Stenographisches Protokoll

135. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 25. Jänner 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

135. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 25. Jänner 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 25. Jänner 2006: 9.00 – 22.42 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 757/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das ASFINAG-Gesetz und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

4. Punkt: Protokoll über den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Inter­nationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Siche­rung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenom­menen Änderungen in der Neufassung des Protokolls vom 27. Juni 1997 samt Schlussakte

5. Punkt: Protokoll zur Neufassung des Internationalen Übereinkommens vom 13. De­zember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenommenen Änderungen samt Zusatzprotokoll und Schlussakte

6. Punkt: Bericht über den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teil­gebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/7

7. Punkt: Bericht über den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/8

8. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union

9. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 59, 61, 62, 64, 68, 69 und 71 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26 und 27


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10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz 1976 und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (744/A)

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Mag. Herbert Haupt ................................  20, 118

Angelobung des Abgeordneten Elmar Lichtenegger .............................................. 118

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 20

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Josef Cap betreffend Ankündigung eines Antrages auf Einberufung einer Sondersitzung ....................................................................................................... 39

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 39

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 40

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 40

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 732/A (E) betreffend Einleitung eines Verfahrens gemäß Art. 142 Abs. 1 lit. e B-VG gegen den LH von Kärnten, Dr. Jörg Haider, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 1. Feber 2006 zu setzen ........................................................................................... 41

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 41

Redner:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 172

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 175

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 176

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 177

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 179

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 181

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 460/A (E) betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzu­schusses gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 28. Feber 2006 zu setzen     ............................................................................................................................... 41

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung in Verbindung mit den §§ 57a und b der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte – Verlangen kann nicht Rechnung getragen werden ............................................................................................................................ 41

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 257


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Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 41

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich des illegalen Handels mit Sichtvermerken § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................................ 244

Bekanntgabe ................................................................................................................... 80

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 80

Redner:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 248

Walter Murauer ........................................................................................................... 251

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 252

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 253

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 255

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 257

Wortmeldungen betreffend Anwesenheit eines Regierungsmitgliedes während der Debatte über Tagesordnungspunkt 8:

Peter Schieder ............................................................................................................ 196

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 196

Aktuelle Stunde (33.)

Thema: „Behindertenpolitik: Gleiche Rechte für alle Menschen mit beson­deren Bedürfnissen“          ............................................................................................................................... 20

Redner/Rednerinnen:

Mag. Herbert Haupt ...................................................................................................... 20

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek ......................................................................... 23

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 26

Mag. Christine Lapp ..................................................................................................... 27

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 28

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 30

Barbara Riener ............................................................................................................. 31

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 33

Maximilian Walch ......................................................................................................... 35

Dieter Brosz .................................................................................................................. 36

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  38, 244

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Börseneinführungen (765/A) (E) ............................................................ 120

Begründung: Mag. Wilhelm Molterer ......................................................................... 124

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 129

Debatte:

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 135

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 138

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 140


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Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 142

Jakob Auer .................................................................................................................. 145

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 147

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 153

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 155

Maximilian Walch ....................................................................................................... 156

Michaela Sburny ......................................................................................................... 157

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 159

Renate Csörgits .......................................................................................................... 161

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 162

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 163

Walter Schopf ............................................................................................................. 165

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 166

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 167

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 168

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 169

Karl Öllinger ................................................................................................................ 170

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung der Post AG und Sicherung einer flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Ver­sorgung mit Postdienstleistungen sowie der Infrastruktur und der Beschäftigung im ländlichen Raum – Ablehnung .............................................................................  150, 172

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages [(765/A) (E)] (E 168) ............. 172

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 757/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geän­dert wird (9. FSG-Novelle) (1274 d.B.) ................................. 42

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ....................................................................................................................... 42

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 43

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 44

Anton Wattaul ............................................................................................................... 48

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 49

Johann Rädler .............................................................................................................. 50

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 51

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 52

Ing. Erwin Kaipel .......................................................................................................... 54

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ........................................................................ 54

Günter Kößl .................................................................................................................. 56

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 56

Peter Marizzi ................................................................................................................. 58

Anita Fleckl ................................................................................................................... 59

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorsorge gegen unverantwortliches Rasen („wenigstens 160 muss 160 bleiben!“) – Ablehnung               47, 60

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 59

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1262 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das


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ASFINAG-Gesetz und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert wer­den (1275 d.B.) .......................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 60

Kurt Eder ....................................................................................................................... 61

Anton Wattaul ............................................................................................................... 62

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 63

Peter Haubner ............................................................................................................... 65

Petra Bayr ..................................................................................................................... 65

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 66

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 68

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 68

Anton Heinzl ................................................................................................................. 69

Franz Glaser .................................................................................................................. 70

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 71

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 72

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 73

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ........................................................................ 74

Christoph Kainz ............................................................................................................ 75

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 76

Erwin Hornek ................................................................................................................ 76

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ....................................................................... 77

Martin Preineder ........................................................................................................... 78

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 79

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1191 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1263 d.B.) ............................................................... 80

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1260 d.B.): Protokoll über den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenommenen Änderungen in der Neufassung des Protokolls vom 27. Juni 1997 samt Schlussakte (1276 d.B.) ...................................................................................................................... 80

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1261 d.B.): Protokoll zur Neufassung des Internationalen Übereinkommens vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EURO­CONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenommenen Änderungen samt Zusatzprotokoll und Schlussakte (1277 d.B.) ....................................................... 80

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 81

Gerhard Steier .............................................................................................................. 83

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 83

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 85

Franz Xaver Böhm ....................................................................................................... 86

Markus Fauland ............................................................................................................ 87

Dipl.-Ing. Günther Hütl ................................................................................................. 88

Annahme des Gesetzentwurfes in 1263 d.B. ................................................................ 89

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1276 und 1277 d.B. .................................. 89


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Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1276 und 1277 d.B.                          90

6. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungs­bericht (III-158 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/7 (1242 d.B.)                90

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ..................................................................................................... 90

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 91

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 93

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 97

Rosemarie Schönpass ................................................................................................ 98

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ................................................................ 99

Hermann Gahr ............................................................................................................ 104

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 104

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 108

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 109

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 110

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 111

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser .................................................. 112

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 113

Detlev Neudeck (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 115

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 115

Christian Faul ............................................................................................................. 116

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 117

Kenntnisnahme des Berichtes ..................................................................................... 118

7. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungs­bericht (III-159 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/8 (1266 d.B.) ...................................................... 118

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 119

Alfred Schöls .............................................................................................................. 119

Karl Öllinger ................................................................................................................ 181

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 183

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 184

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 185

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 186

August Wöginger ....................................................................................................... 187

Hermann Krist ............................................................................................................ 188

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser .................................................. 189

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 191

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 192

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 192

Kenntnisnahme des Berichtes ..................................................................................... 194

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1265 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (1278 d.B.) ........................................................ 195

Redner/Rednerinnen:

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 195

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 196

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 197


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135. Sitzung / Seite 7

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 199

Karl Donabauer .......................................................................................................... 200

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 202

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 203

Christine Marek .......................................................................................................... 204

Peter Marizzi ............................................................................................................... 205

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 206

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 208

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 209

Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 210

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 210

Michael Praßl .............................................................................................................. 211

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 212

Peter Schieder ............................................................................................................ 213

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 214

9. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 59, 61, 62, 64, 68, 69 und 71 sowie über die Bürger­initiativen Nr. 26 und 27 (1267 d.B.) ....... 214

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 214

Karl Freund ................................................................................................................. 216

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 217

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 218

Anton Heinzl ............................................................................................................... 219

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 220

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 221

Markus Fauland .......................................................................................................... 223

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 223

Anton Doppler ............................................................................................................ 224

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 225

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 227

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 229

Astrid Stadler .............................................................................................................. 229

Gerhard Steier ............................................................................................................ 230

Norbert Sieber ............................................................................................................ 231

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 232

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 233

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 234

Johann Kurzbauer ...................................................................................................... 235

Petra Bayr ................................................................................................................... 235

Jochen Pack ................................................................................................................ 236

Dietmar Keck .............................................................................................................. 237

Anita Fleckl ................................................................................................................. 238

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 239

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 240

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kai Jan Krainer, Mag. Brigid Weinzinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Importverbot von Hunde- und Katzenfellen sowie Schaffung eines internationalen Kennzeichnungssystems von Fellen in verarbeiteten Kleidungsstücken – Annahme (E 169) ................................................................  222, 241


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135. Sitzung / Seite 8

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 241

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz 1976 und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (744/A) ............................................................................................................. 241

Redner/Rednerinnen:

Dietmar Keck .............................................................................................................. 241

Anna Franz .................................................................................................................. 242

Maximilian Walch ....................................................................................................... 243

Karl Öllinger ................................................................................................................ 243

Zuweisung des Antrages 744/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 244

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 38

Petition betreffend „Die politischen Ereignisse in Äthiopien“ (Ordnungs­num­mer 78) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Petra Bayr)

Petition betreffend „JA! Zur Wohnqualität – NEIN! Zum LKW-Dauerparken im Wohngebiet“ (Ordnungsnummer 79) (überreicht vom Abgeordneten Dietmar Keck)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 38

1269: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

1270: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeits­inspektion (Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetz) und das Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahngesetz) geändert werden

1272: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Euro­päischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Straf­sachen

1273: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit

1279: Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005

1280: Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Berichte ......................................................................................................................... 39

III-192: Digitalisierungsbericht 2005; Bundeskanzler

III-193: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 2004; BM f. Wirtschaft und Arbeit

III-194: 19. Bericht über die Tätigkeit der Internationales Amtssitz- und Konfe­renz­zentrum Wien AG in den Geschäftsjahren 2001 bis 2004; BM f. Finanzen

III-195: Bericht über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Öster­reichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 2003/2004); BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur


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135. Sitzung / Seite 9

III-197: Bericht über die Fortschreibung des Österreichischen Stabilitäts­program­mes für die Jahre 2005 bis 2008; BM f. Finanzen

Einspruch des Bundesrates ....................................................................................... 38

1271: Einspruch des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissions­schutz­gesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005)

Anträge der Abgeordneten

Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der erfolg­reichen Börseneinführungen (765/A) (E)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundes­grund­satzgesetz über die Errichtung, Erhaltung und Auflassung von öffentlichen Kinderbe­treuungseinrichtungen (Kinderbetreuungs-Grundsatzgesetz) (766/A)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der Palliativ­medizin an den Universitäten (767/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der Palliativ­medizin an den Universitäten (768/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliche sozial­versicherungsrechtliche Absicherung von Menschen mit intellektueller Beeinträch­tigung, die in Beschäftigungstherapien tätig sind (769/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer gesetz­lichen Berufsvertretung für PsychotherapeutInnen (770/A) (E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des österreichischen Verbots der Wildtierhaltung in Zirkussen (771/A) (E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Recht auf Bildung für behinderte Menschen (772/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (773/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Namensänderungsgesetz, BGBl. Nr. 195/1988, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 25/1995, geändert wird (774/A)

Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geän­dert wird (775/A)

Werner Amon, MBA, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesell­schaftliche Anerkennung der Tätigkeit von Freiwilligen im allgemeinen gesellschaft­lichen Interesse (776/A) (E)

Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen


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und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (777/A)

Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (778/A)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Men­schenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen (779/A) (E)

Dr. Erwin Rasinger, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird (780/A)

Barbara Riener, Mag. Gisela Wurm, Anton Wattaul, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2006 (781/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz 1969 geändert wird (743/A) (Zu 743/A)

Anfragen der Abgeordneten

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische Außenpolitik und Kroatien (3769/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Tödliches Bakterium Clostridium difficile – Österreich?“ (3770/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die seit fünf Jahren versprochene Budgetsanierung (3771/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die seit fünf Jahren versprochene Budgetsanierung (3772/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Auslandsdienstreisen (3773/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Auslandsdienstreisen (3774/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Reiseinformation gültig vom 12.12.04 bis 9.12.2006 (3775/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Fleischskandal in Deutschland – Ekelfleisch auch in Österreich? (3776/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Politikerversorgung im Zukunftsfonds? (3777/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „schon schützenswerte Kreise“ im Wohnbereich (3778/J)


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135. Sitzung / Seite 11

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Abbau von rund 1 000 Planstellen bei der Bundespolizei (3779/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zukunft der Schubhaftbetreuung in Tirol (3780/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3781/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3782/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3783/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3784/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3785/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3786/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3787/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3788/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Informations- und Werbemaß­nahmen 2005 (3789/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Informations- und Werbemaß­nahmen 2005 (3790/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3791/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Informations- und Werbemaßnahmen 2005 (3792/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Werbekampagne „Nach­richten aus der Zukunft“ (3793/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheit in der Zivilluftfahrt – Sicherheit auf Zivilflughäfen (EU-VO Nr. 2320/2002)“ (3794/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erlassung eines Durchführungserlasses zur „Zwangsernährung“ (3795/J)


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135. Sitzung / Seite 12

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zusatzbelastung durch Einführung einer PKW-Maut (3796/J)


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135. Sitzung / Seite 13

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend blamable Vorgehensweise des Innen- und Justizministeriums bei der Vorbereitung des Anti-Stalking-Gesetzes (3797/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Werbekampagne „Legal ist genial“ (3798/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Täterbeschreibung „Zigeunertyp“ (3799/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Inserate zur Postprivatisierung (3800/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend ARGE Schubhaft Tirol (3801/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Gefährdung der nationalen Mobilität (3802/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Inseratenkampagnen der Bundesregierung (3803/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Waidmännischer Verfassungsschutz (3804/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Variete- und Revueveranstaltungen – Menschen- und Frauenhandel?“ (3805/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aushöhlung arbeits- und sozialrechtlicher Standards durch Arbeitskräfteüberlassung (Leiharbeit) (3806/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend ÖVP-Riesenskandal um das E-Card-Projekt (3807/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend ÖVP-Riesenskandal um das E-Card-Projekt (3808/J)

Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend fehlerhaften und manipulativen Pensions-Propaganda-„Folder“ (3809/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verwirrung um Assistenzeinsatz (3810/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verwirrung um Assistenzeinsatz (3811/J)

Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Schließung von WC-Anlagen in steirischen Bahn­höfen (3812/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend rechtsextreme Konzertveranstaltung im Innsbrucker Lokal „Hafen“ am 14. und 15. Oktober 2005 (3813/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Integrative Berufsausbildung“ (3814/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Büro des Behinderten­anwaltes (3815/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Vorsorgeuntersuchung Neu – Datenschutzprobleme? (3816/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Gesundheitsdaten von Versicherten: Ermittlung von personenbezogenen Gesundheitsdaten – Auskünfte durch Beamtenversicherung und Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau“ (3817/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ausschreibungen und Personalentscheidungen bei den Bundespolizei­direktionen – Situation in Salzburg“ (3818/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Eichrecht: Betrug an Deutschlands Tanksäulen? Auch in Österreich geplant?“ (3819/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Betrugsbekämpfung 2005 – Drogen, Arzneimittel und Nahrungsergän­zungsmittel“ (3820/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „zusätzliche“ Forschungsmilliarde (3821/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend österreichweite Mütter­pension (3822/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalität in Wien Favoriten (3823/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „zusätzliche“ Forschungsmilliarde (3824/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „zusätzliche“ Forschungsmilliarde (3825/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „zusätzliche“ Forschungsmilliarde (3826/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend dessen Rolle beim Eurofighterankauf (3827/J)

Rosemarie Schönpass, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mangelhafte Planung beim Bau von Lärm­schutzwänden (3828/J)


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135. Sitzung / Seite 14

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend weiblichen Personalstand im BKA, Stand 1. Juli 2005 (3829/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend weiblichen Personalstand im BMAA, Stand 1. Juli 2005 (3830/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend weiblichen Personalstand im BMBWK, Stand 1. Juli 2005 (3831/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weiblichen Personalstand im BMF, Stand 1. Juli 2005 (3832/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend weiblichen Personalstand im BMGF, Stand 1. Juli 2005 (3833/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend weiblichen Personalstand im BMI, Stand 1. Juli 2005 (3834/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend weiblichen Personalstand im BMJ, Stand 1. Juli 2005 (3835/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend weiblichen Personalstand im BMLV, Stand 1. Juli 2005 (3836/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend weiblichen Personalstand im BMLFUW, Stand 1. Juli 2005 (3837/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend weiblichen Personal­stand im BMSG, Stand 1. Juli 2005 (3838/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend weiblichen Personalstand im BMVIT, Stand 1. Juli 2005 (3839/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend weiblichen Personalstand im BMWA, Stand 1. Juli 2005 (3840/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die sofortige Realisierung der S 34 (Traisentalschnellstraße) (3841/J)

Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hochleistungsstraßen im Weinviertel (3842/J)


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135. Sitzung / Seite 15

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend fehlendes Engagement bei dem Projekt „Internationales Polarjahr 2007/2008“ (3843/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend fehlendes Engagement bei dem Projekt „Internationales Polarjahr 2007/2008“ (3844/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend fehlendes Engagement bei dem Projekt „Inter­nationales Polarjahr 2007/2008“ (3845/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend fehlendes Engagement bei dem Projekt „Internationales Polarjahr 2007/2008“ (3846/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend fehlendes Engagement bei dem Projekt „Internationales Polar­jahr 2007/2008“ (3847/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend fehlendes Engagement bei dem Projekt „Internationales Polarjahr 2007/2008“ (3848/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unglaubliche Anschüttungen gegenüber der Sicherheitsexekutive und einzelner Kommanden durch den schon in jedem Rechtsstaat und in jeder aufgeklärten Demokratie längst zurückgetreten seienden, in Österreich aber durch beste Kontakte mit höchsten Regierungskreisen noch im Amt befindlichen Direktor des KHM Wilfried S. in der „Zeit im Bild 2“ vom 24. Jänner 2006 (3849/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend angebliche Geschenke der österreichischen EU-Ratspräsi­dentschaft (3850/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend angebliche Geschenke der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft (3851/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Heeresmunitionsanstalt Hieflau (3852/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umstrukturierung des Finanzamtes Wien 3/11 (3853/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalität in Wien-Donaustadt im Jahr 2005 (3854/J)

*****

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Brief an den Präsidenten des Europäischen Parlaments zur Frage der Abhaltung von parlamentarischen Foren über die weitere Vorgangsweise im Zusam­menhang mit der Europäischen Verfassung (39/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (3521/AB zu 3569/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3522/AB zu 3577/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3523/AB zu 3578/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3524/AB zu 3570/J)


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135. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3525/AB zu 3565/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3526/AB zu 3620/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3527/AB zu 3567/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3528/AB zu 3587/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3529/AB zu 3599/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3530/AB zu 3571/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3531/AB zu 3591/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3532/AB zu 3601/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3533/AB zu 3582/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3534/AB zu 3592/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3535/AB zu 3603/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3536/AB zu 3585/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3537/AB zu 3573/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3538/AB zu 3637/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolle­ginnen und Kollegen (3539/AB zu 3576/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3540/AB zu 3583/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3541/AB zu 3575/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3542/AB zu 3579/J)


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135. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3543/AB zu 3588/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3544/AB zu 3589/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3545/AB zu 3595/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3546/AB zu 3596/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (3547/AB zu 3594/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (3548/AB zu 3597/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen (3549/AB zu 3590/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3550/AB zu 3598/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3551/AB zu 3600/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (3552/AB zu 3608/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (3553/AB zu 3604/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3554/AB zu 3606/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (3555/AB zu 3624/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (3556/AB zu 3626/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3557/AB zu 3605/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3558/AB zu 3607/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3559/AB zu 3633/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (3560/AB zu 3609/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3561/AB zu 3629/J)


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135. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3562/AB zu 3617/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (3563/AB zu 3610/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3564/AB zu 3630/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3565/AB zu 3623/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (3566/AB zu 3625/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3567/AB zu 3636/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3568/AB zu 3619/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3569/AB zu 3621/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3570/AB zu 3618/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3571/AB zu 3615/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3572/AB zu 3628/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3573/AB zu 3612/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3574/AB zu 3616/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3575/AB zu 3613/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (3576/AB zu 3622/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (3577/AB zu 3614/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (3578/AB zu 3627/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen (3579/AB zu 3631/J)


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135. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers f


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135. Sitzung / Seite 20

ür Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (3580/AB zu 3632/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (3581/AB zu 3634/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3582/AB zu 3635/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3583/AB zu 3690/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3584/AB zu 3721/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3585/AB zu 3693/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen (3586/AB zu 3640/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3587/AB zu 3639/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3588/AB zu 3677/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3589/AB zu 3638/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3590/AB zu 3641/J)


 


09.00.10Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

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Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 133. und 134. Sitzung vom 21. Dezember 2005 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Broukal, Dobnigg, Oberhaidinger, Mag. Posch, Scharer, Silhavy, Rossmann, Wittauer und Mag. Lunacek.

09.01.16Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Behindertenpolitik: Gleiche Rechte für alle Menschen mit besonderen Bedürfnissen“

Als Erster ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt zu Wort gemeldet. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Ich bitte Sie, das Wort zu ergreifen. (Die Debatte wird simultan in Gebärdensprache übersetzt.)

 


9.01.46

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bild­schir­men zu Hause! Es ist für mich heute ein eigenartiger Tag: Im 20. Jahr seit meiner Angelobung im Parlament halte ich hier als Abgeordneter meine vermutlich letzte Rede von diesem Rednerpult aus und werde dann als Behindertenanwalt für die behinderten Menschen in Österreich tätig sein.

Ich habe in diesen 20 Jahren Highlights der Behindertenpolitik erlebt – wenn ich etwa an das Jahr 1993 und den damaligen Sozialminister Hesoun erinnern darf, der das Pflege­geld eingeführt hat –, ich habe aber auch Stunden tiefer Enttäuschung erlebt.

Es ist nicht gottgewollt, sehr geehrte Damen und Herren, dass das österreichische Parlament im vorigen Jahr das Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet hat, es aber heute nach 20 Jahren Debatte und Diskussion um die Rechte der behinderten Menschen keine einzige Parteizentrale der vier Parlamentsparteien gibt, die behin­dertengerecht zugänglich ist. Ich würde Kollegin Lapp von den Sozialdemokraten ersuchen, vielleicht Kollegen Gusenbauer dahin gehend zu überreden, endlich auch in der Löwelstraße die zwei Stufen hinunter und die drei Stufen hinauf zu den Presse­räumlichkeiten mit einer Rampe versehen zu lassen, damit dort auch behinderte Menschen im Rollstuhl Zugang finden. Ich würde alle Parteien hier ersuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen, denn nur dann, wenn die politischen Parteien das Behindertengleichstellungsgesetz in ihren eigenen Bereichen zügig umsetzen, werden wir es auch erleben, dass die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand parallel dazu vorgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Sehr geehrte Damen und Herren, über die APA wurde gestern eine Debatte über behindertengerechten Zugang zu Arztpraxen in Österreich geführt. Ich danke Kollegem Huainigg und ich danke Kollegem Stummvoll, die immer betont haben, dass gerade der Gesundheitsbereich ein wichtiger Bereich ist, barrierefrei gestaltet zu werden.

Ich danke nicht dem Präsidenten der Wiener Ärztekammer, auch nicht dem Chef der Wiener Gebietskrankenkasse, denn es gibt kleinere Gebietskrankenkassen, wie etwa jene im Burgenland, die seit 1999 Arztpraxen nur dann vergibt, wenn innerhalb eines Jahres ein barrierefreier Zugang zur Arztpraxis geschaffen wird.

Ich betrachte es nicht als Fortschritt, dass 12,5 Prozent der Wiener Arztpraxen endlich behindertengerecht werden, wenn behinderte Menschen vom Arbeits- und Sozial­gericht noch immer zu Orthopäden in Wien als Gutachtern geschickt werden, die ihre Praxis im zweiten Stock – würde man in den Bundesländern sagen; im ersten Halb­mezzanin sagt man in Wien – haben, um dort begutachtet zu werden. Ich betrachte es nicht als Fortschritt, wenn die hohen Richter nicht einmal in die Akten hineinschauen und Leute, die beim Pflegegeld und bei der Pension als Gutachter tätig waren und dem Bürger die Pension und die höhere Einstufung beim Pflegegeld als Invalide verweigert haben, von den Gerichten nach wie vor als unabhängige Gutachter eingesetzt werden.

Ich habe volles Verständnis, sehr geehrte Damen und Herren, dafür, dass in dieser Situation die Menschen an der Rechtsstaatlichkeit zweifeln, und ich werde daher auch mit der Frau Justizministerin und mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Höchst­gerichte darüber sprechen, dass es eigentlich notwendig ist, mehr Sensibilität beim Aktenstudium an den Tag zu legen und nicht immer die gleichen Gutachter vom Ge­richt zu beauftragen. – Das kann es nicht sein, das darf es nicht sein, und das soll es in einem Rechtsstaat auch nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erlauben Sie mir, Herr Präsident, in meiner letzten Rede nach nicht ganz 20 Jahren hier im Parlament vom heutigen Thema kurz etwas abzuschweifen. Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hohen Hauses in allen Etagen für die gute Zusammenarbeit herzlichst bedanken! Ich war fast drei Jahre lang auch Dritter Prä­sident des österreichischen Nationalrates und stellvertretender Klubobmann meiner – damals bedeutend größeren – Fraktion, und ich habe es schätzen gelernt, dass es im Hohen Hause Mitglieder auf allen Ebenen der Hierarchie gibt, die den Rechtsstaat und die Rechtsstaatlichkeit im Auge haben und nicht das tagespolitische Kleingeldsammeln. – Ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da ich den Landeshauptmann von Kärnten gerade auf der Zuschauertribüne sehe, erlauben Sie mir auch als Kärntner Abgeordnetem ein kurzes Wort.

Als ich vor 20 Jahren ins österreichische Parlament gekommen bin und hier hervor­ragende Persönlichkeiten des Rechtsstaates, wie zum Beispiel Herr Professor Ermacora als außenpolitischer Sprecher seiner Partei, damals für die europäische Erweiterung, zur Ortstafelfrage und zu vielen anderen Dingen auch, etwa auch über die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen, gesprochen haben, so waren das Sternstunden des österreichischen Parlamentarismus.

Damals hat es im österreichischen Parlament einen Konsens gegeben: dass der Artikel 1 der österreichischen Bundesverfassung – die Verfassungsgesetzgebung – Angelegenheit des Volkes und damit Angelegenheit des Parlamentarier ist. Damals, sehr geehrte Damen und Herren, hat es keinen politischen Streit darüber gegeben, dass Höchstrichter Gesetze ändern, sondern damals hat es eine klare Trennung zwischen Gesetzgebung und Kontrolle durch die Höchstgerichte gegeben.


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Ich wünsche mir im Sinne einer österreichischen demokratischen, rechtsstaatlichen Entwicklung, dass dies im Hohen Hause wieder stattfindet und dass Höchstrichter nicht glauben, die Arbeit der Abgeordneten, die gewählt sind, machen zu dürfen, denn die Höchstrichter sind von niemandem gewählt, sie sind ernannt und habe ihre Positionen aus unterschiedlichen Gründen erlangt. (Abg. Öllinger: Wo sind wir denn?)

Gerade für Minderheiten sind die Rechtsstaatlichkeit und die Verfassungsmäßigkeit dieser Republik eine wichtige – ich betone: eine wichtige! – Frage, denn wenn die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten wird, wenn Gesetze, die das österreichische Parlament verabschiedet, in den Bundesländern, in den Gemeinden, in den Gebiets­körperschaften nicht ernst genommen werden, sind es die Menschen mit Behinderun­gen, die darunter leiden.

1970 haben wir eine ÖNORM für behindertengerechtes Bauen verabschiedet, 1997 haben wir hier im Parlament eine gemeinsame Erklärung aller damaligen Parlaments­fraktionen verabschiedet und eine Selbstbindung der Gebietskörperschaften im dama­ligen Finanzausgleich – von den Gemeinden über die Städte bis zu den Ländern und zum Bund –, öffentliche Räume behindertengerecht zu gestalten.

Heute sind wir im Jahre 2006, und es macht mir, sehr geehrte Damen und Herren, keine Freude, als Abgeordneter des Hohen Hauses feststellen zu müssen, dass es nur einige wenige Gebietskörperschaften gibt, die die damaligen gemeinsamen Beschlüs­se aus dem Jahr 1997 auch umgesetzt haben – und es somit oft nur bei einem Lip­penbekenntnis geblieben ist.

Meine Damen und Herren, Sie alle kommen aus Bundesländern, Sie alle kommen aus Gemeinden, Sie alle kommen aus Gebietskörperschaften: Setzen Sie endlich das um, was wir 1997 den behinderten Menschen als Erstetappe versprochen haben, und setzen wir endlich das um, was wir mit 1. Jänner 2006 und mit dem Behinderten­gleichstellungsgesetz den behinderten Menschen für die Zukunft in diesem Land versprochen haben (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP): ein Leben, ein selbstbestimmtes Leben außerhalb der Institutionen als Menschen unter Menschen, die nach ihrer eigenen Version und nach ihren eigenen Lebensplanungen und Vorstellungen glücklich werden können!

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist selbstverständlich, dass ich auch die Zeitun­gen gelesen habe – ganz im Gegensatz zu damals, als ich Minister war und keine Zeitungen gelesen habe –: Die Kritik, die aus manchen Reihen des Parlaments und von Zeitungen an meiner neuen Tätigkeit gekommen ist, war sehbar, hörbar und lesbar. Ich darf alle Zeitungen sehr beruhigen: Ich werde nicht still sein, ich werde nicht, wenn ich das Hohe Haus verlasse, schweigsam sein! Ich möchte es mit den Worten von Kollegem Bartenstein bei der Feier des 60. Geburtstags von Frau Sozial­ministerin Haubner sagen: Auf alle Ideen wäre ich gekommen, aber auf die Idee, Herrn Abgeordneten Haupt in Behindertenfragen weisungsfrei zu stellen, wäre ich nicht gekommen! Das kann ich nur als Lob betrachten, meine sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch etwas – Herr Klubobmann Mag. Molterer, du warst ja lange Minister im so ge­nannten Lebensministerium –: Ich habe gestern einen Fall auf meinen Schreibtisch bekommen, wonach in diesem Ministerium ein behinderter Mitarbeiter seit neun Jahren gemobbt wird – und darüber hinaus auch noch der Behindertenvertreter des Ministe­riums! Ich bitte dich, Kollege Molterer, dass du als nunmehriger ÖVP-Klubobmann gemeinsam mit dem Kollegen Huainigg in die Richtung tätig wirst, dass alles unter­nommen wird, damit es zu einem Ende dieses Mobbings gegen einen behinderten Menschen sowie gegen den Behindertenvertreter im Landwirtschaftsministerium kommt.


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Jene, die es noch immer nicht besser wissen, die das immer noch nicht gelernt haben, sollen wissen: Es muss auch dort zur Wiederherstellung menschlicher Verhältnisse kommen! Und vielleicht kann man mittels Mediation auch dort eine gute Lösung her­beiführen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist höchst an der Zeit, Menschen mit Behinderung nicht nur gleiche Chancen laut Gesetz zu geben, sondern das auch in der Praxis umzusetzen! Und im so genannten Lebensministerium sollte man da doch mit gutem Beispiel vorangehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich habe von der Haupt­wahlbehörde die Mitteilung bekommen, dass Herr Abgeordneter Mag. Herbert Haupt heute, und zwar mit Wirkung 12 Uhr, sein Mandat zurücklegt.

Herr Abgeordneter Haupt, Sie haben dem Hohen Haus fast 20 Jahre lang – mit kurzer Unterbrechung – angehört. Sie waren im Präsidium des Nationalrates, waren hier immer ein engagierter und begeisterter Fachmann, geschätzt von allen Fraktionen für Ihre Sachkunde, Ihren Einsatz und Ihr Engagement – Engagement, das Sie ja auch heute in Ihrer Rede gezeigt haben.

Drei Jahre lang waren Sie, Herr Kollege Haupt, Mitglied der Bundesregierung – und auch Vizekanzler dieser Bundesregierung. Sie haben der Republik gedient, und ich möchte Ihnen daher für Ihre Arbeit danken und Ihnen, sehr verehrter Herr Mag. Haupt, für Ihre neue Arbeit im Dienste unserer Republik alles Gute wünschen! Herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

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In der Aktuellen Stunde hat sich zu einer einleitenden Stellungnahme Herr Staats­sekretär Dolinschek zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte.

 


9.12.55

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Herr Landeshauptmann Haider, herzlich willkommen im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Seit 1. Jänner dieses Jahres ist das Behinderten­gleichstel­lungsgesetz, die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, in Österreich Reali­tät. Als für das Behindertenwesen zuständiger Staatssekretär ist es mir vorbehalten gewesen – nach gründlicher Vorarbeit von Herrn Mag. Herbert Haupt –, in Verhandlun­gen mit allen Fraktionen dieses Hauses, in Verhandlungen mit dem Ministerium für Infrastruktur, mit dem Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit den Sozial­partnern und den Behindertenverbänden das Behinderteneinstellungsgesetz und Be­hin­derten­gleichstellungsgesetz zu finalisieren.

