

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Das Gesamtvolumen an Vergaben der öffentlichen Hand – also Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger, Kammern und dergleichen – beläuft sich jährlich auf rund 300 Milliarden Schilling. Das sind etwas mehr als 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Der Rechnungshof hat im gegenständlichen Fall, den er berichtsmäßig vorgelegt hat, einen Zeitraum von zwei Jahren, nämlich 1994 bis 1996 überprüft, und zwar in Ansehung ausgewählter Teile des Hoch- und des Straßenbaus. Vom Volumen her macht dies zirka 5 Milliarden Schilling aus. Von diesen 5 Milliarden Schilling hat er in Form einer Stichprobentechnik 40 Prozent ausgewählt, sodass letztlich 2 Milliarden Schilling verbleiben, die effektiv vom Rechnungshof einer Prüfung unterzogen wurden, deren Ergebnis in diesem Bericht dem Nationalrat vorgelegt wurde.

Bei diesen 40 Prozent, das sind also rund 2 Milliarden, hat der Rechnungshof festgestellt, dass es zu Mängeln gekommen ist, die im Ergebnis rund 50 Millionen Schilling an Nachteilen für die


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öffentliche Hand mit sich gebracht haben. Wenn man nun diese 50 Millionen, diese 40 Prozent von 5 Milliarden, auf die 5 Milliarden Schilling hochrechnet, dann kommt man dazu, dass der Schaden ohne weiteres mit rund 120 Millionen Schilling festgesetzt und berechnet werden kann. Ich will dabei noch gar nicht auf die 300 Milliarden Schilling hochrechnen, die insgesamt jährlich von der öffentlichen Hand in Österreich vergeben werden.

Wenn man weiters berücksichtigt, dass von den vom Rechnungshof geprüften Vergaben nicht weniger als 80 Prozent im Straßenbau und 70 Prozent im Hochbau mit Mängeln behaftet waren, dann sollte dies zum Nachdenken Anlass geben.

Besonders häufig waren Mängel im Zusammenhang mit den Ausschreibungen, aber auch mit den Angebotsprüfungen und der Bieterauswahl anzutreffen. Zirka 50 Prozent aller Fälle, die der Rechnungshof geprüft hat, wiesen Mängel bei der Angebotsprüfung und bei der Bieterauswahl auf. Es handelt sich dabei ausschließlich um Fehler der ausschreibenden Stellen, vor allem im Zusammenhang mit der Planung und der Erstellung der Leistungsverzeichnisse. Und diese Fehler sind der Ausgangspunkt für die spekulativen Preise, die von den anbietenden Unternehmungen dann entweder abgesprochen werden oder auf andere Weise dem Anbieter jedenfalls näher gebracht werden können.

Diese Fehler der ausschreibenden Stellen sind der Ansatzpunkt für die finanziellen Nachteile für die öffentliche Hand, und das ist letztlich niemand anderer als der Steuerzahler. Es ist daher nach Meinung des Rechnungshofes dringend geboten, Präventivmaßnahmen zu setzen, um solchen Mängeln vorzubeugen, Präventivmaßnahmen, die bei den vergebenden Stellen gesetzt werden müssen.

Wenn – und das hat der Rechnungshof wiederholt feststellen müssen – es zu einer Verletzung von Vergabevorschriften kommt, dann ist die große Gefahr damit verbunden, dass im Ergebnis das betreffende Projekt wesentlich teurer kommt als ursprünglich angenommen.

Es ist daher die strikte Einhaltung der Vergabevorschriften für den Rechnungshof unabdingbar, und in gleicher Weise auch die strikte Kontrolle der vergebenden Stellen, sei es im Wege einer Bauaufsicht, sei es im Wege der begleitenden Kontrolle. Ohne entsprechende Kontrolleinrichtungen werden die Einhaltung der Vergabevorschriften und die Einhaltung der ansonsten damit verbundenen Regelungen allein nicht greifen können. Die Einhaltung der Vergabevorschriften in Verbindung mit entsprechenden Kontrolleinrichtungen ist für den Rechnungshof unverzichtbar! Dadurch können einerseits überhöhte Preise verhindert werden, andererseits – was natürlich ganz besonders beim Bau immer wieder anzutreffen ist – kann auch die Korruption eingedämmt werden, und in gleicher Weise können auch mögliche Bieterabsprachen damit verhindert werden.

Letztlich dienen die Vergabevorschriften auch der Reduzierung der Gefahrenpotentiale in Richtung Korruption. Und was die Korruption im Besonderen anlangt, so darf ich daran erinnern – es wurde bereits von einigen meiner Vorredner darauf Bezug genommen –, dass der Rechnungshof vor zwei Jahren einen Bericht zur Bekämpfung der Korruption im Vergabewesen erstellt hat. Es ist dies ein Bericht gewesen, der gemeinsam mit dem Finanzministerium, dem Wirtschaftsministerium und dem Justizministerium erarbeitet wurde, und es ist dabei auch ganz klar die Haltung der Arbeitsgruppe zum Ausdruck gekommen, dass es wesentlich ist, dass zuerst einmal dafür gesorgt werden muss, dass bei den vergebenden Stellen alles rechtens abläuft, denn wenn dies gelingt, dann sind die Gefahrenpotentiale, die von Seiten der Auftragnehmer kommen, schon wesentlich geringer. Wenn es gelingt, die vergebenden Stellen dazu zu bringen, sich strikt an die Vergabevorschriften zu halten, dann wäre bereits viel gewonnen.

Der Rechnungshof hat in diesem Bericht aus dem Jahre 1999 seinen gesamten Erfahrungsschatz aus Jahrzehnten eingebracht. Und soweit das überblickbar ist, ist dieser Bericht auch auf durchaus fruchtbaren Boden gefallen. Man hat ihn allenthalben gelobt, und es wäre nun tatsächlich an der Zeit, dass man die Anregungen, die der Rechnungshof in diesem Bericht geäußert hat, auch umsetzt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)


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Ich darf hier nur beispielsweise an ein paar neue Gedanken erinnern, die in diesem Bericht enthalten sind, so zum Beispiel eine klare gesetzliche Regelung betreffend die Auftragssperre für unzuverlässige Bauunternehmungen. Daran krankt es heutzutage noch. Es gibt diesbezüglich keine klaren Regelungen, es würde aber solcher Regelungen bedürfen. Und es müsste in diesem Zusammenhang auch ein klares Rating für die Bauunternehmungen erstellt werden können. Wenn sich also Bauunternehmungen im Zusammenhang mit Ausschreibungen und mit der Durchführung von Projekten Verfehlungen zuschulden kommen lassen, dann sollen sie in der Skala heruntergerated werden können, bis letztlich zur totalen Auftragssperre.

Es bedarf in diesem Zusammenhang einer Gesetzesänderung, das ist dem Rechnungshof durchaus klar, und ich darf in diesem Hause, das für derartige Gesetze zuständig ist, diese Empfehlung nochmals in Erinnerung bringen. Aber auch unabhängig von derartigen Gesetzesänderungen sollte jedenfalls bei den geprüften Stellen, bei den Dienststellen im Bund, in den Ländern, in den Gemeinden und bei den sonstigen der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Stellen, dafür gesorgt werden, dass die bestehenden Regelungen eingehalten werden.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch an diese Stellen appellieren, sich an die Vergabevorschriften zu halten. Und ich darf an alle Dienststellen des Bundes, des Landes und der sonstigen Gebietskörperschaften diesen Appell richten, nicht nur an jene, die wir im konkreten Fall geprüft haben, denn das kann klarerweise nur ein kleiner Ausschnitt sein. Ich darf in diesem Zusammenhang sowohl das Hohe Haus als auch jene Stellen, die dafür verantwortlich sind, daran erinnern, wie mit den Steuergeldern umgegangen wird. Es geht in diesem Zusammenhang um Milliarden, um Milliarden Schilling von Steuerzahlern. (Allgemeiner Beifall.)

18.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit ergreifen und eine Delegation englischer Parlamentarier des House of Commons begrüßen.

It is my honour to welcome the head of the British delegation of the members of the House of Commons, Mr. Winterton (der Genannte erwidert die Grüße von der Galerie aus – allgemeiner Beifall), as well as the other members of the British delegation on the gallery.

The Austrian Parliament appreciates the good relationship to the House of Commons und sends best regards to all members of the House! (Allgemeiner Beifall.)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Our President – doesn’t he speak a wonderful Oxford English? – Heiterkeit.)

18.09

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Mister President beziehungsweise Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechnungshofbericht ist hier im Nationalrat ein demokratiepolitisches Defizit festzustellen. Es ist nicht das Einzige, die Liste ist lang. Aber ein Vorfall von letzter Woche verdient Erwähnung; dieser hängt mit Herrn Bundesminister Bartenstein zusammen.

Meine Damen und Herren! Es ist im Rechnungshofausschuss Hausbrauch, dass der zuständige Minister anwesend ist und an der Diskussion teilnimmt. Es kann schon einmal vorkommen, dass es eine Vertretung gibt, wenn ein Minister etwa im Ausland ist und das auch rechtzeitig mitteilt. Aber, meine Damen und Herren, vergangene Woche hat Minister Bartenstein ohne Vorankündigung gefehlt, hat nichts über eine Vertretung mitgeteilt, aber zeitgleich – und das ist das Besondere – im ORF ein Interview in einer völlig anderen Sache absolviert.

Meine Damen und Herren! So kann es nicht sein! Das ist eine Missachtung des Parlaments. Das sollen die ÖVP, die FPÖ und Herr Minister Bartenstein zur Kenntnis nehmen. Und aus


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diesem Grund, meine Damen und Herren, wird die SPÖ-Fraktion diesem Bericht nicht zustimmen, wiewohl er sonst von guter Qualität ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es wird noch interessanter, lieber Kollege, denn es ist ja um Hochbau gegangen, um Versäumnisse, um Mängel, um Schlampereien – gerichtsanhängig, Niederösterreich 1995. Und jetzt kommt es. Der Hofrat als Auskunftsperson der Abteilung Bundeshochbau hat ausgeführt: Nein, der Landesrechnungshof ist nicht für die Kontrolle zuständig, sondern es geht um die Innenrevision des Bundesministeriums, diese überprüft. Und wörtlich: Beamte des Wirtschaftsministeriums sind sehr oft prüfen gekommen.

Es geht um Überzahlungen, Doppelverrechnungen, Mängel, Versäumnisse und Schlampereien. Meine Damen und Herren! Wer, glauben Sie, war denn der zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium in der fraglichen Zeit? Wer, glauben Sie, war der zuständige Staatssekretär? – Genau, Herr Dr. Bartenstein, war der zuständige Staatssekretär, jener, der sich jetzt der Debatte entzogen hat. Das erklärt schon sein peinliches Fernbleiben. Und jetzt frage ich Sie noch: Wer war denn der zuständige Wirtschaftsminister zur fraglichen Zeit? – Richtig, Dr. Wolfgang Schüssel, Kollege Kiss, war der zuständige Minister in der fraglichen Zeit, als es zu diesen Überzahlungen, Doppelverrechnungen, Mängeln und Versäumnissen gekommen ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Kiss und Dr. Trinkl. )

Meine Damen und Herren! In Zukunft würde ich Ihnen raten, Frau Kollegin Bauer, bei der Vergangenheitsverdrängung etwas mehr Zurückhaltung zu üben, denn die Vergangenheit holt Sie ein – Ihre Minister, Ihren Herrn Bundeskanzler und Sie als Abgeordnete der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Großruck zu Wort gemeldet. Bitte beachten Sie die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung!

18.12

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner hat behauptet, dass Herr Bundesminister Bartenstein der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses vorige Woche unvermutet, mutwillig und unentschuldigt ferngeblieben sei. – Das ist falsch!

Richtig ist vielmehr, dass Herr Minister Bartenstein der Sitzung sehr wohl begründet ferngeblieben ist und dass in seiner Vertretung Frau Staatssekretärin Rossmann dort hervorragend Rede und Antwort gestanden ist.

Ungeheuerlich war die Presseaussendung des Herrn Brix, der in diesem Zusammenhang geschrieben hat:

"Als ,völlige Unzumutbarkeit‘ gegenüber dem Parlament bezeichnete Brix den Umstand, dass der kritisierte Bartenstein nicht persönlich ... erscheint und sich von der in dieser Angelegenheit ,ahnungslosen‘ Tourismus-Staatssekretärin vertreten lässt."

Meine Damen und Herren! Ich frage die Damen von der linken Reichshälfte ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Das ist nicht Teil der tatsächlichen Berichtigung, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Wolfgang Großruck (fortsetzend): ..., was sie zu diesen Anschuldigungen des Herrn Brix gegenüber Frau Staatssekretärin Rossmann als Frau sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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18.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Rossmann. – Bitte.

18.13

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Präsident Fiedler! Zuerst gilt mein Dank dem Rechnungshof und seiner Beamtenschaft für den wirklich ausführlichen Bericht. Und ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass Minister Farnleitner diesen Bericht in seiner Verantwortung in Auftrag gegeben hat, um auch im Hochbau eine umfangreiche Vergabekontrolle vorzunehmen.

Die Verantwortung liegt, wie auch aus dem Bericht hervorgeht, in erster Linie bei den jeweiligen Ländern, und das BMwA führt stichprobenartig sowie bei Strafverfahren Kontrollen durch.

Herr Abgeordneter Kräuter, Sie irren! Die Innenrevision ist nicht zuständig. Zuständig ist die Kollaudierungsabteilung in unserem Haus. (Abg. Haigermoser: Wer hat jetzt eine Ahnung?!)

Der Hochbau besteht – auch das geht ganz klar aus dem Bericht hervor – aus verschiedensten und sehr umfangreichen Leistungen durch verschiedenste Professionisten, und dadurch ist die Problematik noch viel vielseitiger und komplizierter als etwa im Straßenbau.

Das Thema "Ziviltechniker" wurde heute schon öfters angesprochen. Ich möchte insofern darauf hinweisen, als die Auslagerung von Leistungen an Ziviltechniker durchaus üblich und auch generell bewährt ist. Die Kapazitäten der Beamten sind nicht immer gegeben, man weiß das, und die Auslagerung an Ziviltechniker beschleunigt oft dringend notwendige Bauverfahren. Wichtig dabei ist das Vieraugenprinzip beziehungsweise begleitende Kontrollen durch die Landesrechnungshöfe und, wo dies möglich ist, auch durch den Stadtrechnungshof.

Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass ich in meiner Funktion als Mitglied der Grazer Stadtregierung allein im Kanalbau ein Bauvolumen von 200 Millionen Schilling pro Jahr zu verantworten hatte und dass ich sehr wohl weiß, was es heißt, mit Vergabeverfahren und mit diesen komplexen Themen umzugehen. Und wenn Sie einer Frau das nicht zutrauen, dann frage ich mich schon: In welcher Verantwortung sind denn vor allem die Damen der SPÖ-Fraktion dieses Hohen Hauses tätig, die sich diesbezüglich heute noch nicht geäußert haben? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bei Auslagerungen an Ziviltechniker sind natürlich klare Schnittstellen zu definieren. Ein Fehlerrisiko kann dadurch wirklich minimiert werden.

Welche Maßnahmen – das wird Sie jetzt interessieren – gibt es von Seiten des BMwA? Wir haben Schreiben an die Länder, an die Landeshauptleute gerichtet und ersucht, noch einmal darauf hinzuweisen, dass dringend Schulungen und Nachschulungen für die Vergabenormen vorzunehmen sind. Es bestehen dort teilweise wirklich Mängel. Das heißt, die Materie ist so komplex, dass die Beamtenschaft das Volumen vielleicht nicht so wahrnimmt beziehungsweise dass man sie noch einmal darauf hinweisen muss.

Von Seiten der Immobilienmanagement-GesmbH des Bundes als nunmehriger Tochter der BIG werden weiterhin die Leitlinien und der Leitfaden in Vergabeangelegenheiten behandelt, um das Risiko möglichst zu minimieren und Fehler zu vermeiden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Dr. Forstinger. – Bitte.

18.17

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Dear Ladies and Gentlemen! Hohes Haus! Vorerst herzlichen Dank, Herr Präsident Fiedler, für Ihren Rechnungshofbericht, der zwar nur zu einem kleinen Teil den Bundesstraßenbau betrifft, aber ein sehr, sehr guter Statusbericht für den Beginn einer Arbeit ist.


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Es liegt ein erster Teilbericht für die Bundesländer Niederösterreich, Burgenland und Salzburg vor. Im Wesentlichen wird sich bei den anderen Berichten, die wir in Kürze erwarten, nichts Neues ergeben, denn es ist in einem Bereich des Straßenbaus, der in der Länderverwaltung liegt, nichts ausgeblieben, was nicht zu bemängeln war. Von der Vergabe, vom Bieterverhalten, von der Ausschreibung bis zur Bauabwicklung gibt es nahezu in jedem Bundesland – in unterschiedlichen Größenordnungen – sehr starke Mängel und Abweichungen von den Normen und Gesetzen, die bereits jetzt bestehen.

Das heißt, es muss Konsequenzen geben, und wenn ich mir Ihre Argumente anhöre, dann stelle ich fest, wir stimmen in vielem überein. Daher wird es auch keine Überraschungen geben, wenn es in Kürze einen sehr detaillierten Erlass mit vielen einzelnen Punkten geben wird, der vom Bundesministerium an die Länder ergeht. Es geht doch nicht an, die Verfügung und die Möglichkeit der Verteilung von Mitteln, die vom Bund kommen, zu haben, aber dann nicht sorgfältig damit umzugehen.

Ich darf ein paar Punkte herausgreifen, die in diesem Erlass stehen werden. Ein wesentlicher Punkt ist, dass die Kontrollsysteme in den Ländern besser und effizienter funktionieren müssen. Ein ganz wesentlicher Punkt ist aber auch die rechtzeitige und vermehrte Kontrolle. Wenn wir sehen, dass eine stichprobenartige Kontrolle seitens des Bundesministeriums zu wenig ist und solche Mängel aufzeigt, dann werden wir die Kontrollen verstärken und dies auch bei den Kontrollsystemen der Länder verlangen.

Ein wesentlicher Punkt im Rechnungshofbericht – und ich danke Ihnen noch einmal, Herr Präsident – war der, aufzuzeigen: Wenn mehr als 33 Millionen Schilling zu Recht zurückgefordert werden könnten, aber nur mehr ein geringer Teil von 5 Millionen Schilling tatsächlich eintreibbar ist, weil die Verjährungsfrist gegeben ist, dann ist das wohl wirklich ein Auftrag, verstärkte Kontrollen einzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wesentlich sind auch qualifizierte, hochwertige Leistungsverzeichnisse und auch ein genaues Erfassen der Massen. Es kann doch nicht sein, dass durch Verschiebung von Leistungspositionen Massen so geändert werden, dass sich dadurch höhere Kosten ergeben! Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der meist am effizientesten ist.

Herr Präsident Fiedler! Sie haben es angesprochen und auch sehr deutlich dargestellt, dass es darum geht, die Gelder der Steuerzahler effizient einzusetzen. – Da bin ich ganz bei Ihnen. Es wird in Hinkunft finanzielle Konsequenzen für jene Länder geben, die sich nach wie vor nicht an diese Systeme halten und wo immer Ungereimtheiten sind. Ich glaube, das ist das beste Mittel, mit dem wir derartige Dinge bereinigen können. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Trattner  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Du warst aber nicht geplant!)

18.21

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Die wesentlichen Dinge sind vom Präsidenten ausgeführt worden. Es ist auch noch einmal der Dank an den Rechnungshof auszusprechen, und zwar an die ganze Mitarbeiterschaft, die in diesem Bereich arbeitet. Da einige von ihnen anwesend sind, ist es mir wichtig, dass das hier festgehalten wird. Sie stehen immer mit sehr kompetenter Auskunftsbereitschaft und tatsächlicher Auskunft zur Verfügung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Worum es darüber hinaus geht, damit wir die Dinge ganz zum Schluss noch einmal zusammenführen, ist Folgendes: Es gab auch hier während der Plenardebatte die eine oder andere Aufregung – einerseits, was die Anwesenheit, vor allem die Nichtanwesenheit des Herrn Bundesministers betrifft, andererseits gab es Gegenrechnungen: Niederösterreich gegen Wien,


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welches Bundesland die meisten und umfangreichsten Skandale zu verbuchen hat. Letztlich haben wir uns selber dabei ertappt, wie wir alle beim Vorschlag des Präsidenten quer durch die Fraktionen dort applaudiert haben, wo es eigentlich nichts zu applaudieren gibt, denn er hat uns ja gesagt, wir sind bei einigen gesetzlichen Initiativen säumig.

Noch einmal zu diesen drei Punkten. Was die Anwesenheit des Herrn Ministers betrifft – ich glaube, Herr Präsident, Sie haben das erfasst und korrigiert –, war die Meldung des Kollegen Großruck in der Tat keine tatsächliche Berichtigung. Was er da gesagt hat, hat auch nicht ganz gestimmt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Haigermoser. )

Minister Bartenstein ist zwar völlig korrekt, so wie auch heute, vertreten durch die Frau Staatssekretärin – keine Frage –, aber wenn man weiß, wie die ressortinterne Aufteilung ist und was der Anlass für diesen Bericht war, ist völlig klar, dass Bartenstein in diesem Fall tatsächlich der richtige Mann für Rede und Antwort gewesen wäre, was nichts daran ändert, dass auch die Frau Staatssekretärin durchaus kompetent Auskunft geben kann.

Wenn man weiß, dass Bartenstein sozusagen die natürliche Nachfolge von seinem Vorgänger übernommen hat, insbesondere was die Hochbauten betrifft, dann ist es schon ein bisschen bedenklich, dass hier nicht klarere Worte gefunden werden, denn entschuldigt hat er sich nicht und eine Begründung haben wir gleich gar nicht bekommen. Wir haben das jedoch für die nächsten Ausschüsse geregelt, wie man sehen wird.

Zum Zweiten: Wien gegen Niederösterreich. Alle Bundesländer haben, glaube ich, ihre Skandälchen zu verbuchen, nämlich genau im Bereich der Vergaben von Straßenteilstücken und auch immer öfter – leider! – im Hochbau. (Ruf bei der ÖVP: Das ist Schwachsinn!) Es sind im Übrigen jetzt nur drei Bundesländer geprüft worden. Wir werden noch einen weiteren Bericht erhalten. Diese Art von Aufrechnung kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn da kann ich mich ja herstellen und die Steiermark mit in die Ziehung nehmen.

Ich komme damit zum Anlassfall dieses Berichts zurück, das waren die Vorwürfe bezüglich Baukartell. In der Steiermark gibt es bis jetzt die meisten Verurteilten in Sachen Baukartell beim Straßenbau. Es waren zwar nicht so große Teillose, aber immerhin. Dort ist ein System schonungslos aufgedeckt worden, weil ein Kronzeuge den Grünen geradezu aktenweise die Materialien ins Büro getragen hat. Die Staatsanwaltschaft konnte gar nicht anders, als das eins zu eins in die Anklage mit zu übernehmen.

Diese Sache hat System, und zwar überall dort, wo große Autobahnbauten betroffen sind. Das ist nicht nur eine Sache von Wien. Wenn Sie so wollen, haben wir in der Steiermark etwa den Pyhrn-Skandal besonders zu spüren bekommen. Ich bin schon gespannt, wie die Prüfberichte in Sachen Plabutsch-Tunnel ausschauen. Ich traue mich da durchaus, mich – in Ihrem Jargon – als "Nestbeschmutzer" herzustellen und darauf hinzuweisen, dass es keine Frage von Lokalkolorit ist, wo größere und kleinere Skandale auftauchen.

Niederösterreich und Burgenland haben sicher einiges zu verbuchen, was sehr, sehr unrühmlich ist, aber das Wesentliche – und damit komme ich zum Schluss – ist die Zusammenschau der Dinge. Es geht um Systemfehler. Der Rechnungshof hat ja nicht in diesem Sinn, wie sonst oft, einzelne Baulose geprüft, sondern Systematiken. Es ist systematisch etwas faul! Auf der Bieterseite ist natürlich etwas faul, da sind wir aber in einem Bereich, den der Rechnungshof nicht prüfen kann. Dazu bräuchten wir tatsächlich Untersuchungsausschüsse; diese haben wir auch immer wieder gefordert. Aber selbst auf der vergebenden Seite, auf der staatlichen Seite, gibt es genügend Mängel, die sozusagen die Sphäre der Bieter dazu verleitet, geradezu spekulativ vorzugehen.

Da geht es bei einem Investitionsvolumen – über alle öffentlichen Investitionen hinweg – von 300 Milliarden Schilling natürlich insgesamt um zig Milliarden, die da über die Jahre und über diese Legislaturperiode einzusparen wären. Genau das ist der Punkt. Ich glaube, die Grünen haben bis jetzt die Dinge immer sehr glaubwürdig gebracht, sodass hier den Empfehlungen des Rechnungshofes Folge zu leisten ist.


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Heute haben wir uns alle selber beklatscht. Ich harre der Initiativen. Ich wundere mich, warum es bis jetzt zu diesen besprochenen Punkten noch keine Regierungsvorlagen gegeben hat. Wir können hier aber auch gemeinsame Anträge bringen, dann sind alle glaubwürdig – vorher nicht.

Im Übrigen weise ich – ganz als Letztes – darauf hin, dass es dann auch nicht mehr so ohne Weiteres durchgeht, dass sich Herr Finanzminister Grasser regelmäßig hinstellt und sagt: Von der Opposition kommen keine Vorschläge! – Ein guter Tag beginnt nicht nur mit einem sanierten Budget, ein guter Tag beginnt auch mit einer effizienten Kontrolle – das betrifft nämlich die Budgetgebarung – und mit einer gescheiten Beobachtung der öffentlichen Investitionsmittel. Da sind Sie Ihren Beitrag noch schuldig geblieben! (Beifall bei den Grünen.)

18.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer zweiten Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 1 Minute. – Bitte.

18.27

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Nachtrag zu dieser Debatte: Ich finde es einigermaßen empörend, dass Herr Bundesminister Bartenstein bei einem Glas Bier in der Cafeteria sitzt, anstatt hier im Plenarsaal zu Dingen, die unmittelbar sein Ressort und seine Verantwortung betreffen, in der Debatte etwas zu sagen. Das ist unerhört, und ich protestiere! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.  – Abg. Kiermaier: Das ist ein Skandal!)

18.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht III-45 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Böhacker: Der Gusenbauer ist wahrscheinlich beim Champagnertrinken! – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist die Klubführung der SPÖ?)

Ich bitte jene der Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 311/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden und über die Regierungsvorlage (345 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (404 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

18.29

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute bedauerlicherweise ein Thema zu behandeln, dass einen weiteren Rückschritt in der Justizpolitik bedeutet, ein Thema, bei dem ich den Verdacht habe – und zwar ansatzweise ausgehend davon, was uns der Herr Justizminister bisher in diesem Hohen Haus erzählt hat –, dass es in erster Linie die Handschrift der ÖVP trägt und sich hier bedauerlicherweise der Herr Bundesminister beziehungsweise das Ministerium nicht entspre


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chend durchsetzen konnte. Es findet innerhalb kurzer Zeit eine Verschlechterung in der Justizsubstanz statt, die eigentlich bedauerlich ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Ich glaube, Kollegin Fekter, dass wir einmal die Möglichkeit eingeräumt bekommen sollten oder uns geben sollten, im Justizausschuss darüber zu diskutieren, was Justizpolitik eigentlich für einen Sinn hat, was der Hintergrund unserer Arbeit ist, was gesamthaft das Ziel dieser Tätigkeit ist. Da werden wir zu diskutieren haben, dass wir in erster Linie mit der Justizpolitik Interessenkonflikte zu klären haben, dass wir Auseinandersetzungen, dass wir Streitschlichtungsaufgaben zu bewältigen haben. Das sind alles Maßnahmen, das sind alles Umstände, die zutiefst in das alltägliche Leben der Bevölkerung eingreifen. Daher ist es notwendig, dass sie auf höchstmögliche Akzeptanz stoßen. Und daher ist es auch nötig, dass hier der größtmögliche Konsens in dieser Diskussion gefunden wird, Frau Kollegin Fekter. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber schwierig, wenn ihr Fundamental-Opposition betreibt und gegen alles seid!)

Das ist das, was ich jetzt nicht nur Ihnen, sondern der gesamten Regierung und auch den Regierungsparteien vorwerfe, nämlich dass man mit diesem völlig inhaltslosen und eigentlich in keiner Weise positiven Aspekt "speed kills", denn er ist inhaltsleer und steht eigentlich für nichts (Abg. Dr. Fekter:  ..., damit ein Konsens zustande kommt? Was sollen wir noch ändern?), glaubt, dass man in den unterschiedlichsten Bereichen – in demokratiepolitischen Bereichen, in rechtspolitischen Bereichen – nach Maßgabe dieses Umstandes hier Politik betreiben kann.

Das ist bedauerlich, und Sie gehen damit von einem Weg ab, der gerade in der Justizpolitik in der Vergangenheit gezeigt hat, dass es sehr wohl auch über Parteigrenzen hinaus Möglichkeiten gibt, gemeinsam hier das Wohl des Landes zu gestalten. Das möchte ich Ihnen hier vorwerfen. Ich denke, dass Sie einmal in sich gehen und überlegen sollten, ob Sie wirklich bei dieser meines Erachtens haarsträubenden Justizpolitik bleiben wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Fekter! Ich stehe auch nicht an zu sagen, dass das möglicherweise gar nicht Ihr Bestreben ist. Ich weiß es nicht, und es ist auch nicht meine Aufgabe; Sie sind jedenfalls die Verantwortliche. Ich habe den Eindruck, dass insbesondere zu Beginn dieser Legislaturperiode die Auftritte des Herrn Kollegen Khol gezeigt haben, dass eine ordentliche Portion an Bestreben in all diesen Angelegenheiten da war, auch in diesen ganzen demokratiepolitischen Themen, wobei es immer wieder gelingt, die Parteien – ich bewundere das ja oft, wie es gelingt, einzelne in Geiselhaft zu nehmen – gegeneinander aufzuhetzen und dann diese Zustände zu erzeugen, die letztlich nunmehr hier bestehen.

Ich denke an die gestrige Diskussion am Abend über das Thema Verhetzung. Ihre Stellungnahme dazu habe ich sehr bedauert. Ich hätte es Ihnen eigentlich nicht zugetraut (Abg. Dr. Fekter: Nein, ich will auch die deutsche Rechtslage haben! Bei der deutschen Rechtslage können wir uns treffen als Kompromiss! Nicht nur für einige Privilegierte, sondern für alle!), dass Sie sich derartig demaskieren. Ich denke, wir sollten hier vielleicht einen Schritt zurück oder meinetwegen auch hinauf auf eine Metaebene versuchen. Ich glaube, die Justizpolitik ist nicht ein Thema, bei dem wir auf dieser Basis bleiben sollten.

Was wir brauchen, sind effiziente Maßnahmen, effiziente Schritte, hier Regelungsmechanismen zu schaffen, die wirklich für das stehen, was Sie vorgeben. (Abg. Dr. Fekter: Sie tun sich schwer, die Novelle zu kritisieren!) Das betrifft in der Strafrechtspolitik natürlich die Verringerung der Zahl der Rückfälle und die Absenkung der Straftatzahlen im Bereich der Kriminalität. (Abg. Dr. Fekter: Stimmen Sie zu!)

Wenn Sie das machen wollen, dann müssen Sie, Frau Kollegin Fekter, eben schauen, was anderswo in Europa passiert. Ich sehe schon ein, dass Sie die Tendenz haben, sich da einzukapseln und sich auch in einer Art und Weise wissenschafts- und expertenfeindlich zu gerieren. Es war eigentlich der Bundespräsident, der mit seiner Aufforderung, es müsse eine Enquete-Kommission eingesetzt werden, die Sache betreffend Diversion, die Sie ja auch fordern, vorangetrieben hat. (Abg. Dr. Fekter: Warum stimmen Sie nicht zu?) Ich weiß nicht, Sie distanzieren sich jetzt immer davon. Aber Ihr Verhalten ist eben in dem Licht zu betrachten und zu beurteilen;


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der Herr Bundespräsident musste tätig werden, damit Experten in dieses Haus kommen konnten.

Auch betreffend Jugendgerichtsgesetz ist es letztlich erst nach der Diskussion in der Enquete-Kommission zu anderen Themen und nach vehementen Abwehrbewegungen seitens der Regierungsparteien, aber guten Argumentationen seitens der Opposition geglückt, Expertenmeinungen einzuholen. Sie können doch nicht im Ernst danach hergehen und sagen, es sei Ihr Werk, dass da Experten gesprochen haben, die Sie eigentlich lange Zeit stets abwehren wollten. Das werfe ich Ihnen vor! Das ist an sich eine Einstellung in der Justizpolitik, die ich als unwürdig bezeichnen würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir jetzt schauen, was in letzter Zeit passiert ist, muss man sagen, es gibt Emotionen statt Sachlichkeit, wir haben eine Rückkehr zum altgermanischen Rachedenken. – Das sind Expertenmeinungen, Professor Höpfel hat das gesagt. Das spricht für sich. Es gibt ja auch die Aussage des vormaligen Justizsprechers Graff, der sich milde lächelnd abgewandt und eigentlich eindeutige Worte für diese Politik gefunden hat.

Wenn man jetzt fragt: Was soll dieses Jugendgerichtsgesetz tatsächlich bewirken? Wie kann da an die Wurzel gegangen werden?, so muss man zwangsläufig das respektieren, was uns zahlreiche Expertinnen und Experten in der Enquete-Kommission mitgeteilt haben.

Dort war festzustellen, dass der Vorschlag auf Senkung der Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre, nämlich mit dem hanebüchenen Argument, auch die Altersgrenze der Volljährigkeit werde gesenkt, von keinem einzigen – ich glaube, es gab nur eine Stimme – wirklich unterstützt wurde, da eben die Argumentation, dass die Volljährigkeit mit der Strafmündigkeit zusammenhängen soll, nicht logisch nachvollziehbar ist, weil das zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind.

Zweiter Aspekt: Gerade die Kriminalitätsbelastung in der Altersgruppe zwischen 18 und 19 Jahren sei sehr groß. Nachdem sich Herr Professor Fuchs damit auseinander gesetzt und das Ergebnis seiner Recherche präsentiert hat, hat sich auch das als nicht mehr stichhaltig herausgestellt.

Sie, Frau Kollegin Fekter, haben heute in Ihrer Aussendung erklärt, was für großartige Fortschritte dieses Gesetz beinhalte. Ich räume ein, es gibt gegenüber dem ursprünglichen Entwurf Fortschritte. Das räume ich ein, um das Ganze hier nicht nur in Grund und Boden zu reden. (Abg. Dr. Fekter: Sie tun sich schwer, ...!) Ich darf Ihnen nur vorhalten, die Fortschritte kamen nicht von Ihnen, sondern sie sind letztlich von der Opposition und von den Experten herbeigeführt worden.

Wenn ich mir den Bericht anschaue, wie eigentlich die finanziellen Auswirkungen sind, steht zu lesen, dass der ursprüngliche Entwurf jährlich zu 11 Millionen Schilling an Mehraufwendungen – das ist für mich nicht unbedingt das Maßgebliche von der Justizpolitik her –, aber auch zu 9 000 zusätzlichen Hafttagen geführt hätte.

Jetzt weiß jeder – das haben wiederum die ExpertInnen mitgeteilt –, dass jeder einzelne Hafttag für einen Jugendlichen die Gefahr, noch krimineller zu werden, bedeutend erhöht, dass wir mit diesen zusätzlichen Hafttagen genau das erreichen, was wir nicht wollen, nämlich eine Erhöhung der Rückfalls- und der Kriminalitätsquote. Es kann eben nicht so sein, dass man unter einem emotionalen Aspekt in diese Diskussion geht und sagt, strafbare Handlungen müssen bestraft werden, weil eben die Haft genau das Gegenteil davon bewirkt.

Ich darf Ihnen einige Erklärungen von Mitgliedern der Enquete-Kommission vorlesen, die wohl für sich sprechen. Herr Professor Fuchs sagt zum Beispiel:

"Im Strafrecht jedenfalls ist ganz klar auf Grund aller Aussagen der Experten, dass die Grenze sicher nicht mit 18, wahrscheinlich auch nicht mit 19 anzusetzen ist, dass die Kriminalität darunter weitestgehend entwicklungsbedingt ist und die Art, wie man damit umgeht, Weichen für die Zukunft des Menschen und damit für die Kriminalitätsentwicklung" – insgesamt und damit für


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die gesamte Gesellschaft; das ist ja der springende Punkt –"überhaupt stellt. – Also diesen Grund kann ich nicht als stichhaltig ansehen." – Zitatende.

Man setzt eben in dem Alter von 18, 19, 20 Jahren kriminelle Handlungen, die entwicklungsbedingt sind und die man später nicht mehr begeht. Auf diesen soziologischen Aspekt ist Rücksicht zu nehmen.

Fuchs sagte weiters: "Als Ergebnis dieser Betrachtung zeigt sich für mich, dass wir mit der Jugendkriminalität in Österreich gut umgehen." – Zitatende.

Das alte Gesetz ist ja vorbildhaft in ganz Europa, das müssen Sie ja auch einmal sagen, Frau Kollegin!

Universitätsprofessor Fuchs weiters: "Es drängt sich für mich da eine Frage aus dem sportlichen Bereich auf: Why change a winning team? Warum soll man in einem Bereich etwas ändern, wo wir sehr gute Ergebnisse erzielen?!" – Und so geht es weiter.

Frau Dr. Loderbauer, Staatsanwältin aus Linz sagte: "Ich wäre grundsätzlich immer noch für eine Beibehaltung des bisherigen Jugendgerichtsgesetzes,  ..."

Dr. Wolfgang Aistleitner, Vizepräsident der Vereinigung der österreichischen Richter sagte:

"An meinem grundlegenden Einwand gegen die Herabsetzung, wie ich ihn schon im Oktober deponiert habe, hat sich in der Substanz nichts geändert. In der Tat gibt es – wie auch Burgstaller einräumt – keinen zwingenden Grund für diese Herabsetzung. Beim Verweis auf das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz wird verkannt, dass bürgerlich-rechtliche Vorschriften" – nämlich immer wieder der Hinweis von Ihnen auf die Absenkung der Volljährigkeit – "einen ganz anderen Pflichtenkreis umschreiben als strafrechtliche Verantwortlichkeit."

Dr. Gerstberger vom Jugendgerichtshof erkennt keine Notwendigkeit einer Änderung.

Sogar Dr. Moringer von der Anwaltskammer erklärte: Man kann feststellen, dass es keinen einzigen Redner gegeben hat, "der frank, frei und unmissverständlich die Herabsetzung des Alters vom vollendeten 19. auf das 18. Lebensjahr für richtig befand."

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie, Frau Kollegin Fekter: Was hat es für einen Sinn, wenn Sie sich gegen Experten, gegen jene, die sich fachkundig über Jahre hinweg bemühen – auch der Jugendgerichtshof-Präsident hat dazu eindeutige Worte gesprochen –, durchsetzen, nur um einer Emotionalität zu folgen, nur um das umzusetzen, was uns Herr Klubobmann Khol eingangs bei der Präsentation dieses von Fachleuten belächelten Khol-Fekter-Justizprogramms dargelegt hat, nämlich dass man Zeichen setzen muss? Und diese bestehen offensichtlich darin, dass man Leute kriminalisiert und einsperrt, und zwar dort, wo es der Gesellschaft überhaupt nicht gut tut.

Ich weiß, dass Sie heute Geburtstag haben, Frau Kollegin Fekter, ich möchte Ihnen alles Gute dazu wünschen. Aber dieses Gesetz ist jedenfalls nichts Gutes, was Sie sich selbst geschenkt haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.  – Abg. Dr. Fekter: Stimmen Sie zu! Was für ein Geburtstagsgeschenk, wenn Sie zustimmen! – Abg. Mag. Prammer: Es hat alles seine Grenzen!)

18.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

18.40

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Justizminister! Ich habe den Ausführungen des Kollegen Jarolim sehr genau zugehört. Es gefällt mir immer wieder, wenn Kollege Jarolim von der Akzeptanz von strafrechtlichen Normen in der Bevölkerung spricht, dass diese von Akzeptanz getragen werden müssen und so weiter und so fort, und dann nahezu wissenschaftlich versucht, das auszuführen.


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Herr Kollege Jarolim, ich sage Ihnen hier von dieser Stelle aus: Wissen Sie, was die Akzeptanz, die Beachtung der Strafrechtsnormen in der Bevölkerung auf jeden Fall heben würde? – Das wäre einmal in erster Linie, wenn man sich als Mandatar selbst an die strafrechtlichen Normen hält. (Abg. Dr. Mertel: Genau!) In diesem Punkt sind wir uns, glaube ich, einig, das sollte so sein.

In dieser Hinsicht, also in Bezug auf das Strafrecht, bin ich aber heute erneut Zeuge eines wirklich unglaublichen Vorfalls geworden (Abg. Dr. Mertel: Jugendliche?), sodass ich sagen muss: Ich bin erschüttert. Es war nämlich so, dass Kollegin Petrovic (Abg. Dr. Mertel: Jugendstrafrecht! – Abg. Mag. Stoisits: Die ist aber keine Jugendliche!) vor zwei Tagesordnungspunkten aus einem Schriftsatz eines Anwaltes, der an eine belangte Behörde gegangen ist, zitiert hat, wie sie bereits am Freitag vorige Woche im Verfassungsausschuss aus einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zitiert hat, und zwar an die Privatrundfunkbehörde.

Da frage ich mich schon: Wie kommt sie zu diesem Schriftsatz? Wie kriegt sie den?

Ich habe dann überlegt und bin draufgekommen, dass es nur wenige gibt, die diesen Schriftsatz haben: der Anwalt, der Mandant, die belangte Behörde – in diesem Fall eine unabhängige Behörde mit richterlichem Einschlag – und der Verfassungsgerichtshof selbst. (Abg. Dr. Jarolim: ... zum Jugendgerichtsgesetz!)

Ich gehe einmal davon aus, dass diese Schriftsatzweiterleitung ein glatter Amtsmissbrauch ist. Der Verdacht des Amtsmissbrauches ist nun einmal vorhanden. Ich wage auch einen Verdacht auszusprechen (Abg. Dr. Mertel: Herr Präsident, Jugendgerichtsgesetz ist das Thema!), und zwar war es offensichtlich Dr. Sepp Brugger, der Vertreter des Grünen Klubs, der das weitergegeben hat (Abg. Öllinger: Vorsicht, Herr Graf!), damit unter dem Schutz der Immunität hier an diesem Rednerpult eine Handlung vollzogen werden kann, die letztlich glatt einen Amtsmissbrauch darstellt. Ich bin entsetzt, sage ich Ihnen an dieser Stelle, und 182 Abgeordnete und die Zuhörer sind Zeugen dieser in Wirklichkeit vollendeten Straftat geworden. (Abg. Öllinger: Was sagen Sie dann ... Haider ...?)

Und was ist Bürgerpflicht, wenn man Kenntnis von einer strafbaren Handlung hat? – Sie umgehend zu melden! Und ich nütze die Chance heute, den Herrn Justizminister diesbezüglich anzusprechen. Es wird dieser Sachverhalt in den nächsten Tagen noch schriftlich an Sie weitergeleitet werden (Abg. Ing. Westenthaler: Sehr interessant!), und dann werden wir uns ganz genau anschauen, wer permanent das Amtsgeheimnis bricht, wer solche Verletzungen begeht. (Abg. Öllinger: Ja!) Ich sage: Es muss Schluss sein mit diesen permanent durch dieses Rednerpult gedeckten Handlungen wider strafrechtliche Normen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Selbstverständlich! Unterwerfen!)

Am Schluss noch eine Eilt-Meldung, die ich dem Hohen Haus nicht vorenthalten möchte – auch im Zusammenhang mit dem Strafgesetz. Ich glaube, das ist sehr interessant:

Eilt-Meldung ZDF, Deutscher Teletext, 1. Februar 2001, 18 Uhr: Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt prüft im Zusammenhang mit dem Klein-Prozess – OPEC-Morde sei hinzugefügt – die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Joschka Fischer wegen uneidlicher Falschaussage. (Aha-Rufe bei den Freiheitlichen.) Der Brandsatzwerfer, der im Prozess nicht bekannt war, ist ermittelt worden und hat eine andere Aussage getätigt als der Herr Vizekanzler und Außenminister. (Abg. Ing. Westenthaler: Van-der-Bellen-Freund!)

Es wird sehr interessant sein, wie die Grünen sich weiter verhalten, auch hier in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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56. Sitzung / Seite 168

18.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Haigermoser und Öllinger. )

18.44

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Viele Jahre lang bin ich nun schon Mitglied des Justizausschusses. Viele Jahre schon bestreite ich als Rednerin der Grünen Debatten zu Themen, die im Justizausschuss vorgelegen sind, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals ein Erstredner einer Fraktion bei einem Thema, das allen wichtig ist – und die Wichtigkeit will ich dann auch noch erläutern, wichtig in dem Sinne, wie ernsthaft sich auch der Justizausschuss damit befasst hat – doch etliche Minuten geredet, aber überhaupt nichts zur Sache gesagt hat. (Abg. Dr. Martin Graf: Es geht doch ums Strafrecht!)

Es ist dem Kollegen Graf gelungen, nicht ein einziges Mal das Wort "jugendlich" oder "Jugendstrafrecht" oder "Strafmündigkeit" zu verwenden. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sagen nie etwas zur Sache und dürfen auch immer reden!) Aber gut, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Haben Sie etwas zur Sache zu sagen?)

Herr Bundesminister! Als noch nicht Sie, sondern Herr Dr. Michalek Bundesminister gewesen ist, hat die Diskussion um die Senkung der Mündigkeit insgesamt begonnen, also nicht nur der Strafmündigkeit, sondern auch der Volljährigkeitsgrenze von 19 auf 18 Jahre. Ich war damals, was das Zivilrechtliche betrifft, intuitiv überzeugt davon, dass es nicht so schlecht ist, die Zeiten ändern sich, die Menschen, auch Jugendliche werden reifer.

Im Zusammenhang mit der Änderung des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes, dem die Grünen ja auch keine Zustimmung gegeben haben, und der Befassung mit der Materie bin ich immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass dieses intuitive Zustimmen gänzlich an der Realität vorbeigeht. Heute bin ich zutiefst davon überzeugt, dass es ein fataler Irrtum ist, in vielerlei zivilrechtlichen Bereichen die Volljährigkeitsgrenze gesenkt zu haben. (Abg. Dr. Fekter: ... europäische Norm!) Heute bin ich zutiefst davon überzeugt. Aber es passt in das Konzept der Regierung.

Ich möchte jetzt das, was Kollege Jarolim allgemein über das Klima und über die Wende gesagt hat, nicht wiederholen. Mich beschäftigt vor allem die Frage: Wie trifft es straffällig gewordene Jugendliche?

