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106. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 21., und Donnerstag, 22. Jänner 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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106. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 21., und Donnerstag, 22. Jänner 1998

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. Jänner 1998: 9.31 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 22. Jänner 1998: 0.00 – 1.12 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1996 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1996)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 360/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Zurücknahme des ÖPUL-Einstiegsstopps

3. Punkt: Bericht über den Antrag 411/A (E) der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Anrechnung von Winterraps als Begrünungsmaßnahme bei der Fruchtfolgestabilisierung

4. Punkt: Bericht über den Antrag 455/A der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 970/1993, neuerlich geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1997)

5. Punkt: Bericht über den Antrag 471/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1985, BGBl. Nr. 444, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 583/1995, geändert wird

6. Punkt: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1996

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tiertransportgesetz-Luft geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Novellierung des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße

9. Punkt: Tiertransportgesetz-Eisenbahn – TGEisb

10. Punkt: Bericht über den Antrag 652/A der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird


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106. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 653/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Studien an Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG) geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 525/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Einführung eines Vizedekans an großen Fakultäten

14. Punkt: Bericht über den Antrag 433/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Aufforderung an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zur Evaluation der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung

15. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich samt Anlagen

16. Punkt: Bericht über den Antrag 303/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Erhöhung der Lehrveranstaltungszahl an den Universitäten

17. Punkt: Bericht über den Antrag 436/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Erforschung und Dokumentation der Bedeutung der Kulturpflanze Hanf

18. Punkt: Bericht über den Antrag 524/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Steuerbefreiung von Stipendien und Preisen aus Wissenschaft und Forschung

19. Punkt: Bericht über den Antrag 547/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Anwendung der "neuen" Kommunikationstechnologien bei der administrativen Abwicklung der Studienbeihilfe

20. Punkt: Bericht über den Antrag 606/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird

21. Punkt: Erste Lesung des Antrages 618/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird

23. Punkt: Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des zweiten Finanzprotokolls des vierten AKP-EG-Abkommens samt Erklärungen

24. Punkt: Bericht über den Antrag 496/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen

25. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes

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106. Sitzung / Seite 3

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 27

Geschäftsbehandlung

Verlangen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers – Ablehnung 35, 36

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zum Verlangen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler 35

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka zum Verlangen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler 36

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3220/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 49

Durchführung einer Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 149

Redner:

Herbert Scheibner 149

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 151

Anton Gaál 153

Dr. Karl Maitz 154

Wolfgang Jung 155

Hans Helmut Moser 156

Andreas Wabl 158

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 49

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung 119

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zur Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler 119

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend Vertretungsregelungen 119

Beschluß auf Durchführung einer Debatte zu Punkt 25 der Tagesordnung 226

Ersuchen des Abgeordneten Andreas Wabl, die Sitzung zu unterbrechen 232

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser zum Ersuchen des Abgeordneten Andreas Wabl 232

Verlangen auf Durchführung der geheimen Wahl in Wahlzellen 237

Unterbrechungen der Sitzung 238, 238


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106. Sitzung / Seite 4

Aktuelle Stunde (21.)

Thema: "Das Versagen der Bundesregierung erhöht die Arbeitslosigkeit"

Redner:

Mag. Herbert Haupt 27

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 30

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 32

Rudolf Nürnberger 33

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 36

Dr. Volker Kier 37

Karl Öllinger 38

Reinhart Gaugg 40

Annemarie Reitsamer 41

Dr. Gottfried Feurstein 42

Maria Schaffenrath 43

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 45

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 27

Verfassungsgerichtshof

25. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes 226

Durchführung einer Debatte gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung 226

Redner:

Dr. Peter Kostelka 227

Dr. Andreas Khol 227

Mag. Johann Ewald Stadler 228

Dr. Volker Kier 230

Mag. Terezija Stoisits 232

Dr. Michael Krüger 234

Mag. Doris Kammerlander 235

Mag. Thomas Barmüller 236

Vorschlag des Nationalrates: Dr. Rudolf Müller 237

Ausschüsse

Zuweisungen 47, 210

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-, Frauen- und Tierschutz-Volksbegehrens (3522/J) 105

Begründung: MMag. Dr. Madeleine Petrovic 109

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 113

Debatte:

Ing. Monika Langthaler 119

Dr. Elisabeth Hlavac 122

Maria Rauch-Kallat 123

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 126


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106. Sitzung / Seite 5

Mag. Karl Schweitzer 127

Maria Rauch-Kallat (tatsächliche Berichtigung) 129

Mag. Thomas Barmüller 129

Mag. Doris Kammerlander 131

Ludmilla Parfuss 133

Rosemarie Bauer 134

Dr. Stefan Salzl 136

Maria Schaffenrath 137

Dr. Gabriela Moser 139

Heinz Gradwohl 140

Ingrid Tichy-Schreder 141

Edith Haller 143

Klara Motter 144

Anna Elisabeth Aumayr 146

Dr. Alois Pumberger 147

Mag. Terezija Stoisits 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Umsetzung erfolgreicher Volksbegehren – Ableh-
nung 146, 149

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundesregierung (III-97 d. B.) über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1996 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1996) (969 d. B.) 49

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 360/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Zurücknahme des ÖPUL-Einstiegsstopps (970 d. B.) 49

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 411/A (E) der Abgeordneten


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106. Sitzung / Seite 6

Robert Wenitsch und Genossen betreffend Anrechnung von Winterraps als Begrünungsmaßnahme bei der Fruchtfolgestabilisierung (971 d. B.) 49

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 455/A der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 970/1993, neuerlich geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1997) (972 d. B.) 49

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 471/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1985, BGBl. Nr. 444, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 583/1995, geändert wird (973 d. B.) 50


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106. Sitzung / Seite 7

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr 50

Georg Schwarzenberger 52

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 54

Mag. Thomas Barmüller 55

Heinz Gradwohl 57

Andreas Wabl 59

Jakob Auer 63

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 64

Robert Wenitsch 69

Rainer Wimmer 70

Katharina Horngacher 7


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106. Sitzung / Seite 8

1

Franz Koller 73

Matthias Achs 74

Dr. Stefan Salzl 75

Franz Kampichler 76

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 78

Sophie Bauer 79

Karl Freund 80

Otmar Brix 81

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 82

Kenntnisnahme des Berichtes III-97 d. B. 83

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 970, 971, 972 und 973 d. B. 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Verzicht auf den Einsatz der Gentechnik als Mindestkriterium zur Teilnahme am ÖPUL II – Ablehnung 62, 83

6. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses betreffend den Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (III-93 d. B.) über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1996 (1031 d. B.) 84

Redner:

Mares Rossmann 84

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 86

Dr. Hans Peter Haselsteiner 88

Rudolf Parnigoni 92

Ing. Monika Langthaler 95

Matthias Ellmauer 96

Helmut Haigermoser 97

Dr. Kurt Heindl 99

Theresia Haidlmayr 101

Mag. Franz Steindl 102

Anton Blünegger 103

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 104

Peter Marizzi 159

Kenntnisnahme des Berichtes III-93 d. B. 160

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen betreffend die rasche Umsetzung von Maßnahmen zur Mautfreistellung für die Benützung von grenznahen Straßenabschnitten – Ablehnung 86, 160

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (739 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Tiertransportgesetz-Luft geändert wird (961 d. B.) 160

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Novellierung des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße (962 d. B.) 160

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (946 d. B.): Tiertransportgesetz-Eisenbahn – TGEisb (963 d. B.) 160

Redner:

Dr. Stefan Salzl 161

Rudolf Parnigoni 162

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 163

Johann Kurzbauer 165

Mag. Herbert Haupt 167

Mag. Thomas Barmüller 169

Ludmilla Parfuss 170

Winfried Seidinger 171

Annahme der Gesetzentwürfe in 961 und 963 d. B. 172

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 961 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Bericht über die Entwicklung des Tiertransportwesens (E 102) 172

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 962 d. B. 172

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Verbot des Transportes von Kälbern bis zu einem Alter von 21 Tagen – Ablehnung 165, 173

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 652/A der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1053 d. B.) 173

11. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (1054 d. B.) 173

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 653/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Studien an Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG) geändert wird (1055 d. B.) 173

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 525/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Einführung eines Vizedekans an großen Fakultäten (1056 d. B.) 173

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 433/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Aufforderung an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zur Evaluation der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung (1057 d. B.) 173

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (742 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich samt Anlagen (1024 d. B.) 174

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 303/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Erhöhung der Lehrveranstaltungszahl an den Universitäten (1025 d. B.) 174

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 436/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Erforschung und Dokumentation der Bedeutung der Kulturpflanze Hanf (1026 d. B.) 174

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 524/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Steuerbefreiung von Stipendien und Preisen aus Wissenschaft und Forschung (1027 d. B.) 174

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 547/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Anwendung der "neuen" Kommunikationstechnologien bei der administrativen Abwicklung der Studienbeihilfe (1028 d. B.) 174

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 606/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1029 d. B.) 174

Redner:

Mag. Dr. Udo Grollitsch 174

DDr. Erwin Niederwieser 176

Dr. Martina Gredler 178, 196

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 181

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 183

Sonja Ablinger 185

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 187

Bundesminister Dr. Caspar Einem 188

Dr. Michael Spindelegger 189

Maria Schaffenrath 191

Dr. Johann Stippel 193

Mag. Dr. Udo Grollitsch (tatsächliche Berichtigung) 194

Dr. Michael Krüger 194

Dr. Gertrude Brinek 195

Dr. Elisabeth Pittermann 197

MMag. Dr. Willi Brauneder 199

Franz Stampler 200

Mag. Walter Posch 201

Annahme der Gesetzentwürfe in 1053 und 1054 d. B. 202

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1055, 1056, 1057, 1025, 1026, 1027, 1028 und 1029 d. B. 203

Genehmigung des Staatsvertrages in 1024 d. B. 203

21. Punkt: Erste Lesung des Antrages 618/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird 204

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 204

Rudolf Parnigoni 205

Bundesminister Dr. Caspar Einem 206

Mag. Helmut Kukacka 206

Franz Lafer 207

Mag. Thomas Barmüller 209

Dr. Gabriela Moser 209


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106. Sitzung / Seite 9

Zuweisung des Antrages 618/A an den Verkehrsausschuß 210

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (917 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird (995 d. B.) 210

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 210

Mag. Herbert Kaufmann 211

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 213

Dr. Hans Peter Haselsteiner 214

Dr. Kurt Heindl 216

Mag. Dr. Josef Höchtl 217

Annahme des Gesetzentwurfes in 995 d. B. 218

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (899 d. B.): Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des zweiten Finanzprotokolls des vierten AKP-EG-Abkommens samt Erklärungen (992 d. B.) 219

Redner:

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 219

Dr. Alfred Gusenbauer 220

Genehmigung des Staatsvertrages in 992 d. B. 221

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 221

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 496/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen (1000 d. B.) 221

Redner:

Maria Schaffenrath 222

Dr. Ilse Mertel 222

Mag. Doris Kammerlander 224

Edith Haller 225

Dr. Sonja Moser 226

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1000 d. B. 226

Eingebracht wurden

Volksbegehren 46

1065: Volksbegehren "Schilling-Volksabstimmung"

1066: Volksbegehren "Atomfreies Österreich"

Petition 47

Petition betreffend "Abschaffung aller Tierversuche" (Ordnungsnummer 36) (überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic )

Regierungsvorlagen 46

990: Übereinkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige


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106. Sitzung / Seite 10

Unterstützung ihrer Zollverwaltungen samt Zusatzprotokoll und Protokoll über den Beitritt Griechenlands zum Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen sowie Erklärung der Republik Österreich

1043: Gesundheitsförderungsgesetz – GfG

1050: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

1051: Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow, NAB) mit dem Internationalen Währungsfonds

Berichte 48

III-109: Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1995 und 1996

III-110: Kulturbericht 1996; Bundesregierung

III-111: Bericht über die soziale Lage 1996; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

III-112: Bericht betreffend Erweiterung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 30. 10. 1996, E 28-NR/XX. GP; Bundeskanzler

III-113: Bericht betreffend den Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1996/97; Bundeskanzler

Anträge der Abgeordneten

Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Beitritt Österreichs zur Konvention zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (Bonner Konvention) (672/A) (E)

Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend umfassenden Schutz für Wale (673/A) (E)

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (674/A)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Errichtung von Fachhochschul-Studiengängen für Bildungsberufe, Sozialberufe und medizinische Berufe (675/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Andreas Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (670/A)

Anfragen der Abgeordneten

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend österreichische Zahlungen an die Europäische Union (3481/J)


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106. Sitzung / Seite 11

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Vereinbarung, daß Österreich die Frage der altösterreichischen Minderheit nicht mit dem EU-Beitrittsprozeß Sloweniens junktimieren wird (3482/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Euro-Initiative der Bundesregierung (3483/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Hepatitis C (3484/J)

Johann Kurzbauer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Errichtung des Semmeringtunnels (3485/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Wehrbudget, Beschaffungswesen und Heeresgliederung (3486/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beweisverfahren im Zusammenhang mit Zivildienst-"Altfällen" (3487/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einführung einer Knock-out-Prüfung am Wiener Institut für Psychologie (3488/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend geplante Umwandlung der Bundesmuseen in "Anstalten" (3489/J)

Ing. Monika Langthaler an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens an Robert Haider (3490/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Förderung des Vereines "Österreichisches Volksgruppenzentrum" (3491/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Förderung des Vereines "Österreichisches Volksgruppenzentrum" (3492/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Förderung des Vereines "Österreichisches Volksgruppenzentrum" (3493/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Programmdokumente der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (3494/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbung für Banknoten (3495/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Garantieerklärung für eine Nichtprivatisierung der Bundesanteile an der Salzburger Flughafengesellschaft (3496/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalrochaden und getätigte Verbalinjurien gegenüber niederösterreichischen Gendarmeriebeamten (3497/J)


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106. Sitzung / Seite 12

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend demokratiefeindliche Gesinnung des Polizeidirektors Dr. Schweiger (3498/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeikontakte des Landeshauptmann-Stellvertreters Buchleitner (3499/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend MVA Flötzersteig (3500/J)


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106. Sitzung / Seite 13

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Absenkung der Telefonkosten des Rechnungshofes durch Telefonliberalisierung (3501/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3502/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3503/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3504/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3505/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3506/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3507/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3508/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3509/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3510/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3511/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3512/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3513/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Absenkung der Telefonkosten bei den Ministerien durch Telefonliberalisierung (3514/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Finanzierung der Adaptierung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen (3515/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend extramurale CT-Versorgung in der Region Steyr (3516/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend ökologische Auswirkungen des Multilateral Agreement on Investment (MAI) (3517/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend soziale Auswirkungen des Multilateral Agreement on Investment (MAI) (3518/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das Multilateral Agreement on Investment (MAI) (3519/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend das Multilateral Agreement on Investment (MAI) (3520/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend entwicklungspolitische Auswirkungen des Multilateral Agreement on Investment (MAI) (3521/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-, Frauen- und Tierschutz-Volksbegehrens (3522/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Juristenausbildung (3523/J)

Franz Morak und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Austria Film und Video GmbH (Austria Wochenschau) (3524/J)

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Äußerungen von Dr. Marin in einer SPÖ-Belangsendung (3525/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend die Gentechnik-Kennzeichnungsverordnung (3526/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Flugzeugabsturz am 21. 3. 1997 im Silvrettagebiet (3527/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend nicht geahndeter Verwaltungsübertretung (3528/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 14

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1996 (3529/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Förderungsbericht 1996 (3530/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Förderungsbericht 1996 (3531/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Förderungsbericht 1996 (3532/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den Förderungsbericht 1996 (3533/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1996 (3534/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den Förderungsbericht 1996 (3535/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Förderungsbericht 1996 (3536/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend den Förderungsbericht 1996 (3537/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1996 (3538/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Errichtung von Schubhafträumen (3539/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Lieferung von 130 Stück Brandunterdrückungsanlagen für den Kampfpanzer LEOPARD 2 (3540/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend den Förderungsbericht 1996 (3541/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umsetzung der "Fernabsatzrichtlinie" (3542/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Rufbereitschaft in Krankenanstalten (3543/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gewährung von Sonderkarenzurlaubsgeld (3544/J)

Franz Koller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Umstellung der Normalnull-Linie und ihre Auswirkungen (3545/J)

Franz Koller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Umstellung der Normalnull-Linie – Auswirkungen auf das Bergbauernprogramm (3546/J)

*****

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Absenkung der Telefonkosten des Parlaments durch Telefonliberalisierung (22/JPR)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 15

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (3087/AB zu 3148/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3088/AB zu 3156/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3089/AB zu 3243/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3090/AB zu 3273/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (3091/AB zu 3127/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3092/AB zu 3128/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3093/AB zu 3129/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3094/AB zu 3130/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3095/AB zu 3131/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3096/AB zu 3132/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3097/AB zu 3133/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3098/AB zu 3134/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3099/AB zu 3135/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3100/AB zu 3136/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3101/AB zu 3137/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3102/AB zu 3138/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3103/AB zu 3139/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3104/AB zu 3140/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3105/AB zu 3141/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3106/AB zu 3175/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3107/AB zu 3222/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3108/AB zu 3297/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (3109/AB zu 3301/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3110/AB zu 3307/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3111/AB zu 3352/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3112/AB zu 3259/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (3113/AB zu 3161/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (3114/AB zu 3144/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3115/AB zu 3316/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3116/AB zu 3322/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3117/AB zu 3143/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3118/AB zu 3159/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 17

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3119/AB zu 3188/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (3120/AB zu 3197/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (3121/AB zu 3198/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (3122/AB zu 3202/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3123/AB zu 3221/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3124/AB zu 3260/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3125/AB zu 3263/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3126/AB zu 3278/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3127/AB zu 3296/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (3128/AB zu 3330/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3129/AB zu 3311/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3130/AB zu 3167/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (3131/AB zu 3147/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3132/AB zu 3173/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (3133/AB zu 3283/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3134/AB zu 3247/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3135/AB zu 3279/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3136/AB zu 3219/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3137/AB zu 3294/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3138/AB zu 3154/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3139/AB zu 3172/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3140/AB zu 3182/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3141/AB zu 3151/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3142/AB zu 3164/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3143/AB zu 3183/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (3144/AB zu 3203/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3145/AB zu 3215/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3146/AB zu 3153/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen (3147/AB zu 3157/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3148/AB zu 3194/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3149/AB zu 3152/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3150/AB zu 3239/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3151/AB zu 3274/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3152/AB zu 3292/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (3153/AB zu 3163/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3154/AB zu 3185/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3155/AB zu 3214/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3156/AB zu 3216/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3157/AB zu 3232/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3158/AB zu 3282/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3159/AB zu 3176/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3160/AB zu 3184/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (3161/AB zu 3204/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3162/AB zu 3217/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3163/AB zu 3233/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3164/AB zu 3248/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3165/AB zu 3150/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3166/AB zu 3155/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 19

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3167/AB zu 3285/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (3168/AB zu 3162/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3169/AB zu 3181/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (3170/AB zu 3207/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3171/AB zu 3213/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3172/AB zu 3231/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3173/AB zu 3270/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3174/AB zu 3288/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3175/AB zu 3170/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3176/AB zu 3269/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3177/AB zu 3240/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3178/AB zu 3165/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3179/AB zu 3187/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3180/AB zu 3220/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3181/AB zu 3277/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3182/AB zu 3196/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3183/AB zu 3290/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (3184/AB zu 3281/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3185/AB zu 3272/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3186/AB zu 3193/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3187/AB zu 3166/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3188/AB zu 3177J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3189/AB zu 3186/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3190/AB zu 3262/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3191/AB zu 3289/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3192/AB zu 3171/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3193/AB zu 3179/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (3194/AB zu 3201/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3195/AB zu 3212/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3196/AB zu 3190/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3197/AB zu 3223/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3198/AB zu 3195/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3199/AB zu 3229/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3200/AB zu 3230/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3201/AB zu 3253/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3202/AB zu 3261/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3203/AB zu 3276/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3204/AB zu 3337/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (3205/AB zu 3340/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (3206/AB zu 3242/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (3207/AB zu 3246/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3208/AB zu 3189/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3209/AB zu 3218/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen (3210/AB zu 3224/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3211/AB zu 3241/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3212/AB zu 3275/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3213/AB zu 3293/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (3214/AB zu 3299/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (3215/AB zu 3304/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (3216/AB zu 3334/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3217/AB zu 3180/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3218/AB zu 3199/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3219/AB zu 3211/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (3220/AB zu 3208/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Genossen (3221/AB zu 3206/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (3222/AB zu 3205/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
106. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3223/AB zu 3235/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3224/AB zu 3236/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3225/AB zu 3237/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3226/AB zu 3238/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (3227/AB zu 3149/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3228/AB zu 3168/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3229/AB zu 3169/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3230/AB zu 3178/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3231/AB zu 3191/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3232/AB zu 3271/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3233/AB zu 3245/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (3234/AB zu 3209/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Mock und Genossen (3235/AB zu 3255/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3236/AB zu 3225/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3237/AB zu 3226/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3238/AB zu 3234/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (3239/AB zu 3200/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3240/AB zu 3251/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3241/AB zu 3286/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3242/AB zu 3323/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (3243/AB zu 3300/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (3244/AB zu 3258/J)


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106. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3245/AB zu 3250/J)

des   Bundesministers   für   Finanzen   auf   die   Anfrage   der  Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3246/AB zu 3264/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3247/AB zu 3249/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (3248/AB zu 3344/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3249/AB zu 3284/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3250/AB zu 3310/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3251/AB zu 3291/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3252/AB zu 3257/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3253/AB zu 3268/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3254/AB zu 3228/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3255/AB zu 3252/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3256/AB zu 3210/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3257/AB zu 3256/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3258/AB zu 3267/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3259/AB zu 3244/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (3260/AB zu 3298/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen (3261/AB zu 3359/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3262/AB zu 3472/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3263/AB zu 3287/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3264/AB zu 3328/J)


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106. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (3265/AB zu 3367/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3266/AB zu 3350/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (3267/AB zu 3280/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (3268/AB zu 3303/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (3269/AB zu 3333/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (3270/AB zu 3335/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (3271/AB zu 3266/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3272/AB zu 3295/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3273/AB zu 3302/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3274/AB zu 3324/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3275/AB zu 3346/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3276/AB zu 3305/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (3277/AB zu 3306/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3278/AB zu 3315/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (3279/AB zu 3317/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (3280/AB zu 3313/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (3281/AB zu 3320/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3282/AB zu 3321/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (3283/AB zu 3341/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3284/AB zu 3325/J)


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106. Sitzung / Seite 25

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (3285/AB zu 3314/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (3286/AB zu 3319/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (3287/AB zu 3312/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3288/AB zu 3331/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (3289/AB zu 3342/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3290/AB zu 3339/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3291/AB zu 3365/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (3292/AB zu 3338/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ernst Fink und Genossen (3293/AB zu 3357/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3294/AB zu 3329/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (3295/AB zu 3343/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3296/AB zu 3327/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen (3297/AB zu 3336/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (3298/AB zu 3332/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3299/AB zu 3355/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (3300/AB zu 3326/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3301/AB zu 3345/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3302/AB zu 3354/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (3303/AB zu 3351/J)


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106. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3304/AB zu 3353/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (3305/AB zu 3356/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (3306/AB zu 3360/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3307/AB zu 3349/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3308/AB zu 3348/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (3309/AB zu 3415/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (Zu 3166/AB zu 3155/J)

*****

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen (12/ABM zu 178/M)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (20/ABPR zu 20/JPR)

des   Präsidenten   des   Nationalrates   auf   die   Anfrage   der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (21/ABPR zu 21/JPR)


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106. Sitzung / Seite 27

Beginn der Sitzung: 9.31 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne die 106. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 104. Sitzung vom 11. Dezember und der 105. Sitzung vom 12. Dezember 1997 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Peter, Morak und Schwarzböck.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundeskanzler hat Mitteilung über die Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung gemacht, und zwar wie folgt:

Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch wird durch Frau Bundesministerin Mag. Barbara Prammer vertreten. – Diese wird daher auch in der Aktuellen Stunde zu Wort kommen.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde. Das Thema lautet:

"Das Versagen der Bundesregierung erhöht die Arbeitslosigkeit"

Als erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.33

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Erklärung nach der Ministerratssitzung vom 13. Jänner dieses Jahres erklärt, das Jahr 1998 zum "Jahr der Arbeit und der Beschäftigung" für diese Bundesregierung machen zu wollen. Gleichlautende Erklärungen hat die Einheitspartei "Sozialdemokratische/Österreichische Volkspartei" bereits in der Regierungserklärung des Jahres 1987 abgegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Die Erhaltung eines möglichst hohen Beschäftigungsniveaus habe höchste Priorität.

In der Regierungserklärung 1990 hat die "rot-schwarze Einheitspartei" dieses wiederholt: Einer aktiven und effizienten Arbeitsmarktpolitik muß Vorrang eingeräumt werden.

In der Regierungserklärung 1994 haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der "ÖVP/SPÖ-Einheitspartei", das wiederholt: Die Senkung der Arbeitslosigkeit, die Steigerung der Erwerbstätigkeit, vor allem von Frauen und Arbeitnehmern vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter, sowie die Erhöhung der Qualität der Arbeitsplätze wird gleichermaßen als Zielsetzung durch das neue Arbeitsmarktservice angestrebt.

In Ihrer eigenen Regierungserklärung, der Regierungserklärung 1996 heißt es: Erforderlich ist eine Wirtschaftspolitik, die es möglich macht, bestehende Betriebe auszubauen und neue zu errichten – sei es durch Inländer, sei es durch Ausländer –, um auf diese Weise sinnvoll Arbeits


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106. Sitzung / Seite 28

plätze zu schaffen und zu erhalten. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Die Regierungserklärung 1997 hatte ebenfalls den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zum Thema. Die zentrale Frage war unzweifelhaft, daß die Arbeitslosigkeit reduziert werden muß.

In der Klubklausur vom 11. Jänner 1998 haben Sie dieses Ziel wiederholt verkündet, und am 13. Jänner hat der Herr Bundeskanzler das noch einmal erklärt.

All diese Absichtserklärungen und all das, sehr geehrte Damen und Herren von der "rot-schwarzen Einheitspartei", haben zu folgenden Arbeitslosenzahlen geführt (weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP): 1989 hatten wir einen Tiefststand von 149 178 Arbeitslosen – und dann ging es nur noch bergab. 1991: 165 000 Arbeitslose, 1992: 193 000 Arbeitslose, 1994: 214 000 Arbeitslose, 1996: 230 000 Arbeitslose, 1997: 233 500 Arbeitslose; und im Jänner 1997 hatten wir mit 302 000 Arbeitslosen einen Höchststand – das erste Mal seit 1949, daß die Marke von 300 000 überschritten wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nunmehr, nach zehn Jahren Arbeitsplatzoffensive dieser Bundesregierung, die aktuellen Zahlen von Mitte Jänner dieses Jahres: ein Arbeitslosenrekord 1998. In der Bundeshauptstadt Wien sind mit 79 695 Arbeitslosen derzeit 8,9 Prozent mehr arbeitslos als 1997. Nach den Prognosen des Arbeitsmarktservice werden mit Ende Jänner dieses Jahres erstmals mehr als 80 000 Wiener und Wienerinnen arbeitslos sein.

Das Scheitern der Beschäftigungspolitik wirkt sich inzwischen auch schon im Wohnbezirk des Herrn Bundeskanzlers aus. In seinem Heimatbezirk Schwechat hat die Arbeitslosigkeit im Jänner mit 11,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs erreicht, der wirklich schmerzlich ist. Die hohe Arbeitslosenquote ist für alle in Österreich nicht mehr hinnehmbar!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie sich die Arbeitslosenzahlen anschauen und auch Ihre Lippenbekenntnisse mitbedenken, werden Sie draufkommen, daß das, was sich auf unserem Arbeitsmarkt abspielt, hausgemacht ist. Sie, sehr geehrte Damen und Herren, haben in den letzten Jahren alles darangesetzt, die passive Arbeitsmarktpolitik zu fördern. Österreich liegt in einem EU-weiten Vergleich mit einem Anteil von nur 10 Prozent der aufgewendeten Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik auf dem letzten Platz. Auch auf dem Beschäftigungsgipfel von Luxemburg wurde Ihnen in diesem Zusammenhang attestiert, daß Österreich seine Initiativen mehr in Richtung aktiver Arbeitsmarktpolitik, weg von der passiven Arbeitsmarktpolitik setzen muß.

Auch im Zusammenhang mit der Lehrlingsoffensive, die immerhin die geringe Senkung von 3,5 Prozent der Zahl der Arbeitsuchenden im Bereich der unter 30 Jahre alten Personen gebracht hat, haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren, Ihre Versprechungen gegenüber der österreichischen Jugend nicht gehalten. Bei 400 Lehrstellen im Bereiche des Bundes haben Sie eine Verdoppelung versprochen, aber tatsächlich haben Sie nur 150 Lehrplätze zusätzlich geschaffen. Die österreichischen Gemeinden waren da vorbildlicher, sie haben tatsächlich neue Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen. Die österreichische Wirtschaft und die österreichische Industrie sind mit gutem Beispiel vorangegangen. Aber trotzdem konnten die Versprechungen des Herrn Bundeskanzlers auch der Jugend gegenüber nicht erfüllt werden.

Der Herr Bundeskanzler hatte behauptet, im Herbst werde kein Jugendlicher auf der Straße stehen. – Tatsächlich ist es aber so, daß heute noch immer mehr als 2 900 Jugendliche – netto! – keine Lehrstelle finden und sich 7 200 Jugendliche in kurzfristigen Schulungsmaßnahmen befinden. – All das sind die offiziellen Zahlen des Arbeitsmarktservice, der Wirtschaftskammer, des Unterrichtsministeriums. (Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Das Arbeitsmarktservice führt an, daß im Jahre 1998 für lehrstellensuchende Jugendliche der Zustand bedrohlich sein wird und daß darüber hinaus ein Teil jener Jugendlichen, die sich nunmehr in einer Schulung befinden, keinen adäquaten Arbeitsplatz finden wird, weil die Ausbildung in diesen Schulungen im Gegensatz zum dualen System der Lehrlingsausbildung in Österreich nicht arbeitsmarktkonform ist. Die Bedenken der Wirtschaftstreibenden und der Handels


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106. Sitzung / Seite 29

kammern in Österreich gegen diese Politik sind ja nachlesbar: Bedenken von Ihnen, Herr Kollege Stummvoll, und von Ihrem Wirtschaftskammerpräsidenten Maderthaner.

Auch hinsichtlich der Selbständigenquote ist Österreich im internationalen Vergleich Schlußlicht. Österreich liegt mit 6,6 Prozent im OECD-Vergleich diesbezüglich an drittletzter Stelle, obwohl Sie eine "Gründeroffensive" nach der anderen initiieren.

Die Bundesregierung ist bezüglich der Erreichung der Ziele, die sie angibt umsetzen zu wollen, sträflich säumig. Und die Zeche dafür zahlen Hunderttausende Österreicher!

Mehr als 860 000 Österreicherinnen und Österreicher waren im letzten Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen, und mit 139 Tagen hat die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit auch nur marginal, nämlich um einen halben Tag, abgenommen.

Alle Offensiven, die Sie seit 1984 versprochen haben, haben nichts gefruchtet. Hinsichtlich der Bürokratie hat Österreich nach wie vor schlechte Daten: Die Verfahren dauern in Österreich immer noch länger als in vergleichbaren EU-Ländern, sie dauern etwa doppelt so lange wie jene in der Bundesrepublik Deutschland. (Abg. Dr. Lukesch: Das stimmt nicht!) Wir sind, was die Bürokratisierung und Hinderung bei der Gründung von selbständigen Betrieben anlangt, noch immer Schlußlicht.

Ein Teil der Statistik ist allerdings – das sei zugegeben – damit ausgeglichen worden, daß nunmehr Berufe, die früher als unselbständig gegolten haben, sozusagen zu den Selbständigen gewandert sind, wodurch zumindest laut Statistik ein Erfolg im Bereich der Selbständigkeit stattzufinden scheint.

Tatsache ist, daß die Bundesregierung in all jenen Bereichen, für die sie seit 1984 Aktionen angekündigt hat, sträflich säumig beziehungsweise zögerlich ist. Stattdessen liefern Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Einheitspartei "ÖVP/SPÖ", in der Öffentlichkeit Scheingefechte über Dinge, die Sie hinter den Kulissen schon lange ausgeschnapst haben – das beweist etwa die derzeit stattfindende Familiendebatte –, um dann Woche für Woche neue Jubelzahlen in den Raum stellen zu können, die Sie eigentlich schon vor Weihnachten in internen Gremien lange vorberaten und ausgemacht haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher werden Ihnen das nicht mehr abnehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihre Ankündigungspolitik ist gescheitert! Und das Ziel, in Österreich mehr Beschäftigung, mehr Arbeitsplätze, von denen man wirklich leben kann, zu schaffen, haben Sie klar verfehlt!

Die Beschäftigung der Frauen hat in Österreich in den letzten Jahren einen neuen erschreckenden Tiefpunkt erreicht. Die Damen, die das Frauen-Volksbegehren initiiert haben, haben recht: In den letzten Jahren hat sich die Situation der Frauen in Österreich drastisch verschlechtert. Sehr viele Damen werden heute noch mit Wehmut an Sozialminister Hesoun, der damals bei ihnen nicht sehr beliebt war, zurückdenken, denn unter ihm wurde wenigstens der Unterschied zwischen den Einkommen der Frauen und Männer in diesem Lande geringfügig verkleinert. Inzwischen ist diese Schere wieder weiter aufgegangen, und die Frauen sind hinsichtlich der Beschäftigung nach wie vor diskriminiert. Kein einziger Punkt – ich betone: kein einziger Punkt! – des Frauen-Volksbegehrens wurde bis dato umgesetzt (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist falsch!), und die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz ist nach wie vor gang und gäbe.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es nützt nichts, eine reine Ankündigungspolitik zu betreiben und in der Praxis zu versagen!

Es kann hier nur die Hoffnung ausgesprochen werden, daß das Jahr 1998 tatsächlich ein Jahr der Beschäftigung wird und nicht neuerlich ein Jahr der Ankündigungspolitik der "rot-schwarzen Einheitspartei", die wir ja schon zur Genüge kennen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.43


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106. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand gelangt Frau Bundesministerin Mag. Prammer zum Wort. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

9.43

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In den letzten Monaten hat der Nationalrat mehrfach die Themen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarktpolitik und Arbeitslosigkeit erörtert. An den Positionen der Bundesregierung hat sich nichts geändert: Ihr vorrangiges Anliegen ist es, Beschäftigung nicht nur zu sichern, sondern vor allem auszuweiten (Beifall bei der SPÖ), neue, zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse zu schaffen und das Erwerben jener Qualifikationen zu ermöglichen, die den erfolgreichen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Weg Österreichs sicherstellen.

Die Bundesregierung betrachtet es allerdings als keinen geeigneten Weg, durch Verunsicherung der Bevölkerung, insbesondere und gerade der von Arbeitslosigkeit Betroffenen, politisches Kleingeld zu machen, durch Herbeireden von Unsicherheiten im Hinblick auf die Zukunftschancen der Jugend, die Stabilität der Pensionen und vieles mehr. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Die Bundesregierung nimmt die Sorge der Menschen um die Arbeitsplätze, die Angst vor Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen ökonomischen, sozialen und psychischen Konsequenzen ernst, verwahrt sich jedoch gegen Angstmache, Gespenstermalerei und politische Instrumentalisierung der berechtigten Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher. Gegen eine solche Politik, wie sie insbesondere von der FPÖ betrieben wird, stellt die Bundesregierung die Fakten, auf die ich nun ganz kurz eingehen werde. (Abg. Böhacker: Keine Polemik von der Regierungsbank!)

Die enorme wirtschaftliche Dynamik in allen Bereichen hat sich auch auf die Beschäftigung ausgewirkt. Österreich ist neben Norwegen, Dänemark und Irland das einzige europäische Land, das seit 1990 einen kräftigen Beschäftigungszuwachs aufweist. Gegenüber 1990 haben wir um 175 000 mehr unselbständig Beschäftigte, gegenüber 1983 sind es um 320 000 mehr, also ein Plus von 12 Prozent. Es wird ein Zuwachs um weitere 45 000 bis 1999 prognostiziert.

Ein vom Institut für Höhere Studien durchgeführtes Arbeitsmarkt- beziehungsweise Arbeitslosigkeitsranking aufgrund relevanter Indikatoren wie Beschäftigungsquote, Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit weist Österreich in der Gesamtbewertung EU-weit eindeutig auf dem ersten Platz aus! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Noch vor Dänemark und Luxemburg, sage ich dazu.

Es zeigt sich dabei, daß auch das häufig vorgebrachte Argument, hierzulande verstecke man nur die Arbeitslosigkeit, beispielsweise durch Frühpensionierungen, nicht richtig ist. Die Jugendarbeitslosigkeit ist 1997 deutlich gesunken, und zwar um mehr als 1 000 Jugendliche. Die Frauenbeschäftigung ist 1997 wieder einmal deutlich gestiegen, Herr Abgeordneter Haupt (Abg. Böhacker: Lauter Teilzeitbeschäftigte!), nämlich um 7 499 Frauen. Die Erwerbsquote der Frauen liegt mit 62,4 Prozent in Österreich durchaus über dem EU-Durchschnitt und auch über dem OECD-Durchschnitt. Der leichte Rückgang der Arbeitslosigkeit der 15- bis 24jährigen Frauen soll aber auch erwähnt werden, denn auch das ist wesentlich und wichtig. Die Arbeitslosigkeit bei den 25- bis 49jährigen ist eindeutig gesunken.

Der Bereich, bei dem es Probleme gibt – und das stellt für uns, die Bundesregierung, auch eine große Herausforderung dar –, ist die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitskräfte, nämlich der mehr als 50 Jahre alten, denn in diesem Bereich ist die Arbeitslosigkeit gestiegen. Gleichzeitig hat aber gerade auch in dieser Altersgruppe – und das muß auch dazugesagt werden – das Beschäftigungsausmaß enorm zugenommen, nämlich um mehr als 10 000.

Unverändert hat die Bundesregierung auch an ihrer beschäftigungspolitischen Konzeption festzuhalten – sie hält auch daran fest –: Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch gezielte Hilfen zur


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106. Sitzung / Seite 31

Bewältigung des Strukturwandels, Maßnahmen zur Umverteilung der Arbeit, stabile politische Rahmenbedingungen, Berechenbarkeit für die Wirtschaft, hohe Kaufkraft der Bevölkerung und aktive Arbeitsmarktpolitik. Dabei sind stets Bündel von Maßnahmen und das Zusammenspiel einzelner Punkte der Beschäftigungspolitik notwendig. Es gibt kein einzelnes und einziges Wundermittel. Die aktive Arbeitsmarktpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der Beschäftigungspolitik, aber nicht das einzige Element.

Die Arbeitsmarktpolitik kann in erster Linie bestimmten Personengruppen helfen, durch verbesserte Vermittlung, verbesserte Ausbildung und ein Förderinstrumentarium leichter einen Arbeitsplatz zu finden oder wiederzufinden. In der nächsten Phase – auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Beschäftigungsgipfels in Luxemburg – geht es darum, die Bemühungen zu verstärken, um eine Trendwende in Richtung Vollbeschäftigung für die nächsten Jahre zu erreichen.

Im wesentlichen müssen vor allem die Rahmenbedingungen für das Wirtschaften bei uns im internationalen Vergleich zur Spitze gehören, die Startchancen für Jugendliche durch ein differenziertes Angebot weiter verbessert werden – die Weiterentwicklung unseres dualen Ausbildungssystems und auch die Neuordnung unseres Förderinstrumentariums sind hiebei von ganz besonderer Bedeutung. Für Langzeitarbeitslose sind Förderungen von Mischformen von Arbeit im Sozialbereich und Ausbildung anzustreben. Neue Formen der Selbständigkeit sind nicht als Bedrohung anzusehen, sondern durch geeignete Rahmenbedingungen bewußt zur Beschäftigungsförderung einzusetzen, wobei insbesondere die befristete Bereitstellung von Infrastruktur für Menschen – ich sage auch hier dazu: insbesondere für Frauen –, die sich selbständig machen wollen, ein erfolgversprechender Weg sein könnte.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen – vor allem im Sozialbereich – kann meiner Meinung nach am ehesten in der Weise erfolgen, daß gemeinnützige Vereine mit Starthilfen durch das Arbeitsmarktsservice stärker als bisher Arbeitslose wieder integrieren und gleichzeitig soziale Dienstleistungen zu vertretbaren Preisen und mit kundenfreundlichen Bedingungen anbieten. Die bessere Verteilung der Arbeit hat durch einige gesetzliche Veränderungen vor kurzem bereits wesentliche Impulse erhalten. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur die Bildungskarenz oder die Arbeitszeitverkürzung mit befristeter Solidaritätsprämie.

Jetzt geht es darum, durch praktische Umsetzung dieser Möglichkeiten die gesetzlichen Spielräume auch auszunutzen. Bei Saisonbranchen müssen wir dort, wo das noch nicht geschehen ist, auf stabilere Beschäftigungsverhältnisse drängen.

Die Entlastung der Arbeit von Steuern und Abgaben kann nur so erfolgen, daß dadurch der soziale Standard nicht gefährdet wird. Das heißt, die Senkung von Lohnnebenkosten muß mit anderen Abgaben kompensiert werden. Wertschöpfungsbezogene Elemente sind als Berechnungsgrundlage für Sozialabgaben verstärkt heranzuziehen, um die Arbeit von Abgaben zu entlasten und damit die Schwellen zur Aufnahme regulärer Beschäftigungsverhältnisse abzubauen.

In Umsetzung der vierten Säule der beschäftigungspolitischen Leitlinien, der Förderung der Chancengleichheit von Frauen, werden Schwerpunkte gesetzt, die auf die Verringerung des Arbeitslosigkeitsgefälles zwischen Männern und Frauen, auf die Bereitstellung von Versorgungseinrichtungen für Kinder, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erhöhen, und auf die erleichterte Rückkehr in den Beruf nach Unterbrechungen abzielen.

Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, daß die Sozialministerin erst in den letzten Wochen einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat: Durch einen Erlaß an das Arbeitsmarktservice finden Wiedereinsteigerinnen einen transparenten, nachvollziehbaren und leichteren Weg vor, wie sie in den Beruf zurückkehren können. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird auf Maßnahmen, die das Arbeitsmarktservice seit Jahren setzt, zurückzugreifen sein. Dazu zählen unter anderem Qualifizierungs- und Berufsorientierungsmaßnahmen, die Bereitstellung von Arbeitsplätzen in sozial-ökonomischen Betrieben, die Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen und der Einsatz der Wiedereinstellungsbeihilfen, Frauenstiftungen, stiftungsähnliche Maßnahmen und vieles andere mehr.


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Ich möchte abschließend betonen, daß ich als Frauenministerin einen sehr intensiven Dialog mit dem AMS, mit den AMS-Stellen der Länder und vor allen Dingen auch mit den Landesregierungen führe, weil ich weiß, daß nur gemeinsam konstruktive Wege gefunden werden können, und zwar im Sinne dessen, was ich vorher ausgeführt habe.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Eine demokratische Gesellschaft braucht soziale Sicherheit, soziale Sicherheit braucht einen hohen Beschäftigungsstand. Es ist daher die Aufgabe aller im Staat Agierenden, alles daranzusetzen, diesen auch zu gewährleisten. Das betrifft selbstverständlich die Politik, das betrifft das Hohe Haus und die Bundesregierung, da haben auch die Länder und die Gemeinden ihre Verantwortung wahrzunehmen, und das betrifft vor allem und im besonderen Ausmaß alle in der Wirtschaft Handelnden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke der Frau Bundesministerin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die Redezeiten sind jeweils mit 5 Minuten festgesetzt.

Als erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Khol: Haider nimmt die Aktuelle Stunde aber nicht ernst! Die Beschäftigungsprobleme scheinen ihm kein Anliegen zu sein! – Abg. Haigermoser: Kümmere dich lieber um die Aussagen eines Herrn Schüssel beim Frühstück, um die "richtige Sau"! Kümmere dich lieber um diese Aussage!)

9.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das, was die Frau Bundesministerin da vorgelesen hat, beginnt eigentlich damit: Es ist alles in Ordnung; wir haben nur ein Problem: Diese Freiheitlichen vermiesen uns eigentlich das angenehme Leben als Politiker in diesem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Jahre 1996 haben wir eine Sondersitzung betreffend Arbeit schaffen, einen Beschäftigungsgipfel einberufen. Und was machen Sie? – Sie brauchen wieder einmal zwei, drei Jahre, bis Sie uns widerspenstig folgen, und rufen das Jahr 1998 zum Jahr der Arbeit aus, wobei Sie uns ein X für ein U vorzumachen versuchen. Darüber, daß Österreich in punkto Wirtschaftswachstum beispielgebend sein soll, lachen doch alle OECD-Mitglieder. Österreich ist 1997 Schlußlicht gewesen, ja wir waren es die letzten drei Jahre, weil wir ein weit unter dem Durchschnitt der OECD liegendes Wirtschaftswachstum haben.

Wenn Sie sagen, Österreich sei Spitze hinsichtlich Beschäftigung, dann muß ich Ihnen antworten: Sie lesen Ihre eigenen Statistiken nicht. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten hat im Jahre 1997 die Zahlen von 1995/96/97 herausgegeben. Österreich war in diesen drei Jahren – gemeinsam mit Deutschland, das muß man immer dazusagen – das Land, das drei Jahre lang diesbezüglich ein Minus verzeichnen mußte. Drei Jahre lang ein Minus bei der Beschäftigungsentwicklung! Die Quelle stammt von der Europäischen Union, Economic Data Pocket Book, also von Ihnen selbst gemacht.

Also was reden Sie da, Frau Ministerin? – Hören Sie auf, die Bevölkerung mit falschen Informationen, die man in jeder Zeitung – dort aber in richtiger Form – lesen kann, zu verunsichern! Sie verunsichern – und nicht wir! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sagen, zum Beschäftigungsgipfel nach Luxemburg fahren wir alle hin, dort werden wir uns die Programme holen. – Lesen Sie doch bitte nach, was in Luxemburg herausgekommen ist! Es ist wie beim Igel und beim Hasen: Einmal sagen Sie, in Luxemburg ist der Beschäftigungsgipfel, dann sagen Sie wiederum, Beschäftigung ist eine rein nationale Angelegenheit. Glauben Sie, Sie können mit uns Igel und Hase spielen?! Das ist doch gelacht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Dazu kann man wirklich nur sagen: ein Beschäftigungsgipfel zwischen Traum und Wirklichkeit. Wachen Sie auf, Frau Bundesministerin! Lesen Sie bitte auch ausländische Zeitungen und nicht nur die eigene Propagandapresse, die mit 300 Millionen Schilling pressegefördert ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind geradezu Meister im Vernebeln, das muß man Ihnen wirklich lassen. Die Arbeitslosenstatistik wird international als ein wirkliches Meisterstück, als Meisterstück einer österreichischen Schmähpolitik bewundert. Mit dieser lügen Sie uns in die Tasche und "bewahren" uns quasi vor Strukturveränderungen. All diese Fehlinformationen führen dazu, daß man sagt: Wir sind Weltmeister, es ist alles in Ordnung!

Ich kann ich Ihnen nur sagen: Bereinigen Sie diese Statistiken! Lesen Sie deutsche, englische, Schweizer oder holländische Zeitungen über die österreichische Arbeitslosenstatistik! Dort lesen Sie die richtige Arbeitslosenrate, die zwischen 12 und 12,5 Prozent liegt. Und das ist eine ganz andere Zahl als jene, von der Sie reden.

Wo gehen denn Arbeitsplätze verloren? – Im staatsnahen Bereich, und das ist interessant! Herr Bundeskanzler Klima gab als Verkehrsminister Arbeitsplatzgarantien bei der Post, ja überall ab. – Jetzt wissen wir, daß die Leute händeringend geradezu angefleht werden, in Frühpension zu gehen, weil wir ja mit der Spitzenposition in der EU hinsichtlich Frühpensionen noch nicht genug haben.

Aber auch in der E-Wirtschaft, bei den Bundesforsten werden Arbeitsplätze abgebaut, also überall dort, wo der Staat seine Hand im Spiel hat. Nur beim Bürokratie-Index sind wir Spitze: 22 Prozent öffentlich Beschäftigte. Das ist eine Igel-Hase-Politik: einmal Luxemburg vor, einmal Österreich zurück! Das können Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das geht aber zu Lasten des Konsums, das geht zu Lasten der Einkommen, das geht zu Lasten der Investitionen. Das ist der Grund für das schwache Wirtschaftswachstum, das Sie aus den EU- und OECD-Statistiken herauslesen können.

Aber interessant ist auch, wie Sie in den wesentlichen Bereichen, nämlich bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere in der Technologiepolitik versagen. Sie haben in der Technologiepolitik eine Quote erreicht, die mit der Portugals gleichzusetzen ist. Laut Aussage von Minister Einem in der letzten Sitzung des Industrie-Ausschusses fehlen uns 20, 30 Milliarden Schilling. Herr Wirtschaftsminister Farnleitner schließt dieses Thema damit ab, indem er sagt, es gäbe keine Nachfrage nach Forschungs- und Entwicklungsmitteln. Das wisse man von den Fonds ganz genau. – Na, wenn er vorher den Forschungsförderungsfonds ausräumt und nur dort die Mittel sind, dann frage ich mich, welchen Antrag man stellen soll. Zuerst räumen Sie die Milliarden aus, dann geben Sie sie wieder dazu. – Das ist Ihre Arbeitsplatzpolitik auf dem vom Forschungs- und Entwicklungssektor unterstützten Exportmarkt! So schaut es aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen nur sagen: Der Export lebt im Moment von der Stärke des Dollars ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (fortsetzend): ... und von sonst gar nichts!

Lesen Sie die "Zürcher Zeitung" vom 10./11. Januar 1998, darin können Sie nachlesen, wie es in Österreich wirklich ausschaut! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn überreicht der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Mag. Prammer ein Schriftstück.)

10.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.00

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, daß diese Aktuelle


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Stunde live im Fernsehen übertragen wird, denn somit haben die Österreicherinnen und Österreicher gesehen, welchen Umgang Herr Prinzhorn gegenüber einer Dame hat, wie "galant" er ihr das hingeschmissen hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Warum gab es diese Aktuelle Stunde? Das Thema kam ja von der FPÖ. (Abg. Haigermoser: Der Chef-Butler der Regierung! Er braucht nur mehr weiße Handschuhe!) – Ich erlaube mir einleitend folgende Feststellung: Ich habe mich schon gefragt, ob wir jetzt eine Aktuelle Stunde oder eher eine Märchenstunde haben. Herr Abgeordneter Prinzhorn – das ist im Protokoll nachzulesen – hat in den 5 Minuten seiner Redezeit mindestens acht oder neun Mal "Hase und Igel" gesagt. Das ist ein Märchen, Herr Abgeordneter Prinzhorn! Sie müssen zu viele Märchen gelesen haben, aber von Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik haben Sie nichts gesagt! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum gab es dieses Thema der Aktuellen Stunde durch die FPÖ? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ein Märchen!)  – Wenn man sich in den letzten Tagen und Wochen die Zeitungsmeldungen angesehen hat, dann konnte man lesen – ich bin sehr froh, daß dem so ist –, daß die FPÖ wieder auf jenem Platz ist, auf den sie hingehört, nämlich auf dem dritten, und daß sie von der ÖVP überholt worden ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Gestern in der "Zeit im Bild 2" und in den heutigen Zeitungen haben wir erfahren, daß es seit Tagen Streitereien gibt. Der FPÖ-Parteiobmann, der leider abwesend ist, wahrscheinlich muß er (Abg. Mag. Stadler: Wo ist der Kanzler?) die jungen aufmüpfigen Löwen ... (Abg. Haigermoser: Wo ist Klima?) – Der ist ja nicht zuständig! Dafür ist die Frau Ministerin da! (Beifall bei der SPÖ.)

Wahrscheinlich muß Haider die jungen aufmüpfigen Löwen zur Räson bringen. Ihr seid nervös geworden, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Jetzt machen Sie daher wieder ein bißchen Panik, jetzt machen Sie ein Ablenkungsmanöver.

Zu den Fakten. Herr Haupt hat hier mit Zahlen argumentiert. (Abg. Haigermoser: In Graz wird euch das Lachen vergehen.) – Ich weiß, daß Sie nervös sind! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es ist verständlich, daß Sie nervös sind! Wenn man eine solche mediale Berichterstattung, wie das bei Ihnen in den letzten Wochen der Fall war, hat, so ist das natürlich ein Grund, nervös zu sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie machen uns sicherlich nicht nervös!)

Hören Sie wenigstens zu! Jetzt kommen die Fakten, und die können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen: Österreich hat im Vergleich mit allen europäischen Ländern die zweitniedrigste Arbeitslosenrate, die niedrigste Arbeitslosenrate bei den Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren, den geringsten Anteil an Langzeitarbeitslosen, die zweithöchste Beschäftigungsquote, und wir halten bei der Vollzeitäquivalenz den zweiten Platz. Sogar das "Musterland Holland", das uns immer als Vorbild hingestellt wird, ist in sehr vielen Dingen nicht so gut wie wir. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Und woher, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ, glauben Sie, kommt das? (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) – Diese gute Position Österreichs kommt nicht durch Dringliche Anfragen, kommt nicht durch Aktuelle Stunden, sondern durch die Arbeit dieser Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung arbeitet für die Arbeitsplätze. Sie hingegen streiten sich und stellen nur Dringliche Anfragen. Sie versuchen, Panik bei den Menschen in unserem Lande zu machen.

Europäische Entwicklung und nationale Entwicklung sind – das ist die Antwort auf Herrn Prinzhorn – nicht zu trennen, und daher ist unsere Regierung auf beiden Ebenen aktiv geworden. Unsere Bundesregierung war es, die es auf europäischer Ebene durchgesetzt hat, daß man im Rahmen der EU überhaupt über Arbeit und Beschäftigung diskutiert und bereit ist, Maßnahmen zu setzen. Sie wissen ganz genau, daß eine der Auflagen des letzten Beschäftigungsgipfels der EU gewesen ist, nationale Beschäftigungsprogramme zu beschließen beziehungsweise durchzusetzen.


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Die Frau Sozialministerin wird in wenigen Wochen – Frau Bundesministerin Prammer hat das ja stellvertretend für die Frau Sozialministerin gesagt – dieses nationale Beschäftigungsprogramm dem Hohen Hause und damit der Öffentlichkeit vorlegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Haigermoser: Gehaltserhöhung nur für Gewerkschaftsmitglieder!)

Auch das ist ein alter Hut! Das brauchst du nur nachzulesen; das entspricht nicht den Tatsachen! Ich bin aber froh, daß du mir dieses Stichwort gegeben hast: Eine solche Vereinbarung gibt es nicht, und das ist auch in der Praxis nie geschehen. (Abg. Haigermoser: Komm! Komm! Komm!) Wir haben das bisher nicht praktiziert, und wir werden das auch in Zukunft nicht praktizieren, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein weiterer Schwerpunkt: Was glauben Sie denn, warum Österreich die niedrigste Jugendarbeitslosenrate im Rahmen der EU hat? Glauben Sie, daß das von alleine gekommen ist? – Nein, das ist Ergebnis der Initiative des Bundeskanzlers gemeinsam mit allen Mitgliedern der Bundesregierung. Ich erinnere nur an die letzte Lehrlingsinitiative. Ich gebe zu, daß das manche ein bißchen torpediert haben, aber hätte es diese Initiative nicht gegeben, wäre die Situation sicherlich noch schlechter, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber diese Gelegenheit dazu nützen, ein paar Sätze an die Adresse ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nein, bitte nur den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (fortsetzend): Herr Präsident! Dann komme ich zu meinem Schlußsatz. Die Wirtschaft kann sich ohnehin denken, was ich gesagt hätte.

Mit diesen Vorschlägen, die wir in der letzten Zeit von Ihnen von der FPÖ gehört haben, werden wir das Problem sicher nicht lösen. Ihre Vorschläge waren: Abbau der Zahl der Feiertage, von Krankenstand, Urlaub – Sie wissen, was ich meine.

Mein Schlußsatz, Herr Präsident. (Heiterkeit.) Ich bin überzeugt davon, daß diese Regierung (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) ein Beschäftigungsprogramm vorlegen wird, das auch in Zukunft garantieren wird, daß wir in Österreich eine der niedrigsten Arbeitslosenraten in Europa haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter Stadler.

10.06

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Kollege Nürnberger hat soeben – in deutlicher Überziehung seiner Redezeit – gesagt, daß die Behandlung der Beschäftigungspolitik in Österreich und insbesondere der hohen Arbeitslosenproblematik Chefsache sei.

Ich stelle fest, daß weder der Chef – der Bundeskanzler – noch die zuständige Ressortministerin da ist, sondern daß uns zu dieser wichtigen Problematik die Frau Frauenministerin vorgesetzt wurde. Ich ersuche daher, daß der Herr Bundeskanzler im Hohen Haus erscheint und stelle namens meiner Fraktion gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung, wonach der Nationalrat jederzeit und ohne Angabe von Gründen die Anwesenheit von Mitgliedern der Bundesregierung verlangen kann, den Antrag, der Herr Bundeskanzler möge vor dem Hohen Hause erscheinen. – Ich bitte Sie, Herr Präsident, über diesen Antrag abstimmen zu lassen. (Abg. Mag. Barmüller: Wie soll er "erscheinen"? Er ist doch kein Heiliger! – Heiterkeit.)

10.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe am Beginn der Sitzung die Entschließung des Herrn Bundespräsidenten bekanntgegeben, wonach die Frau Bundesministerin für Arbeit und Soziales heute durch Frau Bundesministerin Mag. Prammer vertreten ist. Das heißt also, das Sozialministerium ist verfassungskonform vertreten.


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Der Antrag auf Beiziehung des Bundeskanzlers ist zulässig; ich werde darüber abstimmen lassen.

Vorher erteile ich noch Herrn Abgeordneten Kostelka das Wort zur Geschäftsordnung.

10.08

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich wollte nur das sagen, was Sie bereits deutlich gemacht haben:

Verfassungsgemäß ist Frau Bundesministerin Prammer derzeit agierende Bundesministerin für Arbeit und Soziales, und damit ist das zuständige Ressortmitglied, der zuständige Ressortchef im Sinne der Geschäftsordnung hier vertreten. Ein anderer kann das Ressort gar nicht vertreten.

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir stimmen über den Antrag des Herrn Abgeordneten Stadler ab, der Nationalrat möge die Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers verlangen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. (Abg. Dr. Khol: Nicht einmal der Haider stimmt zu!) Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir setzen in der Rednerliste fort.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stummvoll. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Chefsache!)

10.08

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist in der bisherigen Debatte nicht zu übersehen gewesen, welche Nervosität die freiheitliche Fraktion derzeit erfaßt hat. Ich kann das verstehen: ein Parteiobmann, der nicht motiviert ist, der laut einer heutigen Tageszeitung dabei ist, einen Richtungsstreit zu schlichten, der keine Zeit findet, sich diesem Thema hier im Parlament zu widmen – eine solche Fraktion muß nervös sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine weitere Bemerkung: Ich habe die Politik der Freiheitlichen in letzter Zeit sehr genau verfolgt. Ich kann dazu nur sagen: Es ist für die Beschäftigungssicherung und für die Arbeitsplätze in Österreich ein Glück, daß diese Partei keine Regierungsverantwortung trägt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Diese Politik hat drei Merkmale: erstens Schwarzmalerei, zweitens Zickzackkurs und drittens Verunsicherung. Und genau das können wir im Hinblick auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze nicht brauchen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, von diesem Rednerpult aus schon oft bewiesen zu haben, daß ich die Dinge nicht durch die rosarote Brille sehe. (Abg. Haigermoser: Na bitte, dann nimm sie heute ab! Nimm diese rosarote Brille ab!) Ich habe mich auch immer wieder kritisch zu Wort gemeldet.

Ich gebe gerne zu: Wir haben natürlich in der Standortpolitik auch Schwachstellen, das ist gar keine Frage. Ich nenne zum Beispiel: zuviel Bürokratie, zu hohe Energie- und Telekommunikationskosten, mangelnde Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Ich gebe gerne zu, wir haben auch eine Fülle von Forderungen (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Seit 12 Jahren bist du in der Regierung! Hättest du es doch verändert! Du sitzt in der Regierung!), und zwar vom Bürokratieabbau bis zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, von der Stärkung der Forschungsförderung bis hin zu mehr Flexibilität. Wir haben eine Fülle von Forderungen – aber wir dürfen doch die Wirklichkeit nicht verkennen, meine Damen und Herren!

Die Wirklichkeit sieht so aus, daß wir in Österreich eine hervorragende Standortqualität haben, und Betriebe, die sich durchaus auf dem internationalen Markt bewähren können. Ich erwähne


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weiters die Leistungsfähigkeit unserer Industrie im Export – jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt mehr oder weniger vom Export ab! –, nicht zuletzt auch dank dieser Regierungspolitik.

In den ersten neun Monaten des Vorjahres (Abg. Haigermoser: Warum sagt dann der Maderthaner etwas anderes?): Steigerung der Exporte um 16 Prozent, Steigerung der Exporte nach Nordamerika um 28 Prozent, Steigerung der Exporte nach Südamerika um 48 Prozent (Abg. Haigermoser: Alles paletti! Alles paletti!), Steigerung der Exporte nach Osteuropa um 38 Prozent. Das ist die Leistungsbilanz, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da müssen wir uns bewähren! Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt vom Export ab. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Haigermoser: "Bravo"!)

Meine Damen und Herren! Wir können mit Zahlen noch soviel manipulieren (Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) , aber eines läßt sich nicht leugnen: Laut EU-Statistik haben wir eine Bilanz, die folgendermaßen aussieht: Erstens: nach Luxemburg die geringste Arbeitslosigkeit, das wird EU-weit anerkannt; wir sind an zweitbester Stelle nach dem kleinen Land Luxemburg. Wir haben, wie Kollege Nürnberger schon gesagt hat, in der EU die geringste Jugendarbeitslosigkeit. Es ist im Vorjahr gelungen, eine Trendwende einzuleiten – 7 Prozent mehr neue Lehrverträge. Österreich hat bei der Berufsolympiade im Vorjahr den ersten Platz belegt. Das heißt, wir sind sowohl quantitativ als auch qualitativ Spitze, was die Jugendbeschäftigung betrifft ... (Abg. Haigermoser: Laß den Weihrauchkessel im Kanister!) – Ihr seid betriebsblind auf einem Auge, lieber Kollege! Ihr seid betriebsblind! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Man kann die Wirtschaft nicht gesundbeten – gar keine Frage! –, aber krankjammern darf man sie auch nicht, Herr Kollege! Aber Sie jammern sie immer nur krank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Natürlich ist das alles nicht nur das Verdienst der Regierung. Die Regierung und wir können nur Rahmenbedingungen setzen. Es ist das Verdienst zehntausender tüchtiger Unternehmer und ihrer Mitarbeiter. Jammern Sie diese nicht krank, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie von der FPÖ schwächen mit Ihrer Argumentation die Leistung unserer Unternehmer, unserer Betriebe und vieler zehntausender Mitarbeiter. Das ist Ihre Politik des Krankjammerns, der Schwarzmalerei – und daher auch jener Zustand, in dem Sie sich derzeit befinden. (Abg. Haigermoser: Günter! Warum hast du dich heute nicht vorbereitet? Du hättest dich vorbereiten sollen! Da war doch der Nürnberger besser vorbereitet!) Jetzt hat die Verunsicherung, die Sie betreiben, Ihre eigene Partei erfaßt. Das ist wahrscheinlich die gerechte Konsequenz Ihrer Politik! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

10.13

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Stummvoll hat hier eine Metapher gefunden. Er hat gemeint, es sei ein Glück, daß die Freiheitlichen keine Regierungsverantwortung tragen, aber ich frage: Ist es ein Glück, daß ÖVP und SPÖ Regierungsverantwortung tragen? (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schreder: Ja! Für den Erfolg Österreichs ja! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben diesen Umkehrschluß bewußt nicht mehr ausgesprochen, daß das ein Glück ist, weil Sie das selbst nicht glauben. Sie haben, Herr Kollege Stummvoll, viele Bilder gezeichnet, aber Sie selbst haben sich als Weichzeichner betätigt. Daß die Lage so gut ist, wie Sie sie schildern, das können Sie nur dann glauben, wenn Sie Hofberichterstattung machen. Glauben Sie mir das! (Abg. Tichy-Schreder: Nein, nein, Herr Kollege Kier, das stimmt nicht!)

Das können nur Sie glauben, denn die Wirtschaftsdaten sind zwar nicht ganz so schlecht, wie manche sagen, aber einen Grund zu bedingungslosem Optimismus haben wir nicht. Die Stim


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mung in den Betrieben, Herr Kollege Stummvoll, ist wesentlich schlechter, als Sie meinen. Wenn sie gut ist, dann ist sie es nicht deswegen, weil sich die Leute über die Regierung freuen, sondern weil die Unternehmer tüchtig sind, Herr Kollege Stummvoll (Beifall beim Liberalen Forum), und weil trotz dieser Politik der Optimismus noch nicht ganz erwürgt ist. Deswegen ist die Stimmung manchmal gut.

Aber wegen der Regierungspolitik ist die Stimmung bestimmt nicht gut, denn Sie haben in den letzten Monaten soviel Chaos erzeugt, so zum Beispiel im Rahmen der Werkvertragsregelung, ein derartiges Chaos, daß selbst eintägige Seminare die Leute nicht in die Lage versetzen, zu wissen, was jetzt tatsächlich Sache ist. Und auch die Gebietskrankenkassen wissen das, in Konsequenz gedacht, nicht, sondern müssen sich Wochen Zeit nehmen, um Antworten auf berechtigte Anfragen von möglicherweise Pflichtversicherten zu geben.

Was das für die Stimmung bedeutet, wissen Sie. Die Stimmung ist sehr wichtig. Auch wir Liberalen sind nicht der Meinung, daß es gut ist, wenn man krankjammert. Aber das heißt nicht, daß man nicht mehr Kritik äußern darf. Es gibt viele Defizite, die die Regierung zu verantworten hat: Im Bereich der Flexibilisierung der Arbeitszeiten, im Bereich der Lohnnebenkosten haben Sie vieles versäumt und nicht getan. Im Gegenteil: Sie haben neue Lohnnebenkosten erfunden. Daher ist die Frage: Wie hat die Regierung auf das Phänomen Arbeitslosigkeit eingewirkt: positiv oder negativ?, nicht so einfach zu beantworten, wie Sie das hier tun.

Die Regierungspolitik hat nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, sodaß sich die Arbeitsmärkte entfalten können (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht alle! Okay! Nicht alle!)  – höchstens ein paar, aber gleichzeitig neue errichtet, Herr Kollege Stummvoll! Das ist das Tragische, weil offenbar der Kompromiß, den Sie schließen müssen, immer so aussieht: Auf der einen Seite machen wir eine Reform, auf der anderen Seite machen wir einen Schritt zurück! Damit bleiben Sie am Platz stehen, und das ist zuwenig.

Auch bei der von Ihnen so genannten "Pensionsreform" haben Sie offenbar die Auswirkungen auf die Altersarbeitslosigkeit überhaupt nicht bedacht. Wir haben immer scharf kritisiert, daß wir ein System haben, in dem Sie die Altersarbeitslosigkeit in den Frühpensionisten verstecken. Jetzt verstecken Sie sie nicht mehr so sehr, aber um das Problem der Altersarbeitslosigkeit haben Sie sich nicht gekümmert, überhaupt nicht! Im Gegenteil: Sie haben ein merkwürdiges Bonus-Malus-System eingeführt, das zur Folge hatte – und weiterhin zur Folge haben wird –, daß ältere Mitarbeiter erst recht aus dem Arbeitsprozeß gedrängt werden; ältere Frauen schon überhaupt, weil durch die Asymmetrie im Pensionsantrittsalter und durch die Prämiengestaltung die Wirkung entsteht – da es in Ihrem Bonus-Malus-System sinnvoll ist –, ältere Frauen zu kündigen und dafür ältere Männer anzustellen. Ich meine, das ist keine gute Performance.

Zum Abschluß meiner Überlegungen: Herr Kollege Stummvoll, gerade Sie spreche ich an, weil ich die Hoffnung habe, daß Sie manches davon aufnehmen. Kollegen Khol spreche ich in diesem Fall nicht an, weil die Arbeitswelt nicht die seine ist.

Es muß mehr in Richtung Öffnung der Möglichkeiten geschehen, statt zu behindern. Insofern verstehe ich zwar einen Abgeordneten einer Regierungspartei, wenn er sich jetzt der Misere bei den Freiheitlichen erfreut, aber sich nur daran aufzurichten, daß es jemand anderem schlecht geht, ist für eine Regierung zu wenig. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

10.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir eigentlich gewünscht, daß zu dieser Debatte über die Arbeitslosigkeit, die ausgerechnet von den Freiheitlichen verlangt wurde, auch der Chef der Partei, der das Thema Arbeitslosigkeit als das wichtigste, wichtiger als alles andere in diesem Land, bezeichnet hat, anwesend ist und zumindest auch dazu spricht, wenn dieses Thema schon das wichtigste in diesem Lande ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich meine schon, es ist das wichtigste Thema in diesem Land. Ich hätte mir allerdings auch gewünscht, daß hier die Regierung etwas anders mit diesem Thema umgeht, als sie das getan hat. (Abg. Mag. Stadler: Warum spricht der Van der Bellen nicht? Wo ist der Van der Bellen? Wo ist der Van der Bellen?) Es reicht nicht aus, sich nur hier herzustellen und zu sagen, wir sind ohnehin hervorragend.

Ich erinnere daran, daß es der Bundeskanzler – damals noch in seiner Eigenschaft als Finanzminister – war, der gesagt hat: Für 1997 planen wir für das Budget eine Arbeitslosigkeit von 6,8 Prozent ein, und wir hoffen, daß dieses Worst-case-Szenario, also der schlechteste Fall, von 7 Prozent Arbeitslosigkeit nicht erreicht wird. – Wir hatten 7,1 Prozent, meine Damen und Herren!

Wir werden auch in Zukunft steigende Arbeitslosenzahlen haben. Deshalb ist es auch durchaus an der Zeit, zu diesem Thema zu sprechen. Es reicht nicht, Herr Kollege Stummvoll, wenn Sie sagen: Wir haben tolle Exportraten nach Südamerika, nach Nordamerika, eine Steigerung um 20, 30 Prozent. – Ja schön, aber was haben die Arbeitslosen in diesem Land davon?! Was haben sie davon, wenn die Exportraten steigen? (Beifall bei den Grünen.)

Sie sollten diese Steigerung, diese für die Wirtschaft erfreuliche Steigerung durchaus auch zum Anlaß nehmen, meine Damen und Herren, über diese Wirtschaftsordnung nachzudenken.

Welch eine Wirtschaftsordnung haben wir, bei der auf der einen Seite 20 bis 30 Prozent Steigerungsraten in einem wichtigen Wirtschaftssegment erreicht werden können, auf der anderen Seite jedoch die Arbeitslosigkeit nicht zurückgeht, sondern – im Gegenteil! – geradezu gesteigert wird?

Es ist nicht ein Grüner, auch kein Sozialdemokrat, sondern der bundesdeutsche stellvertretende Vorsitzende der Christdemokratischen Partei, Heiner Geißler, gewesen, der gesagt hat, es sei eine perverse Wirtschaftsordnung, wenn die Konzerne Gewinne machen und gleichzeitig Tausende Menschen auf die Straßen setzen. – Und das betrifft auch Österreich, meine Damen und Herren!

Sie sollten also diese Debatte durchaus zum Anlaß nehmen, um auch über diese Wirtschaftsordnung nachzudenken. Denn wir können es uns nicht so einfach machen und nur darüber sprechen, indem wir sagen: Wenn wir irgendwo ein kleines Instrument, ein kleines Rädchen verdrehen, dann wird es schon wieder besser werden. Wenn wir bei den Löhnen weiter runter gehen, dann wird es schon wieder besser werden. – Diese Rezepte aus der Vergangenheit, aus der konservativen Mottenkiste haben nichts gefruchtet! Wenn Sie dieses Thema ernst nehmen, Herr Kollege Khol, dann lassen Sie diese Worte Ihres Parteifreundes Geißler durchaus auch auf sich wirken; sie haben etwas für sich.

Ich möchte aber trotzdem auch in dieser Debatte über die konkreten Fakten sprechen. Konkret hat die Bundesregierung und haben die Regierungsvertreter in dieser Debatte den Eindruck erweckt, es sei ohnehin weitgehend alles bestens; wir sind auf dem besten Weg. Die Bundesregierung spricht von der Beschäftigungsquote – ja, sie ist sehr hoch –, sie spricht aber nicht so gern von der Arbeitslosenquote, die auch niedrig ist – ich gebe es zu –, aber in Österreich als einem der wenigen europäischen Länder steigend ist.

Mich, meine Damen und Herren und Frau Ministerin, beruhigt es überhaupt nicht, daß Sie sagen: Wir haben ohnehin vor, ein Beschäftigungsprogramm zu machen!, sondern mich beunruhigt, wenn ich lese, daß das Sozialministerium zu dieser Arbeitslosigkeitssituation im Jänner mitteilt, daß die Kurve nach oben etwas flacher ausgefallen ist. – Aber die Kurve geht noch immer nach oben. Das ist beunruhigend.

Die Bundesregierung spricht von einer Trendwende in Richtung Vollbeschäftigung. Das ist noch nicht erreicht. Im Gegenteil: Die Trendwende ist in keinem Punkt markiert. Die Bundesregierung spricht von den Maßnahmen, die sie im Bereich aktiver Arbeitsmarktpolitik gesetzt hat. Sie spricht aber nicht davon – und Sie, Frau Ministerin, tun das auch nicht –, daß das Arbeits


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marktservice eine Unzahl von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen eingestellt, reduziert hat, daß gerade Langzeitarbeitslose die VerliererInnen sind.

Sie wissen das, Frau Frauenministerin, weil gerade in Oberösterreich eine Anzahl von Projekten davon betroffen ist. Sie wissen auch, Frau Frauenministerin, obwohl Sie ganz euphorische Meldungen zum Erlaß der Frau Bundesministerin Hostasch betreffend Kinderbetreuung abgegeben haben, daß das noch lange nicht in Ordnung ist, daß ein Erlaß selbstverständlich nicht das Gesetz korrigieren kann, daß einiges zu tun wäre, auch im konkreten Fall, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... wozu die Bundesregierung – ich bin schon beim Schlußsatz, Herr Präsident – offensichtlich nicht imstande und nicht willens ist. (Beifall bei den Grünen.)

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat das Wort.

10.24

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! (Abg. Dr. Khol: Sind Sie motiviert, Herr Kollege Gaugg? Sind Sie motiviert heute?) Ich habe Herrn Kollegen Öllinger an und für sich immer für einen Oppositionspolitiker gehalten. Es freut mich, daß ihm die Abwesenheit unseres Bundesparteiobmannes Dr. Haider auffällt. (Abg. Wabl: Ah, ist er nicht da?) Kollege Öllinger degradiert sich zu einem Erfüllungsgehilfen der Koalition in dieser Republik, wenn er es störend findet, daß Bundesparteiobmann Dr. Haider nicht anwesend ist, der bemüht ist, auch in Kärnten neue Arbeitsplätze zu schaffen, weswegen er unterwegs ist (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Beifall bei den Freiheitlichen), und wenn er nichts daran findet, daß es Bundeskanzler Mag. Klima nicht der Mühe wert findet, hier selbst bei einer sehr wichtigen Debatte anwesend zu sein. (Abg. Wabl: Er macht sich Sorgen um den Arbeitsplatz von Grasser! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie reihen sich damit nahtlos in die berühmt-berüchtigte Viererbande in dieser Republik ein. Die Verschonung durch die Medien ist dieser Bundesregierung gewiß. Viele fragen sich, womit diese Regierung diese Verschonung verdient hat. Für viele ist es ein Rätsel. Nur weil eine Staatssekretärin in den Süden, in ein islamisches Land reist, wird davon gesprochen, daß wir international wieder bedeutsam seien. So etwas Erfolgloses wie den Besuch der Frau Staatssekretärin in Algerien hat es lange nicht gegeben. Trotzdem werden Sie geschont, und die wesentlichen Themen dieser Republik werden als Randerscheinungen abgetan, und zwar sowohl, was Ihr politisches Handeln als auch, was die Medien betrifft. (Abg. Dr. Cap: Arbeitsplatz für Grasser!)

In Wirklichkeit ist diese Bundesregierung der größte Erzeuger von Frühpensionisten, der größte Erzeuger von Arbeitslosigkeit, der größte Erzeuger von Armut für jene, die heute trotz Arbeit in Armut leben. Aber das kümmert Sie alle nicht; für Sie ist das lustig. Für Sie scheint es lustig zu sein, daß es über 300 000 österreichische Staatsbürger gibt, die gerne arbeiten würden, aber keinen Arbeisplatz bekommen, weil Sie eine verfehlte Politik betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie stellen ein Lehrlingsnotprogramm auf – versagt, zur Gänze versagt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson. ) Über 1 Milliarde Schilling – laut einer sehr schnoddrigen Anfragebeantwortung von der Frau Bundesministerin für Soziales – gibt es für die Lehrlingsbeschäftigung beim Arbeitsmarktservice. Tatsache ist, daß annähernd gleich viele Lehrlinge wie im Vorjahr nach Lehrplätzen suchen. Jetzt frage ich Sie: Was ist das für ein Wirtschaften? – Daß die ÖVP abgewirtschaftet hat, ist ja nichts Neues. Da melden sich die Kämmerer ein bißchen zu Wort; die freie Wirtschaft aber interessiert Sie nicht.

Tatsache ist, ein schweres Versagen liegt vor. Wo sind die gesamten Lehrstellenplätze? – Der Schlußsatz der Frau Bundesministerin lautete: Die Zusage, jedem Jugendlichen mindestens ein Ausbildungsangebot zu machen, konnte gegeben werden, weil die Bundesregierung die Leistungsfähigkeit der Dienste des Arbeitsmarktservices und die Kapazität der Schulen kennt und


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daher wußte, daß eine solche Zusage realistisch war. – Jetzt hat man angeblich 7 000 Schüler weiter als Lehrlinge in die Schulen zum Unterricht geschickt, und trotzdem fehlen noch immer 2 500 Lehrplätze. Da frage ich schon: Wo ist denn Ihre Beschäftigungsinitiative?

Die Überheblichkeit der beiden Regierungsparteien in dieser Republik – unter Mithilfe von zwei Oppositionsparteien – ist unerträglich geworden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Überheblichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird Ihnen das nächste Mal bei den Wahlen auf den Kopf fallen. Ich sage Ihnen: Viele hier herinnen von den beiden Regierungsparteien leiden auch an Realitätsverlust. Denn wenn Sie glauben, sämtliche Probleme durch Nicht-Diskutieren wegbringen zu können, täuschen Sie sich! Ich wiederhole: Die Frage der Arbeit und der Beschäftigung für die österreichischen Staatsbürger ist für uns Freiheitlichen ein Hauptthema, und das wird auch Hauptthema bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da können Sie im zweiten Halbjahr 1998 den EU-Vorsitz in den Hof- und Chefetagen führen, solange Sie wollen: Wir werden Ihnen täglich Ihr Versagen in der Beschäftigungspolitik vor Augen halten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

10.29

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Was den Ruf nach dem Herrn Bundeskanzler anlangt, möchte ich nur sagen: Bei uns gibt es eben klare Kompetenzen. Nur bei der "F" scheint einer allgegenwärtig und für alles zuständig zu sein. Ich glaube Herrn Kollegen Gaugg, wenn er sagt, Herr Dr. Haider sichere Arbeitsplätze in Kärnten – ja, seinen eigenen als Landeshauptmannkandidat, und dann muß man mit dem übriggebliebenen Herrn Grasser auch irgend etwas anfangen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Freiheitlichen tun immer so, als ob es nur in Österreich Arbeitslosigkeit gäbe, als seien wir abgeschottet. Es werden Arbeitslosenzahlen heruntergebetet, aber von Beschäftigtenzahlen sagt man natürlich nichts; das ist ganz klar. Für uns hat Arbeitslosigkeit immer einen sehr bitteren Beigeschmack, und wir sind sehr bemüht, die Menschen davon zu befreien. Wenn wir Jahr um Jahr Programme erarbeiten, dann ist der Grund dafür ganz klar: weil es auch immer geänderte Rahmenbedingungen gibt, auf die es von der politischen Verantwortung her einzugehen gilt.

Wir Sozialdemokraten haben bei unserer Klubtagung das Jahr 1998 zum Jahr der Arbeit erklärt. Das ist nichts Negatives. Ich weiß, Sie von den Freiheitlichen haben einen imaginären Helden gefeiert, der mit Standing ovations begrüßt wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Rahmenbedingungen zu schaffen, ist gut und schön; dazu ist die Politik aufgefordert. Es wird aber immer wieder versucht, diese zu unterlaufen. Heute wurde hier gesagt, das Frauen-Volksbegehren sei in keinem Punkt erfüllt worden. Was ist dann die Regelung geringfügig Beschäftigte betreffend? Es ist mir zu Ohren gekommen, daß Firmen, wenn sie mehrere geringfügig Beschäftigte haben, wieder folgendes versuchen: Die geringfügig Beschäftigten werden in einer Tochterfirma untergebracht. Sie arbeiten zwar im selben Bereich, aber dann verfügen sowohl die Firma als auch die Tochterfirma über eine geringfügig Beschäftigte, und man kann sich die Dienstgeberbeiträge ersparen. – So kann es aber nicht sein, so unterläuft man das ständig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: So ein Unsinn!) Es muß dafür gesorgt werden, daß – und da ist die Sozialpartnerschaft gefordert – dieses Unterlaufen unterbunden wird!

Was ist denn mit der Schwarzarbeit, bei der Umsätze in Höhe von 250 Milliarden Schilling geschätzt werden? Was ist mit den Lehrlingen, die nicht eingestellt werden, weil zugewartet wird, bis es eine Förderung gibt? Was ist mit Firmen, die sich fördern lassen und nachher wesentliche Betriebsteile ins Ausland ausgliedern? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich frage hier Herrn Prinzhorn, wie viele Menschen er entlassen hat. Was ist – wie man Zeitungsmeldungen entnehmen kann –, wenn Firmen die Scheu verlieren, Mitarbeiter für eine Wo


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che oder 14 Tage stempeln zu schicken, weil die Auftragslage kurzfristig einen Einbruch erlitten hat? – Abhilfe kann nur ein Zusammenwirken zwischen Wirtschaft und Arbeitnehmern schaffen! Denn spätestens dann, wenn man draufkommt, daß man Geld nicht essen kann, ist es zu spät! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich muß mich sehr über Herrn Kollegen Prinzhorn wundern, der hier im Hohen Haus – ich glaube, es war im Oktober – alles, was die Wirtschaft anlangt, madig gemacht und gesagt hat, nur die Beschäftigtenzahlen stimmen in Österreich. Heute hat er etwas anderes gesagt! – Sie arbeiten offensichtlich in die Richtung, daß Sie sich denken, von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen sind dazu bereit, auf eine Politik, die man ihnen vorgaukelt und die letztendlich eine Seifenblase ist, hereinzufallen! Wir von der SPÖ, meine Damen und Herren, werden das nicht zulassen! Das sage ich Ihnen hier in aller Deutlichkeit! (Abg. Haigermoser: Was regen Sie sich so auf? Sie sollten einmal Luft holen, damit der Kopf nicht so rot ist!) Ich habe Luft genug, Herr Haigermoser, aber Ihnen scheint die Luft auszugehen nach der Aufräumaktion, die Ihnen Ihr Parteiobmann angedroht hat! Darum sind Sie heute gar so nervös! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Sie sollten Luft holen! – Abg. Eder überreicht der Rednerin eine schriftliche Unterlage.)

Jetzt habe ich den Artikel bekommen. Herr Prinzhorn hat folgendes gesagt: Das einzige Programm der Bundesregierung, welches wirklich greift, sei die Beschäftigungsoffensive. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)  – Heute hat er etwas anderes gesagt, aber die Politik der Freiheitlichen ist es, um dreiviertel zwölf etwas anderes zu sagen als um halb eins; das wissen wir ohnehin!

Leben Sie von den Freiheitlichen Ihren Frust über den Liebesentzug der "Kronen Zeitung" woanders aus!

Im Moment steht "F" nur für Frustration! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Hoffentlich hat der Herr Feurstein nicht so einen hohen Blutdruck wie Sie! Frau Reitsamer, Sie sollten Blutdruck messen gehen!)

10.33

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg hat keinen guten Gag gebracht, als er gemeint hat, Herr Abgeordneter Haider, Bundesparteiobmann der FPÖ, leiste Arbeitsplatzhilfe und helfe Arbeitslosen in Kärnten. – Das glaubt heute niemand mehr. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Khol. ) Im Gegenteil: Vielleicht ist Dr. Haider für sich auf Arbeitsuche in Kärnten, um sich dort einen Platz zu sichern. Das würde ich eher glauben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Brinek: Ja, genau!)

Meine Damen und Herren! Die Probleme der Freiheitlichen beschäftigen uns heute nicht, aber es gibt tatsächlich ein Problem, und dieses konnte im Jahre 1997 zwar teilweise, aber nicht gänzlich gelöst werden, nämlich das Beschäftigungsproblem. Österreich hat zweifellos gute Wirtschaftsdaten – das ist richtig –, und es ist zu einer Ausweitung der Exporte gekommen. Es gibt auch sonst gute Wirtschaftsdaten, aber die Umsetzung dieser Wirtschaftsdaten in die Beschäftigungspolitik ist bis heute nicht voll gelungen. Es gibt Probleme in bezug auf ältere Arbeitslose, Probleme beim Wiedereinstieg von Frauen ins Berufsleben. Diesbezüglich haben die Bundesregierung beziehungsweise wir Abgeordneten des Nationalrates wichtige Initiativen gesetzt.

Ich nenne an dieser Stelle nur zwei: die besondere Eingliederungshilfe, womit die Möglichkeit geschaffen wurde, daß Empfänger von Notstandshilfe, wenn sie einen Arbeitsplatz bekommen, diese über 12 Monate hinweg weiterbeziehen dürfen, wenn sie einen Arbeitsplatz erhalten haben. Das ist eine wichtige Maßnahme, aber ich meine, daß diese Maßnahme noch zu wenig greift. Genauso verhält es sich auch mit der Hilfe und den Maßnahmen für die Wiedereingliederung, für den Wiedereinstieg von Frauen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden sind. Diese Maßnahmen greifen ebenfalls noch zu wenig.


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Wir haben uns daher bei der gestrigen Klubtagung sehr eingehend mit Fragen einer Beschäftigungs- und Lehrlingsoffensive auseinandergesetzt. Wir von der ÖVP meinen, daß im Jahre 1998 weitere Impulse zu setzen sind, insbesondere im Bereich der Lehrlinge.

Ich nenne in diesem Zusammenhang den ersten Punkt, der von uns schon lange verlangt wird, nämlich die Einführung einer Stufenlehre für Lehrlinge, meine Damen und Herren. Es ist ganz wichtig, daß man jenen jungen Menschen, die nicht die notwendige Qualifikation für eine volle Lehrausbildung haben, auch die Chance einer Lehrausbildung bietet. (Beifall bei der ÖVP.) Diese Stufenlehre ist unserer Überzeugung nach ein ganz wichtiger Punkt für das Jahr 1998, den wir umzusetzen haben.

Zweiter Punkt: Wir sind der Meinung, daß in der Lehrlingsförderung in den letzten Jahren nicht die richtigen Akzente gesetzt wurden, denn: Jene Betriebe, die am Schluß, im Herbst noch Lehrlinge eingestellt haben, haben eine Förderung bekommen. Jene Betriebe hingegen, die von vornherein gute Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen hatten, haben diese Förderung nicht erhalten! Das bringt Probleme.

Wir von der ÖVP schlagen daher ganz konkret vor – wir haben das gestern einstimmig beschlossen –, daß das erste Lehrjahr in der Weise gefördert wird, daß statt der bisherigen Förderung der Berufsschultag aus Mitteln der Arbeitsmarktförderung finanziert wird. Das ist eine ganz wichtige Forderung, damit die Attraktivität der Lehre gefördert, ja weiter ausgebaut wird, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite wichtige Punkt: Es soll keine zusätzlichen finanziellen Mittel geben, aber eine Verbesserung der Voraussetzungen für die Lehrlingsausbildung und für die Lehrlingsausbildung selbst.

Dritter wichtiger Punkt, meine Damen und Herren – und damit schließe ich schon –: Beseitigung von Bürokratie, und zwar ganz besonders in Klein- und Mittelbetrieben. Wir von der ÖVP könnten uns vorstellen, daß bei bestimmten Pflichtzahlen Lehrlinge nicht eingerechnet werden müssen, so zum Beispiel bei der Erstellung von Konjunkturstatistiken. Ich könnte mir auch vorstellen, daß im Behinderteneinstellungsgesetz bei der Feststellung der Einstellungspflicht Lehrlinge nicht mitgerechnet werden. Es darf nicht vorkommen, daß ein Lehrling deshalb nicht beschäftigt wird, weil die Pflichtzahl überschritten würde. Das wäre eine Maßnahme, durch die Hemmnisse beseitigt werden.

Ganz besonders wichtig ist mir jedoch die Beseitigung von Bürokratie, und in diesem Zusammenhang führe ich das Arbeitnehmerschutzgesetz an. Meine Damen und Herren! Am 1. Jänner 1999 wird das Arbeitnehmerschutzgesetz auch für Kleinbetriebe mit unter 50 Beschäftigten wirksam. Im Jahre 1998 muß bereits die Bürokratie (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) für diese Betriebe erleichtert und beseitigt werden. (Beifall bei der ÖVP.) Das sind ganz konkrete Vorschläge, die die ÖVP gestern erarbeitet hat. Wir meinen, daß diese Vorschläge gemeinsam im Jahre 1998 umgesetzt werden müssen, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (fortsetzend): ... um Mängel, die es im Bereich der Arbeitsmarktpolitik noch gibt, beseitigen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

10.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schaffenrath. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.39

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, zuerst zu Ihnen: Ich finde es nicht ausreichend begründet, wenn Sie die Auswahl dieses Themas der Aktuellen Stunde durch die Freiheitlichen nur darin motiviert sehen, daß es da um Verunsicherung der ArbeitnehmerInnen gehe. – Die Menschen empfinden tatsächlich Unsicherheit; das wird nicht herbeigeredet! Die


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Menschen werden mit dieser Unsicherheit am Arbeitsmarkt tagtäglich konfrontiert. Es sprechen doch die Statistiken und Zahlen des letzten Sozialberichtes eine sehr deutliche Sprache.

Jedenfalls ist es den verantwortlichen Parteien und der Regierung nicht gelungen, die notwendigen, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen – und das trotz zahlreicher Versprechungen und Ankündigungen. Insbesondere ist es nicht gelungen, die Arbeitskosten für den Unternehmer, für die Unternehmerin, in Zeiten eines verschärften Wettbewerbes auch wieder leistbar zu machen.

Frauen sind in besonderem Maße betroffen, auch wenn Sie heute hier die Situation der Frauen als besonders günstig darzustellen versucht haben. Sie wissen, daß die Arbeitslosenquote bei Frauen tendenziell stärker steigt, und Sie wissen natürlich, daß Frauen in verstärktem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Und was ich für besonders bedenklich halte, ist die Tatsache, daß bereits ein Drittel aller arbeitslosen Frauen Langzeitarbeitslose sind. Die Problematik der Wiedereingliederung ist ja eine bekannt schwierige.

Ich spreche in diesem Zusammenhang noch gar nicht von der Dunkelziffer an geringfügig Beschäftigten, von jener Dunkelziffer betroffener Frauen, die sich gar nicht mehr beim Arbeitsamt, bei den AMS-Stellen bewerben, weil sie schon resigniert haben, weil die Bedingungen eine Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung jedenfalls nicht sicherstellen.

Frau Kollegin Reitsamer! Ich muß Ihnen widersprechen: Die sozialrechtliche Absicherung geringfügig beschäftigter Frauen wurde im letzten sogenannten Reformpaket nicht gelöst. Dort gab es die freiwillige Möglichkeit einer Absicherung. Dadurch werden Frauen aber nicht aus dem Bereich der Ausgleichszulagenbezieherinnen herausgebracht. Solange Sie nicht bereit sind, über eine eigenständige sozialrechtliche Absicherung jeder Frau im Rahmen einer Versicherungspflicht zu diskutieren, werden wir in dieser Frage nicht weiterkommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beseitigung von Versäumnissen der Bundesregierung wird von 650 000 Männern und Frauen, die das Frauen-Volksbegehren unterschrieben haben, eingefordert. Da Herr Kollege Haupt bedauert hat, daß kein Punkt umgesetzt worden wäre, muß ich ihm schon folgendes entgegenhalten: Die Begründung dafür, daß wir in dieser Frage noch nicht weitergekommen sind, liegt auch im sehr engen Schulterschluß zwischen Ihrer Fraktion und der ÖVP, weil ideologische Barrieren die Umsetzung, ja überhaupt eine ernsthafte Diskussion leider sehr negativ beeinträchtigen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Dr. Fekter: Es ist ja noch gar keine Entscheidung gefallen!) Zum Bereich der verfassungsrechtlichen Absicherung, haben Sie sich, Frau Kollegin Fekter, und Ihre Fraktionskollegen und -kolleginnen ja sehr eindeutig geäußert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Was ich immer noch vermisse – und das ist auch eine Forderung des Frauen-Volksbegehrens –, ist eine echte Qualifizierungsoffensive. Die Bildungsdiskriminierung bei Frauen ist erschreckend hoch. Deutlich mehr Frauen als Männer haben nur einen Pflichtschulabschluß, sind daher von Arbeitslosigkeit besonders bedroht. Mir persönlich wäre es schon lieber gewesen, die Frau Unterrichtsministerin hätte nicht 99 Punkte zur Förderung von Mädchen und Frauen angekündigt. (Abg. Dr. Fekter: Die ist gut – und das stört Sie!) Fünf Punkte ankündigen und einen einzigen umsetzen, damit wäre den Mädchen und Frauen in Österreich weitaus besser gedient gewesen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Natürlich gäbe es da noch viele Punkte anzuschneiden. Nur soviel: Wenn Herr Kollege Stummvoll von einem Zickzackkurs der FPÖ spricht, gebe ich ihm recht, aber er möge seinen eigenen Zickzackkurs in der Frage ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und Werkvertragsregelung überdenken, denn das waren jene Bereiche, die eigentlich nicht arbeitsplatzfördernd sind und darüber hinaus den Weg in eine neue Selbständigkeit deutlich erschweren. Doch genau diese Gesetze hat Kollege Stummvoll – trotz anderslautender öffentlicher Äußerungen! – hier in diesem Hause mitgetragen. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Zum Lehrlingspaket gäbe es eine Menge zu sagen. Das letzte Reformpaket war jedenfalls ein Flop. Lehrstellen kann man nicht kaufen, ohne daß die nächsten Schulabgänger und Schulabgängerinnen dafür die Rechnung präsentiert bekommen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Ich komme schon zum Schlußsatz, Herr Präsident.

Wenn ich der Bundesregierung und auch den anderen hier in diesem Haus vertretenen Parteien ein grobes Versäumnis vorhalte, so ist es jenes, daß sie nicht bereit sind, unserem Vorschlag für eine angemessene Grundsicherung näherzutreten und diesbezüglich umzudenken. Wir können hier diskutieren, was wir wollen: Das Erreichen der Vollbeschäftigung für alle wird auch in Österreich in Zukunft wohl Illusion sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

10.45

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum einen ist es seitens der Österreichischen Volkspartei bemerkenswert, daß offenbar bei allen derzeit aktuellen Themen die erste Rede von den Sprechern der Industrie und Wirtschaft und nicht von den Sozialexperten oder in Fragen der landwirtschaftlichen Tierhaltung von den Landwirtschaftsexperten gehalten wird, sondern überall zunächst einmal Maderthaner und Stummvoll auftreten (Abg. Dr. Fekter: Weil uns die Arbeitsplätze etwas wert sind! Wirtschaften heißt Arbeitsplätze schaffen! Arbeitsplätze schaffen kann nur die Wirtschaft!), mit klaren Forderungen, Frau Abgeordneten Fekter, des Sozial- und Umweltabbaues. (Beifall bei den Grünen.)

Das zeigt doch sehr stark, wohin sich die ehemalige Volkspartei entwickelt hat, nämlich zu einer Lobbyisten-Partei für sehr kurzsichtige industrielle Anliegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Arbeitslosigkeit beträgt in Österreich – angeblich, dem Papier nach – über 7 Prozent. Das ist schon zu viel. Das ist jedoch lediglich die statistische Aussage auf dem Papier. Ich hätte mir doch von Frau Bundesministerin Prammer ein paar Worte zur Aussagekraft dieser Statistik erwartet. Es gab einmal – mittlerweile ist es schon wieder einige Jahre her – eine Anfragebeantwortung durch Sozialminister Hesoun, in der er zugegeben hat, daß damals zumindest 50 000 Frauen aufgrund mangelnder oder unzureichender Kinderbetreuungsmöglichkeiten keinen Arbeitsplatz finden konnten.

Sehr viele Frauen können auch deshalb keinen Arbeitsplatz annehmen, weil die Angebote des öffentlichen Verkehrs, die Zug- und Busverbindungen nicht auf die Arbeitsmöglichkeiten für Frauen und schon gar nicht auf Kinderbetreuungsmöglichkeiten Rücksicht nehmen. Und diese Frauen, Frau Bundesministerin, gehen gar nicht mehr zum Arbeitsamt, die melden sich gar nicht mehr als arbeitssuchend. Diese zigtausend österreichischen Frauen scheinen nicht mehr in den Statistiken auf. Warum sollten sie denn zum Arbeitsamt gehen? – Sie wissen ja, daß es aus folgenden Gründen nicht geht: Der Kindergarten sperrt zu spät auf, zu früh zu oder hat Mittagspause. Es gibt keine passende Zug- oder Busverbindung. Diese Frauen werden in den Statistiken gar nicht mehr angeführt. Das ist eine Form von versteckter Arbeitslosigkeit, die in Österreich sehr, sehr hoch ist. Dafür spricht auch die im internationalen Vergleich für ein entwickeltes Industrieland sehr niedrige Frauenerwerbsbeteiligung.

Ebenso Schulabgängerinnen, Studentinnen, Hochschulabsolventinnen: Sie gehen nicht mehr zum Arbeitsamt, denn sich täglich dort negative Auskünfte zu holen, ist diesen Menschen doch gar nicht mehr zumutbar. Daher, Frau Bundesministerin: Bitte etwas mehr Ehrlichkeit in Sachen Arbeitslosigkeit und in Sachen Statistik! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt, Nahversorgung. Auch die sozialdemokratische Fraktion hat einem Modell der sogenannten Flexibilisierung von Arbeitszeiten zugestimmt, das eigentlich nur den großen Einkaufszentren genützt hat. Für die kleinen Gewerbetreibenden – und da vermisse ich auch den Aufschrei der ÖVP – hat das nichts gebracht. Schauen Sie sich doch einmal um am Samstagnachmittag, wo wirklich die Nachfrage pulsiert und wo Leere herrscht! Das ist auf dem Rücken – einmal mehr – der Frauen ausgegangen; das hat Arbeitsplätze bei den kleinen Gewerbetrei


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benden gekostet und auf der anderen Seite soziale Härte in den großen Arbeitszentren gebracht.

Dritter und meiner Ansicht nach wichtigster Punkt: das Steuersystem. Die Bundeswirtschaftskammer kann noch so viele Detektive gegen Schwarzarbeitsfirmen einsetzen – natürlich ist der Bruch von Sozialgesetzen nicht zu tolerieren –, aber sie müssen sich schon auch einmal die Frage stellen, wieso denn die Arbeitslosigkeit förmlich explodiert.

Auch Frau Abgeordnete Reitsamer sprach von einem 250 Milliarden Schillling-Ding. Da noch mehr Detektive, noch mehr Kontrolle, noch mehr Polizei zu verlangen, ist der falsche Weg. Wir brauchen ein anderes Steuersystem!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Wir müssen die Belastungen des Produktionsfaktors Arbeit drastisch reduzieren und Ökosteuern – ohne zusätzliche Belastung für die Wirtschaft und die Haushalte – behutsam aufbauen. Ohne dieses Umsteuern ist jede Diskussion zur Arbeitslosigkeit scheinheilig. (Beifall bei den Grünen.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3481/J bis 3521/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 22/JPR.

2. Anfragebeantwortungen schriftlicher Anfragen: 3087/AB bis 3309/AB.

Anfragebeantwortung einer mündlichen Anfrage: 12/ABM.

Berichtigung zur Anfragebeantwortung: Zu 3166/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 20/ABPR und 21/ABPR.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 670/A.

4. Volksbegehren:

Volksbegehren "Schilling-Volksabstimmung" (1065 der Beilagen),

Volksbegehren "Atomfreies Österreich" (1066 der Beilagen).

5. Regierungsvorlagen:

Gesundheitsförderungsgesetz-GfG (1043 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1050 der Beilagen),


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Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow, NAB) mit dem Internationalen Währungsfonds (1051 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzen Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 36 betreffend "Abschaffung aller Tierversuche", überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Antrag 661/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Zuleitung aller Abkommen mit der NATO und WEU;

Familienausschuß:

Antrag 658/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus;

Finanzausschuß:

Übereinkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen samt Zusatzprotokoll und Protokoll über den Beitritt Griechenlands zum Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen sowie Erklärung der Republik Österreich (990 der Beilagen);

Gesundheitsausschuß:

Antrag 666/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend bundeseinheitliche Anerkennung des Berufes von Altenfachbetreuer/innen und Familienhelfer/innen;

Gleichbehandlungsausschuß:

Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz 1997 geändert wird;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 660/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gleicher Höhe der Vergütung der Zivildiensteinrichtungen an den Bund,

Antrag 668/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 104/1997, geändert wird;

Justizausschuß:

Antrag 667/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. 1974/60, zuletzt geändert durch BGBl. 1997/ I 12, geändert wird,


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Antrag 669/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (Namensänderungsgesetz) BGBl. Nr. 195/1988, zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. 25/1995, geändert wird;

Rechnungshofausschuß:

Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis der Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1995 und 1996 (III-109 der Beilagen);

Unterrichtsausschuß:

Antrag 662/A (E) der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Weiterführung der Assistentenstellen an Höheren Technischen Lehranstalten;

Verfassungsausschuß:

Antrag 664/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird,

Antrag 665/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme;

Wirtschaftsausschuß:

Antrag 657/A (E) der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend die Mautpflicht bei Fahrzeugen mit Probe- und Überstellungskennzeichen,

Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1996 (III-111 der Beilagen);

Kulturausschuß:

Kulturbericht 1996 der Bundesregierung (III-110 der Beilagen),

Bericht des Bundeskanzlers betreffend den Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1996/97 (III-113 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Bericht des Bundeskanzlers betreffend Erweiterung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 30. Oktober 1996, E 28-NR/XX, GP (III-112 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Klub der Grünen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, eine vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche


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Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-, des Frauen- und des Tierschutz-Volksbegehrens dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird, da das Verlangen ausreichend unterstützt ist, die Dringliche Anfrage um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3220/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß mir das Verlangen nach § 92 der Geschäftsordnung vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3220/AB der Anfrage 3208/J der Abgeordneten Lackner und Genossen betreffend Heeresgliederung, Strukturanpassung-Neu durch den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung soeben die dringliche Behandlung einer Anfrage anberaumt wurde, wird diese Debatte im Anschluß an die Debatte über die Dringliche Anfrage durchgeführt werden.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten des heutigen Tages wie folgt erzielt:

Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage daher: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundesregierung (III-97 der Beilagen) über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1996 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1996) (969 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 360/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Zurücknahme des ÖPUL-Einstiegsstopps (970 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 411/A (E) der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Anrechnung von Winterraps als Begrünungsmaßnahme bei der Fruchtfolgestabilisierung (971 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 455/A der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 970/1993, neuerlich geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1997) (972 der Beilagen)


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5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 471/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1985, BGBl. Nr. 444, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 583/1995, geändert wird (973 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zu den Punkten 1 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Ein Vorschlag auf mündliche Berichterstattung zu einer dieser Vorlagen liegt nicht vor.

Daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr. Es wird mir mitgeteilt, daß eine Redezeit von 9 Minuten gewünscht wird. – Bitte.

10.54

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! "Welche Art der Landwirtschaft wollen wir?" – Diese Frage stellten Sie, Herr Bundesminister, mehrmals in der Sendung "Zur Sache", in der über Gentechnik diskutiert wurde.

Jetzt habe ich eine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Wen meinen Sie mit "wir"? Sind mit Ihrem "wir" nur die ÖVP-Politiker oder auch die anderen Fraktionen gemeint? – Wenn Sie diese Frage mit einem Ja beantworten, ist es höchst an der Zeit, daß Sie die bisher übliche Vorgangsweise im Landwirtschaftsausschuß und im Parlament ändern, denn alles, was nicht von der ÖVP, was nicht von Ihnen selbst oder aus Ihrem Ministerium, vom Bauernbund, der Landwirtschaftskammer oder von Raiffeisen kommt, wird nicht einmal ignoriert. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Anträge der Freiheitlichen werden so lange unbehandelt liegengelassen, bis sie Patina angesetzt haben, und sie werden dann nach einer kurzen Alibiabhandlung einfach niedergestimmt.

Bisher wurde die Frage, welche Art der Landwirtschaftspolitik wir wollen, ausschließlich von der ÖVP beantwortet – mit den bekannten Ergebnissen, welche Jahr für Jahr im Grünen Bericht nachzulesen sind, über den wir ja heute diskutieren werden. Herr Bundesminister, der Grüne Bericht 1996 bestätigt einen Rückgang der bäuerlichen Einkommen um 7 Prozent pro bäuerlichem Arbeitsplatz und 8 000 Arbeitsplätze weniger als im Jahr davor. Dieses Ergebnis wollen Sie uns noch als Erfolgsstory verkaufen, so nach dem Motto: Es hätte eigentlich noch schlimmer kommen können.

Wenn Sie Ihre Frage, welche Art der Landwirtschaftspolitik wir wollen, an die Bauern richten, ist es höchst an der Zeit, daß Sie ihnen auch einmal die Möglichkeit zur Antwort geben. Aber statt dessen führt die Landwirtschaftskammer sogenannte Urabstimmungen durch, bei denen die Bauern gefragt werden, ob sie die Kammer wollen oder nicht. Die Bauern, Herr Minister, wollen vor allem eine Landwirtschaftspolitik und einen Landwirtschaftsminister, auf dessen Wort, Herr Bundesminister, sie sich verlassen können. (Bundesminister Mag. Molterer spricht mit der bei der Regierungsbank stehenden Abg. Dr.  Krammer. – Abg. Madl: Er hört nicht zu!) Frau Kollegin, könnten Sie diese Gespräche bitte nach der Debatte führen. – (Abg. Dr. Krammer entfernt sich von der Regierungsbank.) Danke vielmals.

Herr Bundesminister! Die Bauern wollen einen Minister, der gegebene Versprechen einhält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister, Sie wollen Landwirtschaftspolitik betreiben. Die Landwirtschaftspolitik der Einheitspartei in diesem Hause ist aber unverläßlich. Es werden Versprechen nicht eingehalten und Verträge gebrochen. Diese Politik führt zu Einkommensverlusten und zum Verlust von Tau


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senden Arbeitsplätzen – und das Jahr für Jahr. Wenn Sie aber die Konsumenten fragen, Herr Bundesminister, welche Art der Landwirtschaftspolitik gewünscht wird, so liegt die Antwort ja vor: Mit 1,2 Millionen Unterschriften unter das Gentechnik-Volksbegehren beziehungsweise hunderttausenden Unterschriften gegen Tiertransporte haben die Konsumenten und die Bevölkerung Ihnen ein klares Signal gegeben.