Damit haben wir, meine Damen und Herren, eine solide Grundlage für den künftigen Umgang mit Menschen mit Behinderungen geschaffen. Danken möchte ich hier ausdrücklich allen, die an der Gesetzwerdung des Behindertengleichstellungsgesetzes mitgearbeitet haben: den Sozialpartnern, der  Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und deren Obmann Dr. Klaus Voget, dem Österreichischen Zivilinvali­denverband – und Ihnen allen, meine Damen und Herren. Danken möchte ich vor allem aber auch Vizekanzler und Bundesminister außer Dienst Mag. Herbert Haupt, dem ja dieses Behindertengleichstellungsgesetz immer eine wirkliche Herzensange­legenheit war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Der ungeteilte Anspruch behinderter Menschen auf ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben stellt ein wesentliches Fundament unserer Sozialpolitik dar. Durch zielgerichtete Maßnahmen dieser Bundesregierung, vor allem seitens unseres Ressorts, des Sozialministeriums, ist es uns in den letzten Jahren gelungen, diesbezüglich endlich einen gesellschaftspolitischen Paradigmen­wechsel in Österreich herbeizuführen: Menschen mit Behinderungen werden zuneh­mend nicht mehr als Bittsteller und Almosenempfänger betrachtet, sondern vielmehr als Bürger und Konsumenten mit besonderen Bedürfnissen, als Menschen, die beson­dere Stärken haben und diese selbstverständlich auch einsetzen. Diese Menschen haben ein legitimes Recht auf eine selbstbestimmte Lebensführung, sind also eine Personengruppe, die unsere Gesellschaft insgesamt bereichert und für die Arbeitswelt einen hohen Nutzen bringt.

Ich hatte gestern Gelegenheit, in der Wirtschaftskammer Österreich eine gemeinsame Veranstaltung der Sozialpartner, also des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Wirtschaftskammer Österreich, zu besuchen, eine Veranstaltung, die unter dem Titel „barrierefrei arbeiten“, lief – etwas, was ja ganz im Sinne des Behinderten­gleich­stellungsgesetzes ist –, und ich muss sagen: Ich war von dieser Veranstaltung wirklich sehr angetan.

Ziel ist es, mehr Menschen mit Behinderungen in das Arbeitsleben zu integrieren, etwas, was ja auch mit der „Behindertenmilliarde“ und der Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderung im Jahre 2001 in Österreich in Angriff genommen und durchgeführt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahre 2000 sind bessere Zeiten für Menschen mit Behinderungen angebrochen, und es sind in erster Linie zielgerichtete Taten für die Behindertenpolitik in Österreich gesetzt worden, etwas also, was diese unsere Politik prägt.

Mit diesem Gesetzeswerk wird Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen eine klare Absage erteilt, und zwar egal, wo so etwas passiert: im privaten oder öffent­lichen Bereich, in der Arbeitswelt oder woanders. Mehr Barrierefreiheit wird es künftig für diese Menschen geben.

Diese vom Bundesministerium für Soziales, Generationen und Konsumentenschutz – in enger Zusammenarbeit mit den früher schon erwähnten Behindertenverbänden so­wie mit den Sozialpartnern – erarbeiteten Grundlagen, ebenso die hier im Parlament beschlossenen Vorlagen stellen sozusagen ein ganzes Paket zur Verbesserung der Situation dieser Menschen dar. Erwähnen darf ich in diesem Zusammenhang auch die Anerkennung der und die Übersetzung in Gebärdensprache hier im Hohen Hause. (Der Redner weist in Richtung der die Debatte übersetzenden Gebärdendolmet­scherin.)

Was diesbezügliche EU-Standards sowie die EU-Richtlinie hinsichtlich Beschäftigung und Beruf, sozusagen die Messlatte für das österreichische Behinderten­gleichbehand­lungsgesetz, betrifft, ebenso ähnliche gesetzliche Regelungen sowohl in einem euro­päischen als auch internationalen Vergleich – Deutschland, Frankreich, Schweiz, Ungarn, Belgien, USA –, kann unser Behindertengleichstellungsgesetz als eines der umfassendsten Gesetze bezeichnet werden, ein Gesetz also von einer Qualität, mit der Österreich im europäischen Spitzenfeld liegt.

Zur Veranschaulichung darf ich das Behindertengleichstellungsgesetz Deutschlands, das am 1. Mai 2002 in Kraft getreten ist, anführen, ein Gesetz, in dem keine Rechts­folgen, keine Zumutbarkeitsprüfungen vorgesehen sind; überdies gilt diese gesetzliche Regelung in Deutschland lediglich für die öffentliche Verwaltung. Ein ausgeweiteter


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Diskriminierungsschutz auf Angehörige ist in diesem deutschen Gesetz gleichfalls nicht enthalten.

In der Schweiz, in Frankreich und in Ungarn gibt es diesen Angehörigenschutz, wie er im österreichischen Gesetz enthalten ist, nicht. Und in den USA, das ja sozusagen als Vorbildland in Behindertenfragen gilt, ist diesbezüglich lediglich eine Übergangs­regelung bis zum Jahre 2020 vorgesehen.

Das österreichische Behindertengleichstellungsgesetz garantiert einen Diskrimi­nie­rungsschutz für alle Lebensbereiche und ist daher europaweit als einzigartig zu bezeichnen.

Meine Damen und Herren, hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf das Gleichstellungspaket und die dadurch erzielten Verbesserungen im Behinderten­einstellungsgesetz, ebenso auf den nunmehr verankerten Diskriminierungsschutz bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen. Hinweisen möchte ich weiters auf die Fest­setzung des Entgeltes, auf die Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die ja kein Entgelt darstellen, auf die zahlreichen Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung, auf Umschulungen zu einem beruflichen Aufstieg, auf die Möglichkeiten zu Beförderungen sowie auf den Zugang zu selbständiger Arbeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, dieses Gesetz stellt einen wichtigen Schritt in Rich­tung mehr Barrierefreiheit für all diese Menschen dar. Was Neubauten und Verkehrs­anlagen betrifft, hat dieses Gesetz sofortige Wirksamkeit. Investitionssummen in Bezug auf Barrierefreiheit sind in einem Rahmen von 1 bis 3 Prozent der Summe des gesamten Bauvorhabens vorzusehen. Seitens des Bundes wird ein Etappenplan zum Abbau von Barrieren erstellt; Maßnahmen in diese Richtung werden so rasch wie möglich umgesetzt werden. Für bestehende Gebäude ist diesbezüglich eine Über­gangsregelung von maximal zehn Jahren vorgesehen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal an die Bedeutung von mehr Barrierefreiheit, nützt diese doch 24 000 Menschen im Rollstuhl, 70 000 Menschen mit Beinbruch jährlich, 350 000 Menschen im Kinderwagen, 480 000 Menschen mit Bewe­gungsbeeinträchtigungen und 3,1 Millionen mit Sehbeeinträchtigungen. Diese notwen­digen Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit werden aber auch zu einem verstärkten Investitionsschub für die Wirtschaft und letztlich zur Schaffung vieler Arbeitsplätze führen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ersten Berechnungen zufolge können vor allem im Bau- und Baunebengewerbe bis zu 10 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Aber auch andere Wirtschaftsbereiche, wie zum Beispiel der Tourismus, profitieren sehr davon, denn 64 Prozent der Men­schen mit Behinderungen haben Bedarf an einem barrierefreien Urlaub – das zeigt eine Studie zum Thema „Qualitätskriterien im Tourismus“ aus dem Jahr 2002 –, und vor allem die bessere Zugänglichkeit zur Gastronomie und zu Geschäftslokalen – 70 Prozent sind derzeit noch nicht barrierefrei, es ist noch einiges zu tun – schafft ein neues Kundenpotential. Wenn man bedenkt, dass 29,9 Prozent der österreichischen Bevölkerung zumindest eine Behinderung haben, ist das schon enorm. Um dieses Ziel möglichst rasch und um ein möglichst hohes Maß an Barrierefreiheit zu erreichen, sieht unser Ressort auch Förderungen von 50 Prozent bis zu 50 000 € vor.

Ich werde in Zukunft diesen Prozess auch aktiv begleiten und freue mich, dass wir mit der Bestellung des neuen Bundesbehindertenanwalts, mit Herrn Vizekanzler Bundes­minister außer Dienst Herbert Haupt hier einen wichtigen Mitstreiter für Rechte von Menschen mit Behinderungen gewonnen haben. Dieser wird in Zukunft für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne des auf Bundesebene beschlossenen Behinderteneinstellungsgesetzes diskriminiert fühlen, zuständig sein.


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In diesem Zusammenhang ist auch zu sagen, dass das Behindertengleich­stellungs­paket im Gesamten ein wichtiger Schritt für alle Menschen mit Behinderungen und überhaupt für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung ist, denn eine Gesellschaft wird daran gemessen, wie sie mit Menschen umgeht, die es im Leben nicht so leicht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. Seine Redezeit beträgt, wie die Redezeit aller Teilnehmer an der Aktuel­len Stunde, 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


9.22.31

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich war gestern bei einer Sozial­partner­veranstaltung, und dort hat mich eine Aussage einer Rollstuhlfahrerin, die jetzt auch Mitglied des Wirtschaftsparlaments ist, Marianne Hengl, sehr bewegt. Sie hat nämlich – auf Tirolerisch – gesagt: Da sind so viele g’scheite Leut’, und ich komm’ mir so dumm vor! Ich wollt’ nämlich in die Schule gehen, in eine höhere Schule gehen, aber in meiner Jugend war das nicht möglich, da hat es damals noch keine Integration gegeben!

Das ist natürlich etwas, was geändert werden muss, was nicht mehr passieren darf, wo ich aber glaube, dass sich gerade in den letzten Jahren sehr viel getan hat: Es gibt jetzt beinahe in jeder Volksschule und Hauptschule eine Integrationsklasse. Dass das nicht genug ist, ist klar. Es ist ein Weg, und wir arbeiten daran. Wir haben in den letzten drei Jahren die integrative Berufsausbildung geschaffen, bei der der Übergang von der Schule in die Berufswelt gefördert wird. Wir haben auch im Jobbereich sehr viele Maßnahmen gesetzt, wie etwa die Beschäftigungsmilliarde – die Erfolg zeigt, denn entgegen dem allgemeinen Wirtschaftstrend ist es gelungen, im Jahr 2004 6 500 neue Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen und 8 900 abzusichern. Durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen wie das Clearing, die Arbeitsassistenz, persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, Lohnzuschüsse, Arbeitsplatzadaptierungen und einfach auch durch innovative Projekte ist es gelungen, auch behinderte Menschen, die gar nicht daran gedacht haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen, weil sie lern­behindert sind, in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Diesen Weg müssen wir einfach fortsetzen!

Wesentliche Schritte waren auch die Anerkennung der Gebärdensprache im Verfas­sungsrang – auch die heutige Sitzung wird in diese tolle Sprache gedolmetscht – und das auf Bundesebene geschaffene Behindertengleichstellungsgesetz, das seit 1. Jän­ner in Kraft ist und das einen wesentlichen Paradigmenwechsel hin zur Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen schaffen wird: dass man auch mit dem Rollstuhl in Ver­kehrsmittel kommt, in Gebäude hineinkommt, dass man auch als blinder Mensch im Internet surfen kann, als gehörloser Mensch die Gebärdensprache konsumieren kann oder auch dass man in Arztpraxen kommt.

Es wurde gestern in Presseaussendungen kritisiert, dass Huainigg die Forderung er­hebt: Arztpraxen müssen zugänglich sein! – Das neue Behinderten­gleichstellungs­gesetz wird es schaffen, denn alle neuen Arztpraxen müssen seit 1. Jänner 2006 barrierefrei zugänglich sein. Das steht im Gesetz und ist natürlich zu vollziehen.

Meine Kritik bezieht sich auf die bestehenden Arztpraxen, das heißt, auch die beste­henden müssen sukzessive adaptiert und zugänglich gemacht werden. Auch das regelt das Behindertengleichstellungsgesetz. Dass das nicht von heute auf morgen mit einem Fingerschnippen passieren kann, ist klar. Aber es muss beginnen, und das Behin-


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dertengleichstellungsgesetz setzt dazu den notwendigen Impuls, und es gibt Zumut­barkeitsbestimmungen, die im Laufe der Zeit immer an Schärfe zunehmen.

Wir verlieren beziehungsweise ich verliere heute im Parlament mit Herbert Haupt einen sehr engagierten Mitstreiter. Aber er bleibt uns als Behindertenanwalt erhalten und wird sich dem Thema „Gleichstellung von behinderten Menschen“ von einer anderen Position aus mit seiner ganzen Kraft widmen. Ich möchte dir, lieber Herbert, „in aller Klarheit“ einen schönen Abschied wünschen und – das ist jetzt auch ein kleiner Gebär­densprachkurs „in aller Klarheit“: so wie ein Scheibenwischer – kann nur sagen: Lebe wohl, adieu und toi, toi, toi! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen, der SPÖ sowie Beifall von Bundeskanzler Dr. Schüssel und Staatssekretär Dolinschek.)

9.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.29.24

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! 800 000 Menschen in Österreich – 10 Prozent der Bevöl­kerung – gelten als behindert. Das Behindertengleichstellungsgesetz, das ab dem 1. Jänner 2006 in Kraft ist, gilt für sie und ihre Angehörigen. Ein neues Mittel wurde eingeführt: Wenn jemand diskriminiert wird, dann kann er zum Bundessozialamt gehen und dort einen Vorfall schlichten lassen. Es kann dann auch noch Mediation einge­schaltet werden. Wenn das alles nichts hilft und die Diskriminierung nicht aufhört, dann kann man zu Gericht gehen.

Eine weitere Institution wurde geschaffen, nämlich der Behindertenanwalt. Dieser Behindertenanwalt ist vom Gesetz her nicht weisungsfrei gestellt, er muss dem Parlament nicht Bericht erstatten, er ist für behinderte Menschen eine Anlaufstelle, die sehr zahnlos ist.

Als es zur Ausschreibung dieser Einrichtung kam, war die Vorgangsweise dabei sehr fadenscheinig: Ex-Minister Herbert Haupt hat sich schon im Vorfeld als geeignet präsentiert. Er wurde dann auch tatsächlich Behindertenanwalt und wird in der nächs­ten Zeit in dieser Funktion tätig sein. Das ist jener Ex-Minister, der für die Unfall­ren­tenbesteuerung und für die Einführung von Ambulanzgebühren zuständig war. Das ist auch jener Ex-Minister, der schon als Mitglied der Regierung wusste, dass der Wirtschaftskurs gescheitert ist. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Das ist jener Ex-Minister und zukünftige Behindertenanwalt, durch welchen jetzt laut Zeitungsberichten im Büro des Behindertenanwalts Versorgungsposten für Mitarbeiter in BZÖ-Ministerien geschaffen werden! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Behinderte Menschen brauchen kompetente Unterstützung – und sind nicht an Versorgungs- und Postenschachermethoden inter­essiert! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Letztklassig!)

Sehr geehrter Herr Behindertenanwalt Haupt, ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Tätigkeit, aber die Verfassung gilt auch für Sie! An die Verfassung haben sich alle Menschen in Österreich zu halten. Dass das bis Kärnten nicht durchdringt, ist wirklich ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Wissen Sie, was in der Verfassung steht?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Behindertengleichstellungsgesetz gibt es zum Thema „Bildung“ kein einziges Wort. Eltern mit behinderten Kindern haben nach wie vor Spießrutenläufe zu machen, damit sie ihr Kind integrativ unterrichten lassen kön­nen, damit ihr Kind nach Talenten und Fähigkeiten gemeinsam mit anderen Kindern gefördert werden kann. Die Lebenssituation von Eltern mit behinderten Kindern ist eine


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sehr schwierige und von sehr vielen Bittgängen gekennzeichnet. Da bietet das Behin­dertengleichstellungsgesetz keinen Ausweg.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben da einen Ausweg gefunden, und sehr viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer arbeiten daran. Es ist die „inklusive Pädagogik“. Das heißt, dass alle Schüler gemeinsam unterrichtet werden, und zwar jeder Schüler und jede Schülerin nach seinen und ihren Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Aber mit einer Bildungsministerin Gehrer, die die Steinzeitpädagogik vertritt, wird das nicht gelingen! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Behindertengleichstellungsgesetz wurde die Verbandsklage eingeführt. Wenn je­mand zu seinem Recht kommen will, bekommt er Unterstützung, dass er oder sie zu einer Organisation gehen kann. Wissen Sie, wie diese Verbandsklage geregelt ist? – Als behinderter Mensch muss man eine Organisation finden und dann beim Bun­desbehindertenbeirat, der zweimal im Jahr tagt, um Unterstützung ansuchen. Das ist nicht bürgerInnenfreundlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Behinderte Menschen wissen, dass Sie mit Ihren „Nachrichten aus der Zukunft“ Luftschlösser bauen, denn die Realität von behinderten Menschen schaut ganz anders aus. Zum Beispiel: Barrierenabbau. Das ist ein wesentlicher Aspekt, bei welchem es darum geht, dass behinderte Menschen gleiche Zugangsmöglichkeiten haben. Den Barrierenabbau haben Sie auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. – Solch eine Politik lehnen wir ab! Das kritisieren wir!

Behinderte Menschen brauchen eine starke Lobby von allen gesellschaftlichen Grup­pen, sie brauchen kompetente Unterstützung – und nicht salbungsvolle Worte! (Beifall bei der SPÖ.)

9.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé! Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


9.35.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Kollege Herbert Haupt, der künftige Behindertenanwalt, hat gesagt, im Laufe seiner zwanzigjährigen Tätigkeit hier im Parlament habe es viele Highlights, aber auch sehr viele Tiefen im Bereich der Behindertenpolitik gegeben. Er hat darauf hingewiesen, dass es im Jahre 1993 ein Highlight gab, als die Pflegevorsorge einge­führt worden ist.

Das ist richtig! Wir alle waren glücklich, dass es in Zukunft die Pflegevorsorge geben wird. Man darf jedoch nicht die Tatsache vergessen, dass sich die Behinderten selbst diese Pflegevorsorge erkämpft haben: 60 000 Unterschriften sind vom Österreichi­schen Zivilinvalidenverband gesammelt worden, um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen. Also es war nicht der Herr Minister Hesoun, der mehr oder weniger aus gutem Gewissen heraus oder freiwillig die Pflegevorsorge eingeführt hat, sondern es war der ständige Druck der Behindertenorganisationen, der das bewirkt hat, und dafür ist ihnen wirklich sehr zu danken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Tiefen hat es sehr viele gegeben. Für mich war es das größte Tief, als 1996/97 von der damaligen Bundesregierung das dritte Belastungspaket geschnürt worden ist, bei welchem 100 Milliarden Schilling eingespart werden sollten, wobei davon 4 Milliarden Schilling die Behinderten tragen mussten. Da ist es zu einer Kürzung des Pflegegeldes gekommen, zu einer Streichung des Pflegegeldes bei Spitalsaufenthalten und zu einer Kürzung des Taschengeldes für Behinderte bei Heimunterbringung!


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Das waren wirklich große Tiefen, Frau Abgeordnete Lapp. Ich würde Sie bitten, auch das zu sehen. Nämlich unter der Führung eines sozialistischen Sozialministers sind diese tief einschneidenden Eingriffe in die finanzielle Situation der Behinderten vorgenommen worden! – So etwas darf es nicht mehr geben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erfreulich ist Folgendes: Seit Beginn ihrer Amtszeit hat diese Bundesregierung immer wieder darauf geschaut, dass die Menschen mit Behinderungen mit Verbesserungen bedacht werden, damit es ihnen besser geht. Bei jedem Gesetz ist überlegt worden: Was können wir für die behinderten Menschen tun? Mit einer enormen Selbst­ver­ständlichkeit, die es bisher nicht gegeben hat, hat diese Bundesregierung seit Beginn ihrer Tätigkeit an behinderte Menschen gedacht und hat das wettgemacht, was frühere Regierungen versäumt haben.

Zum ersten Mal seit 1993 ist die Pflegevorsorge erhöht worden. 30 Millionen € sind – bei einem enormen Sparkurs – für behinderte Menschen zur Verfügung gestellt wor­den. Natürlich ist es immer zu wenig, das ist schon richtig, aber es ist das erste Mal gewesen, dass es zu einer Erhöhung des Pflegegeldes gekommen ist.

Die Behindertenmilliarde hat seit ihrer Einführung 17 000 Arbeitsplätze geschaffen. Wir alle wissen, dass es behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt immer schwer haben, aber mit dieser Behindertenmilliarde ist es gelungen, einen Beschäftigungsimpuls zu geben.

Wir waren auch im Justizbereich für die Behinderten tätig und haben das Heim­aufenthaltsgesetz beziehungsweise das Heimvertragsgesetz geschaffen, sodass es jetzt Richtlinien gibt, wie ein Heim vorgehen muss, um die von ihnen betreuten Menschen entsprechend zu behandeln. Das sind wichtige Schwerpunkte, die gesetzt worden sind.

Das allerwichtigste und weitest reichende Gesetz ist natürlich das Behinderten­gleich­stellungsgesetz, das wir im vergangenen Jahr beschlossen haben. Es enthält weit­gehende Diskriminierungsverbote und schafft die gesetzliche Grundlage für die Einführung eines Behindertenanwalts, wie wir heute schon gehört haben.

Wenn Frau Kollegin Lapp meint, dass es ein großes Manko sei, dass der Behin­dertenanwalt nicht weisungsfrei ist, erwidere ich, dass das wirklich wieder einmal nur ein Versuch ist, alles schlecht zu machen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.) Es besteht nämlich überhaupt keine Absicht des Sozialministers, dem Behindertenanwalt Weisungen zu erteilen! Er kann völlig frei schalten und den Behinderten zur Verfügung stehen.

Frau Abgeordnete Lapp, was Sie heute in Richtung der Person des Herrn Abgeord­neten Haupt getan haben, das ist wirklich wieder einmal nur der Versuch, jemanden anzupatzen, wenn Sie etwa von Versorgungsposten sprechen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung SPÖ –: Das ist ungeheuerlich! Das ist skandalös!) Ich weiß nicht, bei wie vielen Behindertenveranstaltungen Sie waren, als Herbert Haupt Sozial­minister war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bei gar keiner!) Ich war bei sehr vielen, und da habe ich gesehen, mit welchem Interesse, mit welchem Engagement, mit welchem Verständnis Herbert Haupt auf alle Belange und Fragen und Forderungen der Behinderten eingegangen ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herbert Haupt hat enorme Geduld bewiesen, und ich bin überzeugt davon, dass er der richtige Mann ist für die Position des Behindertenanwaltes, weil er die Kraft hat, im Interesse aller Behinderten auch etwas durchzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.40



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Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Haidlmayr. Auch sie hat eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


9.40.12

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das Behindertengleichstellungsgesetz ist die gesetz­liche Voraussetzung dafür, dass wir jetzt einen Behindertenanwalt haben. Es gab zwölf BewerberInnen für diese Einrichtung, aber niemand wurde zu einem Hearing einge­laden. Letztendlich ist der ehemalige Minister Haupt Behindertenanwalt geworden. (Abg. Scheibner: Sagen Sie aber auch dazu, dass er der bei weitem Bestgereihte war!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin ihm nicht neidig, aber die Vorgangs­weise, mit der dieser Posten besetzt worden ist, ist mehr als fragwürdig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Klubobmann Scheibner, wenn Sie behaupten, es hätte darüber eine einstimmige Entscheidung gegeben, dann sage ich: Ja, Sie haben Recht! Aber die einzige Stimme, die entschieden hat, war die der Frau Sozialministerin Haubner, sonst keine. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Ungeheuerlich, was Sie schon wieder behaupten!)

Es gab dazu kein Hearing, auch keine Expertengruppe, es gab nichts Derartiges! Es gab nur die Frau Ministerin Haubner, die Herrn Haupt zum Behindertenanwalt gemacht hat. Ich wollte das nur deshalb sagen, weil alle anderen elf BewerberInnen über die Medien erfahren haben, dass sie diese Funktion nicht bekommen, und zwar so, indem sie vernehmen mussten, dass eben Minister Haupt der zukünftige Behindertenanwalt ist. Das halte ich nicht unbedingt für den schönen, netten und richtigen Weg, Bewer­berInnen die Absage mitzuteilen, noch bevor man sie überhaupt einmal gesehen oder mit ihnen gesprochen hat. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt ist es halt so, dass der ehemalige Minister Haupt der zukünftige Behinderten­anwalt ist. Ich wünsche Ihnen, Herr Haupt, viel Glück dabei – und vor allem viel Gesundheit! Eines aber, Herr Haupt, möchte ich Ihnen gleich sagen: So wie Ihre Arbeit jetzt begonnen hat, darf sie nicht fortgeführt werden! Ich sage Ihnen auch gleich, warum.

Seit Sie, Herr Haupt, Behindertenanwalt sind, gibt es den so genannten Spot „Zukunft 2013“. Ich weiß nicht, wer von Ihnen diesen Spot „Zukunft 2013“ schon gesehen hat, aber wenn Sie diesen nachvollziehen, dann werden Sie merken, dass diejenigen, die diesen Spot gemacht haben, ihn abgesegnet haben und die ihn finanzieren, so etwas von jenseitig sind, weil nichts mehr zwischen den Zeilen stehen bleibt. (Beifall bei den Grünen.)

Da gibt es zum Beispiel den Spot über eine Frau Barbara, und da wird gesagt, dass 2013 alles paletti ist, denn dann ist sie Managerin in einem großen Betrieb. Übrigens hat sie eine Querschnittslähmung, aber das ist kein Thema. Sie hat nämlich vor sechs Jahren einen Unfall gehabt und ist seither querschnittsgelähmt. Also wenn man sich nur ein wenig genauer überlegt, was in diesem Spot gesagt wird, dann kommt man zu dem Schluss: Diese Frau Barbara muss 2007 einen Unfall haben, damit sie 2013 Managerin sein kann.

Ist das nicht verrückt? Sind Sie wirklich alle völlig verrückt? (Hallo-Rufe bei der ÖVP.) Glauben Sie nicht, dass wir in Österreich nicht schon jetzt genug behinderte Menschen haben, die sagen können, wie die Arbeitswelt wirklich ausschaut?! Es kann sein, dass es im Jahr 2013 ein wenig besser sein wird, aber jetzt eine Zukunftsprognose zu machen, dass man, wenn man 2007 einen Unfall hat, es 2013 besser haben wird, ist nicht hilfreich. Ich darf dieses Handzeichen nicht machen, aber „echt“ ist da niemand


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mehr. Das kann ich auch laut sagen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Haben Sie schon etwas Positives hier herinnen gesagt?)

So hat unsere Behindertenanwaltschaft begonnen!

Herr Haupt, zu Ihrer Information: Unsere Parteizentrale war vom ersten Tag an barrierefrei. Das war nie ein Thema, das ist ganz einfach so.

Ein anderer Punkt: Arztpraxen. – Herr Haupt, Sie haben heute gesagt, dass wir die Arztpraxen endlich barrierefrei machen müssen. Ich bin jetzt eineinhalb Jahre im Beirat der Österreichischen Ärztekammer, und da geht es um die Schaffung von Qualitäts­standards für Arztpraxen, aber bis jetzt ist im Hinblick auf barrierefreie Arztpraxen nichts passiert, weil die Ärztekammer ihre Zustimmung verweigert, dass Arztpraxen barrierefrei sein müssen. Herr Rasinger, auch Sie wissen das.

Da jetzt gesagt worden ist, das ändere sich alles: Nichts ändert sich, weil das in die Qualitätskriterien nicht aufgenommen wurde! Es wird also so bleiben, wie es ist.

Wenn jetzt irgendjemand vor den Fernsehschirmen glaubt, dass nun rückwirkend mit 1. Jänner 2006 für Menschen mit Behinderungen das Schlaraffenland ausgebrochen ist, dass wir plötzlich alle gleichgestellt sind – juhu, super, wir sind dort, wo wir hin­wollten! –, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Es ist nicht so, denn Diskriminierung darf auch in Zukunft weiter stattfinden, sie muss nicht unterlassen werden. Das ist der größte Fehler, den dieses Behindertengleichstellungsgesetz in sich trägt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen, aber Sie können noch einen Schlusssatz sagen.

 


Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Ich möchte Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, nur noch sagen: Das Behin­dertengleichstellungsgesetz in der jetzigen Fassung hat einen Namen, aber keinen Inhalt. Doch wir brauchen einen Inhalt, damit Menschen mit Behinderungen ein Recht auf gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wie Nichtbehinderte haben und es auch in allen Bereichen einklagen können und es sich nicht nur wünschen dürfen. Das ist nämlich zu wenig! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. Ihre Redezeit beträgt auch 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


9.46.41

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auf die Ausführungen meiner Vorrednerinnen Kollegin Lapp und Kollegin Haidlmayr möchte ich nicht eingehen, denn mir ist die Behinderten­politik sehr wichtig, und deswegen möchte ich jede Polemisierung vermeiden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Das war Polemik!)

In den letzten Jahren, unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sowie unter den Sozial­ministern Herbert Haupt und Ursula Haubner, konnten viele Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige erzielt werden. Ich darf Ihnen einige davon in Erinnerung rufen.

Die Gebärdensprache wurde in der österreichischen Verfassung verankert; das wurde bereits erwähnt. Durch das E-Government gibt es die Möglichkeit, Behördenwege von zu Hause aus zu erledigen. Erwähnt seien auch die Valorisierung des Pflegegeldes mit einer Erhöhung von 2 Prozent in allen Pflegestufen, die begünstigte Selbstver­siche­rung für pflegende Angehörige und deren Entlastung im Pflegealltag in Form einer


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Auszeit oder von so genannten Krankenstandsvertretungen. Diese werden finanziell durch einen Unterstützungsfonds abgedeckt.

Beim Aufenthaltsgesetz wurde Rechtsklarheit betreffend freiheitsbeschränkende Maß­nahmen geschaffen, was dem Schutz der Betroffenen, aber auch dem der anderen Heimbewohner und dem des Pflegepersonals dient.

Durch die Behindertenmilliarden wurden 7 000 Arbeitsplätze für Menschen mit Behin­derungen geschaffen oder abgesichert; die Investitionsförderungen in Betrieben zur Verbesserung der Zugänglichkeit wurden verlängert. Auch die Förderung des Behin­dertensports sei hier erwähnt.

Einiges wurde schon über das Behindertengleichstellungsgesetz gesagt. Darin wurden Weichen für einen barrierefreien Zugang zu Gebäuden und zu Verkehrsmitteln gestellt. Das Diskriminierungs- und Belästigungsverbot bietet gleiche Chancen für Menschen mit Behinderungen, wobei das Diskriminierungsverbot ebenso für Angehörige gilt. Dabei sind Schadenersatzansprüche gesichert.

Die Gleichstellung in der Arbeitswelt, ein weisungsfreier Bundesbehindertenanwalt – und an dieser Stelle sei mir gestattet, Herbert Haupt alles Gute für seine zukünftige Tätigkeit zu wünschen –, aber auch die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens mit Klagemöglichkeiten bieten einen umfassenden Rechtsschutz.

Besonders hervorheben möchte ich die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, wodurch Menschen mit hohem Pflege- und Assistenzbedarf auf dem ersten Arbeits­markt Fuß fassen und Erfolg haben können. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Sie sehen, vieles ist in den letzten Jahren geschehen. Aber vieles gibt es auch noch zu tun. Dass in der Umsetzung nicht alles optimal läuft, hat mit handelnden Personen, oft auch mit uns selbst zu tun. Ich erzähle Ihnen ein Beispiel:

In einem Betrieb gibt es einen sozial sehr engagierten Bereichsleiter, der immer wieder Menschen mit Behinderungen auf gestützten Arbeitsplätzen einstellt und auch für Projekte offen ist, wie zum Beispiel Projekte mit der „Lebenshilfe“ oder mit „pro mente“.

Der Betriebsrat wurde nach einigen Monaten damit konfrontiert, dass sich bemühte Mitarbeiter überfordert fühlen. Diese wurden weder vorbereitet auf den Umgang mit ihren behinderten Kolleginnen und Kollegen – noch gab es für ihre Anliegen ein offenes Ohr in der Führungsebene. Es ging darum, dass sie nichts falsch machen wollten. Zwei Mitarbeiter waren ganz konkret für Arbeitsanleitung zuständig und wuss­ten nicht, was sie an Leistung einfordern konnten beziehungsweise wie sie mit Wider­stand von Kolleginnen oder Kollegen umgehen sollten. – Der Betriebsrat wandte sich an mich, und ich konnte mit dem Bundessozialamt und deren Fachleuten ein Fort­bildungsseminar für diese Kolleginnen und Kollegen auf die Beine stellen.

Meine Damen und Herren, Sie werden sich jetzt vielleicht fragen: Warum erzählt sie uns das? Ich möchte Ihnen damit vermitteln, dass wir in der Politik durch die Gesetze nur Rahmenbedingungen schaffen können. Echte Integration ist aber nur dann möglich, wenn nicht nur die Situation der behinderten Menschen, sondern auch der Menschen um sie herum beachtet wird! Sind diese unsicher, weil sie nie mit behinderten Menschen zu tun hatten, oder sind sie vielleicht überfordert, können guter Wille und Bemühen trotzdem zum Krampf werden – und bis hin zu Aggressionen führen.

Deshalb ist es gerade in diesem Bereich für uns alle sehr wichtig, zu beruhigen, zu unterstützen und alle Betroffenen mit ihren Gefühlen und Anliegen ernst zu nehmen!


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Wenn der Blick nicht auf das Ganze, sondern einseitig erfolgt, wird nicht Toleranz, sondern werden Ignoranz und Distanz gefördert.

Die ÖVP als christlich-soziale Partei ist sich dieser Verantwortung bewusst und wird stets den Blick auf das Gesamte richten: zum Wohl der behinderten Menschen in unserem Lande. Gehen Sie mit uns diesen Weg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.52.08

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Frau Kollegin Riener, ich bin wirklich ganz Ihrer Meinung, dass man, was behinderte Menschen anlangt, von Ignoranz zu Toleranz kommen sollte – und noch schöner wäre meiner Überzeugung nach Akzeptanz, sodass man darüber nicht einmal mehr sprechen muss. Das wäre das Ziel, an dem wir alle gemeinsam arbeiten sollten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Darüber nicht sprechen? Wir schon! Wir wollen darüber reden!) – Ja, sprechen kann man schon darüber, aber Akzeptanz wäre natürlich schon wunder­bar, Herr Kollege Molterer.

Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: „Behindertenpolitik: Gleiche Rechte für alle Menschen mit besonderen Bedürfnissen“. – Ich meine: Bei aller Euphorie, die dazu heute von den Regierungsparteien gekommen ist, sollten wir vor allem nicht verges­sen, für wen wir Behindertenpolitik zu machen haben, nämlich für die betroffenen Menschen und auch für deren Angehörige! Ich glaube, da ist noch ein wirklich großes Stück Arbeit vor uns, was man ja auch sieht, wenn man mit betroffenen Menschen, mit betroffenen Eltern spricht.

Meiner Ansicht nach muss auch auf die unterschiedlichen Arten von Behinderungen geachtet werden, und es muss sehr sensibel für und mit den Betroffenen gearbeitet werden, um für sie eben das Beste zu erreichen.

Vor allem aber müssen wir darauf achten – da bin ich der Meinung von Kollegin Riener –, dass es uns allen gemeinsam gelingt, Barrieren abzubauen, Barrieren auch in den Köpfen, sodass es zu einem ganz unbefangenen und normalen Umgang mit behinderten Menschen kommt. Wir sollten nicht auf ihre Schwächen, sondern vor allem auf ihre Stärken schauen, denn oberstes Prinzip muss es ein – ich glaube, da sind wir wohl alle einer Meinung –, behinderten Menschen Teilhabe an unserem gesellschaft­lichen Leben und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Leben ist meiner Überzeugung nach ein ganz wesentlicher Punkt die Teilhabe am Arbeitsmarkt. Diese Teilhabe am Arbeits­markt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, beginnt schon in der Schule, beginnt schon bei der Ausbildung, so wie bei allen anderen Kindern auch, denn die schulische Ausbildung ist der Grundstein für ein selbstbestimmtes, für ein erfolgreiches Leben – und das gilt natürlich auch für behinderte Menschen.

Wenn diese Bundesregierung, wenn Frau Ministerin Haubner und Herr Staatssekretär Dolinschek in ihrem bundesweiten arbeitsmarktpolitischen Behindertenprogramm schrei­ben, dass es gerade in diesem Bereich dringenden Handlungsbedarf gibt, weil vor allem die Zahl an Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förder­bedarf in den Integrationsklassen und in den Sonderschulen immer mehr steigt, so denke ich, dass wir auch da alle einer Meinung sind, nämlich dass in den Schulen


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großartige Leistungen erbracht werden, sei es in den Integrationsklassen, aber auch in den Sonderschulen.

Gerade in den Sonderschulen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist es so, dass Kinder mit den unterschiedlichsten Behinderungen geschult werden, und ich möchte Sie alle jetzt auf ein Problem aufmerksam machen, das mir eine sehr engagierte Direktorin in meinem Bezirk erzählt hat, dass es nämlich in den Sonderschulen im Prinzip nur einen einzigen Lehrplan gibt: von den basal zu fördernden Kindern, das heißt, wo man wirklich Grundkenntnisse vermittelt, wo die Kinder gefüttert werden müssen, bis hin zu lernschwachen Kindern.

Meiner Überzeugung nach sollten wir die DirektorInnen dahin gehend unterstützen, dass es zu einer Differenzierung des Lehrplanes kommt, damit die Kinder einen bes­seren Start in die Arbeitswelt erhalten – und damit auch Unternehmerinnen und Unter­nehmer sehen, dass Sonderschule nicht gleich Sonderschule sein muss.

Ich lade Sie daher dazu ein, diesen großen Wunsch der DirektorInnen zu unter­stützen – und ich meine, dass das eine nur allzu berechtigte Forderung ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ein zweites großes Problem, das ich aus der SonnenSchule in Amstetten kenne, ist, dass es für besondere Therapiemöglichkeiten in den Schulen immer knapper wer­dende Geldmittel gibt. Es ist tatsächlich so, dass zum Beispiel für das sehr erfolgreiche Voltigieren oder auch für eine Maltherapie diese Direktorin auf private Sponsorensuche gehen muss, etwas, was meines Erachtens ungeheuerlich ist! Ich meine, so etwas kann doch nicht ganz einfach in private Hände gelegt werden, sondern das muss eine Aufgabe des Staates sein, das muss in die soziale Verantwortung des Staates fallen! Da kann doch die Direktive dieser Bundesregierung „weniger Staat, mehr privat“ nicht gelten! Das stellt doch einen gesellschaftspolitischen Auftrag an uns alle dar! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das nächste große Problem, das ich im Leben eines behinderten Menschen sehe, ist der Übertritt ins Berufsleben. Es gibt da im Moment zwei Arten: die „Lebenshilfe“-Angebote, die sehr gut sind, und die der freien Wirtschaft. Es gibt aber auch Men­schen, die ihre Leistung dazwischen haben, und für diese Menschen muss man meiner Überzeugung nach mehr tun.

Ich weiß schon, dass es Beschäftigungsprojekte gibt, aber gerade in diesem Bereich gibt es ein ganz großes Problem, dass nämlich jene Menschen, jene Jugendlichen, die in Beschäftigungsprojekten arbeiten, in denen wirklich qualifiziert gearbeitet wird, in denen Jugendliche arbeiten und qualifiziert werden, nicht sozialversichert sind. Diese Menschen erwerben dort keine Versicherungszeiten, sie erhalten kein Entgelt, sondern bekommen lediglich ein Taschengeld. Das stellt ein großes Problem für behinderte Jugendliche dar, und zwar ihr gesamtes Leben lang, denn diese Jahre gehen behinderten Menschen im Alter ab. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.) – Da kann man doch etwas ändern, Herr Kollege Donabauer! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Donabauer. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Als Herr Mag. Haupt noch Sozialminister gewesen ist, habe ich angeregt und gebeten, sich dieser Sache anzunehmen, weil das wirklich ein ganz dringendes Problem ist. (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Ich bin schon beim Schluss, Herr Präsident. – Leider hat diese meine damalige Anregung keine Resonanz erfahren, aber vielleicht kann Herr Mag. Haupt jetzt als Behindertenanwalt mehr für die behin­derten Menschen tun. Ich wünsche ihm jedenfalls alles Gute, vor allem im Sinne der betroffenen Menschen, damit wir wieder ein Stück weiterkommen im Umgang mit behinderten Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

9.57



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. 5 Minuten Redezeit. (Abg. Walch begibt sich zum Rednerpult.) – Aha, es gibt eine Umnominierung.

Herr Abgeordneter Walch ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Kollege.

 


9.58.06

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Haidlmayr, ich bin schon ein bisschen enttäuscht von Ihnen, denn das kann doch nicht die Wahrheit und Ihr Ernst gewesen sein, was Sie hier am Rednerpult über Herbert Haupt gesagt haben! Einen Sozialminister wie Mag. Haupt, der so viel für Behinderte in Österreich gemacht hat, hat es in den letzten 30 Jahren überhaupt nicht gegeben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu den Ausführungen der Kollegin Lapp möchte ich nur feststellen: Ihr von der SPÖ hättet genug Zeit gehabt, etwas zu tun, als ihr in der Regierung gewesen seid und den Sozialminister gestellt habt! Ihr von der SPÖ habt jedoch damals den Behinderten mehr weggenommen als gegeben! (Widerspruch bei der SPÖ.) Kollege Haupt als Sozialminister hat wirklich viel geleistet für unser Land beziehungsweise auch für die Behinderten in Österreich!

Unter der Ministerschaft von Herbert Haupt hat es so viele Gesetzesänderungen und Verbesserungen gegeben, sodass ich eigentlich eine Stunde lang reden müsste, um das alles aufzählen zu können. (Abg. Haidlmayr: Geh!) Kollege Haupt hat – einmalig in der Zweiten Republik! – eine Behindertenmilliarde eingeführt und damit wirklich etwas für Menschen mit Behinderungen getan – egal, ob dies Schulungs- oder Um­schulungsmaßnahmen sowie Verbesserungen betrifft, damit diese Menschen einen Arbeitsplatz in Betrieben bekommen, und vieles andere mehr.

Kurz anführen darf ich in diesem Zusammenhang nur: Pflegegeld, Pflege­gelder­höhung, Umbauten; Diskriminierungen wurden beseitigt. Das ist Behindertenpolitik, und ich bedanke mich namens meiner Fraktion wirklich recht herzlich dafür, was du, lieber Herbert, da alles geleistet hast! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte nur ein paar gesetzliche Regelungen anführen, die wir geschaffen haben und gegen welche die Opposition meist gestimmt hat: die Pflegegelderhöhung, die Harmonisierung in den Sozialberufen, die Pflegeanwaltschaft des Bundes, die Einrichtung des Pflegetelefons, die Familienhospizkarenz, Qualitätssicherung bei häuslicher Betreuung, ein Heimaufenthaltsgesetz, die Erweiterung und Begünstigung von Weiterversicherung für pflegende Angehörige, ein erleichterter Zugang bis zur Pflegestufe 3, Pflegegeld ab Geburt des Kindes – wo wart ihr, wieso habt ihr das nicht schon vor Jahrzehnten eingeführt? –, früher gab es das erst ab dem dritten Lebensjahr des Kindes, und vieles mehr. (Abg. Steibl – in Richtung SPÖ –: Und jetzt verhindern Sie es wieder!)

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen wurden auch Umbaumaßnahmen beschlossen. Damit Behinderte eine Chance haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen und Unter­nehmer entsprechend gefördert werden, sind zusätzlich noch 17 000 Arbeitsplätze ge­schaffen worden, und zwar speziell in der Bauwirtschaft, was mich als Betriebsrat einer Baufirma natürlich sehr freut.

An die Adresse der Grünen und der Sozialdemokraten möchte ich sagen: Das ist Behindertenpolitik! In Österreich geht mit Sozialminister Haupt, der wirklich etwas geschaffen hat im Sozialbereich, eine Ära zu Ende. Es gibt eine ganze Liste an Maßnahmen im Sozialbereich, Maßnahmen, die unter Sozialminister Herbert Haupt beschlossen wurden. Und es gibt wieder eine Sozialministerin, Ursula Haubner, die in


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diesem Sinne weiterarbeitet, speziell im Sozialbereich, für Familien, für Kinder – mit ihrem Staatssekretär Sigisbert Dolinschek.

Lieber Herbert, ich bedanke mich recht herzlich! Du warst auch Sozialsprecher im Parlament. Ich werde diese Funktion in deinem Sinne wahrnehmen und mit aller Kraft für Verbesserungen für die Österreicherinnen und Österreicher arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Oje-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Niederwieser: Armes Österreich!)

10.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner in der Aktuellen Stunde ist Herr Abge­ordneter Brosz. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.02.34

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Behindertengleichstellungsgesetz hat einen guten Titel? – Kollegin Haidlmayr hat, vollkommen zu Recht, darauf hingewiesen, dass für ein gutes Gesetz mehr notwendig ist als ein Titel. Und ich bin auch sehr froh darüber, dass diese Debatte heute in Gebärdensprache übersetzt wird, damit es zumindest heute möglich ist, dass auch Menschen, die gehörlos sind, die Debatte im Fernsehen ver­folgen können. Wir wissen aber, dass das bei allen anderen Debatten, die hier im Haus geführt werden, nicht der Fall ist, und wir wissen, welche Probleme wir damit haben, dass Nachrichtensendungen überhaupt übersetzt werden.

Dann macht man – und das hat Kollegin Haidlmayr ja gar nicht erwähnt – einen Spot, Kollege Dolinschek, einen Spot, in dem dargestellt wird, dass im Jahre 2013 ein gehör­loser Oberarzt in einem österreichischen Krankenhaus tätig sein wird. Ein gehörloser Oberarzt! – Wir wissen, die Arbeitszeit der Ärzte beträgt im Durchschnitt zwölf Stunden pro Tag. Man kann sich in etwa vorstellen, welche Rahmenbedingungen dieser Arzt brauchen würde, um dort überhaupt tätig sein zu können. Wer stellt denn das Geld zur Verfügung, wenn dort – ich habe mich diesbezüglich erkundigt – zwei bis drei Dol­metscherInnen notwendig wären, die ihn den ganzen Tag begleiten, damit er dort überhaupt tätig sein kann? Wo sind denn die Budgetposten dafür vorgesehen, dass diese Fiktion, die Sie da verbreiten, irgendwann Realität werden kann? – Nirgends ist das vorgesehen. Nirgends! Und das ist das große Problem an Ihrer Darstellung. (Beifall bei den Grünen.)

Gerade wenn man sich die Gebärdensprache ansieht, die im letzten Jahr in der Verfassung verankert worden ist, und wenn man sich die Daten im Hinblick darauf anschaut, was in Österreich Realität ist, müssten Sie doch sagen: Da gibt es Hand­lungsnotwendigkeiten!, und dürften Sie nicht Spots machen, in denen Sie sagen: Alles ist super!

Wissen Sie, Herr Kollege Dolinschek, wie viele gehörlose Studierende es in Österreich gibt? (Staatssekretär Dolinschek: Weiß ich nicht auswendig!) 30! 30 gehörlose Studierende gibt es in Österreich. In Schweden sind es 500. In Schweden gibt es – das ist ein Vorbildland, deswegen erwähne ich es hier – wesentlich mehr Dolmetscherinnen und Dolmetscher in der Gebärdensprache, die das überhaupt erst möglich machen, dass diese Vision, die Sie entwickeln, auch zur Realität wird.

Nicht einmal in den Gehörlosenschulen in Österreich wird – das muss man sich einmal vorstellen! – verpflichtend Gebärdensprache unterrichtet! Das ist die Realität, die wir jetzt vorfinden. Sie haben ein Gesetz gemacht, das in der Umsetzung der Realität nicht standhält. Wir sagen durchaus: Super, dass es in der Verfassung ist! – darum hat vor allem die Kollegin Haidlmayr über Jahre hinweg gekämpft –, aber wenn man da stehen


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bleibt und sich feiern lässt, hat man das Problem bei weitem nicht erkannt. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man sich ansieht, wie es mit der Barrierefreiheit der österreichischen Schulen ausschaut ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dolinschek.) – Entschuldigen Sie: Schulen auf der einen und Unis auf der anderen Seite. Wer kennt denn nicht die Wiener Uni, die Haupt-Uni, und wer nimmt denn wirklich an, dass diese wirklich barrierefrei ist?! Das ist ja absurd, wenn man so tut, als wäre hier alles möglich.

Wenn man die schulische Situation näher betrachtet, muss man sagen, es stimmt, es gibt mittlerweile viele Integrationsklassen in Österreich. Ja, aber bis wohin? – Bis zur achten Schulstufe, aber nicht überall bis zur achten Schulstufe. Was passiert denn in der neunten Schulstufe? – Da können alle Behinderten, alle Körperbehinderten, alle, die die Voraussetzungen nicht haben, nur in polytechnische Schulen gehen, und dann ist Schluss. Darüber hinaus gibt es überhaupt keine Voraussetzungen.

Wenn man sich ansieht, welche Alternativen Körperbehinderten geboten werden: Es ist nicht so, dass Handelsakademien, HTLs, Gymnasien barrierefrei zugänglich wären; die meisten sind es nicht. Es gibt schon Angebote: Man kann zum Beispiel eine Handels­akademie für Körperbehinderte in Wien machen, aber dort sieht die Gleichstellung so aus, dass die ins Internat müssen, egal von wo sie kommen, weil das die einzige Schule ist, in der sie die Möglichkeit haben, den Unterricht auch wirklich wahrzu­neh­men.

Das ist Gleichstellung? Das soll wirklich Gleichstellung sein? Ich glaube, an diesen Beispielen zeigt sich, dass da etwas ganz anderes nötig ist. (Staatssekretär Dolinschek: ... nicht von heute auf morgen!)

Kollege Dolinschek, ja, von heute auf morgen wird vieles nicht unbedingt zu lösen sein. Korrekt. Aber die Frage ist: Was tut man denn damit? Und: Garantieren Sie uns, dass Schulen, die umgebaut werden, ab jetzt wirklich barrierefrei gestaltet werden? (Staats­sekretär Dolinschek: Innerhalb von zehn Jahren!) Das ist eine wunderbare Erkenntnis, wenn Sie das jetzt sagen. Im Vorjahr hat Ministerin Gehrer auf die Frage, ob denn die Schulen umgebaut werden, geantwortet: Nein, aber wenn es notwendig sei, dann werde man Lösungen schaffen.

Diese Aussage ist geradezu absurd, denn wenn jemand in der vierten Klasse darauf kommt, dass er im nächsten Jahr eine Handelsakademie besuchen wird, dann schaue ich mir an, wie diese Handelsakademie innerhalb von fünf Monaten so umgebaut sein wird, dass dort die Möglichkeit besteht, barrierefreien Zugang zum Unterricht zu haben!

Vor diesen Problemen stehen wir in der Realität, und ich glaube, es ist höchste Zeit, dass wir von Verfassungsbestimmungen, die gut klingen, einen Schritt weiter machen, damit wirklich Barrierefreiheit und Gleichstellung in Österreich gelebt werden können. (Beifall bei den Grünen.)

10.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.07.43Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3769/J bis 3815/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 39/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 3521/AB bis 3590/AB.

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 743/A.

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1269 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion (Ver­kehrs-Arbeitsinspektionsgesetz) und das Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahn­gesetz) geändert werden (1270 d.B.),

Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005 (1279 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1280 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 78 betreffend „Die politischen Ereignisse in Äthiopien“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Petra Bayr,

Petition Nr. 79 betreffend „JA! Zur Wohnqualität - NEIN! Zum LKW-Dauerparken im Wohngebiet“, überreicht vom Abgeordneten Dietmar Keck;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit (1273 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Überein­kommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1272 d.B.);

Umweltausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Per­sonenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005) (1271 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):


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Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeits­inspektion im Jahr 2004 (III-193 d.B.);

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Fortschreibung des Öster­reichischen Stabilitätsprogrammes für die Jahre 2005 bis 2008 (III-197 d.B.);

Finanzausschuss:

19. Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Tätigkeit der Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien AG in den Geschäftsjahren 2001 bis 2004 (III-194 d.B.);

Kulturausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen  (Restitutionsbericht 2003/2004) (III-195 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Digitalisierungsbericht 2005, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-192 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Cap zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.08.02

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte zu Beginn der Sitzung mein Befremden zum Ausdruck bringen. Wir haben öffentlich vorgeschlagen, dass auf Grund der Ereignisse rund um den Diebstahl der „Saliera“, aber auch auf Grund des unprofessionellen Vorgehens rund um die Klimt-Bilder und vieles andere mehr eine Erklärung von Bundesministerin Gehrer hier im Parlament notwendig gewesen wäre.

Das ist bis zur Stunde nicht wahr geworden, das wird auch nicht stattfinden. Daher möchte ich hier in aller Öffentlichkeit und aller Deutlichkeit sagen: Wir werden einen Antrag einbringen, dass in dem vorgegebenen Zeitrahmen eine Sondersitzung hier im Hohen Haus stattfinden möge, damit wir uns im Rahmen einer ausführlichen Debatte mit diesen Sachverhalten auseinander setzen können. (Beifall bei der SPÖ.)

10.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Ein Antrag wurde nicht gestellt, aber entsprechend unserem Usus erhält jeder der Klubobleute nunmehr die Gelegenheit zur Stellung­nahme.

Bitte, Herr Abgeordneter Molterer.

 


10.08.56

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap, ich freue mich schon auf diese Sondersitzung und die Diskussion dazu, genauso wie ich mich freue, dass die „Saliera“ wieder zurückgekommen ist. Bei manchen Diskussionsbeiträgen habe ich den Ein­druck, diese Diskutanten hätten gerne, dass die „Saliera“ noch immer nicht wieder da ist.


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Ich möchte mich auch herzlich bei der Polizei bedanken, die ganz großartige Arbeit geleistet hat (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), meine Damen und Herren, und möchte darauf aufmerksam machen, Herr Kollege Cap, dass am 2. Februar eine Sitzung des Kulturausschusses stattfindet, wo ein Tagesordnungspunkt der Bericht des Restitutionsbeirates ist und wo selbstverständlich auch die Möglichkeit besteht, im Sinne einer aktuellen Aussprache auf diese Fragestellungen einzugehen.

Eine Notwendigkeit für eine Sondersitzung sehe ich nicht, aber wir sehen ihr sehr interessiert und gelassen entgegen und werden die notwendige Diskussion selbst­verständlich gerne führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Klubobmann Scheibner.

 


10.09.59

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident, Sie haben es ja schon gesagt: Es wurde kein Antrag gestellt. Deshalb würde sich jeder Kommentar erübrigen.

Nur vielleicht noch zur Verdeutlichung: Ich glaube, es ist das erste Mal, dass eine Fraktion mit einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung eine Sondersitzung ankün­digt. Also man sieht, worum es geht: um politisches Schauspiel!

Selbstverständlich kann man über alles diskutieren, aber gerade bei der „Saliera“ wäre es ja interessant, noch abzuwarten, was die Einvernahme des mutmaßlichen Täters erbringt, und dann darüber zu diskutieren. Es hat ja auch Versuche gegeben, am heutigen Tag doch über dieses Thema zu diskutieren. Das war alles zu wenig. Man braucht das Highlight, weil man anscheinend sonst keine Themen hat.

Auch wir blicken der Sondersitzung mit Freude und Interesse entgegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Klubobmann Van der Bellen.

 


10.10.52

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Erstens ist es das gute Recht einer Fraktion, eine Sondersitzung zu verlangen – das ist kein Antrag, sondern ein Recht. (Rufe bei der ÖVP: Na geh!)

Zweitens meine ich, es wäre Bundesministerin Gehrer gut angestanden, sich dieser Debatte zu stellen.

Drittens ist es absolut nicht das Verdienst von Bundesministerin Gehrer oder der Bun­desregierung, dass die „Saliera“ wieder da ist, Herr Kollege Molterer, sondern ein Verdienst der Polizei. Ich bin sehr gespannt darauf, wie Bundesministerin Gehrer die offensichtlichen Versäumnisse im Kunsthistorischen Museum einmal mehr zu bagatel­lisieren versucht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.11

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der ÖVP hat gemäß § 74a Abs. 2 der Ge­schäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 765/A (E) der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Börseneinführungen dringlich zu behandeln.


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135. Sitzung / Seite 41

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 732/A (E) betreffend Einleitung eines Verfahrens gemäß Art. 142 Abs. 1 lit. e der Bun­des­verfas­sung gegen den Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, eine Frist bis 1. Februar 2006 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluss daran stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

*****

Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich außerdem mit, dass die Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 460/A (E) der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährung eines bundes­einheit­lichen Heizkostenzuschusses eine Frist bis 28. Februar 2006 zu setzen.

Im Hinblick auf § 57b der Geschäftsordnung kann dem in diesem Zusammenhang gestellten Verlangen auf eine kurze Debatte nicht stattgegeben werden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Beendigung der Verhand­lungen in dieser Sitzung stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 bis 5 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt.

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitliche 96 sowie Grüne 104 Minuten.

Darüber entscheidet das Hohe Haus.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung, und ich bitte die Klubmitarbeiter, sich aus den Couloirs zu entfernen. – Herr Kollege Pilz! Die Klubmitarbeiter mögen sich bitte aus den Couloirs entfernen! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich rede mit Ihnen, Herr Kollege Pilz! Ich habe gebeten, dass vor der Abstimmung die Klubmitarbeiter, die stehend mit Ihnen ins Gespräch vertieft waren, den Couloir verlassen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) Nein, der andere, der inzwischen gegangen ist!

So, wir können jetzt abstimmen.

Wer mit diesem Vorschlag der Präsidialkonferenz einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Zustimmung wird einstimmig erteilt. Wir werden daher so vor­gehen.

10.15.011. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 757/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1274 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minu­ten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


10.15.31

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! (Abg. Öllinger: Wo ist der Herr Vizekanzler?) Sehr geehrter Herr Bundesminister – ach, der ist nicht da, der Herr Bundesminister. Macht nichts, aber wenigstens im Ausschuss war er diesmal da. Er wechselt also die Szenarien: einmal ist er im Ausschuss, einmal ist er hier.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Entschuldigen Sie, Herr Kollege! Darf ich die Damen und Herren des Hohen Hauses daran erinnern, dass wir eine Regel haben, dass man den Abgeordneten beim Sprechen nicht den Rücken zuweist: Herr Kollege Murauer und der Klubmitarbeiter bei den Sozialdemokraten!

Ich muss das ununterbrochen in Erinnerung rufen. Das ist doch eine einfache Regel!

Bitte, Herr Kollege Eder.

 


Abgeordneter Kurt Eder (fortsetzend): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute hier einen Antrag der Abgeordneten Wittauer und Dipl.-Ing. Missethon zu behan­deln, der eigentlich ein bisschen ein Verlegenheitsantrag ist. Offenbar ist man im letz­ten Moment draufgekommen: Wenn man per Verordnung 160 km/h auf Autobahnen zulässt und die derzeitige Führerscheinordnung so belassen würde, dann würde der Führerschein erst bei 210 km/h abgenommen werden können. Und um das zu ver­hindern, macht man hier jetzt diesen Antrag.

Wobei es in der Begründung dieses Antrages interessanterweise so schön heißt: „Es soll“ durch diesen Antrag „sinnloser Raserei Einhalt geboten werden“. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich Teststrecken mit 160 km/h per Verordnung durchsetzen will, frage ich mich: Ist das dann keine Raserei? (Abg. Scheibner: Keine sinnlose Raserei!) – Ah, das ist eine sinnvolle Raserei, Herr Klubobmann Scheibner?!


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Ich möchte hier festhalten: Die Sozialdemokraten werden gegen diesen Antrag stim­men, und zwar nicht deswegen, weil es so ist, wie Kollege Missethon in einer Pres­seaussendung gemeint hat, dass wir für 210 km/h sind, sondern wir sind grundsätzlich für die Beibehaltung der derzeitigen Geschwindigkeitsregelungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir wollen einfach nicht, dass Menschen unnötigerweise gefährdet werden – und auch die ÖVP will das in Wirklichkeit nicht. Ich habe da noch die Aussagen vom Vorgänger des Kollegen Missethon gut im Ohr – und hier auch in der Zeitung, wo Kollege Miedl meint, Gorbach trage jedenfalls alleine die Verant­wortung für das gesamte Projekt. – Na, wenn Sie da jetzt immer weiter mitstimmen, Herr Kollege Missethon, dann trägt er sie nicht mehr alleine, sondern dann tragen Sie die Verantwortung schön langsam mit für dieses ganze Projekt.

Wenn man sich überlegt, wer Ihre Mitstreiter sind, muss man sagen, das sind eigent­lich sehr, sehr wenige. Kaum ein Landeshauptmann ist für Ihren Vorschlag. Ich denke nur an den oberösterreichischen Landeshauptmann, auch nicht weit entfernt von der ÖVP: Er ist striktest dagegen gewesen, dass man in Oberösterreich 160 km/h fahren soll, obwohl es dort sogar dreispurige Autobahnen gegeben hätte.

Auch der ÖAMTC, der diesen Dingen nicht absolut negativ gegenübersteht, meint: Wenn schon, dann wenigstens auf dreispurigen Autobahnen. Aber was hat man gemacht? – Man hat eine Autobahn ausgesucht, in einem Bundesland, dessen Lan­deshauptmann ein guter Freund ist, eine zweispurige Autobahn genommen, und damit ist natürlich das Gefährdungspotential noch wesentlich höher.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen wir keine Experimente mit Men­schen!

Auch die Argumente, es muss ja keiner 160 km/h fahren, sind lächerlich, meine Damen und Herren! Bleiben wir bei den Geschwindigkeitsregelungen, die wir haben! Arbeiten wir lieber weiter an Verkehrssicherheitsmaßnahmen: Arbeiten wir daran, dass zum Beispiel LKWs eine Winterreifenpflicht haben, arbeiten wir daran, dass LKWs verpflichtet sind, wenn sie durch Österreich fahren, Schneeketten dabei zu haben. – Das wären Verordnungen, die der Bevölkerung etwas bringen! Aber mit 160 km/h durch die Gegend rasen?! – Noch dazu bringt das auf der gesamten Teststrecke, glaube ich, eine Minute Zeiteinsparung, gefährdet aber die Menschen wesentlich mehr als Tempo 130, und da rede ich gar nicht von mehr CO2 und mehr Lärm und all diesen Dingen.

Lassen wir Vernunft einkehren! Lassen wir das Ganze! Lassen wir es so, wie es ist – ich glaube, es ist vernünftiger. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Misse­thon. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.19.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretäre! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Eder, Sie wissen natürlich ganz genau, dass wir diese Lücke im Führerscheingesetz ohnehin hätten schließen müssen, weil in der Straßenverkehrsordnung durchaus die Möglichkeit gegeben wird, dass Behörden die Höchstgeschwindigkeit erhöhen können. Das heißt, für uns ist es deshalb sehr wichtig, dass wir den Deckel auf 180 km/h für die Abnahme des Führerscheins quasi festlegen (Abg. Neudeck: Das heißt nicht „Deckel“, sondern


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135. Sitzung / Seite 44

Führerschein!) und nicht die Lizenz zum Rasen erteilen, wie das die SPÖ tut, indem sie nicht zustimmt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren, nun zur Teststrecke in Kärnten, wo wir den Versuch starten wollen, einen Geschwindigkeitskorridor zwischen 80 und 160 km/h zu testen. Ich persönlich bin dafür, dass wir uns diesen Versuch in Ruhe und ganz nüchtern ansehen ... (Abg. Eder: „Nüchtern“ ist gut ...!)

Herr Kollege Eder, es wird Ihnen nicht entgangen sein: Die Beschränkung auf 130 km/h auf Autobahnen wurde in den siebziger Jahren eingeführt. Erinnern wir uns zurück, welche Zeit das damals war: Da sind doch die meisten noch mit einem VW-Käfer gefahren! Damals, Herr Kollege Eder, war Herr Cap innerhalb der SPÖ noch ein Revoluzzer, heute ist er System-Erhalter! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sehr „witzig“! Eine „blendende“ Rede!)

Die siebziger Jahre, das war die Zeit, als die Grünen noch grün waren, und mittlerweile hat sich in diesen 30 Jahren natürlich viel verändert, auch was die Techno­logie­entwicklung, was den technologischen Fortschritt anlangt. (Abg. Parnigoni: Wirklich „super“, diese Rede! Er ist nur untergriffig! – Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.)

Heute haben wir gut ausgebaute Autobahnen, Hightech-Produkte als Autos, und ich glaube daher, wir können doch nicht den technologischen Fortschritt, vor allem was die Sicherheit der Autos, aber auch was die Verkehrsleitsysteme und die Verkehrs­sicher­heitssysteme betrifft, ignorieren, sondern sollten uns da sozusagen einjustieren, sollten uns diesen Versuch genau anschauen. (Abg. Parnigoni: Sagen Sie einmal etwas, was nicht untergriffig ist, Herr Missethon!)

Für uns von der ÖVP sind in diesem Zusammenhang drei Fragen wichtig: Wie sieht bei einer solchen Teststrecke die Frage der Verkehrssicherheit aus? Wie schaut es dabei mit den ökologischen Fragen aus? Und: Wird durch ein variables Tempolimit die Verkehrsflüssigkeit verbessert?

Das sind für uns drei wichtige Fragestellungen, wobei wir uns diesen Versuch in Ruhe ansehen und dann die Ergebnisse auswerten werden. Erst dann werden wir uns ein Urteil bilden. Ich möchte jetzt wirklich nicht mit Vorurteilen argumentieren, wie das manche von der Opposition hier getan haben. (Abg. Parnigoni: Aber ihr habt sie ja schon, die Vorurteile!)

Wir haben ja gesehen, wie das in Dänemark gewesen ist, als dort die zulässige Geschwindigkeit von 110 auf 130 km/h erhöht wurde: Dort hat es zunächst die gleichen Bedenken gegeben, Herr Kollege Parnigoni: die Zahl der Toten bei Unfällen werde steigen, et cetera. Sämtliche Experten waren gegen diesen Versuch. – Das Ergebnis im Nachhinein war ... (Abg. Eder: Ist auch gestiegen!) – Nein, die Zahl der Unfalltoten ist nicht gestiegen, sondern gesunken, und zwar um 25 Prozent! (Widerspruch des Abg. Eder.)

Daher würde ich sagen: Das Ganze in Ruhe abwarten, in Ruhe die Ergebnisse analysieren – und dann die richtigen Konsequenzen daraus ziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit 7 Minuten. – Bitte.

 


10.23.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Werte Herren Staats­sekretäre! Meine Damen und Herren! „In Ruhe abwarten“, dazu möchte ich nur sagen:


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Das möchte ich nicht verantworten, Herr Kollege Missethon, denn die Ergebnisse, die Ihre Tests bringen sollen, sind bereits jetzt durch Gutachten vielfältigst abgesichert. So gibt es beispielsweise ein Gutachten betreffend „Auswirkungen von Tempo 160 auf Öster­reichs Autobahnen“, und darin heißt es ganz klar: mehr Unfälle, mehr Tote, mehr Schadstoffe.