Wir reden ja jetzt bei der Strafmündigkeit immer nur von 14- bis 17-Jährigen, weil ab dem Tag, an dem sie 18 werden, trifft sie die – wenn man so will – volle Härte des Gesetzes, denn dann sind sie ja jetzt erwachsen, beziehungsweise wir geben uns der Illusion hin, sie seien erwachsen – was man eben allgemein unter "erwachsen" versteht. Wenn ich zurückdenke, wie ich in diesem Alter war, dann hätte ich nicht zugetraut haben wollen, als erwachsen bezeichnet zu werden. Und ich glaube nicht, dass sich in den letzten 25 Jahren etwas zum Besseren im Sinne von reifer geändert hat, ganz im Gegenteil: Die Fallen und Tücken des Lebens sind stärker geworden, auch jene Fallen und Tücken, die zur Entwicklung von kriminellen Karrieren führen können, sind viel bedrohlicher als früher.

Ich stehe nicht an, die Frau Vorsitzende des Justizausschusses hier besonders zu erwähnen, da es, obzwar mit Hilfe geradezu therapeutischer Gespräche mit ihr, gelungen ist, sie davon zu überzeugen, das mit den Fachleuten in der Enquete-Kommission sowie zusätzlichen Fachleuten zu erörtern und gewisse Pläne, die die Regierung in Form von Initiativanträgen von Krüger, Fekter hatte, noch abzumildern. Das ist zweifelsfrei ein Werk der Vernunft (Abg. Dr. Fekter: Stimmen Sie zu?)  – Vernunft, personifiziert durch die Expertinnen und Experten, die dort ihre Stellungnahmen abgegeben haben, aber auch durch die oppositionellen Abgeordneten, die darauf gedrängt haben, diese zu hören, weil Fekter, Krüger, Böhmdorfer – wenn Sie erlauben, sie respektlos ohne Titelnennung anzuführen – nicht daran gedacht hätten, sich dieses Expertenwissens auf parlamentarischer Ebene so einfach zu bedienen. (Abg. Dr. Fekter: Aber zustimmen tun Sie nicht! Das ist Fundamental-Opposition!)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, schlicht und einfach zu wenig ist mir – abgesehen vom größten Mangel, nämlich von der Senkung der Strafmündigkeitsgrenze von 19 auf 18, das heißt also, dass es nur mehr für 14- bis 17-Jährige gilt – in dem, was wir jetzt Heran


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wachsendenstrafrecht nennen, die 21-Jahre-Grenze. Diese 21-Jahre-Grenze entbehrt in diesem Fall einer gewissen Komplettheit, weil sie von den internationalen Beispielen her, etwa der Schweiz, einfach nicht sinnvoll ist, sie ist einfach zu gering – aber nicht nur das!

Es haben die Experten im Ausschuss, besonders die Damen und Herren aus der Praxis, nämlich Richter und Staatsanwälte – Kollege Jarolim hat ja schon einiges zitiert –, aber vor allem auch jene von den Rechtswissenschaften, die sich also wissenschaftlich damit beschäftigen, ihre Skepsis immer und immer wieder gezeigt.

Ich möchte – und ich habe das auch schon schriftlich in einer abweichenden persönlichen Stellungnahme gemacht – noch einmal die drei wesentlichen Kritikpunkte aufzeigen, um Ihnen zu zeigen, was kritisiert wird und dass diese Kritikpunkte wirklich einschneidend sind und nicht nur gilt: Ach, das ist ja eigentlich sowieso gut.

Es ist erstens die fehlende Strafanpassung. – Diese Milderung in Bezug auf das Erwachsenenstrafrecht um ein Drittel ist insgesamt zu wenig. Das ist insgesamt zu wenig, um jungen Menschen in der Adoleszenz und auch in diesen Krisen, in denen sie sich befinden, in entsprechender Art und Weise zur Seite zu stehen – wenn man es ernst meint mit dem Heranwachsendenstrafrecht. Aber es ist eben nicht so ganz ernst gemeint, und darum steht das auch nicht drinnen. (Abg. Dr. Trinkl: Einmal wird sie ja ein Ende haben, die Adoleszenz!)

Es ist die Tatsache, dass die Strafuntergrenzen nicht gestrichen wurden, sondern nur herabgesetzt – das will ich gar nicht abstreiten –, nicht der richtige Weg. Auch das ist ein Ergebnis der dortigen ExpertInnen-Beratungen gewesen.

Und es ist – als dritter Punkt – die Tatsache, dass das außerordentliche Milderungsrecht beispielsweise ja auch Mängel hat, wenn man es wirklich in die richtige, in eine positive Richtung drängen will, die Tatsache, dass kein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe möglich ist – das fehlt eben jetzt für die Jungen ab 18 Jahren –, sowie die Tatsache, dass es keinen Verfolgungsverzicht der Staatsanwaltschaft gibt, mehr als bedauerlich.

Und – und das ist der gravierendste Einwand, den ich habe – es ist jetzt Faktum, dass der außergerichtliche Tatausgleich für Jugendliche, für die 18- bis 19-Jährigen, nicht mehr möglich ist. Und die Erfolge, die es gegeben hat, der weltweite, kann man schon sagen, Ruhm, den Österreich dadurch (Abg. Dr. Fekter: Ja! Und der außergerichtliche Tatausgleich für Erwachsene bleibt ein Unikat! ... vorbildlich!) vor allem in der informierten Öffentlichkeit erlangt hat – denn dass das nicht etwas ist, was man am Biertisch diskutiert, das wissen wir –, wird schlicht und einfach eingeschränkt! (Abg. Dr. Fekter: Frau Kollegin Stoisits, wir haben ihn ja für Erwachsene! ...)

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass es keine Beschränkung des Strafrahmens beim außergerichtlichen Tatausgleich für Jugendliche gibt und das eben jetzt um ein Jahr – um ein Jahr! – abgesenkt wird, ist eine massive Kriminalisierung von Jugendlichen, die jetzt passieren muss, weil es keine anderen Möglichkeiten gibt (Abg. Dr. Fekter: Es gibt ihn für die Erwachsenen genauso, da ist ja kein Unterschied!), abgesehen natürlich davon, dass die bedingte Entlassung und die Erteilung von Weisungen nach dem Jugendgerichtsgesetz für diese Altersgruppe eben jetzt nicht in jenem Ausmaß anwendbar sein werden wie vorher.

Und all diese Mängel werden nicht kompensiert durch die Tatsache, dass es nun bestimmte, zugegeben: wichtige und richtige, "Erleichterungen" – unter Anführungszeichen – für die bis zu 21-Jährigen gibt.

Darum, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, kann ich nur sagen: Das ist eine halbe Sache – eine halbe Sache im wahrsten Sinne des Wortes.

Da meine Redezeit leider schon zu Ende geht, kann ich mich in der politischen Einschätzung dessen, was hier erfolgt ist, nur den Worten des Kollegen Jarolim anschließen. Und am besten zum Ausdruck gebracht wird das durch den Bericht des Justizausschusses selbst, darin wird nämlich darauf Bezug genommen, dass Fekter/Krüger im Antrag schreiben, "dass die Anzahl


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der bekannt gewordenen ... Straftaten Jugendlicher in den letzten Jahren merklich angestiegen ist" (Abg. Dr. Fekter: Weil wir zu milde waren!), zwar "nur im unteren Kriminalitätsbereich" – aber wir müssen jetzt durchgreifen!

Das ist der Geist, der diese ganze Initiative trägt, und diesen Geist lehne ich ab – nicht das Gesetz in allen seinen Facetten, aber diesem Geist können wir nicht Vorschub leisten, indem wir immer nur Feuerwehr spielen und versuchen, die negativen Punkte zu mildern. – So nicht, Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

18.54

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Darin unterscheiden wir uns massiv, Frau Kollegin Stoisits: Ich glaube, dass gerade Jugendliche oder junge Erwachsene schon einen Rahmen brauchen, an dem sie sich orientieren können, wie sie sich in der Gesellschaft zu verhalten haben. Diesen Rahmen wollen Sie eigentlich beseitigen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vorweg möchte ich aber einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Ofner, Fekter und Kollegen zum Jugendgerichtsgesetz einbringen. Da dieser Antrag verteilt wird, kann ich mich auf die Darstellung der Eckpunkte beschränken.

Im Bereich des Jugendgerichtsgesetzes geht es zunächst um eine Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeit der Geschworenengerichte in Jugendstrafsachen und in Strafsachen gegen junge Erwachsene, ferner um eine Verbesserung der Beiziehung von Vertrauenspersonen bei der Vernehmung von Jugendlichen und schließlich um eine Klarstellung des Aufgabenbereiches der Jugendgerichtshilfe. Im Gerichtsorganisationsgesetz soll klargestellt werden, dass die Strafsachen gegen junge Erwachsene von den Abteilungen für Jugendliche geführt werden sollen, um die besondere Eignung der Jugendrichter auch für diesen Personenkreis nutzen zu können. Schließlich müssen wegen der Anwendung mancher Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes auch auf junge Erwachsene die Bestimmungen über das In-Kraft-Treten sowie die Übergangsbestimmungen angepasst werden.

Lassen Sie mich nun zum Inhalt dieser Novelle kommen. Vorweg möchte ich sagen, Kollege Jarolim hat unheimlich theatralisch vom großen Konsenswillen gesprochen, der abhanden gekommen ist, und dabei hätte er doch so gerne einen Konsens. – In der Sache selbst hat er nicht einen einzigen Vorschlag gemacht, der uns zu einem Konsens geführt hätte, er hat auch das Gesetz in keinem Punkt sachlich kritisiert. Daher kann ich mir nicht vorstellen, was wir noch hätten machen sollen, um die Zustimmung der Opposition zu erlangen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Novelle ist parlamentarisch sehr intensiv beraten worden – das haben beide Vorredner schon erwähnt. Die permanent tagende parlamentarische Strafrechts-Enquetekommission hat sich auf Expertenebene mit diesem Thema eingehend auseinander gesetzt, und die Experten haben diese Novelle auch mitgestaltet.

Dies ist im Ausschussbericht 404 der Beilagen ersichtlich, in dem noch vom "außerordentlichen Milderungsrecht" die Rede ist – bereits in Klammer gesetzt. Die Experten waren aber einhellig der Meinung, dass an Stelle eines außerordentlichen Milderungsrechtes, wie im Initiativantrag vorgesehen, der Wegfall der Strafuntergrenzen die bessere Lösung für eine Einzelfall-Gerechtigkeit darstellt. – Wir sind diesem Vorschlag gefolgt: Für Täter bis 21 Jahre entfallen die Strafuntergrenzen.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass ich – und darin unterscheide ich mich gravierend von meiner Vorrednerin – dieser Lösung sehr skeptisch gegenüberstehe, eine einhellige Expertenmeinung jedoch als berücksichtigungswürdig erachtet habe, und daher ist diese Bestimmung nun in dieser beschlussfähigen Novelle enthalten. Meine Skepsis basiert auf der steigenden


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Jugendkriminalität im Vergehensbereich und bei Gewaltdelikten. Diesbezüglich ist sehr wohl zu hinterfragen, ob die besondere Milde gegenüber jungen Menschen, die Frau Kollegin Stoisits ja fordert, diese Entwicklung – nämlich das Ansteigen der Kriminalität – nicht forciert hat.

Zweifelsohne ist das Jugendgerichtsgesetz, das nun bereits mehr als zehn Jahre in Kraft ist, bei der Rückführung gestrauchelter Jugendlicher ein Erfolgsrezept und wird als solches international anerkannt. Bei der Prävention jedoch, bei der Abschreckung der Jugend vor Straftaten, hat diese besondere Milde unter dem Schlagwort, "keine Kriminalisierung, damit der weitere Weg nicht verbaut wird", das Gegenteil bewirkt, nämlich ein massives Ansteigen der Straftaten bei Drogendelikten und beim Diebstahl, da gerade diese Delikte ohnehin keine weiteren gravierenden Folgen gehabt haben.

Ein Strafgesetz hat jedoch für mich und auch für die Wissenschaft die Aufgabe, potentielle Täter abzuhalten. Wegen der zu erwartenden Folgen sollen in Zukunft Geldbußen, gemeinnützige Arbeit und Täter-Opfer-Ausgleich dafür eingesetzt werden, den Straftätern ihr normwidriges Verhalten auch zu verdeutlichen. (Zwischenrufe der Abg. Heinisch-Hosek. )

Wenn wir nunmehr keine Strafuntergrenze normieren, so appelliere ich an die Richterschaft, den präventiven Charakter einer verhängten Strafe sowohl für den Täter selbst als auch für künftige Täter nicht völlig außer Acht zu lassen – bedauerlicherweise ist das mehrmals bei Verurteilungen von Jugendlichen passiert.

Leider ist dieser mein Gedanke, den ich hier erläutert habe – nämlich die Milde der Strafe sehr wohl auch im Hinblick auf die Prävention zu hinterfragen –, ständig unter dem subtilen Vorwurf "Law and order" nicht ausreichend diskutiert worden, obwohl die Studie von Beclin und Grafl, die wir ja in der Enquete-Kommission diskutiert haben, eindeutig beweist, dass das Unrechtsbewusstsein von jungen Tätern drastisch im Schwinden begriffen ist und die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen zunimmt. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Um wieder Unrechtsbewusstsein bei jungen Erwachsenen zu wecken, sind wir für die gleiche Altersgrenze von 18 Jahren, sowohl, was die Volljährigkeit, als auch, was das Strafgesetzbuch betrifft. Wir nehmen die jungen Menschen ernst. Erwachsensein heißt volle Rechte, aber auch volle Pflichten, und Großjährigkeit bedeutet, auch Verantwortung zu übernehmen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. )

Ein eigenes Heranwachsenden-Strafrecht, nämlich dann ein drittes Strafrecht neben dem Jugendstrafgesetz und neben dem Strafgesetzbuch, halten wir für entbehrlich, weil wir ja auch – und zwar auch für Erwachsene – die Diversion haben und damit im internationalen Vergleich weit voraus sind und einen vorbildlichen Weg eingeschlagen haben.

Zusätzlich haben wir mehrere Bestimmungen für bis 21-Jährige in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Dass wir den außergerichtlichen Tatausgleich für Erwachsene schon seit einem Jahr haben, dürfte Ihnen anscheinend entgangen sein.

Mit den Regelungen, die wir hier normieren, können wir auf Jugendsünden adäquat reagieren. Jugendsünden brauchen nicht mehr mit einer gerichtlichen, strafrechtlichen Verurteilung zu enden, dafür haben wir die Diversion. Für darüber hinausgehende Straftaten aber – und das sind keine kleinen Kriminellen mehr, sondern das sind schon eher die "schwereren Brüder" – ist das Erwachsenenstrafrecht mit den dazugehörigen Anpassungen für den Jugendvollzug anzuwenden.

Ich hoffe, dass meine jetzige Skepsis gegenüber allzu großer Milde mit Straftätern dadurch entkräftet wird, dass wir künftig einen Rückgang bei der Kriminalität von jungen Menschen erleben werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Genossen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.


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Im Hinblick auf den Umfang wird er vervielfältigt und verteilt und selbstverständlich auch dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (404 der Beilagen) über den Antrag 311/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden und über die Regierungsvorlage (345 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (404 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Artikel I wird wie folgt geändert:

a) In der Z 5 lit. b hat § 27 Abs. 1 Z 2 JGG zu lauten:

"2. in den Fällen, in denen auf eine mehr als zehnjährige Freiheitsstrafe erkannt werden kann und das herabgesetzte Mindestmaß der Strafdrohung zumindest ein Jahr beträgt."

b) Die Z 7a erhält die Bezeichnung "7b"; folgende neue Z 7a wird eingefügt:

"7a. Im § 37 Abs. 1 JGG entfallen im ersten Satz das Wort ,angehaltenen‘ und die Wendung: ,sofern damit keine unangemessene Verlängerung der Anhaltung verbunden wäre‘; der zweite Satz wird durch folgende Sätze ersetzt:

"Über dieses Recht ist der Jugendliche so rechtzeitig zu belehren, dass ihm dessen Ausübung ermöglicht wird, spätestens jedoch vor Beginn der Befragung oder Vernehmung, im Fall der Festnahme bei dieser oder unmittelbar danach. Erforderlichenfalls ist die Befragung oder Vernehmung bis zum Eintreffen der Vertrauensperson aufzuschieben, so lange das mit dem Zweck der Befragung oder Vernehmung vereinbar ist, es sei denn, dass damit eine unangemesse Verlängerung einer Anhaltung verbunden wäre."

c) In der Z 9 wird im § 46a Abs. 2 JGG der Ausdruck "und 48 Z 1 und 4" durch den Ausdruck: "48 Z 1 und 4 sowie 49" ersetzt.

2. Im Artikel III Z 1 und 2 wird dem § 26 Abs. 7 und dem § 32 Abs. 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes jeweils folgender Satz angefügt:

"Diesen Abteilungen sind auch die Strafsachen junger Erwachsener (§ 46a Abs. 1 JGG) zuzuweisen."

3. Artikel IV hat samt Überschrift zu lauten:

"Artikel IV

Inkraftreten und Übergangsbestimmungen

(1) Die durch Artikel II Z 3 (§ 41 Abs. 3 StGB) und 7 bis 12 (§§ 197, 232 Abs. 3, 233 Abs. 1, 237, 239, 241 StGB) geänderten Bestimmungen treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag,


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die übrigen durch Artikel I und II dieses Bundesgesetzes geänderten Bestimmungen mit 1. Juli 2001 in Kraft.

(2) Die durch dieses Bundesgesetz geänderten Bestimmungen über Strafdrohungen und die Strafbemessung sind in Strafsachen nicht anzuwenden, in denen vor ihrem Inkrafttreten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruches ist jedoch im Sinne der §§ 1, 61 StGB vorzugehen.

(3) Für Strafsachen junger Erwachsener (§ 46a Abs. 1 JGG in der Fassung des Artikels I Z 9 dieses Bundesgesetzes), die vor dem 1. Juli 2001 anhängig geworden sind, bleibt das bisher zuständige Gericht auch nach dem 30. Juni 2001 weiterhin zuständig. Dies gilt auch für Verfahrenshandlungen, Entscheidungen und Verfügungen, die nach der rechtskräftigen Beendigung dieser Verfahren vorzunehmen sind oder vorgenommen werden, nicht aber für den Fall der Erneuerung des Strafverfahrens (§§ 292, 359, 362, 363a StPO). § 28 JGG ist in diesen Strafsachen nicht anzuwenden.

(4) Bereits von dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag an können organisatorische und personelle Maßnahmen im Zusammenhang mit den sich aus Artikel I Z 9 (§ 46a Abs. 1 JGG) und Artikel III Z 1 und 2 (§§ 26 Abs. 7 und 32 Abs. 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes) ergebenden Änderungen der Zuständigkeit und der Geschäftsverteilung getroffen werden."

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

19.02

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte im Hinblick auf diese Debatte doch einige sachliche Informationen geben, wobei ich der Frau Abgeordneten Fekter sehr dankbar dafür bin, dass sie in ihrer Rede eine Reihe von sachlichen Informationen vorweg gegeben hat.

Ich möchte darauf verweisen, dass im Zuge der Debatte um dieses Gesetz niemand von denjenigen, die sich an der Debatte beteiligt haben, ein Beispiel dafür nennen konnte, dass auf Grund dieser neuen gesetzlichen Regelung ein Jugendlicher zwingend, wenn er Milde verdient, eine höhere Strafe als nach der alten Rechtslage zu bekommen hätte. Ich habe in jeder Diskussion um einen solchen Hinweis gebeten. Ich habe in jeder Diskussion um ein solches Beispiel gebeten. Es ist nie eines genannt worden, auch nicht von den so genannten Experten oder wirklichen Experten, auch nicht von den Jugendrichterinnen und Jugendrichtern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben völlig übersehen oder einfach nicht erwähnt – insbesondere wende ich mich jetzt an Herrn Kollegen Dr. Jarolim und Frau Abgeordnete Stoisits –, dass eine Reihe von Privilegien des Jugendgerichtsgesetzes auf die Altersgruppe 20 bis 21 Jahre erweitert wurde, die es vorher für diese Altersgruppe nicht gegeben hat, weshalb die Jugendrichter und die Allgemeinstrafrichter gezwungen waren, Entscheidungen zu fällen, die zum Teil wirklich unverständlich waren. Für solche Beispiele haben wir konkrete Hinweise bekommen. Aber diese wurden heute nicht erwähnt, und ich möchte sie auch nicht bringen, weil diese alte Rechtslage in Bälde der Geschichte angehört.

Sie haben nicht erwähnt, dass die Jugendrichter in Zukunft auch über die Tätergruppe der 20 und 21 Jahre alten Personen entscheiden werden, dass also die Jugendrichter mit ihrem Erfahrungswissen auf die persönliche Situation der jungen Erwachsenen eingehen können. Sie haben nicht erwähnt, dass nicht jeder, der 20 Jahre alt ist, sich in einer Adoleszenzkrise befindet. Nach der neuen Rechtslage wird jede Richterin und jeder Richter darauf eingehen können, ob ein Jugendlicher Milde verdient, weil er sich in einer Adoleszenzkrise befindet, oder ob er die


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Strenge des Gesetzes wie ein Erwachsener verdient. Das ermöglicht die Erweiterung der Strafrahmen nach unten. Die Bandbreite und die Flexibilität sind also durchaus erweitert worden.

Es kommt auf diese Tätergruppe der 20- bis 21-Jährigen ein weiteres Privileg zu. Auch die 20- bis 21-Jährigen können jetzt, wenn sie ihre Berufsausbildung vollenden wollen, mit einem längeren Strafaufschub rechnen. Das heißt, insgesamt gibt es mehr Privilegien für Personengruppen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr, und es gibt die Möglichkeit größerer Flexibilität.

Bitte, meine Damen und Herren, insbesondere von der Opposition, gehen Sie auf diese sachlichen Argumente in der weiteren Debatte ein! Ich bin gerne bereit, weiter dazu Stellung zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

19.06

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wenn ich mir den Erstredner, Herrn Graf von der FPÖ, in Erinnerung bringe, dann muss ich sagen, dass all das, was ich bei den gesamten Verhandlungen nicht wahrhaben wollte, eigentlich bestätigt worden ist. Es geht Ihnen nur um die Umsetzung populistischer Forderungen und ums Durchgreifen – Frau Fekter hat es auch ein bisschen eingestanden –, unter dem Motto: Die Jugendlichen gehören endlich strengstens bestraft! (Abg. Böhacker: Sie haben nicht zugehört!)

Graf ist Erstredner und sagt kein Wort zur Situation der Jugend in Österreich! Er sagt kein Wort zum Jugendgerichtsgesetz! Das ist die Bestätigung dafür, dass es Ihnen von den Regierungsparteien leider viel zu wenig um die Jugend geht. Es geht Ihnen viel zu wenig um das Schicksal junger Menschen in schwierigen Entwicklungsphasen, und es geht Ihnen viel zu wenig um die Vermeidung krimineller Karrieren, welche letztendlich auch einen Schaden für die Gesellschaft darstellen. (Abg. Dr. Fekter: Schwierige Entwicklungsphasen müssen nicht zwangsläufig Straftatbestände nach sich ziehen!) Und wenn Frau Fekter reflexartig zu allem, was hier von der Opposition gesagt wird, schreit: Totalopposition!, dann muss ich Ihnen dazu sagen: Sie verstehen unter Kompromiss die totale Unterwerfung unter Ihre Meinung. Das ist Ihr autoritärer Zugang zur Opposition! (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso wollen Sie die totale Unterwerfung der Jugend, wenn Sie sagen, Jugendliche brauchen einen Rahmen, damit sie wissen, in welchem Rahmen sie sich in der Gesellschaft bewegen sollen. (Abg. Dr. Leiner: Das hat sich erwiesen, jahrhundertelang, bis jetzt! Das hat sich erwiesen, gnädige Frau!) Es hat sich erwiesen, dass sich die Jugendlichen durchaus im vorgegebenen Rahmen bewegt und ihre Rechte und Pflichten wahrgenommen haben.

Aber eines muss ich auch sagen: Ich anerkenne als durchaus positiv, dass es immerhin ein Begutachtungsverfahren gegeben hat. – Das wäre an sich etwas Selbstverständliches, aber nicht bei dieser Justizfraktion, nicht bei diesem Justizminister. Es hat zu diesem Thema ein Begutachtungsverfahren gegeben, und es hat immerhin ein Hearing gegeben – zwar auf Druck der sozialdemokratischen Fraktion, aber es hat stattgefunden.

Ich gebe Ihnen auch in Folgendem Recht: Ihre ersten Entwürfe – nämlich Ihr Antrag Fekter, Krüger und der Regierungsentwurf – sind entschärft worden, und auch Aspekte des Heranwachsendenstrafrechtes konnten in dieses Gesetzeswerk mit eingebaut werden, aber nur Aspekte, und das auf Grund massiver Argumente von Experten und der Opposition. (Abg. Dr. Fekter: Nennen Sie einen Punkt, der nicht berücksichtigt worden ist!)

Wir haben den Erstentwürfen kleinere Giftzähne gezogen, aber den schmerzhaften Zahn – Sie wissen ja, wie das klopft – ... (Abg. Böhacker: Den Weisheitszahn haben Sie nicht gefunden!)  – Weisheitszähne haben Sie ja gar nie gehabt, das habe ich schon seit Jahren bei Ihnen bemerkt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sicher, vier Stück sogar!)

Die Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre ist der wirklich schwere Eingriff in das Jugendstrafrecht. (Abg. Böhacker: "Das wäre auch eine Möglichkeit"! Ich weiß


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schon! Auch ein Salzstreuer!) Und die Begründung, die Argumentation dafür hinkt ja auch. Da wird gesagt: Weil die zivilrechtliche Volljährigkeit herabgesetzt worden ist, muss man auch im Strafrecht nachziehen. – Es besteht aber überhaupt kein zwingender Zusammenhang zwischen diesen beiden Regelungsbereichen. Das sieht man auch in den Stellungnahmen – Stellungnahmen, die man nachlesen kann, wie zum Beispiel vom Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Graz oder vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck. Und das wurde auch im Hearing bestätigt.

Meine Damen und Herren! Der Haupttenor der Fachleute, der Praktiker, der Experten und Expertinnen war, entweder die Altersgrenze von 19 Jahren überhaupt zu erhalten oder ein umfassendes und taugliches Heranwachsendenstrafrecht zu schaffen. Ein Heranwachsendenstrafrecht würde auch dem internationalen Trend entsprechen; da kommt das Erwachsenenstrafrecht erst nach dem 21. Lebensjahr zum Tragen. Das finden wir in Deutschland, in Griechenland, in den Niederlanden, in Polen, in Portugal, in Schweden, in Spanien und in anderen Ländern. (Abg. Dr. Fekter: Aber Diversion haben sie keine! Die sind ja hinter uns! Die haben keine Diversion für Erwachsene, die müssen erst auf unseren Standard kommen!)  – Frau Fekter, ich höre Sie nicht, Sie können noch so lang und laut schreien!

Tatsache ist, dass viele Jugendliche, die im kritischen Alter von 18 bis 20 Jahren eine Straftat begehen, noch Schwierigkeiten bei der Anpassung an das Erwachsenwerden haben. Erfreulicherweise sind aber diese Schwierigkeiten mit 20, 21 überwunden. Wenn nun in dieser kritischen Altersphase statt des Jugendstrafrechts, das differenzierter und milder ist, die schwere Keule des Erwachsenenstrafrechts zum Tragen kommt, dann bedeutet das für viele junge Menschen, dass eine soziale Reintegration verhindert oder zumindest erschwert wird.

Die Autoren dieses Gesetzes haben dies auch so gesehen, denn in der Regierungsvorlage, im Begutachtungsentwurf wurde noch von 9 000 zusätzlichen Hafttagen auf Grund der Verschärfungen ausgegangen. Im Antrag Fekter, Krüger spricht man noch von 3 000 zusätzlichen Hafttagen, was jährliche Mehrkosten von drei bis vier Millionen Schilling verursachen wird. Wie viele zusätzliche Hafttage mit dem vorliegenden Entwurf verbunden sind, das weiß ich nicht, weil uns keine Zahlen zur Verfügung stehen. Aber ich finde es in jedem Fall bedauerlich, ja geradezu widersinnig und paradox, dass wir in einem Sparzeitalter, an der Wende zum Sparen, Mehrkosten dafür aufbringen, dass zahlreiche Jugendliche wesentlich öfter und wesentlich länger in Gefängnissen sitzen werden, als das jetzt nach der bisherigen Rechtslage der Fall ist, und Mehrkosten dafür aufbringen, dass dadurch Menschen, die wohl nie mehr eine Straftat begangen hätten, in eine kriminelle Karriere gedrängt werden.

Es ist richtig, und ich anerkenne es durchaus, das habe ich heute schon erwähnt, dass Fortschritte erzielt worden sind und Entschärfungen eingeführt werden konnten: zum Beispiel, dass bei Strafverfahren die Jugendgerichte allenfalls bis zum 21. Lebensjahr zuständig sind, aber leider unter Anwendung und Geltung des Erwachsenenstrafrechts, oder dass die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe bis zum 21. Lebensjahr ausgeschlossen wird, dass die Strafuntergrenze bei schwersten Strafdrohungen mit einem Jahr festgelegt wird, oder die Erweiterung der außerordentlichen Strafmilderung in Fällen mangelnder Reife, entwicklungsbedingten Verhaltens sowie die Ermöglichung eines Schuldspruchs unter Vorbehalt der Strafe. Und: Aufschub des Strafvollzugs zum Zwecke des Abschlusses einer Berufsausbildung bei jungen Erwachsenen.

Es hat sich also gezeigt, dass Entschärfungen und auch Verbesserungen des ursprünglichen Entwurfes erreicht werden konnten, und es hat sich in meinen Augen gelohnt, dass die Materie so intensiv wie möglich diskutiert worden ist, um diese kleinsten Verbesserungen zu erringen. Trotzdem: Wenn man das Ganze abwägt, auf eine Waagschale legt, dann muss man sagen, die Quintessenz dieses Gesetzes bleibt: mehr Verschlechterungen als Verbesserungen, mehr unbedingte Haft, und in Zukunft mehr Strafvollzug für junge Menschen – zum Schaden dieser Menschen und zum Schaden der Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

19.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.


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19.15

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat erfreulicherweise doch nicht nur ein gutes Haar, sondern, wenn ich das im übertragenen Sinn sagen darf, ein ganzes Haarbüschel guter Ideen in diesem Entwurf erkannt, der heute hier zur Beschlussfassung steht. (Abg. Böhacker: Einen ganzen Wuschelkopf!)

Aber wenn ich Ihre Einleitung über diese Novelle Revue passieren lasse, Frau Kollegin Mertel, dann habe ich eher den Eindruck, dass Sie über ein Gesetz sprechen, das eher dem amerikanischen Jugendstrafrechtsregime entspricht, in dem ja bekanntlich erst vor rund einer Woche ein 13-Jähriger wegen einer fahrlässigen oder möglicherweise auch vorsätzlichen Tötung einer Alterskollegin zu einer lebenslangen Haftstrafe, wo es auch keine Gnade gibt, verurteilt wurde. Das alles gibt es Gott sei Dank bei uns nicht und soll es auch niemals geben.

Ich gebe all denjenigen Recht, die es hier ernst meinen und sagen, dass die Heranwachsenden natürlich einer gewissen Privilegierung, was die Strafdrohung und was die Strafhöhe anlangt, zu unterwerfen sind. Das ist überhaupt keine Frage. Es ist von den sprichwörtlichen Jugendtorheiten die Rede gewesen, die sich aber irgendwann einmal aufhören müssen.

Wir wissen, dass im Kindschaftsrecht die Volljährigkeitsgrenze auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Und es gibt von Seiten der Sozialdemokraten, insbesondere in den Gemeinden, sogar den Antrag, dass man das Mindestalter für das aktive Wahlrecht für Jugendliche auf 16 oder gar auf 14 Jahre herabsetzt. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. ) Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann ja alles keine Einbahnstraße sein. Man kann nicht auf der einen Seite jemandem alle Rechte geben, die ein Erwachsener hat, ihm aber auf der anderen Seite keine Pflichten auferlegen. Das kann es wirklich nicht geben! Und hier geht es darum, eine Harmonisierung herbeizuführen.

Aber, meine Damen und Herren, wir verkennen nicht, dass es den Begriff der so genannten Adoleszenzkrise gibt. Das wurde schon angesprochen. Wir sind daher dafür, dass die Jugendlichen in diesem kritischen Übergangsbereich, in dem sie auf dem Weg zum Erwachsenendasein sind, nämlich zwischen 18 und 21, besondere Privilegien genießen dürfen. Und genau dem wurde in sehr beachtlicher Form Rechnung getragen.

Es gibt in diesem Bereich – im Gegensatz zu den Erwachsenen – keine lebenslange Strafe. Es ist auch die Strafdrohung von 10 bis 20 Jahren auf 5 Jahre herabgesetzt worden. Und schlussendlich – ich glaube, das ist etwas sehr Wesentliches – gibt es die Möglichkeit einer so genannten außerordentlichen Strafmilderung, wenn der Beschuldigte nicht einsichtsfähig genug war.

Da wurde jetzt als Kritik angemerkt, das erfordere komplizierte Gutachten. Ich darf Ihnen eines sagen: Es gibt eine ähnliche Bestimmung im Jugendgerichtsgesetz, nämlich die mangelnde seelische Reife, die vorsieht, dass der Richter sehr wohl entscheiden kann, auch bei einem 15- oder 16-Jährigen, dass er zwar formell strafmündig, aber materiell nicht schuldfähig ist und daher mit einem Freispruch vorzugehen ist. Auch da kann es eben dazu kommen, dass das Gericht auf Grund einer verzögerten seelischen Entwicklung des Jugendlichen durchaus nicht mit der vollen oder halben Härte des Gesetzgebers vorgehen kann, sondern der Richter kann die außerordentliche Strafmilderung anwenden.

Also bitte: Diese Bedrohungsszenarien für die Jugendlichen gibt es ganz einfach nicht! Aber es ist natürlich der Gesetzgeber aufgerufen, wenn leider Gottes die Zahl der straffällig gewordenen Jugendlichen immer stärker ansteigt, dieser Entwicklung in irgendeiner Form gegenzusteuern. Das kann man dem Gesetzgeber sicherlich nicht verübeln, darauf muss er reagieren! Das ist ja die Aufgabe des Gesetzgebers. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zum Abschluss auf den Redebeitrag des Kollegen Graf kurz Bezug nehmen, der mich persönlich angesprochen hat. Ich möchte dazu folgende Stellungnahme abgeben:


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Am 19. Dezember 2000 hat die Privatrundfunkbehörde getagt und provisorische Lizenzen erteilt. Ich vertrete verschiedenste Rundfunkbewerber, die einerseits Antragsteller, andererseits Antragsgegner sind. Ich wurde an diesem Tag von einer Journalistin angerufen, die mir sagte, sie wurde von Herrn Dr. Brugger – das ist das grüne Mitglied in der Privatrundfunkbehörde und ein Mitarbeiter im grünen Klub – angerufen und von ihm informiert, dass innerhalb dieser Behörde, in der Behördensitzung, also in der amtlichen Sitzung, darüber gesprochen wurde, ob ich Berufspflichten verletzt hätte und ob eine Disziplinaranzeige gegen mich zu erstatten sei.

Das sagte mir die Journalistin. Ich habe das natürlich in Abrede gestellt und habe ihr das auch erklärt. Übrigens habe ich das auch der Vorsitzenden, Frau Dr. Helige, einige Tage später erklärt. Es ist natürlich keine Anzeige gegen mich gekommen, weil ich keine Berufspflichtenverletzung begangen habe. Aber es ist doch sehr eigenartig, dass das grüne Mitglied hier mit derartigen Informationen an die Öffentlichkeit geht. Es gibt nämlich so etwas wie eine Amtsverschwiegenheit, habe ich irgendwann einmal im Strafrecht gehört. – Gut, ich bin ein geduldiger, friedfertiger und harmoniebedürftiger Mensch – Frau Kollegin Mertel, Sie wissen das –, und ich habe nichts unternommen.

Am 26. Jänner wirft mir Kollegin Petrovic im Verfassungsausschuss vor: Dr. Krüger, als Anwalt vertreten Sie in diesem Lizenzverfahren die Ansicht, dass die Regelungen des Privatstiftungsrechtes in Bezugnahme auf Einflussnahmen von Privatradiobetreibern in diese und jene Richtung auszulegen sind? Das blaue Behördenmitglied vertritt eine andere Meinung! – Auch hier wieder dieser Informationsfluss, denn woher soll sie es denn wissen? Abgesehen davon, dass das ja durchaus ein Kompliment ist, weil es der Beweis dafür ist, dass unser Mitglied ein völlig unabhängiges Mitglied ist, weil es nicht unbedingt meine Meinung vertritt.

Aber heute, muss ich Ihnen sagen, Frau Kollegin Petrovic – sie ist jetzt nicht da –, heute reicht es mir, wenn Sie sich hier herstellen und sagen, ich würde in einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde, die ich jetzt eingebracht habe, Bestimmungen anfechten, die ich hier im Hohen Haus mitbeschlossen habe. Zum einen muss ich dazu sagen, dass das nicht stimmt, ich habe nämlich eine Bestimmung des § 13 Regionalradiogesetz angefochten, also eine Bestimmung, die beschlossen wurde, noch bevor diese Regierung gebildet wurde. Zweitens muss ich sagen, es ist haarsträubend, dass jeder meiner anwaltlichen Schritte, die ich nicht in Vertretung einer Partei, sondern in Vertretung von Privatunternehmungen setze, einer grünen Kontrolle durch deren Mitglied unterliegt und an Frau Dr. Petrovic weitergegeben wird. Ich lasse mir das nicht mehr gefallen und werde die nötigen Maßnahmen in die Wege leiten! Es muss einmal Schluss sein! (Zwischenruf der Abg. Achatz. )

Es mag vielleicht dem Verständnis eines früheren Arbeiterparadieses entsprechen, dass der Anwalt auch für seinen Klienten immer jene Meinung vertreten muss, die er politisch vertreten muss. So kollektivistisch denken Sie ja! Ich empfinde es wirklich als einen ungeheuerlichen Skandal, dass auf diese Art versucht wird, mich in meinem Zivilberuf als Anwalt kontrollieren, einschränken und auch einschüchtern zu wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Mainoni: Das grüne Spitzelnetz! – Abg. Achatz  – in Richtung Grüne –: Sie schrecken vor nichts zurück! Da wird bespitzelt! Da wird diffamiert!)

19.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

19.22

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit zwei Tagen geistert der Vorwurf gegen unseren Mitarbeiter, Herrn Brugger, durchs Plenum. Herr Graf hat vorhin vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs gesprochen, und Sie haben das jetzt so ähnlich formuliert, Herr Kollege Krüger. (Abg. Dr. Martin Graf: Vom Verdacht! )  – Vom Verdacht, okay.

Sie wissen doch wohl, Herr Kollege Krüger, dass die Betroffenen über die anwaltlichen Schritte, die Sie betreiben, auch informiert werden. Das ist Ihnen schon bewusst, nehme ich an. Haben Sie schon einmal daran gedacht, dass es auch möglich ist – so war es nämlich –, dass die Informationen von den Betroffenen an den grünen Klub weitergegeben worden sind? Jetzt


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erklären Sie einmal, wo da Amtsmissbrauch vorliegt! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Nicht Ihre Klienten, sondern die Betroffenen, wenn es um die Bewilligung geht.

Haben Sie eine Ahnung, was Bespitzelung ist? Wenn Sie in einem Verfahren betroffen sind und einen Bescheid bekommen ... (Abg. Dr. Krüger: Und wer aus der Behörde? Herr Brugger!)  – Das kam nicht aus der Behörde, sondern von den Betroffenen, die den Bescheid an Herrn Brugger, das grüne Mitglied, weitergegeben beziehungsweise ihn informiert haben. Wenn Sie den Vorwurf des Amtsmissbrauchs erheben, dann tun Sie das öffentlich, nicht hier, unter dem Schutz der Immunität, sondern tragen Sie das öffentlich aus! Sie und Kollege Graf, tragen Sie es öffentlich aus, und dann schauen wir uns an, was dabei herauskommt. (Beifall bei den Grünen.)

Hier vom Pult aus Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines parlamentarischen Klubs zu erheben, und zwar gleich drei Mal, ist eine sehr merkwürdige Vorgangsweise für einen Abgeordneten, denn der Mitarbeiter kann sich nicht hier herstellen und sich dagegen wehren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Mainoni: Wir werden das Spitzelnest schon ausheben!)

Eine kurze Anmerkung zu dem Gesetzesvorschlag, der vorliegt. (Abg. Dr. Krüger: Das heißt, die Journalistin hat gelogen!)  – Sie können das ja öffentlich machen. Wenn Sie der Meinung sind, dass hier Amtsmissbrauch vorliegt, dann machen Sie das öffentlich. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das hat Herr Dr. Graf ohnehin angekündigt! So lange werden Sie noch warten können!) Setzen Sie Ihre anwaltlichen Schritte, aber stellen Sie sich nicht hier heraus, um Mitarbeiter des Klubs zu beschuldigen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Aber nun zur Gesetzesvorlage. Es ist schon bemerkenswert, dass aus dem Justizressort Vorlagen kommen, die trotz Expertenrückmeldungen eigentlich gleich geblieben sind. Ich erinnere Sie auch an das Suchtmittelgesetz, bei dem ebenfalls nach umfangreicher Expertenkritik ein vorgeworfener Punkt in einer Form zurückgenommen worden ist, dass ein kleiner Teil davon übrig geblieben, aber in der Substanz sehr viel verändert worden ist. Ich habe den Eindruck, diese Bundesregierung setzt sich ideologisch Dinge in den Kopf, ohne sie vorher mit Experten zu checken, und wenn die Experten dann informiert werden, schütteln sie den Kopf. Übrig bleibt eine Kleinigkeit.

Vielleicht wäre es sinnvoll, sich zunächst auch sachlich zu informieren, bevor man Dinge ankündigt, um Gesetzesvorlagen präsentieren zu können, die man auch gecheckt hat. Ich erinnere Sie an die Drogenpolitik, wo zum Beispiel zur Erhöhung der Mindeststrafen alle Experten gesagt haben, dass das einen gegenteiligen Effekt bringt. Ich erinnere Sie an die Grenzmengenverordnung, an die Stellungnahmen der Länder – das betrifft nicht Ihr Ressort, Herr Minister, aber auch die Drogenpolitik –, die überwiegend negativ ausgefallen sind. Ich denke, diese Vorgangsweise hat mit Politik relativ wenig zu tun. Experten kann man schon vorher befragen. Man braucht nicht zuerst im Parlament auszuverhandeln, man kann sich schon vorher eine Meinung bilden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

19.26

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jarolim hat sich sehr schwer damit getan, ein Argument anzuführen, warum er und seine Fraktion heute gegen diese Vorlage stimmen werden. Er hat wahrscheinlich auch deswegen schon den Saal verlassen, weil er diese Frage erwartet hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz haben wir die Volljährigkeitsgrenze auf 18 Jahre herabgesetzt. Diese Volljährigkeitsgrenze gilt für alle privatwirtschaftlichen Geschäfte, für die Handlungsfähigkeit in allen Bereichen – nur für kriminelles Verhalten soll sie plötzlich nicht mehr gelten?! Wenn wir die jungen Leute ernst nehmen, dann müssen wir sie auch zur Verantwortung ziehen, wenn sie eine kriminelle Handlung gesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Es war sehr viel von der Adoleszenzkrise die Rede. Alle Experten bestätigen, dass dieser Übergang bei dem einen länger, bei dem anderen kürzer dauert. Mir hat heute eine Dame gesagt, bei Mädchen geht es schneller, Burschen werden überhaupt nicht erwachsen; das ist ein Frage des Gesichtspunktes und des Standortes. – Tatsache ist aber, dass von uns, von den Koalitionspartnern, all das nie bestritten wurde, dass sehr wohl auf die schwierige Situation der jungen Leute eingegangen werden wird und auch eingegangen werden muss. Wir wollen aber auch, dass sich junge Leute an die Gesetze halten! Wir wollen junge Leute, die kriminelles Verhalten an den Tag legen, nicht schützen, sondern sie sollen sich zu ihren Taten auch bekennen müssen. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, dass Gesetze und Vorschriften das Verhalten des Menschen nur indirekt beeinflussen können. Tatsache ist aber, dass sie das Verhalten des Menschen sehr wohl beeinflussen, und daher sind Grenzen wichtig. Der junge Mensch muss wissen: Achtung, ab jetzt trifft mich eine höhere Verantwortung. Will man kriminelle Karrieren tatsächlich verhindern, so muss auch das Gesetz diese Verantwortung deutlich zum Ausdruck bringen.

Es soll uns niemand sagen, dass wir die Bedenken und Einwände, die im Zuge der Diskussion vorgebracht wurden, nicht ernst genommen hätten. Aber wir haben uns bewegt! Die Koalition hat auf die Experten gehört, und viele Wünsche und Vorschläge der Experten sind auch tatsächlich in das Gesetz eingegangen. Und wir legen heute einen Gesetzentwurf zur Beschlussfassung vor, der es dem Richter sehr wohl ermöglicht, auf die Unbesonnenheit junger Leute entsprechend einzugehen und Rücksicht zu nehmen.

Wer sich nicht bewegt hat, ist die Opposition, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Stoisits! In deiner Abweichenden Persönlichen Stellungnahme meinst du, wir seien auf halbem Wege stehen geblieben. – Wir sind diesen halben Weg gegangen, nur die Opposition hat sich kein Jota, keinen Schritt von ihrer Ausgangssituation wegbewegt. Für Sie von der Opposition war das Expertenhearing überflüssig, denn Sie haben auf die Ratschläge und Empfehlungen der Experten in keiner Weise reagiert. Sie haben keine Gesprächsbereitschaft an den Tag gelegt! Das nenne ich Gesprächsverweigerung, das nenne ich Fundamentalopposition, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das ist schade. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte, weil das heute noch nicht geschehen ist, auch auf eine kleine, aber wichtige Novelle eingehen, und zwar auf die Aufhebung des § 197 Strafgesetzbuch. Es geht um die rechtliche Möglichkeit zur Einrichtung von so genannten Babyklappen – ein Anliegen, das unsere Frau Landeshauptmann Klasnic aus der Steiermark sehr deutlich auch in der Öffentlichkeit unterstützt hat. Ich freue mich, dass es in Zukunft möglich sein wird, dass Mütter in einer Notlage die Möglichkeit haben, anonym, dafür aber sicher, ihr Kind deponieren zu können. Ich meine, wenn wir von der öffentlichen Hand her, von der Öffentlichkeit her diese Möglichkeit schaffen, so ist auch das Bedürfnis, ein solches Tun mit Strafe zu ahnden, nicht mehr gegeben. Aus diesem Grunde begrüßen wir diese zeitgemäße Lösung, die vor allem das Leben und die Gesundheit des Kindes in den Vordergrund stellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Jarolim hat gemeint, die heutige Beschlussfassung sei ein Rückschritt. – Es ist ein Rückschritt, aber einer in der Diskussionskultur, wie sie im Justizausschuss tatsächlich immer gepflogen wurde, und das tut uns Leid. Aber diese heutige Gesetzwerdung fügt sich nahtlos in eine moderne Justizpolitik dieser Bundesregierung ein, gegen die selbst bei noch so intensivem Bemühen Ihrerseits kein einziges schlagendes Argument vorgebracht werden konnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

19.32

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Justizpolitik war in den letzten Jahrzehnten eine von Kon


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sens geprägte und getragene Politik, und auch die Arbeit im Justizausschuss war immer von Konsens geprägt.

