Plenarsitzung
des Nationalrates
130. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Donnerstag, 18. November 2021
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Großer Redoutensaal
Stenographisches Protokoll
130. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 18. November 2021
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 18. November 2021: 17.32 – 18.25 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz
2. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ........................................................................................................ 6
Geschäftsbehandlung
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG ........................................................................................................ 10
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures ........................................................... 23
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................ 24
Ausschüsse
Zuweisungen ............................................................................................................. 6
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (Zl. 17 St 5/19d) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz (1159 d.B.) ............................................................ 11
RednerInnen:
Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. 11
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ 12
Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... 15
Mag. Georg Bürstmayr ........................................................................................... 16
Annahme des Ausschussantrages in 1159 d.B. ...................................................... 23
2. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (Zl. 501 St 85/21f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz (1160 d.B.) ....................... 17
RednerInnen:
Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ 17
Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ 18
Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... 20
Mag. Georg Bürstmayr ........................................................................................... 21
Mag. Christian Ragger ............................................................................................ 22
Annahme des Ausschussantrages in 1160 d.B. ...................................................... 23
Eingebracht wurden
Petitionen ................................................................................................................. 7
Petition betreffend „Weiterbau der A3 Südostautobahn“ (Ordnungsnummer 76) (überreicht vom Abgeordneten Christian Ries)
Petition betreffend „1,2 Milliarden für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung JETZT!“ (Ordnungsnummer 77) (überreicht von den Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Eva Maria Holzleitner, BSc und Petra Wimmer)
Regierungsvorlagen ............................................................................................... 6
1161: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird
1162: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden
1163: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird
1164: Bundesgesetz, mit dem das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Gesundheitsberuferegister-Gesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden (OTA-Gesetz)
1165: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapitalmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden
1166: Fiskalrat- und Produktivitätsratgesetz 2021 – FPRG 2021
1167: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert wird
1168: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden
1169: Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden
1170: Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 – MinVersValG 2021
1171: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Hochschulgesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden
1172: Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird
1173: Bundesgesetz, mit dem das EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz geändert wird
1174: Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022)
1175: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird
Bericht ...................................................................................................................... 10
III-487: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Oktober 2021; BM f. Inneres
Anträge der Abgeordneten
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2061/A)
Franz Leonhard Eßl, Clemens Stammler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierseuchengesetz geändert wird (2062/A)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (2063/A)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz und das Sanitätergesetz geändert werden (2064/A)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (2065/A)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert wird (2066/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (2067/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2068/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2069/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (2070/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (2071/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2072/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (2073/A)
August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird (2074/A)
Anfragebeantwortungen
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (7661/AB zu 7805/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen (7662/AB zu 8315/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (7663/AB zu 8032/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (7664/AB zu 7833/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen (7665/AB zu 7830/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (7666/AB zu 7980/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (7667/AB zu 7866/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (7668/AB zu 7806/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (7669/AB zu 7813/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7670/AB zu 8232/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (7671/AB zu 7807/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (7672/AB zu 7808/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (7673/AB zu 7811/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (7674/AB zu 7810/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (7675/AB zu 7809/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (7676/AB zu 7812/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7677/AB zu 803/J)
Beginn der Sitzung: 17.32 Uhr
Vorsitzende: Zweite Präsidentin Doris Bures.
Präsidentin Doris Bures: Ich eröffne die 130. Sitzung des Nationalrates.
Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Kira Grünberg, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Dr. Christoph Matznetter, Rudolf Silvan, Herbert Kickl, Walter Rauch, Ing. Mag. Volker Reifenberger, Wolfgang Zanger, Michel Reimon, MBA und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff.
Einlauf und Zuweisungen
Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und der Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Anfragebeantwortungen: 7661/AB bis 7677/AB
2. Regierungsvorlagen:
Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (1161 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (1162 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (1163 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Gesundheitsberuferegister-Gesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden (OTA-Gesetz) (1164 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapitalmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (1165 d.B.)
Fiskalrat- und Produktivitätsratgesetz 2021 – FPRG 2021 (1166 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert wird (1167 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden (1168 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (1169 d.B.)
Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 – MinVersValG 2021 (1170 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Hochschulgesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden (1171 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird (1172 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz geändert wird (1173 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1174 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird (1175 d.B.)
B. Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:
Petition Nr. 76 betreffend "Weiterbau der A3 Südostautobahn", überreicht vom Abgeordneten Christian Ries
Petition Nr. 77 betreffend "1,2 Milliarden für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung JETZT!", überreicht von den Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Eva Maria Holzleitner, BSc und Petra Wimmer
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Ausschuss für Arbeit und Soziales:
Antrag 2017/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen den Arbeitskräftemangel
Antrag 2020/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenter Rechnungsabschluss der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse
Antrag 2021/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Funktionärsfotos in Inseraten von Kammern
Antrag 2039/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teuerungsausgleich und Bundes-Heizkostenzuschuss
Antrag 2040/A der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird
Antrag 2041/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freistellungsanspruch für Personen mit einem COVID-19-Risikoattest
Antrag 2042/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastrophenhilfe im Beruf absichern!
Antrag 2053/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Gesetzes zum Elternentfremdungssyndrom = Parental Alienation Syndrom (PAS)
Budgetausschuss:
Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (1144 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird (1158 d.B.)
Antrag 2032/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr Transparenz für die Transparenzdatenbank
Antrag 2034/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Effizientes Förderwesen statt Förderdschungel
Ausschuss für Familie und Jugend:
Antrag 2016/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Elementarbildung
Antrag 2043/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird
Antrag 2049/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Familienbonus Plus
Antrag 2051/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hürden des Familienbonus Plus für getrenntlebende Eltern beseitigen
Antrag 2056/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortführung des Corona-Familienhärteausgleichs
Finanzausschuss:
Antrag 2018/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Generalpensionskassenvertrag
Antrag 2024/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Rechtsgeschäftsgebühren
Antrag 2029/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Maßnahmen zur Mobilisierung privater Mittel für Bildung
Antrag 2030/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spendenbegünstigung für gemeinnützige Stiftungen
Antrag 2031/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend KESt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen
Antrag 2033/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparente Evaluierung der Wirtschaftshilfen
Antrag 2050/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Familienbonus Plus
Antrag 2052/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hürden des Familienbonus Plus für getrenntlebende Eltern beseitigen
Gesundheitsausschuss:
Antrag 2054/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Gesetzes zum Elternentfremdungssyndrom = Parental Alienation Syndrom (PAS)
Gleichbehandlungsausschuss:
Antrag 2046/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Basisfinanzierung für Frauen- und Mädchenberatungsstellen
Antrag 2047/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen stoppen
Ausschuss für innere Angelegenheiten:
Antrag 2025/A der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst geändert wird
Antrag 2048/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen stoppen
Justizausschuss:
Antrag 2023/A(E) der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teure Gutachten bei der Festsetzung der Höhe des Unterhaltes benachteiligen Selbständige
Antrag 2036/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Qualitätsstandards, der Gebühren und der Arbeitsbedingungen für Gerichtsdolmetscher*innen
Antrag 2037/A(E) der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernennung von StaatsanwältInnen
Ausschuss für Konsumentenschutz:
Antrag 2038/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationskampagne "Werkzeugbox" Blackout
Antrag 2058/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend höherer präventiver KonsumentInnenschutz und Transparenz bei Tätowiermitteln
Antrag 2059/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorrang für Trinkwasserversorgung und vorsorgender Schutz des Trinkwassers
Sportausschuss:
Antrag 2013/A(E) der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Inflation endlich berücksichtigen – Sportverbandsfördergelder anpassen"
Antrag 2028/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sport für alle trotz Corona-Versagens der Bundesregierung
Tourismusausschuss:
Antrag 2045/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fachkräftemangel bekämpfen – Pflichtpraktika in Tourismusschulen im Winter ermöglichen
Umweltausschuss:
Antrag 2015/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strategie & Maßnahmenpaket zur Mobilisierung von Feuchtwiesen und Mooren als CO2 Speicher
Antrag 2026/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend niedrigen nationalen Beitrag zum UNFCCC Adaptation Fund erhöhen
Antrag 2027/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der Declaration on Children, Youth and Climate Action
Antrag 2057/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorrang für Trinkwasserversorgung und vorsorgender Schutz des Trinkwassers
Unterrichtsausschuss:
Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Elementarbildung
Antrag 2035/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtigkeit für die Kinder Österreichs
Antrag 2055/A(E) der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulstornofonds jetzt neu auflegen!
Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:
Antrag 2012/A(E) der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung des Covid-19 Härtefallfonds
Antrag 2019/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform Rot-Weiß-Rot Karte: Fast Track einführen!
Antrag 2022/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Funktionärsfotos in Inseraten von Kammern
Antrag 2044/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige, unbürokratische finanzielle Unterstützung für alle betroffenen Unternehmen zur Abfederung der Auswirkungen der aktuellen COVID-19 Restriktionen
b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Ausschuss für innere Angelegenheiten:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Oktober 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Inneres (III-487 d.B.)
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Präsidentin Doris Bures: Weiters weise ich den Antrag 2060/A(E) dem Kulturausschuss zu.
Redezeitbeschränkung
Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Die Gesamtredezeit beträgt für jeden Klub 15 Minuten.
Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 8 Minuten, darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.
Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die gerade dargestellten Redezeiten.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (Zl. 17 St 5/19d) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz (1159 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger ist als erster Redner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Immunitätsausschuss hat am 16.11. auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft die Immunität des Klubobmanns Abgeordneten Sebastian Kurz aufgehoben – ein normaler Vorgang, der sich für einen Abgeordneten, der knapp davor am 14.10 des Jahres angelobt worden ist, fristgemäß so darstellt. Warum müssen wir das heute debattieren? Warum muss ich es sagen? – Weil in den letzten Tagen und Wochen wieder eine Art von Desinformation von gewissen politischen Seiten betrieben worden ist, von Tricksereien und Verzögerungen gesprochen wurde, die diesem Faktencheck nicht standhalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Zum einen, meine Damen und Herren, hat Sebastian Kurz selbst schon zu Antritt seines Mandates klar gesagt, dass er selbstverständlich auf die Immunität verzichten wird, um Vorwürfe zu klären. Zum anderen gab es einen gewöhnlichen Fristenlauf, und die Manipulation, die hier von manchen behauptet worden ist, die von Verzögerungen gesprochen haben – es wäre rein technisch gar nicht anders möglich gewesen –, ist ins Reich der parteipolitischen Legende zu verweisen.
Sebastian Kurz hat recht, wenn er sagt, er möchte umgehend zur Aufklärung dieser Vorwürfe kommen. Warum? – Weil wir – und das sage ich Ihnen hier als Anwalt – mit Bedenken sehen, dass es heute genügt, wenn man in elektronischen Nachrichten von Menschen, die sich möglicherweise zu einer Straftat verabreden, vorkommt, um gleich selbst in die Verdachtssituation hineinzukommen. Ich kann Ihnen mit einiger Betroffenheit von den Kolleginnen und Kollegen des Standes der Rechtsanwälte in diesem Land mitteilen, dass wir das mit Besorgnis sehen. Wir sehen mit Besorgnis, in welcher Geschwindigkeit heute ein Verdächtigtenstatus konstruiert wird, und ich sehe es – und hier sollten wir alle gemeinsam in der Politik einen Blick darauf werfen – mit Besorgnis, wie schnell es in der Politik geht, dass man Verdächtiger wird.
Ich möchte Ihnen das deshalb sagen, weil wir uns dann nicht wundern dürfen, wenn diejenigen, die eins und eins zusammenzählen können, hinkünftig einen großen Bogen um die Politik machen werden, denn wenn sie die Bühne betreten, sind sie vielleicht schon mit einem Fuß in einer Verdachtslage, weil sie irgendwann mit irgendwem Kontakt gehabt haben, der vielleicht eine Straftat begangen hat. Das, meine Damen und Herren, ist ein Punkt, über den wir uns Gedanken machen müssen, weil wir alle als Politik, ganz egal welcher Glaubensrichtung, darunter leiden werden, wenn wir keine Bürgermeisterkandidaten mehr finden, weil einer als Bürgermeister schon mit dem Strafrecht in
Berührung kommt, wenn er eine Kanalgebühr nicht rechtzeitig vorschreibt oder wenn er sonst etwas nicht in der richtigen Geschwindigkeit macht.
Das gilt auch auf dieser Ebene hier heroben, wo wir in Verdachtslagen kommen, die wir – das möchte ich ganz klar sagen, und ich bin, wie ich in den letzten Tagen gelesen habe, mit diesem Urteil nicht alleine – als nicht ausreichend bezeichnen können, wenn wir uns anschauen, was jetzt passiert ist und was jetzt passiert. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, sei es wie es sei. Die Staatsanwälte sind am Zug und sie sind am Wort. Die Anwälte des Staates, also jene, die unser Monopol des Strafrechts, das wir hier herinnen beschließen, vertreten und überwachen sollen, diese Anwälte des Staates, deren Mandanten wir eigentlich auch sind, sind jetzt am Zug. Sie schulden uns eine rasche und saubere Ermittlung und sie schulden den Österreicherinnen und Österreichern eine Antwort auf die Frage, ob Politiker eine Straftat begangen haben oder nicht.
Wenn – das möchte ich auch sagen – nicht mehr als das, was wir da gelesen haben, an der Sache dran ist, dann schulden sie uns auch relativ schnell eine abschlägige Antwort. Das ist, was sie tun müssen. Dafür sind sie beauftragt, auch von uns hier in der Politik, und die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf eine rasche Antwort, die wir auch einfordern werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)
17.39
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Selma Yildirim zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Kollege Fürlinger, also jetzt haben Sie mich echt geärgert. Jetzt haben Sie mich echt geärgert! (Abg. Fürlinger: Das wollte ich tunlichst vermeiden!) Sie stellen sich hierher, stellen hier alternative Fakten auf! Wissen Sie, was das war? – Der Immunitätsausschuss, Herr Abgeordneter Fürlinger, ist der Ausschuss mit den routiniertesten, unkompliziertesten Sitzungen, die ich in den vier Jahren, seit ich im Nationalrat sitze, kenne. (Beifall bei der SPÖ.)