Weiters gibt es ein Gutachten – über 100 Seiten – vom Kuratorium für Verkehrssicher­heit betreffend „Auswirkungen der Veränderungen der Höchstgeschwindigkeit von 130 auf 160 auf Österreichs Autobahnen“, und ich kann Ihnen gerne die Ergebnisse noch einmal vortragen.

Verweisen möchte ich auf Ihren heutigen Antrag im Zusammenhang mit einer Ände­rung des Führerscheingesetzes und Führerschein-Entzug bei 180 km/h – und nicht so, wie das jetzt noch gesetzlich möglich wäre, bei 210 km/h – sowie darauf, dass Herr Vizekanzler Gorbach ein Wahlkampfthema braucht und deshalb Tempo 160 zur Diskussion stellt – und das, obwohl er weiß, dass das völlig kontraproduktiv ist.

Herr Kollege Missethon, ich rufe Ihnen Folgendes in Erinnerung – Sie brauchen nicht „in Ruhe“, wie Sie gesagt haben, diese Tests abzuwarten, sondern nur in Ruhe zu lesen, und zwar in diesem Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, in dem es heißt, dass eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit dem Ziel des öster­reichi­schen Verkehrssicherheitsprogramms widerspricht, das heißt, das widerspricht den hier im Parlament festgelegten Zielen.

Weiters heißt es in diesem Gutachten, dass eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit zu höheren Unfallzahlen führt, zu einer höheren Verletztenschwere, sowie dass auf Grund internationaler Erfahrungen davon ausgegangen werden kann, dass bei einer Geschwindigkeitserhöhung ein Anstieg des Unfallgeschehens um 15 bis 30 Prozent zu erwarten ist.

Und weiters ganz konkrete Beispiele. In den Vereinigten Staaten von Amerika, und zwar in Montana, wurden die Tempolimits erhöht. Und was war die Folge? – 55 Pro­zent mehr tödliche Unfälle! – Das können und wollen wir von den Grünen nicht verantworten! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie nach Ungarn, wo es zu um 10 km/h höheren Tempolimits auf Freiland­straßen gekommen ist. Was war die Folge? – 30 Prozent mehr Unfälle!

Daher: Nein zu diesem Versuch, nein zu diesem Risiko, nein zu einem Versuch an Menschen, an lebenden Objekten! (Abg. Mag. Regler: Das ist doch kein Versuch an Menschen!) Schauen Sie nach Australien, nach Melbourne, wo das Tempolimit von 100 auf 110 km/h erhöht wurde! Die Folge? – 25 Prozent mehr Unfälle!

In diesem Zusammenhang rede ich ja noch gar nicht von den Schadstoffen, nicht vom Lärm: Die Bevölkerung, die AnrainerInnen in Kärnten werden dadurch doch noch zusätzlich belastet! Anfang Mai, wenn diese Versuche wegen des von der ÖVP propagierten „Sich-das-in-Ruhe-Anschauens“ vonstatten gehen werden, werden sich die AnrainerInnen sicherlich stark dagegen wehren und dagegen protestieren.

Nochmals: Wir von den Grünen treten massiv gegen diesen Versuch ein – und alle Experten geben uns dabei Recht; Sie können da gerne alle fragen. Deshalb schlagen wir einen anderen Weg vor: Wir möchten, dass die „Mentalität“ der Österreicherinnen und Österreicher, was Tempolimits anlangt, geändert wird, dass die Menschen vor­sichtiger fahren, dass sie angepasst fahren – und dass eine Überschreitung von Geschwindigkeitslimits – plus 30 km/h höher als erlaubt! – zu einem Vormerkdelikt wird. Das wäre ein echtes Maßnahmensystem!


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135. Sitzung / Seite 46

Deshalb unser Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Vorsorge gegen unverantwortliches Rasen („wenigstens 160 muss 160 bleiben!“)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Vorschlag für eine Änderung von § 30a des Führerscheingesetzes (Vormerksystem) zuzuleiten, mit der die Überschreitung von Tempo 160 als zusätzliches Vormerkdelikt ins Vormerk­system aufgenommen wird. Diese Bestimmung soll spätestens mit Beginn etwaiger Tempo-160-Tests in Kraft treten. (Abg. Großruck: Die Autofahrer werden es Ihnen danken, diesen Antrag!)

*****

Herr Kollege aus Grieskirchen, ganz einfach: Der Herr Minister, der Herr Vizekanzler hat immer gesagt: 160 soll 160 bleiben! – Wir sagen: 130 soll 130 bleiben! Und damit wenigstens bei den Tests die 160 tatsächlich 160 bleiben, sollte man das Vormerk­system dafür heranziehen. Das ist doch eine nahe liegende Sache, aber leider greifen Sie nicht zu diesem Instrument, leider stellt für Sie überhöhte Geschwindigkeit nach wie vor ein Kavaliersdelikt dar.

Für uns ist da dringender Maßnahmenbedarf gegeben, für uns ist das eine Auf­forderung, endlich etwas zu tun, damit nicht jede Woche eine ganze Familie auf Österreichs Straßen stirbt! Denken Sie bitte daran! (Beifall bei den Grünen.)

Denken Sie auch daran, dass die Autobahnen bei uns gar nicht darauf ausgelegt sind! Denken Sie daran, dass zum Beispiel auf dieser Teststrecke in der Nacht ein Tempolimit von 110 km/h vorgeschrieben ist! Ein 110 km/h-Limit in der Nacht auf dieser Teststrecke in Kärnten – und untertags soll das auf 160 km/h „flexibilisiert werden“, wie Sie sagen! Das ist doch widersinnig! (Zwischenruf des Abg. Wattaul.)

Herr Kollege Wattaul, Sie wissen genau, dass LKW dort auch unterwegs sind. LKW fahren laut Vorschrift mit maximal Tempo 80. Was wird denn da passieren, denn das LKW-Überholen ist dort nicht verboten, sondern erlaubt? – Jetzt überholt ein 90 km/h fahrender LKW einen 80 km/h fahrenden – und hinten kommt ein PKW mit 160 km/h daher. Na das schaue ich mir an! Das schaue ich mir an! (Abg. Scheibner: Wenn er nur 10 km/h schneller fährt, darf er nicht überholen!)

Deshalb ist ja auch in einem Gutachten bei solchen großen Geschwindigkeits­unter­schieden empfohlen worden, dort ein LKW-Überholverbot zu verordnen. Natürlich läuft die Wirtschaft dagegen Sturm; das wäre für sie eine Verschlechterung. – Ich befürchte nun, dass diese Teststrecke mit Tempo 160, dass dieser Versuch dazu führen wird, dass die andere Variante, nämlich die Erhöhung von LKW-Tempolimits sozusagen schlagend wird, dass LKW dann womöglich auch noch schneller fahren dürfen, nur damit PKW mit ihren 160 km/h-Rasereien eine Minute an Fahrzeit gewinnen!

Ich meine, das ist völlig grotesk, Herr Kollege. Völlig grotesk! (Beifall bei den Grünen.)

Kärnten ist ja leider nicht zum ersten Mal Schauplatz einer Diskussion über Tempo­limits, und nicht umsonst hat dieses Kärntner Problem der Tempolimits schon die ganze Republik beschäftigt; nicht nur jetzt, wo es um Tempo 160 geht, sondern auch schon 1994, als es um die Einhaltung von 50 km/h im Ortsgebiet gegangen ist. (Abg.


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Scheibner: Und das finden Sie in Ordnung, dass jemand schnell fährt im Ortsgebiet? Absichtlich!)

Ich erinnere Sie: St. Kanzian war auch der Anlass für einen Slowenen, zu versuchen, sein Recht auf eine Beschilderung mit zweisprachigen Ortstafeln durchzusetzen. Dieser Herr, ein Rechtsanwalt, hat eine Geschwindigkeitsübertretung begehen müs­sen. Auf Empfehlung des Herrn Präsidenten Khol ist er 65 km/h gefahren, damit er eine Strafverfügung erhält, gegen die er ankämpfen kann, damit endlich auch die Ortstafelfrage bei den obersten Gerichtshöfen in Österreich anhängig wird.

Das ist die Crux der Entwicklung in Kärnten, die wir auch am Beispiel der Ortstafeln nach wie vor verfolgen müssen, wo nach wie vor Rechtsstaat nicht Rechtsstaat ist. Wir aber wollen rechtsstaatliche Verhältnisse, wir wollen Verhältnisse haben, die voraus­setzen, dass die Bevölkerung Vertrauen in staatliche Schutzaktionen haben kann, Verhältnisse, die den Schutz der Volks- und Minderheitenrechte und auch den Schutz der Menschenleben gewährleisten. Darum geht es uns insgesamt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Deshalb darf man zu schnell fahren im Ortsgebiet?)

Herr Staatssekretär Mainoni beziehungsweise Herr Staatssekretär Kukacka, ich würde Sie in Vertretung des Herrn Ministers gerne ersuchen, auf dieses Problem einzugehen, zumal heute hier ja auch über die Rechtsstaatswahrung in Österreich, über die Rechts­kultur in Österreich im Zusammenhang mit Minderheitenrechten, im Zusammenhang auch insgesamt mit Menschenrechten diskutiert werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Moser eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freun­de betreffend Vorsorge gegen unverantwortliches Rasen („wenigstens 160 muss 160 bleiben!“) ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Vorsorge gegen unverantwortliches Rasen („wenigstens 160 muss 160 bleiben!“)

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 757/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1274 d.B.)

In der Debatte über Tempo 160 wurde von Vizekanzler Gorbach und vielen anderen Befürwortern dieses verantwortungslosen Anschlags auf Verkehrssicherheit, Gesund­heit und Umwelt wiederholt behauptet: „160 muss 160 bleiben“. Real kann davon jedoch keine Rede sein, wie nicht zuletzt der vorliegende Antrag von ÖVP und BZÖ beweist, der keineswegs ab 160 km/h, sondern erst jenseits von 180 km/h ernsthafte Konsequenzen vorsieht.

Es ist zudem nicht nachvollziehbar, warum Tempo 160 – wie vom BMVIT in einer steuerfinanzierten Inseratenkampagne behauptet – mehr Verkehrssicherheit bringen soll, zugleich aber – siehe die Begründung des ÖVP-BZÖ-Antrags – Tempo 180 „sinn­loses Rasen“ darstellt. Da fast 40 Prozent der Unfalltoten (das sind über 270 Tote!), viele davon unschuldige Beteiligte, auf das Konto von Schnellfahren gehen, ist ein so unseriöser Umgang mit dem Thema Rasen völlig fehl am Platz. Die Regierungs­parteien setzen mit dem Thema „Tempo 160“ und diesem Antrag aber nur ihre


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Verharmlosung des Schnellfahrens fort, die bereits darin zum Ausdruck kam, dass Rasen als das verhängnisvollste und daher wichtigste Fehlverhalten im Straßenverkehr nicht ins Vormerksystem aufgenommen wurde.

Wenn wenigstens Tempo 160 wirklich 160 bleiben soll, müssen ab 160 km/h wirkungs­volle Sanktionen greifen. Es ist daher dringend nötig, die Überschreitung von Tempo 160 auf Autobahnen und Schnellstraßen zum Vormerkdelikt zu machen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Vorschlag für eine Änderung von § 30a des Führerscheingesetzes (Vormerksystem) zuzuleiten, mit der die Überschreitung von Tempo 160 als zusätzliches Vormerkdelikt ins Vormerk­system aufgenommen wird. Diese Bestimmung soll spätestens mit Beginn etwaiger Tempo-160-Tests in Kraft treten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


10.32.17

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Verkehrssicherheit war immer die oberste Prämisse unserer Verkehrspolitik – und dabei wird es auch bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Man kann natürlich alles argumentieren, aber man sollte sich auch einmal die Ergebnisse anschauen.

Diese Regierung kann eine Bilanz vorweisen, die belegt, dass es um 25 Prozent weniger Verkehrstote auf Österreichs Straßen gibt. – Das können Sie nicht wegdis­kutieren, das ist Fakt! Darüber muss man einmal ehrlich nachdenken. Aber ich bin jetzt auch schon einige Zeit in diesem Hohen Haus und kann sagen: Egal ob Drogentests, ob Mehrphasenführerschein, ganz egal, welche Maßnahme diese Regierung gesetzt hat, um das Ziel zu erreichen, innerhalb der nächsten zehn Jahre die Zahl der Verkehrstoten zu halbieren, bei jeder Maßnahme haben Sie dagegen gestimmt. (Abg. Eder: Nein, nein, nein! Das ist falsch!) Bei jeder Maßnahme, ausgenommen beim Drogentest, diesbezüglich haben wir einen Kompromiss erzielt. (Abg. Eder: Licht am Tag!)

Etwas weiß ich ganz genau, und das macht mich so sicher: Ihr diskutiert über etwas, das so nicht stimmt. Genau mit dieser Maßnahme, die auf die Psyche der Ver­kehrsteilnehmer abzielt – denn man muss schon wissen, dass der größte Unsicher­heitsfaktor im Verkehr natürlich der Mensch ist –, auch durch diese Diskussion will man versuchen, die Verkehrsteilnehmer dazu zu bringen, beim Fahren wirklich die Ver­kehrslage, die Straßenverhältnisse, die Witterungsverhältnisse, vor allem die tech­nischen Voraussetzungen der Fahrzeuge zu bedenken. Zu Tempo 160 muss man auch sagen, es ist nicht so, dass das nicht kontrolliert wird. Genau diese Sektoren werden temporär, nämlich mit Section Control, und dann noch punktuell mit Radar gemessen. Das heißt, das ist eine besonders kontrollierte Fahrbahnstrecke.


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Frau Kollegin Moser hat gemeint, was sein wird, wenn dort viele LKW fahren. – Was wird dann sein? Dann wird der zuständige Herr im Verkehrsleitsystem das Tempolimit von 160 auf 110 herabsetzen, weil es auf dieser zweispurigen Autobahn so viel Ver­kehr gibt. Daher ist auch Ihr Argument, das Sie hier anführen, nämlich „160 ist Raserei!“, einfach fehl am Platz. Wenn zum Beispiel am Vormittag kein LKW-Verkehr, also wenig Verkehr ist und nur einige Pkw fahren, dann wird man, wenn die Witterung es erlaubt, Tempo 160 zulassen. Was spricht dagegen? Wie wir wissen, gibt es auch in Deutschland diese Richtgeschwindigkeit.

Wir vertrauen darauf, und ich glaube, das ist auch richtig, dass die Verkehrsteilnehmer Verantwortung übernehmen, dass sie selbst wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Ich spreche hier von Bewusstseinsbildung. Reden Sie einmal mit Psychologen, die werden Ihnen das bestätigen: Das Wichtigste ist, dass ein Gesetz vom Bürger ver­standen wird. (Abg. Mandak: 130 verstehen die Bürgerinnen und Bürger schon!)

Genau darum geht es bei Tempo 160. Es geht darum, das Bewusstsein der Verkehrs­teilnehmer zu schärfen, ihnen ihre Verantwortung aufzuzeigen: Wer am Verkehr teilnimmt, darf niemanden verletzen und darf sich selbst nicht verletzen. – Ich meine, das ist wirklich eine ganz g’scheite Sache. Aber was macht ihr? Wieder, beinahe schon reflexartig, schreien Sie einfach, die Strafen müssen erhöht werden. (Abg. Mandak: Und vor allem konsequent überwacht werden!) Damit lösen Sie kein Problem. Wir müssen die Psyche der Menschen erreichen, ihnen ihre Verantwortung aufzeigen, und ich meine, dieser Schritt ist dazu der absolut richtige.

Ich sage es noch einmal: Die Bilanz spricht doch für den Verkehrsminister! Er hat eine hervorragende Bilanz vorzuweisen, das können Sie nicht wegdiskutieren. Dass Sie immer gegen alles sind, das wissen wir schon – wir sind sicher, dass das der richtige Weg ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder-Maier. Ihre Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


10.36.32

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für einen Probegalopp von zwei bis drei Monaten für 160 km/h auf einem Strecken­ab­schnitt von 12 Kilometern auf der Tauern Autobahn wird von den Regierungsparteien eine Änderung des Führerscheingesetzes beantragt. Für Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, eine logische Konsequenz, werden doch dadurch weiterhin 180 km/h als oberste Grenze für den Führerscheinentzug festgelegt.

Eine Zustimmung von uns dazu wäre aber gleichbedeutend mit und nachträglich die Akzeptanz von 160 km/h auf diesem Streckenabschnitt. Das aber ist nicht in unserem Sinne, meine Damen und Herren, deshalb lehnen wir auch diesen Ihren Antrag ab.

Herr Kollege Missethon, Sie können Ihre Vorwürfe immer wieder wiederholen, sie werden dadurch nicht richtiger und entbehren weiterhin jeglicher Grundlage. Einige Argumente zur Erinnerung:

Alles spricht gegen diese Kärntner Teststrecke für Tempo 160 km/h, und es gibt auch keine vernünftigen Gründe dafür. Es passt der Straßenverlauf nicht – zweispurig und viele Kurven –, die derzeitigen Unfallziffern sprechen eine klare Sprache, und auf die­sem Abschnitt ist das zweithöchste LKW-Aufkommen auf den Autobahnen in Öster­reich zu verzeichnen. Dazu kommt die teure Installation einer Section Control, die noch dazu lediglich die inländischen Temposünder erwischt, und zu denken geben auch die schlechten Erfahrungen mit der wettersensiblen Section Control am Wechsel. All das


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sind Punkte, die nicht vom Tisch zu wischen sind und gegen diesen Testabschnitt sprechen. Und dazu kommen noch die nicht unwesentlichen Kosten, angefangen vom Druck des neuen Gesetzestextes bis hin zu den technischen Maßnahmen. (Abg. Wattaul: Das stimmt ja alles nicht! Wahnsinn! Das glaubst ja alles nicht!)

Das Experiment hat mit einer Steigerung der Verkehrssicherheit absolut nichts zu tun, Herr Kollege Wattaul! Im Gegenteil! Es weist eindeutig in die Gegenrichtung (Staats­sekretär Mag. Mainoni: Nein!), und deshalb lehnen wir es ab. Wir geben keine Zustimmung zu diesem Antrag auf Änderung des Führerscheingesetzes. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Das macht uns sicher!)

10.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. 4 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.39.36

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätz­ten Herren Staatssekretäre! Nach den Ausführungen von Frau Kollegin Binder wird man an die Maschinenstürmerei vergangener Jahrzehnte erinnert. Man spricht sich gegen jeden technischen Fortschritt aus, so als wäre man, wie bereits Kollege Misse­thon gesagt hat, heute noch mit Autos mit der Technik der siebziger Jahre unterwegs. In den siebziger Jahren ist Tempo aus anderen Gründen eingeführt worden; die Energiekrise hat damals dazu geführt hat.

Heute wollen wir uns dagegen verwahren, am 2. Mai auf einem Abschnitt auf der Tauern Autobahn einen Versuch zu starten, um festzustellen, ob bei einem Tempo zwischen 80 km/h und 160 km/h durch geeignete Maßnahmen eine Lärmreduzierung erfolgen kann. Das Wesentlichste bei diesem Test ist ein Sicherheitsfaktor, nämlich dass man bei schlechten Witterungsverhältnissen Tempo 80 verordnen kann und so Tempo 130 bei schlechten Witterungsverhältnissen verhindern kann. Das ist das, was von Ihnen und von Ihrer Seite immer wieder unerwähnt bleibt.

Das unterscheidet auch von jenen kopflosen Versuchen, die vor wenigen Wochen in Wien getätigt wurden. Erinnern wir uns an die Verordnung von Frau Umweltstadträtin Sima: 50 km/h ab Ortseinfahrten. Wir haben es alle hautnah erlebt. Wo waren hier die Begleitmaßnahmen? Wo waren hier die unterstützenden Untersuchungen oder Lang­zeitversuche? Darüber wurde in der Debatte einfach hinweggesehen, und diese Verordnung musste dann auch zurückgeschraubt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Lieber Kollege Marizzi – wenn wir schon bei den sinnlosen Aktionen sind –, du erin­nerst dich vielleicht ganz genau an die Sparvariante über den Wechsel aus den achtziger Jahren; sie wurde heute schon von Kollegin Binder angesprochen. Dort musste Section Control eingeführt werden, dort musste, zunächst nach dem Diktat der leeren Kassen von Minister Sekanina errichtet, mit hohen Aufwendungen repariert werden, und das spürt tagtäglich jeder, der diese Wechsel-Strecke fahren muss. Dagegen sprechen wir uns aus!

Schauen wir uns die Zahlen an. Im Jahr 1970 hatten wir in Österreich 1 880 Verkehrs­tote, im Vorjahr 774. Natürlich 774 zu viel, aber was ist in der Zwischenzeit passiert? – In der Zwischenzeit haben wir gesetzliche Regelungen eingeführt; ich sage nur „Licht am Tag“, Mehrphasenführerschein und einiges mehr. Auf der anderen Seite, neben den gesetzlichen Regelungen, wurde die Technik verbessert, von ABS bis hin zu anderen Sicherheitseinrichtungen. Damals waren die Autos noch ohne Kopfstützen und Sicherheitsgurte; es ist sehr viel gemacht worden.


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Liebe Frau Abgeordnete Moser, Sie haben sich im Ausschuss zu Leitsystemen von 80 bis 100 km/h auf den Autobahnen geäußert; noch ein weiterer Schritt zurück. Gegen Ihre Aussage allerdings, dass mit Tempo 160 – reden wir von 80 bis 160 – ein Projekt mit lebenden Versuchsobjekten durchgeführt wird, verwahre ich mich. Dagegen verwahre ich mich als Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei. Ich werde in den nächsten Wochen mit vollem Einsatz darauf hinwirken, dass wir 8 Millionen Öster­reicher in den nächsten vier Jahren nicht Versuchsobjekte einer rot-grünen Regierung werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


10.43.32

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro! Poštovane dame i gos­podo! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Seit 1955 wird der Staatsvertrag von Wien, verfassungsrechtlich verbrieftes Recht für Minderheiten, in Österreich missachtet.

Seit ungefähr einem Jahr haben wir einen Verkehrsminister und Vizekanzler, der die österreichische Öffentlichkeit mit Ideen, die man eigentlich nur als abstrus bezeichnen kann, nämlich das Rasen auf Österreichs Straßen, wenn auch nur bedingt auf Test­strecken, freizugeben, behelligt. Das Parlament tritt sofort zusammen, wie etwa heute, um diesem ganzen Ansinnen – und das ist für mich besonders interessant – einen rechtlichen Kontext zu geben. Ich bin jetzt als Juristin in der misslichen Lage, heute mit einem Gesetz konfrontiert zu sein, das eigentlich das festlegt, was bis jetzt in Österreich Regel ist, nämlich: Wenn man mehr als 180 km/h auf einer Autobahn fährt, kann das beziehungsweise wird das zum Führerscheinentzug führen. Dafür bin ich selbstverständlich ebenso wie Sie alle. (Abg. Mag. Regler: Sehr gut!)

Jetzt gibt es einen Verkehrsminister, der meint, 130 km/h seien ihm zu wenig, er würde legitimerweise gerne 160 km/h fahren dürfen. (Abg. Dipl.-Ing. Achleitner: Aber nicht überall!) Aber da kommen wir irgendwie in Konflikt mit dem Gesetz, denn das Gesetz sagt, erst ab einer Übertretung von 50 km/h ist der Führerschein weg. Flugs tritt schon das österreichische Parlament zusammen, um diesem Raser – jetzt hoffentlich noch Raser im Geiste, aber demnächst völlig legitim auf diesem Kärntner Teilstück der Auto­bahn unterwegs – sofort die gesetzliche Legitimation zu geben. (Abg. Mag. Regler: Nein!)

Meine Damen und Herren, für ein Gesetz, dem ich inhaltlich vollkommen zustimme, dass nämlich dann, wenn man eine Geschwindigkeitsbeschränkung um mehr als 50 km/h übertritt, der Führerschein weg ist, muss ich heute herkommen und dem Herrn Minister Gorbach quasi den Gefallen tun, dieses Gesetz noch einmal zu beschließen – ein Gesetz, das ich will –, damit seine Ideen, die er da hat und die ich zutiefst ablehne, umgesetzt werden können.

Die Argumente dagegen, die Frau Dr. Moser und die KollegInnen von den Sozial­demokraten hier gebracht haben, muss ich nicht wiederholen, sie sind nachdrücklich genug in der Öffentlichkeit präsentiert worden, nämlich wie viele Verkehrstote, wenn man das mathematisch und statistisch hochrechnet, das bedeutet und was das vor allem in den Köpfen der Raser heißt. Raser sage ich extra ohne großes I oder kleines i, ich sage nicht Raserinnen, weil Raser sind in der Regel Männer. Ein Lenkrad, ein Motor, vier Räder und ein Mann, das ist eine gefährliche Waffe, das wissen wir. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Das ist Diskriminierung!)


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Jetzt stellen Sie sich einmal vor, was das bedeutet? – Der kleine Trost, den wir haben, ist: Bei 180 km/h ist der Führerschein trotz allem weg, aber auch mit 170 km/h kann ich jemanden überfahren und gefährden. (Abg. Wattaul: Herr Präsident, ich werde diskriminiert vom Rednerpult!)

Das führt mich als Überleitung dazu, wo Sie überhaupt noch nicht auf die Idee gekom­men sind, gesetzlich zu reagieren, nämlich einmal dafür zu sorgen, dass Rechte, die verbrieft sind in der österreichischen Bundesverfassung, auch in einfachen Gesetzen, die Minderheiten zustehen, auch tatsächlich umgesetzt werden in Österreich. Das kümmert niemanden, und schon gar nicht kümmert es Herrn Vizekanzler Gorbach.

Er hat am Anfang die Ideen vom Kärntner Landeshauptmann, keine Taferln zu haben, weiße Taferln zu haben, sie zu verrücken, gutgeheißen, hat dann irgendwie gemerkt, das macht keinen schlanken Fuß, vor allem nicht in Europa und vor allem nicht als Verkehrsminister mit diesen abstrusen Ideen, und ist dann im wahrsten Sinne des Wortes ein bisschen zurückgerudert. Heute ist er überhaupt nicht mehr hier, wo es um 160 km/h geht und natürlich auch um Fragen der Straßenverkehrsordnung, die auch in seinen Kompetenzbereich fallen, nämlich im Zusammenhang mit der Gefährdung der Kärntner Bevölkerung durch die Ideen von Landeshauptmann Haider, denn dieser gefährdet sie tatsächlich.

Jene, die dem Rat von Präsidentem Khol gefolgt sind – ich glaube, es tut ihm täglich Leid, dem Herrn Präsidenten, was ihm damals in Kärnten rausgerutscht ist; aber es war richtig, Sie haben es gut gemeint, Herr Präsident, Sie haben damals der zwei­sprachigen Bevölkerung einen Hinweis gegeben: Leute, Bevölkerung, lasst euch nicht gefallen, dass man eure Rechte mit Füßen tritt! Macht einmal den Versuch, ihnen selbst zum Durchbruch zu verhelfen! –, waren sehr erfolgreich damit, was mich den Schluss ziehen lässt, dass unser Präsident ein hervorragender Verfassungsjurist ist. (Rufe bei der ÖVP: Davon sind wir überzeugt!)

Ich würde mir dieses Engagement seinerseits jetzt auch erwarten in der Umsetzung der verfassungsgemäß gewährleisteten Rechte für Minderheiten. Herr Präsident, wir könnten einen Ratschlag von Ihnen zur Lösung dieses so genannten Ortstafel-Streits wirklich gut gebrauchen. Sie sind aufgefordert, Ihrer Phantasie hier freien Lauf zu lassen, aber bitte schnell, Herr Präsident! (Beifall bei den Grünen.)

10.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Gerade wollte ich Ihnen den Ratschlag geben, zur Sache zu sprechen, aber Sie sind dann ohnehin zum Ende Ihrer Rede gekommen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Sie spricht 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Wattaul: Und die Diskriminierung, Herr Präsident? Das ist eine Diskrimi­nierung gewesen!)

 


10.49.32

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte wieder zur Thematik der aktuellen Debatte zum Führerscheingesetz zurückkommen. Es wundert mich schon sehr, dass die Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und Grüne hier nicht zustimmen, nicht einem Gesetz zustimmen, das genau darauf abzielt, dass im Straßenverkehr zu hohen Geschwindigkeiten Schranken auferlegt werden. (Zwischen­ruf des Abg. Eder.)

Das zeigt einmal mehr: Entweder betreiben Sie eine absolute Fundamental-Opposition, die aber auch gegen die Verkehrssicherheit gerichtet ist (Zwischenrufe bei der SPÖ) – oder Sie haben trotz dieser wochenlangen Diskussion noch immer nicht ver­standen, was flexible Geschwindigkeitseinrichtungen bewirken und wie sie sich auf die


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Verkehrssicherheit auswirken. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Sie wollen es nicht verstehen!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie müssen schon zur Kenntnis nehmen, dass starre Tempolimits – das sagen auch die Fachleute ganz klipp und klar – kein Garant für Verkehrssicherheit sind! Es ist leider Tatsache, dass es in Bezug auf starre Geschwindigkeitsangaben eine sehr geringe Akzeptanz gibt (Abg. Eder: Flexibilität ist ja in Ordnung!): Über 40 Prozent der Verkehrsteilnehmer halten die angegebene Höchstgeschwindigkeit nicht ein! Dagegen muss man doch etwas tun, aber doch nicht nur im Bereich der Strafen!

Frau Kollegin Moser, irgendwie verstehe ich Ihren Antrag nicht ganz, denn den Füh­rerscheinentzug bei zu hoher Geschwindigkeit gibt es ja jetzt auch schon, sogar verstärkt, und zwar nicht in einem Vormerksystem, wo man zuerst verwarnt wird, sondern es gibt den sofortigen Führerscheinentzug. Wenn Sie im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h schneller fahren, dann ist der Führerschein sofort weg! Und bei dem, was da sozusagen dazwischen liegt, werden sehr unangenehme Geldstrafen ausge­sprochen und man muss relativ viel dafür zahlen! – Das Gesetz ist jetzt schon strenger, als Sie in Ihrem Antrag heute gefordert haben!

Was flexible Geschwindigkeitsmöglichkeiten anlangt: Leider ist es eine traurige Tat­sache, dass Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang oft darauf zurückzuführen sind, dass die Fahrgeschwindigkeit oft nicht den Umständen auf den Fahrbahnen ange­passt wird. Es kann ja sein, dass selbst das Fahren mit 80 km/h zu schnell ist, wenn die Fahrbahn beispielsweise nass und rutschig ist oder wenn es zum Beispiel Nebel gibt. Deshalb liegt die Zukunft in einer Flexibilisierung der Geschwindigkeit; das Tempo muss den äußeren Verhältnissen angepasst werden. Und da kann es eben zu einer Herabsetzung des zulässigen Tempolimits kommen – und selbstverständlich muss es auch möglich sein, bei manchen Strecken die Limits hinaufzusetzen.

Schauen Sie sich doch einmal an, dass mit diesen modernen Verkehrstele­matik­anlagen laufend Messungen durchgeführt werden: sei es jetzt in Bezug auf die Ver­kehrsdichte, auf Witterung, Straßenzustand oder Sichtweite. Auch was den Umwelt­bereich anlangt – das möchte ich betonen –, können ganz besondere Maßnahmen gesetzt werden, den Verkehrsfluss zu optimieren, um so die Schadstoffemissionen zu verringern.

Als Oberösterreicherin muss ich sagen, dass es mir sehr Leid tut, dass die Oberöster­reichische Landesregierung – allen voran der grüne Umweltlandesrat Anschober – verhindert hat, dass eine diesbezügliche Teststrecke in Oberösterreich installiert wird. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Durch Messungen im Gebiet Sattledt, durch das Managen der Verkehrsströme mit Hilfe von Telematikanlagen hätten die Schadstoffe reduziert und hätte die Verkehrssicherheit erhöht werden können. – Schade, kann ich nur sagen! Landesrat Anschober hat das in Oberösterreich verhindert, aber ich bin froh, dass wir zumindest einen zukunftsweisenden und vorausschauenden Verkehrs­minister haben, für den die Verkehrssicherheit oberste Prämisse ist und der sich für flexibilisierbare Geschwindigkeitsanlagen einsetzt.

Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der SPÖ: Schauen Sie sich dieses Gesetz noch einmal an, damit Sie – wie die Regierungsparteien – für die Verkehrs­sicherheit und nicht dagegen stimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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10.54.19

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sek­retäre! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Führerscheingesetzes, die heute von Ihnen beschlossen werden wird, stellt einen weiteren Beweis für die „Qualität“ Ihrer Gesetzgebung dar. Aus Eile, Schlampigkeit, Unüberlegtheit oder viel­leicht doch auch aus Absicht erlaubten Sie es zuerst, dass auf den „Gorbach-Raser-Teststrecken“ bis zu 210 km/h gefahren werden darf, ohne dass der Führerschein entzogen wird. Das haben Sie aber dann irgendwie doch nicht ausgehalten – und Sie mussten nun wieder, wie schon so oft in der Vergangenheit, zurückrudern und das Limit für den Führer­scheinentzug mit 180 km/h deckeln.

Das, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist kein guter Auftakt für das offensichtlich einzige politische Hauptinteresse des Verkehrsministers. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat er so viel Zeit, sich mit so unnotwendigen Themen auseinander zu setzen – oder aber er möchte ablenken.

Da wir von der SPÖ das gesamte 160-km/h-Experiment mit allen Begleiterscheinungen und allem unsachlichem Drumherum als wirklich gefährlich betrachten und daher ablehnen, können wir natürlich auch der heutigen Detailreparatur eines im Ganzen abzulehnenden Projektes nicht zustimmen. Wir werden Ihnen selbstverständlich nicht durch eine Zustimmung in einer Detailfrage sozusagen das Sanctus für ein insgesamt falsches Projekt geben.