Herr Kollege Trinkl, wir sind nicht aus fundamental-oppositionellen Gründen dagegen, sondern aus sachlichen Gründen. Vorredner meiner Fraktion haben schon zum Ausdruck gebracht, dass einige Verbesserungen in diesem Gesetz enthalten sind, aber es gibt einen Kritikpunkt seitens unserer Fraktion, und das nicht allein gestützt auf zahlreiche Expertenmeinungen, sondern auch im Vergleich mit dem europäischen Umfeld. Ich führe hier nur die Schweiz an, wo man gerade darüber diskutiert, ob man das Jugendstrafrecht nicht bis zum 25. Lebensjahr einsetzen soll.

Sehr geehrte Frau Dr. Fekter! Sie haben von Prävention gesprochen. Es sind heute schon einige Zahlen genannt worden, wie viele Hafttage oder wie viele Insassen pro Jahr man mehr in unseren Justizanstalten haben wird. Ich möchte mich diesem Punkt – obwohl für viele vielleicht ein Nebenthema – doch einige Minuten widmen.

Es muss vorerst einmal festgestellt werden: Die besten Voraussetzungen, um zu verhindern, dass jemand straffällig wird, sind ein geordnetes soziales Umfeld sowie eine gute Bildung und Ausbildung. Das sind die wesentlichen Grundsteine dafür, dass jemand nicht straffällig wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Diskussionen über Strafen, Einsperren und darüber, wie viel tausend Häftlinge mehr im Jahr in Österreichs Justizanstalten einsitzen werden, sollten uns nicht daran hindern, uns durchaus auch einmal vor Augen zu führen, wie denn derzeit in den österreichischen Justizanstalten der Tagesablauf aussieht. Ich gehe jedenfalls davon aus, meine Damen und Herren und Kolleginnen und Kollegen des Justizausschusses, dass es nur mit dem Einsperren allein nicht getan ist, sondern dass im Strafvollzug auch eine sinnvolle Betreuung und Beschäftigung gegeben sein muss. Ich glaube, wir haben in den letzten Wochen und Monaten doch mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass wir – nicht nur aus unserer Sicht, sondern durchaus belegbar im Vergleich mit den Zahlen anderer europäischer Länder – sowohl im Personal-, als auch im Sachaufwand maßgeblich nachhinken. Sinnvolle Betreuung und Beschäftigung ist aber gerade bei jungen Menschen sehr wichtig.

Der Herr Präsident des Wiener Jugendgerichtshofes hat in einer Sitzung der Enquete-Kommission ebenfalls sehr eindringlich vor Augen geführt, wie der Dienst im Wiener Jugendgerichtshof derzeit abläuft. Es wird nichts nützen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir junge Menschen einsperren, sie aber aus Kostengründen, weil wir eben kein Geld und auch kein Personal haben, nicht beschäftigen und nicht betreuen. Wir dürfen uns dann nicht wundern, wenn sie nach ihrer Entlassung nicht resozialisiert sind. Das ist nicht der richtige Weg!

Wenn wir aus präventiven Gründen in Kauf nehmen, dass ein paar Tausend mehr einsitzen, aber nicht gleichzeitig dafür sorgen, dass diese jungen Menschen in den Justizeinrichtungen auch sinnvoll beschäftigt werden, dann ist das kontraproduktiv! Ich will dabei noch gar nicht von Humanität und von Menschlichkeit reden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass das nicht nur ein Segment des Jugendstrafvollzuges ist, Herr Bundesminister, sondern ich glaube, wir müssen einiges gerade im Bereich des Strafvollzuges in Österreich in Zukunft gemeinsam umzusetzen versuchen. Ich habe versucht, ein kleines, schmales Segment dieses Bereiches hier anzusprechen, und möchte sagen, unsere Fraktion wird aus vielerlei Gründen, aber vor allem auch aus diesem Grund dieser Vorlage nicht ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

19.37

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sollten uns wirklich Sorgen machen, Herr Kollege Pendl, aber


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ich muss Sie fragen: Wer redet eigentlich vom Einsperren? Sie haben die ganze Zeit vom Einsperren geredet, Sie haben so geredet, als ob die ÖVP und die FPÖ, die Koalition, nichts anderes im Sinn hätten, als Jugendliche einzusperren. Ich sage Ihnen Folgendes: Unsere Präventionskonzepte versagen zusehends, das wissen wir. Wir wissen, dass Jugendliche in einem so hohen Ausmaß wie noch nie der Drogenkriminalität anheim fallen, entweder indem sie selbst kriminell werden und Drogen dealen oder indem sie Drogen konsumieren.

Frau Kollegin Wurm, ich sage Ihnen etwas: In Graz haben wir im Drogenbereich eine Situation, wie wir sie noch nie hatten! Und wenn ich Wiener Kollegen zuhöre, weiß ich, dass unsere Situation in Graz jener in Wien ähnlich ist. Wir sollten uns angesichts dieser Entwicklung wirklich Sorgen machen! Aber dieses Sich-Sorgen-Machen schaut bei der SPÖ so aus, dass sie die Drogenfreigabe verlangt! Das ist nicht unser Konzept, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Trinkl und Frau Kollegin Fekter haben schon darauf hingewiesen: Was im Jugendbereich sehr notwendig zu sein scheint, ist eine klare Grenzziehung! Grenzen setzen! Die Jugend hat ein Recht auf Grenzen! Sich dann, wenn ein Jugendlicher, ein Kind Grenzüberschreitungen begeht, zu überlegen, wie man ein Gesetz ändern kann, damit das Kind nicht straffällig wird, ist der falsche Weg! Wir haben alles zu tun, um das Kind oder den Jugendlichen davon abzuhalten, straffällig zu werden, und nicht den umgekehrten Weg zu gehen. Ich bin auch in der Sitzung des Sportausschusses ziemlich sauer darüber gewesen, dass die Grünen und die SPÖ nichts anderes im Kopf haben, als sich zu überlegen, ob man nicht mehr Drogen freigeben sollte. – Als ob mit mehr Drogen weniger Sucht erzeugt werden würde! Ich bin wirklich entsetzt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist ganz klar, dass die Familie leider Gottes auch durch Versäumnisse in der Vergangenheit mehr und mehr an praktischer Bedeutung verliert. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Die Sozialisation der Jugendlichen – Frau Kollegin, hören Sie zu! – erfolgt zunehmend über Freunde oder Cliquen, die ein geringeres Unrechtsbewusstsein haben und es nicht so schlimm finden, wenn einer zum Beispiel einen Einbruch verübt. Ich weiß das, meine Damen und Herren! Es gab zum Beispiel einen 15-Jährigen, der bei der Einvernahme durch die Polizei in Wien-Donaustadt gesagt hat: Es ist schon etwas Besonderes, einmal einen Einbruch zu verüben.

Meine Damen und Herren! Dem jetzt damit zu begegnen, dass man sagt, das passt alles, es ist alles in Ordnung, das ist meiner Meinung nach nicht richtig! Auch erfahrene Pädagogen sagen uns, dass das der verkehrte Weg ist.

Meine Damen und Herren! Dem Befund, den ich zu schildern versucht habe, sollte man eine Therapie gegenüberstellen. Wir sind keineswegs dafür, dass nur eingesperrt werden soll, und das geht auch aus dem Gesetz hervor. Wer das Gesetz aufmerksam gelesen hat, dem ist das auch klar. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Frau Kollegin! Haben Sie das Gesetz gelesen? Ich glaube nicht. Sie können es nicht gelesen haben, denn sonst hätten Sie Folgendes mitbekommen: dass der Justizminister in Hinkunft eine Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen erhalten wird, wo straffällig gewordene Jugendliche zur Therapie zugewiesen werden können. Es wird also genau das getan, was den Erkenntnissen aus Wissenschaft und Pädagogik entspricht. Nur eines ist dem vorauszusetzen: eine Grenzziehung.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir dieses Gesetz verabschieden können, und zwar aus folgendem Grund: An Kindern und an Jugendlichen werden sehr oft Verbrechen begangen. Das wissen wir. Leider ist dem so. Aber Kinder und Jugendliche, an denen Verbrechen begangen werden, werden leider Gottes auch oft selbst zum Verbrecher. Diese verhängnisvolle Kette zu durchbrechen, möge uns mit diesem Gesetz gelingen! Ich hoffe es und bin eigentlich überzeugt davon. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.41


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 404 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Artikel I, III und IV bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, werde ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Genossen abstimmen lassen.

Wer hiefür seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (Abg. Mag. Trattner: Eindeutig!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Mag. Trattner: Eindeutig!)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 82/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. 60/1974 idF BGBl. I 153/1998, geändert wird (Novellierung des § 64 StGB) (417 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Ich mache gleich darauf aufmerksam, dass es nur drei Meldungen auf der Rednerliste gibt.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

19.43

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Antrag auf Novellierung des § 64 des Strafgesetzbuches, wonach zu den in Absatz 1 Ziffer 4 aufgezählten Tatbeständen auch die strafbaren Handlungen nach dem Verbotsgesetz hinzugefügt werden, hat im Justizausschuss leider keine Mehrheit gefunden. Der Argumentation, die in diesem Zusammenhang von Vertretern der Regierungskoalition vorgebracht wurde, kann ich keineswegs zustimmen, und zwar der Argumentation, dass man sich in die Angelegenheiten eines anderen Staates nicht einmischen sollte beziehungsweise dass es dem betreffenden Staat überlassen werden soll, was auf seinem Staatsgebiet bestraft wird. Wer so argumentiert, verkennt völlig den Sinn des § 64, wo es um strafbare Handlungen im Ausland geht, die ohne Rücksicht auf die Gesetze des Tatortes geahndet werden.

Es geht um bewusst gesetzte Ausnahmen aus dem Territorialitätsprinzip, und es ist eine politische Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers, wo er diese Ausnahmen insbesondere für österreichische Staatsbürger setzt.

Erinnern wir uns, sehr geehrte Damen und Herren: Wir haben noch vor wenigen Jahren bei der Bekämpfung des Kindersextourismus in § 64 die Ziffer 4a neu eingeführt, wonach schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen und pornographische Darstellung mit Unmündigen unabhängig von den Strafgesetzen des Tatortes zu ahnden sind, wenn der Täter Österreicher ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Damals hat es meines Wissens niemanden gegeben, der sich gegen eine Einmischung in die Verfolgungskompetenz eines anderen Staates ausgesprochen hat. Vielmehr waren in diesem Hohen Haus alle zu Recht der Meinung, dass der


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Kindersextourismus und die damit verbundenen kriminellen Handlungen gegen Unmündige derart schlimm sind, dass sie jedenfalls unter den gegebenen Voraussetzungen bestraft werden müssten.

Ähnlich verhält es sich nach meinem Dafürhalten bei strafbaren Handlungen nach dem Verbotsgesetz. Es soll nicht sein, dass sich Österreicher beispielsweise in Deutschland im Sinne des Verbotsgesetzes betätigen. Wir wissen, dass die deutsche Rechtslage in diesem Zusammenhang weniger streng als die österreichische ist. Es stimmt zwar, dass die tatsächlichen Anwendungsfälle für eine derartige neue in Diskussion stehende Strafbestimmung – Gott sei Dank, muss ich sagen – eher selten wären, aber eine enge Lücke würde doch geschlossen werden. Auch ist die symbolische und politische Wirkung mit zu berücksichtigen, die der österreichische Gesetzgeber mit einem derartigen Gesetz herbeiführen würde.

In diesem Zusammenhang verweise ich auch darauf, dass durch die derzeitige Debatte in Deutschland über das Verbot der NPD und den diesbezüglichen Antrag beim Bundesverfassungsgericht eine erhöhte Sensibilität für dieses Thema gegeben ist.

Ich möchte, um die Kirche im Dorf zu lassen, Herr Bundesminister, aus dem vorliegenden Gesetzesvorschlag keine große Grundsatzentscheidung ableiten. Ich glaube, dass die politischen Gründe, die ich angeführt habe, dafür sprechen, dass man diesem Gesetzesvorschlag zustimmt, aber ich halte es schon für bedauerlich, dass die Regierungskoalition auf eine Kompromissvariante nicht einschwenken wollte. – In diesem Sinne: Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

19.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

19.47

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich werde nur ganz kurz referieren und dabei die von mir sehr geschätzte Abgeordnete Wurm ein bisserl korrigieren.

Frau Abgeordnete! Ganz so war es nicht mit der Begründung, warum dieser Antrag keine Mehrheit gefunden hat. Es ist nicht darum gegangen, dass grundsätzlich nicht im Inland strafbar sein darf oder dürfte, was im Ausland nicht strafbar ist, sondern es ist darum gegangen, dass es systemwidrig erschiene, ein politisches Delikt, das im Ausland begangen wird, aber daselbst nicht strafbar ist, im Inland strafbar zu machen. Sollte es in Deutschland zu einem Verbot der NPD kommen, worüber sich die Juristen noch gar nicht einig sind – da hat es ein langes Hin und Her gegeben bei der Überlegung, ob man das überhaupt beantragen soll –, dann wird die Sache ein anderes Gesicht haben. Aber so, wie die Gesetzeslage jetzt ist, wird das, glaube ich, nicht der Fall sein.

Zweitens bin ich persönlich auch der Meinung, dass man sich bemühen soll, politische Überzeugungsarbeit zu leisten und vor allem junge Menschen dazu zu bringen, die richtigen Wege zu finden. Es soll auf diesem Gebiet nicht unbedingt alles über den Staatsanwalt und über das Gefängnis organisiert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte. (Abg. Mag. Stoisits, bereits auf dem Weg zum Rednerpult, geht noch einmal zu ihrem Platz zurück und holt eine weitere Unterlage.)

19.48

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte nur den Zettel vergessen, auf welchem ich mir aufgeschrieben habe, welche Ungeheuerlichkeiten Herr Dr. Graf und Herr Dr. Krüger in der vorhergehenden Debatte in ihren Redebeiträgen sich zu äußern erlaubt haben.


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56. Sitzung / Seite 184

Wenn man im Schutz der vollen Immunität tatsachenwidrige Behauptungen aufstellt, aber nicht nur das, sondern auch wehrlosen Bürgern und Bürgerinnen strafrechtliches Verhalten vorwirft, dann kann ich nur sagen: Das ist niederträchtig und mies! (Beifall bei den Grünen.) Diese beiden Herren taten dies im Wissen, dass sich diejenigen, denen sie strafbares Verhalten vorgeworfen haben, nicht wehren können, und sie taten es im Bewusstsein dessen, dass man hier sagen kann, was man will, weil man immer immun ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das schlägt dem Fass den Boden aus!

Aber andererseits muss ich sagen: Wie kann ich eigentlich von Herrn Dr. Graf, aber auch von Herrn Dr. Krüger – aber das entsetzt mich ein bisschen, denn den Kollegen Krüger kenne ich schon lange und habe ihn auch schon anders erlebt –, wie kann ich eigentlich von diesen beiden Herren erwarten, dass sie sich anders verhalten? (Abg. Dr. Krüger: Sie haben die Sachen hier hereingebracht!)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist es halt: Weder Herr Graf noch Herr Krüger sind imstande, politische Kritik und das, was man damit tut – an dieser Stelle nenne ich Frau Petrovic –, von dem, was sie selber tun, nämlich schutzlosen und wehrlosen Bürgern strafrechtliches und damit kreditschädigendes Verhalten vorzuwerfen, wogegen sich diese nicht wehren können, zu unterscheiden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )

Tut das! Tut das! Macht morgen eine Pressekonferenz und wiederholt das dort! Habt den Mut dazu! Dann kann auch der Bürger oder die Bürgerin entsprechende Maßnahmen setzen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Gesicht der Freiheitlichen Partei, also eigentlich wieder zu nichts anderem.

Kollege Ofner, soll ich dir sagen, was es heißt, wenn man diesen Gesetzesantrag der Grünen ablehnt, der ja gar nicht in dem Wortlaut, den die Grünen vorgeschlagen haben, zu beschließen gewesen wäre, sondern in der Variante, die das Ministerium im Auftrag des Herrn Bundesministers erarbeitet hat? Weißt du, was es bedeutet, dem nicht zuzustimmen? – Es bedeutet den Schutz von neonazistischen Tätern, nämlich solchen, die gegen das Verbotsgesetz in Österreich verstoßen! Es bedeutet die geistige In-Schutz-Nahme. Es gibt solche Fälle zwar nur sehr vereinzelt – Gott sei Dank, wie es die Kollegin Wurm schon gesagt hat –, aber es gibt sie immerhin.

Auf die Idee, eine Änderung des § 64 zu fordern, bin nicht etwa ich oder jemand vom grünen Klub gekommen, sondern darauf ist der Bayrische Verfassungsschutz gekommen. Kollegin Fekter hat mir bestätigt, dass sie diesen Beitrag auch gesehen hat. Der Bayrische Verfassungsschutz hat auf diesen Mangel in der österreichischen Rechtsordnung hingewiesen, nämlich darauf, dass österreichische Neonazis im Schutz des Auslandes daselbst ihr Unwesen weiter treiben können (Abg. Dr. Ofner: Das ist gar nicht wahr!), etwa als Leiter von Schulungen und Kursen der NPD – hoffentlich wird sie demnächst in Deutschland verboten –, aber Österreich nichts dagegen tun kann. Genau das wollten wir verhindern!

Es ist auch der Einwand völlig unberechtigt, dass es schon damals, als es um den Missbrauch von Kindern ging, zu einer Änderung des § 64 kam. Der Versuch, das jetzt ins Spiel zu bringen, ist untauglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was hier heute erfolgt, ist die In-Schutz-Nahme von potentiellen Verbotsgesetztätern. Das ist ein weiterer Mosaikstein im schwarz-blauen Wendespiel. Aber leider ist das kein Spiel, sondern diese autoritäre Wende, in der wir uns derzeit befinden, ist bittere Realität. Aber dass Sie es so weit treiben, das habe ich mir nicht gedacht. Es hat nämlich der Herr Bundesminister – da bin ich Zeugin, und da gibt es etliche andere Zeugen dafür – in einer Vorbesprechung zum Justizausschuss gesagt: Ja, wir werden uns das überlegen, Frau Kollegin Stoisits, Ihr Antrag muss nur noch auf die rechtliche Umsetzbarkeit geprüft werden! – Das haben dann die Kollegen von der Straflegistik im Ministerium auch getan.


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An diesem Tag war aber Herr Kollege Ofner bei der Vorbesprechung nicht dabei. Und als dann im Justizausschuss das hätte beschlossen werden sollen, was in der Vorbesprechung ausgemacht worden war, hat es lapidar geheißen: Harald Ofner ist dagegen! – Harald Ofner nimmt damit Neonazis in Schutz! (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Hallo! Hallo! – Abg. Haigermoser: Das ist die Gewalt der Sprache!)

19.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

19.53

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohes Hauses! Ich möchte doch einiges klarstellen, weil hier ein falscher Eindruck erweckt wurde.

Tatsache ist, dass dann, wenn im Ausland eine Straftat begangen wird, die zu einem deliktischen Erfolg oder Teilerfolg in Österreich führt oder führen soll, die österreichische, also die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist. Also wenn hier der Eindruck entstanden sein sollte, man könnte sich im Ausland gegen Österreich neonazistisch betätigen, so wäre dies falsch.

Zweitens: Wenn in Deutschland ein Delikt strafbar ist und nach unserer Rechtsordnung ebenfalls strafbar ist, dann liegt auch die inländische Gerichtsbarkeit vor. Das Problem liegt darin, dass in Deutschland die Lücke besteht, die Sie, Frau Abgeordnete Stoisits, hier angesprochen haben. Tatsache ist, dass wir mit der deutschen Justizministerin gesprochen und sie vergeblich gebeten haben, diese deutsche Lücke zu schließen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Trattner: So schaut es aus!)

19.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 417 der Beilagen zu Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (389 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste und das Hochschul-Taxengesetz 1972 geändert werden (413 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 274/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend freien Zugang zu allen Bildungsinstitutionen (416 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu Punkt 9 ist Herr Abgeordneter Mag. Hetzl. Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zum schriftlich verteilten Ausschussbericht 413 der Beilagen erteile ich ihm das Wort.

Berichterstatter Mag. Gerhard Hetzl: Herr Präsident! Frau Bundesminister! Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt in seinem Bericht 413 der Beilagen den Antrag, der Natio


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nalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf in 389 der Beilagen die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Zu diesem Gesetzentwurf sind zwei Druckfehler zu berichtigen:

In Artikel I Ziffer 13 ist an die Stelle der Absatzbezeichnung "7" die Absatzbezeichnung "7a" zu setzen.

Weiters sind in Artikel III Ziffer 3 nach "§ 5" die Worte "samt Überschrift" einzufügen. (Abg. Schieder: Sind das Druckfehler? Sind es wirklich Druckfehler, und ist das nicht einfach nur vergessen worden? – Abg. Mag. Hetzl: Jawohl!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser aufgerufen. – Bitte.

19.57

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir verhandeln jetzt zwei Tagesordnungspunkte, wobei wir den einen ablehnen und dem anderen zustimmen werden. Ablehnen werden wir den Ausschussbericht, in welchem Sie unserem Antrag nicht folgen, dass wir weiterhin die Bildungseinrichtungen frei zugänglich haben wollen. Es ist schade, dass Sie diesem Antrag nicht zustimmen.

Ich komme jetzt zum UOG. Den Einwänden und Vorschlägen, die im Ausschuss dazu gemacht wurden, wurde weitgehend Rechnung getragen. In die neue Fassung des UOG, die jetzt dem Parlament vorliegt, sind viele Bereiche eingearbeitet worden. Die Regelung betreffend Ersatzkräfte bei der Karenz, die Verbesserungen bei den Gastprofessuren, die Drittmittel-Mitarbeiter, die auch in der Lehre tätig sein dürfen, und die Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes sind sicherlich positiv zu bewerten.

Was die Teilrechtsfähigkeit betrifft – das kann man durchaus kritisch sehen –, ist nach unseren Vorstellungen noch nicht der Schlusspunkt gesetzt. Jetzt wird vor allem der Kritik des Rechnungshofes Rechnung getragen, der bessere und rechtlich korrekte Möglichkeiten der Entlohnung einmahnt. Diese werden nun geschaffen. Es ist auch als eine Verbesserung gegenüber dem jetzigen Zustand zu werten, dass die Studiendekane zustimmen müssen.

Ganz wichtig ist, Frau Bundesministerin, dass die Dienstpflichten durch Tätigkeiten bei Universitätslehrgängen nicht beeinträchtigt werden dürfen. Darauf wird sehr genau zu achten sein. Es wird auch notwendig sein, all die Dinge, die die Universitäten außerhalb der normalen Studien anbieten, auch einmal konzeptionell zusammenzufassen.

Kommen wir nun zu dem, was wir die Demontage des freien Hochschulzuganges nennen, also zum zweiten Antrag. Wir erleben jetzt eine Wende. Wende heißt in diesem Fall: mit Volldampf zurück, vielleicht wieder an den Ausgangspunkt, auf jeden Fall ist es eine Richtungsänderung.

Da gestehe ich den Freiheitlichen durchaus zu, dass sie gegenüber der bisherigen Politik in manchem eine Wende vollziehen wollten. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Verwundert muss man über die Volkspartei sein, Kollege Großruck – wenn Sie das so direkt wissen wollen –, die über ein Jahrzehnt lang mit uns gemeinsam in eine Richtung gefahren ist und dann gesagt hat: So, jetzt wieder mit Vollgas zurück (Abg. Großruck: Mit Vollgas weiter! ), weg von der erfolgreichen Bildungspolitik, die man gemacht hat! – Wohin das führen wird, zeigen uns ja die vielen Briefe, die seit Februar 2000 jeden Tag eintreffen – nicht bestellt –, von verschiedensten Menschen, die sich echte Sorgen um das Bildungssystem machen.

Es gibt auch andere Kritiker, und ich darf zitieren, was eine Kritikerin über die aktuelle Hochschulpolitik sagt. Sie sagt – ich zitiere –:


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In anderen Ländern ist Bildung und Wissen von der Budgetsanierung ausgenommen, in Österreich nicht. In Österreich werden Prüfungstaxen gestrichen und Studiengebühren eingehoben, als rein fiskalische Maßnahme ohne strukturelle Gegenleistung. – Zitatende. (Abg. Großruck: Prüfungstaxen haben mit Bildung nichts zu tun!)

Kollege Großruck, Ihnen müsste dieses Zitat bekannt sein, denn es stammt von einer Ihrer Referentinnen, die Sie in Alpbach gehört haben, nämlich von Frau Professor Friederike Hassauer, die dort in dieser Weise über die aktuelle Bildungs- und Hochschulpolitik geurteilt hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Ich war nicht dort, Sie waren dort. Sie war Ihre Referentin, Sie haben sie eingeladen, und Sie sollten das, was Ihnen Leute darüber sagen, ein wenig ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Trotzdem haben Prüfungstaxen mit Bildung nichts zu tun!)

In diesem Referat gibt es auch noch ein anderes interessantes Zitat – diese Quelle ist überhaupt voll von Schmankerln. Man braucht nur in der "Presse", in der bürgerlichen Zeitung, nachzulesen. Es wird über eine blaue Wortmeldung, die Wortmeldung des Finanzministers Grasser, gesagt – ich zitiere auch wieder wörtlich –:

Blöde blaue Sumpfblüten vom Typ "Orchideenfächer brauchen wir nicht" sind daher nichts als politpubertäre Stilblüten, und die brauchen wir wirklich nicht. – Zitatende. Auch das ist ein Zitat von der ÖVP-Tagung in Alpbach! (Abg. Dr. Puttinger schüttelt den Kopf.)

Wieso schüttelst du so den Kopf? – Ich zitiere hier wörtlich aus einer Rede, die du schon kennst. (Abg. Dr. Puttinger: ... eine Diskussionsgrundlage!) Vielleicht kennen sie die Kollegen der Freiheitlichen Partei noch nicht, und es ist gut, dass die auch wissen, was der Koalitionspartner über Ihren Finanzminister beziehungsweise über eine seiner Äußerungen denkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus aktuellem Anlass, Frau Ministerin, möchte ich noch auf die Reformdiskussion zum Dienstrecht und auch zu den Fragen einer Organisationsreform zu sprechen kommen. Sie wissen, wir haben hier unsere Diskussionsbereitschaft öffentlich erklärt. Seit einigen Tagen hat sich aber die innenpolitische Situation doch drastisch verändert, und das hängt mit dem zusammen, was mit Präsident Sallmutter passiert ist. Präsident Sallmutter ist gegen jede geltende Rechtslage vom Sozialminister (Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt ja nicht!) seines Amtes enthoben worden. (Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt ja nicht!) Es ist von der Regierung gegen einen unliebsamen Kritiker mit einem direkten Durchgriffsrecht vorgegangen worden.

Das ist derzeit an den Universitäten nicht möglich. Wir haben auf der einen Seite pragmatisierte Dienstverhältnisse und auf der anderen Seite die Universitätsautonomie, die verfassungsrechtlich abgesichert ist. Wenn aber diese Universitäten dieses Dienstrecht nicht mehr haben, sondern nur mehr privatrechtliche Dienstverhältnisse – ich bitte Sie wirklich, nehmen Sie das, was ich da sage, ernst! – und auf der anderen Seite eine Organisationsform, bei welcher der oberste Eigentümervertreter der Minister oder die Ministerin ist, und dort dann ebenfalls dieses direkte Durchgriffsrecht möglich ist, dann bedeutet das, dass Sie mit einem Schlag all Ihre Kritiker an den Universitäten nicht mehr haben werden. Sie werden zwar noch da sein, aber sie werden sich nicht mehr trauen, den Mund aufzumachen.

Diese Dinge geben uns zu denken. Sie geben uns demokratiepolitisch zu denken, und sie geben uns auch zu denken, was die künftige Universitätsreform anlangt.

Eines möchte ich deutlich sagen: Wir werden einer solchen Freigabe der Universitätsbediensteten, der Schaffung einer Situation, in der sie nicht mehr frei forschen können, in der sie nicht mehr frei ihre Meinung sagen können, sicher nie zustimmen! (Abg. Dr. Puttinger: Unbegründet!)

Politpubertäre Stilblüten brauchen wir nicht – politpubertäre Stilblüten als Markenzeichen für einen wichtigen Mann in dieser Regierung, den Finanzminister.


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Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist ein schlechtes Markenzeichen für die Universitätspolitik, und die sozialdemokratische Fraktion wird einer solchen Universitätspolitik energischen Widerstand entgegensetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

20.05


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Abgeordneter Dr. Martin Graf
(Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Eingangs möchte ich einen Abänderungsantrag zur vorliegenden Gesetzesnovelle einbringen. In Anbetracht seines beträchtlichen Umfangs möchte ich ihn hier lediglich in seinen Kernpunkten erläutern und den Herrn Präsidenten gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ersuchen, eine Verteilung dieses Antrags in schriftlicher Form zu verfügen.

Es soll zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage 394 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XXI. GP, zum Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird, vom Nationalrat in zweiter Lesung beschlossen werden, dass das so genannte e-voting an österreichischen Universitäten möglich gemacht wird, und zwar beginnend mit der übernächsten Wahl.

Wir konnten für diesen Antrag einen relativ breiten Konsens finden. Einbringer sind die Abgeordneten Dr. Graf, DDr. Niederwieser und Frau Dr. Brinek. Ich glaube, dass man bei all den Bedenken, die man bei Wahlrechtsreformen immer wieder haben kann, eines im Auge behalten muss, nämlich dass man eine möglichst breite Mehrheit für eine Wahlrechtsreform erhält. Ich glaube, das ist durch intensive Verhandlungen im Ausschuss und auch in Folge des Ausschusses gelungen, und das Ergebnis ist dieser Abänderungsantrag, der nunmehr die Billigung durch den Datenschutzrat und auch durch den Verfassungsdienst erfahren hat.

Letztendlich ist das Procedere genau determiniert und auch festgelegt, dass nähere Bestimmungen über die Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg in einer Verordnung gemäß § 48 Wahlordnung festzulegen sind.

Des Weiteren habe ich folgenden Antrag vorzutragen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, DDr. Niederwieser und Kollegen betreffend e-voting

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Frau Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, in Anbetracht des demokratiepolitischen Pionierprojektes ,e-voting‘ für die Selbstverwaltung der Studierenden die Verordnung auf Basis der Verordnungsermächtigung nach § 48 Abs. 2 sowie einen Bericht über die Umsetzung und entstehenden Kosten dieser Verordnung zu dem Zeitpunkt, wenn das Begutachtungsverfahren zur Verordnung eingeleitet wird, an die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses zu übermitteln.

Weiters ist sicherzustellen, dass die Kosten des e-voting nicht auf den wahlberechtigten Studierenden übertragen werden."

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Es dürfte dies eine vorzeitige Einbringung sein. Es geht hier um vorangekündigte Abänderungsanträge beziehungsweise einen Entschließungsantrag mit einem etwas anderen Inhalt, und ich glaube, wir sollten das, um keinen Formalfehler zu begehen, auch entsprechend berücksichtigen.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Ich wollte meine Ausführungen dazu aber jetzt nicht unterbrechen, damit ich mir vielleicht im Nachhinein ersparen kann, nochmals näher darauf einzugehen. Ich werde beim entsprechenden Tagesordnungspunkt nur mehr auf diese meine Vorrede hinweisen und habe dann die Kernpunkte bereits erläutert.

Ich ersuche den Herrn Präsidenten, mir nach meiner Rede mitzuteilen, ob diese Vorgangsweise möglich ist. Es ist dies ein Konsensantrag, und ich glaube daher, wir können durchaus so vorgehen.

Aber nach der Novelle zum Hochschülerschaftsgesetz nun auch noch einige Bemerkungen zur Novelle des UOG, die Kollege Niederwieser bereits angesprochen hat: Ich meine, auch hier ist es letztlich gelungen, einen Konsens herbeizuführen. Ich bin als Ausschussobmann doch stolz darauf, dass bis jetzt fast alle Materien, bis auf zwei Gegenstände – nämlich der noch zu beschließende Abänderungsantrag des Hochschülerschaftsgesetzes, wo es um eine grundsätzliche Frage geht, und die Festlegung der Studiengebühren –, im Konsensweg, fast einhellig, durch diesen Ausschuss gegangen sind.

Dass man bei den Studiengebühren unterschiedlicher Auffassung sein kann, haben wir ja bei der Diskussion zu den Budgetbegleitgesetzen bereits festgestellt. Dieser Antrag ist quasi ein Nachläufer und bringt von der Substanz her nicht etwas wirklich Neues. Daher kann man nicht sagen, da ist schon wieder ein Antrag von der Regierungskoalition abgelehnt worden, sondern es ist ein und dieselbe Materie, die wir schon einmal beschlossen haben.

In Wirklichkeit gibt es bis dato einen Antrag – und selbstverständlich das Budget –, den Kollege Niederwieser nicht mittragen konnte. Das Budget hat er, glaube ich, auch nur deshalb abgelehnt, weil die Studiengebühren eingeführt wurden. Sonst, hat er ja auch gesagt, ist die Budgetierung in Ordnung.

Es ist diesbezüglich, glaube ich, das Klima im Ausschuss relativ positiv zu sehen, weil wir uns wirklich bemühen, zusammenzuarbeiten und auf konstruktive Lösungen hinzuarbeiten.

Einige Anmerkungen noch zur universitären Weiterbildung: Mit dieser kleinen Novelle, die letztlich einen Vorgriff auf die Zukunft darstellt, stellen wir Missstände, Stilblüten, die auf gewissen Universitäten entstanden sind, ab und regeln das, glaube ich, zum Wohle aller Beteiligten, insbesondere auch für die Universität. Daher ist es notwendig, dass man sich diesbezüglich einigt.

Kollege Niederwieser ist dann natürlich – und das ist selbstverständlich – auf die bevorstehende große Novellierung beziehungsweise auf das neue Vorhaben, nämlich die Ausgliederung der Universitäten zu sprechen gekommen. Das ist berechtigt, und es gibt im Vorfeld dieses Entstehungsprozesses natürlich sehr viel Kritik. Diese Kritik verlangen wir aber auch, weil wir in Wirklichkeit einen offenen Diskussionsprozess führen, in dem wir die maßgeblichen Beteiligten bereits im Vorfeld informieren und nicht mit einem schon vorgefertigten Entwurf in die Begutachtung gehen und erst dann die breite Diskussion beginnen.

Wir haben zugegebenermaßen nicht in allererster Linie die Sozialpartner als Mitdiskutanten im Auge gehabt. Ich glaube, das ist durchaus legitim, denn wir wollen uns von den direkt Betroffenen beraten lassen, und wir wollen uns auch von den Parlamentariern und von den Experten beraten lassen. Es wird Enqueten geben, es wird zwei Begutachtungsverfahren geben, so wie wir es angekündigt haben. Ich glaube, wir haben ausreichend Zeit, auch noch das eine oder andere an Bedenken oder Einwänden zu zerstreuen.

Es fällt mir auch auf, dass die Angelegenheit um Kollegen Sallmutter immer wieder für alle Bereiche herhalten muss. Ich glaube, das ist nicht richtig und nicht in Ordnung. Erstens ist im Staatsgrundgesetz die Freiheit der Forschung und der Wissenschaft gesichert – das ist eine andere Qualität.


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Zweitens sollten Sie auch Folgendes zur Kenntnis nehmen (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser ) – Sie müssen noch etwas lernen –: Das Prinzip der Selbstverwaltung, so wie sie bis dato gehandhabt wurde, kennen Sie. Der Hauptverband hat eine Ausnahme im Präsidium, und zwar festgeschrieben durch alte Koalitionen, denen Sie angehört haben, in dem Wissen oder in der Vermutung oder Hoffnung, die sich jetzt zerstreut hat, dass der Sozialminister ewig und immer auf Jahre, Jahrzehnte und Jahrtausende hinaus von der Sozialdemokratie gestellt werden wird. Deshalb haben Sie dieses Durchgriffsrecht überhaupt erst eingeführt und deshalb gibt es dort ein anderes Nominierungsverfahren.

Ich sage Ihnen: Es darf dem verantwortlichen Minister letztlich auch die Verantwortung zugetraut werden, jemanden, der in seinem Bereich, wie ich meine, voll versagt hat, abzuberufen. Wenn jemand nicht rechtzeitig publik gemacht hat, wie hoch der Schuldenberg ist – drei Tage vor der Wahl waren die Schulden noch nahezu null, kurz danach waren es 5 Milliarden und im Jahr darauf 8 Milliarden Schilling –, würde man im Management sagen, er hat versagt. Und jemanden, der versagt hat, muss ich abberufen können, wenn ich ein Durchgriffsrecht, wie Sie es geschaffen haben, ernst nehme. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Darum geht es – alles Weitere wird man sehen.

Ich glaube, an der Universität wird das eben nicht passieren, und Sie sollten hier nicht Äpfel mit Birnen verwechseln: Der eine ist Funktionär, und der andere ist Arbeitnehmer und so weiter. Wenn Sie das Privatdienstrecht oder Privatangestelltenrecht hernehmen, so müssen Sie immer auch im Auge behalten – und da bitte ich Sie für die Zukunft um eine ehrliche Diskussion –, dass es nach dem Angestelltengesetz auch eine Sozialwidrigkeitsprüfung im Kündigungsfalle gibt, die wesentlich mehr Schutz bietet, als einem Pragmatisierten, dem man die Abteilung wegrationalisiert, zukommt – das sage ich dazu. Nach sechs Monaten ist ein solcher Fall über Verlangen bereits in einem allfälligen Arbeitsgerichtsprozess zu prüfen.

Da letztendlich auch immer noch der Bund da ist und da wir in einem hoch spezialisierten Bereich arbeiten, gehe ich einmal davon aus, dass die Sozialprüfung für jemanden, der lange in einem privaten Dienstverhältnis steht, auch zur Anwendung kommt, dort, wo es gerechtfertigt ist. Aber ich meine, es muss möglich sein, dass wir künftighin auch unser Entlohnungs- und Besoldungsschema und auch die anderen Schemata entsprechend den wirklichen Managementqualitäten festlegen. Das ist das Entscheidende.

Hier müssen wir wirklich aufklären und das Richtige tun. Ich glaube, jetzt ist ein guter Zeitpunkt, weil uns auch die Altersstruktur entgegenkommt. Wenn wir die nächsten Jahre diesbezüglich verschlafen, schaffen wir starre Systeme in der Wissenschaft und in der Forschung (Abg. Schwemlein: Sie sind in ein paar Jahren nicht mehr da, das ist das Problem!), und das ist der Tod der Wissenschaft und der Forschung. Es muss sich etwas bewegen. Das ist das Wichtige.

Herr Kollege Niederwieser! Der Seitenhieb auf die Abschaffung der Prüfungstaxen ist so nicht richtig. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. ) Die sind nicht abgeschafft worden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser )  – aber im Zitat haben Sie sich damit identifiziert –, sondern wir haben auch hier im Vorgriff auf ein modernes Dienstrecht letztlich umgeschichtet. Wir haben damit Leistungsanreize geschaffen, die für den gewährt werden können, der als Lehrender wirklich fleißig ist. Ich glaube, das ist das Entscheidende! Wir wollen diesem letztendlich auch in einem modernen Dienstrecht das Gehalt zahlen, das ihm zusteht und das ihm zukommt, damit er ein ordentliches Gehalt hat. Darauf wird es ankommen. Daher: Nicht alles über einen Kamm scheren!

Wenn Sie über die Arbeitsplatzsituation an den Universitäten reden, dann müssen Sie der Ehrlichkeit halber aber auch sagen, wie der Ist-Zustand ist. Nehmen Sie doch zum Beispiel die Situation bei den Universitätsassistenten her: Ein relativer Monokrat braucht mehrere Assistenten. Er drittelt die Assistentenstellen, und die Leute bekommen ein Drittel eines Gehalts und arbeiten 60 Stunden. – Das ist doch der Ist-Zustand! Mit dem müssen wir, wie wir auf Wienerisch so schön sagen, "abfahren"! Das wäre doch als ursozialdemokratische Forderung aufzu


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stellen! Wenn Sie mit uns zusammenarbeiten, um diese Missstände abzustellen, damit wir es für die Angestellten besser machen, dann sitzen wir in einem Boot.

Ein Wort noch zu den "Orchideenfächern": "Orchideenfach" ist eine Definitionssache, habe ich immer gesagt. Ich war froh darüber, dass diesbezüglich ein Impuls gekommen ist, auch vom Finanzminister. Froh war ich nicht, dass er ein Beispiel in diese Richtung genannt hat, denn in Wirklichkeit – darin sind wir uns doch einig – müssen wir dort Schwerpunkte bilden, wo es Sinn macht. Und es macht durchaus Sinn, in dem einen oder anderen Bereich Schwerpunkte zu bilden.

Für mich ist es zum Beispiel ein Orchideenfach, eine Atomphysik an der Haupt-Uni und gleich daneben an der TU auch eine Atomphysik zu haben. Das wäre für mich viel eher ein Orchideenfach als zum Beispiel die Byzantinistik, zu der ich sehr stehe, oder auch die Orientalistik, wo wir hervorragende Leistungen vollbringen, wo wir Botschafter unseres Österreichs für das Ausland auf dem Gebiet der Archäologie, im Bereich der Sprachen und so weiter heranbilden und ausbilden, die letztendlich für uns, für die gesamte Republik einen großartigen Dienst leisten.

Die Diskussion darüber, was ein Orchideenfach ist und was nicht, darf nicht am Begriff festgemacht werden, sondern soll inhaltlich geführt werden. Dort wollen wir hin, und auf diesem Weg werden Sie sicher mit uns in einem Diskussionsprozess stehen, und wir werden das Beste für Österreich machen. Es ist nicht alles, was wir an den Universitäten derzeit in diesem zerspragelten Tertiärbereich haben, in Ordnung. Das ist der Ist-Stand. Gehen Sie daher mit uns ans Werk, und machen Sie es besser! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der in seinen Kernpunkten von Herrn Abgeordnetem Dr. Graf erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Kollegen bereits verteilt ist, selbstverständlich auch ausreichend unterstützt ist und damit mit in Verhandlung steht.

Ich gebe weiters bekannt, dass der Entschließungsantrag, der vom Herrn Abgeordneten Graf in seinen Kernpunkten erläutert wurde, beim nächsten Tagesordnungspunkt, so wie es von ihm angekündigt wurde, dann tatsächlich zur Debatte stehen wird, von ihm angesprochen werden wird und mit einem vereinfachten Verfahren ebenfalls mitbehandelt werden kann.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

20.19

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Vorweg und zur allgemeinen Beruhigung darf ich Ihnen sagen, dass ich als Teil des "grünen Mob" zeigen werde, wie friedfertig wir Grünen sind: Wir werden diesem Gesetz zustimmen.

Nun haben sich alle Gemüter hier wieder beruhigt, und der Biorhythmus spricht auf Erregungszustände kaum mehr an, und das hat unter Umständen auch Nachteile. Daher möchte ich der Frau Minister einen Vorschlag machen: Vielleicht könnte man sich gemeinsam bemühen, ganz im Sinne der Regierungsschwerpunkte Forschung und Wissenschaft zu einem Zeitpunkt zu debattieren, der sozusagen noch Aufmerksamkeit und Erregung gleichzeitig zulässt. Ich hielte das für ausgesprochen günstig! (Beifall bei den Grünen.)

Ich stimme diesem Gesetz zu, nicht nur weil einige Regelungen notwendig waren, um Gesetze einander anzupassen oder anzugleichen und gewisse Unstimmigkeiten zu eliminieren, sondern auch – wie Niederwieser erwähnt hat –, weil im § 3 Bestrebungen nun Wirklichkeit geworden sind, die Hochschullehrgänge in die Teilrechtsfähigkeit überzuführen. Das war von einer Sorge getragen, die ich folgendermaßen interpretiere: Man kann dadurch erstens erreichen, dass Kostensätze klar geregelt sind. Man kann erreichen, dass es Transparenz gibt beziehungsweise ein besserer Einsatz der Ressourcen für alle nachvollziehbar wird.


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Eine Sorge, die ich immer geteilt habe, war auch, dass es durchaus vorkommen kann und auch vorgekommen ist, dass sich UniversitätslehrerInnen durch eine bessere Abgeltung in diversen Lehrgängen hinaus locken ließen und es nicht gut sein kann, wenn diese Personen vor Ort in den regulären Studienrichtungen fehlen und diese an Qualität und Betreuungsverhältnissen einbüßen und darunter leiden.

Allerdings hat es gerade in dieser Beziehung, um Missbrauch abzustellen und die Universität wirklich zum zentralen Interesse meines Berufslebens zu machen, letztlich doch an etwas mutigeren und härteren Worten und Gesetzespassagen gefehlt. Dieser Mut hat aber – und das ist eine Kritik – im Zuge der langjährigen Tradition des Ministeriums einer ziemlich breiten Schüchternheit Platz gemacht. Ich habe oft das Gefühl, dass hinter dieser Schüchternheit eine gewisse Absicht steckt. Ich vermute das zumindest von einigen Personen, die sehr gut davon leben, wenn man schwarze Schafe auch leben lässt, sie bei passender Gelegenheit genüsslich der Öffentlichkeit präsentiert und das dann zum Anlass nimmt, immer wieder auf die Dringlichkeit und Notwendigkeit von Reformen der Universitäten hinzuweisen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, einige Reformen hätten wir uns sparen können, wenn die Aufsichtspflicht wahrgenommen worden wäre und die Klagen mancher – ich möchte es einmal so bezeichnen – aufrechter Universitätsangehöriger gehört worden wären.

Die Schaffung der Paragraphen, die Ärzte betreffen, hat mehrere Gründe und ist im Wesentlichen auch richtig und sinnvoll. Einerseits ist die Differenzierung zwischen Humanmedizinern und ZahnärztInnen auf Grund der Regelungen im EU-Staatenbereich notwendig, andererseits auch auf Grund des Ärztegesetzes 1998.