Was ist passiert, als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft das Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Sebastian Kurz an den Nationalrat gestellt hat? – Herr Abgeordneter Fürlinger, Sie sind Rechtsanwalt und Abgeordneter, hören Sie jetzt bitte zu, gehen Sie nicht aus dem Saal! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)
Da die ÖVP eine rasche Aufklärung wollte, weil Sie ja alle zu Recht und hoffentlich auch aufrichtig an einer Aufklärung interessiert sind, habe ich in meiner Verantwortung als Vorsitzende dieses Immunitätsausschusses den ersten Termin, nämlich den 16. November, 8 Uhr, vorgeschlagen, eine Stunde vor Beginn der Plenarsitzung. Das wäre eine volle Stunde für eine Sitzung, die im Grunde genommen – das wissen die Zuseherinnen und Zuseher nicht – eine Formalie ist, weil ja im Vorfeld schon alles diskutiert wird, und es eine Abstimmung ist, die in der Regel 10 bis 15 Minuten dauert. Ich gestehe aber zu, das öffentliche Interesse an Ihnen Herr Abgeordneter Kurz, ist sehr groß, deshalb habe ich eine Stunde zugestanden.
Medial war die erste Reaktion der ÖVP: Na selbstverständlich, der 16.11., das ist ja das, was wir eigentlich kennen, dem stimmen wir zu. Hinter den Kulissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich ein derartiges Tauziehen ergeben, dass ich mir gedacht habe: Wo bin ich denn?!, zwei Wochen lang. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Sie fragen, welches Tauziehen, Herr Abgeordneter Wöginger? (Abg. Wöginger: ..., was?)
Lesen Sie denn die Korrespondenz nicht? Sind Sie nicht im Gespräch mit Ihren Angestellten?
Das Erste war: Nein, wir wollen das am 16. nach der Sitzung! (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) – Bitte, nach 16 Stunden Sitzung hätten wir am Dienstag um 23 Uhr über diese Causa debattieren sollen, weil Sie gesagt haben, die Zeit von 8 bis 9 Uhr ist Ihnen zu kurz, die Stunde ist Ihnen zu kurz. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe es schriftlich, Sie bekommen das alles gerne schriftlich. – So.
Das Zweite ist – weil Sie mich geärgert haben, da ist das Problem, Herr Wöginger (Abg. Wöginger: Genau, ...!), und das sage ich Ihnen jetzt (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und jetzt hören Sie mir auch zu; Sie können sich ja dann zu Wort melden, hören Sie einmal mit den Zwischenrufen auf! –, der zweite Termin wäre am 17. November nach Sitzungsende gewesen.
Der dritte Termin, den die ÖVP vorgeschlagen hat, wäre heute, gerade jetzt wollten Sie darüber reden. Na bitte, wann war denn das klar, dass morgen der Reservetag in Anspruch genommen wird, Herr Wöginger? (Abg. Wöginger: ...vorletzten Präsidiale!) Wann wurde das denn klar? – Erst am 11., in der letzten Präsidiale. So, und jetzt soll ich mir als Vorsitzende den Vorwurf machen lassen, ich würde Ihnen nicht genug Zeit geben?! Sie hatten die Möglichkeit, so viel Zeit zu haben, Sie hatten die Möglichkeit, sich einen Wunschtermin auszusuchen, das haben Sie aber nicht gemacht.
Damit verkürze ich es, weil ich gerne kurz auf den Inhalt eingehen möchte. Letztendlich hatten wir vorgestern diese Sitzung, sehr geehrte Damen und Herren, und es ist Einstimmigkeit da, ja, aber dafür hat es diesen Zirkus gebraucht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
Es liegen in der ÖVP-Inseratenaffäre schwerwiegende Vorwürfe gegen den Abgeordneten Sebastian Kurz und sein Umfeld vor. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Da werden wirklich schwerwiegende Vorwürfe erhoben. Es geht um nicht weniger als um den Verdacht der Bestechung, Verdacht der Bestechlichkeit, Verdacht der Untreue, und es sollen geschönte Meinungsumfragen und entsprechende Berichterstattung in Boulevardmedien gekauft worden sein – und das alles von unser aller Steuergeld. Das ist zum Aufklären, das muss aufgeklärt werden!
Wir brauchen eine möglichst rasche Aufklärung (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Gerstl), aber dafür ist die Justiz zuständig, und auf parlamentarischer Ebene der Untersuchungsausschuss, den Sie hoffentlich nicht weiterhin verzögern, sondern mit forcieren werden.
Wie Sie alle wissen, darf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft seit dem 14. Oktober nicht ermitteln, weil ja Sie, Herr Abgeordneter Kurz, angelobt worden sind und parlamentarische Immunität genießen. Das ist ja auch wichtig, es hat ja seinen Sinn und Zweck, dass es diese Immunität gibt. Allerdings ist inzwischen wertvolle Zeit verstrichen. Es durfte ja weder gegen Sie noch gegen all die anderen, die in diesem Komplex geführt wurden, ermittelt werden (Zwischenrufe bei der ÖVP) – durfte nicht, so.
Wenn heute die Einstimmigkeit weiterhin gegeben ist, wird das so sein, weil wir keinen Zusammenhang zwischen Ihrer Tätigkeit als Abgeordneter und diesen Korruptionsvorwürfen sehen, dem, was da von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorgeworfen wird.
Niemand, sehr geehrte Damen und Herren, kann sich in diesem Parlament hinter der parlamentarischen Immunität verstecken, darüber sind wir uns alle einig. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist nicht Teil der politischen Arbeit, Grenzen zu überschreiten. Noch einmal: Das soll die Justiz untersuchen und die politische Geschichte soll der Untersuchungsausschuss des Parlaments erörtern. (Ruf bei der ÖVP: Muss!)
Ich möchte Ihnen nur eines sagen: Abgesehen von der strafrechtlichen Dimension, mit der sich die Justiz beschäftigen muss, und das hoffentlich ungestört – mit den rechtlichen Vorwürfen beschäftigt sich die Strafjustiz –, hat mich eines an dem ganzen Vorfall erschüttert: Was durch die Chats an die Öffentlichkeit gekommen ist, diese innere Einstellung zu anderen Menschen, diese unglaubliche Gier zur Macht und die dafür verwendeten Mittel, das, was an die Öffentlichkeit gekommen ist, das ist wirklich beschämend, und das schadet unser aller Ansehen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Andere haben dafür die Verantwortung bereits übernommen. Herr Kurz, ich erinnere daran, was Sie nach der Ibizavideoaffäre zu H.-C. Strache gesagt haben. Sie haben es gesagt, und unter anderem ist H.-C. Strache auch sofort zurückgetreten, ich glaube sogar, von allen seinen politischen Funktionen. Diese politische Dimension ist es, die mich beziehungsweise uns hier interessiert.