Wir erteilen sämtlichen Murksereien rund um Tempo 160 eine klare Absage, denn aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes haben wir von der SPÖ mas­sive Bedenken gegen die Ausweitung des Tempolimits. Ich denke, es bedarf keiner Prüfung und keines gefährlichen und teuren Experiments, zu testen, ob Tempo 160 zu einer zusätzlichen Gefährdung der Verkehrssicherheit beziehungsweise zu größerer Umweltbelastung führt oder nicht, denn das Ergebnis ist doch von vorn­herein klar. Es bedarf ausschließlich eines gesunden Hausverstandes, um einschätzen zu können, dass mehr Geschwindigkeit auch mehr Gefahr bedeutet, dass mehr Geschwindigkeit mehr Spritverbrauch, mehr Schadstoffe und eine höhere Lärm­belästigung zur Folge hat!

Außerdem ist das Experiment im umgekehrten Sinn bereits erfolgreich getestet: Nach der Einführung der Tempolimits Anfang der siebziger Jahre – 130 km/h auf Auto­bahnen, 100 km/h auf Landstraßen – ist, und zwar nachgewiesenermaßen, die Zahl an Unfalltoten drastisch gesunken. Das bedeutet umgekehrt auch, dass mehr Geschwin­digkeit mehr Tote bedeutet; das ist nachgewiesen. Mit diesem Test wollen Sie offen­sichtlich, dass es wieder zu mehr Toten kommt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da auch Experten diesen Pilotversuch als rechtswidrig einstufen, ist es, denke ich, auch wenig verantwortungsvoll, mit diesem Wissen den Bund einer möglichen Haftungsklage auszusetzen.

Da Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, mit der heutigen Novelle des Führerscheingesetzes dieses Problem immerhin anerkannt haben, schlage ich Ihnen vor, dass Sie gleich auf den nächsten sinnvollen Schritt setzen und das Projekt 160 km/h zur Gänze streichen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Staatssekretär Mag. Mainoni gemeldet. – Bitte.

 


10.58.23

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren


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des Hohen Hauses! Vor allem sehr geehrte Besucherinnen und Besucher dieser Par­lamentssitzung! Es geht heute wirklich um ein wichtiges Thema, und ich darf meine Ausführungen speziell an Sie richten. Es geht um ein sehr wichtiges Thema, nämlich um Verkehrssicherheit in Österreich.

Verkehrssicherheit ist ein Thema, das uns nicht nur hier im Parlament, sondern auch anlässlich unseres EU-Ratsvorsitzes beschäftigt und befasst. Verkehrssicherheit ist einer der Schwerpunkte im Verkehrsbereich – und auch diesbezüglich können wir in Österreich gute Zahlen aufweisen. Wenn wir im Jahre 1999 noch 1 079 Verkehrstote auf Österreichs Straßen zu verzeichnen hatten – wobei jeder Tote auf Österreichs Straßen ein Toter zu viel ist –, ist es als Erfolg zu werten, dass im vergangenen Jahr, also 2005, nur noch 764 Verkehrstote zu verzeichnen waren.

Da ging und geht es um eine Fülle an Maßnahmen, die gerne ergriffen wurden und werden: das Vormerksystem oder das Fahren mit Licht am Tag zum Beispiel. Anzu­füh­ren sind in diesem Zusammenhang aber auch die vorgeschriebenen Warn­westen. Al­les Maßnahmen also, die dazu beitragen, dass Österreichs Straßen sicherer werden.

Genau da setzen wir an – und wir wollen weitergehen, indem wir sagen: Moderne Verkehrstechnologien, Umsetzung von Forschung aus dem Verkehrsbereich sollen es ermöglichen, dass speziell auf Autobahnen Fahrzeuglenker jederzeit die Möglichkeit haben, Informationen über die Beschaffenheit der Fahrbahn, der Verkehrsverhältnisse und eventueller Unfälle zu bekommen.

Durch Überkopfwegweiser ist es auf der Inntal Autobahn bereits und wird es auf der Brenner Autobahn in Zukunft möglich sein, jeden Fahrzeuglenker sofort und nicht über Radio alle halben Stunden informieren zu können. Genau diese Anwendung der Verkehrstechnologien macht es auch möglich, die Verkehrsgeschwindigkeiten zu flexibilisieren.

Wir sind der Ansicht, dass bei Verkehrstechnologien im Fahrzeug wesentliche Fort­schritte erzielt werden konnten – ob das Airbags sind, ob das ABS-Bremssysteme und dergleichen sind – und dass es selbstverständlich die Ausbildung der Fahrzeuglenker ist, dass es aber auch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen direkt auf den Autobahnen sind, die dazu führen, dass Österreichs Kraftfahrzeugfahrer in Zukunft sicherer fahren können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt dann einen kleinen Nebenaspekt, den wir wegen der verbesserten Tech­nologien auch mit einbeziehen wollen: die Eigenverantwortlichkeit der Fahrzeuglenker. Es soll in Zukunft möglich sein, streng kontrolliert und genauestens beobachtet mittels Section Control, durch Information des Fahrzeuglenkers durch Überkopfwegweiser in Ausnahmefällen – und nicht durchgehend, wie immer suggeriert wird – Tempo 160 auch fahren zu dürfen. Daher wird eine Teststrecke eingerichtet, die im Zeitraum von zwei bis drei Monaten unter größten Sicherheitsvorkehrungen zeigen soll, ob das, wovon wir glauben, dass es der Fall ist, auch tatsächlich so eintritt.

Das ist das heutige Thema und nichts anderes. Es geht nicht um eine Anleitung zum Rasen und dergleichen mehr, sondern: Moderne Verkehrstechnologien, Eigenverant­wortlichkeit der Fahrzeuglenker sollen möglich machen, dass in Ausnahmefällen auch bis 160 km/h gefahren werden darf. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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135. Sitzung / Seite 56

11.02.06

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Wenn man der Opposition zuhört, hat man den Eindruck, es muss auf dieser Teststrecke unbedingt 160 km/h gefahren werden. Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen: bis 160 km/h darf dort gefahren werden! Und wenn wir über Tempo 160 sprechen, dann sprechen wir bitte auch über die Begleit­maß­nahmen! Ich denke, dass es ganz wenige Strecken auf Autobahnen gibt, die so gut überwacht und kontrolliert sind wie diese Teststrecke während dieses Probebetriebes.

Abgesehen davon reden wir heute nicht über Tempo 160, sondern über eine Geset­zesänderung, dass auch künftig auf jeden Fall bei 180 km/h oder bei Überschreitung von 180km/h der Führerschein entzogen wird (Abg. Eder: Das ist ja jetzt auch der Fall! Was redest du denn da?), auch bei dieser Teststrecke bei Tempo 160. Diese Klar­stellung (Abg. Eder: Das ist keine Klarstellung!) ist eine wichtige begleitende Maß­nahme, um uneingeschränktes schnelles Fahren auf der Teststrecke zu verhindern. Dieser Probebetrieb darf auch nicht dazu führen oder den Eindruck erwecken, dass auf dieser Teststrecke das Rasen straffrei ermöglicht wird.

Vielmehr geht es darum – das hat der Herr Staatssekretär jetzt gerade gesagt –, dass die Verkehrsteilnehmer bei erhöhter Geschwindigkeit mit sehr viel und mehr Eigen­verantwortung agieren und fahren sollen.

Der Tempoversuch wird außerdem mit wesentlichen Auflagen verknüpft, weil keine zusätzlichen Gefährdungen für die Verkehrssicherheit entstehen dürfen und sollen. Also: Tempo 160 gilt nur bei optimalen Fahrbedingungen, das bedeutet, dass bei schlechter Sicht, bei schlechten Witterungsverhältnissen die zulässige Höchstge­schwindigkeit herabgesetzt wird, angezeigt durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen.

Zusätzlich wird auf dieser Teststrecke ein LKW-Überholverbot verfügt und eine Section-Control-Anlage eingerichtet.

Weiters ist es ganz wichtig, dass wir die Auswirkungen auf die Umwelt untersuchen. Die Lärm- und Schadstoffemissionen müssen ermittelt und ausgewertet werden.

Und schließlich soll durch diesen Versuch auch festgestellt werden, ob bei variablen Tempolimits die Leistungsfähigkeit der Autobahnen und die Verkehrsflüssigkeit ver­bessert wird.

Wenn man also über Tempo 160 und über diese Gesetzesänderung spricht, dann muss man unbedingt diese Begleitmaßnahmen mit einbeziehen und auf jeden Fall mit einbeziehen, dass es erforderlich ist, den Stand der heutigen Technik im Fahrzeugbau und natürlich auch die Straßenerhaltungsmaßnahmen, die gesetzt worden sind, zu berücksichtigen. Ich denke, dass es auf jeden Fall einen Versuch wert ist, diese Test­strecke für Tempo 160 einzuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.05.39

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Mitglieder des Hohen Hauses sowie Zuhörer und Zuhörerin­nen! Man braucht schon gute Nerven, um das durchzuhalten (Abg. Wattaul: Weil wir diskriminiert worden sind!), was Sie uns hier die ganze Zeit vormachen wollen, nämlich eine Maßnahme, die ausschließlich und nur dem Wahlkampf Ihres Herrn Bundesminis­ters Gorbach dient, uns als Verkehrssicherheitsmaßnahme zu verkaufen. Da braucht man extrem gute Nerven, um das durchzuhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Mich wundert ja, dass die ÖVP bei diesem Spiel mitmacht! Hier (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe): Wahlkampf auf Staatskosten mit oranger Umrandung, wo uns mitgeteilt wird, dass sich ohnehin niemand an Geschwindigkeitsbeschränkungen hält. (Abg. Wattaul: Weil es nicht stimmt!) Daher setzen wir diese doch gleich hinauf. Das ist ja so, als wenn man sagte: Die „g’sunde Watschen“ führen wir wieder ein, weil die Leute ihre Kinder sowieso hauen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Sie sind ja für Drogen auch!)

Im Übrigen ist das ein ökonomischer Unsinn, das ist längst bekannt. Die beste Ge­schwindigkeit, die überhaupt auf Autobahnen gefahren werden kann, liegt bei 100 km/h, das ist längst bekannt, das ist ökonomisch die sinnvollste Geschwindigkeit. (Abg. Wattaul: Die sicherste Geschwindigkeit ist null!) Mich wundert, dass eine Wirt­schaftspartei wie die ÖVP das nicht längst weiß und auch berücksichtigt.

Was die logische Folge von Tempo 160 ist, wissen wir jetzt: Ein gerade geändertes Führerscheingesetz müssen wir jetzt wieder ändern, Sie werden dieser Änderung zustimmen. (Abg. Wattaul: Sind Sie Hellseher oder was?) Gesetzesänderungen im Halbjahrestakt, das sagt – wie ein Kollege von der SPÖ schon gemeint hat – viel über die Qualität Ihrer Gesetze aus. Die 160 km/h werden im Übrigen auch nicht die oberste Geschwindigkeit bleiben, weil es eine Durchschnittsgeschwindigkeit ist, wie Sie wissen. Der gegenständliche Antrag ist der beste Beweis dafür, dass es nicht bei 160 km/h bleiben wird.

Hier (die Rednerin hält das Schriftstück neuerlich in die Höhe) ist zum Beispiel auch gut aufgezeichnet, um wie viel mehr Geld allein diese Probestrecke kosten wird (Abg. Wattaul: Verkehrssicherheit kostet Geld!), weil nämlich zwei solche Stationen hinter­einander errichtet werden müssen. Das heißt, die öffentliche Hand hat nicht nur die Kosten dieser unsäglichen Werbekampagne zu tragen, sondern auch die zusätzlichen Kosten, die daraus entstehen. Auch ein wirtschaftlicher Unsinn oder etwa nicht, sehr geehrte Kollegen von der ÖVP? (Beifall bei den Grünen.)

Am 21. Dezember vergangenen Jahres, bei der Debatte über den Gorbach-Miss­trauens­antrag, den wir damals eingebracht haben, haben Minister Gorbach und Partei­kollegen wie Sie, Herr Wattaul, noch inständig versichert, die 160 km/h werden 160 km/h bleiben. (Abg. Wattaul: Kontrolle!) Das wird nicht möglich sein, wie ich gerade ausgeführt habe, und vor allem: Wie werden Sie das zustande bringen, dass die Leute das Tempo nach der Teststrecke von selbst wieder auf 130 km/h reduzieren? (Abg. Wattaul: Ganz einfach, ein Taferl aufstellen!)

Jeder, der auf Autobahnen fährt, weiß, wie schwierig es ist, nach einer längeren Strecke, wo man schnell gefahren ist, wieder auf ein geringeres Tempo zu reduzieren. Vielleicht für Sie nicht, vielleicht können Sie das automatisch, das denke ich aber nicht, denn gerade im LKW-Bereich habe ich das selbst auch erlebt, dass da oft schnell gefahren wird, verkehrssicherheitswidrig schnell gefahren wird. (Abg. Wattaul: Die können nicht zu schnell fahren! Das ist eine absolute Lüge! – Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Der Antrag der Regierungsparteien bestätigt: Tempo 180 wird als sinnlose Raserei bezeichnet und Tempo 160 ist verkehrssicher. Also: 20 km/h machen offensichtlich den Unterschied aus. Das kann wahrscheinlich niemand, auch nicht die Bevölkerung verstehen. Wir werden sicher nicht bei dieser unglaublichen Irreführung, was Verkehrs­sicherheit betrifft, mitmachen, noch dazu in einem Jahr, in dem die Regierungsparteien während der österreichischen Ratspräsidentschaft dem Schwerpunkt Verkehrssicher­heit breiten Raum widmen wollen. Das ist eine absolute Peinlichkeit! (Beifall bei den Grünen.)

11.09



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135. Sitzung / Seite 58

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass es eine übereinstimmende Auffassung und einen Beschluss in der Präsidiale gibt, dass Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus und nicht im Stehen vorgenommen werden! Herr Abgeordneter Wattaul, bitte.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.10.16

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Staatssekretäre! Hohes Haus! Es ist ja kein Geheimnis, wir von der SPÖ waren immer gegen diese Teststrecken. Herr Kollege Kößl, der Führerscheinentzug hat bei Tempo 180 immer, so wie auch jetzt, gegolten. Wenn das Tempolimit bei 130 km/h liegt und es wird um 50 km/h mehr gefahren, dann wird der Führerschein auch jetzt entzogen. Das heißt, Sie müssen heute die Reißleine ziehen und müssen das ausbaden, was Sie sich selbst eingebrockt haben!

Herr Kollege Missethon, die Verkehrsgutachten sind durch den Verkehrsclub und das Kuratorium für Verkehrssicherheit geklärt, die Umweltbelastung ist durch beide Institutionen geklärt und die Leistungsfähigkeit der Autobahnen ist ebenso geklärt. Alle Experten sagen, dass für unsere Autobahnen auf Grund der Kurvenradien und auf Grund der Gegebenheiten die Tempo-130-Regelung die beste Regelung ist. Das heißt, was sollen wir jetzt ändern? – Wir schließen uns auch der Meinung beider großen Autofahrerklubs an, die sagen: Es kommt bei Tempo 160 zu mehr Unfällen, zu mehr CO2-Ausstoß und zu mehr Lärm, und es gibt in Wirklichkeit keine Vorteile. (Abg. Rädler: Das stimmt ja nicht! Dann schau nach Deutschland!)

Herr Staatssekretär Mainoni, Sie haben gesagt, die Teststrecken und die Sicher­heitsproblematik werden im Rahmen der Europäischen Union eine Wichtigkeit sein. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tempo-160-Regelung eine Wichtigkeit ist. Das ist ja ungefähr so, als wenn in Peking ein Rad umfällt.

Dann haben wir weiters den Eindruck, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Tempo-160-Regelung auch ein Ablenkungsmanöver oder ein Gag oder ein Doppel­spiel ist. Weil man immer sagt, die ÖVP agiere vorsichtig, die Straßen haben sich massiv verändert, die Autotechnik habe sich massiv verändert, erinnere ich daran: Warum bringt das Innenministerium solche Plakate entlang der Autobahnen an? (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Da steht: Bleib am Leben, geh’ vom Gas! – Und hier beschließen Sie dann Tempo 160. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich will aber noch gar nichts von diesen Plakaten sagen! (Der Redner hält ein weiteres Schriftstück in die Höhe.) Alles sinnvoll und in Ordnung. Und dann auf einmal, weil der Herr Minister irgendwann eine nette Anwandlung hat, muss das Parlament laufend Gesetzesänderungen beschließen, dann kommen wir darauf, dass beide großen Autofahrerklubs dagegen sind.

Wenn man wirklich für Sicherheit sein will, dann sollte man Sicherheitsteststrecken schaffen, meine Damen und Herren. Ich denke nur, Herr Kollege Rädler, an den Abschnitt Wöllersdorf–Leobersdorf. Da passieren jeden Tag Unfälle. Könnte man dort nicht die Telematik einsetzen, um das Thema zumindest positiv abzuschließen, und nicht nur diese unsinnigen Teststrecken forcieren? – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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135. Sitzung / Seite 59

11.13.37

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mit der heutigen Novelle, der wir nicht zustimmen können, geben Sie wieder einmal zu erkennen, welche Prioritäten Sie in der Verkehrspolitik in Österreich haben. Österreich ist heute schon Schlusslicht bei der Verkehrssicherheit in der EU. Das heißt, in keinem anderen EU-Land verunglücken, bezogen auf die Bevölkerungszahl, so viele Menschen auf den Straßen. Und in 40 Prozent aller Fälle ist überhöhte Geschwindigkeit die Ursache dafür. Und jetzt gehen Sie her und brechen eine 160-km/h-Debatte vom Zaun!

Auch wenn Sie dieses Tempo nur für den so genannten Probebetrieb auf einer Test­strecke vorgesehen haben, wissen Sie genau, dass allein durch die öffentliche Ankündigung von Tempo 160 auch sonst auf Österreichs Straßen mehr Gas gegeben wird.

Ich spreche ganz speziell die Gruppe der jungen Autolenker an, also Autolenker bis 25 Jahre. Sie tragen das höchste Unfallrisiko, weil junge Autofahrerinnen und Autofahrer einfach zum Rasen, zum Gasgeben neigen. Diese Risikogruppe wird durch Ihre Pläne und die dadurch ausgelöste öffentliche Debatte rund um Tempo 160 zu­sätzlich in ihrem Verhalten auf der Straße bestärkt. Das ist unverantwortlich und sicherlich der falsche Weg, den Sie als Verkehrsministerium einschlagen! Laut einer Studie des VCÖ steigt das Unfallrisiko bei Erhöhung des Tempolimits von 130 km/h auf 160 km/h um 46 Prozent.

Denken Sie tatsächlich, dass die rasche Reparatur des Führerscheingesetzes an diesen Besorgnis erregenden Prognosen etwas ändern kann? – Ich bezweifle das ganz stark.

Eine öffentliche Teststrecke für Tempo 160 bedeutet nichts anderes, als bewusst das Risiko in Kauf zu nehmen, dass Menschen schwer oder sogar tödlich verletzt werden können.

Bei Tempo 160 zum Beispiel verbraucht ein PKW um 27 Prozent mehr Treibstoff als bei Tempo 130 – allein, wenn man den kurzen Streckenabschnitt betrachtet. Würde man ihn das ganze Jahr über betrachten, hätte dieser Streckenabschnitt 30 000 Tonnen mehr Kohlendioxidausstoß hinter sich. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es muss ja nicht so schnell gefahren werden!) Diese Zahlen sprechen für sich und sollten eine vernünftigere Verkehrspolitik Ihrerseits herbeiführen, sie sprechen aber nicht für den Herrn Vizekanzler.

Die Feinstaubproblematik wird dramatischer werden. Tempolimits von 100 km/h auf Autobahnen werden der Vergangenheit angehören, den Ländern sind in jeglicher Hin­sicht durch die Politik – durch Ihre Politik! – die Hände gebunden. Wann werden Sie endlich einsehen, dass Ihre Verkehrspolitik in eine gänzlich falsche Richtung geht? Die Liste, die diese falsche Richtung beweist, ist lang genug: von der Zerschlagung der Bahn bis zu den Versäumnissen beim Semmering-Basistunnel. Ihr Engagement für Tempo 160 ist hier wirklich fehl am Platz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1274 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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135. Sitzung / Seite 60

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorsorge gegen unverantwortliches Rasen („wenigstens 160 muss 160 bleiben!“).

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

11.18.162. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1262 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das ASFINAG-Gesetz und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1275 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.18.43

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Der für mich als Tirolerin persönlich wichtigste Teil dieses heutigen Gesetzespaketes ist jener, wonach die ASFINAG ab sofort 20 Prozent der Mauteinnahmen über den Brenner auf der Brenner-Strecke zurückstellt, um damit die Errichtungskosten für den Brenner-Basistunnel mitzufinanzieren. Damit beschreiten wir in Europa völlig neues Terrain. Zum allerersten Mal wird ein Querfinan­zierungs­modell – Geld von der Straße hin zur Schiene – in einem Korridor auch wirklich umgesetzt. Wir können alle stolz sein auf diese sowohl verkehrspolitisch als auch umwelt­politisch wichtige Vorgangsweise und Lösung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist auch angebracht, einmal Dank zu sagen. Dank zu sagen nach 15-jährigen Be­mühungen, eingeleitet auch schon unter Minister Einem, dann aber erfolgreich weiter­geführt von unserem Bundeskanzler Schüssel, unseren Außenministerinnen Benita Ferrero-Waldner und Ursula Plassnik und Herrn Staatssekretär Kukacka, die sich mit Nachdruck auf europäischer Ebene darum bemüht haben, die österreichische Verkehrs- und Umweltpolitik zu einer europäischen Verkehrs- und Umweltpolitik zu machen. Und ich danke auch ausdrücklich Verkehrsminister Gorbach, der diesbe­züglich namhafte Erfolge erzielt hat.

Wichtig ist, dass wir in jenen wichtigen und zentralen Korridoren den Verkehr auf die Schiene verlegen. Der Brenner ist nach wie vor jener Alpenübergang, der mit Abstand – und zwar um ein Vielfaches – in Nord-Süd-Richtung den meisten Verkehr innerhalb Europas zu bewältigen hat. Es ist auch aus allen Verkehrsprognosen ab­sehbar, dass das Verkehrsaufkommen über den Brenner im Transport, aber auch im Personenverkehr weiter steigen wird.


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Es ist daher notwendig, dass den Menschen diese Verkehrsbelastung in engen Alpentälern nicht weiter auf der Straße zugemutet wird, sondern auf die Schiene verlagert wird. Dafür wiederum ist es notwendig, verkehrsverlagernde Maßnahmen in zahlreicher Art und Weise vorzusehen.

Zu höheren Mauten: Die EU hat nunmehr eingewilligt, dass wir die höhere Bren­nermaut wirklich einsetzen dürfen, wenn wir diese Mautaufschläge der Schiene wid­men. – Das geschieht mit dem heutigen Gesetz in einem ersten Schritt, noch bevor, Frau Kollegin Moser, die neue Maut-Richtlinie der EU in Kraft tritt!

Wir machen das zum erstmöglichen Zeitpunkt, abgestimmt mit der EU, auf eine europarechtlich zulässige Art und Weise, weil eines feststeht: Es wurde gesagt, dass diese Mauthöhe zulässig ist, wenn ein gewisser Anteil von bis zu 25 Prozent wirklich in die Schiene fließt. Für den ersten Abschnitt haben wir das jetzt schon umgesetzt. Das kann nicht europarechtswidrig sein, es ist abgestimmt und ist ein erfolgreiches Konzept. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

19 Millionen € werden von diesem Jahr an jährlich für die Errichtungskosten des Brenner-Basistunnels zurückgestellt!

Frau Kollegin Moser, Sie haben nach dem Verkehrsausschuss eine Aussendung gemacht und gemeint: Dann wäre bis zum Ende des Jahrtausends mit diesem Geld der Basistunnel zu finanzieren. – Ja, natürlich! Es ist ja völlig blauäugig, zu meinen, dass allein aus den Mauteinnahmen ein derartiges Jahrhundertprojekt zu finanzieren wäre! Es ist auch völlig blauäugig, anzunehmen, dass sich Schieneninfrastrukturen, die wie die alte Brenner-Strecke 100 Jahre halten, in einem betriebswirtschaftlich sinn­vollen, kurzen Zeitrahmen rechnen!

Verkehrs- und Umweltpolitik haben eben nur mit betriebswirtschaftlicher Rechnung nichts zu tun. Ein Land muss zum Schutz seiner Bevölkerung oft auch Geld in die Hand nehmen – diese Bundesregierung und die ÖVP sind bereit, das zu tun – zugunsten der Tiroler Bevölkerung, zugunsten einer Verlagerung von Verkehr auf die Schiene. (Abg. Eder: Bei der Post aber nicht!) Erst dann, wenn leistungsfähige Infrastrukturen in Tirol wirklich existieren, wird es möglich sein, den Verkehr tatsächlich auf die Schiene zu verlagern, weil Verlagerungsinstrumente, wenn nichts da ist, wohin der Verkehr verlagert wird, ziellos ins Leere gehen und von unseren europäischen Partnern natürlich abgelehnt werden.

Ich danke also dafür, dass dieser Weg, der immer schon der Tiroler Weg war, vom Nationalrat mitgetragen wird, und ich hoffe, wir gehen diesen weiter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.24.13

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Ich darf zunächst feststellen, dass wir im Aus­schuss diese Thematik, ASFINAG-Gesetz und -Novelle, sehr intensiv diskutiert haben und die sozialdemokratische Fraktion im Ausschuss gegen diese Vorschläge gestimmt hat, wobei wir zugesagt haben, einige Dinge noch zu prüfen, die uns dazu bewogen haben, dagegen zu sein. Nach wirklich intensiver Prüfung sind wir dann zu der Auffassung gekommen, dass wir heute dem gesamten Paket die Zustimmung geben werden. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf auch begründen, warum wir das tun. Zunächst einmal zur Frage der Maut­aufsichtsorgane: Die Mautaufsichtsorgane bekommen natürlich auch nach dieser


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135. Sitzung / Seite 62

neuen Regelung wesentlich klarere Befugnisse, als das vorher der Fall war. Wir haben zu diesem Zweck ein Gutachten von Professor Brünner und Professor Hauser erstellen lassen. Eine Reihe von Fakten, die in diesem Gutachten enthalten sind, sind nunmehr verwirklicht worden. Daher halte ich das auch für eine vernünftige Sache und in dieser Form auch für eine vernünftige Zusammenarbeit.

Zum Zweiten muss man aber wissen – und das ist der Punkt, den wir doch noch etwas genauer beleuchtet haben wollen, aber vielleicht kann da einer der Herren Staats­sekretäre etwas dazu sagen –: Die Mautaufsichtsorgane haben natürlich nunmehr auch die Möglichkeit, bei Kontrolle der Vignette, wenn diese nicht am Auto vorhanden ist, in ihrem Ermessen entweder 120 € Strafe zu kassieren – und die Ersatzvignette gilt dann bis, denke ich, um Mitternacht des nächsten Tages, und dann muss man eine Vignette kaufen –, oder sie haben die Möglichkeit, eine Anzeige zu erstatten. Die Anzeigeerstattung bedeutet allerdings 4 000 € Strafe und ist wesentlich höher als diese 120 €. Daher muss man sich auch das sehr genau anschauen, und ich würde gerne wissen, wie das nunmehr in Zukunft gehandhabt werden wird.

Ein weiterer Punkt, der auch immer wieder aufstößt, ist der, dass Mautaufsichtsorgane die 120 € Strafe auch dann verfügen, wenn zum Beispiel Autofahrer, wie in Simmering, bei einer Tankstelle Richtung Flughafen nur vom Bezirk her zur Tankstelle fahren, irgendwelche Lebensmittel einkaufen, wieder in den Bezirk zurückfahren und nicht die Autobahn benutzen – dann werden sie bereits bei der Tankstelle gestraft!

Das halte ich weder für die Wirtschaft noch für die dortigen Betreiber für sinnvoll. Man sollte diesen Mautaufsichtsorganen sagen, wann man wirklich strafen soll und wie das Ganze vor sich gehen soll. In diesem Bereich, so denke ich, ist noch ein bisschen Schulung notwendig. Ich ersuche die Herren Staatssekretäre, wenn wir dem jetzt auch zustimmen, dass man darauf wirkt, diese Schulungsmaßnahmen entsprechend zu tätigen.

Zum Dritten möchte ich zur Frage des Brenner-Bahntunnels und zu dem, was Kollegin Hakl vorhin schon ausgeführt hat, sagen: leistungsfähige Infrastrukturen in Tirol – selbstverständlich! Ich sage aber dazu: leistungsfähige Infrastrukturen auch in ganz Österreich und nicht nur in Tirol! Wir haben auch alle Hände voll zu tun, um die Ost-West-Infrastruktur entsprechend auszubauen.

Wir sind aber sehr dafür – und haben das immer schon gesagt –, dass wir eine Quer­finanzierung von der Straße hin zu Bahn befürworten. Wir befürworten das auch in diesem Fall und in der Form, wie das geschieht, dass eben eine Rückstellung im Rahmen der Bilanzen der ASFINAG erfolgt, um die Querfinanzierung zur Bahn hin zu ermöglichen.

Folgendes muss noch gewährleistet bleiben: Die EU-Wegekostenrichtlinie muss noch so gestaltet werden, dass das auch im Rahmen der EU-Richtlinie möglich ist. – Aber es ist richtig und gut, wenn wir jetzt schon damit beginnen, diese Vorgangsweise zu wählen.

In diesem Sinne darf ich also ruhigen Gewissens meiner Fraktion empfehlen, dem die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.28.14

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Die Herren Staats­sekretäre! Wieder ein klarer Erfolg von Minister Gorbach in der EU: Er hat sich durchgesetzt, dass wir jetzt die Querfinanzierung machen können. Frau Kollegin Hakl


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hat sich bei den Herrschaften bedankt. Ich muss Ihnen aber sagen: Man muss sich auch bei den Transportunternehmen bedanken, weil diese das schlussendlich bezah­len werden. Das soll hier auch einmal erwähnt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Man darf den LKW nicht immer nur verteufeln, man muss auch ganz klar sagen, dass diese Einnahmen, die querfinanziert werden sollen, hauptsächlich die Transport­wirt­schaft tragen wird. Dafür möchte ich mich hier vom Rednerpult aus bedanken und vielleicht auch um ein bisschen Verständnis für diese Wirtschaft bitten, die selbstver­ständlich im Dienste der Bevölkerung unterwegs ist und keine Urlaubsfahrten macht.

Was mich sehr freut, ist auch die Einsicht der Sozialdemokratie, dass Sie jetzt diesem Gesetz zustimmt. Gerade in Fragen der Maut war das ja nicht immer so! Wir können uns ja erinnern: Im Jahr 1999, als ich in das Parlament gekommen bin, hat man ein System vorgehabt – ein offenes Mautsystem mit 1 500 Mautnern, wo die LKWs die Fahrbahn hätten verlassen müssen –, von dem damals gesagt wurde, es ist das beste System. Und als wir dann das neue Road-Pricing-System eingeführt haben, hat man gesagt, das ist ein Steinzeit-Modell.

Heute sehen wir, dass diese Politik, die von dieser Regierung gemacht wird, mit den Einnahmen wirklich eine richtige Politik war. Und eines muss man schon auch dazusagen: Wir bauen nicht nur Autobahnen, wir können sie auch finanzieren. Es ist erstmals dieser Regierung gelungen, einen Verkehrsplan zu machen, um das Ganze auch finanziell darzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Eder: Das haben wir doch schon 1996 eingeführt! Da warst du nicht einmal noch im Parlament!) Das war nicht immer so. Wir haben ja die Schulden von der ersten Generation der Autobahnen in der ASFINAG mit übernommen, und das sollte man auch der Bevölkerung sagen.

Wir bauen nicht nur Autobahnen, wir bauen nicht nur Schieneninfrastruktur, sondern wir schauen auch, wie man das in der Zukunft bezahlen und finanzieren kann – nicht so, wie es vergangene Regierungen gemacht haben, die nur Schuldenberge angehäuft haben. Das muss man hier in diesem Saal einmal ganz klar dazusagen. (Abg. Eder: Die Schulden sind doch gestiegen seit 2002!)

Aber trotz allem bedanke ich mich bei der Sozialdemokratie, dass ihr endlich einseht, dass diese Bundesregierung eine echte Verkehrspolitik macht, die finanzierbar und wirklich darstellbar ist, und auf das kann man stolz sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.31.17

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn es um Quersub­ven­tionierung geht, das heißt, dass Straßenbenützungsgebühren dazu verwendet werden, Eisenbahnlinien zu verbessern und auszubauen, sind wir schon immer dafür gewesen. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Ah so?) – Ja, selbstverständlich! Die vorliegende Fassung des Bundesstraßen-Mautgesetzes ist ja ein Beispiel, wo man durchaus dafür sein kann, aber beim ASFINAG-Gesetz und beim ASFINAG-Ermächtigungsgesetz gibt es recht­liche Schwierigkeiten und gibt es inhaltliche Einschränkungen.