Die weiteren Regelungen im Sektor von Ärztinnen und Ärzten besagen, dass nunmehr in Universitätskliniken auch ÄrztInnen zur Allgemeinmedizin angestellt werden können, und das macht Sinn, weil der Rechnungshof und auch ich und viele andere mit mir seit Jahren kritisieren, dass im universitätsklinischen Bereich tätige ÄrztInnen nahezu 100 Prozent ihrer Dienstzeit in der Patientenversorgung verbringen und ihre Aufgaben in Forschung und Lehre vernachlässigen müssen, obwohl nur wenige das wollen. Diese Versorgung von Patienten ist aber, wie der Rechnungshof und andere festgestellt haben, primär Aufgabe der Länder, und mit der Beseitigung dieser Missstände wurde schon unter Busek mit seinen bekannt starken, teilweise durchaus lustigen Sprüchen begonnen. Diese Vorstöße sind aber auch wieder in Schüchternheit versandet, und letztlich haben – wie Sie leidvoll wissen – die gesamten Streitigkeiten mit dem Land Wien und den Ländern über den klinischen Mehraufwand und über den vernünftigen Einsatz von Ärzten, Personal, Raum und Ressourcen immer nur zu Teillösungen geführt, die nie zukunftsweisend sein können, weil sie Flickwerk darstellen. Ich glaube, dass diese kosmetischen Korrekturen durch ein wirklich klares Signal und ein Bekenntnis zur universitären Medizin abgelöst werden sollten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich fordere Sie auf und bitte Sie gleichzeitig, sich dieses Problemkreises wirklich anzunehmen und auch zu bedenken, dass bald einmal, wenn es so weitergeht, 50 Prozent aller Planposten durch die Medizin und 50 Prozent des Budgets von der Medizin okkupiert werden, dass aber sozusagen im Ressort selbst diesen Tatsachen in den Binnenstrukturen eigentlich nur geringfügig Rechnung getragen wird.

Ich bitte Sie auch, sich in diesen Dingen nicht ausschließlich von jenen beraten zu lassen, die an der Spitze der Hierarchie stehen und relativ ungeschoren und unverhohlen ihr Eigeninteresse im Auge behalten und Universitätskliniken in die Nähe von Belegspitälern und Privatsanatorien führen – teilweise, sage ich, um das, was ich hier sage, sozusagen auch zu überleben.

Trotz dieser Mängel möchte ich diesem Gesetz zustimmen. Es gibt allerdings einen Spruch, der Wissenschafts-, Bildungs- und Forschungspolitik an und für sich nicht leitet, und zwar: Der Spatz in der Hand ist mir lieber als die Taube am Dach. – Ich bitte Sie daher, die Taube am Dach zu suchen und nach ihr zu greifen! (Beifall bei den Grünen.)

20.26


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56. Sitzung / Seite 193

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek, die ich gleichzeitig ersuche, um zweifelsfrei feststellen zu können, dass es sich bei dem verteilten und von Abgeordnetem Dr. Graf angesprochenen Abänderungsantrag um den identischen handelt, die genaue Bezeichnung dieses Antrages in den Kernpunkten noch einmal klar vorzutragen, damit kein Formalfehler unterläuft.

20.26

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Reformdebatte rund um die Universität ist von den Vorrednern angesprochen worden. Lassen Sie mich dazu auch ein paar Bemerkungen machen, ich glaube nämlich, dass das jetzt ein guter Anlass dazu ist.

"Universitäten im Kern verrottet!?" – Damit hat der sozialdemokratische Hochschullehrer und Hochschulpolitiker Peter Glotz die Situation der deutschen Universitäten vor einigen Jahren beschrieben. Er hat allerdings in seinem ungebrochenen leidenschaftlichen beziehungsweise skeptischen Animo weiter differenziert und hat hinzugefügt: Die Idee der Universität lebt und ist aktuell wie nie zuvor. Die Umsetzung hinkt absolut hinten nach. – Der ersten These schließe ich mich zwar an, allerdings nicht so scharf, der zweiten These, nämlich dass die Umsetzung einer Modernisierung bedarf, jedoch hundertprozentig.

Ich orte in der jetzigen Debatte Zustimmung zu dieser Generalanalyse, und auch die Aussagen meines Vorredners Grünewald, doch die große Selbständigkeit und die große Reform im Sinn zu haben, unterstütze ich. Das bedeutet allerdings, dass auf den Weg dorthin noch einige Dinge vorbereitet werden müssen. Wenn zum Beispiel die Universität als nachgeordnete Ministerialdienststelle und "Amt" tatsächlich ausgedient hat, dann muss es gewissermaßen einen Nachvollzug und eine Modernisierung im Dienstrecht geben.

Mein Kollege Graf hat einige Sorgen wieder einmal – wie er es schon öfters getan hat – genommen, indem er als Arbeitsrechtler darauf verwiesen hat, welch hohen Schutz Bedienstete, Angestellte nach dem Angestelltenrecht, verdienen und genießen. – Ich meine: Lassen wir uns nicht gleich irritieren und von einer "geschützten Sphäre" beziehungsweise von "Ausbeuterei und Sklaverei" reden! Ein Reformvorschlag zum Dienstrecht als Vier-Säulen-Modell wurde im Dezember vorgestellt.

In diesem Zusammenhang möchte ich zu einer Aussendung des Gewerkschafters Klaus Zelewitz sagen: Die Zeit zum Verhandeln war nicht zu kurz! Er war bereits im Dezember als Gewerkschafter eingebunden, und es gab auch Mitte Jänner unabhängig von der öffentlichen Diskussion gewissermaßen Exklusivgespräche mit ihm und den anderen "Uni-Sozialpartnern". Man kann sich jetzt also nicht davonmachen und sagen, dass die Zeit zum Verhandeln zu kurz war beziehungsweise ist!

Das genannte Vier-Säulen-Modell wurde in der Diskussion im Grunde gutgeheißen, es wurde aber auf mögliche Modifikationen hingewiesen, die ich gut nachvollziehen kann und welchen ich mich anschließe. Im ersten Teil kann beziehungsweise soll es durchaus eine Befristung geben, im zweiten Teil soll die Möglichkeit – wie immer diese in der Diskussion noch verfeinert wird – bestehen, diesen Karriere-Teil eventuell mit der dritten Säule zusammenzuhängen und diese zu verlängern, und zwar unabhängig von der vierten Säule, der Tenure-track-Säule.

Die Diskussion geht also in diese Richtung. Ich meine, dass Autonomie für die Universität in Zukunft bedeuten muss, dass die hohe Schule selbst über die Relation von variablen und fixen Stellen und die Modifikationen dazwischen eine Entscheidung treffen soll. Das Ziel ist der Ausgleich zwischen Kontinuität und Flexibilität und sicherlich der größtmögliche Vertrauensschutz für die jetzt im Dienst Befindlichen. Die Altersentwicklung kommt uns zugute. Daher wiederhole ich: Das große Ziel, welches wir mit der Reform anstreben, muss eigentlich die Selbständigkeit der Unis sein.


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Zu Kollegen Einem und seiner heutigen Aussendung möchte ich sagen: Die schon angesprochenen Schutzbestimmungen nach dem Angestelltengesetz sind das eine, und nicht nur ein pragmatisierter wissenschaftlicher Bediensteter ist ein freier Denker. – Bitte, lassen wir auch diesbezüglich die Kirche im Dorf und machen wir nicht unnötigerweise Angst!

Ich erinnere Kollegen Einem und die SPÖ auch daran, dass er gesagt hat, dass er schon in der vergangenen Legislaturperiode für das Vollrecht, das heißt, für die Ausgliederung und die Autonomie war und auch heute dazu stehe. Ich hoffe, dass wir auf dieser Basis gut weiterverhandeln können!

Die Diskussion geht weiter, das Procedere ist schon skizziert worden. Ich glaube, dass wir gut unterwegs sind, wenn wir diesen Plan einhalten wollen. Niemand wird an ein paar Tagen hängen, aber das Ziel soll erreicht werden.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den Punkten, die unmittelbar zur Diskussion stehen, kommen und zum UOG und KUOG einen Antrag einbringen. Ich bitte, die Kernpunkte skizzieren zu dürfen, die schriftliche Vervielfältigung und Verteilung wurden schon veranlasst.

In diesem Abänderungsantrag geht es im Wesentlichen um zwei Punkte: Der Senat ist aus der Unvereinbarkeitsregelung herausgenommen, und die Kunstuniversitäten haben noch eine einmalige Chance in Bezug auf ihre fristgerechte Implementierung des KUOG; das geht also ein Mal und ist nicht auf Wiederholung angelegt. Das ist uns ganz wichtig, denn die anderen Kunstuniversitäten haben es auch in der Zeit geschafft.

Meine Damen und Herren! Nachdem Kollege Graf schon eine Schleife um den ersten und zweiten Tagesordnungspunkt der Hochschuldebatte gezogen hat, möchte ich noch ein paar Bemerkungen zum e-voting machen, quasi außer Konkurrenz, weil mein Kollege Amon als Redner kurzfristig ausgefallen ist.

Ich meine, dass wir mit aller Sorgfalt dieses Gesetz und die ins Auge gefasste Verordnung ermöglichen sollten. Die Universität und die Hochschülerschaft, also die jungen Leute dort, sind unsere Avantgarde, sie sind diejenigen, die etwas entwickeln können sollen, und zwar mit dem Schutz einer gesetzlichen Basis – Verfassungsdienst: okay; Datenschutz: eingemahnt, das reparieren wir jetzt beziehungsweise weisen mit einer Entschließung darauf hin. Ebenfalls halten wir fest, dass die mit der Entwicklung verbundenen Kosten nicht auf die Wählenden, auf die, die das neue System bei der nächsten oder übernächsten Wahl vielleicht wählen werden, abgewälzt werden dürfen. Es müssen Wege gefunden werden, dass diese Entwicklung kein Loch ins Wissenschaftsbudget reißt!

Meine Damen und Herren! Die Universitäten werden, wie gesagt, manchmal krankgejammert, totgesagt und vieles mehr. Ich glaube, sie sind lebendig wie nie zuvor, und die dort agierenden Studierenden und Lehrer beziehungsweise Professoren aus allen Kurien sind bereit, die Diskussion weite konstruktiv zu führen. Geben wir ihnen mit diesen gesetzlichen Grundlagen eine gute Ausgangsbasis! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich stelle fest, dass der von Frau Abgeordneter Brinek angesprochene und in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste und das Hochschul-Taxengesetz 1972 geändert werden (389 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes 413 der Beilagen, zweifelsfrei identisch ist mit dem zur Verteilung gelangten Antrag und daher auch als ordnungsgemäß eingebracht gilt und mit einbezogen werden kann.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste und das Hochschul-Taxengesetz 1972 geändert werden (389 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (413 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Art. I Z 13 lautet:

"13. Dem § 28 Abs. 9 wird folgender Satz angefügt:

"Das Verfahren der besonderen Habilitationskommission ist in sinngemäßer Anwendung der Abs. 5 bis 7a durchzuführen."

2. Artikel I Z 23 lautet:

"23. Dem § 43 wird folgender Abs. 8 angefügt:

"(8) Der Studiendekan und der Vizestudiendekan dürfen nicht gleichzeitig die Funktion des Vorsitzenden oder eines Mitglieds einer Studienkommission oder des Fakultätskollegiums (Universitätskollegiums) ausüben."

3. Nach Art. II Z 18 werden folgende Z 18a und 18b eingefügt:

"18a. § 75 Abs. 9 dritter Satz entfällt."

"18b. Nach § 75 Abs. 9 wird folgender Abs. 9a eingefügt:

"(9a) Alle Organe einer Universität der Künste sind spätestens bis zum Ende des Wintersemesters 2001/2002 nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu konstituieren bzw. zu wählen. Nach Ablauf dieser Frist hat die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur die noch fehlenden Organe ohne Setzung einer Nachfrist unverzüglich im Ersatzwege zu bestellen (§ 13 Abs. 2 KUOG). Die bisherigen Organisationseinheiten und Organe gelten sodann als aufgelöst."

4. Im Art. II Z 20 (§ 78 Abs. 8 KUOG) wird die Wendung "und § 75 Abs. 10" durch "und § 75 Abs. 9, 9a und 10" ersetzt; weiters entfallen die Worte "sowie die Aufhebung des § 22 Abs. 7".

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

20.34

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mit wenig Stolz beginnen wir das Jahr der großen Reform des Universitätswesens mit einer Altlastensanierung. Besser gesagt: Wir müssen ein nicht lebensfähiges Kind operieren. Das UOG 1993 war so konzipiert, dass es sich drei Jahre lang im Kreißsaal befindet, letztlich wurden es fast sieben Jahre, bis alle Universitäten ins neue Gesetzesleben gekippt sind. Die Universität der Künste wehrt sich beharrlich gegen diesen Geburtsvorgang.

Die Väter des missglückten Universitäts-Organisationsgesetzes in der ehemaligen rot-schwarzen Koalition lobten ihr Produkt einst als großen Wurf mit erweiterter Autonomie und der so genannten Teilrechtsfähigkeit. Die Schlagworte Controlling, Evaluierung, Gleichbehandlung,


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Drittmittel, Deregulierung, Implementierung waren Begleitmaßnahmen, die sich bald als verschlüsselte Einflussgrößen eines ministeriellen Machterhaltungsapparates entpuppten.

Teilautonomie und ein bisserl Rechtsfähigkeit steigerten letztlich den Reglementierungsbedarf, und nun müssen wir heute mit einer Novelle genau das tun, was als Reparatur beziehungsweise einleitend von mir als Operation bezeichnet wurde. Kollege Niederwieser war so freundlich, die Details schon etwas zu erörtern und darzustellen, wo es am meisten gezwickt hat: Fristen betreffend Gastprofessoren müssen ersetzt werden, Bestellungen von freigestellten Universitätsprofessoren dauerten "elendslang", schließlich geht es um die Drittmittel-Assistenten, die nicht selbständig Lehrveranstaltungen abhalten können, und um einiges mehr. – Das gilt es zu reformieren beziehungsweise zu novellieren, und das wollen wir mit vollziehen.

Die neue Reformregierung hat registriert, dass eine amputierte Autonomie untauglich ist, um ein Feld der Lehr- und Forschungsfreiheit zu ebnen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Universitäten rufen nach Freiheit vom Staatseinfluss, seit es sie gibt. Begleiten wir die Universitäten in eine Vollautonomie, und betrachten wir die heutige Novelle als notwendige und hoffentlich letzte Reparatur eines missglückten halbherzigen Versuches!

Kollege Niederwieser hat befürchtet, dass sich die Universitäten künftig mit einer Menge von Sallmutters an der Spitze zieren werden und dass sich der Minister derer künftig stante pede entledigen könne. Herr Niederwieser! Diese Sorge haben wir nicht! Unser Misstrauen gegen die Universitäten geht nicht so weit, dass sie sich mit unqualifizierten Parteibonzen als Rektoren an der Spitze bekränzen werden. Das wird nicht der Fall sein! Wir haben die begründete Hoffnung, dass die Universitäten diese Vollautonomie mit Leben erfüllen und dass sich dort die Besten durchsetzen werden.

Ein letztes Wort zum § 43 Abs. 8 des Abänderungsantrages, nach welchem, wie Kollegin Brinek angekündigt hat, die Funktion des Studiendekans oder Vizestudiendekans mit jener eines Mitgliedes in einer Studienkommission oder im Universitätskollegium unvereinbar ist. Das schafft für meine Universität in Leoben, an welcher es eine dünne Personaldecke gibt, für jene Universitätslehrer, die neben Forschung und Lehre auch den notwendigen administrativen Aufwand leisten, große Probleme. Nichtsdestoweniger verlangt das die Gesetzessymmetrie, und wir konnten davon überzeugt werden, dass es eine Notwendigkeit gibt, das mit zu beschließen. Ich gehe aber davon aus, dass dieses UOG einerseits nur noch ein kurzes Leben hat und dass man andererseits für die Spezialsituation in meinem Haus seitens des Ministeriums Verständnis aufbringen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

20.39

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, zwar leider noch nicht am Ende, aber doch am Abend eines sehr turbulenten Tages eine Materie debattieren zu können, betreffend welche doch weitestgehend Einvernehmen zwischen allen Parteien herrscht.

Es tut mir ein bisschen Leid, dass die SPÖ bei einem Teil dennoch nicht zustimmt, obwohl ihr die materiellen Regelungen doch zusagen. Vielleicht könnte man sich das noch einmal überlegen!

Ganz besonders freut mich, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einige wichtige Schritte für unseren Universitätsbetrieb gesetzt werden. Dadurch, dass nunmehr für Absolventen eines Studiums viel einfacher Universitätslehrgänge eingerichtet und von diesen besucht werden können, ist es möglich, im Rahmen des immer wichtiger werdenden lebenslangen Lernens auch auf unsere sehr guten Universitätslehrer zurückzugreifen.

Ich halte diese Maßnahme aus einem noch nicht allzu oft diskutierten Grund für besonders wichtig: Unsere Universitäten sollen sich nämlich in Zukunft im Wettbewerb behaupten können, und die Professoren sind ein Aushängeschild unserer Universitäten. Bei unseren Professoren


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verhält es sich so wie bei einer Bildersammlung: Wenn ein Bild aus einer Sammlung in einem Museum hängt, wo es alle sehen und dessen Qualität bestaunen können, dann steigt auch der Wert der ganzen Sammlung. Deswegen ist es schön, dass Universitätslehrer künftig hoffentlich vermehrt auch außerhalb der Universitäten und nicht nur für Regelstudenten lehren werden.

Die postgradualen Universitätslehrgänge sind für die Universitäten auch eine zusätzliche Einnahmenquelle, wobei in der vorliegenden Gesetzesnovelle auch sichergestellt ist, dass der reguläre Studienbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird. Besonders interessant ist, dass, auch wenn in solchen Universitätslehrgängen keine Forschung betrieben wird, dieser Lehrgang auch von Universitätsprofessoren aus verschiedenen Ländern zusammengestellt wird beziehungsweise zusammengestellt werden kann. Ich glaube, dass es für die Lehre, für unserer Universitätsprofessoren und damit für die gesamte Universität von Vorteil ist, wenn man im Rahmen solcher Programme zusammentreffen, einen Austausch vornehmen und diese inhaltlich gemeinsam erarbeiten kann. Bei den meisten Universitätslehrgängen, die es in Österreich bereits gibt, wird so vorgegangen, und das wird von den Universitäten, den Professoren und den Studierenden als sehr befruchtend und positiv empfunden.

Eine weitere, für mich vor allem deshalb wichtige Neuerung, weil dies eine Maßnahme für die Förderung der Karriere von Frauen im Wissenschaftsbetrieb darstellt, ist die Vereinfachung der Bestellung von Vertragsprofessoren. Einerseits können durch die vereinfachte Bestellungsmöglichkeit freie Karenzstellen schneller besetzt werden und sind nicht so lange vakant, andererseits wird dadurch insbesondere Frauen schneller die Möglichkeit geboten, sich karenzieren zu lassen, weil auch die Universität weiß, dass sie rasch Ersatz bekommt. Frauen können also im Ausland kurzjährige Erfahrung als Vertragsprofessor sammeln, brauchen dann später keine Hausberufungen mehr oder können vor oder nach Rückkehr von einer Familienkarenz schon Professorenqualifikationen vorweisen.

Meine Damen und Herren! Ein einstimmiger Beschluss über diese Vorlage wäre schön! Ich hoffe, dass dies bei der nächsten Wissenschaftsmaterie wieder der Fall sein wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste spricht Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

20.44

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Vorredner haben skizziert, worum es sich bei diesen Gesetzesänderungen handelt. Es gibt einige wichtige Weiterentwicklungen, und beim nächsten Tagesordnungspunkt werden wir das e-voting beschließen, das auch in eine moderne Richtung für die Studenten und Studentinnen führt.

Herr Kollege Niederwieser! Sie haben hier Frau Professor Hassauer zitiert, die bei unserem Treffen in Alpbach gesprochen hat. Ich hoffe, dass Sie die ganze Rede gelesen haben, denn das Zitieren ist immer ein kleines "pitzle", wie man in Vorarlberg sagt, ein klein bisschen gefährlich. – Ich zitiere auch.

Frau Professor Hassauer sagt: "Ein Professor muß sich seine Mitarbeiter selbst einstellen können. Es kann nicht angehen, dass er eine ‚blinde’ Professur mit drei lebenszeitbesetzten Assistentenstellen antritt, die ihn dann mit dem UOG unterm Arm und mit dem Dienststellenausschuß im Rücken darüber belehren, was ‚assistentenwertige‘ Tätigkeit ist und was nicht, die kein Team und keine Projektmitarbeit zustande bringen; und die dabei voll vom Dienstrecht gedeckt sind. Wenn sie dann lokal habilitiert worden sind, kommt eh keinerlei Dienstleistung mehr."

Und sie sagt, was die Lösung ist: "Entpragmatisierung, Schaffung von Fluktuationsposten statt gewerkschaftlicher Stellenbewirtschaftung."

Lieber Herr Kollege Niederwieser! Ich freue mich, nachdem Sie uns zitiert haben, was Frau Professor Hassauer gesagt hat, dass wir in diesem Punkt miteinander diskutieren und dafür sorgen können, dass wir die Ziele, welche Frau Professor Hassauer genannt hat, weiter tragen.


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Meine Damen und Herren! In der gesamten Diskussion um das neue Dienstrecht wird etwas übersehen: Ich möchte nach der Methode der offenen Planung vorgehen. Wir haben eine Struktur vorgelegt, und ich lade alle zur Diskussion zu deren Weiterentwicklung ein! Ich lade alle dazu ein, die wirklich echte Sorge haben und die wirklich etwas verbessern wollen! Was ich hingegen nicht goutiere, sind so genannte Bedenkensträger, solche, die ihre Bedenken vor sich hertragen und mir dauernd erklären, warum etwas nicht geht, die sich in Senatsbeschlüssen einmauern und sagen: Es darf keinen Weg zu einer Verbesserung geben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich freue mich, dass hier von vielen Rednern der positive Wille zur Weiterentwicklung bekundet wurde.

Zu der Bemerkung in der Diskussion, dass man Regimekritiker tot machen möchte, Herr Kollege Niederwieser, möchte ich Folgendes anmerken: Sie verwechseln Weisungsrecht mit Aufsichtsrecht. In einer selbständigen Universität wird es kein Weisungsrecht von einem Ministerium geben, aber es wird ein Aufsichtsrecht beziehungsweise eine Aufsichtspflicht geben, denn wir haben immer noch die Aufgabe, verantwortlich zu garantieren, dass die Steuergelder für die Universitäten bestens eingesetzt werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich meine, dass wir diese Entwicklung gemeinsam vorantreiben müssen, und ich lade alle zur konstruktiven Mitarbeit ein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 389 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Genossen den bereits zweimal angesprochenen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Artikel I und II bezieht.

Da nur dieser Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Genossen sowie unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 416 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Mehrheit fest. Damit ist der Bericht zur Kenntnis genommen.


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11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (394 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (414 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 87/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz geändert wird (415 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Plank zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr hiemit.

20.50

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Das Hochschülerschaftsgesetz ist so wie die letzten Punkte weitgehend konsensual zwischen den Fraktionen besprochen worden. Das wirklich wesentliche Neue – es war langen Diskussionen ausgesetzt, ist heute hier schon beim vorigen Tagesordnungspunkt ein Thema gewesen und auch von der Frau Ministerin angesprochen worden – ist die Schaffung der Möglichkeit des e-votings.

Allerdings war mir, Herr Kollege Graf, Ihre fast schon einlullende Umarmung um ein Spürchen zu viel. Erstens lief die Diskussion nicht ganz so einfach ab, außerdem würde ich gern Ihrer Meinung entgegentreten, dass eine möglichst breite Mehrheit schon garantiert, dass etwas Kluges passiert. Nicht immer hat die Mehrheit Recht, dafür gibt es traurige Beispiele! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Ihre Fraktion ist das beste Beispiel!)

Aber ich gebe Ihnen Recht, dass weitestgehende, lange Diskussion am ehesten heißen könnte, dass wir uns zu etwas halbwegs Gutem entschließen. (Abg. Parfuss: Herr Präsident! Kann man für Ruhe sorgen ...?)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich spreche die Kolleginnen und Kollegen mit der Bitte an, der Rednerin eine faire Chance zu geben.

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (fortsetzend): Allerdings scheint mir das wesentliche Kriterium nicht die breite Zustimmung zu sein, sondern weitestgehende Systemsicherheit in dem, was wir beschließen. Das sollte das Wesentliche unseres Handelns sein. Hoffen wir, dass es das Richtige ist!

Dass das Ansinnen grundsätzlich positiv ist, haben wir im Ausschuss bereits gesagt, da es einerseits Möglichkeiten gibt, die neuen Technologien zu nützen; was, wie ich meine, dem Image österreichischer Hochschulen und Österreich insgesamt, fern von Habsburger-Gelb und Donauwalzer, ganz gut tut. Andererseits ist es auch ein Service ... (Abg. Dr. Jarolim: ... rücksichtslosen Menschen zur Räson!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass es in allen Fraktionen eine Reihe von Einzelgesprächen gibt, die teilweise größeren Umfang angenommen haben. Ich ersuche, Rücksicht zu nehmen, und, wenn es wirklich wichtige Gespräche sind, diese außerhalb des Plenarsaales zu führen!

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (fortsetzend): Wie schon festgestellt, ist es sehr schade, dass Wissenschafts- und Hochschulpolitik so wenig zu interessieren vermögen. (Beifall bei der SPÖ.)


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56. Sitzung / Seite 200

Der große Wunsch nach dem e-voting ist in erster Linie aus den Reihen der ÖH an uns herangetragen worden. Die Diskussion, die Beratung und die Forderungen der Opposition, die vor allem wir gestellt haben, haben Gott sei Dank umfassende Abänderungsanträge ermöglicht. Diese werden leider nur von drei Fraktionen getragen. Wir können dem Antrag unter diesen Bedingungen, unter diesen Voraussetzungen auf jeden Fall zustimmen.

Allerdings stimmt mich die Entstehung etwas bedenklich. Die ursprüngliche Vorgangsweise war nicht die, die wir von der Opposition goutieren. Ein ÖH-Vorsitzender hatte gefordert und mit dem Ministerium verhandelt. Sehr schnell gab es einen Vorschlag, allerdings ohne breite Diskussion und ohne Begutachtung. Dieser Entwurf sah auch danach aus, er war unausgegoren, er war eher ein Modernisierungsgag als ein echter Vorschlag. Die Grundsätze des allgemeinen, gleichen, geheimen und persönlichen Wahlrechts wären mit diesem ersten Vorschlag wohl ausgehebelt worden. Ich darf den Regierungsvertretern jedoch konzedieren, dass sie die Bedenken der Opposition, der breiten studentischen Vertretung und des Datenschutzrates letzten Endes ernst genommen haben und den neuen Antrag mittragen.

Ich zitiere aus dem wichtigen Satz des Datenschutzrates und möchte das als Warnung für alle, die mit der Umsetzung des e-votings betraut sein werden, hier tun: Darüber hinaus spricht sich der Datenschutzrat aus demokratiepolitischen Gründen dafür aus, die Grundsätze eines persönlichen und geheimen Wahlrechts nicht aufzugeben. – Das habe ich vorhin mit "Systemsicherheit" gemeint. Wenn das nicht gesichert ist, dann darf es kein e-voting geben.

Aber diese Diskussionen konnten verhindern, dass "speed" wieder einmal hätte "killen" können. Unter diesem Aspekt sind wir froh, dass die Diskussionen stattgefunden haben.

Eine Forderung gibt es allerdings noch zu erfüllen; Frau Kollegin Brinek hat das ebenfalls schon angesprochen. Es gibt dazu diesen Entschließungsantrag. Ich bitte Sie, Frau Ministerin, diesen genauso ernst zu nehmen und so umzusetzen. Es muss klar sein, dass die Kosten bekannt sind, und außer Zweifel muss stehen, dass die Studierenden nicht dafür zahlen.

Das wären jetzt die positiven Punkte. Ich orte allerdings in der modernen Hochschulpolitik noch einiges, was zu tun wäre, und kann auch da wieder Ihrem Gemeinschaftsgefühl nicht ganz folgen, Herr Dr. Graf. Es ist nach wie vor die Vertretung der Studierenden an den FH nicht geregelt. Wir haben derzeit fast 20 000 Studierende, und hier wäre meiner Ansicht nach "speed" tatsächlich einmal gefragt, dass man auch dieser wesentlichen Gruppe von Studierenden die Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung für sich selbst gibt. Warum sie als Studierende zweiter Klasse zu belassen, ist nicht vorstellbar.

Ebenfalls eine wesentliche Bringschuld dieser Bundesregierung wäre Folgendes: Es ist nicht zeitgemäß und es entspricht auch nicht dem selbstverständlichen Anspruch aller in Österreich Studierenden, sich selbst vertreten zu dürfen, dass das passive Wahlrecht an die EWR-Staatsbürgerschaft gebunden ist und gebunden bleiben soll. An manchen Universitäten studieren 30 bis 40 Prozent HörerInnen aus dem Nicht-EWR-Ausland – zumindest jetzt noch. Wie das die ungerechten und für AusländerInnen doppelt hohen Studiengebühren verändern werden, werden wir erst sehen. Es droht auf jeden Fall ein Verlust an Weltoffenheit und Pluralität. Aber warum dieses demokratische Für-sich-Eintreten von der Staatsbürgerschaft abhängig sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Daher muss es ein nächster Schritt sein, diese selbstverständliche Verfassungsbestimmung zu beschließen.

Ich kann nicht nachvollziehen, warum der Antrag des Kollegen Niederwieser im Ausschuss keine Mehrheit gefunden hat. Wir können aus diesem Grund dem Ausschussbericht auch nicht zustimmen. Ich denke, dass ein Staat, der auf sein Demokratieverständnis stolz sein möchte, diesen Schritt auf jeden Fall tun müsste.

Darum vor allem an die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien: Auf zum Weltbewusstsein! Unser Antrag wird wiederkehren, und Sie werden dann die Chance haben, zu beweisen, dass Sie umgedacht haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

20.57


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56. Sitzung / Seite 201

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf, den ich gleichzeitig auch ersuche, den Abänderungsantrag und den Entschließungsantrag zweifelsfrei zu definieren.

Bevor ich ihm das Wort erteile, möchte ich noch bekanntgeben, dass ich das Protokoll über die Rede von Frau Abgeordneter Stoisits erhalten habe. Darin hat sie unter anderem ausgeführt:

"Und als dann im Justizausschuss das hätte beschlossen werden sollen, was in der Vorbesprechung ausgemacht worden war, hat es lapidar geheißen: Harald Ofner ist dagegen! – Harald Ofner nimmt damit Neonazis in Schutz!"

Es ist das der Vorwurf zur Beihilfe oder Mithilfe an einem strafwürdigen Verhalten. Das ist für mich ein eindeutiger Grund, Frau Abgeordneter Stoisits einen Ordnungsruf zu erteilen.

Herr Abgeordneter Graf, Sie gelangen jetzt zu Wort.

20.58

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich bedanke mich dafür, dass ich die Möglichkeit habe, meinen in der Debatte zum vorhergegangenen Tagesordnungspunkt gemachten Fehler zu korrigieren.

Ich ersuche auch in diesem Fall, den Abänderungsantrag, den ich jetzt gemäß § 53 Abs. 4 einbringe, in seinen Kernpunkten erläutern zu dürfen, und ersuche um eine entsprechende Verfügung, die Verteilung des Antrages in schriftlicher Form zu veranlassen.

Die Abgeordneten Brinek, Graf und Niederwieser bringen den Antrag ein, dass der Nationalrat in zweiter Lesung das e-voting mit einer Verordnungsermächtigung zur näheren Determination dieses e-votings an die Frau Bundesminister beschließen möge. Den Bedenken des Datenschutzrates und des Verfassungsdienstes wurde durch Überarbeitung Rechnung getragen. Nunmehr wurde auch diese vorliegende Abänderung entsprechend genau ausgeführt, sodass keine wirkliche formalgesetzliche Delegation mehr vorhanden ist.

Weiters bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, DDr. Erwin Niederwieser und Kollegen betreffend e-voting

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Frau Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, in Anbetracht des demokratiepolitischen Pionierprojektes ‚e-voting‘ für die Selbstverwaltung der Studierenden die Verordnung auf Basis der Verordnungsermächtigung nach § 48 Abs. 2 sowie einen Bericht über die Umsetzung und entstehenden Kosten dieser Verordnung zu dem Zeitpunkt, wenn das Begutachtungsverfahren zur Verordnung eingeleitet wird, an die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses zu übermitteln.

Weiters ist sicherzustellen, dass die Kosten des e-voting nicht auf den wahlberechtigten Studierenden übertragen werden."

*****

Des Weiteren ersuche ich das Hohe Haus, die Ausführungen zu diesen beiden Anträgen auch schon in meinem Debattenbeitrag zum vorigen Tagesordnungspunkt zur Kenntnis zu nehmen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)


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56. Sitzung / Seite 202

Zu den Ausführungen meiner Vorrednerin möchte ich nur eines anfügen, weil sie hier zwar letztendlich den Konsens, den wir mit der Sozialdemokratie gefunden haben, durchaus gelobt hat, aber im Wesentlichen, vom Inhalt her, die positive Arbeitsbereitschaft aller Fraktionen in diesem Bereich eher negativ dargestellt hat, indem sie sie mit Ausdrücken wie "einlullende Worte" beschrieben hat, indem sie permanent herausgestrichen hat, eher das Trennende vor das Gemeinsame zu stellen, und damit natürlich dem Ganzen – nämlich einem wirklichen Zusammenarbeiten dort, wo es Sinn macht – eine Relativität gegeben hat.

Das ist genau der Unterschied zwischen der Art, wie vielleicht viele andere in dem Hohen Haus ihre Arbeit sehen, und der Art, wie ich meine Arbeit als Ausschussvorsitzender sehe, weil ich sage: Es muss die Möglichkeit gegeben sein, bis zur letzten Minute zu verhandeln. Diese Verhandlungsbereitschaft werde ich niemals aufgeben, weil mir sehr daran gelegen ist, insbesondere bei Materien in diesem Bereich einen breiteren Konsens herbeizuführen. Ich "grabe" mich nicht ein und sehe mich nicht damit konfrontiert – wie vielleicht viele andere, wie ich es in meiner Zeit als Oppositionsabgeordneter erlebt habe –, dass Sie letztlich etwas durchgetragen haben in dem Wissen, dass vielleicht das eine oder andere besser gemacht hätte werden können, Sie aber nur Angst vor einem Gesichtsverlust hatten.

Mir persönlich geht mein Gesicht bei einer besseren Regelung in diesem Sinne nicht verloren, ich habe da kein Problem. Aber Sie werden das immer wieder erleben, und ich weiß, dass Ihnen das Leid tut. Sie werden das immer wieder negativ kommentieren, Sie werden vielleicht auch Schwächen darin entdecken, das soll mir alles recht sein. Am Ende soll etwas Gutes dabei herauskommen, und ich glaube, das ist gelungen. Ob Sie es dann im politischen Verkauf und in Ihrer Darstellung positiv oder negativ sehen, ist mir relativ egal.

Ich glaube, dass wir diese Pionierarbeit bestmöglich abgeschlossen haben, dass wir hier Vorreiter sind und dass die Universitäten auch einmal zeigen wollen, dass sie etwas als Erste bringen – bei allen Bedenken, die so etwas im Hinblick auf geheimes, gleiches und sonstiges Wahlrecht mit sich bringt.

Frau Kollegin! In der letzten Periode haben Sie in einer Körperschaft öffentlichen Rechts, nämlich in der Wirtschaftskammer, ein Wahlrecht beschlossen – damit waren wir nicht einverstanden –, und da habe ich diese Bedenken nicht gehört. Da haben Sie sogar die Bevollmächtigung eingeführt, dass jemand für jemand anderen wählen kann. Damals haben mir die Bedenken der Sozialdemokratie gefehlt!

Das ist jetzt auf jeden Fall ein besseres Wahlrecht, eine bessere Wahlmöglichkeit als das, was bei anderen ... (Abg. Mag. Plank: Wir stimmen ja zu!)  – Es ist erfreulich, dass Sie dem zustimmen, aber offensichtlich – jetzt sage ich es an Ihre Adresse – stimmen Sie jeder Wahlrechtsreform zu; Hauptsache, Sie sind dabei! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Anträge, die der Redner eingebracht hat, sind genügend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Der in seinen Kernpunkten erläuterte, nicht verlesene Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, DDr. Erwin Niederwieser und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage 394 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP zum Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird, 414 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1. Z 34 lautet:

"34. Dem § 34 sind folgende Abs. 4 bis 7 anzufügen:


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Stenographisches Protokoll
56. Sitzung / Seite 203

,(4) Abweichend von Abs. 3 ist bei der Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg die Abgabe der Stimme den Wahlberechtigten auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Das zum Einsatz kommende System muss den Sicherheitsanforderungen sicherer elektronischer Signaturen gemäß dem Signaturgesetz entsprechen und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Datenschutzgesetzes 2000 an die Datensicherheit so ausgestaltet sein, dass die Einhaltung aller in Abs. 1 aufgezählten Grundlagen und die Erfüllung der in § 39 Abs. 1 festgelegten Aufgaben der Wahlkommission auch bei der elektronischen Wahl gewährleistet ist.

(5) Insbesondere ist folgendes durch geeignete Ausgestaltung des eingesetzten Verfahrens zu garantieren:

1. Wahrung des Wahlgeheimnisses durch Methoden, die gewährleisten, dass die ausgefüllten Wahlformulare anonymisiert und nicht rückverfolgbar bei den Wahlkommissionen zur Auszählung gelangen; es darf zu keinem Zeitpunkt durch die Wahlkommission oder durch Dritte eine Zusammenführung der Identität der Wählerin oder des Wählers mit ihrem oder seinem Wahlverhalten möglich sein,

2. Verifikation der Identität der oder des Stimmberechtigten gegenüber der Wahlkommission im Rahmen des Wahlvorganges vor der Übermittlung des Wahlformulars, damit die Stimmabgabe durch Nichtberechtigte und die Abgabe mehrerer Stimmen durch eine Person ausgeschlossen ist. Es dürfen nur jene personenbezogenen Daten verwendet werden, die zur Durchführung der Wahl notwendig sind,

3. Unverfälschtheit des ausgefüllten Stimmzettels durch den Einsatz sicherer elektronischer Signaturen und die Geheimhaltung der Wahldaten während der Übertragung zur Wahlkommission durch Verschlüsselung dieser Daten zur Sicherstellung des Wahlgeheimnisses,

4. Möglichkeit der Wahlkommission, alle ihr in diesem Gesetz übertragenen Aufgaben auch hinsichtlich der elektronischen Stimmabgabe durchführen zu können,

5. Berücksichtigung des Übereilungsschutzes für die Wählerin oder den Wähler wie bei der herkömmlichen Stimmabgabe,

6. Erfüllung aller an Wahlzellen gestellten Anforderungen auch durch die in universitären Räumlichkeiten aufgestellten technischen Komponenten zur Abgabe der Stimme und die Verpflichtung der Wahlberechtigten durch die Wahlordnung zum unbeobachteten, unbeeinflussten und persönlichen Ausfüllen der Wahlformulare.

(6) Die bei der Wahlkommission eingesetzten technischen Komponenten und die Komponenten, die unmittelbar zur Stimmabgabe und zur Verifikation der Identität verwendet werden, müssen nach dem Stand der Technik hinreichend und laufend geprüft sein. Die Erfüllung der Sicherheitsanforderungen muss von einer Bestätigungsstelle gemäß § 19 Signaturgesetz bescheinigt sein. Diese Bestätigungsstelle spricht auch Empfehlungen für die anderen technischen Komponenten aus, die bei der Abgabe der Stimme eingesetzt werden.

(7) Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg sind in der Verordnung gemäß § 48 (Wahlordnung) festzulegen.‘"

2. Z 35 lautet:

"35. § 39 Abs. 2 zweiter Satz lautet:

,Die Verlautbarung erfolgt durch öffentliche Bekanntmachung in den Räumen der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaften an den Universitäten sowie an den in den Bildungseinrichtungen gemäß § 1 Abs. 1 zur Verfügung zu stellenden Plakatflächen. Bei der Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg erfolgt die Verlautbarung zusätzlich im Internet durch die Österreichischen Hochschülerschaft. Im Gegensatz zur gedruckten Verlautbarung ist die im Internet bereitgestellte Version nicht authentisch.‘"


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3. Nach Z 36 wird folgende Z 36a eingefügt:

"36a. § 39 Abs. 7 erhält die Bezeichnung Abs. 8. Folgender Abs. 7 wird eingefügt:

,(7) Die oder der Vorsitzende der Wahlkommission hat die elektronische Wahl abzubrechen, wenn die Sicherheit oder Funktionsfähigkeit der bei der Wahlkommission eingesetzten elektronischen Komponenten während der Wahl beeinträchtigt ist. In diesem Fall hat die Wahlkommission unter Beiziehung einer Bestätigungsstelle gemäß § 19 Signaturgesetz über die Gültigkeit der vor dem Abbruch abgegebenen elektronischen Stimmen zu entscheiden.‘"

4. Nach Z 37 werden folgende Z 37a und 37b eingefügt:

"37a. Dem § 44 wird folgender Abs. 8 angefügt:

,(8) Bei Einsprüchen gegen die elektronische Wahl kann sich die Bundesministerin oder der Bundesminister zur technischen Beratung einer Bestätigungsstelle gemäß § 19 Signaturgesetz bedienen.‘

37b. Dem § 45 wird folgender Abs. 8 angefügt:

,(8) Bei Einsprüchen gegen die elektronische Wahl kann sich die Wahlkommission der Österreichischen Hochschülerschaft zur technischen Beratung einer Bestätigungsstelle gemäß § 19 Signaturgesetz bedienen.‘"

5. Nach Z 39 wird folgende Z 39a eingefügt:

"39a. § 46 Abs. 1 erster Satz lautet:

,§ 46. (1) Ist auf Grund eines Einspruchs wegen Verletzung der Bestimmungen über das Wahlverfahren oder wegen Abbruch der elektronischen Wahl auf Grund eines Systemfehlers die Wiederholung einer Wahl notwendig, so ist diese Wahl innerhalb von 60 Tagen ab der Rechtskraft der Entscheidung durchzuführen.‘"

6. Z 40 lautet:

"40. § 48 erhält die Bezeichnung Abs. 1. Folgender Abs. 2 bis 4 werden angefügt:

,(2) Die Bundesministerin oder der Bundesminister kann nach Anhörung des Datenschutzrates durch Verordnung festlegen, dass bei den Wahlen die Stimmabgabe auch auf elektronischem Weg möglich ist. Dabei muss sichergestellt werden, dass insbesondere die Anforderungen des § 34 erfüllt werden, damit die Funktionalität des elektronischen Wahlsystems alle Anforderungen an herkömmliche Wahlen in die Organe der Österreichischen Hochschülerschaft in zumindest gleicher Weise sicherstellt. Weiters bleibt die Teilnahme an der Wahl mittels elektronischer Stimmabgabe freiwillig, die Stimmabgabe im Rahmen konventioneller Wahl muss weiterhin möglich sein.

(3) Die Verordnung gemäß Abs. 2 hat außerdem festzulegen, wie die Aufgaben der Wahlkommission gemäß § 39 Abs. 1 diesfalls zu erfüllen sind.

(4) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat die jeweiligen Pflichten der Erhalter von sonstigen Bildungseinrichtungen (§ 1 Abs. 1 Z 3 bis 9) zur Mitwirkung an der Durchführung der Wahl durch Verordnung festzulegen.‘"

7. Z 47 lautet:

"47. Dem § 56 wird folgender Abs. 6 angefügt:

,(6) Der Titel, das Inhaltsverzeichnis, § 1 Abs. 1 Z 4 bis 6 und Abs. 6, § 4a, § 7 Abs. 2 Z 6, § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 6, § 15 Abs. 2 Z 2, § 17 Abs. 2 Z 2, § 20 Abs. 5, § 20a, § 20b, § 20d Abs. 2, § 21 Abs. 1 Z 7 bis 9, Abs. 3 und 5, § 24 Abs. 5, § 29 Abs. 2 bis 4, § 30 Abs. 8 bis 10, § 31


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Abs. 4, § 32 Abs. 5, § 33 Abs. 2 bis 7, § 34 Abs. 2 uns 4 bis 7, § 39 Abs. 2 und 6 bis 8, § 40 Abs. 3, § 44 Abs. 8, § 45 Abs. 8, § 45a samt Überschrift, § 46 Abs. 1, § 48, § 51 Abs. 4 bis 6, § 52 Abs. 3 Z 1, 3 und 4, § 53 Abs. 3 und 4, § 56 Abs. 6 und § 59 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XXX/2001, treten mit 1. Februar 2001 in Kraft.‘"

Begründung:

Allgemeiner Teil:

Von Seiten der Österreichischen Hochschülerschaft wurde im Begutachtungsverfahren der Wunsch vorgebracht, eine Möglichkeit für die Durchführung der Wahl auf elektronischem Weg zu schaffen. So wie bei anderen Vertretungskörpern ist es auch im Interesse der Österreichischen Hochschülerschaft Wahlen dezentral durchführen zu können. Dadurch soll der Zugang der Wahlberechtigten zur Stimmabgabe erleichtert werden. Dies soll einerseits dazu beitragen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, andererseits soll die demokratische Legitimation der gewählten Vertretung auf diese Weise gestärkt werden.

Insbesondere für die Durchführung der Wahlen an teilweise dislozierten Bildungseinrichtungen mit wenig Studierenden soll damit auch eine Erleichterung bei der Durchführung der Wahlen dadurch geschaffen werden, dass die Aufgaben der Wahlkommissionen mit weniger Aufwand wahrgenommen werden können. Der Hauptanteil der elektronisch abgegebenen Stimmen soll an speziell geschaffenen Wahlterminals in den universitären Räumlichkeiten abgegeben werden. Diese Terminals haben alle funktionale Anforderungen, die auch an konventionelle Wahlzellen gestellt werden, zu erfüllen. Darüber hinaus sollen im Endausbau des Systems auch Studierenden, die ihre Stimme nicht an der Heimatuniversität abgeben können, weil sie etwa gerade zum Zeitpunkt der Wahl im Ausland studieren, die Stimmabgabe im Ausland im Rahmen der elektronischen Wahl unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen bei den eingesetzten Komponenten zur Abgabe der Stimme (§ 34 Abs. 6) analog zur Möglichkeit der Stimmabgabe durch Wahlberechtigte im Ausland zur Nationalratswahl ermöglicht werden.

Gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, W I-2/95) werden bei Wahlen zu Berufsvertretungen nicht die gleichen strengen Anforderungen an das persönliche und geheime Wahlrecht, wie bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern (Nationalrat, Landtag et cetera) gestellt.