Dass Sie sich eine Selbstverteidigung aufbauen, Herr Kurz, sei Ihnen auch unbenommen. Dass Sie aber ein Privatgutachten erstellen lassen, in dem missbräuchlich ein Universitätslogo verwendet wird (Zwischenrufe bei der ÖVP) und von dem sich die Universität Wien distanziert, finde ich befremdlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Ganz abgesehen davon, dass so manche Juristen auch inhaltlich den dortigen Aussagen nichts abgewinnen können: Wenn man dann noch weiß, in welchem Umfeld der Verfasser des Gutachtens als Rechtsanwalt tätig ist, könnten wohlberechtigte Zweifel an der Objektivität entstehen.
Befremdlich ist aber auch, dass zum ich weiß wirklich nicht mehr wievielten Male von der ÖVP auf die Justiz eingeschlagen wird und der Anschein erweckt werden soll, dass die WKStA politisch motiviert und überschießend agiert.
Herr Kurz, Sie machen der Justiz Vorwürfe, greifen sie an und schaden damit unserem Rechtsstaat. Jede Verteidigungsstrategie ist legitim, aber greifen Sie doch nicht den Rechtsstaat an! Greifen Sie doch nicht diese Institutionen der Demokratie an! (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Sie legen der Aufklärung in Wahrheit damit Steine in den Weg, Sie verunsichern, die Leute fühlen sich eingeschüchtert. Das sind doch weisungsgebundene Staatsanwältinnen und Staatsanwälte! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Gehen Sie doch endlich aus dieser Opferrolle heraus! Sie sind kein Opfer einer politischen Kampagne durch die Justiz, eher ist es umgekehrt. Also lassen Sie die Justiz endlich in Ruhe und ohne politische Zurufe arbeiten! Das ist angesichts der knappen Ressourcen ohnehin schon sehr schwer.
Österreich hat, meine sehr geehrten Damen und Herren – und damit werde ich meine Rede schließen –, ganz offensichtlich ein Problem mit Korruption (Abg. Michael Hammer: Frau Präsidentin, die Zeit ist ja schon um!), und das verstärkt in den vergangenen Jahren. Gerade die ÖVP hat sich wiederholt Maßnahmen zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung in den Weg gestellt. Wir müssen aber Maßnahmen gegen Korruption auf den Weg bringen, das haben all diese Vorfälle wieder einmal sehr deutlich gemacht.
Ich darf an das von einer breiten Zivilgesellschaft getragene Antikorruptionsvolksbegehren erinnern (Abg. Michael Hammer: Frau Präsidentin, wie lang ...?) und alle einladen, dieses zu unterschreiben, sollten Sie das noch nicht getan haben. Wir können Korruption bekämpfen, sehr geehrte Damen und Herren! Bitte glauben Sie daran, dass wir sie bekämpfen können und unterstützen Sie dieses Volksbegehren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.49
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.
17.49
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin der Kollegin Yildirim sehr dankbar dafür, dass sie gerade erzählt hat, wie dieser Ausschusstermin zustande gekommen ist und wie wieder mit den Fristen gearbeitet wurde: dass die ÖVP auf der einen Seite sagt, sie sei daran interessiert, dass das möglichst rasch gelöst werden kann, und es dann wieder den Fristenschmäh gibt.
Es werden dauernd – wir haben das auch im Geschäftsordnungsausschuss im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss gesehen – Usancen des Hauses gebrochen. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) Das machen Sie ganz bewusst. Sie verschleppen dauernd Termine und ringen um jeden Tag an Zeit, die Sie bekommen können. Ich glaube, darüber sollten wir schon einmal reden: ob man die Sitten und Gebräuche, die im Haus bis jetzt üblich waren, jetzt von der ÖVP einfach wegwischen lässt.
Ein Punkt, der heute aber grundsätzlich, glaube ich, zur Debatte steht, ist der, warum es überhaupt notwendig ist, dass die Immunität von Altbundeskanzler Kurz aufgehoben wird. Warum muss man überhaupt das Hohe Haus damit befassen? Warum ist der Herr Altbundeskanzler überhaupt ins Hohe Haus zurückgekehrt, warum ist er in eine Immunität gegangen, um sie dann wieder aufheben zu lassen?
Ich denke also, wenn man die moralische Messlatte, die Sie, Herr Altbundeskanzler Kurz, selbst gelegt haben, bei Ihnen angelegt hätte, hätten Sie zurücktreten müssen, aber in der Sekunde. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich möchte Sie an einen Ausspruch erinnern, den Sie selber getätigt haben, Herr Altbundeskanzler Kurz: „Genug ist genug“! – Können Sie sich erinnern? Diesen Ausspruch haben Sie im vollen Wissen, was Sie mit Umfragen gemacht haben, im vollen Wissen, dass Sie mit Ihrem Projekt Ballhausplatz Steuergelder abgezweigt haben, getätigt. Das haben Sie alles gewusst und trotzdem haben Sie gesagt: „Genug ist genug“. (Zwischenruf der Abg. Steinacker. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich stelle mir schon die Frage, Frau Kollegin Steinacker - - (Abhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Also ich weiß nicht, was die ÖVP jetzt hat, ich verstehe es von hier aus schlecht, Frau Präsidentin. (Abg. Haubner: Wir verstehen Sie gar nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Zur Erinnerung: „Genug ist genug“, das war die Latte, die der Herr Altbundeskanzler Kurz selber gelegt hat. Ich denke, diese Latte muss man auch an sich selbst anlegen. Herr Altbundeskanzler Kurz, können Sie sich erinnern, warum Herbert Kickl aus Ihrer Sicht zurücktreten musste? – Weil Sie gesagt haben, dass kein ehemaliger Generalsekretär einer Regierungspartei gegen Parteimitglieder ermitteln darf. (Abg. Hörl: Das war ... Innenminister aller Zeiten!) – Wo ist jetzt die Latte, die Sie selber gelegt haben, wo ist Herr Nehammer? – Er sitzt noch immer im Amt. Wenn Sie die Latte, die Sie selbst gelegt haben, also an sich selber anlegen würden, müssten Sie allesamt schon längst zurückgetreten sein. (Beifall bei der FPÖ.)