Vorerst zu den rechtlichen Schwierigkeiten. – Frau Kollegin Hakl, Sie haben gesagt, wir können jetzt ansparen, um den Brenner-Basistunnel zu finanzieren. Wir hätten auf Basis dieser EU-Wegekostenrichtlinie, die hier herangezogen wird, bereits seit 1999


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135. Sitzung / Seite 64

ansparen können. Das wäre das Quersubventionieren, das Sie immer bestritten haben, und ist auf Grund der derzeit gültigen Wegekostenrichtlinie seit 1999 möglich. Was Sie gemacht haben, war: nichts ansparen, falsche Mauten verlangen, Gerichtsklagen riskieren, Rückzahlungen an die Frächter vorantreiben.

Diese Politik wird mit dieser Gesetzesvorlage, die heute zur Debatte steht, leider verlängert. Lesen Sie nur die Stellungnahmen der Brenner-Eisenbahngesellschaft, die da schreibt: Die Regelung erscheint völlig verfehlt, die geplante Rückstellung erweist sich damit als ungeeignet, allfälligen weiteren Rückforderungsansprüchen von Fracht­unternehmen wirksam entgegenzutreten. – Bitte, das schreiben die ExpertInnen!

Oder lesen Sie auch die Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung: Es sollte bereits jetzt eine Bestimmung zusätzlich eingeführt werden, die eine Finan­zierung auch für andere Strecken, eine Querfinanzierung auch für andere Strecken vorsieht. – Das empfiehlt die Tiroler Landesregierung!

Nein, Sie machen wieder ein eigenes Gesetz, das auf den Brenner-Basistunnel zuge­schnitten ist, das EU-rechtlich auf tönernen Beinen steht, weshalb die Frächter das wieder einklagen können, weil Sie nämlich die 25-prozentigen Aufschläge wieder nur auf der Scheitelstrecke geltend machen, und diese Scheitelstrecken-Verteuerung von der EU nicht akzeptiert ist. Damit legen Sie uns eine Ablehnung geradezu auf das Silbertablett, denn wir können nicht verantworten, dass EU-rechtswidrig gehandelt wird.

Wir wollen – und das ist auch ein Anliegen der Tiroler – eine Querfinanzierung auch auf anderen Strecken, denn es gibt Menschen, die genauso im Tauerntal unter der Belastung leiden, die an der Pyhrn–Schober-Strecke belastet sind. Wir brauchen auch eine Quersubventionierung in den Osten. Wir brauchen auch die Strecke Paris–Bratislava–Budapest. Das alles wird angeführt in dieser amtlichen Stellungnahme. Und darum werden wir eine getrennte Abstimmung durchführen, dem Artikel 1 und dem Artikel 3 zustimmen.

Was die Finanzierung des Brenner-Basistunnels durch diese verfehlte Quersub­ven­tionierung anlangt, werden wir dagegen stimmen, weil wir nicht riskieren wollen, noch einmal zum Gespött nicht nur der Medien in Österreich, sondern auch inter­national zu werden, und weil wir außerdem der Meinung sind, wir brauchen prinzipiell einmal ein Gesamtfinanzierungskonzept für diese Alpentransversale.

Wir haben ja, Frau Kollegin Hakl, jetzt bereits die Möglichkeit, mit der Bahn über den Brenner Güter nach Italien zu transportieren. Es gibt sogar private Unternehmungen, die das schon auf der Schiene relativ forciert vorantreiben, die durchaus Zuwächse ver­zeichnen. Wir sollten diese Möglichkeit zuerst nützen und jetzt bereits die Mittel dafür verwenden, dass diese Bahntransporte gestützt werden. Und wir sollten dann endlich schauen, dass wir ein Finanzierungskonzept für den sündteuren Brenner-Basistunnel haben, der – ich muss das immer wieder wiederholen – laut Progtrans-Studie leider nicht genützt werden wird, wenn nicht die Straße massiv teurer wird.

Die jetzigen Aufschläge, 25 Prozent, sind zu gering, um die LKW-Fahrer zu bewegen, die Bahn zu benützen, um die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene durch den sündteuren Tunnel herbeizuführen. Deshalb auch unsere ableh­nende Haltung, weil wir ein Gesamtkonzept für den ganzen Alpenraum, ein Finan­zierungskonzept für den Brenner-Basistunnel, eine EU-rechtlich klare Regelung haben wollen. Eine Rückstellung der ASFINAG für die Quersubventionierung von Schienen­ausbauten hätte längst schon erfolgen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.36



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135. Sitzung / Seite 65

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Haubner. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.36.01

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese breite Mehrheit für dieses Gesetz ist erfreulich. Die Querfinanzierung ist richtig und wichtig. Und wir haben es heute schon gehört: Österreich ist in puncto Verkehr in vielen Bereichen in den letzten fünf Jahren entscheidend vorwärts gekommen: zum einen im Bereich Sicher­heit, wo alle Anstrengungen unternommen wurden, damit unsere Straßen sicherer werden – die sinkende Zahl an Verkehrstoten und Unfällen zeigt dies deutlich –, zum anderen im Bereich des Ausbaus der Verkehrswege – es wurde noch nie so viel Geld in Straße und Schiene investiert wie unter dieser Bundesregierung – und natürlich auch in puncto Effizienz und Umsetzung, was sich am Beispiel Autobahnmautsystem, von Seiten der ASFINAG umgesetzt, besonders zeigt.

Das Autobahnmautsystem in Österreich erweist sich seit seiner Einführung im Jahr 2004 als ausgesprochen zuverlässig. 1,2 Milliarden € an Einnahmen aus diesem System werden von der ASFINAG heuer direkt in den Ausbau, die Erhaltung und den Betrieb des hochrangigen Straßennetzes investiert. Und auch hier macht uns der Vergleich mit unserem deutschen Nachbarn sicher; dieser Vergleich ist ja sehr beliebt in der letzten Zeit und wird oft angestrengt. Die österreichischen Lösungen sind auch hier, wie zum Beispiel bei den Wirtschaftsdaten und der Beschäftigungspolitik, klar voran und damit besser und sicherer, also wieder ein Punktesieg im direkten Ländervergleich. Österreich hat auch hier, was das Mautsystem betrifft, gegenüber den Deutschen, die eine deutlich höhere Fehlerquote haben, die bessere Lösung.

Neue Bestrebungen zur Vereinfachung dieses Mautsystems, wie die Interoperabilitäts-Richtlinie, sind zu begrüßen, und es zeigt sich auch hier, dass die EU von der Zuverlässigkeit des österreichischen Systems überzeugt ist. Für unser System spricht auch die Tatsache, dass in fast allen europäischen Ländern, in denen eine elektro­nische Bemautung durchgeführt oder geplant wird, Mautsysteme nach dem in Österreich eingesetzten technischen Prinzip im Einsatz sind.

Es ist erfreulich – ich habe es schon erwähnt –, dass mit dieser Vorlage auch die Querfinanzierung für den Brenner-Basistunnel stattfindet. Durch diese von der Re­gierung gesetzten Maßnahmen, wie die Investitionen in den Schienenverkehr, wird wieder einmal die umsichtige und weitsichtige Verkehrspolitik der Bundesregierung bewiesen. Wir sind auf der Straße und auf der Schiene gut unterwegs: der richtige Weg für eine richtige Verkehrspolitik in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.38.48

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Es ist schon gesagt worden, die Novelle zum Bundesstraßen-Mautgesetz bringt jetzt in der Tat eine Konkretisierung und eine dezidierte Ermächtigung der Mautkontrollaufsichtsorgane. Trotzdem möchte ich sagen, dass ich es schon für problematisch halte, dass immer mehr und mehr hoheitsrechtliche Funktionen ausgelagert und privatisiert werden: weg vom Staat hin zu privaten „Sheriffs“. Wir wissen, dass die Umgangsformen der „Sheriffs“ mit den Menschen nicht immer normalen Umgangsformen entsprechen und oft an Höflichkeit zu wünschen übrig lassen. Es gibt einige Beschwerden, eine Schu­lung ist in der Tat angebracht.


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135. Sitzung / Seite 66

Mein Vorredner, Herr Kollege Eder, hat schon auf die Problematik des großen Ermes­sensspielraums zwischen 120 € für eine Ersatzmaut und bis zu 4 000 € bei einer Anzeige hingewiesen. Ich denke mir, es ist dieser Weg, der gefunden wurde, gangbar, aber eines möchte ich schon noch anmerken als großes Problem, und zwar wie die Berufskraftfahrer von dieser Regelung der Maut betroffen sind. Es kommt zu immer mehr Verfahren, bei denen sich herausstellt, dass Berufskraftfahrern, die Ersatzmaut gezahlt haben, weil die Maut nicht entrichtet wurde, dann diese Ausgabe als Ver­waltungsstrafe vom Monatslohn abgezogen wird und sie das berappen müssen, was eigentlich die Fahrzeughalter zahlen müssten.

Das ist ein unhaltbarer Zustand für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich, und ich hoffe, dass es auch da bald zu Verbesserungen und zu Änderungen kommt.

Worauf ich aber auch bei der Gelegenheit eingehen möchte – ich möchte es abermals reklamieren –, ist eine fehlende Novelle des Bundesstraßengesetzes. Es ist bekannt, dass die A 23, die meistbefahrene Straße Österreichs, spätestens im Jahr 2009 im Bereich zwischen Hansenkurve und Sterngasse saniert werden muss. Wenn die meistbefahrene Straße Österreichs saniert werden muss, heißt das, dass unendlich viele Verkehrsströme, große Verkehrsströme umgeleitet werden müssen, und das ist nur innerhalb des hochrangigen Straßennetzes möglich. Das geht nicht über irgend­welche Gassen in Favoriten oder in Liesing. Das ist aus meiner Sicht wirklich ganz relevant.

Die S 1 wird heuer noch dem Verkehr übergeben. Wir müssen dann eine Spange realisieren zwischen der S 1 und der A 23, die dann während der Umleitungsphase als Nadelöhr, als Ventil dienen kann. Nur dann ist der Verkehr einigermaßen in den Griff zu bekommen, und der Ostraum Österreichs wird nicht in ein allgemeines Verkehrs­chaos gestürzt.

Es kann nicht sein, dass man weder den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gerade im Südraum Wiens forciert – wir wissen, dass der Modal Split im Süden Wiens ganz besonders schlecht ist – noch die notwendigen Straßenverbindungen herstellt. Das alles kann nur zu einem Chaos führen, und ich würde Sie wirklich dringend ersuchen, endlich eine Novelle zum Bundesstraßengesetz vorzulegen, in der auch diese Spange zwischen S 1 und A 23 vorgesehen ist. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

11.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort kommt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.42.14

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Bayr, wie Sie sicher auch selbst wissen, wird das Bundesstraßengesetz gerade verhandelt und ist im Endstadium. (Abg. Eder: Das ist schon ein bisschen lang im Endstadium! Da werden Sie nicht mehr dabei sein, glaube ich!) Also es wird dieses Bundesstraßen­gesetz sicher in allernächster Zeit hier im Hohen Haus zur Debatte vorliegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für den europäischen elektronischen Mautdienst ist es unabdingbar, dass die Systeme in den Ländern untereinander kompatibel sind. Das heißt, dass Mautabbuchungen grenzüberschreitend reibungslos funktionieren müssen. Daher ist es das Ziel dieser EU-Richtlinie, dieser Interoperabilitäts-Richtlinie, die mit der heutigen Novelle umgesetzt wird, dass im technischen Bereich, im Bereich der Verfahren, aber auch im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen­gearbeitet wird.


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135. Sitzung / Seite 67

Für die technischen Lösungen wird neben der Satellitenortung und den Mobilfunk­möglichkeiten insbesondere das österreichische System der Mikrowellentechnik vorge­schlagen. Auch wenn die SPÖ ständig versucht, das Mautsystem für LKWs schlecht zu reden und schlecht zu machen (Abg. Eder: Das stimmt nicht! Die Durchführung!) – Kollege Kräuter, der da seine besonderen Theorien aufstellt, ist leider jetzt nicht da, dass er mit mir diskutieren könnte –, die Realität beweist, dass dieses System sehr, sehr erfolgreich ist und dass sich die hohe Zuverlässigkeit dieser Technologie wirklich bewährt hat.

Zahlen sprechen für sich: In der Woche werden Transaktionen in Höhe von über 10 Millionen € durchgeführt, und insgesamt sind schon über 550 Millionen € an Transaktionen erfolgreich durchgeführt worden. Das heißt, dass sich dieses System wirklich sehr gut bewährt hat, und zwar schon sehr schnell in der Einführungsphase, und dass es in der ganzen Durchführung nach wie vor eine sehr gute Performance hat und deswegen auch eine sehr hohe Akzeptanz genießt. Das heißt auch, dass die Prellrate bei der LKW-Maut sehr gering ist.

Im Gegensatz dazu musste von der ASFINAG festgestellt werden, dass die Zahl der Vignettensünder im Jahr 2005 leider stark gestiegen ist. Wir haben eine Steigerung von über 20 Prozent, und deswegen sehen wir es als sehr vorteilhaft an, dass in der Zukunft eine effiziente Vignettenüberprüfung möglich sein wird. Auch mit dieser vorlie­genden Novelle sollen die Straßenaufsichtsorgane entlastet werden, und es soll eine Videoüberwachung, eine automatische Kontrolle der Einhaltung der Vignettenpflicht möglich sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Erlöse aus den Mauteinnahmen, die sich ja sehen lassen können – im letzten Jahr waren es über 1,2 Milliarden € –, werden ausschließlich für den Ausbau, die Erhaltung und den Betrieb des hochrangigen Straßennetzes eingesetzt. Was hier in den letzten Jahren an Infrastruktur gebaut worden ist, zeigt ein Vergleich: In den Jahren 1995 bis 1999 wurden 300 bis 400 Mil­lionen € im Jahr eingesetzt, während in den Jahren 2002 bis 2006 über 5 Milliarden € für den Aufbau von Infrastruktur eingesetzt worden sind. Das zeugt von der sehr zukunftsweisenden und guten Verkehrspolitik, die von dieser Regierung betrieben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Geld wird aber nicht nur in den Ausbau von Fahrbahnen investiert, sondern auch für Lärmschutzmaßnahmen, Umweltmaßnahmen, insbesondere Einhausungen, die auch die Lebensqualität der Menschen steigern. Ich möchte hier als Oberösterreicherin ganz besonders die Einhausung in Linz am Binder­michl erwähnen, wodurch vielen Leuten eine Steigerung ihrer Lebensqualität beschert worden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Investitionen in die Mobilität der Menschen, die aufgrund dieser Infrastrukturoffensive möglich sind, aber auch die positiven Auswir­kungen, was Arbeitsplätze und Beschäftigungssituation in Österreich betrifft, zeigen, dass sich Investitionen in die Infrastruktur rechnen, und deswegen unterstützen wir alle Maßnahmen, die die Effizienz der Kontrolle von Mautsystemen, die diese Finanzierung überhaupt erst ermöglichen, steigern können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



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11.47.13

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich beziehe mich jetzt auf die Mauteinnahmen, nicht auf die anderen Teile des vorgelegten Gesetzes, da wir ja schon erläutert haben, dass wir im Großen und Ganzen dem zustimmen können. 20 Prozent der Maut­ein­nahmen, das sind zirka 19 Millionen € im Jahr – darüber wurde schon gesprochen –, in Hinkunft als Rücklage vorzusehen, das ist eigentlich nicht erst ab jetzt möglich oder durch den wild entschlossenen Kampf des Herrn Bundesministers, das ist eigentlich mit der alten Wegekostenrichtlinie bereits möglich gewesen. Wir hätten schon sehr viel länger ansparen können. Das wird auch in den Erläuterungen zum gegenständlichen Gesetz eindeutig festgehalten.

Allerdings – wie schon Frau Kollegin Moser angeführt hat – bemängelt auch die Tiroler Landesregierung, dass die vorliegende Regelung zu eng gefasst sei. – Warum?

Es wird zwar die neue Wegekostenrichtlinie noch nicht veröffentlicht, aber wir wissen doch schon einiges, was drinnen steht, und wir wissen auch, dass nach der alten Regelung auch andere Eisenbahnachsen bereits mit einer Querfinanzierung realisier­bar gewesen wären, wie zum Beispiel die Eisenbahnachse Paris – Bratislava über Straßburg und Wien. Auch die Achse Prag–Linz wäre eine wichtige Ost-West-Verbin­dung, ebenso die Achse Danzig–Wien über Brünn und Bratislava. Mir liegt besonders der Ausbau der Tauernbahn am Herzen, der ja jetzt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurde. Die Anrainer werden im Unklaren gelassen, wann es tatsächlich zu der Tunnellösung im Gasteiner Tal kommen wird.

Es wird in der Stellungnahme der Tiroler Landesregierung kritisiert, dass mit einer allgemeiner gehaltenen Formulierung eben auch diese weiteren Eisenbahnprojekte hätten finanziert werden können beziehungsweise Anteile der Mauterträge bereits hätten angespart werden können.

Darum stellt sich für uns die Frage: Wie wird es tatsächlich ausschauen mit der Finan­zierung der österreichischen TEN-Projekte? Wird das auch im Rahmen der öster­reichischen Ratspräsidentschaft endlich ein Schwerpunkt sein, diese Fragen und auch die EU-Kofinanzierung zu klären? Denn wir haben die Befürchtung, dass wichtige Verbindungen dann letztlich wieder geopfert werden, weil einfach das Geld für den Brenner-Basistunnel und für nichts anderes verwendet wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ord­neter Grillitsch. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.50.18

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesstraßen-Mautgesetz, glaube ich, bringt uns viele Vorteile. Die Zusammenarbeit der elektronischen Mautsysteme innerhalb der EU wird verbessert. Ein europäischer Mautdienst für das gesamte mautpflichtige Straßen­netz wird eingerichtet, und die Freiheit der Mitgliedstaaten bleibt dabei unberührt. Das bedeutet eine große Entlastung der Exekutive durch automatische Vignettenkontrollen. Und es ist wichtig, dass die ASFINAG auch die Möglichkeit erhält, automatische Kontrollen durchzuführen. Damit können Vignetten künftig auch mittels Videoüberwachung kontrolliert werden. Mautaufsichtsorgane erhalten das Recht, bei Vignettenkontrollen einen Geldbetrag einzuheben. Und ausländische Vignettensünder können mit Hilfe dieser Gesetzesvorlage besser verfolgt werden.

Diese Ersatzmaut wirkt Entscheidungen in Verwaltungsstrafverfahren entgegen, dass deutschen Zulassungsbesitzern auf jeden Fall eine Ersatzmautaufforderung zuzu-


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stellen sei. Und da gibt es einen Knackpunkt: Es gibt keine Gewährleistung für den gesicherten Versand der schriftlichen Zahlungsaufforderung. Das bedeutet, es können keine Strafverfahren gegen ausländische Lenker eingeleitet werden. Dadurch entgeht dem Staat wieder sehr viel Geld, und gerade dieses Geld bräuchten wir dringend, um längst notwendige Infrastrukturprojekte auch zu verwirklichen.

Ein wichtiges Beispiel in meiner Region ist der Ausbau der B 317. Meine lieben Kolle­ginnen und Kollegen! Meine Herren Staatssekretäre! Dieser muss so schnell wie möglich vorangetrieben werden. Und es genügt nicht, die Bevölkerung hier ständig zu vertrösten, jahrelang zu vertrösten, sondern ich fordere hier wirklich die Einhaltung des Zeitplanes und die rasche Umsetzung des Ausbaus der Strecke von Judenburg nach Scheifling und auch die sofortige Aufnahme des Teilstückes Scheifling bis Klagenfurt in den Generalverkehrsplan. Wir brauchen nämlich diese Infrastrukturprojekte, damit diese Region auch in Zukunft ein attraktiver Wirtschaftsstandort ist und damit wir allen Prognosen und allen Tendenzen, die uns vorausgesagt werden, auch entgegenwirken können, das heißt, dass die Abwanderung entsprechend eingedämmt wird.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nur so können wir durch diese Infrastruktur­projekte die Nahversorgung und somit auch Arbeitsplätze in den Regionen aufrecht­erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

11.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Heinzl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.53.01

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Zur vorliegenden Novelle des Mautgesetzes ist aus meiner Sicht zu bemerken, dass in der Novelle weiterhin die Situation im Speziel­len der LKW-Lenker, die Angestellte von Frachtunternehmen sind, nicht zufrieden stellend geklärt ist. Das Kassieren der Ersatzmaut unmittelbar von den LKW-Lenkern muss ein Ende haben. Obwohl die Unternehmer als LKW-Zulassungsbesitzer klarer­weise für die Maut aufkommen müssen, bedienen sich die ASFINAG-Aufsichtsorgane, im Volksmund „Maut-Sheriffs“ genannt, im Regelfall zuerst bei den Fahrern.

Bei Frachtunternehmen mit Zahlungsschwierigkeiten und bei Streitigkeiten mit dem Chef kann sich der Fahrer dann bestenfalls das Geld für die von ihm bereits entrichtete Maut erst nach langwierigen Gerichtsverfahren zurückholen. Die ASFINAG verfügt über ausreichende Informationen und Möglichkeiten, um sich die Maut direkt bei den Unternehmern holen zu können, wie ich meine.

Hohes Haus! Seit dem Jahr 2000 ist die Belastung für Autofahrer durch Steuern, Abgaben und Mauten Jahr für Jahr ständig gestiegen: von 7,46 Milliarden im Jahr 2000 auf 10,06 Milliarden € im Jahr 2004. Für den Straßenbau hat der Bund 2004 aber ledig­lich 2,8 Milliarden € bereitgestellt. Deshalb freut mich die Aussage von Herrn Ver­kehrsminister Gorbach im Verkehrsausschuss umso mehr, dass nun endlich die so notwendige Realisierung der Traisental-Schnellstraße S 34 kurz bevorstehen soll.

Wie Sie wissen, verfügt die B 20, die Mariazeller Straße, über keinerlei Kapazitäts­reserven mehr und ist aufgrund der hohen Belastung wirklich höchst unfallträchtig. Jährlich kommt es auf dieser Straße zu mehreren Todesfällen. Deshalb ist die Errich­tung der Traisental-Schnellstraße auch als Entlastungsstraße für die B 20, für die Mariazeller Straße, mehr als notwendig.

Hohes Haus! Aber auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der den Pendlern für den Weg zur Arbeitsstätte dienen soll, ist aus meiner Sicht sehr wichtig. Es stellt sich die Frage, welchen lenkenden Effekt beispielsweise die von den Regierungs-


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parteien immer wieder ins Spiel gebrachte fahrleistungsabhängige PKW-Maut haben soll, wenn für die betroffenen PKW-Lenkerinnen und -Lenker aufgrund der Ausdün­nung der Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr gar keine Alternativen zum Auto bestehen. Eine PKW-Maut wäre aus meiner Sicht eine reine Abzocke, vor allem für die Pendlerinnen und Pendler, und es käme wieder einmal zu einer zusätzlichen Quer­finanzierung des LKW-Verkehrs, und der Verkehr würde sich dann in die Wohngebiete verlagern.

In diesem Zusammenhang fordere ich deshalb auch den Erhalt und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, insbesondere auch der Nebenbahnen, um vor allem den Pendlerinnen und Pendlern überhaupt eine Alternative zum PKW-Verkehr bieten zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Glaser. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.56.48

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit den Änderungen im Bun­desstraßen-Mautgesetz und den ASFINAG-Gesetzen erreichen wir, dass wir unter anderem ein vernetzbares, interoperables europäisches Mautsystem installieren kön­nen. Ich glaube, dass es absolut notwendig ist, dass ein derartiges System geschaffen wird, zum einen, um es einfach leichter zu handhaben. Ich glaube aber auch, dass eine vernetzte europäische Maut ganz einfach notwendig ist, um Kostenverzerrungen im Transport hintanzuhalten und um mehr Kostenwahrheit im Verkehr insgesamt zu erreichen.

Zum Thema Kostenwahrheit möchte ich aber auch anmerken, dass es nicht nur darum geht, im terrestrischen Verkehr, also auf Schiene und Straße, Kostenpflichtigkeit wahrzunehmen, sondern dass das auch im Flugverkehr, im Schiffsverkehr, im transkontinentalen Verkehr notwendig wäre. Ich weise in diesem Zusammenhang ganz einfach auf den Vorschlag von Bundeskanzler Schüssel bei seiner Antrittsrede im Euro­päischen Parlament hin, dass es zu einer Besteuerung in diesem Bereich kommen sollte und dass wir intensiver dieses Thema diskutieren sollten. Dem, glaube ich, ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Ich glaube, dass das notwendig ist nicht nur aus Wettbewerbsgründen, sondern ganz einfach auch deswegen, weil ich überzeugt davon bin, dass übernationale Aufgaben auch von übernationalen Abgaben entsprechend finanziert werden sollen und das nicht alles aus den nationalen Budgets kommen kann.

Damit aber zurück zur ASFINAG und zur Erfolgsgeschichte der ASFINAG. Ich glaube, dass die Aufgabe, die der ASFINAG gestellt wurde, von dieser perfekt erfüllt wird. Das haben wir gesehen sowohl bei der Einführung des Mautsystems als auch bei der Überwachung des Mautsystems, wo wir jetzt auch die Möglichkeit schaffen, dass auch ausländische Mautsünder entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden können.

Die ASFINAG mit ihrer Tochter ÖSAG leistet aber auch eine großartige Arbeit im Bereich der Projektierung und Trassierung neuer hochrangiger Straßenzüge, wie ich das zum Beispiel bei der S 7 im südlichen Burgenland selbst erleben kann, und zwar in guter Abstimmung mit den Interessen der Bevölkerung.

Die ASFINAG arbeitet hier auch ganz konsequent den Nachholbedarf, den wir im Bereich der hochrangigen Verbindungen zu unseren nördlichen und östlichen Nach­barländern haben, entsprechend auf. Und ich glaube, es wurde auch das schon einige Male angesprochen, dass der ASFINAG auch noch zusätzliche Aufgaben ins Haus


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stehen, indem ihr weitere hochrangige Straßenzüge mit dem neuen Bundes­straßen­gesetz übertragen werden.

Was wir mit diesen Gesetzesänderungen heute machen, ist, dass wir ganz einfach die Arbeit der ASFINAG auch weiterhin ermöglichen, in vermehrtem Ausmaß ermöglichen, und ich freue mich in diesem Zusammenhang, dass auch die Sozialdemokraten hiezu ihre Zustimmung geben werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.00.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich glaube feststellen zu können, dass diese Materie nach langen Diskussionen nun zu einer Konsensmaterie geworden ist, und ich füge hinzu, dass es natürlich eine Grundsatzdiskussion auslöst, wenn man Hoheitsrechte an andere Organe überträgt oder wenn man Rückstellungen vornimmt, die sinnvoll für künftige Finanzierungen sind, die aber europarechtlich nicht gedeckt sind, sondern nur durch mündliche Zusagen.

Zur Aussage eines Kollegen, der gemeint hat, dass die Schulden aus dem Straßenbau von der ASFINAG übernommen hätten werden müssen und jetzt eine ganz andere Epoche angebrochen sei, darf ich anmerken: In der Tat, es ist so, dass 6 Milliarden übernommen wurden und dass man mit 8 Milliarden nun auf dem Weg zu 13 Milliarden € ist. Das sollte man in dieser Diskussion nicht vergessen.

Bei der Sitzung des Verkehrsausschusses wurden allerdings auch wieder viele Tages­ordnungspunkte durch Mehrheitsbeschluss vertagt, unter anderem so wichtige Vor­haben in der Ostregion wie die B 303, die Marchfelder Schnellstraße, Vorhaben in Wien oder Traisental – alles wichtige Straßen. Ich frage mich grundsätzlich: Warum müssen Entscheidungen über Straßen, die als allgemein wichtig erkannt werden, immer wieder vertagt werden, und das seit 2003, nur damit man eine Bühne hat, um einem Landeshauptmann oder einem anderen irgendwann die Gelegenheit zu geben, letztlich eine Zustimmung zu bekommen?

Ich sage hier ganz deutlich: Wir haben uns zum Beispiel für die B 303 seit den neunziger Jahren, seit der Öffnung des Eisernen Vorhanges eingesetzt. Schon vorher gab es viele Diskussionen, aber wir befinden uns nun im 17. Jahr nach dem Wegfall des Eisernen Vorhanges. In diesem Zusammenhang meine Frage: Kann mir irgend­jemand hier sagen, wo die infrastrukturellen Investitionen in der Ostregion getätigt wurden, damit der Entwicklung unserer Nachbarländer und den wachsenden Wirt­schaftsbeziehungen entsprechend Rechnung getragen wird?

Ich halte es für unverantwortlich – ich sage das sehr deutlich –, nur aus taktischen Über­legungen dann das Anliegen herunterzumachen, den zuständigen Abgeordneten herunterzumachen, um dann irgendwann nach 13, 14 Jahren zu sagen: Es ist eh wichtig, und wir sehen das auch ein! – Ich muss auch in Bezug auf Herrn Vizekanzler Gorbach sagen, dass ich es für eine eigenartige Auffassung eines Ministers halte, wenn dieser in der Presse erklärt, es hätten keine konkreten Verhandlungen stattge­funden, wenn ein Abgeordneter vorspricht. Ein Abgeordneter kann keine „Verhand­lungen“ führen, sondern er kann Vorsprache halten, um sein Anliegen aus der Region auf allen politischen Ebenen entsprechend zu vertreten. Wenn hier solche Aussagen, die offensichtlich kompetenzrechtlich falsch sind, von einem Minister getroffen werden, dann zeigt dies, welches politische Spiel da getrieben wird.


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Ich meine, dass das ein unwürdiges Spiel ist, und ich hoffe, dass letztlich für die großen Anliegen des Infrastrukturausbaus, der für die Ostregion und für Nieder­österreich dringend notwendig ist, in Bälde entsprechende Beschlüsse vorliegen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.04.01

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute wichtige Änderungen bei den Grundlagen der Finanzierung unseres Straßensystems beziehungsweise unseres Straßenverkehrssystems. Das wurde von vielen meiner Vorredner schon ausgeführt. Es ist auch wichtig aufzuzeigen, dass es jene Grundlagen, die in den letzten fünf Jahren geschaffen wurden, sind, die den Ausbau des Verkehrssystems sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene erst möglich und auch finanzierbar gemacht haben.

Daher muss man auch die Versäumnisse sehen, die in der Vergangenheit, zum Bei­spiel in den zehn Jahren von 1990 bis 1999 unter einem sozialdemokratischen Bun­des­kanzler und einem sozialdemokratischen Finanzminister begangen wurden. Allein die Summen, die investiert wurden, zeigen es: In diesen zehn Jahren, 1990 bis 1999, waren es 13,7 Milliarden; in den zehn Jahren von 2000 bis 2009 werden es insgesamt 23 Milliarden sein, also fast das Doppelte! Wir brauchen diese wichtige Infrastruktur auch, und es ist schön, dass auch die Sozialdemokraten und auch mein Vorredner inzwischen einsehen, dass das notwendig ist.

Nur: Vom Reden allein hat niemand etwas, weder die Bürgerinnen und Bürger noch die Wirtschaft! (Abg. Gradwohl: Ihr müsst erst beweisen, dass das hält, was ihr sagt!) Wenn wir vom Ausbau der Infrastruktur nur reden, wenn wir, wie Kollege Bauer das vorhin ausgeführt hat, bereits seit 17 Jahren nur Resolutionen beschließen, dann kön­nen wir leider keine einzige dieser Straßen nützen (Abg. Gradwohl: Wie haben die Verkehrsminister der letzten zehn Jahre geheißen? Wer stellte die Verkehrsminister in den letzten zehn Jahren?): Auf einer Resolution kann nun einmal keiner fahren, das ist das Problem. Und – ich habe es bereits gesagt – wir hatten mehr als zehn Jahre unter sozialdemokratischen Bundeskanzlern Zeit, das umzusetzen. Warum ist es denn nicht passiert?

Nur die Umsetzung wird uns etwas nützen – nicht Resolutionen, nicht Entschließungs­anträge. (Abg. Gradwohl: ... Minister sind resistent gewesen gegen Resolutionen!) Die helfen überhaupt niemandem, sondern damit wird lediglich Papier produziert.

Darum bin ich auch froh, dass wir es in den Verhandlungen des letzten halben Jahres oder Dreivierteljahres auch erreicht haben, dass die wichtigen Infrastruktur-, insbe­sondere Straßenverkehrsprojekte für Niederösterreich – ich darf die drei nennen: die Marchfeld-Schnellstraße, die B 303, die ja beide den Lückenschluss Richtung Osten und Norden darstellen, und auch die B 334 – jetzt in der Endverhandlung sind und, wie Vizekanzler Gorbach das im Verkehrsausschuss auch festgestellt hat, in Wahrheit auf sehr gutem Weg sind und auch die Finanzierung durch den Finanzminister in der Zwi­schenzeit gesichert worden ist.

Wir werden daher in den nächsten Wochen – davon bin ich überzeugt – auch eine Änderung des Bundesstraßengesetzes im Hohen Haus vorliegen haben und be­schließen können und damit die Grundlage für den Ausbau dieser Straßenverbin­dungen schaffen. Das war auch der Grund, warum jetzt ein Entschließungsantrag bis


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zur Enderledigung vertagt worden ist: weil ja von einem Entschließungsantrag und von formaler Diskussion überhaupt niemand etwas hat, wie schon ausgeführt wurde, sondern nur davon, dass wir diese Straßenverbindungen auch bauen. Und dafür ist die erste Voraussetzung zunächst einmal eine Änderung im Bundesstraßengesetz. Ich bin überzeugt, dass wir das in den nächsten Wochen hier vorliegen haben werden, und ich freue mich schon auf die breite Zustimmung auch für diese wichtigen niederöster­reichischen Projekte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Prä­hauser zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.07.38

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Unser Verkehrssprecher Kurt Eder hat ja hinlänglich erklärt und erläutert, dass wir diese Novelle heute mittragen. Wir Sozialdemokraten tragen grundsätzlich jede Gesetzesverbesserung mit, wenn sie uns plausibel erscheint (ironische Heiterkeit der Abg. Dipl.-Ing. Achleitner und bei Abgeordneten der ÖVP) und entsprechend auch mit unseren Vorstellungen erläutert und „gegoren“ wird, meine Damen und Herren. – Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie jetzt zumindest lächeln. Sie werden wahrscheinlich in sich gehen und doch erkennen, dass Sie uns zu wenig einbinden in Ihre einsamen Entscheidungen – und dann können wir natürlich nicht mitgehen. (Abg. Neudeck: An der Spitze ist es immer einsam!) Aber wenn sie das richtige Maß an gemeinsamer Diskussion beinhalten, dann sind wir auch für Ge­setze zu gewinnen.