Herr Minister! Sie müßten nur diese Unterschriften ernst nehmen. Sie bräuchten nicht mehr zu fragen, sondern Sie müßten nur endlich den Willen der Bevölkerung umsetzen. Die Bauern Österreichs haben immer um ihre Freiheit gekämpft. Unsere Vorfahren haben dabei nicht selten mit ihrem Leben gebüßt. Aber irgendwie schafft es diese Politik immer wieder, die Bauern unter die Knute zu zwingen. Ursprünglich gute Ideen werden ins Gegenteil verkehrt oder überhaupt mißbraucht. Am Beispiel Raiffeisen läßt sich diese Feststellung glänzend beweisen. Was ist denn aus dem Gedanken von Raiffeisen geworden? – Raiffeisen ist nur noch eine Bank, ein Konzern, mit Millionengagen und Verträgen für die Manager – aber die Anliegen der Bauern sind diesen Herren längst egal. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Gewinne von Raiffeisen, welche durch die Landwirtschaft erwirtschaftet worden sind, sind niemals den Bauern zugute gekommen. Diese Gewinne wurden in völlig branchenfremde Bereiche investiert: in Beteiligungen, in Hotelketten, in Versicherungen, in Fabriken, oftmals ins Ausland oder in Verlage, wie zum Beispiel in den "Kurier", der jetzt auch zur großen FPÖ-Hatz geblasen hat, während den Bauern nur unverzinste, nicht wertgesicherte Anteile, aber mit einem Vielfachen an Haftungen, geblieben sind.

An den Bauern wurde bestens verdient, Herr Bundesminister. Sie wurden dabei aber immer weniger, und die Verschuldung stieg, während die Raiffeisen-Konzerne immer reicher wurden. Durch und vor allem von Raiffeisen betriebener EU-Beitritt Österreichs hat eine neue Belastungslawine auf Österreichs Bauern bewirkt. Die Folterwerkzeuge der Bauern heißen heute Bürokratieflut. Die Bürokraten, die die Bauern verwalten, werden in diesem Land immer mehr, dafür werden die Bauern immer weniger. Das Agrarbudget 1998 sagt ja alles aus: 3 Milliarden Schilling weniger für die Bauern, aber 57 zusätzliche Beamte in Ihrem Ministerium.

Herr Bundesminister Molterer! Sie stimmten der neuen Rinderkennzeichnungsverordnung der EU zu. Die Folge: Allein in Oberösterreich werden 23 neue Personen in den Bezirksbauernkammern eingestellt werden, um diesen Irrsinn überhaupt bewältigen zu können.

Sind das die Arbeitsplätze, die Sie uns versprochen haben bei einem eventuellen EU-Beitritt? Wir Freiheitlichen fordern eine Agrarpolitik, wodurch die Arbeitsplätze auf den Bauernhöfen gesichert werden und nicht an den Schreibtischen, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder das "Folterinstrument" AMA: Diese Behörde wurde sogar in den Verfassungsrang erhoben, die Landwirtschaft bis heute nicht. Wir Freiheitlichen fordern, daß endlich eine verfassungsmäßige Absicherung der landwirtschaftlichen Einkommen erfolgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie versprechen es immer nur vor den Wahlen, Herr Minister. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Mit der AMA wurde ein Apparat aufgebaut, der in diesem Umfang absolut nicht notwendig ist. Wozu, Herr Bundesminister, haben Sie die vielen Beamten in Ihrem Ministerium? Laut einer Studie kostet die Verwaltung pro Betrieb jährlich 26 000 S. Es gibt aber rund 75 000 Betriebe, die nur 22 000 S an Ausgleichszahlungen erhalten. Das muß man sich vorstellen! Die Verwaltung dieser Betriebe kostet bedeutend mehr als diese Betriebe an Ausgleichszahlungen bekommen. Das ist blanker Unsinn, Herr Bundesminister! Stellen Sie das endlich ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kein Bauer kann nachvollziehen, was mit den Marketingbeiträgen wirklich geschieht. Es ist einfach undurchsichtig, was da passiert. Sie bewerben sich und Ihr Ministerium mit ganzseitigen Einschaltungen in den Illustrierten.


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Herr Bundesminister! Sie stimmen jeder Schlechterstellung für die Bauern zu: im Sozialversicherungsbereich, im Gebührenbereich, in allen Bereichen. Sie geben Versprechen, halten sie aber nicht ein: zum Beispiel bei der Mehrwertsteuerregelung, zum Beispiel bei der Betriebsmittelverbilligung. Sie unterschreiben Verträge und brechen sie einseitig, wie zum Beispiel beim ÖPUL-Programm. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Beim Genmais auch!) Und jetzt gehen Sie noch her und treten für die Osterweiterung ein. Am 19. November 1997 haben alle Agrarminister mit Ausnahme Spaniens für die Osterweiterung, für die Agenda 2000 gestimmt. Sie wissen, Herr Minister, was die Agenda 2000 für die österreichischen Bauern bedeutet: Einkommensverluste bis zu 30 Prozent, und zwar ohne Ausgleich, weil das Geld dafür nicht da ist!

Wenn der spanische Agrarminister gegen die Agenda 2000 gestimmt hat, wird er gute Gründe dafür gehabt haben, Herr Bundesminister, aber ich sage Ihnen, Sie hätten bedeutend bessere gehabt, denn Österreich mit seiner langen Ostgrenze ist unmittelbar betroffen. Es ist wirklich ein Skandal, mit welchen Methoden die Bevölkerung hinters Licht geführt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie stimmen für die Osterweiterung, Sie stimmen für die Agenda 2000, der Herr Vizekanzler Schüssel macht das gleiche, Klima ist auch für die Osterweiterung und für die Agenda 2000, aber Ihre Parteikollegen, Landeshauptmann Pröll, oder Ihr Bruder, Vizepräsident Kletzmayr in Oberösterreich, oder der Landeshauptmann von Burgenland sagen: Nein, wir sind gegen die Osterweiterung, daher kommt sie auch nicht! Hören Sie endlich mit diesem unwürdigen Spiel auf! Die österreichischen Bauern haben sich das nicht verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.03

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Aumayr! Ich habe mich beim Studium der Rednerliste schon gewundert, warum der Agrarsprecher der FPÖ, der Ing. Reichhold, bei dieser Debatte überhaupt nicht anwesend ist (Abg. Aumayr: Weil er krank ist und im Spital liegt!) und auch nicht dazu spricht, obwohl bei der Behandlung des Grünen Berichtes immer grundsätzliche Aussagen zur Agrarpolitik getätigt werden. (Abg. Haigermoser: Er ist krank! Er liegt im Spital!) Offensichtlich ist er bereits so schlecht motiviert, daß er sozusagen die Abwesenheit hier vorzieht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Das ist unterste Lade! Da liegt jemand im Spital, und Sie sagen, er ist nicht motiviert! Das ist wirklich unterste Schublade! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ein zweiter Bereich: Wir behandeln heute auch drei Anträge der Freiheitlichen Partei, und ich sage kurz, weshalb diese Anträge im Ausschuß keine Zustimmung gefunden haben.

Der erste Antrag verlangt, den Eintrittsstopp für ÖPUL aufzuheben. Wir haben ein ÖPUL-Programm 1998, bei dem es um einen Neubeitritt beziehungsweise um einen Übertritt von 1995 auf 1998 geht, womit der Eintrittsstopp bereits aufgehoben ist.

Der zweite Antrag sieht vor, den Winterraps in die Begrünungsmaßnahme mit einzubeziehen. Für Winterraps gibt es eine eigene Flächenprämie. Aus diesem Grund hat es die EU abgelehnt, eine zweite Prämie für Winterbegrünung zu genehmigen. (Abg. Wenitsch: Für alles andere gibt es ja auch eine Prämie!)

Der dritte Antrag hätte wesentliche Agenden der Jagdgesetze, die in der Landeskompetenz sind, betroffen. Wir hätten, um die Jagdgesetze in das Forstgesetz einzugliedern, eine Verfassungsänderung gebraucht. Und ohne Verhandlungen mit den Ländern sind solche Anträge demokratiepolitisch unsittlich, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl  – in Richtung der Freiheitlichen –: Schämen Sie sich!)

Wir behandeln heute den Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft. Darin werden die Ergebnisse von rund 2 400 Buchführungsbetrieben zum Teil hoch


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gerechnet, zum Teil mit der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ergänzt. Dabei ergibt sich ein Rückgang der Wertschöpfung in der Land- und Forstwirtschaft von 61,9 Milliarden Schilling auf 61,2 Milliarden Schilling im Jahre 1996. Zusätzlich zu diesem Rückgang sind im Jahre 1996 allerdings die degressiven Zahlungen reduziert worden, sodaß sich daraus ein Einkommensverlust für die Landwirtschaft ergibt, der höher ist als der Verlust aus der verminderten Wertschöpfung.

1996 wurden von den Bauern aber auch wesentlich mehr Investitionen getätigt. Der Grad der Investitionen ist immer auch ein Gradmesser dafür, welche Zukunftshoffnungen die Bauern haben. Wer investiert, versucht, auch in der Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. 1996 wurde gegenüber 1995 um fast ein Drittel mehr Traktoren neu zugelassen, in bauliche Maßnahmen wurden um 18 Prozent mehr investiert und für Maschinen um insgesamt 29 Prozent mehr. Diese starken Investitionen verringern natürlich das landwirtschaftliche Einkommen, denn Einkommen ist die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben. Der verbleibende Teil ist dann das Einkommen. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

1996 hatten die Grünlandbetriebe und Rinderhalter auch mit den Folgen der von England ausgehenden BSE zu kämpfen. Das Vertrauen der Konsumenten wurde auch in unserem Lande erschüttert. Der Rückgang des Rindfleischverbrauches hatte natürlich katastrophale Auswirkungen auf die Preissituation im Rinderbereich. Dazu kam 1996 noch, daß es durch die 1995 erfolgte Liraabwertung europaweit zu einem Preisverfall bei Rund- beziehungsweise auch Schnittholz kam, wodurch Österreich, das vor allem beim Holzexport sehr stark auf Italien ausgerichtet ist, besonders betroffen war.

Deshalb haben wir Schlüsse aus diesen Zahlen des Berichtes 1996 zu ziehen. Wir haben Rahmenbedingungen herzustellen, die die Einkommen der Bauern in Zukunft nachhaltig verbessern.

Welche Rahmenbedingungen brauchen wir? – Wir brauchen ein verstärktes Vertrauen der Konsumenten zu den heimischen Lebensmitteln. Dafür, Frau Abgeordnete Aumayr, ist auch die Rinderkennzeichnung notwendig, denn die Konsumenten verlangen, zu wissen, von welchem Bauernhof beziehungsweise aus welcher Region die Rinder kommen, damit sie wieder Vertrauen in das Rindfleisch haben können. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Rinderkennzeichnung, die im Jahre 1998 für die Bauern eingeführt wird, ermöglicht es, daß ab dem Jahr 2000 – ein Rind wird halt eineinhalb bis zwei Jahre alt, ehe es schlachtreif ist und dann sozusagen in den Lebensmittelbereich kommt – eine genaue Fleischkennzeichnung in Kraft treten kann, sodaß auch im Supermarkt bei jedem Fleischstück feststellbar ist, wo etwa dieses Tier geboren ist, wo es weitergemästet wurde, wo es geschlachtet worden ist. Diese wirklich lückenlose Darstellung soll dazu beitragen, das Vertrauen wiederherstellen zu können.

Eine zweite Maßnahme ist die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Wir haben mit dem ÖPUL-Programm 1998 eine verstärkte Umweltförderung. Österreich ist hier Europameister. Rund 10 Prozent aller unserer Bauern sind Biobauern, und rund die Hälfte der europäischen Biobauern sind in Österreich beheimatet. Dem entspricht auch unser Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft. So werden wir wesentlich mehr als das größere Frankreich oder wesentlich mehr als das größere Deutschland für Österreichs Bauern lukrieren können, und dieses Umweltprogramm ÖPUL 1998 wird auch eine wesentliche Verbesserung für die Grünlandbauern bringen.

Ein weiterer Schwerpunkt muß die Einführung eines Sockelbetrages für Bauern in Berggebieten und in benachteiligten Regionen sein, um auch den kleinen Bauern und Nebenerwerbsbauern das Überleben zu ermöglichen. Denn die Infrastruktureinrichtungen in einer Region erhalten zu können, hängt auch davon ab, wie viele Bauern dort noch weiterhin einen Betrieb bewirtschaften. Wir haben derzeit in Österreich noch rund 250 000 Betriebe. Im Vergleich dazu gibt es in der Schweiz nur mehr 80 000 Betriebe. Obwohl die Schweiz nur um eine Million weniger Einwohner als Österreich hat, haben wir dreimal so viele Landwirtschaftsbetriebe als die Schweiz!

Ein weiterer harter Punkt bei den Verhandlungen wird die Mehrwertsteueranrechnung für pauschalierte Betriebe bleiben müssen, so wie es im Europaübereinkommen verankert ist, denn


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durch den Preisrückgang ... (Abg. Aumayr: Wann machen Sie es endlich?) Ja, Frau Abgeordnete Aumayr, da müssen wir den Regierungspartner überzeugen. (Abg. Aumayr: 3,6 Milliarden! Es geht um 3,6 Milliarden!) Man kann eine Koalition auch sehen wie eine Ehe, wie zwei Ehepartner. (Abg. Aumayr: Machen Sie es endlich! Halten Sie, was Sie versprechen!) Da sind Seitensprünge auch nicht erlaubt – zumindest nach unserem Verständnis. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Sie sind ohnehin eine Einheitspartei!)

Zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft in der Zukunft haben wir aber auch zu den in der Diskussion um die Agenda 2000 derzeit vorhandenen Vorschlägen noch wesentliche Ergänzungen anzubringen. Wir wollen die multifunktionellen Aufgaben der europäischen Landwirtschaft auch über die nächsten WTO-Verhandlungen hinaus abgesichert haben (Abg. Aumayr: Das werden Sie wieder nicht machen!), wir wollen die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft, denn unsere Nachfolger werden uns danach beurteilen, wie wir die Lebensgrundlagen hinterlassen, und wir brauchen eine Weiterführung der Milchmarktordnung auch nach dem Jahr 2000, damit über nationale und einzelbetriebliche Quoten auch die Milchproduktion in den Berggebieten für die Zukunft abgesichert werden kann. (Beifall bei der ÖVP.) Wir brauchen eine weitere Verbesserung für die Mastrinderproduktion mit einer Angliederung der weiblichen Mastrinder in die Prämienregelung und eine Absicherung der Strukturförderungen für die Landwirtschaft auch bei der Neuregelung der Zielgebiete.

Wenn wir das bei der Agenda 2000 durchsetzen können, dann wird die österreichische Landwirtschaft in Form von bäuerlichen Familienbetrieben und eine flächendeckende Agrarproduktion in Österreich abgesichert werden können.

Abschließend möchte ich noch den 2 400 Bauern danken, die mit der Aufzeichnung eine wesentliche Mehrarbeit auf sich nehmen, damit durch die Verarbeitung der Buchführungsergebnisse die Lage der österreichischen Landwirtschaft festgestellt werden kann. Ich danke auch den Mitarbeitern im Ministerium, die diese Zahlen auswerten, denn der Grüne Bericht 1996 ist ein umfangreiches Nachschlagewerk, das auch viele Vergleiche zu anderen europäischen Ländern aufzeigt. (Beifall bei der ÖVP.)

11.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Stadler hat eine tatsächliche Berichtigung begehrt. – Bitte, Herr Abgeordneter. Beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

11.14

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Abgeordneter Schwarzenberger hat in seiner indolenten Art die Behauptung aufgestellt (Abg. Dr. Maitz: Na, na, na! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), der Abgeordnete Reichhold fehle bei der Debatte über den Grünen Bericht 1996 aus politischen Gründen. (Abg. Schwarzenberger: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Dies ist unrichtig. Der Abgeordnete Reichhold fehlt bei dieser Debatte, weil er sich wegen eines schweren operativen Eingriffes derzeit im Spital befindet. Die Behauptung ist daher eine schäbige persönliche Unterstellung (Abg. Aumayr: So ist es!), wie sie übrigens die Familie des Abgeordneten Reichhold von Ihnen schon anläßlich der letzten Kammerwahl erdulden mußte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Er war nur als verhindert gemeldet! – Abg. Mag. Schreiner: Und so etwas ist ein Präsident! – Abg. Tichy-Schreder: Na bitte!)


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11.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten diesen Punkt jetzt nicht zum Anlaß für eine Auseinandersetzung nehmen.

Ich wünsche Herrn Abgeordneten Reichhold alles Gute und daß er bald wieder aus dem Spital herauskommt.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

11.15

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Grüne Bericht, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, ist fürwahr ein sehr umfangreiches Zahlenwerk, und er ist insbesondere das, was so quasi von der Politik der Koalitionsparteien übriggeblieben ist, in Zahlen gegossen.

Sie werden aber verstehen, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, daß die Liberalen eine andere Interpretation dieser Zahlen haben, als Sie sie hier vorgetragen haben, denn wenn Sie zum Beispiel sagen, daß die Steigerung bei den Investitionen ein Zeichen dafür ist, daß eine positive Grundstimmung in der bäuerlichen Bevölkerung herrscht, so möchte ich das bestreiten, und zwar deshalb, weil steigende Investitionen gerade im Bereich der Landwirtschaft nicht unbedingt eine Zuversicht in die Zukunft bedeuten müssen, sondern einfach auch nur bedeuten können, daß die kapitalintensive Landwirtschaft in Österreich zunimmt, daß es immer stärker in Richtung einer industrialisierten Landwirtschaft geht, daß der Maschineneinsatz, daß der Mitteleinsatz einfach immer größer wird. Parallel dazu ist natürlich aber genau jene Tendenz nicht gebrochen, die auch schon seit Jahren aus dem Grünen Bericht herauszulesen ist: daß gleichzeitig Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen Bereich verlorengehen.

Daß heißt, die Steigerung der Investitionen, die Sie angesprochen haben, nehmen die Liberalen eher als ein Zeichen dafür, daß es verstärkt in Richtung einer industrialisierten Landwirtschaft geht und daß wir nicht mehr lange mit einer flächendeckenden bäuerlichen Struktur in Österreich konfrontiert sein werden.

Die Maßnahmen zur Gegensteuerung, die sich die Bundesregierung und auch die Koalitionsparteien auf die Fahnen geheftet haben, sind unserer Auffassung nach ungenügend. Nehmen Sie nur etwa jenen Teil her, der sich mit den nachwachsenden Rohstoffen beschäftigt. Es wird überall gesagt – insbesondere im Zusammenhang mit der Energiepolitik, aber auch in bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum –, daß es notwendig ist, nachwachsende Rohstoffe, etwa für die Energieversorgung, vermehrt zu nutzen.

Aber auch eine Empfehlung der §-7-Kommission in die Richtung, daß es zu einer Ausnahme der erneuerbaren Energieträger von der Elektrizitätsabgabe kommen soll, ist derzeit von der Bundesregierung noch nicht umgesetzt. Und wenn man sich die Verhandlungen um das Energieorganisations- oder Energiewirtschaftsgesetz ansieht, das im Entwurf schon vorliegt, dann wird auch in diesem Zusammenhang keine Ausnahme der erneuerbaren Energieträger von der Elektrizitätsabgabe stattfinden. Das ist ein Grund, warum sich dieser Bereich nicht entwickeln kann, und das ist mit ein Grund, warum die steigende Kapitalintensität nicht dazu führen wird, daß mehr Arbeitsplätze im Bereich der Landwirtschaft geschaffen werden.

Sie haben aber auch recht, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, wenn Sie sagen, es müsse zu einer Änderung im Bereich der sozialen Vorsorge kommen. Ich habe so etwas anklingen gehört. Wahr ist, meine Damen und Herren, daß die Liberalen sehr stark kritisiert worden sind, weil sie vorschlagen, im Bereich der sozialen Vorsorge einmal einen neuen Denkansatz zu wählen und zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, für einzelne Sektoren eine Grundsicherung einzuführen.

Es ist interessant, daß die Liberalen gerade deshalb von seiten der ÖVP sehr, sehr stark kritisiert worden sind, aber auch Sie von der ÖVP sprechen davon, daß es einen Sockelbetrag geben muß, auf den die Bauern aufbauen können, daß sie so quasi ein fixes Einkommen haben sollen, mit dem sie rechnen können – einerlei, ob sie jetzt gut oder schlecht wirtschaften oder ob nur die allgemeinen Marktbedingungen so sind, daß sie daraus kein besonderes Einkommen lukrieren können.

Sie sagen zu Recht, wenn wir die Abwanderung aus dem ländlichen Bereich verhindern wollen, dann muß ein Sockelbetrag zur Verfügung stehen. Die Freiheitlichen nennen es in ihrem Konzept einen finanziellen "Grundstock", den man zur Verfügung stellen muß, und die Liberalen reden eben von einer "Grundsicherung". Aber, meine Damen und Herren, wir haben uns noch nie in diesem Hause an einen Tisch zusammengesetzt und einmal überprüft, inwieweit denn diese einzelnen Vorschläge, die die Liberalen zugegebenermaßen für einen größeren Bereich


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gemacht haben, die aber auch für den Bereich der Landwirtschaft gelten, nicht Parallelen haben, die umsetzbar, die zwischen den Fraktionen vereinbar sind. Ich glaube, das ist eine Diskussion, die noch nachgezogen werden muß.

Ich behaupte aber auch, meine Damen und Herren, Sie unterscheiden sich dort, wo Sie innovativ sein wollen, in Ihren Ansätzen nicht von den Liberalen, und deshalb sollten Sie uns auch nicht diffamieren, wenn wir von einer Grundsicherung reden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der politisch wohl bewegendste Aspekt im Zusammenhang mit der Landwirtschaft wird auch im Jahr 1998 die Gentechnik sein. Wenn es zu Änderungen der Kriterien im Bereich der ÖPUL-Förderung kommt, dann wäre es sinnvoll, sich hier schärfere Kriterien zu überlegen, die etwa auch in die Richtung gehen, daß man sagt, man gewährt ÖPUL-Förderungen nur dort, wo Gentechnik in der Landwirtschaft nicht eingesetzt wird.

So zu handeln, ist nicht technikfeindlich, sondern dahinter steht folgende Überlegung: Wenn man eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft aufrechterhalten will, dann kann das zwangsläufig nur eine Landwirtschaft sein, die nicht besonders industriell geprägt ist. Die Gentechnik in der Landwirtschaft gehört aber zum Bereich der industriellen Landwirtschaft, sie ist eine Maßnahme der industriellen Produktion. Daher sollte man das Förderungssystem darauf ausrichten, daß nur jene Maßnahmen gefördert werden, die etwa in Richtung biologischer Landbau gehen, nur Maßnahmen, die wirklich einer flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft dienen.

Sollte es dazu kommen, daß solche Überlegungen angestellt werden – vom Abgeordneten Wabl weiß ich das konkret –, dann würde es von seiten der Liberalen die Zustimmung finden, solche Kriterien in die ÖPUL-Förderung aufzunehmen. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen sowie Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Interessanterweise haben es Herr Abgeordneter Schwarzenberger und ebenso Frau Abgeordnete Aumayr von den Freiheitlichen verabsäumt, auf jenen sehr wichtigen Teil des Grünen Berichtes einzugehen, zu dem es auch eine Entschließung des Nationalrates gibt, nämlich auf jenen Bereich, der die Stellung der Frau betrifft.

Es braucht niemanden zu wundern, meine Damen und Herren, daß die Frauen in der Landwirtschaft – das geht aus diesem Bericht hervor – zwar in ihrem Arbeitsanteil überbelastet sind, daß hingegen ihr Anteil an den Entscheidungen im bäuerlichen Betrieb interessanterweise – nicht etwa, weil sie zu Entscheidungen nicht fähig wären, sondern deshalb, weil sie es nicht dürfen – nach wie vor sehr gering ist. Das steht in dem Bericht oben rechts auf Seite 163. Dort steht auch, daß eine partnerschaftliche Ehe im Bereich der Landwirtschaft etwas ist, von dem Frauen nur träumen können. Denn so etwas existiert dort nicht.

In Wahrheit ist es so, daß die Frauen selbstverständlich die Hausarbeit machen müssen und alle jene Arbeiten zu erledigen haben, die traditionell mit dem Bild der Frau verbunden sind. Darüber hinaus haben sie generell Lasten der Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb zu tragen, aber die Gleichstellung in diesem Bereich ist einfach hintangestellt worden. Das ist noch nicht durchgedrungen, und deshalb muß es nicht verwundern, daß der Bereich der Landwirtschaft generell von hoher Überalterung der dort Berufstätigen gekennzeichnet ist und daß darüber hinaus das Bildungsniveau – so steht es in diesem Bericht – ein niedriges ist. Denn jede Frau, die sich das irgendwie ermöglichen kann, schlägt selbstverständlich einen anderen Karriereweg ein als den, in der Landwirtschaft tätig zu werden.

Wenn man eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft aufrechterhalten will, dann wird man Maßnahmen zu treffen haben, um den Bereich der Ausbildung besser abzudecken und das soziale Image – insbesondere der Frauen – zu heben. Sonst wird dieser Bereich – im wahrsten Sinne des Wortes – einfach vertrocknen. Es wird zu einer stark industrialisierten, kapitalintensiven Landwirtschaft kommen, und eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft wird etwas sein, das wir vielleicht fordern können, das aber sicherlich nicht gelebt werden wird.


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Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Zusammenhang auch klar hervorzuheben, daß die versicherungsmäßige Abdeckung dieses Bereiches – ebenfalls insbesondere für die Frauen – schlecht ist. Wenn das aber so ist, dann ergibt sich daraus ein weiterer Anlaß – auch in bezug auf die Altersvorsorge im landwirtschaftlichen Bereich –, darüber nachzudenken, ob nicht eine Grundsicherung der richtige Weg wäre, damit, unabhängig davon, ob über eine entsprechende Anzahl von Jahren eingezahlt worden ist, jedenfalls gesichert ist, daß auch Männer und Frauen, die in diesem Bereich arbeiten, im Alter eine adäquate Vorsorge haben. Die Grundsicherung wäre ein Weg, dies herbeizuführen, sodaß ich meine Aufforderung wiederholen möchte, darüber in diesem Hause zu diskutieren.

Denn wenn Sie sich die Steigerungszahlen der Förderungsmittel insbesondere aus dem Bundesbereich ansehen, dann werden Sie erkennen, daß die Einkünfte je Familienarbeitskraft über alle Betriebe gerechnet – auch wenn es richtig ist, daß es im einzelnen Unterschiede gibt – im Jahr 1996 ein Minus gegenüber 1995 aufweisen und dieses Minus nicht einmal durch die höhere Steigerung der Bundesmittel ausgeglichen werden konnte.

Wenn es da nicht zu grundsätzlichen Änderungen kommt, gerade auch im Bereich der sozialen Vorsorge, dann, meine Damen und Herren, wird es der Bundesregierung nicht gelingen – und auch niemand anderem in Österreich –, eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft aufrechtzuerhalten. Wir brauchen echten Reformwillen. Das ist aber etwas, was an dieser Bundesregierung in diesem Bereich bisher von seiten der Liberalen vermißt wird.

Der letzte Punkt, den ich anschneiden möchte, bezieht sich auf einen Antrag von mir, der das Weingesetz betrifft. Dafür haben wir eine Änderung vorgeschlagen, damit dieses Gesetz auch im Hinblick auf den Uhudler, Herr Abgeordneter Wabl, den europäischen Regeln entsprechen möge. Leider ist das im Ausschuß abgelehnt worden. Vielleicht wird es später eine Gelegenheit geben, diese Maßnahme zu ergreifen, um auch in diesem Bereich – selbst wenn das für die Bundesregierung weniger sinnvoll zu sein scheint – den EU-Regeln zu entsprechen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wabl: Bravo, Barmüller!)

11.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Wabl: Jetzt kommt ein Bekenntnis gegen die Gentechnologie! Denn unsere arbeitende Bevölkerung braucht beste Lebensmittel! – Abg. Gradwohl: Wie wahr, wie wahr, Herr Kollege Wabl!)

11.25

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich in meinem Redebeitrag vorwiegend mit dem Grünen Bericht beschäftigen. Meine Kolleginnen und Kollegen werden später die Gelegenheit benützen, auf die anderen noch zur Debatte stehenden Anträge einzugehen.

An den Beginn meiner Ausführungen möchte ich ein Wort des Dankes stellen, und zwar gegenüber den buchführenden Betrieben und Institutionen, welche die Daten dieses Berichtes zusammengetragen und bereitgestellt haben. Vor allem richte ich diesen Dank an die Beamten Ihres Ressorts, Herr Bundesminister, die diese Daten in wirklich hervorragender Weise aufbereitet und zusammengestellt haben, sodaß der Grüne Bericht 1996 – wie auch die Berichte über die Jahre davor – eine informative Sammlung amtlicher Daten darstellt, insbesondere zum Jahr zwei nach dem EU-Beitritt. Dafür ein herzliches Danke! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Grünen Bericht können wir – neben der Gesamtübersicht über die wirtschaftliche Situation – einige Details zu EU- und WTO- sowie GATT-Bestimmungen und -Situationen entnehmen, die vor allem im Hinblick auf die Beratungen der Agenda 2000 von besonderer Bedeutung sind. Der Bericht enthält Daten zur Umweltsituation im Vergleich Umwelt – Landwirtschaft, wir finden darin Marktanalysen zu den einzelnen Wirtschaftszweigen sowie eine Darstellung der Situation in der Wasserwirtschaft. Vor allem beinhaltet dieser Bericht – damit möchte ich mich besonders beschäftigen – die Auswertung der Ergebnisse der Buchführungsbetriebe.


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Diese Auswertung zeigt ein äußerst unterschiedliches Bild über die Einkommenssituation in der österreichischen Landwirtschaft. In den letzten Wochen und Monaten haben wir aus Pressemitteilungen, aber auch in diversen Diskussionen von einigen Seiten ein dramatisches Bild der Einkommenssituation 1996 in der österreichischen Landwirtschaft präsentiert bekommen, dramatisch deswegen, weil es in weiten Bereichen der Agrarwirtschaft zu einem Einkommensrückgang gekommen ist. Dieses Bild möchte ich ein wenig relativieren, und zwar dahin gehend, daß meiner Ansicht nach die Betrachtung eines einzigen Jahres nicht die Aussagekraft hat, die notwendig wäre, um eine Beurteilung durchzuführen, sondern vielmehr ein mehrjähriger Betrachtungszeitraum ins Auge zu fassen ist.

Wenn ich den Zeitraum von 1993 bis 1996 heranziehe, ergibt sich ein ganz anderes Bild, das durchaus einen Unterschied zu anderen Wirtschaftszweigen darstellt. Bei einer Betrachtung der Veränderung der Einkommenssituation zwischen 1993 und 1996 ergibt sich nämlich im Bundesmittel ein Einkommensplus von insgesamt 30 Prozent, und das ist – im Gegensatz zu dem, was Kollege Barmüller vorhin angeführt hat – eine durchaus positive Auswirkung der Agrarpolitik in Österreich. Aber auch bei der Betrachtung langjähriger Einkommensentwicklungen ergeben sich sehr hohe Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen und Regionen. So zeigt sich beispielsweise in bezug auf das nordöstliche Flach- und Hügelland ein Einkommenszuwachs von 49 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Zahlen untermauern und beweisen die Wichtigkeit der Forderung der Sozialdemokratischen Partei nach einer gerechteren Einkommensverteilung in der Landwirtschaft. Diese wäre durch soziale Staffelung, durch Sockelbeträge und durch Einziehung von Obergrenzen durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bemerkenswert ist aber auch der Unterschied zwischen der Einkommenssituation biologisch wirtschaftender und anderer Betriebe. Dabei wird meiner Ansicht nach sehr oft fehlerhaft argumentiert, indem behauptet wird, daß es aufgrund der öffentlichen Zuschüsse in Biobetrieben höhere Einkommen gebe und für diesen Bereich eine bessere Einkommenssituation dargestellt werden könne. (Abg. Wabl: Wie stehen Sie zur Gentechnologie in der Landwirtschaft, Herr Bauernsprecher?) Ich bin vielmehr der Ansicht, daß diese Biobetriebe aufgrund ihrer deutlich geringeren Unternehmensaufwendungen und des besseren Umgangs mit ihren Ressourcen höhere Einkommen erzielen können beziehungsweise eine bessere Einkommenssituation haben.

Weiters bietet der Biobereich der österreichischen Landwirtschaft sehr viele Chancen, wie sich aufgrund ihrer Struktur im internationalen Vergleich zeigt. Dazu wurde in den "Salzburger Nachrichten" vom 8. Jänner 1998 unter der Überschrift "Mehr Geld für Salzburgs Bauern" ausgeführt – ich zitiere –:

"Salzburgs Biobauern können jubeln ... Die gute Nachfrage hat den Landwirten ein besseres Einkommen beschert. Der Biomilchzuschlag konnte bei der Alpenmilch Salzburg deutlich angehoben werden. Mitte vergangenen Jahres wurden 19 Groschen plus Mehrwertsteuer gezahlt, im November waren es bereits 47 Groschen plus Mehrwertsteuer." – Ende des Zitats. 

Ich denke, das ist ein Beweis dafür, daß wir in diesem Biobereich höhere Unterstützungen einführen müssen.

Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Einkommenssituation wäre meiner Meinung nach eine bessere Beratung der bäuerlichen Forstwirtschaftsbetriebe im Hinblick auf die Nutzung der forstlichen Bereiche. Außerdem sollte versucht werden, für Österreich als waldreiches Land einen Holzcluster zu erreichen, wie es ihn in der Automobilindustrie gibt, um auch damit die Einkommenssituation und die wirtschaftliche Situation zu verbessern. (Abg. Wabl: Ohne Energiesteuer bleibt der Holzpreis im Keller!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich festhalten, daß wir nach wie vor zu unseren Forderungen stehen. Es gibt hier im Haus große Übereinstimmung, was die Sockelbeträge betrifft. Wir treten nach wie vor für Obergrenzen bei Förderungen ein, und ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, dies auch auf europäischer Ebene entsprechend zum Aus


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druck zu bringen. Da ich im Rahmen einer EU-Konferenz die Gelegenheit hatte, auch von anderen Mitgliedstaaten entsprechende positive Signale zu hören, bin ich davon überzeugt, daß diese Forderung umsetzbar wäre. Ich trete auch dafür ein, daß wir – da die Umweltförderung eine der wichtigsten ist – eine weitere Verbesserung im ÖPUL-Bereich herbeiführen, und stimme mit Kollegen Barmüller darin überein, daß die Gentechnologie in diesem Bereich ein besonders wichtiger Punkt ist.

Wir Sozialdemokraten danken nochmals für die Erstellung dieses Berichtes. Wir werden ihm zustimmen und freuen uns auf die kommenden Verhandlungen und Diskussionen aufgrund dieser Datenlage. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger. )

11.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 12 Minuten angegeben. (Abg. Wabl: Das kann nicht sein! Ganz normal!) Gut, ich stelle die Uhr auf 20 Minuten ein. – Bitte.

11.32

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man die Rede des Kollegen Bauernsprecher von der SPÖ hört, könnte man glauben, die SPÖ befinde sich in Österreich auf der schmerzlichen Oppositionsbank. Sie hat sehr solide Vorstellungen von der österreichischen Landwirtschaft, muß aber doch die Bundesregierung – insbesondere den zuständigen Bundesminister – ersuchen, für eine gerechte Einkommensverteilung auf dem Agrarsektor, insbesondere dort, wo es um degressive Ausgleichszahlungen geht, zu sorgen und Rücksicht auf die großen Disparitäten bei den Einkommen zu nehmen. Herr Kollege Gradwohl! Bleiben Sie weiterhin auf der Oppositionsbank sitzen und richten Sie Ihr Ersuchen weiterhin an Ihre Kollegen auf der Regierungsbank! (Abg. Gradwohl: Wir agieren mit, daß das umgesetzt wird, Kollege Wabl!)

Herr Kollege Gradwohl! Ich kann ja heute – gemeinsam mit Kollegen Barmüller – beobachten, wie Sie den Einsatz der Gentechnologie in der Landwirtschaft sehen. Denn ich nehme an, daß Sie in dieser Hinsicht vollkommen einer Meinung mit Ihrer Ministerin Prammer sind und daher die Auffassung vertreten, daß die Gentechnologie in der Landwirtschaft nichts verloren hat. Deshalb werden Sie dem Antrag, den wir dazu später einbringen werden, sicherlich zustimmen.

Meine Damen und Herren! Der jährliche Bericht spiegelt im wesentlichen einen Trend in der Landwirtschaft wider, den wir seit mehr als einem Jahrzehnt verfolgen können, nämlich eine stetige Abnahme der Arbeitsplätze im Bereich der Landwirtschaft. Zwischen 8 000 und 10 000 Arbeitsplätze gehen jährlich in der Landwirtschaft verloren. Wenn man das auf die letzten elf Jahre hochrechnet, sind zirka 100 000 Arbeitsplätze im Bereich der Landwirtschaft verlorengegangen.

Dazu möchte ich Ihnen sagen, daß man nicht jedem Arbeitsplatz nachtrauern sollte, gleichgültig, in welchem Bereich er verlorengeht. Aber wenn Arbeitsplätze verlorengehen, auf denen etwas Sinnvolles produziert wird, wenn Arbeitsplätze, auf denen gesunde Lebensmittel produziert werden, durch schmutzige Konkurrenz verlorengehen, durch eine Industrialisierung, die unter Rationalisierung nicht eine vernünftige Verbesserung von Wirtschaftsabläufen versteht, sondern sie als Zerstörung von Arbeits- und Unternehmensstrukturen sieht, die ausschließlich im Interesse der Gewinnmaximierung und zur Erhöhung der Aktiengewinne erfolgt, dann sind wir entschieden dagegen, daß solche Arbeitsplätze ruiniert werden! (Beifall bei den Grünen.)

Denn was oft – auch im Bereich der Landwirtschaft – unter Strukturbereinigung und Rationalisierung verstanden wird, meine Damen und Herren, hat mit wirklicher Bereinigung und Rationalisierung nicht das geringste zu tun!

Meine Damen und Herren! Wenn es um schmutzige Arbeitsplätze geht, auf denen die Menschen krank werden, auf denen sie Krankheiten wie Kreuzschmerzen und alle möglichen anderen Schäden bekommen, dann ist es selbstverständlich richtig, daß wir rationalisieren und Maschinen anschaffen, Herr Kollege Schwarzenberger! Aber wenn die Rationalisierung dazu führt, daß wir in irgendwelchen großen Industriehallen Hunderttausende von Schweinen nicht


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tierschutzgerecht und nicht menschengerecht mästen und mit diesen Produkten dann auch noch die Konsumenten belästigen, dann ist das absolut abzulehnen und hat nichts mehr mit vernünftigen Maßnahmen zur Strukturbereinigung zu tun. Genau das ist es nämlich, was Maderthaner jetzt – als neuer Landwirtschaftssprecher der ÖVP – offensichtlich fordert: die Erhöhung der Tierbestandsobergrenzen.

Meine Damen und Herren! Was für ein großes Jubelgeschrei der ÖVP war das hier, als der damalige Landwirtschaftsminister Riegler sagte: Das ist ein Meilenstein! Wir sehen die ökologischen Grenzen im Tierbereich – in der Tiermast und in der Tierzucht – und fordern deshalb eine klare Begrenzung von Tierbeständen! – Ja, das hatte selbstverständlich einen rationalen Grund und war rational gedacht, denn zu hohe Bestände erhöhen den Seuchendruck und ziehen den Masseneinsatz von Medikamenten nach sich. Zu hohe Bestände lassen keine Bauern mehr zu, sondern nur noch Menschen, die den Dreck wegräumen, die die toten Tiere wegräumen, sowie nur noch Mediziner, die mit Medikamenten kommen und dafür sorgen, daß die Tiere nicht verenden.

Meine Damen und Herren! Das gilt es abzustellen! Das gilt es nicht nur europaweit, sondern weltweit abzustellen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Warum ergreifen Sie nicht das Wort?

Herr Kollege Schwarzenberger! Ich bin selbstverständlich sehr zufrieden, wenn Sie sich hierherstellen und sagen, daß Sie für die nachhaltige Landwirtschaft eintreten. Ich habe einige Male im Bonner Bundestag zuhören können, wie die Debatten verlaufen. Im Vergleich dazu stehen die österreichischen Debatten meines Erachtens qualitativ wesentlich höher und sind im ökologischen Bereich wesentlich weiter, auch von Ihrer Seite, Herr Kollege Schwarzenberger. Aber Sie müssen im Zusammenhang mit den Tiertransporten erkennen, daß jede Subventionierung schädlich ist für unsere Bauern! (Beifall bei den Grünen.)

Denn was Sie in dieser Hinsicht tun, meine Damen und Herren, dieses Begünstigen und Subventionieren von Tiertransporten, das verbessert selbstverständlich die Chancen jener Massentierhaltungen in Europa, die mit riesigen Mengen die Märkte überschwemmen und mit billigen Lebensmitteln die Menschen dazu bringen, ungesunde Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. In dieser Hinsicht arbeiten Sie gegen die Interessen Ihrer eigenen Bäuerinnen und Bauern.

Ich frage mich nur, Herr Bundesminister: Wo bleibt denn da bei der WTO das Argument von der unfairen Konkurrenz? Warum wird da plötzlich subventioniert, und zwar ein Produkt, das sich offensichtlich nicht mehr verkaufen läßt? Warum werden Tiertransporte subventioniert, die gegen den Tierschutzgedanken, gegen die kleinstrukturierte Landwirtschaft, gegen die ökologische Landwirtschaft und gegen eine vernünftige Verkehrspolitik sprechen? Warum wird Ihre Stimme, Herr Bundesminister, oder Ihre Stimme, Herr Schwarzenberger, bei der WTO nicht gehört?

Welchen Grund haben Sie denn angegeben, als wir hier entsprechende Unterstützungsmaßnahmen verlangt haben? – Da haben Sie immer wieder gesagt: Das geht nicht, weil internationale Abkommen im Rahmen der WTO verhindern, daß wir solche Beihilfen gewähren. Wir haben in Übergangsphasen wichtige Maßnahmen zur Erhaltung der ökologischen Bedingungen in Österreich verlangt, und da haben Sie gesagt: Das geht leider nicht.

Aber warum treten Sie in der WTO nicht vehement auf und sagen: Das ist Wettbewerbsverzerrung!? – Das ist der Ruin der Ökologisierung, die bisher in Österreich stattgefunden hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Herr Minister Molterer hat in einer seiner letzten Aussendungen zum Problem Gentechnologie Stellung genommen. Er hat darin gesagt: Wir wollen diese Diskussion auf einer rationaleren Ebene führen!

Meine Damen und Herren! Was heißt das? – Ist es irrational, wenn Wissenschaftler davor warnen, daß die Kontrolle darüber, daß Pflanzen und Tiere gentechnologisch verändert, Erbsubstanzen aus artfremden Individuen und Arten herausgenommen und in andere Bereiche transferiert werden, nicht gewährleistet ist? Wie wollen Sie denn einem Biobauern seine Existenz


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sichern, wenn daneben ein Bauer mit gentechnisch verändertem Saatgut wirtschaftet, zumal Wissenschaftler ganz exakt und präzise nachgewiesen haben, daß der Transfer von gentechnisch veränderten Pflanzen zu Biopflanzen selbstverständlich – was auch bewiesen ist – stattfindet? Wie soll das gehen, wenn das nicht mehr verhinderbar ist, Herr Kollege Molterer? Was ist daran irrational?

Daß die Menschen dann auch ihre Gefühle ins Spiel bringen und sagen: Wir sind ohnmächtig in einer Demokratie, in der 1 200 000 Menschen in einem demokratischen Prozeß unterschrieben haben und in der sich die Verantwortungsträger trotzdem wie eine Schlange durch den ganzen Paragraphendschungel lavieren!, ist doch verständlich. Da müssen doch Gefühle ins Spiel kommen! Das ist nicht irrational, sondern die Menschen haben mit ihrem Verstand vernommen, daß die Regierenden nicht mehr ihre Verantwortung wahrnehmen. Das ist das Problem, das wir hier haben! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Sie sagen in Ihrer Aussendung, diese Schwarzweißsicht sei nicht vernünftig. – Was heißt "Schwarzweißsicht"? Haben Sie einen Kritiker der Gentechnologie gehört, der gesagt hat, Gentechnologie sei an sich des Teufels, sei an sich etwas Böses? – Nein! Es wurde sehr wohl differenziert und gesagt: In der Medizin kann es sinnvoll sein, und es ist auch in ganz bestimmten Bereichen sinnvoll!

Ja selbstverständlich muß auch darüber diskutiert werden, muß es auch da strenge Auflagen geben und muß auch darüber nachgedacht werden, ob es sich nicht gegen die Menschen und gegen die Natur wendet.

Herr Bundesminister! Wem werfen Sie denn da Schwarzweißmalerei vor: Ihrer Fraktion? Den Grünen? Den Liberalen? Den Sozialdemokraten? Den Bauern, die Angst haben, daß sie mit ihren Produkten nicht mehr ankommen?

Herr Bundesminister! Sie sagen, auf dem Gebiet der Medizin sei das unbestritten positiv. – Unbestritten positiv ist es auch nicht! Es gibt Bereiche, wo es unbestritten positiv ist, aber es gibt auch Bereiche, über die sehr wohl gesagt wird, da würden die ethischen Grenzen überschritten, da seien die Gefahren wesentlich größer als der Nutzen, daher sei es abzulehnen.

Nun sagen Sie, Herr Bundesminister, wir müßten auch in der Landwirtschaft einen Diskussionsprozeß führen, in dem von Fall zu Fall entschieden wird. In der APA-Meldung vom 14. Jänner 1998 heißt es wörtlich: "Richtig wäre es aus seiner Sicht, bei der Landwirtschaft von ,Fall zu Fall‘ zu entscheiden." Herr Bundesminister! Wir führen die Diskussion über den Einsatz der Gentechnologie schon seit mehr als zehn Jahren. Sie können sich vielleicht noch daran erinnern, daß in Österreich ein Hormon produziert wurde. In Österreich wird über die Gentechnologie schon seit längerem diskutiert. Es gibt darüber Dutzende Publikationen. Schon im vorigen Jahrzehnt wurde in Österreich darüber ausführlich diskutiert.

Eine Etappe dieses Diskussionsprozesses – der teilweise unsachlich geführt wurde, der aber natürlich auch sachlich geführt wurde, es wurde auch von Wissenschaftlern und in der Bevölkerung ausreichend darüber diskutiert – ist das Gentechnik-Volksbegehren mit 1,2 Millionen Unterschriften. Das ist ein klarer demokratischer Entscheidungsprozeß, der bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen ist – außer es treten neue Fakten auf.

Herr Bundesminister! Wenn Sie eine Diskussion anführten, in der gesagt wird: Wir werden in Zukunft Saatgut haben, das gegen alle "bösen" Schädlinge – wobei man bedenken muß, was das für ein ökologisches Verständnis ist –, das gegen alle Krankheiten, das gegen alle Pilze resistent ist, wir können durch die Gentechnologie Pflanzen hervorbringen, die diese Bedingungen erfüllen, und damit wird der Hunger dieser Erde beendet sein!, dann könnten wir darüber diskutieren.

Trotzdem möchte ich zu berücksichtigen geben, zu bedenken geben, daß dahinter ein ganz bestimmtes Naturverständnis steht, so als ob ganz bestimmte Bereiche im ökologischen Zusammenspiel auszublenden wären.


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Das Problem der Gentechnologie ist meines Erachtens der riesige Beschleunigungseffekt, daß wir Prozesse in Gang setzen, die wir nicht mehr zurücknehmen können.

Ich glaube, daß es im Bereich der Computertechnologie ebenso ein Problem ist, wenn immer schnellere, immer bessere Computer entstehen, mit denen die Menschen kaum noch etwas anfangen können. Nur: In diesem Fall kann man das Gerät einfach wegstellen, und der negative Prozeß, die negative Entwicklung kann noch zurückgenommen werden.

Aber was machen wir im Bereich der Tiere? Was machen wir im Bereich der Pflanzen, wenn sich Pflanzen plötzlich durchsetzen und ihre Geninformationen weitergeben – zum Beispiel auf Viren, auf Krankheitserreger, die aggressiver sind als all das, was bisher dagewesen ist? Wer übernimmt dafür die Haftung? Wer bezahlt das dann? Wer ist dann dafür haftbar: Sind das Sie, oder ist das Herr Maderthaner, oder ist das Frau Rauch-Kallat? – Das ist das Problem in der Gentechnologie und in der Landwirtschaft! Wir haben darüber keine Kontrolle mehr, und wir können diese Vorgänge und Entwicklungen nicht mehr reversibel machen.

Meine Damen und Herren! Im Zuge des Gentechnik-Volksbegehrens gab es einen demokratischen Diskussionsprozeß, Herr Bundesminister, mit all seinen Schattenseiten und mit all seinen Sonnenseiten, der rational und irrational, emotional und gefühllos geführt wurde. – Das Gegenteil von emotional ist nämlich gefühllos, Herr Bundesminister, und nicht rational, denn man vernimmt mit dem Verstand, was man dazu empfindet. – Das ist der Unterschied bei einer konsequenten Politik, Herr Bundesminister, und Sie sollten heute klar dazu Stellung nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich gebe Kollegen Schwarzenberger recht, wenn er sagt, im ÖPUL 1998 stünden uns wieder ausreichend Steuermittel für einen vernünftigen Einsatz im Ökologisierungsbereich zur Verfügung. Aber was hindert Österreich daran, zu sagen: Wir koppeln den Einsatz von Gentechnologie mit der Forderung, daß jene Landwirte, jene Industriebereiche, die die Gentechnologie einsetzen, dann aus diesen Steuermitteln nicht gefördert werden? – Das ist ein demokratischer Prozeß, Herr Bundesminister!

Warum können Sie diesem Antrag nicht zustimmen? – Es kann ja aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, daß das gar nicht so gefährlich ist, wie die Gegner immer behaupten, eine neue Situation entstehen. Dann könnten wir die neue Situation besprechen und zu einem neuen Schluß kommen. Aber jetzt, Herr Bundesminister, ist dem nicht so, und daher ersuche ich Sie und vor allem Kollegen Gradwohl und auch die Mitglieder der ÖVP, diesen unseren Entschließungsantrag zu unterstützen, ihm Ihre Zustimmung zu geben. Der Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Verzicht auf den Einsatz der Gentechnik als Mindestkriterium zur Teilnahme am ÖPUL II, eingebracht im Zuge der Debatte betreffend 969 der Beilagen (Grüner Bericht 1996)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Landwirtschaftsminister werden aufgefordert, im ÖPUL II als Mindestkriterium festzulegen, daß Betriebe, die an diesem Programm teilnehmen" – an einem Umweltprogramm, Herr Bundesminister, das ist kein Industrialisierungsprogramm, kein Technologieschub-Programm, kein Arbeitsplatzprogramm, sondern das ist ein Umweltprogramm –, "sowohl in der pflanzlichen als auch in der tierischen Produktion auf den Einsatz der Gentechnik verzichten."

*****

Ist das, Herr Bundesminister, illegitim im Zusammenhang mit einem demokratischen Prozeß in Österreich, in dem sich 1,2 Millionen Menschen gegen den Einsatz der Gentechnologie in der Landwirtschaft ausgesprochen haben? Ist das unredlich? Ist das politisch inkorrekt? Ist das


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irrational, Herr Bundesminister? Ist das Schwarzweißmalerei? Oder ist das der legitime Anspruch einer Bevölkerung, die meint, die noch immer meint, alles Recht geht vom Volke aus? – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Wabl vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. (Abg. Auer  – auf dem Weg zum Rednerpult –: 8 Minuten!) Acht? (Abg. Auer: Ja!) Gut, dann stelle ich die Uhr auf 8 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.50

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch heute war wieder das übliche Ritual festzustellen: Die Regierung lobt, und die Opposition kritisiert. (Abg. Wabl: Sie kritisieren die Regierung und loben die Opposition!) Ich meine, von dieser Vorgangsweise sollten wir uns einmal endgültig verabschieden. Denn: Weder das eine noch das andere ist hundertprozentig richtig.

Frau Kollegin Aumayr! Sie meinten, es müßte doch die Gelegenheit bestehen, daß die Bauern auf die Frage "Welche Landwirtschaft wollen wir?", die der Herr Bundesminister in der Sendung "Zur Sache" am Sonntag gestellt hat, antworten könnten. Das haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bauern bei den Landwirtschaftskammerwahlen, bei den Landtagswahlen getan. (Abg. Aumayr  – die Hände zusammenschlagend –: In Oberösterreich?) Wenn ich mir die Reaktion eures Häuptlings Haider ansehe und nur 50 Prozent von dem stimmt, was in den Medien berichtet wird, dann muß ich feststellen, daß er mit eurer Ernte absolut unzufrieden war, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Aumayr: Wo ist Landesrat Hofinger hingekommen?)

Das ist besonders bemerkenswert: Die Frau Kollegin Aumayr schüttet den Kollegen Hofinger jahrelang an, und heute bedauert sie seinen Abgang. Das ist Scheinheiligkeit par excellence! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Wo ist er denn hingekommen?)

Eine weitere Scheinheiligkeit, liebe Kollegin Aumayr, ist die kritische Bemerkung zur neuen Kennzeichnung der Rinder. (Abg. Aumayr: Zum Bürokratiewahnsinn!) Selbst in den Agrarprogrammen der Freiheitlichen wird klar gefordert: "Klare Auszeichnung jener Agrarprodukte, die nach umweltschonenden Anbaumethoden beziehungsweise tierfreundlichen Haltungsformen erzeugt werden." Weiters: "Da eine Marke eine Garantie für Qualität darstellt, müssen die Produktionsbedingungen klar definiert sein." – Nichts anderes haben wir getan! (Abg. Aumayr: Sie haben zwei Marken: links und rechts!)

Nächster Punkt: Es wurde, Frau Kollegin Aumayr, auch bitter beklagt, daß man eine unnötige Urabstimmung über den Fortbestand der Kammern gemacht hätte. – Wer hat denn jahrelang gefordert, daß da endlich einmal demokratisch gefragt werden müßte, weil wir sie offensichtlich nicht bräuchten? (Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) Daß Ihnen das Ergebnis nicht paßt, verstehe ich. Das war nämlich ein klares Bekenntnis der Bauernschaft für unsere Organisation. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einem gebe ich den Kollegen Gradwohl durchaus recht, und zwar in dem, was er zur Forstwirtschaft gesagt hat. Ich hätte allerdings die Bitte, daß man ergänzend noch etwas dazusagt, nämlich, daß es für eine funktionierende Forstwirtschaft auch wichtig wäre, die Bauordnungen holzfreundlich zu gestalten, und daß auch zu hinterfragen wäre, ob es denn richtig ist, daß alle Heizungen auf fossile Brennstoffe umgestellt werden. Da wäre nämlich bei den nachwachsenden Energien sehr viel machbar, und zwar gerade in jenen Bereichen, Herr Kollege Gradwohl, die du sonst sehr schlagkräftig und wortgewaltig vertrittst.

Meine Damen und Herren! Der Grüne Bericht 1996 ist ein Situationsbericht. Es ist die Bilanz eines Bauernjahres, übersichtlich dargestellt und versehen mit umfangreichen Daten und Fakten. Dafür ist den Betrieben, den zuständigen Beamten, den Verantwortlichen zu danken.


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Noch besser wäre es jedoch, wenn die Bilanz eines Bauernjahres im darauffolgenden Jahr hier präsentiert und diskutiert werden könnte. Aber anerkennenswert ist durchaus – und das sollte auch festgehalten werden –, daß sich der Zeitraum zwischen dem Erscheinen und der parlamentarischen Behandlung des Grünen Berichts im Vergleich zu früheren Zeiten durchaus verkürzt hat.

Meine Damen und Herren! Nun einige Worte zur Lage in der Landwirtschaft. Negativ ist – das sei von einem Vertreter der Regierungspartei auch klar gesagt – die Situation beim landwirtschaftlichen Außenhandel. Es sind die Exporte prozentuell zwar gestiegen – das ist positiv –, aber die Differenz zwischen Importen und Exporten von 2,5 Prozent hat das agrarische Außenhandelsbilanzdefizit auf 19,3 Milliarden Schilling steigen lassen. Das ist sehr negativ.

Meine Damen und Herren! Negativ ist auch das Ergebnis des Bauernjahres 1996. Dazu ist im Grünen Bericht folgendes vermerkt: Das schwache Ergebnis 1996 und insbesondere der Einbruch in den Agrareinkommen sind zu einem Teil durch Sondereinflüsse, aber auch durch Einbußen durch die planmäßige Kürzung der degressiven Ausgleichszahlungen – dazu könnte man sagen, das war bekannt –, aber vor allem durch die hohe Belastung der pauschalierten Betriebe mit der Umsatzsteuer bewirkt worden.

Da ist, meine Damen und Herren, vom Finanzminister und von der Regierung das Einhalten des Versprechens, das im Rahmen des Europaabkommens gegeben wurde, ausdrücklich einzufordern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Sie sind in der Regierung! Sie haben aber den Antrag, den die Freiheitlichen gestellt haben, abgelehnt! Scheinheiligkeit zum Quadrat!)

Meine Damen und Herren! Es wird schwierig sein, mit sinkenden Agrar- und Produktionseinkommen steigende Betriebsmittelausgaben zu bewältigen. Die Einkommensdarstellung wäre noch negativer, wenn es nicht im Schweinemarktbereich im Jahre 1996 ein erfreuliches Ergebnis gegeben hätte, wobei aber im Vergleich zum Jahre 1995 eine Richtigstellung notwendig ist. Während 1996 ein Plus von über 10 Prozent – Gott sei Dank! – in diesem Bereich zu verzeichnen war, hat es – darauf sollte man auch hinweisen – 1995 ein Minus von 19,6 Prozent in diesem Bereich gegeben. Daher ist leider auch die Situation in diesem Bereich nicht besonders positiv.

Insgesamt positiv ist das Engagement der österreichischen Bäuerinnen und Bauern, und äußerst positiv ist die Tätigkeit und die Arbeit unseres Landwirtschaftsministers Molterer. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es gibt kein Land in der EU, das eine derart hohe Zahl an Biobetrieben und das eine derart große Mengenrücknahme im Bereich des Handelsdüngerverbrauches aufzuweisen hat, das also eine umweltgerechtere Landwirtschaft aufweisen kann als Österreich.

Allen sei gesagt: Landwirtschaft ist eine wichtige Konjunkturstütze für die Bauwirtschaft, für das Baunebengewerbe und sichert somit Zigtausende Arbeitsplätze. Gerade in schwierigen Zeiten sollte man dies nicht vergessen. Die Landwirtschaft sichert auch der Wirtschaft Aufträge. Daher sollten wir uns alle bemühen, auch der Landwirtschaft ein gerechtes und zukunftssicherndes Einkommen zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist nunmehr Herr Bundesminister Mag. Molterer gemeldet. – Bitte.

11.58

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manche von Ihnen werden vielleicht überrascht sein, daß auch der Landwirtschaftsminister mit der Einkommensentwicklung des Jahres 1996 nicht zufrieden ist. Aber wenn ein Minus bei einer Einkommensentwicklung gegeben ist, dann kann er nicht zufrieden sein.


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Worum ich ersuche, meine Damen und Herren, ist eine differenzierte Beurteilung des Grünen Berichtes und auch der Ursachen, die zu dieser Einkommensentwicklung geführt haben. Es ist die andere Seite der Medaille genauso zu sehen, nämlich daß wir es bei der Land- und Forstwirtschaft mit einem Sektor zu tun haben, der gerade in diesen Monaten beziehungsweise in dieser Zeit eine sehr dynamische Entwicklung nimmt, zum Beispiel was die Investitionstätigkeit betrifft.

Herr Kollege Barmüller! Ich bin auch in dieser Frage für eine Differenzierung in der Diskussion. Ich sage nicht, daß jede Investition, die getätigt wird, betriebswirtschaftlich klug ist. Ihre Argumentation würde allerdings zu dem Schluß führen, daß Sie nur eine investitionslose Landwirtschaft für eine vernünftige Landwirtschaft halten, aber ich nehme nicht an, daß Sie dieser Meinung sind. Meiner Ansicht nach ist es ein Zeichen des Lebenswillens eines Sektors, des Zukunftsglaubens eines Sektors, wenn die Investitionen entsprechend getätigt werden und – auch das zeigt der Grüne Bericht auf – wenn die Abwanderung im Bereich der Landwirtschaft, die ja von der FPÖ über viele Jahre kritisiert wurde, in den letzten zwei Jahren geringer geworden ist, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Ich bin für eine sehr emotionslose und rationale Beurteilung dieses Sektors. Es ist aus meiner Sicht notwendig, zusätzliche Impulse in diesem Bereich zu setzen. Es ist aber bei weitem nicht so, wie manchmal in einer politischen Diskussion gemeint wird, daß dieser Sektor in der Sackgasse sei. Fragen Sie die Bäuerinnen und Bauern, insbesondere die jungen, die in die Zukunft blicken und tatsächlich richtige – und zwar auch betriebswirtschaftlich richtige – Entscheidungen treffen!

Meine Damen und Herren! Es ist zweifellos richtig, daß wir zusätzliche Impulse brauchen. Diese werden seitens der Bundesregierung auch gesetzt. Ich denke dabei etwa an das wichtige Umweltprogramm ÖPUL 98, das jetzt für die Bauern neu angeboten wird. Dabei werden Schwerpunkte gesetzt, die notwendig sind, etwa zusätzliche Maßnahmen im Bereich Grünlandwirtschaft, weil wir in diesem Sektor aufgrund der Entwicklung auf dem Milchmarkt oder auch auf dem Rindermarkt tatsächlich Probleme im Einkommensbereich haben. Es werden, wenn die Bauern an diesem Programm teilnehmen, zusätzliche Mittel in Höhe von 300 bis 400 Millionen Schilling im Grünlandbereich möglich sein.

Dieses Umweltprogramm ermöglicht indirekt, daß der Einstiegsstopp nicht mehr wirkt, weil auch jene Bauern, die nicht am ÖPUL 95 teilgenommen haben, am ÖPUL 98 teilnehmen können. Es ist ein Umweltprogramm, meine Damen und Herren, das letztendlich eine zusätzliche Ökologisierung bewirkt, und – was ebenfalls sehr wichtig ist – es ist ein Umweltprogramm, das auch regional immer stärker genutzt wird. Ich halte das für klug, wie etwa bei der Entscheidung in Salzburg, wo eine Regionalisierung aufgrund der spezifischen Situation im Seengebiet gewünscht und dann in der EU auch durchgesetzt wurde, oder in der Steiermark, wo das Umweltprogramm auf die spezifische Situation in den grundwassergefährdeten Gebieten reagiert. Dies ist ein Umweltprogramm, das auch in der Zukunft eine echte Perspektive darstellen wird.

Meine Damen und Herren! Das Umweltprogramm, das in der europäischen Diskussion – ich komme noch kurz darauf zu sprechen – in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, wird auch für den nächsten Entwicklungsschritt Diskussionen brauchen. Auch über die angesprochene Frage des Verhältnisses zwischen Umweltprogramm und Gentechnologie wird es bei der Vorbereitung des nächsten Umweltprogramms eine Diskussion geben. Eine Frage macht mir allerdings Sorgen, und ich sage das sehr offen: Es ist durchaus ein Anreiz denkbar, wie wir ihn etwa im Bereich Biolandbau geben, aber umgekehrt, beim flächendeckenden Ausschluß sozusagen, bin ich äußerst skeptisch, weil da letztlich das Risiko bei den Bauern liegen würde.

Ich frage mich überhaupt, ob nicht ein Großteil der Diskussion so geführt wird, wie sie eigentlich gar nicht geführt werden sollte, nämlich über Maßnahmen und Vorgangsweisen, durch die tatsächlich das Risiko auf das schwächste Glied der Kette abgewälzt würde. Dafür bin ich nicht zu haben, sondern für eine vernünftige Diskussion. – Ich komme auf diese Frage noch zu sprechen, auch im Zusammenhang mit dem Thema Umwelt.


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Es ist notwendig, den Finanzrahmen für diese bäuerliche Landwirtschaft zu sichern. Die Budgets 1998 und 1999 und vor allem das zwischen Bund und Ländern vereinbarte 40-Milliarden-Paket sind die Sicherung des Finanzrahmens für die zukünftige Entwicklung dieses Sektors. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden auch die notwendigen Schwerpunkte setzen, etwa im Bereich Bergbauernförderung, Ausgleichszulage, wofür etwa 3 Milliarden Schilling aufgewendet werden. Herr Kollege Barmüller! Auch der Fonds im Bereich Biomasse, den Kollege Bartenstein und ich eingerichtet haben, ist ein wesentlicher Schritt, um zusätzliche Impulse zu setzen, die auch genutzt werden, und zwar offensiv genutzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Weitere Beispiele dieser Schwerpunkte sind die angesprochene Investförderung in den einzelnen bäuerlichen Betrieben, der Wegebau im ländlichen Raum, wo neue Projekte aufgenommen werden können, der Sektorplan für die Weiterentwicklung der Verarbeitungswirtschaft, für die im Sinne einer stärkeren und verbesserten Wettbewerbsposition etwa 1,8 Milliarden Schilling aufgewendet wurden, oder die vielen Hunderten – es sind eher noch mehr – 5b-Projekte, die in den Regionen Impulse bringen, Impulse zwischen der Landwirtschaft, dem Tourismus und der Gastronomie, dort, wo der ländliche Raum tatsächlich klaren Lebenswillen zeigt.

Wir stehen jetzt in einer Zukunftsdiskussion über die Weiterentwicklung der europäischen Landwirtschaft. Selbstverständlich verstehe ich, daß es zu dieser Agenda 2000 auch kritische Stimmen gibt. Meine Damen und Herren! Offensichtlich ist es manchen verborgen geblieben, daß auch ich mich zu dieser Agenda und zu vielen Eckpunkten der Agenda kritisch geäußert habe und es auch nach wie vor tue. (Abg. Aumayr: Sie haben zugestimmt! – Abg. Auer: Blauer Nebel! – Abg. Aumayr: Nein, Herr Kollege!)  – Frau Kollegin Aumayr! Ich sage Ihnen schon noch, was wir gemacht haben. Offensichtlich haben Sie das falsche Papier gelesen.

Worum es geht, ist, daß mit diesem Novemberbeschluß etwas gelungen ist, worauf ich stolz bin, Frau Kollegin Aumayr. Die Agrarminister der Europäischen Union haben nämlich einen politischen Beschluß darüber gefaßt, in welchem politischen Rahmen sie sich die Reform der Agrarpolitik vorstellen und wie dieser politische Rahmen lautet. Was wir tatsächlich beschlossen haben, ist das politische Ziel Europas, auch in Zukunft ein eigenständiges europäisches Modell einer Landwirtschaft beizubehalten und zu sichern. (Abg. Aumayr: Mit massiven Kürzungen!) Es wurden dabei vier Eckpunkte vereinbart, Frau Kollegin Aumayr, und wenn Sie gegen diese Eckpunkte etwas haben, dann sagen Sie es.

Eckpunkt 1: Wir wollen in Zukunft eine nachhaltige Landwirtschaft haben. – Sind Sie gegen Nachhaltigkeit?

Eckpunkt 2: Wir wollen in Zukunft eine flächendeckende Landwirtschaft haben, und zwar sowohl in den Gunstlagen als auch in den Ungunstlagen. – Sind Sie gegen eine flächendeckende Landwirtschaft?

Eckpunkt 3: Wir wollen in Zukunft eine multifunktionelle Landwirtschaft haben, die alle Funktionen erfüllt, und zwar nicht nur die Produktionsfunktion, sondern auch etwa die Sicherung der Umwelt. – Sind Sie gegen eine multifunktionelle Landwirtschaft?

Eckpunkt 4: Wir wollen auch in Zukunft eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft haben, die im Wettbewerb auf dem Markt auch bestehen kann. (Beifall bei der ÖVP.) Sind Sie auch gegen eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft? – Das glaube ich aufgrund Ihres bisherigen Diskussionsverhaltens eigentlich nicht.

Das haben wir beschlossen: die Perspektive für diese Reform. Die Aufgabe, die vor uns steht, ist nun, genau anhand dieser Eckpunkte die Reform voranzubringen, um sie in die richtige Richtung zu lenken.

Wie sieht der Zeitplan aus? – Ende März wird die Europäische Kommission sechs Vorschläge für die Marktordnungsreform vorlegen: für Milch, für Getreide, für Rinder, für Wein, für Oliven


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und für Tabak. Sie wird darüber hinaus Vorschläge für die Struktur- und Regionalpolitik und für die sogenannten horizontalen Maßnahmen vorlegen.

Wie lautet unsere Position, etwa zu dem angesprochenen Finanzrahmen in der Agenda? – Diesen halte ich für vernünftig, weil dadurch die Agrarleitlinie auch für die nächste Periode gesichert ist. Die Vorschläge für die Politik für den ländlichen Raum, für die Strukturpolitik sind für uns sehr interessant, weil der gesamte ländliche Raum quasi als Förderkulisse gegeben ist, aber wir sind nicht zufrieden mit den Vorschlägen, die im Bereich der Marktordnungen vorgelegt wurden. Wir wissen auch, daß es kritische Anmerkungen betreffend den Milchmarkt, den Getreidemarkt und den Rindermarkt gibt. In diesen Bereichen wollen wir gemeinsam Verbesserungen erreichen.

Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Aumayr! Es ist klargestellt – ich sage das in aller Deutlichkeit –, daß die Europäische Union nur dann ein Friedensprojekt bleiben wird, wenn sich Europa zur Erweiterung um beitrittswillige Staaten bekennt. Ich halte es angesichts der politischen Diskussion, die derzeit in Europa stattfindet – ich sage Ihnen das sehr offen –, für nahezu frivol, jenen Ländern einfach die kalte Schulter zu zeigen, die in der Europäischen Union die Friedens- und Sicherheitsperspektive für ihre Menschen und letztendlich auch für unsere Mitbürger sieht. (Abg. Aumayr: Wer zeigt die kalte Schulter, Herr Minister?! Das ist eine Unterstellung!)

Ich bekenne mich daher ganz klar dazu, daß Europa größer werden muß, wenn Staaten beitreten wollen. Ich bekenne mich aber auch dazu, daß die Erweiterung der Europäischen Union für die österreichische Bevölkerung und für die Bevölkerung in den erweiterungswilligen Staaten machbar sein muß. (Abg. Aumayr: Österreich muß das finanzieren! Österreich muß das bezahlen! Zahlen müssen das die Österreicher!)

Wie Sie wissen, hat die österreichische Bundesregierung ein Programm entwickelt – und wird es der Europäischen Union vorstellen –, wie wir tatsächlich etwa im Bereich der Grenzlandregionen Impulse setzen können und wie wir etwa durch stufenweise Vorgangsweise die Probleme lösbar, die Erweiterung machbar machen können. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Frau Kollegin Aumayr! Offensichtlich diskutiere ich mit dem Franz Fischler ein bißchen öfter als Sie. Es kann auch durchaus sein, daß ich dem Franz Fischler als Diskussionspartner vielleicht etwas lieber bin. Es ist durchaus möglich, daß das der Fall ist. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Frau Kollegin Aumayr! Sie wissen auch, daß Österreich und die Europäische Union dafür eintreten, daß ein Beitritt nur dann erfolgt, wenn diese Staaten die Bedingungen erfüllen – etwa im Bereich der Qualitätsstandards, der phytosanitären Standards, der veterinären Standards –, weil die Frage der Sicherheit der Konsumenten eine wichtige Fragestellung ist. Und Sie wissen auch, daß durch die schrittweise Vorgangsweise und durch die Investitionsimpulse, die ich in Österreich setzen möchte, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft so gesteigert wird, daß letztendlich auch die Frage der Osterweiterung ein bewältigbares, und zwar auch für die Bauern bewältigbares, Projekt ist – ein Projekt, zu dem sich die österreichische Bundesregierung ganz klar bekennt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Aumayr: Der EU-Beitritt überfordert Sie total!)

Meine Damen und Herren! In dieser europäischen Reformdiskussion wird Österreich – wie schon bisher – die entsprechenden Impulse setzen und auch Weichenstellungen einbringen, etwa in der Weiterentwicklung des Umweltprogramms. Das Umweltprogramm wird von einer begleitenden Maßnahme zu einer zentralen Säule der EU-Agrarpolitik.

Wir haben gestern im Agrarministerrat den ersten Bericht über die Umweltprogramme diskutiert. Dieser Bericht erfüllt mich mit Stolz, und ich bin den österreichischen Bäuerinnen und Bauern sehr, sehr dankbar, denn Österreich ist in der Europäischen Union, was das Umweltprogramm betrifft, die Nummer eins! Österreich hat in absoluten Zahlen mehr für dieses Umweltprogramm ausgegeben als etwa die großen Nationen Frankreich oder Deutschland. Wir haben nicht nur relativ die Nase vorn, sondern wir sind absolut führend, und wir wollen diese Rolle als Umweltvorreiter in Europa beibehalten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Österreich wird sich für eine offensive Politik in den ländlichen Regionen einsetzen, besonders in jenen ländlichen Regionen, die etwa im Bereich Infrastruktur oder Technologie bessere Rahmenbedingungen brauchen, und zwar nicht nur für die Bauern, sondern für alle in der Wirtschaft Tätigen.

Wir werden uns auch für eine Verbesserung im Bergbauernbereich einsetzen, etwa bei der Sockelbetragsregelung. Als vielleicht erster Schritt dazu ist es gelungen, daß die Europäische Kommission zu einem Sockelbetrag nicht mehr generell nein sagt, obwohl sie auch noch nicht ja sagt dazu, daß der Sockelbetrag von der Union mitfinanziert wird. (Abg. Wabl: Ist Fischler so uneinsichtig?!) Das wird unsere nächste Aufgabenstellung sein. Selbstverständlich kämpfen wir darum!

Wir werden auch dafür eintreten, daß die Frage der Bioenergie, der nachwachsenden Rohstoffe, nicht nur ein österreichisches Thema, sondern ein europäisches, strategisches Thema wird. Wir werden auch dafür eintreten, daß die Frage der Vermarktung als wichtiger Eckpunkt einer bäuerlichen Zukunftsstrategie entsprechend verbessert wird. Und wir werden uns darum bemühen, daß unsere spezifischen österreichischen Punkte, etwa die Frage der Milchquote oder die Frage Rinderhaltung, in den Marktordnungsvorschlägen entsprechend verbessert werden und zu dem Ergebnis gebracht werden, das wir uns vorstellen.

Das ist meine politische Aufgabe, die ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Bundesregierung und, wie ich hoffe, auch mit der Unterstützung dieses Hohen Hauses auch als Aufgabe für Europa sehe, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Gestatten Sie mir auch noch ein offenes Wort zu der sehr aktuellen Diskussion über die Gentechnik. Ich habe aus meiner Position nie ein Geheimnis gemacht, daher habe ich sie jetzt auch nicht um 180 Grad in die eine oder andere Richtung verändern müssen.

Was ist mein persönlicher Hintergrund? – Ich habe als Abgeordneter dieses Hohen Hauses an der parlamentarischen Enquete-Kommission zur Gentechnologie und auch an der Vorbereitung des Gentechnikgesetzes teilgenommen. Meine Damen und Herren! Mir ist diese Arbeit in der parlamentarischen Enquete-Kommission in bleibender Erinnerung, weil sie in einer zugegebenermaßen manchmal auch emotionellen Art und Weise – das muß ja gar nichts Schlechtes sein, wenn es keine Einbahnstraße ist – immer folgende zwei Prinzipien hochgehalten hat: erstens im Sinne einer sorgfältigen Abwägung der Chancen und der Risken, des Nutzens und der Kosten zu entscheiden, abzuwägen, ob eine Entwicklung in einem konkreten Fall positiv oder nicht positiv ist, und zweitens festzuhalten, daß eine Entscheidung Schritt für Schritt zu erfolgen hat.

Ich halte diese beiden Prinzipien für unendlich wichtig, weil ohne deren Anwendung, wenn die Diskussion letztendlich nur in Richtung ja oder nein geführt worden wäre, die positiven Aspekte – etwa im medizinischen Bereich – nicht zum Tragen gekommen wären.

Die Proponenten des Volksbegehrens sagen selbst, daß etwa die Forderung nach einer "gentechnikfreien Zone Österreich" als nicht realistisch angesehen wird. Wer heutige Zeitungen liest, kann nachlesen, daß auch Proponenten des Volksbegehrens sagen, man sollte diese Diskussion nicht schwarzweiß im Sinne einer Ja-Nein-Diskussion führen. Darum bemühe ich mich.

Ich bemühe mich darum, daß wir in dieser für Österreich wichtigen Diskussion das Vorsichtsprinzip hochhalten – das ist überhaupt keine Frage –, daß wir uns Zeit nehmen, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, etwa die Frage der Haftung im Gentechnikgesetz, daß wir aber auch klar dazu sagen: Wir wollen uns einer Entwicklung nicht verschließen, die möglicherweise Chancen für dieses Land und für die Menschen in diesem Land bietet.

Das ist meine Position in dieser Frage, und die halte ich für durchaus richtig und vertretbar – auch angesichts der gegenwärtigen Diskussion, in der eine Seite klar nein und die andere Seite undifferenziert ja sagt. Beides ist nicht vernünftig. Vernünftig ist die Position, die eine Entwicklung nach dem Vorsichtsprinzip ermöglicht. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.17


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.17

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben hier einige Behauptungen von sich gegeben, einige Beispiele, wofür Sie sich einsetzen, wofür Sie eintreten werden. Ich frage Sie aber, in welcher Form Sie das tun werden. Ich denke in diesem Zusammenhang zum Beispiel an das Abstimmungsverhalten der ÖVP-Abgeordneten in der Euratom-Frage oder bei der Patentierung auf Leben, und ich erinnere Sie an den nachträglichen Einstiegsstopp beim ÖPUL-Programm. Vorher wurde von Ihnen etwas anderes versprochen, nämlich daß es einen solchen Einstiegsstopp nicht geben wird, sondern daß jeder Bauer jederzeit das Recht haben wird, auch nachträglich einzusteigen.

Wenn ich Sie außerdem an die nachträgliche Kürzung bei den ÖPUL-Geldern erinnere, die von der ÖVP und von Ihnen, Herr Minister, für fünf Jahre garantiert worden waren, aber im nachhinein gekürzt wurden, dann dürfen Sie sich nicht darüber wundern, daß Sie heute mit Ihren Ausführungen weder bei den Bauern noch bei der österreichischen Bevölkerung Glauben finden werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Auer ist hier herausgekommen und hat vehement gefordert, endlich den Mehrwertsteuerausgleich oder den Umsatzsteuerausgleich für pauschalierte Landwirte durchzusetzen. Wir Freiheitlichen haben hier im Hohen Haus bereits einen solchen Antrag eingebracht! (Abg. Aumayr: Schon viermal!) Und von wem wurde dieser Antrag abgelehnt? – Von den Sozialdemokraten und von der ÖVP! Die Sozialdemokraten halten sich immerhin aus diesem Streit heraus, aber der Herr Auer hat noch die Stirn, hier herauszukommen und die Bauern zu bemitleiden, die er selbst in diese fatale Situation geführt hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder, meine Damen und Herren: Herr Auer hat sich hier herausgestellt und hat vehement eine Entlastung der Bauern von bestimmten Sozialversicherungsbelastungen gefordert. – Das ist unglaublich, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Auer hat sie ja selber mit beschlossen hier im Hohen Haus, und auch im Ausschuß, gegen die Stimmen und gegen den vehementen Widerstand der Freiheitlichen! Das ist die ÖVP-Politik, eine Umfallerpolitik, wie man sie nur selten findet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Kollege Auer kommt hier heraus und spricht von der Urabstimmung zu den Kammern. Er meint, die Bauern hätten sich mit großer Mehrheit für die Beibehaltung der Kammern eingesetzt. – Meine Damen und Herren von der ÖVP! Da muß ich Sie schon fragen: Was machen bitte Pröll, die Niederösterreichische Landesregierung und der Niederösterreichische Landtag? – Die Bauern haben zwar mit Ja gestimmt bei den Kammern, aber Pröll und die ÖVP sagen nein und legen die Kammern zusammen. Auch das ist ÖVP-Politik in Reinkultur.

Herr Minister Molterer! Sie haben gesagt, Sie werden sich vehement dafür einsetzen, daß die Osterweiterung der EU nicht in der Form stattfindet, wie die Europäische Kommission sich das vorstellt. – Ich habe hier aber eine anderslautende Erklärung des Berichterstatters des Haushaltsausschusses des Europäischen Parlaments und darf zitieren:

"Die Kommission hat beim Aufbau ihres Finanzrahmens eine sehr einfache Hypothese. Da die Mittel nicht ansteigen können, müssen die notwendigen Mittel für die neuen Vorhaben durch Reformen der Schlüsselsektoren, wie zum Beispiel der Struktur- und Agrarpolitik, verfügbar gemacht werden." – Ende des Zitats.

Herr Minister! Sie gehen hier heraus, erzählen den Bauern Ihre Wünsche, die Sie vielleicht haben – das will ich gar nicht abstreiten –, aber das Europäische Parlament macht mit den Stimmen der ÖVP-Abgeordneten genau das Gegenteil von dem, was Sie uns hier im Hohen Haus


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erzählen. Das halte ich für einen wirklich nicht mehr tragbaren Zustand. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hier im Hohen Haus sagt von seiten der ÖVP-Abgeordneten Kollege Schwarzenberger, man müsse sich für die Biobauern und auch für die ökologische Landwirtschaft einsetzen. Herr Kollege Schwarzenberger! Ich frage Sie: Warum wurde bitte im Budget 1998 bei den Umweltmaßnahmen gegenüber dem Jahr 1997 eingespart? Können Sie mir erklären, warum Sie dann im Budget 1998, das Sie ja bitte mit beschlossen haben ... (Abg. Schwarzenberger: 1998 werden 300 bis 400 Millionen für die Bauern ausgegeben!) Ja, aber vor den Ausgaben für Umweltmaßnahmen steht ein dickes Minus. Daran erkennt man, wie der Einsatz der ÖVP für die ökologische Landwirtschaft aussieht.

Herr Minister! Was den Grünen Bericht betrifft, ist nicht sehr viel zu sagen. Für die Bauern ist ein Minus beim Einkommen herausgekommen. Die Handelsbilanz für die österreichische Landwirtschaft ist fatal und wird immer schlechter. Seit dem EU-Beitritt hat sich der Anteil der öffentlichen Gelder am Bauerneinkommen von 10 Prozent auf 70 Prozent erhöht! Das heißt für mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bauern hängen an einer Herz-Lungen-Maschine, sie liegen in einer Intensivstation. Wenn der Herr Doktor, in dem Fall Herr Finanzminister Edlinger, den Stecker rauszieht, sind die Bauern tot. So weit haben Sie unsere Bauern gebracht, Herr Minister. Während Ihrer Amtsperiode haben Sie die Bauern abhängiger gemacht denn je. Das werden wir Freiheitlichen in Zukunft nicht weiter zulassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.22

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit nunmehr drei Jahren hat sich die österreichische Landwirtschaft in der Europäischen Gemeinschaft zu behaupten. Natürlich hat dieser Schritt im gesamten Agrarbereich einen umfassenden Anpassungsprozeß ausgelöst. Wichtig ist aber, daß wir, wie man sieht, heute mehr in Richtung Ökologisierung gehen, und auch auf europäischer Ebene wird dieser Weg immer wichtiger und findet immer mehr Anerkennung.

Im Zusammenhang mit Ökologie möchte ich mich auf eine Passage im Grünen Bericht beziehen, wo im Hinblick auf unsere Biobetriebe folgendermaßen argumentiert wird: Es ist nachzuvollziehen, Biobetriebe können mit herkömmlichen Betrieben nur deshalb mithalten, weil sie bessere Förderungen erhalten. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Aussage ist schlichtweg unrichtig, sie stimmt so einfach nicht, denn der Anteil der öffentlichen Gelder bei den Biobetrieben liegt kaum über dem Bundesdurchschnitt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht noch zur Entwicklung der Einkommen, etwas, was ebenfalls heute schon angesprochen worden ist. Nachdem sich ja die Ertragslage in den vergangenen drei Jahren sehr erfolgreich entwickelt hat, geht die Entwicklung heute eher in eine andere Richtung. Wenn wir Einkommen einander gegenüberstellen, ist es notwendig, die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Es gibt allerdings nichts zu beschönigen, und es ist auch nicht daran zu rütteln, daß sich die Einkommenssituation 1996 verschlechtert hat, wobei vor allem die Bergbauernbetriebe sehr hart getroffen wurden. Man kann ruhig sagen, daß Betriebe in benachteiligten Gebieten eindeutig unter die Räder gekommen sind. Es tut sich dort eine Schere auf, die existenzbedrohend wird.

Man muß dazusagen, daß die Bergbauern nie besonders verwöhnt wurden und der Förderungszugang für Bauern, vor allen Dingen für Bauern in benachteiligten Gebieten, sowieso viel schwieriger ist. Ich möchte aber fairerweise hinzufügen, daß sich mit dem ÖPUL-Programm 1998 die Fördersituation ein klein wenig verbessern wird, vor allen Dingen im Bereich der Grünlandbauern, die davon mehr profitieren werden als bisher.

Ich glaube auch, daß das ein ganz wichtiger Schritt ist, aber er wird nicht ausreichen, um langfristig das Problem zu lösen, um langfristig flächendeckende Bewirtschaftung auch abzusichern.


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Daher kommen wir nicht umhin – Sie, Herr Bundesminister, haben das heute ebenfalls angesprochen –, eine Grundabsicherung gerade für diesen Bereich, für unsere Bergbauern zu entwickeln und auch umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir vertreten in dieser Angelegenheit selbstverständlich auch die Auffassung, daß die Grundsicherung gestaffelt sein muß, daß Voraussetzungen wie Viehhaltung, ganzjährige Bewirtschaftung natürlich mit einfließen müssen. Aber bei dieser ganzen Causa haben wir ein ganz wesentliches Problem, den Zeitfaktor. Er spielt hier eine wesentliche Rolle, uns läuft die Zeit davon. Das heißt, wir müssen es so schnell wie möglich angehen. Geredet haben wir davon ja schon lange und somit zur Genüge.

Vielleicht ein paar Fakten noch, die einfach die drastische Situation untermauern. Die Zahl der Betriebe insgesamt ist in den letzten Jahren um fast 7 Prozent gesunken, und zwar hat es sich nicht um große Betriebe, um große Einheiten gehandelt, sondern vorwiegend um kleinere Bereiche. Es waren genau jene Betriebe, die im herkömmlichen Förderungssystem eindeutig benachteiligt sind. Im Bereich der Bergbauern schaut es um nichts besser aus. Auch dort gab es einen drastischen Rückgang von fast 7 Prozent, wobei in diesem Fall die Haupterwerbsbetriebe mit fast zu einem Viertel am stärksten betroffen waren. Wieder dasselbe Bild: Wieder geht es um jene Betriebe, die in dem jetzigen System ebenfalls eindeutig benachteiligt sind. Eine Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der wir nicht länger zuschauen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir reden ja schon sehr lange von flächendeckender Bewirtschaftung, aber sie wird nicht möglich sein, wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird. Das heißt, wir werden ganz rasch mit verschiedenen Strukturmaßnahmen im Förderungsbereich die Rahmenbedingungen ändern müssen. Ob wir dazu Umverteilung sagen, ob das soziale Staffelung heißt oder ob das Modulation genannt wird, ist völlig egal, spielt also überhaupt keine Rolle, nur tun müssen wir es. Aber wenn es nicht gelingt, für unsere Betriebe, vor allem für jene in den benachteiligten Gebieten, eine Förderungsverbesserung herbeizuführen und ihnen eine Chance zu geben, langfristig zu überleben, können wir uns von dieser flächendeckenden Bewirtschaftung, die wir gemeinsam anstreben, verabschieden. Das würde auch bedeuten, daß wir mit dieser Agrarpolitik an unserem Ziel vorbeigehen, unser Ziel eindeutig verfehlt hätten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Position der Sozialdemokraten ist von Kollegen Gradwohl bereits angesprochen worden. Sie war immer klar und ist nach wie vor aufrecht: Wir brauchen eine Grundsicherung für unsere Bauern, bei der neben der Fläche endlich auch die Arbeitsintensität Berücksichtigung findet. Es geht aber auch darum, verbindliche Förderobergrenzen, also einen Plafond einzuziehen. Wir schaffen es sonst nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur so wird es möglich sein, die vielzitierte flächendeckende Bewirtschaftung auch tatsächlich umzusetzen. Das ist ja unser gemeinsames Ziel. Wir werden diesen Grünen Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.28

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Der Grüne Bericht enthält eine ausführliche Einkommensanalyse und weist bereits zwei Jahre nach EU-Beitritt einen Einkommensverlust nach. Die Ursachen sind sicherlich die schlechte Preissituation infolge der BSE-Krise und der Rückgang der degressiven Ausgleichszahlungen. Aber gerade als Tirolerin erfüllt es mich mit Sorge, daß der Unterschied des Einkommens je Familienarbeitskraft im Berggebiet und im Marktfruchtbereich eklatant ist.

Trotzdem möchte ich Herrn Gradwohl sagen: Landwirtschaftliche Förderung darf nicht eine Sozialleistung sein, sondern es handelt sich um eine Abgeltung von Leistungen, die nicht über den Preis abgegolten werden. (Beifall bei der ÖVP.)


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Unser Minister Molterer hat auf diese Situation mit einem verbesserten ÖPUL-Programm, nämlich dem ÖPUL 1998, reagiert. Die Sicherung des Umweltprogramms, an dem rund 70 Prozent aller Betriebe, also 180 000, teilnehmen, ist ein zentrales Element. Es werden massive Impulse in Richtung Ökologie, Landschaftspflege, Schutz vor Naturgefahren, Artenvielfalt und gesunde Nahrungsmittel gesetzt.

Weiters zählen zu den zentralen strukturpolitischen Maßnahmen natürlich die Direktzahlungen im Berggebiet und in sonst benachteiligten Gebieten. Positiv ist zu bemerken, daß heuer der Holzpreis nach einigen schwierigen Jahren wieder besser geworden ist.

Positiv ist auch, daß die Bauern vermehrt Maschinenringe und Betriebshilferinge nützen. Für die weitere Absicherung unserer Betriebe brauchen wir eine Sockelbetragsregelung. Es ist heute schon mehrfach davon gesprochen worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus europäischer Sicht müssen wir uns für einen Ausbau der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete einsetzen, denn in Österreich fallen knapp 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in die Kategorie "benachteiligte Gebiete in der EU". Der EU-Durchschnitt liegt bei 56 Prozent. Daher ist das besonders für Österreich sehr wichtig.

Weiters soll eine verbesserte Kooperation mit der Wirtschaft für eine optimale Vermarktung der bäuerlichen Produkte angestrebt werden.

Eine wesentliche Einkommensquelle ist gerade in unserem Bundesland die Zimmervermietung. Ich bin schon sehr froh darüber, daß der Herr Wirtschaftsminister diesen Ferienwohnungserlaß zurückgezogen hat und daß wir unsere Ferienwohnungen jetzt weiter nützen können. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang ist es aber auch wichtig, daß es auch in Zukunft möglich sein wird, Rohmilch weiterhin direkt zu vermarkten, und daß die Hygieneverordnung nun doch vernünftiger geworden ist. (Abg. Hans Helmut Moser: Wunderbar!)

Wenn Österreich in der zweiten Hälfte dieses Jahres den EU-Vorsitz innehaben wird und hier die Vorbereitungen für die Agenda 2000 getroffen werden, hoffe ich, daß es gelingen wird, der Agenda 2000 noch manchen Zahn zu ziehen und zu verhindern, daß das Preisniveau für Produkte von Österreichs Bauern mit deren strengem und hohem Standard auf Weltmarktpreisniveau heruntergedrückt wird. (Abg. Hans Helmut Moser: Frau Kollegin! Welcher Bereich soll geändert werden?) Warten Sie ein bisserl!

Die Agenda 2000 muß bäuerlicher werden, und da ist es von besonderer Bedeutung, daß im EU-Ministerrat folgende Ziele verankert wurden: die multifunktionale Landwirtschaft, die nachhaltige Wirtschaftsweise, auch um Umwelt, Wasser und Böden zu schützen, das flächendeckende Produzieren, damit die Produktion nicht von den Berggebieten abwandert, und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, wobei immer zu beachten ist, daß ein möglichst großer Teil des Einkommens aus dem Erlös der Produkte kommen muß: Daher: keine weiteren Preiseinbrüche!

Ich danke hier besonders unserem Minister für seinen Einsatz im EU-Ministerrat. Diese Zielsetzungen tragen seine Handschrift, und er darf stolz darauf sein.

Ein Teil des diesjährigen Grünen Berichtes ist erstmals der Situation der Bäuerin gewidmet. Die Ergebnisse stammen aus einer repräsentativen Umfrage 1996. Die Bäuerinnen schätzen in ihrem Beruf am meisten, daß sie ihre Kinder selbst betreuen können und die Naturverbundenheit. Sie sind sehr bildungsbereit, das zeigen die Teilnehmerzahlen an den Veranstaltungen.

Besonders freut mich, daß gerade die Tiroler Bäuerinnen die höchste Zufriedenheit aufweisen und daß sie zu mehr als 80 Prozent diesen Beruf wieder ergreifen würden. Sie brauchen allerdings entsprechende Rahmenbedingungen. Ein guter Beitrag ist das Betriebshilfewochengeld, das endlich aufgestockt und valorisiert wurde. Bäuerinnen prägen die Gesellschaft im ländlichen Raum durch ihr Engagement und ihr Verantwortungsbewußtsein. Die jungen Frauen


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wollen heute schon Bäuerin werden, aber sie müssen etwa gleiche Rahmenbedingungen haben wie alle anderen Berufsgruppen auch. Dafür werden wir weiter kämpfen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Koller zu Wort. Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

12.34

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Der Grüne Bericht bringt eine ausführliche Bilanz über die wirtschaftliche und soziale Situation der bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich. Das Agrarhandelsdefizit ist seit 1996 weiter gestiegen. Die Gesamteinfuhren betrugen 47,3 Milliarden Schilling und die Gesamtausfuhren 28 Milliarden. Das ergibt gegenüber 1995 eine Steigerung um 2,5 Prozent.

Das zweite Jahr nach dem EU-Beitritt war nach den Ergebnissen der Einkommensanalysen im Grünen Bericht 1996 auf der Grundlage von 2 422 ausgewerteten Paradebetrieben durch erhebliche Einkommensverluste charakterisiert. Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft je Familienarbeitskraft sanken 1996 gegenüber 1995 um 4 Prozent, also auf 169 000 S, und jene je Betrieb um 7 Prozent auf 285 600 S.

Im Vorwort des Grünen Berichtes sagen Sie, Herr Minister, Österreich habe den EU-Beitritt gut bewältigt. Agrarhandelsbilanz und Einkommenssituation geben Ihren Ausführungen allerdings nicht recht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Nicht einmal 15 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe erreichten ein durchschnittliches Einkommen eines Arbeiters.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was empfiehlt die §-7-Kommission? – Erstens die bäuerlichen Familien vor weiteren sozialen Belastungen zu bewahren, zweitens die Ausgleichszahlungen gemäß Verordnung 950/97 durch die Einführung eines Sockelbetrages zu ergänzen. – Bravo! Der erste Schritt zur Verwirklichung des FPÖ-Agrarprogramms! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Meinen Sie den Huber-Plan?) Drittens wäre – das ist heute schon mehrmals angesprochen worden – der pauschalierte Mehrwertsteuersatz für land- und forstwirtschaftliche Betriebe von 10 auf 12 Prozent anzuheben.

Laut Wifo entgingen bei der Mehrwertsteuer den Bauern allein 1996 1,75 Milliarden Schilling. Diese Ungerechtigkeit gilt es so rasch wie möglich zu beseitigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Was sagt die Präsidentenkonferenz? – Ihr Präsident, Kamerad Schwarzböck (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), glänzt auch durch Abwesenheit. Aber was sagt jetzt die Präsidentenkonferenz? – Wer sich für die Einkommen des Strukturwandels und die Erhaltung einer ausreichenden Anzahl von Betrieben ausspricht, muß konsequenterweise auch für mehr Mittel zugunsten der Land- und Forstwirtschaft eintreten. Inneragrarische Umstrukturierungen sind keine Lösungen. – Die Wirklichkeit beweist aber, daß Sie, die Bauernvertreter von der ÖVP, eigene Vorgaben nicht eingehalten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Erfahrungen nach dem EU-Beitritt zeigen, daß die Landwirtschaft sowie der vor- und nachgelagerte Sektor tiefgreifende Strukturänderungen zu bewältigen haben. Das heißt, das Bauernsterben geht munter weiter. Agenda 2000 und Osterweiterung stehen bevor. Ob das unsere bäuerlichen Familienbetriebe aushalten werden, stelle ich in Frage. Deshalb: Ändern Sie Ihre Agrarpolitik, um den bäuerlichen Familien und der Jugend Zukunftschancen zu geben! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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106. Sitzung / Seite 74

12.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Achs. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.39

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der letzten Jahre macht den starken Wandel in der österreichischen Landwirtschaft deutlich. So ist seit der Übernahme der gemeinsamen Agrarpolitik die Bedeutung der Direktzahlungen für die heimischen Bauern enorm gestiegen.

Aus dem Grünen Bericht 1996 geht hervor, daß von den 32 Milliarden Schilling Förderungen bereits knapp 80 Prozent direkt an die österreichischen Bauern ausbezahlt wurden. Damit konnte die langjährige Forderung der SPÖ, daß das Geld direkt zu den Bauern muß, in hohem Maße verwirklicht werden.

Der hohe Anteil öffentlicher Gelder am Agrareinkommen bedeutet aber auch, daß in keinem anderen wirtschaftlichen Bereich Förderungen so eine große Bedeutung wie in der Landwirtschaft haben. Daher ist im Agrarsektor ganz besonders darauf zu achten, daß die Gelder gerecht und zielgenau verteilt und so umgeleitet werden, daß das Bekenntnis zu einer bäuerlichen und kleinstrukturierten Landwirtschaft kein Lippenbekenntnis ist.

Unsere Position in dieser Frage ist klar, und ich kann sie nur noch einmal bekräftigen: Obergrenzen bei den Förderungen bedeuten mehr Geld für die große Masse der bäuerlichen Betriebe in unserem Land. Es ist in diesem Zusammenhang erfreulich, daß auch die EU-Kommission in ihrer Agenda 2000 ein deutliches Signal in diese Richtung gesetzt hat. Es ist zu hoffen, daß auf nationaler Ebene die Möglichkeit einer gerechten Förderungspolitik genutzt wird. Dies wird umso mehr erforderlich sein, als im Hinblick auf die Osterweiterung der EU eine angespannte Situation für das Agrarbudget der Union zu erwarten ist. Im Finanzrahmen der Kommission sind für die Beitrittsländer im Zeitraum 2000 bis 2006 knapp 19 Milliarden ECU aus dem Agrarbudget vorgesehen. Es ist aber nicht zu erwarten, daß man mit dieser Summe in den stark agrarisch geprägten Ländern das Auslangen finden wird.

Auch wenn die Agenda 2000 einige positive Elemente beinhaltet, so zeigt sie keine langfristigen Perspektiven auf. Es ist fraglich, ob auch noch nach dem Beitritt von Ländern wie Ungarn, Polen und Slowenien, um nur einige zu nennen, dauerhaft die sinkenden Preise durch Direktzahlungen einigermaßen kompensiert werden können. Daher ist ein Neuüberdenken der gemeinsamen Agrarpolitik unumgänglich, wobei man ein Gesamtkonzept für die Entwicklung des ländlichen Raumes unbedingt ins Auge fassen muß.

Unabhängig von der fortschreitenden Liberalisierung und auch angesichts des verstärkten Wettbewerbs muß weiterhin das Prinzip der Nachhaltigkeit an oberster Stelle stehen. Die österreichischen Bauern haben in den letzten Jahren bewiesen, daß sie die Zeichen der Zeit erkannt haben; man denke nur an das Umweltprogramm und an die große Zahl der Biobetriebe.

Meine Damen und Herren! Auch im Weinbereich können wir durch die Qualitätsorientierung der heimischen Winzer eine positive Entwicklung beobachten. Schließlich hat das Bekenntnis zu höchster Qualität dazu geführt, daß heute bereits sehr viele österreichische Weinbaubetriebe der ersten Linie zur Weltspitze zählen. Nun gilt es auch, die Betriebe der zweiten Linie an diesen Bereich heranzuführen, weil nur dadurch die Wertschöpfung und damit das Einkommen der österreichischen Winzer langfristig gesichert werden können. (Abg. Wenitsch: Kollege! 60 Prozent Billigweine haben wir zurzeit in den Regalen stehen!)  – Ich komme gleich darauf zu sprechen.

Die aktuelle Situation zeigt aber, daß nach drei schwachen Jahren heimischer Wein knapp geworden ist und somit im Billigsegment von der ausländischen Konkurrenz immer mehr verdrängt wird. Meine Damen und Herren! Es wäre falsch, die Augen davor zu verschließen. Diese geringen Weinernten in den vergangenen drei Jahren hatten Marktanteilsverluste für Österreichs Winzer im Handel zur Folge. Billige Weine aus Italien, Spanien oder Chile besetzen ihre Plätze.

Meine Damen und Herren! In Österreich fehlen heuer 700 000 Hektoliter Wein. Jährlich werden zirka 2,5 Millionen Hektoliter Wein getrunken. Die Weinernte 1997 lag bei 1,8 Millionen Hektoliter, sie ist die schwächste Weinernte in den letzten zehn Jahren gewesen. Das Vakuum im


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Markt wird durch Importe aufgefüllt. Dabei dominieren schon jetzt ausländische Weine bis zu 55 Prozent die Regale der Supermärkte.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wenitsch! Wir müssen daher unbedingt neue Strategien entwickeln (Abg. Wenitsch: Wieder einmal!), wie verlorene Marktanteile in den kommenden Jahren wieder zurückerobert werden können. Hier ist vor allem das Marketing gefordert. Es muß klar gesagt werden, daß importierte Billigweine nicht an die Qualität heimischer Weine herankommen und daß der Konsument mit dem Kauf von österreichischem Wein einen wichtigen Beitrag zu einer gesunden Wirtschaft leistet. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dies muß umso mehr deutlich gemacht werden, als gerade im Hinblick auf die Osterweiterung ein stärkerer Wettbewerb zu erwarten ist. Nicht nur im Weinbereich, auch in den anderen Bereichen der Landwirtschaft können wir Chancen der Zukunft nur nutzen, wenn Österreich weiter auf seine traditionellen Stärken setzt. Stärken wie Qualität und Nachhaltigkeit sind der Garant, daß die österreichische Landwirtschaft auch die neuen Herausforderungen der nächsten Jahre gut bewältigen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.47

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht einige wenige Worte zu meinem Vorredner. Auch im Weinbereich zeigen sich die Auswirkungen einer verfehlten Agrarpolitik. Wir haben nämlich in den letzten Jahren stillgelegt und gerodet und somit den Marktanteil dem Ausland überlassen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und darum haben wir soviel ausländischen Billigwein in unseren Regalen, weil wir selber diesen nicht mehr produzieren können. (Abg. Parnigoni: Halten Sie das für gescheit, wenn wir den Billigwein produzieren?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die heutige Debatte aufmerksam verfolgt hat, könnte man durch die Aussagen von Vertretern der Regierungsparteien zu dem Schluß kommen, in der Landwirtschaft wäre im großen und ganzen ohnehin alles in Ordnung, es wäre alles bestens. Nur, die Wirklichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, schaut aber laut Wifo und auch laut diesem Grünen Bericht ganz anders aus.

Durch den EU-Beitritt und durch die Übernahme der damit verbundenen gemeinsamen Agrarpolitik und durch das Wegfallen der Beschränkungen im Handel mit Agrarwaren innerhalb der EU sind tiefgreifende Veränderungen für unsere Landwirtschaft eingetreten. Die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise für Getreide, für Schlachtrinder, für Schweine, für Milch sind auf der einen Seite enorm gesunken, und auf der anderen Seite ist die versprochene Entlastung der bäuerlichen Betriebe durch preisgünstigere Betriebsmittel bis heute ausgeblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ganz im Gegenteil: Im Jahr 1996 sind die Kosten der Betriebsmittel sogar um zirka 3,4 Prozent gestiegen, und zwar aufgrund der höheren Treibstoffpreise, der höheren Energiepreise insgesamt, der Verteuerung bei Maschinen und Geräten, der gestiegenen Verwaltungskosten und auch deshalb, weil – das möchte ich nicht vergessen – die den Bauern versprochene Mehrwertsteueranpassung nicht durchgeführt wurde. Man hat den Bauern zwar diese Mehrwertsteueranpassung im Europavertrag versprochen, aber sie hat bis heute nicht stattgefunden. Sie wird von der ÖVP auch scheinheilig, möchte ich sagen, oder fadenscheinig eingefordert, nur wenn es darum gegangen ist, diese Anpassung zu beschließen, dann ist die ÖVP bis dato die Zustimmung schuldig geblieben. Das muß hier ganz deutlich gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sind die bäuerlichen Einkommen im agrarischen Bereich wesentlich gesunken, und zwar um zirka 10 Prozent. Und auch 1997 – und das wissen wir ganz genau – sind die bäuerlichen Einkommen weiter gesunken, sodaß unsere Bauern einkommensmäßig gerade noch vor den Not


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standsbeziehern rangieren. Das sollte Ihnen doch zu denken geben, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Und was ist die Folge dieser enormen Einkommensverluste? Die Folge ist, daß viele bäuerliche Betriebe zusperren und daß Tausende Arbeitsplätze verlorengehen. Ich habe einer Studie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft folgendes entnommen – ich nehme daher an, daß Sie, Herr Bundesminister, sehr genau wissen, wie es wirklich im ländlichen Raum ausschaut; ich zitiere –:

Die Folgen dieser Entwicklung sind in Teilen des ländlichen Raums unübersehbar. Folgende negative Erscheinungen sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung: die wirtschaftliche Stagnation und das Zurückbleiben der regionalen Wirtschaftskraft, die gebietsweise hohe Abwanderung, die bereits zu einem Bevölkerungsrückgang führte, der Verlust von Arbeitsplätzen, die dadurch bedingte starke Zunahme der Berufspendelwanderung, oftmals in Form des Fern- und Langzeitpendelns. Als sogenannte Problempendler werden sie in dieser Studie bezeichnet, Herr Schwarzenberger. Das sollte Ihnen doch zu denken geben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und genau diese Problempendler sind es auch, die die Arbeitsmarktsituation noch zusätzlich verschärfen, die zu den 300 000 Arbeitslosen noch zusätzlich dazukommen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine weitere Folge dieser negativen Entwicklung ist die enorme Zunahme der Armut im landwirtschaftlichen Bereich. In der gleichen Studie heißt es über die Armut im ländlichen Bereich: Fast die Hälfte der Armutsgefährdeten lebt in ländlichen Gemeinden. Die Gefährdetenquote für Armut erreicht in Landgemeinden 29 Prozent, in Kleinstädten 19 Prozent, in Mittel- und Großstädten 10 Prozent der Haushalte. Die höchste Gefährdetenquote gibt es im Burgenland mit 29 Prozent. In der Steiermark beträgt sie 25 Prozent, in Niederösterreich 23 Prozent, in Vorarlberg 17 Prozent, in Salzburg 13 Prozent und in Wien 11 Prozent. Und weiters heißt es: In Österreich sind 30,6 Prozent der bäuerlichen Haushalte armutsgefährdet, in Frankreich 20 Prozent, in Deutschland 10 Prozent, in Großbritannien 3,9 Prozent. (Abg. Aumayr: Das ist Ihre eigene Studie, Herr Minister!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die Folgen Ihrer verfehlten Agrarpolitik, Herr Bundesminister! Und da kann man sich doch nicht herstellen und sagen: Ich bin für die Osterweiterung, nur sie darf halt den Bauern keine Minderungen bringen und sie darf nichts kosten. Sie wissen ganz genau, daß das nicht der Fall sein wird, sondern daß allein schon die Vorbereitung auf die Osterweiterung laut Schätzungen 600 bis 700 Milliarden Schilling kosten wird – großteils zu Lasten der Bauern. Sie wissen ganz genau, daß laut einer Anfragebeantwortung des Herrn Finanzministers Edlinger allein die Nettobeiträge von Österreich an die EU von 13 Milliarden Schilling auf 30 Milliarden Schilling ansteigen werden – großteils auf Kosten der Bauern. Da kann man sich doch nicht herstellen und sagen: Ich bin für die Osterweiterung!, während man andererseits unsere Bauern zugrunde gehen läßt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden jedenfalls dafür sorgen, daß die Existenz unserer Bauern und die flächendeckende bäuerliche Landwirtschaft in Österreich auch künftig gewährleistet bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.54

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die Ausführungen meines Vorredners brauche ich eigentlich nicht weiter einzugehen, denn unser geschätzter Bundesminister Molterer hat soeben sehr präzise und nicht beschönigend die Situation der Landwirtschaft dargestellt. Wir haben von ihm auch bewiesen bekommen, daß die Agrarpolitik bei ihm in sehr, sehr guten Händen liegt,


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und wir vertrauen ihm. Er wird die europäische Agrarpolitik in der nächsten Zeit sehr wesentlich mitgestalten. Wir wissen, daß sie bei ihm in guten Händen liegt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Das ist die Studie des Ministers!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Bewohner des ländlichen Raums ist mir persönlich natürlich dieser Lebensraum sehr, sehr wichtig, und für mich ist eine diesen Lebensraum schützende Landwirtschaft ein sehr großes Anliegen. Gesundheit und Lebensqualität stehen unmittelbar in Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Grund und Boden. Beim Studium des Grünen Berichtes, der uns vorliegt und den wir heute diskutieren, galt mein Interesse natürlich ganz besonders dem Kapitel Landwirtschaft, Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz. Und dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren, konnte ich mit Genugtuung feststellen, daß auch innerhalb der Europäischen Union diese Faktoren einen sehr hohen Stellenwert haben.