Darum stelle ich mir auch die Frage, wie lange dieser ÖVP-Latten-Limbo-Dance noch weitergeht. Wie tief kann man noch hinuntergehen? Wie oft müssen Sie Ihre eigene Latte noch korrigieren, wie oft müssen Sie Ihren eigenen Standard überholen? Mir tut die Chefin Ihrer Ethikkommission schon leid, denn, ich glaube, die kann ihre Arbeit gar nicht aufnehmen, weil sie gar nicht weiß, was momentan der moralische Standard innerhalb der ÖVP ist. Deswegen in aller Kürze: Herr Altbundeskanzler Kurz, ersparen Sie uns bitte dieses Theater im Parlament! Sie brauchen sich nicht ausliefern zu lassen, Sie können einfach gehen und zurücktreten, und der Fall ist erledigt. Dann brauchen Sie uns nicht in Geiselhaft zu nehmen, dann brauchen wir diese Debatte nicht zu führen und der Fall ist erledigt. Noch einmal: Legen Sie die Maßstäbe, die Sie selbst aufgestellt haben, auch an sich selbst an! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Debatte jetzt nicht unnötig in die Länge ziehen! Eines fällt mir aber schon noch auf. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na ja, wenn die ÖVP dazwischenruft, dann bleibe ich schon gerne noch ein bisserl hier am Rednerpult, also so ist es nicht. (Abg. Haubner: Das wird nicht besser!) Das macht grundsätzlich auch Spaß, einmal in Ihre verzweifelten Gesichter zu schauen, wenn Sie nicht wissen, wie Sie das argumentieren sollen, was Sie da argumentieren wollen.
Eine Stimme fehlt mir aber trotzdem noch, denn es geht ja um Moral und es geht um Ethik in diesem Land. Einer fehlt mir dann doch noch, und zwar der Herr Bundespräsident, den Sie bei der nächsten Wahl auch unterstützen wollen. Er hat zu all dem bis heute nichts gesagt. Das finde ich interessant, denn der Bundespräsident war ja der, der gesagt hat: „So sind wir nicht“. Jetzt sind wir dann doch so oder so ähnlich, wie auch immer, aber auch den Herrn Bundespräsidenten würde ich aus dieser Verantwortung nicht entlassen.
Herr Altbundeskanzler Kurz, wenn Sie wissen möchten, warum es zu dieser Auslieferung gekommen ist oder warum es heute zu dieser Auslieferung kommen wird: Ich habe mir über den Sommer ein bisschen Arbeit für Sie gemacht. Ich habe ein Buch geschrieben, das heißt: „So sind wir“. Sie können gerne nachschlagen, warum Sie schlussendlich ausgeliefert werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hafenecker übergibt Abg. Kurz das eben erwähnte Buch.)
17.53
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Bürstmayr. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Da es zu Beginn dieser kurzen Debatte eine Auseinandersetzung gegeben hat, ob und wer da was verzögert hätte, möchte ich entgegen meiner sonstigen Usancen einmal Werbung für eine österreichische Wochenzeitschrift, nämlich das „Profil“ machen.
„Profil“ betreibt unter dem Titel faktiv einen Faktencheck, und dieser Faktencheck kommt mit heutigem Datum zur Frage, „Hat die ÖVP die Auslieferung von Kurz verzögert?“, zu einer recht spannenden, sehr detaillierten, aber trotzdem gut verständlich beschriebenen Darstellung des Prozesses, des parlamentarischen Prozederes, wie es denn zu einer sogenannten Auslieferung zunächst im entsprechenden Ausschuss und dann im Plenum kommt. Faktiv kommt zum Fazit, dass der Vorwurf, die ÖVP hätte das verzögert, als falsch einzustufen wäre. Das Fazit ist gar nicht so wichtig, ich empfehle Ihnen jedenfalls aber die Lektüre dieses Beitrags (Zwischenruf des Abg. Martin Graf), weil die Abläufe recht spannend und gut verständlich geschildert werden.
Was man vielleicht noch dazusagen sollte, ist, dass das Wort Auslieferung ein bisschen einen komischen Beigeschmack hat. Das klingt immer so, als würde ein Parlament beschließen, dass einer seiner Abgeordneten jetzt direkt in die Hände eines Kerkermeisters ausgeliefert würde oder so, als würde ein Parlament beschließen, dass eine Strafverfolgung stattzufinden hätte.
Nichts dergleichen ist der Fall. Dieses Haus entscheidet auch nicht über Schuld und Unschuld und auch nicht darüber, ob jemand strafverfolgt wird, angeklagt wird oder nicht. Die einzige Entscheidung, die wir hier zu treffen haben, ist, wann ein etwaiges Strafverfahren zu führen ist: während jemand von uns Abgeordneter oder Abgeordnete ist oder nachdem diese Abgeordneteneigenschaft geendet hat. Wenn das in Rede stehende Delikt in einem Zusammenhang zur politischen Tätigkeit, zur Abgeordnetentätigkeit von
einem von uns steht, dann wird dieser eine oder diese eine von uns in aller Regel nicht ausgeliefert.
Diesen Zusammenhang hat der Immunitätsausschuss im Fall des Kollegen Kurz und im Fall des Kollegen Schnedlitz verneint und damit der unabhängigen Justiz ermöglicht, beide schon eingeleiteten Strafverfahren zügig fortzusetzen. Ich gehe davon aus, dass beiden Kollegen letztlich daran gelegen ist, die gegen sie erhobenen Vorwürfe raschestmöglich aufzuklären.
Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg, genauso wie ich mir wünsche, dass die Justiz in diesem und in allen anderen Strafverfahren ohne Zurufe von außen und möglichst unabhängig arbeiten und aufklären kann. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.57
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Immunitätsausschusses.
Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (Zl. 501 St 85/21f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz (1160 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Philipp Schrangl. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren im Haus und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Ich glaube, ich muss am Anfang meiner Rede einmal mit ein paar Vorurteilen aufräumen, die man immer wieder in den Medien und leider auch aus Abgeordnetemmund gehört hat.
Erstens einmal: Die Immunität schützt den Abgeordneten. – Nein, meine Damen und Herren, die Immunität schützt nicht den Abgeordneten, sie heißt auch nicht Abgeordnetenimmunität, sondern sie heißt parlamentarische Immunität und schützt daher dieses Haus als Gesetzgebungskörper. Das heißt, es wird das ganze Haus, also nicht das Haus, sondern es werden die Nationalräte geschützt (Zwischenruf bei der ÖVP) – zuhören, dann können Sie es vielleicht beim nächsten Mal besser anwenden! –, damit wir unserem gesetzmäßigen Auftrag nachkommen können.
Zweitens: Die strafrechtliche Verfolgung des Abgeordneten wird nur gehemmt. Das heißt: Scheidet der Abgeordnete aus diesem Hohen Haus aus, wird die Staatsanwaltschaft sofort wieder die Verfolgung aufnehmen. Sollte ein Abgeordneter wirklich eine strafgerichtlich bedrohte Handlung getan haben, wird er früher oder später zur Rechenschaft gezogen. Der ehemalige Abgeordnete Peter Pilz hat das ja oft zu verhindern versucht – es ist auch ihm nicht gelungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe in der Zeitung gelesen: Sebastian Kurz sagt, er ist für seine Auslieferung. – Ja, das ist vielleicht nett, aber ein Abgeordneter
kann eben nicht entscheiden. Es entscheidet dieses Plenum des Nationalrates, ob wir den Abgeordneten ausliefern, nicht an den Kerkermeister, sondern an die Staatsanwaltschaft.