Meine Damen und Herren! Kurt Eder hat auch angeregt, die Schulung der ASFINAG-Mitarbeiter, welche die Maut „einheben“ – unter Anführungszeichen; Sie wissen, was ich meine –, etwas voranzutreiben. Das scheint mir in der Tat wichtig, denn manchmal passieren Dinge, die nicht nachvollziehbar sind.

Ich wohne in Wals-Siezenheim. Jeder, der sich ein bisschen auskennt, weiß, das ist in der Nähe des Walserberges, zwei, drei Kilometer von der Landesgrenze entfernt. Wenn man auf der Landesstraße nach Österreich einreist, hat man noch genau einen Kilometer, um auf die Autobahn zu kommen. Vorher befindet sich eine Tankstelle, dort kann man diese Mautpickerl kaufen. Und nach elf Kilometern kann man, wenn man nach Süden fährt, das erste Mal die Autobahn wieder verlassen, oder bei einem Einkaufszentrum nach zwei Kilometern. Das sind beliebte Stellen, wo Kontrollen durchgeführt werden, und das ist auch richtig so: Wenn es Autobahnpickerl zu kleben gilt, dann ist das auch einzuhalten.

Nur: Was sich dort oft für Dramen abspielen mit Autofahrern, die das Pickerl vor einer Minute oder vor zwei Minuten gekauft haben, nur weil es an einer Stelle klebt, wo es dem Kontrollierenden nicht gefällt! – Das ist eine etwas bittere Pille, zumal man davon ausgehen darf, dass Ausländer nicht unbedingt wissen, wo der österreichische Gesetzgeber gerne hätte, dass diese Mautpickerl platziert werden. Da sollte man ein bisschen sensibler vorgehen, damit man auch unserem Ruf als Fremdenverkehrsland gerecht wird.

Meine Damen und Herren, die Kürze der Zeit lässt es nur mehr zu, darauf hinzu­weisen, dass die Sozialdemokraten jeglichem Wunsch nach einer PKW-Maut auf Autobahnen – und auch auf Landesstraßen, wie, wie Sie ja nachlesen können, jetzt überlegt wird – entgegenstehen. Wir halten es hier mit der Kostenwahrheit: Es sollen jene zur Kasse gebeten werden, die die Infrastruktur am besten nützen und auch öfter benützen.


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Kollege Wattaul, da du verlangt hast, dass wir uns bei den Transportunternehmen bedanken: Ich habe etwas dazugelernt. Ich habe nämlich nicht gewusst, dass die Transportunternehmer die Mautbeiträge aus ihren Gewinnen bezahlen und nicht an den Konsumenten weitergeben. Wenn das so ist, dann wirklich auch von mir ein Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Die Gewinne haben sie ja auch vom Konsumenten! – Das ist sehr rotäugig, was du sagst!) – Lieber Freund! Wir zahlen das wohl gemeinsam! (Abg. Wattaul: ... die Transportwirtschaft! Wer zahlt denn die Autobahn?)

12.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Herr Staatssekretär, bitte.

 


12.10.50

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir eine weitere Übereinstimmung gefunden haben: dass, wie Herr Abgeordneter Prähauser soeben ausgeführt hat, auch die SPÖ gegen eine PKW-Bemautung in Österreich ist. Ein weiterer Punkt also, wo wir offen­sichtlich Übereinstimmung haben und auch gemeinsam vorgehen können. Die Bundes­regierung denkt nicht einmal daran, derartige Maßnahmen auch nur ins Auge zu fassen!

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber, weil einige rechtliche Fragen unge­klärt sind, die insbesondere von Herrn Abgeordnetem Eder angesprochen wurden, ganz kurz noch einmal zum Thema Ersatzmaut kommen! Faktum ist, dass Mautauf­sichtsorgane, die hoheitlich befugt sind, keine Strafe ausstellen, sondern auffordern, eine Ersatzmaut zu entrichten. Darauf muss man ganz genau, streng rechtlich ge­sehen, achten. Das bedeutet: Der Fahrzeuglenker, der vom Mautaufsichtsorgan erwischt wird, keine Maut bezahlt zu haben, muss einen Mautersatz bezahlen und ist mit diesen 120 € dann zugleich aber auch berechtigt, entsprechende Mautstrecken zu befahren. Es kommt somit nichts anderem als einer Art Organstrafverfügung gleich.

Etwas anderes ist natürlich das Verwaltungsverfahren bei Nichtentrichtung dieser Ersatz­maut – die übrigens die Mautaufsichtsorgane über Dienstanweisung jedenfalls verlangen müssen; so gesehen gibt es in praktischer Hinsicht kein Ermessen, sondern die Mautaufsichtsorgane müssen jedenfalls dazu auffordern, eine Ersatzmaut zu bezahlen. Und im ordentlichen Verfahren erst, im Verwaltungsverfahren, kommt es dann zu einer Bestrafung, wenn keine Maut entrichtet wurde. Es gibt hier einen Maximal­strafrahmen von 4 000 €, wobei aber dieser Strafhöchstbetrag in der Praxis, wie wir wissen, so gut wie nie tatsächlich verhängt wird. In der Praxis sind es rund 400 bis 500 € – also der Mindestbetrag –, und nicht selten werden diese Strafhöhen unter Anwendung der Bestimmung über die außerordentliche Milderung noch einmal um die Hälfte gekürzt. – So weit kurz zu Thema eins.

Thema zwei – dies wurde auch von Herrn Abgeordnetem Verkehrssprecher Eder moniert –: das Befahren von Raststätten, die auch über das nicht mautpflichtige Straßensystem erreichbar sind. Hier ergibt sich einfach praktisch eine Schwierigkeit. Erstens einmal, was die Rechtssituation betrifft: Diese Verkehrsfläche ist eine mautpflichtige Verkehrsfläche, ebenso wie Zu- und Abfahrten zu Autobahnen und Schnellstraßen. Das ist die Rechtssituation.

Praktisch ergibt sich folgendes Problem: Mautaufsichtsorgane überprüfen natürlich in aller Regel aus sicherheitstechnischen Erwägungen zuerst den ruhenden Verkehr. Mautaufsichtsorgane befinden sich also auf den Parkplätzen bei Raststätten und überprüfen dort, ob auch die Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde, weil es verkehrs-


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technisch einfach sicherer und besser ist, den ruhenden Verkehr zu überprüfen als den fließenden. Und da ergibt sich die Problematik, dass nicht mehr unterschieden werden könnte, wenn jemand, der von einem Straßennetz, das nicht mautpflichtig ist, auf die Raststätte auffährt, somit keine Maut bezahlt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass ich mich sehr freue, dass – wie auch den Ausführungen des Kollegen Prähauser, aber auch des Kollegen Eder zu entnehmen war – bei derart wichtigen Gesetzes­materien doch noch eine Einigung gefunden werden konnte. Wir werden unsere Be­mühungen noch verstärken, hier unserer Aufgabe der Information auch gegenüber der Opposition entsprechend nachzukommen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kainz zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.14.39

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Prähauser hat vorhin gesagt, die SPÖ stimmt bei sinnvollen Gesetzesmaterien zu. – Wenn das keine leeren Worte sind, dann müsste die SPÖ eigentlich öfter aufstehen, denn ich denke, es gibt sehr viele sinnvolle Gesetzesmaterien, bei deren Diskussion wir uns im Vorfeld, auch im Ausschuss – Abgeordneter Eder nickt da zustimmend, oder teilweise auch ablehnend – durchaus sehr sachlich näher kommen, denen aber die SPÖ letztendlich nicht zustimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zur heute vorliegenden Gesetzes­materie, dem ASFINAG-Gesetz. Österreich führt zurzeit – und ich glaube, sehr erfolgreich – den Vorsitz in der Europäischen Union und hat auch einige Schwerpunkte selbst gesetzt. Zum Beispiel soll das Thema Arbeitsmarkt und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit massiv gefördert und die Arbeitslosigkeit gesenkt werden.

Europa ist dann stark, wenn wir selbständige starke Regionen haben und dort zusam­menarbeiten, wo wir uns gemeinsam stärken können. Und das ASFINAG-Ermäch­tigungsgesetz, durch das die Mautsysteme innerhalb des Binnenmarktes auch untereinander stärker zusammenarbeiten und auch kommunizieren können, ist, so glaube ich, eine sehr sinnvolle und notwendige Maßnahme.

Aber auch was das große Vorhaben des Eisenbahntunnels auf der Brenner-Achse betrifft, für das in großem Umfang Finanzmittel notwendig sind, ist es vernünftig und richtig, für dieses Projekt und für dessen Umsetzung bilanzielle Rückstellungen zu schaffen, um dieses Projekt auch entsprechend zu finanzieren. Ich glaube, es ist eine vernünftige Maßnahme, Geld von der Straße in die Schiene zu verlagern. Das ist auch ein Beispiel für sinnvolle Verkehrs- und Umweltpolitik, die zweifellos die Handschrift der Österreichischen Volkspartei und dieser Bundesregierung trägt.

Wenn wir heute das ASFINAG-Gesetz diskutieren, können wir wohl auf eine Erfolgs­geschichte der ASFINAG zurückblicken und auf Investitionen im Bereich des Straßen­baus und der Autobahnen, die so hoch sind wie noch nie zuvor. Allein in Nieder­österreich gibt es hervorragende große Projekte, auch in meinem Wahlkreis, die zweifellos auch zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in diesem Bereich bei­tragen, die aber auch mit Lärmschutzmaßnahmen zur Erhöhung der Lebensqualität beitragen.

Auch eine Erfolgsgeschichte ist, so glaube ich, die ASFINAG-Mautaufsicht. Durch diese wurde auch bewusst die Exekutive von Aufgaben entlastet, um auch hier neue


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Möglichkeiten zu schaffen: Die Polizei kann sich auf die Kernaufgaben konzentrieren, und das merken wir auch an der positiven Kriminalstatistik, die jetzt präsentiert wurde und aus der hervorgeht, dass einerseits die Zahl der angezeigten Fälle zurück­gegangen ist, andererseits aber auch die Zahl der geklärten Fälle zugenommen hat. In diesem Zusammenhang ein Dank an die Polizei!

Aber auch im Zusammenhang mit der Mauteinführung ein klarer Satz, den die Grünen vor einigen Wochen geprägt haben: Ich verwahre mich, gerade auch als Mandatar einer Region, die viele Pendler in der Region hat, gegen die Einführung der PKW-bezogenen Maut! Das ist ein Angriff auf die Pendlerinteressen, und das kann von der Österreichischen Volkspartei und auch von mir als ÖAAB-Mandatar nur zurück­gewiesen werden. Hier gilt es, beim bestehenden Mautsystem zu bleiben.

Ich glaube, der heutige Gesetzesbeschluss ist ein wichtiger Schritt, und ich darf um die Zustimmung dazu ersuchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.18.10

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinem Redebeitrag ausschließlich auf die Mautaufsichtsorgane konzentrieren. Es hat dazu ein Gutachten der Professoren Brünner und Hauser gegeben, das die SPÖ in Auftrag gegeben hat, da wir gegen bestimmte Teile der geltenden Regelung verfassungs­rechtliche Bedenken hatten. Diese Bedenken wurden im Wesentlichen geteilt, gerade auch unsere Bedenken im Zusammenhang mit dem Legalitätsprinzip, mit den Ermäch­tigungen für die Mautaufsichtsorgane. Außerdem gab und gibt es immer wieder Be­schwerden über das Verhalten dieser Organe, die nicht zufällig im Volksmund als „Maut-Sheriffs“ bezeichnet werden, und es sind ja auch schon einige Fälle genannt worden, in denen es wirklich in einer sehr unangenehmen Weise aufgefallen ist, wie sich manche dieser so genannten Maut-Sheriffs gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern verhalten.

Ich denke, diese beiden Dinge – das Gutachten, aber eben auch die Erfahrung in der Praxis – haben jetzt dazu geführt, dass es Änderungen im Gesetz gibt, dass die Aufgaben, die Rechte und auch die Pflichten dieser Organe genauer definiert werden. Es werden auch Schulungen in Aussicht gestellt. Das ist sehr begrüßenswert, denn wenn schon Private mit solchen Aufgaben betraut werden, dann muss es klare Regeln geben, dann müssen die Aufgaben klar determiniert sein.

Es bleiben zwar einige Probleme ungelöst, aber trotzdem sind diese drei Gesetz­entwürfe, die hier vorliegen, positiv zu beurteilen, vor allem in der Frage der Quer­finanzierung zur Bahn. Der Herr Staatssekretär hat jetzt auch aufgeklärt, wie die Sache mit der Ersatzmaut zu verstehen ist. Daher werden wir diesem Gesetzespaket zustim­men. (Beifall bei der SPÖ.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hornek zu Wort. Wunschredezeit: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.

 


12.20.53

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Verkehr dient Mensch und Wirtschaft. Die Verkehrsinfrastruktur verbindet unser Land in seinem Inneren und mit unseren Nachbarländern. Verkehr ist somit eine essentielle Vorraussetzung für


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Wohlstand und Fortschritt. Eine moderne Infrastruktur und gute Erreichbarkeit zählen auch im Internetzeitalter zu den wichtigsten Standortfaktoren im internationalen Wett­bewerb.

Durch die Wiedervereinigung Europas ist Österreich speziell im Osten unseres Landes intensiv gefordert, den neuen Herausforderungen im Infrastrukturbereich gerecht zu werden. Unter Leitung eines Verkehrsplaners wurde unter Berücksichtigung der lang­fristigen Ausbauvorstellungen der ASFINAG, der ÖBB und der Länder der General­verkehrsplan erstellt.

Dass die internationalen Verbindungen sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße über österreichisches Staatsgebiet führen, das ist eine wichtige wirtschaftliche Vor­raussetzung. Mit der erfolgreichen Einführung der LKW-Maut, deren Erträge in vollem Umfang dem Straßenbau zugute kommen, wurde ein wichtiger Schritt gesetzt. Derzeit werden 1,2 Milliarden € pro Jahr in den Schnellstraßen- und Autobahnbau investiert.

Das österreichische Mautsystem, das von der ASFINAG umgesetzt wurde, finanziert nicht nur einen guten Teil des hochrangigen Straßenausbaus Österreichs, sondern ist vielmehr ein Vorzeigebeispiel für Mautsysteme in unseren Nachbarländern geworden.

Im Gegenzug dazu hat es in der Bundesrepublik Deutschland beachtliche Schwierig­keiten bei der Umsetzung des Mautsystems gegeben. Dort sind Schäden von zirka 6 Milliarden € jährlich für die Bundesrepublik Deutschland entstanden, abgesehen vom Imageschaden, den die Bundesrepublik Deutschland als Technologiestandort erfahren hat.

Die nun vorliegende Gesetzesnovelle ist ein weiterer Schritt in Richtung Kosten­wahr­heit im Verkehrsbereich. Die Grundlage dafür wurde durch den im Dezember vom EU-Parlament beschlossenen Entwurf der Wegekostenrichtlinie gelegt. In sensiblen Gebieten werden dadurch Mautaufschläge für verkehrs- und umweltentlastende Alter­nativprojekte, wie zum Beispiel den Brenner-Basistunnel, ermöglicht.

Der intensiven Arbeit unserer Regierungsmitglieder Staatssekretär Kukacka, Staats­sekretär Mainoni und unserem Herrn Vizekanzler ist es zu verdanken, dass hier ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt wurde, um speziell der Tiroler Bevölkerung entgegen­zukommen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

12.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Staats­sekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


12.23.59

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich abschließend herzlich bedanken. Kollege Hornek hat noch einmal sehr klar zusammengefasst, was die grundlegenden Zielsetzungen und auch positiven Ergebnisse unserer Verkehrspolitik waren. Diese Bundesregierung gibt für die Verkehrsinfrastruktur bei weitem mehr aus als alle Regierungen zuvor. So viel Geld ist für den Bau von Straßen, von Autobahnen, von Schnellstraßen, aber auch von Eisenbahnstrecken noch nie ausgegeben worden wie gerade in dieser Legislatur­periode, meine Damen und Herren!

Deshalb kann es auch und wird es auch möglich sein, die heute hier dargestellten Wünsche weitgehend zu erfüllen. Es hat ja Kollege Grillitsch besonders auf die B 317 hingewiesen. Ich möchte ausdrücklich festhalten: Im kommenden Bundesstraßen­gesetz – und es steht bevor, es wird demnächst eingebracht und noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden – wird die Übernahme durch die ASFINAG festgelegt werden. Dasselbe gilt für die Marchfeld-Schnellstraße und für die Wein-


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viertel-Schnellstraße. Auch diese beiden Straßen werden in das ASFINAG-Netz aufgenommen werden. Auch bei der Traisental-Bundesstraße, bei der B 334, laufen derzeit intensive Verhandlungen zwischen dem Finanzministerium, dem Verkehrs­ministerium und dem Land Niederösterreich. Ich gehe doch davon aus, dass wir auch da zu einer positiven Regelung kommen werden.

Auch die Hansson-Kurve, A 23/S 7, die hier von Frau Kollegin Bayr angesprochen wurde, ist in Verhandlung. Das ist leider ein ungeheuer teures Stück, das rund 400 Mil­lionen € auf 2,6 Kilometer kostet. Wir diskutieren darüber, ob hier nicht allenfalls auch kostengünstigere Lösungen möglich sind. Ich möchte aber auch darauf hinweisen – das ist, wie ich meine, eine Sache, die noch die Stadt Wien und auch die SPÖ lösen müssen –, dass es unseren Informationen nach auch Probleme bei der Genehmigung und beim Genehmigungsverfahren gibt, weil der Bezirk Favoriten laut ASFINAG nicht hinter diesem Projekt steht und entsprechende Änderungen haben möchte.

Meine Damen und Herren, damit abschließend noch einige Worte zum Thema Maut­richtlinie und Brenner-Basistunnel, was ja insbesondere von den Grünen ange­sprochen wurde. Ich glaube, es ist unfair und ungerecht, dieser Regierung allenfalls vorzuwerfen, dass in diesen Fragen nicht konsequent gehandelt worden wäre. Diese Regierung hat die Wegekostenrichtlinie auf europäischer Ebene massiv voran­getrie­ben, hat eine ganze Reihe von entscheidenden Verbesserungen erreicht, ja, ich würde sagen, wir haben hier verkehrspolitisch auch eine Bewusstseinsänderung in der Euro­päischen Union und damit auch eine Trendwende in der Verkehrspolitik eingeleitet.

Was eigentlich fehlt, ist eine klare Position der Grünen, die uns nicht sagen: Sind sie jetzt eigentlich für diese Regelung oder sind sie dagegen, sind sie eigentlich für den Brenner-Basistunnel oder sind sie dagegen? Und wenn sie dagegen sind, warum eigentlich? Warum soll das, was wir in Österreich mit dem Brenner-Basistunnel machen, falsch sein, wo uns doch immer die Schweiz als Beispiel hingestellt wird, dass dort der Gotthardtunnel und der Lötschbergtunnel gebaut werden und dort massiv versucht wird, den Transitverkehr auf die Schiene zu bringen. – Also was dort sinnvoll und schlüssig ist, meine Damen und Herren, sollte doch eigentlich auch in Österreich als sinnvoll, richtig und notwendig akzeptiert werden.

In diesem Sinne sind wir, wie ich meine, auch hier richtig unterwegs. Es ist zum ersten Mal gelungen, die Querfinanzierung von der Straße auf die Schiene festzulegen. Die Novelle des ASFINAG-Gesetzes, die wir heute beschließen, ist Ausfluss davon. Es wird hier bereits ein Betrag von rund 20 Millionen € jährlich sichergestellt, bereitgestellt, rückgestellt für den Brenner-Basistunnel, für den Ausbau des Schienenweges. Wir handeln richtig, wir handeln konsequent, und ich sehe keine vernünftige Alternative zu diesem Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Preineder zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.29.42

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Wir beschäftigen uns heute mit dem Bundesstraßen-Mautgesetz, dem ASFINAG-Gesetz und dem ASFINAG-Ermächtigungsgesetz, mit, wie ich meine, Gesetzen mit zukunftsweisender Richtung, weil damit die Voraussetzung für eine gemeinsame europäische Entwicklung des Mautsystems gewährleistet ist, dass die europäischen Mautstraßen gemeinsam bewirtschaftet werden, aber auch die Eigenständigkeit Österreichs gewährleistet ist.


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Es ist aber auch die Möglichkeit verankert, die Autobahn-Vignette elektronisch, technisch zu kontrollieren, wodurch eine durchgehende Kontrolle gewährleistet ist. Damit sichern wir die Einnahmen und haben vor allem auch die Möglichkeit, auf Fahrer aus anderen Staaten zuzugreifen.

Das österreichische Mautsystem hat sich entsprechend bewährt und ist ein positives Beispiel dafür, wie es machbar ist. Durch die Mautaufsichtsorgane, die entsprechend agieren, heute aber auch kritisiert wurden – es ist einfach keine angenehme Aufgabe, Mautsünder zu belangen –, konnte auch die österreichische Polizei entsprechend entlastet und ein zusätzlicher Beitrag zu mehr Sicherheit geleistet werden.

Das ist, wie ich meine, auch ein richtiger Weg, den die Bundesregierung da geht, um auch Einnahmen sicherzustellen – Einnahmen, die dem Ausbau des hochrangigen Straßennetzes zugute kommen, wobei vor allem ein Schwerpunkt im Bereich des Brenner-Basistunnels und seiner finanziellen Vorsorge gesetzt wird und auch ein klares Signal gegeben wird, dass Schiene und Straße durchaus gemeinsam erweitert und ausgebaut werden und somit für Tirol eine Lösung des Transitproblems in Aussicht steht.

Es sind diese Einnahmen auch für mein Heimatbundesland Niederösterreich ent­sprechend wichtig, wenn es darum geht, wichtige Verkehrsprojekte umzusetzen – sei es die Marchfeld-Schnellstraße, sei es die Weinviertel-Schnellstraße oder hoffentlich auch die Traisental-Bundesstraße. Und mit diesen Einnahmen wäre es auch möglich, Park & Drive-Anlagen zu errichten.

Ich glaube, dass diese Gesetzesmaterien heute einstimmig zu beschließen sind. Dafür ein herzliches Dankeschön. Und ich freue mich auch weiterhin darüber, Verkehrs­ma­terien hier einstimmig diskutieren zu können. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

12.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1262 der Beilagen.

Hiezu hat Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser ein Verlangen auf getrennte Abstim­mung eingebracht.

Ich werde daher über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Verlangens auf getrennte Abstimmung abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes (Titel und Eingang) in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setz­entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Molterer gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss hinsichtlich des illegalen ... (Unruhe im Saal.) – Die Ab­geordneten Dr. Cap, Mag. Kogler ... Ich bitte um Entschuldigung! (Abg. Mag. Mol­terer: Danke für diese Richtigstellung! Es ist der Wunsch der Vater des Gedankens! So werden Sie nicht Erste Präsidentin!)

Also ich gebe noch einmal bekannt: Die Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Kogler – das ist die Tücke der handschriftlichen Notizen – haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss hinsichtlich des illegalen Handels mit Sichtvermerken einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

12.35.393. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1191 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1263 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1260 d.B.): Proto­koll über den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenom­menen Änderungen in der Neufassung des Protokolls vom 27. Juni 1997 samt Schlussakte (1276 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1261 d.B.): Proto­koll zur Neufassung des Internationalen Übereinkommens vom 13. Dezem­ber 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenommenen Änderungen samt Zusatz­protokoll und Schlussakte (1277 d.B.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten damit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunsch­redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.37.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir beschließen heute ein Luftfahrtpaket mit drei wichtigen Punkten.

Erstens geht es um die Ratifikation der Neufassung des Internationalen Übereinkom­mens aus dem Jahre 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ – diese Neufassung stammt aus dem Jahre 1997. Sie beinhaltet einmal eine Aktualisierung der veralteten Konvention, ermöglicht zweitens den Beitritt von Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration und ersetzt drittens das Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip.

Zusammen damit ratifizieren wir zweitens das Protokoll über den Beitritt der Euro­päischen Gemeinschaft zu diesem revidierten „EUROCONTROL“-Übereinkommen. Dazu galt es, schwierige diplomatische Lösungen zu finden.

Bei Beschlüssen in Angelegenheiten, in denen die EU die ausschließliche Zustän­digkeit hat, nimmt nun die EU das Stimmrecht ihrer Mitgliedstaaten wahr, und die Mitgliedstaaten sind dann natürlich nicht stimmberechtigt. Wenn jedoch keine aus­schließliche EU-Zuständigkeit besteht, dann stimmen die einzelnen EU-Mitgliedstaaten ab und der EU-Vertreter ist nicht stimmberechtigt.

Weiters leistet die EU keinen finanziellen Beitrag, darf allerdings auch keine personel­len Vorschläge für die „EUROCONTROL“-Gremien machen. Auch die berühmt-berüch­tigte Gibraltar-Klausel als Kompromiss zwischen Großbritannien und Spanien darf natürlich nicht fehlen.

Und drittens beschließen wir heute eine Novelle zum Luftfahrtgesetz. Es sind dabei die Regelungen der Joint Aviation Authorities betreffend die Lizenzierung und Taug­lichkeit der Piloten zu übernehmen, das sind die Joint Aviation Requirements, die berühmten JARs. Dadurch werden nun die Bestimmungen für die Zivilpilotenscheine in ganz Europa vereinheitlicht. Erfasst sind sowohl die Flächenflugzeuge als auch die Helikopter und auch die flugmedizinische Untersuchung für die Zivilluftfahrer. Ausge­nommen bleiben die Segelflieger, die Ballonfahrer und die Piloten von Hänge- und Paragleitern.

Weiters wird heute die Mitbenützung von Militärflugplätzen durch die Zivilluftfahrt an die Erfordernisse der Praxis angepasst.

Sehr strittig war die Frage der Autorisierung der flugmedizinischen Zentren. Ent­sprechend einem Wunsch des Aero-Clubs erfolgt diese nun durch den Bundesminister für Verkehr, und es wird auch keine Betriebspflicht geben.

Weiters beinhaltet diese Novelle zum Luftfahrtgesetz Klarstellungen bei der Anwen­dung der EG-Verordnung Nummer 2320 aus dem Jahre 2002 über die Sicherheits­kontrollen bei der Luftfracht. Diese Verordnung gilt natürlich bereits unmittelbar. Es muss aber klargestellt werden, wie diese Umsetzung in Österreich erfolgt.

Es geht dabei um die Schaffung einer geschlossenen Kette, einer Sicherheitskette vom Urverlader, der sich auch als so genannter bekannter Versender selbst der Sicher­heitskontrolle stellen kann, über die Beförderer, die sich als reglementierte Beauftragte


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registrieren lassen können, bis zum Luftverkehrsunternehmen. Das Luftverkehrs­unter­nehmen darf eine Fracht nur dann übernehmen und befördern, wenn es die ge­schlossene Kette gibt oder wenn es selbst entsprechende Sicherheitskontrollen durchgeführt hat. Es ist nun klar, dass Sicherheit etwas kostet, wir wissen das bereits von den umfassenden Sicherheitsbestimmungen bei der Personenbeförderung in der Luftfahrt.

Damit sich jedoch die betroffenen Spediteure unter diesen Voraussetzungen als regle­mentierter Beauftragter beim Ministerium registrieren lassen können und somit die entsprechenden Voraussetzungen einführen, und damit auch die Luftfahrtcarrier die notwendigen Kontrollen lupenrein aufbauen können, bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten DI Hofmann, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage (1191 der Beilagen) zum Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (1263 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (1191 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrt­gesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (1263 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

1. In der Z 12 lautet der Abs. 22:

„(22) § 62 samt Überschrift, § 141 Abs. 1a und § 169 Abs. 1, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX, treten mit dem der Kundmachung im Bundes­gesetzblatt folgenden Tag in Kraft. Alle vor diesem Datum erteilten Bewilligungen im Zusammenhang mit der Mitbenützung von Militärflugplätzen für Zwecke der Zivilluft­fahrt bleiben unberührt.“

2. In der Z 12 wird nach Abs. 22 folgender Abs. 22a eingefügt:

„(22a) § 134a Abs. 6 und 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX tritt mit 1. Juli 2006 in Kraft.“

Begründung:

Mit dem späteren In-Kraft-Tretens-Datum des § 134a Abs. 6 und 7 soll den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, die entsprechenden Sicherheitskonzepte auszu­arbeiten und der Behörde zur Genehmigung vorzulegen.

*****

Hohes Haus! Ich ersuche um Zustimmung zu allen drei Vorlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Mag. Regler verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit auch mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steier. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



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135. Sitzung / Seite 83

12.43.28

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine geschätzten Damen und Herren! Auf der heutigen Tagesordnung stehen zwei Materien aus dem Bereich der Luftfahrt, und zwar, wie mein Vorredner erwähnt hat, zwei Protokolle zu „EUROCONTROL“ mit dem Ziel einer weiteren Harmonisierung und Modernisierung des Flugverkehrsmanagements in Europa. Diesen Vorlagen geben wir uneingeschränkt unsere Zustimmung.

Etwas genauer eingehen möchte ich auf die Änderung des Luftfahrtgesetzes. Ich darf hier eingangs auf den zitierten Abänderungsantrag verweisen, der auf Initiative des Genossen Eder eingebracht wurde und der die Änderung des § 134a in zweiter Lesung vorsieht.

Weiters darf ich auf die Übernahme von Regelungen der Joint Aviation Authorities zur Lizenzierung von Piloten in österreichisches Recht verweisen. Nachdem die Mehr­zahl europäischer Staaten diese Pilotenlizenzen bereits den internationalen Regelun­gen unterworfen hat, zieht hier Österreich nach. Einheitliche Regelungen für Zivilluft­fahrtscheine in Europa bringen nämlich nicht nur bessere berufliche Chancen für das Luftfahrtpersonal, sondern auch harmonisierte Aus- und Weiterbildungsstandards und damit mehr Sicherheit in der Luft für alle.

Die EU-Kommission hat erst vor kurzem unterschiedliche Sicherheitsniveaus einzelner Staaten im Bereich der Luftfahrt kritisiert und weitere Vorschläge für Gemein­schafts­vorschriften angekündigt – angesichts des wachsenden Luftverkehrsauf­kom­mens, meine geschätzten Damen und Herren, sicher eine notwendige Entwicklung. Im öster­reichischen Luftraum wurden 2005 erstmals über eine Million Flugzeuge registriert, und diese Wachstumsperspektiven der Luftverkehrs in Europa lassen bis 2025 eine Ver­dop­pelung und in einigen Regionen sogar eine Verdreifachung des Verkehrs­volumens erwarten.

Meine geschätzten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang wird auch die Reduzierung der Umweltbelastungen durch den Luftverkehr immer mehr zum Thema. Derzeit beträgt der Anteil des Luftverkehrs an der Gesamtmenge der Treibhausgase in der EU 3 Prozent, allerdings mit steigender Tendenz. Die Emissionen internationaler Flüge in der EU sind zwischen 1990 und 2003 um 73 Prozent gewachsen. Ohne Gegenmaßnahmen – und darin sollten wir uns einig sein – werden sich diese Steige­rungen bis 2012 auf 150 Prozent erhöhen. Der Vorschlag der EU-Kommission, daher auch den Luftverkehr in ein EU-Emissionshandelssystem einzubeziehen, wird mit Sicherheit noch hitzige Debatten hervorrufen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Regler.)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.46.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Inhaltlich wurde zu dieser LFG-Novelle bereits von meinen Vorrednern Stellung genommen. Kollege Regler hat sehr explizit dargestellt, dass es da gleichsam um eine Europäisierung der Vorschriften für das Zivilluftfahrtpersonal, um eine Vereinheitlichung geht, und hat auch Begründungen mitgeliefert.

Dann hat er die Einrichtung der flugmedizinischen Zentren angesprochen und auch, dass da ein strittiger Punkt gewesen wäre. Ich möchte auf diesen Bereich etwas eingehen und begründen, warum der Aero-Club so sehr dahinter war, dass die Autorisierung der flugmedizinischen Zentren nicht durch die ACG erfolgt, insbesondere


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135. Sitzung / Seite 84

nicht durch Herrn Dr. Wolfgang Köstler, sondern durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie erfolgen soll und wird.

Herr Dr. Köstler hat über Jahre hinweg bewiesen, dass seine Kompetenz unzureichend und seine persönliche Integrität nicht gegeben ist, geschätzte Damen und Herren. Wenn Sie in einer Veröffentlichung lesen Prof. Dr. med. Dr. h.c. Wolfgang Köstler, dann ist genau dieser Herr Dr. Köstler gemeint, ein praktischer Arzt, der seinen Profes­sorentitel in Weißrussland erworben hat und sich hier den wissenschaftlichen Touch geben will.