Gezielte Fördermaßnahmen bewirken, daß bei der Bewirtschaftung größte Rücksicht auf die wertvollsten Ressourcen unseres Lebensraums genommen wird. Die österreichische Landwirtschaft ist innerhalb Europas ein besonderes Vorbild. Die umweltschonenden Maßnahmen im Bereich des ÖPUL-Programms werden von uns in einem sehr breiten Umfang in Anspruch genommen. Auch darauf hat Bundesminister Molterer schon hingewiesen. Mehr als 90 Prozent unserer landwirtschaftlichen Flächen unterliegen mindestens einer Verpflichtung aus dem Umweltprogramm. Dies führt dazu, daß jede weitere Intensivierung bei der Bewirtschaftung vermieden wird. Förderungsrichtlinien verlangen bereits in der Grundstufe eine sachgerechte Düngung und garantieren, daß die Viehbestandsdichten nicht überschritten werden. Auf 35 Prozent der Agrarflächen wird bereits auf ertragssteigernde Betriebsmittel verzichtet.

Von dieser vernünftigen Bewirtschaftung profitiert natürlich in erster Linie unser kostbares Gut, das Wasser. Im Grünen Bericht wird die Wassergüte als zufriedenstellend bezeichnet. Die biologische Gewässergüteklasse aus dem Jahr 1995 weist 72 Prozent der dargestellten Gewässerstrecken bereits wieder in der Güteklasse 2 oder besser aus. Mit dieser Wasserqualität, meine sehr geehrten Damen und Herren, sichern wir im Sinne der Nachhaltigkeit zusätzliche Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Durch die umweltschonende Bewirtschaftung trägt unsere Landwirtschaft dazu bei, daß wir in einer gepflegten Kulturlandschaft leben können und daß Österreich für Urlaubsgäste auch in Zukunft attraktiv bleibt. Diese beinahe unbezahlbare Leistung, die uns eine hohe Umwegrentabilität bringt, muß vor allem dann mit berücksichtigt werden, wenn wir über Förderungsmittel für den Bereich Landwirtschaft diskutieren.

Meine geschätzten Damen und Herren! Der Grüne Bericht zeigt auch auf, daß im Bereich der Abwassererfassung und -reinigung große Fortschritte erzielt wurden. Der Anschlußgrad an öffentliche Abwasserreinigungsanlagen ist seit 1991 von 71 Prozent auf 77,7 Prozent weiter angestiegen. Der Anteil der in biologischen Kläranlagen gereinigten Abwässer konnte im gleichen Zeitraum von 68 auf 73,5 Prozent angehoben werden. Besonders die Gemeinden im ländlichen Raum haben durch ihre Initiativen sehr wesentlich zu den Verbesserungen beigetragen. Ein gewaltiges Investitionsvolumen wurde hier zum Wohle der Umwelt bewegt, aber es ist auch ein sehr wesentlicher Faktor im Bereich der Beschäftigungspolitik. Unsere Gemeindebürger müssen dafür teilweise sehr hohe Kanalgebühren tragen. Sie haben aber großes Verständnis dafür, weil inzwischen jeder erkannt hat, daß uns eine intakte Umwelt auch etwas wert sein muß.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Grüne Bericht ist auch ein wertvolles Nachschlagewerk über den Zustand unserer Umwelt. Ich möchte den Verfassern auch dafür sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)


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12.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schreiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.59

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Landwirtschaft! Hohes Haus! (Bundesminister Mag. Molterer: ... und Forstwirtschaft!) Für Land- und Forstwirtschaft, selbstverständlich, Herr Bundesminister! Ich komme ohnehin gleich zu Ihnen. Herr Bundesminister! Was würde mit einem Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft passieren, der seiner Belegschaft zumuten würde, 7 Prozent weniger Lohn in einem Jahr zu bekommen? – Der würde wahrscheinlich bei der nächsten Generalversammlung abgewählt werden. Herr Bundesminister! Sie als oberster Chef der Bauern muten diesen natürlich zu, 7 Prozent weniger Einkommen zu bekommen. Ich weiß schon, daß das nicht alleine Ihr Verschulden ist, aber, Herr Bundesminister, gehen Sie einmal in sich: Sind das wirklich die Rahmenbedingungen, die Sie der österreichischen Landwirtschaft zumuten, die dafür sorgen, daß dieser Einkommensverlust nicht eintritt? – Ich behaupte, nein. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Ein Teilbereich: Die Land- und Forstwirtschaft und das land- und forstwirtschaftliche Einkommen sollten eigentlich nicht aus den Erträgnissen der Urproduktion, dem Getreideanbau, dem Obstanbau, dem Weinanbau, allein resultieren, sondern Sie müßten den Landwirten auch die Möglichkeit geben, daß sie an der Verarbeitung dieser Produkte partizipieren, daß sie neben landwirtschaftlichen Gewinnen auch Gewinne aus der Vermarktung schöpfen. Frau Kollegin Aumayr als unsere Erstrednerin hat schon kurz darauf hingewiesen.

Aber was passiert dort? – Auf dem sogenannten landwirtschaftlichen Verarbeitungssektor, geprägt durch Raiffeisen, werden nicht die Gewinne, die dort erwirtschaftet werden, den Bauern in Form von Ausschüttungen zurückgegeben, sondern sie werden in Dinge investiert, die eigentlich mit der Landwirtschaft und der Sicherung des Erwerbseinkommens gar nichts zu tun haben, Herr Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber Sie weigern sich beharrlich, das Genossenschaftswesen aus dem vorigen Jahrhundert zu ändern, weil Sie genau wissen, ein modernes Genossenschaftsrecht müßte als Gesellschaftsrecht so konstruiert werden, daß natürlich die Bauern, die quasi Eigentümer ihrer eigenen Verarbeitungsbetriebe sind, in die Lage versetzt werden, aus diesen Erträgnissen auch ein Einkommen zu lukrieren.

Das wäre eine Absicherung des Wirtschaftsstandortes Landwirtschaft an sich, denn, Herr Bundesminister, Landwirtschaft heißt auch, sich im wirtschaftlichen Verkehr zu betätigen. Sie, Herr Bundesminister für Landwirtschaft und Forste, haben eigentlich diesbezüglich kein offenes Ohr. Ich habe, als wir im Justizausschuß diese Materie diskutiert haben, von Ihnen leider gar nichts gehört. Es wäre an sich ein Anliegen, das Sie dem Justizminister vorbringen müßten, daß dieses Genossenschaftsgesetz endlich geändert wird. Aber im Gegenteil: Bundesminister Michalek hat gesagt, es gebe Bereiche im Dunstkreis von Raiffeisen, auch unterstützt durch den Landwirtschaftsminister, die eher auf der Bremse stehen als da wirklich aktiv zu werden. (Abg. Böhacker: Ah, Sie stehen auf der Bremse?!)

Herr Bundesminister! Zu einem zweiten Bereich, der, wie ich meine, heute etwas zu kurz gekommen ist und der auch ein Signal Ihrer wirklich verfehlten Förderpolitik darstellt. Sie haben laut Grünem Bericht Stillegungsprämien beziehungsweise Rodungsprämien für Wein von rund 183 Millionen Schilling ausgewiesen. Für das Weinmarketing, also für die Offensive, geben Sie 82 Millionen Schilling aus. Das heißt, für die sogenannte Defensive, daß jemand Weingärten rodet und mit der Rodung eigentlich seine betriebliche Substanz verliert – ich weiß schon, daß das freiwillig ist, aber allein das Signal ist bezeichnend –, wird mehr ausgegeben als für Marketingmaßnahmen.

Herr Bundesminister! Ich glaube, daß gerade im Vermarktungsbereich in dieser Spezialkultur Wein einiges drinnen wäre. Das ist ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig. Wir haben derzeit die Situation, daß wir mit dem Wein aufgrund geringer Weinernten eigentlich gar nicht auskommen und somit den Inlandskonsumbedarf – trotz 0,5 Promille, trotz eingeschränkten Konsums – nicht wirklich decken können.

Herr Bundesminister! Sie lassen sehenden Auges zu, daß in Weinfachgeschäften bereits 18 Prozent der Flaschen aus Chile, Argentinien, Neuseeland oder Australien angeboten werden, die unseren Wein langsam aus den Regalen verdrängen. Einerseits sagen Sie, die Weinwirt


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schaft gehört absatzmäßig gefördert, und anderseits sagen Sie, an sich solle man Weingärten roden. Wie paßt das, Herr Bundesminister für Landwirtschaft und Forste – leider nicht für die Weinwirtschaft –, ökonomisch zusammen? Das ist ökonomische Scharlatanerie von dieser Regierungsbank aus, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Gut herausgearbeitet!) Das betrifft im Bereich Niederösterreich, Burgenland, Steiermark viele landwirtschaftliche Betriebe, viele Erwerbskombinationen Landwirtschaft und Wein und soll an sich rund 20 000 Betriebe und damit rund 80 000 Menschen, die in der Weinwirtschaft und im Weinbau tätig sind, absichern.

Herr Bundesminister! Ich glaube, daß Sie da einiges tun müßten. Sie haben das in der Vergangenheit nicht getan. Ich gebe zwar bei Ihnen die Hoffnung nicht auf, ich bin aber wirklich nicht sehr zuversichtlich, daß Sie in dieser Regierungskonstellation das auch wirklich auf den Weg bringen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.04


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Haigermoser: ... Landwirtschaftsexpertin! – Abg. Sophie Bauer: Soviel, wie Sie verstehen, verstehe ich auch, Herr Abgeordneter! – Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Wieso sind Sie so aggressiv?)

13.04

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Da wir heute den Grünen Bericht diskutieren, habe ich mir die Situation der Bergbauern und der Nebenerwerbsbauern in der Steiermark natürlich genauer angeschaut. Es ist im Berichtszeitraum von 1995 auf 1996 ein Sinken der Zahl der Bergbauern zu verzeichnen. Das ist eigentlich schade, da gerade sie durch ihre mühevolle und oft sehr schwierige Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung unserer Kultur- und Erholungslandschaft leisten.

Dieser Rückgang ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, daß sich die Bewirtschaftung nicht mehr rechnet, sondern schon auch darauf, daß die Kinder eben andere Berufe anstreben. Wenn ich  die  Situation  eines  Nebenerwerbsbauern  mit  jener  eines  Industriearbeiters   oder  einer -arbeiterin mit einer 40-Stunden-Woche und einem Verdienst von 8 500 S netto vergleiche, dann muß ich schon festhalten, daß der Nebenerwerbsbauer doch die Möglichkeit hat, sich von seinem Grund und Boden zu ernähren, während der Industriearbeiter von diesem Verdienst auch die Wohnungs- und die Lebenshaltungskosten zu bestreiten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In der Steiermark hatten wir 1996 nur mehr 16 101 Vollerwerbsbauern. Dafür ist aber die Zahl der Nebenerwerbsbauern bereits auf 40 729 angestiegen. In manchen Gebieten gibt es bereits 90 bis 100 Prozent Nebenerwerbsbauern. Somit stellen diese die dominierende Form bäuerlichen Wirtschaftens dar. Die Nebenerwerbsbauern sind für die Erhaltung der Mindestbesiedelungsdichte und für die Gestaltung der Erholungslandschaft, insbesondere in den Randlagen und Berggebieten, ein unverzichtbarer Faktor.

Der Nebenerwerbsbauer hat die Möglichkeit, seine Felder biologisch zu bewirtschaften. Dies wirkt sich natürlich positiv auf seine Einkommenslage aus, da ja biologische Betriebe – und das ist auch entscheidend – einen geringeren Unternehmensaufwand haben. Wenn manche meinen, daß sich die Einkommenslage durch den Bioanbau aufgrund des Anteils an öffentlichen Geldern erhöht, so stimmt das sicher nicht, da die derzeitige Förderung – das ist schon angesprochen worden – kaum über dem Durchschnitt liegt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß gerade ökologische Kriterien und eine soziale Staffelung bei der Agenda 2000 die Hauptkriterien für die Verteilung der vorhandenen Gelder sein müssen. Durch ein Setzen von Obergrenzen soll verhindert werden, daß wie bisher 80 Prozent der Fördermittel an 20 Prozent der Betroffenen verteilt werden. Da in Österreich knapp 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in die Kategorie benachteiligte Gebiete fallen, müssen wir alles daransetzen, daß es endlich zu einer Förderung der Klein- und Mittelbetriebe kommt. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb werden wir Sozialdemokraten auch weiterhin für einen Sockelbetrag kämpfen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

13.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.09

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, daß es eine sehr wichtige Diskussion ist, die heute hier über den Grünen Bericht stattfindet. Der Herr Bundesminister hat schon ausgeführt, daß es da überhaupt nichts zu beschönigen gibt. Natürlich sind Einkommensrückgänge immer eine traurige Angelegenheit – so möchte ich das formulieren. Aber ich glaube, es sind unterschiedliche betriebliche Gegebenheiten, die zu dieser Situation führen. Die Einkommen setzen sich eben aus vielen Faktoren zusammen.

Erstens: Die Einkommen sind sehr stark vom Markt abhängig. Es gibt leider eine Überproduktion in ganz Europa, zum Beispiel bei Rindfleisch. Davon haben wir 700 000 Tonnen auf Lager. Auch bei Milch ist ein Überschuß von 20 Prozent zu verzeichnen. Und in ganz Europa gibt es einen Verbrauchsrückgang bei Fleisch, der natürlich gewaltig auf den Markt drückt.

Natürlich haben wir auch Standortnachteile. Die Betriebsgrößen, hohe Umweltauflagen und wesentlich teurere Betriebsmittel führen zu Benachteiligungen gegenüber anderen Anbietern auf dem Markt. Deshalb sind die Direktzahlungen auch so wichtig.

Wenn heute hier Herr Abgeordneter Salzl der ÖVP im Zusammenhang mit der Mehrwertsteueranpassung Heuchelei vorgeworfen hat, so möchte ich dazu klar feststellen: Die ÖVP stellt nicht den Finanzminister. Ich habe überhaupt ein Konzept von Ihnen vermißt, geschätzte Frau Abgeordnete Aumayr. Sie haben auch heute wieder kein Konzept für die österreichische Landwirtschaft vorgelegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Landwirtschaft verträgt keine weiteren Belastungen mehr, weder bei den Sozialabgaben noch an neuen Steuern. Ich wende mich auch entschieden dagegen, daß man immer wieder davon spricht, daß es eine Heranführung des Einheitswertes an den Verkehrswert geben soll. Das lehne ich ganz entschieden ab, weil wir das einfach nicht verkraften können! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich danke Herrn Bundesminister Molterer, denn er hat es zustande gebracht, daß das ÖPUL-Programm 98 weiterentwickelt wurde, und er hat es zustande gebracht, daß bis zum Jahre 2002 ein 40-Milliarden-Paket wirksam wird, damit sich die Bauern darauf verlassen können, daß auch diesbezüglich weitere Förderungsmittel zur Verfügung stehen. Ich bin ihm auch dankbar dafür, daß es zu einer Absicherung der Ausgleichszahlungen in Brüssel gekommen ist. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, die künftige Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft ist ganz besonders von den Entscheidungen in Brüssel abhängig. Die WTO-Verhandlungen stehen an, und ich meine, daß gerade gegenüber Amerika kein vorauseilender Gehorsam notwendig ist (Zwischenruf bei den Freiheitlichen), denn Amerika kann einfach kein flächendeckendes Programm für seine Agrarproduktion anbieten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn hier verlautbart wird, daß der britische Landwirtschaftsminister davon spricht, man könne eventuell in zehn Jahren die Agrarsubventionen auslaufen lassen, so muß ich sagen: Das spricht klar gegen den ländlichen Raum, gegen eine intakte Umwelt und gegen funktionierende Dörfer. Das kann vielleicht für England akzeptabel sein, aber nicht für Österreich. Wir brauchen einfach diese Ausgleichszahlungen, und ich stehe auch voll dazu. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Ich danke auch Herrn Bundesminister Molterer, der im Falle einer EU-Erweiterung ein spezielles Förderprogramm und eine spezielle Grenzlandförderung vorschlägt. Ich bin auch hoffnungsvoll im Hinblick auf die Ankündigung des Kommissars Fischler, daß er die Umweltprogramme weiter ausbauen möchte. Das tendiert genau in die Richtung, die Österreich immer vorgibt.


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Ich begrüße auch die Entscheidung der WTO, daß das gegenüber den Amerikanern verhängte Importverbot von hormonbehandeltem Fleisch aufrechtbleiben kann. Auch in diesem Fall hat sich Österreich durchgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Für die Zukunft unserer Bauern wird auch wichtig sein, daß wir starke Vermarktungseinrichtungen haben, die in Österreich und auch in Europa verkaufen können. Ich habe bei der Grünen Woche in Berlin gesehen, daß Österreich da sehr präsent ist und im internationalen Konzert mitspielen kann.

Ein weiterer Punkt – ich habe das in meiner Rede schon erwähnt – sind die betriebswirtschaftlichen Maßnahmen, die immer wieder gesetzt werden müssen, auch durch vernünftige Investitionen. Es müssen in Zukunft insbesondere auch die Maschinenringe verstärkt genutzt werden.

Der Arbeitsplatz Bauernhof hat einen wichtigen Stellenwert für die Gesellschaft. Rund 600 000 Arbeitsplätze hängen an ihm. Österreich wird auch in Zukunft nicht ohne Bauern auskommen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Freund begibt sich zu dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Molterer und reicht diesem die Hand.)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.15

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein Kapitel in diesem sehr umfangreichen Grünen Bericht betrifft die Landwirtschaft und die Umwelt. Einige Umweltprobleme wurden heute bereits kurz angesprochen.

Ich glaube, daß die ökologischen Problemfelder in jüngster Zeit immer stärker feststellbar sind. Ein Beispiel dafür ist der Wald. Meine Damen und Herren! Gerade der Wald ist in letzter Zeit immer mehr neuen Schadstoffbelastungen ausgesetzt. Wir brauchen aber gerade den verstärkten Schutz des Waldes. Daher möchte ich hier eine Forderung wiederholen, die ich schon einmal von diesem Pult aus vorgetragen habe, nämlich daß es zu einer wesentlichen Reduzierung der überhöhten Wildbestände kommt. Dadurch wird vor allem die Sanierung der Schutzwälder, die besondere Priorität genießen soll, maßgeblich beeinflußt. Wir brauchen diese Reduzierung des Wildbestandes. (Abg. Dr. Graf: Wenn Sie in die Regierung kommen, dann packen Sie es an!) Ihr Zwischenruf ist nicht gerade sehr sachbezogen, was die Reduzierung des Wildbestandes betrifft. Wir machen uns Gedanken darüber, und ich weiß, daß das sehr oft in Widerspruch zu anderen Interessengruppen steht. Wenn wir aber für das Interessengebiet Wald eintreten, dann müssen wir auch für eine Reduzierung des Wildbestandes eintreten.

Ein anderes Beispiel ist die Wasserwirtschaft. Die langfristige Sicherung der Wasserversorgung hat oberste Priorität, aber auch artgerechte Biotope und Erholungsräume sind Schwerpunktaufgaben. Wir müssen auch gegensteuern, damit vor allem im Grundwasser nicht weiterhin Schadstoffe infolge von Stickstoffverbindungen und hohen Atrazinkonzentrationen auftreten. Vor allem beim intensiven Ackerbau müssen wir diesbezüglich Maßnahmen treffen.

Sehr gut angenommen wurde das ÖPUL-Programm. Daher bin ich wirklich sehr froh, daß der Herr Bundesminister eine Erweiterung des Umweltprogramms heute hier zugesagt hat. Damit konnten die Bauern einiges erreichen.

Aber für etwas müssen wir uns in Zukunft verstärkt einsetzen – ich glaube, das ist heute noch nicht angesprochen worden –, und zwar für die nachwachsenden Rohstoffe, die zu einer neuen Einkommensbasis für die Landwirtschaft führen. Diesen Zielpunkt sollten wir im Sinne einer Verbesserung für die Landwirtschaft stärker ansprechen.

Herr Bundesminister! Abschließend: Wir stehen zu Ihrem Vierpunkteprogramm und möchten es mit Ihnen mittragen. Wir Sozialdemokraten glauben nur, daß bei diesen vier Punkten auf einen zentralen Punkt vergessen wurde. Vielleicht könnten wir diese vier Eckpunkte, die Sie heute


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angeschnitten haben, um einen fünften gemeinsamen Punkt ergänzen. Und dieser fünfte Punkt lautet: Wir brauchen einen zentralen Tierschutz für ganz Österreich! Wir brauchen einen einheitlichen Tierschutz, egal ob im Burgenland, in Tirol, in Wien, in der Steiermark oder in einem anderen Bundesland. (Zwischenruf der Abg. Motter. ) Es kann nicht sein, daß Tierschutz nicht überall gleich Tierschutz ist. (Abg. Wabl: Richtig!) Machen Sie sich bitte mit uns gemeinsam stark für einen zentralen Tierschutz! (Beifall bei der SPÖ.)

13.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.19

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat mich jetzt noch zu dieser Wortmeldung provoziert. Denn nur der Appell, daß sich die Bundesregierung und dieses Haus stark machen mögen für einen österreichweit einheitlichen Tierschutz, ist mir aus dem Munde eines Abgeordneten der stärksten Regierungsfraktion doch deutlich zuwenig. Es gibt in diesem Hause nicht nur eine Zweidrittelmehrheit dafür, sondern weit mehr. Es gibt vier Fraktionen, die das wollen. Und ich glaube, daß ein starker, bundesweit einheitlicher Tierschutz in Österreich mit strengen Mindeststandards ein ganz wichtiges Merkmal, ein ganz wichtiges Kriterium wäre, um die bäuerliche Produktion und die Arbeitsplätze in diesem Bereich zu erhalten.

Daher noch einmal meine Frage an die SPÖ: An wen appellieren Sie? Sie haben es in der Hand ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Appelle innerhalb der Regierung – genau das ist es ja, was in der Bevölkerung diese Regierungspolitikverdrossenheit auslöst. Ich habe den Eindruck, Sie wollen das auch nicht wirklich. Sie identifizieren sich zwar mit dem Ziel, aber es ist Ihnen eigentlich ganz recht – in der Frauenfrage, in der Gentechnikfrage, in der Tierschutzfrage –, wenn Sie bis 1999 mit diesen Themen einen permanenten Wahlkampf betreiben können.

Sie sagen immer: Wir würden ja so gerne, aber der Koalitionspartner läßt uns nicht! Und die ÖVP behauptet, daß ihr Verhindern eigentlich den Interessen einer bestimmten Klientel nutzt. (Abg. Dr. Khol: Dem Tierschutz!) In der Sache geht nichts weiter, in der Sache geht überhaupt nichts weiter! Herr Klubobmann Khol! Es geht wirklich nichts weiter, und es nützt auch dem Tierschutz nichts. Oder können Sie mir irgendein Beispiel nennen, irgendein Bundesland, in dem die Artikel-15a-Vereinbarung bei den Nutztieren zu entscheidenden Verbesserungen geführt hat, zur Abschaffung von für die Bauern, für die bäuerliche Produktion verheerenden Intensivtierhaltungen? (Abg. Dr. Khol: Das neue Gesetz in Tirol!) Dann könnten wir darüber reden, aber es ändert sich nichts!

Meine Damen und Herren! Auch diesem Grünen Bericht ... (Abg. Dr. Khol: Sie haben keine Ahnung, Frau Petrovic! Sie haben gute Vorsätze, aber keine Sachkenntnis!) Herr Klubobmann Khol! Dasselbe behaupte ich von der ÖVP! Schauen Sie sich doch die Erwerbs ... (Abg. Dr. Khol: Das ist eine simple Retourkutsche!) Reden wir einmal nicht von den Tieren, sondern reden wir von den Bäuerinnen und den Bauern! (Abg. Dr. Khol: Reden wir von den Tieren!) Darüber können wir gerne sehr lange reden, und dazu haben wir ja heute auch noch Gelegenheit.

Aber schauen Sie sich doch einmal die Einkommenssituation bei den bäuerlichen Betrieben an, und schauen Sie sich auch die Einkünfte insgesamt aus der Sparte Land- und Forstwirtschaft an! Auch dort ist das Wirken Ihrer Politik zu sehen, und zwar in der Form, daß die Großen größer werden, daß sich die Einkommenssituation in den landwirtschaftlichen Gunstlagen, etwa im niederösterreichischen Flach- und Hügelland, verbessert, daß aber überall dort, wo heute schon ein dramatischer Nachholbedarf bezüglich der Einkommenssituation besteht, die Einkommen weiter zurückgehen. Das heißt, auch bei den bäuerlichen Betrieben wächst die Kluft zwischen Arm und Reich, und das hat direkte Auswirkungen auf die Menschen, die dort tätig sind, aber auch auf die Tiere, denn bei diesen Großprodukten geht der Trend in Richtung Intensivierung.


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Herr Bundesminister! Wenn man den Landwirtinnen und Landwirten vorgaukelt, daß es in Österreich eine relativ gut ausgebildete Biomarktnische geben wird, daß man sich aber eben nach dem Markt richten müsse – und das heißt industrielle Produktion, das sind die Vorstellungen von Herrn Maderthaner: hinauf mit den Bestandsobergrenzen, Abschwächung der UVP-Pflicht –, wenn Sie das den Landwirtinnen und Landwirten sagen, dann verstärken Sie diese Entwicklung, und damit werden Sie das, was früher einmal einige ÖVP-Politiker, einige ÖVP-Agrarier richtigerweise als zukunftsorientierten Weg gesehen haben – nämlich flächendeckend auf den Feinkostladen Österreich zu setzen –, preisgeben.

Herr Bundesminister! Dieses Zaudern und Zögern, dieses mangelnde klare Bekenntnis zur flächendeckenden Ökologisierung, genau das ist es, was die österreichische Landwirtschaft verunsichert, was letztlich ein Qualitätslabel "Made in Austria" verhindert. Denn mein Kollege Wabl hat es völlig richtig gesagt: Es geht nicht, daß man neben einem Bioacker ein Gentechnikfeld hat.

Noch einmal: Bitte hören Sie auf, von seiten der Regierungsfraktionen aneinander zu appellieren und jetzt noch eineinhalb Jahre lang Wahlkampf zu inszenieren! Tun Sie endlich etwas für die österreichische Landwirtschaft, für die Konsumenten und die Tiere! (Beifall bei den Grünen.)

13.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Vom Berichterstatter wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land und Forstwirtschaft, den vorliegenden Bericht III-97 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl und Genossen betreffend Verzicht auf den Einsatz der Gentechnik als Mindestkriterium zur Teilnahme am ÖPUL II.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 970 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 971 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 972 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich auch diesbezüglich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 973 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

6. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses betreffend den Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (III-93 der Beilagen) über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1996 (1031 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen damit zur ersten Wortmeldung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.27

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Kaum geht es mit dem Tourismus leicht bergauf, finden sich wieder hochrangige Politiker bei der Hotelierstagung ein. – Zitat "Kleine Zeitung" von voriger Woche. Ich muß sagen, die "Kleine Zeitung" hat es richtig erfaßt, denn die "Kleine Zeitung" hat, so wie viele Hoteliers bei dieser Tagung, gefragt: Wo waren sie bisher, die hochrangigen Politiker, wenn es darum gegangen ist, der österreichischen Tourismuswirtschaft wirklich unter die Arme zu greifen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Wo waren Sie bei der Erstellung der Belastungspakete, die die Kaufkraft der Österreicher dermaßen geschwächt hat, daß jetzt – und Sie wissen das – zum ersten Mal auch der Inlandstourismus rückläufig wird? Wo waren Sie, werter Herr Minister, bei der Bestellung des Geschäftsführers der Österreich Werbung? Ich weiß, das war Ihr Vorgänger, nur hätten Sie als Präsident mittlerweile schon längst Schritte unternehmen können, denn Herr Höferer hat sich im dritten Amtsjahr, im letzten Amtsjahr, eine Gagenerhöhung von sage und schreibe einer Million Schilling genehmigt, und das mit Ihrer Zustimmung, werter Herr Minister! (Abg. Murauer steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Dr. Farnleitner.) Würden Sie bitte so nett sein und die Debatte nicht stören, Herr Kollege? (Rufe bei den Freiheitlichen: Murauer! Murauer!) Herr Kollege Murauer möge seine Interventionen bitte später tätigen.

Wo waren Sie, werter Herr Minister, bei der Einführung der Energiesteuer? Wo waren Sie bei der Einführung der Energiesteuer, werter Herr Minister? Sie wissen ganz genau, daß für Hotelbetriebe mit Sauna und Hallenbad allein aus dem Titel der Energiesteuer eine Mehrbelastung von 150 000 bis 200 000 S zum Tragen kommt.

Wo waren Sie, Herr Minister, bei der Einführung der Besteuerung des Sanierungsgewinnes? Sie wissen ganz genau, daß kein Betrieb in Österreich jemals mehr einen Zwangsausgleich durchziehen wird können. Sie wissen ganz genau, daß die Regierung Leichenfledderei betreibt bei österreichischen Betrieben. Das ist Ihre Art und Weise, mit den Betrieben umzugehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wo waren Sie bisher bei der Diskussion um die Getränkesteuer? Sie haben die Möglichkeit, in Brüssel an den jeweiligen Stellen die Frage zu deponieren und prüfen zu lassen, ob die Getränkesteuer EU-widrig ist, ja oder nein. Die Wirtschaftskammer sammelt 300 000 Unterschriften, wir bringen die Anträge für die Abschaffung der Getränkesteuer ein, und dieselben Wirtschaftskammervertreter hier in diesem Haus stimmen mit der ÖVP dagegen. Wo sind Sie da, Herr Minister? Das sind Ihre Leute!


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Wo waren Sie in den letzten zwei Jahren, als die ITB, die weltgrößte Tourismusmesse, tagte, wo sämtliche Tourismusminister anwesend waren, um ihr Land zu repräsentieren? – Sie waren nicht dort.

Wo waren Sie bei der Einführung der Vignette, Herr Minister? Die Vignette ist derzeit eines der größten Imageprobleme für unseren Tourismus. Das zeigt allein die Aufmachung der letzten Zeit in sämtlichen deutschen Zeitungen, und auch in der heutigen "Kronen Zeitung" steht: Gefängnis für Pickerlsünder. Ein deutscher Urlaubsgast soll ins Gefängnis, weil er falsch gepickt hat! (Abg. Kiss: Nein, weil er falsch geparkt hat!)

Da reist jemand nach Österreich ein, will sein Geld hierlassen, will österreichischer Urlaubsgast sein: Er wird erst einmal an der Grenze dazu vergattert, eine Vignette zu kaufen, und dann bekommt er noch einen Schaber dazu, weil die bestehende Vignette gar nicht heruntergeht. Und auf dem Schaber steht noch drauf: Vorsicht! In keinem Fall mit der Klingenseite arbeiten, Sie könnten sonst die Scheibe zerkratzen. – Unsere Urlaubsgäste wissen nicht einmal, wie sie dieses Zeug von der Windschutzscheibe bekommen – von den Österreichern gar nicht zu reden. Aber auch die leidgeprüften Urlaubsgäste sind betroffen, die Geld nach Österreich bringen. Das ist einer dieser Schildbürgerstreiche in Österreich, die uns immer wieder auf den Kopf fallen – auch im Tourismus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß, Herr Bundesminister, im Ministerrat haben Sie die Forderung aufgestellt, es möge Vignettenpflicht erst ab der ersten Autobahnabfahrt bestehen. Ich sage Ihnen ganz dezidiert, da haben Sie in uns einen Verbündeten. Aber wir werden heute einen Antrag dazu einbringen, und wir werden uns anschauen, wie Ihre Fraktion in diesem Hause, die Wirtschaftskammervertreter, die gesamte ÖVP-Fraktion, darauf reagieren wird. (Abg. Haigermoser: Einmal mehr umfallen!) Die wird einmal mehr umfallen. Die wird in Regierungstreue untergehen, und mit ihr wird unser Tourismus untergehen. Und das haben Sie zu verantworten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die österreichische Tourismusbranche ist trotz eines 2prozentigen Zuwachses – das werden Sie uns ja jetzt wahrscheinlich kundtun – total am Boden, denn die Rückgänge der letzten Jahre – 30 Milliarden Umsatzrückgang – sind in keiner Weise wettzumachen.

Ich weiß, es gibt zwei Denkschulen in Österreich. Die eine Denkschule – ich weiß nicht, ob Sie der angehören – sagt, 6 000 Betriebe sind eine Gefahr für die österreichische Tourismusbranche. 6 000 Betriebe stellen eine Gefahr dar für den Rest der Branche. Diese Betriebe sollen sterben, die soll man wegrationalisieren, denn die schaden ja den anderen. – Das ist die eine Denkschule.

Aber der zweiten Denkschule, zu der wir uns Gott sei Dank zählen, gehört die Mehrheit der österreichischen Fremdenverkehrsunternehmen an. Das sind jene, die weiter um jeden Gast kämpfen, der nach Österreich kommen soll, die aus Eigeninitiative weiterkämpfen, die schon längst aufgegeben haben, an die Regierung zu glauben. Sie kämpfen mit Eigenmitteln, zahlen viermal ein, um Werbung zu betreiben, kämpfen, daß ihre Häuser gefüllt werden. Zu dieser Kategorie zählen wir uns, und für die, die derart kämpfen, machen wir Politik in diesem Haus (Beifall bei den Freiheitlichen) und nicht für jene elitären Betriebe, die sagen: Alle anderen sperren wir zu, denn dann können wir überleben! – Das ist nicht unsere Art und Weise, im Tourismus Politik zu machen.

Eines sage ich Ihnen auch noch, werter Herr Minister: Die Regierung ist gefordert, endlich die Rahmenbedingungen – ich kann dieses Wort schon nicht mehr hören und sage es wieder – dafür zu schaffen, daß die Betriebe überleben. Es geht auch deutlich aus Ihrem Tourismusbericht hervor. Sogar Ihr Herr Smeral sagt, es sollen endlich die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und dazu gehört natürlich eine Mehrwertsteuersenkung um mindestens 2 Prozent, dazu gehört eine Mehrwertsteuerhalbierung auf alkoholfreie Getränke. Das wissen viele hier nicht: Wir sind das einzige Land in Europa, das auf Mineralwasser, Fruchtsäfte bis hin zur Babynahrung 20 Prozent Mehrwertsteuer hat. Das gibt es in ganz Europa nicht, daß


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ein Mineralwasser mit 20 Prozent Mehrwertsteuer, mit dem Höchstmehrwertsteuersatz belastet wird.

Wir fordern die Wiedereinführung der Investitionsprämien – diese sind dringend notwendig. Wir fordern eine Lösung für die Getränkesteuer, damit die Betriebe endlich wissen, wie sie dran sind. Wir fordern eine Deckelung der Energiesteuer wie in der Industrie. Wir fordern wieder die Absetzbarkeit für Geschäftsessen, damit endlich wieder Geschäftsessen, vor allem im städtischen Bereich, stattfinden; Sie wissen, daß es in Österreich keine Firmenessen oder zumindest immer weniger gibt.

Wir fordern auch, daß die Vignetten-Schikane endlich beseitigt wird. Dazu bringe ich den folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rossmann, Haller, Ing. Nußbaumer, Rosenstingl, Böhacker und Kollegen betreffend die rasche Umsetzung von Maßnahmen zur Mautfreistellung für die Benützung von grenznahen Straßenabschnitten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu setzen, die eine Mautfreistellung für die Benützung grenznaher Straßenabschnitte entsprechend dem Antrag 596/A der Abgeordneten Ing. Nußbaumer, Haller und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird, zum ehestmöglichen Zeitpunkt ermöglichen."

*****

Ich ersuche Sie, daß das bitte vor dem Sommer erledigt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das darf nicht wieder ein halbes Jahr liegenbleiben.

Abschließend, werter Herr Bundesminister, fordere ich Sie in aller Deutlichkeit zum x-ten Male auf: Nehmen Sie die Verantwortung für den österreichischen Tourismus endlich wahr! Ich rate Ihnen, in einen Betrieb zu gehen und mit einem Unternehmer die Kalkulation durchzugehen. Dann wird es nicht mehr vorkommen, daß Sie, so wie Sie das im Ausschuß getan haben, behaupten, daß es keine Arbeitskosten, keine Lohnnebenkosten gibt, sondern nur mehr Lohnstückkosten. Dann werden Sie draufkommen, daß bei einem Dienstleistungsbetrieb überhaupt keine Rede von Lohnstückkosten ist, daß das bei einem solchen Betrieb nicht anzuwenden ist, daß Sie damit falsch liegen. Damit haben Sie leider Ihre Abgehobenheit bewiesen, und das ist ein Trauerspiel für unser schönes Tourismusland Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.36

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Fordern, fordern, fordern, fordern – nichts anderes habe ich in den letzten paar Minuten von meiner Vorrednerin, der In-Szene-Wirtin aus Graz, gehört. (Rufe bei den Freiheitlichen: Kassieren, kassieren, kassieren! – Abg. Böhacker: Belasten, belasten, belasten!) Ich bin begeistert, daß die FPÖ wieder fordert, vielleicht nicht 60 Milliarden, sondern diesmal 100 Milliarden. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tourismusbericht wurde in einer neuen Form vorgelegt. – Danke vielmals, er ist lesbarer, ich kann ihn leichter durchschauen, ich kann leichter die Zahlen erfassen. Herr Bundesminister, das ist gut, aber ich glaube, eine bloße Verpackungsänderung beim Produkt Tourismus ist zuwenig. Es geht darum, sachlich die ernste, meiner Meinung nach aber keineswegs hoffnungslose Lage zu diskutieren, auf die Tatsachen einzugehen, von den Fakten zu reden und sich nicht in Schwärmereien und Phantasien zu ergehen, die in der "F"-Traumwelt weiter existieren. (Abg. Rossmann: Wir leben in der Realität, das ist der Unterschied!) Ich komme dann noch auf Ihre Ausführungen zurück.

Meine Damen und Herren! Wie aus dem Bericht hervorgeht und Tatsache ist, hat die österreichische Tourismuswirtschaft 1996 mit einem auf 179,6 Milliarden Schilling angewachsenen Umsatz das erste Mal wieder eine leichte Steigerung gehabt, das heißt, wir haben Gott sei Dank eine Trendumkehr erreicht, was aber noch nicht heißt, daß im Tourismusbereich eine Erholung eingetreten ist. Auch das möchte ich ganz klar feststellen.

Ergebnisse der Gästebefragung, die auch im Tourismusbericht enthalten sind, lassen erkennen, worauf es in Zukunft im wesentlichen ankommt. Event-Marketing, Attraktionen und Servicequalität sind jene Positionen, mit denen wir uns am meisten zu beschäftigen haben, die wir anzustreben haben. Das Geschäft mit der Freizeit und mit dem Urlaub boomt weltweit wie keine andere Branche insgesamt auf der ganzen Welt. Die Welt ist voller Erlebniskonsumenten, die erstens ihre Langeweile bekämpfen wollen, weil sie immer mehr Freizeit haben, und die zweitens umsorgt und gehätschelt sein wollen. (Abg. Böhacker: Wo fahren die alle hin?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unsere Aufgabe, den Unternehmern zu helfen, diese geistige Veränderung zu bewältigen. Es ist unsere Aufgabe, Bedingungen zu schaffen und nicht nur zu fordern, sondern tatsächlich Bedingungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Warum macht ihr es nicht?) Wir haben ihnen aber auch klarzumachen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es sich lohnt, Erlebnistourismus zu "produzieren" – unter Anführungszeichen. Wir müssen ihnen sagen, daß es sich lohnt, Spezial- und Inklusivangebote zu machen. Wir müssen ihnen sagen, daß die Bündelung der vorhandenen Kräfte auf Auslandsmärkten notwendig ist, daß es notwendig ist, gemeinsam Auslandsmärkte zu erschließen und gemeinsam Auslandsmärkte zu bearbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir Unternehmer wissen, daß nicht Problematisierung, sondern Problemlösung entscheidend ist, und es kann nur dann zu entsprechenden positiven Entwicklungen kommen, wenn wir eine aktive, positive Gestaltung dieses Wirtschaftszweiges auch tatsächlich wollen. Wenn wir positiv davon reden, dann wird einerseits investiert und andererseits auch in diesem Bereich konsumiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Bericht ist vieles aufgezeigt, was erreicht wurde. Nur Punktationen: Mountainbiking ist gekommen – noch zu wenig; Schulungsmöglichkeiten die EU betreffend – noch zu wenig. Wir haben Möglichkeiten in der Finanzierung bei den Beteiligungsgesellschaften gefunden, wir haben die Richtlinie verändert, wir haben aus der Hoteltreuhand eine Fremdenverkehrsbank gemacht. Das sind Dinge, die positiv sind, Dinge, die man nennen sollte, und Dinge, die für uns von der Fremdenverkehrswirtschaft eine wesentliche, gravierende Bedeutung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der anderen Seite habe ich oft den Eindruck, daß gerade dieser Branche Prügel vor die Füße geworfen werden. Ich möchte nur drei Positionen sagen. Erstens – ich vermute ja fast, daß es gewollt ist –: Es ist ja eine Chuzpe, daß eine Mautbefreiung für die Strecke von der Grenze bis zur ersten Autobahnabfahrt, wie der Herr Bundesminister es gefordert hat, nunmehr nicht ermöglicht werden soll. Hat man denn noch immer nicht genügend Bürger, genügend Fremde, genügend Urlauber damit verärgert? Wo Schengen zumacht, da wollen wir eine neue Grenze mit Pickerl eröffnen! – Das kann doch nicht die Politik sein, die wir wollen! (Beifall bei der ÖVP.) Gibt es für die Politiker denn keinen kleinen Grenzverkehr? – Dann sollen sie sich bitte irgendwo dort aufhalten, aber nicht hier im Zentralraum von Wien.


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Ein Wort nur zur Diskussion über 0,5 und 0,8 Promille: Hätte man die 0,8 Promille in der gleichen Art und Weise kontrolliert, dann hätte sich dieses Parlament viel Blamage und viel Diskussion insgesamt erspart! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Madl. )  – Sie sind ja umgefallen, von Ihnen brauchen wir überhaupt nicht zu reden!

Ein drittes Beispiel: Warum müssen wir uns jedes Jahr das Theater um die Saisonniers antun? Es kann doch nicht unmöglich sein, daß vor Saisonbeginn fesgestellt werden kann, welcher Bedarf tatsächlich in den Betrieben herrscht. Ich fordere wirklich auch unsere Koalitionspartner auf: Gehen wir doch gemeinsam den Weg, daß es in diesem Zusammenhang zu einer Befriedigung der Wirtschaft kommt! Das ist zugunsten der Wirtschaft, das ist zugunsten Österreichs, und wir werden in dieser Hinsicht sicherlich wesentlich schneller positive Ergebnisse erzielen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wären positive Signale, die wir aus dem Parlament, die wir aus der Regierung der Wirtschaft, den Unternehmen geben könnten? – Ich denke da natürlich an die Arbeitsvermittlung, aber nicht nur innerhalb Österreichs, sondern auch im gesamten EU-Raum. Ich denke an die Eigenkapitalausstattung und darf nur den Begriff "nichtentnommene Gewinne" ansprechen. (Abg. Mag. Schweitzer: Da gibt es einen freiheitlichen Antrag! Haben Sie dem zugestimmt?) Ich denke an die bereits diskutierten "ewigen" Hypotheken, ich denke an die Entkriminalisierung des Arbeitsrechtes. Ich denke aber auch an zwei Positionen, die der Herr Bundesminister dankenswerterweise schon aufgegriffen hat.

Erstens: die Förderung der Selbstvermarktungsaktivitäten von Klein- und Mittelbetrieben im Ausland. Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der von Ihnen angeregte Tourismusscheck soll diskutiert und eingeführt werden. Das ist eine prüfenswerte Aktivität. Das soll man aber schnell und zügig durchführen.

Zweitens: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben auch die Maßnahmen der Zusammenlegung der Außenstellen der Österreich Werbung mit den Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer Österreichs angeregt. Ich glaube, das ist ein Signal, das dem österreichischen Unternehmer zeigt, daß da effektiver gearbeitet wird, daß mehr Geld für die tatsächliche Werbung zur Verfügung steht. Ich glaube, dieses Signal ist aufzunehmen! Ich bitte auch in diesem Zusammenhang die Länder, mitzumachen, weil es da Widerstände aus den differenzierten Bereichen der Länder gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend: Wir sind stolz auf die vielen innovativen, auf die vielen initiativen österreichischen Unternehmer, die im Tourismus tätig sind. Wir werden aber all jenen, die versuchen, unseren Tourismus mieszumachen, eine klare Absage erteilen.

Positives Denken – und das möchte ich gerade in Richtung der FPÖ sagen – ist angesagt. Ich glaube, in dieser Hinsicht soll dieses Parlament zusammenwirken: positiv denken für eine Branche, die für Österreich wichtig, ja existenznotwendig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte.

13.45

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, daß ich heute zum Tourismusbericht sprechen kann, wiewohl es mich eigenartig berührt, daß ein Wirtschaftszweig, der 14 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet und verantwortet, offensichtlich traditionsgemäß – oder aus welchen Gründen auch immer – nach dem Landwirtschaftsbericht diskutiert wird, der 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, ob wir die Prioritäten richtig setzen oder ob wir vor lauter Scheuklappen die Rangordnung vergessen haben, die Rangordnung der Wichtigkeit. Ich glaube, das ist ein kleines Indiz in diese Richtung.


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Herr Bundesminister! Der Bericht ist im großen und ganzen vernünftig, übersichtlich und auch informativ. Sie, Ihre Beamten und wir wissen, daß er ein beschreibender Bericht ist. Aus unserer Sicht ist er auch etwas beschönigend und geht nicht wirklich auf die Probleme der Tourismuswirtschaft ein. Er hat in meinen Augen auch einen großen Mangel: Er wurde aus makroökonomischer Sicht erstellt und geht nicht auf die betriebswirtschaftliche Problematik Tausender österreichischer Tourismusbetriebe ein, und das finde ich bedauerlich.

Was vor allem fehlt, sind die Ansätze zu Problemlösungen. Es gibt auch keine Diskussion über die Auswirkungen der Tourismuskrise. Herr Puttinger! Auch wenn Sie meinen, positives Denken ist angesagt, wird man schon noch sagen dürfen, daß wir sehr wohl eine Krise haben. Das hat mit positivem Denken nichts zu tun. Es gibt eine Tourismuskrise in Österreich, und sie ist sehr ernst. Sie hat auch Auswirkungen: regionalpolitische – ohne Zweifel –, beschäftigungspolitisch unerwünschte Auswirkungen und natürlich die sattsam bekannten und gut nachvollziehbaren Auswirkungen auf das österreichische Leistungsbilanzdefizit, das ja schön langsam zu einem ernsten volkswirtschaftlichen Problem für diese Republik wird, wobei uns auch der Euro und die Integration innerhalb Europas nicht sehr viel helfen werden.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn wir jetzt – Mitte Jänner – den Tourismusbericht diskutieren, dann tun wir das automatisch mit einer gewissen Entwarnung. Es fällt Schnee, gerade jetzt, erfreulicherweise, und wir können daher in den entscheidenden Ländern, in den Schwerpunktländern, eine gute Wintersaison erwarten. Einige Tage vor den Rennen in Kitzbühel wird das auch eine entsprechende Außenwirkung und Werbewirkung entfalten. Darüber sind wir glücklich. (Abg. Leikam: Auch am Mölltaler Gletscher fällt Schnee!)  – Auch am Mölltaler Gletscher, Herr Leikam, wiewohl natürlich ein Gletscherskigebiet, wie Sie wissen, auch in schneearmen Wintern oder gerade in schneearmen Wintern für die betroffenen Regionen und für das Bundesland Kärnten und wahrscheinlich in Zukunft auch für Salzburg von entscheidender Wichtigkeit ist. Wir müssen eben die Sicherheit anbieten, diesen Sport ausüben zu können, auch bei sozusagen widrigen Witterungsbedingungen. Das wird uns helfen, die Auslastung zu verbessern beziehungsweise zu garantieren.

Ich glaube auch, daß der Wintertourismus im Verhältnis zu den Problemen, die wir im Sommer haben, eine untergeordnete Rolle spielt und daß daher wenigstens in jenen Betrieben, die zweisaisonal geführt werden können, die Krisenerscheinungen auch bei weitem nicht so stark sind. Trotz alledem haben wir in den Schwerpunktländern Tirol, Kärnten, Salzburg und Vorarlberg – wenn wir jetzt von Städtetourismus reden, wäre natürlich auch Wien zu nennen, aber da gelten andere Gesetzmäßigkeiten, wie wir wissen – bestenfalls eine kleine Atempause gewonnen beziehungsweise gewinnen durch eine gute Wintersaison oder durch zwei gute Wintersaisonen eine Atempause, und diese sollten wir auch nützen. Ich glaube, hier darüber zu diskutieren und die Feststellungen des Tourismusberichtes aufzugreifen, ist auch ein Gebot der Stunde.

Die regionalpolitische Auswirkung der Krise ist in den genannten vier Bundesländern am stärksten zu spüren, das ist keine Frage. Ich darf aus eigener Erfahrung sprechen, daß das in erster Linie auf die Bauindustrie oder auf die Bauwirtschaft, auch auf die gewerblich strukturierte – vielleicht dort sogar in erster Linie –, auf das Baunebengewerbe und auf die Zulieferer entsprechende Auswirkungen haben wird beziehungsweise bereits hat.

Wir können das sehr gut nachvollziehen. Wir haben – um Ihnen nur eine Vorstellung zu geben – Ende der siebziger Jahre in Kärnten unseren Umsatz im Ausmaß von fast 40 Prozent für die Tourismuswirtschaft erbracht, und heute sind es noch 5 Prozent. (Abg. Haigermoser: Wer ist "wir"?)  – Meine Unternehmung, Herr Haigermoser, und das ist eine maßgebliche, eine renommierte in Kärnten, wie Sie vielleicht wissen. Dadurch können Sie erkennen, daß auch eine Schlüsselindustrie betroffen ist, die aufgrund ihres hohen Multiplikators insgesamt volkswirtschaftlich positive Impulse in diesen tourismusstarken Regionen zu geben in der Lage war.

Der zweite Aspekt betrifft ohne Frage den Aspekt der Beschäftigung. Auch wenn wir uns zehnmal bemühen, über Flexibilisierungen und andere Dinge, die ohnehin nicht einhellig hier in diesem Haus betrachtet werden, diese Krise etwas zu entschärfen, dann ist doch unverkennbar


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und auch unvermeidbar, daß die Beschäftigungsimpulse, die aus der Tourismuswirtschaft kommen, rückläufig sind und daß wir Arbeitskräfte und Arbeitsplätze verlieren.

Das mag nun für Industriepolitiker oder für Gewerkschaften ein weniger gravierendes Problem sein als der Arbeitsplatzverlust in den Kernindustrien, aber für die Betroffenen und für die Regionen ... (Abg. Marizzi schüttelt den Kopf.) – Es freut mich, Herr Marizzi, daß Sie das verneinen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. – Ich würde mir wünschen, Frau Mertel, daß Ihre Fraktion die Krise und die Arbeitsplatzsituation im Tourismus mit ähnlichem Engagement beurteilen würde und sich "einihaut" – wie man so schön sagt –, wie sie das bei Semperit oder in anderen Fällen getan hat. Das, was Sie sagen, und wie Sie handeln – zumindest das, was in der Öffentlichkeit dargestellt wird –, sind zweierlei Paar Schuhe. Ich glaube, die vielen zigtausend Beschäftigten in der Tourismuswirtschaft würden es auch verdienen, wenn man ihnen von dieser Seite her ein bißchen Mut macht. Also es wäre erfreulich, Frau Mertel, wenn Sie diesbezüglich etwas tun könnten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Letztendlich möchte ich noch auf die Auswirkungen auf die Leistungsbilanz zu sprechen kommen, meine Damen und Herren. Ich darf Sie daran erinnern, daß wir im Jahr 1992 einen Leistungsbilanzüberschuß von 72 Milliarden Schilling hatten, und wir alle wissen, daß es 1997 zirka 15 Milliarden Schilling sein werden. – Entschuldigen Sie bitte! Das ist der Überschuß aus dem Reiseverkehr, nicht das Leistungsbilanzdefizit, das ist ja mit Milliarden negativ, also: Aus dem Reiseverkehr konnten wir im Jahr 1992 72 Milliarden Schilling zum Leistungsbilanzüberschuß beitragen, denn damals hatten wir auch einen Überschuß. Heute können wir das Leistungsbilanzdefizit insgesamt nur mehr mit 15 Milliarden Schilling aus der Tourismuswirtschaft mildern, und das, Herr Bundesminister – das wissen Sie und die Damen und Herren der Nationalbank –, ist auf Dauer ein Alarmzeichen, wiewohl wir natürlich in unserer Debatte andere Prioritäten haben. Aber Sie wissen, daß wir uns auch dieser Sache annehmen müssen.

Ich glaube darüber hinaus, meine Damen und Herren, die volkswirtschaftliche Bedeutung – Kollege Helmut Peter macht das natürlich mit viel mehr Engagement, mit mehr Herzblut, das fehlt mir vielleicht, aber trotz alledem ist auch mir als Wirtschaftstreibendem und auch als Betroffenem die Tourismuswirtschaft wichtig, denn ich würde ja gern einige Hotels bauen, wir würden das gerne positiv sehen – und der Hinweis des Kollegen Peter auf den Multiplikator der Tourismuswirtschaft sind immer wieder zu wiederholen. Wir haben 25 Prozent für die Beherbergung, 25 Prozent für die Verpflegung, und die verbleibenden 50 Prozent gehen nicht in die unmittelbare Branche Tourismus. Dieser Multiplikator sollte sozusagen auch denjenigen, die mit dem Tourismus nichts am Hut haben und die kein Interesse am Tourismus haben, zu denken geben, weil es ist da wirklich eine Schlüsselindustrie beziehungsweise ein Wirtschaftszweig mit einer Schlüsselfunktion betroffen. Und wenn es uns nicht gelingt, der Krise Herr zu werden, wären die Auswirkungen entsprechend dramatisch.

Herr Bundesminister! Es stellt sich immer noch die Frage: Wie können wir vom Bund, von den Ländern her einen Beitrag leisten, um diese Krise zu meistern? – Frau Rossmann hat gesagt: Ich gehöre zu jenen, die dafür eintreten, daß wir weiterkämpfen! Dazu muß ich sagen: Ich wäre grundsätzlich auch der Meinung, man soll nicht "w.o." geben, sondern man soll kämpfen. Aber wenn wir uns zum Kämpfen entschließen und wenn wir den betroffenen Familien, den vielen Tausenden – in Kärnten kenne ich einige Dutzend davon, die unmittelbar betroffen sind – den Rat und den Mut geben wollen, zu kämpfen, dann müssen wir ihnen auch Waffen in die Hand geben und ihnen auch sagen, daß dieser Kampf nicht nur eine Plage ist und letztendlich das Resultat nicht verbessert werden kann.

Daher ist die Einschätzung, so nüchtern und so unerfreulich sie ist, daß ein Drittel der Betriebe gesund, konkurrenzfähig und lebensfähig ist, wir sie daher nicht weiter betrachten müssen, da sie die eigene Kraft haben und diese auch nützen werden, ein Drittel wird es mit einiger Unterstützung schaffen, aber ein weiteres Drittel ist nicht mehr sanierbar.

Meine Damen und Herren! Ich habe einige einschlägige Bilanzen studiert, Cash-flow-Rechnungen aufgestellt und muß Sie einfach fragen: Wie wollen Sie das bewerkstelligen, wenn Sie heute einen Tourismusbetrieb mit einem Investitionsbedarf haben, der zweimal so hoch ist wie


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der Buchwert, wenn das Eigenkapital Null ist, wenn die Rendite-Erwartungen bei einem halben Prozent, einem dreiviertel Prozent oder 1,25 Prozent liegen? – Das ist nicht machbar. Und den Menschen, den Betroffenen von diesem Pult aus das Signal zu geben, zu sagen, es gibt eine Hoffnung, es gibt eine Chance – entgegen betriebswirtschaftlichen Regeln! –, das ist nicht meine Sache, und das möchte ich daher auch nicht tun.

Aber was wir tun können, meine Damen und Herren, ist zur Kenntnis zu nehmen, daß wir Ausstiegshilfen und Ausstiegsmöglichkeiten schaffen müssen, und das geht nun einmal ausschließlich über die Bundesseite. Es sei denn, Sie wollen zuschauen, wie diese Insolvenzwelle weiterhin rollt. Wir haben ja ein schönes Gesetz beschlossen, wie Sie wissen; ich weiß jetzt nicht mehr, wie der genaue Titel lautet, der Herr Professor Van der Bellen könnte mir vielleicht helfen. (Abg. Dr.  Graf: Das Reorganisationsgesetz!)  Reorganisationsgesetz, ich danke für die Nachhilfe. (Abg. Dr. Graf: Noch kein einziger Fall!) Na ja, es kommt darauf an, wie Sie es auslegen. Wenn Sie das Reorganisationsgesetz so leben wollen, wie wir es beschlossen haben, dann müßten schon Hunderte Fälle anhängig sein.

Tatsache ist, daß wir wieder einmal – und wir haben das ja auch von diesem Pult aus ausreichend gegeißelt – ein Gesetz beschlossen haben, das eben augenzwinkernd vorerst einmal nicht befolgt wird. Da aber in diesem Gesetz, wie wir uns erinnern, für die verantwortlichen Geschäftsführer Sanktionen vorgesehen sind, wird es, fürchte ich, einmal ein herbes Erwachen geben, und das ist unerfreulich und auch nicht wünschenswert.

Wir haben auch vorgeschlagen und haben das ja damals schon gesagt – Herr Bundesminister, ich würde mich freuen, wenn Sie als Verbündeter gewonnen werden könnten –, daß wir uns, wenn wir schon ein Reorganisationsgesetz beschließen, auf der anderen Seite auch zumindest der Frage der Eigenkapitalausstattung – bei der Tourismuswirtschaft ist das eine wesentliche Frage – und der stillen Reserven widmen müssen. Es ist undenkbar, bezüglich der stillen Reserven in den Tourismusbetrieben – auch bei den gesunden und auch bei jenen, die eine Chance haben zu überleben, also bei diesen ersten zwei Dritteln – keine Vorkehrungen zu treffen, wenn wir nicht eine Flut solcher Anträge oder Verfahren haben wollen. Ob das nun Euro-Eröffnungsbilanzgesetz heißt oder ob das eine andere Maßnahme ist, das sei dahingestellt. Wir sind zu jeder Schandtat bereit, meine Damen und Herren, aber wir sollten es auf jeden Fall ernst nehmen und nicht augenzwinkernd sagen: Na ja, er hat zwar nicht die Formalerfordernisse, eigentlich müßte er anmelden, aber das ist ohnehin egal, denn er hat noch stille Reserven. – Das wäre nicht so, wie wir es hier beschlossen haben.

Ich glaube daher, Herr Bundesminister, daß auf drei Ebenen etwas zu geschehen hat: Ich meine, die Gemeinden müssen aufgefordert werden, sich bei der Flächenwidmung etwas zu überlegen, um den Ausstieg für betroffene Betriebe zu erleichtern. Das kann über Flächenwidmung verhindert, unmöglich gemacht werden, und ich kenne viele Fälle in Kärnten, wo das tatsächlich der Fall ist.

Ich glaube, daß die Länder noch einmal darüber nachdenken sollten, wo sie ihre Wohnbauförderungsmittel lokalisieren. Ich meine, es wäre angebracht – und ich habe das in Kärnten schon mehrfach gefordert –, daß die Länder darüber nachdenken, für einen bestimmten Zeitraum einen bestimmten Prozentsatz der ihnen für die Wohnbauförderung zur Verfügung stehenden Mittel zur Sanierung der Tourismusbetriebe einzusetzen und damit ebenfalls für die betroffenen Eigentümerfamilien einen Ausstieg zu erleichtern.

Letztendlich, Herr Bundesminister, sollten Sie mit Ihrem Kollegen Edlinger doch darüber reden, daß es nicht sinnvoll ist, von einem Betrieb eine fiktive Steuerleistung – Veräußerungserlöse oder ähnliches – zu verlangen, der sie nicht erbringen kann. Dadurch wird eine Sanierung aus diesem Aspekt, von diesem Blickwinkel her unmöglich gemacht. Ich glaube ... (Abg. Böhacker: Das sagen Sie jetzt nur, weil sich die Einkommensart ändert!)  – Richtig, weil sich die Einkommensart ändert, aus Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung. Diese Betrachtungsweise ist einfach weltfremd, und ich sehe eigentlich nicht ein, warum wir nicht rasch und verhältnismäßig einhellig eine solche Neuregelung erreichen könnten.


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Herr Kollege Puttinger! Ich schätze Sie – zumindest als Tourismusfachmann; auch in anderer Hinsicht, auch wenn Sie mir das nicht glauben wollen. Ich bestätige Ihnen, daß ich Sie als Tourismusfachmann schätze. Sie kommen hier herunter und geben gute Ratschläge. Dazu muß ich sagen: Ja, Herr Puttinger, Sie haben recht, den Erlebnisurlaub brauchen wir, die Auslandsmärkte müssen wir gemeinsam bearbeiten et cetera. Aber glauben Sie mir, Herr Kollege Puttinger: Sie und Ihre Kollege, die in der Tourismuswirtschaft erfolgreiche Unternehmer sind, wissen das, Sie wissen, was zu tun ist, und setzen es auch um. Aber es ist bedauerlicherweise nur dieses eine Drittel der Betriebe, das diese Gebote aus eigener Kraft umsetzen kann. Die beiden anderen Drittel, Herr Puttinger, haben diese Kraft nicht – das wissen Sie.

Wenn Sie sagen – Ihre Worte! –, daß wir eine aktive, positive Gestaltung des Wirtschaftszweiges brauchen und daß Optimismus angesagt ist, dann muß ich sagen: Herr Puttinger! Das erinnert mich an den damaligen Finanzminister Klima, er hat nämlich gesagt: Ich möchte optimistische Unternehmer um mich haben! – Das kann man ja nicht verordnen. (Abg. Schwemlein: Aber wünschen!) Herr Schwemlein! Man kann nicht sagen: Seid optimistisch, und es ist alles gut!

Wir müssen realistisch sein, Herr Puttinger. Und gerade Sie von der Regierungsfraktion haben natürlich ... (Abg. Dr. Puttinger: Ein Glas Wasser kann halb voll und halb leer sein!)  – Ich weiß, Herr Puttinger. Aber ich wende mich heute ja ausnehmend moderat, wie Sie feststellen, direkt an Sie und möchte auf Ihre Ausführungen replizieren und sagen, was meiner Meinung nach nicht logisch ist.

Herr Puttinger! Was ist die aktive, positive Gestaltung des Wirtschaftszweiges? Ist es die Bemautung? Ist es die Regelung, die abgelehnt wird, daß man nicht einmal die erste Abfahrt gratis benützen kann? Ist es die Kommunalsteuer? Sind es die Arbeitszeitbedingungen oder andere Dinge?

Es ist einfach unglaubwürdig, wenn Sie, Herr Puttinger, sagen, einer der Ansatzpunkte sei die Entkriminalisierung des Arbeitsrechtes. Sie haben damit recht, aber eine Partei, eine Fraktion, die das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz beschlossen hat, so wie Ihre Partei das gemacht hat, darf das hier nicht sagen, ohne heftigen Widerspruch von den Liberalen hervorzurufen. Das ist keine glaubwürdige Politik! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Böhacker. )

Auch wir sind der Meinung, daß es ein Bündel von Maßnahmen geben könnte. Gleichzeitig wissen wir aber, Herr Bundesminister, daß wir nicht hergehen und sagen können, daß es 30 Milliarden Schilling, 50 Milliarden Schilling oder 100 Milliarden Schilling ausmachen soll; so realistisch sind wir. Wir glauben aber, daß es ein Bündel geben kann, das wenig oder nicht viel Geld kostet, das aber vielleicht etwas anderes kostet, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nämlich Kraft, die Scheuklappen abzulegen, alte Ideologien über Bord zu werfen und das zu tun, was die Tourismuswirtschaft von uns mit Recht fordert, nämlich im Rahmen des Möglichen die Existenzchancen der im Tourismus Beschäftigten zu verbessern und/oder ihnen zumindest einen ehrenvollen Ausstieg zu garantieren. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

14.03

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister feststellen zu können, daß es nicht gerade angenehm ist, daß wir im Jänner 1998 den Tourismusbericht 1996 diskutieren. Ich meine, daß auch wir hier im Parlament uns müssen bemühen (Abg. Dr. Graf: Dafür ist der Gesundheitsbericht 1994 noch immer nicht da!), solche Berichte sehr rasch nach deren Einlangen auf die Tagesordnung zu stellen, um eine aktuelle Debatte führen zu können.

Ich stimme den Ausführungen des Kollegen Puttinger, der gemeint hat, daß der Bericht eine neue Form aufweist, was sinnvoll sei, zu. Das unterstreiche ich. Er enthält nicht nur mehr


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Statistiken und mehr Informationen, sondern es werden auch Themen angesprochen, es gibt auch konkrete Vorschläge, die man sicher besprechen kann.

Meine Damen und Herren! Die Umsatzentwicklung zeigt – man kann das feststellen, wenn man nicht nur die Zahlen für 1996, sondern auch die neueren für 1997 betrachtet – einen positiven Trend, dies im Gegensatz zu den Nächtigungszahlen. Daraus läßt sich ableiten, daß man kürzer, dafür aber öfter auf Urlaub fährt und daß man das Angebot zielgruppenorientierter, vielfältiger, mit mehr Events und mehr Erlebnissen verbrämt gestalten muß.

Meine Damen und Herren! Anhand des Berichts 1996 ist auch festzustellen – diese Tendenz ist auch für 1997 erkennbar –, daß jene zu den Gewinnern gehören, die die Qualität ihres Betriebes permanent verbessern, steigern. Daher haben die Tourismusbetriebe höherer Kategorien die letzten Jahre auch wesentlich besser überstanden.

Hohes Haus! Für mich war entscheidend, daß im Bericht 1996 anerkannt wird, daß die Strukturprobleme des österreichischen Tourismus nur durch mehr Kooperation gelöst werden können (Abg. Haigermoser: "Nur" nicht!), im besonderen (Abg. Haigermoser: "Im besonderen"!) durch Kooperationen bewältigt werden können, und zwar, wie im Bericht auch steht, durch horizontale, vertikale und diagonale Kooperation. Für mich ist das der Ausdruck dafür, daß es einer umfassenden Kooperation bedarf, einer Kooperation zwischen Betrieben, Gemeinden, Infrastruktureinrichtungen und auch Betrieben, die anderen Branchen angehören.

Damit wurde eine politische Forderung der Sozialdemokraten, nämlich die regionalen Tourismusorganisationen als Drehscheibe dieser Kooperationen zu verstehen, durchgesetzt. Sie haben auch in den Förderrichtlinien Eingang gefunden. Unser Ziel ist es nun, daß es in Österreich 20 bis 30 solcher Regionen, solch regionaler Marken geben soll – diesbezüglich sind wir mit dem Gemeindebund einer Meinung –, über Landes- und Bezirksgrenzen hinweg eine Vernetzung von Betrieben, Institutionen und Infrastruktureinrichtungen. Das soll auch die Zusammenarbeit zwischen den Betroffenen und der Bevölkerung fördern, die Bereitschaft, für den Tourismus etwas zu machen, stärken und den "Bereisten" die Angst nehmen.

Die regionale Tourismusorganisation hat also die Aufgabe, das Produkt zu entwickeln, zu betreuen, zu bewerben und auch zu vermarkten. Das haben die Länder, vor allem aber auch die Österreich Werbung entsprechend zu unterstützen.

Der Anhang dieses Berichtes zeigt uns aber, daß wir noch einen weiten Weg bis dorthin haben, denn etwa allein Tirol hat 253 Verbände und 36 Regionalorganisationen. Man ist allerdings bemüht, das zu ändern. In Niederösterreich gibt es sieben Regionen, aber dahinter stehen noch immer 24 Gebietsverbände. Also in diesem Bereich ist noch einiges zu tun.

Der Bericht zeigt auch, daß unsere Überlegung stimmt, denn jene Bezirke oder Regionen, in denen es eine hohe Kooperationsdichte und eine sehr starke Themenpositionierung gibt, haben auch im Berichtsjahr 1996 besser abgeschnitten als andere.

Herr Bundesminister! Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, an dem es um die Umsetzung geht. Es sollen nun Modellregionen eingeführt werden, und dabei haben Sie unsere Unterstützung.

Meine Damen und Herren! Bei einer TCÖ-Tagung, einer Tagung des Tourismus-Circle-Österreich, bei der wir uns mit neuen Medien und dem Tourismus beschäftigt haben – etwa mit Internet, mit der Frage eines Tourismus- und Wetterkanals, der mittlerweile eingeführt und ein sehr positives Signal ist –, haben wir festgestellt, daß das Internet eine neue Möglichkeit sein kann, Informationen weiterzutragen. Ich erachte es als positiv, daß eine Studie ausweist, daß sich zwei Drittel aller Betriebe schon im Internet präsentieren oder gerade dabei sind, ins Internet zu gehen. Das halte ich durchaus für ein gutes Signal.

Auch die Investitionstätigkeit der Betriebe ist 1997 gestiegen – auch die Planung für 1998 –, man investiert vor allem in Richtung Qualität, und das ist für mich entscheidend.


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Ich möchte bei dieser Gelegenheit schon sehr deutlich anbringen, daß diese Qualitätssteigerung durch Investitionen nicht nachlassen darf und daß wir uns auch um die Qualität der Arbeitsbedingungen und um die Qualität der Ausbildung ganz besonders bemühen müssen, denn Erfolg im Tourismus ist zu einem außerordentlich hohen Anteil dann gegeben, wenn der menschliche Faktor entsprechend funktioniert.

Herr Bundesminister! Noch zu einem zweiten Thema, zur Österreich Werbung. Ich möchte aus mehreren Zeitungen zitieren.

In den "Salzburger Nachrichten" war zu lesen, daß Mitte Jänner 1998 ein Konzept vorliegen wird und ein Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich aus Salzburg gesagt hat, mit einer gewissen Einschulung könne auch das Personal der Außenhandelsstellen viele Aufgaben erledigen, es solle mehr oder weniger zu einer Zusammenführung der Außenhandelsstellen und der Außenstellen der ÖW kommen.

In der Zeitung "tourist austria" sagt der Syndikus Dr. Schimka: Ich stelle mir einen Stufenplan vor, beginnend mit den ehrenamtlichen Zweigstellen, später sollen die hauptamtlichen ÖW-Zweigstellen von den Außenhandelsstellen übernommen werden.

Ich könnte noch einige andere Artikel zitieren. Herr Bundesminister! Bis jetzt haben wir über diese Frage nicht verhandelt, wir haben es auch nirgends besprochen, man hört es nur immer wieder. Ich möchte Sie daher fragen: Was haben Sie in dieser Hinsicht wirklich vor? Wie soll das laufen?

Denkunmöglich ist für uns, Herr Bundesminister, daß es durch eine Kooperation der ÖW mit der Bundeswirtschaftskammer zu einem Subventionsfluß zur Wirtschaftskammer, mit einem Durchlauf durch die ÖW, kommt. Das ist für uns denkunmöglich!

Ich möchte Sie bitten, hinsichtlich der vorgeschlagenen Kooperation einmal ein Konzept vorzulegen, sodaß man dieses besprechen kann. Ich meine, daß Kooperation, also Zusammenarbeit durchaus wichtig ist.

Lassen Sie mich zum Abschluß noch etwas zu den Ausführungen der Kollegin Rossmann bemerken: Frau Kollegin Rossmann! Zuerst möchte ich das, was Sie dem Generaldirektor der ÖW unterstellen, zurückweisen! Sie wissen ganz genau, daß das nicht stimmt, und das ist das Perfide daran.

Herr Lukas, der Vorgänger, hat 160 000 S gehabt, Herr Höferer hat 120 000 S gehabt und dafür eine Erfolgsprämie, und diese Erfolgsprämie hat er dafür erhalten, weil er es zum Beispiel geschafft hat, das Verhältnis von Marketingausgaben und Personalkosten von 45 :  55 umzudrehen (Abg. Rossmann: Das ist ja kein Verdienst, das ist ja selbstverständlich!), und daher steht ihm auch diese Erfolgsprämie zu. (Abg. Leikam: Wieviel hat der Lukas gehabt?) Im Endeffekt verdient er nicht mehr als der Freiheitliche Lukas. Lukas hat 160 000 S gehabt. Was wollen Sie eigentlich von uns? (Weiterer Zwischenruf der Abg. Rossmann. )

Kollegin Rossmann! Sie brauchen sich nicht aufzuregen. Ich verstehe ja, daß Sie unter einem unendlich großen Druck stehen. (Abg. Leikam: Ist das der EU-Abgeordnete Lukas?) Sie stehen ja unter Leistungsdruck, Sie müssen ja Leistung bringen, Ihr Parteihäuptling fordert ja von Ihnen Leistung. Das haben wir ja schon bei einigen anderen Rednern der FPÖ bemerkt, die geglaubt haben, durch besonders lautes Brüllen und Schreien wieder ein Mandat von ihrem Führer zu bekommen, aber das wird ohnehin nicht funktionieren. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Puttinger! Sie haben viele Vorschläge gemacht, nur ganz kurz dazu: Tourismusscheck. Wenn es sich dabei um eine Aktion nach dem Gießkannenprinzip handelt, bei der man 50 000, 60 000, 70 000 so quer über den Gemüsegarten irgend jemandem zuschreibt, dann, muß ich sagen, sind wir nicht damit einverstanden. Wenn es aber eine vernünftige Lösung ist – darüber muß man reden –, dann werden wir uns das genau anschauen.


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Zur Vignette auch etwas: 200 Millionen bis 300 Millionen kostet das – dies geht aus der Studie hervor, die der Minister selbst vorgelegt hat. Der Herr Bundesminister muß wissen, wie er etwa die ASFINAG-Finanzierung sichert, da wir uns ja nach den EU-Maastricht-Kriterien dazu verpflichtet haben, mindestens 50 Prozent der Finanzierungskosten aufzutreiben; das muß er sicherstellen. Bauen will er auch noch einiges, Road-Pricing beim LKW haben wir noch immer nicht. – Die Kirche muß im Dorf bleiben, lieber Freund!

Dem Bericht stimmen wir zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Ing. Langthaler vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.14

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die 5minütige Redezeitbeschränkung ist nicht nur ein Zeichen dafür, daß eine so kleine Fraktion nicht sehr viel Redezeit an einem Tag zur Verfügung hat (Abg. Dr. Haselsteiner: Genug, Frau Langthaler!), sondern auch dafür, daß es aus meiner Sicht weit mehr Sinn machen würde, dieses jährliche Ritual der Besprechung des Tourismusberichtes zu streichen, dafür aber im Ausschuß eine sachbezogene, vernünftige Debatte zu führen, mit einer Enderledigung dieses Berichtes, sodaß wir uns dieses jährliche Ritual hier ersparen. Die Argumente, die ich bisher hier von den einzelnen Fraktionen gehört habe, unterscheiden sich nicht wesentlich von jenen des letzten Jahres. Und ich merke nicht wirklich, daß man auch nur einen Schritt weiterkommt.

Herr Minister! Zum Bericht selbst folgendes: Der Bericht ist, wie eigentlich die meisten Berichte, die uns von der Bundesregierung vorgelegt werden, ordentlich gemacht, obwohl – darin gebe ich dem Abgeordneten Haselsteiner recht – in manchen Bereichen ein bißchen schöngefärbt wurde. Zum Beispiel bei den Insolvenzquoten, die man im Bericht nachlesen kann, aber auch im ganzen Bereich der Eigenkapitalbildung wurde nach wie vor von "gerade noch akzeptablen Größen" gesprochen. Das ist eine für die Regierung wahrscheinlich angenehme Formulierung, aber die Insolvenzquoten im Jahr 1995 allein in dem Bereich, der hier angegeben wurde, sind mit Sicherheit so hoch, daß man zu Recht von einer kritischen Situation im österreichischen Tourismus reden muß, auch wenn die Zahlen für die jetzt laufende Wintersaison 1998 offensichtlich weit besser sind als jene für die Sommersaison 1997.

Man sieht also: Wir diskutieren noch den Bericht von 1996, obwohl wir uns eigentlich schon längst wieder mit ganz anderen Problemen im Bereich des Tourismus beschäftigen sollten. Auch das spricht dafür, daß man eine vernünftige, interdisziplinär geführte Debatte im Ausschuß abhalten sollte.

Herr Bundesminister! Vielleicht schaffen wir es doch, daß wir einmal eine Ausschußsitzung machen, in der dem Tourismus in der Art begegnet wird, von der ich meine, daß sie vernünftig wäre, nämlich interdisziplinär. Man muß versuchen, Bereiche wie zum Beispiel den Verkehr und konkrete Finanzpolitik mitzubehandeln, nicht nur die Frage der Eigenkapitalbildung im Bereich des Tourismus, sondern ebenso die steuerrechtlichen Aspekte, wo der Bund tatsächlich im Bereich des Tourismus etwas machen könnte, während viele andere Bereiche Ländersache und regionale Fragen sind, zum Beispiel wo man Förderungen wirksam einsetzen kann. Da kann der Bund, da können Sie vielleicht gerade noch koordinieren.

Mich würde sehr interessieren, in welcher Form Sie als Bundesminister da die Koordination in den Bundesländern durchgeführt haben, wo die Informationen bei Ihnen zusammenlaufen, wie die Koordination zwischen Ihnen und den Bundesländern und Ihnen und den Regionen funktioniert.

Gerade Fragen wie Verkehrspolitik, Raumordnung, Finanzpolitik, vor allem Steuerrecht wären Fragen, die man in einer Ausschußsitzung weit sachbezogener und interdisziplinär abhandeln sollte. Vielleicht könnte man dann auch etwas ökonomischer mit unserer Zeit hier umgehen.


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Ganz kurz: Die Steuerpolitik halte ich deshalb in diesem Bereich für so wichtig, weil gerade beim Tourismus einmal mehr sichtbar wird, wie notwendig eine Ökologisierung des Steuersystems ist, wie wichtig es wäre, Ressourcen stärker zu besteuern und die Arbeitskraft endlich steuerlich zu entlasten. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Das ist ein Punkt, den die Liberalen und auch die Grünen bei jeder Tourismusdebatte hier wirklich gebetsmühlenartig immer wieder vorbringen. Wir werden aber vertröstet, vertröstet, vertröstet.

Noch ein letzter Punkt, der mir bei den Ausführungen des Abgeordneten Puttinger bewußt geworden ist, ein Bereich, der den Tourismus weit stärker beeinflußt als vieles, was wir hier diskutieren: der Sport und die sportlichen Aktivitäten. Als Sie gesprochen haben, Herr Puttinger – verzeihen Sie mir, seien Sie mir bitte nicht böse und nehmen Sie es nicht persönlich –, habe ich mir gedacht: Ihr Landsmann Hermann Maier macht wahrscheinlich derzeit einiges mehr für den österreichischen Tourismus als die Salzburger Abgeordneten hier bei der Tourimusdebatte. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Haselsteiner. )

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.20

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Langthaler! Es wäre günstig, wenn die Grünen in Salzburg so gut wären wie Hermann Maier. Ihr Bemühen würde uns freuen, wenn es etwas bewirken würde. Wir stellen in letzter Zeit fest, mit Destruktion bewirkt man nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir diskutieren heute den Tourismusbericht 1996, einen Situationsbericht, der die Schwächen und auch Stärken der Tourismusbranche bezogen auf das Jahr 1996 aufzeigt. Wir haben das Jahr 1997 bereits hinter uns, ein Jahr beginnender Konsolidierung, die immer stärker greift. Mein Dank gilt daher allen, die an den gemeinsamen Bemühungen bei der Problemlösung mitgewirkt haben und mitwirken. Jetzt zeigt sich verstärkt Licht am Ende des Tunnels, die Prognosen werden zunehmend besser. Es bedarf jedoch großer Anstrengungen, den Anstieg, der im Kommen ist, auch umzusetzen. Daß er kommt, spüren wir in der Praxis.

Bereits im Sommerhalbjahr 1997 hat es in innovativen Regionen und Gemeinden Zuwächse gegeben, so auch in meiner Gemeinde mit etwa 7,9 Prozent der Nächtigungen, wobei uns bewußt ist, daß die Zahl der Nächtigungen nicht alles aussagt. Angaben über die Bettenauslastung sagen mehr aus.

Wie stellt sich der Tourismusmarkt heute dar? – Das Reiseaufkommen wächst weiter, und zwar bis zum Jahr 2000 um 60 Prozent, sagen uns die Prognosen. 1996 gab es weltweit insgesamt 550 Millionen Auslandsreisen. Das Schlagwort Globalisierung ist weitgehend Realität. Wenn die Währungskurse in Asien fallen und wenn man in Relation zum Schilling die indonesische Rupie setzt – zurzeit 70 Prozent –, so hat das direkte Auswirkungen auf Destinationen in Österreich. Dazu kommt noch die fehlende Besteuerung von Flugbenzin. Wenn man sich vorstellt, daß eine Reise rund um die halbe Welt, also Strecken von über 22 000 Kilometern, heute um weniger als 10 000 S möglich ist, dann sieht man die Konkurrenzsituation, in der sich die österreichische Tourismuswirtschaft befindet. (Abg. Ing. Nußbaumer: Das ist aber umgekehrt auch so!)

Dieser Entwicklung können und müssen wir mit Qualität, aber auch mit Kostenwahrheit begegnen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber nicht zu viel!) Herr Kollege! Eine faire Besteuerung von Flugbenzin ist längst überfällig. Höchst notwendig ist es auch, das Jugendbeschäftigungsgesetz zu novellieren, das auf die Ausbildung und den gestiegenen Konkurrenzdruck Rücksicht nimmt.

Meine geschätzten Kollegen von der SPÖ! Ich richte an Sie die Frage, ob ein Gesetz, das Lehrlingen verbietet, ab 22 Uhr in der Sommerzeit zu arbeiten, obwohl sie dringend benötigt werden, der Sicherung der Arbeitsplätze dienen kann. Will die SPÖ in diesem Bereich keine Arbeitsplätze sichern? Dieses unsinnige Verbot gefährdet Arbeitsplätze und ist sicher kein Anreiz zur Einstellung von Lehrlingen in Tourismusbetrieben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Laut Wifo soll der Tourismus 1998 3 Prozent Umsatzplus erreichen. Die Einnahmen im Jahr 1997 sind um gut 2 Prozent gestiegen. Besonders erfreulich dabei ist für mich, daß die Österreicher Österreich zunehmend als Urlaubsland schätzen. Erfreulicherweise läuft die Konjunktur im Tourismus wieder besser. Experten rechnen auch für die heurige Wintersaison mit einem Plus. Der Trend in Richtung Destinationsmanagement ist unübersehbar. Trends werden immer kurzlebiger. Dies macht ein unverwechselbares eigenständiges Angebot erforderlich. Es gilt mehr denn je, dem Gast ein Optimum an Leistung und ein abgerundetes Gesamtpaket anzubieten. In meinem Bereich ist der Familienurlaub voll im Trend. In diesem Bereich können wir unverwechselbare Erlebnisse anbieten.

Herr Bundesminister! Der vorliegende Bericht ist übersichtlich gestaltet und – soweit es möglich ist – bezogen auf 1996 auch aktuell. Knappe 400 Milliarden Schilling werden für Tourismus und Freizeit in Österreich ausgegeben – bei einem Wertschöpfungsanteil des Gesamtwertes von rund 14 Prozent. 37,2 Prozent davon kommen von Ausländern. Bemerkenswert ist, daß von den über 62 Prozent der touristischen Ausgaben, die von Österreichern getätigt werden, fast 90 Prozent für Konsum am Wohnort und während Tagesausflügen ausgegeben werden. Die Reiseausgaben stiegen 1996 leicht und machten 179,6 Milliarden Schilling aus.

1996 stieg auch die Anzahl der unselbständigen Beschäftigten im Tourismus auf etwa 142 000 Personen an. Die strukturellen Probleme haben jedoch zu einer überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit in diesem Sektor geführt. Daher ist es besonders wichtig, Arbeit zu ermöglichen und nicht zu behindern. (Beifall bei der ÖVP.)

Mobilität und Flexibilität der Arbeitskräfte dürfen daher keine leeren Schlagworte sein, sondern es muß möglich sein, daß ein Kärntner in Salzburg oder ein Oberösterreicher im Burgenland oder in Vorarlberg arbeitet und umgekehrt. Unser Österreich ist ein kleines, aber feines Land. Der EU-Beitritt macht uns zu einer besonderen Binnendestination, und die Bündelung unseres Angebotes soll uns dabei helfen, unser herzeigbares Angebot noch zu verbessern. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei der Österreich Werbung zu. 1996 standen ihr 618 Millionen Schilling zur Verfügung. Erfreulich ist die gelungene Reform, die weniger Fixkosten und mehr Markteinsatz bringt.

Der hohe Anteil an Inlandsreisen – immerhin mehr als 50 Prozent der Österreicher machten mindestens eine Inlandsreise mit Übernachtungen – ist erfreulich. Trotzdem ist es notwendig, dem gut kommunizierten Angebot an billigen Fernreisen die eigene Destination verstärkt entgegenzusetzen und zu bewerben. Wesentlicher Bestandteil unserer Strategie muß dabei sein, an einem Strang zu ziehen. Ortsverbände müssen sich zusammenschließen, ihre Ressourcen bündeln, wie dies beispielsweise wieder im Bereich des Hausruck geschehen ist, wo sieben Gemeinden einen einzigen Verband gegründet haben.

Abschließend kann man festhalten, daß die ernste Situation der vergangenen Jahre durch die Umsetzung wichtiger und vor allem richtiger Reformen verbessert wurde. Diese beginnen jetzt zu greifen. Arbeiten wir weiter gemeinsam an der Förderung unserer Tourismusbetriebe, die Arbeitsplätze sichern und zu unser aller Wohlstand beitragen! Meine Fraktion wird daher dem Tourismusbericht gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Bist du motiviert, Haigermoser?)

14.27

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Khol! Zur Motivation komme ich noch. (Abg. Dr. Khol: Gehörst du zu den Motivierten?) Aber vorweg einmal zu dem Perfidie-Vorwurf des Kollegen Tourismussprecher Parnigoni. "Marie mit Marketing trotz Sparbudgets – eine strittige Traumgage für Herrn Höferer." – Laut "profil".


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Herr Bundesminister! Sie waren mit dieser Geschichte befaßt. (Abg. Dr. Khol: Haigermoser, denkst du? Wenn du denkst, dann liebt dich dein Parteiführer! Wenn du nicht denkst, dann liebt er dich nicht!) Eigentlich müßte der Perfidie-Vorwurf an Sie gerichtet sein, denn ich entnehme den Gazetten, daß Sie beziehungsweise die Mitglieder der Tourismusvereinigungen die Gage von Generaldirektor Michael Höferer kritisieren, der sich trotz akuter Geldknappheit seines Vereines eine saftige Gagenerhöhung genehmigen ließ. Im selben Atemzug – das ist Perfidie, meine Damen und Herren – hat man gesagt, den Sekretärinnen – Höferer hat das eingeräumt – wird wegen des verordneten Sparkurses keine Gehaltserhöhung zugebilligt. Das ist perfid, meine Damen und Herren, daß man den Kleinen das Geld wegnimmt, und die Großen stopfen es in ihren Sack. Das ist Perfidie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nun zum Tourismusbericht. Herr Bundesminister! Wir haben bereits gehört, daß er hinter den Gegebenheiten herhinkt. Es ist aber eine gute Nachricht – ich knüpfe an das Gespräch an, das wir im Ministerium mit allen Fraktionen, ausgenommen dem LIF, welches durch Abwesenheit glänzte, führen konnten –, daß wir zum Klein- und Mittelstandsbericht vereinbart haben, daß dieser in Hinkunft schneller, gestraffter und auch mit Schwerpunktthemen besetzt ins Haus kommt. Das ist eine gute Nachricht. Wir bedanken uns für diese Ihre Bereitschaft, denn das bisherige Ritual – das haben wir festgestellt – ist nicht tauglich, um die Dinge beim Namen zu nennen.

Herr Bundesminister! Faktum ist aber, daß die Eigenkapitalbasis – das ist unisono festgestellt worden – eine Katastrophe ist. Die Folge davon sind sinkende Investitionen. Und damit schließt sich der Kreislauf. Halten wir dazu nur eine Zahl fest: Die sogenannte Entschuldungsdauer ist bei den Vier- bis Fünf-Sterne-Kategorien seit 1992 von 11 auf mehr als 20 Jahre gestiegen. Das ist eine Katastrophe, meine Damen und Herren! Das ist aber nur ein Beispiel aus dem Zahlenmaterial, das Sie uns selbst vorgelegt haben.

Wie lautet die Antwort, Herr Bundesminister? Welche Möglichkeiten bieten Sie nun in Ihrer Gesamtverantwortung für den Tourismus an? Ich möchte da gar nicht auf die nicht gerade segensreiche Tätigkeit der ehemaligen Tourismusstaatssekretärin Fekter Bezug nehmen, die die Idee des Jahrhunderts geboren hat, nämlich beim Eintritt nach Österreich eine Steuer, also Eintrittsgeld zahlen zu müssen.

Ihnen ist es mit der Vignette gelungen, ähnliches zu machen. Es besteht zwar ein Unterschied, meine Damen und Herren, aber es wurde so nach dem Motto "Tausche Vignettenman gegen Ötzi" gemacht. Den einen geben wir nach Südtirol, und den anderen, den Vignettenman, haben Sie jetzt an der Grenze aufgestellt. Herr Bundesminister! Das ist kein Meilenstein. Man sollte in der Politik – das hat mir einmal ein gescheiter Mensch gesagt – nicht nur Staub aufwirbeln, sondern hin und wieder auch Spuren hinterlassen, aber nicht solche wie Sie in diesem Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Kompetenzdschungel ist sprichwörtlich in diesem Bereich. Jeder redet sich auf den anderen aus. Die Länder sind schuld. Der Bundesminister sagt: Ich kann nichts machen, ich bin sowieso der Pontius Pilatus und der Unschuldsengel vom Lande, mir sind die Hände gebunden. Verwirklichen Sie endlich einmal die Bundesstaatsreform oder zumindest eine Tourismusreform, Herr Bundesminister! Beginnen Sie gleich damit!

Wo ist denn Ihre Stimme auf dem Felde der Entbürokratisierung? Wo ist Ihre laute Stimme, die drängende Stimme, etwas zu verbessern? Oder hören Sie nur mehr auf die Regierungsministranten in den Bänken der "Einheitspartei SPÖ und ÖVP", die hier den Weihrauchkessel schwingen und sagen: Es ist alles paletti, meine Damen und Herren?! Kollege Puttinger! Kollege Stummvoll! (Abg. Dr. Puttinger: Einheitspartei! So schlimm!) Fordern, fordern, fordern, haben Sie gesagt. Ich wünsche dir viel Glück, Kollege Puttinger! (Abg. Dr. Trinkl: Neues Vokabel!)

Die Wirtschaftskammer hat 5 000 Betriebe befragt. Was fordern diese? (Abg. Böhacker: Die Betriebe!) – Die Betriebe wünschen sich von der Wirtschaftskammer, von dir als Abgeordnetem, von Stummvoll, daß ihr mithelft, die Lohnnebenkosten zu senken. (Abg. Dr. Puttinger: Mit dem Lösungsvorschlag!) 94 Prozent sagen das. Ihr sollt mithelfen, die Bürokratie abzubauen. Es soll


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die Getränkesteuer abgeschafft werden, dafür sind ebenfalls 94 Prozent. Was tut ihr, meine Damen und Herren? – Umfallen! Das ist das einzige. Unsere Broschüre wird noch einige Seiten mehr brauchen, um eure Umfaller zu dokumentieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Ich wünsche euch wirklich viel Glück. (Abg. Dr. Trinkl: Es geht euch schon schlecht, gell?) Kollege Trinkl! Bei der nächsten Versammlung der 5 000 Wirte können gar nicht so viele nasse Fetzen in den Saal geschleppt werden, die gebraucht werden, um euch hinauszujagen. Meine Damen und Herren! Die vielen nassen Fetzen werden nicht von uns, sondern von euren Zwangsmitgliedern gebraucht, deren Wünsche ihr nicht erfüllt. Ihr predigt zwar bei den Sonntagsreden Wein, aber fallt hier im Parlament um. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wer ein Arbeitnehmerschutzgesetz als Feigenblatt für eine versagende sozialistische Gesundheitspolitik mitträgt, der hat jedes Anrecht verloren, dem Bürger zu sagen, er würde für einen Bürokratieabbau eintreten.

Jetzt komme ich noch zur Motivation, die heute angesprochen wurde. Wo ist jetzt Herr Klubobmann A. Khol? A. Khol, wo ist er? – Wahrscheinlich wird er mit G. Stummvoll konferieren, um mit der Wirtschaft wieder Frieden zu schließen, meine Damen und Herren!

Ich sage euch eines: Selbst wenn ich nie motiviert gewesen wäre, die heutige Debatte, die heutigen Debattenbeiträge der sozialistischen Einheitskoalition hätten mich motiviert. Ich bin so motiviert wie noch nie, das Herzblut pocht in mir, wenn ich daran denke, die Botschaft vom Versagen dieser sozialistischen Koalitionsregierung unter die Leute bringen zu können, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihr werdet euch schon am Sonntag in Graz wundern, ihr werdet euer blaues Wunder erleben, meine Damen und Herren! (Abg. Tichy-Schreder: Aufpassen!) Euer blaues Wunder werdet ihr erleben! Viel Glück auf diesem Felde. (Abg. Dr. Trinkl: Ihr wartet auf ein blaues Wunder!)

Herr Bundesminister! Zum Strompreis. Die Bundesregierung hat auch die Verpflichtung, sich neben der Zurverfügungstellung von niedrigeren Strompreisen über die Industrie Gedanken zu machen. Sie als Energieminister sind zuvorderst gefordert, der klein- und mittelständischen Industrie deutlich gesunkene Strompreise zur Verfügung zu stellen. Herr Bundesminister! (Abg. Dr. Trinkl: Stimmt es, daß Haider heute einen Posten sucht?) Das ist zuvorderst einmal ein Ersuchen.

Wir sind neugierig, ob Sie dem nachkommen werden und ob Sie bereit sind, auch Ihr ganzes Gewicht als Bundesminister auf die Schienen zu werfen, um eine Stromlösung zustande zu bringen, welche nicht den Ausverkauf ins Ausland bedeutet, sondern bewirkt, daß der gewerblichen Wirtschaft, dem Tourismus Energiepreise zur Verfügung gestellt werden, damit sie im härter gewordenen Markt überleben können, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Du bist einer der wenigen, der motiviert ist!)

Das sind Forderungen, die neben vielen anderen im Raume stehen. Um die Motivation der Freiheitlichen Partei braucht ihr euch überhaupt keine Sorgen zu machen. Wir haben nämlich einen Parteiobmann, der zum Unterschied von euch bei jedem Frühstück erscheinen kann, weil er nicht in solche Fettnäpfe tritt wie Herr Schüssel in Amsterdam mit seinem Ausspruch "Die richtige Sau". Diesen Ausspruch weisen wir auch von diesem Pult aus aufs entschiedenste zurück, weil damit das Ansehen der Republik aufs schwerste geschädigt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.35

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme mit Kollegen Haigermoser und anderen hinsichtlich der Aktualität überein. Diesbezüglich sind wir


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jetzt schon ein bißchen besser geworden. Ich hoffe, der Klein- und Mittelstandsbericht wird noch aktueller sein. Ich möchte daher, obwohl wir den Bericht 1996 diskutieren, schon mit Zahlen aus dem Jahr 1997 arbeiten, weil sich außer geringfügigen Unterschieden die Tendenz nicht wesentlich geändert hat.

Die jüngsten Zahlen vom Nationalbankbericht Jänner 1998 über das Jahr 1997 zeigen, daß wir wiederum mit einem Rückgang der Einnahmen beim Tourismus rechnen müssen. Im Zeitraum Jänner bis November hat sich der Überschuß aus der Reiseverkehrsbilanz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4 Milliarden Schilling reduziert. Selbstverständlich nimmt dadurch auch die traditionell entlastende Wirkung der Reiseverkehrsbilanz auf die Leistungsbilanz ab. Ich werde später, weil es Kollege Haselsteiner angeschnitten hat, auf das Thema Leistungsbilanz zu sprechen kommen. Die Einnahmen im Tourismus sind zwar um 3 Prozent leicht gestiegen, auf der anderen Seite haben aber die Ausgaben – Kollege Ellmauer hat darauf hingewiesen – wieder um 7 Prozent zugenommen.

Österreich ist ein klassisches Fremdenverkehrsland, das wissen wir, und die Bedeutung des Fremdenverkehrs für Österreich wird im Rahmen der EU besonders deutlich. Die Einnahmen von Gästen aus den EU-Ländern haben im Jahr 1996 114 Milliarden Schilling ausgemacht. Dieser Betrag stellt immerhin beachtliche 29 Prozent der Gesamteinnahmen aus dem Warenverkehr mit der Europäischen Union dar. Ebenso wie andere klassische Urlaubsländer haben wir natürlich mit der internationalen Entwicklung zu rechnen. Daher glaube ich, daß es nicht sinnvoll ist, darüber zu jammern. Das ist eine Entwicklung, der wir nur innerösterreichisch entgegenwirken können.

Was können wir aber unserer Auffassung nach primär tun? Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Statistik ansehen, so muß uns eines auffallen: Von 1992 bis 1997 zeigt sich durchgehend, daß die Auslastung in den Kategorien der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels in etwa gleichgeblieben ist. Bei der Drei-Sterne-Kategorie hat sie sich geringfügig verschlechtert, dramatisch verschlechtert hat sich die Auslastung bei den Ein- und Zwei-Stern-Betrieben.

Was heißt das? – Hier ist sicherlich die Kritik vom Kollegen Haselsteiner nicht unberechtigt, Herr Minister, wenn er sagt, die betriebswirtschaftliche Sicht wird ein bißchen außer acht gelassen. Auch das muß man sich anschauen. Welche Ursachen hat es? – Es kann nicht nur sein, daß der Städtetourismus den Vier- und Fünf-Stern-Hotels zugute kommt. Ich bin der Auffassung, daß das im Bereich des qualitativen Anbots zu liegen hat, ob das jetzt Einrichtungen der Infrastruktur sind, ob das die dort Tätigen sind – daher ist bessere Ausbildung angesagt –, ob das Fragen des Angebots, Schlagwort Event und so weiter, sind.

All das sind Dinge, die man untersuchen muß, wenn wir hier ernsthaft auf der Betriebswirtschaftsseite Angebote offerieren wollen. Dann kann man sich überlegen, ob das außer Diskussion ist. Das müssen wir tun, wir müssen danach trachten, daß die Eigenkapitalsituation der Betriebe verbessert wird. Das ist ein Muß. Bei der nächsten Steuerreform hat das zu geschehen. Alles andere, das Herumgejammere, das Fordern bringt tatsächlich nichts.

Meine Damen und Herren! Produktivitätssteigerung heißt letztlich auch Qualität. Und in diesem Zusammenhang möchte ich nur auf ein Beispiel hinweisen, welches zeigt, daß nicht alles im Trend gleich liegt, nämlich auf das Wiener Beispiel: Im Tourismus in Wien gab es 1997 – man höre und staune – um 19 300 Arbeitsplätze mehr als 1982. Diese Beschäftigungsdynamik spiegelt den starken Aufschwung des Städtetourismus sowie die Entwicklung der Freizeitgesellschaft wider. Um 137,4 Prozent ist die Mitarbeiterzahl gestiegen. Das heißt, daß wir nicht generell sagen können, daß der Tourismus negative Auswirkungen hat, daß er beschäftigungspolitisch keine Konsequenzen hat.

Wien ist ein Musterbeispiel dafür, aber es gibt noch einige andere punktuelle Situationen, anhand derer wir sehen, wo der Hebel anzusetzen und auch etwas zu bewirken ist.

Die Ausbildung habe ich angesprochen. Da ist einiges im Gange. Das Thema der Realisierung der Fachhochschulen ist bekannt. Ich bin überzeugt davon, daß sich das kurzfristig auf die Beschäftigungssituation auswirken wird.


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Meine Damen und Herren! Ein Thema möchte ich noch kurz anschneiden, nämlich die Schattenwirtschaft. Ich habe jüngste Daten hier. Letzte Erhebungen der Kepler-Universität zeigen, daß im Jahr 1997 neuerlich mit einer Steigerung auf schätzungsweise 220 Milliarden Schilling zu rechnen ist. Was bedeutet das? – Ich möchte das nur anhand von zwei Positionen erläutern, meine Damen und Herren. An Mehrwertsteuer entgehen dem Budget auf diese Art 44 Milliarden Schilling, an Sozialversicherungsbeiträgen 18 Milliarden Schilling. Ich lasse alles andere weg, allein diese beiden Positionen zeigen, welches Potential hier gegeben ist und daß wir ohne Zweifel noch viel rigider und viel rigoroser vorgehen müssen.

Zur Leistungsbilanz noch zwei Sätze: Grundsätzlich teile ich die Sorge des Kollegen Haselsteiner, aber man muß es ein bißchen deutlicher sehen. Wenn die Hauptursache für unser Leistungsbilanzdefizit eine strukturelle Ursache wäre, dann, so würde ich sagen, müßten alle Alarmglocken läuten. Tatsächlich ist es aber so, daß nicht nur die Änderungen in der Reiseverkehrsbilanz eine große Rollen spielen. Wir hatten in den letzten zwei Jahren mit den Kosten der Einmalzahlung im Zuge des EU-Beitritts zu rechnen, und auf der anderen Seite ist sehr positiv – wir haben es heute vormittag schon gehört – die phantastische Entwicklung auf dem Exportsektor. Wenn wir da einen Zusammenhang herstellen können, dann bin ich überzeugt davon, daß die Leistungsbilanz innerhalb einiger Jahre wieder in den Griff zu bekommen ist.

Insgesamt rede ich nicht von Krise, ich glaube aber, wir haben mit Sorge zu beobachten, wie die Entwicklung weitergeht. Auch wenn sich derzeit eine positive Entwicklung zeigt, sollten wir insgesamt den Qualitätstourismus und einige betriebswirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund unserer Politik stellen, denn dann wird sich innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre die Situation wieder einpendeln. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Sie sprechen vom Platz aus. – Bitte.

14.42

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe seit über einer Stunde der Diskussion über den Tourismusbericht zugehört, und ich merke, daß die Debatte um diesen Bericht an den Interessen der Touristen völlig vorbeigeht. Wir brauchen nicht zu jammern und zu sagen, der Tourismus sinke, es kämen immer weniger Leute zu uns, die Österreicher fahren ins Ausland und wir hätten die Katastrophe, weil wir die Touristen nicht mehr haben.

Herr Minister! Diese Situation ist hausgemacht, denn es ist heute für eine fünf- oder sechsköpfige Familie nicht mehr leistbar, in Österreich Urlaub zu machen. Es ist finanziell nicht machbar. Es ist einfach billiger, wenn ich mich heute in den Zug oder ins Flugzeug setze und ins Ausland fahre. Dort bekomme ich für mein Geld das Doppelte von dem, was in Österreich angeboten wird.

Herr Minister! Sie haben völlig verkannt, daß es in Österreich sehr viele Menschen gibt, die gerne in Österreich Urlaub machen möchten, nur gibt es ganz einfach das Angebot nicht. Sie haben vergessen, daß es in Österreich die Situation gibt, daß immer mehr Menschen früher in Pension gehen, daß immer mehr Menschen älter werden, daß immer mehr Menschen behindert sind, und diese Gruppen können meistens nicht mehr im Ausland Urlaub machen, weil sie es körperlich nicht schaffen. Sie würden sehr gerne ihren Urlaub in Österreich verbringen, wenn nur das Angebot stimmen würde.

Es ist nicht möglich, daß man als Dialysepatient in Österreich irgendwo hinfährt und Urlaub macht, weil es keine Möglichkeit gibt, daß man auch im Urlaubsort die Dialyse bekommt.

In Österreich ist es ein Spießrutenlauf, wenn man als Rollstuhlfahrerin oder Rollstuhlfahrer irgendwo auf Urlaub fahren will. Es gibt keine Möglichkeit der Übernachtung, und noch weniger gibt es eine Möglichkeit des Transfers vom Bahnhof zum Hotel oder in die nächstgelegene Stadt. Solange Sie nicht bereit sind, die Kooperation und die Koordination dahin gehend auszu


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dehnen und zu bewirken, daß sowohl der öffentliche Personennahverkehr als auch das Angebot der Hoteliers im Einklang stehen, so lange werden Sie diese Zielgruppen auch nicht erreichen.

Es wurde heute schon mehrmals gesagt, wir müssen versuchen, daß wir die inländischen Touristen in Österreich halten. Wir müssen versuchen, dem Tourismus unter die Arme zu greifen. Herr Minister! Wir müssen versuchen, den Touristen unter die Arme zu greifen, um ihnen einen Urlaub in Österreich möglich zu machen. Es ist unmöglich, heute irgendwo hinzufahren, wenn man für eine Flasche Mineralwasser 120 S in der Gastronomie bezahlt oder wenn man für die Kühltasche am Badeplatz bereits 30 bis 50 S Eintritt bezahlen muß. Da hört sich der Tourismus in Österreich auf! Das will und kann sich ganz einfach niemand leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Es kommt noch eines dazu: Sie sprechen vom Tourismus. Wir haben derzeit einen guten Wintertourismus, und ich glaube, auch unsere Sportler in der Disziplin der Abfahrt werden die Zahlen im Tourismus noch steigern. Aber eines dürfen Sie nicht vergessen: Sie dürfen nicht im Interesse des Tourismus unsere Landschaft und unsere Ökologie aufs Spiel setzen. Was bringt es schon, wenn zum Beispiel im Bereich des Attersees mit Schneekanonen die Skiplätze mit Eis und Schnee befüllt werden und dann im Sommer die Vegetation kaputt ist, sodaß nicht einmal mehr die Möglichkeit besteht, dort spazierenzugehen?

Ich glaube, wir müssen in Österreich den Weg eines sanften Tourismus gehen, und wir müssen bereit sein, ein zielgruppenorientiertes Tourismusangebot zu erstellen. Nur wenn das gelingt, besteht auch die Möglichkeit, daß Herr und Frau Österreicher nicht mehr einen Billigurlaub im Ausland machen, sondern in Österreich zu leistbaren Preisen Erholung finden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer weiteren Wortmeldung ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.47

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Minister! Herr Präsident! Es wurde heute schon sehr viel über den Tourismus gesagt, und die Ausführungen waren von allen – mit wenigen Ausnahmen – sehr moderat. Das zeigt natürlich, daß es im Tourismusbereich wieder aufwärtsgeht.

Ich befinde mich in guter Gesellschaft mit dem Herrn Minister, der gemeint hat, wir befinden uns an einem Wendepunkt im Tourismusbereich. Es spielen sehr viele Faktoren mit. Tatsache ist, daß die Globalisierung des Tourismus voranschreitet, daß angesichts einer weltweit gut organisierten Destination auch wir unser Anforderungsprofil regional dementsprechend verschärfen müssen. Dennoch möchte ich feststellen, daß Österreich zu den tourismusintensivsten Ländern zählt, und Österreich wird diesen Status auch in Zukunft beibehalten. Dessen bin ich mir sicher.

Es stellt sich aber die Frage: Nach welchen Kriterien messe ich den Tourismus – Nächtigungen, Ankünfte, Kaufkraft, Umsatz? – Wenn ich mir diese Kriterien anschaue, dann ist meiner Meinung nach immer noch der Umsatz ein sehr aussagekräftiges Kriterium. Diesbezüglich haben wir gegenüber 1995 sehr wohl eine Steigerung zu vermerken. Das muß auch einmal gesagt werden.