Und: Dieses scharfe Instrument der Immunität darf nicht als politisches Machtinstrument missbraucht werden. Wie aber der nächste Fall zeigt, ist das bei den Abgeordneten leider nicht in allen Köpfen angekommen.
Unter dem Eindruck des schrecklichen Mordes an der 13-jährigen Leonie hat Abgeordneter Schnedlitz, der Generalsekretär der Freiheitlichen Partei, in einem Facebook-Posting festgestellt, dass Zuwanderung tötet.
Dazu möchte ich ein bisschen beleuchten, wie andere Parteien auf diesen schrecklichen Mord reagiert haben: die Grünen leider gar nicht; Gott sei Dank haben sie aber schon zuvor, nachdem ein Österreicher eine Österreicherin ermordet hat, reagiert – zumindest etwas. Am 2. Mai haben sie eine Pressekonferenz abgehalten, bei der sie bekannt gaben, dass im Jahr 2021 am 2. Mai bereits neun Frauen Opfer eines Mannes wurden. Der damalige Gesundheitsminister Mückstein gibt zu Protokoll: Wir müssen gegen Männergewalt auftreten. Die Klubobfrau der Grünen gibt zu Protokoll: „Wir müssen bei den Männern ansetzen, die potenziell zum Täter werden“. Hätte also Abgeordneter Schnedlitz stattdessen schreiben sollen: Wir müssen bei den Zuwanderern ansetzen, die potenziell zu Tätern werden?
Wenig später und unter dem Eindruck des Mordes schreibt Sebastian Kurz auf seiner Twitter-Seite: „Die grausame Tat, die in Wien begangen worden ist, macht mich zutiefst betroffen & wütend. Es ist untragbar, dass Menschen in unser Land kommen, angeben, dass sie Schutz suchen & dann grausame Verbrechen begehen. Mein tiefes Mitgefühl gilt der Familie des Mädchens!“ – Hätte Michael Schnedlitz das schreiben sollen? – Nein, Michael Schnedlitz hat es – frei nach einer österreichischen Tageszeitung – auf den Punkt gebracht. Er hat es auf den Punkt gebracht und geschrieben: „Zuwanderung tötet“.
Meine Damen und Herren, entscheiden Sie selbst, ob das – wie meine Nachredner hier am Rednerpult sagen werden – Verhetzung ist und ob das von der politischen, von der parlamentarischen Immunität umfasst sein soll oder - - (Abg. Stögmüller: Es ist Verhetzung!) – Danke, ich bedanke mich bei den Grünen, denn Sie haben noch etwas aufgezeigt: Dieser Immunitätsausschuss ist nicht dazu da, eine Vorverurteilung abzugeben. Ob jemand verhetzt, beurteilt nicht das Parlament, sondern ein Gericht. (Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) Das, was Sie machen, ist politische Vorverurteilung. Es ist ein politisches Machtinstrument, wie Sie das verwenden.
Meine Damen und Herren zu Hause: Entscheiden Sie beim nächsten Mal selbst, ob Sie das noch wollen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
18.03
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr verehrten Zuseherinnen und Zuseher! Der Immunitätsausschuss, dessen Bericht wir jetzt behandeln, hat am vergangenen Dienstag, den 16. November, um 8 Uhr in der Früh stattgefunden. Heute, Donnerstagabend, in der Sitzung nach der Budgetsitzung, findet die Beschlussfassung des Nationalrates über diesen Bericht des Immunitätsausschusses statt.
Das ist ein Vorgang, der vollkommen den Usancen und den Gepflogenheiten des Hohen Hauses entspricht. Das bereits erwähnte Online-„Profil“ erklärt im heutigen Bericht auch
ganz genau und schildert im Detail, wie die Ausschüsse terminisiert werden, wie diese Beschlüsse zustande kommen. Das war vollkommen in Ordnung und den Gepflogenheiten entsprechend.
Es zeigt aber eines, Kollegin Yildirim, nämlich wie die SPÖ aus dem Nichts erfundene Geschichten macht, einfach so, aus dem Nichts. Tatsache ist, dass diese Sitzung und diese heutige Beschlussfassung vollkommen genauso, wie es bei jedem Immunitätsausschuss der Fall ist, zustande gekommen sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch auf die Ausführungen des Kollegen Schrangl möchte ich Bezug nehmen, der davon spricht, dass es um keine Vorverurteilung geht, selbst aber eine inhaltliche Bewertung vornimmt.
Da möchte ich doch ein bisschen auf die Grundsätze zurückgehen. Worum geht es denn beim Immunitätsausschuss und bei der Immunität? – Ja, Kollegin Yildirim, ich gebe Ihnen recht, dass der Immunitätsausschuss im Allgemeinen ein sehr sachlicher Ausschuss ist, in dem man auch versucht, möglichst Einstimmigkeit herbeizuführen, sich aber die Standpunkte und Blickwinkel naturgemäß immer unterscheiden, und so kann es schon vorkommen, dass es unterschiedliche Bewertungen und Beurteilungen gibt, so wie wir das in der jetzigen Sitzung haben. Aber – und da gebe ich Kollegen Schrangl recht –: Ja, die Immunität ist ein Recht des Vertretungskörpers und schützt die Handlungsfähigkeit dieses Parlaments. Man unterteilt diese Immunität in die berufliche – dass man eben nicht dafür belangt werden kann, was man hier am Rednerpult sagt, was man schreibt. Dafür kann man nur vom Nationalrat zur Verantwortung gezogen werden, und das ist gut und das ist wichtig, denn hier sollen ja emotionale und auch leidenschaftliche Reden gehalten werden. Hier herinnen! Auf der Straße soll sich das aber nicht auswirken.
Es gibt aber auch die außerberufliche Immunität, für alles, was von Abgeordneten in ihrer Funktion als Abgeordnete gemacht wird. Da ist die Unterscheidung: Wann ist man privat und wann ist man beruflich? – Ich glaube, dass es zwischen privater und nicht privater Tätigkeit eines Abgeordneten keinen Unterschied geben kann, denn auch, wenn ich im privaten Freundeskreis spreche, spreche ich als Abgeordneter. Wo ist da also die Grenze? Wo ist die Trennung? Ich will damit sagen, dass die Unterscheidung, die Differenzierung im Einzelfall oft sehr schwierig und nicht einfach ist. Es ist auch keine Rechtsentscheidung, weil wir ja keine inhaltliche Entscheidung treffen, sondern – unter Anführungszeichen – „nur“ feststellen, ob ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten besteht.
Wir von der ÖVP sind schon der Meinung, dass es für die politische Tätigkeit eines Abgeordneten auch Grenzen gibt und dass Aussagen wie „Zuwanderung tötet“ diese Grenze überschreiten und nicht unter dem Schutz der Abgeordnetenimmunität stehen dürfen. Man muss sich als Abgeordneter stets bewusst sein, was man sagt, wo man es sagt und wie man es sagt und vor allem, wie sich solche Aussagen auswirken können. (Abg. Lausch: Da geht es jetzt um den Inhalt!) Da hat jeder von uns eine entsprechende Verantwortung, auch Sie, Kollege Lausch, und vor allem die Kollegen Schnedlitz, Hafenecker und wie sie alle heißen! (Beifall bei der ÖVP.)