§ 46 Abs. 2 Arbeiterkammer-Wahlordnung (BGBl. II Nr. 340/1998) ordnet beispielsweise an, dass die oder der Wahlberechtigte den Stimmzettel unbeobachtet und unbeeinflusst auszufüllen hat. Diese Verpflichtung der Wählerin oder des Wählers gilt auch für die elektronische Wahl, und ist durch das von ihr oder ihm gesetzte Verhalten sicherzustellen.

Erfolgt die Abgabe nicht an den Wahlterminals, so sind die Studierenden nicht an ein bestimmtes System gebunden, sondern können ihre Stimme an jedem privaten PC abgeben, der die Sicherheitsanforderungen erfüllt. Geräte, die bei der Stimmabgabe nicht hinreichenden Sichtschutz bieten, sind zu vermeiden.

Besonderer Teil

Zu § 34:

Technologieneutralität: In § 34 wurde – der Konzeption des Signaturgesetzes und der Signaturverordnung folgend - keine genaue Determinierung der einzusetzenden technischen Komponenten aufgenommen. Da sich diese rasch ändern können, soll diese genaue Determination in der Wahlordnung erfolgen, die leichter an Weiterentwicklungen der Technik anpassbar ist. Die Verordnungsermächtigung zur eingesetzten Technik, die beim System zu anzuwenden ist, stellt eine Anpassung der Sicherheitsaspekte an den sich rasch ändernden Stand der Technik sicher. Die zukünftige Verwendung neuer, sicherheitstechnisch durchaus sinnvoller Komponenten würde zwangsläufig zu Gesetzeswidrigkeit führen. Zur Sicherung des Qualitätsstandards wurden allgemeine Bedingungen festgelegt, die jedenfalls von den eingesetzten technischen


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Komponenten zu erfüllen sind. Damit ist gewährleistet, dass alle Funktionen, die Datenschutz und grundlegende Prinzipien an eine Wahl stellen, auch durch das eingesetzte System gewährleistet sein müssen.

Prüfung nach dem Stand der Technik: Um ein hohes Sicherheitsniveau zu erreichen, sind die eingesetzten Komponenten auf ihre Qualitätsaspekte hinsichtlich des Einsatzes vertrauenswürdiger Sicherheitstechnologie zu überprüfen. Bestätigungsstellen führen diese Aufgabe im Rahmen des Signaturgesetzes bereits durch. Ihr Know How bezüglich der Evaluation von IT-Sicherheitstechnik, technische Hilfestellung im Bereich der IT-Sicherheit für öffentliche Einrichtungen und internationale Forschungstätigkeit in diesem Bereich gewährleisten auch die Qualität der von ihr als geeignet anerkannten Komponenten. Besonders schützenswert sind die bei der Wahlkommission eingesetzten Systeme, da hier alle Wahldaten zusammenlaufen, und die unmittelbar zum Wahlvorgang benötigten Komponenten am Rechner der Wählerin oder des Wählers (Wahlsoftware, Komponenten zur Verifikation der Identität zum Einsatz der sicheren elektronischen Signaturen, Bürgerkarte, elektronischer Studierendenausweis). Alle diese Komponenten müssen daher auf offengelegten Standards beruhen, die von der Bestätigungsstelle überprüft werden können. Nicht so hohe Anforderungen müssen an die restlichen Komponenten der privaten PCs der Wählerin oder des Wählers gestellt werden. So ist es unverhältnismäßig, zum Beispiel für die einmalige Stimmabgabe alle zwei Jahre ein besonderes, eigens zertifiziertes Betriebssystem am Gerät der Wählerin oder des Wählers vorzuschreiben. Hier reicht die Sicherheit, die auch für den Einsatz des elektronischen Studierendenausweises und der Bürgerkarte vom Heim-PC vorgesehen ist.

Verweis auf Signaturgesetz: § 18 Abs. 2 Signaturgesetz definiert für die sichere elektronische Signatur, dass dem Signator die zu signierenden Daten vor Auslösung des Signaturvorganges dargestellt werden müssen. Sollte bei der Stimmabgabe ein System eingesetzt werden, welches das ausgefüllte Stimmformular zuerst verschlüsselt und danach den Signaturvorgang auslöst, ist eine sinnvolle Darstellung der Wahldaten unmittelbar vor dem Signieren nicht möglich, da nur mehr die nicht sinnvoll lesbaren verschlüsselten Daten dargestellt würden, deswegen werden nur die gleichen Sicherheitsanfordernisse und nicht die gleichen Anforderungen wie bei sicheren elektronischen Signaturen normiert. Abgesehen von dieser nötigen Ausnahme sollen alle Anforderungen an sichere elektronische Signaturen, die der Wahrung der Verifikation der Identität und der Authentizität dienen, erfüllt werden.

Insbesondere dient der Einsatz sicherer elektronischer Signaturen der Verwirklichung des Grundsatzes des persönlichen Wahlrechts.

§ 2 Z 2 Signaturgesetz definiert sichere elektronische Signaturen als ausschließlich dem Signator zugeordnet. Sie ermöglichen die Identifizierung des Signators und werden mit Mitteln erstellt, die der Signator unter seiner alleinigen Kontrolle halten kann. Diese Sicherstellung der Verifikation der Identität der Wählerin oder des Wählers durch den Einsatz sicherer elektronischer Signaturen bei der Abgabe des Wahlformulars in Verbindung mit der in Abs. 5 Z 6 normierten Verpflichtung der oder des Wahlberechtigten zur persönlichen Stimmabgabe gewährleistet die Erfüllung des Grundprinzips der persönlichen Wahl in gleicher Weise wie bei der Briefwahl.

Verweis auf das Datenschutzgesetz 2000: Die Gewährleistung des hinreichenden Schutzes der Wahl-, Wählerinnen- und Wählerdaten ist unmittelbar mit der Sicherheit der Datenspeicherung im eingesetzten System verbunden, da jede Sicherheitslücke nicht nur zu Manipulation der Daten, sondern auch zu deren Auslesen benutzt werden kann. Um dies zu vermeiden, sind nicht nur die Sicherheitsanforderungen des Signaturgesetzes einzuhalten, sondern auch die im DSG 2000 normierten Anforderungen an die Datensicherheit zum Wahrnehmen des Datenschutzes.

Grundsätze der Wahl: Neben den im allgemeinen Teil der Erläuterungen festgelegten Ausführungen zur Einhaltung der Wahlgrundsätze bei der elektronischen Wahl erfordert die Sensibilität der Verarbeitung dieser Daten die eigenen Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bis 7, um ein hohes Maß an Sicherheit gesetzlich zu gewährleisten.


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Die Bestimmungen dienen der erforderlichen gesetzlichen Determinierung der Verordnungsermächtigung des § 48. Unabhängig von der durch die Weiterentwicklung der Technik notwendigen Flexibilität der Regelung sind die grundsätzlichen Mindestanforderungen an ein elektronisches Wahlsystem gesetzlich zu regeln. In dieser Bestimmung werden die Grundsätze der Wahlen auch für die elektronische Durchführung explizit normiert. Besonders die heikle Situation, dass einerseits zur Vermeidung von Wahlbetrug die Identität des Wahlberechtigten im Rahmen der Ausgabe des Stimmzettels verifiziert werden muss, andererseits zur Wahrung des Wahlgeheimnisses keinerlei Rückschluss von den abgegebenen Wahldaten auf die Person der Wählerin oder des Wählers möglich sein darf, ist gesetzlich angeordnet. Zur Realisierung ist zum Beispiel in der zu erlassenden Verordnung die strikte Trennung der Wahldaten – also des anonym abgegebenen elektronischen Wahlformulars – und der Wählerinnen- und Wählerdaten – jene Daten, die bei der Ausgabe des Wahlformulars zur Verifikation der Identität dienen – auf unterschiedlichen Speichermedien, die Verschlüsselung des Wahlformulars, das Konzept der blinden elektronischen Signatur oder des Mixings anzuordnen. Weiters muss ausgeschlossen werden, dass während der Wahl andere Zugriffe, wie zum Beispiel das Setzen von Cookies, auf den Rechner, der zur Abgabe der Stimme benutzt wird, Rückschlüsse auf das Wahlverhalten ermöglichen. Die strikte Löschung aller personenbezogenen Daten nach Einlangen des Wahlformulars beim Rechner der Wahlkommission und die ausschließliche Speicherung der Wahldaten ist durch Verordnung sicherzustellen. Ein Mischvorgang nach Abschluss der Wahl vor dem Auswerten der Wählerinnen- und Wählerdaten ist ebenfalls sicherzustellen.

Schutz des Wahlgeheimnisses: Folgender technischer Ablauf gewährleistet beim gegenwärtigen Stand der Technik diesen Schutz. Die durch Verordnung eingesetzten technischen Verfahren müssen zumindest den gleichen Schutz gewährleisten. Dies ist durch Prüfung des eingesetzten Verfahrens durch die Bestätigungsstelle zu verifizieren. Die angeführten Entsprechungen zur konventioneller Wahl orientieren sich am Ablauf der Personalvertreterwahl bei den Dienststellen des Bundes durch Briefwahl (§ 22 Bundes-Personalvertretungs-Wahlordnung -PVWO):

Die Wahldaten werden bei der Wählerin oder dem Wähler zuerst mit dem öffentlichen Schlüssel der Wahlkommission verschlüsselt. Damit ist sichergestellt, dass die eigentlichen Wahldaten nur nach "Öffnen der Urne" und nur durch die Wahlkommission bei der Auszählung der Stimmen unter Verwendung des privaten Schlüssels der Wahlkommission entschlüsselt und damit lesbar werden, und nicht von Dritten am Übertragungsweg eingesehen werden können. Dieser Vorgang entspricht bei konventioneller Wahl dem Verschluss der Stimmzettel im Wahlkuvert.

Nach Verschlüsselung wird das "virtuelle Wahlkuvert" von der Wählerin oder vom Wähler sicher elektronisch signiert und zur Wahlkommission gesendet. Dadurch ist die Identität der Absenderin oder des Absenders und die Unverfälschbarkeit der verschlüsselten Daten während der Übertragung gesichert. Die sichere elektronische Signatur über die verschlüsselten Wahldaten entspricht bei konventioneller Briefwahl dem Versand des anonymen Wahlkuverts in einem weiteren Umschlag, der mit Absenderdaten versehen, am Postweg an die Wahlkommission verschickt wird.

Die Wahlkommission überprüft anhand der elektronischen Signatur, ob die Wählerin oder der Wähler zur Stimmabgabe berechtigt ist, um auszuschließen, dass von einer oder einem Stimmberechtigten unzulässig viele Stimmen abgegeben werden. Dieser Vorgang findet auf einem System statt, das von dem System zur Speicherung der Wahldaten vor der Auszählung "Wahlurne" unabhängig ist. Während dieser Überprüfung sind die eigentlichen Wahldaten noch verschlüsselt. Nach Protokollierung der Stimmabgabe im Wählerinnen- und Wählerverzeichnis werden alle von der Wählerin oder von dem Wähler übermittelten Daten (Wählerdaten) außer den verschlüsselten Wahldaten gelöscht. Nur die verschlüsselten Wahldaten werden an ein zweites unabhängiges System, das die Funktion der Wahlurne erfüllt, übermittelt. Spätestens vor Entschlüsselung der Wahldaten zur Auszählung ist ein Mischvorgang vorzusehen. Dies entspricht bei konventioneller Briefwahl dem Öffnen des Postkuverts, der Entnahme des uneröffneten Wahlkuverts und dem Hineinlegen des uneröffneten Wahlkuverts in die Wahlurne.


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Diese Trennung der Daten und die ausschließliche Speicherung nur der verschlüsselten Wahldaten auf einem unterschiedlichen Speichermedium "Wahlurne" stellen die Wahrung des Wahlgeheimnisses sicher.

Neben der Geheimhaltung während der Übertragung und im Rahmen der Auswertung sichert Abs. 6 die Geheimhaltung der Stimmabgabe während des Ausfüllens der Wahlformulare, um den sprichwörtlichen "Blick über die Schulter" zu verhindern. Durch die sichere Aufstellung der Wahlterminals ist hier der gleiche Schutz wie bei der Stimmabgabe in der Wahlzellen gewährt. Wird die Stimme, was nicht der Regelsituation entspricht, an anderen Orten abgegeben, gewährleistet die Verpflichtung der Wählerin oder des Wählers zum unbeobachteten und unbeeinflussten Ausfüllen des Wahlformulars denselben Schutz wie im Rahmen der konventionellen Briefwahl. Auch hier kann wie bei Briefwahl nicht der gleiche Schutz einer Wahlzelle erreicht werden, doch sind die Eigenverantwortlichkeit der oder des Wahlberechtigten und die jedenfalls bessere Umsetzung des Grundsatzes der allgemeinen Wahl mit der geringfügigen Schmälerung des Geheimnisschutzes abzuwägen. Jedenfalls ist durch die Durchführung elektronischer Wahlen gemäß der in diesem Bundesgesetz festgelegten Grundsätze zumindest gleichhohe Funktionalität wie bei der Briefwahl gewährleistet, die ja auch schon in einige österreichische Wahlordnungen Eingang gefunden hat.

Schutz vor Übereilung: Durch die Notwendigkeit des Betretens der Wahlzelle, bevor der Wahlzettel bei konventioneller Wahl erst ausgefüllt werden kann, ist ein hoher Schutz vor Übereilung gegeben. Der Gefahr einer unüberlegten Stimmabgabe mittels schnellem Mausklick ist durch geeignete Programmgestaltung und Benutzerführung bei der elektronischen Stimmabgabe zu begegnen. So muss die Wählerin oder der Wähler vor Abgabe der Stimme explizit auf die Teilnahme an der Wahl durch Ausfüllen des Wahlformulars aufmerksam gemacht werden. Sie oder er hat diese Meldung des Programms zu bestätigen, bevor sie oder er zum Wahlformular gelangt. Die Bildoberfläche, die sich der oder dem Wahlberechtigten im Rahmen der Stimmabgabe präsentiert, muss der zentralen Bedeutung der demokratischen Stimmabgabe gerecht werden.

Zu § 39 Abs. 2:

Die elektronische Wahl soll auch nicht am Studienort anwesenden Studierenden die Wahl ermöglichen. Dies erstreckt sich nicht nur auf die Möglichkeit zur Teilnahme, auch die Information über die Wahlvorschläge müssen als Grundlage zur Willensbildung bei der Wahl den Studierenden zur Kenntnis gebracht werden. Um auch nicht anwesende Studierende zu erreichen, wird das gleiche Medium zum Transport dieser Information benutzt, das auch für die Übertragung der Wahldaten verwendet wird. Damit ist gewährleistet, dass jede Teilnehmerin oder jeder Teilnehmer an der elektronischen Wahl auch Einsicht in die Wahlvorschläge nehmen kann. Die Einschränkung der Authentizität wurde analog zur bestehenden Regelung über die Authentizität des im Internet bereitgestellten Inhalts des Bundesgesetzblattes gemäß § 7 Abs. 2 BGBlG übernommen, da die Server, auf denen diese Wahlvorschläge publiziert werden, nicht zwingend den Sicherheitsanforderungen der bei der Wahlkommission eingesetzten technischen Komponenten gemäß § 34 Abs. 6 entsprechen müssen. Da die Richtigkeit der im Internet zur Verfügung gestellten Information bei Zweifel durch die abfragenden Studierenden auch auf anderem Wege (Nachfrage mittels Brief, Telefon, e-mail, Fax) festgestellt werden kann, ist die Einschränkung der Authentizität nur auf die konventionelle öffentliche Bekanntmachung gerechtfertigt.

Zu § 39 Abs. 7:

Auf Grund von Angriffen (zum Beispiel: Denial of Service Attacks gegen die Server zur elektronischen Wahl) auf das elektronische Wahlsystem am Tag der Wahl selbst kann der Fall eintreten, dass die gemäß § 34 Abs. 6 im vorhinein geprüfte Sicherheit erst unmittelbar am Wahltag beeinträchtigt wird. Diese Bestimmung erlaubt der oder dem Vorsitzenden der Wahlkommission (als Einzelperson und somit ohne Beschluss der Wahlkommission) kurzfristig auf den Eintritt so einer Situation zu reagieren. Die Beiziehung der Bestätigungsstelle erlaubt die genaue Fest


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stellung des eingetretenen Schadensausmaßes und liefert die notwendige technische Expertise für die Entscheidung des weiteren Vorgehens nach § 46 Abs. 1.

Zu § 44 Abs. 8 und § 45 Abs. 8:

Beziehen sich Einsprüche gegen die Wahl auf Unregelmäßigkeiten der eingesetzten technischen Komponenten, soll sichergestellt werden, dass bei der Beurteilung der Einsprüche auch die erforderliche technische Expertise berücksichtigt wird.

Zu § 46 Abs. 1:

Der Anwendungsbereich des § 46 wird auch auf die durch § 39 Abs. 7 neu eingeführte Möglichkeit des Abbruchs der elektronischen Wahl durch die oder den Vorsitzenden der Wahlkommission ausgeweitet.

Zu § 48 Abs. 2:

Wie schon in § 34 ausgeführt, erfordert die Möglichkeit des Einsatzes von technischen Komponenten nach dem letzten Stand der Technik eine gesetzliche technologieneutrale Regelung. Das konkret eingesetzte Verfahren wird im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben durch Verordnung festgelegt. Zur Sicherung der Einhaltung aller Vorschriften des Datenschutzes ist die Anhörung des Datenschutzrates zur Beratung gemäß § 41 Abs. 2 DSG 2000 angeordnet. Zur Gewährleistung der IT-Sicherheit kann zusätzlich auch eine Bestätigungsstelle gemäß § 19 Signaturgesetz konsultiert werden.

Weiters wird sichergestellt, dass die Teilnahme an der elektronischen Wahl den Studierenden freigestellt bleibt, und bei jeder Wahl auch die Möglichkeit zur konventionellen Stimmabgabe besteht. Damit ist gewährleistet, dass es jeder oder jedem Wahlberechtigten freisteht, ob sie oder er der im Rahmen der elektronischen Wahl notwendigen Verarbeitung ihre oder seine Daten durch die Teilnahme zustimmt, oder die Stimme auf konventionellem Weg abgibt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Er hat das Wort.

21.04

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wir werden dem e-voting im Speziellen vorerst nicht zustimmen – ich sage das wiederum in absoluter grüner Friedfertigkeit –, und ich werde Ihnen auch erklären, weshalb nicht.

Es hätte nämlich für Studierende viel zu tun gegeben. Sie wissen, in letzter Zeit wurden zwischen beiden Seiten, Regierung und Studierenden, relativ wenig Freundlichkeiten ausgetauscht. Man hätte den Studierenden mehr bieten können, als alle zwei Jahre einmal von ihrem heimeligen Schreibtisch aus per Knopfdruck wählen zu dürfen, wenn man dabei gleichzeitig beabsichtigt, ihre Mitbestimmungsrechte durch die große Universitätsreform doch empfindlich zu beschneiden. Daran, dass dies beabsichtigt ist, bestehen eigentlich nur wenige Zweifel.

Ich glaube, dass das e-voting – abgesehen davon, dass einige es wieder als Meilenstein des Fortschritts zur Demokratie bezeichnen werden – zur Demokratie keinen substanziellen Beitrag leisten wird. Ein wirklicher Beitrag zur Demokratie wäre jetzt angezeigt, indem man garantiert, dass es über diese Universitätsreform – wie von Frau Bundesminister Gehrer auch versprochen und zugesagt – wirklich einen freien und offenen Dialog über die Zukunft der Universitäten gibt, der auch Studierende einbezieht.

Man fährt auch nicht – wie Klubobmann Khol gemeint hat – mit den Kutschen zur Wahl; das ist nicht das Gegenteil von und die einzige Alternative zu e-voting.


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Ich denke auch, dass es für Studierende andere Prioritäten gibt, die gesetzt werden könnten. Wenn die Studierenden das demokratische Recht wünschen – und zu Recht wünschen –, dann sind sie auch bereit, alle zwei Jahre einen 15-minütigen Fußweg oder drei Stationen mit der Straßenbahn in Kauf zu nehmen; aber wahrscheinlich nur dann, wenn man ihnen auch glaubwürdig versichert, dass sie über mehr mitbestimmen und mitreden dürfen als nur über eine verbesserte Versorgung mit Skripten und andere Serviceleistungen. Sie müssen auch einbezogen werden in die Diskussion – die auch uns stark abgeht – über die eigentlichen Ziele und Aufgaben der Universitäten. Dann brauchen sie das e-voting nicht an der ersten Stelle ihrer Prioritäten zu nennen, was sie auch nicht getan haben.

Ebenso wäre die Erweiterung des Wahlrechtes dringlicher gewesen als dieses e-voting. Wir haben unsere Bedenken geäußert, diese wurden teilweise – oder sogar vielfach – eingearbeitet, auf Anregungen des Datenschutzrates und auf Empfehlungen verschiedenster JuristInnen hin. Trotzdem sind – das sieht man, wenn man sich die Erläuterungen durchliest – die Probleme, die mit dem e-voting verbunden sind, derart komplex, dass sich diese fünf Seiten an Erklärungen und Erläuterungen ungefähr so lesen, wie ich mir die Betriebsanleitung des Kraftwerkes Temelin vorstelle. Zur Rechtssicherheit trägt das meiner Meinung nach nicht bei! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es außerdem zur Vermeidung von möglichen Rückschlüssen auf das Wahlverhalten einer Verordnung bedarf, die noch gar nicht da ist, dann glaube ich wirklich, dass es zum Verständnis und zur Umsetzung dieser Gesetzesmaterie eines zweiten Rates für Forschung und Technologie bedarf – und vielleicht auch der Neugründung einer weiteren juridischen Fakultät –, um alles verständlich und eindeutig zu machen.

Ich stelle mir Schwerpunktsetzungen im Regierungsprogramm auf universitärer Ebene anders vor, glaube aber doch, dass e-voting dann, wenn die Zeit reif ist – wenn es einfacher ist, wenn es sicherer ist –, kommen wird. Daher werden wir in dritter Lesung zustimmen, aber jetzt eine getrennte Abstimmung verlangen.

Ich möchte den Datenschutzrat – nicht, weil ich gegenüber der Kollegin Plank das letzte Wort oder den letzten Satz haben will – noch ein bisschen erweitert zitieren. Ein Satz gehört nämlich auch gesagt, den der Datenschutzrat im Punkt 3 ausspricht: Es ist nicht sichergestellt, dass die Identität der Wählenden geprüft wird, und ebenso nicht, dass sie ihre Wahlentscheidung geheim treffen.

Ich glaube, bei knappen Budgets, bei baulichem Sanierungsbedarf, bei Belastung durch Studiengebühren sollte man wirklich andere Ziele in den Vordergrund rücken, vor allem dann, wenn man nicht weiß – das wurde auch keineswegs ausgeführt –, was dieses Gesetz kostet. Ich vermute, es kostet sehr, sehr viel.

Ich bitte Sie, zu glauben, dass für eine Universität Folgendes wichtig ist: Wir brauchen Zeit, StudentInnen brauchen Zeit, um über diese Reform nachzudenken, Zeit für diesen Dialog und auch Zeit, einige Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht beabsichtigt ist, in Zukunft an den Universitäten weit weniger wählen zu können als bisher. Dann stehen nämlich die PCs für dieses e-voting an und für sich umsonst herum. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

21.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. Er hat das Wort.

21.09

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist in dieser Novelle tatsächlich etwas sehr Grundsätzliches enthalten: Es wird durch diese Novelle die Voraussetzung für die Stimmabgabe auf elektronischem Wege geschaffen. Das ist selbstverständlich ein grundsätzliches Problem das Wahlrecht betreffend. Unsere Verfassung sieht ja vor, dass Wahlen persönlich und geheim stattzufinden haben.


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Ich glaube aber, dass man diesem Entwurf zur Einführung des e-voting zustimmen kann und zustimmen soll. Es wurde sichergestellt, dass die verfassungsrechtlichen Auflagen erfüllt werden, und es hat auch der Verfassungsdienst sein Okay gegeben. Es ist vor allem die Verordnungsermächtigung sinnvoll, die die Frau Ministerin erhält, um sich rasch und effizient den sich ständig ändernden technischen Möglichkeiten in diesem Bereich anpassen zu können.

Vor allem aber ist es meiner Ansicht nach wert, diesen Versuch zu machen. Als solcher ist es vorerst auch konzipiert: als Probeversuch, um abzutesten, inwieweit eine Stimmabgabe auf elektronischem Weg funktioniert. Ich glaube, dass man in Zeiten der Technologisierung auch diesen Schritt nicht scheuen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf der anderen Seite ist es natürlich auch ein Versuch, mehr Beteiligung bei den ÖH-Wahlen zu erreichen. Wenn man bei der Wahlbeteiligung konstant einen Wert von unter 30 Prozent hat, dann muss man sich überlegen, inwiefern eine Kammer – wie sie die ÖH letztendlich ist – mit Pflichtmitgliedschaft noch legitimiert ist.

Ich glaube aber auch – da gebe ich Herrn Kollegen Grünewald durchaus Recht –, dass es nicht reichen wird, das e-voting einzuführen, um eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. Auch ich glaube, dass es für die ÖH notwendig sein wird, sich mehr für die Studenten einzusetzen, auch mehr Serviceleistung zu bieten, sich mehr auf studentische Belange zu beziehen und nicht in allgemeinen politischen Kampffloskeln zu versinken. Ich glaube, dass es notwendig sein wird, dass sich die ÖH wieder mehr auf ihre eigentlichen Aufgaben besinnt, damit die Studenten wieder einen Sinn darin sehen, für ihre Studentenvertretung wählen zu gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit erkläre ich die Debatte für geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen wird.

Zuerst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf in 414 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Herr Abgeordneter Dr. Grünewald hat ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Als Erstes gelangt der Abänderungsantrag zur Abstimmung.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser haben einen Abänderungsantrag betreffend die ZZ 34 und 35 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Z 36, und zwar in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Z 36 in der Fassung des Ausschussberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer ZZ 36a, 37a, 37b sowie 39a bezieht.


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56. Sitzung / Seite 212

Im Falle der Zustimmung zu diesen vier Bestimmungen ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser und Genossen haben auch einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 40 bezieht.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Diese Bestimmung ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Z 47 bezieht.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dieser Beschluss erfolgt einstimmig.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Die Vorlage ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Niederwieser und Genossen betreffend e-voting.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entschließungsantrag ist vom Nationalrat mit Mehrheit angenommen. (E 56.)

Als Letztes stimmen wir ab über den Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 415 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Kenntnisnahme zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

13. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (388 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Rindfleisch-Etikettierungsgesetz und das Lebensmittelgesetz 1975 geändert werden (460 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein vom 4. Dezember 2000 (Tiermehl-Gesetz) geändert wird (461 der Beilagen)


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15. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 184/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Lebensmittelverzeichnis (462 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 218/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Ludmilla Parfuss und Genossen betreffend obligatorische Kennzeichnung der Eier nach der Haltungsform (463 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 241/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (464 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 242/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz (465 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 5/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens (466 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 100/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (467 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den gemeinsam verhandelten Punkten 13 bis 20 der heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde in allen Fällen verzichtet. Ich gehe daher in die Rednerliste ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.19

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Eingangs möchte ich bitten, festzustellen, ob Herr Minister Haupt von Frau Ministerin Gehrer vertreten wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesminister, ich habe darüber keine Auskunft. Ist Herr Minister Haupt im Ausland? (Abg. Dr. Jarolim: Fühlen Sie sich so, als würden Sie vertreten? – Bundesministerin Gehrer: Vertreter ...! – Abg. Dr. Mertel: Sind Sie beauftragt? Sind Sie eine Erfüllungsgehilfin? – Ruf bei den Freiheitlichen: Ein Vertreter ist da!)

Abgeordnete Anna Huber (fortsetzend): Da der jetzt nicht anwesende Minister auch im Ausschuss in dieser so wichtigen Materie nicht anwesend war, würde ich um eine Sitzungsunterbre


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chung bitten, bis der zuständige Minister hier anwesend ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich werde informiert, dass ein zur verfassungsmäßigen Vertretung befugtes Regierungsmitglied, nämlich Herr Staatssekretär Waneck, in einer Minute anwesend sein wird. (Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung! – Staatssekretär Dr. Waneck betritt in diesem Moment den Sitzungssaal und nimmt Platz auf der Regierungsbank.)

Da Herr Staatssekretär Waneck anwesend ist, kann die Frau Abgeordnete bitte mit ihrer Rede beginnen. (Lebhafte Zwischenrufe. – Abg. Dr. Khol: ... soll einen Antrag vorlegen, dass er herbeigeholt wird! Wo sind wir denn?! Ist ja unerhört! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute vor sechs Stunden, am Beginn der Dringlichen Anfrage, ein genau gleiches Problem amikal geregelt. Ich glaube, das kann man auch in diesem Fall so regeln, noch dazu, wenn es inzwischen schon geregelt ist.

Ich bitte, jetzt mit den Ausführungen zu beginnen.

Abgeordnete Anna Huber (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Khol schmeißt die Nerven weg!) Nach der Diskussion im Gesundheitsausschuss, wo sich der zuständige Minister Haupt auch durch den Herrn Staatssekretär hat vertreten lassen, habe ich mich gefragt: Was muss eigentlich noch alles passieren? Was muss noch ans Licht der Öffentlichkeit kommen, damit die Bundesregierung einmal die Sorgen der Menschen ernst nimmt und die zuständigen Minister die wesentlichen Forderungen der verunsicherten Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllen?

Dioxinvergiftungen, Listerien- und Salmonelleninfektionen, Antibiotikaresistenzen bis hin zu Creutzfeldt-Jakob und was weiß ich, was eigentlich noch alles an Gefahren in den Lebensmitteln lauert. (Abg. Ing. Westenthaler: Was sind Hysterien?) Wir alle wissen es nicht, und da fragen sich die Konsumenten schon zu Recht: Was kann man überhaupt noch essen? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Rind- und Schweinefleischmarkt und wahrscheinlich auch der Geflügelmarkt sind eingebrochen, Beschäftigte und Nahrungsmittelindustrie bangen um ihre Arbeitsplätze, und die Bauern fürchten um ihre Existenz. Aber die Bundesregierung sucht zuerst einmal Schuldige. Wir haben es ja heute Vormittag gehört: Schuld ist die EU, und schuld sind die Konsumenten, weil sie billiges Fleisch kaufen. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Und es wird beruhigt und erklärt, dass die Behörden ja ermitteln und dass alles seinen Weg geht.

Aber die Maßnahmen, sehr geehrte Damen und Herren, die mehr Sicherheit bringen könnten, werden kalt abgelehnt. Nicht einmal jetzt, wo sich Verbraucherinnen und Verbraucher mehr als nur Sorgen machen, nicht einmal jetzt, wo täglich neue Einzelheiten von den Machenschaften im Bereich der Futtermittel und im Bereich des Medikamenteneinsatzes bekannt werden, nicht einmal jetzt, wo deutlich wird, welch massive Gefahr für die Gesundheit, ja sogar für das Leben der Menschen besteht, nicht einmal jetzt sind Sie bereit, die wichtigsten Forderungen der VerbraucherInnen zu berücksichtigen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie hat keine Sorgen mit dem Essen! – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Mit der heutigen Beschlussfassung wird eine wesentliche Chance für mehr Lebensmittelsicherheit versäumt. Herr Staatssekretär! Sie wissen doch, und ich hoffe, Sie werden das dem Minister weitergeben, wie wenig zum Beispiel die Lebensmittelketten eine Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz kratzt. Ob falsch gekennzeichnet, ob angetaut und dann wieder tiefgekühlt, ob mit Salmonellen oder Schimmel belastet, vor dem Kadi steht dann der kleine Angestellte oder eventuell der Zweigstellenleiter. (Abg. Achatz: Unbeschreiblich! – Rufe bei den Freiheitlichen: Ungeheuerlich!) Und die Verwaltungsstrafe ist so lächerlich gering – und das ist auch ungeheuerlich, da gebe ich Ihnen Recht –, dass die Betriebe sie aus der Portokassa zahlen.


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Wir wollen, dass die Firmenleitung verantwortlich gemacht wird. Wir wollen, dass bei wiederholten Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz die schwarzen Schafe genannt werden. Das wäre – und das wissen Sie alle ganz genau – eine effiziente Methode, Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz zu verhindern, denn die Betriebe scheuen diese Negativwerbung wie der Teufel das Weihwasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Wo bleibt das Recht der Konsumentinnen und Konsumenten auf Information? Es ist doch wohl klar, dass zum Beispiel nach einer "Help TV"-Sendung, in der berichtet wurde, dass ein Drittel der untersuchten Wurstsorten, die als rindfleischfrei angepriesen waren, trotzdem Rindfleisch enthalten hat, Hunderte besorgte Konsumentinnen und Konsumenten anrufen, weil sie wissen wollen, welches Produkt es war und woher es stammt. Das Lebensmittelgesetz sieht aber nicht vor, dass die Namen der Produzenten genannt werden müssen.

Und wie reagieren daher die Verbraucherinnen und Verbraucher? Die Hälfte kauft keine Wurst und kein Fleisch mehr, so habe ich heute den Medien entnommen. Und die Schuld wird auf jene geschoben – das haben wir auch heute Vormittag wieder gehört –, die auf diese unglaublichen Skandale aufmerksam machen, jene, die die Konsumenten und Konsumentinnen warnen, und nicht auf die verfehlte Landwirtschaftspolitik, nicht auf die verfehlte Förderpolitik und nicht auf die, die möglicherweise bewusst wegschauen, wenn es um Kontrollen geht.

Angesichts all dieser Skandale im Lebensmittelbereich frage ich mich schon: Warum sind Sie nicht einmal jetzt bereit, diese Forderungen umzusetzen?

Ich appelliere daher an die Abgeordneten der Koalition, unseren Anträgen über die Änderung des Lebensmittelgesetzes und unserem Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenzen auch zuzustimmen.

Gehen Sie noch einmal in sich und unterstützen Sie diese Anträge zur Sicherheit der Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten! Da diese Gesetzesvorlage zwei Artikel beinhaltet und meine Fraktion dem Artikel I, nämlich dem Rindfleisch-Etikettierungsgesetz, zustimmen, den Artikel II, die Änderung des Lebensmittelgesetzes, aber entschieden ablehnen wird, stelle ich das Verlangen auf eine getrennte Abstimmung der beiden gegenständlichen Artikel. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dem Verlangen nach getrennter Abstimmung wird Rechnung getragen werden.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Achatz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

21.26

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Huber, wenn die österreichischen Lebensmittel so katastrophal, so schlecht, so vergiftet sind, dann würde ich Ihnen wirklich empfehlen: Essen Sie einmal eine Zeit lang überhaupt nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Täte Ihnen nicht schaden!)

Es ist doch wirklich ungeheuerlich, wie Sie die österreichischen Lebensmittel diskriminieren. Und eines kann ich Ihnen sagen, Frau Kollegin Huber: Es hat noch keinen Gesundheitsminister und keinen Staatssekretär gegeben, der so viel für den Konsumentenschutz und für die gesundheitliche Unbedenklichkeit der österreichischen Lebensmittel gemacht hat wie Herr Minister Haupt und Herr Staatssekretär Waneck! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gott sei Dank sind in dieser schwierigen Zeit jetzt Minister Haupt und Staatssekretär Waneck im Amt – und Gott sei Dank keine Prammer, das muss ich wirklich sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Die Gesundheit der Konsumenten ist der Regierung einfach ein wichtiges Anliegen, und es ist auch die Pflicht der Politik, zu handeln. Sie haben jahrelang nicht gehandelt! Das einzige Mal, als Frau Ministerin Prammer gehandelt hat, gab es keinen Skandal, sondern sie hat einen daraus gemacht, das möchte ich nur in Erinnerung rufen. Millionen hat das die Bauern gekostet, und es hat die Konsumenten verunsichert! (Abg. Schwarzenberger: 60 Millionen Schilling hat Edlinger zahlen müssen!)

Der Beweis dafür, dass dieser Regierung der Schutz der Konsumenten am Herzen liegt, sind auch die Gesetze, die wir heute beschließen. Mit dem Rindfleisch-Etikettierungsgesetz wurde eine EU-Verordnung umgesetzt. Der Bundesminister kann dadurch mittels Verordnung Abwehrmaßnahmen gegen durch gesundheitsschädliche Lebensmittel verursachte Gemeingefahr treffen, die Einsicht in die Geschäftsunterlagen wird abgesichert, und die AMA muss die notwendigen Vorarbeiten dafür gewährleisten und eine lückenlose Kontrolle bei der Kennzeichnung und Registrierung sicherstellen.

Mit dem Tiermehl-Gesetz wird die Verfütterung von Rinderfett und Fetten an Tiere verboten. Damit ist auch das Aus für die so genannten Milchaustauscher in der Kälberaufzucht gegeben. Und ich muss ganz ehrlich sagen, das, was wir heute beschließen, sind Maßnahmen und Gesetze, die Sie in der alten Koalition mit Frau Ministerin Prammer längst beschließen hätten können, was Sie aber nicht gemacht haben. Diese Regierung handelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

21.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Achatz, es ist ja sehr freundlich, dass Sie Ihren Minister und Ihren Staatssekretär über den grünen Klee loben. (Die Abgeordneten Achatz und Schwarzenberger: Berechtigt!) Ich verstehe das aus Ihrer parteipolitischen Sicht.

Ich darf Ihnen aber die Augen etwas öffnen: Interessanterweise wird es Ihr Minister sein und werden Sie als Gesundheitsstaatssekretär es sein, der womöglich die Unterschrift darunter setzt, dass die Lebensmittelkontrolle, die veterinärmedizinische Kontrolle auch unter den Einfluss des Landwirtschaftsministers, der Produzenten und der Vertretung der industriellen Landwirtschaft kommt. – Das ist allerdings ein massiver Rückschritt! Das hat es in der Zeit von Ministerin Prammer, der ich auch sehr kritisch gegenübergestanden bin, nicht gegeben. (Beifall bei den Grünen.)

Sie werden mit Ihrer Unterschrift, wenn Sie sich nicht noch eines anderen besinnen – und ich habe eine gewisse Hoffnung auf Einsicht, auf Ihre fachliche Qualifikation, auch auf die fachliche Qualifikation von Minister Haupt –, der Agrar-Lobby des Herrn Minister Molterer auf den Leim gehen und den lang gehegten Wunsch des Bundeslabors in Form der Agentur unterzeichnen.

Ich weiß, im Ressort gibt es kritische Beamte, aber ich weiß auch, dass der Minister jetzt mit anderen Sachen beschäftigt ist und hinter seinem Rücken die Agenturpläne auch heute hier in diesem Plenum bereits Zustimmung gefunden haben. Dann ist es aber aus mit der unabhängigen Kontrolle, und dann ist sicherlich auch das nicht mehr gewährleistet, was Sie immer so hoch preisen, nämlich die Qualität der österreichischen Lebensmittel.

In diesem Punkt stimme ich Ihnen bis jetzt auch zu: Keine Frage, wir sind besser. Und dafür, dass wir den Standard halten und ihn durch Kennzeichnung den KonsumentInnen verstärkt vermitteln, sind unsere Anträge auch gedacht.

Mein Antrag zielt darauf ab, dass es ein Verzeichnis jener Produkte gibt, die in Österreich gekauft werden, aber nicht dem Kodex unterliegen. Der Kodex war immer unser Aushängeschild. Sie stehen hinter dem Kodex, alle stehen hinter dem Kodex. Durch die EU, der Sie ja auch sehr kritisch gegenüberstehen, gibt es natürlich ein breiteres Angebot, das der Kodex nicht erfasst. Dafür wollen wir ein Extra-Verzeichnis, damit klar nachgelesen werden kann, was öster


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reichische Qualität ist und was faktisch ausländische oder EU-Qualität ist. Aber dem verwehren Sie sich! Ich verstehe das nicht. Das passt für mich nicht in die Rationalität einer Politik, die Sie so preisen. Das verstehe ich nicht. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

Weiters zur Kennzeichnung: Es ist doch ein gutes Recht der Konsumentinnen und Konsumenten, zu wissen, welcher Produktion ihr Frühstücksei entstammt. Die Kennzeichnung auch der einzeln verkauften Eier im Hinblick auf Freilandhaltung oder Batteriehaltung ist doch ein Gebot der Stunde. Warum machen Sie das nicht? Das sagt einem doch der klare Hausverstand, dass derjenige Landwirt, diejenige Landwirtin, die ehrlich produziert und Qualität bietet, das auch auf dem Produkt vermerken können soll. Das wäre doch sozusagen ein Wettbewerbsvorteil für sie, ein Wettbewerbsvorteil für die Landwirtschaft, für die Sie immer wieder in die Bresche springen. Aber nein, es ist eben ein Antrag von einer anderen Fraktion, und daher sagen Sie: Weg damit! Das ist Irrationalität, und diese Irrationalität fällt Ihrer Lobby, Ihren Bauern auch auf den Kopf. Das vergönne ich Ihnen als Partei. Hätten Sie sich anders besonnen, hätten Sie unseren Antrag unterstützt, dann ließe sich auch anders darüber reden.

Zum Schluss noch ein paar Worte an Sie, Herr Staatssekretär. Sie sind als Fachmann in der Strahlenmedizin tätig, soweit ich erfahren habe. Gerade Sie sollten darauf achten, dass auch im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge endlich ein Gesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung geschaffen wird. Unser Antrag dringt darauf.

44 Abgeordnete der FPÖ haben eine Petition unterzeichnet, die von insgesamt an die 5 000 ÖsterreicherInnen unterzeichnet worden ist. Diese 44 Abgeordneten der FPÖ haben heute vor, womöglich gegen diesen Antrag und damit auch gegen die Petition und damit auch gegen ein Gesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung zu stimmen. – Das ist Wendehalspolitik par excellence! Und das, Herr Staatssekretär, ist gegen Ihren wissenschaftlichen Sachverstand. Ich weiß, Sie sitzen jetzt als Politiker hier, aber Sie sollten doch noch zumindest einen Rest von wissenschaftlichem Sachverstand auch in Ihrer politischen Haltung an den Tag legen.

Es ist notwendig, ein solches Gesetz zu schaffen. Auch Ministerin Forstinger dringt darauf, daher hat sie ja keine Verordnung erlassen, damit es eben ein Gesetz gibt. Bitte nehmen Sie diese Möglichkeit wahr, stimmen Sie unseren Antrag nicht nieder, denn das wäre eine Möglichkeit, wie Sie gegenüber den Unterzeichnern der Petition noch Ihr Gesicht wahren könnten! Sonst sind Sie das nicht wert, was Sie immer sagen, nämlich eine Partei der kleinen Frau oder des kleinen Mannes genannt zu werden. Für mich haben Sie das schon längst ad absurdum geführt. Heute sind Sie wahrscheinlich wieder auf dem Weg dazu. Ihr Abstimmungsverhalten wird es zeigen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Auch Ihres, Herr Kollege Dr. Pumberger, wird leider in die falsche Richtung gehen. – Danke! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Öllinger: Beim Pumberger überrascht mich das nicht!)

21.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. – Bitte.

21.35

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lassen Sie mich auch ein paar Worte zum Fleischskandal sagen. Die österreichische Lebensmittelindustrie und das verarbeitende Gewerbe sind getroffen vom Konsumverzicht verunsicherter Konsumenten, von einem Umsatzrückgang von 30 bis 40 Prozent bei Rindfleischprodukten, und einige Firmen und Unternehmen sind vom Verlust der Existenz bedroht. Wir sind aber auch betroffen von der undifferenzierten Art und Weise, wie die Diskussion geführt wird, betroffen davon, dass gerade die österreichische Landwirtschaft schlechter gemacht wird, als sie ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in Österreich bis dato keinen einzigen BSE-Fall – Gott sei Dank! Es gibt rund um Österreich teilweise wesentlich lockerere Vorschriften, größere landwirtschaftliche Einheiten, und es gibt auch weniger strenge Auflagen in Bezug auf Tierfütterung und Arzneimittelgebrauch.

Ich darf Sie bitten, sehr geehrte Damen und Herren, vor allem von der Opposition: Gehen Sie doch einmal mit offenen Augen durch Österreichs Supermärkte! Sie müssen dann selbst fest


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stellen, dass es gerade die ausländischen Produkte sind, deren Anteil in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Beobachten Sie doch einmal! Stellen Sie einmal den Vergleich an, und Sie werden sehen, dass viele ausländische Produkte um 30 bis 40 Prozent billiger sind als vergleichbare inländische Produkte, und dabei rede ich nicht von Bioprodukten.

Warum sind sie billiger? Weil sie in viel größeren Fabriken hergestellt werden, weil sie in der Rohstoffbeschaffung viel größere Chargen haben, weil sie von Bauernhöfen kommen, die viel größer sind, und weil sie schlussendlich auch unter anderen gesetzlichen Bedingungen hergestellt worden sind. Versetzen Sie sich bitte einmal in die Lage eines österreichischen Lieferanten, der seinem Kunden permanent diesen Preisunterschied erklären muss, und das in der jetzigen Situation der Verunsicherung!

Aber, meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, dass es auch weiterhin ausländische Lebensmittel in Österreichs Regalen geben soll. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )  – Will ich auch gar nicht, keine Frage! Es wird auch weiterhin Lebensmittel geben, die in Österreich hergestellt sind, aber ausländische Rohstoffe enthalten. Aber da gilt es doch, im Sinne der österreichischen Lebensmittelindustrie und der Bauern darüber nachzudenken, wie man jene Produkte fördert, die in Österreich hergestellt sind, aber auch österreichische Rohstoffe enthalten. Da geht es nicht nur um die 15 Prozent Bioprodukte, sondern es geht auch um die 85 Prozent anderen österreichischen Produkte, die hier hergestellt worden sind und österreichische Rohstoffe enthalten, zum Beispiel jene mit dem AMA-Gütesiegel.

Die jetzt vorliegende Novelle zum Lebensmittelgesetz ist ein richtiger Schritt in diese Richtung. Sie bietet nämlich Rechtssicherheit in Bezug auf die Rindfleischetikettierung, lässt das freiwillige System der AMA zu, gibt aber auch vor allem Rechtssicherheit für alle anderen Marktteilnehmer, die nicht am freiwilligen AMA-System teilnehmen.

Ich bin froh darüber, dass wir die praxisfremden Vorschläge des Antrages Sima, Maier und Genossen nicht in die Lebensmittelgesetznovelle eingebaut haben. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen definitiv von Untersuchungsergebnissen berichten, die im Vorfeld einen Verdacht auf Gesundheitsschädigung ausgesprochen haben und nach dem Verfahren das Lebensmittel als durchaus nicht zu beanstanden beurteilt haben.