Ich bin nicht der Meinung der Frau Kollegin Haidlmayr, die ausführte, die Einbrüche seien hausgemacht. Das stimmt sicher nicht. Es waren sehr viele Faktoren maßgebend: die Ostöffnung, die deutsche Wiedervereinigung, natürlich auch die Überbewertung der Lira damals. – Dennoch, so glaube ich, müssen wir hart an uns arbeiten, nicht krankjammern, sondern die Defizite beseitigen und die Rahmenbedingungen setzen.

Unter Rahmenbedingungen verstehe ich nicht nur die steuerliche Seite, sondern auch jene vom Angebot her, im kulturellen Bereich, in der Unterhaltung. Es ist kein Zufall, daß gerade im Städtetourismus einige positive Punkte zu vermerken sind, weil es ein kompaktes Angebot gibt.


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Eines lassen Sie mich als kleinen Bürgermeister sagen: Was wir brauchen, ist der Zusammenschluß zu kompakten Tourismusregionen. Das kann nicht verordnet werden, das kann ein Minister nicht verordnen, sondern das muß von unten geschehen, und da sind auch die Bürgermeister gefordert. (Beifall bei der ÖVP.)

Das beweist auch die Studie über den Stellenwert und die Zukunft regionaler Tourismusorganisationen. Das beste Beispiel, Herr Minister, ist das Burgenland, die Neusiedler-See-Region. Da haben wir es zustande gebracht – das ging nicht mit Verordnung, sondern nur aufgrund vieler kleiner Gespräche –, daß wir uns rund um den Neusiedler See zu einer Tourismusregion, zu einer GesmbH zusammengetan haben. Wir versuchen damit, gemeinsam aufzutreten. Ich glaube, das muß man auch hier an dieser Stelle sehr bewußt sagen: Gefordert sind wir alle, nicht nur der Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb ist es auch richtig, Herr Minister, daß Sie versuchen, nicht die Bettenkapazität in hochentwickelten touristischen Regionen noch zu erweitern, sondern qualitative Maßstäbe einzuführen – weg von den Zwei-Stern-Kategorien hin zu Drei- und Vier-Stern-Kategorien.

Ich glaube in Summe: Die Ansätze sind richtig, wir sollten den Bundesminister dabei unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Blünegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.51

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordnete! Der Abstieg des heimischen Tourismus von 1995 auf 1996 läßt sich in diesem Bericht eigentlich schon an der Form dokumentieren. Der Bericht 1995 war noch eine Jubelbroschüre mit 111 Seiten über den Tourismus. Heuer diskutieren wir über den Bericht 1996, der nur 78 Seiten hat. Das spiegelt eigentlich den Zustand im heutigen Tourismus und in der Freizeitwirtschaft wider. (Abg. Dr. Puttinger: Das ist ja mit Ihnen vereinbart!)

Eine nochmalige – Kollege Puttinger, ich komme noch auf Ihre Ausführungen zu sprechen – Jubelbroschüre brauchen wir wirklich nicht, denn der Ernst der Lage des heimischen Tourismus ist vorgezeichnet. Dieser Wirtschaftszweig leidet durch die schlechte Basis, die geboten wird, und zwar hauptsächlich durch die Bundesregierung oder, wie man so schön sagt, durch die "SPÖ/ÖVP-Einheitspartei". (Ruf bei der ÖVP: Ein neues Vokabel!)

Kollege Steindl hat geglaubt, man könne über diesen Bericht nur mit Jubel sprechen, man kann aber aus diesem Bericht auch herauslesen, daß einiges noch zu verwirklichen ist. Es ist darin enthalten – da gebe ich dem Herrn Bundesminister völlig recht, wenn er das in dieser Broschüre feststellt –, daß die Kapitalausstattung der Betriebe katastrophal ist. Das läßt sich aus Seite 16 dieses Berichtes herauslesen. Ebenso steht darin, daß die wirtschaftliche Lage der Hotellerie sehr gefährdet ist, weil kein Eigenkapital vorhanden ist. Genauso ist es eine langjährige Forderung von uns Freiheitlichen, die Eigenkapitalausstattung zu fördern. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Herr Bundesminister! Sie haben völlig recht damit, daß das herrschende Steuersystem den Tourismus stark benachteiligt. Sie haben auf Seite 21 dieses Berichtes genau aufgelistet, woran es krankt. Ich möchte das eine oder andere zitieren.

Das herrschende Steuersystem benachteiligt die im Tourismus stark vertretenen Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Darüber hinaus unterbinden Kostendruck und Auslastungsprobleme eine mögliche Kapitalbildung. – Mit solchen Sätzen können wir Freiheitlichen uns anfreunden und diese auch verteidigen. Aber damit wird auch bestätigt, daß diese Bundesregierung bei der Schaffung von wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen in Österreich komplett versagt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren von der koalitionären Einheitspartei! Diese Bundesregierung hat in den letzten Jahren alles getan, um die Tourismusbranche finanziell auszuhungern. Spätestens bei der Einführung des Euro kommt es zu einem direkten Preisvergleich, meine Damen und Herren! Getränke der gleichen Sorte werden in Österreich um stolze 22 Prozent teurer sein als in den vergleichbaren EU-Ländern.

Auch auf dem Dienstleistungssektor ist Österreich nicht mehr konkurrenzfähig. (Abg. Parnigoni: Wer sagt das?) – Das bewahrheitet sich laut Nielsen-Studie im Tourismus. 33 Prozent der Unternehmer geben an, daß die Umsätze stagnieren, und 40 Prozent sprechen von einem Umsatzrückgang. Ich glaube, daß sich diese Betriebe in einem Teufelskreis befinden, ihnen aber nur geholfen wird, wenn tatsächliche Verbesserungen und bessere Rahmenbedingungen für den Tourismus gesetzt werden.

Nicht nur wir Freiheitlichen fordern freundliche Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsfaktor Tourismus. Auch die Gastronomie selbst beweist es durch ihre Tagung im Oktober 1997 in Innsbruck. Wir Freiheitlichen wollen tourismusfreundliche Rahmenbedingungen, wir wollen eine generelle Senkung der Mehrwertsteuer und eine Anpassung der Arbeitszeiten an die tatsächlichen Verhältnisse. Auch wollen wir eine Einführung von aliquoten Urlaubsansprüchen und eine europaweite Steuerharmonisierung. (Abg. Parnigoni: Was heißt das?)

Die guten Ansätze in diesem Bericht sollen erledigt werden, aber leider können wir unter diesen Voraussetzungen diesem Bericht keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. Um 15 Uhr muß ich unterbrechen zwecks Aufruf der Dringlichen Anfrage. Es bleiben jetzt zirka 3 Minuten. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.57

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst zur Art des Berichtes: Wir haben diesen Bericht über Wunsch und im Gespräch mit Abgeordneten auf Schwerpunktthemen begrenzt und neue Schwerpunkte gesetzt. Wir machen dasselbe beim Mittelstandsbericht, und wir werden es auch beim nächsten Tourismusbericht genauso machen. Ich nehme einmal zur Kenntnis – wir werden dazu sicher Vertreter jeder hier vertretenen Partei einladen –, welche Schwerpunkte für den nächsten Bericht erwünscht sind. Wir haben den Bericht im August 1997 abgeliefert. Daß er erst heute diskutiert wird, ist nicht vom Ministerium zu verantworten.

Zweiter Punkt: Zur Tourismussituation selbst. Wenn es dick kommt, dann kommt es ordentlich dick. Wir haben zwei ganz gegensätzliche Trends, und beide spüren wir im Augenblick. Der eine Teil war: Wir haben eine Veränderung im Welttourismus, wir haben eine größere Reisefreudigkeit, wir haben eine völlige Veränderung der Preisvoraussetzungen, der Destinationsorte, der Sprachfähigkeit und und und.

Der zweite Trend: Wir sehen, daß innerhalb des bestehenden Tourismus völlig neue Schwerpunktverlagerungen passieren: vom Sommer zum Winter, vom Frühsommer und Hauptsommer in den Spätsommer, vom Landtourismus in Richtung Stadttourismus, Kulturtourismus, Eventtourismus. Wenn sich mehrere solche Bewegungen in wenigen Jahren zugleich abspielen, dann kann ich mir vorstellen, daß es für sehr viele schwierig sein muß, mikroökonomisch die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Dritter Punkt: Wenn wir festhalten, daß im Tourismus viel zu lange über seine makroökonomischen Verdienste geredet und nicht auf die betriebliche Seite abgestellt wurde, dann kann man sehen, es sind viele frühere Berichte ein Beweis dafür. Der Tourismus hat nichts davon, wenn er zum Zahlungsbilanzausgleich beiträgt. Der Tourismus hat nichts davon, wenn die Nächtigungszahlen steigen. Ich kann Ihnen eine Kurve zeigen – vielleicht im nächsten Bericht, wenn Sie wollen –: Die Katastrophe des österreichischen Tourismus hat schon in den guten Jahren begonnen. Man kann eine deutliche Parallelität von Verschuldungsrate und Anstieg der Nächtigungszahlen zeigen. Das heißt, wir haben gleichzeitig Rekordnächtigungszahlen und "Rekord


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nichterträge" gehabt. Das ist nicht etwas, was jetzt passiert ist, nur weil die Nächtigungen zurückgehen. Daher gehört die Zukunft der mikroökonomischen, der betriebswirtschaftlich ausgerichteten Betrachtung in der Tourismuspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus dem Bericht ist deutlich zu ersehen, daß die finanzielle Situation sehr vieler Tourismusbetriebe schlicht und einfach entsetzlich ist. Daher habe ich vom ersten Tag an gesagt, die finanzielle Restrukturierung muß die Aufgabe der Stunde sein. Daher wird heute in der österreichischen Hoteltreuhand als Restruktuierungsbank an der Veränderung der Finanzierungsstruktur der Betriebe gearbeitet. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin entsetzt darüber, wie wenig Anträge trotz aller Werbung kommen. Ich habe mit den Wirtschaftstreuhändern gesprochen und gesagt, ihr müßtet die Betriebe einladen. Wer jetzt hohe Zinsenbelastungen hat und sich nicht umschuldet, ist selbst schuld. Daß es die Hausbank nicht aus eigenem Antrieb macht, verstehe ich. Aber das ist ein wichtiger Punkt.

Nächster Punkt: Wir müssen die Betriebe dazu bringen – dazu wird es die Aktion "Tourismusscheck" geben –, daß sie sich auch selbst kümmern, ob Gäste zu ihnen kommen, und nicht warten, wer zufällig an ihre Tür klopft. Daher ist die Rolle vieler Organisationen und vieler Institutionen zu hinterfragen. Ich habe mir im Bundesrat erlaubt zu scherzen, daß es in Österreich mindestens gleich schwer ist, zwei Energiegesellschaften zu fusionieren wie zwei Fremdenverkehrsverbände.

Nächster Punkt: Wir müssen in jedem Fall sicherstellen, daß sich an den Rahmenbedingungen weiter etwas ändert. In den allernächsten Jahren werden etwa 50 Prozent der Tourismusbetriebe, die Familienbetriebe sind, übergeben, daher ist die steuerliche Neutralität von Betriebsübergaben ein ganz wichtiger Punkt. – Ich bin gleich am Ende, Herr Präsident; nach Punkt drei höre ich auf.

Ich kann auf vieles, was hier eingebracht wurde, jetzt nicht im Detail eingehen, ich will die Sitzung auch nicht verzögern, würde aber anregen: Bei der Einladung der Klubs zur Gestaltung des nächsten Tourismusberichtes bitte ich Sie, jene Themen, die für Sie von besonderem Interesse sind, an uns heranzutragen, damit wir diese dann gemeinsam zeitgerecht im nächsten Bericht unterbringen können. – Danke herzlichst. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Ich unterbreche nunmehr, um Punkt 15 Uhr, die Verhandlungen zur Tagesordnung, damit wir mit der Behandlung der Dringlichen Anfrage beginnen können.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-, Frauen- und Tierschutz-Volksbegehrens (3522/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Dringliche Anfrage ist schriftlich im Hause verteilt worden. Es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die parlamentarischen Verhandlungen über das Gentechnik-, Frauen- und Tierschutz-Volksbegehren verliefen bisher sehr unbefriedigend bis ergebnislos. Damit wird ein wesentliches Instrument der direkten Demokratie mißachtet und ein Anliegen von mehr als 2 Millionen Österreicher/innen weitgehend ignoriert. Regierung und Koalitionsparteien versprechen zwar regelmäßig unter dem Druck der öffentlichen Meinung, die Forderungen erfolgreicher Volksbegehren ernst zu nehmen, die Realität der parlamentarischen Beratungen und der Regierungspolitik sieht aber anders aus: Volksbegehren werden in den Ausschüssen schubladisiert (Beispiel Tierschutz-Volksbegehren, das nun seit nahezu zwei Jahren – allerdings mit monatelangen Pausen –


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"beraten" wird) beziehungsweise von Mitgliedern der Bundesregierung auf EU-Ebene konterkariert (Beispiel Befürwortung der EU-Patentierungsrichtlinie durch den Wirtschaftsminister).

Die Grünen unterstützen vor diesem Hintergrund das am heutigen Tag von Vertreter/innen der drei betroffenen Volksbegehren vorgelegte Maßnahmenpaket zum Ausbau der direkten Demokratie in Österreich.

Gentechnik-Volksbegehren

Vom 7. bis 14. April 1997 fand das in Österreich bisher erfolgreichste parteiunabhängige Volksbegehren statt, das von 1 266 551 Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet wurde. Das Volksbegehren richtete sich gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion sowie gegen die Patentierung von Leben.

Aufgrund des großen Erfolges des Gentechnik-Volksbegehrens wurde im Parlament ein eigener Sonderausschuß zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens gebildet. Im Zuge der ersten Ausschußsitzungen zeigte sich sehr rasch die äußerst gentechnikindustriefreundliche Haltung der Österreichischen Volkspartei. So wurde etwa aufgrund des Widerstandes der Volkspartei eine Bindung des Wirtschaftsministers im Hauptausschuß des Nationalrates verhindert, wodurch die dritte Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens ,Kein Patent auf Leben‘ unerfüllt blieb. Österreich stimmte im EU-Ministerrat vom 27. November 1997 für die sogenannte EU-Patentierungsrichtlinie, was einer Ablehnung der Forderung ,Kein Patent auf Leben‘ gleichkommt.

Daraufhin wandten sich die Initiator/inn/en des Gentechnik-Volksbegehrens an die beiden Regierungsparteien mit einer Auflistung von Mindestforderungen betreffend die Änderung des Gentechnikgesetzes hinsichtlich der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen. Sollten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht gewillt sein, diese Mindestforderungen zu erfüllen, sähen sich die Initiator/inn/en gezwungen, den Sonderausschuß zu verlassen, da sichtlich keine Bereitschaft seitens der Regierung besteht, das Gentechnik-Volksbegehren umzusetzen!

In der Folge legte die Fraktion der Sozialdemokraten einen Entwurf für einen Entschließungsantrag vor, der im großen und ganzen diese Mindestforderungen erfüllt hätte. Während der Sitzung des Gentechnik-Sonderausschusses vom 5. Dezember 1997 zur Behandlung des Themenkomplexes ,Freisetzung‘ wurde in einem Hinterraum eine Änderung dieses Entschließungsantrages ausgearbeitet. Interessanterweise war der Hauptverhandler der ÖVP der geschäftsführende Direktor des IMP und Cheflobbyist der Gentechnik-Industrie in Österreich Dr. Nikolaus Zacherl.

So wurde aus dem ursprünglich akzeptablen Entwurf ein Entschließungsantrag, der die Mindestforderungen bei weitem nicht erfüllte und einer Verhöhnung der Initiator/inn/en des Volksbegehrens gleichkommt. Daraufhin gaben die Initiator/inn/en des Volksbegehrens ihren Austritt aus dem Gentechnik-Sonderauschuß bekannt. In der Folge wurde der Entschließungsantrag vom 5. Dezember 1997 wieder zurückgezogen und eine Mutation dieses Antrages in der Sonderausschuß-Sitzung vom 13. Jänner 1998 (der die Initiator/inn/en des Volksbegehrens und die grüne Parlamentsfraktion fernblieben) eingebracht. Doch auch in dieser Neufassung waren die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht imstande, diesen Mindestforderungen nachzukommen. Die ÖVP-Fraktion verstand es ein weiteres Mal, unter der Regie von Dr. Zacherl so unpräzise Formulierungen niederzuschreiben, daß nach wie vor keine umfassende Parteienstellung bei der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen zugesagt wird.

Die zweite zentrale Forderung der ausgewogenen Zusammensetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse und das damit geforderte gleichberechtigte Nominierungsrecht des Forums österreichischer Wissenschaftler für den Umweltschutz mit jenem der Akademie der Wissenschaften wurde ebenfalls aufgrund des vehementen Druckes der Gen-Lobby nicht erfüllt.

Die Verhinderungstaktik der ÖVP hinsichtlich rascher Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtslücken und der Verbesserungen des Gentechnikgesetzes, die übrigens schon bei den Verhandlungen zur Gentechnik-Enquete 1992 und zum Gentechnikgesetz in den Jahren 1993 und 1994


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seitens der Opposition immer wieder vorgebracht wurden, hätte schon beinahe Erfolg gehabt. Der multinationale Konzern Pioneer versuchte – obwohl die Kosumentenschutzministerin Prammer die Gentechnik-Unternehmen ersucht hatte, so lange keine Freisetzungsanträge in Österreich zu stellen, bis die Verhandlungen im Sonderausschuß beendet sind und klare Haftungsbestimmungen vorliegen –, diese für die Gentechnikindustrie rechtlich günstige Situation auszunützen und stellte zu Weihnachten den Antrag auf Freisetzung von gentechnisch veränderten Maispflanzen an zehn Standorten in Österreich. Aufgrund des vehementen Widerstandes der österreichischen Bevölkerung zog die Firma ihren Antrag ,vorerst‘ zurück.

Noch zählt Österreich zu jenen EU-Staaten, wo keine Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen stattgefunden haben. Wenn nicht raschest seitens der politisch Verantwortlichen gehandelt wird, drohen jedoch noch heuer weitere Anträge auf Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich (siehe Ankündigung der Firma Pioneer). Es müssen daher raschest konkrete Maßnahmen verwirklicht werden, damit nicht auch die erste Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens ,Keine Freisetzungen in Österreich‘ unberücksichtigt bleibt.

Frauen-Volksbegehren

Vom 7. bis 14. April 1997 fand das parteiunabhängige Frauen-Volksbegehren statt, das von 645 000 Österreicher/inne/n unterzeichnet wurde. Dadurch wurde eindrucksvoll die – auch von einer großen Anzahl der Österreicher/inne/n empfundene – Notwendigkeit unterstrichen, endlich reale Chancengleichheit für Frauen zu verwirklichen. Zu einer solchen ist es jedoch bis jetzt nicht einmal ansatzweise gekommen. Die zwölf Forderungen, die das Volksbegehren demonstrativ auflistet (und die nur als Anfangsmaßnahmen verstanden werden können), werden nun – mit reichlicher Verspätung – zwar parlamentarisch diskutiert, die Wahrscheinlichkeit, daß es außer Lippenbekenntnissen auch tatsächlich zu Gesetzesänderungen kommt, erscheint jedoch äußerst gering.

Tierschutz-Volksbegehren

Im März 1996 hat eine Plattform mehrerer Tierschutzorganisationen per Volksbegehren ,Ein Recht für Tiere‘ gefordert. 459 096 Österreicher/innen oder 7,96 Prozent der Stimmberechtigten unterstützten mit ihrer Unterschrift die Forderung nach einem Bundestierschutzgesetz. Die wesentlichen Forderungen waren neben einem Bundestierschutzgesetz die Verankerung des Tier- und Umweltschutzes als Rechtsgüter im Verfassungsrang, die Einrichtung einer Tieranwaltschaft und die Förderung des Tierschutzes.

Die Parlamentsfraktionen der Opposition sowie die SPÖ unterstützen diese Forderungen mit entsprechenden Anträgen. Die ÖVP dagegen blockiert das Zustandekommen eines Bundestierschutzgesetzes und argumentiert mit der Möglichkeit einer Vereinheitlichung auf der Länderebene. Für die landwirtschaftliche Nutztierhaltung wurde 1995 eine Vereinbarung nach Artikel 15a B-VG getroffen, wonach bestimmte Mindestanforderungen nicht unterschritten werden dürfen. An dieser Vereinbarung wird seitens der Initiator/inn/en des Volksbegehrens kritisiert, daß dies der kleinste gemeinsame Nenner sei, der zu keinen wesentlichen Verbesserungen im Tierschutz geführt hat. Es ist davon auszugehen, daß Bestimmungen, die über den Mindeststandard der Artikel-15a-Vereinbarung hinausgehen, aus Wettbewerbsgründen unterbleiben werden. Ferner ist diese Vereinbarung nicht ausreichend am Kenntnisstand der Wissenschaft und Technik orientiert. Die Vereinbarung ist ein Vertrag und kann als solcher unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist von jedem Bundesland wieder gekündigt werden. Auch fehlen darin gänzlich Sanktionen, Kontroll- und Vollzugsbestimmungen. Keine der Forderungen des Tierschutz-Volksbegehrens wird darin erfüllt.

Die Bilanz nach fast zwei Jahren ist mehr als ernüchternd: Weder bei der verfassungsrechtlichen Absicherung des Tierschutzes noch bei der Errichtung einer Tieranwaltschaft noch bei den Förderungsmaßnahmen für den Tierschutz wurden Fortschritte erzielt.


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Bei der letzten Sitzung des Unterausschusses des Verfassungsausschusses wurde seitens der Verbindungsstelle der Bundesländer über die ÖVP der Vorschlag für eine weitere Artikel-15a-Vereinbarung betreffend den Bereich der außerlandwirtschaftlichen Tierhaltung vorgelegt. Wieder wurden Expert/inn/en bemüht, zu dieser Vorlage – die als sehr mangelhaft kritisiert wurde – Stellung zu nehmen. Die Hoffnung der ÖVP zielt offenbar darauf ab, die Batteriehennen-Problematik auf die Zierfischebene zu bringen, um damit von der Hauptproblematik, der landwirtschaftlichen Massentierhaltung, abzulenken. Mittlerweile verhärtet sich der Eindruck, die ÖVP will durch Verzögerunstaktik Zeit gewinnen und hofft, ein Volksbegehren werde das andere überlagern und damit in Vergessenheit geraten. Die SPÖ hingegen macht zwar Vorschläge, will aber keinesfalls den Koalitionspartner vergraulen oder, wie Klubobmann Kostelka sagte, die Koalition gefährden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Dringliche Anfrage:

1. Unterstützen Sie das am heutigen Tage von den Initiator/inn/en der drei Volksbegehren vorgelegte Maßnahmenpaket zum Ausbau der direkten Demokratie in Österreich?

Gentechnik-Volksbegehren

2. Sprechen Sie sich für ein gesetzlich verankertes fünfjähriges Freisetzungsmoratorium von gentechnisch veränderten Organismen in Österreich aus?

Wenn nein, warum nicht?

3. Setzen Sie sich für eine umfassende Parteienstellung (umfaßt Anrainer, Bauern mit Feldern in der Umgebung, Bürgerinitiativen, Umweltschutzorganisationen und die Umweltanwälte) im Zusammenhang mit der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen und eine rasche diesbezügliche Novellierung des Gentechnikgesetzes ein?

4. Setzen Sie sich für eine ausgewogene Besetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse und eine rasche diesbezügliche Novellierung des Gentechnikgesetzes ein?

5. Setzen Sie sich für ein – von den Initiator/inn/en des Gentechnik-Volksbegehrens gefordertes – gleichberechtigtes Nominierungsrecht des Forums der österreichischen Wissenschaftler für den Umweltschutz, analog zum Nominierungsrecht der Akademie der Wissenschaften, ein?

6. Zurzeit wird eine Novellierung des UVP-Gesetzes verhandelt. Sprechen Sie sich für die UVP-Pflicht für Freisetzungsvorhaben von gentechnisch veränderten Organismen aus?

Wenn nein, warum nicht?

Frauen-Volksbegehren

7. Von Ihrer Seite wurde erst kürzlich ein Antrag vorgelegt, der die Bindung der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Ausbildung von Lehrlingen durch die betreffenden Betriebe vorsieht. Seit April gibt es eine gleichlautende Forderung des Frauen-Volksbegehrens in Hinblick auf die Bindung von öffentlichen Aufträgen an das Vorhandensein von Frauenfördermaßnahmen und -plänen in den Betrieben. Werden Sie sich für die Erfüllung dieser Forderung des Volksbegehrens einsetzen?

8. Der Nationalrat hat am 13. März 1991 in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, die nächsten freiwerdenden Richterstellen am VfGH mit Frauen zu besetzen. Nunmehr wird der Nationalrat in der heutigen Sitzung selbst eine derartige Nominierung vornehmen. Seitens Ihrer Fraktion wird ein männlicher Bewerber vorgeschlagen. Wie erklären Sie diese Inkonsequenz?


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9. Eine Forderung des Volksbegehrens lautet: Sicherung eines Mindesteinkommens von 15 000 S brutto bei Vollerwerbstätigkeit. Welche Überlegungen/Untersuchungen über die Machbarkeit dieser Forderung gibt es von Ihrer Seite (dies vor allem angesichts der Tatsache, daß derzeit in Österreich 226 000 Personen – davon 151 000 Frauen – in unselbständiger Vollerwerbstätigkeit inklusive aller Sonderzahlungen weniger als 12 000 S brutto verdienen), und werden Sie sich dafür einsetzen, daß diese Forderung erfüllt wird?

10. Eine ausreichende Anzahl von Kinderbetreuungseinrichtungen ist eine wesentliche Voraussetzung für Erwerbstätigkeit von Frauen. Bisher gibt es diese unter anderem aufgrund von Kompetenzproblemen nicht. Die versprochene Kindergartenmilliarde ist geschrumpft zu einem einmaligen Betrag von 600 Millionen Schilling. Welche Maßnahmen werden Sie setzen beziehungsweise initiieren, um endlich die Einrichtung einer dem Bedarf entsprechenden Anzahl von Kinderbetreuungsplätzen zu sichern?

Befürworten Sie nötigenfalls eine Änderung der Kompetenzverteilungsnormen, um dies sicherzustellen?

11. 1997 beschloß der Nationalrat eine Änderung des Artikels 7 B-VG dahin gehend, daß ein Diskriminierungsverbot betreffend behinderte Menschen ausdrücklich verankert wurde. Das Frauen-Volksbegehren fordert eine Verankerung eines Diskriminierungsverbotes betreffend Frauen im Artikel 7 B-VG sowie die Feststellung, daß vorübergehende Bevorzugungsmaßnahmen für Frauen zur beschleunigten Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern verfassungsrechtlich zulässig sind. Befürworten Sie eine solche Änderung des Artikels 7 B-VG?

Tierschutz-Volksbegehren

12. Gab es aufgrund des Tierschutz-Volksbegehrens seitens der Bundesregierung Gespräche mit den Ländern bezüglich einer Kompetenzverlagerung des Tierschutzes auf den Bund?

Wenn ja, wann und was war das Ergebnis?

Wenn nein, wie beurteilen Sie die Stagnation der Verhandlungen und welche Schritte werden Sie unternehmen, damit es auf Regierungsebene zu Resultaten kommt?

13. Wie beurteilen Sie die Äußerung von Klubobmann Kostelka, wegen des Tierschutz-Volksbegehrens werde man die Koalition nicht gefährden?

14. Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, den Forderungen des Volksbegehrens zur Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes Rechnung zu tragen?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage gemäß § 93 (2) GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort, um die Dringliche Anfrage zu begründen. Die Redezeit in diesem Zusammenhang darf 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der grüne Parlamentsklub hat diese Dringliche Anfrage betreffend die drei so erfolgreichen Volksbegehren der letzten Monate eingebracht, um vom Bundeskanzler, vom Chef dieser Bundesregierung, zu erfahren, wie er persönlich in seiner Funktion als Koordinator der Regierungspolitik weiter mit diesen Anliegen umzugehen gedenkt, welche Impulse von ihm zu erwarten sind.


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Wir wissen ja alle, daß diese Volksbegehren seit geraumer Zeit hier im Parlament in Verhandlung stehen, aus der Sicht der ProponentInnen inhaltlich bisher jedoch völlig unzureichend behandelt wurden. Es gab zu all diesen drei Volksbegehren bisher Protestaktionen, Demonstrationen, Aufschreie der Frauen, Aufschreie der genkritischen Initiativen und massive Kritik der TierschützerInnen, dennoch ist in keinem einzigen Punkt aller drei Volksbegehren bisher eine substantielle Verbesserung im Sinne der Anregungen dieser Volksbegehren eingetreten. Und meine Befürchtung am heutigen Tage ist, daß nicht nur die InitiatorInnen dieser Volksbegehren, sondern auch die vielen, die Hunderttausenden Menschen, die diese Volksbegehren unterstützt haben, mittlerweile am Zustand der Demokratie in Österreich verzweifeln.

An sich ist die direkte Demokratie in Österreich ohnehin weit weniger stark ausgeprägt und ausgebildet als etwa in unserem Nachbarland Schweiz, und es gibt eine intensive Diskussion darüber, wie weit es wünschenswert oder erstrebenswert ist, die direkte Demokratie stärker auszubauen, aber eines, meine Damen und Herren, geht tatsächlich nicht: Wir können nicht behaupten, die indirekte Demokratie sei in der Lage, die Probleme der Bevölkerung ernst zu nehmen, aufzugreifen und sachgerechte Lösungen durchzuführen, daher sei eine stärkere Ausprägung der direkten Demokratie gar nicht nötig, wenn man mit derart erfolgreichen Volksbegehren dann so umgeht, wie das bisher der Fall war. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundeskanzler! Die oftmals angesprochene Politikverdrossenheit der Bevölkerung resultiert sehr stark aus diesem Verhalten der Regierung, es ist weit eher eine Regierungspolitikverdrossenheit. Sie sind damals als Regierungschef dieser großen Koalition mit der Ansage angetreten, die großen offenen Fragen in Angriff nehmen zu wollen und durch Ihre starke Mehrheit in diesem Hause, durch Ihre Zweidrittelmehrheit rasch zu sachgerechten Problemlösungen zu kommen.

Ich frage Sie am heutigen Tag: Wie schaut das in den drei Sachbereichen aus? Was hat sich wirklich getan? – Und ich frage Sie auch noch über den Text der Anfrage hinausgehend: Was wird mit weiteren Anliegen, von denen wir schon sehen, daß sie auf das Hohe Haus zukommen, geschehen? Etwa in der Frage des Umgangs mit Waffen? Es ist um die Frage der Sicherheit im Straßenverkehr gegangen, und ich denke, Sie werden wohl die Auffassung teilen, daß die Vorgangsweise der Regierungsparteien in der Angelegenheit des Promillelimits im Straßenverkehr alles andere als dazu angetan war, das Vertrauen in die Politik und die Handlungsfähigkeit dieser Regierung zu stärken.

Wenn wir in all diesen Fragen so herumtun und wenn es immer erst großer Schadens- und Katastrophenfälle bedarf, bis sich endlich etwas ein Stückchen bewegt, dann, glaube ich, Herr Bundeskanzler, trägt diese Regierung die Verantwortung dafür, daß die Leute sich – zu Recht – von der Politik insgesamt abwenden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir uns die drei Sachbereiche und die Hauptforderungen dieser Volksbegehren ansehen, dann münden sie natürlich alle in der Frage der Rechte oder der Ausgestaltung der Möglichkeiten der direkten Demokratie in Österreich. Es ist für mich kein Zufall, daß sich jetzt diese drei erfolgreichen Volksbegehren im Rahmen einer Plattform zusammengefunden haben und in einer sehr moderaten Weise eine Verbesserung der Chancen für Volksbegehren verlangen.

Sie verlangen eine Absenkung der Altersgrenze. Die Jugend soll mitreden können, Personen ab 15 Jahren sollen mitreden können, denn es geht vor allem um ihre Zukunft, und ich denke, das ist eine berechtigte Forderung.

Sie verlangen eine Kostenbeteiligung. Die politischen Parteien erhalten Gelder, um ihre Arbeit bewältigen zu können, und es ist keine Frage – ich denke, wir stehen alle dazu –, daß die indirekte Demokratie auch Geld kostet. Dann bitte aber auch gleiches Recht für die Bürgerinnen und Bürger in Österreich! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter. )

Sie verlangen eine Beschleunigung der Verfahren. Sie verlangen eine grundsätzliche Öffentlichkeit der Ausschüsse, eine Einbindung der InitiatorInnen in die Verhandlungen der Ergebnisse und eine Mitteilung der Ergebnisse, um der Bevölkerung rasch mögliche weitere Schritte zu


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eröffnen. (Abg. Rauch-Kallat: Dann müssen Sie aber auch bereit sein, mitzutun!) Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Auf diese Frage komme ich noch sehr ausführlich. Das hat auch mit Ihrer Vorsitzführung zu tun – und nicht wenig. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Volksbegehren verlangen ausdrücklich nicht – und insofern halte ich diesen Forderungskatalog wirklich für sehr maßvoll – eine Automatik, daß ein erfolgreiches Volksbegehren, das vom Parlament nicht positiv erledigt wird, einer Volksabstimmung zu unterziehen ist. Ich denke, daß das an sich beweist, wie sehr diese ProponentInnen immer noch darauf vertrauen, daß das Hohe Haus und die Regierung die Forderungen ernst nehmen. Daher ist es hoch an der Zeit, daß Sie als Chef dieser Koalitionsregierung einmal persönlich hier Stellung beziehen!

Herr Bundeskanzler!  Ich beginne mit dem Gentechnik-Volksbegehren. Hier war es so – die Frau Vorsitzende des Sonderausschusses hat es im Rahmen eines Zwischenrufes soeben erwähnt –, daß sich die ProponentInnen zunächst aus diesem Ausschuß zurückgezogen haben.

Ich frage Sie ganz persönlich, Herr Bundeskanzler – wir haben es in dieser Dringlichen Anfrage erwähnt –: Was halten Sie von der Vorgangsweise, daß wir im Ausschuß sitzen, Expertinnen und Experten anhören, während in einem Nebenzimmer der Cheflobbyist der Genkonzerne in Österreich, Herr Dr. Zacherl, mit den Ministersekretären sitzt und einen Entschließungsantrag bastelt, der völlig ohne jede Aussage ist?

Das ist eine Vorgangsweise, von der ich denke, daß sich wirklich alle Abgeordneten dieses Hauses dagegen verwahren sollten, denn sie entwertet die Arbeit der Ausschüsse, sie entwertet aber auch die Fachkunde der Expertinnen und Experten, denn offenbar können diese für die Wände reden, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Ich weiß nicht, wie viele Expertinnen und Experten die ÖVP noch braucht, die ihr sagen: Es ist gefährlich! (Beifall bei den Grünen.) Und zwar gefährlicher als wir zunächst angenommen haben, als wir wahrscheinlich alle angenommen haben.

Es haben auch ÖVP-Politiker von einem Mindestmaß gesprochen, denn wir haben, wie gesagt, in diesem Ausschuß ohnehin nur mehr über Mindestforderungen geredet. Es stand gar nicht mehr die ganze Palette der Forderungen zur Diskussion, weil Sie – auch durch das Verhalten Ihrer Abgeordneten in Brüssel – ohnehin ein gut Teil dieser Forderungen bereits durch eine schlechte Realität überholt haben.

Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Ich frage Sie eindringlich, was Sie davon halten, wenn Ihnen mehr oder minder alle Expertinnen und Experten sagen, man habe das Gefahrenpotential falsch eingeschätzt, wenn in ganz brandaktuellen Veröffentlichungen in "New Scientist", in den "Financial Times" – wahrlich nicht unbedingt Boulevardblätter – die Rede ist von superaggressiven Krankheitserregern, die durch die eingepflanzten Resistenzgene möglicherweise provoziert werden, von den ersten Flops, die eingetreten sind, von Gefahren, die sich aktualisiert haben, die in der Realität eingetreten sind, von Gensaatgut, das ausgekreuzt hat. Man hat uns vorher immer versichert, das wird nicht möglich sein. All das ist passiert!

Die Experten haben einmal mehr im Ausschuß gesagt, daß das Gefahrenpotential groß ist – aber was ist dennoch passiert? Es gab Appelle der Konsumentenschutzministerin an die Industrie, man möge das doch bitte nicht tun, doch die liebe Industrie, die bei den ÖVP-Ministern auf einer Lobby-Tour war, hat sich nicht daran gehalten. Aber es war nicht die Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, die die Industrie zum Einlenken gezwungen hat, sondern es waren die massiven Proteste aus der Bevölkerung.

Ich bin sehr froh, daß dieser Antrag offenbar so schlecht formuliert und so schlecht begründet ist, daß er förmlich abgelehnt werden muß – aus diesen Gründen wurde er jetzt auch zurückgezogen –, nur rechtsstaatlich ist die Situation weiterhin absolut unbefriedigend. Die Firma hat ausdrücklich gesagt, vorerst zieht sie ihren Antrag zurück. Sie können sicher sein, diese Konzerne warten wieder einen aus ihrer Sicht sehr günstigen Zeitpunkt ab – man wird wieder versuchen, irgendeine Ferienperiode zu erwischen –, und sie hoffen, daß irgendwann einmal die Proteste schwächer werden. Und das noch dazu im Fall des Maiszünslers, der in Österreich – so entnehme ich auch seriösen Publikationen – quantitativ als Problem überhaupt nicht ins Ge


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wicht fällt. Das heißt, man will die Bevölkerung mit etwas zwangsbeglücken, was sie nicht will, was für die Konsumenten schlecht, was für die Umwelt gefährlich und für die klein- und mittelbäuerliche Struktur in Österreich fatal und verheerend ist.

Zweites Beispiel: Frauen-Volksbegehren. Herr Bundeskanzler! Sie haben löblicherweise eine Initiative zugunsten der Lehrlinge gemacht, doch was ist passiert, als die Frauen versucht haben, nur dasselbe Recht zur erreichen – es war im Volksbegehren enthalten, die Forderung wurde erneuert –, daß man zumindest dann, wenn die öffentliche Hand Betriebe fördert, wenn es um öffentliche Aufträge geht, darauf achten soll, daß bevorzugterweise Betriebe zum Zug kommen, die es ernst nehmen mit der Frauengleichberechtigung? – Die ÖVP hat einmal mehr gesagt: Da könnte ja jede kommen! Freilich könnte und sollte jede Frau kommen, denn die Frauen in Österreich sind diskriminiert! Aber die Forderung ist abgelehnt worden. Einmal mehr!

Man kann jetzt noch viele Ausschüsse veranstalten, aber ich frage Sie wirklich: Ist es nicht in Wahrheit das Ziel, sich über die Legislaturperiode drüberzuretten und eigentlich keine dieser Forderungen zu erfüllen?

Drittes Beispiel: Tierschutz-Volksbegehren. Sie wissen, es gibt vier Parteien in diesem Haus, die – und ich habe auch aus Ihrem Mund persönlich Ihre Unterstützung gehört – für ein einheitliches Tierschutzgesetz auf Bundesebene sind. Also vier Fraktionen in diesem Haus wollen das, aber die ÖVP sagt dazu nein. Und ich frage Sie: Was ist die Reaktion der stärksten Fraktion in diesem Hause?

Die SPÖ hat bei den Wahlen im Jahre 1995 einen großen Vertrauensvorschuß bekommen. Sie haben damals auch argumentiert, daß Sie eine konservative Koalition in Österreich verhindern wollen, Sie haben damals argumentiert, daß eine gestärkte SPÖ besser in der Lage sei, die Anliegen der Bevölkerung umzusetzen. Wenn der kleinere Koalitionspartner aber in allen wichtigen Anliegen sagt, daß er das nicht will, und dann passiert es auch nicht, dann frage ich Sie: Wie gehen Sie mit diesem Vertrauensvorschuß aus den Wahlen 1995 um? Ich denke, die Wählerinnen und Wähler der SPÖ haben damals dieser Partei nicht deswegen das Vertrauen geschenkt, damit sie im Prinzip auf Papieren, die dann in den Schubladen liegen, ihre Meinung kundtut, sondern damit Sie das umsetzen. Sie sind in der Regierung und nicht in der Opposition, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen.)

In Sachen der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung hat uns die ÖVP versichert: Wir brauchen kein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz, es genügt eine Vereinbarung zwischen den österreichischen Bundesländern. Heute wurde der Grüne Bericht hier diskutiert, und er beweist, daß diese Vorgangsweise falsch war. Die kleinen Betriebe sterben, Menschen kommen zu Schaden, Arbeitsplätze werden vernichtet. Die Bestandszahlen steigen, und der Tierschutz kommt buchstäblich, auch was die Transporte betrifft, unter die Räder.

Und jetzt, kurz vor dem letzten Ausschuß, buchstäblich Stunden vor dem letzten Ausschuß über das Tierschutz-Volksbegehren im Verfassungsausschuß, kommt die ÖVP wieder mit einem Papier der Landeshauptleute betreffend eine 15a-Vereinbarung für den Bereich der nichtlandwirtschaftlichen Tierhaltung daher. Und ich frage Sie auch als einen Menschen, von dem ich immer geglaubt habe, er interessiert sich für Tierschutz: Wie können Sie damit umgehen? Soll das bis 1999 wirklich die einzige Antwort sein? Sollen nicht einmal solche Minimalerfordernisse erfüllt werden, daß man barbarische und tierquälerische Handlungen wie eben das Durchtrennen der Stimmbänder, das Kupieren von Ohren und Schwänzen ausnahmslos verbietet? Die Fallenstellerei wird nicht verboten, und alles, was sonst als Tierquälerei gilt, kann im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung überhaupt stattfinden.

Es grenzt schon wirklich an Skurrilität, daß es für den Bereich der Zirkustiere zwar ein kategorisches Verbot gibt, Wale, Riesengleiter und Kloakentiere in Zirkussen zu halten und zur Schau zu stellen, daß es aber für die Tiere, um die es de facto geht, nämlich um Tiger, Löwen, Elefanten, Kamele, überall Ausnahmen gibt. Das heißt, alles, was in der Realität passiert, kann auch nach dieser 15a-Vereinbarung weiterhin passieren. Die Bundesländer können diese


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Vereinbarung außerdem kündigen. Und wie der Vollzug ausschaut, das wissen Sie, Herr Bundeskanzler!

Ich komme zum Schluß, und es drängt sich für mich ein demokratiepolitisch wirklich sehr schlimmer Verdacht auf. Ich denke nämlich auch, daß die stärkste Fraktion in diesem Hause, daß die SPÖ und daß auch Sie als Regierungschef kein echtes Interesse daran haben, daß in diesen Materien etwas weitergeht. Denn ich frage Sie schon allen Ernstes – und ich werde nicht die einzige sein, die diesen Eindruck hat –: Wieso schafft es die SPÖ – auch gegen den widerstrebenden Koalitionspartner –, dann, wenn es um machtpolitische Interessen geht wie etwa bei der Frage der Bank Austria, sich in heftigen Verhandlungen, in Konflikten, die bis an den Rand der Koalitionsfrage gehen, durchzusetzen?

Wenn es um Posten geht, wenn es um Geld geht, wenn es um Einfluß geht – da bringen Sie Ihre Rolle als stärkste Regierungsfraktion durchaus in die Waagschale, da setzen Sie sich durch. (Beifall bei den Grünen.) Aber wenn es um die Frage der direkten Demokratie geht, um die brennenden Anliegen der Bevölkerung, wenn es um die Frage der Frauengleichberechtigung geht, um die Frage der Ablehnung der Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung, um einen besseren Tierschutz für alle Tiere in Österreich, da habe ich den Eindruck, daß Sie bis 1999 ein Motto ausgegeben haben, das "permanenter Wahlkampf" heißt.

Sie produzieren nette Papiere und bekunden bei jeder Gelegenheit Ihr persönliches Interesse, aber eigentlich haben Sie vor, daß bis 1999 nichts geschieht. Denn dann werden Sie mit diesen Themen in den Wahlkampf ziehen und können sagen: Wir täten ja so gerne, aber die lassen uns nicht. Bitte, liebe Wählerin und lieber Wähler, mach uns noch stärker, denn dann können wir etwas tun! Und die ÖVP wird Ihrer Lobby sagen: Wir sind die Garanten dafür, daß in diesen Materien nichts weitergeht!

Herr Bundeskanzler! Eine Frage in diesem Zusammenhang müssen Sie jedenfalls beantworten. Wenn es sogar in Materien, in denen vier Fraktionen in diesem Haus hier und heute dafür sind, nicht möglich ist, etwas weiterzubringen, wenn es also in dieser Konstellation offenbar nicht erwünscht ist, daß etwas weitergeht (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) , wie soll sich dann 1999 irgend etwas verändern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Wie viele zigtausend, wie viele Millionen Unterschriften, wie viele Menschen auf der Ringstraße brauchen Sie, bis Sie endlich handeln? (Beifall bei den Grünen.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung gelangt jetzt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Herr Bundeskanzler, die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

15.22

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Erlauben Sie mir, daß ich eingangs zwei Dinge klarstelle, von denen ich den Eindruck habe, daß sie aus Ihrer Begründung herauszuhören sind.

Zum ersten: Ich denke, Sie haben sehr subtil den Versuch unternommen, in der Regierungskoalition Zwietracht zu säen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Wabl: Hund und Katze!) Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die Österreicherinnen und Österreicher haben – meiner Ansicht nach zu Recht – gesehen, daß in dieser Regierungskoalition nicht gestritten, sondern gemeinsam gearbeitet wird für unser Land Österreich! Das werden wir uns nicht zerstören lassen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Hans Helmut Moser: Das glaubt Ihnen ja niemand!)


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Zum zweiten: Meiner Einschätzung nach, sehr geehrte Frau Abgeordnete Petrovic, ist das Volksbegehren ein wesentliches demokratiepolitisches Forum zur Willensbildung und Willenskundgebung der Menschen in unserem Lande. Zumeist haben sich – wenn auch nicht immer erfolgreich – die Proponenten und Unterstützer von Volksbegehren dagegen verwahrt, parteipolitisch vereinnahmt zu werden. Ich warne davor, dieses wichtige Instrument der Demokratie zu schädigen, indem man dessen parteipolitische Vereinnahmung versucht. Wir sollten das nicht tun! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht nämlich um nichts weniger als die Aufgabe, die Ergebnisse dieses demokratischen Prozesses sachlich in den dafür verfassungsmäßig zuständigen Organen und Gremien zu diskutieren und dort im Sinne unserer repräsentativen Demokratie Lösungen zu erarbeiten. Denn die Bürger erwarten zu Recht Lösungen und nicht parteipolitisches Hickhack. Allerdings sind mir die Forderungen der Initiative Direkte Demokratie vorläufig nur aus den Medien bekannt.

Ich kann Ihnen nur sagen, daß meine Partei – aber ich nehme an, ebenso jeder, der es mit der Demokratie ernst meint – Reformvorschläge unterstützen wird, die auf eine schnellere, bessere und leichter nachvollziehbare parlamentarische Behandlung abzielen, weil solche Vorschläge begrüßenswert sind. Dabei kann ich keinen Widerspruch sehen. Ich bitte Sie jedoch dafür um Verständnis, daß ich als Organ der Vollziehung allfälligen Reformen des parlamentarischen Prozesses und der Gesetzgebung selbst nicht vorgreifen kann.

Zu den Kapiteln, die Sie angeschnitten haben, von der Gentechnik über die Frauenpolitik bis hin zum Tierschutz:

Ich halte es für wichtig, daß wir in Österreich mit unserem Bekenntnis, daß wir den Wettbewerb um Arbeit nicht gewinnen können, indem wir den Billig wettbewerb zu bestreiten versuchen, sondern nur dadurch, daß wir den Besser wettbewerb anstreben, uns zugleich dazu bekennen, in unserem Lande gegenüber Forschung und neuen Technologien grundsätzlich offen zu sein und diese auch zu unterstützen.

Sie wissen, daß es auch wesentliche Anwendungsbereiche der Gentechnik gibt, in denen die Chancen für die Menschen so stark überwiegen – zum Beispiel im Bereich der Medizin –, daß sie entsprechend unterstützt werden müssen. (Abg. Wabl: Da hat niemand etwas dagegen! Das hat niemand bestritten!) Es gibt aber – das sei gleich hinzugefügt – auch Anwendungsbereiche, in denen die Risken weit über dem Zusatznutzen stehen. (Abg. Wabl: Richtig! Da sind wir voll hinter Ihnen, Herr Bundeskanzler!) Insbesondere im Bereich der Landwirtschaft und der Lebensmittel ist große Vorsicht geboten. Ich denke, daß wir die Rahmenbedingungen gemäß unserem Grundsatz, daß jede Technologie nach deren Nutzen für die Menschen zu beurteilen ist, zu schaffen haben. (Abg. Wabl: Das haben wir damals auch bei der Atomtechnik gemacht, gemeinsam mit der SPÖ!)

Es geht darum, Entscheidungen zu ermöglichen, welche die Menschen die Chancen nutzen lassen und dabei die Risken minimieren. Die bestmögliche Sicherheit besteht darin, Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten zu schaffen, auch zum Beispiel durch die lückenlose Kennzeichnung innerhalb der Europäischen Union, die umfassende Information der Bevölkerung und die Einbindung der entsprechenden wissenschaftlichen Gremien und Organe.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich darf Ihnen berichten, daß sich die zuständige Bundesministerin, Frau Mag. Barbara Prammer, genau zu dieser Stunde zu wichtigen Gesprächen in Sachen Gentechnik in Brüssel befindet, um bei den zuständigen Kommissionsmitgliedern aktives Lobbying für die österreichischen Positionen zu betreiben. Dabei geht es insbesondere um die Fortsetzung unserer Bemühungen im Bereich der Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, um das österreichische Importverbot von gentechnisch verändertem Mais und um die österreichische Forderung in bezug auf die Änderung der Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union.

Sie wissen, daß sich die österreichische Bundesregierung – und insbesondere Frau Kollegin Prammer – wiederholt dafür eingesetzt hat, die Ziele des Gentechnik-Volksbegehrens zu unter


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stützen und die Maßnahmen, die im Bereich der europäischen Regelungen vorgesehen sind, auch umzusetzen.

Zur Frage 2:

Ich darf Ihnen zum Freisetzungsmoratorium klar und deutlich antworten, daß ein prinzipielles Freisetzungsmoratorium aufgrund der bestehenden europäischen Rechtsnormen – wie Sie wissen – nicht möglich ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Das stimmt ja nicht!) Wir haben nie jemandem ein X für ein U vorgemacht, sondern wir haben das immer klipp und klar gesagt.

Wir müssen allerdings durch eine strenge Prüfung von Anträgen, die Fall für Fall erfolgt, gewährleisten, daß die größtmögliche Sicherheit der menschlichen Gesundheit und Umwelt in bezug auf die spezifischen österreichischen Gegebenheiten – wie zum Beispiel unser österreichisches Ökosystem – gewährleistet ist. Darüber hinaus hat es sowohl seitens des Verbraucherschutzministeriums als auch von meiner Seite Gespräche mit den betroffenen Unternehmen gegeben, und zwar mit dem Ziel, so lange auf Freisetzungen zu verzichten, bis die erforderlichen gesetzlichen Regelungen in unserem Lande – zum Beispiel über Haftungsfragen, Parteienstellung und so weiter – entsprechend getroffen sein werden. Wir brauchen ein Höchstmaß an Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten genauso wie für die Unternehmen.

Zur Frage 3:

Die Frage zur Parteienstellung kann ich Ihnen ganz einfach mit ja beantworten. Die Novelle zum österreichischen Gentechnikgesetz, die derzeit in Begutachtung ist, sieht eine solche Regelung bereits vor. Ich nehme an, daß Ihnen dieser Gesetzentwurf bekannt ist.

Zur Frage 4:

Auch zur ausgewogenen Besetzung der Ausschüsse ein klares Ja. Die Novelle zum österreichischen Gentechnikgesetz sieht eine solche Regelung vor. Darin ist eine verstärkte Einbindung von ExpertInnen vorgesehen, die wissenschaftliche Kompetenz zur Beurteilung der ökologischen Auswirkungen von Freisetzungen und der Aussaat gentechnisch veränderter Organismen besitzen.

Zur Frage 5:

Was das Nominierungsrecht des Forums österreichischer Wissenschaftler für den Umweltschutz betrifft, sind die Mitglieder dieses Forums sicherlich hervorragend zur Beurteilung ökologischer Fragestellungen geeignet und erfüllen somit die Kriterien gemäß Punkt vier. Demnach, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sieht der Novellierungsentwurf bereits zusätzliche Nominierungsrechte für dieses Forum vor.

Zur Frage 6:

Das österreichische Gentechnikgesetz umfaßt alle diesbezüglichen EU-rechtlichen Anforderungen. Bereits bei bisherigen Verfahren wurden länderspezifische Anliegen berücksichtigt, und in der geplanten Novelle des Gentechnikgesetzes sind die UVP-relevanten Kriterien – wie Parteienstellung, Bürgerbeteiligung und so weiter – vorgesehen.

Zum zweiten Themenkomplex:

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich denke, es ist unbestritten – und Sie wissen das auch –, daß die Bundesregierung die Frage der Weiterentwicklung der Frauenpolitik zu einem ihrer Schwerpunkte des Jahres 1998 gemacht hat. Denn es ist klar, daß sich erfreulicherweise und Gott sei Dank die überwiegende Mehrheit der Frauen, ja alle Frauen ein selbstbestimmtes Leben – womöglich auch durch selbst verdientes Einkommen – wünschen, wobei sie Beruf und Familie miteinander vereinbaren wollen. Wir müssen für eine menschliche und sozial gerechte Modernisierung unserer Gesellschaft sorgen. Die Gleichstellung von Mann und Frau ist ein


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zentrales Element dieser Politik der Bundesregierung, und wir werden davon nicht abrücken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem Bereich gibt es weitgehende ideologische Übereinstimmung, denn die Gleichberechtigung ist weitgehend akzeptiert. Wir wissen allerdings, daß die Realität oft noch um eine Generation nachhinkt, und daher ist es wichtig – dazu bekennen wir uns auch –, daß wir die wesentlichen Grundsätze und Ziele des Frauen-Volksbegehrens unterstützen, selbst wenn wir mit dem Weg dorthin nicht immer einverstanden sind. Auch das muß man offen sagen.

Wir wollen, daß die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sich so entwickeln, daß die Frauen auf eigenen Füßen stehen können. Es muß für Frauen möglich sein, unabhängig ihre Existenzsicherung zu erreichen. Sie wissen, daß die Frauenministerin zu diesem Thema bereits ein Weißbuch ausgearbeitet hat.

Es ist einer unserer Arbeitsschwerpunkte im Jahr 1998, zu versuchen, die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern durch konkrete Weiterentwicklungen zu erreichen, zum Beispiel durch den Impuls der Kinderbetreuungseinrichtungen. Sie wissen, daß vielen Frauen, die Beruf und Familie miteinander vereinbaren wollen, dies heute noch sehr, sehr schwer gemacht wird. Denken wir dabei an die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten oder der Flexibilisierung der Arbeitszeiten: Was nützt es da, daß die Kindergärten von 7 bis 17 Uhr geöffnet haben, wenn die Frauen wieder die Belastung tragen müssen oder keine Chance haben, berufstätig zu sein. (Abg. Schaffenrath: Öffnungszeiten von 8 bis 12 und von 2 bis 4 Uhr!)

Daher haben wir – erstmals vor zwei Jahren – 600 Millionen Schilling für gemeinsame Aktionen mit den an sich dafür zuständigen Ländern für mehr Kinderbetreuungseinrichtungen vorgesehen, und in der Zwischenzeit wurden über 16 000 solcher Einrichtungen entweder bereits geschaffen oder mit deren Errichtung begonnen. Das wird konkret etwas für mehr Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern getan! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen auch, daß wir im Rahmen der Diskussion über die Familienförderung nochmals zusätzlich 600 Millionen Schilling seitens des Bundes – plus Länderanteil sind es 1,2 Milliarden Schilling – für Kinderbetreuungseinrichtungen fordern. Die Regierung wird in dieser Hinsicht gemeinsam aktiv werden, weil es darum geht, den Frauen die Chance zu geben, Beruf und Familie auf erträgliche Weise miteinander zu vereinbaren.

Zweitens: Die Bundesregierung hat sich entschlossen, als Vorbild oder als Vorreiterin Frauenförderungspläne in jedem Ressort auszuarbeiten. Ich sage Ihnen ganz offen, daß ich das nicht nur über eine interne Anordnung oder über den Erlaßweg machen möchte, sondern ich werde vorschlagen – alle sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister sind dazu bereit, und ich nehme an, daß auch die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP dazu bereit sein werden –, diese Frauenförderungspläne mittels Verordnung, das heißt einklagbar, innerhalb der Bundesregierung durchzusetzen. Ein konkreter Schritt also für die Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte festhalten, daß es dabei nicht nur ums Reden geht. Seit ich Bundeskanzler bin, sind vier Frauen zur Führung von Sektionen berufen worden. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben allein schon im Bundeskanzleramt zwei Frauen, die mit der Führung einer Sektion betraut sind. Da könnten Sie auch paschen, denn das ist, glaube ich, wirklich etwas Positives! Oder? (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihren konkreten Fragen, zunächst zur Frage 7:

In diesem Punkt hat die Regierung bereits konkrete Aktivitäten gesetzt. Im Herbst 1997 hat die Frauenministerin eine Enquete über öffentliche Auftragsvergabe als Instrument der Frauenförderung durchgeführt. Nationale und internationale Expertinnen und Experten haben sich mit den rechtlichen Fragen dieser Forderung beziehungsweise mit vorhandenen ausländischen Modellen der betrieblichen Frauenförderung auseinandergesetzt. Ich nehme an, daß Sie das Brandenburger Modell bereits kennen. Dabei hat sich herausgestellt, daß auch seitens der Betriebe Interesse daran besteht, Frauenförderungsmaßnahmen einzusetzen, jedoch Unterstützung für eine sinnvolle Erstellung von Frauenförderungsplänen notwendig ist.


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Deshalb planen wir im kommenden Frühjahr eine Nachfolgeveranstaltung, in der es um die konkrete Ausgestaltung von effizienten und umsetzbaren Frauenförderungsplänen in Betrieben gehen wird. Außerdem sollen 1998 Sozialpartnergespräche über eine größere Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes aufgenommen werden, die eine notwendige Anpassung der betrieblichen Mitbestimmung an geänderte Arbeitsorganisation in Richtung stärkerer Chancengleichheit für Frauen mit sich bringen sollen. Mit dieser Novelle soll auch eine stärkere betriebsverfassungsrechtliche Verankerung von Maßnahmen zur betrieblichen Frauenförderung sowie von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Berufstätigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht werden.

Wir denken – und ich hoffe –, daß – ähnlich der Bindung öffentlicher Auftragsvergaben an die Lehrlingsförderung – auch die geschlechtsspezifische Ausgewogenheit der Förderung, also die verstärkte Förderung von Mädchen in zukunftsträchtigen Lehrberufen, entsprechend berücksichtigt werden wird. Ich bin der vollen Überzeugung, daß es sich die österreichischen Unternehmen nicht leisten können, auf die Kreativität, das Engagement und die Qualifikation der Hälfte der österreichischen Bevölkerung zu verzichten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bin zuversichtlich, daß ein Anreizsystem, wie es das Brandenburger Modell darstellt, von den österreichischen Betrieben angenommen werden wird.

Zur Frage 8: Besetzung freiwerdender Stellen am Verfassungsgerichtshof.

Sie wissen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, daß es heute eine geheime Abstimmung über die Frage geben wird, wer mit der ausgeschriebenen Funktion zu betrauen ist. Ich bin sicher, daß alle – auch die von Ihnen – angeschnitten Fragen bei der Entscheidung Berücksichtigung finden werden. Über mein Vorgehen im Bundeskanzleramt habe ich schon berichtet. Für die zwei Sektionsleitungen, die ich zu bestellen hatte, wurden zwei Frauen berufen.

Zur Frage 9: Mindesteinkommen.

Ich bin sehr stolz darauf, das erste Mal für den riesigen Bereich Arbeit und Soziales eine Sozialdemokratin als Ministerin bestellt zu haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Tichy-Schreder und Rosemarie Bauer.  – Abg. Dr. Khol: Vorgeschlagen, Herr Bundeskanzler, bestellt hat sie der Herr Bundespräsident!) Vorgeschlagen. Verzeihen Sie, Sie haben recht! (Abg. Dr. Khol: Die ersten waren wir mit der Rehor!) Deshalb habe ich auch "Sozialdemokratin" gesagt.

Zur Frage 9:

Das ist eine grundsätzliche Diskussion, wo ich meine, daß Sie anderer Meinung sind als die Mehrheit der österreichischen Politikerinnen und Politiker. Wir sind nämlich der Meinung – und ich habe das auch den Proponenten des Frauen-Volksbegehrens ganz offen und klar, ohne etwas zu verheimlichen, gleich gesagt –, daß in Österreich Kollektivvertragspolitik und auch Mindestkollektivvertragspolitik und Mindesgehaltspolitik auf der Ebene der Sozialpartner, der Kollektivvertragspartner und nicht auf gesetzlicher Ebene gemacht werden soll, und das werden wir auch weiterhin respektieren, Frau Kollegin. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das ist richtig!)

Ich bin überzeugt davon, daß sich diese Forderung des Frauen-Volksbegehrens auch im Bewußtsein der Kollektivvertragspartner niederschlagen wird, weil es dieses Anliegen zu unterstützen gilt. Ich halte eine gesetzliche Regelung, wie sie hier vorgeschlagen wurde, für kontraproduktiv, und ich bin überzeugt davon, daß den Schritten, die bisher gesetzt wurden, weitere folgen müssen.

Es geht darum, daß es bei gleichwertiger Arbeit – nicht nur gleicher; ich bin sehr froh, daß wir den Begriff "gleichwertig" im Jahre 1992 im Diskriminierungsverbot festgelegt habe – keine Einkommensunterschiede geben soll, wie es sie heute noch in der Praxis gibt. Wir wissen, daß wir im Bereich der Ausbildung, daß wir im Bereich bestimmter Sparten versteckte Diskriminierungen auf betrieblicher Ebene aufzufinden und zu ändern haben. Die Frau Bundes


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minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat daher die Kollektivvertragspartner, die Sozialpartner ersucht, Kollektivverträge und Vertriebsvereinbarungen nach versteckten Diskriminierungen gegen Frauen zu durchforsten und sie zu beseitigen.

Zur Frage 10: Kinderbetreuungseinrichtungen.

Ich habe in meinen einleitenden Worten bereits mit sehr viel Nachdruck festgestellt, daß es für uns entscheidend ist, daß Frauen nur dann gleichberechtigt am Erwerbsleben teilnehmen können, wenn gute Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Die diesbezügliche Initiative des Bundes, die ich vorgestellt habe, wird, nehme ich an, von Ihnen entsprechend unterstützt werden.

Zur Frage 11: Verankerung der Gleichstellung in der Verfassung:

Ich bekenne mich dazu. Wir wollen diesen Punkt – ich halte ihn für sehr wichtig – auch entsprechend umsetzen. Allerdings werden wir, wie in einer Demokratie üblich, in dieser Frage noch eine gemeinsame Meinung finden müssen, weil es mehrere Fraktionen in diesem Haus gibt, die nicht dieser Meinung sind.

Zu den Fragen 12 bis 14:

Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß das derzeit keine Aufgabe der Bundesregierung ist, weil das nicht im Bereich der Geschäftsführung der Bundesregierung liegt. Aber Sie wissen auch, daß mir der Schutz der Tiere ein wichtiges Anliegen ist. Es ist nämlich auch ein Zeichen für die Kultur eines Landes, wie es mit den Tieren umgeht. Ich meine, daß wir mit dem Schutz der Tiere, die ebenfalls Lebewesen sind und daher fühlen und leiden, eine große politische Verantwortung haben.

Ich freue mich, daß Sie heute hier zum Beispiel ein Tiertransportgesetz-Bahn diskutieren und hoffentlich auch beschließen werden. Das ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu mehr Tierschutz, mit dem wir an die Tiertransportgesetze, die wir bereits beschlossen haben, anschließen.

Ich bekenne mich persönlich dazu, daß es ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz geben sollte, aber wir müssen auch die Positionen der anderen in diesem Hohen Haus vertretenen Fraktionen akzeptieren und müssen da noch politische Überzeugungsarbeit leisten. (Abgeordnete Dr. Petrovic und Öllinger: Eine Fraktion!)

So ist es in einer Demokratie! Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete Petrovic, haben wahrscheinlich innerhalb Ihrer Partei auch schon öfter zur Kenntnis nehmen müssen, daß Ihr Wunsch allein nicht genügt, sondern daß man in einer Demokratie versuchen muß, entsprechende Mehrheiten zu finden und zu bilden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic. )

Wir glauben, daß wir auf diesem Weg weitergehen sollen. Wie Sie wissen, gibt es einen Initiativantrag der Abgeordneten Kostelka und Genossen, der die Schaffung einer Bundeskompetenz für den Tierschutz vorsieht, das heißt, die Aufnahme des Tierschutzes in den Artikel 11 der Bundesverfassung, und daß es, ausgehend von dieser Kompetenzänderung, auch einen Vorschlag für ein umfassendes Bundesgesetz über den Schutz der Tiere von den Abgeordneten Kostelka, Parfuss und Genossen gibt.

All dies ist den Bundesländern bekannt, und sie wissen auch über die politischen Vorstellungen im Zusammenhang mit der parlamentarischen Beratung, in die sie auch eingebunden sind, Bescheid. (Abg. Rauch-Kallat: Was haben die Länder getan?)

Ich hoffe, sehr geehrte Frau Abgeordnete, daß ich damit Ihre Fragen ausführlichst beantwortet habe, und wünsche mir, daß wir auch im Bereich eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes ein Stück weiterkommen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsbehandlung!)

15.46


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wollen Sie einen Antrag stellen, Kollege Stadler? – Bitte sehr. Zur Geschäftsbehandlung: Abgeordneter Stadler.

15.46

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Sie haben heute zu Beginn der Sitzung mitgeteilt, daß der Herr Bundespräsident mit der Vertretung der Frau Bundesminister für Arbeit und Soziales die Frau Bundesminister für Frauenfragen Mag. Prammer beauftragt habe, und der Herr Bundeskanzler hat uns in seinem langen Statement soeben referiert, daß sich die Frau Bundesminister Prammer derzeit im Ausland aufhalte.

Ich ersuche Sie um Mitteilung, Herr Präsident, ob der Herr Bundespräsident für die Vertretung der Vertreterin der Frau Bundesministerin für Arbeit und Soziales und für die Frau Bundesministerin für Frauenfragen selbst eine Vertretung berufen hat. (Abg. Dr. Mertel: Das war "ausgezeichnet"!)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Stadler! Ich habe die Mitteilungen des Herrn Bundespräsidenten, die bei mir eingelangt sind, heute pflichtgemäß und geschäftsordnungsgemäß bekanntgegeben. Weitere Vertretungsmitteilungen sind bei mir nicht eingelangt. (Abg. Mag. Stadler: Sie wird also von niemandem vertreten!? – Abg. Dr. Khol: Wenn Sie im EU-Ausland ist, braucht sie keine Vertretung! – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Kollege Kostelka! Sie wollen auch einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen? – Bitte.

15.48

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte vor allem die Neugier des Kollegen Stadler befriedigen: Die Frau Bundesminister Prammer ist in Brüssel in Erfüllung ihrer Aufgaben, und aufgrund der neuen Vertretungsregelungen, die Mitte vergangenen Jahres in Kraft getreten sind, bedarf es bei Aufenthalten im Ausland innerhalb des Territoriums der Europäischen Union keiner Vertretung, die durch den Bundespräsidenten genehmigt wird. (Abg. Dr. Niederwieser: Stadler kennt die Geschäftsordnung nicht! Das war eine Blamage!)

15.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bedanke mich beim Herrn Bundeskanzler für die Beantwortung der Dringlichen Anfrage.

Wir gehen in die Debatte ein, in der kein Redner beziehungsweise keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf.

Als erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Unruhe im Saal.)

15.49

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ich möchte wieder auf das eigentliche Thema zu sprechen kommen. Die Frage der Vertretungsregelungen können sich die Herrschaften vielleicht woanders ausmachen. Uns Grünen geht es um etwas Wichtigeres.

Herr Bundeskanzler! Wir Grünen versuchen nicht, so wie Sie das gemeint haben, die drei Volksbegehren für parteipolitische Zwecke zu mißbrauchen. Uns geht es dabei darum, die Anliegen von sehr vielen Menschen, die sich darin artikuliert haben, und auch die Aufgabe und Rolle dieses Parlaments ernst zu nehmen.

Erst letzte Woche hat der Präsident dieses Hauses eine Umfrage präsentiert, wonach eine erhebliche Mehrheit in diesem Land – rund 80 Prozent der Bevölkerung – mit der Arbeit dieses Hauses, vor allem der einzelnen Abgeordneten nicht sehr zufrieden ist. Ich denke, ein Hauptgrund für diese Unzufriedenheit liegt wohl darin, daß sich sehr viele Kolleginnen und Kollegen in


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diesem Hohen Hause offenbar selbst nicht sehr ernst nehmen und in vielen Fällen – wie es sich auch bei den Volksbegehren zeigt – auch die Ängste, die Probleme, die Anliegen der Bevölkerung nicht ernst nehmen.

Herr Bundeskanzler, nun zu Ihrer Behauptung, daß wir Grünen Zwietracht zwischen Ihnen und Ihrem Koalitionspartner säen wollen: Dazu brauchen Sie nicht uns! Soweit ich weiß, sind die Auseinandersetzung um die NATO, die differenzierte Betrachtungsweise der Sicherheitspolitik generell, die Auseinandersetzung um das Bundesheer und um die Familienbesteuerung nicht etwas, was wir Grüne ununterbrochen schüren, sondern da gibt es innerhalb der Koalition erhebliche Differenzen. Ich meine, Gott sei Dank gibt es doch noch irgendwo einen Unterschied zwischen einer sozialdemokratischen Partei und einer konservativen Volkspartei. – Die Bezeichnung "Volkspartei" finde ich ja besonders interessant bei diesem Punkt, bei dem wir über Volksbegehren diskutieren, die die rechte beziehungsweise mittlere Fraktion dieses Hauses, also die ÖVP, überhaupt nicht ernst nimmt. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich denke, es ist wichtig, daß es zwischen SPÖ und ÖVP ideologische Unterschiede gibt – auch in einer Regierung, und nirgendwo zeigen sich diese ideologischen Unterschiede so deutlich wie bei diesen drei Volksbegehren. Der Grund, weshalb wir diese Dringliche Anfrage an Sie stellen wollten, Herr Bundeskanzler, ist, damit Ihnen auffällt, daß es drei Volksbegehren gibt, für die es eigentlich in diesem Hohen Haus eine große Mehrheit geben müßte.

Im Bereich der Gentechnik gibt es diesen Entwurf der Frau Ministerin Prammer, den Sie ja mehrmals bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage zitiert haben. Mit vielen Aspekten darin könnten wir uns sehr gut zurechtfinden, zum Beispiel in Fragen der Parteienstellung oder der Einbindung kritischer Wissenschaftler in die Ausschüsse, nur hat die ÖVP das schon längst wieder herausreklamiert. Wir verhandeln im Ausschuß derzeit einen Antrag, Herr Bundeskanzler, der all das, was die Frau Ministerin Prammer vorgeschlagen hat, längst nicht mehr enthält.

Gleiches gilt für die Anliegen des Frauen-Volksbegehrens.

Gleiches gilt auch, und zwar ganz besonders, für die Anliegen des Tierschutz-Volksbegehrens. In diesem Bereich wird von der ÖVP seit Monaten alles blockiert. Eigentlich hätten wir hier eine satte Mehrheit, aber der SPÖ fehlt offensichtlich der Wille, für diese Anliegen auch innerhalb der Koalition zu kämpfen, so wie sie es in anderen Bereichen sehr wohl tut.

Wir haben das erlebt: Sie haben sich im wichtigen Bereich der Pensionen für die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion eingesetzt. Sie haben sich natürlich im ganzen Bereich der neuen Bankenwelt in diesem Lande eingesetzt, wo es um sehr viel Macht, um sehr viel Geld geht. Wir erwarten ein ähnliches Engagement von Ihnen, Herr Bundeskanzler, aber auch von den Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, für diese Anliegen, die Sie angeblich vertreten, zu kämpfen. (Beifall bei den Grünen.)

Denn: Die ÖVP kämpft schon, aber in die andere Richtung! Hier sitzen leider die Lobbyisten einer Genindustrie, die überhaupt kein Interesse daran haben, das Gentechnikgesetz zu verschärfen. Es war ja "wunderbar" – ich muß Ihnen gratulieren, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat; was Sie am Sonntag geleistet haben, das war gute PR-Arbeit –, gerade von Ihnen zu hören, daß Sie eine Verschärfung des Gentechnikgesetzes wollen, wo Sie doch seit Monaten im Ausschuß alles blockieren, was eine Verschärfung des Gentechnikgesetzes mit sich brächte. (Abg. Rauch-Kallat: Sie haben nicht einmal einen Antrag eingebracht!) Sie wollen da bewußt der Bevölkerung Sand in die Augen streuen.

Es ist ein Antrag zurückgezogen worden, der nie hätte gestellt werden sollen, aber an der realen Situation im Bereich der Gentechnik hat sich seit dem Sonntag überhaupt nichts geändert. Wir stehen vor der Situation, daß die Anliegen der Initiatoren des Gentechnik-Volksbegehrens bisher in keinem Punkt verwirklicht wurden. Ganz im Gegenteil: In einem Punkt ist das Anliegen schon schubladisiert worden. Ein zentraler Punkt war "Kein Patent auf Leben".


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Was ist denn passiert, Herr Bundeskanzler? – Die SPÖ wäre mit uns bei einem Beschluß im Hauptausschuß mitgegangen, den Wirtschaftsminister Farnleitner zu binden, im EU-Ministerrat gegen die EU-Patentierungsrichtlinie zu stimmen. Viele Kollegen der SPÖ haben mir immer wieder gesagt: Wir würden gerne mit euch mitstimmen, aber – leider, leider! – die ÖVP läßt uns nicht. Koalitionstreue geht vor! So hat die ÖVP eine vernünftige Positionierung Österreichs im Ministerrat verhindert.

Deshalb werden Sie ein bißchen unglaubwürdig, Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie uns heute wieder gesagt haben, daß Sie in vielen Punkten mit den Forderungen übereinstimmen, daß Sie diesbezüglich etwas erreichen wollen. Ich bin mit Ihren Antworten, die Sie uns betreffend den Bereich der Gentechnik gegeben haben, über weite Bereiche recht zufrieden, nur muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich vertraue nicht wirklich darauf, daß das in den Ausschüssen bei der konkreten Umsetzung durch ein entsprechendes Abstimmungsverhalten spürbar und sichtbar wird. (Beifall bei den Grünen.)

Ich konnte es bisher in den Ausschüssen nicht feststellen. Ganz im Gegenteil: Wir haben gleichzeitig einen Gesetzentwurf der Frau Ministerin Prammer zur Begutachtung vorgelegt bekommen, und ich habe auch den Verdacht, den meine Kollegin Frau Petrovic hier schon formuliert hat: Es scheint da von seiten der Sozialdemokraten so etwas wie eine gute PR zu laufen. Das funktioniert ja recht gut.

Sie, Herr Bundeskanzler, haben ja jetzt Ihr einjähriges Kanzlerjubiläum gefeiert, und es wurde Ihnen quer durch alle Medien zugestanden, daß Sie sich eigentlich sehr gut verkaufen. Ja, Sie demonstrieren mehr Volksnähe, mit dem mir etwas unangenehmen Nebeneffekt, daß Sie meinem Geschmack nach zu sehr dem Boulevard nachlaufen. Wie dem auch sei, Sie demonstrieren mehr Volksnähe. Aber in Ihren Handlungen fehlt mir diese Volksnähe schon, und im Abstimmungsverhalten hier im Haus fehlt sie mir ganz besonders. Aber vielleicht haben Sie als SPÖ-Chef zu wenig Einfluß auf Ihre Mandatarinnen und Mandatare. Hier ist plötzlich sehr viel vom freien Mandat die Rede. (Abg. Reitsamer: Na geh!) Wenn dem nicht so ist, Frau Kollegin Reitsamer, dann würde ich mich freuen, wenn sich die Worte des Bundeskanzlers in irgendeiner Form tatsächlich auf unsere Arbeit in all den Ausschüssen auswirkten, wo wir überall die Mehrheit hätten, wo aber die ÖVP leider bisher sehr erfolgreich all die progressiveren, fortschrittlichen Maßnahmen blockiert hat.

Herr Bundeskanzler, wir sind heute, im Jahre 1998, in der Situation, daß wir im Bereich der Gentechnik auf dem gleichen Diskussionsstand sind wie 1992. Wir haben bei der Debatte in der Gentechnik-Enquete-Kommission den Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion und auch der ÖVP-Fraktion immer wieder gesagt, daß es bei einer Risikotechnologie wie der Gentechnologie, wo sehr viele Ängste und Befürchtungen in der Bevölkerung vorhanden sind, nicht möglich sein wird, die Kritiker auszublenden, sondern daß es, gerade wenn man mündige Bürger haben und eine fortschrittliche Politik machen will, notwendig ist, die Widerstände, die Ängste ernst zu nehmen und die Kritiker in Entscheidungsprozesse einzubinden.

Das Gentechnikgesetz war genau die gegensätzliche Antwort: Kritiker raus, kritische Experten raus! Und wir haben heute, 1998, eine absolute Pattstellung. Nichts geht mehr! Jetzt haben Sie die Möglichkeit, entweder endlich all diese Anliegen, die von so vielen Menschen in drei unterschiedlichen Volksbegehren unterzeichnet wurden, ernst zu nehmen und in entsprechende Gesetzesänderungen umzuformulieren, oder zuzulassen, daß wir tatsächlich eine absolute Pattsituation haben, wo nichts mehr geht, wo es nur mehr – zum Teil auch irrationale – Widerstände auf allen Seiten gibt, wobei sicherlich auch nicht das passiert, was sich die Genindustrie oder auch andere Lobbies, die sich bei der ÖVP wiederfinden, vorstellen.

Die ÖVP muß sich wirklich überlegen, wie sie es verantworten will, daß sie derzeit in vier aktuellen Bereichen – im Bereich der Gentechnik, im Bereich der Frauenpolitik, im Bereich des Tierschutzes, aber auch im Bereich des Besitzes von Waffen – alles blockiert. Nichts scheint Sie von der ÖVP zu überzeugen, kein rationales Argument. Sie glauben, hier eine Minderheit, die bei Ihnen aber offenbar stark vertreten ist, repräsentieren zu müssen.


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Herr Bundeskanzler! Es wird an Ihnen liegen, einen echten Kampfeswillen in die Richtung zu zeigen, daß es Ihnen ernst ist, Ihren Regierungspartner zu überzeugen, und daß Sie uns heute hier nicht nur schöne Antworten gegeben haben, wissend, daß die ÖVP ohnehin alles blockiert, sondern daß Sie sich da genauso einsetzen, wie Sie es jedenfalls in anderen Bereichen tun, wo es vielleicht um mehr Machtpolitik, vielleicht auch um mehr Parteipolitik geht.

Herr Bundeskanzler! Sie haben uns bezüglich einiger Bereiche Antworten gegeben, mit denen wir in den Ausschüssen gut weiterarbeiten können, aber die Nagelprobe steht in wenigen Wochen bevor, und wir hoffen, daß Sie sich dann noch gut an Ihre hier gemachten Äußerungen erinnern können und daß Sie die Abgeordneten Ihrer eigenen Partei besonders daran erinnern werden, gerade in bezug auf diese drei Volksbegehren nicht nur zu reden, sondern endlich zu handeln. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.00

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist verständlich und auch richtig, daß diejenigen, die ein Volksbegehren einbringen, und diejenigen, die ein Volksbegehren unterschreiben, in der Folge sehr genau beobachten, was hier im Parlament damit geschieht.

Als Vorsitzende des Gleichbehandlungsausschusses habe auch ich großes Interesse daran, daß es eine ständige Diskussion gibt, daß es einen Dialog zwischen denen, die sich bei diesem Volksbegehren so engagiert haben, und uns, die wir mit bestem Wissen und Gewissen versuchen, die Forderungen umzusetzen, gibt.

650 000 Unterschriften für das Frauen-Volksbegehren waren für uns ein eindeutiges Zeichen. Ich möchte betonen – das ist mir sehr wichtig –, daß auch viele Abgeordnete meiner Fraktion dieses Volksbegehren mitunterzeichnet haben. Warum? – Weil uns dieses generelle Anliegen, die Situation der Frauen zu verbessern, Probleme, die sich zeigen, zu lösen und negativen Tendenzen entgegenzuwirken, sehr wichtig ist. Der Herr Bundeskanzler hat bereits ausgeführt, daß das ein ganz zentrales Schwerpunktthema für uns Sozialdemokraten darstellt. Viele einzelne Forderungen sind für uns nicht neu. Es sind dies Forderungen, die auch wir als sozialdemokratische Partei und wir sozialdemokratischen Frauen bereits gestellt haben.

Ich möchte daran erinnern, daß zum Beispiel die Behaltefrist nach dem Karenzurlaub und die Teilzeitarbeit für Eltern von Kleinkindern zwei Forderungen sind, die schon von Ministerin Dohnal gestellt und bereits im großen Gleichbehandlungspaket verhandelt worden sind. Damals gab es dafür allerdings leider keine Mehrheit. Ich würde mich sehr freuen, wenn es möglich wäre, sie jetzt durchzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch betonen – auch wenn ich, wie gesagt, verstehe, daß wir sehr gedrängt werden –, daß eine ganze Reihe von Maßnahmen in letzter Zeit für die Frauen gesetzt worden ist. Ich möchte zum Beispiel darauf hinweisen, daß sich Herr Wissenschaftsminister Einem sehr darum bemüht, an den Universitäten verstärkt Frauen zu Professorinnen zu ernennen, daß allein innerhalb des letzten Jahres vier Frauen zu Sektionschefinnen ernannt worden sind, daß wir also das, was die "gläserne Decke" genannt wird, wirklich zu durchstoßen versuchen und daß wir in letzter Zeit sehr bewußt und sehr gezielt fähige Frauen in Führungspositionen gebracht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß erst kürzlich im Zusammenhang mit den geringfügigen Beschäftigungen ein großer Schritt nach vorne gelungen ist. Ich weiß, daß noch nicht alle Forderungen erfüllt sind, aber das war eine besonders wichtige Maßnahme. Ich bin sehr froh darüber, daß sie vom Nationalrat und vom Bundesrat beschlossen worden ist.


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Wir werden morgen beschließen, daß es auch im Bundesland Tirol eine Gleichbehandlungsanwältin geben wird. Die betreffenden Fälle müssen also nicht mehr von Wien aus behandelt werden, sondern es wird auch in den Bundesländern die Möglichkeit bestehen, daß Frauen, die Probleme am Arbeitsplatz haben, sich an eine Anwältin wenden können. (Beifall der Abg. Wurm. )

Wir werden auch – Sie wissen das; wir haben das bereits im Ausschuß besprochen – die Stellung der Gleichbehandlungsanwaltschaft ganz allgemein verbessern. Eine diesbezügliche Regelung ist in Bearbeitung. Das ist eine ganz zentrale Frage für uns, denn wir wissen, daß Frauen in der Berufswelt nach wie vor sehr benachteiligt werden und daß die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit noch nicht verwirklicht ist. Deshalb werden wir ganz gezielt Maßnahmen in dieser Richtung setzen.

Der Herr Bundeskanzler hat im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung ein zentrales Anliegen meiner Fraktion bereits erwähnt. Wir wissen, daß die jungen Frauen Beruf und Familie vereinbaren wollen. Wir wissen auch, daß es für sie sehr wichtig ist, daß, während sie arbeiten, die Kinder gut betreut sind und daß sie vor allem sicher sein können, daß sie gut betreut sind. Daher halte ich es für eine sehr wichtige Maßnahme und möchte es ausdrücklich begrüßen, daß weitere 600 Millionen Schilling vom Bund für Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von Plänen in diesem Zusammenhang darstellen, aber aus zeitlichen Gründen ist das nicht möglich. Ich möchte daher nur noch ein paar Worte zur weiteren Vorgangsweise im Gleichbehandlungsausschuß sagen. Wir haben vereinbart, daß Themenblöcke behandelt werden; zuerst die Frage der Verfassung, und zwar Artikel 7 der Bundesverfassung. Dazu gibt es im übrigen einen Antrag, den ich eingebracht habe. Es gibt inzwischen auch mehrere andere Anträge. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, doch noch zu einer Einigung darüber zu kommen, denn es wäre ein wichtiges Anliegen meiner Fraktion, die Gleichbehandlung in der Bundesverfassung eigens zu verankern.

Es werden also die verschiedenen Themen in Blöcken behandelt. Wir haben Expertinnen und Experten dazu beigezogen und werden das auch weiterhin tun. Ich glaube, daß es wichtig ist, daß wir uns die Meinung dieser ExpertInnen anhören. Es wird uns immer wieder vorgeworfen, daß wir Regelungen treffen, die zu kompliziert sind, daß wir Regelungen treffen, die dann nicht so umsetzbar sind, wie wir uns das wünschen. Das heißt also, es geht darum, daß wir nicht nur gutgemeinte, sondern auch wirklich gute Gesetze beschließen. Dafür brauchen wir ein bißchen Zeit. Ich möchte und muß daher die Initiatorinnen des Volksbegehrens darum bitten, noch etwas Geduld zu haben.

Wir werden im März, spätestens im April 1998 einen Bericht legen. Das wird ein inhaltlicher Bericht sein, und es wird Entschließungsanträge und Gesetzesanträge dazu geben. Das heißt, es muß ein Paket geschnürt werden, das für die Frauen auch wirklich Schritte setzt, mit dem wir für die Frauen wirklich einen Sprung nach vorne machen. Ich denke, daß wir das gemeinsam diskutieren sollten und daß auch die Initiatorinnen des Volksbegehrens an dieser Diskussion teilnehmen sollten. Ich würde es sehr bedauern, wenn es wirklich dazu käme, daß sie nicht mehr an unseren Verhandlungen teilnehmen. Wir brauchen den Dialog, wir brauchen die Diskussion! Dann werden wir auch, davon bin ich überzeugt, ein gutes Maßnahmenpaket zustande bringen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind jedenfalls sehr dafür und stehen auch zu unseren Anliegen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Rauch-Kallat zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.08

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei nimmt jedes Volksbegehren sehr, sehr ernst, und zwar jede einzelne Unterschrift (Beifall bei der ÖVP), die von den Unterzeichnern eines jeden Volksbegehrens geleistet wird, weil sie damit ein Anliegen depo


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nieren, das sie an die österreichische Bundesregierung und an dieses österreichische Parlament richten.

Wir haben auch, insbesondere bei den heute zur Diskussion stehenden drei Volksbegehren, sehr viel Verständnis für das Grundanliegen. Die Gentechnologie ist ein wichtiger Bereich, der in vielen Punkten für die Menschheit Segen gebracht hat, der aber auch Fluch bedeuten könnte. Er ist daher mit besonderer Vorsicht, mit besonderer Sorgfalt und auch mit ständiger Beobachtung zu begleiten.

Die Frauenanliegen sind Anliegen, die der Österreichischen Volkspartei ganz wesentlich sind, wenngleich ich auch im Vorfeld des Volksbegehrens nicht verhehlt habe, daß manche der Forderungen so formuliert waren, daß sie sich durchaus auch gegen Frauen richten könnten und daher frauenfeindlich sind. (Abg. Öllinger: Welche?!)

Auch zu einem umfassenden Tierschutz bekennt sich die Österreichische Volkspartei, weil es uns ganz wichtig ist, daß jedem Lebewesen in diesem Land mit Ehrfurcht begegnet wird und jedes Lebewesen hier auch ein Recht zu leben hat. (Beifall bei der ÖVP.) Wir werden es aber nicht zulassen, daß durch Forderungen, wie sie zum Beispiel in den Papieren der Grünen enthalten sind, bäuerliche Familienbetriebe in Österreich zugrunde gehen und damit bäuerliche Familien ihre Lebensgrundlage verlieren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich ganz kurz auf die drei Bereiche eingehen. – Was den Gentechnikausschuß anbelangt, bedauere ich es zutiefst, daß die Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens diesem Ausschuß nunmehr fernbleiben, besonders deshalb, weil mit ihnen – und zwar sehr ausführlich –, genauso wie mit allen fünf Fraktionen dieses Hauses, im Vorfeld der parlamentarischen Behandlung die Vorgangsweise in diesem Ausschuß festgelegt wurde. Die Abwicklung dieses Ausschusses stand also im voraus fest und damit auch, daß Abstimmungen und damit konkrete Ergebnisse erst mit dem Schlußbericht dieses Ausschusses im Parlament zu behandeln sein werden.

Nichtsdestotrotz hat sich meine Fraktion gemeinsam mit der sozialdemokratischen Fraktion zum Beispiel darum bemüht, daß durch einen Fristsetzungsantrag an den Justizminister das schon lange fällige Haftungsgesetz nunmehr bis zum 15. April durch den Ministerrat gehen muß, damit es noch vor dem nächsten Sommer in diesem Hause behandelt und verabschiedet werden kann, sodaß in diesem Bereich auch Verunsicherungen für die österreichische Bevölkerung ausgeräumt werden können.

Lassen Sie mich aber auch sagen, daß die Umsetzung mancher der 38 Forderungen, die im Nachfeld des Gentechnik-Volksbegehrens – denn es gab nur drei Punkte im Gentechnik-Volksbegehren – von den Proponenten des Volksbegehrens an die Bundesregierung erhoben und dann auch im Gentechnikausschuß eingebracht wurden, bedeuten würde, daß Tausende Österreicherinnen und Österreicher ihre Arbeitsplätze verlieren würden. Genau dagegen wehrt sich die Österreichische Volkspartei! Wir fühlen uns verantwortlich für die österreichischen Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie, Frau Kollegin Langthaler, sagen – das hat mich schon etwas verwundert –, wie viele sozialdemokratische KollegInnen Ihnen versichert hätten, wie gerne sie gegen die Biopatentrichtlinie stimmen würden, dann muß ich Ihnen entgegnen: Es muß Ihnen schon klar sein, daß wir, wenn wir der Biopatentrichtlinie nicht zugestimmt hätten, jetzt in Österreich schlechtere – und zwar sowohl nationale als auch internationale – Regelungen hätten, als dies davor der Fall war und daß in Hinkunft keine biotechnologischen Unternehmungen mehr irgendein Interesse am Wirtschaftsstandort Österreich hätten! (Abg. Ing. Langthaler: Blödsinn!)

Frau Kollegin Langthaler! Wir haben derzeit in Österreich mehr als 5 000 Arbeitsplätze in der Biotechnologie. Diese hätten Sie damit schwer gefährdet, und das bedeutet für 5 000 Familien weniger Einkommen oder Arbeitslosigkeit.


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Ich möchte kurz aus einer heutigen Zeitschrift zitieren. "Die Welt der Wirtschaft" schreibt unter dem Titel: "Biotechbranche boomt" – ich zitiere –: "Die Zahl der Unternehmen hat sich vervierfacht."

Oder hier (die Rednerin hält eine Graphik mit der Überschrift "Unternehmen in Deutschland" in die Höhe) : Das ist eine deutsche Statistik. Sie zeigt den Anstieg der Zahl der Unternehmen in dieser Branche von 75 Unternehmen im Jahr 1995 auf 150 im Jahr 1996 und 300 im Jahr 1997. Das entspricht einer prognostizierten Zunahme der Zahl der Arbeitsplätze von 40 000 im Jahr 1996 auf 110 000 im Jahr 2000. (Abg. Ing. Langthaler: Die Arbeitsplätze, die vernichtet werden, stehen leider nicht drinnen!)

Ähnlich könnte – ich betone "könnte" – die Entwicklung auch in Österreich sein, es sei denn, die Grünen verhindern das, aber dafür reicht wohl die Stärke Ihrer Fraktion in diesem Hause nicht. Aber es kann, wenn Sie die Sozialdemokraten überzeugen, möglicherweise zu einem wirtschaftsfeindlicheren Kurs kommen. Ich bin Ihnen ja sehr dankbar dafür, daß Sie hier immer wieder betonen, daß die Österreichische Volkspartei der Garant für die österreichische Wirtschaft und damit der Garant für die österreichischen Arbeitsplätze ist! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Oder eine andere Überschrift: Biotechnologiemarkt in Europa in Milliarden D-Mark, Annahme mittleres Szenario: 14 Prozent Wachstum pro Jahr, also gar nicht unwesentlich. (Abg. Ing. Langthaler: Biotechnologie und Gentechnologie – wissen Sie, daß es da einen Unterschied gibt?!) Ich werde Ihnen gerne darauf antworten.

Um nicht in Verdacht zu geraten, daß das eine ÖVP-Meinung ist, Frau Abgeordnete Langthaler, zitiere ich aus dem "Standard" von gestern: "Es geht nicht um den Mais. Die echten Probleme von Gentechnik und Bauern wollen viele nicht ansprechen." Und weiter heißt es – ich zitiere –: "Da wird lieber der Anschein erweckt, als ließe sich die Entwicklung mit ein paar Demonstrationen und ein paar Postkarten an die Konsumentenschutzministerin ernsthaft aufhalten. Das funktioniert natürlich nicht. Anderswo geht die gentechnische Entwicklung weiter, ob das den Österreichern nun paßt oder nicht." (Abg. Ing. Langthaler: Der Zug fährt zwar in die falsche Richtung, aber es ist Wurscht!) "Sicher ist nur, daß Österreich an dem Geschäft nicht beteiligt sein wird, wenn sich das Image einer technikfeindlichen Alpenrepublik mit vorurteilsbeladener Bürokratie verfestigt." – Ende des Zitats aus dem "Standard" von gestern, und der "Standard" ist ja wirklich keine bürgerliche Zeitung, sondern eher grün orientiert.

Frau Abgeordnete Langthaler! Nehmen Sie zur Kenntnis, daß die Österreichische Volkspartei nicht zulassen wird, daß die grüne Fraktion dieses Hauses Arbeitsplätze in Österreich vernichtet! (Beifall bei der ÖVP.)

Nehmen Sie weiters zur Kenntnis, daß wir nicht zulassen werden, daß Sie Arbeitsplätze in der Landwirtschaft vernichten, daß Sie Arbeitsplätze in der Forschung und Technologie vernichten, daß Sie Arbeitsplätze in der Wirtschaft vernichten (Abg. Ing. Langthaler: Gott sei Dank!) und nicht zuletzt letztendlich auch Arbeitsplätze in der Medizin vernichten werden, weil auch alle Pharmafirmen diesen Standort Österreich dann nicht mehr als den ihren ansehen würden.

Es würde mich ja sehr interessieren, Frau Abgeordnete, was Ihr neuer Bundesparteiobmann Kollege Van der Bellen zu dieser wissenschafts- und technologiefeindlichen Haltung sagt. Das wäre sicher sehr interessant!

Auch Frau Abgeordnete Petrovic will offensichtlich nicht wahrhaben, daß Arbeitsplätze nicht von der grünen Fraktion oder von Berufsdemonstranten oder selbsternannten Tierbefreiern geschaffen werden, sondern von österreichischen Betrieben, von innovativen Kleinbetrieben und mittleren Unternehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Die Initiatoren des Volksbegehrens vernichten Arbeitsplätze?)

Lassen Sie mich ganz kurz ein paar Worte zum Tierschutz-Volksbegehren sagen; Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer wird dann noch zum Frauen-Volksbegehren Stellung nehmen. – Der Herr Bundeskanzler ist uns leider eine Antwort schuldig geblieben. Er ist jetzt auch nicht da. Es


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muß ihm ja bekannt sein, daß die Landeshauptleutekonferenz einen einstimmigen Beschluß gegen eine Kompetenzverschiebung im Tierschutz gefaßt hat, und zwar mit den Stimmen der beiden sozialistischen Landeshauptleute Häupl und Stix. (Staatssekretär Dr. Wittmann spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Tychtl. – Abg. Dr. Khol: Herr Dr. Wittmann! Vielleicht hören Sie der Rednerin zu!)

Daher hat die Österreichische Volkspartei als einzige Fraktion dieses Hauses weiter an der Sache gearbeitet, und es ist uns gelungen, die Landeshauptleute davon zu überzeugen, daß sie schon vor dem Tierschutz-Volksbegehren bundeseinheitliche Regelungen in der Nutztierhaltung geschaffen haben, die in der Europäischen Union vorbildlich sind. Deutsche Tierschützer führen immer wieder die österreichischen Regelungen in der Nutztierhaltung an. Mit diesen vorbildlichen Artikel-15a-Verträgen, die bereits in allen neun Bundesländern umgesetzt wurden, ist Österreich in der Nutztierhaltung ein Musterland! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben nunmehr in allen jenen Bereichen, die derzeit noch nicht bundeseinheitlich geregelt sind, die Landeshauptleutekonferenz ersucht, einen Expertenentwurf vorzulegen. Es war bezeichnend, daß der Herr Kollege Kostelka in der letzten Ausschußsitzung baß erstaunt darüber war, daß das doch zu einem Ergebnis geführt hat. Und bei allen Mängeln, die dieser Expertenentwurf in der Tat noch hat, muß man sagen, es liegt etwas vor, was durchaus zu einem Ergebnis führen könnte.

Daher meine ich, daß wir als einzige Fraktion in dieser Sache etwas weitergebracht haben. Wir hoffen, daß wir sehr bald auch noch zu einer Artikel-15a-Regelung für die restlichen Bereiche kommen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Kollegin Dr. Petrovic gemeldet. Ich bitte um Formulierung des zu berichtigenden und des tatsächlichen Sachverhaltes.

16.19

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Drei ganz kurze Berichtigungen.

Frau Abgeordnete Rauch-Kallat hat gesagt, daß die vorliegenden Anträge der Grünen beziehungsweise der Volksbegehren Tausende Arbeitsplätze im Bereich der Biotechnologie gefährden oder vernichten.

Dies ist unrichtig. Wir haben die Arbeitsplätze in Österreich in diesem Bereich Punkt für Punkt analysiert. Ein einziger Fall fiele darunter, und zwar die Marillenbäume des Professor Kattinger an der BOKU. Ich weiß nicht genau, wie viele Menschen dort arbeiten, aber ich bin sehr sicher, daß es nicht Tausende sind.

Punkt zwei: Sie sprachen davon, daß die klein- und mittelbetriebliche Struktur im Bereich der Gen- und Biotechnologie in Österreich durch diese Anträge gefährdet sei. Dies ist unrichtig. In diesem Bereich gibt es in Österreich keine Klein- und Mittelbetriebe, sondern insbesondere Immuno, Novartis, Biochemie und AgrEvo. Das sind Konzerne und keine Kleinbetriebe!

Zum dritten: Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Sie haben gesagt, daß unsere Tierschutz-Anträge die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe bedrohen.

Dies ist unrichtig. Die Politik der ÖVP bedroht und vernichtet diese Arbeitsplätze. So ist die Zahl der Betriebe zwischen 1990 und 1995 von 281 910 auf 263 522 zurückgegangen, wobei die Zahl der kleinen Betriebe viel stärker zurückgegangen ist als die der großen; diese wachsen. – Das ist Ihre Politik! (Beifall bei den Grünen.)


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16.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

16.21

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Kollegin Rauch-Kallat hat mit ihren Ausführungen eindeutig und sehr deutlich gezeigt, daß sie sicherlich nicht die Idealbesetzung für den Vorsitz des Sonderausschusses ist. Ihre Haltung zur Gentechnologie ist eine so eindeutig befürwortende, daß sie für Argumente, geäußert von Wissenschaftern, gar nicht mehr die notwendige Zugänglichkeit aufweisen kann. Frau Kollegin Kallat, das haben Sie klar und deutlich bewiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen. – Abg. Rauch-Kallat: Können Sie mir eine einzige Unkorrektheit nachweisen?)

Sie haben bei Ihrer Aufzählung, in welchen Bereichen Arbeitsplätze vernichtet werden, eines vergessen: Es wird mit der Zulassung dieser äußerst bedenklichen Technologie, nämlich der Gentechnologie, die in Österreich hoffentlich noch lange nicht Einzug halten wird (Abg. Rauch-Kallat: Ihre Rede werden wir Herrn Prinzhorn schicken!), unter Umständen im Bereich der vom Kollegen Molterer heute als so notwendig erachteten biologischen, naturnahen Landwirtschaft eine Unzahl von Arbeitsplätzen in diesem Land vernichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Sind Sie heute gut motiviert?)

Lassen Sie mich einleitend grundsätzliche Feststellungen zum Instrument der direkten Demokratie machen, Herr Klubobmann. (Abg. Dr. Khol: Denken Sie nach, was Sie sagen! Sonst liebt Sie Ihr Parteiobmann nicht!) Uns Freiheitlichen war es immer ein Anliegen, die direkte Demokratie im Lande zu stärken und weiter auszubauen. Fest steht, daß die direkte Demokratie eine absolut notwendige Ergänzung zum Parlamentarismus ist, vor allem zu dem oft hier in diesem Haus geübten Parlamentarismus, der nicht in der Form stattfindet, wie er stattfinden sollte, sondern Sie übernehmen einfach das, was von der Regierung eingebracht wird. (Abg. Dr. Khol: Da haben Sie jetzt nicht nachgedacht! Ihr Obmann wird Sie nicht lieben, Herr Kollege! Sie haben nicht nachgedacht! Er liebt nur Leute, die nachdenken!)

Diese direkte Demokratie ist manchmal auch ein Korrektiv, vor allem dann, wenn eine Regierungsmehrheit so wie die Ihre aufgrund von vorauseilendem EU-Gehorsam, der besonders von der ÖVP kommt, die österreichischen Interessen vernachlässigt oder ignoriert oder – noch schlimmer –, so wie Sie es bei der Patentierungsrichtlinie getan haben, sogar verrät. Sie haben hier österreichische Interessen verraten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Gentechnik-Volksbegehren ist geradezu ein klassisches Beispiel dafür, daß Sie die Ergebnisse dieser direkten Demokratie nicht ernst nehmen. Dieses überparteiliche Volksbegehren wurde von mehr als 1,2 Millionen Menschen in diesem Lande unterzeichnet und hat übrigens im Vorfeld zu einer umfassenden Information der Bevölkerung beigetragen. Es hat dazu beigetragen, daß dieses sensible Thema breit diskutiert wurde, daß sich die Öffentlichkeit Wissen angeeignet hat, um kompetent über diese Fragen zu diskutieren, die die Zukunft der Bevölkerung in diesem Land entscheiden können: über Freisetzungsversuche, über Essen aus dem Genlabor, über Patent auf Leben. Dieses Volksbegehren hat also ein eindrucksvolles Ergebnis von mehr als 1,2 Millionen Unterschriften gebracht – aber das war es dann auch schon, meine Damen und Herren!

Der eigens eingerichtete Sonderausschuß unter Ihrem Vorsitz wird von Ihnen, speziell von der ÖVP, benutzt, um dem Volksbegehren formal Genüge zu tun, um es formal zu behandeln. Es wird im Ausschuß von Ihnen so vorgegangen, als hätte es dieses Volksbegehren mit seinen Inhalten gar nicht gegeben, Frau Kollegin Kallat.

Der Hauptausschuß hat – das wurde heute schon erwähnt –, als "Kein Patent auf Leben" ein Hauptthema in diesem Sonderausschuß war, ohne Wenn und Aber diese von der EU vorgegebene Patentierungsrichtlinie mitbeschlossen, mitgetragen, ohne einen Beistrich daran zu ändern. Damit ist die Forderung "Kein Patent auf Leben" von Ihnen ignoriert worden.

Sie haben damals gesagt – ich zitiere Sie wörtlich –: Ohne Wenn und Aber stimmen wir dieser Patentierungsrichtlinie zu. Eine Diskussion ist nicht erwünscht. – Das haben Sie gesagt. So gehen Sie mit 1,2 Millionen Unterschriften hier im Parlament um! Das muß man der Öffent


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lichkeit einmal klar und deutlich mitteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Ich brauche kein Prophet zu sein, wenn ich behaupte, daß die nächsten Freisetzungsanträge kommen und positiv entschieden werden, weil Sie in Wahrheit für diese Freisetzungsanträge sind. Molterer und Kallat haben das der Öffentlichkeit oft genug mitgeteilt. Und das Traurige ist: Die SPÖ spielt dabei den Erfüllungsgehilfen.

Pioneer hat die Freisetzungsanträge nur zurückgezogen, weil wir die Haftungsfrage thematisiert haben, weil die Bauern, die die Felder zur Verfügung stellen sollten, wach geworden und draufgekommen sind, daß sie als schwächstes Glied in der Kette für allfällige Probleme haften müßten, daß sie in Wahrheit überbleiben, denn § 364 ABGB bedeutet, wie vom Minister mitgeteilt wurde, daß die Bauern im vollen Umfang dafür haften, was an Folgeschäden entstehen kann. Das war in Wirklichkeit der Grund für die Zurückziehung der Freisetzungsanträge.

Herr Kollege Schwarzenberger! Es war schon interessant, als ich mich bei den großen österreichischen Versicherungsgesellschaften erkundigt habe, wer gegen die Risken, die damit verbunden sind, versichert. Sagen Sie es Ihren Bauern: Keine einzige österreichische Versicherungsgesellschaft ist bereit, eine Versicherung dafür abzuschließen! Wenn es kein Risiko gibt und man damit nur Geschäfte machen kann, dann frage ich Sie: Warum schließen die Versicherungsgesellschaften keine diesbezüglichen Versicherungen ab? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sollten Sie sich einmal fragen. Und fragen Sie auch die Bauern. Wieso sollten sich die Bauern auf so etwas einlassen? Nur um dem Interesse der Volkspartei, die Erfüllungsgehilfe der Gen-Lobbyisten auf EU-Ebene, aber auch hier in diesem Haus ist, nachzukommen? – Das alles sollte Ihnen zu denken geben.

Wir bekommen von den Versicherungen immer die gleichlautende Antwort: Risiko nicht abschätzbar!

Deshalb ist unser Antrag, eingebracht vom Kollegen Haupt, der ein fünfjähriges Freisetzungsverbot vorsieht, natürlich richtig. Was uns der Bundeskanzler mitgeteilt hat, nämlich daß so ein Antrag nach EU-Recht nicht zulässig ist, stimmt nicht. Hier wird von Fall zu Fall entschieden; so die Auskunft der Rechtsexperten im letzten Ausschuß. Das heißt also, man muß sich den einzelnen Fall anschauen und kann dann auch auf Freisetzungsverbot auf eine längere Zeit entscheiden. Das ist die korrekte Auskunft, nicht jene, die der Bundeskanzler heute gegeben hat.

Der Verdacht liegt aber nahe, daß die Regierungsparteien in der Freisetzungsfrage auch auf Zeitgewinn setzen. Sie warten nur, bis ihnen die Arbeit wieder von der Europäischen Union abgenommen wird. Sie haben eine deutsche Zeitung zitiert, ich werde auch eine zitieren, und zwar die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" von heute. Sie berichtet, daß eine liberalere Freisetzungsregelung bereits in Ausarbeitung ist, Frau Kollegin Kallat, "deren Kerngedanke die Erstellung einer Liste ist, die bestimmte gentechnische Organismen der Sicherheitsstufe I von dem bisherigen bürokratischen Regelwerk befreit".

Was heißt denn das? – Das brauche ich Ihnen nicht näher zu erklären. Deshalb setzen Sie auf Zeitgewinn und warten so lange, bis Sie wieder sagen können, auf EU-Ebene ist das eben so entschieden worden. Dann kommen Sie mit dem Argument, im Bereich der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie sind durch die Gentechnik gewaltige Arbeitsplatzzuwächse zu erwarten. Das ist Ihr Argument dafür. Wir sehen, Sie setzen wieder einmal auf Zeitgewinn, Sie wollen nur so lange diskutieren, bis Sie sich wieder auf eine Richtlinie ausreden können, die in der Europäischen Union beschlossen wurde, und dann sagen Sie, wir können leider nichts machen.