Kollege Hafenecker hat am Dienstag in der Debatte gemeint, der parlamentarische Diskurs sei nicht mehr ausreichend, man müsse zu Demonstrationen aufrufen. (Abg. Lausch: Ihr richtet es euch, wie ihr’s braucht!) Ich spreche niemandem sein Demonstrationsrecht ab, im Gegenteil, aber aufzurufen und zu versuchen, die Straße zu mobilisieren, um Minderheiten im Parlament durch Mehrheiten auf der Straße zu überdecken, meine Damen und Herren, das ist nicht der richtige Weg! (Abg. Lausch: Das ist undemokratisch, Herr Ofenauer!)
Ich denke, mit dieser Aussage des Kollegen Schnedlitz wurden die Grenzen der politischen Tätigkeit überschritten, und das kann von der Immunität nicht geschützt sein. (Beifall bei der ÖVP.)
18.08
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Graf. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich beobachte ja schon seit Jahren das Wirken des Immunitätsausschusses, konkret seit 1994, und habe auch mehrfach miterleben müssen, wie Spruchpraxen im Immunitätsausschuss in den letzten drei Jahrzehnten geändert wurden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich einmal nicht verschweigen – ohne Partei zu ergreifen –, aber das, was wir schlussendlich im Hohen Haus aus dem Immunitätsausschuss und seiner Spruchpraxis gemacht haben, halte ich schlichtweg für eine Farce; und diese setzen wir täglich fort.
Ich erinnere daran, dass bis circa 2006, 2007 im Zweifel ein politischer Zusammenhang festgestellt wurde und man sich dann aber nicht drübergetraut hat, trotz der Feststellung eines politischen Zusammenhangs auszuliefern, was ja grundsätzlich möglich ist – das wäre ja nur eine Frage der Spruchpraxis. Stattdessen versuchen wir hier, mit juristischen Argumenten herbeizuführen, ob etwas einen politischen Zusammenhang darstellt oder nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, alles, was hier im Hohen Haus gemacht wird, ob jetzt von einem Abgeordneten oder von einem Regierungsmitglied, das dann Abgeordneter wird, ist Politik! Wir sind kein politikfreier Raum, wir machen hier Politik. Der wirkliche Fehler, der sich eingeschlichen hat, weil man das Kind wieder einmal mit dem Bade ausgeschüttet hat, ist, dass der Immunitätsausschuss leider keine Handhabe bietet, dass man einen Rechtsanspruch daraus entwickeln kann, einen Rechtsanspruch, der sich von selbst ergibt. Nein, es entscheidet ein politisch besetztes Gremium nach Parteifarben, das schon in der Vergangenheit unglaubliche Kapriolen geschlagen hat, weshalb man immer wieder versucht, herumzuprobieren und es anders zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist der Umgang mit dem Parlamentarismus und mit uns selbst als Mitgliedern, den wir hier in Wirklichkeit zur Farce machen, weil in Wirklichkeit niemand draußen in der Bevölkerung versteht, warum wir hier feststellen, dass das, was Herr Kollege Kurz oder auch irgendein anderer in der Vergangenheit gemacht hat, keinen politischen Zusammenhang hat! Na, selbstverständlich hat das einen politischen Zusammenhang! Man will ihn aber ausliefern, oder er selbst will es auch – das kann er gar nicht, das wurde eh festgestellt. Man will ihn ausliefern, man folgt dem Zeitgeist, dem Boulevard und vieles andere mehr und schüttet das Kind mit dem Bade aus.
Solange es keinen Rechtsanspruch auf Auslieferung gibt, wird man immer eine Spruchpraxis finden, die den Mächtigen dient. Und die, die den Mächtigen dient, ist in diesem Fall seit mehr als 30 Jahren die der ÖVP, die ja diese Spruchpraxis entwickelt hat und sich jetzt selbst als Gefangene dieser Spruchpraxis wiederfindet. Das schlägt am Ende so eine Kapriole, dass, wenn wir feststellen, dass es keinen politischen Zusammenhang gibt, Herr Abgeordneter Kurz die Rechtsanwaltskosten, die er aufwendet, um sich dann vor der Staatsanwaltschaft zu verteidigen, nicht einmal von der Steuer absetzen kann, weil es ja keinen politischen Zusammenhang mit seinem Einkommen gibt und er das nicht einmal als Sonderausgaben geltend machen kann. Das ist nämlich dann die Spruchpraxis, weil sich die Finanz im Wege der Amtshilfe das Protokoll kommen lässt
(Zwischenruf des Abg. Loacker), und wenn kein politischer Zusammenhang festgestellt worden ist, kann man auch die Kosten der Verteidigung, die bis in die Hunderttausende gehen und die wirtschaftliche Existenz von Abgeordneten gefährden, von der Steuer nicht absetzen – auch wenn man obsiegt hat und man darauf in der Regel sitzen bleibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so weit haben wir es gebracht! Ich fordere den Immunitätsausschuss dringend auf, sich einmal zu treffen – nicht um 8 Uhr in der Früh für eine Viertelstunde und Ähnliches mehr oder um Mitternacht nach einer Sitzung, so wie es die Frau Kollegin gesagt hat, das sei ja alles Routine und das gehe in 2, 3 Minuten –, sich zusammenzusetzen und grundsätzlich darüber nachzudenken, wie wir es denn mit der parlamentarischen Immunität in Zukunft halten wollen (Zwischenruf der Abg. Yildirim.) So, wie es derzeit gelebt wird, kann man die Immunität nämlich auf dem Scheiterhaufen der Geschichte entsorgen. Dann brauchen wir sie in Wirklichkeit in der Form nicht, was eigentlich schade ist, weil sie letztlich auch zum Schutz der freien Meinungsäußerung gedacht ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
18.14
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Bürstmayr. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Graf, ich bin ja kurz davor, hier eine tatsächliche Berichtigung zu versuchen, so deutlich weicht das, was Sie hier vorgetragen haben, von der einschlägigen Rechtslage ab. Die Frage bei der parlamentarischen Immunität stellt sich ja nicht dahin gehend, ob zu einer bestimmten Äußerung, zu einer bestimmten vorgeworfenen Handlung irgendein politischer Zusammenhang hergestellt werden kann, sondern ob es einen möglichen Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit als Abgeordneter dieses Hauses gibt. Das ist ein Riesenunterschied, Herr Kollege Graf! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Jetzt ist es so (Ruf bei der FPÖ: Ist eh wurscht!), dass sich der Immunitätsausschuss im Fall des Kollegen Kurz die, wie man im Juristendeutsch sagt, inkriminierten Handlungen, also die Handlungen, die Herrn Abgeordneten Kurz vorgeworfen sind, und die Zeiträume, in denen diese gesetzt worden sein sollen, angeschaut hat. Ob sie gesetzt worden sind, muss die Justiz beurteilen, ob das strafbar ist, muss die Justiz beurteilen, aber der Schluss, zu dem wir gekommen sind, ist: Zu jenem Zeitpunkt war er auf jeden Fall nicht Abgeordneter, also kann es keinen Zusammenhang zur politischen Tätigkeit als Abgeordneter geben. Das war jedenfalls die überwiegende Begründung im Immunitätsausschuss, und deshalb sind wir zu diesem Ergebnis gelangt.