Ich kann Ihnen auch von Ringversuchen verschiedener österreichischer Lebensmitteluntersuchungsanstalten berichten, bei denen völlig unterschiedliche Ergebnisse von Verdorbenheit bis "nicht zu beanstanden" herausgekommen sind, weil zum Beispiel in neuen Bereichen teilweise die Untersuchungsmethoden noch nicht feststehen. Ich kann Ihnen auch von Verurteilungen in Bezug auf die Lebensmittelkennzeichnung berichten, etwa wegen völliger Unsinnigkeiten wie zum Beispiel eine nicht richtige Reihung der Nährwerte auf einem Lebensmittel, weil mit einer viel zu kurzen Übergangsfrist unsinnigerweise eine neue Reihung verlangt wurde.

Meine Damen und Herren! Es galt, eine Lebensmittelgesetznovelle zu formulieren, die den korrekten Wunsch nach Schutz des Konsumenten berücksichtigt, aber auch die Unternehmen vor einem Schaden durch eine voreilige Veröffentlichung von noch nicht ausjudizierten Ergebnissen schützt, einem Schaden, der natürlich nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. (Zwischenruf der Abg. Huber.  – Gegenruf des Abg. Prinz. )  – Sie haben mich nicht verstanden, Frau Kollegin!

Noch kurz zum Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Moser zum Thema Lebensmittelverzeichnis von nicht-kodexgemäßen Produkten. Ich persönlich halte das technisch nicht für möglich, weil es mittlerweile Tausende Produkte sind, und es kommen täglich Hunderte Produkte dazu.

Meine Damen und Herren! Meine persönliche Meinung ist – und das können Sie nachlesen, wenn Sie wirklich den österreichischen Kodex studieren –: Der österreichische Kodex entspricht dem ernährungswissenschaftlichen Stand der fünfziger Jahre. Das hat dazu geführt, dass viele Innovationen gerade der gesundheitlichen und ernährungswissenschaftlichen Entwicklung und Forschung unberücksichtigt geblieben sind und er sozusagen nicht mehr dem Stand der Ernährungswissenschaften entsprochen hat.


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Daher bin ich froh darüber, dass es nach jetziger Rechtslage auch Inländern möglich ist, Lebensmittel anzubieten, die vom Kodex abweichen, wenn sie dies natürlich auch korrekt deklarieren, das heißt, es sind Lebensmittel dann verkehrsfähig, wenn sie klar deklarieren, dass sie vom Kodex und inwieweit sie vom Kodex abweichen. Dadurch ist es möglich, schneller Innovationen durchzusetzen und vor allem auch dem Konsumenten Lebensmittel anzubieten, die dem neuesten Stand der Ernährungswissenschaften entsprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer. – Bitte.

21.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Viele Redner haben sich zu gesunden Lebensmitteln bekannt, und das ist auch richtig und unser aller Bedürfnis. Aber wenn es darum geht, die Lebensmittel dann auch so zu kennzeichnen, dass das Vertrauen zum Tragen kommen kann – soweit man halt nach menschlichem Ermessen Vertrauen haben kann –, dann beginnen die Diskussionen auseinander zu laufen. Was mich etwas stört, ist, dass wir zwar immer betont haben, dass wir das in einer Partnerschaft gelöst haben möchten, aber zu einer Partnerschaft gehört auch die Erkenntnis, dass das bisherige Kontrollsystem letztlich nicht das gebracht hat, was wir uns erwarten dürfen.

Ich berichte Ihnen ein Beispiel aus dem Bereich der Be- und Verarbeitung von Fleisch: Da ist es so, dass man bis 50 Tonnen im Jahr zweimal kontrolliert wird, bei 100 Tonnen einmal im Monat die kleine Kontrolle und viermal im Jahr die große, über 100 Tonnen zweimal die kleine Kontrolle und viermal jährlich die große und erst über 150 Tonnen eine tägliche Prüfung machen muss. Nun muss man aber wissen, dass diese Überprüfung nach dem Filialsystem berechnet wird, nicht nach dem Gesamtumsatz des Konzerns. Es gibt Handelsketten, die überhaupt alles verpackt an die entsprechenden Filialnetze liefern. Dort erfolgt überhaupt keine Kontrolle veterinärer Art, sondern dort erfolgt nur mehr die Kontrolle über den Lebensmittelinspektor. Also das ist schon ein System, über das man reden sollte, und ich meine, dass es auch gut ist, dass wir das heute in dieser Breite diskutieren.

Was mich aber entsetzt, ist, dass die Europäische Union auf diese Vorfälle zu langsam reagiert, zum Beispiel auf die BSE-Fälle. Da wurde die Etikettierungsfrage auf eine fernere Diskussionsrunde oder in den Ministerrat vertagt. Im April des Vorjahres hat man zum Beispiel bezüglich der Beratung der Rindfleischetikettierung schon Eile gehabt, weil das eigentlich bis Juli 2000 stehen sollte.

In dieser Zeit gab es auch Meldungen aus Österreich, in denen das bestätigt wurde, was wir eigentlich wollen, nämlich die Abschaffung des Austria-, des "A"-Zeichens als Endziel, da die Herkunft der Rohstoffe für den Konsumenten wichtiger ist als die Wertschöpfungskette. Das war aber nicht etwas, was die Sozialdemokraten gesagt haben, sondern das kam vom Landwirtschaftsministerium. Das bedeutet, dass auch dort erkannt wurde, dass die Herkunft des Rohstoffs ein wesentlicher Bestandteil des Vertrauens ist. Es gab sogar in der Werbung den Slogan: "Wo ,Österreich‘ draufsteht, ist auch Österreich drin". Nur beim Fleisch ist das nicht so, da kann zwar das "A" draufstehen, aber es muss noch lange nicht "Österreich" drin sein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Darauf kommt es eben an: das Vertrauen herzustellen. Mit dem "A" ist es nämlich so, wenn man 51 Prozent – Sie wissen es ganz genau – aus der Wertschöpfungskette in Österreich erstellt, dann kann man das "A" draufgeben, ohne dass der Rohstoff in Wirklichkeit aus Österreich stammt. Und das ist etwas, was die Konsumenten zutiefst verunsichert. Was wir lernen und wissen sollten, ist, dass man eine Krise nur bewältigt, indem man vertrauensbildende Maßnahmen setzt. Und genau darum geht es uns: diese vertrauensbildenden Maßnahmen zu setzen. Daher braucht man auch ein obligatorisches System.

Wenn nunmehr die zweite Ebene erst mit 1. Jänner 2002 angestrebt wird, dann bedeutet das noch immer, dass der Weg nur sehr zögernd beschritten wird. Ich verstehe nicht, warum man gerade in dieser Frage nicht viel mutiger vorgeht, wie zum Beispiel mit einem entsprechenden Verzeichnis, einer Rinder-Gen-Datenbank und so weiter, um den Produktlauf wirklich von der


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Geburt über die Mast bis hin zum Verbraucher nachzuweisen. Darum geht es doch, nämlich darum, dieses Vertrauen herzustellen. Ich würde mich nicht so sperrig verhalten, sondern ich würde dabei wirklich sehr stark mittun, weil es sehr wesentlich ist, dass wir dieses Vertrauen wieder herstellen und es als "Markenzeichen Österreich" dann auch europaweit nützen können. Das ist nämlich der Ansatz, den ich hierbei gewählt haben möchte.

Ich möchte noch etwas hinzufügen, nämlich dass ich einen Entschließungsantrag in diese Richtung einbringe. Wir wissen, dass wir nach langem Drängen durch die Sozialdemokraten ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Nutztiere beschließen und dass es nun darum geht, dass dieses Verbot sozusagen auch in Bezug auf die Menschen ausgesprochen wird.

Daher bringe ich den folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Lackner, Huber, Bauer, Kaipel und Genossen betreffend ein Verbot von Knochenmehl bei Nahrungsergänzungsmitteln

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, für Nahrungsergänzungsmittel bis 31. März 2001 dem Nationalrat einen Vorschlag zum Verbot von Knochenmehl in Nahrungsergänzungsmitteln vorzulegen."

*****

Ich halte es für wichtig, dass wir auch in diesem Bereich die Lücken schließen. Das ist notwendig, um sicherzugehen, dass das Knochenmehl auch aus der Kette des Angebotes an die Menschen herausgenommen wird.

Abschließend: Ich glaube, dass es ein schlechter Dienst an der Sache ist, wenn man die Kontrolle in diesem Bereich nicht ausschließlich dem Gesundheitsressort zuschlägt, auch wenn man von einem "Vier-Augen-Prinzip" spricht. Ich meine, dass es da eindeutig um die Gesundheit der Menschen geht und es daher kein Wegschieben geben darf, sondern nur das klare Bekenntnis, dass ausschließlich das Gesundheitsministerium dafür zuständig ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. Sie hat gleichfalls eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

21.48

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ein Sprichwort sagt: "Geld regiert die Welt." (Abg. Dr. Rasinger: Wer wagt, gewinnt!) Tierschutz, Konsumentenschutz, Umweltschutz sind zwar sicher hehre Ziele, deren Wertigkeit leider bei manchen schwarzen Schafen verloren gegangen ist. Der zunehmende wirtschaftliche Druck auf manche Landwirte zielt offenbar darauf ab, sich möglichst jeder Kontrolle zu entziehen, Impfungen ohne Tierarzt durchzuführen, Medikamente so billig wie möglich einzukaufen, mit einem Wort: Massenproduktion um jeden Preis.

Auf der anderen Seite steht der zunehmende Druck, der zwischen den Tierärzten besteht – wie wir wissen, ist das kein geschützter Bereich wie bei den Kassenärzten in der Humanmedizin – und der offenbar dazu führt, dass Medikamente den Bauern ohne Diagnose überlassen werden, so viele Landwirte wie nur irgend möglich betreut und auch Medikamente so billig wie möglich besorgt werden.


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Als Drittes noch: Die Medikamentenmafia erzeugt durch Etikettenschwindel oder Zumischen von Billigsubstanzen aus dem Osten Billigprodukte, Giftbomben für die Schweinezucht. Allein in Österreich wurden 300 Millionen Schilling an illegalen Medikamenten umgesetzt.

Es ist die Frage, ob eine Gesundheitsgefahr für die Konsumenten besteht. Das Risiko ist schwer kalkulierbar. Auswirkungen auf den menschlichen Organismus wurden nie wissenschaftlich erhoben. Meine Damen und Herren! Eines ist jedoch sicher: Die intensive Verabreichung von Antibiotika erzeugt Resistenzen, sowohl im Humanbereich als auch im Tierbereich, daher droht die Gefahr, dass die Medizin eines Tages keine wirksamen Medikamente mehr zur Bekämpfung von Krankheiten hat.

Meine Damen und Herren! Das ist eine drohende Gefahr! Gefährdet ist hiebei nicht nur die Gesundheitsversorgung der Menschen und Tiere, sondern es steht auch das Image jener Bauern, Tierärzte und Fleisch verarbeitenden Betriebe auf dem Spiel, bei denen nicht nur die Ökonomie, sondern auch die Verantwortung und der Schutz für den Konsumenten im Vordergrund stehen.

Einerseits ist die Kontrolle zu verschärfen, andererseits sind aber auch strengere Strafen für die schwarzen Schafe erforderlich. Derzeit müssen die Bauern bei einem diesbezüglichen Fehlverhalten mit ein paar tausend Schilling Strafe rechnen. Tierärzte können zu bis zu zehn Jahren verurteilt werden.

Da diese Missstände für unseren Gesundheitsminister und unseren Herrn Staatssekretär eine fahrlässige Gefährdung von Menschenleben darstellen, stehen sie, abgesehen davon, dass es Anordnungen betreffend verstärkte Kontrollen gibt, bereits mit unserem Justizminister in Verhandlung, die Strafen zu erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir von der FPÖ handeln, und zwar auch dort, wo Sie von der SPÖ jahrelang geschlafen und einiges verabsäumt haben. In Österreich regiert nicht das Geld allein – Gott sei Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Er scheint nicht anwesend zu sein, daher gehe ich in der Rednerliste weiter und rufe Herrn Abgeordneten Nikolaus Prinz zum Rednerpult. – Bitte.

21.52

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! – Herr Kollege Bauer! Zunächst eine kurze Bemerkung, nachdem Sie das "Ja zu A" angesprochen haben. Bei uns in der Landwirtschaft finden Sie dafür ein offenes Ohr, und Sie laufen offene Türen ein!

Kurz zum Verein "Made in Austria", einem Verein, der aus Wirtschaftskammer und Gewerkschaftsbund besteht. Sie haben dort Möglichkeiten, nachzuhelfen. Es ist dies ein Verein, der keine Kontrollen durchführt, derzeit beim Fleisch freiwillig auf das Gütezeichen "A" verzichtet und es betreffend Wurst in Aussicht gestellt hat. Helfen Sie mit, hier zu einer Lösung zu kommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich hätte an sich Herrn Minister Haupt gerne drei Fragen gestellt. Ich werde diese nun an Sie stellen und bitte Sie, diese weiterzugeben, um eine schriftliche Beantwortung zu ermöglichen.

Wie steht das Gesundheitsministerium zur Trennung, sagen wir es so, zwischen Amtstierarzt und behandelndem Tierarzt? Wie steht Herr Gesundheitsminister Haupt zum dänischen Modell, vereinfacht gesagt, zum Vier-Augen-Prinzip in der Medikamentenabgabe Tiermedizin? Und: Wie steht er zu einheitlichen EU-Richtlinien, was die Zulassung von Tierarzneimitteln betrifft?

Mit den heutigen Gesetzesbeschlüssen betreffend Rindfleisch-Etikettierung und Kennzeichnung werden die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass EU-Ratsentscheidungen in


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Österreich schnell umgesetzt werden können. Die über 22 000 BSE-Tests, die in Österreich bisher durchgeführt wurden, sind Gott sei Dank alle negativ! Ich persönlich bin froh, dass die Kritik an Minister Molterer wirklich ins Leere geht, und ich bin froh darüber, dass neben Minister Molterer der in dieser Frage und Diskussion sehr kompetente Gesundheitsminister Haupt sitzt, denn Gnade uns Gott, wenn es anders wäre! Diese beiden Minister haben die notwendigen Schritte eingeleitet, ich denke zum Beispiel an die zu gründende Lebensmittelagentur.

Ich denke auch zurück, und wenn ich mir vorstelle, dass dieses Problem eineinhalb Jahre früher aufgetaucht und neben Molterer nicht der kompetente Haupt, sondern die damalige Gesundheitsministerin gesessen wäre, die es zustande gebracht hat, in Zeiten, in welchen eigentlich nichts los war, einen Hormonskandal zu inszenieren, dann denke ich mir: Gott sei Dank sitzt Haupt und nicht Prammer neben Molterer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Betreffend die gesamte BSE-Problematik ist vieles noch nicht bewiesen und beruht auf Annahmen. Man hat den Eindruck, dass manche Vertreter der Medien, vor allem aber der Opposition sich wirklich einen BSE-Fall gewünscht hätten, denn wie anders sind Radiomeldungen zu erklären – Anfang Jänner zu jeder vollen Stunde –, dass es noch immer keinen BSE-Fall in Österreich gibt? – Diese Diktion ist eigentlich ein Wahnsinn! (Abg. Dr. Mertel: Das ist Stumpfsinn!)

In Anbetracht dessen frage ich mich, ob es bei den Medien so etwas wie Verantwortung und Moral gibt. Für Gauner und Verbrecher gilt bis zum Beweis der Tat eigentlich die Unschuldsvermutung. Was aber ist mit der Tiroler Familie in Schattwald geschehen, bei der es einen BSE-Verdachtsfall gegeben hat? – In Wirklichkeit ist diese Familie mit Brachialgewalt von den Medien in die Öffentlichkeit gezerrt worden, und diese Familie wurde in ihrer Existenz gefährdet. Ihre Direktvermarktung wurde ruiniert. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Da muss man sagen: Schluss damit! (Zwischenruf des Abg. Kiermaier. )  – Ruhig, Herr Kiermaier, regen Sie sich nicht so auf! Nur keine Hektik!

Ich glaube, es ist wichtig, dass man sehr wohl darüber nachdenkt, dass einheitliche Standards dort, wo sie notwendig sind, geschaffen werden müssen. Denken wir doch an die Betriebsmittelpreise, wo es um Zulassungen geht und dergleichen mehr! Die österreichische Gesellschaft hat hohe Erwartungen an die Bauern, und wir sind bereit, diese zu erfüllen, brauchen dazu aber selbstverständlich eine entsprechende wirtschaftliche Basis, um diese Erwartungen der Gesellschaft auch erfüllen zu können!

Wie in den letzten Wochen von einigen Organisationen, zu welchen Grünpolitiker ein sehr großes Naheverhältnis haben – wie zum Beispiel gemeinsame Einbrüche in Schweineställe beweisen –, vorgegangen wurde, ist höchst bedenklich! Da kann ich mir folgenden Schluss nicht verkneifen: Hätten diese Gruppen die Bauern so behandelt, wie sie gerne hätten, dass die Tiere behandelt werden, dann wäre eine ganz andere Vorgangsweise notwendig gewesen, nämlich eine menschliche, um Fairness und Gerechtigkeit bemühte Vorgangsweise! Aber so ist es eben auf der Welt, damit muss man leben.

Allerdings wird ein wesentlicher Unterschied erkennbar: Wir Bauern wissen, wie wir mit unseren landwirtschaftlichen Nutztieren umzugehen haben. Diese Organisationen wissen aber nicht mehr, wie mit Menschen umzugehen ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dolinschek: So ist es! – Abg. Kiermaier: Sie müssen einmal Manieren lernen! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

21.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kaipel. Er hat das Wort. – Bitte.

21.57

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! BSE und Medikamentenmissbrauch in der Schweinezucht haben das Vertrauen der Konsumen


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ten erschüttert wie kaum ein anderer Skandal. Schuldlose Fleischer und gewissenhafte Bauern kommen unschuldig zum Handkuss.

Die Chancen für die Landwirtschaft sind heute schon mehrfach erwähnt worden: artgerechte Tierhaltung, natürliches Futter, Biolandbau und vor allem ein ordentliches Maß sowohl an Ehrlichkeit als auch an Strafen. Die Massenproduktion muss der Vergangenheit angehören, zumal sie Fehlentwicklungen geradezu provoziert, Fehlentwicklungen, welche die ÖVP, der Bauernbund und der Landwirtschaftsminister zu verantworten haben, zumal die ÖVP die Existenz dieses Problems immer wieder bestritten hat (Beifall bei der SPÖ), zumal ÖVP-Funktionäre kritische Tierärzte unter Druck gesetzt haben, zumal der Landwirtschaftsminister die Reduktion der Kontrollen angeordnet hat und zumal die Regierungsfraktionen im Gesundheitsausschuss und wahrscheinlich auch hier im Plenum alle Oppositionsanträge für mehr Kontrolle und besseren Konsumentenschutz abgelehnt haben beziehungsweise ablehnen werden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Sie setzen die Konsumenten wissentlich nicht kontrollierbaren Gesundheitsrisken aus, wie das Frau Abgeordnete Hartinger vorhin sehr ausführlich erklärt hat. Sind Sie nicht beunruhigt, dass sich BSE-Risikomaterial im Speisefett befindet oder Antibiotika im Wege der Düngung ins Gemüse und in die Umwelt gelangen?

Da viele klärende Untersuchungen offen sind und mit langen Inkubationszeiten zu rechnen ist, stehen wir am Anfang einer Problemreihe, hoffentlich aber auch am Anfang von deren Aufklärung. Der Einfluss auf das Gesundheitssystem wird eine neue Dimension erreichen, und die Verantwortung dafür werden die ÖVP und der Landwirtschaftsminister zu übernehmen haben.

Es ist zu wenig, wenn der Herr Landwirtschaftsminister über diese "Schweinereien" empört ist, zumal er selbst lange davon Kenntnis hatte. Es ist zu wenig, wenn der Herr Landwirtschaftsminister uns ausrichtet, dass er nicht jede Behörde sein kann, und es ist zu wenig, wenn der Herr Landwirtschaftsminister aus dieser Krise lernen will – eigenartigerweise aus einer Krise, die er selbst begünstigt und unterstützt hat.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Es ist auch zu wenig, die Verantwortung abzuschieben! Sie haben vor der Wahl den Wählern Kompetenzbereinigung versprochen, sodass nicht mehrere Ministerien für ein Problem zuständig sein können. Was ist geschehen? – Nichts ist geschehen! Aber eigentlich ist es auch gleichgültig, ob Haupt oder Molterer verantwortlich sind, denn sie sind verpflichtet, unaufgefordert zu kooperieren und möglichst rasch vernünftige Lösungen zu finden. Herr Staatssekretär! Befreien Sie sich aus diesem schwarzen Würgegriff! Setzen Sie wirksame Maßnahmen! Beenden Sie dieses skrupellose Geschäft mit der Gesundheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Diskussionen mit dem Landwirtschaftsminister von heute Vormittag lassen allerdings wenig Hoffnung aufkommen, dass es Problemlösungskompetenz und vor allem Problemlösungswillen dieser Regierung geben wird, zumal die Devise der ÖVP lautet: Aussitzen und durchtauchen! Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Die Machtgier hat Sie blind und kalt gemacht! (Beifall bei der SPÖ.)

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wochesländer. – Bitte.

22.01

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Immer wenn sich in irgendeiner Weise ein Skandal anbahnt, dann ist es Usus, sofort zu schreien: Wo ist der Schuldige?

Bitte bewerten Sie diese Aussage nicht als eine Binsenweisheit, mit welcher man irgendetwas vertuschen oder bagatellisieren will. Ich bin aber sehr wohl der Ansicht, dass eine lückenlose Rückverfolgung des missbräuchlichen und illegalen Einsatzes von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen nicht wirklich von Erfolg gekrönt sein kann, weil es den effektiven Primärschuldigen in einer solchen Causa meines Erachtens nicht gibt.


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Bei diesem Skandal, der im wahrsten Sinne des Wortes eine riesige Schweinerei bei der Tiermast darstellt, ist zwar nichts zu entschuldigen, ich bin jedoch der Meinung, dass diesfalls eine untrennbare Verquickung von diversen Fehlentwicklungen vorliegt. Vorverurteilungen, wie sie von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, wahrscheinlich schon in politischer Routine wahrgenommen werden, scheinen mir da wirklich nicht zielführend zu sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Faktum ist für mich, dass eine kommunikative und reale Situation herrscht, durch welche bei den Konsumenten Angst, Misstrauen und Frustration gefördert werden, die Landwirte insgesamt sozusagen als Gauner abgestempelt werden und natürlich auch die Tierärzte ins schiefe Licht geraten. Dies ist somit auch ein Zustand, der – medial nun gewollt oder ungewollt, das sei dahingestellt – auch das Vertrauen in die Mechanismen des politischen Handelns untergräbt. Davon sind nicht nur das derzeitige Landwirtschaftsressort und Gesundheitsressort betroffen, sondern auch Sie, geschätzte Frau Abgeordnete Prammer, als einstige Konsumentenschützerin, denn Ihre Freunde von der Linken, die Grünen, werfen Ihnen vor – ich zitiere wörtlich aus deren Webseite –: Die Lücken im Gesetz, die verhindern, dass Missetäter verurteilt werden können, sind ein Versäumnis der ehemaligen Konsumentenschutzministerin Prammer. – Das schreiben Ihre Freunde von der Linken, die Grünen! (Zwischenruf der Abg. Huber. )

Meine Damen und Herren! Darum bin ich gegen alleiniges und generelles Hochspielen von Schuld. Dinge, die in diesem Zusammenhang passiert sind, kann man weder wegklagen noch wegverurteilen oder wegjammern, sondern es müssen entsprechende Schritte gesetzt werden, die nicht nur den nationalen, sondern auch den EU-Bereich mit einbeziehen. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, mit welchen der derzeitige Zustand bereinigt wird, die präventiv wirken und diese Causa "Schweinerei" zur Chance für einen Neubeginn machen, wie es zum Beispiel der Glykolskandal für die Weinwirtschaft war.

Daher plädiere ich – wie es auch unser im Gesundheitsausschuss gemäß § 27 GOG schriftlich eingebrachter Entschließungsantrag beinhaltet – erstens für ein generelles Verbot des vorbeugenden Einsatzes von antibiotischen Leistungsförderern, zweitens für effiziente und lückenlose Kontrollen, wobei der geplanten Agentur für Ernährungssicherheit sicherlich eine maßgebliche Rolle zukommen wird, und drittens dafür, dass nicht nur die Verwendung illegaler Medikamente und Hormone, sondern auch schon deren Besitz unter Strafe gestellt werden kann.

Ganz kurz abschließend noch eine Anmerkung: Ich als Jahrgang 1948 kann mich noch erinnern – und einige von Ihnen, die derselben Altersklasse angehören, werden sich vielleicht auch noch erinnern –, dass es Zeiten gegeben hat, in welchen das Schnitzel oder der Schweinsbraten sozusagen ein Sonntagsereignis war. Ich war auch in der Zeit danach keine große Fleischkonsumentin. Vor etwa zehn Jahren habe ich eine Geschichte bezüglich Tiermast beziehungsweise Massentierhaltung recherchiert, und seit diesem Tag bin ich bis dato konsequente Vegetarierin. – Mit dieser Äußerung will ich natürlich niemandem den Appetit auf Fleisch verderben beziehungsweise das Recht auf Fleischkonsum absprechen, ich gebe aber zu bedenken, dass der Run auf Billigprodukte und die Ein- und Verkaufspolitik der großen Handelsketten nicht dazu führen dürfen, dass Tiere leiden müssen, Bauern kriminell werden und Menschen durch die bewiesene Antibiotikaresistenz in Gefahr gebracht werden!

Meine Damen und Herren von der Opposition! Berücksichtigen Sie bitte auch diese Gesichtspunkte bei Ihrem Abstimmungsverhalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Entschuldigen Sie zuerst bitte mein Versäumnis und meine Nichtanwesenheit! Ich habe nicht geglaubt, dass es einem Grünen gelingen könnte, binnen weniger Stunden um sechs Plätze vorzurücken! Das war die Ursache. (Abg. Dr. Pumberger: Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen!)


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Ich möchte jetzt mit grüner Friedfertigkeit versuchen, Ihnen einmal zu erklären, wie ich und mit mir wirklich zahlreiche andere die Gefahr von Antibiotikaresistenzen wirklich sehen. Wie Sie vielleicht wissen, ist seit den vierziger Jahren die Zahl gefährlicher Infektionserkrankungen durch die Einführung von Penicillin und Streptomycin deutlich gesunken. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Dr. Pumberger! Sie nicken! Das freut mich.

Allerdings besitzen Bakterien und andere Erreger wie Viren, Parasiten und Pilze, wie man seit Jahren weiß, die Eigenschaft, sich sehr raffiniert gegen ihre Feinde, die Antibiotika, zu wehren. Das ist nicht, wie Sie vielleicht glauben, eine linksextreme grüne Strategie, sondern eine natürliche Eigenschaft der Natur. (Heiterkeit bei den Grünen.) Diese drückt sich einerseits in Spontanmutationen aus, weiters durch einen gewissen Selektionsdruck der Antibiotika selbst sowie auch durch etwas besonders Raffiniertes, nämlich durch den Austausch genetischen Materials von Bakterienzelle zu Bakterienzelle.

Da das seit vielen Jahren bekannt ist – es ist zwar etwas kompliziert, aber nicht so kompliziert, dass es verantwortliche PolitikerInnen nicht verstehen können –, meine ich, dass ein Händewaschen in Unschuld der Verantwortlichen nicht mehr gutzuheißen ist. Der Ausspruch "Wir haben nichts gewusst!" gilt daher für mich auf höherer Ebene nicht mehr! Vielmehr gilt das Bekenntnis: "Wir haben zu wenig getan!" – Ich sage nicht, dass nichts getan wurde, aber zu wenig. So muss es wohl vor sich gegangen sein.

Ich gebe auch ohne weiteres zu, dass ein guter Teil dieser Gefahren der Antibiotikaresistenz und damit sehr viele Erkrankungen, Leid und auch Todesfälle sozusagen hausgemacht sind, und da müssen uns wir MedizinerInnen – und ich meine jetzt einmal nicht die VeterinärmedizinerInnen – auch auf die eigene Brust klopfen: Diese Resistenzen sind primär und zu einem großen Teil auch im medizinischen Bereich durch zu lockere beziehungsweise zu wenig gezielte Anwendung entstanden.

Das bedeutet aber nicht – und dafür gibt es eine Reihe von sehr validen Daten –, dass die Landwirtschaft diesbezüglich aus der Verantwortung genommen werden muss. Ich habe mir ein paar Zahlen herausgeschrieben und war selbst überrascht: Über 50 Prozent aller Antibiotika finden nicht in der Humanmedizin, sondern in der Landwirtschaft Verwendung. Das ist interessant! Und von diesen über 50 Prozent werden nur 20 Prozent in therapeutischer Absicht verschrieben, der Rest im Sinne von falsch verstandener – wie man zumindest jetzt sieht – Prophylaxe oder als so genannte Wachstumsförderer. Wenn man große Kongresse verfolgt oder diesbezügliche Publikationen liest, dann wird ganz klar, dass 40 bis 80 Prozent dieser Fälle von Antibiotikaeinsatz wissenschaftlich extrem fragwürdig sind. Ich glaube, das werden die Händler und viele PolitikerInnen den Bauern nicht erzählt haben, daher würde ich auch nicht jeden einzelnen Bauer dafür verantwortlich machen! Dass es aber große Aufklärungskampagnen von Seiten der Politik gegeben hätte, wäre mir allerdings auch neu.

Sogar Tuberkulose, Malaria und Aids zeigen steigende Therapieresistenzen, und wir sollten uns dessen bewusst sein, was das bedeutet und welche Gefahren damit verbunden sind!

Internationale Gremien empfehlen Folgendes, und das ist relativ neu, ich habe sogar aus Amerika Unterlagen bekommen, die noch mit Korrekturzeichen versehen, also taufrisch sind. Jedenfalls wird das Verbot von Wachstumsförderern empfohlen, es wird aber auch zum Schutz der Landwirtschaft empfohlen, Antibiotika durch Alternativen, Hygiene und andere Haltungsbedingungen, zu ersetzen. Gemäß den Unterlagen empfehlen internationale Gremien weiters die Erlassung von Richtlinien betreffend einen gezielten und rationalen Einsatz von Medikamenten in der Therapie, sie empfehlen die Erstellung von überregionalen Datenbanken zur Erfassung von Resistenzlagen, verbesserte Diagnoseverfahren bei Infektionserkrankungen und auch eine verbesserte Ausbildung aller damit Befassten.

Das heißt, Sie müssten eigentlich nur die Literatur lesen, Kongresse verfolgen und Realitäten wahrnehmen, statt zu vertuschen, zu beschönigen und zu verharmlosen! Ich glaube, wenn Sie in der Politik Partner der Menschen – und das sind ja alle Konsumenten! – sein wollten, dann wären Sie gleichzeitig auch Partner der Bauern. So einfach wäre das!


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Das nicht zu verstehen heißt, eine Rechnung serviert zu bekommen, die nicht nur Sie betrifft – damit sollte man allerdings auch nicht leben wollen –, sondern uns alle, und das bedeutet: Es ist Feuer am Dach, aber es ist noch nicht zu spät! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

22.12

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat betreffend Lebensmittelsicherheit und Qualitätssicherung eine international gute Position. Das muss man, wie ich meine, einmal sagen. Ich möchte nicht nur auf die viel gepriesene österreichische Küche hinweisen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Lebensmittelsicherheit ist vor allem eine Frage der Verantwortung. Diese Verantwortung nehmen unsere Bauern nicht erst seit dem Auftauchen von BSE-Fällen in anderen Ländern besonders ernst, und obwohl die österreichische Agrarpolitik abgewertet und belächelt wurde – das wurde heute Vormittag auch schon öfters gesagt –, sehen wir die Krise als Chance. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stärken wir gemeinsam das Vertrauen in heimische Produkte! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist nämlich an der Zeit, dass in der Öffentlichkeit das Vertrauen in unsere qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Produkte wiederhergestellt wird. In diesem Zusammenhang wäre eine positive Berichterstattung seitens der Medien angebracht, quasi als Wiedergutmachung für nicht gerade zimperlich aufgebaute Berichte und Kommentare! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hochwertige Produkte sollen aber auch einen fairen Preis haben. Die Kollegen Stummvoll und Haigermoser haben es heute Vormittag auf den Punkt gebracht, und ich möchte das noch einmal wiederholen: Gesunde Lebensmittel müssen auch etwas wert sein, billige Lebensmittel rächen sich, und wer Lebensmittel auf dem Altar der Niedrigpreise opfert, trägt Mitverantwortung an der Fehlentwicklung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ebenso notwendig ist natürlich eine einheitliche Kennzeichnung von österreichischen Produkten. Das AMA-Gütesiegel hat sich bewährt und sollte die unsinnige Pickerlvielfalt ersetzen. Die heutige Änderung zum Rindfleisch-Etikettierungsgesetz stellt eine wichtige weitere Festlegung dazu dar. Ich denke, dass wir in diesem Sinne gut auf dem Weg sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Waneck. – Bitte.

22.14

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich zuerst einen Teil der Fragen von Herrn Abgeordnetem Prinz beantworten.

Zur Frage Amtstierärzte und Nebenbeschäftigung: Amtstierärzte sind Bedienstete der Länder. Es liegt daher an den Ländern, zu entscheiden, ob es einem Amtstierarzt gestattet sein soll, als freiberuflicher Arzt nebenbei tätig zu sein. Das ist nicht Angelegenheit der Bundesregierung.

Ich bitte, die anderen Fragen schriftlich beantworten zu dürfen, da deren Beantwortung über die augenblicklichen Möglichkeiten hinausgeht.

Zur Frage der Eierkennzeichnung darf ich feststellen, dass dies den Marktordnungsrichtlinien der EU beziehungsweise bereits der EWG entspricht und daher nicht Angelegenheit des Lebensmittelrechtes sein kann. Man kann durchaus darüber diskutieren, und ich glaube, das Thema ist von sich aus positiv zu betrachten.


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Zur Frage der Rindfleisch-Etikettierung ist festzustellen, dass Österreich diesbezüglich einen Weg gegangen ist, der über das hinausgeht, was innerhalb der EU vorgeschrieben wäre, es besteht nämlich auch die Möglichkeit zur freiwilligen Rindfleisch-Etikettierung.

Zur Frage der Probenziehung ist festzustellen, dass diese in letzter Zeit stark intensiviert wurden und es sich immer so verhält, dass umso mehr Proben gezogen werden, je mehr Beanstandungen es gibt. Auch in diesem Zusammenhang haben wir auf die aktuelle Situation rasch und sofort reagiert.

Nicht ganz einverstanden erklären kann ich mich mit der Forderung nach so genannten schwarzen Listen. Wenn ich das höre, läuft es mir kalt über den Rücken, das erinnert mich an Proskriptionslisten und Ähnliches. Ich möchte mir nicht die Reaktion der Damen und Herren Abgeordneten von der Opposition vorstellen, wenn vielleicht der Wunsch käme, dass verdächtige Drogendealer namentlich veröffentlicht werden! Das Ministerium geht diesbezüglich aber ohnedies viel weiter, als vielleicht gedacht wurde, nämlich insofern, als wir bereits Beanstandungen veröffentlichen. Alles, was darüberhinaus geht, ist Sache des Datenschutzes, und wenn das Parlament einmal eine Änderung wünschen sollte, was ich nicht glaube oder hoffe, dann müsste man zuerst das Datenschutzgesetz als Verfassungsgesetz ändern.

Schließlich zur Frage der nichtionisierenden Strahlen. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit, die man keinesfalls leicht nehmen darf. Wir haben diese Frage auch nicht leicht genommen. Als das an uns herangetragen wurde, haben wir uns und habe auch ich persönlich mich mit der einschlägigen Literatur beschäftigt. Ich habe den Auftrag an den Obersten Sanitätsrat dieser Republik gegeben, ein diesbezügliches Gutachten zu erstellen, wobei sämtliche zur Verfügung stehende Personen sowohl mit Gutachten von Seiten der Befürworter als auch der Gegenseite zu Wort gekommen sind. Es hat eine sehr ausführliche Abhandlung dieser Gutachten stattgefunden, und man ist zu dem Ergebnis gekommen, dass auch unter Kenntnis der internationalen Literatur im Bereich der Benützung der so genannten Mobiltelefone derzeit keinerlei Hinweis auf nachhaltige schädigende Wirkung besteht. Im Gegenteil: Man hat anhand von Studien, die erst neulich in den USA publiziert wurden und in denen 400 Gehirntumore, welche jeweils bei Handybenützern entstanden sind, untersucht wurden, keinerlei Zusammenhang zwischen Art der Handhabung und Lokalisation und Auftreten des so bedauerlichen Tumors feststellen können.

Betreffend Handymasten gibt es Richtlinien seitens der EU und der WHO, und das sind ja nicht irgendwelche Organisationen! Oder ist die Euphorie in Bezug auf die EU schon so sehr gesunken, dass sich niemand mehr daran erinnert, dass sich dieses Volk einmal zu zwei Dritteln zur EU bekannt hat? Dennoch haben auch wir hier entsprechend reagiert, und es ist die Empfehlung gekommen, dass selbstverständlich die Summe aller möglichen Belastungen keinesfalls die empfohlenen Richtwerte überschreiten darf. Diese sind jeweils deutlich zu unterschreiten. In Zusammenarbeit mit der Frau Verkehrsminister haben wir bereits eine nochmalige direkte Untersuchung im Rahmen einer Kommission angeordnet, in welche auch neuere Erkenntnisse mit einzubeziehen sind. – Sie sehen, dass wir diesbezüglich sehr sorgfältig vorgehen, und aus diesem Grund ist – wie Sie richtig erkannt haben – noch keine Empfehlung erfolgt. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Er hat das Wort.

22.20

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den vergangenen Wochen wurde eine Menge an BSE-Materien bearbeitet und jetzt erfolgreich zum Abschluss gebracht. Die Zeit hat wirklich gedrängt, die BSE-Krise wurde von Tag zu Tag größer. (Abg. Silhavy: Jetzt redet er selber von der BSE-Krise!) Daher möchte ich diese Gelegenheit nützen, um mich bei den Damen und Herren des Ministeriums, bei der Sektion IX unter der Federführung von Herrn


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56. Sitzung / Seite 228

Sektionschef Dr. Bobek, für die bravouröse Arbeit im Zusammenhang mit dieser Gesetzwerdung herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Maier. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute schon über die jetzt zu beschließenden Materien betreffend Rindfleisch-Etikettierung – ein Vorhaben, das lange Zeit geplant war, von der SPÖ aber nie durchgeführt wurde – gesprochen worden. Nunmehr wurde im Gesundheitsausschuss ein §-27-Antrag betreffend Verfütterungsverbot tierischer Fette eingebracht. Auch hier war Gefahr im Verzug. Wir haben zur Qualitätssicherung unserer Lebensmittel auch gleich dieses Verfütterungsverbot für tierische Fette heute zu beschließen. Dies alles wurde fertig gestellt und eine Menge Arbeit in kurzer Zeit erledigt.

Meine Damen und Herren! Es sind heute Vormittag schon einige Entschließungen betreffend Antibiotikaanwendung bei Tieren beschlossen worden – auch sehr erfolgreich. Aber woher kommt denn die ganze Angst? – Jetzt muss ich einmal ein bisschen ausschweifen.

Wenn ich den Debattenbeiträgen in erster Linie der SPÖ-Redner zugehört habe (Abg. Edler: Keine Polemik! Das Thema ist zu ernst!), dann decken sich ihre Befürchtungen genau, ja fast wortgleich, mit den Befürchtungen des renommierten, der SPÖ nahe stehenden Professors Budka. Er ist ein anerkannter Neurologe und Neurophysiologe, ein Prionenforscher, ein der SPÖ nahe Stehender, mit dem ich als einer der Frühwarner vor der BSE-Krise im Jahre 1995 das Vergnügen einer Konfrontation in einer "Argumente"-Sendung bei Schiejok hatte.

Damals habe ich gewarnt und auf eventuelle schädliche Folgen hingewiesen. Damals hat Professor Budka gesagt, ich sei einer, der maßlos übertreibt. Er hat alles abgeleugnet, nachdem er – ein Handlanger der SPÖ, ein Wissenschafter – zwei Tage vorher in einem Fernsehinterview gesagt hatte, nie und nimmer würde er noch Rindfleisch essen. Ein kurzes Telefonat mit der damaligen Gesundheitsministerin Krammer – ebenfalls SPÖ – genügte. Er stellte sich wieder vor die Kamera und sagte: Selbstverständlich werde ich Rindfleisch essen; was Pumberger sagt, ist alles nicht wahr. (Abg. Dr. Mertel: Da hätten wir seit fünf Jahren nicht mehr Rindfleisch essen dürfen!)

Mittlerweile sind fünf Jahre vergangen, mittlerweile profiliert sich Herr Professor Budka als Sprachrohr der Angstmacherei der SPÖ. Ich muss das mit aller Deutlichkeit sagen, meine Damen und Herren! Wenn sich ein Wissenschafter von europaweitem Format von der SPÖ missbrauchen lässt, so ist das der erste Skandal. (Abg. Silhavy: ... wie der Schelm denkt, so ist er!) Und wenn die SPÖ, eine Partei, um die Arbeit der Regierung, die Arbeit der Landwirtschaft, der Bauern, zunichte zu machen, um Angst zu machen, sich eines Wissenschafters bedient, der falsche Aussagen macht, dann ist das die zweite Schweinerei. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, dieser Mann ist Ihr Lehrmeister, wenn es um die Verunsicherung der Bevölkerung beim Fleischkonsum geht. Ich erwähne hier nur ein paar "Zuckerln": Jener Herr Professor Budka, der vor fünf Jahren noch alles abgestritten hat, sagt jetzt zum Beispiel so nebenbei: "Ein negativer BSE-Test beweist nicht, dass ein Tier ungefährlich ist." Und Sie alle miteinander schüren das!

Er sagt zum Beispiel Folgendes über den Beginn der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit – einer Creutzfeldt-Jakob-Krankheit der neuen Variante, die es in Österreich noch überhaupt nie gegeben hat, genauso, wie es BSE in Österreich bis dato Gott sei Dank noch nie gegeben hat, einer Krankheit, die bei uns noch nicht existiert! –: Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beginnt mit "psychiatrischen Symptomen wie Verhaltensauffälligkeiten, Gefühlsstörungen" oder Gleichgewichtsstörungen. – Jeder grippale Infekt fängt so an!

Wenn jemand das liest – und das lesen Millionen von Menschen, Millionen von Konsumenten –, dann sagt er: Mensch, mir ist auch schon schwindlig! Im Verhalten bin ich auch schon ein bisschen anders. Ich glaube, ich habe Creutzfeldt-Jakob. Ich esse kein Rindfleisch mehr. – Und der Markt bricht zusammen. (Abg. Edler: Wie fühlen Sie sich? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie können lachen. Den Bauern in Österreich ist das Lachen längst vergangen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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56. Sitzung / Seite 229

Wenn Sie Charakter haben, wenn Sie Verantwortungsgefühl haben, dann gehen Sie her und erteilen diesem Professor Budka eine klare Absage! Sagen Sie ihm, er soll nur das, was wissenschaftlich bewiesen ist, in der Öffentlichkeit zum Besten geben, und nicht irgendwelche verunsichernden Dinge! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Er sagt weiters, er wisse zwar nicht, wie viel eine infektiöse Dosis sei, aber es sei eine ganz minimale Dosis, es würden bereits geringste Mengen zur BSE-Infektion führen. Dann sagt er zur Spezies-Barriere – einer Barriere, an der die Übertragung von einer Rasse, einer Gattung eines Rindes zu einer anderen, aber auch vom Rind zum Menschen gegeben ist – wortwörtlich: "Als Worst-case-Szenario könnte man sagen", diese Spezies-Barriere "existiert überhaupt nicht". – Damit sagt er, BSE, die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit kann von jedem Tier zu jedem Tier, von jedem Menschen zu jedem Menschen übertragen werden!

Das lesen Millionen Menschen von einem europaweit renommierten Wissenschafter. Und nichts weiß er! Aber Sie applaudieren ihm, und Sie halten sich ihn. Er sagt weiters:

"Eine wesentliche Rolle spielt die vorhandene oder fehlende Spezies-Barriere natürlich bei der Übertragung auf Tiere, die auf den Tisch des Menschen gelangen. Generell sind laut Budka alle Tiere als Nahrungsmittel potenziell gefährlich." Er sagt außerdem: "Aber, was immer man auch isst, kann vergiftet, bakteriell oder viral verunreinigt sein." – Das lese ich hier unter anderem in einer österreichischen Ärztezeitung, dem "ärztemagazin".

Das gibt er überall zum Besten, und niemand von der linken Reichshälfte macht sich Gedanken, ob da nicht ein Hintergrund dabei ist. Wir haben in Österreich keinen einzigen BSE-Fall. Wir haben in Österreich keinen einzigen Fall der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Aber in Österreich erleidet jede Viertelstunde ein Mensch einen Herzinfarkt, und niemand regt sich darüber auf! Zwei Jahrtausende lang hat niemand BSE und Creutzfeldt-Jakob der neuen Variante gehabt – aber alles spricht darüber, und der ganze Fleischmarkt bricht zusammen. Und Sie laben sich daran, anstatt Verantwortung mitzutragen! (Abg. Auer: Genauso ist es! Schändlich!)

Jetzt haben wir so viele Maßnahmen ergriffen, dass das Infektionsrisiko, wenn man jetzt Rindfleisch oder rindfleischhältige Produkte isst, praktisch null ist. Wenn jemand BSE in sich trägt, dann hat er jetzt das Problem schon gegessen, dann war es in den vergangenen Jahren – in den Jahren übrigens, in denen die SPÖ in der Regierung war. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

22.29

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir haben heute schon stundenlang von der Verunsicherung der Bevölkerung gehört. Meine Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie haben bei Gott einen großen Beitrag zu dieser Verunsicherung geleistet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die letzten Tage waren von nichts anderem als Panikmache und Verunsicherung geprägt, anstatt dass Sie zu Information und zu Aufklärung zurückgekehrt wären. Aber anscheinend hat man in den Reihen der SPÖ vergessen, dass das Gesundheitsministerium jahrzehntelang von SPÖ-Ministern geführt wurde; ich erinnere hier nur an Krammer und Prammer. Ich bin auch etwas irritiert davon, dass sogar der frühere Landesrat von Niederösterreich, der für Tierschutz und Gesundheit zuständig war – nämlich du, lieber Hannes Bauer! –, das vergessen hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube, wir haben über diese Dinge heute schon sehr viel debattiert. Was aber in der Diskussion zu kurz gekommen ist, ist die Frage: Wie schaffen wir es, das Vertrauen der Konsumenten in die österreichischen Produkte wieder zu festigen? Wie schaffen wir es, das Bewusstsein zu stärken, dass gute Qualität auch ihren Preis wert ist?