Daß in Hinkunft solch erfolgreiche Volksbegehren in diesem Haus besser behandelt werden, dafür wird ein Antrag, den Kollegin Aumayr einbringen wird, sorgen. Ich ersuche die Grünen und die Liberalen, diesem Antrag zuzustimmen, daß ein Volksbegehren, das eine bestimmte Anzahl von Unterschriften erreicht, eine Volksabstimmung zwingend nach sich zieht, damit Sie mit


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Volksbegehren, die so erfolgreich waren wie das zur Gentechnik, nicht mehr ein so leichtes Spiel haben, wie Sie es jetzt in der Öffentlichkeit demonstrieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Rauch-Kallat gemeldet. Ich bitte, die Bedingungen einzuhalten, die ich vor wenigen Minuten formuliert habe. – Bitte.

16.29

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schweitzer hat behauptet, daß ich gesagt hätte, daß die Österreichische Volkspartei der Biopatentrichtlinie ohne Wenn und Aber zustimmen würde und daß die Diskussion unerwünscht sei.

Das ist unrichtig. Tatsache ist, daß ich nie "ohne Wenn und Aber" gesagt habe (Abg. Ing. Langthaler: Sie haben es gesagt!) und daß die Diskussion selbstverständlich in diesem Bereich nicht nur erwünscht, sondern auch dringend notwendig war. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Selbstverständlich, das ist sogar auf Tonband! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. – Bitte.

16.30

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Da wir jetzt schon in der gleich heftigen Diskussion sind, wie wir sie auch im Sonderausschuß erleben, wenn auch dort mit wechselhafter Anwesenheit der einzelnen Fraktionen, dann muß ich dem Karl Schweitzer schon eines entgegenhalten, wiewohl ich der Intention seiner Rede zustimme.

Wenn man sich die Verhandlungen und auch die Diskussionen, die wir im Ausschuß gehabt haben, vor Augen führt, dann ist einmal eines festzuhalten: Selbstverständlich ist die direkte Demokratie eine gute Ergänzung zur repräsentativen, und deshalb gibt es sie auch in diesem Rahmen, wie wir sie haben. Aber wenn du den Vorschlag bringst, daß ein Volksbegehren, das eine bestimmte Anzahl von Unterschriften erreicht, einer Volksabstimmung zugeführt werden sollte, dann frage ich dich: Was machen wir denn mit dem jetzt vorliegenden Volksbegehren, das sinnvollerweise drei plakative Forderungen zum Inhalt gehabt hat, aber selbstverständlich in dieser Form nicht geeignet ist, in Gesetzesform gegossen zu werden? Wir können kein Bundesgesetz beschließen, in dem steht: Kein Essen aus dem Genlabor! Das wird nicht gehen, das ist nicht umsetzbar. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Aber um das genau geht es ja.

Karl! Jetzt sitzen wir im Sonderausschuß und reden über die ganz konkreten Vorgangsweisen, wie denn dieses Volksbegehren umsetzbar ist. Wir reden über Haftungsbestimmungen und darüber, daß es eine Beweiserleichterung geben soll, und wir reden darüber, daß es sie vielleicht bei der Kausalität geben soll. Karl! Das sind alles Diskussionen, die detailverliebt sein müssen, denn wenn man nicht jedes Detail bedenkt, kann man jede Haftungsregelung aushebeln. Es gibt auch heute schon Haftungsregeln für Freisetzungen. Die Bauern würden haften, wie du richtig gesagt hast, aber das ist eine Verschuldenshaftung. Und da muß der Geschädigte nachweisen, daß er geschädigt worden ist. Er muß die Rechtswidrigkeit nachweisen, er muß die Kausalität nachweisen. Das sind ja die konkreten Probleme, daß eine Einzelperson bei gentechnisch veränderten Organismen so viele Gutachten braucht, um den Schaden nachweisen zu können, daß sie niemals zu ihrem Recht kommt.

Deshalb reden wir über andere Haftungsbestimmungen, als wir sie derzeit haben, und deshalb sage ich Ihnen auch hier von diesem Pult aus: Wir werden diese Diskussionen nicht im Sinne einer guten parlamentarischen Praxis und einer guten Legislative führen können, wenn sie weiterhin so plakativ und oberflächlich ablaufen, wie das nach wie vor der Fall ist. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Die Bedenken, die heute bezüglich der Moratorien angeführt worden sind, sind richtig. Es stellt sich die Frage, ob denn das überhaupt geht. Wahr ist, daß man ein Moratorium so, wie es im Entschließungsantrag der Freiheitlichen im Sonderausschuß formuliert war, nicht machen kann. Man kann nicht sagen, wir wollen fünf Jahre ein Freisetzungsmoratorium, und wir wollen diese Zeit nutzen, um die Fakten zu sammeln, um zu erfahren, was denn bei anderen Freisetzungen passiert ist. Karl, du hast es selbst hier gesagt, es muß von Fall zu Fall entschieden werden. Daher muß ich im konkreten Fall etwas entscheiden, und ich muß ... (Abg. Mag. Schweitzer: Klima hat gesagt, es gibt überhaupt keine Möglichkeit für ein Moratorium! Das ist falsch!)

Moratorium heißt – und so haben wir es bisher verstanden, aber vielleicht ist es nur eine Definitionsfrage –: generell keine Freisetzungen. Jetzt kann man das natürlich transformieren und sagen, das ist so gemeint, daß wir uns den Freisetzungsantrag anschauen und darüber nachdenken, dann sagen wir aber: Eigentlich nein, grundsätzlich nicht!, weil wir schon vorher gewußt haben, was nachher herauskommen soll. Aber wahr ist, daß das Risiko, das von Frau Abgeordneter Petrovic angesprochen worden ist, nämlich daß es Auskreuzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen gibt, nur für jene Bereiche besteht, wo es verwandte Wildarten gibt. Das trifft auf die Kartoffel bei uns nicht zu, das trifft auch auf den Mais nicht zu. Aber es trifft auf den Raps zu – und beim Raps ist es passiert.

Richtig ist auch, daß damals, als wir die Technikfolgenabschätzung am Beispiel der Gentechnologie in der Enquete-Kommission verhandelt haben, vehement bestritten worden ist, daß es Auskreuzungen geben kann. Aber das, was damals von den Grünen pauschal behauptet worden ist und was von den anderen pauschal bestritten worden ist, war beides nicht richtig, denn es kann zwar eine Auskreuzung geben, das ist möglich – aber nur dort, wo es verwandte Wildarten gibt.

Wenn das der Fall ist, dann muß man das auch differenziert behandeln, und genau das tun wir nicht. Wir reden nicht differenziert über die einzelnen Risikobereiche, und wir reden nicht differenziert darüber, was wir in den einzelnen Bereichen machen müssen. Daher glaube ich, daß wir uns einmal darauf konzentrieren sollten, die Qualität unserer Diskussion in diesem Hause zu steigern. Wir müssen im Gentechnikausschuß einfach darauf achten, daß das, was diskutiert, vorgeschlagen und überlegt wird, wirklich sachadäquat ist.

Da möchte ich noch eine Bemerkung zu meinem Vorredner machen: Ich habe nicht den Eindruck, Karl, daß die Frau Abgeordnete Rauch-Kallat ihre Vorsitzführung tendenziös mißbraucht. Das tut sie nicht. Das ist nicht mein Eindruck. Ich halte es auch für einen Fortschritt, daß alle Fraktionen, die an den Verhandlungen teilnehmen – was die Grünen jetzt nicht mehr tun –, nach dem Ausschuß eine Pressekonferenz machen und sagen, was ihr Eindruck von der Sache ist. Ich halte das für sinnvoll, und das ist auch für die Opposition eine gute Gelegenheit. Ich halte das für eine gute parlamentarische Praxis.

Mein Eindruck ist dennoch, daß von seiten der ÖVP eher sehr restriktiv agiert wird, daß man hier keine Differenzierungen haben will, daß man in Haftungsfragen eher bei dem bleiben möchte, was man schon hat. Man kann sich vielleicht noch zu einer Gefährdungshaftung durchringen, aber bei der Beweiserleichterung wird man schon sehr zurückhaltend, obwohl auch die Vertreter der Gentechnologie heute ganz klar erkennen, daß sie sich selbst überhaupt keinen guten Dienst damit erwiesen haben, daß sie die Haftungsregeln aus dem Gentechnikgesetz herausreklamiert haben.

Damals, meine Damen und Herren, war zwar niemand von der ÖVP in Ministerverantwortlichkeit, sondern das war der Herr Bundesminister Ausserwinkler von der SPÖ, der uns ein Gentechnikgesetz ohne Haftungsregeln vorgesetzt hat, und zwar deshalb, weil man sie ihm auf Regierungsebene herausreklamiert hat. Richtig ist aber auch, daß es im Ministerrat offenbar keinen Einspruch eines anderen Ministers oder einer anderen Ministerin gegeben hat, um genau jene Regelungen wieder ins Gesetz hineinzubringen. Daher ist diese Verantwortung dafür bei der Bundesregierung festzumachen.


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Aber es ist auch klar, daß das, was das Volksbegehren vorlegt, ein Verhandlungsauftrag mit einem bestimmten Ziel ist und nicht eins zu eins umgesetzt werden kann. Die Diskussion, die wir im Ausschuß führen, ist keine, die zu einer differenzierten Lösung führen wird, und ich glaube, daß das der wirtschaftlichen Entwicklung wesentlich abträglicher ist als vieles andere, was sonst im Hause hier gemacht wird.

Die Diskussion in Sachen Gentechnologie ist nicht sachorientiert, sondern ideologieverliebt. Und weil das so ist, sind wir in Wahrheit in diesem Ausschuß noch keinen Schritt weitergekommen. Es sind einige neue Fakten von Expertinnen und Experten eingebracht worden, aber es schaut nicht so aus, daß wir sie wirklich in legistische Maßnahmen umsetzen können.

Und ich sage Ihnen noch eines, meine Damen und Herren: Wenn wir nicht an die letzte Sitzung noch eine weitere dranhängen, in der wir dann genau jene Detailfragen und Definitionsfragen klären, die für eine sinnvolle gesetzliche Regelung notwendig sind, dann war dieser Ausschuß vergebliche Liebesmüh. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.37

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Bundeskanzler ist ja leider nicht mehr da. Viel Sitzfleisch hat er nicht bei Dringlichen Anfragen und Anträgen. Nach relativ kurzer Zeit verflüchtigt er sich, zumindest hier aus diesem Saal. Das tut mir leid, denn ich wollte ihm gerne antworten.

Der Herr Bundeskanzler hat nämlich seine Antwort damit begonnen, daß er uns vorgeworfen hat, wir würden hier eine parteipolitische Vereinnahmung betreiben. Mir fällt dazu nur eine Parallele ein, was parteipolitische Vereinnahmung ist: wenn Entscheidungen über Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich nach dem Proporzsystem fallen und weniger nach der Qualifikation, wenn immer noch, wie wir auch heute am Abend nach der geheimen Wahl noch sehen werden, der Parteiproporz, die Vereinbarung zwischen Rot und Schwarz, die ausschlaggebende Qualifikation ist und nicht die berufliche, geschweige denn überhaupt der Gedanke daran, daß Frauen bei gleicher Qualifikation so lange bei Personalentscheidungen bevorzugt werden, bis eine tatsächliche Parität in einem Gremium vorhanden ist. Das ist übrigens ein Versprechen, das der Herr Kanzler beziehungsweise die Bundesregierung gegeben hat, das Sie aber heute, so wie es ausschaut, spät am Abend nicht einhalten werden. – Soviel nur zur parteipolitischen Vereinnahmung.

Wenn der Herr Bundeskanzler sagt, die Frauenpolitik bildet einen der Schwerpunkte dieser Bundesregierung, dann fällt mir hier auch nur eines ein, nämlich die Sparpakete, die Sie beschlossen haben. Da haben wir gesehen, wie ernst Sie es mit den Schwerpunkten nehmen, die Sie sich als Bundesregierung setzen. Wenn wir uns die Auswirkungen dieser Sparpakete anschauen – ich will das jetzt nicht noch einmal in aller Breite ausführen –, dann wissen wir, wie es in der Realität ausschaut, wenn Sie sich einen Schwerpunkt setzen. Das ist nicht unser Verständnis von Schwerpunktsetzung.

Wenn der Herr Bundeskanzler sagt, die Regierung unterstützt grundsätzlich die Ziele des Frauen-Volksbegehrens, dann muß ich sagen, das ist zuwenig. Das haben wir jetzt bei den Beratungen des Unterausschusses gesehen: Wenn es nicht konkret um die Umsetzungen geht, dann haben wir nichts davon, wenn Sie als Bundesregierung die Ziele des Frauen-Volksbegehrens, die Intention unterstützen. Der einzige Gradmesser dafür, wie ernst Sie es mit Schwerpunkten, mit Zielen, die Sie unterstützen, meinen, ist die Umsetzung.

Dazu zwei, drei Dinge, die auch in unseren Fragen enthalten sind und auf die Sie eingegangen sind.


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Was die Kinderbetreuung betrifft, werden wir noch später am Abend die Möglichkeit haben, darüber zu diskutieren, was alles nicht eingehalten wurde und nicht stimmt von dem, was Sie geantwortet haben. Damit möchte ich mich jetzt gar nicht sosehr aufhalten.

Etwas hat mich schon stutzig gemacht. Der Herr Bundeskanzler sagt hier beim Rednerpult sozusagen als großzügiges Angebot folgendes: Die Bundesregierung ist bereit, Frauenförderungspläne in jedem Ressort einzuführen und umzusetzen. – Mein Gott, da lacht mir das Herz! Seit dem Jahre 1993 gibt es bereits ein entsprechendes Gesetz! Der erste diesbezügliche Bericht erschien im vorigen Jahr, also 1996. Da scheint der Herr Bundeskanzler etwas verschlafen zu haben! Und die Ankündigung, daß die sozialdemokratischen Ressorts selbstverständlich bereit sein werden, Frauenförderungspläne umzusetzen, ist ein Witz. Die haben das schon gemacht, und auch die anderen Ressorts haben es gemacht, weil sie dazu verpflichtet sind! Das ist ja der Witz des Tages, bitte! Das sollte man sich wirklich merken!

So schaut die Schwerpunktsetzung der Bundesregierung aus, daß sie uns nämlich hier etwas verspricht, was das Parlament als Gesetz beschlossen hat und zu dem sie verpflichtet ist! Das kann es ja wohl nicht gewesen sein! Das hätte ich dem Herrn Bundeskanzler wirklich gerne persönlich gesagt. Er ist immerhin der Regierungschef und sollte das wissen. Vielleicht kann man ihm noch ausrichten, daß er einmal zur Kenntnis nimmt, daß Gesetze natürlich einzuhalten sind.

Man könnte noch viel darüber sagen, wie mangelhaft die Berichte sind und wie wenig sich aus ihnen herauslesen läßt; doch diese Ankündigung gehört wirklich auf eine Scherzseite, aber nicht in eine Antwort des Bundeskanzlers! (Beifall bei den Grünen.)

Ähnlich verhält es sich auch mit der Antwort darauf, wie es mit den Vergaberichtlinien sein wird, denn hier hat der Bundeskanzler geantwortet, daß bereits ganz konkrete Schritte gesetzt worden sind, daß eine Enquete abgehalten worden ist. – Da staune ich aber, wenn das die konkreten Schritte sind, wenn sich die Bundesregierung in Zukunft damit begnügt, daß ihre konkreten Schritte Ziele, die Unterstützung von Zielen und von dem, was ohnehin schon beschlossen ist, und die Abhaltung von Enqueten sind. – Das kann es doch nicht gewesen sein!

Genau da wäre Handlungsbedarf gegeben. Da wäre ich sehr neugierig auf die Antwort des Bundeskanzlers gewesen, denn die letzte Unterausschußsitzung hat ganz klar gezeigt, daß sich noch einiges machen läßt; und das nicht nur erst, seit die Lehrlinge im Vergabesystem berücksichtigt werden, sondern wir Grünen haben das letzte Mal sehr genau, sehr detailliert mit den Experten darüber gesprochen, inwieweit wir tatsächlich etwas verändern könnten, ohne irgendwelche anderen Gesetze, die Verfassung oder das EU-Recht zu tangieren oder zu beeinträchtigen. Da heißt, da wäre dringender Handlungsbedarf gegeben. Das müßte eine Selbstverständlichkeit sein. Da werden keine anderen Regeln, keine anderen Rahmengesetzgebungen verletzt. Es läßt sich umsetzen und durchführen, und zwar zuerst bei Aufträgen, bei Vergaben und bei Förderungen im öffentlichen Dienst.

Es ist beschämend, wenn man die Antworten jener Minister durchliest, die wir gefragt haben, inwieweit das Gleichbehandlungsgesetz bei diesen Vergaberichtlinien oder bei den Förderungen berücksichtigt wird. Es wird nicht berücksichtigt; es kann nicht berücksichtigt werden, denn es wird nicht kontrolliert, inwieweit es wirklich eingehalten wird und inwieweit Berichte und Frauenförderungspläne vorliegen. Dazu wäre sehr vieles zu sagen und noch sehr vieles einzuhalten.

Zuletzt noch die Antwort auf die Frage nach dem Mindesteinkommen in Höhe von 15 000 S brutto. Ich kann Ihnen nur folgendes sagen – an die Adresse der Bundesregierung gerichtet –: Jene 151 000 Frauen, die im Vollerwerb unter 12 000 S brutto liegen, werden sich schön für diese Antwort bedanken! Denn offensichtlich – kann ich nur sagen – ist es nicht genug, wenn das den Sozialpartnern überlassen wird, offensichtlich bedarf es da mehr als nur sozialpartnerschaftlicher Gespräche. Es ist ganz klar der Auftrag des Gesetzgebers und des Parlaments nötig, hier Mindestgrenzen einzuziehen.

Diese Antwort, die wir erhalten haben, ist deprimierend und traurig. Wenn ich nur irgendwann ernst genommen hätte, daß die Bundesregierung Frauenpolitik zum Schwerpunkt macht – spä


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testens mit dieser Antwort hätte sie sich entlarvt. Denn es kann kein sehr großer Schwerpunkt sein, wenn man im selben Atemzug und in derselben Beantwortung eine der wesentlichen Fragen, nämlich die der Absicherung von Frauen, wenn sie im Vollerwerb arbeiten, an ein außerparlamentarisches Gremium – oder nicht einmal Gremium, sondern Einrichtung! – delegiert und sagt: Die sollen das machen, das war immer so und hat auch gepaßt. – Wir sehen aber gleichzeitig: Es hat überhaupt nicht gepaßt, und es hat nie gepaßt!

Zuallerletzt noch folgendes: Die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichbehandlung der Frauen in der Bundesverfassung erachte ich gerade auch angesichts der Entscheidung, die hinsichtlich des Verfassungsgerichtshofs spätabends noch fallen wird, als eine der vordringlichen Fragen. Denn hätten wir eine solche Formulierung heute schon in der Bundesverfassung, dann könnten Sie – nämlich die Mehrheit – sich heute hier nicht darüber hinwegsetzen, dann könnten Sie nicht so einfach offensichtlich einem Mann den Vorzug geben, wenn es gleichzeitig qualifizierte Frauen gibt, die sich beworben haben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Schmidt. )

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.

16.45

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Zu den Ausführungen meiner Vorrednerin, der Frau Abgeordneten Mag. Kammerlander, ist folgendes zu sagen: Der Herr Bundeskanzler weiß natürlich, daß es seit dem Jahre 1993 ein Gesetz gibt. Es ist nicht so, daß ihm das entgangen ist! (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das Proporzveränderungsgesetz!) Er hat ja nur gesagt, daß es künftig nicht mehr auf Erlaßebene, sondern in Form einer Verordnung erfolgen soll, damit es nämlich einklagbar wird. Das war bisher nicht der Fall. – Soviel nur zur Ehrenrettung des Herrn Bundeskanzlers, der ja natürlich zurzeit nicht antworten kann.

Nun zum Thema Tierschutz beziehungsweise Volksbegehren für eine bundeseinheitliche Regelung im Tierschutzbereich. Dieses Thema ist schon einige Male im Hohen Haus Gegenstand einer Debatte gewesen, es war auch schon einige Male im Unterausschuß; das heißt, das Thema wurde schon eingehend diskutiert. Die Situation ist – kurz umrissen – folgende: Einerseits gibt es die Forderung des Volksbegehrens nach einer bundeseinheitlichen Regelung mit hohen Tierschutzstandards, andererseits gibt es von den einzelnen Fraktionen Vorschläge eben auch in diese Richtung.

Wir von der SPÖ haben einen umfassenden Gesetzentwurf vorgelegt. Er wurde in letzter Zeit noch ergänzt, weil Stellungnahmen eingearbeitet worden sind, und ich meine, daß die drei Fraktionen sowie die Experten unseren Antrag gutheißen werden.

Wir von der SPÖ sind der Auffassung, daß die Gesetzeskompetenz zum Schutz der Tiere beim Bund liegen muß, um eine klare Umsetzungsgarantie und auch Kontrolle zu gewährleisten. Nur dann, glaube ich, ist garantiert, daß Tierschutz auch ernsthaft und ohne Alibifunktion eingeführt werden kann und in Zukunft Bestand haben wird. Ich denke, vier Parteien sehen das so, nur unser Koalitionspartner ist leider noch nicht dazu bereit, bei diesem Thema mitzugehen. (Abg. Wabl: Wie lange wird es ungefähr dauern? – Abg. Mag. Haupt: Fünf Jahre!) Ich hoffe – ich bin Optimistin –, dies wird in nächster Zeit geschehen. Ich meine, es kommt auch darauf an, wie sehr sich die Bevölkerung um dieses Thema bemüht, Unterstützung gewährt und auch zu verstehen gibt, daß dieses Thema behandelt und einer Lösung zugeführt werden muß.

Die ÖVP versteht unter einer bundeseinheitlichen Regelung die 15a-Vertragsvariante. Die Vorschläge, die uns beim letzten Unterausschuß von den Ländern vorgelegt wurden, beweisen nicht zuletzt, daß eine ernstzunehmende Basis so nicht erreicht werden kann. Denn ein 15a-Vertrag kann jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten einseitig aufgelöst werden. Das heißt, die Zukunftslösung einer einheitlichen Regelung führt, allein wenn man diesen Passus herausgreift, die ganze Sache ad absurdum. Ich denke, inhaltliche Annäherungen könnte es Ende Februar geben. Zu diesem Zeitpunkt wird eine neuerliche Unterausschußsitzung stattfinden, zu der Experten eingeladen sind, die darüber diskutieren und darauf eingehen werden.


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Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, wir haben in unseren Vorschlägen sehr klar deponiert und auch gezeigt, daß wir für einen umfassenden Tierschutz sind, daß uns dieses Anliegen sehr wichtig ist. Wir wissen auch, wo es noch hängt. (Abg. Wabl: Wo hängt es?) Es ist der Koalitionspartner, der, so hoffe ich, doch in nächster Zeit vielleicht auf eine bundeseinheitliche Lösung einlenken wird, auch im Hinblick darauf, daß es eine logische Abfolge ist, daß man in dieser Frage eine bundeseinheitliche Regelung nur dann erreichen kann, wenn die Kompetenz auch beim Bund liegt.

Ich meine, es ist nur eine Frage der Zeit und auch der handelnden Personen, wie sich das entwickeln wird. Ich habe mit großer Freude einen Artikel aus der Wiener Zeitschrift "Tierfreund" von 1992 in die Hände bekommen, wo groß zu lesen steht: Eine Lanze für den Tierschutz. Umweltministerin Feldgrill-Zankel fordert Bundestierschutzgesetz. – Ich darf weiters zitieren: Die damalige Umweltministerin hat in einer Pressekonferenz am 31. August die Zersplitterung und die Unüberschaubarkeit von Tierschutzzuständigkeit in Österreich beklagt und würde sich eine einheitliche Tierschutzgesetzgebung wie in der Schweiz oder in Deutschland wünschen. (Abg. Wabl: Deshalb ist sie ja zurückgetreten! Sie ist ja zurückgetreten, weil sie sich nicht durchgesetzt hat!)

Ich meine, da gibt es unterschiedliche Auffassungen im Bereich des Tierschutzes. Denn Frau Feldgrill-Zankel hat auch gesagt, daß es widersinnig sei, das Verhalten der Menschen zum Tier innerhalb unseres Staatsgefüges unterschiedlich zu beurteilen, wie es die Vielzahl von Bundes- und Landesgesetzen derzeit – also 1992 – und auch jetzt verlangt. Und Feldgrill-Zankel setzt sich für eine Verbesserung der österreichischen Tierschutzgesetzgebung ein und fordert ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz.

Ich meine, innerhalb der ÖVP gibt es tatsächlich ganz unterschiedliche Meinungen. Dem ist an sich nichts hinzuzufügen. Es ist zu hoffen, daß hier in nächster Zeit ein Umdenkprozeß möglich sein wird. Ich darf Herrn Klubobmann Khol und Frau Rauch-Kallat eine Kopie dieses Artikels überreichen, der mich sehr gefreut hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das lesen wir natürlich gern!)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte.

16.52

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat in ihrer Dringlichen Anfrage zum Frauen-Volksbegehren niedergeschrieben, daß es, unterstützt durch die vielen Unterschriften des Frauen-Volksbegehrens, nicht einmal ansatzweise zur Verwirklichung der notwendigen realen Chancengleichheit für Frauen gekommen sei. Sie schreibt weiter, daß die Diskussion mit reichlicher Verspätung eingeleitet wurde und es wahrscheinlich sei, daß es zu Gesetzesänderungen tatsächlich gar nicht kommen werde beziehungsweise die Chance sehr gering sei.

Dem möchte ich entgegenstellen, daß hier im Hohen Haus ein Fahrplan beschlossen wurde. Ich habe hier noch die Originalunterlagen, aus denen hervorgeht, daß das Frauen-Volksbegehren am 27. Mai 1997 in diesem Hause eingelangt und nach Aufliegefrist am 5. Juni die Mitteilung darüber erfolgt ist. In der 76. Nationalratssitzung wurden wir mit der Durchführung der ersten Lesung beauftragt. Diese erste Lesung wurde am 10. Juli 1997 auch durchgeführt, zugleich wurde die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuß festgelegt und die Fristsetzung beschlossen, bis wann die Berichterstattung über die Beratungen stattfinden soll. Es wurde der 13. Oktober festgelegt. Tatsächlich wurden mit 30. September 1997 die Beratungen aufgenommen. Das Ende der Frist für die Berichterstattung wurde damals ebenfalls von uns festgelegt, nämlich der 12. April 1998. – Soviel dazu.

Es wurde ein Unterausschuß eingesetzt, und es wurden mit allen Stimmen der einzelnen Fraktionen auch Vorschläge gemacht, wie die einzelnen Themenbereiche zu diskutieren seien.


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Wir sind mitten in dieser Diskussion; das möchte ich nur zur Erinnerung sagen, weil hier der Eindruck entsteht, daß nichts geschehen sei.

Wir von der Österreichischen Volkspartei – und vor allem auch wir ÖVP-Frauen – haben von vornherein immer nach Vorliegen der einzelnen Punktationen und Forderungspunkte festgestellt, daß die Formulierung wahrscheinlich zum Teil plakativ überzogen und so nicht durchführbar sein wird, daß die Maßnahmen, die dort aufgelistet sind, nicht allein in diesem Hohen Hause gelöst werden können. Wir haben folgendes gesagt: Als Zielbestimmung ja, aber in der Umsetzung werden wir Probleme bekommen.

Wir sind in der Situation, daß Experten – sogar Ihre Experten und die Experten des UnabhängigenFrauenForums – in verschiedensten Bereichen darauf hinweisen, daß die Problematik und die Lösungsansätze viel komplexer sind, als sich das der "kleine Maxi" offensichtlich vorgestellt hat, daß daher die Beratungen natürlich andauern, daß es schwierige Prozesse – nicht nur der Meinungsfindung, so weit sind wir noch gar nicht – der Informationsfindung und der Aufklärung gibt. Wir von der ÖVP fühlen uns daher in unserer Meinung und in unserer Vorgangsweise auch durch diese Expertenmeinungen, die nicht nur unsere Experten äußern, sehr wohl bestätigt.

Es sind noch viele einzelne Termine ausständig. Zuletzt wurden das Arbeitsrecht und das Vergabewesen behandelt. Hier hat auch Frau Kollegin Schaffenrath zugeben müssen, daß es sich wirklich um ein komplexes Thema handelt, daß man hier Lösungsansätze wird finden müssen, aber daß die Findung dieser Lösungsansätze schwierig sein wird, daß wir diesen Bereich eigentlich erst debattieren und diskutieren können, weil wir infolge der bisherigen zeitlichen Limitierung faktisch nur Expertenmeinungen hören konnten. Ich meine, daß es sehr wichtig ist, daß wir daher noch einen Zeitplan beim nächsten Punkt besprechen, damit wir wirklich politisch diskutieren können.

Es steht noch der ganze Bereich der sozialen Sicherheit der Pensionen aus. Ich weiß gar nicht, ob die Zeit überhaupt noch ausreichen wird, hier mit den einzelnen Experten Beratungen aufzunehmen. Ich verwahre mich von dieser Stelle aus gegen Unterstellungen, die besagen, hier würden die einen oder anderen nicht zustimmen. Ganz bewußt haben wir von der ÖVP in den Hearings beziehungsweise in den Unterausschüssen, die nur Beratungsgremien sind und zur Informationsfindung dienen, keine Meinungen ausgesprochen, weil wir selbst noch in verschiedensten Bereichen Zusatzinformationen einholen wollen beziehungsweise weil es noch einzelner Verhandlungen bedarf, um letztendlich zu Formulierungen zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Vorwurf, daß hier nichts passiert sei, daß nichts weitergegangen wäre, kann ich auch gleich ausräumen. Vielleicht liegt es wirklich an den Vorlagen oder an den Forderungspunkten, denn ich bin sehr zufrieden mit jenen Anträgen, die wir – damit meine ich die ÖVP-Frauen – hier in diesem Hohen Hause eingebracht haben, die ebenso für manche Problemgebiete, die im Frauen-Volksbegehren angesprochen wurden, Lösungsansätze bringen und die in der Zwischenzeit auch schon verwirklicht wurden. Davon hat überhaupt noch niemand gesprochen. Denn die bessere Anrechnung der Kindererziehungszeiten ist im Rahmen der Budgetbegleitgesetze bereits faktisch beschlossen worden, ebenso die Anerkennung der Pflege kranker Angehöriger. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch eine flexiblere Gestaltung der Karenzzeit verlangt. Auch dafür hat es im Sozialausschuß bereits Lösungen gegeben, und man ist ein ganzes Stück weitergekommen, abgesehen von allen Begleitgesetzen zum Budget, die für Frauen sehr wohl Verbesserungen bringen und vielleicht schneller und besser greifen als das, was hier vorgestellt wurde.

Wir von der ÖVP haben noch weitere Anträge in den Ausschüssen und Unterausschüssen mit zur Behandlung vorliegen, und unabgesprochen haben uns Experten bei unserem Antrag zur Neubewertung der Arbeit unterstützt, was natürlich eine große Hilfe beziehungsweise ein großer Schritt für den Forderungspunkt "gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit" ist.


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Es liegt ein weiterer Antrag vor, der die soziale Absicherung von Frauen betrifft, nämlich den anteiligen Anspruch oder die Neuregelung der Pensionsauszahlung für Frauen auch bei aufrechter Ehe, um so eine Altersversorgung zu gewährleisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war erstaunt darüber, daß plötzlich nach einer Expertenrunde die ständige Beisitzende des UFF, des UnabhängigenFrauenForums, in Vertretung der Einbringer des Frauen-Volksbegehrens das Handtuch schmeißen wollte und gemeint hat, sie werde diesen Ausschuß verlassen. Ich verstehe das schon. Demokratische Prozesse sind schwierig, und es ist auch mühsam, sich stundenlang Meinungen von Experten anzuhören, noch dazu, wenn man in dem einen oder anderen Punkt – das geht mir selbst so – nicht ganz mit der Materie vertraut ist und sieht, wie komplex und schwierig manche Regelungen sind. Im Sozialbereich ist das in besonderem Maße so, und dabei hat sie offensichtlich der Mut verlassen.

Ich will nicht unterstellen, daß das eine Aktion wie beim Gentechnik-Volksbegehren ist, aber trotzdem tut es mir sehr leid, daß sie den Ausschuß verlassen möchte, weil ich meine, daß gerade die Gremien, die Informationen über die Hintergründe und vertieftes Wissen zur einzelnen Problematik liefern, sicherlich – und das bestätigen auch die Expertinnen des UFF – sehr wichtig wären. Man kann den Frauen, den Bürgerinnen, die unterschrieben haben, gar nicht erklären, wie schwierig es ist, entsprechende Regelungen zu finden.

Ich bin sehr zuversichtlich, wir liegen gut im Zeitplan. Wir sollten uns eher Zeit lassen und versuchen, etwas Gutes zustande zu bringen, und nicht unbedingt einander ständig in der Arbeit behindern, indem wir sagen, es gehe nichts weiter. Das ist nicht richtig! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Liebe Frau Kollegin Petrovic! Sie haben heute bei einem Tagesordnungspunkt zu mehr Ehrlichkeit aufgerufen. Ich sage Ihnen auch ehrlich: Beginnen Sie damit bei sich selbst! Die Aktion, die Sie heute hier starten wollen, entspricht nicht einer ehrlichen demokratischen Gesinnung! (Beifall bei der ÖVP.)

17.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, daß im Rahmen dieser Dringlichen Anfrage die einzelnen Volksbegehren thematisiert werden. Ich bin vor allem aber froh darüber, daß ich im Rahmen dieser Dringlichen Anfrage aufzeigen kann, wie die Regierung mit den Wünschen und Anliegen der Bevölkerung umgeht und wie wenig ernst sie die Bürgerrechte und die direkte Demokratie nimmt. Es ist dabei offensichtlich Methode geworden, erfolgreiche Volksbegehren in Unterausschüsse zu verweisen, dort über sogenannte Expertenhearings zu verschleppen und auf die lange Bank zu schieben.

So ähnlich wie beim Gentechnik-Volksbegehren oder beim Frauen-Volksbegehren ist dies auch beim Tierschutz-Volksbegehren passiert. Es wird seit zirka zwei Jahren der Wunsch von ungefähr einer halben Million Unterzeichnern einfach negiert, und es werden auch deren Wünsche und Anliegen ignoriert. Aus diesem Grunde und damit die Öffentlichkeit erfährt, wie hier mit ihren Wünschen und Anliegen umgegangen wird, meine ich, daß Volksbegehren allgemein in Zukunft in den Ausschüssen, aber auch in den Unterausschüssen stets öffentlich behandelt werden sollten. Ich bin auch – im Gegensatz zum Abgeordneten Barmüller – der Meinung, daß Volksbegehren, wenn sie nicht positiv erledigt worden sind oder erledigt werden, jedoch eine gewisse Anzahl von Unterschriften aufweisen, tatsächlich einer Volksabstimmung zugeführt werden sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will ganz kurz auf den Bereich Tierschutz zu sprechen kommen. Seit Jahren weisen wir Freiheitlichen auf die neun verschiedenen Landesgesetze und die unterschiedlichen Regelungen hin. Wir weisen darauf hin, daß dadurch immer


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wieder Tierquälereien Tür und Tor geöffnet werden und daß es Probleme bei der Vollziehung der einzelnen Tierschutzgesetze gibt. Wir haben daher dieses Tierschutz-Volksbegehren massiv unterstützt und haben uns darüber gefreut, daß so viele dieses Volksbegehren unterzeichnet haben. Eine Verwirklichung der Ziele dieses Volksbegehrens ist aber leider bis heute insbesondere am Widerstand der ÖVP, und zwar hauptsächlich in bezug auf die landwirtschaftliche Nutztierhaltung, gescheitert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dabei wäre es nach Meinung von Experten weitaus besser, die landwirtschaftliche Nutztierhaltung nicht nach den 15a-Verträgen, sondern im Rahmen des Tiergerechtheitsindex zu regeln, da es sich dabei um ein flexibles Kompensationsmodell handelt und es für die einzelnen Betriebe weitaus besser und auch kostengünstiger wäre, wenn sie nach diesem Modell vorgehen könnten. Daß auch innerhalb der Landwirtschaft tatsächlich diese Bereitschaft vorhanden ist, zeigt sich daran, daß bereits seit Jahren über 23 000 Biobetriebe nach diesem Modell praktizieren und ihre Nutztierhaltung auf Basis dieses TGI ausgerichtet haben.

So einfach, wie es sich der Herr Bundeskanzler oder auch die Frau Kollegin Parfuss gemacht haben, kann man es sich wirklich nicht machen. Man kann doch nicht einfach sagen: Der böse Koalitionspartner will nicht. Selber ist man zwar für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz und hat auch einen Entwurf vorgelegt, aber der böse Koalitionspartner verhindert es. – Vier Parteien treten für dieses bundeseinheitliche Tierschutzgesetz ein. Es wäre daher relativ leicht, die notwendige Zweidrittelmehrheit dafür zu bekommen.

Wie wenig geeignet der 15a-Vorschlag seitens der ÖVP wirklich ist, hat sich doch im Rahmen des Expertenhearings gezeigt. Erstens würde die 15a-Vereinbarung wiederum möglich machen, daß es innerhalb der einzelnen Bundesländer unterschiedliche Regelungen gibt, denn es würden zwar Mindeststandards vorgeschrieben werden, aber in den einzelnen Bundesländern wären ohne weiteres noch darüber hinausgehende Regelungen möglich. Das heißt, es wäre wieder so, daß unter Umständen das gleiche Tier in Niederösterreich einen anderen Stellenwert hätte als vielleicht in Oberösterreich, im Burgenland oder in einem anderen Bundesland. Das kann es doch nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweitens würde dieser 15a-Vorschlag zu einer weiteren Zersplitterung der einzelnen Tierschutzgesetze führen. Experten haben vorgerechnet, daß es pro Bundesland zumindest fünf verschiedene Gesetze und Verordnungen geben müßte; das heißt auf Österreich bezogen, es gäbe 45 verschiedenen Regelungen und Gesetze, um diese 15a-Vereinbarungen umsetzen zu können. Das kann es doch nicht sein! Das heißt, dies würde zu einer weiteren Rechtsunsicherheit führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, speziell von der ÖVP! Geben Sie daher Ihre Verhinderungstaktik auf und lassen Sie doch endlich zu, daß hier bundeseinheitliche Regelungen Platz greifen können und die Tiere in den einzelnen Bundesländern auch wirklich den gleichen Stellenwert bekommen!

Wir Freiheitlichen werden uns jedenfalls auch in Zukunft für einen umfassenden Tierschutz in Österreich einsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

17.08

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Salzl! Lassen Sie mich gleich einleitend folgendes sagen: Ich möchte nicht, daß es als reine Verschleppungstaktik betrachtet wird, wenn wir in den Unterausschüssen Experten und Expertinnen beiziehen. Ich darf Ihnen, was den Unterausschuß des Gleichbehandlungsausschusses betrifft, sagen, daß ich sehr froh darüber war, fachlich kompetente Auskünfte zu bekommen, und daß diese Informationen jedenfalls mich persönlich und – wie ich glaube – auch die anderen Anwesenden in diesem Ausschuß in unserer Argumentation unterstützt haben. (Abg. Dr. Salzl: Beim Tierschutz zwei


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Tage!) Sie haben es sehr allgemein gehalten. Ich wollte mich jedenfalls, den Unterausschuß des Gleichbehandlungsausschusses betreffend, dagegen verwahrt haben.

Die Liberalen haben die Zielsetzung des Frauen-Volksbegehrens unterstützt. Ich kann die sehr kritischen Anmerkungen der Kollegin Kammerlander nicht ganz teilen. Ein Frauen-Volksbegehren zu unterstützen heißt nicht, die dort formulierten Forderungen auch im Verhältnis eins zu eins umsetzen zu wollen. Wir Liberalen nehmen eben für uns in Anspruch, zu den einzelnen Punkten durchaus auch differenzierte Vorstellungen – in einzelnen Bereichen sogar weitergehende Vorstellungen – zu haben und uns in dem einen oder anderen Punkt auf dem Weg zum Ziel von anderen zu unterscheiden.

Die Einschätzung der Frau Kollegin Bauer halte ich natürlich wieder für sehr optimistisch, nämlich daß wir mit der Umsetzung von einzelnen Punkten insgesamt auf dem richtigen Weg sind. Wir mögen zwar innerhalb des vorgesehenen Zeitplanes liegen, aber es gibt keinerlei Tendenzen, es gibt keinen Punkt, bei denen wir – insbesondere seitens der ÖVP, das muß ich hier deutlich sagen, und leider auch seitens der FPÖ – echten Willen zu einer Veränderung erkennen können.

Wenn die Initiatorinnen des Frauen-Volksbegehrens, die im Unterausschuß vertreten waren, aus diesem ausziehen, so halten wir das für einen falschen Schritt. Wir glauben sogar, daß dadurch der Erfolg dieses Volksbegehrens abgewertet wird. Wir können aber trotzdem deren Frustration verstehen. Die Abgeordneten von der Freiheitlichen Partei und von der Volkspartei werden sich daran erinnern, daß es ein mühseliger und zäher Diskussionsprozeß von zwei Stunden war, sich nur darüber zu einigen, ob das UnabhängigeFrauenForum zwei Expertinnen oder nur eine zuziehen darf. Das war vertane Zeit. Diese Zeit hätten wir besser nützen können. Und daran können wir auch ablesen, daß die Bereitschaft, diese Frauen einzubinden, wirklich nicht sehr ausgeprägt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in der Diskussion im Rahmen dieses Unterausschusses über eine Verfassungsänderung haben wir versucht, mit Unterstützung von sehr kompetenten Experten und Expertinnen zumindest zu einer Willenserklärung, zu einer Absichtserklärung zu kommen. Wenn Frau Kollegin Bauer sagt, es wäre nicht sinnvoll, in einem Unterausschuß abzustimmen, dann gebe ich ihr schon recht. Aber es wäre doch eine Möglichkeit, eine grundlegende Bereitschaft zu einer Verfassungsänderung zu bekunden. Wir haben nicht über konkrete Anträge gesprochen, wir haben über die grundsätzliche Bereitschaft gesprochen. Und im Rahmen dieser Diskussion ist sehr wohl sehr deutlich herausgekommen – mit Unterstützung der Experten und Expertinnen –, daß eine Staatszielbestimmung ein wesentliches Element ist und eine Steuerfunktion für künftige politische Entscheidungen übernehmen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verknüpfung der Vergabe öffentlicher Aufträge mit Frauenförderplänen halte ich wirklich für ein sehr komplexes und sehr schwieriges Thema. Wir haben nicht nur neun verschiedene Vergaberechte in den Ländern und ein Bundesvergaberecht, sondern auch das EU-Recht im Vergabewesen zu berücksichtigen. Und es wurde sehr deutlich klargelegt, daß es nur dann zu einer sinnvollen Regelung kommen kann, wenn Kriterien ganz genau festgelegt werden. Das wird aber bei unterschiedlichen Betriebsgrößen, bei unterschiedlichen Branchen zu einer riesigen Verbürokratisierung führen. Das Formulieren von Frauenförderplänen wird jedenfalls nicht ausreichen. Wir brauchen regelmäßige und genaue Evaluierungsmaßnahmen, sonst bleibt die Verknüpfung mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen eine reine Alibiaktion.

Wenn Sie, Frau Kollegin Petrovic, heute hier beklagt haben, daß für Frauen nicht das erreicht worden wäre, was für Lehrlinge möglich gemacht wurde, dann sage ich Ihnen: Ich möchte jene Regelung, die für Lehrlinge gilt, für Frauen nicht haben. Das ist eine Alibiaktion. Diese Bestimmung hat eigentlich keine rechtliche Relevanz. Da geht es um nicht mehr als eine Zielformulierung. Das haben sich Frauen jedenfalls nicht verdient. Wir sollten hier durchaus noch andere Denkansätze diskutieren, und wir sollten auch überlegen, inwieweit wir über ein Anreiz


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system doch zu einer vermehrten Schaffung von Frauenarbeitsplätzen in allen Branchen und auf den verschiedensten Ebenen kommen können.

Von Kollegin Reitsamer wurde heute im Laufe der Aktuellen Stunde gesagt, daß die sozialrechtliche Absicherung der geringfügig Beschäftigten abgeschlossen wäre. Das bestreite ich nach wie vor vehement. Diese Freiwilligkeit ist eigentlich nur fiktiv. Frauen in bedrängten finanziellen Situationen können sich nicht entscheiden. Daher halte ich auch das für eine Alibiaktion. Das zeigt nur, daß im Rahmen bestehender Strukturen die individuelle Situation der Frau nicht entsprechend berücksichtigt werden kann.

Darüber hinaus wird dieser Punkt des Frauen-Volksbegehrens ja noch ergänzt durch die Forderung nach gleichen sozial- und arbeitsrechlichen Bestimmungen für die Teilzeitbeschäftigung. Auf diesem Gebiet könnte man bei gutem Willen ohne lange Beratungen sehr wohl Angleichungen im Angestelltengesetz, im Arbeitszeitgesetz machen.

Und wenn der Herr Bundeskanzler heute angekündigt hat, er würde in Zukunft mehr Wert auf die innerbetriebliche Mitbestimmung legen wollen, so hat er dafür jedenfalls meine volle Unterstützung, weil wir der innerbetrieblichen Mitbestimmung eher das Wort reden und nicht sosehr der gesetzlichen Verregulierung.

Ich weiß, meine Redezeit ist beschränkt. Es gäbe in diesem Zusammenhang noch viele Punkte zu besprechen. Die Problematik der Kinderbetreuung betreffend haben wir beim vorletzten Tagesordnungspunkt heute noch einmal Gelegenheit zur Diskussion. Was ich auf jeden Fall noch einmal von dieser Stelle aus einmahnen möchte, ist eine Qualifizierungsoffensive für Frauen. Da kann ich das Verhalten des Arbeitsmarktservice nur ganz vehement kritisieren. Durch diese, ich möchte fast sagen, verunglückte Lehrlingsaktion sind Mittel umgeschichtet worden. Ich weiß, daß wir Mittelknappheit haben, aber diese sollte nicht zu Lasten von Frauenprojekten gehen. Hier könnten von mir spontan einige aufgezählt werden: Mira, Aqua, die jetzt eingestellten Projekte in Oberösterreich, die sehr, sehr erfolgreich und konsequent im Qualifizierungsbereich für Frauen gearbeitet haben. Wenn wir für Lehrlinge Milliardenbeträge mobilisieren, und dies noch dazu, ohne wirkliche Reformen einzuleiten, dann halte ich es auch für legitim, für Frauen eine Qualifizierungsmilliarde einzufordern, weil wir da in vielen Bereichen jedenfalls Nachholbedarf haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, daß zumindest einige Punkte des Frauen-Volksbegehrens umgesetzt werden. Aber hier ist wirklich Handeln und ernsthaftes Arbeiten angesagt. Die Liberalen und die Grünen werden jedenfalls heute hier gemeinsam einen Vorschlag für ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes einbringen, und das wird eine Frau sein, eine mindestens gleich gut qualifizierte Frau wie die Mitbewerber. Und wir hoffen sehr, daß Sie in diesen Reihen heute hier zumindest ein Zeichen Ihres guten Willens geben, die Gleichstellung der Frau auch tatsächlich in die gesellschaftliche Realität umzusetzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.17

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es geht heute hier um die Umsetzung, um die Realisierung von Anliegen von über zwei Millionen Österreicherinnen und Österreichern. Sie von der großen Koalition haben ungefähr drei Millionen Stimmen erhalten. Zwei Drittel Ihres Wählerpotentials steht hinter diesen Anliegen, die Sie auf die lange Bank schieben, die Sie auf die leere Regierungsbank schieben, wo – gestatten Sie mir bitte diese Beobachtung – der Vertreter der Regierung, der Herr Staatssekretär, mit unaussprechlicher Langeweile, mit einer unglaublichen "Desinteressenz", möchte ich jetzt schon fast sagen, um eine neue Wortschöpfung zu gebären, die Debatte verfolgt. (Abg. Haigermoser: So ist er immer!) Das ist meiner Meinung nach sehr bezeichnend. Das ist für mich symbolisch. Das zeigt meiner Ansicht nach ganz deutlich die Haltung auf, die Sie als Regierungspartei gegenüber Anliegen einnehmen, die von Millionen Menschen getragen werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Krammer: Das ist ja lächerlich!)


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Was hat der Herr Bundeskanzler dazu zu sagen? Er sagt, es wird in den Ausschüssen sachlich beraten. Ja warum müssen denn dann die Proponenten ausziehen? – Weil die Sache sosehr verzögert wird, sosehr auf die lange Bank geschoben wird, daß sie keine andere Möglichkeit mehr haben, als durch ihr Verhalten schlaglichtartig diese Situation zu verdeutlichen.

Was hat der Herr Bundeskanzler außerdem gesagt? – Es solle der Prozeß der Behandlung von Volksbegehren beschleunigt werden, er sei nur wegen der dafür notwendigen Änderungen momentan noch nicht in der Lage dazu. Ich frage mich: Wozu ist er denn Bundeskanzler, wenn er nicht Prozesse beschleunigen kann? Wozu führt er denn eine Regierung, die eine Zweidrittelmehrheit hat, wenn er die Möglichkeiten, Volksbegehren zu beschleunigen, nicht wirklich in Angriff nehmen kann?

Der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, daß Frau Prammer nach Brüssel reist und dort vorstellig wird. Dort, wo die Demokratie mit Füßen getreten wird, soll sie etwas erreichen, und dies noch dazu, wenn sie schon zu Hause die Demokratie nicht ernst nimmt? Sie schleifen ja selber ständig am sehr dünnen demokratiepolitischen Parkett. Das kann nicht mehr so weitergehen!

Wir brauchen – damit bin ich beim wesentlichen Punkt dieser Debatte und leider schon am Ende meiner Rede, da das Licht am Rednerpult blinkt –, da eine große Koalition meist große Fehler macht, endlich eine Kurskorrektur. Und diese Kurskorrektur sind die Volksbegehren. Ihr größter Fehler in der großen Koalition ist, daß Sie diese Volksbegehren nicht ernst nehmen. Ich glaube, damit muß Schluß sein. (Beifall bei den Grünen.)

17.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.20

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Wabl! Ich kann mit diesem entschlossenen Nein – das erste habe ich leider nicht verstanden – nicht aufwarten. Ich kann aber sehr wohl mit einer kritischen Auseinandersetzung mit meiner Vorrednerin aufwarten. Wenn Frau Kollegin Moser behauptet, daß Frau Bundesminister Prammer nach Brüssel fahre und zu Hause eigentlich die demokratiepolitischen Anliegen nicht behandle, so dürfte ihr entgangen sein, daß im Rahmen der Verhandlungen im Sonderausschuß zum Gentechnik-Volksbegehren eine Novelle zum Gentechnikgesetz von Frau Bundesminister Prammer in Begutachtung gegangen ist und in dieser Novelle – ich würde Ihnen empfehlen, sich diese Novelle einmal anzuschauen – durchaus Interessen des Volksbegehrens und der es unterstützenden Plattform vertreten werden. Leider Gottes waren die Mitglieder der Plattform bei der letzten Sonderausschußsitzung nicht anwesend, ich hoffe, sie werden bei den nächsten Ausschußsitzungen wieder dabei sein, um mit ihnen diskutieren zu können. Jedenfalls sind Maßnahmen, die von den Unterstützerinnen und Unterstützern des Volksbegehrens eingefordert wurden, in dieser Novelle enthalten.

Des weiteren meine ich in allen Bereichen, aber speziell im Bereich der Gentechnologie und der Biotechnologie: Wenn wir wirklich zu der von Ihnen angesprochenen Umsetzung kommen wollen, dann müssen wir gemeinsam danach trachten, eine Versachlichung der Diskussion herbeizuführen. Ich glaube nicht, daß wir zu den entsprechenden Zielen kommen werden, wenn wir emotionell und in Schlagworten über die Angelegenheit reden, sondern wir müssen in die Tiefe gehen. Dazu haben wir einstimmig im Gentechnik-Sonderausschuß einen Fahrplan beschlossen, und zwar mit Experten-Hearings und einer abschließenden Sitzung. Kollege Barmüller hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, ausgeführt, daß wir nicht nur eine abschließende Sitzung, sondern wahrscheinlich zwei benötigen werden. Aufgrund der Experten-Hearings hat sich der Wissensstand der Abgeordneten, wie ich meine, aller Fraktionen entsprechend erhöht, und damit ist es bei einer wirklich sachlichen Auseinandersetzung auch möglich, klare legistische Richtlinien zu beschließen.

Zum Kollegen Schweitzer fällt mir noch etwas ein. Er hat hier am Rednerpult gesagt, Herr Bundeskanzler Klima sei mit seinen Ausführungen nicht richtig gelegen, daß es keine Möglichkeit


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eines Moratoriums gebe. Es ist schon richtig, daß es die Möglichkeit eines Moratoriums gibt, aber es ist nur in jedem Einzelfall zu entscheiden. Und ich glaube, es wäre nicht der richtige Weg, in jedem Einzelfall zu einem Moratorium zu kommen, sondern der richtige Weg, der jetzt auch seitens der Bundesregierung beschritten wurde mit der Gentechnikgesetznovelle, mit der demnächst in Begutachtung gehenden Novelle zum Gentechnikgesetz, was die Haftung und auch die Produkthaftung betrifft, ist, klare Richtlinien und klare legistische Maßnahmen zu setzen.

Jetzt muß ich auf Frau Kollegin Rauch-Kallat eingehen. Wenn es um die Arbeitsplätze in diesen Technologiebereichen geht, so ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur einmal, sondern bereits mehrmals von Vertretern der Firmen, die in diesen Bereichen forschen und tätig sind, gesagt worden, sie fürchten sich nicht vor Haftungsmaßnahmen, sie fürchten sich nicht vor legistischen Maßnahmen, sondern sie wollen klare Maßnahmen haben. Und diese klaren Maßnahmen haben wir nach einer sachlichen Diskussion gemeinsam zu schaffen, damit Rechtssicherheit gegeben ist für die Konsumenten auf der einen Seite und für die Betreiber, für die Antragsteller auf der anderen Seite.

Nach fünfmaliger Antragstellung auf Freisetzung und nach fünfmaligem Mißlingen ist es, glaube ich, nicht notwendig, noch fünfmal Anträge zu stellen, die dann wieder zurückgezogen werden, sondern wir sollten in der Zwischenzeit – und ich bin zuversichtlich, daß uns das bis Mitte des Jahres gelingen wird – rechtliche Möglichkeiten schaffen, damit die Antragsteller Rechtssicherheit haben, damit die Haftungsfrage geregelt ist und damit auch die Konsumenten Rechtssicherheit haben. Einige Dinge sind bis dahin noch zu erledigen.

Aber eines sollten wir dabei auch nicht außer acht lassen, speziell, wenn wir von Arbeitsplätzen sprechen, und vor allem, wenn wir wie Frau Kollegin Rauch-Kallat von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft sprechen: Nicht alle landwirtschaftlichen Arbeitsplätze werden mit Biotechnologie erhaltbar sein. Ein Großteil der österreichischen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft – und das wissen wir, das beweist der Grüne Bericht, das wissen wir aus Aussendungen der Interessenvertretungen – befindet sich im biologischen Landbau. Die biologische Landwirtschaft hat sich europaweit und damit auch in Österreich zur Gentechnikfreiheit bekannt. Und diesen Landwirten, diesen Bauern müssen wir die Möglichkeit geben, auch dabei zu bleiben.

Daher ergeht die Einladung beziehungsweise die Aufforderung auch an unseren Koalitionspartner, mit dem wir einige schwierige Verhandlungen hinter uns gebracht haben, um den Entschließungsantrag zur Freisetzungsrichtlinie abzuändern, auf diesem Gebiet weiterzumachen. Ich bin, wie gesagt, optimistisch, daß es uns gemeinsam gelingen wird, bis Mitte dieses Jahres legistische Maßnahmen zu treffen, die den Intentionen des Volksbegehrens entsprechen, die unsere Wirtschaft nicht schädigen und die auch unseren Konsumentinnen und Konsumenten entsprechende Rechtssicherheit bieten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Tichy-Schreder zu Wort. Sie haben noch eine Redezeit von 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.27

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Fraktion der Grünen! Liebe Frau Kollegin Dr. Petrovic! Ich habe Ihre Dringliche Anfrage an den Herrn Bundeskanzler nicht verstanden. Wenn es darum geht, im Parlament in Ausschüssen zu arbeiten, ist doch nicht die oberste Instanz der Herr Bundeskanzler. Ich habe mir gedacht, daß gerade die Fraktion der Grünen nicht dieses hierarchische Denken hat, sondern dort, wo sie für einen Bereich selbst verantwortlich ist, auch selbst agiert. Man kann doch in diesem Fall nicht den Herrn Bundeskanzler fragen, warum da nichts weitergehe. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf der anderen Seite, Frau Kollegin Dr. Petrovic, wird gerade der Koalitionsregierung oft vorgeworfen, daß verschiedene Gesetzesmaterien so schnell verabschiedet werden, man müßte doch alle Bedenken berücksichtigen. Und gerade in den Bereichen, um die es in den drei Volksbegehren, dem Gentechnik-Volksbegehren, dem Tierschutz-Volksbegehren, aber auch


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dem Frauen-Volksbegehren, geht, gibt es sehr viele verschiedene Auffassungen und Meinungen. Und was bedeutet Demokratie? – Nichts anderes, als über die verschiedenen Meinungen in einem Unterausschuß des Parlaments zu diskutieren. Ich kann verstehen, daß das manchem dort und da zu langsam geht, vor allem, wenn man nur seine eigene Meinung, koste es, was es wolle, durchsetzen und nicht auf die Bedenken anderer eingehen möchte.

Ich verstehe unter Demokratie, daß man einander zuhört und abwägt und auch durch die Hinzuziehung von Experten alle Für und Wider bedenkt, damit sich die Politiker, nämlich die Abgeordneten in den Ausschüssen, eine entsprechende Meinung bilden können. Demokratie heißt miteinander reden und nicht einfach, wenn man meint, es dauert einem etwas zu lange, aus einem Ausschuß ausziehen. Das empfinde ich als ein demokratiepolitisches Fehlverhalten der Proponenten dieser Volksbegehren. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Unterzeichner dieser Volksbegehren das goutieren, denn kein einziger, der unterschreibt, will, daß es husch-pfusch geht, sondern daß man eingehend berät und richtige Lösungen findet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Moser hat hier von "Auf-die-lange-Bank-Schieben" und so weiter gesprochen. Dazu möchte ich folgendes feststellen: Frau Dr. Moser! Ich habe Sie bei Ihrem ersten Auftreten hier im Parlament als sachkundige Abgeordnete kennengelernt. Aber Ihre heutige Rede war alles andere als sachkundig. Ich bedauere wirklich, daß Sie, die Sie normalerweise mit Sachverstand hier agieren, heute das nicht getan haben, und ich hoffe, daß bei Ihren nächsten Ausführungen, die Sie hier machen werden, Ihr Sachverstand wieder zum Ausdruck kommt und nicht nur einfach Polemik.

Frau Kollegin Schaffenrath! Sie haben bezüglich des Frauen-Volksbegehrens gemeint, es sollte eine entsprechende Staatszielbestimmung in die Bundesverfassung kommen. Das müßten wir genau überlegen. Wir haben in unserer Bundesverfassung nämlich keine Staatszielbestimmung. Wir haben gleiches Recht, egal für wen, für welchen Österreicher oder für welche Österreicherin, ob Frau, ob Mann, ob behindert oder nicht behindert, wir haben für alle die gleichen Rechte. Wenn man jetzt eine Staatszielbestimmung haben möchte, dann muß man die Bundesverfassung ändern. Das muß auch gesagt werden. Frauen und Männer haben in diesem Staat gleiche Rechte, da bräuchten wir keine neue Bestimmung. Ich glaube, auch das muß gesagt werden.

Bei der Auflegung des Frauen-Volksbegehrens hieß es: Wenn auch nicht alle Forderungen im Frauen-Volksbegehren "richtig" – unter Anführungszeichen – oder durchsetzbar oder durchdacht sind, so sollen sie doch ein Signal für die Frauen sein. Aber Signale für die Frauen kann man nicht nur gesetzlich verankern. Sie sind weit umspannender. Solche Signale müßten auch in der Gesellschaft gegeben werden. Diesbezüglich ist bereits einiges geschehen. Darüber aber wird in der Öffentlichkeit, wird in den Medien fast überhaupt nicht gesprochen.

Frauenförderungsmaßnahmen in Betrieben etwa: Seit etlichen Jahren, beginnend in der Steiermark, gibt es eine Aktion "Taten statt Worte". Dort werden Betriebe ausgezeichnet, die Frauen besonders fördern, Betriebe, in denen es familienfreundliche Arbeitsplätze, frauenfreundliche Arbeitsplätze gibt. Darüber, was Betriebe bereits tun in dieser Richtung, in allen Bereichen, ob Großbetrieb, ob Kleinbetrieb, wird einfach nicht gesprochen.

Noch einmal: Das muß nicht gesetzlich verankert werden, es muß gelebte Praxis sein. Daran mangelt es. Es geht nicht darum, daß wir immer neue Gesetze machen, sondern es muß gelebte Praxis in den Betrieben sein. Die Betriebe sollen dazu nicht nur per Gesetz "verdonnert" werden, sondern sie sollen motiviert werden. Die Motivation aber, die von der Steiermark, von der Frau Abgeordneten Ridi Steibl ausgegangen ist, wird einfach negiert. (Beifall bei der ÖVP.  – Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. )

Frau Kollegin! Auch was das Tierschutz-Volksbegehren angeht, heißt es: Die böse ÖVP! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) – Nein, nicht Sie, Frau Kollegin Schaffenrath, verzeihen Sie! – Die böse ÖVP, heißt es da, die ist nicht für ein Bundestierschutzgesetz!


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Meine Damen und Herren! Wir leben in einem Bundesstaat, in der Republik Österreich, in der es Länder gibt, und auch diese haben Rechte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. ) Und Länderrechte, Herr Abgeordneter Kostelka, gibt es auch den Tierschutz betreffend. Aber, meine Damen und Herren – und das ist für mich interessant, denn diesbezüglich habe ich noch kein Aufheulen in unserer Gesellschaft gehört –, wir haben auch unterschiedliche Jugendschutzbestimmungen in den einzelnen Bundesländern, und niemand hat deshalb gesagt, wir brauchen ein zentrales, gemeinsames Gesetz für die Jugendschutzbestimmungen. Es gibt ganz unterschiedliche Regelungen diesbezüglich in den einzelnen Bundesländern, aber da hat noch niemand geschrien: Die Jugend ist doch in ganz Österreich gleich, die Kinder sind gleich, das muß alles einheitlich sein!

Es gibt Landes gesetze, und ich glaube, auch darüber müssen wir offen diskutieren, und nicht nur, weil es momentan opportun ist, nicht nachzusehen, wie die Bestimmungen in den einzelnen Ländern sind. Dort gibt es nämlich sehr wohl einen Tierschutz.

Gerade in Deutschland gehen die Grünen – verzeihen Sie – in Fernsehsendungen damit hausieren, welch gute Tierschutzbestimmungen wir in Österreich haben. In Österreich aber will man es anders sehen, weil man einfach ein Lobbying in diese Richtung macht und die Menschen nicht richtig informiert. Als Politikerin und als Politiker hat man die Aufgabe, die Menschen ehrlich zu informieren, und das, meine Damen und Herren, wünsche ich mir auch von den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.34

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eines ist ganz sicher in der Zwischenzeit bis zu Herrn und Frau Österreicher durchgedrungen: daß die österreichische Regierung insgesamt und insbesondere immer eine der beiden Regierungsparteien keine besondere Freude daran hat, wenn das Volk begehrt, wenn das Volk eine politische Kurskorrektur haben will.

Ein wenig anders hat es am Anfang ausgesehen, als es um das Frauen-Volksbegehren gegangen ist. Da wurden von den Initiatorinnen immerhin die Damen beider großen Regierungsparteien eingeladen; die ÖVP ist dann ausgeschieden. Aber es war wirklich ein Novum, daß dieses Frauen-Volksbegehren auch von sozialdemokratischen Abgeordneten unterstützt und unterschrieben wurde. Auch die Frauenministerin hat ja ihre Unterstützung immer ganz offen dargelegt.

Es war daher einigermaßen grotesk – wenn man jetzt schon von der Wahrheit und vom Informieren und so weiter spricht –, daß es nach Abschluß des Frauen-Volksbegehrens eine Pensionsreform gegeben hat, die wieder zu Lasten der Frauen gegangen ist, und diese Pensionsreform hat natürlich auch die Zustimmung der Abgeordneten aus den sozialdemokratischen Reihen gefunden, die vorher dieses Frauen-Volksbegehren unterschrieben haben.

Für uns Freiheitlichen war es eigentlich nicht grotesk, denn wir haben das erwartet, aber es stellte sicherlich eine erste Verunsicherung für die Initiatorinnen des Frauen-Volksbegehrens dar, die ja aufgrund der Beteiligung von sozialdemokratischen Abgeordneten und aufgrund der Zustimmung der Frau Ministerin eine größere Erwartungshaltung gehabt haben. Wir freiheitlichen Frauen waren von Anfang an nicht in dieses Frauen-Volksbegehren eingebunden, und das sicherlich nicht deshalb, weil wir besonders extreme Frauen wären oder, wie man bei uns in Tirol sagt, besonders "schiache Weiberleit". Das hat ganz andere Gründe. Wir freiheitlichen Frauen haben von Anfang an einen etwas anderen Ansatz zur Frauenpolitik gehabt, einen pragmatischen Ansatz. Ich freue mich sehr, daß gerade diese Unterausschußsitzungen im Gleichbehandlungsausschuß gezeigt haben, daß dieser pragmatische Ansatz der österreichischen Frauenpolitik eigentlich der richtige wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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So hat zum Beispiel ein Experte, den die SPÖ nominiert hat, Ziniel, gesagt, daß Frauenanliegen natürlich auch von Männern getragen werden müssen. Für uns Freiheitliche war es selbstverständlich, auch einen Mann für den Gleichbehandlungsausschuß zu nominieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir hatten auch von den Inhalten her immer pragmatischere Ansätze. Uns ist eine wirtschaftliche Besserstellung der Frauen, Frau Kollegin Schaffenrath, wirklich immer wichtiger gewesen als die Durchsetzung eines toten Gleichbehandlungsrechts, das Sie immer so stark einfordern. Wir haben aber auch, als wir von diesem Frauen-Volksbegehren erfahren haben, als erstes einen pragmatischen Ansatz formuliert. Wir haben unsere Vorstellungen unmittelbar in Anträgen formuliert und diese im Parlament eingereicht – der richtige Weg für uns als Parlamentarierinnen –: unsere Anträge 330, 462, 463, in denen es um die Frauenerwerbstätigkeit, die Kindererziehung, die partnerschaftliche Gestaltung der Pensionsreform, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht – nach den Vorstellungen der freiheitlichen Frauen natürlich.

Warum haben wir das so gemacht? – Weil wir von Anfang an der Meinung waren, daß ein ziemlich großer Teil dieser Forderungen des Frauen-Volksbegehrens einfach nicht umsetzbar ist. Deshalb haben wir auch keine generelle Empfehlung ausgesprochen, obwohl auch sehr viele freiheitliche Frauen dieses Volksbegehren unterstützt haben.

Was die Unterstützung des Volksbegehrens angeht, hat Frau Kollegin Schaffenrath heute sehr schön die Kurve für das Liberale Forum "gekratzt". Warum? – Weil sie ja aufgrund der Expertenmeinung jetzt gemerkt hat, daß es wohl richtig war, es prinzipiell zu unterstützen, aber nicht in den einzelnen Punkten. Diesen Punkten hat auch die Bevölkerung zum Großteil die Umsetzbarkeit abgesprochen. Und wenn jetzt die Initiatorinnen über eine Verschleppung enttäuscht sind, dann muß ich sagen, diese Kritik kann sich nur an die Sozialdemokraten richten, weil sie auch diese Forderungen von Anfang an mitgetragen haben.

Aus freiheitlicher Sicht ist diese Arbeit in den Unterausschüssen sehr zweckdienlich. Es haben dort namhafte Experten, weibliche und männliche Experten aller Couleurs, bereits einige Lösungsansätze aufgezeigt, die auch wir Freiheitlichen akzeptieren, die aber natürlich noch politisch abzustimmen sind. Wir akzeptieren diese Vorgangsweise, weil wir der Meinung sind, daß diese Diskussion auf Expertenebene eigentlich schon lange hätte stattfinden müssen. Wir treten dafür ein, daß diese Diskussion auf Expertenebene auch der Öffentlichkeit kundgemacht werden soll, denn die österreichischen Frauen sollten wirklich auch über die Expertenmeinungen informiert werden. Nur das kann eine seriöse Basis für eine Frauenpolitik der Zukunft in Österreich sein, und gerade diese seriöse Basis hat der österreichischen Frauenpolitik bisher gefehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Motter. Noch 9 Minuten restliche Redezeit für Sie. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.41

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs Ihnen, Frau Kollegin Tichy-Schreder, auf Ihre belehrenden Worte antworten. Glauben Sie nicht auch, daß OppositionspolitikerInnen auch einmal die Geduld reißen kann, wenn sie wissen, daß in Ausschüssen bewußt verzögert wird, wie zum Beispiel beim Tierschutz? (Widerspruch der Abg. Tichy-Schreder. ) Doch! Ihre Worte in Richtung der Grünen fand ich sehr unfair. Es ist sicherlich nicht meine Art, die Grünen zu verteidigen, aber es ist ein Faktum, daß im Tierschutz-Unterausschuß verzögert wird, und zwar bewußt verzögert wird. (Abg. Tichy-Schreder: Und was hat der Bundeskanzler damit zu tun?) Dann darf man wohl auch einmal an den Bundeskanzler, der für alles verantwortlich ist, Fragen richten. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schreder: Fürs Parlament nicht!)

Es ist jedenfalls aus unserer Sicht zuwenig, sich, wie die ÖVP, immer wieder auf einen verbesserten Tierschutz zu berufen. Es ist für uns auch zuwenig, Frau Kollegin, immer wieder Appelle bezüglich eines einheitlichen Tierschutzgesetzes zu richten. Mir tut die Kollegin aus der SPÖ,


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die immer für den Tierschutz spricht, schon fast leid, weil ihre Worte von diesem Pult aus und auch in den Ausschüssen ungehört verhallen. Ich glaube, das ist sehr unbefriedigend für eine Sozialdemokratin.

Meine Damen und Herren Abgeordneten von den Regierungsparteien! Tun Sie etwas! Appelle und auch Versprechungen nützen nichts. Nahezu 500 000 Unterzeichner und Unterzeichnerinnen dieser Forderungen haben es verdient, daß etwas getan wird. Es sind Forderungen von Bürgern aus allen Bundesländern, Frau Kollegin Tichy-Schreder. Wir wissen, daß die Forderungen der Bürger und Bürgerinnen nicht im Einklang mit unseren Landesregierungen in den Bundesländern sind, weil es diesen "Kaisern" nicht genehm ist und weil sie einen falsch verstandenen Föderalismus – auch ich bin Föderalistin – einfach über den Tierschutz stellen. Das muß hier zum wiederholten Mal von mir gesagt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir wissen auch, daß alle namhaften Experten, mit Ausnahme jener der ÖVP, sich immer wieder für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz ausgesprochen haben. Es gibt – und das wissen wir auch – neben dem Volksbegehren eine Reihe von Anträgen zu dieser Thematik aus allen Oppositionsparteien und aus der größeren Regierungspartei. Auch letzte Woche im Unterausschuß waren sich mit einer Ausnahme alle geladenen Experten einig, daß einheitliche Regelungen das einzig Sinnvolle wären. Selbst ein Vertreter eines Bundeslandes, ein Landesrat, der mit Tierschutz befaßt ist, war überrascht über die bisherigen Artikel-15a-Vereinbarungen im Hinblick auf die unterschiedlichen Standards und die Mängel im Tierschutzbereich.

Frau Kollegin Rauch-Kallat! – Sie ist jetzt nicht da. Wenn sie ehrlich ist, muß sie zugeben, daß es trotz Artikel-15a-Vereinbarung immer noch eine unterschiedliche Handhabung der landwirtschaftlichen Tierhaltung gibt.

Meine Damen und Herren! Wir werden langsam müde, immer wieder von vorne zu beginnen und über neue Artikel-15a-Vereinbarungen zu diskutieren, noch dazu, wo die neue Vorlage, die uns kurzfristig vor Beginn der Unterausschußsitzung auf den Tisch geknallt wurde, ein Entwurf ist, der sich im allgemeinen und im besonderen mit dem außerlandwirtschaftlichen Bereich beschäftigt. Auch Heimtiere und Zirkustiere sind nach Auffassung von uns Liberalen zu schützen, es muß auch in diesem Bereich zu Verbesserungen kommen. Wenn aber Teile der Landwirtschaft, das Jagdrecht, die Fallenstellerei und die Pelzzucht weiterhin ausgeklammert sind, so ist das für uns zuwenig. Es ist aus unserer Sicht genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger, daß für die Hunderttausende von Schweinen Kriterien festgelegt werden, als zum Beispiel für Sumpf- und Wasserschildkröten.

Auch die Argumente gegen Artikel-15a-Vereinbarungen in der Vergangenheit liegen auf dem Tisch, und diese gelten nach unserem Verständnis auch für die neu zu beschließenden. Es sind freiwillige Vereinbarungen, von denen sich jedes Bundesland jederzeit verabschieden kann. Zudem ist die Umsetzung in neun verschiedenen Landesgesetzen bürokratisch und teuer, und es würde sehr lange dauern, bis diese in allen Ländern zum Vollzug gelangten. Außerdem ist zu befürchten, daß auch durch die neuen Artikel-15a-Vereinbarungen, ähnlich wie bei der Tierhaltung in der Landwirtschaft, nur niedrige Standards zustande kämen.

Meine Damen und Herren! Wir sind auch in der Europäischen Union eindeutig Nachzügler, was ein Bundesgesetz für den Tierschutz betrifft. Selbst die größeren Länder, die für die Osterweiterung in Frage kommen, wie Polen, Tschechien und Ungarn, haben bereits einheitliche Bundestierschutzgesetze. Außenminister Schüssel ist stolz darauf, daß über ein Protokoll der Tierschutz nun primärrechtlich in der EU verankert ist. Die Konsequenzen für das Wohlergehen der Tiere will er allerdings nicht ziehen. Anders ist das Verhalten der Österreichischen Volkspartei nicht nachvollziehbar.

Abschließend: Aus unserer Sicht ist zu befürchten – der letzte Unterausschuß mit seinen leidigen Debatten über diese Thematik hat es uns klar gezeigt –, daß das Volksbegehren für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz so lange hinausgezögert wird, daß es mit Ende der Legislaturperiode verfällt. Meine Damen und Herren Abgeordneten der Regierungsparteien! Ist das Ihr Demokratieverständnis? Ist das Ihre Arbeit für das österreichische Volk? Es geht um


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460 000 klare und nicht verwaschene Bekundungen unserer Bürger. Ich bin überzeugt, daß bei weiteren Aktivitäten mit viel mehr Unterstützung für dieses Anliegen zu rechnen ist. Wir Liberale werden jedenfalls alles unterstützen, was mit sinnvollen Tierschutzverbesserungen zu tun hat.

Wir können uns auch vorstellen, einen Antrag hinsichtlich einer Volksabstimmung in diesem Zusammenhang einzubringen, und ich bin überzeugt, daß auch andere Oppositionsparteien sich dem anschließen könnten. Wenn auch unsere Verfassung dies noch nicht vorsieht, so muß zumindest darüber diskutiert werden. Das ist unser Anliegen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. – Frau Abgeordnete, Ihr Klub hat noch eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung. Sie brauchen 2 Minuten? – Bitte.

17.48

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Motter, Sie können, wenn Sie das, was Sie zuletzt hier geäußert haben, ernst meinen, unserem freiheitlichen Entschließungsantrag jetzt zustimmen, denn er geht genau in diese Richtung.

Frau Kollegin Moser muß ich recht geben, wenn sie sagt, die Koalition mache Fehler, wenn sie diese Unterschriften einfach ignoriere. – Ja, das stimmt, die Koalition macht Fehler. Aber unerträglich ist, was man mit den Bürgern in diesem Land macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) 2,2 Millionen Menschen unterschreiben insgesamt drei Volksbegehren, und es besteht wirklich die Gefahr, daß diese 2,2 Millionen Unterschriften einfach schubladisiert werden. Die Folge davon: Die Wähler werden immer mehr frustriert, werden immer mehr enttäuscht und wenden sich einfach von der Politik ab. Das ist eine ganz logische Folge. Und dann jammern Sie über die Politikverdrossenheit in diesem Land! Sie mißbrauchen die Wähler nur mehr zu Wahlen. Wenn sie aber ihre Meinung über bestimmte Bereiche der Politik in Volksbegehren kundtun, dann interessiert Sie das überhaupt nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Verstärkt wird dieses Gefühl natürlich noch durch die Aussagen verschiedener Regierungspolitiker. Es ist wirklich ein demokratiepolitischer Skandal, wenn SPÖ-Finanzminister Edlinger den Österreichern beim Euro-Volksbegehren vor laufender Kamera ausrichten läßt: Selbst wenn 1 Million Wähler dieses Volksbegehren unterschreiben – das interessiert uns nicht! Wir, die Einheitspartei, machen, was wir wollen, egal, wie viele Menschen es unterschreiben! – Diese Meinung der Regierungspolitiker bekommen jetzt die 2,2 Millionen Bürger und Bürgerinnen in diesem Land zu spüren.

Damit es in Zukunft eine derartige Entwicklung nicht mehr geben kann, bringen wir Freiheitlichen einen Entschließungsantrag ein, der wirklich in Richtung direkte, gelebte Demokratie für den Bürger geht. Er lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Mag. Stadler und Kollegen betreffend Umsetzung erfolgreicher Volksbegehren

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, binnen drei Monaten einen Gesetzentwurf vorzulegen, der vorsieht, daß jedes Volksbegehren, das von mindestens 500 000 Stimmberechtigten unterstützt wurde, zwingend einer Volksabstimmung zu unterziehen ist, sowie weiters vorsieht, daß die gesamten Ausschuß- und Unterausschußberatungen des Nationalrates betreffend Volksbegehren zwingend öffentlich abzuhalten sind.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn die Beteuerungen von Rot und Schwarz ernst gemeint sind, dann gibt es kein Argument, daß Sie gegen diesen Antrag stimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Aumayr vorgetragene Entschließungsantrag, der ausreichend unterstützt ist, ist mit Gegenstand der Verhandlungen.

Herr Abgeordneter Dr. Pumberger! Sie sind der nächste Redner. Sie haben noch 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

17.52

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß die Anliegen, die in den diversen Volksbegehren der letzten Jahre zum Ausdruck gebracht wurden, von der rot-schwarzen Einheitspartei ernst genommen werden, das glaubt in diesem Lande wirklich kaum noch jemand. Am deutlichsten zeigt sich das bei den drei heute angesprochenen Volksbegehren, wobei das Tierschutz-Volksbegehren bereits vor zwei Jahren stattgefunden hat und jetzt noch weiterhin verschleppt wird; sehr deutlich zeigt sich das auch beim Gentechnik-Volksbegehren.

Sie wagen es ganz einfach nicht, den Betreibern und vor allem den 1,2 Millionen Unterzeichnern des Volksbegehrens klar zu sagen, daß Sie keinen einzigen der drei Hauptpunkte des Volksbegehrens realisieren können, auch wenn Sie es wollten: Erstens wollen Sie nicht und zweitens können Sie nicht. Sie können Punkt 1: "Kein Essen aus dem Genlabor" jetzt bereits nicht mehr umsetzen; es wäre längst an der Zeit gewesen, nämlich vor dem Volksbegehren, zumindest während des Volksbegehrens oder gleich danach den Bürgern, die es unterzeichnet haben, reinen Wein einzuschenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Punkt 2: "Keine Freisetzung genmanipulierter Organismen in Österreich" ist auch generell nicht möglich. Der Herr Bundeskanzler hat heute auch gesagt, daß er gegen ein allgemeines Freisetzungsverbot ist. Aber Umweltminister Bartenstein hat sich dafür ausgesprochen, daß es ein allgemeines Freisetzungsverbot geben soll, bis die Haftungsregelungen in Kraft getreten sind. Das wäre eine Minimalforderung, zu der sich die Regierung aufraffen könnte, aber auch dazu sind Sie nicht in der Lage.

Beim Punkt 3: "Kein Patent auf Leben" haben Sie bereits in Person von Bundesminister Farnleitner in Europa kläglich versagt, denn dieser hat in Brüssel ohne Wenn und Aber der Patentierungsrichtlinie zugestimmt. Daher sind – mit Recht! – die Initiatoren des Gentechnik-Volksbegehrens aus diesem Sonderausschuß ausgezogen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Wenn Sie in Zukunft so weitermachen, werden Sie allein – die rot-schwarze Einheitspartei – das zu verantworten haben. Sie werden aber auch in der Bevölkerung keine Unterstützung mehr finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete! Die Redezeit, die für Sie noch verbleibt, beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nach fast drei Stunden Diskussion zum Thema "Direkte Demokratie" erlauben Sie mir, daß ich ein wenig meinen Eindruck von dieser Debatte zusammenfasse: Alle Rednerinnen und Redner – ob Opposition, ob Regierungsfraktionen – haben hier lautstark und vehement davon gesprochen, wie ernst sie dieses Thema


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106. Sitzung / Seite 148

nehmen. Frau Kollegin Rauch-Kallat hat doch tatsächlich gesagt, wie ernst sie sogar jede einzelne Unterschrift dieser drei parteiunabhängigen Volksbegehren der letzten beiden Jahre nimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, daß Sie jede einzelne Unterschrift eines Volksbegehrens so ernst nehmen. Ich erwarte mir, daß Sie das über den Zeitraum dieser drei Stunden heute nachmittag hinaus auch tatsächlich tun. Vor allem freut es mich, daß die Vorsitzende des Sonderausschusses dies so vehement hier beteuert, denn da könnte – ich bin ja immer optimistisch und dem Prinzip des Vorwärtsschauens eher zugeneigt, als alles pessimistisch zu sehen – noch Bewegung in die Sache kommen.

Der wesentlichste Punkt zur Erklärung des heutigen Nachmittags, einerseits zur Initiative der Grünen in Form dieser Dringlichen Anfrage an den Herrn Bundeskanzler, aber auch anderseits ein bißchen zum Wachrütteln der Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten hier, ist meiner Meinung nach die Frage, was eigentlich – abgesehen vom Inhalt und vom Negieren wesentlicher Forderungen, von inhaltlichen Schwerpunkten, bei denen man in Teilbereichen durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann beziehungsweise auch ist – das Wesentliche ist, wenn es um direkte Demokratie geht.

Gerade Sie, meine Damen und Herren, einschließlich meiner Person, Sie als Volksvertreter und Volksvertreterinnen, reden bei öffentlichen Auftritten so gerne und so viel von der sogenannten Politikverdrossenheit der Menschen in Österreich, davon, daß sich die Menschen ins Privatleben zurückziehen, nicht mehr aktiv sind. Die Parteien klagen darüber, daß ihre Funktionäre und Funktionärinnen nicht motiviert sind.

Meine Damen und Herren! Wundern Sie sich darüber, daß die Menschen in Österreich politikverdrossen werden? – Parteiunabhängige, über allen Parteien stehende Initiativen, die direkt von der Basis, direkt aus der Bevölkerung kommen, die so erfolgreich sind wie das Tierschutz-Volksbegehren, wie das Gentechnik-Volksbegehren und wie das Frauen-Volksbegehren, werden jetzt im übertragenen Sinn mit Füßen getreten, werden von den indirekten Vertretern nicht ernst genommen. Das ist es, was mir Sorge macht.

Frau Kollegin Tichy-Schreder! Daß wir diese verbalen Auseinandersetzungen – und natürlich gehört es zur Demokratie, miteinander zu reden – wollen, das bestreitet ja niemand, das ist klar, deshalb sitzen wir ja hier. Aber, meine Damen und Herren, Frau Kollegin: Jeder einzelne, nicht nur die Proponentinnen und Proponenten, sondern tatsächlich jeder einzelne, der unterschrieben hat, wartet darauf, daß er ernst genommen wird. Ernstgenommen fühlen sich die Unterzeichner aber nur dann, wenn sie auch entsprechende Signale und Hinweise bekommen und konkrete Bemühungen zu einer Umsetzung sehen.

Ich sehe heute immer wieder Frau Mathis auf der Besuchergalerie: Am meisten gefrotzelt in diesem Land werden die Tierschützer. Bei einem Thema wie dem Tierschutz – ach, so lieb –, wo ich meine, daß man sich über alle ideologischen Grenzen hinweg treffen muß, das völlig unpolitisch sein könnte – jetzt karikiere ich mich selbst –, nicht einmal dort, ja dort am allerwenigsten, kommt es zu einer Weiterentwicklung.

Meine Damen und Herren! Ich habe Sorge, daß die Politikverdrossenheit, das Sich-Abwenden von der Politik, die Unzufriedenheit mit den politischen Parteien – selbst mit den kleinen und mit den oppositionellen Parteien – immer größer wird, wenn wir hier im Nationalrat und in den Ausschüssen nicht endlich ein Zeichen setzen, damit sich jene zwei Millionen Menschen, die sich durch ihre Unterschrift – mit Namen, Brief und Siegel – für Anliegen eingesetzt haben, ernstgenommen fühlen. Noch ist es nicht zu spät. Noch sind die Abgeordneten in den Ausschüssen höchst aktiv und rege (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), obwohl die Proponentinnen und Proponenten zum Teil bereits aus Enttäuschung die Ausschüsse verlassen haben. Jetzt gilt es, diese Initiative für direkte Demokratie zu unterstützen. Wir tun dies sogar so ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete, den Schlußsatz, bitte!


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106. Sitzung / Seite 149

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits
(fortsetzend): Das ist schon der Schlußsatz. – Wir unterstützen Entschließungsanträge selbst der Freiheitlichen, mit denen uns gar nichts verbindet, weil uns die direkte Demokratie ein Anliegen ist. (Beifall bei den Grünen.)

18.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir stimmen jetzt über den eingebrachten Entschließungsantrag ab. Ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend Umsetzung erfolgreicher Volksbegehren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3220/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung, die die Ordnungszahl 3220/AB trägt.

Diese Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich.

Ich rufe die Bestimmungen der Geschäftsordnung über die Redezeiten in Erinnerung: Kein Redner darf länger als 5 Minuten reden, mit Ausnahme des Erstredners, der als Begründer dieses Antrages auftritt und eine Redezeit von 10 Minuten hat. Stellungnahmen von Mitgliedern der Regierung beziehungsweise von zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordneten Scheibner das Wort, der als Antragsteller des Verlangens die Debatte eröffnen wird. Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

18.02

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen hat es eine Reihe von Anfragen von Abgeordneten dieses Hauses an den Herrn Verteidigungsminister bezüglich seiner Ankündigungen, Kasernen zu schließen und Einheiten des österreichischen Bundesheeres aufzulösen, gegeben. Es waren nicht nur Anfragen dieses Hauses, sondern es hat Beschlüsse in den Landtagen gegeben, es hat Debattenbeiträge von Landeshauptleuten quer durch alle Parteien gegeben. Da wurden Bedenken geäußert, die dahin gingen, daß diese Überlegungen des Herrn Verteidigungsministers eigentlich nicht dem entsprechen, was sich die breite politische Mehrheit in diesem Land unter einer durchdachten Heeresreform vorstellt.

Eine dieser Anfragen – sie ist symptomatisch für die Problematik und auch für die Problematik Ihrer Beantwortungen – war die Anfrage des Abgeordneten Lackner bezüglich der Kaserne in Bludesch und des Jägerregiments 9 in Vorarlberg. Herr Verteidigungsminister! Sie haben in der Anfragebeantwortung geschrieben: Nein, die Kaserne Bludesch wird nicht geschlossen, das Jägerregiment 9 wird wahrscheinlich auch nicht abgeschafft, sondern das ist nur eine von vielen Varianten, die Sie in Ihrem Ressort überlegen. Es wird auch keine Reduzierung der Zahl der Grundwehrdiener in Vorarlberg geben. Wozu eigentlich die ganze Aufregung? Es ist ja alles in Ordnung. – Eine ganz harmlose Antwort, Herr Verteidigungsminister.

Nur: Die Realität sieht anders aus. Die Realität ist nämlich, daß Sie, Herr Verteidigungsminister, nach wie vor innerhalb Ihres Ressorts an diesen Planungen festhalten und die Umsetzung dieser Planungen weiterhin vorbereiten, daß Sie von Truppe zu Truppe pilgern und dort bereits über die neuen Aufgaben der jeweiligen Einheiten referieren und die Herrschaften noch dazu


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ermuntern, daß sie sich an diesen Planungsprozessen weiter beteiligen – so, als ob es keinen Landesverteidigungsrat gegeben hätte. Herr Verteidigungsminister! In dieser Sitzung des Landesverteidigungsrates wurde ja eindeutig festgehalten, daß Ihre angebliche Entscheidung über diese Heeresumgliederung, die Sie in dem Erlaß voriges Jahr verkündet haben, keine Entscheidung gewesen ist, sondern die Eröffnung eines Diskussionsprozesses, von dem Sie angekündigt haben, daß Sie alle politischen Kräfte in diesem Land und vor allem auch die Beteiligten miteinbinden werden.

Herr Bundesminister! Was wäre denn die Folge dieser Entscheidung des Landesverteidigungsrates gewesen? – Die Folge wäre doch zumindest gewesen, daß Sie alle Umsetzungsschritte, die Sie bereits für Ihre Planungen verfügt haben, einmal stoppen und daß Sie vor allem auch die entsprechenden Erlässe zurücknehmen, weil diese jeder Rechtsgrundlage entbehren. Das haben Sie bisher nicht gemacht, Herr Verteidigungsminister! Da sind Sie säumig. Nach wie vor ist es so, daß es bei jenen Einheiten, die Sie gerne auflösen wollen, keine Dienstzuteilungen und keine Personalzuteilungen gibt.

Herr Verteidigungsminister! Wann heben Sie endlich diese rechtswidrigen Entscheidungen auf? Sie verstoßen gegen das Gesetz. Sie verstoßen gegen die Empfehlung des Landesverteidigungsrates, und Sie verstoßen mit Ihrem Versäumnis gegen das Prinzip der Unterstützung Ihrer eigenen Truppen, der Soldaten, die zunehmend verunsichert sind. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

Herr Verteidigungsminister! Die gesamte ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er lacht!)  – Er lacht immer. Das ist ja das Problem! Er findet alles lustig, er findet alles zum Lachen, während bei der Truppe ... – Sie gehen ja nicht mehr hin! Diese Woche fand eine Kommandoübergabe der 9. Panzergrenadierbrigade statt, die Sie auch auflösen wollen. Hochmotivierte, hochleistungsbereite Soldaten sind dort, 3 000 Leute waren dort! Die sind entsetzt über diese Planungen, die da vonstatten gehen. Dazu hat es ja auch die entsprechenden Meldungen gegeben. Da war von einem Speckgürtel der Heeresverwaltung die Rede, von konzeptlosen Sandkastenspielen, vom Moloch Bundesministerium für Landesverteidigung. Das sind keine Äußerungen der Opposition, das sind Aussagen Ihrer Soldaten, die um Unterstützung bitten, die Sie ihnen verwehrt haben, Herr Verteidigungsminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Debatte, die sich nach diesen angeblichen Entscheidungen entsponnen hat, die um die Zukunft der österreichischen Landesverteidigung begonnen wurde, kann man nur als beschämend bezeichnen. Da ging es ja nur darum, welche der beiden Regierungsparteien mehr bei unserer Landesverteidigung reduziert, wer welchen Verband schneller auflöst, wer mehr Dienstposten einspart und wer mehr Geld spart, das eigentlich notwendig wäre, um unser Bundesheer ordentlich auszurüsten. Herr Verteidigungsminister! Das, was Sie betreiben – durchaus mit Unterstützung Ihres Koalitionspartners –, ist die scheibchenweise Demontage unserer Landesverteidigung (Beifall bei den Freiheitlichen), die scheibchenweise Demontage eines Bundesheeres, das in so vielen Einsätzen in der Vergangenheit gezeigt hat, welch wichtige Unterstützung und welch wichtigen Dienst an der Gemeinschaft es leisten kann.

Die Sicherheit ist das Fundament jedes Staates. Sie sollten das in erster Linie beachten! Sie sollten ordentliche Maßnahmen setzen, damit dieses Bundesheer auch seine Aufträge erfüllen kann. Anstatt jedoch darüber zu diskutieren, wie wir dieser Armee ideelle und materielle Unterstützung geben können, demotivieren Sie die letzten Idealisten, vernichten Sie funktionierende Einheiten und mißbrauchen mit Ihrem Koalitionspartner das Bundesheer für Ihre parteitaktischen Streitereien und Ihre parteitaktischen Scharmützel.

Herr Verteidigungsminister! Sie haben eine Umgliederungsdiskussion verordnet, ohne die Entscheidung über die neuen Aufträge abzuwarten. Es wäre wichtig, über unsere Landesverteidigung zu diskutieren. Es wäre wichtig, darüber zu diskutieren, inwieweit dieses Bundesheer noch einsatzbereit ist, inwieweit unsere Soldaten im Ernstfall noch Überlebensmöglichkeiten hätten, inwieweit die vorhandene Infrastruktur noch die Auftragserfüllung ermöglicht. Aber, Herr Bundesminister, das alles vernachlässigen Sie auf eine jämmerliche Art und Weise.


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Da gibt es das Mech-Paket, das wir alle gemeinsam beschlossen haben, da gibt es mehrere Teile dieses Mech-Pakets. Wir warten auf die notwendigen Radpanzer, die im Landesverteidigungsrat beschlossen worden sind – ohne Ausschreibung. Der Auftrag sollte einer österreichischen Firma zukommen. Jetzt plötzlich lese ich, daß Ihr Sprecher Dr. Schiffinger meint, das Heer benötige 110 Radpanzer – das ist die Hälfte von dem, was wir beschlossen haben – und es werde eine internationale Ausschreibung geben, weil die Firma Steyr zu teuer sei und es daher völlig unklar und unsicher sei, ob die Firma Steyr – eine österreichische Firma – diese Aufträge noch bekommen wird.

Herr Verteidigungsminister! Was zählt Ihr Wort noch? Was zählen die Beschlüsse des Landesverteidigungsrates? Was zählen Ihre Vereinbarungen mit dem Koalitionspartner noch? Auch das haben Sie zu beantworten, denn es geht da um ein Gerät, das für die Truppe unbedingt notwendig ist. Aber Ihnen ist ja wichtig, daß Sie diese funktionierenden Einheiten streichen, daß Sie Pioniereinheiten mit einem Federstrich beseitigen, die im Katastrophenschutz unbedingt notwendig sind. Das alles sind Ihre Ziele, ohne zu überlegen, was eigentlich wirklich für die österreichische Landesverteidigung notwendig ist.

Herr Bundesminister! Es ist an der Zeit, daß Sie sich auch endlich mit Ihrem Koalitionspartner auseinandersetzen, aber eigentlich sind das ja alles Scheingefechte: Sie streiten sich in der Öffentlichkeit herum, geben vor, daß Sie aktiv sind, und letztlich gibt es dann wieder eine Einigung im stillen Kämmerlein, und nichts geht weiter.

Herr Bundesminister! Hören Sie auf mit dieser unwürdigen Parteidiskussion auf dem Rücken der Landesverteidigung, nehmen Sie diese rechtswidrigen Entscheidungen in Ihrem Ressort bezüglich der "Heeresgliederung Neu-Neu" zurück, fassen Sie endlich gemeinsam mit diesem Parlament eine Grundsatzentscheidung über die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik, vor allem im Hinblick auf einen möglichen und hoffentlich wahrscheinlichen Beitritt zur NATO, und beschäftigen wir uns dann – alle politischen Kräfte in diesem Land – unter Einbeziehung der betroffenen Fachleute mit einer umfassenden Neustrukturierung unserer Armee, aber nicht nach dem Diktat der leeren Kassen, sondern nach den Bedürfnissen einer Landesverteidigung, die den Auftrag erfüllen kann, die Sicherheit Österreichs und seiner Bevölkerung optimal zu gewährleisten! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

18.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Bundesminister Dr. Fasslabend hat sich zu Wort gemeldet. Herr Minister! Ich erteile Ihnen das Wort und rufe in Erinnerung, daß nach der Geschäftsordnung Wortmeldungen von Regierungsmitgliedern 10 Minuten nicht überschreiten sollen. – Bitte.

18.11

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Scheibner! Ich weiß, daß es durchaus populistisch ist, dann, wenn es Neuerungen gibt, den Gefühlen der Betroffenen Rechnung zu tragen; Gefühlen, die üblicherweise in die Richtung gehen, daß möglichst wenig verändert wird, weil jede Veränderung an sich schon gewisse Unannehmlichkeiten mit sich bringt.

Ich sage Ihnen, daß jeder, der die notwendigen Änderungen nicht nur beim Bundesheer, sondern allgemein im Staat, in der öffentlichen Verwaltung überhaupt negiert, hinausschiebt, der Sache, der Republik Österreich und auch der Armee zweifellos keinen guten Dienst leistet, weil er verhindert, daß notwendige und wichtige Schritte für die Zukunft getan werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Wenn Sie heute so tun, als wäre das etwas ganz Besonderes, muß ich Ihnen sagen (Abg. Scheibner: Demontage ist keine Reform!) : Die amerikanische Armee organisiert um, die deutsche Bundeswehr organisiert um, die französische Armee organisiert um, die Schweizer Armee organisiert um (Abg. Dr. Haider: Demontage, keine Reform!), die Italiener, die Tschechen (Abg. Mag. Stadler: Das sind ja auch Armeen, die man reformieren kann! Sie haben sie kaputtgemacht!), die Slowaken, die Ungarn – alle Armeen der Welt organisieren um, weil es notwendig ist, aufgrund der fundamentalen Veränderungen der geostrategischen Situation


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Änderungen herbeizuführen, und weil es auf der anderen Seite selbstverständlich auch notwendig ist, dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und dem Prinzip der Sparsamkeit in allen Belangen Rechnung zu tragen, um andererseits die Mittel zu haben, notwendige Anschaffungen herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich nehme das, was Sie hier vorgebracht haben, sehr gerne entgegen und nehme jede einzelne Äußerung durchaus ernst und respektiere sie, weil sie von einem bestimmten Standpunkt her kommt. Ich möchte Ihnen aber folgendes sagen: Ich habe bereits vor einigen Jahren den ersten notwendigen Schritt der Heeresreorganisation gemacht: die Umstellung von der Raumverteidigung auf ein grenznahes Verteidigungsdispositiv, die Änderung der Mobilisierungsstärke, die Änderung der Regimenter, Umgliederungen in den unterschiedlichsten Bereichen. Und ich habe damals erlebt, wie die Betroffenen, viele Bürgermeister und auch andere Stellen sich dagegen verwahrt haben, da sie geglaubt haben, daß die Änderungen besondere Unannehmlichkeiten für sie bringen würden. Sie haben aber dann sehr rasch erkannt, wie wichtig diese Änderungen waren, und haben letztendlich äußerst positiv darauf reagiert. Und so wird es auch jetzt sein. (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Selbstverständlich: Zuerst ist man bei Veränderungen skeptisch, aber sobald sie beschlossen sind, wird man sich nicht nur darauf einstellen, sondern auch die Vorteile der neuen Organisation sehr klar erkennen. Man wird erkennen, daß das für die Sicherheit unseres Landes und insbesondere für den wirtschaftlichen Betrieb und damit für die Ausstattung des Bundesheeres sehr viel bringt.

Sie haben heute den Punkt angesprochen, daß ich einen Erlaß herausgegeben habe, der besagt, daß die einzelnen Dienststellen nicht mehr, wie das sonst üblich ist, in bestimmten Kontingenten frei aufnehmen können. Dazu sage ich Ihnen: Ich habe bereits im Mai des vergangenen Jahres einen ersten derartigen Erlaß herausgegeben, der die Zentralstellen, das Ministerium und die Ämter umfaßt hat, weil es notwendig ist, im Hinblick auf eine vorausschauende Personalpolitik steuernd einzugreifen (Abg. Hans Helmut Moser: Aber dann muß das für alle gelten, Herr Minister!) und in bestimmten Situationen zu bewirken, daß jede Versetzung entsprechend kontrolliert werden kann, um die richtige Organisation zu haben.

Das, worum ich Sie jetzt ersuche, ist folgendes: Wir haben bereits vor einem Jahr hier einen Situationsbericht vorgelegt, der von diesem Haus angenommen wurde, in dem auf die notwendigen Änderungen, nämlich Reduzierung in der Zentralstelle, in verschiedenen Kommanden, Umorganisation, Umstellung in der Jägertruppe und Spezialisierung für die neuen Aufgaben, eingegangen wurde, ganz klare Maßnahmen angekündigt und von diesem Hause auch beschlossen wurden. Jetzt führen wir das durch, und das sollten Sie als Oppositionspartei auch zur Kenntnis nehmen.

Ich ersuche Sie, diesen Prozeß nicht mehr zu verzögern, und kann Ihnen sagen, daß dieser Schritt nicht nur richtig, sondern absolut notwendig ist. Er wird dazu führen, daß das österreichische Bundesheer in Zukunft seinen neuen Aufgabenstellungen bestmöglich entsprechen kann (Abg. Scheibner: Wie schauen die aus, Herr Verteidigungsminister?) und gleichzeitig auch in der Lage ist, die notwendigen Anschaffungen trotz der Sparpakete durchzuführen. Selbstverständlich müssen wir dazu einen Beitrag leisten, und wir sind auch bereit dazu. Wir trennen uns nicht von den allgemeinen Staatszielsetzungen. Wenn alle Staatsbürger sparen müssen, dann muß es auch das Bundesheer tun, und dazu bekenne ich mich. Damit die erforderlichen Mittel dann auch wirklich bereitgestellt werden können, um die Sicherheit des Landes zu garantieren, muß man umorganisieren, muß man gewisse Rationalisierungen durchführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich ersuche Sie, diesen Prozeß nicht zu verzögern, nicht zu behindern, um ihn möglichst rasch und bestmöglich im Interesse der Sicherheit unseres Landes, im Interesse des Bundesheeres und seiner Soldaten durchführen zu können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

18.17


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Ich mache darauf aufmerksam – Herr Abgeordneter, das gilt auch schon für Sie –, daß die Redezeit aller in dieser Debatte folgenden Redner 5 Minuten beträgt. – Bitte.

18.17

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Freunde von der FPÖ haben heute hier eine Anfragebeantwortung, eine umfassende Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zum Anlaß genommen, über Strukturreformen zu diskutieren, denn aus der Anfragebeantwortung ist klar und deutlich hervorgegangen, daß es keine Schließung der Kaserne Bludesch geben wird. Erlauben Sie daher auch mir, einige grundsätzliche Feststellungen zu den Standorten des Bundesheeres zu machen.

Das Standortekonzept liegt bis dato nicht vor. Es wird, wie uns der Herr Bundesminister versichert hat, noch an den Details gearbeitet. Man sollte danach trachten, daß dieses Standortekonzept weit über eine bloße Schließungsliste, wie Sie seinerzeit im "Kurier" publiziert wurde – diese Liste hat zu verschiedensten Diskussionen und zu Verunsicherung geführt –, hinausgeht. Das wäre für uns zu wenig.

Das, was wir brauchen, ist ein Standortekonzept, das die für das Bundesheer erforderlichen Kasernen, Übungsplätze und Lagerkapazitäten festlegt. Dieses Konzept muß sich auch am Heeresumfang orientieren, an den Heeresumfang anpassen. Es muß zeitgemäße Unterkünfte und Ausbildungsstätten sicherstellen, wobei das regionale Wehrpflichtigenaufkommen, Herr Bundesminister, besondere Berücksichtigung finden muß. Vor allem die regionalen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten müssen in die Überlegungen mit einbezogen werden. Wenn dieses Konzept des Bundesministeriums vorliegt, werden wir es genau unter die Lupe nehmen und nach ausführlichster Diskussion unsere Festlegungen treffen.

Was wir brauchen, Herr Bundesminister – das wurde schon wiederholt gesagt –, ist eine vernünftige Heeresreform mit umfassenden Strukturänderungen, die über eine bloße Organisationsänderung, wie sie in dem vertraulichen Papier, das von Ihnen im Oktober im Rahmen einer Pressekonferenz herausgegeben wurde, hinausgeht. In diesem Papier wurde die Umsetzung angeordnet. Sie haben im Landesverteidigungsrat erklärt – ohne daß ich die Vertraulichkeit dieses Gremiums hier in Frage stelle –, daß es sich um einen internen Planungsprozeß handle, man werde dieses Papier diskutieren. Daher hoffe ich, daß das, was Kollege Scheibner gesagt hat, nicht in der Form Platz greifen wird, daß an dieser Umsetzung gearbeitet wird, sondern es soll das sein, was Sie erklärt haben: eine Diskussionsgrundlage.

Daher haben wir uns auch aufgerufen gesehen, unsererseits ein Positionspapier als Diskussionsgrundlage einzubringen. Und ich bin davon überzeugt, daß wir trotz Gezeter und Geschrei um verschiedene Fehlinterpretationen zu einem gemeinsamen Konzept kommen werden.

Ich möchte klar und deutlich festhalten: Es hat niemals von seiten der Sozialdemokraten ein Verlangen nach Budgetkürzungen gegeben, wie es seinerzeit vom Herrn Vizekanzler dargestellt worden ist: 20 Prozent der Budgetmittel sind zu kürzen. (Abg. Mag. Mühlbachler: Stimmt nicht!)

Es hat diese Forderung unsererseits niemals gegeben, im Gegenteil, wir stehen zu diesem Budget, wir haben es auch verlangt und gemeinsam hier in diesem Haus beschlossen – und daran halten wir fest. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde unsererseits – das ist eine weitere Klarstellung – niemals einer ... (Abg. Dr. Khol: So wird ein Saulus zum Paulus! Er hat sein Damaskus-Erlebnis gehabt!) – Nein, nein, Herr Dr. Khol! Sie werden nirgendwo (Abg. Dr. Khol: 4 Milliarden! Unter Cap 7 Milliarden!)  – mir können Sie das überhaupt nicht unterstellen – gehört haben, daß von uns eine Budgetkürzung um 20 Prozent verlangt worden ist. Wir sind niemals für eine Halbierung eingetreten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. )


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Wir verlangen eine Personalreduktion und auch den Verkauf von nicht mehr benötigten Liegenschaften. Diese Gelder, die hier eingespart werden können – so haben wir gesagt –, sollen zur Modernisierung der Soldatenunterkünfte und der Ausbildungsstätten verwendet werden und den notwendigen Spielraum für Beschaffungen gewährleisten – für Beschaffungen, die dem Schutz und der Sicherheit des Soldaten dienen. Wir haben aber niemals einer Reduzierung des Budgets das Wort geredet, lieber Freund! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie davon, daß Sie die ÖVP noch verteidigen!)

Nein, das werde ich sicher nicht tun, sondern ich möchte hier ganz einfach Klarstellungen vornehmen, weil es bewußte Fehlinterpretationen gegeben hat. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Uns geht es – ich komme zum Schluß, Herr Präsident – um eine Effizienzsteigerung, um eine Investition in die Qualität des Heeres. Wir werden, so glaube ich, gemeinsam einen Standard sicherstellen, der auch die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung weiterhin gewährleistet. Dafür sind wir zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

18.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.23

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Verteidigungsminister! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Fink: Das ist einer, der für das Bundesheer spricht!) Das Ziel dieser heutigen Anfragebesprechung und dieser Debatte ist, über die Strukturanpassung des Bundesheeres zu reden. Es hat Kollege Scheibner seit etwa drei Jahren immer wieder von Reform, von ordentlichen Maßnahmen gesprochen. Bei jedem Ansatz, der dann aus dem Bundesministerium kommt, heißt es: So nicht!, und es wird künstliche Empörung gezeigt.

Der einzige Gegenvorschlag heute war, man solle ordentliche Maßnahmen machen – was immer das heißen kann. (Abg. Scheibner: Du kennst unsere Vorschläge!) Ich bin dafür, daß man anhand von konkreten Vorschlägen diskutiert.

Ich erinnere daran, warum diese Strukturanpassung vorgenommen werden muß (Abg. Scheibner: Ihr könnt euch nicht entscheiden!): erstens wegen der aktuellen Sicherheitslage in Europa, zweitens wegen des Situationsberichtes, der im Februar dieses Jahres im Nationalrat und im Oktober dieses Jahres im Bundesrat zur Kenntnis genommen wurde, und drittens wegen der Herstellung einer zukunftsorientierten flexiblen und offenen Heeresstruktur, die für alle Aufgaben – auch solche, die sich in der Zukunft stellen werden – geeignet ist.