Im Fall des Kollegen Schnedlitz war das ein bisschen anders. Herr Kollege Schnedlitz hat viele Funktionen. Er ist FPÖ-Generalsekretär, er ist Bürgermeisterstellvertreter, Wohn- und Sozialstadtrat und Klubobmann der FPÖ-Fraktion in Wiener Neustadt; und dann ist er Abgeordneter zum Nationalrat. (Abg. Deimek: Und wenn man nur Abgeordneter ...!) Er wendet also sehr, sehr viel Zeit für politische Tätigkeit in verschiedenen Funktionen auf (Ruf bei der FPÖ: Das hast ja nicht du zu beurteilen!) und als solcher – und das haben wir uns - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Lassen Sie mich ausreden, lassen Sie mich ausreden! (Abg. Martin Graf: Das ist ja nicht deine Kompetenz, das zu prüfen!) Herr Kollege, bitte! (Zwischenruf der Abg. Steger.)
Wissen Sie, Immunitätsdebatten sind juristische oder stark juristisch geprägte Debatten (Abg. Martin Graf: Politische Entscheidungen sind das!), und Sie als Volljurist sollten gewohnt sein, sich die Argumente der Gegenseite erst einmal anzuhören. (Abg. Kassegger: Und Sie sollten sich als Volljurist einmal mit dem Thema Schutzzweck der
Norm auseinandersetzen, bevor Sie da Haarspaltereien betreiben! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wir haben uns also den fraglichen Facebook-Auftritt des Herrn Kollegen Schnedlitz angesehen, und es gibt viele verschiedene Postings, in denen er beispielsweise (Ausdrucke mit den entsprechenden Abbildungen in die Höhe haltend – Abg. Brückl: Um das geht es ja gar nicht, Oida!) mit einem FPÖ-Logo zu sehen ist (Zwischenrufe bei der FPÖ), auf denen er beispielsweise seine Büroarbeit im Rathaus oder seine politische Tätigkeit in Wiener Neustadt beschreibt. Es ist völlig klar, dass alle diese Postings (Abg. Deimek: Also, Frau Präsident ...!), die im Übrigen in keiner Weise inkriminiert sind, in einem Zusammenhang zur politischen Tätigkeit des Kollegen Schnedlitz stehen, aber nicht zur Tätigkeit als Abgeordneter. (Zwischenrufe und Heiterkeit bei der FPÖ.)
Es gibt andere Postings, aus denen ganz deutlich wird, dass hier der Abgeordnete Schnedlitz spricht (Ruf bei der FPÖ: Also die Kurve kriegst du nimmer, Herr Kollege!), und dann gibt es das fragliche Posting - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Kinder, lasst mich doch bitte ausreden! Es ist euch offensichtlich unangenehm, was ich da sage. (Ruf bei der FPÖ: Faule Ausreden! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Also die Zahl der Zwischenrufe aus der FPÖ-Fraktion zeigt ziemlich deutlich zu fortgeschrittener Stunde, dass das, was ich Ihnen hier sage, unangenehm sein muss. (Abg. Lausch: Nein, falsch!)
Ich komme zum Schluss (Abg. Lausch: Nicht unangenehm, falsch!): Das inkriminierte Posting (Ruf bei der FPÖ: Da müssen Sie ja selber lachen!) hat überhaupt keinen Hinweis auf irgendeinen Zusammenhang mit irgendeiner der vielen von mir aufgezählten Funktionen, und deshalb ist der Immunitätsausschuss zur Schlussfolgerung gelangt (Zwischenruf des Abg. Deimek), dass ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit als Abgeordneter nicht besteht.
Das, meine Damen und Herren, ist das, was Juristinnen und Juristen eine Abwägungsfrage nennen, und ich sage dazu – und auch das wissen Juristinnen und Juristen –: Es gibt auch bei Abwägungsfragen immer valide, also gültige Gegenargumente (Abg. Deimek: Jetzt kommt wenigstens ein gescheiter ...!), nur bestehen diese Gegenargumente nicht darin, dass man versucht, einen Redner durch Zwischenrufe zu übertönen. – Ich danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.19
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Ragger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Herren und Damen des Hohen Hauses! Normalerweise mische ich mich grundsätzlich nicht in eine Immunitätsdebatte ein, aber wenn man in einer solch überzogenen, wirklich politnahen justiziellen Entscheidung vorgeht wie der Herr Kollege, muss ich etwas sagen: Das ist Richtjustiz der Grünen! Das passiert jetzt nicht zum ersten Mal, sondern das passiert jetzt nach Kickl als Anlassfall zum zweiten Mal, und Verursacher sind ausschließlich Sie als Grüne! (Beifall bei der FPÖ.)
Niemand anderer in diesem Haus stellt infrage, was Immunität heißt. Und wenn Sie Art. 57 Abs. 3 B-VG inhaltlich richtig lesen würden, wüssten Sie: Wir haben in diesem Haus nur zu beurteilen, ob das politisch in Zusammenhang zu setzen ist oder nicht. Wo wollen Sie in diesem Fall von Herrn Schnedlitz hin? Er ist Vollblutpolitiker, er ist zu 100 Prozent in diesem Haus tätig, und daher besteht da ein politischer Zusammenhang. Und Sie liefern jetzt durch eine Politjustiz diesen Herrn aus. Das ist nicht vereinbar! – Danke. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
18.21
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte.
Ich frage den Berichterstatter, ob er ein Schlusswort möchte? – Das ist nicht der Fall.
Präsidentin Doris Bures: Dann kommen wir jetzt zu den Abstimmungen über die Vorlagen des Immunitätsausschusses.
Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich fortfahren können? – Ich sehe überall Zustimmung und werde daher auch so vorgehen.
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Immunitätsausschusses in 1159 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:
„In Behandlung des Ersuchens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 17 St 5/19d, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang der inkriminierten Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz besteht.“
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Immunitätsausschusses in 1160 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:
„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 501 St 85/21f, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz besteht.“
Jene, die dem zustimmen, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. (Abg. Deimek: Unfassbar! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Eine Schande für das Parlament!)
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 1 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.
Ich verlese:
„TO-Punkt 1:
In Behandlung des Ersuchens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz wird gemäß dem Ausschussantrag
in 1159 der Beilagen im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang der inkriminierten Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz besteht.“
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Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses verlesenen Teils des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.
Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.
Einlauf
Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2061/A bis 2074/A eingebracht worden sind.
*****
Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Freitag, 9 Uhr, ein. Die Tagesordnung ist auf schriftlichem Wege ergangen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 18.25 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien
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