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56. Sitzung / Seite 230

Da helfen uns alle Ihre Entschließungsanträge nicht – ich glaube, am Vormittag waren es elf an der Zahl. (Abg. Gradwohl: O ja!) Kein einziges Problem kann dadurch gelöst werden. Probleme löst man so, wie es die Regierung vorzeigt. (Abg. Silhavy: Warnung des Bundesministeriums!) Ich denke hier an Häupl, nein, an Haupt (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der SPÖ), an Molterer oder an den Staatssekretär, die gezeigt haben, wie Maßnahmen zu setzen sind, wie Maßnahmen schnell ergriffen werden können. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich denke hier an den Agrarministerrat diese Woche, am Montag. Ich denke auch an die Planung der Ernährungssicherungsagentur, die aus meiner Sicht als Konsumentenschutzsprecherin eine sehr wertvolle Aufgabe übernehmen kann und die so schnell wie möglich umgesetzt werden sollte. Insbesondere mit der Ernährungssicherungsagentur wird es uns gelingen, hinsichtlich der Lebensmittel noch mehr Transparenz zu schaffen, vom Feld beziehungsweise vom Stall bis hin zum Tisch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betreiben Sie nicht weiterhin Panikmache, sondern arbeiten Sie konstruktiv an Lösungen mit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zu den einzelnen jeweils getrennt vorzunehmenden Abstimmungen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rindfleisch-Etikettierungsgesetz und das Lebensmittelgesetz geändert werden.

Dazu hat Frau Abgeordnete Anna Huber ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Ich komme zur getrennten Abstimmung über Artikel I in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel II in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung erteilen, dies zu bekunden. – Auch dies ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet. Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit in dritter Lesung angenommen.

Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein geändert wird, samt Titel und Eingang.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.


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56. Sitzung / Seite 231

Um ein entsprechendes Zeichen ersuche ich auch im Zuge der dritten Lesung. – Ich stelle fest, dass diese Vorlage auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend ein Verbot von Knochenmehl bei Nahrungsergänzungsmitteln.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dieses Verbot votieren wollen, dies zu bekunden. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 462 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 463 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier im Fall der Zustimmung um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

In gleicher Weise stimmen wir ab über den Antrag, den Bericht 464 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein Zeichen im Fall Ihrer Zustimmung. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, den Bericht des Ausschusses 465 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit angenommen ist.

Wir stimmen ab über die dem Ausschussbericht 465 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen. (E 57.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 466 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle des Einverständnisses um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 467 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass auch dieser Antrag mehrheitlich angenommen ist.

Damit haben wir diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 341/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird (459 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 21. Punkt der Tagesordnung.


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56. Sitzung / Seite 232

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

22.37

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Ausgangspunkt für diese Gesetzesänderung ist eigentlich ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Sehr verkürzt gesagt, wird mehr Markt im Bereich der öffentlichen Apotheken verlangt. Das wäre eigentlich aus gesundheitspolitischen Gesichtspunkten recht unaufgeregt zu regeln. Aber, meine Damen und Herren, es gibt eine Art Goldgräberstimmung im Gesundheitsbereich, ausgelöst durch die unsoziale Regierungspolitik – ich nenne als Beispiel die Ambulanzgebühren. In dieser Goldgräberstimmung, die auch viele Ärzte erfasst hat, wittern viele gute Geschäfte beim Verkauf von Medikamenten.

Meine Damen und Herren! Diese Art von Ärzten hat in Klubobmann Khol einen sehr willigen Ansprechpartner gefunden. Er hat auch gewittert, dass er Hausapotheken führenden Hausärzten in Tiroler Tälern einreden kann, dass er der Retter der Hausapotheken ist, obwohl ja niemand Hausapotheken in ländlichen Gebieten in Frage stellt.

Klubobmann Westenthaler, ohnehin in völliger Unkenntnis von Gesundheitspolitik, war natürlich bei dieser Sache dabei. (Abg. Dr. Rasinger: Ich habe geglaubt, Sie haben zugestimmt!) So haben dann die Regierungsfraktionen gegen jegliche gesundheitspolitische Vernunft eine Lösung durchdrücken wollen, die die Arzneimittelversorgung nachhaltig beschädigt hätte – also ein Schaden für die Bevölkerung und ein Nutzen für die Goldgräber. (Abg. Dr. Rasinger: Waren Sie jetzt dafür oder dagegen?)

Kollege Rasinger – eine der größten Enttäuschungen in diesem Zusammenhang! Nur durch den Widerstand und die Hartnäckigkeit der SPÖ-Fraktion und der Grünen (Abg. Ing. Westenthaler: Es wird auch Zeit, dass du ins Bett kommst!) ist eine Nachdenkpause und letztlich eine Kammer-Einigung erreicht worden, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Rasinger: Wer hat dir diese Rede geschrieben?) Aber freuen Sie sich nicht zu früh, Kollege Rasinger! Ein Schönheitspreis kann für diese Lösung nicht vergeben werden, Kollege Rasinger, denn die jungen Pharmazeuten werden auf dem Altar der Goldgräber geopfert.

Meine Damen und Herren! Ich nehme Kollegin Hakl ein ehrliches Bemühen ab. (Abg. Dr. Rasinger: Habt ihr im Ausschuss zugestimmt?) Sie hat im Ausschuss gemeint, Hausapotheken sichern den Ärzten das wirtschaftliche Überleben auf dem Land. Meine Damen und Herren, genau das ist ja gesundheitspolitisch das Falsche! Geschäfte machen, Kollegin Hakl, verträgt sich eben nicht mit der Arzneimittelversorgung, das ist das Entscheidende. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Redners –: Primitiver Vulgärmarxismus!)

Meine Damen und Herren! Man sollte generell über eine Reform nachdenken. Es ist nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn beispielsweise der Nachredner mit seiner Hausapotheke 7 Millionen, 8 Millionen oder 9 Millionen Schilling pro Jahr umsetzt. Das kann auch gesundheitspolitisch nicht der richtige Weg sein.

Meine Damen und Herren! Der wohl einzige Lichtblick in dieser ganzen Sache ist der Staatssekretär. Er hat – ich weiß nicht, ob ganz freiwillig – letztendlich das Primat der öffentlichen Apotheke festgestellt – darauf kommt es der sozialdemokratischen Fraktion an – und dass die Hausapotheke beim Arzt eine Hilfskonstruktion ist! Das ist logisch und klar, und das hat auch viele Vorteile. Ich nenne hier das Vier-Augen-Prinzip, die Arzneimittelsicherheit und die durchgehenden Nachtdienste.

Meine Damen und Herren! Nur deshalb ist es der SPÖ-Fraktion möglich, bei dieser Gesetzesänderung mitzutun. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

22.40


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56. Sitzung / Seite 233

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Er hat das Wort.

22.40

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schwierig war es, dass wir heute hier stehen und eine Lösung anbieten können, mit der alle Betroffenen zufrieden sein können, vor allem 2 Millionen Menschen auf dem Lande. Ich bedanke mich daher herzlich beim Herrn Staatssekretär, der mit seinem Team in den Verhandlungen ein Sitzvermögen und eine Geduld an den Tag legte, wie ich es bisher noch nicht beobachtet habe. Herr Staatssekretär, vielen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Hoch! Vivat!)

Mit der Unterstützung von Bundesminister Haupt ist es gelungen, in stunden-, nächte-, ja wochenlangen Verhandlungen die Streitparteien, zwei Interessenvertretungen, an einen Tisch zu bringen. Es war notwendig, weil die Zeit drängte, einen Initiativantrag einzubringen. Daher kann ich nicht sagen, Khol ist der Retter der Hausapotheker. Khol – Westenthaler, Westenthaler – Khol, von beiden wurde mit beiden Präsidenten der Kammern gesprochen. – Gleich, gleich, mit dem Applaus noch ein bisschen warten! Es wird gut sein für sie beide, denn sie haben es sich verdient, dass wir applaudieren! (Beifall der Abgeordneten Haigermoser und Schwarzenberger. )

Sie haben die Initiative gesetzt. Wäre das nicht geschehen, dann wären in kürzester Zeit Hunderte Hausapotheker und Hunderte Apotheker in einem gesetzesfreien Raum gestanden, ein Tohuwabohu wäre entstanden, und die Versorgung mit Arzneimitteln und auch die medizinische Versorgung auf dem Land wäre in großen Regionen, in großen Gebieten zusammengebrochen. (Abg. Achatz: Kollege Krüger hat schon ...!) Daher ist es gelungen, ... (Abg. Ing. Westenthaler: Das war ein Verdienst von Krüger!)

Es waren Teile der FPÖ – und ganz wesentlich Herr Kollege Krüger – Frühwarner. Angesichts der Regelung von damals – 1997, 1998 –, die die SPÖ zusammenzimmerte, warnte er schon und sagte: Das wird niemals halten. (Abg. Schwemlein: Du hast eh nicht ...!) Ich verspreche euch, der Verfassungsgerichtshof wird es euch zurückschmettern.

Was war die Folge? – Es ist so eingetreten. (Abg. Haigermoser: Husch-pfusch! Nur gut, dass sie nicht mehr in der Regierung sind!) Wir Freiheitlichen haben das damals schon erkannt. Jetzt ist eine Lösung da, Nägel mit Köpfen wurden gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kräuter stand hier vor mir als Vorredner, als Erstredner der SPÖ (Abg. Schwemlein: Als Nachredner kann er nicht vor Ihnen dort stehen!), und wusste nicht mehr, wie er seine ehemalige Linie hier noch verteidigen sollte. Geschrien haben Sie Zeter und Mordio, gemeinsam mit vielen Apothekern und mit manchen Ärzten, angesichts dessen, was die Regierungsparteien hier "verbrechen" werden! Sie fahren drüber über die Apotheker, haben Sie gesagt. – Nichts ist gewesen!

Ordentlich verhandelt haben wir, ein ordentliches Ergebnis haben wir zustande gebracht. Die Apotheker sind zufrieden, die Ärzte sind zufrieden, 2 Millionen Patienten sind zufrieden, der Herr Staatssekretär ist zufrieden – und ich glaube, Herr Präsident Fischer auch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Nur der Kräuter ist nicht zufrieden! Weil er ein Vulgärmarxist ist!)

22.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

22.44

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Fast habe ich mir gedacht, es wird eine sehr langweilige Debatte


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56. Sitzung / Seite 234

werden, wir werden alle einschlafen, weil der Beschluss im Ausschuss ja einstimmig gefasst wurde.

Herr Kräuter! Ich glaube, ich bin in einer gesundheitspolitischen Geisterfahrerstunde. Was Sie da erzählt haben – "Goldgräber", "Geschäftemacherei": Wo waren Sie eigentlich im Ausschuss? Haben Sie mitgestimmt? (Abg. Dr. Khol: Bei Karl Marx hat er gelesen!) Haben Sie geschlafen? – Eines kann ich Ihnen sagen: Wir werden das den Ärzten sagen. Ich finde, es ist ein starkes Stück, eine bessere Versorgung für die ländliche Bevölkerung als "Goldgräberei" und "Geschäftemacherei" zu verkaufen. Ich finde das nicht korrekt von Ihnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Sie haben es heute vom Saulus zum Paulus und wieder zurück zum Saulus geschafft – eine große Leistung!

Abgeordneter Lackner, seit kurzem Gesundheitssprecher, hat im Ausschuss davon gesprochen, dass es fast eine Erpressung war; fast eine Erpressung sei der Antrag von Khol und Westenthaler gewesen. Jawohl, Gott sei Dank ist jetzt etwas weitergegangen! Ein jahrelanger Streit wird heute auch mit Ihrer Stimme – offensichtlich widerwillig – beendet. Danke den Klubobleuten Khol und Westenthaler, dass etwas weitergegangen ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu dieser Märchenbildung von "Erpressung": Die Apotheker und die Ärzte haben sich, vertreten durch ihre Präsidenten, ausdrücklich beim Herrn Staatssekretär und bei mir für das Verhandlungsklima bedankt, auch wenn es sehr lange gedauert hat und sehr mühsam war. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Von Lobbyismus kann da keine Rede sein, weil der Herr Staatssekretär Radiologe ist und keine Hausapotheke hat. Ich bin in Wien tätig, im 12. Bezirk, in einem Arbeiterbezirk, und habe auch keine Hausapotheke.

Aber eines muss klar sein – und da möchte ich Ihnen eine kleine gesundheitspolitische Nachhilfestunde geben –: Im dünn besiedelten ländlichen Gebiet ist die Hausapotheke einfach vorrangig. Das haben die Apotheker auch akzeptiert. Warum, Herr Kräuter? – Hätten Sie es nur gesagt, warum (Abg. Dr. Kräuter: Habe ich eh gesagt!): weil etwa ältere Patienten oder Frauen ohne Auto große Probleme haben, zu Medikamenten zu kommen. Für die sind Sie offensichtlich nicht da! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Was verdienen die Ärzte mit der Hausapotheke?)

Herr Minister Löschnak und Frau Ministerin Hostasch haben zwar schon viele Versuche gemacht – Sie haben überhaupt keinen Finger gerührt, Ihnen wäre das Schicksal dieser Menschen völlig Wurscht gewesen, auch, ob sie in der Nacht ein Medikament bekommen oder nicht; alle brauchen bei Ihnen ein Auto! –, diese beiden Minister haben sich bemüht, nur ist es immer gescheitert, weil immer geklagt wurde. Es wurde alles, alles geklagt: Apotheker gegen Apotheker – das haben Sie überhaupt verschwiegen: "Goldgräber" gegen "Goldgräber" –, Ärzte gegen Apotheker. Es war keine Lösung zu bekommen. (Abg. Haigermoser: Goldgräber gegen Diamantensucher!)

Erst durch den Antrag von Khol und Westenthaler ist es jetzt dankenswerterweise zu einer Regelung gekommen, und zwar in einer Art, dass alle damit leben können. Alle stimmen zu, sogar Sie als Saulus, die Apotheker und Ärzte sind zufrieden. 500 Hausapotheken wären bedroht gewesen – jetzt sind es weniger –, keine einzige Apotheke wird geschlossen. Zeigen Sie mir eine Reform, die Sie zusammengebracht hätten und die genauso hervorragend gewesen wäre! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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56. Sitzung / Seite 235

22.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Grünewald verzichtet nicht auf seine Hausapotheke! – Abg. Ing. Westenthaler: Er ist schon ganz begeistert, der Grünewald! – Abg. Dr. Grünewald  – auf dem Weg zum Rednerpult –: So ist es! Wenn ich Sie anschaue, besonders!)

22.48

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Engagement von Klubobmann Khol für einige wenige Ärztinnen und Ärzte – es sind weniger als 1 Prozent aller Niedergelassenen (Abg. Dr. Stummvoll: Für Tausende Patienten!)  – hat fast, und das hat mich so überrascht und interessiert, planwirtschaftliche Züge angenommen. (Abg. Schwarzenberger: Hunderttausende Patienten!)

Wenn ich jetzt überlege, wie vehement die ÖVP Prinzipien der freien Marktwirtschaft vertreten hat (Abg. Dr. Khol: Nie!), geheiligte Prinzipien ... (Abg. Dr. Khol: Soziale Marktwirtschaft! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Den Eindruck habe ich aber immer weniger, muss ich sagen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die geheiligten Prinzipien der Berufsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit und das belebende Element der Konkurrenz – und was haben Sie hier versucht? (Abg. Dr. Khol: Eine soziale Grenze!)  – Eine soziale Sache zu machen. (Abg. Dr. Khol: Dafür hat aber ein grüner Dozent kein Verständnis!) Der Einsatz betraf weniger als 1 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte! Sie wissen, dass die Zahl der öffentlichen Apotheken mit 1 100 kaum über jener der Hausapotheken mit 970 oder 950 – darüber kann man streiten – liegt.

Interessant war auch die Argumentation im Gesundheitsausschuss, wo man mich liebenswerterweise daran erinnert hat, ich sei doch Arzt, und zudem sei ich auch Tiroler. – Diese Erkenntnis war mir nicht neu. (Heiterkeit bei den Grünen.) Aber was man damals bewirken wollte, war, glaube ich, Folgendes. (Abg. Dr. Khol: Ein Erkenntnisprozess!) Man warf mir vor – elegant vielleicht, aber nicht so elegant, dass ich es nicht verstanden hätte –, durch meinen Einsatz für eine faire und allen gerechte Lösung würde ich ganze Landstriche "entärztlichen", und damit sei die Gefährdung der dort, in dünn besiedelten Gebieten, lebenden Patientinnen und Patienten extrem glaubwürdig. – So wurde argumentiert.

Ich verstehe Ärztinnen und Ärzte, die auf dem Land und in dünn besiedelten Gebieten leben, als eine Gruppe, die sehr hohen Leistungsanforderungen unterliegt und die sehr viel leistet. Die sind zu schützen! Wenn sich Ärztinnen und Ärzte in diesen Gebieten nicht niederlassen – wobei ich Ihnen aber schon sagen möchte, dass ich Österreich nicht mit der Sahelzone verwechseln würde –, dann wäre es Aufgabe der Gesundheitspolitik des Bundes, der Länder, Bezirke und Gemeinden, Anreize zu schaffen, damit sich Ärzte dort niederlassen. Wenn mir Qualitätssicherung im Gesundheitswesen etwas wert ist, muss sich das auch irgendwo in einem Budget ausdrücken. Natürlich kann ich Anreize schaffen! Oder haben Sie lieber keine Ärzte und Ärztinnen in diesen Gebieten? (Beifall bei den Grünen.)

Oder was hätten Sie gesagt, wenn ich gesagt hätte, dass einer, der sich dort niederlässt, so arm sei, dass er ohne Apotheke nicht leben könne und daher auch gleich noch das Berufsbild des Bandagisten, des Buchhändlers, des Maklers und des Tourismusmanagers mit übernehmen solle? Natürlich, dann wäre das Problem auch gelöst! Ich finde das aber nicht gut. Ich finde die jetzige Lösung wesentlich besser.

Sie sollten aber schon auch wissen, dass öffentliche Apotheken in Österreich 11 000 Bedienstete haben. Es gibt 15 000 niedergelassene Ärzte, ein Prozent davon hat Hausapotheken, und einige Promille von ihnen werden wahrscheinlich in absehbarer Zeit schließen müssen. Die werden Lösungen finden.

Das heißt, wir haben es geschafft, eine faire und gerechte Lösung zustande zu bringen. Wie das Vorfeld war, wie ein Vorfeld sein kann, darüber habe ich mir zu meiner Schande oder Ehre früher nicht diese Gedanken gemacht, wie sie mir jetzt gekommen sind, und die, sage ich Ihnen, sind ernüchternd, auch wenn das Resultat gut ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. – Bitte.

22.52

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Damit das Mögliche entsteht, muss ständig das Unmögliche versucht werden.


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56. Sitzung / Seite 236

Wir haben gehört, die Apothekerkammer und die Ärztekammer haben sich geeinigt, alle haben mitgewirkt, sogar die Opposition will diesem Gesetzesantrag zustimmen, weil sie nämlich auch Mitverursacher war, dass es überhaupt dazu kommen muss. Nur mein lieber Bezirkskollege Kräuter muss wieder Polemik betreiben mit einer Unsachlichkeit sondergleichen, die wirklich für sich spricht. (Abg. Dr. Rasinger: Hängt die Goldgräber!) Bitte? Goldgräber, für ihn vielleicht, aber ich bin kein Goldgräber, nein! (Abg. Dr. Rasinger: Sonntagsfahrer!) Wenn schon, dann Sonne, Herr Kollege, nicht Goldgräber. Okay?

Es gibt drei grundsätzliche Dinge in der Medikamentenversorgung: Im Mittelpunkt der Betrachtung, egal ob von Seiten des Arztes oder der Apotheker, muss die Gesundheit der Menschen stehen. Jeder Mensch hat bei Krankheit Anspruch auf eine bestmögliche Behandlung. Die Heilung erfährt der Kranke durch das Heilmittel.

Meine Damen und Herren! Damit Sie auch ein bisschen über die Größenordnungen Bescheid wissen: 1999 gaben 1 111 öffentliche Apotheken und 976 Hausapotheken 81 Millionen Medikamentenpackungen ab. Man sieht, dass beide Funktionen sehr wichtig sind, vor allem im ländlichen Raum – mein Kollege Pumberger hat das schon gesagt – natürlich die Hausapotheken. Wir Freiheitlichen werden diesem Gesetz zustimmen, nicht weil die Ärztekammer und die Apothekerkammer es auch wollen, sondern weil wir für eine flächendeckende, optimale Medikamentenversorgung für die Patienten eintreten. Das ist unser Ziel! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich freue mich jedoch, dass es unserem Herrn Staatssekretär trotz langwieriger Verhandlungen schließlich gelungen ist, die Kammern zu einigen. Vielleicht wird der Herr Ärztekammerpräsident sich für eine Aussage, die im heutigen "Kurier" steht, entschuldigen oder sie revidieren – ich zitiere –: Das erste schwarz-blaue Jahr habe ohne Gesundheitspolitik stattgefunden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Sie klatschen, meine Damen und Herren! Das sehe ich absolut nicht so. Ich muss das schon klarstellen. Der Herr Kollege sprach zuerst von "Goldgräbern". Waren dem Herrn Ärztekammerpräsidenten die Verhandlungsergebnisse zu schlecht, kann er sie gegenüber seinen eigenen Ärzten nicht vertreten, oder trifft er diese Aussage, weil er unter wirtschaftlichem Druck steht, oder ist das schon die Wiener Wahl? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Ich fordere einen Standesvertreter der Ärzte dazu auf, gesamtheitlich für die Patienten zu denken, denn diese Standespolitik, die er hiermit betreibt, die darf nicht im Vordergrund stehen. Da kann ich nur sagen: Gute Nacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

22.56

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! 15 Jahre lang hat man gerungen, um eine Lösung für die Bevölkerung, für die Menschen unseres Landes zu finden. Mit der jetzigen Regelung ist es gelungen, eine Gesundheitsversorgung des gesamten Landes bis hinein in die letzten Täler und Orte zu sichern und so auch eine für Behinderte, für alte Menschen wirklich gediegene Lösung zu finden.

Ich danke hier insbesondere dem Herrn Staatssekretär, der mit meinem Kollegen Rasinger dieses Paket sehr umsichtig verhandelt hat. Ich bedanke mich auch bei den beiden Präsidenten der Ärztekammer und Apothekerkammer, die letztendlich doch eingesehen haben, dass ihre Aufgabe nicht Lobbyismus ist, sondern die Versorgung unseres Landes. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Gesetz auch in Zukunft halten wird, was ja bei Regelungen in der Vergangenheit nicht der Fall war. Es ist uns in der Vergangenheit mit der SPÖ nicht gelungen, ein wirklich tragfähiges Gesetz zu schaffen. Es wurde immer wieder vom Verfassungsgerichtshof angefochten. Jetzt aber ist es gelungen!

Ich danke auch der Initialzündung durch den Initiativantrag der beiden Klubobmänner Westenthaler und Khol. (Abg. Silhavy: Sehr brav!) Wir sind jetzt sicherlich sehr glücklich, denn wir


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56. Sitzung / Seite 237

haben bis hinein in die letzten Täler eine Versorgung mit Medikamenten und mit Ärzten. Sie vergessen vielleicht manchmal, und auch du, lieber Kurt, mein lieber Freund – ich habe auch keine Hausapotheke, das weißt du –, weißt ganz genau, dass manche Ärzte in entlegenen Tälern und Ortschaften nicht existieren könnten, wenn sie nicht eine Hausapotheke hätten.

Du sagst natürlich, man könnte das über staatliche Regelungen entsprechend abgelten. Ich bin aber doch eher dafür, dass es so gelöst wird. (Abg. Dr. Kostelka: Das glaub’ ich!) Unter 5 500 zu versorgenden Personen trägt sich eine öffentliche Apotheke nicht, das weiß man. Ich habe kürzlich mit Apothekern darüber gesprochen. Daher ist meine Meinung, dass diese Lösung die beste und die günstigste ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl zu Wort. – Bitte.

22.58

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte mich eigentlich gerade streichen lassen, weil es schon so spät ist. (Abg. Dr. Khol: Ja! – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Aber auf Grund des nicht vorhandenen Konsenses und weil ich direkt angesprochen wurde, muss ich ganz kurz etwas sagen. Herr Dr. Kräuter! Soll ich Ihnen noch einmal erklären, worum es geht? (Abg. Dr. Khol: Nein, er wird es nicht verstehen! – Weitere Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Nein! Nein!)

Es ist jedenfalls schade, dass es auch heute wieder jemanden gegeben hat, der nur Lobbyistenmeinungen vertreten hat. Den Regierungsparteien ist es um etwas anderes gegangen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

22.59

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf an die Genesis dieser Materie erinnern. Ursprünglich war die gesetzliche Regelung die, dass eine neue Apotheke, wenn sie eröffnen wollte, ein Versorgungspotential von 5 500 zu versorgenden Personen haben musste. Gleichzeitig durfte eine andere Apotheke nicht unter diesen Versorgungsstand fallen.

Der Verfassungsgerichtshof hat Teile dieser Bestimmungen aufgehoben, nämlich jene Bestimmungen, die vorgesehen haben, dass eine Apotheke mindestens 5 500 zu versorgende Personen nachzuweisen hat. Daraufhin ist es zu einer "Bedrohung" – unter Anführungszeichen – der ärztlichen Hausapotheken gekommen, und im Jahr 1998 hat Frau Ministerin Hostasch eine Übergangsregelung für zehn Jahre geschaffen, wonach die ärztlichen Hausapotheken in diesem Zeitraum auf jeden Fall noch bestehen bleiben dürfen.

Ich bin damals hier zum Rednerpult getreten und habe Frau Hostasch prophezeit – das ist nachzulesen, ich habe das Protokoll hier –, dass diese Regelung einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standhalten wird. Der Verfassungsgerichtshof hat prompt ein Prüfungsverfahren eingeleitet, einen Beschluss gefasst und wird sicher in der individuellen Betrachtung oder Behandlung nicht von den verfassungsrechtlichen Bedenken abgehen.

Es ist richtig, dass durch diesen gemeinsamen Antrag Bewegung in die Sache gekommen ist, das möchte ich nicht verhehlen. Es ist eigentlich ein parlamentarisches Glanzstück, und da ist allen zu danken, dass es zu dieser einvernehmlichen Regelung gekommen ist, die alle zufrieden stellt: die Ärzteschaft, die Apothekerschaft und alle parlamentarischen Parteien. Es ist dem Herrn Staatssekretär sehr zu danken. Eine großartige Verhandlungsleistung wurde hier geboten,


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56. Sitzung / Seite 238

er hat das Unmögliche möglich gemacht, die Quadratur des Kreises. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend einen Gedanken: Natürlich muss es im Gesundheitswesen bei der Abgabe von Medikamenten aus meiner Sicht bei einer Gewaltenteilung bleiben. Das ist vollkommen richtig, denn die verordnende Stelle soll nicht gleichzeitig die Stelle sein, die an der Arzneimittelabgabe verdient. Das ist eine klassische Unvereinbarkeit. Insoweit kann ich manchen Gedanken, die so durchgedrungen sind, bezüglich einer allgemeinen Dispensier-Regelung der Ärzteschaft nichts abgewinnen. Es sollte bei dieser Gewaltenteilung bleiben, aber ich verkenne nicht, dass es bei ärztlichen Kleinstrukturen notwendig ist, diese Strukturen im Interesse der mit Arzneimitteln zu versorgenden Bevölkerung, im Interesse der ländlichen Bevölkerung zu erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Insoweit besteht zwar das Primat der öffentlichen Apotheke grundsätzlich zu Recht, aber in ländlichen Kleinstrukturen ist es durchaus zulässig, diese ärztlichen Apotheken in diesem Ausmaß aufrechtzuerhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.0


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56. Sitzung / Seite 239

2

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 459 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in zweiter Lesung für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung im Sinne des § 66 Abs. 1 GOG. – Ich stelle fest: Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung mit großer Mehrheit angenommen.

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 222/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg (362 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 272/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Vorlage eines umfassenden Drogenberichtes über das Jahr 1999 an das Parlament (365 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 223/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe (363 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 250/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung von barriere-freiem Zugang zu Arztpraxen (364 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 22 bis 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

23.04

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lassen Sie mich noch einen Satz zur vorangegangenen Debatte sagen. Wenn ich mir überlege, wie die Regierungsparteien immer argumentieren, wie aggressiv sie zum Teil agieren, dann möchte ich mich sehr herzlich bei Kollegen Rasinger für seine Ehrlichkeit bedanken, denn er hat zugegeben, dass sie mit erpresserischen Methoden arbeiten. Danke, Herr Rasinger! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Wieso? Lackner hat das gesagt! – Abg. Ing. Westenthaler: Wenn das so weitergeht, kann ich nicht einschlafen! – Abg. Haigermoser: Ordnungsruf! – Abg. Ing. Westenthaler: Das verdient einen Ordnungsruf!)

Die Tagesordnungspunkte 22 bis 25, die wir in diesem Block behandeln, werden von den Regierungsparteien allesamt auf eine Art und Weise behandelt: Sie wischen sie mit einem Handstrich, mit einem negativen Ausschussbericht vom Tisch. (Abg. Dr. Khol: Warum gibt es keinen Ordnungsruf?!)

Bei der Berufsausbildung für die medizinisch-technischen Dienste, bei den Berufsreformen für Heilmasseure, Sanitäter oder auch zahnärztliche Assistentinnen sind Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, voll auf die Bremse gestiegen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich werde heute nicht einschlafen können!) Sie machen eine totale Blockadepolitik gegen notwendige Reformen bei den Gesundheitsberufen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ordnungsruf!)

Herr Kollege Westenthaler! Sie brauchen sich nicht aufzuregen. Wenn, dann müssen Sie sich bei Herrn Rasinger bedanken, er hat das in seinem Debattenbeitrag gesagt. (Abg. Haigermoser: Was soll denn das?) Sehr wohl! Sie werden es im Protokoll nachlesen können. (Abg. Dr. Rasinger: Lackner war es!) Aber warum sind Sie so nervös? Weil einer von Ihnen hier die Wahrheit sagt? Es ist doch kein Grund, gleich nervös zu werden, wenn die Wahrheit gesagt wird. Sie haben das letztes Mal schon gehört. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich werde heute nicht einschlafen können!) – Ach, es tut mir aber furchtbar Leid, wenn Sie eine schlaflose Nacht haben. Ich denke, Sie haben doch Kollegen in Ihren Reihen, die wissen, wo man schlaflose Nächte verbringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Angesichts dieses Verhaltens der Regierungsparteien kommt es mir wie ein Hohn vor, wenn ich heute auf der Homepage des Bundesministeriums in der Bilanz des Herrn Bundesministers nachlesen kann: "Taten zählen ... nicht Worte". Es heißt dann, dass der Bundesminister eine Lösung im Bereich des Sanitätergesetzes anstrebt. – Ich frage: Warum sind Sie dann bei unserem Antrag nicht mitgegangen, und warum haben Sie nicht zugestimmt?

Übrigens liest sich diese Homepage sowieso eher wie ein Witzblatt. Unter dem Punkt "Ambulanzgebühren" ist in dieser "100-Tage-Bilanz" zu lesen – ich zitiere: "Der Gesundheitsminister bedankte sich hier bei Staatssekretär Waneck für das Engagement eines gebührenfreien Ambulanzzuganges." – Meine Damen und Herren! Ich frage mich: Warum beschließen Sie das, wenn dann Ihr eigener Staatssekretär den Mist, den Sie da beschlossen haben, wieder wegbringen und wegräumen muss? Das ist schon eine sehr interessante Geschichte. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Vielleicht können Sie mir gleich eine kurze Antwort darauf geben: Ich habe gestern in der APA gelesen – und hier werden Sie zitiert –:


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56. Sitzung / Seite 240

"Die Sozialdemokraten hätten eine 28-Klassen-Medizin nach ständestaatlichem Vorbild hinterlassen." – Haben Sie das gesagt? (Staatssekretär Dr. Waneck: Das stimmt!) Das stimmt! (Abg. Haigermoser: Ist das ein Verhör?) Ich danke Ihnen vielmals, denn es ist schon interessant, dass der dafür zuständige Staatssekretär dieser Bundesregierung nicht einmal weiß, wie viele Krankenkassen es in Österreich gibt. (Abg. Neudeck: Zu viele!) Das wollte ich eigentlich hier bestätigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Jedenfalls hat der Herr Staatssekretär gesagt, das Ziel wäre, das Defizit der Krankenkassen nachhaltig wegzubringen. Aber Sie belasten die Krankenkassen mit einem Mehraufwand von 3 Milliarden Schilling. (Abg. Dr. Martin Graf: Frau Kollegin! Wie viele gibt es?)

23 – ich weiß es, im Gegensatz zu Ihnen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Sie haben nicht einmal eine Ahnung, wie viele Sozialversicherungsträger es gibt. Es ist besser, Sie sind ruhig, denn Sie verstehen nichts von diesem Thema.

Meine Damen und Herren! Der gesundheitspolitische Schleuderkurs dieser Bundesregierung gefährdet unsere gute Gesundheitsversorgung in Österreich. (Abg. Haigermoser: Haben Sie die Rede selbst geschrieben?) Sie versuchen, von der Unfähigkeit der Bundesregierung bei Lösungen, wo es um Finanzen geht, aber auch dort, wo es um Berufsbilder geht, abzulenken, indem Sie eine menschenverachtende Hetze auf einen Menschen loslassen, der eigentlich nur das macht, wozu ihn das Gesetz verpflichtet. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo bleibt der Ordnungsruf!) Er vertritt nämlich die Interessen der Versichertengemeinschaft. Ich meine damit Herrn Hans Sallmutter. Sie sollten sich schämen! Das ist einer österreichischen Bundesregierung nicht würdig. (Beifall bei der SPÖ.)

Und die 100-Tage-Bilanz Ihres Herrn Bundesministers – das können Sie ihm ausrichten – ist für ihn vernichtend. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Haigermoser. )

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Rasinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

23.09

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Frau Abgeordnete Silhavy hat uns vorgeworfen, dass wir "erpresserische Methoden" angewandt hätten, gesagt hätten. (Abg. Silhavy: Sie selbst haben das gesagt!)

Wahr ist vielmehr Folgendes: Im Gesundheitsausschuss hat Ihr Fraktionsführer Lackner gesagt, der Initiativantrag von Klubobmann Khol und Klubobmann Westenthaler grenze an Erpressung. – Dass ich das behauptet hätte, ist schlicht unwahr! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.  – Abg. Dr. Khol: Ordnungsruf! – Abg. Ing. Westenthaler: Ordnungsruf, Herr Präsident! Oder darf man "erpresserische Methoden" sagen? – Abg. Dr. Khol: Dürfen Sozialisten das sagen? – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Ing. Westenthaler. )

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Er hat das Wort.

23.10

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist dies keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine normale Wortmeldung, aber ich berichtige trotzdem tatsächlich: dass es nie, niemals erpresserische Methoden von Seiten irgendeines Abgeordneten oder eines Klubobmannes oder eines sonstwie den Regierungsparteien Nahestehenden gegeben hat. (Abg. Dr. Kostelka: Ha, das darf doch nicht wahr sein!) Diese miese Unterstellung weise ich im Namen meiner Fraktion und auch im Namen der Fraktion der ÖVP – wenn ich mir das erlauben darf – auf das Allerschärfste zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )


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56. Sitzung / Seite 241

Nun zur Abkanzelung der vorliegenden Oppositionsanträge. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. ) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tagesordnungspunkt 22 behandelt einen Antrag der Kollegin Pittermann, die nunmehr zur Drogenexpertin ernannt worden ist und ins Gesundheitsressort der Stadtgemeinde Wien übersiedelt ist. In diesem Antrag wird gefordert, dass für alle medizinischen Dienste über alle Bundesländergrenzen hinweg gleiche Ausbildungsmöglichkeiten unter gleichen Bedingungen geschaffen werden. Dieser Antrag ist völlig hinfällig, weil die Abgeordneten Pumberger und Leiner von den Regierungsparteien bereits am 6. Juli 2000 einen diesbezüglichen Antrag eingebracht haben. Dieser hat den Konsens aller Landesgesundheitsreferenten gefunden. Die Gesundheitsreferenten-Konferenz hat das zur Kenntnis genommen, und der Antrag wurde in die Artikel-15a-Verhandlungen aufgenommen. Somit ist dieser Antrag hinfällig. Das hätte Frau Kollegin Pittermann – schöne Grüße ins Wiener Rathaus – schon bei der Antragstellung wissen müssen. Das zum ersten Antrag.

Zum zweiten Antrag: In diesem fordert Herr Maier, der Konsumentenschützer der Nation, die Vorlage eines umfassenden Drogenberichtes über das Jahr 1999 – wenn er über jedes Jahr einen forderte, würde ich ja noch nichts sagen, aber nur über das Jahr 1999?

Es gibt bereits Drogenberichte vom ÖBIG und vom Bundesministerium. Daher glaube ich, dass ein zusätzlicher Bericht nicht notwendig ist. Wir haben im Ausschuss auch beschlossen, dass der EU-Drogenbericht, der für die EU gedacht, der der EU vorzulegen ist, auch dem Parlament zugeführt wird. Somit hat auch das Parlament eine ausreichende Information. Dass aber gerade Herr Kollege Maier, der einer völligen Liberalisierung der weichen Drogen nicht abgeneigt ist – gemeinsam mit den Grünen und mit der Gesundheitsstadträtin von Wien, Pittermann, die die Drogenproblematik noch immer nicht erkannt haben –, einen jährlichen Drogenbericht fordert, darin scheint mir eine gewisse Diskrepanz zu liegen.

Nun zum nächsten abzukanzelnden Punkt: ein Antrag von Frau Pittermann betreffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe. Dazu kann ich nur sagen, dass das Sanitätshilfsdienstgesetz bereits in Begutachtung und das MTD-, MTF-Gesetz in Arbeit ist. Die Frist, die von Frau Abgeordneter Pittermann gefordert wird – nämlich bis Ende des Jahres 2000 –, ist nicht einhaltbar. Der Antrag ist null und nichtig. Ich glaube, er wird deswegen auch diesmal keine Mehrheit finden.

Nun zum nächsten Punkt, es ist das Tagesordnungspunkt 25: Frau Kollegin Haidlmayr fordert die Schaffung von barrierefreiem Zugang zu Arztpraxen. Inhaltlich ist der Antrag nicht von der Hand zu weisen, aber das fällt in die Zuständigkeit der Länder. Ich habe hier auch bereits eine Information des Bundeslandes Vorarlberg, die besagt, dass in neuen Bauwerken für Arztpraxen bereits barrierefreie Zugänge zu schaffen sind und dass das Land Vorarlberg das bereits gemacht hat. Andere Bundesländer sind auf dem besten Weg dahin. Briefe vom Herrn Staatssekretär sind schon an die Bundesländer abgeschickt worden. Daher ist auch dieser Antrag bereits in Erledigung begriffen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass Behindertenpolitik eine überparteiliche Angelegenheit sein soll. Aber Herr Manfred Srb, der bei der Zeitschrift "Bizeps für Behinderte" tätig ist, schreibt über Herrn Bundesminister Haupt, weil dieser eine langjährige Forderung der österreichischen Behindertenorganisationen erfüllt hat, nämlich die eugenische Indikation aus dem Strafgesetzbuch zu streichen – ich zitiere –: Und wenn es ein Mann aus der FPÖ ist, der diese langjährige Forderung erfüllt, so werden wir damit leben müssen. – Meine Damen und Herren! Das stimmt mich ganz besonders traurig. (Abg. Schwemlein: Mich stimmen Ihre drei, vier Pensionen traurig!)

Hier werden die Interessen aller österreichischen Behindertenorganisationen erfüllt, und nur deshalb, weil es ein Bundesminister der Freiheitlichen Partei ist, sagen Sie: Damit müssen wir halt leben können. – Weil es Rot und Grün niemals geschafft haben, sich ordentlich für die Behinderten einzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.15


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56. Sitzung / Seite 242

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Sie hat das Wort.

23.15

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Pumberger, Sie wissen mehr als alle anderen in Österreich. Ich höre heute zum ersten Mal, dass die barrierefreien Arztpraxen bereits in Erledigung sind. Ich frage mich nur, wer da in Erledigung ist. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Pumberger! Sie wissen – nein, Sie wissen es nicht, denn sonst hätten Sie nicht Ihre Antwort gegeben –, Sie wissen eben nicht, Herr Pumberger, dass barrierefreie Arztpraxen nicht ausschließlich Sache der Länder sind, sondern dass das sehr wohl auch bei der Vergabe der Arztpraxen in den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen berücksichtigt werden könnte. Und das wird von den Ärzten verhindert.

Herr Staatssekretär! Bitte ersparen Sie mir und den anderen heute, dass Sie uns sagen, dass Sie dieses Problem kennen, dass Sie darüber Bescheid wissen und dass Sie etwas machen werden. Sie haben mir das schon drei- oder viermal gesagt. Getan haben Sie dezidiert nichts. Es gibt nichts, was Sie in dieser Angelegenheit auch nur in einer Zeile irgendwo publiziert hätten, in einer Zeile irgendwann irgendwo gefordert haben. Sie versuchen nur, behinderte Menschen zu vertrösten, auf die Gefahr hin – und das müsste Ihnen als Mediziner schon bewusst sein –, dass Sie durch Ihr Nichthandeln behinderten Menschen die ärztliche Behandlung verweigern. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Das stimmt nicht! Sie wissen besser als ich, dass das nicht stimmt!)

Herr Staatssekretär! Sie wissen, dass die Behandlung im Krankheitsfalle auch für behinderte Menschen ein Grundrecht ist, ein Grundrecht, das uns erfüllt werden muss und von dem Sie sich nicht verabschieden können. (Abg. Dr. Martin Graf: Was Sie sagen, stimmt nicht!) Deshalb noch einmal: Bereiten Sie bitte entsprechende gesetzliche Grundlagen vor, legen Sie diese diesem Haus zur Abstimmung vor, und verschieben Sie die Schaffung dieser lebensnotwendigen Voraussetzungen nicht noch um ein Jahr oder um Jahre. Da besteht Handlungsbedarf, und da sind Sie aufgefordert, zu handeln, und zwar rasch! (Beifall bei den Grünen.)

23.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Er hat das Wort.

23.18

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zwei Punkte, die ich ganz kurz anreißen möchte, um doch noch einmal auf die Gesundheitsberufe zurückzukommen: Herr Staatssekretär! Es ist uns ein ganz großes Anliegen, dass man hier doch Maßnahmen ergreift, und zwar möglichst schnell, denn unsere Versorgung in der Peripherie hinsichtlich der Gesundheitsberufe der Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten ist sehr mangelhaft. Das liegt auch an der Ausbildung.

Wenn sich heuer 5 000 junge Menschen angemeldet haben, um die Physiotherapieschule zu besuchen – oder jetzt eigentlich Akademie –, und nur 500 drangekommen sind, dann müssen wir doch daran denken, jetzt ganz schnell etwas zu unternehmen, denn sonst leisten wir hier der Jugendarbeitslosigkeit Vorschub. Da hat die sozialistische Partei und Regierung versagt. Das war ja immer in den Händen des Gesundheitsministeriums! (Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Ja selbstverständlich!) 20 Jahre hindurch hätte man hier etwas tun können! Jetzt wird aber etwas gemacht. Das wäre der erste Punkt.

Zweitens: Liberalisierung von Drogen. Von Herrn Mag. Maier, der jetzt nicht im Saal ist, wurde der Antrag gestellt, dass ein Bericht erstellt werden sollte. – Es werden ja zwei Berichte gemacht, einer vom Justizministerium und einer vom Innenministerium.


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56. Sitzung / Seite 243

In diesem Punkt ist gerade auch die grüne Partei angesprochen, von deren Seite es etwa die Aussage des Herrn Abgeordneten Brosz gibt: "Schon jetzt behauptet außer dubiosen FPÖ-Experten niemand, dass Cannabis eine körperliche Abhängigkeit hervorruft. Was soll dann therapiert werden? Bei Cannabis gibt es nur eine vernünftige Politik, die Legalisierung."

Das stimmt einfach nicht! Ich habe mich heute noch erkundigt, und zwar nicht nur bei einem, sondern bei mehreren Experten: Es gibt eine Abhängigkeit auch bei Cannabis, und es gibt vor allem auch entsprechende bleibende Schäden bei regelmäßigem Konsum, wie zum Beispiel die Wesensveränderung und das Amotivationssyndrom; in der Folge werden der Schulbesuch oder das Studium abgebrochen, weil diesen Patienten nichts mehr interessiert. Er ist lethargisch, richtige Psychosen mit Verwirrtheitszuständen treten intermittierend auf, und es kommt zu chronischen Bronchitiden, die in Asthmaanfälle übergehen. – Daher ist die Forderung nach Legalisierung von dieser Seite, da es ja um Menschen geht, ein Verbrechen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist ein Verbrechen, wenn man von Legalisierung spricht, obwohl Menschen damit krank gemacht werden, und wenn man alles daran setzt, das in der Gesellschaft durchzusetzen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich glaube, weder der vorherige Ausdruck "Erpressung" noch der Ausdruck "Verbrechen" sind für diese Debatte passend.

Wir gehen in der Rednerliste weiter. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

23.22

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ganz kurz zur unentgeltlichen Ausbildung für alle MTDs über die Bundesländergrenzen hinweg.

Wir haben diesen Antrag deshalb gestellt, weil bei einer Diskussion mit den MTDs, an welcher die Gesundheitssprecher aller Parteien teilgenommen haben, für dieses Anliegen sehr viel Verständnis aufgebracht wurde. Leider war die Realität dann anders, und der sozialdemokratische Antrag, in welchem es eigentlich um Gleichbehandlung geht, ist abgelehnt worden.

Wenn es keinen Ausbildungsplatz im eigenen Bundesland gibt, man in einem anderen Bundesland die Ausbildung macht und dann im Heimatbundesland keine Beschäftigung findet, dann muss man bis zu 360 000 S an Ausbildungskosten an das Land zurückzahlen. Meine Damen und Herren! So kann doch nicht vorgegangen werden!

Wir bedauern sehr, dass wir mit diesem Antrag nicht durchgekommen sind, und die MTDs werden sich darüber ein entsprechendes Bild machen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den Gesundheitsberufen hat meine Kollegin Silhavy schon sehr viel gesagt. Mit meinem Antrag betreffend die Lagerungs- und Stützverbandstechniker hatte ich etwas mehr Glück. Er wurde nur vertagt, und der Herr Staatssekretär hat ein Gespräch mit den Vertretern dieser Berufsgruppe versprochen, welches eine Woche nach dem Gesundheitsausschuss stattfand. Dieses Gespräch ist sehr konstruktiv verlaufen. Es wurde allerdings auch versprochen, dass wir noch im Jänner einen Vorschlag für eine Regelung bekommen, und auf diese Regelung warten wir noch. Ich hoffe aber trotzdem, dass das klappen wird, und bitte noch einmal sehr, sehr herzlich darum! Das ist nämlich ein von mir schon sehr lange verfolgtes Anliegen.