Ich sage es unumwunden, meine Damen und Herren: Ein Tiefpunkt in der laufenden Diskussion zwischen den Regierungsparteien waren zweifellos die Äußerungen des Klubobmannes Kostelka am 13. und 14. Jänner dieses Jahres nach der Klubklausur, also vor etwa gut einer Woche. Dieser inhaltliche und klimatische Tiefpunkt hat folgendermaßen gelautet: Kostelka und die SPÖ-Fraktion oder Teile dieser Fraktion wollen die Halbierung des Bundesheeres, die Schließung eines Drittels aller Kasernen, die Halbierung der Führungsstruktur des Bundesheeres und noch eine Reihe anderer Maßnahmen. (Abg. Dr. Puttinger: Wer hat das wollen?)

Vizekanzler Schüssel und Minister Fasslabend haben umgehend klar und unmißverständlich ihre Haltung dargelegt. Aufgrund ihrer Standfestigkeit ist dieser Halbierungsvorschlag wieder vom Tisch! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei Bundeskanzler Klima, der als Parteivorsitzender diese Halbierung des Bundesheeres abgelehnt hat (Abg. Dr. Khol: Und unter Druck!), aufgrund der klaren Positionierung – noch einmal – von Schüssel und Fasslabend. Und ich sage auch dazu: Eine Woche früher wäre es mir wesentlich lieber gewesen, denn wir hätten uns viel Verunsicherung in der Bevölkerung erspart. (Beifall bei der ÖVP.)


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Was mich besonders erschüttert hat bei dem TV-Interview des Klubobmannes Kostelka nach der Salzburger Klausur, war, daß er ganz bewußt mit falschen Zahlen einen Vergleich zwischen Bundesrepublik Deutschland und Österreich herbeigeführt hat, der in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken mußte, Deutschland sei zwar zehnmal so groß – das war die einzige Sache, die wirklich wahr ist – wie Österreich – von der Einwohnerzahl her gesehen –, aber es hätte etwa die gleiche Struktur in der Frage der Bediensteten, in der Frage der Standorte, in der Frage der Zentralstellen.

Wahr ist, daß Kostelka hier gegen besseres Wissen eine öffentliche Aussage gemacht hat, die dem Bundesheer und Österreich Schaden zugefügt hat. Ich bitte, das in aller Klarheit zurückzunehmen und auch klarzustellen, worum es hier geht. (Ruf bei der SPÖ: Bring doch nicht Kraut und Rüben durcheinander!)

Tatsächlich, meine Damen und Herren, haben wir seitens der Volkspartei drei wichtige Positionen in dieser notwendigen Struktur: Wir wollen eine Fixierung eines aufgabengerechten Heeresumfanges, einer aufgabengerechten Mobilorganisation auf 110 000 Mann, einschließlich der Reserve. Wir wollen eine Straffung der Kommanden und Stäbe und eine Reduzierung der Ämter und deren Personalstände – ganz eindeutig –, und wir wollen eine verbesserte Differenzierung zwischen Präsenzaufgaben und territorialen Aufgaben des Bundesheeres. Denn unsere Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung ist es, alles zu tun, damit erstens bestmögliche Friedensvorsorge durch unser Heer gewährleistet ist und zweitens – für den Fall, den wir uns alle nicht wünschen –, wenn tatsächlich Gefahren von außen drohen (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), auch unsere Soldaten eine Chance haben, diese Gefahren abzuwenden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst zwei Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Bundesministers.

Zuerst zur Klage, daß die notwendigen Umorganisationen in der ganzen Welt erfolgen. – Herr Minister! An der Umorganisation hindert Sie die Freiheitliche Partei sicherlich nicht, aber das muß in einer geordneten Form vor sich gehen, nicht als verordnete Form, sondern nach einer Diskussion, die erfolgen soll. Und eigentlich hindert Sie niemand daran, höchstens – ich weiß es nicht – der Koalitionspartner manchmal, aber manchmal hat man das Gefühl, Sie selbst stellen sich dauernd ein Bein und deswegen geht es nicht weiter.

Zum zweiten: Sie haben vorhin angeführt, wie Sie die Bürgermeister überzeugen könnten. Schauen Sie sich einmal Ihren eigenen Bürgermeister von Grieskirchen, Kollegen Großruck, an, der Ihnen folgendes gesagt hat: Nehmen Sie Ihre Pläne, stecken Sie sie in den Panzerschrank, und hauen Sie den Schlüssel ganz weit weg. – Leisten Sie Überzeugungsarbeit in Ihrer eigenen Partei, Herr Bundesminister, und jammern Sie nicht bei uns! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg.  Großruck: So habe ich es nicht gesagt!)

Herr Minister! Sie sind immer sehr dünnhäutig, wenn es darum geht, Kritik an Ihren Anfragebeantwortungen, dem eigentlichen Thema dieser Debatte, einzustecken.

Sie haben sich am 11. Dezember folgendermaßen geäußert – ich zitiere wortwörtlich aus dem Protokoll –: Auf einige Ihrer Fragen habe ich Ihnen schon fünfmal Antwort gegeben, aber Sie stellen immer wieder dieselbe Frage. Ich nehme an, Abgeordneter Jung wird wieder mitschreiben.

Herr Bundesminister! Diesmal mußte ich nicht mitschreiben, denn es gibt Protokolle, aufgrund derer ich Ihnen anhand eines Beispiels explizit aufzeigen werde, wie Sie bewußt oder aus Unfähigkeit die Unwahrheit sagen.


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Ich nehme das Beispiel der Munition des Kampfpanzers Leopard, als dieser beschafft wurde. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. ) Das ist Ihnen peinlich, und es wird noch viel peinlicher sein, wenn ich damit fertig bin.

Als dieser beschafft wurde, haben wir, weil ein Panzer ohne Munition wertlos ist, am 17. Feber 1997 gefragt, wie es damit stehen würde. Ich zitiere wörtlich: Wurde mit der Beschaffung des Geräts gleichzeitig auch die notwendige Munitionsbeschaffung durchgeführt?

Herr Bundesminister! Sie haben darauf geantwortet: Selbstverständlich wurde – das war am Anfang des vergangenen Jahres – die für die Nutzung des Waffensystems notwendige Munition beschafft. Wir waren, nachdem wir andere Informationen erhalten hatten, mißtrauisch und haben am 11. November 1997 schriftlich nachgefragt. Sie haben darauf geantwortet: Die notwendigen Aufwendungen für die Munition sind im Budget 1998, also später, erst im Folgejahr, unter der Post 4591 veranschlagt. Ich habe mir das angeschaut. Die Post, die da drinnen ohnehin gekürzt ist, hätte wahrscheinlich nicht einmal für die Munition des Leopards alleine gereicht. Daher waren wir weiterhin skeptisch. – Jetzt haben wir schon zwei verschiedene Daten.

Am 11. Dezember bei der Nationalratssitzung haben wir wieder nachgefragt, wie es mit der Beschaffung ausschaut; diesmal war es Kollege Schöggl. Ich zitiere wieder aus dem Protokoll. Er fragt: Wieviel Schuß Munition stehen pro Fahrzeug zur Verfügung, und steht die Munition tatsächlich zur Verfügung? Sie sagen: Die Panzer werden erst im nächsten Jahr, also 1998, der Truppe zugehen. Und zu diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage nach der Bestückung mit Munition noch gar nicht. – Erst war sie schon beschafft, dann wurde sie heuer beschafft, und dann hören wir, die Frage stellt sich noch gar nicht. Herr Minister! Wissen Sie nicht, was Sie antworten, oder sagen Sie diesem Haus bewußt die Unwahrheit?

Ich habe es Ihnen schon mehrfach angeboten, Sie können mich draußen klagen. Ich sage Ihnen dann draußen, wie man diese Form des Unwahrheit-Sagens im Volksmund wirklich nennt. Sie trauen sich nicht, weil Sie wissen, daß es nicht wahr ist. Herr Bundesminister! Mit diesen Unwahrheiten werden Sie nicht weiterkommen. Nein, Sie verlangen Zustimmung. (Bundesminister Dr. Fasslabend: Ganz sicher nicht!) Sie können sich noch so aufregen. Es ist so! Zeigen Sie es mir. Herr Minister! Hier steht es im Protokoll. Sie haben bewußt die Unwahrheit gesagt oder Sie wissen nicht, was in Ihrem Ressort vor sich geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Das ist jetzt kein Einzelfall. Solche Anfrage können wir Ihnen laufend vorweisen. Es ist nicht die erste, und es wird – das verspreche ich Ihnen – nicht die letzte sein. Nur so kann man aufzeigen, wie Sie mit Ihrem Ressort umgehen, wie Sie mit den Abgeordneten umgehen, was Sie von diesem Haus halten und was Sie für ein überaus seltsames Demokratieverständnis haben. Herr Minister! Im Heer sind Sie ohnehin abgeschrieben (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel ) und in diesem Haus – Sie sehen es selbst – in großen Bereichen auch.

Zu den Ausführungen des Kollegen Gaál noch einen halben Satz. Er arbeitet wirklich konstruktiv in diesem Ausschuß mit. Und daß Sie bisher nicht schon vielmehr ausgerutscht sind, als Sie es ohnehin sind, verdanken Sie der Unterstützung der SPÖ und des Kollegen Gaál, die Sie gehabt haben. Herr Minister! Wir werden Sie nicht in Ruhe lassen, das verspreche ich Ihnen. Vielleicht wird es einmal sinnvoll und wertvoll sein, ein Weißbuch mit Ihren gesammelten Unwahrheiten herauszugeben. Wir werden bis dorthin sammeln, Herr Minister! Sollten Sie noch lange genug Minister sein, dann wird es sich vielleicht rentieren, das zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

18.33

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese kurze Diskussion hat gezeigt, Herr Bundesminister, daß es Ihnen in Ihrer achtjährigen Dienstzeit als Verteidigungsminister – auf diese sind Sie besonders stolz – tatsächlich gelungen ist, den politischen Konsens in Fragen der Vertei


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digungs- und Sicherheitspolitik zu verlieren, und daß aufgrund Ihrer Maßnahmen und Ihres Verhaltens gegenüber dem Parlament, gegenüber den anderen politischen Parteien, ob es der Koalitionspartner oder die Opposition ist, die Basis für eine Kooperation, also für eine Zusammenarbeit bewußt aufgekündigt worden ist. Und das bedauere ich ganz besonders im Sinne und im Interesse der österreichischen Landesverteidigung. (Abg. Zweytick: Sehr bedauerlich!)

Meine Damen und Herren! Daß Sie offensichtlich Schwierigkeiten haben, Herr Kollege Zweytick, ist wirklich bedauerlich. Es ist auch bedauerlich, daß es in einer solch wichtigen Frage wie der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik nicht möglich ist (Abg. Zweytick: Es ist peinlich für einen Wehrsprecher ...!), einen politischen Konsens herbeizuführen, und dafür trägt Minister Fasslabend allein die politische Verantwortung. (Abg. Zweytick: Als Wehrsprecher einer demokratischen Partei ist das peinlich!)

Meine Damen und Herren! Wenn ich mir die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage anschaue, dann muß ich ganz ehrlich sagen, Herr Bundesminister, entweder wird hier bewußt die Unwahrheit gesagt oder Sie wissen tatsächlich nicht, was sich im Ressort abspielt beziehungsweise welche Überlegungen Sie im Hinblick auf die Planung anstellen sollen.

Ich nehme nur die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage von Kollegen Lackner zur Hand, denn da steht unter Punkt 2: Der derzeitige Bearbeitungsstand der Neustrukturierung läßt eine definitive Aussage noch nicht zu, oder die geplante Neustrukturierung wird mit größtmöglicher Bedachtnahme auf den vorhandenen Kaderstand durchgeführt. Herr Bundesminister! Es ist eine Zumutung, wie Sie die Fragen beantworten. In Wirklichkeit haben Sie bereits entschieden. In Wirklichkeit haben Sie bereits die Umsetzung Ihrer Entscheidungen angeordnet.

Im Landesverteidigungsrat mußten Sie eingestehen, daß es eigentlich nicht richtig war, daß dieser Befehl, diese Anordnung nicht verfassungskonform zustande gekommen ist. Daher sind Ihre Erlässe verfassungswidrig, Herr Bundesminister! Im Verteidigungsrat haben Sie das eingestanden, haben Sie auch zugesagt, daß Sie die notwendigen Schritte setzen werden. Daher verlange ich auch von dieser Stelle aus – meine Vorredner sind schon darauf eingegangen –, daß Sie diese Erlässe aufheben – sowohl den Planungserlaß als auch die weiteren Durchführungserlässe. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Maitz: Das glauben Sie wohl selbst nicht!)

Herr Bundesminister! Mit diesen Durchführungserlässen ordnen Sie ganz gezielt an, daß bestimmte Verbände keine Personalaufnahmen, keine Zuversetzungen mehr durchführen können. Ihre Kaderentwicklung wird dadurch massiv beeinträchtigt und eingeschränkt. Wenn Sie hier sagen, Sie müssen entsprechende restriktive Maßnahmen anordnen, dann stimme ich Ihnen zu. Wenn Sie diese anordnen, dann haben Sie sie für das gesamte Bundesheer anzuordnen, dann hat das für das gesamte Bundesheer und nicht für einige wenige Verbände zu gelten. Durch diese Maßnahmen zerschlagen und zerstören Sie jede weitere notwendige und sinnvolle Personalentwicklung.

Meine Damen und Herren! Es ist für mich unverständlich, daß der Herr Bundesminister erklärt, daß es populistisch sei, den Gefühlen der Betroffenen Rechnung zu tragen, nur wenn man es wagt, Kritik an den Vorschlägen des Verteidigungsministers zu üben. Sie stellen uns hin, als würden wir gegen die Reform sein. Sie meinen damit auch jene Personen, die auch heeresintern Kritik üben.

Herr Bundesminister! Nein, jeder weiß, daß eine Reform notwendig ist. Jeder weiß, daß das Bundesheer an die neue Situation angepaßt werden muß. Aber was ein jeder will und was auch wir von Ihnen auf politischer Ebene verlangen, ist, daß es eine sachlich einwandfreie Lösung, eine schlüssige Lösung gibt, die sich auf die zukünftigen Aufgaben des Bundesheeres hinorientiert.

Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Maitz die Zielvorgaben der Österreichischen Volkspartei anspricht und sagt, er will eine Fixierung des aufgabengerechten Heeresumfanges, eine Reduzierung der Kommanden, eine Verbesserung der Differenzierung zwischen Territorial- und


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Präsenztruppen et cetera, dann kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Maitz, daß diese Ziele mit dem Vorschlag des Herrn Bundesministers nicht erreicht werden. Es gibt nicht von ungefähr vom Bodensee bis zum Neusiedler See eine berechtigte Kritik gegen einen derartigen Reformansatz. Es gibt eine berechtigte Kritik aller Landtage, weil das, was vorgelegt worden ist ... (Abg. Dr. Khol: Haben wir eine Marine, weil Sie den Bodensee und den Neusiedler See nennen?)

Schauen Sie sich die Vorschläge genau an, aber dazu fehlt vermutlich das sachliche Grundwissen. Das, was vorgelegt wurde, ist eine schwache Lösung. Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen nur einige Punkte, warum das eine schwache Lösung ist.

Es fehlen die politische Grundsatzentscheidung und auch die Perspektive der österreichischen Sicherheitspolitik. Es fehlen die innerösterreichischen politischen Rahmenbedingungen. Es fehlen wieder einmal ein Finanzierungsplan und Sozialplan. Es fehlt der gesamtheitliche Reformansatz. Es ist das strategische Schwergewicht falsch gesetzt. Es gibt kein Abspecken in der Heeresverwaltung, kein Abspecken in der Zentralstelle, ein Zerschlagen der mechanisierten Truppen und der Miliz.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter, bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend): Herr Kollege Zweytick! Das ist die Realität. Daher werden wir uns mit aller Vehemenz dafür einsetzen, daß es eine ordentliche Reform des Bundesheers gibt. Das verlangen wir von Ihnen, Herr Verteidigungsminister! (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Meine Damen und Herren! Ich handhabe den Ablauf der Redezeit ohnehin mit einer gewissen Großzügigkeit, aber ich bitte wirklich, sich an meine Aufforderung, zum Schlußsatz zu kommen, zu halten.

Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das ist jetzt der Höhepunkt!)

18.39

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Danke, Herr Klubobmann Khol, für die Vorschußlorbeeren. – Ich könnte mich bei dieser Debatte zurücklehnen und sagen, irgendwann einmal haben die Grünen die Auflösung des Bundesheeres verlangt. Der Zustand der Diskussion und des Koalitionspartners läßt dies befürchten oder hoffen.

Meine Damen und Herren! Die Frage der Sicherheit ist jetzt nach den veränderten geopolitischen und militärischen Situationen in Europa, aber auch in der gesamten Welt natürlich neu zu diskutieren. Deshalb ist es notwendig, daß sich in Österreich die politisch Verantwortlichen überlegen, welches Sicherheitskonzept in Zukunft zu verfolgen ist.

Meine Damen und Herren! Das Problem ist, daß wir nun von Partnern umzingelt sind, von Freunden, von Nachbarn, die uns nichts Böses wollen. Es gibt keinen Warschauer Pakt, und es gibt eine desorientierte Rüstungsindustrie, die in den letzten Jahren massive Einbrüche hatte. Es gibt in der Rüstungsindustrie bei den Umsätzen eine Halbierung in ganz Europa. Die USA sind allerdings mit ihrer Rüstungsindustrie bereits vom Lieferanten für 25 Prozent der Rüstungsgüter zum Lieferanten für 50 Prozent der Rüstungsgüter auf der gesamten Welt aufgestiegen. (Abg. Zweytick: Rußland auch!)

Meine Damen und Herren! Dieses Land ist auch die mächtigste Nation und führt auch die NATO an. Jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Wie positioniert sich Österreich? – Dabei begeht der Herr Bundesminister für Landesverteidigung Fasslabend den großen Fehler, daß er meint, er könne eine politische Richtungsentscheidung vorwegnehmen, indem er Erlässe, Entscheidungen im Bundesheer durchdrückt und durchsetzt, die noch nicht politisch akkordiert sind. Das


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ist das Problem. Deshalb gibt es auch diese Anfrage, und deshalb gibt es auch den Unmut bei jenen, die das österreichische Bundesheer in dieser Form, wie es bisher bestanden hat, sehr massiv unterstützen wollen, was nicht die Position der Grünen ist.

Meine Damen und Herren! Die Position des Herrn Jung ist richtig. Ich habe in inhaltlichen Fragen überhaupt keine Übereinstimmung mit ihm. Aber es ist richtig, daß es nicht angeht, daß ein Minister Erlässe am Parlament vorbei macht, die im Landesverteidigungsrat auch noch ausdrücklich von einer glatten Mehrheit als inhaltlich irrelevant abgetan werden, und daß dieser Minister weiterhin diese Intentionen verfolgt. Das ist das Problem, Herr Klubobmann Khol, daß Sie mit Klubobmann Kostelka zu keiner Einigung kommen und daß es soweit geht, daß der Wehrsprecher der ÖVP von diesem Rednerpult aus Klubobmann Kostelka eigentlich der Lüge bezichtigt, meine Damen und Herren! Denn es ist nichts anderes als ein Vorwurf, wenn ich sage, er macht Aussagen wider besseres Wissen.

Meine Damen und Herren! Das war die Aussage des Wehrsprechers der ÖVP, und das ist der Zustand der österreichischen Sicherheitsdiskussion. Ich sage Ihnen, bei unterschiedlichsten Meinungen über die Einschätzungen der Gefahrensituation, bei unterschiedlichster Auffassung hinsichtlich der zukünftigen Verwendung der Budgetgelder ist es notwendig, daß dieses Haus eine klare Position bezieht, und erst dann können Sie, Herr Bundesminister, als Bundesminister Ihre Erlässe herausgeben und für einzelne Heeresgliederungen anordnen, daß es Kasernenschließungen gibt, daß es Reduzierungen im Kaderpersonal gibt, daß es Reduzierungen in der Kommandostruktur gibt und, und, und. Aber vorher, Herr Bundesminister, ist das nicht auf dem Boden der Verfassung und ist das entschieden abzulehnen. (Abg. Dr. Maitz: Er hat keine Ahnung!)

Herr Wehrsprecher Maitz! Daß Sie mit Ihrem Uralt-ÖVP-Konzept reüssieren wollen, spricht gegen Sie. (Beifall bei den Grünen.) Aber daß Sie außerdem noch meinen einem Bundesminister die Stange halten zu müssen, der am Parlament vorbeiagiert, das zeichnet Sie als Undemokraten aus! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Diese Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über den 6. Punkt der Tagesordnung betreffend den Bericht des Wirtschaftsausschusses betreffend den Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1996 (1031 der Beilagen) wieder auf.

Es hat sich Herr Abgeordneter Marizzi zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort und mache darauf aufmerksam, daß er vorläufig der letzte auf der Rednerliste in dieser Debatte ist. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.44

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir sprechen jetzt auch über Menschen, nämlich über jene im Tourismus. Es sind 190 000 Menschen im Tourismus beschäftigt, die 180 Milliarden Schilling Umsatz machen. Der Aufwärtstrend ist erkennbar, der Abwärtstrend ist gestoppt. Der Produktverkauf, die Werbung und auch die Regionalisierung sind im Fluß. Ich würde das gern Herrn Bundesminister Farnleitner sagen, weil Herr Haselsteiner Kärnten angesprochen und gemeint hat, man brauche Mut zur Veränderung. Dann muß man aber auch Mut zur Umstrukturierung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Industrie haben wir das bewiesen. Es muß auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. Es kann nicht sein, daß in Kärnten ein halber Liter Soda-Zitron 56 S kostet. Da hat Frau Haidlmayr völlig recht, da stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht.


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Da muß ich eines in Richtung ÖVP sagen: Darum soll sich Herr Landeshauptmann Zernatto einmal kümmern. Auf der einen Seite hat Herr Landeshauptmann Zernatto laut "Kurier" gesagt: Zu Herrn Bundesminister Farnleitner fällt ihm nichts ein. – Dazu habe ich nichts aus der ÖVP gehört. Wir halten Herrn Bundesminister Farnleitner für einen kooperativen Verhandlungspartner und für einen kompetenten Minister. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Auf der anderen Seite soll sich Herr Landeshauptmann Zernatto, wenn es in Kärnten im Sommer nicht so gut geht, endlich um Kärnten kümmern, liebe Kollegin Bauer! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es um das Bundesheer geht, dann sind Sie wehleidig. Aber wenn es um den Tourismus und um die Wirtschaft geht, dann haben Sie Scheuklappen auf, nämlich Kärntner Scheuklappen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Minister hört mir nicht zu, er sitzt jetzt als Tourismusminister auf der Regierungsbank. Ich glaube, ich kann meine Rede abkürzen.

Die Zukunft des österreichischen Tourismus sehe ich überhaupt nicht negativ. Sie hängt nicht nur vom Wetter und nicht vom Mut ab, sondern von Kooperation, Regionalisierung und von neuen Ideen. Ich glaube, das sind wir den 190 000 Menschen, die im Tourismus arbeiten, schuldig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort ist vom Berichterstatter nicht verlangt worden.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, wir stimmen ab.

Wir stimmen ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-93 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rossmann und Genossen betreffend die rasche Umsetzung von Maßnahmen zur Mautfreistellung für die Benützung von grenznahen Straßenabschnitten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (739 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Tiertransportgesetz-Luft geändert wird (961 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Novellierung des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße (962 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (946 der Beilagen): Tiertransportgesetz-Eisenbahn – TGEisb (963 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, sodaß wir sofort mit der Debatte beginnen können.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dr. Salzl das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

18.49

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Jahren beschäftigt sich dieses Hohe Haus mit dem Problem der Tiertransporte. Gerade wir Freiheitlichen haben diesbezüglich mehrere Initiativen gesetzt und von Anfang an verlangt, zusätzlich zu den Transporten auf der Straße auch die Bereiche Schiene, Schiffahrt und Luftfahrt umfassend zu regeln.

Wir haben bereits vor Jahren darauf hingewiesen, daß das in einem Gesamtkonzept, in einem einheitlichen Gesetz und womöglich noch vor dem EU-Beitritt geschehen sollte. Leider Gottes ist das nicht passiert. Man hätte die Möglichkeit gehabt, noch im Zuge der EU-Verhandlungen Positionen für Österreich auszuverhandeln. – Wie gesagt, leider wurde dies damals verabsäumt, obwohl viele Experten auf die Notwendigkeit einer derartigen umfassenden Regelung hingewiesen haben.

Es war bereits damals offensichtlich und klar, und es ist heute umso klarer, daß in der EU hauptsächlich wirtschaftliche Aspekte und der Handel zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten zählen und daß der Tierschutz, insbesondere bei den südlichen Mitgliedsstaaten, nur eine äußerst untergeordnete Rolle spielt. Die qualvollen und noch dazu von der EU subventionierten Lebendtiertransporte durch ganz Europa und nach Übersee beweisen dies ebenfalls.

Weiters zeigen die Aussagen des Kommissars Fischler, worin er meinte, daß das österreichische Tiertransportgesetz überhaupt abgeschafft werden sollte, daß in der EU nur wirtschaftliche Überlegungen zählen und daß die EU an der subventionierten Tierquälerei weiterhin festhalten will. So wurden 1996 zirka 300 Millionen Ecu, also rund 4 Milliarden Schilling, an Ausfuhrerstattungen, an Subventionen für Lebendtiertransporte gezahlt. EU-weit verschickte man zirka 500 000 Tiere in Drittländer, vor allem in den Libanon, nach Ägypten und in die Türkei – von den Transporten innerhalb der EU gar nicht zu reden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tausende lebende Tiere, insbesondere Rinder, werden in LKWs quer durch Europa gekarrt und nach Übersee transportiert. Sie werden dabei gequält und geschunden, und dafür gibt es seitens der EU auch noch Geld. Da nützt es auch nichts, daß aufgrund einer neuen Verordnung diese Förderungsmittel an die Einhaltung gewisser Tierschutzstandards gekoppelt werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niemand kann die Einhaltung dieser Tierschutzstandards, vor allem in den Drittländern, tatsächlich kontrollieren. Solange also die Förderungsmittel weitaus höher sind als etwaige Strafen, wird sich an der Praxis der Lebendtiertransporte und der subventionierten Tierquälerei, wie ich es bezeichne, nichts ändern.

Wir Freiheitlichen sind daher froh darüber, daß heute das Tiertransportgesetz-Luft novelliert, korrigiert wird und daß endlich auch das Tiertransportgesetz-Eisenbahn beschlossen werden soll. Vor allem sind wir aber froh, daß eine von uns eingebrachte Entschließung, die dem Bericht als Anlage 2 beigefügt wurde, heute als gemeinsame Fünfparteienentschließung beschlossen werden soll.

Darin wird der Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht über die Entwicklung des Tiertransportewesens in den letzten fünf Jahren in und durch Österreich vorzulegen, wobei besonders folgende Punkte zu berücksichtigen sind:


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Entwicklung der Transportmenge, der Überwachungsdichte und der Anzahl der Beanstandungen und Bestrafungen gegliedert nach den einzelnen Grenzübergängen bzw. sonstigen Kontrollstellen;

aufgetretene Rechtsunsicherheiten und Kollisionsfälle mit anderen in- oder ausländischen Normen sowie deren Lösung bzw. (Gesetzes-)Vorschläge hierzu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit soll es möglich sein, zukünftig eine bessere Überwachung und vor allem einen besseren Vollzug der Tiertransportgesetze zu gewährleisten. Wir Freiheitlichen werden jedenfalls sowohl der neuen Regelung als auch dieser Entschließung gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

18.55

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mit dem neuen Tiertransportgesetz-Eisenbahn hat Österreich, so glaube ich, auch in diesem Bereich, im Tierschutzwesen, wiederum seine europäische Vorreiterrolle bestätigt. Es liegt nunmehr aus der Sicht des Tierschutzes eine fortschrittliche und umfassende Tiertransportregelung für Österreich vor.

Ich glaube auch, daß die österreichische Position von einem sehr hohen Niveau ausgeht und daß das neue Gesetz bezüglich Eisenbahn-Tiertransport, so wie die beiden anderen, also betreffend Straße und Luft, nunmehr auch nachstehenden Grundsätzen im besonderen entspricht. Es geht darum, daß in Österreich tatsächlich nur transportfähige Tiere transportiert werden dürfen, daß die Betreuung der Tiere artgerecht erfolgen muß, daß der Transport nur mit tiergerechten Transportmitteln durchgeführt werden darf, daß es zur größtmöglichen Schonung beim Verladen, beim Ausladen und Einladen der Tiere kommen muß und daß es vor allem eine Begrenzung der Dauer bei Schlachttiertransporten auf sechs Stunden gibt. Dieser Punkt war durchaus umstritten. Ich halte ihn aber für unverzichtbar für eine moderne Regelung eines Tiertransportgesetzes.

Meine Damen und Herren! Bezüglich internationaler Tiertransporte haben sicherlich noch alle die Bilder von jenen Tieren in Erinnerung, die halb verhungert und geschunden am Zielbahnhof angekommen sind. Dazu haben wir auch in der Öffentlichkeit eine sehr massive Auseinandersetzung erlebt, als sich Menschen, Tierschützer besonders erregt haben. Ich glaube, diesen Mißständen ist ganz einfach Einhalt zu gebieten.

Man kann durchaus stolz darauf sein, daß die europäischen Minister bei ihrer Verschärfung des Tierschutzes bei langen Transporten die österreichischen Vorstellungen in ihre politischen Überlegungen mit aufgenommen haben. Gemäß den neuen Vorschriften sollen jetzt natürlich auch für Tiertransporte mit einer Dauer von mehr als acht Stunden in Zukunft Spezialfahrzeuge mit hohem Tierschutzstandard ausgestattet werden. Es soll für Einstreufütterung, für Wasserversorgung und für die Belüftung ganz klare Regelungen geben.

Es sollen darüber hinaus beim Export von Rindern in Drittländer nur noch dann EU-Gelder ausbezahlt werden, wenn die Tiere auch in einem entsprechend guten Zustand im Zielland ankommen. Das ist eine wesentliche Veränderung zu den derzeitigen Bestimmungen und soll es unmöglich machen, daß wir derartige Zustände, die es heute noch gibt, auch in Zukunft haben.

Meine Damen und Herren! Beim Lebendviehtransport stellt sich die Frage: Ist es sinnvoll, daß wir derzeit Nahrungsmittel über Tausende Kilometer von einer Produktionsstätte zur Schlacht- und Verbrauchsstätte führen, oder sollten wir uns nicht einem System zuwenden, bei dem die Qualitätsproduktion in der Region erfolgt und es zu einer Stärkung der regionalen Wirtschaft kommt?

Meine Damen und Herren! Die ÖAMTC-Akademie hat festgestellt, daß es etwa bei Schinken einer durchschnittlichen Fahrtstrecke von der Produktionsstätte zum Verbraucher von 250 Kilo


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metern, bei Joghurt von 700 Kilometern und bei Käse von 700 Kilometern bedarf. Das kann schlichtweg nur Unsinn sein, der da passiert. Ich kann mir auch nicht in Zukunft vorstellen, daß das mit einer umweltverträglichen europäischen Verkehrspolitik im Zusammenhang steht. Daher müssen auch Agrarförderungen und Produktionsstützungen überdacht werden. Sie können nicht vervielfacht werden, damit wir gerade solch einen Wahnsinn damit weiter unterstützen.

Daher glaube ich, daß beim Transport von Lebendtieren eine Änderung herbeigeführt wird, und wir sollten uns überlegen, ob es nicht überhaupt einen Verzicht auf den Ferntransport von Schlachttieren geben sollte.

Meine Damen und Herren! Es muß auch die Kontrolle angesprochen werden. Diesbezüglich haben wir einen Verbesserungsbedarf, und es haben sich alle fünf Parteien im Parlament im Verkehrsausschuß auf einen Entschließungsantrag geeinigt, in dem der Herr Verkehrsminister ersucht wird, eine Handlung zu setzen, nämlich indem er uns einen Bericht über die Entwicklung des Tiertransportwesens in den letzten fünf Jahren vorlegt und darüber berichtet, wie sich die Situation in Österreich, aber vor allem auch beim Transport durch Österreich darstellt.

Dann werden wir die Möglichkeit haben, gemeinsam den Bericht zu analysieren und allfällige Neuordnungen oder Nachbesserungen vorzunehmen.

Heute können wir stolz darauf sein, daß sich die österreichische tierschutzgerechte, fortschrittliche Haltung im Tiertransportwesen auch in Europa durchzusetzen beginnt, und ich glaube, wir sollten Herrn Bundesminister Einem bei seinen weiteren Bemühungen auch in Zukunft unterstützen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die grüne Fraktion wird der Änderung des Tiertransportgesetzes-Luft und dem Tiertransportgesetz-Eisenbahn zustimmen, aber selbstverständlich den negativen Ausschußbericht über meinen Antrag betreffend eine Verbesserung des Tiertransportgesetzes-Straße ablehnen.

Es ist, muß ich sagen, leider so, daß hier zwar der von der Kompetenzverteilung her zuständige Bundesminister sitzt, was die politische Kritik betrifft aber eigentlich der falsche. Es scheitert nämlich immer wieder an den – ich sage mittlerweile sogenannten – Vertretern der österreichischen Landwirtschaft, auch am Landwirtschaftsminister, daß es zu einer sinnvollen Neuordnung kommt. Es ist gerade an einem Tag, an dem wir auch den Grünen Bericht diskutiert haben, aus dem sehr klar hervorgeht, daß die kleinen Betriebe immer stärker in ihrer Existenz bedroht sind, daß die Zahl der kleinen bäuerlichen Betriebe abnimmt, umso unverständlicher, warum die ÖVP sich hier einseitig als Lobbyistenpartei für einige ganz wenige Großhändler stark macht, während die Interessen der Landwirtschaft, der KonsumentInnen und nicht zuletzt auch der Tiere buchstäblich auf der Strecke bleiben. Insofern möchte ich natürlich vor allem über die notwendigen Verbesserungen im Bereich Tiertransportgesetz-Straße sprechen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Abgeordneter Parnigoni hat gerade zuvor sehr zu Recht erwähnt, daß es ja eigentlich Wahnsinn ist, mit Gütern des täglichen Bedarfes über immer weitere Strecken zu fahren, und in meinen Augen ist es wirklich eine Augenauswischerei – das betrifft auch die Konsumentinnen und Konsumenten –, zu glauben, daß die paar Groschen weniger, die ein Becher Joghurt oder eine Flasche Milch vielleicht kosten, wirklich günstig ist. Volkswirtschaftlich kommen uns dieses scheinbar günstige Joghurt und diese scheinbar billigere Milch sehr teuer zu stehen, denn pro soundso vielen zigtausend Kilometern ereignet sich leider mit einer fast naturgesetzlichen Sicherheit irgendein schwerer Unfall, der Menschenleben kostet, der Verletzte fordert und damit auch zu erhöhten Ausgaben der öffentlichen Hände im Bereich des Gesundheitswesens, im


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Bereich der Spitäler, im Bereich der Rehabilitation führt. Von den schwer kalkulierbaren Umweltkosten will ich noch gar nicht reden.

Das ist ein sehr teurer Irrsinn, der da betrieben wird. Aber, Herr Abgeordneter Parnigoni, es gäbe eine ganz einfache Maßnahme, um diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten. Es ist nämlich nicht so, daß das Marktwirtschaft ist – das rechnet sich überhaupt nicht –, sondern das ist ein staatlich subventionierter Irrsinn, das ist eine staatlich subventionierte Tierquälerei, für die es keine Gründe gibt.

Ich denke, gerade die sozialdemokratische Fraktion müßte das doch interessieren. 55 Prozent des gesamten EU-Budgets fließen in den Landwirtschaftssektor, und trotzdem können dort die Arbeitsplätze nicht erhalten werden. Wenn das geschähe, könnten wir ja noch darüber reden, ob es irgendwie gerechtfertigt ist, dieses Geld aufzuwenden, aber wir verlieren Arbeitsplätze, wir verlieren Produktqualität, wir belasten die Straßen, und wir erzeugen unendliches Tierleid. Das ist nicht sinnvoll! Und gerade in Zeiten, in denen allerorts gespart werden muß, wäre das, so denke ich, eine Sparmaßnahme, bei der Sie wahrscheinlich 90 Prozent der Bevölkerung und die Medien hinter sich hätten. Niemand will das außer ein paar wenigen Lobbyisten, die aber offenbar einen sehr, sehr großen Einfluß, insbesondere bei der Österreichischen Volkspartei, haben.

Ich habe hier eine Anfrage, die von der EU-Kommission, von Frau Gradin, beantwortet wurde. Sie gibt hier an, daß – das ist allein das, was bewiesen werden konnte – seit 1990 rechtsgrundlos 45 Millionen ECU geleistet worden sind. Die Dunkelziffer ist entsprechend riesig, und es hat sich gezeigt, daß der Markt, daß die Exporteure unglaublich sensibel auf diese Subventionen reagieren. Das heißt: Streichen Sie diese Subventionen, und das ganze Problem ist weg! Wir würden auch all diese Gesetze, die wir immer wieder beschließen, nicht brauchen.

Ich bin sehr unzufrieden, daß der von mir eingebrachte Antrag betreffend eine Verbesserung des Tiertransportgesetzes-Straße auch mit den Stimmen der sozialdemokratischen Fraktion abgelehnt werden wird. Der Anlaß war das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, der Ausgangsfall eine Beschwerde des Vorstandes der Raiffeisen Viehverwertung Garell-Bösel-Cloppenburg. Es ist so, daß der Verwaltungsgerichtshof den Standpunkt vertritt, daß die Strafbarkeit nur hinsichtlich der Übertretungen besteht, die auf österreichischem Territorium begangen werden, jedenfalls was die Vorstände der Gesellschaften betrifft, nicht die Lenker. Aber eigentlich geht es ja um jene, die ökonomisch diese Aufträge erteilen.

Das Anlaßerkenntnis spricht ja für sich: Angehalten wurden Transporte mit einer Gesamtdauer von 23 Stunden 30 Minuten, 21 Stunden 30 Minuten und so weiter. 1 017 Kilometer, 1 200 Kilometer wurden gefahren, also weit jenseits der Limits des österreichischen Gesetzes. Jeder österreichische Frächter wäre dafür haftbar, nicht aber die ausländischen Unternehmer.

Da frage ich wirklich auch die Damen und Herren der ÖVP: Was hat das noch mit Fairneß auf dem Markt, was hat das mit Wettbewerb zu tun, wenn nur die österreichischen Unternehmer einer Strafdrohung unterliegen, während man die Vorstände ausländischer Gesellschaften völlig straffrei stellt?

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis schon eine Reparatur in der Richtung angedeutet – man muß es nur in das Gesetz hineinschreiben –, daß Strafbarkeit sich auch auf Strecken und Zeitabstände bezieht, die im Ausland zurückgelegt worden sind. Dieser einfache Passus könnte zu einer Gleichstellung in- und ausländischer UnternehmerInnen führen, aber ganz offenbar besteht daran kein Interesse, offenbar will man über ausländische Gesellschaften diesen Subventionswahnsinn, auch diese Betrügereien und diesen ganzen Irrsinn weiterführen. Und meine Frage ist schon, warum die andere, die große Regierungsfraktion dabei mitspielt.

Ich bringe darüber hinaus noch einen Antrag betreffend die sogenannte Frühvermarktungsprämie ein, die in den Medien auch Herodes-Prämie genannt wird. Es gibt in Frankreich, Portugal und Großbritannien Prämien für die "Verwertung" – unter Anführungszeichen – neugeborener Kälber unter 20 Tagen. Diese Tiere haben oft noch die Nabelschnur, sie leiden entsetzlich,


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und sie dienen keinem anderen Zweck, als vernichtet zu werden. Die Folgen einer verfehlten Agrarpolitik, die Folgen der industrialisierten Landwirtschaft, die Folgen des Rinderwahnsinns!

Daß man diese Tierquälerei jetzt auch noch mit Steuergeld fortsetzt, das halte ich für nicht gerechtfertigt, und leider hat uns der Landwirtschaftsminister in einer Anfragebeantwortung bestätigt, daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß auch österreichische Kälber zu französischen, portugiesischen oder englischen Schlachthöfen verfrachtet werden, damit dort die Prämie abkassiert werden kann. Wir wissen von Tierschutzorganisationen, daß es einige Großhändler gibt, die sich nur auf das Abkassieren dieser Prämien spezialisiert haben. Da geht es um Kälber, die nur gezeugt und geboren werden, damit man diese Prämien abkassieren kann. Ansonsten werden sie weggeworfen – nachdem jemand abgecasht hat.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Verbot des Transportes von Kälbern bis zu einem Alter von 21 Tagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Verkehrsminister werden aufgefordert, umgehend das österreichische Tiertransportgesetz-Straße dahin gehend zu ergänzen, daß Kälber bis zu einem Alter von 21 Tagen nicht transportiert werden dürfen.

*****

Jeder Tierarzt, jede Tierärztin wird Ihnen bestätigen, daß diese Tiere schon aus Tierschutzgründen nicht transportiert werden könnten. Wenn das gemacht wird, werden nur millionenschwere Subventionskarusselle unterstützt. Aufgrund des freien Warenverkehrs werden hierüber keine Statistiken geführt, aber, wie gesagt, der österreichische Landwirtschaftsminister schließt nicht aus, daß auch österreichische Kälber nur produziert werden, damit sie weggeworfen werden – ausgestattet mit dem Geld der Steuerzahler.

Herr Bundesminister! Ich denke schon, daß das – jenseits der Leidenschaft in Sachen Tierschutz – wirklich ein Bereich ist, wo es sich irgendwo auch mit einem gewissen humanen Empfinden aufhört und wo man wirklich sagen muß: Dieser Irrsinn hat derart Methode, und es gibt keinen einzigen vernünftigen Grund, der dafür spricht!

Ich ersuche Sie daher, dieses Thema, selbst wenn dieser Antrag in dieser Debatte abgelehnt werden sollte, aufzugreifen, denn es ist ein wichtiges Thema. In diesem Fall hätten Sie, glaube ich, einmal nur Sympathien in der Bevölkerung, in den Medien für eine Sparmaßnahme, die wirklich allen zugute käme: den Tieren, den Konsumenten und den österreichischen Kleinbauern. – Danke.

19.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.12

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Bereits seit Jahren gibt es Bemühungen, Tiertransporte durch entsprechende Regulative in vertretbare praxisgerechte Bahnen zu lenken. Diese mündeten letztlich nach Verkehrsträgern getrennt in das bereits beschlossene Tiertransportgesetz-Straße,


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in das heute zu ändernde Tiertransportgesetz-Luft und in das noch zu beschließende Tiertransportgesetz-Eisenbahn.

Beim Tiertransportgesetz-Luft erfolgt nur eine formelle Änderung, und mit dieser Novelle soll eine effektive Kontrolle der Tiertransporte auf dem Luftweg gewährleistet werden.

Zum Tiertransportgesetz-Eisenbahn: Mit Richtlinie des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport auf der Eisenbahn hat die EU Regelungen getroffen, die einer Umsetzung auf nationaler Gesetzesebene bedürfen, und mit dem vorliegenden Entwurf soll nun die gesetzliche Verankerung erreicht werden. Dieses Bundesgesetz enthält Bestimmungen über die Zulässigkeit von Tiertransporten, über die Durchführung solcher Transporte, über die Ausstattung der Transportmittel, der Verlade- und Entladevorrichtungen sowie über die Fütterung und Tränkungszeiten und die Betreuung der Tiere während des Transportes, um nur einige Punkte zu nennen.

Vor dem Transport der Tiere sind in Zukunft vom Absender Beförderungspapiere auszustellen. Diese Papiere sollen dem Transporteur Informationen über die Tiere, über die Person des Absenders, aber auch den Empfänger und Berechtigten sowie über den Versand- und Bestimmungsbahnhof geben. Diese Informationen sind zur Gewährleistung eines möglichst schonenden Tiertransportes auf der Eisenbahn durch den Transporteur erforderlich, denn ohne diese Beförderungspapiere darf der Transporteur keinen Frachtvertrag abschließen, aber auch in keinen bereits bestehenden Frachtvertrag eintreten.

Es wird weiters sichergestellt, daß der Absender nicht die kostengünstigste Transportroute wählt, sondern im Interesse des Tierschutzes die schnellste Transportroute zu wählen hat. Zum Schutz der Schlachttiere wird die Transportdauer, dem Vorbild des Tiertransportgesetzes-Straße folgend, mit sechs Stunden begrenzt.

Sehr verehrte Damen und Herren! Angesichts der seit Jahren laufenden Diskussion über den Tiertransport wurde seitens der Präsidentenkonferenz wiederholt eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen auch in Brüssel eingebracht. Ich darf hier einige nennen: Fleischexporte sollen anstelle von Lebendtierexporten bevorzugt werden. Die Gewährung von Exporterstattungen ist an die Einhaltung der Tiertransportrichtlinie und aller übrigen Tierschutzbestimmungen zu binden. Die Auszahlung der Erstattung soll nur für jene Tiere erfolgen, die gesund am Bestimmungsort ankommen. Auch in europäischen Schlachthöfen sollen die dem Islam entsprechenden Schlachtmethoden erlaubt werden, um einerseits den Anforderungen der Käufer nachzukommen und andererseits Lebendtiertransporte zu verringern beziehungsweise zu vermeiden. Dies erhöht auch die Wertschöpfung des jeweiligen Staates.

Anzumerken ist weiters, daß Irland, der größte Schlachtrinderexporteur, die Zahl der lebend exportierten Schlachtrinder von zirka 480 000 Stück im Jahr 1995 auf zirka 90 000 Stück im Jahr 1997 verringert hat. Dies bedeutet einen Rückgang bei Lebendtransporten von Schlachtrindern um zirka 390 000 Stück allein in Irland innerhalb der letzten zwei Jahre. Ein ähnlicher Trend, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist im ganzen EU-Raum festzustellen.

Ich fasse daher zusammen: Angestrebt werden eine Reduzierung der Exportquote für Lebendrinder sowie die Forcierung und der Ausbau der Fleischexporte. Im Zuchtviehexportbereich sollen Maßnahmen getroffen werden, um den Export mit der Eisenbahn attraktiver zu gestalten. Hiezu ein Vergleich zwischen Eisenbahn- und LKW-Transport, zum Beispiel der Transport nach Italien: Ausgangspunkt Zwettl, Zielpunkt Udine. Für den Transport auf der Schiene benötigt man mehr als die doppelte Zeit als für den Transport auf der Straße. Außerdem ist zu unterscheiden: Der Transport auf der Schiene ist zwar der umweltfreundlichere Transport, aber der tierfreundlichere Transport erfolgt zurzeit auf der Straße.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollen daher keine pauschale Verurteilung der Tiertransporte vornehmen, sondern die Sache nüchtern und sachlich betrachten. Mehr als 1 000 Stück Zuchtvieh, die jährlich von Österreich in ferne Länder transportiert werden, sind der beste Beweis dafür. Unsere Bauern schöpfen Einkommen aus dem Verkauf von Tieren und


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sichern somit die Lebensgrundlage ihrer Familien. Und die Bauern erwarten sich Solidarität – die Solidarität unserer Gesellschaft.

Meine Fraktion wird der Änderung des Tiertransportgesetzes-Luft und dem Tiertransportgesetz-Eisenbahn gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.19

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die freiheitliche Fraktion wird einerseits dem Tiertransportgesetz-Luft und andererseits den Änderungen des Tiertransportgesetzes-Eisenbahn die Zustimmung geben, nicht aber dem negativen Bericht über den Antrag der Kollegin Madeleine Petrovic – um unser Abstimmungsverhalten gleich einmal im Vorfeld zu erläutern.

Ich möchte als Abgeordneter der freiheitlichen Fraktion schon einiges aus den letzten Jahren auch aus der Sicht eines Tierarztes Revue passieren lassen. Wir Freiheitlichen haben vor Jahren schon darauf aufmerksam gemacht, daß das einfache Gesetz über den Tiertransport auf der Straße zuwenig sein wird und daß es uns zum Vorwurf gemacht werden wird, im internationalen Verkehr nur ein Verkehrsmittel gesondert und abgesondert behandelt zu haben und nicht ein umfassendes Tiertransportgesetz, nämlich für Schiene, Straße, Luft und Wasser, in entsprechender Form gemacht zu haben.

Sehr geehrter Herr Kollege Kurzbauer! Sie verzeihen mir, daß ich den von Ihnen genannten Zahlen schon auch noch einiges hinzufüge. Es ist Ihnen selbstverständlich nicht entgangen, daß Irland aufgrund der illegalen Transporte von englischen Rindern in den letzten vier Jahren massive Exportverbote gehabt hat und daher der Rückgang der Leistungen nicht sosehr auf die Umgestaltung, sondern auf die BSE-Krise und die Exportverbote zurückzuführen ist.

Ich würde daher glauben, wenn wir der Aufforderung nachkommen wollen, das ohne Emotionen rein sachlich zu betrachten, sollten wir auch bei den Zahlen nicht mit geschönten Erfolgen vorgehen, sondern auch das tatsächliche Umfeld, aus welchem die Zahlen resultieren, in die Betrachtungen mit einbeziehen.

Ich glaube darüber hinaus, daß auch Ihr Beispiel mit den Transporten auf der Eisenbahn und mit den Transporten auf der Straße insofern hinkt, als auch die Ausstattung der Fahrzeuge für den jeweiligen Tierschutzinspektor ein wichtiges Instrument ist, um beurteilen zu können, wie weit der Transport unter den Kautelen des Tierschutzes tatsächlich adäquat durchgeführt worden ist. Das kann unter Umständen in einem nicht passenden, überfüllten Transporter, in dem die Tiere zusammengepfercht sind, bei fünf Stunden eine extreme Tierquälerei sein, aber es kann unter Umständen trotz der Sechs-Stunden-Richtlinie in einem hochmodern ausgestatteten, mit Selbsttränkung, Entmistung und allen klimatischen Einrichtungen, also mit räumlichen Gegebenheiten, wie sie sich jeder Tierschützer wünscht, versehenen Kraftfahrzeug ein noch immer tieradäquater Transport sein, noch dazu, wenn man bedenkt, daß die Ver- und Entladezeiten mit dem dabei entstehenden Streß mit ein Kritikpunkt und mit ein Beurteilungskriterium sind.

Unsere beiden Landespolitiker der freiheitlichen Fraktion, Thaller in Salzburg und Grasser in Kärnten, haben sich bemüht, auf der Tauernstrecke halbwegs zumutbare Zustände zu erreichen. Sehr geehrter Herr Bundesminister! Auch die Fernsehdiskussionen in der letzten Zeit haben gezeigt, daß das Instrumentarium, das unseren bemühten Tierschützern zur Verfügung steht, in vielen Punkten noch immer zu schwammig formuliert ist. Auch das eingangs erwähnte und auch im Bericht zitierte Verwaltungsgerichtshoferkenntnis hat nicht dazu beigetragen, die Arbeit der Tierschützer und Tierschutzinspektoren in Österreich erträglicher zu machen.

Ich möchte die Ausführungen des Kollegen Parnigoni insofern korrigieren, als das, was im Bericht steht, nämlich daß es im Zusammenhang mit der Eisenbahn nicht zu Unzulänglichkeiten


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gekommen ist, nur bedingt stimmt. Der ehemalige Bundesminister Hums wird mir recht geben. Uns Kärntnern ist es bekannt: Immer dann, wenn in Italien Streiks waren und sich an der Grenze, etwa in Pontebba oder Tarvis oder auf der anderen Grenze, wo Tiertransporte übernommen werden, wie etwa in Franzensfeste oder Padua, die Transporte gestaut haben, ist es zu unzumutbaren Bedingungen gekommen. Auch die österreichischen Nutztierproduzenten können ein Lied davon singen, wie lange sie klagen mußten, bis die während des Transportes schlecht versorgten Zuchtrinder, die dann als Schlachtrinder in Italien in den Schlachthöfen notgeschlachtet werden mußten, zu entsprechenden Ersatzstallungen durch die italienischen Staatsbahnen und die anderen Verantwortlichen, die für diese Mißstände zuständig waren, gebracht wurden.

Ich halte nichts davon, daß man Berichte schönt. Wir kennen die tatsächlichen Zustände beim Tiertransport in der Praxis auch aus den österreichischen Tageszeitungen. Ich gebe allerdings zu, daß die Zustände beim Tiertransport auf der Eisenbahn um 100 Prozent besser sind als jene auf der Straße. Vor allem die Tiertransporte auf der Straße von Polen, den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten und von Rußland durch Europa zu den Mittelmeerhäfen weisen oftmals katastrophale Bedingungen auf. Gerade in den Wintermonaten sind die Geflügeltransporte auf diesen Strecken eigentlich von jedem Tierschützer nur mit Schaudern zu betrachten.

Ich möchte Sie, Herr Bundesminister, darauf hinweisen, bei Ihren internationalen Bemühungen auch zu bedenken, daß am Ende auch des bestausgestatteten Transportes in Europa Hafenanlagen stehen. Die entsprechenden Schiffe und Verladungseinrichtungen der Europäischen Union spotten noch immer jeder Kritik. Wir alle kennen die Bilder von Genua, die Bilder von Griechenland oder die Bilder von Exjugoslawien, wo die größten Verladestationen sind, auf denen zu sehen ist, daß die Tiere teilweise bei Wasserniedrigstand, um eine schnelle Beladung zu ermöglichen, einfach mit Kränen hochgehoben werden, in die Leiber der Schiffe hineingepreßt werden, übereinandergeschichtet, sodaß sie verletzt, ja sogar ihre Glieder gebrochen werden. Diese wirklich geschundenen Tiere werden dann nach Libyen oder nach Beirut gebracht, wo sie gemäß den religiösen Bestimmungen des jeweiligen Landes geschlachtet werden. Es kann, so glaube ich, keinem, der halbwegs humanistisch gebildet ist und der ein Gefühl für Natur und für Tiere hat, egal sein, daß die Europäische Union für Transporteinrichtungen innerhalb der Europäischen Union und für internationale Transitstrecken sehr wohl Mittel bereitstellt, während sie für diese Hafenanlagen keine Mittel zur Verfügung stellt, um diesen Mißstand auf europäischem Boden zu beseitigen und die Verladestationen endlich einer zeitgemäßen, auch einer ethischen Forderung entsprechenden Form anzupassen.

Herr Bundesminister! Auch bei der Luftfahrt sind für den Schutz der Tiere sehr viele Dinge geregelt. Ich möchte aber Ihre Aufmerksamkeit – so wie schon vor zwei Jahren bei einer ähnlichen Debatte – auf die vielen Zierfischtransporte in der Luftfahrt richten, die aus Zuchtanstalten kommen und die daher dem internationalen Artenschutzabkommen nicht unterworfen sind. Noch dazu sind sie oftmals illegal dem Amazonas oder seinen Nebenflüssen entnommen und werden mit getürkten Papieren dann als Zuchtfische eingeführt. Es ist keine Seltenheit, daß in Schwechat und auf anderen Flughäfen in Europa mehr als 50 Prozent der Fische bei solchen Transporten verendet ankommen und der Rest mit entsprechenden Zuschlägen an Aquarianer sündteuer vermarktet wird. Das sind alles Geschäfte, die auf Kosten der gequälten Kreatur ablaufen, und dies ist aus meiner Sicht keinesfalls zu unterstützen.

Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, Ihre Bemühungen auf europäischer Ebene nicht erlahmen zu lassen, bei diesen Mißständen tatsächlich Abhilfe zu schaffen. Das, was wir in Österreich haben, und das, was wir heute beschließen, ist ein kleiner Weg in die richtige Richtung. Umfassend befriedigen, Herr Bundesminister, kann es nicht. Die Europäische Union und gerade die Haltung der südlichen Länder in der Europäischen Union in diesem Fall werden uns noch viele schwere Steine auf den Weg legen, die wir zur Seite zu räumen haben werden, um auch für eine humane Gesellschaft einen ethisch vertretbaren Umgang mit Schlachttieren, Schlachtrindern und bei Tiertransporten zu erreichen. Darum, Herr Minister, ersuche ich Sie und Ihre Regierungskollegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.27


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

19.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die drei Materien, die heute unter einem verhandelt werden – unter anderem das Tiertransportgesetz-Luft –, sind Materien, denen die Liberalen zustimmen werden.

Zur ersten Materie werde ich noch einen


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Abänderungsantrag einbringen, der den Entfall der Ziffer 2 der Regierungsvorlage vorsieht. Grund dafür ist, daß in der ursprünglichen Regierungsvorlage, die bereits im Vorjahr eingebracht worden ist und die noch vor Jahreswechsel hätte beschlossen werden sollen, als Datum des Inkrafttretens des Gesetzes der 1. September 1997 eingetragen war. Es ist im Ausschuß nun dazu gekommen, daß vom Herrn Abgeordneten Parnigoni gemeinsam mit dem Herrn Abgeordneten Kuckacka ein Abänderungsantrag eingebracht worden ist, in welchem man das Datum des Inkrafttretens des Gesetzes vom 1. September 1997 geändert und durch 1. Jänner 1998 ersetzt hat, und zwar mit der Begründung, man wolle ein rückwirkendes Inkrafttreten der novellierten Bestimmungen vermeiden. Wahr ist aber natürlich, daß wir schon wieder zu spät dran sind. Daher wird auch diese Bestimmung jetzt rückwirkend in Kraft gesetzt, denn das Bundesgesetzblatt wird erst gegen Ende Jänner herauskommen. Daher der Abänderungsantrag, die Inkrafttretensbestimmung fallenzulassen und somit dieses Gesetz erst mit dem auf die Verlautbarung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag wirklich in Kraft treten zu lassen.

Sie wissen, daß wir von liberaler Seite immer dann, wenn es um Rückwirkungen in Gesetzen geht, sehr skeptisch sind. In diesem Fall ist es absolut nicht notwendig. Ich glaube, man sollte ein grundlegendes Prinzip, nämlich daß Gesetze nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden, nicht wegen einer Nichtigkeit ändern. Sachlich gesehen besteht in diesem Fall wirklich keine Notwendigkeit für ein rückwirkendes Inkrafttreten.

Hinsichtlich des zweiten Antrages, des Antrages 508/A (E) der Frau Abgeordneten Petrovic, möchte ich zwei Dinge anmerken: Ich halte es für zunehmend unangenehm, daß im Zusammenhang mit Rindern von Herodes-Prämie die Rede ist. Denn, meine Damen und Herren, wenn dieser historische Bezug auch nur ein erfundener ist, weil das Ereignis tatsächlich nicht so stattgefunden hat, glaube ich, daß die Verquickung von Schlachtungsprämien für Rinder mit dem Begriff Herodes-Prämie etwas ist, was wir hier in diesem Hohen Hause nicht zulassen sollten. Nichtsdestoweniger, Frau Abgeordnete Petrovic, halten die Liberalen Ihren Antrag, der da lautet, erst ab dem 21. Tag sollen Kälber transportiert werden, für sinnvoll. Wir werden diesem Antrag daher auch unsere Zustimmung geben.

Der dritte Bericht, der das Tiertransportgesetz-Eisenbahn betrifft, ist schon vom Inhalt her sehr ausführlich vom Vorsitzenden des Verkehrsausschusses ausgeführt worden. Es hat im Verkehrsausschuß darüber eine sehr rege Debatte gegeben. Insgesamt ist es insbesondere angesichts des Umstandes, daß ohnehin schon Schutzbestimmungen bestanden haben, diese Schutzbestimmungen jetzt aber in Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union gemacht werden – weshalb es von seiten der Liberalen eine Zustimmung dazu geben wird –, nicht notwendig, inhaltlich noch weiter darauf einzugehen. Ich wiederhole daher nur noch, daß die Liberalen auch dieser Vorlage ihre Zustimmung geben werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt, steht daher mit in Verhandlung.

Der vom Abgeordneten Mag. Barmüller eingebrachte Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Tiertransportgesetz-Luft geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließe, das Bundesgesetz, mit dem das Tiertransportgesetz-Luft geändert wird (i.d.F. des Ausschußberichtes 961 d.B., XX. GP), wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Z 2 entfällt.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.30

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Heute hat im Hohen Haus das Thema Tierschutz einen relativ breiten Rahmen eingenommen, was mich sehr freut, weil das ein Zeichen ist, daß auch das Hohe Haus auf die Belange des Tierschutzes reagiert.

Herr Abgeordneter Parnigoni und auch Abgeordnete anderer Fraktionen haben – wie ich meine, zu Recht – auf die Mißstände bei den Lebendtiertransporten hingewiesen, haben die Subventionen für die Lebendtiertransporte negativ hervorgehoben und im weiteren Sinne deren Abschaffung gefordert. Dem kann ich voll und ganz zustimmen, denn ich glaube, daß es, wenn die Subventionen abgeschafft werden und daher kein Profit mehr gemacht werden kann, in weiterer Folge einen Verzicht auf Ferntransporte geben wird.

Gerade die Entwicklung im Bereich des Tiertransportes in den letzten Jahren macht einen großen Teil der Bevölkerung sensibel für den Tierschutz. Es wurden im Fernsehen einige Filme über Tiertransporte gezeigt, wo grauenhafte Bilder zu sehen waren. Ich staune immer wieder, wie sehr dieses Thema unter die Haut geht und wie viele Menschen sich für den Tierschutz interessieren.

Es ist dem Herrn Minister Einem und auch seinen Beamten und Beamtinnen zu danken, daß die Tradition der österreichischen sozialdemokratischen Verkehrsminister, in diesem Bereich im Sinne eines modernen Tierschutzes im Wege von Gesetzen zu handeln, aufrechterhalten wird. Mit dem österreichischen Tiertransportgesetz-Straße wurde bereits vor einigen Jahren unter Verkehrsminister Klima eine positive Grundlage geschaffen, mit der auch Tierschützer zufrieden waren und um die uns so manche europäische Staaten beneiden beziehungsweise mit der wir als Vorbild fungieren können.

Das vorliegende Tiertransportgesetz-Eisenbahn zeichnet sich erstens durch die Bestimmung über die Zulässigkeit von Tiertransporten und zweitens die Durchführung und Höchstdauer solcher Tiertransporte aus. Ein besonderes Anliegen ist mir als Tierschutzsprecherin, daß auch die Betreuung der Tiere während des Transportes und die Ausstattung der Transportmittel geregelt werden. Damit diese Regelungen auch wirklich im Sinne eines modernen Tierschutzes eingehalten werden, wurde auch eine Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften vorgeschrieben, was natürlich ein ganz wichtiger Faktor ist.

Im Laufe der Jahre hat sich aufgrund des besonderen Engagements verschiedener Tierschutzorganisationen und auch aufgrund der erschreckenden Filmberichte eines Herrn Karremann, die ich schon erwähnt habe, eine breite Öffentlichkeit für den Tierschutz starkgemacht. Private Initiativen wie das Tierschutz-Volksbegehren auf nationaler Ebene beweisen das, bei dem, wie wir wissen, sehr viele Unterschriften gesammelt wurden.


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Der erst kürzlich erschienenen Studie, die besagt, daß ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung mit der Arbeit der Abgeordneten hier im Hohen Haus unzufrieden ist, konnte mit diesem Gesetz, mit dem einem brisanten öffentlichen Anliegen Rechnung getragen wird, entgegengewirkt werden. Ich hoffe – ich bin ja Optimistin –, daß uns das auch bei unserem Anliegen, ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz zu schaffen, gelingen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist noch Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.34

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Am Ende der Debatte noch einige Bemerkungen zum Tiertransportgesetz-Eisenbahn. Die Szenarien der Vergangenheit – sie wurden ja von Vorrednern aufgezeigt, und wir haben sie alle noch in Erinnerung – waren oft erschütternd. Es ist notwendig geworden, die Umsetzung der EU-Richtlinie 91/628/EWG in Angriff zu nehmen und sie in österreichisches Recht überzuführen. Die bisher bestehenden Regelungen zum Schutz der Tiere beim Bahntransport schienen nicht ausreichend zu sein.

Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfes ist es, neben dem Tiertransport auf der Straße und in der Luft nunmehr auch den Tiertransport auf der Eisenbahn zu regeln. Das Gesetz selbst lehnt sich inhaltlich an die Transportschutzbestimmungen, die es im Rahmen des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC gibt, an. Da Eisenbahntiertransporte vorwiegend international abgewickelt werden, kann es auch nicht anders sein.

Wir wissen, daß es auch in anderen Ländern heftige Diskussionen um diese Transporte gegeben hat, die Probleme sind überall die gleichen. Es geht uns darum, aufzuzeigen, wer auf der Straße transportiert, wer auf der Schiene transportiert und unter welchen Bedingungen das im zentralen Bereich Europas und in den an uns im Osten angrenzenden Staaten geschieht.

In letzter Zeit wurden keine schwerwiegenden Mißstände beim Transport von Tieren auf der Bahn bekannt. Es ist auch eine allgemeine rückläufige Tendenz des Tiertransportaufkommens zu verzeichnen. Trotzdem wir es für die ÖBB eine neue Herausforderung sein, die Umsetzung der diesbezüglichen EU-Richtlinie zu bewältigen.

Zum Inhalt des Gesetzes selbst ist, wie ich meine, nichts mehr zu sagen, da meine Vorredner all das, was zu sagen gewesen ist, schon gesagt haben. Ich glaube, wir müssen uns zu dem bekennen, womit wir vor Jahren beim Tiertransportgesetz-Straße begonnen haben, nämlich das Tier nicht als Ware zu betrachten, sondern als etwas, was es verdient, so behandelt zu werden, daß es letztendlich in einer dem Tierschutzgedanken entsprechenden Form leben und dann auch sterben kann. Das Tier, das für den menschlichen Verzehr und Genuß bestimmt ist, soll so behandelt werden, daß es auch dem Menschen würdig erscheint.

Bei den Transportzeiten geht es darum – das ist ungeheuer wichtig –, zu regeln, daß nur jene Tiere transportiert werden, die die notwendigen physischen Voraussetzungen erfüllen, das heißt, die nicht krank oder verletzt sind. Diese Forderung ist nicht zu diskutieren, sondern nur zu unterstreichen.

Noch etwas ist, wie ich meine, von großer Bedeutung: daß nicht der kostengünstigste Transportweg gewählt werden darf, sondern der kürzeste. Das Limit von sechs Stunden bei Schlachttiertransporten geht zweifellos über das in der EU vorgeschlagene hinaus. Wir stehen aber dazu, daß wir in manchen Bereichen etwas strengere Vorschriften haben als die EU im allgemeinen. Das kann aber auch ein Wettbewerbsvorteil sein, da letztendlich auch die EU die Limits anheben wird.

Lassen Sie mich zum Schluß noch zu dem Vorschlag der Abgeordneten Petrovic, keinen Tiertransport von Kälbern unter 21 Tagen zuzulassen, etwas sagen. Ich halte diesen ihren Vorschlag für durchaus gut und überlegenswert, wir wissen aber nicht, wie das heute behandelt werden soll. Ich glaube aber den Vorschlag machen zu können, daß wir im Rahmen einer


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Novelle, in der wir den Transport auf der Schiene, den Transport auf der Straße, den Transport in der Luft und, wenn es notwendig sein sollte, auch den Transport auf dem Wasser hier gemeinsam regeln, dann diese ihre Überlegungen aufgreifen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 961 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung der Ziffer 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über Ziffer 2 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt stimmeneinhellig. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgt stimmeneinhellig. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 961 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgt stimmeneinhellig. Angenommen. (E 102.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 962 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmenmehrheitlich der Fall. Angenommen.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Verbot des Transportes von Kälbern bis zu einem Alter von 21 Tagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 946 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht stimmeneinhellig. Angenommen.

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 652/A der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1053 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (1054 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 653/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Studien an Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG) geändert wird (1055 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 525/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Einführung eines Vizedekans an großen Fakultäten (1056 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 433/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Aufforderung an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zur Evaluation der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung (1057 der Beilagen)


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15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (742 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich samt Anlagen (1024 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 303/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Erhöhung der Lehrveranstaltungszahl an den Universitäten (1025 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 436/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Erforschung und Dokumentation der Bedeutung der Kulturpflanze Hanf (1026 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 524/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Steuerbefreiung von Stipendien und Preisen aus Wissenschaft und Forschung (1027 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 547/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Anwendung der "neuen" Kommunikationstechnologien bei der administrativen Abwicklung der Studienbeihilfe (1028 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 606/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1029 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten wird angezeigt. – Bitte.

19.44

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es liegen uns einige nicht sehr aufregende Novellen und Anträge aus dem Wissenschaftsbereich vor, die in zwei Ausschüssen vorberaten wurden. Ich spreche zunächst zum Tagesordnungspunkt 10, zu einer Novelle zum recht jungen Universitäts-Studiengesetz laut Antrag 652/A.

Diese Novelle dient, wie im Ausschußbericht steht, der Sicherstellung der Bezahlung des ÖH-Beitrages. Für nicht ganz Sachkundige möchte ich bemerken, daß es hierbei um eine Reparatur des § 32 UniStG geht. Es war den Studierenden bisher möglich, zwei Semester lang ihr Studium nicht zu melden und trotzdem Prüfungen abzulegen. Gegen Ende ihres Studiums haben sich die Studenten dieser Möglichkeit zunehmend bedient und darauf verzichtet, den Hochschüler


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schaftsbeitrag einzuzahlen. Allerdings ist der Zahlungsabschnitt des ÖH-Beitrages derzeit die einzige verläßliche Unterlage, die Studenten statistisch zu erfassen. Es hat sich aber herausgestellt, daß das eine ungeeignete und untaugliche Methode ist, was mit der vorliegenden Novelle nun repariert werden soll.

In diesem Zusammenhang stellt sich für uns folgende Frage, Herr Bundesminister: Ist es wirklich klug und geschickt, der Österreichischen Hochschülerschaft als Interessenvertretung der Studierenden derart die Mauer zu machen und ihr die Einnahmen zu sichern, wenn man gleichzeitig weiß, welchen Imageverlust die Österreichische Hochschülerschaft bei den Studierenden in den letzten Jahren erlitten hat? – Kaum einer von vier Studierenden bemüht sich noch zur ÖH-Wahl! Und wenn man eine jüngst veröffentlichte Meinungsumfrage über die Studierenden und ihr Verhältnis zu den Hochschülerschaftsfunktionären liest, dann erfährt man, daß der ÖH-Funktionär von den Studierenden ganz einfach als Kaderschüler für eine spätere parteipolitische Tätigkeit angesehen wird. Die Abhebung von seiner eigentlichen Funktion, nämlich der Studentenvertretung, schreitet fort.

Wir haben ja in der letzten Zeit die Streitereien bezüglich des ÖH-Vorsitzes erlebt. Wenn man sich in den Gremien der Universitäten vor Ort die Präsenz der Hochschülerschaftsfunktionäre anschaut, dann weiß man, daß es in diesem Bereich im argen liegt. Ob man daher just in diesem Moment eine Stärkung der Österreichischen Hochschülerschaft über ihre Einnahmen vornehmen soll, ist die Frage.

Ich weiß schon, daß diese Novelle nur auf zwei Jahre begrenzt gedacht ist, und im Ausschußbericht gibt es sehr vernünftige Vorschläge für eine künftige EDV-unterstützte statistische Regelung. Aber auch in diesem Bericht ist die Überprüfung der Bezahlung des Mitgliedsbeitrages der Hochschülerschaft mit vorgesehen.

Eine Rückfrage bei der Prüfungsabteilung meiner Universität hat ergeben, daß derzeit fünf Beamte zu etwa 50 Prozent ihrer dienstlichen Tätigkeit mit der Überprüfung der Bezahlung des ÖH-Beitrages beschäftigt sind. Auf ganz Österreich umgelegt werden das, wie ich annehme, ungefähr 300 in den Studien- und Prüfungsabteilungen beschäftigte Beamte sein. Angesichts dieser Zahl ist mir vor einiger Zeit ein Vergleich mit einer Zahl aus meinem Hobbybereich, nämlich der Fischerei, eingefallen.

Der Landesfischereiverband in der Steiermark hat an mich die Frage gerichtet, was mit den 300 S Behördenbeitrag passiert, den jeder Steirer zu leisten hat, der eine Angel in irgendein steirisches Gewässer halten will. Es gibt in der Steiermark immerhin ungefähr 20 000 Fischer, die Einnahmen betragen daher rund 6 Millionen Schilling. Die Auskunft, die ich von Landesrat Ressel auf meine Frage, was mit diesem Geld passiert, bekam, ist bemerkenswert: Die 300 S an Einnahmen seien notwendig, um die 300 S einzunehmen, um also die Kosten der Einhebung zu decken! Das heißt, der Personalaufwand für die damit beschäftigten Beamten in den einzelnen Bezirkshauptmannschaften entspricht in Summe genau diesem Betrag.

Umgelegt auf unser Beispiel, Herr Bundesminister: Die 300 Beamten, die 50 Prozent ihrer Arbeitszeit mit der Kontrolle der ÖH-Beiträge verbringen, werden etwa 150 Millionen Schilling kosten, und rund 80 Millionen Schilling pro Jahr betragen die Einnahmen aus ÖH-Beiträgen. Das Verhältnis entspricht also in etwa dem obigen Vergleich. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ein Witz! Das stimmt ja alles nicht!) Dementieren Sie das, wenn Sie können! (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Lukesch. )

Herr Kollege Lukesch! Ich weiß schon, daß es bei der statistischen Erfassung einen Nebeneffekt gibt. Aber zu Ihrem Lachen: Sie sollten einmal die Entwicklung der Anzahl der Beamten an den Universitäten im Verhältnis zu der Zahl der Studierenden verfolgen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Vielleicht haben Sie das ja getan und kennen die Entwicklung. An meiner Hochschule zum Beispiel ist in den letzten 20 Jahren bei etwa gleichbleibender Hörerzahl die Anzahl der in der zentralen Verwaltung Beschäftigten von 44 auf 88 gestiegen, sie hat sich also verdoppelt. (Abg. Dr. Lukesch: Ich glaube das nicht!) An Ihrer Universität wird es nicht viel


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anders sein – und das im Jahrhundert der EDV-Unterstützung, in Zeiten, in denen man das alles quasi per Knopfdruck erfassen kann!

Herr Kollege Lukesch! Das, was Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, ist nichts anderes als eine Art Amtshilfe für die Österreichische Hochschülerschaft, indem man dafür sorgt und kontrolliert, daß sie ihre Einnahmen erhält. Wir lehnen das ab, weil wir glauben, daß die Hochschülerschaft wieder dorthin zurückfinden sollte, wo sie einmal war. Verstehen Sie nicht, daß die Akzeptanz bei den Hörern völlig fehlt? Sagt Ihnen das nichts, wenn nur noch 26 Prozent zu einer ÖH-Wahl gehen? Sagt Ihnen das nichts, wenn Sie die Ergebnisse dieser Umfrage – von der ÖH selbst veröffentlicht! – erfahren, wenn Sie lesen, wie ihre Funktionäre dastehen? – Ich frage Sie, ob man da wirklich weiter Schützenhilfe leisten soll. Ich wage es zu bezweifeln und meine, daß die Hochschülerschaft eine eigene Einrichtung schaffen sollte, um den Eingang ihrer Beiträge selbst zu kontrollieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen werden diesen Antrag daher ablehnen und empfehlen, der Hochschülerschaft eine zukunftsweisende, selbst zu verwaltende Organisationseinheit aufzuerlegen und nicht die derzeitige Schwindelform beizubehalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.51

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich muß mich von den Zahlenrotationen des Kollegen Grollitsch ja geradezu erholen, um hier mit meinen Ausführungen beginnen zu können. Ich möchte aber doch, da es heute auch um Latein geht, sofort in medias res kommen und auf das UniStG eingehen. (Abg. Schaffenrath: Bravo! Bravo! Bravo!)

Das Ziel des Universitäts-Studiengesetzes war es einerseits, die Studienpläne auf den aktuellen Stand der Wissenschaften zu bringen, und andererseits, sie gleichzeitig mit dem Instrument der autonomen Gestaltung der Studienpläne zu verknüpfen. Darüber hinaus war auch die Verkürzung der tatsächlichen Studienzeiten ein zu verwirklichendes Ziel – jedenfalls für die Normalstudenten beziehungsweise für die Vollzeitstudenten –, und dazu gehört eine ausreichende Anzahl von Prüfungsterminen.

Damit komme ich auf den Antrag der Freiheitlichen zu sprechen. Ich finde es bemerkenswert, daß Sie von den Freiheitlichen dann, wenn es Probleme bei der Umsetzung einer gesetzlichen Maßnahme gibt, die hier beschlossen wurde, so reagieren, daß Sie sagen, wir müssen das Gesetz ändern, statt dem Gesetz und den Interessen der Studierenden zum Durchbruch zu verhelfen. Die Betroffenen haben sich zur Wehr gesetzt. Im Ausschuß wurde von den Freiheitlichen moniert, das sei so überfallsartig gekommen, im letzten Augenblick hätten wir hier diesen dritten Prüfungstermin sozusagen hineingedrückt.

Ich habe mir die Stellungnahmen zu dieser Frage eigens herausgesucht, etwa die Stellungnahme der Hochschülerschaft, und konnte feststellen, daß bereits die Stellungnahme zum Beamtenentwurf diese Forderung nach einem dritten Prüfungstermin enthielt. Dieser Punkt war von Anfang an Gegenstand dieser Verhandlungen, und wir werden diesen dritten Prüfungstermin nicht rückgängig machen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Wir sehen gar keine Veranlassung, von einem solchen Schritt abzurücken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

Die Freiheitlichen haben ja auch andere Dinge behauptet, etwa Kollege Krüger damals bei der Diskussion des UniStG. Er hat gemeint, es sei verfassungswidrig, daß man den Universitäten Autonomie gibt. Vorsitzender Krüger hat das in einer Aussendung bemerkt.

Im Prinzip zeigen diese Vorgangsweise, wie sie etwa in der Frage des dritten Prüfungstermins eingeschlagen wird, und dieser Aufschrei der Hochschülerschaft eigentlich sehr stark die Notwendigkeit dieser Österreichischen Hochschülerschaft als gesetzliche Interessenvertretung auf.


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Und das ist der nächste Punkt, der zentrale Punkt des Antrags Lukesch/Niederwieser. Es geht letztlich um die Funktionsfähigkeit der Österreichischen Hochschülerschaft.

Kollege Grollitsch! Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß wir hier einem Interesse der ÖH entgegenkommen. Aber es wäre doch in höchstem Maße unfair, auf der einen Seite eine gesetzliche Interessenvertretung wie die Hochschülerschaft einzurichten, ihr aber auf der anderen Seite nicht zu garantieren, daß sie auch über die erforderlichen Mittel verfügt. Mit der vorliegenden Abänderung des UniStG soll diese Garantie nun erfolgen, und die Sicherstellung der Finanzierung über die Lehrveranstaltungsprüfungen, wenn die Fortsetzung des Studiums gemeldet wird, beinhaltet natürlich auch die Einzahlung des ÖH-Beitrages.

Ich kann Ihnen auch andere Beispiele bringen. Das könnten Sie vielleicht übernehmen und dort, wo Sie gefragt haben, als Vorschlag einbringen. In den meisten Universitäten funktioniert das so, daß man die Inskriptionen mittels Einzahlung per Erlagschein vornimmt, und die Geldinstitute übermitteln dann die Datenbänder, die Datenträger an die Universitätsverwaltung oder überspielen die Daten direkt. Das macht keinen besonderen Aufwand. Daß 300 Leute in Österreich damit beschäftigt sind, die Einzahlund des ÖH-Beitrages zu kontrollieren, ist ein aufgelegter Nonsens! Kollege Grollitsch, glauben Sie mir das, das stimmt von vorne und von hinten nicht. Die Überwachung solcher Summen geschieht mit der heutigen Technologie ohne Probleme. Falls das vielleicht da oder dort noch nicht der Fall sein sollte, dann bitte ich Sie, das zu ändern, damit das auch dort funktioniert.

Damit im Zusammenhang möchte ich noch einige grundsätzliche Überlegungen anstellen. Die Funktion von Universitäten und Hochschulen haben wir in erster Linie mit dem Auftrag zur Lehre und dem Auftrag zur Forschung definiert. Zunehmend stellen wir fest, daß ein weiterer, ein dritter Punkt bei den Aufgaben der Universitäten und Hochschulen dazu kommt, nämlich jener der beruflichen Weiterbildung in Verbindung mit einem Technologietransfer. Es ist interessant, daß auch in der neuesten OECD-Studie "Bildungspolitische Analyse 97" genau auf diesen Zusammenhang hingewiesen wird. Es geht nämlich darum, speziell für Berufstätige individuelle Bildungsbedürfnisse, abgestimmt auf deren Situation, zu befriedigen und Angebote wie etwa Teilzeitstudienlehrgänge, Fernstudienlehrgänge und modulare Bildungsgänge zu entwickeln.

Auch das haben wir in das UniStG bereits hineingeschrieben. In § 7 Abs. 2 haben wir festgehalten, daß bei der Gestaltung der Studienlehrgänge auf die besondere Situation berufstätiger Studierender Rücksicht zu nehmen ist.  – Da haben wir kein "kann" oder "soll" hineingeschrieben, sondern eine verpflichtende Bestimmung. Und das wird etwas Weiteres sein, worauf wir zu achten haben, nämlich darauf, daß das dann auch tatsächlich an den Universitäten stattfindet bei der konkreten Ausgestaltung der Studienpläne und der Studienangebote. Darauf werden wir sehr, sehr großen Wert legen, weil das eine wichtige Zielgruppe ist.

In diesem Zusammenhang darf ich ankündigen, daß wir, wie ich meine, auch in Übereinstimmung mit unserem Koalitionspartner im Bereich der Studienförderung für die spezielle Altersgruppe der 30- bis 35jährigen, die von Änderungen betroffen wäre, rechtzeitig Maßnahmen ergreifen werden, damit für diese Studierenden auch weiterhin eine Studienförderung möglich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch auf den Antrag der Kollegin Petrovic zur Erforschung der Kulturpflanze Hanf eingehen. KollegInnen meiner Fraktion werden das nach mir noch detaillierter tun. Das Thema mag wichtig und auch durchaus interessant sein – das will ich hier gar nicht bewerten. Aber der Ansatz ist falsch! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie sich vorstellen, daß wir hier im Plenum des Nationalrates in Zukunft alle Wünsche diskutieren sollen, die wir Abgeordneten vielleicht haben hinsichtlich dessen, was erforscht werden sollte, und wir sagen dann einmal ja und einmal nein, also wir würden im Prinzip sehr detaillierte Forschungsgebiete beurteilen und dann der Regierung sagen: Das müßt ihr erforschen und das nicht!, dann ist das, Frau Kollegin Petrovic und liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, keineswegs unser Verständnis davon, wie Forschungspolitik stattfinden sollte!

Wir haben die Rahmenbedingungen zu schaffen, wir haben dafür zu sorgen, daß es ausreichend Mittel gibt, das ist keine Frage. Es müssen aber die qualifizierten Personen in den einzelnen Fonds darüber entscheiden können, welche Projekte gefördert, welche Schwerpunkte gesetzt werden. Das ist unsere Auffassung von Verantwortung und auch von Autonomie. Die For


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schung ist ein Gebiet, über das wir hier im Nationalrat nicht anfangen können zu diskutieren. Es wäre einfach ein falscher Ansatz von politischer Verantwortung, zu versuchen, in vielen kleinen Details Verantwortung zu übernehmen.

Wir setzen die Rahmenbedingungen im Bereich der Forschung. Wir werden in den nächsten Monaten einige wesentliche Schritte zu setzen haben. Aber im Detail sollen jene entscheiden, die das wesentlich besser können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.00

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Verehrte Kollegen! Meine Damen und Herren! Erstens möchte ich, weil ich in diesem Jahr zum ersten Mal hier im Hohen Haus das Wort ergreife, allen Kollegen ein frohes neues Jahr wünschen!

Zweitens möchte ich mich in großen Zügen Ihrer Wortmeldung anschließen, Herr Kollege Niederwieser. Ich nehme an, Herr Kollege Lukesch wird hinsichtlich vieler Punkte, die Sie aufgelistet haben, in ähnlicher Art und Weise reagieren. Dennoch möchte ich einige Positionen im Namen des Liberalen Forums klarlegen.

Zunächst komme ich auf die Sicherstellung der Bezahlung des Hochschülerschaftsbeitrages zu sprechen. – Im Prinzip kann ich der Intention folgen, die dahintersteht, es werden jedoch zwei Dinge vermengt, nämlich Pflichtmitgliedschaft mit Finanzierungsproblemen. Ich bedauere, daß die Finanzierungsprobleme der ÖH sozusagen über Pflichtmitgliedschaften gelöst werden sollen. Ich stelle mir eher eine Kompromißvariante vor. Aber darüber müßte man länger debattieren und darf nicht solch einen Schnellschuß machen.

Deshalb bringe ich auch einen entsprechenden Antrag ein, der vorsieht, daß wir ausführlich darüber debattieren, wie sinnvoll wir die Pflichtmitgliedschaft an der Hochschule gestalten können beziehungsweise ob wir uns nicht überlegen sollten, eine ähnliche Regelung wie die Freien Universitäten St. Gallen zu treffen, die darauf abzielt, daß man zwar Pflichtmitglied wird, dann aber ein Widerspruchsrecht hat, daß man also, wenn man will, auch austreten kann. – Das halte ich für eine sehr demokratische Vorgangsweise, die als Kompromißvariante dienen könnte.

Auf der anderen Seite ist die Hochschülerschaft selbstverständlich ein sehr wichtiges Organ, dessen Aktionsradius auf keinen Fall beschränkt werden soll. – Ich würde mir jedenfalls wünschen, daß die Finanzprobleme anders geregelt werden, als sie bei der Reparatur dieses Gesetzes geregelt werden sollen.

Ferner möchte ich den Antrag des Herrn Kollegen Brauneder betreffend den dritten Prüfungstermin in der Semestermitte erwähnen, in welchem es heißt, daß durch diesen Prüfungstermin der Lehrveranstaltungsbetrieb zerhackt wird. – Ich habe Medizin studiert, und wir hatten fast jeden Monat die Möglichkeit, Prüfungen abzulegen. Ich hatte aber nicht den Eindruck, daß das Medizinstudium ein zerhacktes Studium ist! Vielmehr sind die Professoren dieser Fakultät auch willig, mit den Studenten gemeinsam die große Anzahl von Prüflingen zu bewältigen. Eine ebenso große Anzahl von Prüflingen gibt es selbstverständlich auch an der juridischen Fakultät und an anderen Fakultäten. Probleme hätte ich allerdings, wenn Drohungen von Professoren ausgesprochen werden, daß sie beim dritten Prüfungstermin Studenten hinausprüfen werden, weil sie diesen Termin ablehnen. Dann wäre es an der Zeit, daß wir aktiv werden!

Diesbezügliche Vorwürfe sind auch dem Minister zu Ohren gekommen, und er hat derartige Einzelfälle, die bekanntgeworden sind, selbst sehr bedauert. Ich hoffe, daß die Einsicht der Professoren jetzt schön langsam Platz greift, daß der dritte Prüfungstermin im Sinne eines schnelleren Studienfortganges und nicht im Sinne einer Störung des Lehrbetriebes zu verstehen ist!

Ich möchte Ihnen nun noch meinen Antrag zu den neuen Kommunikationstechnologien bei der administrativen Abwicklung der Studienbeihilfe näherbringen: Ich habe mir erlaubt, diesen im Juni im Rahmen der UniStG-Debatte einzubringen. Interessant war, daß von den Beamten des Ministeriums sofort Bereitwilligkeit signalisiert wurde, diese Idee aufzugreifen und solche Formulare zu entwerfen, damit die Präsenz von Studenten bei Ansuchen auf Studienbeihilfe auf ein Mi


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nimum reduziert wird. Wenn mit den Beamten gemeinsam etwas zu klären ist und vor allem anläßlich der Unterschriftsleistung muß der Student selbstverständlich persönlich erscheinen – das haben wir auch nie in Frage gestellt –, nicht aber bei rein administrativen Tätigkeiten.

Herr Kollege Lukesch! Ich glaube, Sie haben damals gesagt, daß der persönliche Kontakt mit den Beamten bei rein administrativen Tätigkeiten bestehen bleiben sollte. – Er wird durch diesen Antrag ja nicht verboten, es sollen nur für jene Personen, die – aus welchen Gründen auch immer – keine Zeit haben, persönlich zu erscheinen, zumindest ein paar administrative Erleichterungen geschaffen werden.

Ich entnehme einer OTS-Meldung von heute, daß das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr offensichtlich bereits in zwei Wochen solche Formulare sowieso schon erstellt haben und zur Verfügung stellen wird. Das heißt, die Beamten haben sehr rasch reagiert. Dafür bedanke ich mich bei den Beamten! Ich finde es wirklich toll, daß man das nicht, nur weil es von der Opposition kommt, sofort blockiert hat, wie es hier im Haus Usus ist, sondern daß man gesagt hat: Das ist eine gute Überlegung, daher warten wir nicht darauf, daß das Parlament reagiert, sondern schreiten gleich zur Tat. – Das Schöne daran ist: Auch wenn Sie den Antrag ablehnen, wird er umgesetzt. Ich halte es für bedauerlich, daß eine solche Offenheit hier im Haus nicht geherrscht hat. – Noch einmal: Ich danke den Beamten für diese Flexibilität!

Zum Antrag Brauneder betreffend Einführung eines Vizedekans: Ich glaube, daß Herr Kollege Brauneder recht hat, wenn er meint, daß in großen Fakultäten ein Vizedekan unter Umständen eine wichtige Rolle einnehmen könnte. Ich glaube, man sollte den großen Fakultäten wirklich entsprechende Flexibilität gewähren. Ich sage das deswegen, weil tatsächlich viele Agenden vom Ministerium an die Universitäten übertragen wurden, weil sich also betreffend Administration und Abwicklung des ganzen Managements an den Universitäten sehr viel verändert hat und sehr viel mehr Aufgaben wahrzunehmen sind. Daher begrüße ich diesen Antrag von Herrn Brauneder, der darauf abzielt, das, was an der medizinischen Fakultät möglich ist, auch an anderen Fakultäten zu ermöglichen. Ich glaube, daß man dem, wenn auf der einen Seite mehr Aufgaben zugeteilt werden und dadurch auf der anderen Seite – wie ich annehme, Herr Minister – Beamte eingespart werden könnten, natürlich zustimmen kann.

Ich komme zum Antrag auf Überprüfung der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung, den ich eingebracht habe und der wirklich eine Eigendynamik entwickelt hat. Ich habe in diesem Antrag nur verlangt, daß anläßlich der Erstellung der Studienpläne die Studienkommissionen befragt werden, welche Bewerber sie sich für ein Studium wünschen, welche Qualifikationen ein zukünftiger Student oder eine zukünftige Studentin haben sollen, welches Bild man sich davon macht. – Das ist meines Erachtens keine zusätzliche Aufgabe! Sie, Herr Minister, haben aber gesagt, daß das die Studienkommissionen mit statistischem Material überlasten würde.

Dazu möchte ich Ihnen sagen: Wenn ich in einer Studienkommission wäre, würde ich, um einen Studienplan überhaupt erstellen zu können, eine Analyse vornehmen, welches intellektuelle Potential am Anfang zur Verfügung steht und was letztlich erreicht werden soll. Ich glaube, innerhalb dieser Schere kann man dann definieren, welche Lerninhalte dem Studenten oder der Studentin vermittelt werden sollen. Doch das muß analysiert werden. Man muß wissen, welches Potential an Know-how am Anfang sozusagen zur Verfügung steht.

Nur das habe ich verlangt! Ich habe lediglich verlangt, daß man die Studienkommission darüber befrägt. Das ist das einzige, was in diesem Antrag steht. Es geht mir nur um das Befragen.

Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen, daß im Schulorganisationsgesetz geregelt ist, daß die Erfordernisse der verschiedenen Studienrichtungen durch Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten – wie er damals geheißen hat – im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zu bestimmen sind. Das heißt, daß die Erfordernisse der verschiedenen Studienrichtungen nur durch Erhebung an den Universitäten festgestellt werden können. Sie können doch nicht anderswo festgestellt werden! Wie soll die Frau Unterrichtsministerin zu den entsprechenden Informationen kommen, wenn sie nicht die Studienkommissionen befrägt, die jetzt die Verantwortung dafür haben? – Das ist völlig absurd!


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Außerdem: Abschaffen und dergleichen haben wir überhaupt nicht verlangt! Im Gegenteil! Aber man muß sich wirklich überlegen, ob manche Dinge in der Form erforderlich sind, wie sie jetzt geregelt sind.

Ich nenne als Beispiel das Medizinstudium: Ich muß Ihnen sagen, daß ich wesentlich mehr von einer Terminologie-Unterrichtseinheit profitiert hätte, in der mir die griechischen und lateinischen Fachausdrücke beigebracht worden wären. Statt dessen habe ich gelernt, Cicero und Cäsar zu übersetzen, was mir für mein Fortkommen beim Medizinstudium herzlich wenig gebracht hat.

Ich möchte Ihnen sagen, daß ich mich gewiß unter jenen Personen hier im Hause befinde, die in ihrem Leben viele Sprachen lernen mußten oder wollten. Ich habe Kenntnisse in zahlreichen Sprachen erworben, und ich nehme an, daß ich meine Sensibilität für Sprachen nicht bekommen habe, weil ich Latein gelernt habe, sondern weil ich von Kindesalter an mit zahlreichen Fremdsprachen konfrontiert war. Mich interessieren die Fremdsprachen an sich gar nicht, es fällt mir nur in gewissem Maße leicht, sie zu erlernen, das muß ich zugeben. Sich in einer anderen Sprache auszudrücken empfand ich seit meinem vierten Lebensjahr nicht als besonders abstrus.

Daher kann ich mich nicht Ihrer logischen Folgerung anschließen, wenn Sie sagen, daß jemand, der nicht Latein gelernt hat, kein Sprachgefühl haben kann. Ich wette mit Ihnen, daß Ihnen die Ohren schlackern würden, wenn Sie feststellen, was für ein Sprachgefühl ich habe, und zwar nicht nur in Sprachen, die Latein als Basis haben, sondern auch in Sprachen, die mit Latein überhaupt nichts zu tun haben! So habe ich in meinem Leben zum Beispiel auch ein bißchen Chinesisch gelernt. Ich habe es dann aber leider aufgeben müssen, weil das neben meiner Beschäftigung mit der Medizin doch meine Kapazitäten gesprengt hat.

Ich möchte Ihnen dazu noch einige Meinungen näherbringen. – Erziehungswissenschafter Karl Heinz Gruber begrüßte 1996 das Ende von Latein als angstbesetztem Pflichtfach, und ich gebe ihm völlig recht. Offensichtlich – Sie haben das ohnedies sehr gut ausgedrückt – ist die Art und Weise, wie es unterrichtet wird, falsch. Wir sollten uns daher überlegen, wie wir es besser unterrichten können. Da gebe ich Ihnen völlig recht.

Der Dekan der juridischen Fakultät der Universität Wien 1996 Peter Pieler sagt: "Für das Jusstudium sind Lateinkenntnisse an sich nicht erforderlich, aber die sprachlichen Voraussetzungen sind für den Juristen besser, wenn er Latein gelernt hat, weil es auch zum Bewußtsein der deutschen Sprache sehr wertvolle Beiträge leistet."

Im Hinblick darauf verstehe ich Kollegin Petrovic nicht, die sagt, daß für die Entwicklung des Sprachgefühls von Juristen Latein absolut notwendig ist, eben eine Conditio sine qua non. Denn wenn dem so wäre, dann müßten eigentlich die meisten Juristen auf der ganzen Welt absolute Scharlatane in ihrer Domäne sein, die sich überhaupt nicht spezifisch ausdrücken können. Demnach könnten sie keine Verhandlungen führen und keine Sensibilitäten entwickeln. Ich verstehe diesen Zugang nicht, der in einer Presseaussendung des Herrn Kollegen Lukesch von heute gegipfelt hat, gemäß welcher er vehement gegen mich aufgetreten ist. Das bin ich gewohnt! Aber wenn Sie sagen, daß meine Vorlage im Kern darauf abzielt, Latein als Voraussetzung für viele Studienrichtungen, etwa Jus oder Medizin, abzuschaffen, dann muß ich Ihnen sagen: Kein Wort steht von Abschaffen in dieser Vorlage! Lesen Sie mir die Passage vor, in der "abschaffen" steht!

Weiter sagt Lukesch: "Österreichische Akademiker sollen sich bewußt von anderen Ländern, besonders den USA, durch Kenntnisse der europäische Geschichtswurzeln, der europäischen Philosophie, aber auch vieler europäischer Sprachen, die alle mit Latein transportiert werden, unterscheiden." – Wenn Sie anstreben, daß wir uns auf universitärer Ebene von den Studenten in den USA insofern unterscheiden sollen, daß man sagt: Wir sind ja viel besser!, dann muß ich sagen: Unter diesem Aspekt verstehe ich die USA nicht, warum sie nicht sofort Latein einführen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Denn in den USA werden die Studenten gefordert. Man erwartet selbstverständlich von den Studenten einerseits, daß sie ihr Bestens geben, anderer


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seits will man nur das Beste produzieren, um nachher davon zu profitieren. Die Universitäten werden dort nämlich in einer sehr marktorientierten Art und Weise begriffen!

In diesem Zusammenhang habe ich eine Bitte: Koppeln Sie uns nicht ab von der wissenschaftlichen Welt der USA! Wir brauchen Englisch, Englisch und noch einmal Englisch! (Abg. Dr. Lukesch: 60 Prozent der englischen Vokabel stammen aus dem Lateinischen!) Als Mediziner müssen wir englische Artikel lesen, damit wir uns gewissenhaft fortbilden, weil wir mit den deutschsprachigen Publikationen nicht das Auslangen finden. Das halte ich für wichtig! Sie sollten die jungen Leute motivieren, daß sie mehr Englisch lernen! Das wäre tatsächlich auch ein Eingangserfordernis! (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.15

Präsident MMag Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Lukesch vor. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.15

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Gredler! Sie geben mir Gelegenheit, gleich auf Ihren Antrag einzugehen, später werde ich dann vielleicht auch auf die restlichen zehn Anträge eingehen. – Man könnte aus der Fülle der Anträge, die zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegen, schließen, daß ein besonderer legistischer Eifer im universitären Bereich ausgebrochen ist. Dem ist aber nicht so. Meine Vorredner sind darauf schon eingegangen, daß es zwei Anträge von Kollegen Niederwieser und mir sowie eine Regierungsvorlage zur Anerkennung von Studientiteln und Studien gegenüber Ungarn gibt. Der Rest sind Oppositionsanträge.

Nun aber zu Ihnen, Frau Kollegin Gredler! Es gibt in der Wissenschaft – diese Theorie stammt, da bin ich mir ziemlich sicher, von Karl Popper – einen Begründungszusammenhang, einen Entstehungszusammenhang und einen Verwendungszusammenhang von Argumenten. Und ich frage mich jetzt: Warum verwenden Sie Ihren Antrag gerade jetzt, da wir das Uni-Studiengesetz reformieren und da wir die Studienkommissionen damit betrauen, neue moderne Lehrpläne einzuführen? Geht es da nicht um Ihre persönliche Abneigung gegen die klassische Altphilologie? – Ich meine: Nur darum geht es Ihnen in Wirklichkeit, auch wenn Sie davon sprechen, daß wir die Studienkommissionen evaluieren lassen sollen. "Evaluieren" ist übrigens auch ein lateinisches Vokabel, das man eigentlich nicht verstehen könnte, wenn man nicht irgendwann einmal ein bißchen Latein gelernt hätte. (Abg. Dr. Gredler: Das Wort gibt es im Englischen und Französischen auch!)

In welchem Zusammenhang ist Ihr Antrag zu sehen? Kenntnisse des Latein sind – das meine ich, daran halte ich fest und da werde ich nicht lockerlassen – ein besonderes Merkmal des überwiegenden Teils unserer österreichischen Akademiker. "Universitas" bedeutet auch irgend etwas wie "Allgemeinbildung", und dazu gehört die Kenntnis der alten Sprachen, damit werden die alte Geschichte, die europäische Geschichte, damit werden unsere Wurzeln und die Philosophie transportiert, aber auch das Sprachstrukturwissen bis hin zu den Vorkenntnissen der romanischen Sprachen, einschließlich der englischen Sprache. Darum geht es, Frau Kollegin Gredler! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Sie haben eine Evaluierung der Vorkenntnisse durch die Studienkommissionen verlangt. – Ich weiß nicht, ob Sie sich aller Konsequenzen dieses Antrages tatsächlich bewußt sind. Ich nehme an, daß Sie das amerikanische Universitätssystem kennen, denn Sie zitierten es soeben. Dort suchen sich die Universitäten ihre Studenten selbst aus. Dort gibt es keine allgemeine Hochschulreife, die durch eine Matura bestätigt wird, sondern dort gibt es das System der Applications. Man meldet sich an, und dann werden die Voraussetzungen des Adepten der Wissenschaft darauf geprüft, ob er tatsächlich den Anforderungen dieser Universität entspricht.

Ich weiß, daß es auch Stimmen hier in unserem Land gibt, die es befürworten, daß sich die Universitäten ihre Hörer selbst aussuchen dürfen. Ich gehöre nicht dazu! Ich möchte, daß die Zielorientierung der Matura, allgemeine Hochschulreife zu garantieren und damit jedem Matu


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ranten die Möglichkeit zu eröffnen, die Universität zu besuchen, erhalten bleibt! (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht haben Sie nicht so genau darüber nachgedacht, welche Konsequenzen dieser Antrag hat! (Abg. Dr. Gredler: Das ist eine Unterstellung!) Aber sei es darum!

Kollegen Grollitsch möchte ich noch sagen, daß er ungeheuer übertrieben hat, als er die budgetären Wirkungen der Einhebung der ÖH-Beiträge durch die Studienabteilungen auf 150 Millionen Schilling jährlich hochgerechnet und behauptet hat, daß dann die Kosten der ÖH für die Einhebung um 10 Prozent höher wären als das Ergebnis dieser Einhebung. Kollege Grollitsch! Ich kenne Sie als durchaus seriösen Kollegen. Erkundigen Sie sich einmal auch an Ihrer Universität! Es ist doch nicht möglich, daß die Montanuniversität Leoben, eine unserer Eliteuniversitäten, noch nicht über den Datenaustausch mit den Banken verfügt, die die Einzahlungsbelege einfach via EDV an die Studienabteilung weiterliefern! Das glaube ich Ihnen nicht!

In Wirklichkeit steht etwas ganz anderes dahinter: Die Freiheitliche Partei hatte immer schon ein gebrochenes Verhältnis zur Österreichischen Hochschülerschaft und insbesondere zur Pflichtmitgliedschaft bei der Österreichischen Hochschülerschaft, weil sie eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist und diese beziehungsweise deren Funktionäre daher auch per Gesetz definierte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte an der Universität haben. Das war Ihnen wahrscheinlich ein Dorn im Auge! Daher schlägt man vor, ihnen das Wasser abzugraben, und sagt nicht, worum es eigentlich geht: um die Entmachtung unserer Studierenden im Zusammenhang und in der Zusammenarbeit mit den anderen Gruppen an der Universität. – Legen Sie die Karten auf den Tisch! Wenn Sie von 150 Millionen Schilling Einhebungskosten für die ÖH-Beiträge sprechen, dann agieren Sie mit irgendwelchen Phantasiezahlen, die Sie von irgendwoher haben, die aber nur die tatsächliche Absicht Ihrer Fraktion verdecken sollen.

Es liegt noch eine ganze Reihe von weiteren Anträgen vor. Ich habe sie in zwei Kategorien eingeteilt: Bei der einen Kategorie kommt man zu spät, denn es haben entweder der Minister oder die Bürokratie oder das Parlament schon reagiert, bei der anderen sage ich absolut: I disagree. Damit bin ich nicht einverstanden. Nur über meine Leiche! (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler. )

In die erste Kategorie fällt unter anderem der Antrag der Frau Kollegin Petrovic betreffend die Erhöhung der Zahl der Lehrveranstaltungen. Wir haben das Hochschullehrer-Dienstrecht mit einer entsprechenden Lehrverpflichtung erst vor kurzem verändert. Es kommt zu einer erhöhten Lehrveranstaltungszahl für Assistenten und Dozenten und zur Festschreibung einer Lehrverpflichtung für die Professoren. Da muß letztlich auch ein höheres Lehrangebot herauskommen! Es kann sein, daß die Zahl der remunerierten Lehraufträge für Extranii – wie wir in der Fachsprache sagen – reduziert wurde, aber das Lehrangebot hat sich mit Sicherheit nicht verringert!

Ganz eigenartig ist der Antrag des Kollegen Krüger über die Steuerbefreiung von Stipendien und wissenschaftlichen Preisen. Er zitiert einen Artikel aus der "Österreichischen Steuer-Zeitung", der sich mit dieser Frage beschäftigt, und erinnert daran, daß es im Kulturausschuß gelungen ist, in die auf dem kulturellen Sektor vorhandenen Steuerungerechtigkeiten eine neue Linie zu bringen. Sie zitieren diesen Artikel und ziehen dann das Resümee, daß all das rechtlich nicht klar ist. Ich habe den ganzen Artikel gelesen, Kollege Krüger! (Abg. Dr. Krüger: Gelesen haben Sie ihn schon, aber nicht verstanden!) Ich habe ihn auch verstanden, so mühsam es ist, dieses steuer- und finanztechnische Deutsch zu verstehen.

Aus der Zusammenfassung geht ganz klar hervor: Es gibt bei den Stipendien keine Einkommensteuerpflicht, es gibt keine Umsatzsteuerpflicht. Es könnte unter Umständen dann etwas herauskommen, wenn man aus einem Förderungsstipendium, etwa einem Dissertationsstipendium, eine zusätzliche verwertbare Leistung lukriert, etwa Patenteinnahmen oder Tantiemen, wenn man ein Buch geschrieben hat, was dann plötzlich eine neue Einkommenskategorie wäre. Sie jedoch haben hier etwas an die Wand gemalt, was es nicht gibt. Sie haben einen Strohmann geschaffen, den Sie ordentlich niederschlagen wollten. In diesem Artikel in der "Österreichi


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schen Steuer-Zeitung" ist alles klargestellt, daran gibt es überhaupt nichts zu zweifeln! (Abg. Dr. Krüger: Ich werde es Ihnen dann vorlesen!)

Frau Kollegin Gredler! Noch zu Ihrem Antrag betreffend Automatisierung: Wir wollen im Zusammenhang mit der Einhebung der ÖH-Beiträge viel weiter gehen. Herr Kollege Niederwieser und ich haben anläßlich der Veränderung der Novelle des Studienförderungsgesetzes einen entsprechenden Entschließungsantrag formuliert. Er läuft darauf hinaus, mittels elektronischen Datenaustausches nicht nur die Anmeldung zum Studium, sondern gleichzeitig die Anmeldung des Anspruches auf Familienbeihilfe und Krankenversicherung unter einem – und ich hoffe unter Einem! – ohne großen bürokratischen Aufwand durch den Studierenden zu erledigen.

Da befinden wir uns auf einem guten Weg. Der Antrag ist eingebracht, und er wird sukzessive auch umgesetzt. Meine Fakultät hat zum Beispiel ab diesem Semester alle Lehrveranstaltungen und die Lehrziele im Internet. Man kann im Internet nachschauen, was der Lukesch im nächsten Sommersemester liest, wie viele Hörer er aufnimmt und welche Lehrziele er mit seiner Veranstaltung "Arbeitsmarkt und Bildungsökonomik" verfolgt. – Das funktioniert wunderbar und wird zunehmend auch freiwillig von den Universitäten gemacht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Insgesamt kann man sagen, daß wir heute kleine Klarstellungen zum Uni-Studiengesetz vorgenommen haben, sicherlich auch mit der Absicht, unsere ÖH finanziell abzusichern. Sehr große Aufgaben, Herr Bundesminister, warten jedoch noch auf uns in diesem Jahr, das wahrscheinlich das letzte Arbeitsjahr unserer Zusammenarbeit vor den nächsten Wahlen sein wird. Selbstverständlich kann sich auch nachher wieder etwas ergeben, etwa das Kunsthochschul-Studiengesetz oder das Organisationsrecht. Kollege Niederwieser! Fernstudien wären zum Beispiel eine Sache, der wir uns widmen sollten, einschließlich einer Neuordnung der studentischen Transfers.

Herr Bundesminister! 1998 wurde von der EU als Jahr der Arbeit ausgerufen. Es wird auch für Sie ein Jahr der Arbeit für unsere Universitäten sein. (Beifall bei der ÖVP.)

20.26

Präsident MMag Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.26

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im Rahmen meiner Wortmeldung insbesondere auf meinen Antrag betreffend eine Änderung des UniStG betreffend ethnisch in ihrer Heimat diskriminierte Gruppen eingehen.

Vorweg möchte ich jedoch, angeregt durch die Redebeiträge meiner Vorrednerinnen und -redner, noch ein paar Worte zu der "Latein-Debatte" sagen. Es fällt mir nicht leicht, Herrn Abgeordneten Lukesch einmal recht zu geben, nichtsdestotrotz muß ich es in dieser Frage wohl tun. Frau Abgeordnete Gredler! Wiewohl es in Ihrem Antrag eigentlich dann nur um die Aufforderung zum Dialog geht – von dem ich ausgehe und von dem Sie auch selbst bestätigt haben, daß es diesen mit den Beamtinnen und Beamten des Ressorts permanent gibt –, geht Ihre wahre Intention in viel stärkerem Maß aus der Begründung hervor, denn in dieser üben Sie sehr stark Kritik an der von Ihnen so bezeichneten "abendländischen Rationalität". – Ich denke: Gar so schlecht ist diese abendländische Rationalität nicht. Würde man sie nur immer berücksichtigen! Denn ich glaube, daß wir sie in allzu vielen Fällen, was die Breite des kulturellen Angebotes und vieles in diesem Zusammenhang betrifft, ohnehin schon gefährdet haben.

Gerade in der Frage der Studienberechtigungsvoraussetzungen plädiere ich zwar sehr dafür, daß man insbesondere bei Personen, die schon im Berufsleben standen, oder bei Personen, die eine Matura ohne Latein, etwa eine technische Matura haben, die Voraussetzungen, wie sie jetzt bestehen, überdenkt, denn ich glaube auch, daß es nicht sinnvoll ist, wenn diese Personen das große Latinum ablegen müssen. Aber es geht nicht nur um Sprachkenntnisse und ein allgemeines Bildungsgut, sondern es geht in vielen Fächern – gerade etwa auf dem Gebiet der Rechts


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geschichte; das hat auch etwas mit Originalquellen zu tun – einfach um die Beherrschung des diesbezüglichen kleinen Einmaleins.

Es geht nicht nur um eine reine Liste von Termini, die man wie Vokabeln herunterlernt, sondern es geht auch um die Entwicklung dieser Begriffe. Das ist über viele Jahrhunderte geschehen, und ich halte es für hilfreich in der Praxis, darüber Bescheid zu wissen. Es hat mir persönlich sehr viel genützt. Ich kann Ihnen versichern, daß wir, etwa wenn wir in großangelegten Wirtschaftsverhandlungen über Betriebsansiedlungen, zu denen Juristen und Juristinnen aus ganz verschiedenen Rechtssphären – zum Beispiel aus dem anglo-amerikanischen Case-Law und aus kontinentaleuropäischen Bereichen – zusammenkamen und die jeweilige Gesetzessituation in den anderen Ländern nicht kannten, unglaublich schnell bei diesem kleinen Einmaleins waren und es immer sehr geschätzt haben, daß wir diesen Bestand gemeinsam haben.

Ich habe meine Kollegen, die zum Beispiel eine technische oder eine andere Ausbildung haben, stets bedauert, wenn sie beispielsweise im Rahmen einer RechtspflegerInnenausbildung irgendwelche Gesetze wie das Patentrecht rasch erlernen mußten, weil sie sich aus meiner Sicht viel schwerer tun. Es ist eine Erleichterung und nicht eine Verschärfung. Das ist meine Sicht der Dinge.

Wie gesagt, würde ich insbesondere bei berufstätigen Studierenden die Art der Voraussetzung überprüfen und dabei gleich in Richtung der rechtshistorischen Grundlagenausbildung gehen, statt nachträglich eine Lateinmatura zu verlangen. Das halte ich auch nicht für sinnvoll. Soviel dazu. (Abg. Dr. Gredler: Wir wollen nur dazu befragen! – Abg. Schaffenrath: Wir haben einen guten Vorschlag! – Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Es ist schön, daß wir hier eine Kontroverse zu diesem Thema führen können. Das sind meine Erfahrungen, und ich habe, wie gesagt, recht lange in diesem Bereich gearbeitet. Ich kann Ihnen nur meine Erfahrungen mitteilen, die ich mit einigen anderen teile. Ich denke nicht, daß das eine sinnlose Verschärfung ist; es ist vielmehr eine große Erleichterung. Aber bitte. (Abg. Mag. Posch: Klingt ja sehr interessant!) Sehr interessant, sicherlich, aber wie gesagt: Ich wollte meinen Debattenbeitrag eigentlich zu den Änderungen im Bereich des ... (Abg. Mag. Posch: Ihrem Plädoyer ist nicht ganz zu folgen!)

Ich weiß nicht: Wollen Sie dann vielleicht mit Kollegin Gredler gegen Ihre Fraktion stimmen? – Das würde ich aus rein demokratiepolitischen Gründen sehr begrüßen, wenn bei den Koalitionsabgeordneten etwas mehr Bereitschaft aufkäme, auch gegen die eigene Fraktion zu stimmen. Das wäre im Sinne einer Belebung des Hohen Hauses sicherlich wünschenswert. Aber das nur in Zwischenrufen vorzubringen, während Sie – davon bin ich überzeugt – nachher doch wieder mit der eigenen Fraktion stimmen, die in diesem Sinne mit mir konform gegangen ist, jedenfalls im Ausschuß, das bringt nichts. Also frage ich mich, was das soll. (Abg. Dr. Khol: Was ist denn das für eine Charme-Offensive? Eine Charme-Offensive um halb neun?)  

Offenbar hat die sozialdemokratische Fraktion die Auffassung des Kollegen Lukesch geteilt, Herr Klubobmann Khol. Ich weiß nicht, ob sie sie wirklich geteilt hat oder ob das im Ausschuß nur so dahingesagt war. Jedenfalls war das Abstimmungsverhalten so, wie auch immer es zustandegekommen ist, und ich habe mich veranlaßt gesehen, hier ein bißchen zu begründen, warum ich einmal mit den Koalitionsparteien gestimmt habe.

Ich werde nicht müde werden, zum Universitäts-Studiengesetz immer wieder einen Anlauf zu unternehmen, Herr Kollege Niederwieser. Ich bin nach wie vor der Ansicht, daß wir da Handlungsbedarf haben. Es gibt – leider, wie ich sagen muß – in etlichen Staaten dieser Erde eine massive Diskriminierung von Menschen, die einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zugehören, sei diese ethnisch oder religiös definiert. Wir wissen das beispielsweise aus dem Kosovo. Wir wissen, daß Studierende, die der albanischen Mehrheitsgruppe der Bevölkerung im Kosovo angehören, an den offiziellen restjugoslawischen Hochschulen nicht studieren dürfen.

Es gibt Untergrund-Universitäten der Albanerinnen und Albaner, die in Anbetracht der Bedingungen, unter denen sie arbeiten, ein erstaunliches Niveau erreichen – das wird mir immer wieder versichert –, aber diese sind in Restjugoslawien nicht anerkannt. Daher werden auch ihre


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Diplome und Zeugnisse nicht anerkannt nach den strengen Bestimmungen des UniStG, die ich im Kern an sich für richtig halte und die vor allem verhindern sollen, daß Studierende – aus Ländern wie etwa Deutschland, in denen ein Numerus clausus besteht –, die in ihrem Herkunftsland die Studienberechtigungsvoraussetzungen nicht erfüllen, in ein gleichsprachiges Land, in diesem Fall nach Österreich, ausweichen, um hier dem Numerus clausus zu entgehen. Numerus-clausus-Bestimmungen sind nicht wünschenswert – ich lehne sie an sich ab –, aber wir können die Gesetzgebung in Deutschland nicht beeinflussen, und Ich denke, daß wir auch ein derartiges Ausweichen in großer Zahl nicht in Kauf nehmen können.

Tatsächlicher Handlungsbedarf besteht jedoch dort, wo es um Personen geht, die keine anerkannten politischen Flüchtlinge sind. Die Anerkennungszahl – das wissen Sie so gut wie ich – ist laufend heruntergegangen. Im letzten Jahr waren es nicht einmal mehr 700 Personen, die in Österreich als Flüchtlinge, als politisch Verfolgte anerkannt worden sind. Nichtsdestoweniger sind Diskriminierung und Verfolgung viel weiter verbreitet, als es der eng definierte Flüchtlingsbegriff nach der Flüchtlingskonvention zum Ausdruck bringt.

Ich denke, daß wir in dieser Hinsicht allgemein, und zwar auf Bundesebene, ein Instrument entwickeln sollten, das im Einzelfall – wenn die Voraussetzungen geprüft worden sind – dem Wissenschaftsressort eine Zulassung ermöglicht, ob das jetzt Kurdinnen und Kurden, Kosovo-AlbanerInnen oder wen auch immer pro futuro betrifft. Ich denke, daß auf Bundesebene eine Kooperation auch mit den Bundesasylbehörden und mit den NGOs im Bereich des Flüchtlingswesens leichter möglich sein wird und daß wir dann österreichweit einheitlich werden sagen können: Bei dieser oder jener Personengruppe liegt eine solche allgemeine Diskriminierung, was das Studieren in ihrer Heimat betrifft, vor.

Ich halte es auch für einen Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, Bestimmungen, die eigentlich für einen anderen Zweck geschaffen worden sind, hier nicht anzuwenden – wenn vorübergehend irgendein Dokument nicht beigebracht werden kann, dann ist es sicherlich vernünftig, die Universitäten solche Probleme im eigenen Bereich erledigen zu lassen –, sondern ich meine, daß die Prüfung eines Sachverhaltes im Hinblick darauf, ob eine Bevölkerungsgruppe in Asien, in Afrika oder auch hier in Europa verfolgt wird, tatsächlich bundeseinheitlich erfolgen sollte. Es sollte, wie gesagt, keine generelle Zulassung einer bestimmten Kategorie geben, sondern die Prüfung im Einzelfall, ob die Hochschulvoraussetzungen gegeben sind.

Ich denke, das wäre ein Gebot der Rechtssicherheit auch im Interesse der Beamtinnen und Beamten, damit sie sich tatsächlich auf ein entsprechendes Bundesgesetz stützen könnten. Meines Wissens ist die Zahl der Kosovo-AlbanerInnen, die derzeit in Österreich studieren, sehr gering, und die Zahl der Menschen, die es ökonomisch und in bezug auf die nötigen Voraussetzungen schaffen, hierzulande überhaupt vorstellig zu werden, wird auch in Zukunft so gering sein, daß es eigentlich mehr um einen moralischen Beitrag geht. Es geht um eine moralische Unterstützung für diskriminierte Gruppen, es geht darum, zu zeigen, daß wir gerade im universitären Bereich diesen in ihrer Heimat verfolgten, diskriminierten Gruppen den Rücken stärken wollen. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne ersuche ich Sie noch einmal, diesen Antrag zu überdenken. Ich werde ihn mit Sicherheit wieder einbringen. Mir sind auch jetzt wieder entsprechende Fälle von Kurdinnen und Kurden zu Ohren gekommen. Ich denke, es wäre auch im Sinn der Rechtssicherheit wirklich sinnvoll, diese Regelung durch eine kleine Gesetzesänderung zu reparieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

20.38

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich kurz auf die jetzt ein bißchen heftig geführte sogenannte – unter Anführungszeichen – "Latein-Debatte" zu sprechen kommen.


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Ich bin von ihrer Argumentation wirklich überrascht, Frau Kollegin Petrovic. Aber gut, für Überraschungen bin ich ja immer offen. Ich glaube auch nicht, daß es an sich um eine fraktionelle Meinung geht. Ich weiß, daß es auch in unserer Fraktion unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Ich kann das selbstverständlich nicht von der ÖVP sagen. Ich nehme zum Beispiel an, daß es möglicherweise auch bei den Grünen unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Ich glaube also nicht, daß es dabei um eine ideologisch-fraktionelle Meinung geht.

Ich kann aus meiner Erfahrung – ich habe nicht Jus und nicht Medizin studiert – dazu nichts sagen. Ich habe allerdings sehr viel mit Juristen gesprochen, die in bezug auf die von Ihnen erwähnten internationalen Verhandlungen eher gemeint haben, es wäre sinnvoller gewesen, sehr gut Englisch zu können. Was die Zeit betrifft, die man für Latein aufbringt, haben viele Rechtsanwälte, die ich kenne, gesagt: Das ist nicht der Punkt; sondern der Punkt ist vielmehr, eine Fremdsprache sehr gut zu können.

Was den Antrag der Kollegin Gredler betrifft, schließe ich mich dieser Meinung insofern an, als ich sage: Diese Überprüfungen finden jetzt statt, und diese Diskussion sollte man führen. Dabei denke ich, daß man dies jedenfalls nicht auf einer ideologischen Ebene tun sollte. Ich nehme zur Kenntnis und glaube es auch, daß einige Leute, die Jus studieren, für sich sagen: Mir hat Latein sehr viel geholfen. Das mag sein. Andere wiederum sagen: Mir hätte es mehr gebracht, wenn mehr Zeit für Englisch verblieben wäre. – Soviel zu diesem einen Punkt.

Zum zweiten komme ich auf den Antrag der Kollegin Petrovic bezüglich der Erforschung und Dokumentation der Kulturpflanze Hanf zu sprechen. Mir sind daran einige inhaltliche Unklarheiten aufgefallen. Sie sprechen in diesem Antrag in einem Atemzug von der Erforschung der Kulturpflanze Hanf in bezug auf Papier- und Textilproduktion sowie auch im Zusammenhang mit der Medizin.

Tatsache ist, daß es sich dabei um zwei unterschiedliche Pflanzen handelt. Was den Hanf für Papier und Textilien betrifft, liegen von uns und auch vom Ministerium eine Reihe von Forschungen, Untersuchungen und Aktivitäten vor. In diesem Bereich geht es um den gewöhnlichen Hanf, um Cannabis sativa, mit einem äußerst geringen THC-Gehalt. Im anderen Fall, bei dem Hanf, der für die Medizin interessant ist – wenn man annimmt, daß Hanf in der Medizin therapeutisch sinnvoll wäre –, geht es hingegen um den indischen Hanf mit einem sehr viel höheren THC-Gehalt. Daher wird im Antrag in einem Atemzug von zweierlei gesprochen, das meines Erachtens nichts miteinander zu tun hat. Diese Unterscheidung muß man treffen, wenn man davon spricht.

Aus verschiedenen Diskussionen weiß ich, daß Grund zu der Annahme besteht, daß der indische Hanf – mit dem hohen THC-Gehalt – therapeutisch sinnvoll im Bereich der AIDS-Behandlung, der Asthmabehandlung und der Behandlung des grünen Stars eingesetzt werden könnte. Da mag es sinnvoll sein, aber so, wie Ihr Antrag formuliert ist – sozusagen als Aufforderung an den Minister, eine Studie zu erstellen –, ist er für medizinische Aussagen nicht sinnvoll. Dafür müßte in einem Krankenhaus eine großangelegte Studie erarbeitet werden.

Das ist auch die Begründung für die Ablehnung dieses Antrages. Denn mir scheint, daß man möglicherweise etwas anderes dahinter versteckt – wie es Kollegin Petrovic der Kollegin Gredler bei einem anderen Antrag vorgeworfen hat –: Möglicherweise wollen Sie signalisieren, daß der indische Hanf auch sinnvolle therapeutische Auswirkungen hat. Das kenne ich, und das ist möglicherweise ein berechtigtes Anliegen. Der Antrag ist aber meines Erachtens eine dafür ungeeignete Krücke, weil man eben indischen Hanf nicht mit gewöhnlichem Hanf verwechseln sollte. Denn mit einem geringen THC-Gehalt werden Sie in der Medizin auf keinen Fall weiterkommen. – Soviel zu der Begründung dafür, daß dieser Antrag auch dann nicht sinnvoll wäre, wenn man für die medizinische Forschung eintreten würde.

Damit komme ich zum letzten Punkt. Kollege Lukesch hat von einem "Jahr der Arbeit" gesprochen, das vor uns steht. Dieser Meinung bin ich auch. Ich beziehe mich jetzt auf einen Artikel in der "Presse" von morgen, in dem ÖH-Vorsitzender Wolfgang Gattringer zu den tristen Berufsaussichten für Akademiker und zu ihrer sozialen Situation Stellung nimmt. Er spricht über


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ihre steigenden Lebenskosten. Den Studenten stehen durchschnittlich 6 700 S im Monat an Einkommen zur Verfügung, und davon müssen sie durchschnittlich 3 000 S allein schon für ein Zimmer ausgeben. Durch diese Tatsache, daß die Lebenshaltungskosten und Wohnungskosten so stark steigen, wird es immer öfter notwendig, daß Studenten arbeiten gehen.

Ich denke, damit habe ich schon einige Bereiche angeschnitten, die uns in der Zukunft beschäftigen werden. Wir werden uns mit der Studienförderung und im besonderen mit der Situation der Berufstätigen beschäftigen müssen. Das werden sicherlich arbeitsreiche Wochen werden. Gattringer sagt uns: "Ankündigungen allein sind zu wenig." Ich denke, wir sind uns in diesem Haus alle darüber einig, daß es dabei nicht bleiben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte im Saal verbliebene Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich kurz auf den Antrag von Professor Brauneder betreffend zwei Prüfungstermine eingehen.

Wir sind der Meinung, daß diese Regelung typisch wäre für Regelungen, die in den Bereich der Autonomie der Universitäten und der Autonomie der Fakultäten gehören. Ich bin Techniker, und in meiner Ausbildungszeit hatten wir alle 14 Tage oder drei Wochen Prüfungen. Ich denke, daß eine generelle Regelung, wie sie jetzt im Gesetz vorgesehen ist, sehr schwer durchzusetzen sein wird. Statt dessen müßte wirklich die Fakultät oder die Universität autonom entscheiden können, wie viele Prüfungstermine in Abhängigkeit von den tatsächlichen Erfordernissen während des Studiums abzuhalten sein werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gedanke von Kollegin Gredler, die Unversitätsberechtigungsverordnung auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen, ist grundsätzlich zu unterstützen. Allerdings sollte diese Überprüfung nicht allein auf Latein zugespitzt werden. Es könnte sich zum Beispiel im Bereich der Techniker – für sie erachte ich mich zuständig – durch umfassende Anwendung von CAD-Programmen eventuell die Anforderungen an die Grundausbildung in Darstellender Geometrie ändern. (Abg. Dr. Gredler: Das ist drinnen!) Ich weiß das. Nur sollte es sich nicht auf eine Latein-Debatte zuspitzen, sondern ich halte auch das für wichtig.

Dabei müßte es allerdings eine enge Zusammenarbeit zwischen den Universitäten sowie den allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulen geben. Die Universitäten sollten die Anforderungen an den zukünftigen Bedarf entscheidend mitbestimmen, weil die Praxisorientierung wichtig ist; die Universitäten sollten sagen, welchen Anforderungen die Studenten entsprechen sollen. Denn uns allen ist die heutige Klage der Universitäten über das Niveau der Absolventen beziehungsweise der eintretenden Studenten bekannt.

Ich möchte anmerken, daß die Universitätsberechtigungsverordnung aus einer Zeit stammt, in der die Wissenschaft und die Universitäten noch in einem Ministerium – nicht unter Einem, sondern in einem Ministerium – zusammengefaßt waren. Dieser Idee wäre auch Bundeskanzler Klima gerne nachgekommen. Meiner Ansicht nach wurde diese in unseren Augen sehr sinnvolle Kompetenzbereinigung verhindert, weil dieses Ministerium – wie ich es jetzt formulieren möchte – dem schwarzen Flügel in der Regierung zugefallen wäre.

Frau Abgeordnete Gredler hat weiters den Einsatz moderner Kommunikationsmittel in der Universitätsverwaltung gefordert. Ich halte es eigentlich für eine Selbstverständlichkeit, daß die Telekommunikationstechnik in den Universitäten umfassend eingesetzt wird, um ausufernde und belastende Bürokratie zu verhindern. Denn die Studenten sollen studieren, und die Professoren sollen lehren, forschen und sich nicht hoffnungslos in einen Papierkram verstricken, der sie für mehrere Stunden und Tage beschäftigt.


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Aber in welcher Weise die Universitäten diese Möglichkeiten nutzen, wie sie sich vernetzen, welche Informationssysteme sie wählen werden, ist in meinen Augen wieder eine Frage der Autonomie. Darüber sollen die Universitäten selbst entscheiden.

Damit komme ich wieder auf den Punkt Autonomie zurück. Wie sieht es heute wirklich aus mit der seit dem UOG 1993 möglichen und festgeschriebenen Autonomie und deren Umsetzung? – Diese erfolgt, wie wir wissen und immer wieder hören, nur äußerst schleppend. Von budgetärer und personalmäßiger Autonomie ist nach wie vor keine Rede, wie wir aus Berufungsverhandlungen hören.

Es überrascht mich, Herr Minister, wie zahm diese heutige Debatte eigentlich verläuft, wenn ich mir Medienberichte der letzten Tage ansehe: Ministerium ohne Minister; Sie lassen quasi ihre Beamten im Stich. Der "Standschütze" aus Tirol beendet die "Schonzeit" Ihnen gegenüber, Herr Minister. Oder: "Geballte Kritik an Einems ,Lustlosigkeit‘". – Mir scheint, Sie sind derzeit eher mit einer lustvollen Programmdebatte über Ihr Parteiprogramm beschäftigt.

Außerdem wurde schon letzten Sommer von Kollegen Lukesch ein "heißer hochschulpolitischer Herbst" angekündigt. Da wundert es mich wirklich, wie zahm diese Debatte geführt wird, und ebenso wundert mich dieses furchtbare Wort "Schonzeit beenden", das Klubobmann Khol verwendet. – Stellen Sie sich vor, freiheitliche Politiker würden so etwas sagen, das wäre schrecklich. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Denn innerhalb der Koalition – oder, wie wir sagen: der schwarz-roten Einheitspartei – wird ohnehin nur mit Platzpatronen geschossen, und das überleben Sie leicht, Herr Minister. – Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.50

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich denke, es ist vielleicht gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, selbst dazu noch ein Wort zu sagen. Herr Abgeordneter! Ich danke für die erfrischenden Zurufe, zumindest für den Ausdruck der Hoffnung, daß die Debatte noch lebhafter werden möge. Nur: Manches von dem, was Sie jetzt zitiert haben, zählt zwar zu den Lustbarkeiten der Alltagspolitik, aber nicht wirklich zu den substantiellen Auseinandersetzungen, um die es geht. Ich denke, heute sind hier durchaus substantielle Fragen angesprochen worden, und zu einigen wenigen davon möchte ich jetzt das eine andere oder andere Wort verlieren.

Ich denke, es ist bißchen merkwürdig, wenn hier im Hohen Haus eine Diskussion über die Frage geführt wird, ob es angemessen ist, daß die Studenten und Studentinnen auch eine angemessene Form ihrer Interessenvertretung üben und daß sie sich dabei vielleicht außerdem noch in der Anwendung demokratischen Instrumente üben. Wenn man ihnen dann vorwirft – wie Ihr Erstredner Grollitsch das getan hat –, daß sie sich auf diese Weise nur entwickeln, um schließlich Parteifunktionäre zu werden, kann man das meiner Ansicht nach durchaus auch anders sehen: Wenn Menschen bereit sind, sich für das Gemeinwohl auch unter Studenten zu engagieren, dann halte ich das primär für etwas, was wir anerkennen sollten und was durchaus auch eine Schule für ein gesellschaftspolitisches Engagement ist, von dem wir mehr brauchen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite ist, daß ich diese Debatte um den dritten Prüfungstermin nicht ganz verstehen kann. Primär geht es darum, Chancen und Bedingungen zu schaffen, unter denen die Hochschüler, die Studenten es schaffen können, das universitäre System so rasch wieder zu verlassen, wie sie wollen. Das Problem, das wir heute haben und das vielfach mit dem – auch nicht sehr überlegt verwendeten – Wort "Massenuniversität" bezeichnet wird, besteht nicht darin, daß die Zahl der Studenten wesentlich stärker gestiegen wäre als jene der Lehrenden. Das Gegenteil ist wahr: Die Zahl der Lehrenden ist anteilig stärker gestiegen als die Zahl der Erstinskribienten.


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Aber die Verweildauer hat zugenommen, und wenn man genauer hinsieht, merkt man sehr klar, daß das unter anderem daran liegt, daß es den Studenten durch eine immer tiefere Staffelung von Prüfungen und durch eine Schwierigkeit in der Absolvierung in der zeitlichen Abfolge erschwert ist – auch wenn sie sehr schnell studieren und die nötigen Begabungen, den Fleiß und alles Erforderliche haben –, das in der Mindeststudienzeit zu schaffen. Ich denke, da sind wir gut beraten, im Interesse Österreichs, aber auch im Interesse der Studierenden alles Nötige zu tun. Und ich werde alles daran setzen, was in meiner Macht steht, um sicherzustellen, daß Studierende, die fleißig und engagiert sind, so rasch wie möglich auch die Chance haben, aus den Universitäten hinaus- und in Arbeit hineinzukommen. (Beifall bei der SPÖ.)  

Dritter und letzter Punkt – und darin habe ich auch die Überraschung der Abgeordneten Ablinger geteilt –: Ich war ein bißchen überrascht über die Ausführungen der Frau Abgeordneten Petrovic. Ich will mich auf die Debatte um Latein oder nicht Latein nicht besonders lang einlassen; ich halte das für einen Glaubensstreit, der in dieser Tiefe jedenfalls heute nicht angemessen ist, weil ja nur die Frage einer Evaluierung zur Diskussion steht. Dazu denke ich, daß so eine flächenhafte Evaluierung zwar viel Mühe bringt, aber sonst nicht in der Lage ist, sehr viel Nutzen zu stiften.

Was mich überrascht hat, ist, daß für Streitkollegen und -kolleginnen, die auf der gleichen Seite streiten und sonst dafür eintreten, daß Studenten und Studentinnen in die Lage versetzt werden mögen, aus einem vernünftigen Angebot selbständig eine Auswahl zu treffen, dies bei Latein plötzlich nicht mehr gelten soll. Selbstverständlich sind wir dafür, daß Qualifikationen, die von Nutzen sein können, auch angeboten werden. Aber die Frage ist: Schreiben wir das vor, weil wir Großen schon wissen, daß das gut für die Kinder ist, und bei anderen Sachen lassen wir sie zwischen Fächern, Schwerpunkten und so weiter auswählen?

Ich meine, wenn wir den Gesichtspunkt vertreten – und ich vertrete ihn –, daß es hier zu einer autonomen Entscheidung auch der Studierenden kommen soll – diese halte ich nicht durchwegs für Kinder, die wir zu bevormunden haben –, dann sollten wir ihnen Hilfen bieten, sich vernünftig entscheiden zu können, und wir sollten ihnen ein Angebot bieten, aus dem sie vernünftig auswählen können. Dafür werde ich Politik machen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Danke, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.55

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst eine persönliche Bemerkung zum Thema Latein. Herr Bundesminister, ich bin gelernter Jurist; ich habe an der Universität Wien mein Jus-Studium damit begonnen, die Fragen der Privatrechtsentwicklung – vom Römischen Recht herauf bis zur deutschen Privatrechtsentwicklung, die ich bei Herrn Professor Brauneder gehört habe – zu lernen, und muß sagen, daß es mir, hätte ich Latein nicht in der Schule gehabt, sicherlich schwergefallen wäre, all jene Rechtsgrundsätze, die herauf bis in unsere heutige Rechtsordnung gelten, zu verstehen, insbesondere in der Tiefe zu verstehen. (Abg. Schaffenrath: Schwach!)

Wenn Sie das als "schwach" bezeichnen, Frau Kollegin, kann ich das nur so auffassen, daß ich offenbar nicht über das Talent verfüge, das Sie mitgebracht haben. (Abg. Dr. Haselsteiner: Da haben Sie vollkommen recht! Schön, daß Sie das erkannt haben! Sie sind noch jung! Aber Talent erbt man mit den Anlagen!) Aber ich möchte Ihnen – ich weiß nicht, was Sie studiert haben – aus meiner Erfahrung nur sagen: Für jemanden, der ein juristisches Studium beginnen will, ist es wichtig, Lateinunterricht gehabt zu haben, um zu verstehen – vielleicht nicht die Digesten auswendig zu lernen, aber zu verstehen –, was auch in der heutigen Rechtsordnung – vom Privatrecht bis zum Strafrecht – in all den lateinischen Rechtsgrundsätzen geregelt ist. Daran halte ich fest, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich möchte aber mit einigen Bemerkungen auch auf andere Fragen zu sprechen kommen, weil sie heute noch nicht zur Sprache gekommen sind. Das eine ist das Abkommen, das Österreich mit Ungarn über die Frage der Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich abschließt. Das ist eine wichtige Neuerung, weil ein altes Abkommen vorliegt. Ich möchte es gar nicht von den formalen Voraussetzungen her näher beurteilen, sondern einfach vom Inhalt her. Wir haben uns daran zu gewöhnen – das ist mir als Außenpolitiker besonders wichtig –, daß unsere Nachbarn, die demnächst in einem System mit uns stehen werden, von ihrer ganzen Struktur und von ihrem wirtschaftlichen Gefüge her verstanden werden müssen. (Abg. Mag. Posch: Allein die Verkehrssprachen der EU ...!)

Dieses Übereinkommen, lieber Kollege, ist – das ist meiner Ansicht nach wichtig – eine Voraussetzung dafür, daß man einen Teil der Studienzeit etwa auch in Ungarn, in Tschechien, in Polen, in Deutschland oder sonst irgendwo verbringt. Denn das ist das einzige, das wirklich nachhaltig zum Verstehen einer anderen Rechtskultur, Wirtschaftskultur oder Lebenskultur beiträgt. Darum halte ich es für wichtig und gut, dieses Übereinkommen heute zu regeln.

Weiters möchte ich auf ein Thema eingehen, das heute ebenfalls ein wenig gestreift wurde. Mir geht es nicht darum, ein spezielles Forschungsprojekt herauszufiltern, wie das die Grünen mit der Kulturpflanze Hanf vorhaben. Mir geht es darum, die Forschungspolitik in Österreich insgesamt näher zu beleuchten. Das ist auch eine Aufgabe, Herr Bundesminister, über die ich denke, daß wir noch zuwenig an Konzepten auf dem Tisch liegen haben. Denn bisher gibt es zwar sehr lobenswerte Vorhaben – es gibt 3 Technologiemilliarden, es gibt ein Technologiekonzept der Bundesregierung, es gibt ein paar einzelne Vorschläge, die Bundesminister Farnleitner gemeinsam mit Ihnen, Herr Bundesminister, vorgestellt hat –, was uns aber noch fehlt, das zeigt sich in einer Reihe von Zusatzfragen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte jetzt ein paar davon beleuchten, so zum Beispiel die Frage, wie wir die Idee, die in einem kleineren oder mittleren Unternehmen entsteht, bis zur Serienproduktion begleiten und fördern können. Wenn ich mir die bisherige außeruniversitäre Forschung in Österreich anschaue, muß ich sagen: Es gibt es dazu ein paar Erfolge, aber es fehlt der große Wurf, nämlich in Richtung darauf, was ein kleinerer oder mittlerer Unternehmer an Förderungen dazu erhalten kann.

Wenn ich mir anschaue, wie die Förderungsverfahren in Österreich aussehen, erkenne ich, daß sie primär auf den größeren Unternehmer abgestimmt sind, denn der kleinere kann wahrscheinlich kaum all den bürokratischen Aufwand, der notwendig ist, um eine Förderung zu erhalten, überwinden. Ich glaube daher, in Richtung Forschung in kleineren und mittleren Unternehmen sollten wir uns etwas überlegen.

Auch gemäß den Erfahrungen mit dem vierten EU-Rahmenprogramm können wir mittlerweile sagen, daß die Kosten enorm sind, der Nettonutzen aber wahrscheinlich noch zu gering ist. Die 1 000 Projekte, die mit einem Nettoaufwand von etwa 400 bis 800 Millionen Schilling gefördert wurden, geben mir zu denken, wie wir das Verfahren verändern können. Es wäre notwendig, daß Sie ein Konzept dazu vorlegen und dieses im EU-Ministerrat auch vertreten.

In Anbetracht dessen schneide ich eine Frage an, die mir wichtig erscheint: Gibt es ein nationales Leitprojekt für Österreich? Ich höre nichts mehr von Eurocryst oder Austron. Sind diese Projekte gestorben? Ich glaube, es wäre notwendig, daß wir an einem nationalen Leitprojekt festhalten, um einen Schub herbeizuführen. Wir sollten dazu eine Ausschreibung machen. Es sollte dazu eine Auslobung stattfinden. Das wäre wichtig, Herr Bundesminister, um auf dem Gebiet der Technologie und Forschung in Österreich wirklich einen entscheidenden Fortschritt zu machen. Ich würde mir wünschen, daß Sie in nächster Zeit diesbezügliche Konzepte erarbeiten und auch hier auf den Tisch legen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. ) Ich möchte heute über die Kompetenzfrage gar nicht reden, denn viel entscheidender ist die Inhaltsfrage, Herr Kollege! Man sollte das nicht nur unter dem parteipolitischen Gesichtspunkt sehen, welcher Minister zuständig ist, sondern vor allem unter dem Aspekt, wie man der Forschung in Österreich helfen kann. Das ist viel wichtiger! (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich möchte mich abschließend noch mit dem Antrag der Frau Kollegin Petrovic bezüglich einer Novelle des Universitäts-Studiengesetzes befassen. Sie verlangt, daß wir einen neuen § 36 Abs. 5 im Universitäts-Studiengesetz einführen. – Wir haben das schon einmal in diesem Haus diskutiert. Damals wie heute gilt, daß es in der Praxis eine Regelung gibt, wie der Rektor der zuständigen Hochschule über diese Formalerfordernisse hinwegsehen kann. Daß dies in die Kompetenz des Bundesministers übertragen werden soll, der einen Bescheid zu erlassen hat, halte ich unter verschiedenen Gesichtspunkten für falsch. Warum soll diese Kompetenz nicht bei der Hochschule liegen, an der jemand studieren will? Warum soll ein Bescheid des Bundesministers herbeigeführt werden, wenn man in der Praxis dem, der ein Dokument nicht bringen kann, mit dieser Bestimmung durchaus helfen kann? – Ich darf sie verlesen: "Die Rektorin oder der Rektor ist berechtigt, die Verpflichtung zur Vorlage einzelner Unterlagen nachzusehen, wenn glaubhaft gemacht wird, daß deren Beibringung innerhalb einer angemessenen Frist unmöglich oder mit übergroßen Schwierigkeiten verbunden ist, und die vorgelegten Unterlagen für die Entscheidung ausreichen." – Ich halte das für vollkommen ausreichend und meine, daß wir nicht der Gesetzesflut noch Vorschub leisten sollen, wenn wir mit bestehenden Instrumentarien durchaus auskommen können! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

21.04

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lukesch! Mir scheint, Ihre auf Basis des Lateinischen beruhende Fähigkeit, Texte zu analysieren, hat Sie etwas im Stich gelassen. Denn ich möchte Ihnen keinesfalls Böswilligkeit unterstellen, wenn Sie meiner Kollegin Gredler bescheinigen, daß ihr Antrag darauf abzielt, an der Universität Zugangsbeschränkungen einzuführen. Sie haben vielmehr falsch analysiert, denn unser Antrag zielt darauf ab, die Zeitgemäßheit von Inhalten zu hinterfragen. Das ist auch aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen höchst wünschenswert. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Mag. Posch. )

Herr Kollege Lukesch! Im ersten Entwurf des UniStG gab es eine viel deutlichere Formulierung, die ich sehr gerne unterstützt hätte. Man hätte den Studienkommissionen die Kompetenz zugesprochen, die spezifischen Zulassungserfordernisse für verschiedene Studienrichtungen tatsächlich autonom festzulegen. – Die ÖVP und insbesondere Sie sprechen von Autonomie. Sie verwenden jedoch nur Schlagworte. Denn wenn es dann tatsächlich zu autonomen Entscheidungen kommen soll, wenn im Rahmen von Studienkommissionen über die Bildungsinhalte hinaus auch Zulassungserfordernisse festgelegt werden sollen, dann sehen Sie darin eine große Gefahr und beschwören verschiedene Szenarien herauf, die durch die Realität nicht abgedeckt sind. Ich habe Vertrauen in die Kompetenz der Studienkommissionen. Ich traue ihnen das zu. Ich stehe wirklich für Autonomie, Sie predigen sie jedoch nur, Herr Kollege! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Man mag noch darüber diskutieren, ob das Ergebnis bezüglich unseres Antrages in einem entsprechenden Verhältnis stehen würde, wie der Herr Minister hier schon andiskutiert hat. Jedenfalls hat dieser milde Antrag der Liberalen aber wieder alle Lateinlobbyisten auf den Plan gerufen, und Sie haben all Ihre alten, übertriebenen Argumente wieder ausgebaut, beginnend beim Mythos der menschenveredelnden Wirkung bis hin zu dem Argument, daß Sprache und Kultur und ein übergreifendes Verständnis nur mit Hilfe dieses Gegenstands unterrichtet und vermittelt werden können. Herr Kollege Lukesch! Sie haben diesen Argumenten noch viele angefügt, ich brauche sie hier gar nicht mehr zu wiederholen. Ich halte diese Argumentation an und für sich für übertrieben!

Herr Kollege Lukesch! Ich habe nichts gegen Latein. Ich sage hier auch als Schulsprecherin ausdrücklich: Ich bin nicht für die Abschaffung von Latein. (Abg. Dr. Lukesch: Bravo!) Der Gegenstand Latein soll als Angebot an unseren Schulen erhalten bleiben. Latein soll, wie andere Gegenstände auch, als Wahlgegenstand angeboten werden. Das ist mir wichtig! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Herr Kollege Lukesch! Wenn Sie all jenen, die nicht in Latein maturiert haben, von vornherein Bildungsdefizite unterstellen, dann empfinde ich das als Anmaßung, als Diskriminierung und als geradezu – gestatten Sie mir die Verwendung dieses Begriffs – überheblich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie diskriminieren damit rund 70 Prozent der österreichischen Maturanten und Maturantinnen, die nicht in Latein maturieren. Sie diskriminieren damit jedenfalls jene 55 Prozent, die an berufsbildenden höheren Schulen maturieren und die interessanterweise zu 30 Prozent an die geisteswissenschaftliche Fakultät wechseln. (Abg. Dr. Lukesch: Dort ist aber Latein Voraussetzung!) Sie unterstellen all jenen Studierenden, daß sie nicht in der Lage seien, dort wissenschaftlich zu arbeiten und wissenschaftlich zu denken, weil sie in Latein nicht maturiert haben. Sie unterstellen all jenen, die über eine Studienberechtigungsprüfung an die Universität kommen, dort zum Beispiel Jus studieren und nur ein Fachvokabular zu erlernen haben – fragen Sie an der Innsbrucker Uni einmal nach, dort dürften Sie ja entsprechende Zugänge haben! (Abg. Dr. Lukesch: Seien Sie nicht so arrogant!)  –, daß sie nicht in der Lage seien, gute Juristen zu werden! Das muß ich einfach von mir weisen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Diese Meinung – jetzt möchte ich noch an Kollegen Spindelegger mein Wort richten, der meint, Latein wäre die Voraussetzung dafür, daß man überhaupt ein Verständnis im Bereich Jus entwickeln kann – teilt jedenfalls der Dekan der juridischen Fakultät an der Uni Wien nicht. Er meint vielmehr, daß für ein Jusstudium Lateinkenntnisse an sich nicht erforderlich sind. Und das deckt sich auch ganz genau mit meinen persönlichen Erfahrungen! (Abg. Dr. Lukesch: Was ist mit "an sich" gemeint?)

Herr Kollege Lukesch! Ich habe mir die Vorbereitungskurse für Latein an der Innsbrucker Universität angesehen. Die hehren Zielsetzungen, von denen Sie hier reden, werden dort nicht einmal angestrebt, geschweige denn umgesetzt. Es gibt dort keinen einzigen praxisorientierten oder fachspezifischen Ansatz. Ich habe dort die Prüfung selber abgelegt, Herr Kollege Lukesch, und zwar nicht vor 20 Jahren, sondern vergangenes Jahr. Das ist die Realität an den Universitäten in Österreich! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Haselsteiner: Die Realität geht am Kollegen Lukesch vorbei!)

Herr Kollege Lukesch! Ich habe diese Lateinprüfung als sinnlose Zeitverschwendung und als Geldverschwendung empfunden, wie viele andere Studierende auch. Einige Lerninstitute in Innsbruck leben von diesen Vorbereitungen auf die Lateinprüfungen. Auch das muß man in Anbetracht der sehr beschränkten finanziellen Situation einzelner Studierender bedenken. Ich habe nicht aus Ablehnung gegenüber Latein einen anderen Bildungsweg gewählt, Herr Kollege Lukesch! (Abg. Dr. Lukesch: Haben Sie schon die Prüfung in Römischem Recht abgelegt?) Selbstverständlich! Und ich habe Latein keine Sekunde vermißt, auch nicht in Rechtsgeschichte. Es ist vielleicht auch eine Frage des Verständnisses, wie man an Sachen herangeht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Jedenfalls haben sich durch diese Lateinprüfung meine Geschichtskenntnisse nicht erweitert, und ich habe heute nicht mehr Ahnung von der europäischen Philosophie, die Sie immer wieder damit in Verbindung bringen. Ich habe vor dem Latinum bereits eine Lehramtsprüfung für Englisch abgelegt und auch in zwei weiteren Fremdsprachen maturiert. Das nur zu Ihrer Information!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schlußsatz: Ich halte es für eine ideologische Anmaßung von Ihrer Seite, Herr Kollege Lukesch, wenn Sie Tausende Studentinnen und Studenten zwingen, etwas zu lernen, das ihnen nach ihrem persönlichen Verständnis und in der Realität, die sie vorfinden, keinen Vorteil bringt, und schon gar nicht jene Vorteile, die Sie hier so unnütz beschwören! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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21.11


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106. Sitzung / Seite 194

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte.

21.11

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte einleitend kurz auf einige Ausführungen von Vorrednern eingehen.

Ich war an und für sich nicht überrascht, daß Kollege Grollitsch Kritik an der Österreichischen Hochschülerschaft geübt hat. Man kann alles kritisieren. Herr Kollege Grollitsch! Was ich aus Ihren Worten herausgehört habe, war aber mehr als Kritik, das war ein Infragestellen einer demokratischen Institution auf Hochschulebene! – Allerdings scheint mir das auch Ihrem Verhältnis zu Interessenvertretungen zu entsprechen. Interessant ist nur, daß Sie und Ihre Partei, die Sie so wenig für Interessenvertretungen übrig haben, trotzdem versuchen, Ihren Einfluß dort sehr stark und vehement geltend zu machen.

Herr Kollege Grollitsch! Ich halte die Österreichische Hochschülerschaft für ein demokratisch gewähltes Gebilde, das die Interessen der Studierenden zu vertreten hat. Und wenn, aus welchen Gründen immer, die Wahlbeteiligung bei den Hochschülerschaftswahlen niedrig ist, dann ist das noch lange kein Grund dafür, diese Interessenvertretung dermaßen in Frage zu stellen.

Über Ihre Zahlenkünsteleien ist hier schon gesprochen worden. Auch ich kann mir nicht vorstellen, daß der Aufwand bei der Überprüfung der eingezahlten Beiträge 150 Millionen Schilling im Jahr beträgt. Aber darüber ist – wie gesagt – schon gesprochen worden.

Frau Kollegin Gredler! Sie wollen über die Pflichtmitgliedschaft bei der Österreichischen Hochschülerschaft diskutieren. Okay! Aber dann muß man auch gleich über das gesamte System der Körperschaften öffentlichen Rechts diskutieren. (Abg. Dr. Gredler: Gerne, wenn Sie wollen!) Nein, denn dann kämen wir in eine Themenbreite, in der wir hier jetzt sicherlich hic et nunc keine Diskussion abführen können. Sie haben eine Anregung gemacht, und das war meine Antwort darauf!

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Die Novellierung des Universitäts-Studiengesetzes ist notwendig geworden, weil wir – so paradox das im ersten Augenblick klingen mag – erst vor kurzem dieses Gesetz beschlossen haben. In Anbetracht dessen erhebt sich natürlich die Frage: Warum novellieren wir bereits wieder? Muß das sein, ist das sinnvoll? – Meine Antwort darauf: Ja, es muß sein! Ich finde es richtig, daß der Gesetzgeber so rasch auf Vorkommnisse reagiert, die man bei der ersten Beschlußfassung des Gesetzes nicht vorhergesehen hat. Es hat sich eine Gesetzeslücke ergeben. Würden wir diese Novellierung heute nicht vornehmen, dann müßte die Österreichische Hochschülerschaft zum Teil auf ihre Einnahmen verzichten. Daher werden wir selbstverständlich dieser Novellierung unsere Zustimmung erteilen!

Aber wenn wir schon beim Thema Österreichische Hochschülerschaft sind, dann möchte ich ein Problem anziehen, das in den vergangenen Jahren Thema war und das noch immer nicht gelöst ist, nämlich die Frage des passiven Wahlrechtes für ausländische Studierende. – Ich stehe zu diesem passiven Wahlrecht für ausländische Studierende und appelliere an alle hier im Hause, die noch nicht dazu stehen, über diese Frage doch zeitgerecht zu reflektieren und mit uns mitzugehen, damit die entsprechenden Bestimmungen bei den nächsten Hochschülerschaftswahlen bereits in Kraft treten können.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es erscheint mehr als logisch und gerechtfertigt, in der Folge der neuen Bestimmungen im Universitäts-Studiengesetz auch das Studienförderungsgesetz zu novellieren. Es besteht nämlich nur für jene Semester Anspruch auf Studienförderung, für die eine Fortsetzungsmeldung erfolgt ist. Vice versa werden aber Semester ohne volle Teilnahme am Studien- und Prüfungsbetrieb nicht mehr in die Anspruchsdauer für die Studienförderung einbezogen. Das heißt konkret: Hat ein Studierender ein oder zwei Semester lang die Meldung zur Fortsetzung des Studiums unterlassen und auch keine Lehrveranstaltungsprüfungen absolviert, dann erhält er keine Studienförderung. Doch zählen diese Semester dann nicht hinsichtlich der Anspruchsdauer, und die Studienförderung kann selbstverständlich bei neuerlicher Meldung und bei Erfüllung der anderen Anspruchsvoraussetzungen wieder aufleben. – Ich glaube, daß es sich hier ebenfalls um eine sinnvolle Novellierung handelt, und dementsprechend werden wir auch dazu unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich höre eben, daß eine tatsächliche Berichtigung verlangt wird, obwohl sie noch nicht im Computer aufscheint. – Bitte, Herr Abgeordneter Grollitsch. Tatsächliche Berichtigung: 2 Minuten, zu berichtigender Sachverhalt, tatsächlicher Sachverhalt.

21.16

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Herr Kollege Stippel hat soeben behauptet, ich hätte bei meiner Wortmeldung die demokratische Einrichtung der Österreichischen Hochschülerschaft in Frage gestellt. – Diese Unterstellung beziehungsweise Aussage ist unrichtig.

Ich habe lediglich eine Kontrolle betreffend die Einzahlungen von den Universitäten hin zur Hochschülerschaft gefordert. Ich darf sagen: Ich selbst war fünf Jahre Studentenvertreter, und ich habe nicht im mindesten eine diesbezügliche Andeutung gegen diese demokratische Einrichtung gemacht.

21.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

21.17

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich schließe thematisch gleich an Kollegen Schöggl und Kollegen Stippel betreffend des angeblich gestörte Verhältnis der FPÖ zur Österreichischen Hochschülerschaft an.

Herr Kollege Stippel! Ich kann Ihnen versichern: Wir haben kein gestörtes Verhältnis zur Österreichischen Hochschülerschaft! Wir haben aber ein gestörtes Verhältnis zur Pflichtmitgliedschaft. Herr Kollege! Wenn Sie eine Interessenvertretung nur dann als effiziente Interessenvertretung verstehen, wenn sie mit einer Pflichtmitgliedschaft verbunden ist, dann vergessen Sie bitte nicht, daß Sie damit gleichzeitig dem Österreichischen Gewerkschaftsbund als freiwilliger Interessenvertretung schaden beziehungsweise diesen herabsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich erlaube mir, auch Kollegen Lukesch das eine oder andere ins Stammbuch zu schreiben. Herr Kollege Lukesch! Sie haben den Mund etwas voll genommen, indem Sie gesagt haben, daß ein Antrag, der auf die Steuerbefreiung von Stipendien im Forschungsbereich abzielt, ja überhaupt nicht notwendig sei. Herr Kollege Lukesch! Sie haben sich auf einen Aufsatz in der "Österreichischen Steuer-Zeitung" berufen, den auch ich vor mir habe. Allein die Tatsache, daß sich Steuerexperten auf zwölf Seiten mit der Frage der Steuerpflicht oder Nichtsteuerpflicht für Stipendien im Forschungsbereich befassen, beweist, daß hier Rechtsunsicherheit besteht. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist nur die Zusammenfassung!)

Die gleiche Rechtsunsicherheit bestand auch im Kultur- und im Kunstbereich für Stipendien, weil für beide Sachverhalte, also einerseits für Stipendien zugunsten der Kunst, andererseits für Stipendien zugunsten der Forschung, ein und dieselbe Bestimmung des Einkommensteuergesetzes anwendbar war. In der Kunst hat man Klarheit geschaffen. Im Wissenschaftsbereich wollen Sie das jedoch nicht tun. (Abg. Dr. Lukesch: Dort gibt es keinen Anlaß dazu!)

Herr Kollege! Ich habe nur sehr wenig Zeit. Ich möchte Ihnen das aber trotzdem ganz kurz sagen beziehungsweise zitieren. Wortwörtlich wird in diesem Gutachten in der "Österreichischen Steuer-Zeitung" ausgeführt: "Stipendien dieser Art" – also Forschungsstipendien – "können allenfalls mit einer unselbständigen Haupttätigkeit des Stipendiaten in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und aus diesem Grund zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu zählen sein." Ähnliches gilt für die Dissertations- und Diplomarbeitsstipendien. Wenn ein Stipendiat in die Forschungstätigkeit eines Institutes eingebunden ist, dann wird unter Umständen dieses Dissertations- und Diplomarbeitsstipendium steuerpflichtig. – Nachzulesen eins zu eins in diesem Artikel, Herr Kollege Lukesch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich möchte Ihnen jetzt – bei aller professoralen Überheblichkeit, zu der Sie neigen – folgendes sagen: Es gibt lediglich zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist: Sie haben den Artikel gelesen und nicht verstanden. Die zweite Möglichkeit ist: Sie haben ihn gelesen und verstanden, aber bewußt uminterpretiert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte sehr.

21.21

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Natürlich ist man geneigt, noch eine Anmerkung zum Thema "Latein: Kulturfach, ja oder nein?" zu machen.

Ich möchte mit Frau Kollegin Schaffenrath anfangen und ihr einige Sätze sagen. – Sie sind ein Beispiel für ein intendiertes Mißverständnis: Niemals war von der Pflicht, in Latein zu maturieren, die Rede. Frau Kollegin Gredler hat ihren Antrag noch einmal interpretiert und, wenn ich sie richtig verstanden habe, gesagt, daß es darum gehe, zu erheben – die Unis beziehungsweise der Herr Minister sollten das –, welche Voraussetzungen denn die Schüler von der Schule für das jeweilige Studium mitzubringen haben. – Das ist doch ein seltsames Verständnis von Autonomie der Institutionen, wenn jetzt die Universitäten sagen, welche Lehrplaninhalte an den höheren Schulen gelehrt werden sollen!

Sie hat weiters gesagt, daß auf die besonderen Bedürfnisse des Latein-, Medizin-, Technik- oder sonstigen Studenten Rücksicht zu nehmen sei. Das heißt, daß in Wirklichkeit auch noch spezifische Lehrangebote ganz individueller Art zu entwickeln seien. Meine Damen und Herren! Damit verabschieden wir uns von allgemeinen, transparenten, demokratisch ermittelten Standards im Schulwesen in Richtung einer totalen Individualisierung beziehungsweise – wie ich sogar sagen möchte – Atomisierung des Bildungswesens und seiner Inhalte. (Abg. Dr. Niederwieser: Da sieht man, zu welchen Mißverständnissen Latein führt!) So kann es wohl nicht gehen! Ich bitte darum, dieses Mißverständnis doch aufzuklären! (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. )

Ich glaube, daß Sie – und andere hier auch – noch etwas vermischen. Ich will mich jetzt der Darstellung meiner persönlichen Erfahrungen enthalten. Man kann manchmal auch seiner eigenen Biographie erliegen, Frau Dr. Gredler, und es tut gut, einen Schritt zurückzutreten und die Dinge zu reflektieren. Wie sieht denn unsere abendländische Tradition aus? Das wird man doch allen Ernstes noch aufrechten Ganges aussprechen dürfen! – Einerseits stellen wir unsere Kultur ins Museum und bedauern ihr Verschwinden. Wir könnten aber dieses sogenannte "tote Fach" Latein auch sehr lebendig machen und es nicht – wie es vielfach Praxis ist – als Schikanefach für durchsetzungsschwache Lehrer oder als Sklavenfach für Schüler, die Naturwissenschaft und Sprachen studieren wollen, mißbrauchen. Denn nicht die Zubringerfunktion macht die Qualität aus, sondern der eigene Bildungssinn! Und ich bin sehr dafür, daß wir uns von der amerikanischen, global Mc-Donaldisierten Kultur und von der Dominanz des ökonomischen Diskurses ein bißchen distanzieren und uns europäisch selbstbewußt definieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das stünde uns allen sehr gut an! – Soviel dazu. (Abg. Dr. Khol: Das versteht der Bürger!)

Frau Kollegin Gredler! Ich meine, daß wir uns von der von Ihnen zitierten und geschmähten abendländischen Rationalität und Theoriekompetenz nicht verabschieden sollen! Denn die neue abendländische Esoterik als Schwundstufe einer abendländischen klassischen Metaphysik ist viel gefährlicher als Theorieverliebtheit!

Nun zu einem anderen Thema, weil wir noch einige Vorlagen zu behandeln haben. Es ist erfreulich, daß sich der Herr Bundesminister mit dem Nachdenken über die Evaluierung – schon wieder so ein lateinisches Wort! – der Frauenfördermaßnahmen beschäftigt. Das steht uns gut an! Meine Damen und Herren! Dabei soll aber der Fokus nicht nur auf diese wichtige Spezialfrage gerichtet werden, sondern auf die Qualität der Universität insgesamt. Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nun wissen wir: Die Verankerung autonomer Strukturen im Organisationsrecht und Studienrecht und das Alleinlassen der Universitäten bringen keine bessere Qualität. In diesem Zusammenhang besteht auch die Notwendigkeit systemtheoreti


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schen Denkens. Das heißt – um mit Jürgen Wilke zu sprechen –: Durch den Staat und die öffentliche Hand müssen Überlegungen angestellt und muß die eigene Supervision betrieben werden, um jene Aufgaben definieren zu können, die Staatsangelegenheiten sind, und jene, die Angelegenheit privater und autonomer Institutionen sind.

Herr Bundesminister! An diesem Punkt beginnt Ihre und unsere gemeinsame Aufgabe. Der Kommunikationsprozeß muß organisiert werden, und ich meine, daß ich mit der Analyse richtig liege, daß das erstens viel Arbeit, zweitens aber notwendig ist. Da brauche ich nur täglich in die Zeitungen zu schauen. Bitte bemühen Sie sich, diesen Kommunikationsprozeß, diesen Nachdenk- und Organisationsprozeß mit den gerade in die Autonomie entlassenen Institutionen, den Universitäten zu organisieren! Dieses Handeln tut not, damit Qualität gesichert werden kann! Ich denke, daß es nicht günstig ist, die Universitäten als Zentren des Wissens mit diesem Wissen in dieser relativen Abgeschlossenheit allein zu lassen und dann zu bedauern, wenn die Öffentlichkeit dieser Institution nicht genügend Kenntnis und Wertschätzung entgegenbringt und gleichzeitig auch keinen Nutzen daraus ziehen kann.

Noch einmal: Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr! Bemühen Sie sich um die Organisation dieser Kommunikation! Ich möchte es Ihnen als den Wissenschafts- und Verkehrsminister gerne wienerisch sagen: Es ist höchste Eisenbahn! Fangen wir damit an! (Beifall bei der ÖVP.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Es ist dies die zweite Wortmeldung. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder? Sie sprechen noch einmal zu uns? Da möchte ich Ihnen raten: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!)

21.25

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Khol! Sie können sich sicher viel besser auf Latein ausdrücken als ich, aber ich werde mich wahrscheinlich auf Französisch besser ausdrücken als Sie! Die Frage ist nur: Wie viele Leute werden Sie verstehen, und wie viele Leute werden mich verstehen? (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol: Si vous voulez, nous pouvons parler français aussi!)

Wissen Sie, es macht mir großen Spaß, mich in lebenden Sprachen auszudrücken und eine Vielfalt davon benützen zu können und nicht nur auf eine tote Sprache zurückgreifen zu müssen! (Beifall beim Liberalen Forum.) Herr Kollege! Ich weiß, Sie mögen meine Reden gern und lauschen immer meinen Worten, und ich bin Ihnen dafür dankbar! Aber sagen Sie mir: Was ist denn eigentlich der Vorteil davon, daß Leuten diese Sprache wirklich beherrschen sollen, weil sie im Studium wichtig ist? Ich rede jetzt von dem Latein, das Studenten in Schnellsiedekursen an der Universität lernen. Innerhalb eines Semesters lernen sie Latein, um die Prüfung zu schaffen. Von Latein haben sie dann aber nach wie vor keine Ahnung. Die Studienvoraussetzung, das Sprachgefühl, von dem Frau Dr. Petrovic meint, daß es für die Juristen so wichtig ist, können sie in dieser kurzen Phase gar nicht entwickeln! Deshalb ist es, glaube ich, verlogen, wenn man sagt, daß darüber nicht diskutiert werden kann.

Frau Kollegin Brinek! Ich will Ihnen nur sagen, daß es sich offensichtlich wirklich um ein Mißverständnis handelt: Ich habe nie davon gesprochen, daß die Studienkommissionen definieren sollen, über welche Arten von Ausbildung Studenten verfügen sollten, die dann bei ihnen aufgenommen werden. Ich will natürlich nicht, daß wir uns von der allgemeinen Hochschulreife verabschieden. Ich will auch nicht Latein oder Griechisch oder Darstellende Geometrie als Gegenstände in toto abschaffen. Diejenigen, die das wollen, sollen diese Unterrichtsfächer in den Schulen wählen können. Es ist für manche, die einen Zugang wie Frau Dr. Petrovic haben, selbstverständlich sehr wichtig, diese Grundlage für das Leben zu haben. Das finde ich total okay. In der Realität haben aber zwei Drittel der Maturanten diesen Zugang eben nicht gewählt, sondern einen anderen. Warum sollen diese zwei Drittel an der Hochschule, nachdem sie in Schnellsiedekursen gequält worden sind, schnell, schnell eine Prüfung machen?

Ich wünsche Ihnen, daß Sie einmal bei einer solchen Prüfung zuschauen, wie es da zugeht! Ich hatte das Vergnügen, das zu erleben, weil ich diese Prüfung selbst abgelegt habe. Es war für


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mich sehr vergnüglich. Man hat mir sogar eine Auszeichnung angedroht, die ich aber dankend abgelehnt habe, weil ich der Meinung war, daß mir ein positives Zeugnis genügt, denn ich brauche der Welt nicht zu beweisen, welch tolle Kenntnisse ich habe! Und ich habe mich bei dieser Prüfung nicht hervorgetan, weil ich Latein beherrscht habe, sondern weil ich aufgrund meiner Französischkenntnisse ordentlich bluffen konnte. Das hat offensichtlich ausgereicht! Ich sage nur: Ich habe nicht Latein gelernt, sondern ich habe gelernt, in Latein zu bluffen. Das ist das einzige, was mir mitgegeben worden ist.

Als Basis für mein Medizinstudium waren meine Lateinkenntnisse überhaupt nicht ausreichend, ganz im Gegenteil. Dann mußte ich mich ernsthaft damit befassen, was diese lateinischen Ausdrücke, von denen in Anatomie plötzlich die Rede war, bedeuten. Da hatte ich dann allerdings den Vorteil, übers Französische viele Ausdrücke zu kennen, und zwar im Gegensatz zu meinen österreichischen Kolleginnen und Kollegen, die an einer österreichischen Schule maturiert hatten.

Ich möchte nur sagen: Was ich nicht verstehe, ist, daß wir uns im sekundären Bildungssystem von Latein sozusagen mehr und mehr verabschieden (Abg. Dr. Khol: Wir sind sehr froh, daß Sie besser waren, Frau Kollegin!), daß immer weniger Schülerinnen und Schüler diesen Unterricht sozusagen als Grundlage für ihr Leben haben wollen, aber zugleich über den Umweg einer Verordnung der Unterrichtsministerin die Bedeutung von Latein als Zugangsvoraussetzung für den tertiären Sektor künstlich aufrechterhalten wird.

Selbstverständlich verstehe ich, daß dahinter berufsständische Interessen stehen, die man beachten sollte. Ich verstehe auch, daß man ein System nicht von heute auf morgen umstellen kann. Aber man kann zumindest ausgleichend wirken, wenn sich nach Befragung der Studienkommissionen die Notwendigkeit dazu ergibt. Ich trete ja für die Befragung der Studienkommissionen ein. In diesem Antrag steht in keinem Satz etwas von der Abschaffung von Latein, Griechisch oder Darstellender Geometrie. Alle, die das behaupten, irren und müßten diesen Antrag einmal ordentlich durchlesen oder das entsprechende Sprachgefühl entwickeln. Ich bin dabei gerne behilflich.

Ich möchte mit ein paar kurzen Anmerkungen zu zwei Anträgen fortfahren, die ich vorhin nicht kommentiert habe. Der eine ist der Antrag des Abgeordneten Krüger bezüglich Steuerbefreiung von Stipendien und Preisen aus Wissenschaft und Forschung. Dabei handelt es sich ja nur um eine Angleichung an die Künstler. Man kann darüber debattieren, ob das in seiner Totalität der richtige Weg ist. Auf jeden Fall ist es meiner Ansicht nach der richtige Ansatz, daß man auch prämiert im Sinne einer Steuerbefreiung. Das halte ich für sehr motivierend für die betreffenden Forscherinnen und Forscher.

Was ich noch kommentieren sollte, ist der Antrag der Frau Kollegin Petrovic bezüglich der Kulturpflanze Hanf. Selbstverständlich ist die Kulturpflanze Hanf eine sehr interessante Sache. Aber ich kann mich da vollinhaltlich den Ausführungen der Kollegin Ablinger anschließen. Ich habe gar nicht gewußt, auf welche Spezialistin ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Gredler! Jetzt ist die Gesamtredezeit von 20 Minuten um. Bitte um den Schlußsatz! (Abg. Dr. Khol: Auf französisch!)

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): ... auf welche Spezialistin wir im Hohen Haus zurückgreifen können. Also ich schließe mich dem vollinhaltlich an. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte. (Abg. Dr. Kier: Sind Sie für oder gegen Latein?)

21.32

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit Jahren liegt Österreich mit einem Akademikeranteil von nur zirka 6 Prozent im untersten Drittel vergleichbarer Industriestaaten. Daher müssen wir diesen Anteil erhöhen und


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unsere AkademikerInnen international wettbewerbsfähig machen. Wie im Antrag 433/A (E) ausgeführt, ist es nicht sinnvoll, daß die entsendende Institution – nämlich die Schule – über die Zusatzerfordernisse einer Studienrichtung bestimmt. Sollen etwa Lehrerarbeitsplätze geschützt und nicht Studenten zu EU-reifen AkademikerInnen ausgebildet werden? – Kaum ein Arbeitsplatz bleibt heute vom Berufsbeginn bis zur Pensionierung in seinen Anforderungen gleich. Das hat auch für den Schulbereich Geltung.

Ich möchte kurz auf Latein als Studienvoraussetzung für Medizin eingehen. Jugendliche, die das Medizinstudium – ein naturwissenschaftliches Studium – wählen, unterziehen sich in ihrer AHS-Zeit meist einer naturwissenschaftlichen Ausbildung. In der 3. und 5. Klasse AHS wählen sie zwischen Latein, mathematischem Zweig oder einer zweiten lebenden Fremdsprache. BHS-Absolventen haben diese Wahl nicht. Es ist unsinnig, in der Zeit einer sich erweiternden EU statt einer zweiten lebenden Fremdsprache Latein zu lernen. Für Ärzte am wichtigsten ist neben umfassenden praktischen und theoretischen Medizinkenntnissen die absolute Beherrschung der englischen Sprache, der internationale Kongreß- und Wissenschaftssprache. (Demonstrativer Beifall beim Liberalen Forum und Beifall bei der SPÖ.)

Alle wichtigen Publikationen sind in Englisch abgefaßt. Die medizinische Terminologie ist sowohl dem Lateinischen als auch dem Griechischen entnommen; die Kenntnis des gallischen Krieges, des Goldenen Zeitalters, der Äneis oder der Schriften des Tacitus sind weder nötig noch hilfreich.

An Hand einiger Beispiele möchte ich Ihnen den Wechsel zwischen Lateinisch und Griechisch in der medizinischen Terminologie demonstrieren: Der Uterus wird mittels Hysterektomie entfernt, die Lien mittels Splenektomie. Die Entfernung der Testes ist die Orchiektomie, was der Kastration des männlichen Individuums entspricht. Mittels Auskultation der Pulmo ist eine Pneumonie diagnostizierbar, mittels Gastroskopie das Ulcus oder Neoplasma ventriculi. Eine renale Anämie ist identisch mit der nephrogenen Anämie. Das Cor besteht aus dem Endo-, Myo und Epicard. – Nach sechs Jahren Schullatein war mir diese Terminologie neu. (Beifall bei der SPÖ.)

Latein zwingt zu präzisen Konstruktionen. Das ist aber als Studienvoraussetzung für Medizin zuwenig, wie wir am Beispiel der Vereinigten Staaten sehen. Wer Latein als notwendigen Bestandteil seiner Bildung sah, hat Schwierigkeiten, Latein als unwesentlich abzuwerten.

Bildung ist kein starres Gut; sie muß sich an den Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft orientieren. Die Diskussion darüber führen wir spät. Vor mehr als 40 Jahren glaubte mein Vater noch, daß Altgriechisch für eine höhere Bildung unumgänglich sei, und war tief betrübt, daß ich nicht ins humanistische Gymnasium gehen wollte. Heute haben wir uns von diesem Bildungsideal des Altgriechischen bereits getrennt. Der nächste Schritt muß folgen.

Das menschliche Gehirn ist für eine gewisse Kapazität an Wissen bestimmt. Ein Überangebot an Eindrücken verhindert die Engrammbildung neuer Erkenntnisse. Wir müssen uns von Überholtem trennen und für die Zukunft änderungswillig sein. Da es nicht sinnvoll ist, das Universitäts-Studiengesetz so kurz nach der Beschlußfassung abzuändern, ohne abzuwarten, was die Studienkommissionen beschließen, stimmen wir heute diesem Antrag nicht zu. Das Wissenschaftsministerium wird genau beobachten, welche Zusatzprüfungen als Studienvoraussetzung künftig erforderlich sind und ob es einer Gesetzesänderung bedarf.

Bezüglich der Forderung nach einem Vizedekan für große Fakultäten mache ich auf den Unterschied der medizinischen Fakultäten zu den anderen aufmerksam. Neben Lehre und Forschung muß der Dekan der medizinischen Fakultät den Klinikbetrieb, die Einhaltung des Ärztegesetzes und die Ärzteausbildung koordinieren. Professoren der klinischen Fächer haben sich außerdem gleichrangig der Patientenversorgung und der Führung des Primariates zu widmen. Ist es für einen Vorkliniker eine übergroße Belastung, ohne Vizedekan allen Aufgaben gerecht zu werden, so ist es einem Kliniker unmöglich. Keine andere Fakultät weist eine derartige Vielfalt ihrer Tätigkeiten auf. Jedoch wegen der vermehrten Zuordnung von Aufgaben an die Studiendekane wäre nach einem Beobachtungszeitraum zu prüfen, ob weitere Studiendekane eingerichtet werden sollten.


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Zu Antrag 303/A (E) stelle ich abschließend fest, daß die Strukturanpassungsgesetze nötig, aber auch schmerzlich waren und alle Bereiche betrafen. Daß Einsparungen dort, wo die geringste Nachfrage besteht, vorgenommen wurden, ist verständlich. Eine Diskriminierung war nicht beabsichtigt.

Für die Zukunft wünsche ich mir, unsere Hochschulen weiter zu verbessern sowie den Akademikeranteil zu erhöhen, und ich wünsche mir ein innovations- und wissenschaftsfreundliches Umfeld in Österreich für unsere Forscher, Hochschulen und Betriebe. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Er hat das Wort.

21.39

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit Frau Kollegin Pittermann kann man jetzt freilich nicht konkurrieren. Aber ich möchte auch die jetzt eingerissene, ich würde fast sagen: Übung ein wenig weiter pflegen, etwas – nicht ganz zur Sache – über Latein zu sagen.

Wenn ich es richtig sehe, kennt die österreichische Rechtssprache heutzutage zwei lateinische Ausdrücke, Frau Kollegin Petrovic. Sie stehen im ABGB-Text und sind im Jahre 1811 entstanden. Neben beiden Ausdrücken steht in Klammer jeweils der deutsche Ausdruck. Das ganze Finanzrecht ist bar jedes lateinischen Ausdrucks; man kann es auch so schon nicht verstehen.

Ich will damit nicht sagen, daß ich gegen Latein bin. Gestatten Sie mir allerdings auch diese Bemerkung: Ich denke nicht, daß ich mich bei einer Gastprofessur in Kansas mit Latein besser hätte verständlich machen können als mit Englisch, das ich bis dahin nur als Schulenglisch beherrscht hatte. (Beifall bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.)

Ich will hier keine Latein-Diskussion anzünden. Aber eines wird einmal klargestellt werden müssen: Man muß wissen, welchen Standpunkt man hat. Sieht man Latein als Kulturgut an, so muß man bei jeder Studienrichtung, für die man dieses Kulturgut als Voraussetzung ansieht, auch sagen: Dazu bedarf es von Anfang an einer Latein-Matura, und daher ist es völlig sinnlos, irgendwann nachher einen Latein-Schnellsiedekurs zu machen.

Wenn ich sage: Ich brauche bei den romanischen Sprachen unbedingt Latein, denn ich kann sonst nicht Französisch oder Italienisch lernen, dann hat auch zu gelten, daß ich Latein von Anfang an kenne, und nicht, wie etwa heute bei Italienisch, daß ich Latein nachholen kann – ich glaube, sogar noch im fünften, sechsten oder siebenten Semester. Denn das ist der eklatante Beweis dafür, daß man Italienisch auch lernen kann, ohne vorher Latein gehabt zu haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum sowie Beifall der Abg. Dr. Krammer. )

Aber, wie gesagt, ich möchte die Latein-Diskussion hier nicht weiter fortführen; ich wollte nur auch einmal nicht so ganz zur Sache sprechen. Damit komme ich nun zu den Punkten, die mir ein bißchen mehr am Herzen liegen, und das sind selbstverständlich unsere eigenen Anträge.

Ich möchte vorweg all den Rednern sagen, die uns sozusagen etwas unterstellt und dabei mißinterpretiert haben – ich meine das durchaus nicht als Kritik, denn Jurisprudenz, Theologie und andere Wissenschaften leben ja von verschiedenen Interpretationen –, daß wir in unseren Anträgen nichts an Abschaffung, Einführung oder Streichung verlangt haben, sondern nur – oder sogar, das kommt auf den Blickwinkel an – die Überführung von bestimmten Materien in den autonomen Bereich der Universitäten. Wenn seitens der Regierungsparteien immer wieder vom hohen Wert der Universitätsautonomie gesprochen worden ist – etwa beim Universitäts-Studiengesetz –, dann muß unserer Ansicht nach folgender Maßstab gelten: Im Zweifel soll eine Entscheidung im autonomen Bereich liegen.


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Sie werden gemerkt haben, daß ich damit beim Kern der Sache angelangt bin, nämlich beim dritten Prüfungstermin. Dieser unterscheidet sich von den beiden anderen Prüfungsterminen in eklatanter Weise dadurch, daß er notgedrungen mitten im Semester liegen muß. Mitten im Semester, da läuft das Studium ab. Sie haben es vorhin gehört: Mediziner haben ihre Meinung über das Medizinstudium. Sie sagen hie und da auch etwas über die anderen Studien, aber etwas Spezifisches sagen sie über das Medizinstudium, weil es eben ein spezifisches Studium ist.

Im Semester sind die Studienabläufe spezifisch, und daher soll es im autonomen Bereich der Fakultäten liegen, ob sie diesen dritten Prüfungstermin einführen wollen und können oder nicht. Ich sage es noch einmal: Das läuft überhaupt nicht auf eine Abschaffung hinaus. Am Rande möchte ich anmerken, daß ich seit zirka 15, 20 Semestern zu einem dritten Prüfungstermin prüfe, und zwar zweimal im Jahr. Es geht also, aber anderswo geht es nicht.

Nun komme ich zu dem legistischen Problem, das mit diesem dritten Prüfungstermin zusammenhängt. Der ehemalige ÖVP-Politiker – ich weiß nicht, ob das Wort "ehemalig" stimmt – Bernd Schilcher ist der Meinung, Sie, Herr Bundesminister, seien dadurch zu charakterisieren, daß man sagt: Er ist ein bißchen regelungswütig. – Diese Meinung möchte ich ein wenig teilen: Man kann nicht alles mit Gesetzen regeln; und wenn, dann stellt sich immer die Frage, in welche Richtung diese Gesetze gehen.

Beim dritten Prüfungstermin an einer großen Fakultät gibt es eine klare Kollision zwischen mehreren Vorschriften, nämlich jenen Vorschriften, die sich auf einen dritten Prüfungstermin mitten im Semester beziehen, und Vorschriften über Fristen. Ich darf Ihnen das kurz exemplarifizieren ... (Abg. Dr. Khol: Nein! "Exemplarifizieren" ist kein gutes Wort!) Ich darf es Ihnen an einem Beispiel klarmachen.

Die Anmeldefrist im Sommer ist schon länger als die gesetzliche Frist, dazu kommt eine Frist des Aushängens der Prüfungstermine, und dazwischen muß man die Anmeldungen selbstverständlich bearbeiten. Nach dieser Frist kommt die schriftliche Prüfung – dort, wo schriftliche und mündliche Prüfungen vorgesehen sind –, danach muß die schriftliche Klausur korrigiert werden – das dauert an großen Fakultäten lange –, und anschließend kommt die mündliche Prüfung, wieder zweimal mit Fristenläufen. Bei einem Prüfungstermin im Oktober bin ich an einer großen Fakultät mit diesem Prüfungsvorgang am 5. Dezember fertig. Da ist gerade noch Frist für einen zweiten Termin im Jänner. Daher bitte ich, hinter unserem Antrag nicht einen schikanösen Grund gegenüber den Studenten zu vermuten, sondern ihn aus diesem legistischen Grund so zu sehen, wie er gemeint ist.

Ein letztes Wort – es betrifft nur etwas Kleines – zu dem Abkommen mit Ungarn. Ich begrüße dieses Abkommen sehr und möchte all jene bitten, die jetzt über dieses Abkommen mit abstimmen, es sich genau anzusehen. Sie mögen insbesondere einen Blick auf die Liste der ungarischen Hochschulen werfen und beachten, wie viele Privathochschulen dort bereits vorkommen im Vergleich zur österreichischen Liste, auf der es eine solche nicht gibt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stampler. – Bitte.

21.45

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die Veränderungen im Universitäts-Studiengesetz und die damit verbundene Verpflichtung, in jedem Semester mindestens drei Prüfungstermine anzubieten, brachten viel Aufregung mit sich – unverständliche Aufregung, wie ich meine.

Wir von der ÖVP haben diesen Schritt damals gesetzt, weil wir den Studenten eine zusätzliche Möglichkeit bieten wollten, Prüfungen abzulegen, also ihnen die Chance geben wollten, noch fleißiger zu sein. Aber anscheinend gibt es Fakultäten – und eine Partei in diesem Plenum –, die das nicht so wollten. Wir stehen auf alle Fälle dazu, und wir stehen zu diesen Studenten.


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Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ein bißchen auf die Situation der Studenten eingehen. Wir diskutieren immer wieder die zukünftige Finanzierung des Studiums. Eines muß uns klar sein: Studieren kostet den Staat viel Geld, und jedes Semester mehr, das ein Student zur Absolvierung seines Studiums braucht, erhöht die Kosten. Es ist daher meiner Ansicht nach Aufgabe der Politik und der Professoren, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein schnelleres Fertigwerden ermöglichen. Die Einführung eines verpflichtenden dritten Prüfungstermines war daher notwendig und entspricht auch dem Wunsch der Studentenvertreter.

Ich verstehe daher die Fakultäten nicht, die sich gegen diese Regelung aussprechen. Es sind dies ja nur noch – wie ich einer Anfragebeantwortung des Wissenschaftsministeriums vom 15. Dezember 1997 entnehmen kann – die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universitäten Wien und Graz sowie die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck.

Doch insbesondere bei den Juristen besteht einer der Gründe für die lange durchschnittliche Dauer des Studiums darin, daß es bei den Kernfächern nur zwei Prüfungstermine pro Semester gibt. Fällt man einmal durch, ist gleich ein ganzes Semester weg. Daß Herr Präsident Brauneder sich gegen diese Regelung aussprechen muß, verstehe ich ja, weil er wahrscheinlich von seinen Kollegen am Wiener Juridikum sozusagen nach vorne an die Front geschickt wurde. Er hatte also den Auftrag, so zu handeln. Daß aber die gesamte FPÖ dabei mitgeht, zeugt von einer nicht gerade studentenfreundlichen Politik.

Meine Damen und Herren! Wenn der Vorstand des Instituts für Kirchenrecht der Universität Wien am 13. Jänner dieses Jahres – meiner Erinnerung nach war es in der "Presse" – schreibt, daß ein dritter Prüfungstermin nicht durchführbar sei, weil in den Kernfächern pro Antritt zirka 100 bis 200 Arbeiten zu korrigieren sind, so gilt es, dem zu widersprechen.

Erstens sei dazu gesagt, daß gerade in den Kernfächern nicht jeder Prüfer zu jedem Termin prüft. Dadurch sind die zeitlichen Überschneidungen und die Überlastungen in Grenzen zu halten. Zweitens wird man nicht davon ausgehen können, daß alle 100 bis 200 Prüflinge durchfallen und noch einmal antreten müssen, sondern es wird die Zahl der Antretenden zum Zwischentermin deutlich geringer sein als zum Haupttermin. Die 100 bis 200 Prüflinge werden sich also nur besser verteilen; es sei denn, die Prüfungen sind schwerer, sodaß tatsächlich mehrere durchfallen, wie es bereits angekündigt worden sein soll. Es besteht daher eine Notwendigkeit, den Studenten diese Möglichkeit anzubieten.

Alles in allem bin ich der Meinung, daß in der Frage des dritten Prüfungstermines ein großer Fortschritt für unsere Studenten, denen ja auch immer wieder etwas abverlangt wird, erreicht werden konnte. Daß sich die Aufregung an den – unter Anführungszeichen – "rebellischen" Fakultäten bald legen wird, davon bin ich überzeugt, und die Praxis wird auch die Skeptiker bald eines Besseren belehren. Schließlich geht es darum, den im internationalen Vergleich hohen Standard unserer Akademiker zu sichern und die Studienzeit auf ein vernünftiges Maß zu kürzen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich werde in gebotener Kürze nur zu drei Punkten Stellung nehmen.

Erstens: Die vorliegende Novelle zum UniStG trägt dem Umstand, daß der Österreichischen Hochschülerschaft auch weiterhin die Bezahlung des ÖH-Beitrages garantiert wird, dadurch Rechnung, daß StudentInnen nunmehr verpflichtet sind, die Fortsetzung ihres Studiums innerhalb der allgemeinen Zulassungsfrist zu melden, wenn sie Lehrveranstaltungsprüfungen ablegen wollen.


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Da im UniStG keine sonstigen Sanktionen vorgesehen sind, ist diese Novelle gerechtfertigt, zumal sie auf zwei Jahre befristet ist, bis die technischen Voraussetzungen für eine studentenfreundliche und effiziente Verwaltung der Studienevidenz geschaffen sein werden und sämtliche relevanten Daten – wie ÖH-Mitgliedschaft, Prüfungsevidenz, Familienbeihilfe, Sozialversicherung, Studienförderung et cetera – unbürokratisch gehandhabt werden können.

Zum zweiten hoffe ich, daß inzwischen auch die Rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Wien und Graz sowie die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck in der Lage sind, das inzwischen in Kraft getretene UniStG in § 53 Abs. 2 zu exekutieren und ihren Studierenden drei Prüfungstermine anzubieten. Wenngleich ich Verständnis für die professoralen Nöte habe, denke ich, daß es im Sinne eines zügigen Studiums unabdingbar ist, drei Prüfungstermine anzubieten, zumal wir die Voraussetzungen für die Gewährung von Stipendien, Familienbeihilfe et cetera ohnehin schwer verschärft haben, um die Studienzeiten zu verkürzen. Das erfordert jedoch auch ein höheres Maß an Flexibilität im Studienbetrieb. Daher halte ich ein Zurückgehen in den alten Rechtszustand durch Umwandlung in eine Kann-Bestimmung, wie das im Antrag 653/A des Abgeordneten Präsident Brauneder gefordert wird, für nicht zweckmäßig.

Zum dritten kann ich eine gewisse Sympathie für den Antrag 433/A (E) der Abgeordneten Gredler nicht verhehlen, weil ich schon beim UniStG dafür plädiert habe, daß die jeweiligen Studienkommissionen festlegen können sollten, welche speziellen Zulassungserfordernisse es im betreffenden Studium neben der Reifeprüfung geben sollte. Das Abendland würde davon mit Sicherheit nicht untergehen.

Die heutigen Ausführungen der Abgeordneten Petrovic verstehe ich absolut nicht. Dieses massive Plädoyer für Latein wird den Studierenden an den Universitäten einiges zu denken geben. Wie gesagt, das Abendland würde trotzdem nicht untergehen, und man würde sehr schnell feststellen, daß sich die Erde weiterhin drehen wird. Ich bin allerdings der Meinung, daß man in einem solchen Fall auf die spezielle Berufssituation der Latein- und Griechischlehrer Rücksicht nehmen müßte. Aber unter diesen Voraussetzungen könnte ich einer Novelle durchaus einiges abgewinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlußworte seitens der Berichterstatter werden nicht gewünscht.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen; sie werden über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Als erstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1053 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen, dies bekunden. – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Die Vorlage ist in dritter Lesung beschlossen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1054 der Beilagen.

Auch in diesem Fall darf ich um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1055 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Kenntnisnahme bitte ich um ein Zeichen. – Der Ausschußbericht wird mit großer Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1056 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Der Antrag des Ausschusses ist diesfalls mit Mehrheit angenommen.

Ebenso stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1057 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, dies zu bekunden. – Dieser Antrag des Ausschusses ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Ungarn über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich samt Anlagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die diesem Abkommen zustimmen, ein Zeichen geben. – Dieses Abkommen ist einstimmig genehmigt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1025 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Dieser Antrag des Ausschusses ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1026 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 1027 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1028 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 1029 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.


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21. Punkt

Erste Lesung des Antrages 618/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr darf ich den 21. Punkt der Tagesordnung aufrufen.

Die Antragstellerin, Frau Dr. Petrovic, hat das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der im Oktober des abgelaufenen Jahres gestellte Antrag ist nunmehr – zum Zeitpunkt der ersten Lesung – durchaus von großer Aktualität: zum einen aufgrund der Tatsache, daß es eine Fülle von Initiativen aus der Bevölkerung gibt, die Klage führen über eine immer stärkere Lärmbelastung, und zum anderen bedingt durch die Anläufe im Rahmen der Europäischen Union, einmal mehr ein in meinen Augen fehlverstandenes Prinzip des freien Warenverkehrs über alle anderen, auch die ökologischen und gesundheitspolitischen Zielsetzungen zu stellen und damit österreichische Regelungen, die eine Einschränkung von Schwerverkehrsbewegungen vorsehen, in Frage zu stellen.

Diese Änderung der Straßenverkehrsordnung sieht das einfache Wegstreichen einer bestehenden Ausnahme vor. In Hinkunft sollen so wie bisher uneingeschränkt Fahrzeuge des Straßendienstes die Möglichkeit haben, auch in den Nachtstunden ihren Aufgaben nachzukommen, ebenso Fahrzeuge des Bundesheeres, deren Inbetriebnahme zur Aufrechterhaltung des militärischen Dienstbetriebes unumgänglich notwendig ist. Da wäre sicherlich auch die Frage zu stellen, ob man dort nicht stärker die Erfordernisse des Lärmschutzes berücksichtigen sollte. Aber wir wollten mit diesem Änderungsvorschlag nicht allzuweit über die bestehende Gesetzessituation hinausgehen. Jedoch halten wir die heute in § 42 Abs. 6 enthaltene Ausnahme vom Nachtfahrverbot betreffend sogenannte lärmarme Kraftfahrzeuge sachlich nicht für gerechtfertigt.

Zum einen – davon können Ihnen alle Bürgerinitiativen Zeugnis ablegen – ist diese Lärmarmut ja eine sehr relative Sache ist. Vor allem aufgrund der Zunahme der Fahrbewegungen und der Fahrdistanzen insgesamt und auch durch die absolute Zunahme dieser Kraftfahrzeuge, die "lärmarm" – unter Anführungszeichen – genannt werden dürfen, ist die ursprünglich eingetretene Entlastung der Bevölkerung jetzt schon wieder fast wettgemacht.

Es treten allerorts Verlagerungseffekte auf. Es gibt eine stärkere Belastung auf nahezu allen höherrangigen Straßen und auch auf Landes- und Gemeindestraßen. Insgesamt ist erwiesen, daß vor allem in den Nachtstunden der Lärm nicht nur störend und lästig ist, sondern auch ein gesundheitliches Risiko darstellt. Daher halten wir es für zumutbar, daß in der Nachtzeit ein generelles Verbot ausgesprochen wird. Dies hätte insbesondere auch den Vorteil, daß heute bestehende regionale Regelungen, die im Moment durch die europäische Rechtsordnung wirklich akut bedroht sind, im Rahmen einer allgemeinen Regelung im Sinne des Umwelt- und Gesundheitsschutzes verteidigt werden könnten.

In der gegenwärtigen Situation wird insbesondere die höhere Brenner-Nachtmaut einer EU-Überprüfung voraussichtlich nicht standhalten, und die höhere Nachtmaut, durch welche dort tatsächlich eine deutliche Reduktion der Belastungen der Bevölkerung herbeigeführt werden konnte, ist bedroht und wird vielleicht fallen. Ich meine daher, daß wir uns dem Vorwurf, daß einzelne Streckenstücke diskriminiert beziehungsweise einzelne lärmgequälte Teile der Bevölkerung bevorzugt werden, nicht aussetzen, sondern uns zu einem allgemeinen Nachtfahrverbot verstehen sollten. (Beifall bei den Grünen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Die Uhr ist auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.


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22.04

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ohne Zweifel ist Österreich in Transitfragen internationalem Druck ausgesetzt, und ich meine, daß das österreichische Parlament in dieser Frage geschlossen hinter dem österreichischen Verkehrsminister zu stehen hat. Denn da geht es um eine österreichische Position und nicht um ein privates Vergnügen.

Meine Damen und Herren! Es geht um drei wesentliche Punkte. Zum einen müssen wir uns dessen bewußt sein, daß die Europäische Union mit der Schweiz nun endlich einen Transitverkehrsvertrag aushandelt, durch welchen die 30 bis 40 Prozent Umwegtransit durch Österreich entscheidend abgebaut werden. Wir müssen also verhindern, daß es einen Kostenvorteil gibt, wenn man zum Beispiel über den Brenner fährt, und die Schweiz muß sich schlußendlich dazu durchringen, das 40-Tonnen-Limit zu akzeptieren.

Ich halte es für einen großen Erfolg der EU-Abgeordneten Swoboda und Stenzl, daß sie im EU-Parlament einen Antrag durchgebracht haben, mit welchem sie der derzeit verhandelnden Kommission klar die Überlegung mit auf den Weg geben konnten, daß kein Mitgliedsland der EU durch einen zukünftigen Transitvertrag schlechtergestellt werden darf als die Schweiz und daß die Schweiz in ein gesamteuropäisches Verkehrskonzept mit einzubinden ist. Ich glaube daher, daß wir ganz konsequent einen Transitvertrag der EU mit der Schweiz anstreben müssen und die britische Präsidentschaft, die nun auch beabsichtigt, das aktiv zu betreiben, dabei unterstützen müssen.

Zweitens, meine Damen und Herren, müssen wir Österreicher uns wirklich zum Widerstand zusammenschließen – ich muß das so drastisch formulieren –, um Bestrebungen von Teilen der EU-Kommission entgegenzutreten, die unter dem Schlagwort der Harmonisierung die wirklich strengen österreichischen Transitregelungen, vor allem das Nachtfahrverbot für nicht lärmarme LKWs, zu Fall bringen wollen.

Hohes Haus! Das würde natürlich zu einem Mehr an lautem Nachtverkehr und zu einer abnehmenden Akzeptanz in der Bevölkerung führen. Außerdem würde es zu einer wirklichen Benachteiligung der österreichischen Frächter kommen, die sich lärmarme LKWs beschafft haben. Die Arbeitnehmer würden um ihre Nacht- und Sonntagsruhe kommen, und schlußendlich würde das Bestreben der EU-Verkehrspolitik konterkariert werden, auch externe Kosten zu internalisieren.

Meine Damen und Herren! Die Verfolgung der Grundsätze Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und Kostenwahrheit muß unsere Zielsetzung sein. Ich wünsche mir, daß der österreichische Kommissar Franz Fischler unsere Überlegungen ganz massiv in der Kommission unterstützt. Er hat starke Verbündete – Deutschland und Frankreich nehmen auch unsere Position ein.

Zum dritten: Ich meine, wir sollten uns über das Ökopunktesystem einig sein. Das System funktioniert. Die EU hat akzeptiert, daß noch bis 31. März über Papier abgerechnet wird, ab 1. April wird aber alles planmäßig laufen.

Kollegin Petrovic! Im Hinblick auf die Klage der EU betreffend die Höhe der Brennermaut müssen wir der EU den Wind aus den Segeln nehmen, indem wir darüber nachdenken, ob es nicht zu einer Ausdehnung der Bemautungsstrecke kommen kann, um dem Vorwurf der relativ kurzen Brennerstrecke zu begegnen. Das muß man sich anschauen, darüber muß man diskutieren.

Zum Antrag selbst eine letzte Bemerkung: Ich kann mir ehrlich gesagt auch aus Sicht der SPÖ-Fraktion nicht vorstellen, daß eine gesamthafte Ausdehnung des Nachtfahrverbots auch auf lärmarme LKWs machbar ist. Das würde den Wirtschaftsverkehr in Österreich zum Teil zum Erliegen bringen, würde beim Transport der Frischware bei den Nahrungsmitteln zu großen Schwierigkeiten führen und würde vor allem jene, die sich jetzt mit großen Kosten auf lärmarme LKWs umgestellt haben, eindeutig diskriminieren.


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Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir diese Fragen im Ausschuß noch intensiv diskutieren werden. Ich hoffe, daß wir zu dieser gemeinsamen österreichischen Position finden und damit auch dem österreichischen Verkehrsminister Einem den Rücken bei seinen Verhandlungen in Europa entsprechend stärken können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

22.08

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Erlauben Sie mir drei Anmerkungen zum Antrag der Frau Abgeordneten Petrovic.

Erstens: Die derzeit in der EU diskutierte Verordnung über eine generelle Regelung sowohl der Sonn- und Feiertagsfahrverbote als auch der Nachtfahrverbote würde auch für Österreich, falls sie so beschlossen werden könnte und eine entsprechende Rechtsgrundlage hätte, ein generelles Nachtfahrverbot ausschließen. Insofern würde dieser Antrag ins Leere gehen. Allerdings bestreiten wir – und das ist mit ein Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe – ganz eindeutig das Recht der EU, in diesen Fragen generelle Regeln zu erlassen, weil es sich hiebei um eine straßenverkehrspolizeiliche Maßnahme handelt, die im nationalen Rechtsbereich zu regeln ist und nicht auf Ebene der EU. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Der Tiroler Landtag hat mich einstimmig aufgefordert, ein generelles Fahrverbot für LKWs bei Nacht auf dieser Route festzulegen, falls es nicht gelingt, die gegebene Mautregelung über den Brenner, die eine sehr starke Differenzierung im Preis aufweist und damit eine sehr starke Verkehrslenkungswirkung hat, in dieser Form und mit dieser Wirkung aufrechtzuerhalten.

Ich habe zu jedem Zeitpunkt erklärt – und erkläre dies auch heute –, daß ich eine politische Lösung der Mautfrage in Europa anstrebe. Ich habe jedoch im Lichte der Diskussionen um eine generelle Verordnung in Europa, die darauf abzielt, die Möglichkeiten der Verkehrssteuerung zu beschränken, bereits im Dezember ein Ermittlungsverfahren für ein derartiges, nicht generelles und österreichweites, sondern regional beschränktes Nachtfahrverbot eingeleitet. Gegebenenfalls müssen wir uns auf diesen Fall vorbereiten.

Dritter und letzter Punkt – Haltbarkeit der Nachtmaut: Es ist meines Erachtens ziemlich eindeutig, daß das Prinzip der Verträge der EU darauf abstellt, daß wir höchstens die Kosten der Infrastruktur über die Maut verlangen dürfen, und zwar die Kosten der Errichtung, des Betriebs und der Erhaltung dieser Infrastruktur. Das sind aber notwendigerweise Durchschnittskosten. Durchschnittskosten sind allerdings durchaus in der Weise anzuwenden, daß in der Nacht ein hoher und tagsüber ein niedrigerer Tarif verlangt wird, weil es dabei nicht darauf ankommen kann, daß zu jedem Zeitpunkt die gleichen Kosten verlangt werden, sondern daß insgesamt nicht mehr eingenommen wird, als den Kosten entspricht. Diese Durchschnittskostenbetrachtung erlaubt die Einhebung einer hohen Nachtmaut mit hoher Steuerungswirkung, und dafür werde ich mit aller Kraft in Brüssel kämpfen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

22.12

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Dem Antrag der Frau Petrovic können wir von der ÖVP-Fraktion nicht sehr viel abgewinnen. Ich halte ihn für typisch für die straßenverkehrsfeindliche Haltung der Grünen, die darin besteht, den Straßenverkehr zum Buhmann der Gesellschaft aufzubauen und in erster Linie eine Verkehrspolitik des Verhinderns zu betreiben, die in Wirklichkeit keine machbaren und konkreten Vorschläge anbietet und die außerdem verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Bisher ging es um ein Nachtfahrverbot mit Ausnahme der lärmarmen LKWs, was dazu geführt hat, daß auf lärmarme LKWs umgerüstet wurde. Das zeigt, daß diese Maßnahme richtig war.


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Der LKW-Verkehr ist damit leiser und umweltfreundlicher geworden, und das ist bereits ein wichtiger Fortschritt.

Was würde die Realisierung Ihres Vorschlages tatsächlich bedeuten? – Es käme zu einer völligen Verkehrsüberlastung morgens und abends, wenn der Berufs- und Pendlerverkehr den Höhepunkt erreicht hat, und damit zu einer überwiegend sehr viel stärkeren Belastung, als das derzeit der Fall ist. Es käme zur Verzögerung bei der Anlieferung von Frischwaren und zu generellen Versorgungsproblemen in der Früh.

Schließlich stimmt auch Ihr Argument der Lärmminderung nicht, das Sie bringen, denn schon jetzt verursacht jeder einzelne Klein-LKW beziehungsweise Lieferwagen in der Standardausführung zumindest so hohe Lärmemissionen wie ein lärmarmer LKW mit über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht. Die wissenschaftlichen Lärmmessungen haben ergeben, daß PKWs bei 110 Stundenkilometern praktisch denselben Lärmpegel haben wie LKWs bei 60 Stundenkilometern; was auch der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis festgestellt hat. Deshalb wurden auf der Inntal Autobahn entsprechende Höchstgeschwindigkeiten in der Nacht festgelegt, nämlich 60 Stundenkilometer für LKWs und 110 Stundenkilometer für PKWs.

Meine Damen und Herren! Das sind die Fakten zu diesem Thema, und zwar jenseits aller grünen Verkehrsideologie. An diesen Fakten läßt sich nun einmal nicht rütteln!

Frau Kollegin Petrovic! Ich meine, daß Ihr Vorschlag auch verfassungswidrig ist. Der Verfassungsgerichtshof hat das Nachtfahrverbot auf der Loferer Bundesstraße B 312 aufgehoben und hat in seinem diesbezüglichen Erkenntnis festgestellt, daß die Einbeziehung lärmarmer Kraftfahrzeuge in das Nachtfahrverbot dem Gleichheitssatz widerspricht, und zwar weil erstens die Frächter bei der Anschaffung lärmarmer LKWs beziehungsweise bei der Umrüstung auf lärmarme LKWs auf die geltende Rechtslage vertrauen konnten, nämlich daß sie mit lärmarmen LKWs während der Nachtzeit fahren dürfen, und weil zweitens die Einbeziehung lärmarmer LKWs in das Nachtfahrverbot keinen ins Gewicht fallenden zusätzlichen Schutz der Bevölkerung und der Umwelt bewirkt, jedoch schwerwiegende Beeinträchtigungen für die Verkehrswirtschaft und die übrige Wirtschaft bringt.

Diese Argumente und diese Feststellungen treffen heute noch genauso zu wie vor einigen Jahren. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Er ist offensichtlich verfassungswidrig, er ist verkehrspolitischer Pfusch und er ist außerdem Ausdruck einer völlig unrealistischen Verkehrsideologie.

Zu der von der EU geplanten Lockerung bei Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverboten halte ich klar und eindeutig fest: Die Volkspartei bekennt sich zu den derzeitigen Regelungen. Sie sind verkehrspolitisch sinnvoll, sie haben sich bewährt, und es besteht daher kein Anlaß, etwas daran zu ändern. Diese Änderungswünsche der EU, die übrigens, wie man hört, gar nicht so besonders aktuell sind, stellen jetzt eine Herausforderung für den Verkehrsminister und für dessen Durchsetzungskraft dar. Es gilt, den sozialdemokratischen Verkehrskommissar Kinnock und die Mehrheit der sozialdemokratischen Verkehrsminister in der EU zu überzeugen, daß ihre Vorschläge und ihre Forderungen überzogen sind und zu neuen Schwierigkeiten, insbesondere durch die Kollision des Freizeitverkehrs mit dem Frachtverkehr am Wochenende und an den Feiertagen, führen. Es muß also nicht in erster Linie Landwirtschaftskommissar Fischler überzeugt werden, sondern die sozialdemokratischen Gesinnungsfreunde von Bundesminister Einem sollten zu einer sowohl für die Europäische Union als auch für Österreich verträglichen Lösung kommen. Ich wünsche dazu dem Herrn Verkehrsminister auf europäischer Ebene die notwendige Durchschlagskraft! (Beifall bei der ÖVP.)

22.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. – Bitte.

22.18

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Freiheitlichen haben uns diesen Antrag natürlich sehr ge


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106. Sitzung / Seite 208

nau angeschaut. Auch wir können dem nicht zustimmen beziehungsweise ihn mitverantworten, da unserer Meinung nach einige der gebrachten Argumente sehr wohl zutreffen.

Herr Bundesminister! Ich habe Ihre Meinung dazu gehört und habe jetzt den entsprechenden Artikel der heutigen "Presse" in der Hand. Vorhin haben Sie erwähnt, daß Sie diesen Standpunkt in Brüssel vehementest vertreten werden. Ich möchte die Punkte, die Sie hier angeführt haben, nicht noch einmal aufzählen, sondern Ihnen kurz aus der "Presse" zitieren:

"EU-Verkehrsminister Kinnock erklärte dazu, die EU habe das Recht zu regulieren, wenn dies von den Mitgliedstaaten gewünscht werde. Er kündigte an, daß sich die EU-Kommission noch vor dem Verkehrsrat am 17. März mit der Frage einer EU-weiten Koordinierung des Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbotes befassen werde. Zugleich schloß der Kommissar de facto die Möglichkeit eines österreichischen Vetos aus. ,Mich würde sehr erstaunen, wenn die Entscheidung im Ministerrat nicht mit qualifizierter Mehrheit fallen würde’, sagte Kinnock zu österreichischen EU-Korrespondenten."

Das ist eine Aussage, die uns sehr zu denken gibt, denn das bedeutet ein Einschreiten in nationale Rechte. In Tirol gibt es bereits eine erhöhte Maut in bezug auf das LKW-Nachtfahrverbot. Die EU-Kommission hat im Hinblick darauf eine Klage beim Europäischen Gerichtshof eingebracht, und ich glaube, daß die EU-Kommission damit durchkommen wird und daß diese erhöhte Maut wieder eingestellt werden muß.

Es geht hiebei aber nicht darum, was die EU will, sondern darum, was wir hier in Österreich wollen.

Was sind die Nachteile dieses Antrages? – Es würde große Gefahr für die Nahversorgung bestehen, und es würden auch gewaltige Nachteile für die Transportunternehmer insofern bestehen, als schon erhöhte Straßensteuern eingeführt worden sind und sich die Unternehmer außerdem auf lärmarme LKWs umgestellt haben und daher noch einmal bestraft würden. Das nehmen wir Freiheitlichen mit Sicherheit nicht hin! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Nachteil wäre, daß die ausländischen Transportunternehmer auf dem internationalen Markt sehr bevorzugt würden, vor allem diejenigen aus dem Osten, die wesentlich niedrigere Lohnkosten und auch Lohnnebenkosten haben und es daher auf dem internationalen Markt wesentlich leichter hätten.

Frau Kollegin Petrovic! Sie waren kurze Zeit Vorsitzende beim Besuch der italienischen Delegation, der in den letzten beiden Tagen stattgefunden hat. Bei diesem Anlaß hat der italienische Senator Sie darauf hingewiesen, daß das ein Alleingang des österreichischen Parlamentes war und daß die EU solche Alleingänge nicht hinnehmen wird.

Genau das gehört auch der "Einheitspartei" ins Stammbuch geschrieben. Zuerst hat man unbedingt zum Beitritt zur EU gedrängt, und jetzt will man wieder eigene Gesetze schaffen. Wir gehören nun aber der Europäischen Gemeinschaft an, und Sie müssen die Regelungen, die dort getroffen werden, zur Kenntnis nehmen und beachten!

In diesem Sinne wäre nun die Forderung an die Bundesregierung zu richten, in den Bereich der Ökopunkte, der bis jetzt nicht zufriedenstellend geregelt wurde, wirklich einmal Ordnung zu bringen: In Tirol werden die Ökopunkte nach meinem Wissen wirklich hervorragend kontrolliert, in den anderen Bundesländern jedoch zuwenig, sodaß in der Statistik wesentlich mehr Fahrten durch Österreich aufscheinen, als aufgrund der Ökopunkte in Anspruch genommen werden.

Wie vorhin schon angeführt, würde außerdem die Aushöhlung des Wochenend- beziehungsweise Feiertagsfahrverbotes nationale Interessen betreffen, und dem können wir mit Sicherheit nicht zustimmen. Daher meine ich, daß mit diesem Antrag, sehr geehrte Frau Kollegin Petrovic, weit über das Ziel hinausgeschossen worden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.22


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106. Sitzung / Seite 209

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. – Bitte.

22.22

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Da die erste Lesung dazu dient, sich mit den Grundzügen eines Antrages auseinanderzusetzen, möchte ich das auch tun. – Der Grundzug dieses Antrages ist es, ohne Differenzierung ein generelles Nachtfahrverbot einzuführen, und zwar mit der Begründung, daß in der Nacht eine besondere Lärmempfindlichkeit bestehe und daher auch eine besondere Lärmbelästigung gegeben sei, selbst durch lärmarme LKWs.

Die Liberalen sind der Auffassung, daß eine solch undifferenzierte Betrachtungsweise nicht gerechtfertigt ist. Denn das Argument, daß "diese Fahrzeuge" – nämlich die lärmarmen Kraftfahrzeuge – "auch nicht wirklich leise sind", wie die Grünen in ihrer Begründung schreiben, ist wohl ein Werturteil. Wir meinen, daß es sinnvoller wäre, zu bewirken, daß die Fuhrparks generell auf lärmarme LKWs umgestellt werden. Dort, wo örtlich begrenzt der Bedarf besteht, die Lärmpegel weiter zu senken, wird es möglich sein, mit entsprechenden Vorschriften zu agieren. Dann geht es aber im Ansatz darum, daß durch die Lärmbelästigung eine Gefährdung der Gesundheit zu befürchten ist. Und das ist selbstverständlich abzustellen. Daher werden die Liberalen bei der Diskussion dieses Antrages im Ausschuß diese Linie vertreten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Moser. – Bitte.

22.23

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Aus Aktualitätsgründen möchte auch ich besonders auf unseren Antrag aufmerksam machen.

Mehrere Vorredner haben schon auf die aktuelle Entwicklung innerhalb der EU hingewiesen. Sie kennen vielleicht auch die Presseaussendung von Kommissar Fischler, in der er sehr stark bemängelt, daß gerade wir Österreicher keine konkreten Verkehrsvorschläge gemacht haben, keine konkreten und eindeutigen Verkehrsprinzipien vertreten und daß unsere Verhandlungsposition in Brüssel nicht greifbar und nicht spürbar ist. – Sie, Herr Minister, sitzen hier und legen gleichsam einen Eid darauf ab, daß Sie sich jetzt verstärkt EU-mäßig einschalten wollen. Ich glaube jedoch, daß Feuer am Dach ist. Es brennt!

Noch in diesem ersten Quartal soll das Nachtfahrverbot, das ansatzweise in Österreich bereits verwirklicht worden ist und das wir mit unserem Antrag ausdehnen wollen, fallen. Ich glaube, in Anbetracht dessen müssen die verkehrspolitischen Sirenen heulen. Es gilt, endlich einmal innerösterreichisch zu einem wirklich klaren Prinzip zu kommen, was bedeutet, daß in der Nacht Ruhe herrschen muß. Die Devise "Straßen frei auch in der Nacht für den LKW-Verkehr!" ist genauso ein ideologischer Standpunkt wie unser Standpunkt, daß wir keinen Lärm in der Nacht haben wollen.

Bei der Diskussion um den Lärm in der Nacht geht es einfach um die Fragen: Akzeptiere ich ein Menschenrecht auf Schlaf? Akzeptiere ich ein soziales Recht auf Ruhe auch für die LKW-Fahrer in der Nacht? Denn letztere haben auch ein Recht darauf, sich einmal ausruhen zu können und nicht fahren zu müssen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Dieses soziale Recht beziehungsweise dieses Arbeitsrecht der LKW-Fahrer ist genauso zu berücksichtigen wie das Recht der Anrainer, die an Transitrouten wohnen, auf Ruhe. Deswegen verstehe ich Ihre Polemik nicht. Sie rücken eine Verkehrspolitik, bei welcher der Mensch Vorrang hat, in die Ecke irgendeiner Ideologie, während Sie Ihre eigene Ideologie nicht zu erkennen vermögen, die da heißt: Bahn frei für jeden Verkehr, ganz egal, wie sinnvoll er ist! – Ich glaube, dagegen muß man sich verwahren! Das muß man einmal aufzeigen und Sie in die Schranken weisen. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Fakten stehen nicht auf Ihrer Seite, sondern auf unserer Seite. Der Transit nimmt zu, die Verkehrsleistung durch LKWs nimmt zu, der Lärm nimmt zu, die Schadstoffe nehmen auch zu. Und all das soll noch mehr zunehmen, und zwar mit dem Rückenwind der EU, sozusagen unter dem Deckmantel der EU.

Herr Verkehrsminister! Es ist wirklich höchste Zeit. Ich befürchte allerdings, daß Sie schon auf dem kürzeren Ast sitzen. Es dürfte sehr schwierig sein, das, was die EU vorhat und was uns ab März droht, mit sogenannten straßenpolizeilichen Verordnungen zu entkräften. Ich glaube, daß es im März nur mehr ein Mittel geben wird, nämlich daß die Bevölkerung in Notfällen den Alpenriegel in einer Blockade mit Menschen sozusagen deutlich kennzeichnet. Denn etwas anderes ist bei einer solchen Verkehrspolitik, wie Sie sie zu verantworten haben, nicht mehr möglich! (Beifall bei den Grünen.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Damit schließe ich die Debatte im Zuge der ersten Lesung und weise die Vorlage 618/A dem Verkehrsausschuß zu.