Und wenn Sie jetzt wieder sagen, dass wir ohnedies lange genug an der Regierung waren, dann erwidere ich: Ich habe einmal versucht, die ÖVP ins Boot zu holen. Kollege Rasinger wollte einen Entschließungsantrag mit mir mittragen, wurde aber von seinem Klub zurückgepfiffen und ist leider im Liegen umgefallen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Zum barrierefreien Zugang zu Arztpraxen: Ich denke, dass man es sich nicht so leicht machen sollte. Wenn ich die Diskussion im Gesundheitsausschuss Revue passieren lasse, dann kann


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56. Sitzung / Seite 244

ich sagen, dass das ein einziges Trauerspiel war, meine Damen und Herren! Ich schaue mir in der Josefstädter Straße manchmal die Zugänge zu Arztpraxen an. Es gibt zwar einen Lift, aber die Tür ist für Rollstuhlfahrer nicht zu öffnen, und es müssen erst Stufen erklommen werden, bis man zu diesem Lift kommt. Dabei wäre doch nichts dabei gewesen, noch dazu, da Kollegin Haidlmayr entsprechende Abänderungsvorschläge gebracht hat. Aber man hat gesagt: Ärzte machen auch Hausbesuche.

Es ging darum, dass man den freien Zugang zu Arztpraxen jetzt im Hinblick auf diese unselige Geschichte mit der Ambulanzgebühr besonders braucht. Frau Kollegin Povysil, eine sehr geschätzte Fachärztin, hat Kollegin Haidlmayr erklärt: Hausbesuche sind angesagt! – Den Doktor schaue ich mir an, der mit dem CT-Gerät im Tascherl einen Hausbesuch bei Frau Haidlmayr macht! So sollte man nicht diskutieren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wochesländer. Sie hat das Wort.

23.25

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, es ist spät, es ist aber nie zu spät, um auf wichtige Dinge nochmals einzugehen.

Dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend ist der von Frau Abgeordneter Haidlmayr eingebrachte Entschließungsantrag betreffend den barrierefreien Zugang zu Arztpraxen auch für mich von absoluter Bedeutung. Vom Gesetz her ist die Republik verpflichtet, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Bei aller Anstrengung zur Umsetzung dieses Artikels sind aber die natürlichen Gegebenheiten und zu Recht bestehende Ansprüche oft so unterschiedlich, dass es fast nicht möglich ist, eine Lösung zu finden, nach der wirklich alle gleich behandelt werden.

Gerade im Bereich der medizinischen Versorgung darf es keine Unterschiede geben. Dazu stehe ich selbstverständlich auch. Willentlich lässt sich zwar vieles klug konzipieren, die Umsetzung ist jedoch oft nur lückenhaft und schwer möglich.

Frau Haidlmayr ist jetzt nicht anwesend. Ich kann trotzdem versichern: Frau Haidlmayr und Kollegen! Ich bin bei Ihnen bei der Forderung nach barrierefreiem Zugang zu Arztpraxen, doch scheint es mir unmöglich, dies so zu verwirklichen, wie Ihnen das vorschwebt. Und die von Frau Haidlmayr im Gesundheitsausschuss gemachte Aussage, dass Ärzte, die dieser Forderung mit ihrer Praxis nicht entsprechen, gegen ihren hippokratischen Eid verstoßen, kann ich wirklich nicht mittragen!

Abgesehen von der Vielzahl der Auflagen, die für Praxiseröffnungen bestehen, ist die Auffindung einer passenden Lokalität gerade im städtischen Bereich oftmals mit extremen Schwierigkeiten verbunden. Handelt es sich nicht um Neubauten, so ist im Altbaubereich oftmals ein Umbau aus baubehördlichen Gründen überhaupt nicht möglich. Dass ein Arzt dann dort deswegen keine Praxis haben dürfte, verstehe ich nicht ganz!

Hinzu kommt, dass gerade im Krankenversicherersektor bereits Maßnahmen getroffen werden, um barrierefreie Arztpraxen zu fördern beziehungsweise durch die Reihung der Ärzte, die dies anbieten können, zu sichern.

Ich habe hier ein Schreiben der Vorarlberger Landesregierung, das ich Ihnen kurz vorlesen darf: Für die Ausführung neuer Arztpraxen sowie für größere Zu- und Umbauten bei Arztpraxen ist schon derzeit im § 39 der Vorarlberger Bautechnikverordnung festgelegt, dass sie so auszugestalten sind, dass sie für Behinderte benutzbar sind. – Sie sehen also, dass man wirklich versucht, hier Hilfestellung zu geben.

Tatsache ist, dass auch bei gänzlichem Fehlen privater Ordinationen mit barrierefreiem Zugang alte oder behinderte Menschen, egal, ob im städtischen oder ländlichen Bereich, trotzdem nicht


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56. Sitzung / Seite 245

ohne gesicherte medizinische Versorgung dastehen. Es besteht nämlich die Möglichkeit, entweder selbst oder mittels Krankentransports die Behandlung in einer Ambulanz oder einem Ambulatorium in Anspruch zu nehmen.

Im Ausschuss haben Sie, Frau Haidlmayr, als Begründung auch angeführt, dass das Ausweichen auf diese Einrichtungen in Hinkunft mit erheblichen Kosten verbunden sein wird. Ich bin sicher, dass auch bis zu Ihnen durchgedrungen ist, dass für chronisch Kranke ebenso wie für Behinderte Ausnahmeregelungen gelten werden.

Trotzdem bedarf es sicherlich noch einer Vielzahl von Verbesserungen und Regulierungen, um hier Gleichheit zu gewährleisten. Arztpraxen dürfen aber nicht vom Zusperren bedroht sein, wenn sie diesen Richtlinien nicht entsprechen. Und man kann auch nicht verlangen, dass Mehrheiten ihre Rechte den Wünschen von Minderheiten total unterordnen. Ich bin überzeugt davon, dass alte wie behinderte Menschen Hilfe gerne annehmen, ohne mit Sturheit zu verlangen, dass die Umwelt für sie völlig neu errichtet oder umgestaltet wird.

Ich hoffe daher, dass mit Verständnis füreinander ein respektvolles Miteinander entsteht. Wenn Frau Haidlmayr und ihre Freundinnen und Freunde und auch Sie, Frau Reitsamer, das nicht so sehen, dann kann ich Ihnen nur mit einem abgewandelten Zitat antworten. Es heißt: Es dem lieben Gott recht zu machen, ist schwierig. Es aber Frau Haidlmayr und ihren KollegInnen und eventuell auch Frau Reitsamer recht zu machen, ist eher unmöglich. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Das ist ja so witzig! – Abg. Eder: Das ist völlig unnötig! Das ist jämmerlich!)

23.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

23.30

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe jetzt wieder einmal eine neue Erfahrung machen dürfen, wie einfach Politik ist, und Sie haben mir da wirklich mehrfach etwas erklären können!

Es gibt verschiedene Anträge mit Wünschen betreffend Gesundheitsberufe, ihre Vertretungsorgane und möglichst kostendeckende Ausbildung ohne Beiträge der Betroffenen und vieles andere mehr. Im Gesundheitsausschuss war Ihre Antwort immer, wenn etwas gekommen ist – egal, ob von Rot oder Grün –: Das ist schon in der Schublade, das wird gerade gemacht, das brauchen wir nicht anzunehmen! – Ich habe Ihnen einmal den Vorschlag gemacht, dass Sie zeigen könnten, wie schnell Sie in der Regierung sind, indem Sie unsere Vorschläge annehmen, sie mitbeschließen und dann die Woche darauf schon mit dem Gesetz ins Parlament kommen. – Das haben Sie nicht getan.

Kollege Pumberger! Ich verlange nicht, dass all das, was von Ihnen schon getan wurde, plakatiert und übers Fernsehen verlautbart wird. Ich würde aber doch gerne von Ihnen persönlich im Ausschuss einmal hören, was alles schon in der Schublade ist und wie das ausschaut. Oder handeln Sie hier mit Überraschungseiern? Das ist doch eher etwas für Kleinkinder! Informieren Sie uns also bitte im Ausschuss darüber, was Sie alles Gutes tun! Oder machen Sie uns etwas vor? – Der Heilige Vater, der Papst – oder wie Sie ihn nennen wollen –, hat einmal die Meinung vertreten, dass Österreich eine "Insel der Seligen" ist. – Um diesen Beweis anzutreten, schauen Sie mir aber zu wenig wie ein Insulaner aus, daher kann da etwas nicht stimmen!

Ich würde Sie bitten, auch über Gesundheitsberufe zu reden, die außerhalb der akademischen Gesundheitsberufe liegen. Diese sind in einer überwiegenden Mehrheit. Wir haben zirka 30 000 Ärztinnen und Ärzte, ein paar Hundert auf oder ab. Die Anzahl der Personen, die in Pflegeberufen tätig sind, übersteigt diese Zahl um ein Erkleckliches. Allein im medizinisch-technischen Dienst gibt es über 15 000, die ihren Beruf ausüben, ohne dass dies sozusagen in der Öffentlichkeit genügend gewürdigt wird. Diese Menschen stehen nicht im Rampenlicht wie Ärztinnen und Ärzte und ApothekerInnen, sie haben nicht diese Lobbies. Trotzdem ist auf Grund des Fortschritts der Medizin sehr wohl ein Regelungsbedarf zu orten, weil auch in der Ausbildung zu diesen Berufen immer wieder etwas nachjustiert werden muss.


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Es sind überwiegend VertreterInnen von medizinisch-technischen Berufen, etwa Hebammen, Bandagisten et cetera, die sich immer wieder an uns wenden und sagen: Wir möchten, dass unsere Ausbildungspläne den Fortschritten der Medizin angepasst werden! – Wie reagiert man aber im Gesundheitsressort, wo wirklich sehr gute beziehungsweise hervorragende Beamtinnen und Beamte sitzen? – Man trägt diesen Entwicklungen nicht Rechnung! Ein oder zwei Leute sollen ohne jede Hilfe einer Gruppe von über 20 Gesundheitsberufen Genüge tun. Das kann nicht funktionieren!

Es geht auch völlig unter, dass durch einen nicht selten übertriebenen und rigiden Monopolanspruch der ärztlichen Medizin Gesundheitsberufe diskriminiert werden, ihre Spezialisierung und die entsprechenden Fähigkeiten zu wenig anerkannt werden und letztlich auch die Teambildung bei den Gesundheitsberufen erschwert wird. Es gibt kaum eine ganzheitliche Sicht in Diagnose und Therapie, was sicherlich gut wäre. Da werden mir weder Rasinger noch Pumberger widersprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Wie Sie wissen oder vielleicht nicht wissen werden, erfordern über 10 Prozent der Pflegeberufe in Deutschland bereits eine akademische Ausbildung. In Deutschland gibt es 50 Fachhochschulen und 4 Universitäten, welche die Ausbildung für Gesundheitsberufe auf akademischem Niveau anbieten. – Ich glaube, man sollte unseren Leuten auch solche Chancen bieten.

Es hat keinen Sinn, wenn Sie nur zum Dialog einladen! Die Leute werden von Jahr zu Jahr eingeladen, einmal zum Nikolo und einmal zu Ostern, aber getan hat sich nichts! Ich habe noch nichts gemerkt, Herr Pumberger! Ich möchte das jetzt wirklich einmal erleben! Sie sollten wirklich dafür sorgen, dass Organisation, Ausbildung und Vertretung im Zusammenhang mit diesen Berufen auf eine gesetzliche Basis gestellt werden, welche den Betroffenen sozusagen genehm ist und mit welcher sie leben können.

Ich bitte, dass im Gesundheitsausschuss endlich einmal auch all das debattiert wird! Sie brauchen gar nicht auf PatientInnen und auf Menschen zu hören. Wenn Ihnen das zu kompliziert ist, dann schlagen Sie die Zeitungen auf! Es gibt immer wieder Wesentliches in der Medizin. Wir tagen, weil man das so gewohnt ist, aber nur alle drei oder vier Monate. Dann kann all das aber einfach nicht behandelt werden. Ich bitte Sie, das anzuerkennen. Uns droht nicht, wenn wir öfters tagen, unsere Absetzung durch Haupt oder andere. Wir bleiben solange im Amt, solange wir gewählt sind.

Ganz kurz noch zum Gesetz über die Reduktion der Grenzmengen: Lieber Kollege Rasinger, ich schätze dich, wünsche mir aber ab und zu ein bisschen mehr Mut. Es gibt Zitate von dir, die man nachlesen kann, wonach du sagst, dass Cannabis keine Einstiegsdroge ist. Und auch mein lieber Freund Leiner hat sehr gute Stellungnahmen abgegeben betreffend Heroin für wirklich therapiebedürftige Süchtige, wenn es keine anderen Möglichkeiten mehr gibt, diesen armen und wirklich verelendenden Menschen zu helfen. – Man kann immer Kronzeugen finden! Wenn man aber immer nur sozusagen eine Gruppe findet, die sagt, dass alles der Untergang des Abendlandes ist, dann würde ich bitten, das Adress- oder Telefonbuch etwas zu erweitern, denn es gibt auch andere! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rasinger. – Bitte.

23.36

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Antrag betreffend Drogenbericht vom Herrn Abgeordneten Maier – ich hoffe, er ist schon im Saal, denn er fehlt seit zwei Stunden in der Gesundheitsdebatte; er ist gerade eingetroffen, super! – zeigt mir, wie verwaschen das Verhältnis der SPÖ zu Drogen generell ist. Das möchte ich einmal aufzeigen, denn es ist wirklich interessant, das einmal darzulegen.

Als ich vor einer Woche eine Rede zu dem Hauptausschussantrag gehalten haben, gab es wüste Zwischenrufe, etwa: Hardliner Rasinger! – Wissen Sie, was Ihr Bürgermeister Häupl gestern gesagt hat? – Er hat gesagt: Kommt überhaupt nicht in Frage! Wir werden scharf gegen


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die Kleindealerei vorgehen! – Genau darum geht es bei dieser Grenzmenge! Kein Wort hat Herr Bürgermeister Häupl – und er ist immerhin einer Ihrer Noch-Spitzenrepräsentanten in diesem Land – von einer Absenkung gesagt! Er hat sie überhaupt nicht verteidigt! So schaut es nämlich aus! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Das Doppelspiel geht aber weiter. Ihre ehemalige Gesundheitssprecherin, Frau Abgeordnete Pittermann, die jetzt Stadträtin ist, hat in ihrem ersten Interview in der "Presse" gesagt, dass man Haschisch doch freigeben möge. Coffee-Shops wollte sie aber nicht, da hatte sie Angst, denn als Expertin weiß sie genau, dass wir dann die internationale Szene in Wien hätten. Na danke, kann ich nur sagen! – Sie hat dann gesagt, dass man zu Hause Haschisch-Plantagen anlegen möge.

Wissen Sie, was Bürgermeister Häupl getan hat? – Er hat die Meinung von Frau Pittermann sofort vergraben, die gibt es gar nicht mehr, und er hat gesagt: Kommt überhaupt nicht in Frage! – Ich frage Sie: Was gilt jetzt, bitte? Und was ist mit den Anträgen der Jusos, die besagen, dass man alles freigeben möge? (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Ich habe Achtung, wenn jemand einen geraden Kurs fährt und Mut hat. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht quasimedizinische Gründen nennen. Ich könnte Ihnen bei Haschisch genug echte medizinische Gründe nennen, von der Appetitsteigerung bis zur Linderung von Brechreiz. Da werden aber Kraut und Rüben durcheinander geworfen, denn es hat mit Medizin nichts zu tun, wenn eine Droge generell für die Bevölkerung freigegeben wird. Ich will nicht, dass sich halb Wien einraucht – Bürgermeister Häupl will das aber auch nicht! (Abg. Eder: Bist du Wiener?)

Ich habe Achtung vor Geradlinigkeit. Ihr Zickzackkurs wird Sie aus der Bahn schleudern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Staatssekretär. – Bitte.

23.39

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bringe nur kurze Statements zum Stand der umfassenden Reform der Gesundheitsberufe.

Das Sanitätergesetz ist dem Konsultationsmechanismus zugeleitet. Das Heilmasseurgesetz ist ein prioritäres legistisches Projekt, insbesondere auf Grund der notwendigen Ausbildungsveränderungen. Betreffend zahnärztliche AssistentInnen ist die ÖBIG-Studie abgeschlossen, die legistische Umsetzung beginnt. Betreffend MTD-Reform fehlt uns noch eine Studie über das Berufsbild-neu, und auch die Curricula sind seitens des Verbandes noch nicht abgeschlossen. Ähnliches gilt für die MTF-Reform. – Sie sehen, dass wir auf jeden Fall dran sind und eine umfassende Reform durchführen wollen.

Zum Thema MTD-Ausbildungskosten ist festzustellen, dass dies auf der Tagesordnung der nächsten Landesgesundheitsreferenten-Konferenz mit den Bundesländern steht, da wir eine österreichweit einheitliche Vorgangsweise wünschen.

Zur Frage der Drogenpolitik der Regierung kann ich nur feststellen, dass sie nicht weit von dem entfernt ist, was unlängst der Drogenkoordinator der Gemeinde Wien Hacker gesagt hat: Wir wollen die Bestrafung der Dealer, und wir wollen Therapieversuche bei Süchtigen, aber seriös und erfolgsorientiert!

Die Frage der Behinderten – das weiß Frau Abgeordnete Haidlmayr – ist ein besonderes Anliegen von mir. Wenn gesagt wird, dass hier nichts geschehen ist, dann muss ich das korrigieren: Wir haben, schriftlich nachweisbar, die Ärztekammer aufgefordert, von sich aus die noch nicht umgesetzten Versprechen durchzuführen. Wir sind an die Länder herangetreten, und wir werden das in die nächste Konferenz wieder aufnehmen. Wir haben Schwierigkeiten mit den


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Bauordnungen der Bundesländer, weil man im Zusammenhang mit einer Ordination, die in einem Hause eingerichtet ist, nicht zwingend vorschreiben kann, dass der Hausbesitzer behindertengerechte Baumaßnahmen zulassen muss. (Abg. Parnigoni: Herr Staatssekretär! Können Sie den Vortrag nicht etwas spannender gestalten?)

Wir haben aber – Sie haben die Gesetzentwürfe vielleicht schon gesehen – für die Gruppenpraxen den behindertengerechten Zugang zwingend vorgeschrieben, und wir haben im Entwurf für das Ärztegesetz in einer österreichweiten Richtlinienverordnung für die Zuteilung von Verträgen die Bewertung des barrierefreien Zugangs für Behinderte als hoch bewertete Maßnahme zwingend vorgesehen. Sie sehen also, dass wir sehr wohl auch da ergebnisorientiert sind!

Schließlich noch eine kleine Korrektur zur Zahl der Versicherungen: Wenn ein Land verschiedene Versicherungen für Arbeiter, Angestellte, Selbständige, Gewerbliche, Freiberufler, Beamte und Bauern hat, dann darf man wohl zu Recht von ständestaatlicher Organisation sprechen! Die Zahl von 28 Anstalten ist korrekt, weil per Beschluss die PVA der Arbeiter und Angestellten zusammengelegt werden, und die Versicherung der Staatsdruckerei seit 1. Jänner der Gebietskrankenkasse untergeordnet ist. Daher sind es 28. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

23.43

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es gibt viele Gründe, noch einmal über Drogenpolitik zu reden. Wenn ich da ständig den Begriff "Grenzmengenverordnung" und "höhere Strafen" höre, die Sie fordern, dann muss ich sagen: Sie verwechseln, vertauschen oder vermischen das wie in einem Obstsalat mit Coffee-Shops und der Freigabe von Haschisch, wobei nachweislich nicht wahr ist, dass Frau Abgeordnete Pittermann das behauptet hat. Das wurde dementiert, das steht hier schwarz auf weiß, schauen Sie nach! Es ist dringend notwendig, dass wir wirklich noch einmal darüber reden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Rasinger: Das Problem ist, dass Häupl sie korrigiert hat!)

Zum einen haben Sie wahrscheinlich wirklich nach dem Genuss von Obstsalat, vielleicht mit Alkohol, keine Ahnung, was über Drogenpolitik zu sagen ist, und zum anderen steht uns wahrscheinlich ein ziemlich grauslicher Wahlkampf in Wien zu diesem Thema bevor. Daher bedarf es auch noch einiger Aufklärung.

Wenn ich mir heute Frau Abgeordnete Partik-Pablé angeschaut habe, dann ist aufgefallen, dass ihr ins Gesicht geschrieben war: Hoffentlich werde ich eine solche Blamage, wie ich sie heute bei der Dringlichen erlebt habe, nicht auch bei meinem Anti-Drogen-Wahlkampf in Wien erleben! – Das war in ihrem Gesicht zu lesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da heute um 15 Uhr versucht wurde, die Angst der Menschen zu schüren, werden Sie am 25. März am Abend zur Kenntnis nehmen müssen, dass das nicht gelungen ist, das kann ich Ihnen jetzt schon verraten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Achatz. )

Es ist blamabel, dass Sie die Drogenpolitik nur dann aus dem Hut ziehen, wenn Wahlen bevorstehen! Es ist blamabel, dass Sie sich diesem wirklich so sensiblen Thema betreffend den Umgang mit Suchtmitteln – über das zu reden wir uns lange gescheut haben, nun aber sind wir bereit, darüber zu reden, und fordern einen umfassenden Drogenbericht – so unprofessionell und unsensibel nähern! (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. )

Im "NEWS" von voriger Woche wird aus Kleindiensts Buch "Ich gestehe", Seite 117, zitiert:

"Eine prominente Politikerin ruft mich an. Ein junger Mann aus einer befreundeten Familie war von der Polizei im Burggarten mit Haschisch erwischt worden, einer geringen Menge. ‚Ob ich nicht mit den Kollegen reden könne‘, wegen quasi so einer Lappalie müsse man dem Mann keine Schwierigkeiten machen."


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Im gleichen "NEWS" wird Josef Kleindienst über Partik-Pablé zitiert: "Partik sah noch vor kurzem in der Freigabe der weichen Drogen die Lösung des Problems. Da kann man nur lachen!" – Zitatende. Kein Kommentar von mir. Sie werden das verstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Im November wurde der österreichische Drogenbericht veröffentlicht. Er ist uns nicht umfassend genug. Daher stellen wir die Forderung nach einem umfassenderen Drogenbericht, aus welchem hervorgeht, dass der Drogenkonsum nachweislich relativ stabil geblieben ist. Sogar in Wien – jetzt sind wir wieder bei Wien, weil Wahlen bevorstehen – wurde von Straßensozialarbeitern ein Rückgang bei den Einstiegsdrogen festgestellt. Sie können das nachlesen! (Zwischenrufe.)

Auch alle Drogenkoordinatoren in den Bundesländern sagen das. Aber Sie sperren sich dagegen! Sie schicken die Menschen ins Gefängnis, Sie kriminalisieren und diskriminieren sie. Vielleicht müssen wir jetzt Gefängnisse bauen, aber Beamte haben wir ohnehin keine, welche die Leute dann betreuen! – Das ist Ihr Umgang mit Politik, und das ist unsozial, das ist unmenschlich, das ist traurig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

23.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. Die restliche Redezeit der Fraktion beträgt 2 Minuten. – Bitte.

23.47

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Zunächst zwei Worte zum Herrn Ober-Abkanzler Pumberger, der alle Anträge abgekanzelt hat. Wenn Sie sich den ÖBIG-Bericht anschauen und lesen, werden Sie sehen, dass in diesem mehrfach auf die mangelnde Datenlage hingewiesen wird, obwohl das ÖBIG selbst wohl das geringste Problem hätte, möglicherweise selbst einen Auftrag zu bekommen, diesen Drogenbericht umfassender zu gestalten. Drogenberichte als Grundlage für eine Drogenpolitik können Sie wohl nicht verweigern! Wovon reden wir eigentlich, wenn Sie die Grundlagen verweigern? – Das ist der erste Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt: Kollege Leiner hat es geschafft, auf unsere Homepage zu gelangen, alle Achtung! Wenn Sie das geschafft haben, dann werden Sie auch wissen, dass dort nicht steht, dass die Grünen alle Drogen legalisieren wollen. Vielleicht können Sie in Zukunft verhindern, dass solch unwahre Äußerungen weiter verbreitet werden, auch bei Ihrem Regierungspartner! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Ich weiß auch, Sie mussten sich heute nicht wirklich informieren, Sie mussten nur auf eine andere Homepage schauen, nämlich auf jene des VPM. Dort haben Sie Kollegen Koch gefunden, und den haben Sie heute mit seinen Haschisch-Drogen-Statements zitiert.

Abschließend möchte ich Ihnen ein Zitat aus dem Jahr 1994 nicht vorenthalten, Kollege Rasinger. Im "profil" vom 18. Juli 1994 heißt es: Auch Erwin Rasinger, Arzt und Exgesundheitssprecher der ÖVP, sieht keinen einzigen medizinischen Grund für ein Verbot von Cannabis. Einstiegsdrogen für härtere Sachen sind Alkohol und Nikotin. – Ich kann mich dem nur anschließen! (Beifall bei den Grünen.)

23.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, daher ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 362 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 365 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Das ist gleichfalls mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen ab über die dem Ausschussbericht 365 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, dies zu bekunden. – Dies ist mit Mehrheit angenommen. (E 58.)

Wir stimmen ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 363 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 364 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich für den Fall Ihrer Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, dass dieser Antrag mit Mehrheit angenommen ist.

26. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 10056/00, Hv 5888/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (478 der Beilagen)

27. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 10003/00, Hv 5858/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (477 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun gelangen wir zu den Tagesordnungspunkten 26 und 27.

Wortmeldungen hiezu liegen keine vor, daher gibt es auch keine Debatte.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte, dass wir zuerst über den Antrag des Immunitätsausschusses in 478 der Beilagen abstimmen, wobei Folgendes zu beschließen ist:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Dezember 2000, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt (Abg. Dr. Martin Graf: Wieder ein Mundtot-Machen von Regierungspolitikern! Schon wieder!), dass ein Zusammenhang zwischen der von den Privatanklägern behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dem verlesenen Antrag anschließen können, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den zweiten Antrag des Immunitätsausschusses in 477 der Beilagen. Der Nationalrat möge Folgendes beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. Dezember 2000, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat


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56. Sitzung / Seite 251

Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird zugestimmt.

Auch diesen Antrag darf ich zur Abstimmung bringen und jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Auch dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Verantwortlichkeit von Bundesministern dieser Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen und aller vorhergehenden ressortzuständigen Bundesminister seit 1990 im Zusammenhang mit illegalen Praktiken bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln. Der zweite Punkt betrifft jahrelange politische Untätigkeit, der dritte Punkt fehlende Koordination und der vierte Punkt fehlende Information der Konsumenten und Konsumentinnen über Gesundheitsgefahren.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Glawischnig, Pirklhuber, Petrovic, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

1. Verantwortlichkeit von Bundesministern dieser Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundesminister für Soziales und Generationen und aller vorhergehenden ressortzuständigen Bundesminister seit 1990 im Zusammenhang mit illegalen Praktiken bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln,

2. jahrelange politischen Untätigkeit trotz belegbarer Information der zuständigen, verantwortlichen Minister und der damit verbundenen wissentlichen Duldung von massiven Missständen in der österreichischen Landwirtschaft, im Veterinärwesen und im Konsumentenschutz,

3. fehlende Koordination im Bereich Kontrolle, Abstellen von kriminellen Praktiken und Schließung gesetzlicher Lücken,

4. fehlende Information der KonsumentInnen über die Gesundheitsgefahren dieser Praktiken.

Zusammensetzung: 5 SPÖ, 4 ÖVP, 4 FPÖ, 1 GRÜNE

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt ein zweiter Antrag vor, der zugleich verhandelt wird: Es ist dies der Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortlich


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56. Sitzung / Seite 252

keit sowie aller anderen damit zusammenhängenden Sachverhalte betreffend Kontrollmängel im Zusammenhang mit dem BSE-Skandal, gesetzwidrige Verwendung von Tierarzneimitteln in der Schweine- und Geflügelmast, gesetzwidrigen Import von Tierarzneimitteln nach Österreich, die sich daraus ergebenden Gefahren, die daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden und wie weit diese Sachverhalte in einem verfehlten Förderungssystem ihren Ursprung haben.

Dieser Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Maier, Gradwohl und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 GOG auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S: 5, F: 4, V: 4 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung sowie aller anderen damit zusammenhängenden Sachverhalte betreffend

1. Kontrollmängel im Zusammenhang mit dem BSE-Skandal, den CJK-Gefahren sowie der gesetzwidrige Verwendung von Tierarzneimitteln in der Schweine- und Geflügelmast sowie den gesetzwidrigen Import von Tierarzneimitteln nach Österreich;

2. den daraus entstehenden Gefahren für die Gesundheit und das Leben der KonsumentInnen;

3. die daraus resultierenden weitreichenden volkswirtschaftlichen Schäden für den Bestand der Arbeitsplätze in der Fleischindustrie, insbesondere in den österreichischen Unternehmungen, für den Handel sowie für die bäuerlichen Betriebe sowie die daraus resultierenden Folgekosten für den Staatshaushalt;

4. inwiefern diese Sachverhalte in einem verfehlten Förderungssystem ihren Ursprung haben und wie ein den biologischen Grundsätzen und der sozialen Treffsicherheit entsprechendes Förderungssystem in Zukunft gestaltet werden soll.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten der zuständigen Ministerien sowie der sonstigen in diesem Zusammenhang zuständigen Stellen den Untersuchungsgegenstand aufklären.

Unter einem wird verlangt, gemäß § 33 Abs. 2 GOG über diesen Antrag eine kurze Debatte abzuhalten.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Anträge wurden an alle Abgeordneten verteilt. Im Sinne einer bei ähnlichen Fällen gepflogenen Praxis und im Einvernehmen mit den Antragstellern schlage ich vor, dass über die beiden erwähnten Anträge eine gemeinsame Debatte durchgeführt wird, wobei der jeweilige Erstredner 10 Minuten bekommt und jede Fraktion nur einen weiteren Redner mit einer maximalen Redezeit von 5 Minuten zu diesen beiden miteinander verwandten Materien stellt. Es ist dies kein Präjudiz, so wie das auch in vergangenen Fällen immer wieder festgestellt wurde.

Da ich keine Einwendungen gegen diese Vorgangsweise sehe, erteile ich als erster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig zur Begründung das Wort. (Abg. Dr. Glawischnig reagiert,


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neben den Sitzreihen der Grünen stehend, nicht unmittelbar auf die Worterteilung. – Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Guten Morgen! Wachen Sie auf!)

23.55

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist noch nicht ganz "guter Morgen", es ist fünf vor zwölf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zurück zum Ernst der ganzen Angelegenheit. Wir haben heute den ganzen Vormittag darüber debattiert und diskutiert; es ist jetzt, glaube ich, an der Zeit, Farbe zu bekennen.

Es gab vor den Nationalratswahlen 1999 eine Zeit, in der alle hier im Haus vertretenen Parteien das Recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchaus auch einer Minderheit zuerkannt hätten. Das ist aber bis zum heutigen Tage noch nicht der Fall. Es ist immer noch ein Mehrheitsrecht, es muss immer noch darum gerungen werden, und es ist eine Schande, dass das Recht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen noch immer nicht ein Minderheitsrecht wie in vielen entwickelten Demokratien in Europa ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie selbst haben bei der Geschäftsordnungsreform ...!)

Zur Causa selbst: Ich möchte ein paar Zitate bringen, die in den letzten Wochen und Monaten nicht nur uns als Politikerinnen und Politiker, sondern vor allem auch die Konsumentinnen und Konsumenten bewegt haben: Auf Grund der Kundenlisten der in den Schweineskandal verwickelten Tierärzte ist von mehreren Hundert betroffenen österreichischen Landwirten auszugehen. Die bisher zur Anzeige gebrachten Fälle sind nur die Spitze des Eisberges. – 22. Jänner 2001.

Weiters: Etwa in Oberösterreich werden 80 Prozent der Schweine in 20 Prozent der Betriebe produziert. Es ist davon auszugehen, dass in 60 Prozent dieser Betriebe illegal erworbene Medikamente verwendet werden. (Abg. Auer: Unwahre Behauptung!)  – Ich wiederhole: in 60 Prozent dieser Betriebe illegal erworbene Medikamente verwendet werden, sagt ein Umweltmediziner. (Abg. Auer: Nicht bewiesen!)

Weiters: Da geht es nicht nur um ein paar deutsche Tierärzte, Autobahntierärzte, die in der Steiermark Medikamente verhökern. Das sind Futtermittel- und Pharmakonzerne, die mit ihren Produktionsstätten in Osteuropa im großen Stil agieren.

Und noch ein Zitat – vielleicht hilft es Ihnen bei der Entscheidungsfindung, ob Sie daran interessiert sind, eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle gutzuheißen und auch möglich zu machen, oder nicht –: Der Schweineskandal hat dem Staat Unsummen an Erhebungskosten verursacht in der Vergangenheit. Auf Grund der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen im Lebensmittelgesetz wurden beinahe alle Verfahren eingestellt. – Auch im Jänner dieses Jahres von einem Amtstierarzt aus Weiz festgestellt.

Unsere Sorge bei dieser ganzen Problematik ist folgende: Wenn man jetzt das alles unter den Teppich kehrt, zur Tagesordnung übergeht, die Landwirtschaft verteidigt, von ein paar schwarzen Schafen spricht und nicht bereit ist, eine wirklich lückenlose Aufklärung auch der politischen Verantwortung für diese letzten zehn oder 15 Jahre durchzuführen (Abg. Auer: Das tun wir der Prammer nicht an!), dann ist es fast unmöglich, das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in das österreichische Agrar- und Lebensmittelkontrollsystem wiederherzustellen. Bitte, begreifen Sie diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Chance dieser Krise, das Vertrauen vieler Menschen in Österreich in die österreichische Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft wiederherzustellen!

Ich glaube Ihnen gerne, dass Sie das mit einer gewissen Abneigung tun. Es geht um eigene Minister. Es geht um politische Versäumnisse. Es geht um fehlende politische Verantwortung und gesetzliche Lücken, die seit 15 Jahren nicht geschlossen wurden, Missetäter begünstigen und dazu führen, kriminelle Handlungen wissentlich zu decken und zu begünstigen. Um diese


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Verantwortlichkeit im Endeffekt als Vertrauensbasis wieder aufzubauen, soll dieser Untersuchungsausschuss nicht nur die Tätigkeit einzelner Personen, einzelner Minister aufdecken, sondern die gesamte Systematik dieser illegalen Praktiken lückenlos transparent machen. (Beifall bei den Grünen.)

Das kann nicht die Justiz. Das können nicht die Staatsanwaltschaften. Das können auch nicht die Gerichte. Es geht um die politische Verantwortung dafür, dass man jahrelang auf Grund von Versuchen, ein System zu protegieren und Lobbyisten zu begünstigen, kriminelle Praktiken übersehen und sich vielleicht dem Wunschdenken hingegeben hat, dass es nie über Einzelfälle hinausgehen wird und dass nie die ganze Dramatik sichtbar werden wird. – Es ist nun so weit. Ich denke, wenn man wirklich ernsthaft darüber nachdenkt, aus dieser ganzen Misere eine positive Konsequenz zu ziehen, dann gibt es keine andere Möglichkeit, als der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen: Dies ist kein Antrag, der sich gegen eine einzelne Partei richtet. Der Hintergrund ist nicht ein politisches Scharmützel, sondern das ernsthafte Bestreben, Licht in dieses Dunkel zu bringen, das Tierschutzorganisationen aufgezeigt haben: in eineinhalbjähriger Recherchearbeit, mit viel verdeckter Ermittlung, mit unzähligen ehrenamtlichen Mitarbeitern, die mit Kameras, mit Fotoapparaten ausgerüstet waren, die ehrenamtlich versucht haben, eine Arbeit zu tun, die eigentlich die Arbeit des Gesundheitsressorts, der Veterinäraufsicht, der Aufsicht des Landwirtschaftsministeriums gewesen wäre. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Danke, Herr Präsident.

In Wirklichkeit wäre dies nicht die Arbeit von NGOs gewesen, sondern die Arbeit einer politischen Verantwortlichkeit und einer politischen Kontrolle. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Was Untersuchungsausschüsse betrifft, ist der Vorteil, dass die Opposition durch Kontrolle die Arbeit einer Regierung auch verbessern und optimieren kann, bis jetzt noch nicht in die Köpfe der Regierungsfraktionen eingedrungen. Dass Kontrolle im Sinne der Kontrollierten sein kann, dass sie insgesamt das Niveau, die Transparenz und Offenheit in einem politischen System verbessern kann, ist bis zum heutigen Tag noch nicht in die Köpfe der Regierungsfraktionen in diesem Lande eingedrungen.

Ich halte das jetzt für einen sehr guten, einen vorzüglichen Anlassfall, weil sich die Verantwortlichkeit wirklich breit durch das politische Spektrum zieht. Das wäre ein erster Anlassfall zur Untersuchung politischer Verantwortung in der Frage, wissentlich Gesundheitsgefährdung von KonsumentInnen zu dulden, wissentlich Umweltgefährdung zu dulden und wissentlich Systeme über mindestens 10, 15 oder 20 Jahre hinweg zu decken.

Ich bitte Sie, das zu bedenken, wenn Sie sich jetzt leichtfertig in Geplauder ergehen und den Antrag wahrscheinlich ablehnen werden. Ich bitte Sie, noch einmal zu bedenken, was für Sie als Regierungsfraktionen wirklich die Kriterien dafür sind, einem Antrag auf Untersuchungsausschuss zuzustimmen! Wenn es Kriterien wie diese sind: breite Verunsicherung einer großen Bevölkerungsgruppe, breite illegale Praktiken mit Vernetzungen zu Nachbarstaaten, sodass Interpol, Grenzfahndung, Zollfallen und so weiter eingeschaltet worden sind – was ist es dann, wenn nicht dieser Fall, der einen Untersuchungsausschuss wert ist? (Beifall bei den Grünen.)

Das müssen Sie mir wirklich erst erklären, wie weit es in Österreich kommen muss, damit Sie einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen!

Ein Letztes vielleicht noch: Ich habe Ihnen schon heute Vormittag die Zitate darüber vorgetragen, wie alt dieser Skandal ist. Er reicht zurück bis ins Jahr 1984. Seit diesem Jahr gibt es diese Zeitungsberichte und die Hinweise von Veterinären, von engagierten Tierärzten, von Umwelt- und Tierschutzorganisationen. Sie haben mittlerweile 15 Jahre lang Konsumentinnen und Konsumenten an der Nase herumgeführt und ein System einfach totgeschwiegen, das massive negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt und auch auf das Vertrauen von KonsumentInnen in diesem Land hat.


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Ich meine, wenn Sie diesem Untersuchungsausschussantrag nicht zustimmen, dann gibt es kaum noch Steigerungsstufen – außer politischer Inquisition. Wenn Sie politische Untersuchungsausschüsse ausschließlich als Disziplinierungselement gegenüber der Opposition begreifen und nicht als Instrument, um politische Verantwortung zu klären, dann stimmen Sie heute wohlweislich dagegen und vielleicht ein andermal dafür. Aber dann haben Sie für mich jegliche Glaubwürdigkeit als Kontrollparteien oder als Parteien, die in irgendeiner Weise an der Aufklärung von politischen Missständen in diesem Land interessiert sind, verloren. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das halten wir aus!)

0.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile nunmehr im Sinne der vorangegangenen Ausführungen Herrn Abgeordnetem Mag. Johann Maier das Wort zur Begründung seines Antrags. (Abg. Dr. Pumberger: Woher hat er denn die Antibiotikaflaschen?)

0.05

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für das in den letzten Tagen, Wochen und Monaten Diskutierte gibt es auch eine politische Verantwortung. Es geht darum, in einem Untersuchungsausschuss klarzulegen, wer für Mängel in der Vollziehung verantwortlich ist.

Wir stehen derzeit vor der Situation, dass bäuerliche Betriebe geschlossen, Anzeigen erstattet und im Ausland Verhaftungen vorgenommen werden. Wir stehen vor der Situation, dass in Europa BSE-Erkrankungen und Erkrankungen an der neuen Variante von Creutzfeldt-Jakob zunehmen. Diese Entwicklung – lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit sagen – straft all diejenigen Lügen, die diese Entwicklung bestritten haben und die in der Vergangenheit den Einsatz von Hormonen und Arzneimitteln schlichtweg abgetan haben. Ich denke da insbesondere an die Österreichische Volkspartei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht uns darum, herauszufinden, welche Fehler in der Vergangenheit gemacht wurden. Es geht um die politische und rechtliche Verantwortlichkeit. Es geht insbesondere darum – lassen Sie mich auch das mit aller Deutlichkeit sagen –, welche Systemfehler wir in Österreich haben. Ich habe bereits heute Vormittag versucht, das Problem aufzuzeigen: Das Problem liegt im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung! – Da haben Sie die ÖVP-Agrarlandesräte, die darüber entscheiden, ob in bäuerlichen Betrieben kontrolliert wird, ob Futtermittel kontrolliert werden, ob beispielsweise Milchaustauscher kontrolliert werden – und das sind genau dieselben, die darüber entscheiden, ob im Hinblick auf Arzneimittelanwendung im bäuerlichen Betrieb kontrolliert wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Konsumenten sind verunsichert, die Bauern sind verunsichert – insbesondere diejenigen, die sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten –, und die Wirtschaft leidet. Wir hören davon, dass vielleicht immer mehr Menschen in Kurzarbeit gehen müssen, wir hören davon, dass es vielleicht sogar zu Entlassungen kommen wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür gibt es Gründe! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind der Auffassung, dass in einem Untersuchungsausschuss über die politische und rechtliche Verantwortung diskutiert werden soll. Sie haben die Chance, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, hier mitzumachen und mit uns zu stimmen, um zu einem besseren System zu kommen. Wir brauchen lückenlose Kontrolle, wir brauchen ein neues System, und wir brauchen neue Kontrolleinrichtungen in Österreich – dafür werden wir eintreten! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

0.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Die Redezeit beträgt 5 Minuten.

0.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Ich bin mehr als überrascht. Ich verstehe überhaupt nicht mehr, wie Sie reagieren. Offensichtlich be


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steht in dieser Frage großes Einverständnis zwischen Ihnen, da Sie nicht einmal dazu bereit sind, in einer politischen Debatte zu einem so gravierenden Vorwurf, wie wir ihn erheben und in einem Untersuchungsausschuss klären wollen, Stellung zu nehmen. Das ist doch unglaublich! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl. )

Es ist unverständlich, meine Damen und Herren, dass Sie hier nicht Stellung beziehen. Ich möchte daher auch meine Ausführungen kurz halten (demonstrativer Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP), aber auf zwei Dinge eingehen, die für diesen Untersuchungsausschuss wichtig sind. Die kann ich Ihnen nicht ersparen.

Konkret geht es um die Wintertagung 1996, meine Damen und Herren. Die Wintertagung ist jene Bildungsveranstaltung, in der sich Bäuerinnen und Bauern für die Zukunftsfragen fit machen sollen. (Der Redner hält ein Veranstaltungsprogramm in die Höhe.) Es gab einen Vortrag von Dr. Andreas Gruß über "Optimierung des Betriebserfolges in der Schweineproduktion". Er ist einer jener Tierärzte, die jetzt nachgewiesenermaßen als Tierärzte diskreditiert sind, da sie illegal Arzneimittel importierten.

Übrigens: Auch in dem Brief von 1995 wurde jener Tierarzt bereits als illegaler Tierarzneimittel-Importeur angezeigt, und zwar beim Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz. Das sind die Fakten, die heute auf dem Tisch liegen. Das ist kein Zufall, das war System, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Das war bei Frau Prammer! Frau Prammer, wurde er angezeigt? Warum wurde nichts gemacht?)

Auch damals schon: Der Obmann des Verbandes Österreichischer Schweineerzeuger, Herr Landwirtschaftskammerrat Jost, leitete die Diskussion. Herr Schlederer von der Schweinebörse führte ebenfalls das Wort, außerdem andere Damen und Herren, die massiv betroffen sind und betroffen sein sollten. Das ist nämlich die wirkliche Frage: die Verflechtung von Beratung, Markt und Pharmafirmen.

Wenn Sie nicht bereit sind, dieses Kartell und diese geschlossene Anstalt in einem Untersuchungsausschuss zu diskutieren, meine Damen und Herren, dann decken Sie illegale Praktiken! Das muss ich Ihnen von diesem Podium aus noch einmal klar und deutlich sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend – und das schlägt wohl wirklich alles –: Heute ist im "Kurier" eine "großartige" AMA-Annonce erschienen. (Der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe.) Was soll das – jetzt, nachdem klar geworden ist, dass auch ein AMA-Betrieb illegal Medikamente eingesetzt hat?!

Das ist wirklich nicht das Signal, das wir Grüne erwarten. Das ist wirklich nicht die entscheidende Sache, jetzt Inserate zu schalten. Besser wäre es, den Schweinestall Österreich auszumisten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Ungeheuerlich! "Schweinestall Österreich"! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Kollege Pirklhuber! Ich kann das nicht akzeptieren, Österreich als "Schweinestall" zu bezeichnen. Das ist ein Ordnungsruf, es tut mir Leid. (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Das ist eine einmalige Entgleisung, so etwas!)

Ich habe einen Ordnungsruf erteilt. Damit ist die Sache erledigt. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das wird ein Nachspiel haben! – Weitere Zwischenrufe.)

Wir gelangen zur Abstimmung. (Abg. Haigermoser: Entschuldigen Sie sich, "Herr"!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
56. Sitzung / Seite 257

Zuerst stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. (Abg. Dr. Martin Graf in Richtung des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Welche "Schweine" haben denn Sie gewählt? – Abg. Achatz: Entschuldigen Sie sich! – Abg. Haigermoser: Gewalt der Sprache! Treten Sie zurück! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse als Nächstes über den Antrag des Abgeordneten Dr. Kostelka auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu dem bezeichneten Thema abstimmen. (Abg. Dr. Martin Graf: Das sind "saubere Demokraten"! – Abg. Dr. Pumberger: ... Menschen "ausmisten"! So eine Entgleisung! – Anhaltende Zwischenrufe.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Kostelka zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 374/A (E) bis 384/A (E) eingebracht wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber begibt sich zum Präsidium und versucht, Präsidenten Dr. Fischer anzusprechen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Nein!

Ferner sind die Anfragen 1840/J bis 1864/J eingelangt. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Donnerstag, den 1. März, 10 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 0.14 Uhr