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (917 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird (995 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

22.28

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ein 60-Milliarden-Schilling-Markt – jener für Investmentfonds – ist meines Erachtens an und für sich eine zu wichtige Materie, um sie so auf die Schnelle kurz vor 23 Uhr abzuhandeln. Aber man gewöhnt sich schön langsam an Kummer bei Finanzgesetzen.

Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Investmentfondsgesetz wurde schon am 2. Dezember 1997, also vor der letzten Plenarsitzung, im Finanzausschuß behandelt. Sie wurde dann aber zur allgemeinen Verwunderung und Überraschung nicht auf die nächste Tagesordnung gesetzt. Der Grund für diese parlamentarische Nichtbehandlung ist mir schleierhaft. Die offizielle Version lautet – wie man einer Tageszeitung entnehmen kann –, daß man in der Präsidiale vor der letzten Sitzung auf diesen Tagesordnungspunkt ganz einfach vergessen hat.

Gemäß der inoffiziellen Version hat es jedoch schwerwiegende Bedenken und verspätet eingelangte Stellungnahmen im Zuge des Begutachtungsverfahrens gegeben. Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, welche Version der Realität eher entspricht, sondern weiß nur, daß jede dieser beiden Varianten schlecht ist. Denn wenn die erste Variante zutrifft, dann handelt es sich meines Erachtens um eine unglaubliche Schlamperei, die nur die Fortführung einer ganzen Serie von schlampigen Akten der Gesetzgebung darstellt, und wenn die zweite Version zutrifft, dann ist das ein bezeichnendes Bild für die österreichische Situation: daß man nämlich zuwartet, nur weil eine Institution eine Frist hat verstreichen lassen, konkret der Österreichische Rechtsanwaltskammertag. Man wartet zu, weil eine Institution offenbar wichtiger ist als die parlamentarische Behandlung.

Wieder einmal hat die Realverfassung die gesetzgeberisch vorgesehene Verfassung, die legistische Verfassung eingeholt, aber auch daran scheint man sich schon zu gewöhnen.

Die Folge ist, meine Damen und Herren, daß wir heute wieder einmal ein Gesetz verabschieden, das rückwirkend in Kraft tritt, und zwar rückwirkend mit 1. Jänner 1998. Auch wenn wir jetzt erst wenige Tage im Jänner schreiben, ist es doch ein rückwirkendes Gesetz, und ich kann


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Ihnen nur sagen, daß das so ziemlich das letzte ist, was sich ein internationales Anlegerpublikum wünscht. Das ist das letzte, was in der Finanzwelt goutiert wird, aber Sie, meine Damen und Herren von der rot-schwarzen Einheitsfraktion, scheint das nicht zu kümmern. Sie machen es trotzdem. (Abg. Dr. Stummvoll: Na geh!)

Herr Kollege Stummvoll! Fragen Sie einmal internationale Investoren, wie sehr diese die rückwirkenden Gesetze schätzen. Wenn Sie das nicht wissen, Kollege Stummvoll, haben Sie einfach keine Ahnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zu einigen inhaltlichen Punkten. Ich anerkenne zwar, daß es im Prinzip eine Reihe von Verbesserungen gibt, aber ich muß auch sagen, Herr Staatssekretär, daß diese halbherzig in Angriff genommen worden sind. Ich begrüße es, daß Sie eine Reihe von Verbesserungen geschaffen haben – beispielsweise erweiterte Publizitätspflichten im Interesse des Anlegerschutzes –, ich begrüße es auch, daß Sie Finanzderivate in die Anlagebestimmungen aufnehmen und daß beispielsweise Zins- und Devisenswaps möglich sind.

Was heißt das aber, wenn Sie sich das konkret in der Praxis ansehen, meine Damen und Herren? – Beispielsweise darf man Optionen zur Absicherung aufnehmen. In der Praxis heißt das, daß zur Absicherung inländischer Rentenportefeuilles inländische Optionen auf inländische Rentenwerte, nicht aber beispielsweise auf deutsche Bund-Futures oder Bundesobligationen eingegangen werden können. Das widerspiegelt Realitätsferne, meine Damen und Herren, denn wir haben es in Österreich nun einmal mit sehr engen Titeln zu tun.

Weiters möchte ich vor allem jene Bestimmungen im bestehenden Investmentfondsgesetz kritisieren, welche die Großbanken in bezug auf Emissionen begünstigen. Diese Bestimmungen sind wieder einmal nicht im geringsten angetastet worden.

Meine Damen und Herren! Als das gravierendste Minus erachte ich den Etikettenschwindel, der mit der Schaffung eigener Pensionsinvestmentfonds verbunden ist. Auf der einen Seite kündigen Sie groß an, man wolle jetzt Pensionsinvestmentfonds schaffen – das dient meiner Meinung nach aber nur der Werbung der Kapitalanlagegesellschaften der Großbanken –, in Wirklichkeit können Sie mit den Pensionsinvestmentfonds nicht sehr viel anfangen, denn der entsprechende steuerliche Anreiz im Einkommensteuergesetz fehlt, er bleibt aus; Sie sagen, Sie wollen das im Jahre 2000 oder irgendwann einmal regeln.

Meine Damen und Herren! Meines Erachtens ist das eine Augenauswischerei. Das ist aus meiner Sicht ein echter Beweis dafür, daß sich die Regierung mit der dritten Säule eines Drei-Säulen-Modells, nämlich mit der Eigenvorsorge, in keiner Weise auseinandersetzen will. Sie will lieber weitertun wie bisher: ein bißchen Pensionsreform, aber keine ordentliche. Der Gipfelpunkt aber besteht – wie gesagt – darin, daß Sie eine lose Absichtserklärung für das Jahr 2000 abgeben und diese auch noch ins Gesetz aufnehmen. Statt übersichtliche und nachvollziehbare Gesetze auf dem Gebiet des österreichischen Finanzwesens zu schaffen, ziehen es Bundesminister Edlinger und Staatssekretär Ruttenstorfer vor, ein bankenfreundliches Gesetz nach dem anderen verabschieden zu lassen.

Herr Staatssekretär! Ich werde Sie nicht zu einer Kurskorrektur überreden können. Aber bitte erwarten Sie auch nicht, daß wir Freiheitliche Augenauswischerei und Etikettenschwindel zustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Mag. Kaufmann. Er hat das Wort.

22.34

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es liegt uns eine Novelle zum Investmentfondsgesetz vor, und diese Novelle ist grundsätzlich zu begrüßen.

Es gibt in diesem Investmentfondsgesetz viele neue Möglichkeiten, die sehr positiv sind: zum Beispiel die Möglichkeit, daß Erträge immer wieder automatisch veranlagt werden, zum Beispiel


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die Möglichkeit, daß Dachfonds geschaffen werden, oder zum Beispiel die Möglichkeit einer Vereinfachung bei der Zusammenlegung einzelner Fonds. Wichtig ist weiters, daß zum Beispiel Fonds, die nur mündelsichere Veranlagungen tätigen, auch selbst als mündelsichere Veranlagung gelten und angekauft werden können.

Mit diesem Gesetz verbunden ist die Schaffung von Pensionsinvestmentfonds. Diese sind grundsätzlich positiv zu bewerten und werden in Zukunft sicherlich ein gutes Instrument sein. In diesen Pensionsinvestmentfonds kommt es automatisch dazu, daß Erträge ununterbrochen veranlagt werden. Den allgemeinen Veranlagungsbestimmungen im Investmentfondsgesetz werden zusätzliche Veranlagungsbestimmungen hinzugefügt, zum Beispiel jene, daß maximal 50 Prozent im Ausland veranlagt werden können oder daß mindestens 30 Prozent in Aktien oder ähnlichen Produkten und mindestens 30 Prozent in Kassenobligationen, Schuldverschreibungen und ähnlichem veranlagt werden müssen.

Es gibt bei den Pensionsinvestmentfonds allerdings auch Probleme. Diese beziehen sich insbesondere auf die Frage der Selbstbindung, die derjenige eingeht, der einen Pensionsinvestmentfonds einkauft. Dazu gehört eine Selbstbindung in der Art der Auszahlung, weil diese über 20 Jahre hinweg andauern muß und weil sie erst beginnen kann, wenn eine Pension angetreten wird oder wenn derjenige, der einen Pensionsinvestmentfonds gezeichnet hat, 65 Jahre alt ist. In diesem Falle würde also die Auszahlungsperiode bis zum Lebensalter von 85 Jahren andauern. Weiters besteht die Möglichkeit, in eine Rentenversicherung zu optieren, und es ist damit auch die Bestimmung verbunden, daß man, wenn man keine der beiden Möglichkeiten in Anspruch nimmt und sich diesen Fonds auszahlen läßt, eine fünfprozentige Rücknahmegebühr zu leisten hat.

Allerdings müßte den Selbstbindungen, die man eingeht, wenn man dieses Papier kauft, irgendein Gegenwert gegenüberstehen. Aber dieser Gegenwert fehlt in Wirklichkeit noch, weil das ganze Konstrukt darauf aufbaut, daß es irgendwann einmal eine Steuerbegünstigung geben wird. Solange es diese Steuerbegünstigung nicht gibt, ist der Selbstbindungseffekt, der damit gekoppelt ist, in keiner Weise gerechtfertigt. Von uns liegt daher ein Abänderungsantrag vor, wonach insbesondere die Rücknahmegebühr von 5 Prozent erst im Jahr 2000 eingeführt werden soll. Damit wäre ein wichtiger Punkt der Sorgen und Probleme, über die ich gesprochen habe, beseitigt.

Die anderen Selbstbindungseffekte bleiben aber bestehen, und auch ihnen steht derzeit keine Gegenleistung gegenüber. Daher füge ich hinzu, daß wir in der Konsumentenberatung, solange es keine damit verbundene Steuerbegünstigung gibt, sicherlich nicht empfehlen werden, einen solchen Pensionsinvestmentfonds zu kaufen. Denn man geht damit Bindungen ein, die ohne Gegenleistung dastehen. Das ist ein wesentlicher Punkt. Nur ist dies eben nicht rückwirkend, sondern in weiser Voraussicht ein gutes Instrument, wenn es diese Gegenleistung in Form einer entsprechenden Steuerbegünstigung geben wird.

Zur Steuerbegünstigung muß ich allerdings eines anfügen: Wir werden uns – wenn wir schon Probleme bei der Finanzierung der ersten Säule haben – die Frage stellen müssen: Wo nehmen wir überhaupt die Mittel her, um diese dritte Säule steuerbegünstigt zu behandeln? (Abg. Mag. Firlinger: Sie machen keine Gesamtreform, sondern nur überall ein bißchen etwas!)

Letzter Punkt – das Licht zeigt schon das Ende meiner Redezeit an; dieser Punkt ist von der Warte des Konsumentenschutzes aus sehr wichtig –: In der Regierungsvorlage ist eine Bestimmung enthalten, welche den Informationsgehalt des Prospektes wesentlich verringert hätte. Deshalb bringe ich jetzt einen Abänderungsantrag ein, der auch im Saal verteilt werden wird. Er sieht insbesondere vor, daß es zu keiner Informationsverdünnung beim Prospekt kommt, sondern daß es notwendig ist, darin wie bisher alle Informationen aufzuführen und Verweisungen – etwa auf Geschäftsberichte, auf statutarische Bestimmungen et cetera – zu unterbinden.

Ich denke, daß die Annahme dieses Abänderungsantrages im Interesse des Konsumentenschutzes geboten ist. Sie erscheint auch im Interesse der Wirtschaft geboten, weil das Vertrauen des Konsumenten immer die Voraussetzung für das Funktionieren solcher Instrumente


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ist. In diesem Sinne bitte ich um Annahme des Abänderungsantrages Kaufmann und Stummvoll, der im Saal noch verteilt werden wird. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Antrag ist ausreichend unterstützt. Er ist in seinen Grundzügen erläutert worden, wird im Saal verteilt werden, steht mit in Verhandlung und wird dann einer Abstimmung unterzogen werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dkfm. Dr. Stummvoll und Genossen zur Regierungsvorlage (917 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes (995 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz geändert wird, in der im Finanzausschuß vom 2. Dezember 1997 beschlossenen Fassung (995 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP), wird wie folgt geändert:

1. Z 5 § 6 Abs. 1 lautet neu:

"(1) Ein Angebot von Anteilscheinen darf im Inland nur erfolgen, wenn spätestens einen Werktag davor ein Prospekt veröffentlicht wurde, der alle Angaben zu enthalten hat, die erforderlich sind, damit sich die Anleger über die ihnen angebotene Anlage ein fundiertes Urteil bilden können. Er hat mindestens die in der Anlage A vorgesehenen Angaben sowie die vom Bundesminister für Finanzen bewilligten Fondsbestimmungen zu enthalten. Im Falle eines Angebotes von Anteilscheinen ohne eine vorhergehende Veröffentlichung des Prospektes ist § 5 Abs. 1 und 3 bis 6 KMG sinngemäß anzuwenden."

2. Z 38 lautet neu:

Dem § 49 werden folgende Abs. 6 bis 8 angefügt:

"(6) Die §§ 1, 3 Abs. 2 und 3, 4 Abs. 6 und 7, 5 Abs. 6 und 7, 6 Abs. 1 und 7, 10 Abs. 2, 12 Abs. 8, 13, 14 Abs. 2 bis 5, 15 Abs. 2, 16 Abs. 3 und 4, 19, 20 Abs. 2 und 6, 20a, 21 Z 4 lit. a sublit. cc, 21 Z 6, 22, 23 Abs. 1, 23a bis 23f, 23g Abs. 1 und 2, 24 Abs. 1, 25 Z 2 und 3, 26 Abs. 2, 30 Abs. 3 und 4, 33 und 34, 36 Abs. 3 und 4, 40 Abs. 2 und 3, 43, 45 Abs. 2 sowie Anlage A Schema A Abschnitt II Punkt 17 bis 19 und Anlage B Schema B Punkt 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/1998, treten mit 1. März 1998 in Kraft.

(7) § 42 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/1998 tritt mit 1. Jänner 1999 in Kraft.

(8) § 23g Abs. 3 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/1998 treten mit 1. Jänner 2000 in Kraft."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

22.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme mit dem Abgeordneten Firlinger in einem Punkt überein. (Abg. Mag. Firlinger: Aber nur in einem!) Es würde der Bedeutung dieser Materie eher Rechnung tragen, wenn wir nicht erst nach 13 Stunden ermüdender Debatte hier im


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Hohen Haus diesen wichtigen Bereich diskutieren würden. Darin stimme ich mit Ihnen überein. Das ist allerdings der einzige Punkt der Übereinstimmung, Herr Kollege Firlinger, wie Sie richtigerweise erraten haben. (Abg. Mag. Firlinger: Das habe ich mir gedacht, stört mich aber nicht weiter!)

Ich möchte es ganz kurz machen: Meine Fraktion stimmt diesem wichtigen Liberalisierungsschritt – so möchte ich ihn jetzt bezeichnen – in dem Bereich zu, und zwar deshalb, weil wir damit eine ganze Kette von Liberalisierungsschritten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik fortsetzen, von der Gewerbeordnung über das Arbeitszeitrecht bis hin zu einer Reihe von Finanzgesetzen. (Abg. Mag. Firlinger: Gut für die Banken, Kollege Stummvoll!) Ich denke, daß mit diesem Liberalisierungsschritt auch neuen Fondsformen – einer Marktentwicklung Rechnung tragend – das Tor geöffnet wird und daß dies notwendig ist, weil wir nur damit verhindern können, daß anlagesuchendes Kapital zu ausländischen Kapitalanlagegesellschaften wandert. Das Potential, um das es dabei geht, hat Kollege Firlinger bereits angesprochen.

Zweiter Punkt: Ich denke, daß die neuen Pensionsinvestmentfonds besonders bedeutend sind. Ich stimme mit meinem Vorredner Mag. Kaufmann darin überein, daß die wahre Bewährungsprobe für die Pensionsinvestmentfonds erst kommen wird, wenn wir flankierend auch entsprechende steuerliche Maßnahmen gesetzt haben werden. Auch mir wäre es lieber – das sage ich ganz offen –, wenn wir diese Anreize jetzt schon setzen könnten. (Abg. Mag. Firlinger: Dann stimmen Sie mit mir in einem zweiten Punkt überein!)

Ich gebe aber zu, daß uns gerade in der Steuerpolitik ständig so viele Wünsche vorliegen, daß wir uns – richtigerweise, denke ich – dazu entschlossen haben, eine große Steuerreform 2000 zu machen und nicht alle paar Monate hier in diesem Haus punktuelle Steuerreformen im Detail. Das muß ein großer Wurf werden, Herr Kollege Firlinger, und nicht ... (Abg. Mag. Firlinger: Aber man kann einmal anfangen!) Das tun wir mit der Familiensteuerreform, Herr Kollege. Da kommt für Sie die Stunde der Wahrheit – glauben Sie mir das –, wo Sie zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte betonen, daß die Frage der Steuerreform nicht nur in die Frage hineinspielt, wie weit unsere Bereitschaft geht, das – unseres Erachtens wichtige – ordnungspolitische Ziel der Eigenvorsorge entsprechend zu fördern und die Steuerreform dafür zu verwenden, sondern wir müssen uns im Zuge der Steuerreform auch – Herr Staatssekretär, wir haben das bereits im Finanzausschuß diskutiert – eine Neukonzeption der Besteuerung der Substanzgewinne überlegen. Wir machen mit der vorliegenden Novelle einen ersten Schritt zur Reduktion der Steuerpflicht für Substanzgewinne auf der einen Seite; auf der anderen Seite gehört dazu zweifellos eine umfassende Neukonzeption im Zuge der Steuerreform 2000. (Abg. Mag. Firlinger: Die dann nicht kommen wird!)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne ist dies sicherlich nur der erste wichtige Teilschritt; ein zweiter, steuerpolitischer, wird folgen, Herr Kollege Firlinger. Es ist der politische Wille der Mehrheit hier im Hohen Haus, daß wir in diesem Bereich auch mit steuerpolitischen Maßnahmen entsprechende Anreize bieten, damit wir vor allem im Bereich der anlagesuchenden Kapitalien – insbesondere dort, wo es um die langfristige, Wertsubstanz erhaltende Veranlagung geht – für die private Altersvorsorge entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. Er hat das Wort.

22.44

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Keine Frage: Auch zu später Stunde können wir wichtige Gesetze – das Investmentfondsgesetz ist ein wichtiges Gesetz – beschließen. Es ist wichtig für den Finanzplatz Wien, und es ist hoffentlich noch rechtzeitig beschlossen und verabschiedet worden, um der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Wien in einer insbesondere nach dem


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1. Jänner 1999 verschärften – diese ist zu erwarten – Wettbewerbssituation Rückenwind zu geben.

Seit den Ausschußberatungen habe ich viele Gespräche mit Experten und einschlägigen Fachleuten geführt, die sich insbesondere mit Investmentfonds auskennen sollten, oder sagen wir besser: sich auch des Investmentfondsgesetzes bedienen. Und meine Kritik, Herr Staatssekretär, ist bis heute nicht abgeschwächt, sondern eher vehementer geworden. Ich möchte noch einmal versuchen, dies zu begründen.

Die Kollegen Kaufmann und Stummvoll sagen, daß das Investmentfondsgesetz nicht vollständig ist, weil der steuerliche Anreiz fehlt. Der Herr Staatssekretär hat im Ausschuß und der Herr Bundesminister mehrfach in Gesprächen betont, daß die Frage einer steuerlichen Begünstigung von Pensionsinvestmentfonds bei der Steuerreform 2000 erledigt werden soll, aber aus heutiger Sicht nicht abzusehen ist, ob, in welchem Ausmaß und in welcher Art eine steuerliche Begünstigung für Pensionsinvestmentfonds umsetzbar ist.

Wenn ich in den Pressemeldungen der letzten Tage und insbesondere von morgen lese, wie groß das Gerangel um das Potential ist, das wir vielleicht dem Budget entziehen können, um eine Steuerreform zu ermöglichen, und wenn ich mir in Erinnerung rufe, welche Kosten allein die Familiensteuerreform schätzungsweise verschlingen wird, dann frage ich mich, was für die Förderung der Pensionsinvestmentfonds übrigbleiben wird.

Wir gehen aber davon aus, daß ein Pensionsinvestmentfonds dem Sparer oder dem Investmentfondszeichner eine vom Gesetzgeber – von uns – eingeschränkte Verfügungsgewalt als Gegenleistung für einen staatlichen Beitrag auferlegt. Denn anders ist es wohl nicht zu erklären, daß in diesem Gesetz – ich möchte es Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen – im § 23 normiert ist: Nur wenn beim Anteilsinhaber eine Eigenpension aus einer verpflichtenden Altersvorsorge anfällt oder der Anteilsinhaber das 65. Lebensjahr erreicht hat, ist eine Auszahlungsberechtigung straffrei möglich.

Meine Damen und Herren! Welche Geisteshaltung steht dahinter? Trauen wir den Bürgern dieses Landes nicht zu, mit ihrem Geld hauszuhalten? Ist es so wie in den patriarchalischen Gesellschaften, daß man der Ehefrau das Haushaltsgeld rationiert und in Wochenportionen einteilt, weil sie es sonst "vertschatscheln" könnte? Was heißt denn das, meine Damen und Herren? Haben wir mündige Bürger, oder haben wir solche, die wir als Gesetzgeber zwangsbeglücken müssen und denen wir ein bestimmtes Verhalten vorschreiben müssen?

Eines sollte doch unbestritten sein, Herr Kollege Stummvoll und Herr Kollege Kaufmann: Die Berechtigung solcher lenkenden Maßnahmen ist vom Staat her dann gerechtfertigt und einzufordern, wenn er dazu einen Beitrag leistet. Denn dann kann er sagen: Ich gebe dir den Beitrag nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn aber keinerlei Beitrag geleistet wird, dann ist es eine Unverschämtheit, dem Bürger solch eine Beschränkung aufzuerlegen. Das, Herr Kollege Stummvoll – es tut mir leid –, ist leider Gottes auch nicht wegzudiskutieren.

Herr Präsident! Heißt das (der Redner deutet auf das blinkende Licht), daß ich eine beschränkte Redezeit habe?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe allen Rednern 5 Minuten freiwillige Redezeit eingestellt. Aber Sie hätten, wenn Sie die ganze Redezeit Ihrer Fraktion für den restlichen Tag verbrauchen wollen, noch 16 Minuten.

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (fortsetzend): Danke schön, Herr Präsident, das beruhigt mich. Herr Stummvoll, bleiben Sie ganz ruhig, es wird nicht so lange dauern.

Ich darf Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, daher bitten, wenigstens in einem einzigen Punkt unsere Argumente zu würdigen. Ich bringe jetzt einen Abänderungsantrag ein, der nichts anderes vorsieht, als daß die im § 23 normierten Einschränkungen über die Verfügungsgewalt aufgehoben werden. Ich verspreche Ihnen, Herr Kollege Stummvoll, daß wir, wenn diese steuerlichen Maßnahmen kommen, mit großer Überzeugung dieselben Paragraphen im selben Wortlaut wieder einführen werden.


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Es ist aber nicht glaubhaft, Herr Kollege Stummvoll und Herr Kollege Kaufmann, wenn Sie hier herausgehen und sagen: Ja, wir wissen, es ist nicht vollständig, und es ist in diesem Punkt eigentlich nicht rund, aber wir machen es trotzdem. – Denn den Titel Pensionsinvestmentfonds können Sie auch ableiten, wenn Sie sagen: Es ist eine langfristige Anspardauer und eine langfristige Auszahlungsdauer vorgesehen, und das hat den Charakter eines Pensionsinvestmentfonds. Insofern ziehe ich meine Kritik, die auf Etikettenschwindel gelautet hat, zurück: Das ist es nicht, Herr Staatssekretär!

Aber ich bringe eine andere Kritik an. Sie spielen hier Schalmeientöne und wollen den Bürgern – insbesondere denen, die sich mit Investmentfonds nicht auskennen und sich nicht damit beschäftigen; das ist, möchte ich sagen, ja auch die Mehrheit hier im Haus, vor allem aber sind eine überwältigende Mehrheit der Zeichner beratene Konsumenten, das sind Freiberufler und hoffentlich auch andere, und diese werden sich nicht damit auseinandersetzen – etwas vorgaukeln, das in Wirklichkeit nicht drinnen ist.

Es ist eine Frage des Konsumentenschutzes. Auch wenn wir hergehen und sagen, daß der Bürger eigenverantwortlich ist, da er es ja lesen kann und nicht zu zeichnen braucht, ist es trotzdem unbillig, wenn das Parlament einer solchen Versuchung, einem Trend zu folgen, Vorschub leistet und dabei eine Täuschung – nach meinem Dafürhalten ist es eine Täuschung – vornimmt.

Ich bringe daher folgenden Antrag der Abgeordneten Haselsteiner und PartnerInnen ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Hans Peter Haselsteiner und PartnerInnen betreffend die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird (917 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (995 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Regierungsvorlage (917 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (995 der Beilagen) über ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. In Z 22 entfällt § 23g.

2. In Z 38 entfällt § 49 Abs. 7."

*****

Das sind jene Bestimmungen, die eine einschränkende Verfügungsgewalt des Investmentfondszeichners wegen mangelnder steuerlicher Förderung aussetzen. Ich hoffe, Sie werden dem zustimmen können. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. (Abg. Dr. Heindl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werde keine 5 Minuten brauchen! – Abg. Dr. Haselsteiner: Na, Kurt, jetzt bin ich neugierig!)

22.52

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Lieber Freund Haselsteiner! Ich melde mich nur deshalb zu Wort, weil – du wirst mit meiner Entscheidung zufrieden sein – meine persönliche Entscheidungsfindung zu diesem Gesetz nicht einfach gewesen ist. Ich werde


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zustimmen, weil ich der Auffassung bin, daß dieses Gesetz ein Signal dafür ist, daß der Gesetzgeber im Bereich der Investmentfondsgesetzgebung aktiv wird und die Richtung vorgibt.

Ich könnte noch mehr Kritik anführen, als du sie artikuliert hast. Mir gefällt zum Beispiel die Wettbewerbsverzerrung gegenüber ausländischen Investmentfonds nicht. Mir gefällt auch nicht, daß man dem Bürger zum 65. Geburtstag nicht die Wahlmöglichkeit gibt, wie er seine Pension organisiert. Denn was weiß ein Dreißigjähriger, was zu seinem 65. Geburtstag sein wird? Wir leben in einer sich atemberaubend rasch ändernden Zeit, sodaß er das nicht wissen kann. Und da wollen wir ihm heute vorschreiben, was er in 35 Jahren tun soll?

Eingehende Erörterungen würden zu weit führen, denn man kann weder in 3 noch in 5 Minuten die ganze Problematik erläutern.

Ich wiederhole, daß ich zustimme, und zwar vor allem, weil ich der Auffassung bin, daß es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Man muß signalisieren, daß der Gesetzgeber Schutz für den Konsumenten angesichts des boomenden Marktes bieten will. Wir müssen uns die Zahlen dieser Entwicklung vorstellen: Innerhalb von sechs Jahren hat sich das Volumen von 150 auf 600 Milliarden entwickelt!

Eines vermisse ich, aber da habe ich bereits eine Zusage des Staatssekretärs: Was mir neben den Pensionsinvestmentfonds und neben der Verbesserung, die ja schon kritisiert worden ist, am Herzen liegt, ist ein Immobilienfondsgesetz. Ein Immobilienfondsgesetz, wie es das zum Beispiel in Deutschland schon gibt, ist dringend notwendig. Glaubt denn wirklich jemand, daß man Immobilienfonds über die Börse ordnungsgemäß abwickeln kann? – Gar nicht. Wir brauchen so etwas, weil auch die Wahlmöglichkeit bestehen soll. Warum soll jemand nur das eine Instrument zur Verfügung haben und nicht auch das andere nützen können?

Noch einmal: Es gäbe dazu vieles anzumerken; ich habe es nur kurz skizziert. Ich bin der Auffassung, daß es ein Signal ist. Der Gesetzgeber sagt, daß er in dieser Richtung vorgehen möchte. Ich erwarte dringend – darüber habe ich erst am Montag mit Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer gesprochen –, daß wir uns noch in diesem Jahr mit einem Immobilienfondsgesetz auseinandersetzen. Die Thematik der steuerlichen Begünstigung und alles damit Zusammenhängende – ob es in diesem Fall zu einer Pönalisierung kommt und so weiter – kann man erst diskutieren – da bin ich deiner Meinung –, wenn man weiß, was dem Investor zu bieten der Staat und der Gesetzgeber bereit sind. Solange wir nicht wissen, ob wir überhaupt etwas bieten und in welcher Form, so lange kann man über dieses Thema nicht reden.

Noch einmal: eine Signalwirkung in die richtige Richtung, aber viele ausständige Verbesserungen, vor allem im Zusammenhang mit der Ergänzung um ein Immobilienfondsgesetz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Er hat das Wort.

22.55

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren und beschließen heute dieses Investmentfondsgesetz, und dabei haben einige Vorredner auf einen auch mir sich aufdrängenden Nachteil hingewiesen: daß wir nicht gleichzeitig damit auch die steuerliche Begünstigung fixieren und normieren. Dem stimmen wir 100prozentig zu, weil wir glauben, daß erst dadurch der wesentliche Anreiz geschaffen wird, in derartige Pensionsinvestmentfonds zu investieren.

Das ist völlig klar, und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß irgend jemand, wenn er gut beraten ist, in einen derartigen Pensionsinvestmentfonds investieren würde angesichts aller Nachteile und Bindungen, die damit verbunden sind, ohne gleichzeitig steuerliche Begünstigungen zu lukrieren. Das heißt, vor Inkrafttreten der nächsten Steuerreform wird dazu zweifellos kein Boom zu verzeichnen sein. Das muß man auch jedem einzelnen sagen, der dort investieren möchte. (Abg. Mag. Firlinger: Das wird ein Bumerang sein!)


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Aber es ist trotzdem eine enorme Möglichkeit, die für die Zukunft eröffnet wird. Wir müssen beachten, daß von der gesamten Pensionsvorsorge in Österreich derzeit rund 93 Prozent auf den gesetzlichen Bereich entfallen, rund 4 Prozent auf die betriebliche Pensionsvorsorge und nur die restlichen 3 Prozent auf die private Pensionsvorsorge. (Abg. Mag. Firlinger: Die Summe könnte auf 20 Milliarden Schilling anwachsen!) Kollege Firlinger, wir wissen, daß in diesem Bereich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zweifellos eine große Ausweitung erfolgen wird.

Aber dazu wird es nur kommen, wenn wir rechtzeitig – daran glauben wir fest, und deswegen haben wir auch eine entsprechende Bestimmung in dieses Gesetz aufgenommen – mittels der steuerlichen Begünstigung im Jahre 2000 dafür sorgen, daß der Pensionsinvestmentfonds ein attraktives neues Konstrukt ist. In dem Sinne stimmen wir von der Volkspartei zu, weil wir glauben, daß der zweite Teil – die steuerliche Begünstigung – spätestens im Jahr 2000 folgen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Ihr werdet euch noch wundern!)

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf in 995 der Beilagen.

Es liegen Abänderungsanträge der Abgeordneten Mag. Kaufmann und Dr. Stummvoll einerseits und des Abgeordneten Dr. Haselsteiner andererseits vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z. 5 – das ist § 6 Abs. 1 – eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Haselsteiner und Genossen die Streichung des § 23g in Z. 22 beantragt.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Ich lasse über § 23g in Z. 22 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Weiters stimmen wir über den Abänderungsantrag Dr. Haselsteiner und Genossen ab, der sich auf die Streichung des § 49 Abs. 7 in Z. 38 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen zu geben. – Dieser Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden. Er ist daher abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Kaufmann, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend die Z. 38 eingebracht.

Ich darf bitten, daß jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, ein bejahendes Zeichen geben. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.


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106. Sitzung / Seite 219

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet, und wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (899 der Beilagen): Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des zweiten Finanzprotokolls des vierten AKP-EG-Abkommens samt Erklärungen (992 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schreiner. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.01

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stummvoll, beim Investmentfondsgesetz haben Sie gemeint: Wir beschließen dieses Gesetz zwar heute, aber im Jahre 2000, wenn die große Steuerreform kommt, wird die Finanzierung sichergestellt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Stummvoll! Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen: Reduzieren Sie den heutigen Beitrag zum achten Europäischen Entwicklungsfonds von exakt 4,7 Milliarden Schilling, den wir heute – wahrscheinlich auch mit Ihrer Stimme – beschließen, auf das Niveau der Beiträge anderer Mitgliedstaaten, die auch im Jahre 1995 der EU beigetreten sind! Österreich zahlt 340 Millionen Ecu, Finnland zahlt hingegen nur 190 Millionen Ecu, Portugal zahlt 125 Millionen Ecu, Irland 80 Millionen Ecu, Dänemark 275 Millionen Ecu. (Abg.


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106. Sitzung / Seite 220

Dr. Stummvoll: Die sind auch 1995 beigetreten?) Nein! Andere haben sich nicht über den Tisch ziehen lassen wie Österreich am 1. Juni 1995 in der Ratssitzung, bei der wir großzügig 340 Millionen Ecu zugesagt haben. Das sind exakt 4,7 Milliarden Schilling, Herr Kollege Stummvoll! Das wäre zum Beispiel ein Beitrag gewesen, den wir dringend für das österreichische Budget gebraucht hätten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn wir eine solche Finanzierung für das Investmentfondsgesetz hätten, müßten Sie jetzt nicht sagen: Wir müssen auf die Steuerreform des Jahres 2000 warten, dann können wir ein Gesetz, das wir jetzt beschließen, wirklich zur Anwendung bringen, denn bis dahin wird es ja nicht angenommen.

Herr Kollege Stummvoll! Wenn ich mir dann noch ansehe, welche Kritik dieser sechste und siebente Europäische Entwicklungsfonds in einem Mitteilungsblatt der Europäischen Gemeinschaft vom Rechnungshof über sich ergehen lassen muß, dann graut mir wirklich. Denn dort steht, daß zwar größte Anstrengungen unternommen wurden, die Kriterien für die Bewertung der Angebote und für die Auszahlung der Gelder jedoch nicht verifiziert werden konnten, leider sei alles so undurchsichtig, es konnte auch nicht systematisch überprüft werden, und so weiter und so fort. Das gilt für den sechsten und siebenten Fonds, und beim achten wird es ziemlich gleich sein.

Herr Kollege Stummvoll! Ich nehme nicht an, daß diese Kritik wirklich ernst genommen wird. Ich werde Ihnen sagen, worum es wirklich geht: Wir investieren Geld in sogenannte Gemeinschaftsinitiativen, obwohl wir im österreichischen Staatshaushalt dieses Geld dringend benötigen würden, um eine Steuerreform auch ausgabenseitig wirklich finanzieren zu können. (Abg. Dr. Stummvoll: In welcher Zeit?) In der Zeit, Herr Kollege Stummvoll, in der ich jetzt hier am Rednerpult bin, nämlich in exakt fünf Minuten, zahlt die gesamte EU Spanien aus dem Landwirtschaftsfonds, aus dem Sozialfonds, aus dem Strukturfonds und aus dem Kohäsionsfonds 725 000 S! (Abg. Dr. Stummvoll: Sie reden zu lange!) 725 000 S werden alle fünf Minuten, also in der Zeit, in der ich jetzt gesprochen habe, gezahlt! Herr Kollege Stummvoll! Man muß sich da schon die Frage stellen, ob die Summen, die wir in diese sogenannten Gemeinschaftsinitiativen einzahlen, wirklich gerechtfertigt sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das beginnt bei diesen vier genannten Fonds, und das endet beim achten Europäischen Entwicklungsfonds und bei vielen, vielen Initiativen, bei denen wir in die sogenannte multilaterale Entwicklungshilfe investieren, bei denen wir eine Beteiligung von 0,2 Prozent, kein Stimmrecht und keinen Vorsitzenden in irgendeinem Gremium haben. Wir zahlen das Geld ein, ohne wirklich mitbestimmen zu können! Das, Herr Kollege Stummvoll, ist wirklich nicht die richtige Art, sparsam mit Steuergeldern der Bürger dieses Landes umzugehen, denen man dann sagt: Wir beschließen heute ein Gesetz, finanzieren können wir es jedoch erst im Jahre 2000, denn dann machen wir vielleicht eine Steuerreform, die rechtfertigt, daß wir heute dieses Gesetz beschließen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Stummvoll! Sie werden hoffentlich verstehen, daß unsere Fraktion, die befürwortet, daß auf Sparsamkeit in der Verwaltung, in der Vollziehung von Gesetzen und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Bedacht genommen werden soll, dieses Gesetz ablehnen muß! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Nur Polemik!)

23.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Der Gusi wird sagen, daß er dafür ist!)

23.07

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehe in aller gebotenen Kürze auf die Positionen – es handelt sich hiebei um Positionen und nicht um eine Darstellung der österreichischen Linie in diesem Zusammenhang – des Kollegen Schreiner ein.

Herr Kollege Schreiner! Gerade im Bereich des Entwicklungsfonds stellt Österreich mit Herrn Botschafter Dr. Hamburger den stellvertretenden Generaldirektor. In Anbetracht dessen muß ich sagen: Wären wir nur überall so "einflußlos" wie in diesem Bereich in der Europäischen Union! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweiter Punkt, Herr Kollege Schreiner: Wie Sie vielleicht beim Studium der Gegebenheiten in der Europäischen Union festgestellt haben, beträgt unser allgemeiner Anteil an den Budgetmitteln in etwa 2,6 Prozent, auch an denjenigen der Europäischen Entwicklungsbank. Das heißt, auch in diesem Bereich kommt der Satz von in etwa 2,6 Prozent zur Anwendung. Das ist keine Ausnahmeerscheinung, sondern die Regel für Österreich, und damit befinden wir uns im übrigen nicht unter den überproportionalen Zahlern innerhalb der Europäischen Union. Wenn Sie die Unterlagen gelesen haben, konnten Sie sicherlich feststellen, daß es eine Reihe von anderen Staaten gibt, die bedeutend mehr einzahlen. Daher kann man nicht sagen, daß Österreich auf diesem Gebiet mehr leistet, als es leisten sollte, sondern wir tun genau das, was uns zusteht – nicht mehr und nicht weniger. (Abg. Dr. Stummvoll: Danke für den Nachhilfeunterricht, den Sie geben!) Es ist ja nicht das erste Mal, daß wir das hier machen müssen, Herr Kollege Stummvoll! Ihnen ist es ja auch des öfteren schon widerfahren, daß Sie dem Kollegen Schreiner Nachhilfeunterricht geben mußten! (Abg. Dr. Khol: Ehrenamtlich!)  – Selbstverständlich, vor allem zu dieser Tageszeit!

Der dritte Punkt, den man auch noch nennen sollte, Kollege Schreiner, ist, daß die österreichische bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zwar qualitativ hochwertig, von den finanziellen Ausmaßen her jedoch nicht so großartig ist, wenn man bedenkt, daß wir inzwischen unter den OECD-Durchschnitt gefallen sind. Wir argumentieren das unter anderem damit, daß wir im multilateralen Bereich eben auch über die Europäische Union einen zusätzlichen Beitrag einbringen. Dieser Beitrag scheint mir als gemeinsame Aktion der Europäischen Union sinnvoll zu


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106. Sitzung / Seite 221

sein, weil über die Lomé-Abkommen und über das spezifische Verhältnis zu den AKP-Staaten nicht nur Entwicklungszusammenarbeit geleistet wird, sondern auch ein politischer Dialog geführt wird, der für die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union von großer Bedeutung ist.

Bei diesem Tagesordnungspunkt sollte man auch noch folgendes diskutieren:

Erstens: Wie kann man die bestehenden Verträge mit Hinblick auf Lomé 5 qualitativ verändern? – Dazu gibt es im übrigen eine österreichische Position, die ich für sehr sinnvoll halte.

Zweitens: Wie kann man dafür sorgen, daß diese Budgetmittel, die über die verschiedenen Lomé-Töpfe ausgeschüttet werden, noch stärker als bisher qualitativen Zielsetzungen, so zum Beispiel der Armutsbekämpfung, unterworfen werden?

Und drittens könnte man diskutieren, Kollege Schreiner, ob in diesem Zusammenhang nur die ehemaligen Kolonien einzelner Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Gelder bekommen sollten oder ob nicht doch überhaupt alle Entwicklungsländer, die zu den Ärmsten, nämlich zu den least developed countries, gehören, Geld erhalten sollten.

Kollege Schreiner! Es hätte eine breite Palette von qualitativen Anregungen Ihrerseits geben können! Sie haben diese neuerliche Chance jedoch nicht genützt. Es tut mir wirklich leid! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklärungen in 899 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Genehmigung sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Genehmigung wurde mehrheitlich erteilt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, daß die Kundmachung der dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen des Staatsvertrages durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden im Bundesministerium für Finanzen zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Verlautbarungsmodus ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

24. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 496/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen (1000 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.


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106. Sitzung / Seite 222

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Frau Abgeordnete, Sie haben noch eine restliche Redezeit von 15 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

23.13

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren hier in erster Lesung einen Entschließungsantrag der Grünen betreffend Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Liberalen werden diese Forderung unterstützen.

Es geht hiebei um einen Artikel-15a-Vertrag mit den Ländern, um den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen in den Ländern zu forcieren. Wenn ich mich recht erinnere, war das bereits eine Forderung von Frauenministerin Dohnal vor einigen Jahren. Jetzt könnte die SPÖ neuerlich einen Anlauf nehmen!

Tatsache ist, daß in den einzelnen Ländern – ich kann Tirol da als negatives Beispiel nennen – der Ausbau von Betreuungseinrichtungen sehr, sehr schleppend vor sich geht, daß es österreichweit nach wie vor eine drastische Unterversorgung an entsprechenden Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren gibt und daß auch die ganztägigen Betreuungsformen bei weitem noch nicht ausreichend sind.

Jetzt haben wir zwar diese 600 Millionen Schilling für die Kinderbetreuungseinrichtungen, sozusagen als Trostpflaster in Anbetracht der letzten Sparpakete, aber das ist trotzdem nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen nämlich zehnmal so viele Betreuungsplätze, wie mit diesen 600 Millionen Schilling letztendlich eingerichtet werden können.

Ich glaube daher, daß wir alle zusätzliche Überlegungen anstellen sollten, wie wir eine flächendeckende Kinderbetreuung in Österreich erreichen können. Die öffentliche Hand wird dazu in absehbarer Zeit und in der gebotenen Geschwindigkeit jedenfalls nicht in der Lage sein. Daher sollten wir darüber nachdenken, welche Bedingungen für privat organisierte Kindergruppen und Privatkindergärten, die nachweislich flexibler und kostengünstiger arbeiten, geschaffen werden müssen. Ich meine, daß diese privaten Organisationen auch faire Chancen in diesem Bereich vorfinden sollten, da sich das auf jeden Fall zum Vorteil der Kinder auswirken würde.

Wir sollten auch über die Unterstützung von Betriebskindergärten nachdenken. Wenn für ein Kind im Betriebskindergarten des Bundeskanzleramtes pro Monat 4 000 S gezahlt werden kann, dann sollten doch auch Überlegungen angestellt werden, inwieweit die Errichtung von Betriebskindergärten insgesamt unterstützt werden könnte! Das könnte durch erhöhte Absetzbarkeit der Lohnkosten für qualifizierte Betreuungskräfte genauso erfolgen wie durch erhöhte Absetzbarkeit von notwendigen Investitionen.

Ich meine, es ist wirklich hoch an der Zeit – das sage ich insbesondere in Richtung SPÖ –, daß ideologische Barrieren abgebaut werden, wenn es um die steuerliche Absetzbarkeit von Dienstleistungen im Privatbereich geht. Ich glaube, daß gerade diese Absetzbarkeit auch eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, daß private Organisationen initiiert und unterstützt werden können. Darüber hinaus könnten auf diese Weise zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden; Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen könnten aus dem Bereich der Schattenwirtschaft herauskommen.

Es gibt in diesem Bereich jede Menge von Ankündigungen, Versprechungen und Zusicherungen von allen Parteien. Gerade der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen ist ein wesentlicher Punkt des Frauen-Volksbegehrens, und daher sollten wir alle gemeinsam daran arbeiten, diesen Punkt so rasch wie möglich umzusetzen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

23.17


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106. Sitzung / Seite 223

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit den Worten "Unbestritten ist" beginnt die Begründung des Antrages der Grünen im Bericht des Finanzausschusses.

Unbestritten ist aber auch, daß eine flächendeckende Anzahl von Kinderbetreuungsplätzen zu den zentralen Anliegen der Familien, der Mütter, der Väter, der Kinder, gehört. Und unbestritten ist auch, daß es die Sozialdemokraten und -demokratinnen waren – und auch weiterhin sein werden –, die den zügigen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vorangetrieben haben und vorantreiben, denn wir wissen, daß Österreich im internationalen Vergleich einen Nachholbedarf hat.

Unbestritten ist weiters, daß die Bundesregierung in ihrem Arbeitsübereinkommen festgelegt hat, daß für Kinder aller Altersgruppen qualifizierte Einrichtungen mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten, also ganztägig und ganzjährig, zu schaffen sind, mit dem Ziel, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erreichen. Dafür, meine Damen und Herren, wurden 1997 seitens des Bundes 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt, die von den Ländern zu verdoppeln waren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang eine Bilanz präsentieren: Bis 15. Jänner 1998 wurden von den 600 Millionen Schilling des Bundes fast 514 Millionen Schilling investiert, und damit wurden 16 560 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze in ganz Österreich geschaffen. – Soviel, Frau Kollegin Schaffenrath, zu einem neuerlichen Anlauf!

Wir wissen aus jüngsten Untersuchungen, daß 85 Prozent der Frauen zwischen 18 und 30 Jahren den Wunsch haben, eine Familie zu gründen. Wir wissen aber auch, daß sie den Wunsch haben, Beruf und Haushalt unter einen Hut zu bringen. Daher ist im Interesse der Frauen die Einrichtung von Kinderbetreuungsplätzen unerläßlich. Wir vertreten die Auffassung, daß qualifizierte Kinderbetreuung nicht nur der Entlastung der berufstätigen Eltern, Mütter und Väter, dient, sondern auch die ganz wichtige pädagogische Aufgabe des sozialen Lernens mit der Vermittlung der Fähigkeit des Lebens in der Gemeinschaft und der Teamfähigkeit erfüllt.

Wir meinen, daß sich die Öffnungszeiten an den Bedürfnissen der Berufstätigen zu orientieren haben, selbstverständlich aber auch an den Bedürfnissen der Kinder. Das heißt also: Sie müssen ganztägig und ganzjährig, auch während der Ferienzeit, geöffnet sein. Betreffend Öffnungszeiten haben vor allem manche Bundesländer noch einiges nachzuholen. Denn derzeit sind in den Bundesländern nur 54 Prozent aller Kindergärten ganztägig geöffnet, 23 Prozent schließen über Mittag, und weitere 23 Prozent bieten nur eine Halbtagsbetreuung an. Während in Wien 93 Prozent der Kindergärten ganztägig geöffnet sind, sind zum Beispiel in Tirol nur 4,9 Prozent der Kindergärten ganztägig und ohne Mittagspause offen.

Ich möchte hier betonen, daß durch den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze auch Impulse für den Arbeitsmarkt gesetzt werden, nämlich im Hinblick auf die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze für Frauen. Wir treten daher auch dafür ein, daß das Betreuungspersonal, aber auch die Tagesmütter gut ausgebildet und selbstverständlich arbeits- und sozialrechtlich abgesichert sein müssen. Das betrifft auch die Privatkindergärten, Frau Kollegin Schaffenrath! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch eine Anmerkung zur steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten. Es stellt sich die Frage, wer diese Aufwendungen dann absetzen kann. – Absetzen können nur jene, die etwas mehr verdienen. Im aktuellen Vorschlag der Sozialdemokraten zur Reform der Familienförderung haben wir zusätzlich weitere 600 Millionen Schilling für Kinderbetreuungseinrichtungen vorgesehen. Ich freue mich darüber, vom Koalitionspartner diesbezüglich bereits Signale der Zustimmung erhalten zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich erwähnen, daß meine Fraktion selbstverständlich den Vorschlag von Frauenministerin Prammer unterstützt, ein Bundesrahmengesetz für Kinderbetreuung zu schaffen, das bundesweit einen einheitlichen Standard sicherstellen soll, ohne damit die regionalen Zuständigkeiten auszuhöhlen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.22


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106. Sitzung / Seite 224

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.22

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man am heutigen Tag den Debatten gefolgt ist – spätestens seit der Dringlichen Anfrage –, müßte man eigentlich der Meinung sein, daß Sie alle zustimmen werden, vor allem auch die sozialdemokratische Fraktion. Nach dem, was der Kanzler für die ganze Bundesregierung und die Koalition gesagt hat, müßten Sie alle zustimmen. Denn er hat heute nicht nur erzählt, daß das ein Schwerpunkt ist, den die Bundesregierung selbstverständlich setzt, sondern er hat auch gesagt, daß zusätzlich 600 Millionen Schilling dafür zur Verfügung gestellt werden. – Ja dann! Wenn ohnehin zusätzlich 600 Millionen zu den im vorigen Jahr veranschlagten und großteils verbrauchten 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden, was hindert Sie dann daran, unserem Antrag zuzustimmen? Vielleicht hat Ihnen diese Erkenntnis in der Ausschußsitzung noch gefehlt, das kann sein, denn das war ja heute offensichtlich eine neue Botschaft. Aber dann könnten Sie sehr wohl jetzt im Plenum diesem Antrag zustimmen! Denn sonst besteht ein Widerspruch, wenn der Kanzler am Nachmittag feststellt, daß das ein Schwerpunkt ist, und ankündigt, daß dafür zusätzlich weitere 600 Millionen Schilling ausgegeben werden: Warum stimmen Sie diesem Antrag dann nicht zu? Dafür gibt es überhaupt keine Erklärung!

Frau Abgeordnete Mertel! Ihre Rede klingt wirklich wie ein Glaubensbekenntnis, wenn Sie sagen: Wir waren, sind und werden immer diejenigen sein, die den zügigen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vorangetrieben haben beziehungsweise vorantreiben. – Allerdings stimmt das mit der Realität nicht überein! (Abg. Dr. Mertel: In welchen Punkten stimmt das mit der Realität nicht überein?) Aber es haben vermutlich Glaubensbekenntnisse so an sich, daß sie immer nur auf gutem Glauben gründen und nicht auf dem realen Zustand! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Mertel: Was Realität ist, bestimmen Sie?) Der reale Zustand ist noch immer – wie Sie in Ihrer Rede selbst gesagt haben –, daß Kinderbetreuungseinrichtungen vor allem in westlichen Bundesländern fehlen, daß Kinderbetreuungseinrichtungen für die Null- bis Dreijährigen fehlen und daß vor allem ganztägige Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen.

All das wissen wir! Schauen Sie in Ihre eigene Gewerkschaftszeitung! In der letzten Nummer war eine ganze Doppelseite diesem Thema gewidmet. Lesen Sie sich das durch! In der letzten, brandneuen Nummer Ihrer Gewerkschaftszeitung von dieser Woche werden die Karrieren oder Nicht-Karrieren der Frauen beschrieben. (Abg. Dr. Mertel: Was hat das mit Kinderbetreuungseinrichtungen zu tun?) Es werden zwei Fallbeispiele genannt. Eine Frau, die in einer leitenden Position tätig war, kommt aus der Karenz zurück und findet den Einstieg nicht mehr. Es wird genau geschildert, daß sie keine Kinderbetreuungsmöglichkeit findet und daher über kurz oder lang aus dem Beruf ausscheiden muß.

Zweiter Fall: Eine Frau – auch mit mehreren Kindern – steigt wieder ein. In diesem Fall kann aber die Großmutter die Kinder betreuen. Daher kann die Frau Karriere machen, und sie steigt weiter auf. Eine wunderbare Situation! Nichts schildert das Problem, woran es mangelt, besser als die Gegenüberstellung dieser beiden Beispiele in Ihrer eigenen Hauspostille, der Gewerkschaftszeitung. Also bitte: Warum stimmen Sie dann nicht zu?

Sehen Sie: Es ist ein ewiges Gwirks, wer jetzt eigentlich dafür zuständig ist: die Länder oder der Bund? Natürlich sind die Länder zuständig, aber der Bund soll Motivation geben und Anreize schaffen! (Abg. Dr. Mertel: Der Bund gibt 600 Millionen!) Das war ein gutes Beispiel, wenn es auch nur 600 Millionen Schilling sind und nicht 1 Milliarde! Der Bund soll das weiter tun! Daher geht unser Antrag gemäß Artikel 15 B-VG in die Richtung, daß Bund und Länder zu einer gemeinsamen Finanzierung von jedenfalls 1 Milliarde Schilling jährlich beitragen sollen.

Das war ein Wahlversprechen des damaligen Bundeskanzlers und SP-Spitzenkandidaten Vranitzky aus dem Jahre 1994. Es ist beschämend genug, daß es bis zum Jahre 1997 gedauert hat, bis das realisiert wurde. Ihre Frauenministerin hat im Jahre 1995 in einem Presseinterview


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106. Sitzung / Seite 225

gesagt, daß eine jährliche Kindergartenmilliarde schön, richtig und wichtig wäre. Und Ihr jetziger Bundeskanzler hat heute gesagt: Das ist ein Schwerpunkt, und wir werden so weitermachen. – Dann stimmen Sie doch bitte zu! Zeigen Sie hinsichtlich eines einzigen Punktes des Frauen-Volksbegehrens Seriosität! Raffen Sie sich doch auf und zeigen Sie Seriosität! (Beifall bei den Grünen.) Sie dürfen, nachdem Ihnen der Bundeskanzler das heute von da heraußen mitgeteilt hat, dem Antrag zustimmen! Sie würden Ihr Gesicht einmal wahren! Das würde sich auszahlen! (Beifall bei den Grünen.)

23.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Haller. – Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

23.27

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollegin Kammerlander, ich werde Ihnen gleich sagen, warum wir Freiheitlichen Ihrem Antrag nicht zustimmen konnten. (Abg. Mag. Kammerlander: Das haben wir auch nicht erwartet!) Es geht um einen einzigen Punkt, mit allen anderen könnten wir einverstanden sein.

Wenn Sie heute die Frühnachrichten gehört haben, dann haben Sie vielleicht auch vernommen, daß beklagt wird, daß jetzt offenkundig wird, daß es in Wien und Niederösterreich zuwenig Kinderbetreuungsplätze für Kleinkinder gibt, weil die Verkürzung der Karenzzeit in Kraft getreten ist, was völlig neu ist. – Wir Freiheitlichen weisen schon seit längerer Zeit darauf hin!

Eine befragte Hortleiterin hat auch bestätigt, daß es keine Plätze mehr gibt. Sie hat aber folgendes dazu gesagt: Die Plätze sind zwar ausgebucht, aber die kleinen Kinder bleiben nur kurze Zeit, das heißt, man gibt sie nicht den ganzen Tag in Betreuung.

Heute am Nachmittag haben wir die Ankündigung des Bundeskanzlers Klima gehört, daß weitere 600 Millionen Schilling für Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden sollen. Meiner Überzeugung nach ist das ein Eingeständnis von Fehlern, die man bei der Investition der ersten 600 Millionen Schilling gemacht hat!

Daß nach wie vor Notwendigkeit besteht, ist unbestritten. In einer Anfragebeantwortung im Zusammenhang mit den heurigen Budgetverhandlungen hat der Herr Bundesminister für Jugend und Familie gesagt, daß von den damals 624 Förderungsansuchen insgesamt 509 öffentliche Kindergartenplätze betroffen haben. Vier Fünftel der Gelder sind also an öffentliche Kindergärten geflossen! Wir alle wissen allerdings, daß gerade die öffentlichen Kindergärten nicht so flexibel hinsichtlich der Öffnungszeiten sind, daß die öffentlichen Kindergärten nicht geeignet sind für Kinder von null bis drei Jahren, also für Kinder im Babyalter. Vier Fünftel dieser Gelder sind aber dennoch in diesen Bereich geflossen!

An und für sich hätte dieser Antrag der Grünen unsere Zustimmung finden können. – Ich weiß schon, die Grünen legen keinen Wert darauf! Aber wir sind mit dem Punkt nicht einverstanden, daß man für Kleinkinder von null bis drei Jahren institutionelle Betreuung haben will, obwohl das nicht dem Willen der Österreicher und Österreicherinnen entspricht.

Es gibt ja genügend Umfrageergebnisse, die klar und eindeutig belegen, daß Herr und Frau Österreicher unisono der Meinung sind, daß kleine Kinder, Kinder im Babyalter wenn schon nicht zu Hause bleiben, so zumindest in familialen Betreuungsformen aufgenommen werden sollten. Deshalb ist es traurig, daß von den insgesamt 624 Förderungsansuchen nur 17 Auszahlungen an Tagesmütter erfolgt sind. Da gibt es immer noch Defizite.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß derzeit eine Überprüfung des Projektes Kinderbetreuungsscheck stattfindet. Dazu wird nach einer Auskunft, die ich heute bekommen habe, in spätestens zwei Monaten ein Rohbericht vorliegen, der dann – je nach dem Willen des Bundesministers – veröffentlicht werden wird oder nicht. Darüber, daß wir in diesem Bereich noch Nachholbedarf haben, bin ich mit den Grünen einer Meinung. Aber wie man das macht und daß man nicht wieder die gleichen alten Fehler begehen darf, darauf möchten wir Freiheitlichen besonders vehement hinweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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106. Sitzung / Seite 226

23.31


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106. Sitzung / Seite 227

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Sonja Moser vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.31

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kinder sind der Ausdruck der kreativen Generativität des Menschen, und ohne Kinder werden wir Barbaren. Das sagt uns Hartmut von Hentig. Der Schwerpunkt zur Kinderbetreuung, den ich letztes Jahr im Parlament gesetzt hatte, umfaßte sieben Gesprächsrunden. Ich will Ihnen daraus einige Streiflichter präsentieren.

Professor Zulehner: Mehr als bisher sollte die Familie vom Kind her entworfen werden, und so wichtig und unverzichtbar familiale Lebensräume für Erwachsene als Obdach der Seele werden zum Gegengewicht gegen die bedrohlichen psychischen Obdachlosigkeiten und unverzichtbar sind, sollte der Begriff der Familie doch für jene Lebensräume verwendet werden, in denen Erwachsene für ein oder mehrere Kinder einen gedeihlichen Lebensraum schaffen, geprägt von Stabilität und Liebe. In unserer Kultur stören Kinder. Sie stören in den Kirchen, in den Betrieben, bei den vielen öffentlichen Veranstaltungen, sie stören das Life-Design von Vätern – diese überlassen die Kinder den Frauen –, aber auch von Müttern: sei es im Zuge der Entkoppelung von Frau und Mutterschaft, sei es aber einfach auch wegen der Unvereinbarkeit von Familienwelt und Arbeitswelt. Kinder sind dadurch in Gefahr, in einen sozialen Entsorgungssog zu geraten. Trachten wir danach, daß wir nicht selbst im Alter ent sorgt werden!

Es ist daher politisch jene Voraussetzung zu schaffen, die es Mutter und Vater ermöglicht, dem Kind ausreichend Zeit, Zuwendung und Auseinandersetzung zu geben. Zu diesem Zweck sind Familien- und Arbeitswelt besser als bisher aufeinander abzustimmen – derzeit wird die Familienwelt der Erwerbswelt zugeordnet –, und neue Formen der Lebensarbeitszeitverteilung und Kinderbetreuung könnten dazu beitragen.

Der Humanbiologe Professor Seidler führte aus, daß das Großhirn des Menschenkindes nach der Geburt noch in einem sehr unreifen Zustand ist, daß die sensibelste Zeit der Kinder zwischen null und vier Jahren liegt und daß dementsprechend die Kinderbetreuung Rücksicht auf diese Dinge nehmen muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Die Erwachsenen auch!)

Wir wissen um die Entwicklungsschritte und kognitiven Stufen unserer Kleinen. Wir wissen aber auch, daß Angst- und Streßzustände unserer Kleinen in falscher Kinderbetreuung lebensbegleitende Traumata zur Folge haben. Sie sind in Blut, Harn und Speichel nachzuweisen.

Wir haben also dafür zu sorgen, daß altersgemäße, qualitätsvolle Kinderbetreuung angeboten und innovative und institutionelle Kinderbetreuung von unserer Seite aus forciert wird. Ich bin sehr froh darüber, daß unser Familienminister schon längst neuerlich 600 Millionen Schilling gefordert hat, um den weiteren Ausbau und beste Angebote zu garantieren. (Beifall bei der ÖVP.)

23.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, den Bericht 1000 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

25. Punkt

Erstattung eines Vorschlages für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Im Einvernehmen mit den Klubs schlage ich gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Durchführung einer Debatte vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieses Begehren ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

23.36

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes werden in Österreich – und das ist gut so – von den Spitzenorganen unserer Verfassung kreiert und bestellt: zur einen Hälfte von der Bundesregierung, zur anderen Hälfte von den gesetzgebenden Körperschaften. Das ist – wie eine französische vergleichende verfassungsrechtliche Studie nachweist – ein sicheres Indiz dafür, daß in Österreich die Unabhängigkeit dieses Gerichtes garantiert ist.

Wir haben uns bei der vorliegenden Bestellung sehr viel Mühe gegeben. Wir haben das erste Mal ein Hearing durchgeführt und alle 24 Kandidaten, die sich nach einer öffentlichen Ausschreibung gemeldet hatten, angehört und mit ihnen diskutiert. Dabei konnten wir ein breites Bild von sehr anerkennenswerten und beachtenswerten Qualifikationen feststellen, ebenso ein hohes Engagement, das dieser Funktion durchaus entspricht.

Diese öffentliche Ausschreibung hatte das Ziel, möglichst viele zu bewegen, sich zu bewerben. Sie sollte dem Verfassungsgesetzgeber, dem Nationalrat, die Auswahl bei dieser Bestellung erleichtern und diese auf eine breitere Basis stellen. Zu meinem Bedauern muß ich feststellen, daß uns das nicht in jeder Hinsicht gelungen ist. Es haben sich bedauerlicherweise nur zwei Frauen gemeldet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten bei der Auswahl alle Kriterien für die Bestellung mitzuberücksichtigen. Eines der Kriterien war, daß unser Verfassungsgerichtshof aus einem beruflichen Mix besteht, aus einer Mischung aller Berufe aus dem rechtswissenschaftlichen Bereich. Die zu bestellende Funktion ist eine, die bisher von einem Freiberufler, einem Rechtsanwalt, eingenommen wurde. Bedauerlicherweise hatte sich keine Rechtsanwältin und keine Freiberuflerin für diese Position gemeldet. Daher haben wir uns auch unter den Männern umgesehen und haben ein Anbot gefunden, bei dem es sich um hohe juristische Qualifikation auf der einen Seite handelt, aber auch um vielfältige berufliche Erfahrung unter Einschluß einer langjährigen Erfahrung als Rechtsanwalt auf der anderen Seite.

Wir haben uns daher nach reiflicher Überlegung für Herrn Dr. Müller entschieden. Er ist ein ausgezeichneter, hervorragender Jurist, der auch Anwalt, Richter und Beamter war und der im übrigen – das ist ein weiteres wesentliches Argument – in seiner Person wieder einen Konnex zwischen Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof zustande bringen wird. Er ist Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes und wird, wenn das Haus ihm die Mehrheit gibt – meine Fraktion wird das tun –, auch dem Verfassungsgerichtshof angehören.

Meine Damen und Herren! Es ist eine sehr gute Wahl, die ich Ihnen gemeinsam mit Kollegen Khol vorschlage. Ich bekenne mich zu diesem Vorschlag, und ich werbe um Ihre Stimme für Herrn Dr. Müller. Er ist ein unabhängiger, guter und hochqualifizierter Jurist. Geben Sie ihm Ihre Stimme! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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23.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, daß wir heute das Verfahren zur Erstellung von Wahlvorschlägen und eines Vorschlages an den Herrn Bundespräsidenten für ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes wieder um eine Stufe verbessert haben. Ich bin schon in diesem Haus gewesen, als es noch einen einzigen Vorschlag gab, über den offen abgestimmt wurde. Jetzt haben wir eine Ausschreibung, wir haben ein Hearing, und wir haben eine geheime Wahl.

Es gibt drei Wahlvorschläge. Ich muß sagen, daß es zutiefst befriedigend war, diese Anhörung durchzuführen, weil von den 24 Kandidaten ein deutlich überwiegender Teil hervorragend ausgebildete, einen hervorragenden Eindruck erweckende und gut geeignete Juristinnen und Juristen waren. Ich bin ausnahmsweise einmal mit Kollegin Stoisits einverstanden, da sie von der "Qual der Wahl" gesprochen hat. Denn meiner Ansicht nach sind alle drei Persönlichkeiten der Wahlvorschläge ausgezeichnete Kandidaten.

Kollegin Kucsko-Stadlmayer ist eine hervorragende Juristin und bereits Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes, Kollege Raschauer ist ein erstklassiger, hervorragender Jurist, der einen sehr guten Eindruck gemacht hat, und auch – das ist der Vorschlag, für den ich mich letztlich entschieden und den ich in meinem Klub vorgetragen habe – Hofrat Müller hat im Hearing einen erstklassigen Eindruck hinterlassen. Wie sich die Abgeordneten in der geheimen Wahl entscheiden werden, ist ihnen überlassen, aber ich habe ihnen vorgeschlagen, für Hofrat Müller die Stimme abzugeben. Warum habe ich ihn meinem Klub vorgeschlagen?

Erstens denke ich, daß die Karriere im Gerichtshof etwas ist, das wir berücksichtigen sollten. Wenn sich jemand als Ersatzmitglied bewährt hat, sollte er oder sie im Falle der Eignung dafür auch eine Chance haben, Mitglied zu werden. Der zweite Grund war, daß nur der Nationalrat und der Bundesrat die Möglichkeit haben, Kandidatinnen oder Kandidaten aus der Berufspraxis der freien Berufe vorzuschlagen; die Bundesregierung kann das nicht. Es ist uns daher ein Anliegen, daß die freien Berufe – insbesondere die Rechtsanwälte – im Verfassungsgerichtshof immer konstant mit einem gewissen Anteil vertreten sind. Ein Anwalt ist ausgeschieden, und ich denke, daß an dessen Stelle jetzt jemand treten sollte, der zwölf Jahre lang in der Anwaltschaft tätig war und daher über anwaltliche Berufserfahrung verfügt.

Dr. Müller ist Ersatzmitglied, er kommt aus dem freien Beruf der Anwaltschaft, und er hat im Hearing einen hervorragenden Eindruck gemacht. Auch ich werbe also bei allen Kolleginnen und Kollegen für die Stimme für Hofrat Müller. Ich möchte eines klar hinzufügen: Hätte sich eine Frau aus den freien Berufen beworben, so glaube ich, daß meine Unterstützung wahrscheinlich der Frau gegolten hätte (demonstrativer Beifall des Abg. Wabl ) , so, wie ich letztes Mal hier für Kucsko-Stadlmayer geworben habe, als wir sie auch gewählt haben.

Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist eine wichtige Entscheidung, die wir hiemit treffen. Zur Wahl stehen eine hervorragende Juristin und zwei hervorragende Juristen. Dennoch schlage ich Ihnen vor, Dr. Müller die Stimme zu geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

23.44

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist noch kein Jahr her, da hat der Bundeskanzler nach einem spektakulären Selbstmord einen Katalog aufgestellt, wie man objektiviert Posten besetzt und in Zukunft die Spitzenpositionen dieser Republik objektiviert mit geeigneten Kandidaten und Kandidatinnen besetzen wird. Wer heute die Abendausgabe des morgen erscheinenden "Kurier" zur Hand nimmt, kann folgendes nachlesen: Da kommt der Abgeordnete Khol bei der Klubklausur in seinen ÖVP-Klub und teilt voll Freude mit: "Peter Kostelka hat mich gerade angerufen, die SPÖ läßt Matzka fallen." – Ende des Zitats. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren, das ist die objektivierte Postenvergabe! Der Abgeordnete Khol hat jetzt gesagt, es seien alle Kandidaten vorstellbar; er hat vergessen, den Kollegen Matzka zu erwähnen. Meine Damen und Herren! Der Hintergrund dazu ist ein ganz übler Postenschacher, der sich hier abgespielt hat, und zwar schon seit Wochen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist schon seit Wochen in den Medien nachzuvollziehen. Da ist zunächst Frau Dr. Kucsko-Stadlmayer im Gespräch, weil die SPÖ ursprünglich die geschätzte Frau Höchstrichterin – sie ist derzeit noch in Ersatzfunktion – forciert hat. Dieser Vorschlag findet – entgegen dem, was Kollege Khol mit flötendem Ton gesagt hat – überhaupt nicht die Zustimmung der Österreichischen Volkspartei. Daraufhin wird gehandelt, und dann einigt man sich auf folgenden Deal: Die Österreichische Volkspartei – auch das geht heute aus dem "Kurier" hervor – bekommt ... (Abg. Dr. Brinek: Glauben Sie dem "Kurier" nicht alles!) Bitte? – Das ist ja Ihr Parteiorgan, da sitzen Ihre Leute drinnen, und die werden wohl darüber Bescheid wissen, was Sie mit der SPÖ im Rahmen der Einheitspartei ausgehandelt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Warum antwortet denn Haider nicht auf die "Kurier"-Fragen?)

Da wird ausgehandelt: Die ÖVP bekommt in der Piska-Nachfolge den Vizepräsidenten beim Verfassungsgerichtshof – es soll nämlich Herr Dr. Korinek dort Vizepräsident werden –, und gleichzeitig wird der ÖVP von den Sozialisten zugesichert, daß Herr Korinek später in der Nachfolge des Präsidenten Adamovich im Verfassungsgerichtshof zum Zug kommen soll, allerdings erst in fünf Jahren. (Abg. Dr. Kostelka: Waren Sie dabei? – Zwischenruf des Abg. Dr. Fischer. ) Nicht mir, Herr Präsident Fischer, müssen Sie das sagen. Das müssen Sie dem Kollegen Khol sagen, weil er es war, der seine Fraktion mit diesem Versprechen auf den Vorschlag vergattert hat, den Sie heute einbringen.

Meine Damen und Herren! So ist der Deal gelaufen: In fünf Jahren soll Herr Korinek Präsident werden, im Wissen darum, daß die SPÖ den Präsidenten ja schon dem Herrn Holzinger versprochen hat, der ebenfalls der SPÖ nahesteht. Das ist der Postenschacher, der sich hier abspielt! So laufen die Dinge! Jetzt sind Sie sich nicht mehr ganz einig, wer dem Andreas Khol was versprochen hat. Er hat es jedenfalls seinem Klub so berichtet und ihn auf diese Weise dazu gebracht, heute keinen CVer, keinen ÖVPler zu wählen, sondern einem sozialistischen Kandidaten die Stimme zu geben. Das ist der Hintergrund, meine Damen und Herren! (Abg. Kröll: Die anderen Zeitungen schreiben anders!)

Deswegen war dieses sogenannte objektivierte Verfahren eine Farce! Dort wurde überhaupt nichts ermittelt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es war eine Farce! Es war – um mit den Worten eines prominenten ÖVPlers zu sprechen – eine unwürdige Schau und sonst nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dort hat man honorige Juristen, Spitzenjuristen dieses Landes für kurze Statements hingeholt. Sie durften fünf Minuten lang Fragen beantworten, und dann hat man sie wieder zur Tür hinausgeschickt. So hat sich das Hearing abgespielt, meine Damen und Herren! Daher ist es kein Wunder, daß die SPÖ ursprünglich den Sektionschef Matzka, der ihr natürlich nahesteht, forcieren wollte. Jetzt plötzlich tut man so, als ob immer schon – als Ergebnis eines sensationellen Hearings – der Herr Müller der Beste gewesen sei. – Mitnichten, meine Damen und Herren!

Zuerst hätte es Kucsko-Stadlmayer, dann hätte es Matzka werden sollen, den eine starke Lobby – angeführt vom Herrn ehemaligen Innenminister Dr. Löschnak – gerne untergebracht hätte, weil er es im Innenministerium nicht mehr aushält und dort weg will. Jetzt hat man sich darauf geeinigt, den Postenschacher über den Herrn Müller abzuwickeln und heute ihn zu wählen, damit die ÖVP zur Position des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtes kommt. Sie benutzen den Verfassungsgerichtshof für Ihre schamlosen Postenspielchen! Sie haben nichts dazugelernt, sauber und glatt nichts aus den schäbigen Vorkommnissen der Vergangenheit dazugelernt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher wollen wir einigen in Ihren Reihen – da sitzen ja noch ein paar CVer, deren bundesbrüderliches Herz für einen der Bestqualifizierten schlagen könnte, nämlich für Herrn Dr. Bernhard Raschauer – heute Gelegenheit geben, Herrn Dr. Raschauer zu wählen. Er ging sicherlich als


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106. Sitzung / Seite 230

einer der Besten aus dem Hearing hervor, wäre aber auch sonst – wegen seiner wirklich beachtlichen Referenz- beziehungsweise Veröffentlichungsliste – bestens für die Funktion als Richter des Verfassungsgerichtshofes geeignet. Sie haben damit die Möglichkeit, das zu wiederholen, was selbst unter Erhard Busek möglich war, nämlich daß bei der Besetzung einer der höchsten Positionen in dieser Republik ein Kandidat tatsächlich einmal gegen das koalitionäre Abkommen und gegen die Mauschelei zum Zuge kommt.

Erinnern Sie sich, was unter Erhard Busek beim Rechnungshof möglich war! Fassen Sie sich ein Herz, haben Sie heute ein wenig Courage, und durchkreuzen Sie die Postenschacherplänchen der beiden Klubobleute Kostelka und Khol! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, Ihr Klub hat noch eine Restredezeit von 12 Minuten. – Bitte.

23.50

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon einiges gesagt worden, und es ist nicht einfach, von dieser Stelle aus nach so einem Hearing ruhig zu bleiben, wenn man sich in einer politischen Zeitreise wiederfindet: in einer politischen Zeitreise, in der wir jetzt nachvollziehen, was in der Berichterstattung bereits als Ergebnis dokumentiert ist.

Jetzt mögen Sie mir vielleicht zurufen: Das ist eine Frage des Journalismus, der da seine Blüten treibt! Aber ich sage Ihnen: Diese journalistischen Leistungen sind nur möglich, wenn sich die Redakteure auf gesicherte Informationen stützen können. Kein Redakteur kann etwas so präzise erfinden, daß es dann noch dazu annähernd gleichlautend in mehreren Zeitungen steht. Ich verhehle nicht, daß es einen sehr irritiert, wenn man sozusagen so provoziert wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Auch ist es eine Desavouierung aller 24 Kandidatinnen und Kandidaten (Abg. Mag. Stadler: So ist es!) , wenn sie praktisch über die Medien sechs oder sieben Stunden, bevor die Abstimmung stattfindet – das hängt vom jeweiligen Redaktionsschluß ab –, fix mitgeteilt bekommen, wie die geheime Abstimmung dieses Hauses ausgehen wird. Das ist unerfreulich und kein guter Dienst am obersten Organ, kein guter Dienst am Verfassungsgerichtshof und auch kein guter Dienst an den Mandatarinnen und Mandataren dieses Hauses, da sie hier letztlich vorgeführt bekommen, daß es in einzelnen Klubs einen sehr präzisen Klubzwang gibt, der sogar bei geheimen Abstimmungen so exakt wirkt, daß man, ohne sich zu blamieren, Journalisten schon Stunden vorher ein Ergebnis bekanntgeben kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das hat sich insbesondere nicht der durchaus sehr gut qualifizierte Kandidat Ihrer Wahl – das richtet sich an die Regierungsparteien – verdient, aber das hat sich auch sonst keiner der Kandidaten und Kandidatinnen verdient. Obwohl wir diese Zeitreise hier notgedrungen über uns ergehen lassen müssen, machen wir hiermit einen Vorschlag, den wir uns nach dem Hearing reiflich überlegt haben. Wir schlagen von dieser Stelle aus vor, Frau Professor Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer für diese Funktion zu wählen.

Wir bitten alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, sich bei dieser Wahl wirklich höchstpersönlich zu entscheiden und sich nicht davon leiten zu lassen, daß Klubobleute – aus welchen Gründen auch immer – eine Vereinbarung getroffen haben. (Beifall beim Liberalen Forum.) Denn wenn wir so weit kommen, daß Vereinbarungen von politischen Spitzenfunktionären das Wahlverhalten in geheimen Wahlen vorherbestimmen können, dann ist das sehr, sehr schade.

Kollege Kostelka! Wenn Sie meinen, daß ein beruflicher Mix notwendig ist, dann stimme ich Ihnen zu. Wenn Sie meinen, daß es Kriterien gibt, stimme ich Ihnen auch zu. Aber zeigen Sie mir eine Stelle in den Gesetzen, die wir vollziehen, wenn wir heute diese Wahl abwickeln, die vorschreibt, daß bei einem ganz bestimmten Fall, nämlich jetzt beim Fall der Nachbesetzung eines ausgeschiedenen früheren Rechtsanwaltes, eins zu eins mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin nachbesetzt werden muß.


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Das ist möglicherweise in Ihren Augen eine Usance, aber eine Usance, die offenbar eine versteinerte ist. Denn wir wissen, daß immer wieder Nachbesetzungen notwendig sind und daß der Verfassungsgerichtshof, wenn diesmal nicht mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin nachbesetzt werden würde, keineswegs notleidend werden würde, was die Anzahl der Rechtsanwälte in diesem Gremium anlangt. Notleidend ist er aber, was die Anzahl der Frauen in diesem Gremium anlangt – ohne jeden Zweifel! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn ich vor der Qual der Wahl stehe, unter mehreren annähernd gleich qualifizierten, aber in ihrem Spektrum selbstverständlich unterschiedlichen Individuen zu wählen, und einen Parameter zusätzlich einzubringen habe, dann ist das bei Ihnen, Herr Kollege Kostelka und Herr Kollege Khol, der Rechtsanwalt, jedoch bei uns ist es die Frau. Das sage ich Ihnen ganz deutlich! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daß Frau Dr. Kucsko-Stadlmayer bereits Ersatzmitglied ist, ist kein Grund, sie nicht zu wählen, sondern ganz im Gegenteil: Das ist – vor allem, wenn man weiß, daß sie in dieser Eigenschaft tatsächlich bereits eingesetzt wurde – ein guter Grund, sie zu wählen. Daß Dr. Müller Hofrat beim Verwaltungsgerichtshof und ebenfalls Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes ist, ist kein Grund, ihn nicht zu wählen, aber es wiegt nicht schwer genug gegen die Kandidatin Kucsko-Stadlmayer.

Sie bringen alle Ihre Argumente nur vor, um zu verbrämen, daß Sie sich auf eine politische Lösung geeinigt haben, die nicht dem Geist des Verfassungsgerichtshofes entspricht: nämlich hier in einer freien, geheimen Wahl den bestmöglichen Kandidaten oder die bestmögliche Kandidatin zu küren. Das entspricht dem nicht, und die öffentliche Vorausankündigung entspricht dem schon gar nicht. Ich meine, wenn wir diese politischen Unsitten nicht abstellen, dann erschüttert das nachhaltig das Vertrauen in unseren gesamten Rechtsstaat.

Herr Kollege Khol! Ich weiß, daß Sie das ungern hören. Sie hören es deswegen ungern, weil Sie wissen, daß es im Kern stimmt. Weil Ihnen aber irgendeine Parteiräson wichtiger ist, tun Sie etwas, das Sie, wenn Sie diese Parteiräson nicht beachten müßten, wahrscheinlich anders machen würden. Das ist eine Art von Pflichtauffassung, die gefährlich ist, denn sie führt dazu, daß es zu einer Verschiebung der Werte kommt. Die Zweck-Mittel-Relation wird gestört, und das Gewissen und die persönliche Entscheidung sind weniger wichtig als der Kadergehorsam. Es ist auch schade, wenn ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes damit beschwert wird, daß seine Geburtsstunde als Mitglied belastet ist durch einen unheiligen Pakt, durch eine Kugel, die in einem unheiligen Pakt gegossen worden ist, Freischütz-artig. Das ist nicht gut.

Daher bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, nochmals zu erwägen: Haben wir hier mehrere Vorschläge, die von der Qualität her annähernd gleichwertig sind? – Ich beziehe durchaus Professor Raschauer in diese Überlegungen mit ein, denn auch er hat auf mich einen ganz hervorragenden Eindruck gemacht. Trotzdem haben wir bei unserem Vorschlag im Zweifel für die Frau entschieden, nicht jedoch in dem Sinn, daß sie eine Alibifrau wäre.

Herr Kollege Kostelka und Herr Kollege Khol! "Wenn sich nur eine Rechtsanwältin beworben hätte", haben Sie gesagt. Wäre dann die Qualifikation nicht wichtig gewesen? Hätte es Ihnen genügt, daß es eine Rechtsanwältin ist? Einfach nur so, damit sie die Formerfordernisse erfüllt? – Das ist zuwenig. Wenn sie nur eine Alibifrau gewesen wäre, hätten wir uns nicht entschlossen, Frau Professor Kucsko-Stadlmayer vorzuschlagen. Aber wir halten sie für den anderen Kandidaten ebenbürtig, die heute schon vorgeschlagen worden sind, und da kann man auswählen.

Daher bitte ich Sie, noch einmal zu überlegen, ob es nicht auch für die Entscheidungsqualität dieses Gremiums besser wäre, wenn auch eine bessere Ausgewogenheit der persönlichen Sichtweisen, die jeder Jurist zusätzlich neben seiner fachlichen Qualifikation in sich trägt, miteinfließt. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß in Gremien mit einem relativ höheren Frauenanteil manche Diskussionen einfach anders laufen – glauben Sie mir das! –, und zwar in einem angenehmen, positiven Sinn.


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Gerade ein oberstes Gericht, ein Gerichtshof des öffentlichen Rechtes, der Letztrecht spricht, kann in seiner Zusammensetzung nie gut genug ausgewogen sein. Daher bitte ich um ein Votum für die von uns vorgeschlagene Frau Professor Kucsko-Stadlmayer. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

23.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Wabl hat sich zur Geschäftsbehandlung gemeldet. – Bitte.

23.59

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! In dieser Debatte wird über die Wahl eines Verfassungsrichters oder einer Verfassungsrichterin diskutiert. Offensichtlich ist durch die Vorgespräche und durch die Absprachen entschieden dem Geist der Demokratie und der Verfassung widersprochen worden.

Ich ersuche Sie, eine Sitzungsunterbrechung vorzunehmen, damit diese Vorfälle besprochen werden können, und zwar im Geiste dessen, was Kollege Kier jetzt gesagt hat: Es ist untragbar, daß ein Verfassungsrichter gewählt wird und dabei im Vorfeld offenbar ganz gewöhnliche Pakte unter Parteien abgeschlossen worden sind, wodurch die geheime Wahl desavouiert wird. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

0.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ihre politische Kritik, die Sie vorbringen, ist durchaus legitim. Es ist dies aber kein Anlaß, die Sitzung zu unterbrechen!

Wir setzen daher in der Debatte fort. (Abg. Dr. Niederwieser: Wabl! Du mußt dir etwas Besseres einfallen lassen!)

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

0.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

"Die allgemeine Forderung nach entsprechender Repräsentanz von Frauen in den gesetzgebenden Körperschaften, im öffentlichen Dienst und in Spitzenpositionen der Privatwirtschaft wurde immer wieder aufgestellt, und sukzessive ist es gelungen, Frauen vermehrt zu berücksichtigen.

Die unterzeichneten Abgeordneten vertreten die Auffassung, daß gerade im Hinblick auf die Prüfungstätigkeit des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes das Einbringen weiblicher Sozialisationserfahrung für die Rechtsfindung eine Bereicherung wäre.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, bei den nächsten Ernennungen zu Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes dem Herrn Bundespräsidenten zur Gewährleistung der Repräsentanz von Frauen im österreichischen Verfassungsgerichtshof Frauen vorzuschlagen."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hlavac, Korosec, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen/Genossinnen an die Bundesregierung fand damals die Zustimmung aller Mitglieder des Nationalrates.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lang ist es noch nicht her, daß Sie alle einstimmig der Auffassung waren, daß im Lichte unter anderem auch der Prüfung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes das Einbringen weiblicher Sozialisationserfahrung in den Verfassungsgerichtshof eine erhebliche Angelegenheit wäre. Sie haben daher damals, meine Damen und Herren,


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alle ganz einmütig und gemeinsam die Bundesregierung ersucht, bei den nächsten Ernennungen – Sie formulierten das eindeutig im Plural! – zu Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes dem Herrn Bundespräsidenten Frauen vorzuschlagen.

Meine geschätzten Kolleginnen – ich spreche jetzt vor allem Sie an! – und Kollegen! Haben Sie ein so kurzes Gedächtnis, daß Sie sich daran nicht mehr erinnern? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kenne Herrn Hofrat Dr. Rudolf Müller seit meinen allerersten Studientagen, und ich schätze Herrn Dr. Müller. Damals war er vielleicht sogar noch Konzipient oder bereits Rechtsanwalt. Ich kenne ihn seit 20 Jahren, und ich kenne ihn als einen hochqualifizierten Juristen in allen Funktionen, die er hatte, und in allen Berufen, die er ausgeübt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen ausdrücklich feststellen, daß ich vor allem auch nach dem Hearing absolut nicht den geringsten Zweifel an der höchsten Qualifikation des Herrn Hofrates Dr. Müller habe und daß ich, sollte er von Ihnen dem Bundespräsidenten vorgeschlagen und gewählt werden, nicht an seinen Fähigkeiten und an seiner Möglichkeit, im Sinne der gesamtösterreichischen Bevölkerung zu judizieren, zweifle.

Von den 14 Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes, einschließlich Präsident und Vizepräsident, sind jedoch noch immer bloß zwei Mitglieder Frauen. Zwei von 14, das ist wahrlich kein hoher Prozentsatz, der ein besonderes Ruhmesblatt für den Verfassungsgerichtshof als Gremium, aber erst recht für jene wäre, die Mitglieder eines Verfassungsgerichtshofes wählen respektive den Vorschlag für deren Entsendung machen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war – und jetzt möchte ich auf Herrn Mag. Stadler replizieren –, so wie andere Kolleginnen und Kollegen, auch sechs Stunden bei diesem Hearing anwesend, und ich war von diesem Hearing und von der Idee, dieses stattfinden zu lassen, sehr beeindruckt. Wir haben, wie Klubobmann Khol gesagt hat, die Qual der Wahl. Das stimmt wirklich! Ich war beeindruckt von der Höhe der Qualifikation sehr vieler Damen und Herren, die sich uns dort präsentiert und unsere Fragen beantwortet haben – auch über den Kreis jener, die heute vorgeschlagen werden, hinaus. Denn die Fraktionen haben sinnvollerweise nur die Möglichkeit, einen vorzuschlagen, weil sie sich auch nur für einen entscheiden können. Das möchte ich ausdrücklich betonen: Nicht nur jene drei, Frau Dr. Kuksco-Stadlmayer, Herr Dr. Müller und Herr Dr. Raschauer, schienen mir hochqualifiziert, auch zahlreiche weitere Bewerberinnen und Bewerber.

Herr Dr. Kostelka! Wenn nicht nur die Damen von SPÖ und ÖVP ein kurzes Gedächtnis haben, sondern vor allem Sie – denn der Vorschlag, Frau Dr. Kuksco-Stadlmayer zum Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes zu ernennen, ist unter anderem auch Ihrer damaligen Initiative zu verdanken gewesen –, und wenn Sie jetzt die Qualifikation von Frau Professor Dr. Kuksco-Stadlmayer als zwar hervorragend, aber als doch nicht so gut wie die eines Mannes bezeichnen, dann bin ich, gelinde gesagt, ein wenig verwundert!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie noch einmal an Ihre eigenen Forderungen an die Bundesregierung erinnern. Es ist offensichtlich leicht für Abgeordnete, an jemanden anderen eine Forderung zu richten und sich dann sozusagen außer Obligo zu befinden, ob diese erfüllt wird oder nicht. Wenn es jedoch um ihre eigene Verantwortung geht, dann schrecken Sie zurück!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb werbe ich jetzt – so wie meine Vorredner auch – um die Stimme für jene Kandidatin, die uns als die Qualifizierteste im Kreis vieler Hochqualifizierter erschien und die auch dieses Manko, nämlich der Tatsache, daß die Repräsentanz von Frauen immer noch so bescheiden ist, ein wenig ausgleichen könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soweit mein Beitrag zu dieser heutigen Debatte. – Herr Dr. Kostelka hat außerdem Konnexe hergestellt und darüber reflektiert, ob ein bisheriges Ersatzmitglied schon eine besondere Qualifikation einbringt. Es trifft im übrigen sowohl auf Frau Dr. Kuksco-Stadlmayer als auch auf eine weitere weibliche Bewerberin zu, daß sie Erfahrung im Judizieren bei einem Höchstgericht haben, und auch auf einige andere männliche Bewerber.


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106. Sitzung / Seite 234

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte damit schließen und Sie bitten: Denken Sie noch einmal nach! Ich möchte jetzt Herrn Dr. Müllers Qualifikation in keiner Weise schmälern, aber: Es ist Zeit für Frauen im Verfassungsgerichtshof! Wahren Sie diese Chance, die wir haben und die wir nicht mehr sehr lange im Nationalrat haben, denn jene, die in nächster Zeit aus Altersgründen ausscheiden, haben nicht die Möglichkeit, von diesem Kreis von Personen vorgeschlagen beziehungsweise gewählt zu werden, sondern dann werden wieder andere am Zug sein! Lassen Sie diese Gelegenheit nicht ungenützt verstreichen! (Beifall bei den Grünen.)

0.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Herr Abgeordneter, die Restredezeit für Ihre Fraktion beträgt 6 Minuten, und ich stelle die Uhr daher auf 6 Minuten ein. – Bitte.

0.09

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Vertrauen in die Rechtspflege ist eines der Fundamente unseres Rechtstaates. Dieses Vertrauen kann naturgemäß nur dann bestehen, wenn auch Vertrauen in die Besetzungsvorgänge der Richterschaft besteht.

Wir haben in der gesamten Richterschaft in Österreich – mit Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes – das Prinzip der Selbstergänzung. Ich gebe zu, daß aus verfassungsrechtlichen Gründen Verfassungsrichter, zumindest teilweise, etwa durch die Regierung oder durch gesetzgebende Körperschaften zu bestellen sind.

Es ist allerdings generell eine Systemkritik anzubringen: Man sollte hinterfragen, ob die Systematik der Bestellung, nämlich 50 Prozent der Richter durch die Bundesregierung und 50 Prozent der Richter durch den Nationalrat, wirklich das Gelbe vom Ei ist, also jenem pluralistischen Ansatz entspricht, den die Bundesverfassung uns vorgibt. Daß sich die Bundesregierung Kandidaten aus ihrem Bereich aussucht, ist nicht unplausibel. Im Nationalrat werden die Verfassungsrichter von der Mehrheit bestellt, und die Mehrheit wird vertreten durch jene Parteien, die in der Regierung vertreten sind. Es handelt sich also in Wirklichkeit um eine Verdoppelung, und daß das dem Pluralismus entspricht, das wird wohl hier niemand glauben! Daher müßte man bei der Systemkritik beginnen und verlangen, daß zumindest 50 Prozent entweder im Sinn der Selbstergänzung nachbesetzt werden oder aber daß es einen pluralistischen Besetzungsmechanismus gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe vom Vertrauen in die Rechtspflege und in die Bestellungsvorgänge gesprochen. Herr Kollege Khol! Ein objektiver Betrachter des Hearings oder auch dieser Debatte kann hingegen wohl nicht davon ausgehen, daß Sie diesem Vertrauen entsprochen haben. Und ich werde Ihnen jetzt sagen, aus welchem Grund Ihre Argumentation eine bloße Scheinargumentation ist.

Sie sagen, daß lediglich die gesetzgebenden Körperschaften verhalten und in der Lage sind, Verfassungsrichter aus der freiberuflichen Praxis, aus der Anwaltspraxis, zu nominieren. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht! Das war aber das einzige Argument, das Sie für Herrn Dr. Müller ins Treffen führen konnten. (Abg. Dr. Khol: Nein, ich habe drei Argumente gebracht: das Hearing, das Ersatzmitglied und den Rechtsanwalt!) Wenn Sie sagen, daß von diesem Bestellungsvorgang nicht abgegangen werden soll und wieder einer aus dem Stand der Rechtsanwälte, also ein Freiberufler, bestellt werden soll, dann muß man doch eindeutig und unmißverständlich sagen, daß Ihre Argumentation nicht zutrifft, wenn derjenige, für den Sie argumentieren, seit 1989 nicht mehr dem Rechtsanwaltsstand angehört, sondern Richter des Verwaltungsgerichtshofes ist.

Daß Ihre Argumentation eine bloße Scheinargumentation ist, beweist auch Ihre Ausrede, wenn Sie sagen: Wenn sich eine Anwältin beworben hätte, dann hätte sie selbstverständlich den Zuschlag erhalten. – Daß diese Argumentation Ausdruck einer Konfusion ist, ist wohl auch klar! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn es kann doch nicht genügen, daß jemand, der aus dem


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Anwaltstand stammt und weiblich ist, als einziger per se die Voraussetzungen für diese Position im Verfassungsgerichtshof aufweist. Diese Argumentation können Sie wohl selbst nicht glauben!

Ich habe hingegen den Verdacht, Herr Professor Khol, daß Frau Dr. Kuksco-Stadlmayer bewußt als Ablenkungskandidatin nominiert wurde, damit man sich letztlich auf einen nicht ganz in der Wolle rot eingefärbten, aber doch der Sozialdemokratie nahestehenden Kandidaten einigen kann.

Etwas möchte ich Ihnen noch sagen: Es hat Frau Kollegin Kuksco-Stadlmayer wahrscheinlich den Kopf gekostet, daß sie in ihren Bewerbungsunterlagen von parteipolitischer Distanz gesprochen hat. Denn "parteipolitische Distanz" läßt traditionsgemäß wahrscheinlich Verdachtsmomente in der Sozialdemokratie aufkommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Professor Khol! Sie haben gesagt, daß es sehr wichtig gewesen sei, einen Rechtsanwalt zu bestellen. Ich gebe zu, daß nicht alle sich bewerbenden Rechtsanwälte den Eindruck hinterlassen haben, den man von einem Mitglied des Verfassungsgerichtshofes erwarten würde, aber einer ganz bestimmt – und ich sage das nicht abschließend für alle anderen mit Umkehrschluß –, nämlich Herr Professor Dr. Laurer, ein praktizierender Anwalt, der sich habilitiert hat und Professor an der Wirtschaftsuniversität ist.

Somit komme ich zu dem Ergebnis: Die Sozialdemokratie wollte einen Sozialisten bestellen. Matzka war Ihnen, Herr Dr. Khol, zu prononciert sozialistisch. Daher haben Sie sich auf einen Kompromißkandidaten verstanden. Aber machen Sie bitte die Farce nicht komplett und entwürdigen Sie nicht dieses Hohe Haus, indem Sie jetzt vorspiegeln, daß die Tatsache der freiberuflichen Anwaltschaft Argumentation für Ihre Wahl gewesen sei. Das können Sie doch wohl selbst nicht glauben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Lassen Sie sich bitte von Ihrem Klubobmann – der wortwörtlich gemeint hat: Ich sage Ihnen, wieso ich mich für Dr. Müller entschieden habe! – nicht derart mit dem Nasenring hier herein und zur Abstimmung führen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. Die Redezeit, die Sie noch haben, beträgt 6 Minuten. – Bitte.

0.15

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! In diesem gemeinsamen Antrag, den Ihnen meine Kollegin Stoisits schon vorgelesen hat, steht auch:

"Bei gleicher Qualifikation von mehreren Bewerbern sollte Frauen bei der Ernennung der Vorrang gegeben werden."

Da erhebt sich natürlich die Frage: War diese gleiche Qualifikation gegeben oder nicht?

Wir haben von jenen, die beim Hearing waren, gehört – ich war ja nicht beim Hearing –, daß die Bewerber ausgezeichnet waren, und wir haben auch gehört, daß von der Qualifikation her mehrere Bewerber in Frage gekommen wären. Das allein kann es also nicht gewesen sein! Nach langjähriger Praxis in der Beobachtung dieser gleichen Qualifikation ist man aber stets überrascht, daß immer dann, wenn es um die gleiche Qualifikation geht, noch eine kleine "Zusatzqualifikation" dazukommt. Herr Kollege Kostelka! Sie haben sie genannt: Diesmal war es der "Berufsmix"! Wenn man sich dann aber die Bewerbung unter diesem Aspekt genauer anschaut, dann kann man feststellen, daß diesen Berufsmix mehrere Kandidaten und Kandidatinnen aufgewiesen hätten. Also kann das auch keine Begründung sein!

Herr Kollege Kostelka! Auch die Begründung, daß ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin gesucht wurden, trifft nicht zu, denn das war nicht die Voraussetzung für diese Wahl: Die Voraussetzung war eine bestimmte Qualifikation, und wenn man diesen Antrag und Beschluß, den


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der Nationalrat damals gefaßt hat, ernst nimmt, dann war eine weitere Voraussetzung, daß für den Fall, daß es gleiche Qualifikationen gibt, die Frauen in der Wahl zu bevorzugen sind.

Von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin war aber weder in einem Beschluß noch sonstwo die Rede. Dieses Argument stimmt also nicht! Es bleibt also – wie schon meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben – der schale Geschmack, daß es um etwas ganz anderes gegangen ist.

Ich will jetzt gar nicht darüber ausholen, worum es gegangen ist. Es ist auch legitim, wenn die Mehrheit in diesem Hause die Entscheidung trifft. Es ist nur ärgerlich, es ist betrüblich, wenn die Mehrheit in diesem Haus gegen einen Beschluß entscheidet, den ebenfalls diese Mehrheit im Haus vor einiger Zeit gefaßt hat, weil es Ihnen aus irgendwelchen Gründen nicht mehr in den Kram paßt und Sie sich daher an Ihre eigenen Beschlüsse nicht mehr erinnern können und über diese Beschlüsse hinweggehen.

Das macht vor allem auch unter dem Aspekt betroffen, daß wir gerade jetzt im Zuge des Frauen-Volksbegehrens wieder sehr oft, ausführlich und lange über die Verankerung der tatsächlichen Gleichberechtigung in der Bundesverfassung diskutiert und festgestellt haben, daß es nicht genügt, daß der formale Gleichbehandlungsgrundsatz verankert ist. Da das ins materielle Gesetz keinen Eingang finden kann, sind Abgeordnete dieses Hauses, zumindest teilweise, der Meinung, daß eine stärkere Verankerung vorgenommen werden muß, damit genau das nicht vorkommen kann, was sich jetzt ereignen wird, daß man sich nämlich über den Grundsatz der tatsächlichen Gleichbehandlung und Gleichberechtigung einfach mit Mehrheit hinwegsetzt!

Zum Schluß möchte ich noch etwas sagen – und auch das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt –: Nicht nur, daß Sie Ihren eigenen Beschluß ignorieren, nicht nur, daß Sie Frauen doch nicht die gleiche Qualifikation zuordnen, denn sonst müßten und würden Sie sie aus den Kandidatinnen und nicht aus den Kandidaten auswählen: Vielmehr stimmt es auch wirklich ärgerlich, wenn jetzt bereits in den Zeitungen zu lesen ist, wie entschieden wurde. So machen Sie eine geheime Abstimmung zur Farce, Sie machen ein Hearing, das vorher stattgefunden hat, zur Farce, und Sie machen einen parlamentarischen Prozeß zur Farce, wenn Sie Journalisten offensichtlich eine dermaßen verbindliche Auskunft Stunden vor der Abstimmung geben und eine derart verbindliche Aussage treffen, daß Journalisten, wie bereits von mehreren Zeitungen gesagt wurde, das als "unwiderruflich" und nicht als "wahrscheinlich" bezeichnen und in Druck geben können! In den Zeitungen steht eindeutig: Der Nationalrat hat abgestimmt und hat in einer geheimen Abstimmung entschieden.

Das stimmt mich am meisten bedenklich, denn das erinnert mich an einen Wahlvorgang, der einige Jahre zurückliegt. Damals ging es um markierte Stimmzettel, jetzt geht es um Garantieerklärungen betreffend das Wahlverhalten von an und für sich frei gewählten Mandataren. – Ich bin der Meinung, daß sich dieses Parlament das nicht verdient hat! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

0.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Abgeordneter Mag. Barmüller zu Wort gemeldet. Die restliche Redezeit für Sie, Herr Abgeordneter, beträgt 3 Minuten. – Bitte.

0.21

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einen Aspekt in die Diskussion einbringen.

Sie wissen, daß in diesem Hause sehr massiv darüber diskutiert wurde, daß es auch im Bereich des Verfassungsgerichtshofes eine Dissenting opinion geben soll. Es wird wesentlich sein, daß, wenn dieses Instrument kommt – das ist bereits zugesagt worden, es ist nur noch nicht umgesetzt –, im Rahmen des Verfassungsgerichtshofes auch Frauen eine entsprechende Stellung haben, damit sie nicht nur vereinzelt Meinungen kundtun können, sondern daß man dann auch sehen kann, wie weit es mit der Gleichbehandlung in Österreich bei den einzelnen Entscheidungen ernst gemeint ist oder nicht. Es ist daher notwendig, den Anteil der Frauen dort zu verstär


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ken. Deshalb ziehen wir auch den Schluß, daß das, was zwischen den großen Fraktionen vereinbart wurde, in Wahrheit eine primär parteipolitisch motivierte Absprache ist und die Entscheidung nicht nach sachlichen Kriterien gefallen ist.

Ich möchte noch an das anknüpfen, was Frau Abgeordnete Doris Kammerlander schon angesprochen hat, was auch meiner persönlichen Erfahrung entspricht: Wenn Sie offenbar Ihre Absprachen getroffen haben und in Ihren Klubs – obwohl es den Klubzwang natürlich nicht gibt – offensichtlich in der Lage waren, sicherzustellen, daß eine ausreichende Mehrheit für diesen Vorschlag stimmt, dann muß wohl zwangsläufig gesagt werden: Eine geheime Wahl findet in diesem Fall tatsächlich nicht mehr statt, denn Sie wissen das Ergebnis ja schon vorher!

Ich glaube, wir alle wären sehr mißtrauisch, wenn wir bei irgendeiner geheimen Wahl in irgendeinem Land oder zu irgendeiner Gelegenheit, schon bevor der Wahlvorgang überhaupt begonnen hat, bereits den Zeitungen entnehmen könnten, welche Person oder welche Partei gewählt worden ist oder nicht. Das ist dann in Wahrheit keine geheime Wahl mehr!

Meine Damen und Herren! Ich habe meine Lehren aus der damaligen Abstimmung gezogen, bei der ich es nicht als so problematisch empfunden habe, daß zwar nicht offensichtlich gemacht worden ist, wer welche Stimme abgegeben hat, bei der es aber um ... (Abg. Dr. Mertel: Sie haben einen Gesinnungswandel durchgemacht!) Frau Abgeordnete Mertel! Ich habe aus der damaligen Situation offenbar mehr gelernt als Sie! Herr Präsident Fischer hat damals zu Recht eine sehr restriktive Vorgangsweise gewählt, indem er den Wahlvorgang wiederholen ließ! Frau Abgeordnete! Es ist richtig, daß man in diesem Zusammenhang keine Abweichungen in irgendeiner Art und Weise in Richtung Kenntlichmachen des Stimmverhaltens duldet! Das ist die korrekte Vorgangsweise! (Abg. Schieder: Bei der Nationalratswahl weiß man auch schon vorher, daß Sie nicht die Stärksten werden, und dennoch ist es eine geheime Wahl!)

Herr Abgeordneter Schieder! Wenn es offenbar hier Möglichkeiten gibt, in Ihren Fraktionen sicherzustellen, daß Ihre Abgeordneten die entsprechende Stimme abgeben, sodaß Sie bereits Stunden vor dem Beginn des Abstimmungsvorgangs den Zeitungen sagen können, wen Sie wählen werden, dann wird eine geheime Wahl desavouiert! Sie sollten jetzt nicht, weil es eine parteipolitische Absprache gibt und es Ihnen daher zupaß kommt, so tun, als wäre es in Wahrheit kein Problem, wenn wir, obwohl es die ganze Zeit Objektivierungsversprechungen gegeben hat, jetzt offenbar schon bis ins zweite oder dritte Glied ausmachen können, wer wann wo und wie gewählt werden wird. Das lehnen wir ab, und wir empfehlen Ihnen: Besinnen Sie sich, bevor es zu spät ist! Denn zum gegebenen Zeitpunkt wird es vielleicht wichtig sein, auf seine eigene Glaubwürdigkeit pochen zu können. Lernen Sie dazu, so wie auch ich dazugelernt habe! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Wahl, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Ich gebe jetzt die Modalitäten der Wahl bekannt.

Meine Damen und Herren! Es liegen mehrere Wahlvorschläge vor. Zur Wahl stehen auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Khol Herr Dr. Rudolf Müller, auf Vorschlag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen Herr Universitätsprofessor Dr. Bernhard Raschauer und auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Dr. Petrovic Frau Universitätsprofessor Dr. Gabriele Kuksco-Stadlmayer.

Ich mache darauf aufmerksam, daß im Sinne des § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmzettel gültig sind, die den Namen eines anderen wählbaren Kandidaten enthalten.

Es liegt das geschäftsordnungsgemäß eingebrachte Verlangen vor, die Wahl in Wahlzellen durchzuführen. Ich gehe daher so vor.


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Die Parlamentsdirektion hat einen Stimmzettel vorbereitet, der die Namen der vorgeschlagenen Kandidaten und daneben rechts ein Kästchen enthält, ebenso eine Leerzeile, neben welcher sich auch ein Kästchen befindet.

Der Stimmzettel ist in der Weise auszufüllen, daß in dem Kästchen parallel zum Namen desjenigen Kandidaten, dessen Wahl gewünscht ist, ein Kreuz zu machen ist. Auf diese Art wird kenntlich gemacht, welcher der Kandidaten gewählt werden soll, wenn nicht ein anderer Name auf den Wahlvorschlag geschrieben wird.

Die einzelnen Mitglieder dieses Hauses werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen werden. Die Aushändigung der Stimmzettel wird durch die Parlamentsbediensteten vor dem Betreten der Wahlzelle erfolgen.

Ich unterbreche jetzt zunächst einmal die Sitzung ganz kurz, um die Wahl vorzubereiten. Ich bitte, die Wahlurnen aufzustellen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 0.26 Uhr unterbrochen und um 0.29 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Die Wahl ist nun vorbereitet.

Daher bitte ich die beiden Schriftführerinnen, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Reitsamer beginnt und wird dann von Frau Abgeordneter Apfelbeck abgelöst werden.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck treten die Abgeordneten in die Wahlzelle, füllen die Stimmzettel aus und werfen sie nach Verlassen der Wahlzelle in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Hat jemand seine Stimme noch nicht abgegeben? – Soweit ich feststellen kann, haben das alle getan.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich ersuche die Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführerinnen die Stimmenzählung vorzunehmen, und ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 0.54 Uhr unterbrochen und um 1.08 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte um Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Es wurden insgesamt 166 Stimmen abgegeben; davon waren 161 gültig.

Hievon entfielen auf Dr. Müller 87, auf Dr. Raschauer 45 und auf Dr. Kuksco-Stadlmayer 23 Stimmen. 5 Stimmen wurden für Dr. Hengstschläger abgegeben und 1 Stimme für Dr. Matzka.

Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 81.

Somit lautet der Vorschlag des Nationalrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes auf Dr. Rudolf Müller.

Das war das Wahlergebnis.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 672/A bis 675/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3522/J bis 3546/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 22. Jänner 1998, 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftliche Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die jetzige Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.12 Uhr

Berichtigung:

Im Protokoll der 66. Sitzung vom 19. März 1997 hat die Aufzählung der unter dem Buchstaben "S" angeführten Abgeordneten, die mit "Nein" stimmten, statt

"Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schöll, Schreiner, Schweitzer;"

richtig zu lauten:

"Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schreiner, Schweitzer;".

Im gleichen Protokoll, und zwar auf Seite 145, 10. Absatz, hat daher die Zahl der abgegebenen Stimmen statt "162" 161 und die Zahl der Nein-Stimmen statt "46" richtig 45 zu lauten.