Herr Dr. Köstler geht, wie ich meine, anmaßend vor, wenn ein Fliegerarzt beispiels­weise aus dem Mühlviertel nach Ort im Innkreis übersiedelt und Herr Dr. Köstler feststellt, dass dort kein Bedarf an einem Fliegerarzt ist.

Es ist, wie ich meine, dringend erforderlich, auch Regelungen dafür zu finden und festzulegen, wie man Fliegerarzt wird. Das ist nirgends festgeschrieben, das ist nirgends festgemacht, dafür gibt es keine Bestimmungen, sondern es ist die Gnade des Herrn Dr. Köstler, die maßgeblich dafür ist, ob jemand Fliegerarzt sein kann oder nicht.

Eine Voraussetzung ist möglicherweise ein Seminar im Zürserhof um rund 1 300 € exklusive Nächtigung und Verpflegung, wobei die Inhalte dieser Seminare zumindest hinterfragenswert erscheinen.

Die fachliche Kompetenz – geschätzte Damen und Herren, deswegen bin ich froh, dass die Autorisierung dieser Medical Center über das Ministerium erfolgt – ist auch zu hinterfragen, wenn es beispielsweise einen Flugschüler gibt, der sich von Herrn Dr. Köstler untersuchen lässt, um die Fliegerschule besuchen, das Fliegen erlernen zu können.

Dann kommt es zu einem Zahlungsverzug im Zuge der Ausbildung, wo in bestimmten Abständen eben hiefür Geld zu entrichten ist. Es kommt letztlich zu einer Klage, und der Sachwalter des Flugschülers stellt dann fest, dass die Bezahlung nicht erfolgen wird – trotz der Untersuchung, die durch Herrn Dr. Köstler stattgefunden hat.

Ich finde es anmaßend, geschätzte Damen und Herren, wenn bei einer Versammlung der Wiener Ärztekammer Herr Dr. Köstler einen Misstrauensantrag gegen den Finanz­referenten einbringt und im Zuge des Schlichtungsgespräches dann diesem Finanz­referenten der Wiener Ärztekammer das Angebot macht – und das war noch vor der Ausschusssitzung, wo wir diese LFG-Novelle beschlossen haben –, einen Gebiets­schutz für Wien für die Errichtung eines Medical Centers zu machen.

Ich finde es anmaßend, wenn es eine eigene Köstler’sche Übersetzung die JAR-FCL betreffend gibt. Kollege Regler hat die Ausnahmen, die nicht durch die JAR-FCL erfasst sind, erwähnt: Ballonfahrer, Segelflieger, Hänge- und Paragleiter. In der Köstler’schen Übersetzung der JAR-FCL waren plötzlich die Segelflieger enthalten. Es hat dann das unsittliche Angebot an den Aero-Club gegeben, die Verwaltung dieser Scheine, also diese Verwaltungsaufgabe durch die ACG, durch Herrn Dr. Köstler zu übernehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Köstler spielt Räuber und Gendarm zugleich. Er ist der, der als flugmedizinischer Sachverständiger Gutachten ausstellt und dann als Oberfliegerarzt, wie er meint, seine Kollegen überprüft. Ältere Piloten wurden auch dann, wenn sie ein positives Flug­tauglichkeitsgutachten in Händen hatten, von Herrn Dr. Köstler nach Wien beordert, damit er noch einmal die Flugtauglichkeit feststellt. Verbunden war das im Normalfall mit dem Überreichen einer Liste von neun bis zehn Fachärzten, die nochmals eine Untersuchung durchführen mussten. Ich spreche hier die Kosten nicht an.


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135. Sitzung / Seite 85

Jetzt abschließend noch etwas, was ich einer Betriebsratszeitung entnehmen konnte. Sie können sich vielleicht an die Geschichte mit der OS 111 erinnern. Das war jenes Flugzeug, das auf Grund eines Triebwerksdefektes gleichsam eine Bauchlandung auf einem Acker vor München im Schnee gemacht hat. Die beiden Piloten haben, wie ich meine, gut, weise und richtig gehandelt und hatten sicherlich auch eine Portion Glück, nämlich dass der Acker eben auch zur Verfügung stand. Passiert ist nichts.

Dann gibt es einen gewissen Dr. Bein, der festgestellt hat, dass die psychische Belastung für diese beiden Piloten nun so groß sei, dass sie nicht mehr fliegen dürften. Er ist damit in Deutschland zur Fluguntersuchungsstelle. Er hat es auch in Österreich probiert. Geklappt hat es erst, als Herr Dr. Köstler ins Spiel gebracht wurde. Der hat einen Brief geschrieben und die beiden Piloten, den Flugkapitän und den Kopiloten, gegroundet.

Dieser Dr. Bein, der im Übrigen als Luftfahrtpsychologe gehandelt wird, hat seinen Doktor nicht als Psychologe, sondern als Meteorologe.

Weiters steht in der Betriebsratszeitung, sowohl die AUA als auch die Lauda Air hätten Herrn Dr. Köstler die Untersuchung des Luftfahrtpersonals entzogen, und das möglicherweise aus gutem Grund. Aber in dieser Betriebsratszeitung steht dann noch, dass Flugbegleiterinnen der Lauda Air und der AUA gelegentlich über Dr. Köstler erzählen, und da fallen Ausdrücke wie sexuelle Belästigung und so weiter: Sehtests mit nacktem Oberkörper, Häschenhüpfen, um das Rückgrat zu kontrollieren. Man kann sicherlich triftige medizinische Gründe ableiten – ich kann es nicht. Ich maße mir das nicht an.

Wenn ich so etwas in einer Betriebsratszeitung lese, dann frage ich mich, warum ich als Dr. Köstler, wenn ich eine weiße Weste habe, keine Klage einreiche. Für mich ist das nicht verständlich.

Also, geschätzte Damen und Herren, ich glaube, ich habe einige Beispiele dafür geliefert, dass es gut ist, dass die Autorität betreffend die Medical Center beim BMVIT bleibt, dort also gut angesiedelt ist. Ich frage mich allerdings – und diese Frage ist an Herrn Dr. Baupin gerichtet –, wie lange er bei Herrn Dr. Köstler noch zuschaut, bis es zu einer Vertragsauflösung kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

12.55


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12.56.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da wir drei Tagesordnungspunkte hier unter einem beraten, möchte ich gleich vorweg unsere Zustimmung zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5, also zu „EUROCONTROL“, zu den Übereinkommen betreffend Luftfahrt, in den Raum stellen und hoffe auch auf entsprechende Zustimmung Ihrerseits.

Klar ist natürlich, dass auf Grund dieser Zunahme des Flugverkehrs gewisse Regeln internationalisiert, gewisse Abläufe formalisiert werden müssen. Mein Bedenken ist immer – meine Kollegen von der SPÖ haben ja das schon klargemacht –, dass ins­gesamt die Zunahme des Luftverkehrs natürlich zu Lasten der AnrainerInnen und auch zu Lasten der Luftqualität und des Klimaschutzes geht. Deshalb bitte jenseits des Regle­ments, des sozusagen guten Ablaufes, immer wieder das Plädoyer, wenn es um Luftfahrtregelungen geht, dann sind AnrainerInneninteressen bitte wesentlich auch zu berücksichtigen. Das ist meines Erachtens bei der Regierungsvorlage, mit der das Luftfahrtgesetz geändert wird, zu wenig und zu unzureichend erfolgt.


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Wir haben im Ausschuss darüber diskutiert. Herr Staatssekretär, Sie haben auf § 44 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 verwiesen. Ich habe es ja genau mitgeschrieben. Dann habe ich nachgelesen und gesehen, da wird überhaupt nicht darauf Rücksicht genommen, wie AnrainerInnen durch Lärmentwicklung und durch Abgasentwicklung betroffen sind. Deshalb unsere ablehnende Haltung.

Noch ein anderer Aspekt, was die Instandhaltungsbetriebe und die Ausbildungs­betriebe auf Flughäfen anlangt, Zivilluftfahrtschulen et cetera. Im Rahmen der Geneh­migung ist da, bitte, keinerlei umweltbezogene Auflage bei Bescheiden vorgesehen – keinerlei umweltbezogene Auflage bei Bescheiden! Wir haben in Salzburg das Problem mit den Helikopterflügen, mit den Ausbildungsflügen im Helikopterbereich. In diesem Gesetz wird wieder nicht darauf Rücksicht genommen.

Ich möchte noch darauf verweisen, dass es zwar sicherlich allen AnrainerInnen offen steht, Beschwerde einzulegen und bis zu den Höchstgerichten zu gehen. Warum verankern wir das, was in einem Höchstgerichtserkenntnis einmal festgestellt worden ist, nämlich dass man Rücksicht nehmen muss, nicht im Gesetz, damit dieser ständige Instanzenzug durch die AnrainerInnen nicht mehr notwendig ist? Das hätte ich mir erwartet, dann hätte ich auch diesem Punkt zugestimmt. So aber bleibt es bei unserer Ablehnung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Böhm. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.58.47

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besucher­tribüne! „EUROCONTROL“ ist die europäische Organisation zur Sicherung der Luft­fahrt mit Sitz in Brüssel. In Maastricht befindet sich außerdem das so genannte „Maastricht Upper Area Control Centre“, das dazu da ist, den oberen Luftraum in den Benelux-Ländern sowie von Nordwestdeutschland zu überwachen.

Am 13. Dezember 1960 unterzeichneten in Brüssel Belgien, die Niederlande, Luxem­burg, Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Bundesrepublik Deutschland die Eurocontrol International Convention, eine Kooperation für die Sicherheit der Luftfahrt. Am 1. März 1963 traten die Verträge in Kraft. Heute zählt die „EUROCONTROL“ über 35 Mitglieder. Neben 22 Ländern der Europäischen Union zählen dazu auch Albanien, Bosnien, Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Moldawien, Monaco, Rumänien, die Schweiz, die Ukraine, Serbien/Montenegro und die Türkei.

Seit Herbst 2002 ist auch die Europäische Union selbst Mitglied von „EURO­CONTROL“. Die „EUROCONTROL“ beschäftigt heute über 2 200 Mitarbeiter in 35 verschiedenen Ländern und ist selbst an sieben Standorten tätig. 2004 verzeichnete die „EUROCONTROL“ im Luftraum ihrer Mitglieder über 8 900 000 Flüge. Am 10. Sep­tember 2004, dem verkehrsreichsten Tag im Jahr 2004, registrierte die „EURO­CONTROL“ 29 495 Flugbewegungen. Auch in Österreich ist die Entwicklung mit 7 bis 10 Prozent per anno am Wachsen. Das ist nachvollziehbar anhand der Zahlen, die vor kurzem über die Flughäfen für die Statistik erhoben wurden. Sowohl in Salzburg als auch in Wien als auch in Graz als auch in Innsbruck und in Klagenfurt gab es im Jahr 2005 wieder Zuwächse von teilweise bis zu 17 Prozent, wie es zum Beispiel beim Salzburger Flughafen der Fall war.

Es ist schön, dass man immer wieder ausländische, in diesem Fall englische Aus­drücke gerade in der Luftfahrt verwendet, wie die JAA, Joint Aviation Authorities, kurz Europäische Luftfahrtbehörde. Die Flugbewegungen in Österreich betragen der-


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zeit über 1 Million im Jahr, das sind knapp 20 Millionen Passagiere, die auf öster­reichischen Flughäfen landen, um hier einzusteigen, auszusteigen oder umzusteigen.

Im letzten Jahr kam es zu einem beinahe tragischen Zusammenstoß, und ich darf aus der „Sky Revue“ aus dem Jahr 2005 zitieren:

„Flugzeuge kamen sich auf 60 Meter nahe. Nur knapp sind eine serbische und eine französische Passagiermaschine über Ungarn einem Zusammenstoß entgangen. Sie trennte nur ein Abstand von 60 Metern, berichteten ungarische Medien.“ 

Das ist natürlich vollkommen klar bei Flugbewegungen, wo in einem Luftraum, der letztendlich immer kleiner wird, je größer die Bewegungen in diesem Raum stattfinden, die Abstände der einzelnen Flugzeuge, der einzelnen Flugzeiten, der An- und Abhebe­zeiten immer kürzer werden. Gerade deshalb sind diese Bestimmungen so wichtig, die wir hier heute beschließen, und die sinnvolle Umsetzung auf europäischer Ebene. Ich bedanke mich schon jetzt – vor allem bei den Oppositionsparteien – für allseitige Zustimmung. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einen Punkt zum Schluss erwähnen, nämlich die Überfluggebühren. Die Überfluggebühren als auch die Landegebühren, im Prinzip ein Teil der Gebührenhoheit der Flughäfen, sind gesenkt worden, und da gibt es Anlass zur Kritik.

Es sind zwar die Landegebühren um zirka 10 Prozent gesenkt worden, und zwar von 223 € im letzten Jahr auf 208 €, aber es erhebt sich die Frage: Wäre es nicht besser gewesen, die Landegebühren etwas drastischer zu senken, um den österreichischen Flugzeugunternehmen zu helfen, bessere Zahlen zu schreiben, die sie derzeit alle dringend benötigen würden, und dafür die Überfluggebühren gleich hoch zu lassen, so wie es zum Beispiel in der Schweiz oder in den BENELUX-Staaten der Fall ist? – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

13.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 


13.03.39

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht noch einmal all diese Gesetzesmaterien sozusagen aufkochen, denn ich meine, dass sie aus­führlichst erörtert wurden, sondern ich möchte auf ein paar Punkte, die aus unserer Sicht von zentraler Bedeutung sind, kurz eingehen. Der erste betrifft die Medical Centers.

Es wird jetzt auch in Österreich eine normierte Untersuchung etabliert, die es in anderen europäischen Staaten schon länger gibt, eine Untersuchung, die in Medical Centers durchgeführt wird, wo man sich freiwillig melden kann. Das Prüfungsverfahren wird – dafür ist auch meinem Kollegen Maximilian Hofmann zu danken – beim Bun­desminister für Infrastruktur durchgeführt, und dann kommt es zu Genehmigungen.

Schauen wir uns einmal die Komplexität solch einer flugmedizinischen Tauglich­keits­überprüfung an! Diese umfasst die Untersuchung von Herz-Kreislauf-System, Lunge, Magen, Darm, Blut, Sehvermögen. Sämtliche Werte, die für diesen Themenbereich wichtig sind, werden da erhoben.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass beim österreichischen Bundesheer Unter­suchungen dieser Qualität im Heeresspital schon seit Jahren durchgeführt werden. Dies wäre ein Anlass dazu, einmal darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, das Heeresspital mit seiner fliegermedizinischen Abteilung als Medical Center zu


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etablieren, da die notwendigen Ressourcen schon vorhanden sind und man da nichts Neues schaffen müsste.

Was die Benützung der Militärflughäfen für Zivilluftfahrt betrifft, so muss man ganz klar sagen: Militärflughafen soll Militärflughafen bleiben! Es geht hier um Ausnahme­mög­lichkeiten, Zivilflugzeuge landen zu lassen. Eine Ausnahme ist Linz, wo es ein Agree­ment gibt: Linz ist ein reiner Militärflughafen, der zivil mitbenützt wird. Aber das soll sich nicht so weit entwickeln, dass betreffend Langenlebarn oder Zeltweg irgendwelche Anträge an den Landesverteidigungsminister gestellt werden, diese Flughäfen auch für den zivilen Bereich zu öffnen.

Abschließend eine Sache, die mir besonders am Herzen liegt: Innerhalb der Europäischen Union und vor allem von der Austro Control wurde das so genannte CEATS  etabliert. CEATS ist nichts anderes als eine Zusammenfassung unterschied­lichster Staaten – Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Italien, Ungarn, Slo­wakei, Österreich und Tschechien – zur gemeinsamen Bewirtschaftung des Luftraums, Abflugfläche 230 bis 250, und bei dieser Zusammenlegung hat Österreich den Zu­schlag für das Zentrum bekommen. Das soll in Fischamend errichtet werden. Aber derzeit verdichten sich die Vorzeichen, dass Tschechien jetzt dieses Zentrum bei sich errichten will, und zwar wider den Zusagen, die seitens Tschechien gemacht worden sind.

Daher richte ich die Aufforderung an diese Bundesregierung, da hart zu bleiben, denn es kann nicht sein, dass nach abgeschlossenen Verträgen ein Mitgliedstaat plötzlich Begehrlichkeiten anmeldet, die nicht nachvollziehbar sind. Wenn es sich aber so weiterentwickelt – das wäre sehr bedauerlich –, dann bin ich der Auffassung, dass CEATS, wenn Tschechien sich nicht bewegt, zum Scheitern verurteilt ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. – Bitte.

 


13.07.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen Jahren wurde die Notwendigkeit immer deutlicher, die verschiedenen Vorschriften der einzelnen Staaten für den Luftverkehr in Europa generell zu vereinheitlichen.

Die Regelungen der Vereinten Europäischen Luftfahrtbehörden bezüglich der Lizen­zierung und der Tauglichkeit von Piloten werden in das österreichische Recht einge­gliedert. Dazu sind für Zivilluftfahrer umfassende Regelwerke ausgearbeitet worden, die so genannten Joint Aviation Requirements – Flight Crew Licensing.

Daneben sind einige weitere Änderungen der das zivile Luftfahrtpersonal regelnden Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes erforderlich, zum Beispiel betreffend Arten von Zivilluftfahrerscheinen und Pilotenberechtigungen, Umfang der theoretischen und praktischen Ausbildung, Ablauf von Prüfungen, Tauglichkeitsstufen, Zuständigkeit von flugmedizinischen Stellen und so weiter.

Zu erwähnen ist außerdem, dass nicht das gesamte zivile Luftpersonal von diesem Regelwerk umfasst ist, wie zum Beispiel Segelflieger, Ballonflieger und Piloten von Hänge- und Paragleitern. (Abg. Mag. Kogler: Ballonfahrer!) Ich korrigiere: Ballon­fahrer. – Bei Nichtumsetzung dieser Regeln für den Luftverkehr hätten wir mit erheb­lichen Nachteilen zu rechnen, da die große Mehrzahl der europäischen Staaten bereits Pilotenlizenzen in Entsprechung mit JAR-FCL-Lizenzen ausstellt und dadurch die


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Anerkennung der österreichischen Zivilluftfahrerscheine im Ausland auf immer größere rechtliche Schwierigkeiten stößt.

Die Vorteile für österreichische Luftverkehrsunternehmen bestehen in Zukunft darin, dass durch die gegenseitige Anerkennung von Pilotenberechtigungen in ganz Europa der Verwaltungsaufwand für nötige Anerkennungsverfahren wegfällt. Weiters gäbe es mit der Möglichkeit des Erwerbs einer JAR-FCL-Lizenz in Österreich für öster­reichi­sche Piloten verbesserte Berufsmöglichkeiten im europäischen und sogar im nicht­europäischen Ausland, wo ein rein österreichischer Zivilluftfahrerschein mittlerweile immer weniger akzeptiert wird.

Ich denke, dass die Sicherheit im Allgemeinen und auch die Sicherheit im Luftraum besonders wichtig sind und dass die Vereinheitlichung der Vorschriften ein wichtiger Schritt ist, und ich danke dafür allen Verantwortlichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die wir über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehmen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, in 1263 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Hoffmann, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolle­ginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1263 der Beilagen samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abände­rungs­antrages der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hoffmann, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kollegin­nen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit. Damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll über den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ ent­sprechend den verschiedenen vorgenommenen Änderungen in der Neufassung des Protokolls vom 27. Juni 1997 samt Schlussakte in 1260 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.


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Nun kommen wir zur Abstimmung darüber, dass die Sprachfassungen des Staats­vertrages in albanischer, bulgarischer, dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, kroatischer, mazedonischer, niederländischer, norwegi­scher, portugiesischer, rumänischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechi­scher, türkischer und ungarischer Sprache im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bun­des-Verfassungsgesetzes dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie auf­liegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll zur Neufassung des Inter­nationalen Übereinkommens vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Siche­rung der Luftfahrt „EUROCONTROL“ entsprechend den verschiedenen vorgenom­menen Änderungen samt Zusatzprotokoll und Schlussakte in 1261 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung darüber, die Sprachfassungen des Staats­vertrages in englischer, bulgarischer, kroatischer, dänischer, spanischer, französischer, griechischer, ungarischer, italienischer, niederländischer, norwegischer, portugie­si­scher, rumänischer, slowakischer, slowenischer, schwedischer, tschechischer und türkischer Sprache im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundes­ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

13.13.246. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungsbericht (III-158 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/7 (1242 d.B.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Freiwillige Redezeit­beschrän­kung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.13.51

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wahrscheinlich ist der Herr Finanzminister der irrigen Meinung, dass heute das letzte Mal die Causa Homepage eine Rolle spielt.

Herr Finanzminister, ich kann Ihnen versichern: Einmal noch wird diese Hompage-Causa eine sehr wichtige Rolle spielen, nämlich am Tag der Nationalratswahl, denn da werden die Wählerinnen und Wähler beziehungsweise die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in der Wahlzelle sehr genau an das denken und sich dafür bedanken, dass Sie anders behandelt werden, als Sie sich selbst behandeln, Herr Finanzminister!


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(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek auf SPÖ-Reihen zeigend, die halb leer sind –: Bei Ihnen rennen alle Leute davon!)

Drei Erkenntnisse gibt es, meine Damen und Herren: Der Herr Minister wurde ge­sponsert von einer Lobby-Gruppe, die von sich ganz ungeniert sagte: Wir unterstützen die ÖVP! Man hat sich dafür mit einer entsprechenden Steuerreform bedankt. Man zahlt selbst keine Steuer. Dann gab es öffentliche Kritik. Doch was machte Grasser? Er setzte seinen weisungsgebundenen Staatssekretär zum Weißwaschen ein. (Abg. Hornek: Was macht die BAWAG oder der Blecha?)

Herr Kollege Hornek, das ist der Öffentlichkeit alles klar und bekannt. Daher sind die Imagewerte des Finanzministers so im Keller. Ich wette mit Ihnen: Da hilft nicht einmal ein „Wetten, dass?“-Auftritt des Ministers, um das zu korrigieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek: Sagen Sie, was der Blecha macht!)

Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ist jedes Mittel recht, um diese Diskussion abzuwürgen. Ich darf daran erinnern, dass Sie, als der Herr Professor Doralt, ein ausgewiesener Steuerrechtsexperte (Zwischenrufe bei der ÖVP), hier im Haus anwesend war und sich erlaubt hat, ein paar kritische Bemerkungen zur Homepage-Causa zu machen, die Anhörung abgeschmettert haben. – Das ist wirklich ein Vorgang, für den Sie sich schämen sollten! (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Rechnungshof, meine Damen und Herren, ist ein Lob auszusprechen, denn der ist wirklich standhaft geblieben und sagt glasklar: Die Schenkungssteuerpflicht ist unzureichend erhoben worden.

Wie kommentiert das der Staatssekretär Finz? – Der sagt, gründlich untersucht hätte die Behörde. Was sagt der Finanzminister dazu? – Vorbildlich und genauestens.

Also Sie müssen sich, meine Damen und Herren, jetzt einig werden, und dazu kann ja diese Debatte dienen: Der Herr Präsident des Rechnungshofes sagt: Unzureichend erhoben!, und die Regierungsseite sagt: Genauestens und vorbildlich und gründlichst! Also, bitte, so kann es ja nicht sein. Der Rechnungshofpräsident wird mit Sicherheit die Erkenntnisse des Rechnungshofes bestätigen. Und es ist an der Zeit, dass Sie das endlich auch zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien.

Was hat Grasser noch gemacht? – Er hat sogar kommentiert, dass Doralt nicht geladen wurde – ein einmaliger Vorgang, dass ein Minister Vorgaben macht, wen die Auskunftspersonen zu hören haben.

Aber insgesamt, meine Damen und Herren, möchte ich mich wirklich beim Finanz­minister bedanken – ja, bedanken! – für diese ganze Homepage-Causa, denn er hat nämlich wirklich ganz Wichtiges gezeigt und bewiesen: erstens, dass er glaubt, dass für ihn andere Spielregeln als für die Bevölkerung gelten, und zweitens, dass ihm Parlament, Rechnungshof, staatliche Institutionen wurscht sind. (Abg. Hornek: Das ist ein alter Kalauer! Du bist wie eine tibetanische Gebetsmühle!)

Auch das, meine Damen und Herren, wird der Wähler nicht vergessen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


13.17.11

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Herr Abgeordneter Kräuter zur Homepage spricht, dann verlassen selbst SPÖ-Abgeordnete fluchtartig den Plenarsitzungssaal.


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(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es ist tatsächlich zum Davonlaufen, wenn man sich das zum wiederholten Male anhören muss! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Ich habe für meine Kollegen Verständnis, wenn sie sich das nicht anhören wollen, das sage ich Ihnen ganz offen, und mein Pech ist, dass ich nach Ihnen zu Wort komme. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kenne kein einziges ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Regen Sie sich nicht auf! Ich rege mich auch nicht auf.

Meine Damen und Herren, ich kenne kein einziges Sachthema, das seitens der Opposition auch nur annähernd so behandelt worden ist wie die Homepage von Karl-Heinz Grasser. (Abg. Mag. Gaßner: Von wem?) – Von der Opposition. – Da, meine Damen und Herren, muss ich schon eines sehr deutlich sagen: Es ist der SPÖ dabei nie um die Sache gegangen! (Abg. Hornek: So ist es! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, Sie sind spät draufgekommen, dass Sie seinerzeit 145 000 € bei Katz­maier für eine Studie ausgegeben haben. Das war vor der letzten Nationalratswahl. Und was hat diese Studie damals festgehalten?

Erstens: Karl-Heinz Grasser ist einer – ich zitiere aus dieser Ihrer Studie –, der zentrale SPÖ-Wählergruppen sehr positiv anspricht. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Schlussfolgerung daraus: Entweder man kann Karl-Heinz Grasser „für die SPÖ gewinnen“. Wenn das nicht gelingt, dann hat man ihn ... (Abg. Mag. Kogler: Was hat das mit dem Rech­nungshofbericht zu tun?)  Das sage ich Ihnen sofort! – Wenn das nicht gelingt, dann hat man ihn „nachhaltig politisch zu desavouieren“. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Nachhaltig hat sich die Meinung der Bevölkerung geändert!)

Genau das betreiben Sie jetzt in einem großen Ausmaß und in einer beispiellosen Form! Sie haben den Fall „Karl-Heinz Grasser“ bei Gericht anhängig gemacht. Sie haben über Jahre hinweg mit dieser Causa das Hohe Haus in einer Form befasst, wie Sie es mit keiner zweiten Sache davor getan haben.

Jetzt komme ich zur Sache:

Erstens: Zwei Finanzämter haben zwei Mal die Sache geprüft.

Zweitens: Die Volksanwaltschaft hat geprüft.

Drittens: Die Justizbehörden haben ermittelt.

Viertens: Es gab Zeugeneinvernahmen, es gab Vorerhebungen.

Fünftens: Es gab zehn schriftliche Anfragen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Zu Ihnen komme ich noch, Herr Abgeordneter Matznetter, keine Sorge!

Sechstens: Es gab zehn Dringliche Anfragen im Nationalrat.

Siebtens: Es gab zwei Dringliche Anfragen im Bundesrat.

Achtens: Es gab fünf Misstrauensanträge gegen den Minister Grasser und einen auch gegen den Staatssekretär Finz.

Neuntens: Es gab drei mündliche Anfragen in der Fragestunde.

Zehntens: Es gibt den Bericht des Rechnungshofes.

All das, was Sie gemacht haben, hat nur eines nicht gebracht, nämlich das, was Sie immer behauptet haben: dass bei Karl-Heinz Grasser steuerlich etwas vorliege, was nicht korrekt sei.


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Genau das ist es! Und Sie, Kollege Matznetter, verschanzen sich bis zum heutigen Tag hinter Ihrer Immunität. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Ja, das ist so! Es hat Prozesse gegeben noch und noch. Sie haben Richtigstellungen abdrucken lassen. Und es ist so: Bis heute schützt Sie Ihre Immunität, daher schreien Sie auch jetzt sehr laut, weil Sie wissen, dass Sie unter diesem Schutz stehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Gaßner: Wollen Sie das abschaffen?)

Ihr Problem, meine Damen und Herren, ist ja nicht die Homepage, Sie haben in Wirklichkeit ein ganz anderes Problem, und das ist Folgendes: Wir haben hier einen erfolgreichen jungen Finanzminister, und bei dem schauen Sie sehr alt aus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Ja, so ist es, Herr Kollege Matznetter!

Ihr Problem ist, dass Sie im Vergleich zu Grasser mit dem, was Sie an finanz­politischen Vorschlägen haben, sehr alt aussehen. Das ist Ihr Problem!

Und das merkt man ja: Selbst Gusenbauer hat nichts anderes im Sinn gehabt, als in Kitzbühel möglichst in die Nähe von Karl-Heinz Grasser zu kommen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Na ganz sicher!

Also das ist Ihr Problem und nicht unser Problem! Daher ist eines ganz klar: Auf der Seite von Karl-Heinz Grasser gibt es eine sehr positive Bilanz und auf Ihrer Seite eine negative Bilanz. Und das, was Sie hier heute, mit Kräuter beginnend, noch fortsetzen werden, das ist eben diese negative Bilanz.

Ich sage Ihnen: Schlechtreden und nein sagen allein, das wird für die Zukunft dieser Republik zu wenig sein! Daher mögen Sie weiter dort stehen bleiben, wo Sie sind. Wir mit Finanzminister Grasser aber arbeiten weiter. (Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Eine peinliche Rede war das!)

13.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


13.22.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren auf der Ministerbank! Der Kollege Vorredner hat irgendetwas vom Davonlaufen gesagt. – Wenn man sich Ihren Beitrag angehört hat, hat man zum Davonlaufen eine andere Assoziation: Sie laufen davon vor der Verant­wortung! Ich rede jetzt nicht von der Verantwortung des Ministers, das ist eine eigene Geschichte, darauf und auf die Arbeit des Rechnungshofes kommen wir noch zu sprechen. Das ist nämlich der eigentliche Tagesordnungspunkt, über den wir zu debattieren haben.

Sie laufen davon vor der Verantwortung, die Sie und Ihre Fraktion auch als Abge­ordnete haben, wenn es darum geht, bestimmte Dinge aufzuklären. – Das ist einmal der Punkt eins. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie den Rechnungshofbericht mit irgendeiner Werbebroschüre von Beauty-Salons oder Schönheitsinstituten verwech­seln, wenn es darum geht, wer alt oder jung ausschaut. (Abg. Dr. Lopatka: In der Sache ausschaut!) Ich bleibe jetzt gar nicht dabei, das irgendwie besonders witzig darstellen zu wollen, denn ich habe wirklich das Gefühl, dass diese Geschichte sehr im Bereich des Komödiantischen aufgeführt wird, sie ist aber in Wahrheit eine sehr tragische, weil sie den Zustand der Republik beschreibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Zu diesem Zustandsbild passt hervorragend, dass Ihre Rede zugegebenermaßen ein sehr verhaltener und bescheidener Versuch war, sich bei Kärntner Faschingsbräuchen einzuordnen, und Sie haben natürlich allen Grund, darüber auch nachzudenken (Abg. Hornek: Warum Sie den Ausschuss dauernd unterbrechen!), wieso Ihnen Kärnten immer wieder in den Sinn kommt. Nur: Wenn wir uns jetzt wirklich dem eigentlichen Tagesordnungspunkt zuwenden und wenn Sie das hier schon als Bühnenstück charak­terisieren wollen, dann ergibt sich für mich folgendes Bild, und das ist sozusagen nur die Vorgeschichte, was bisher geschah: in Ihrer Welt ein kleines halbwitziges Dramo­lett.

Bei uns ist es etwas anderes: Wer sind die handelnden Personen? Ein Finanzminister, der sich von der Industrie Geld zustecken lässt – das können Sie jetzt drehen und wenden, wie Sie wollen, das ist einmal eine mittelmäßig zutreffende Beschreibung (Abg. Rädler: Wirklich mittelmäßig!) – und ein Staatssekretär, der, selbstverständlich von diesem Minister weisungsabhängig, dessen Fall überantwortet bekommt, wenn das Ganze ein bisschen zu riechen anfängt, und der seinerseits wieder Beamte unter sich hat, nämlich die Leiter der Finanzämter, das sind die Nächsten.

Genau das ist der Punkt, den dieser Rechnungshofbericht aufzeigt! Sie haben sich verkniffen, überhaupt darauf einzugehen: Welche Rolle haben dabei die Finanzämter gespielt? – Das sind die nächsten Handelnden in diesem Schauspiel!

Und am Schluss kommt die selbstgerechte Justiz der ÖVP, die sich bis hierher ins Parlament fortsetzt. Das ist das, was bisher geschah – bevor der Rechnungshofbericht überhaupt auf das Ganze einstieg.

Was sagt der Rechnungshofbericht zu diesen Vorgängen? – Er kann natürlich nicht – und das hat Rechnungshofpräsident a.D. Fiedler sehr weise eingefädelt, muss ich hinzufügen – den Einzelfall prüfen, den so genannten Fall Grasser. Das kann er selbstverständlich nicht, das ist ja gar nicht seine Kompetenz. Aber er hat im Zusam­menhang mit Außenprüfungen bei Finanzämtern diesen Einzelfall in Kontext zu anderen vergleichbaren Dingen gestellt. Und da wird es natürlich sehr interessant! (Abg. Hornek: Das ist doch ein alter Hut!)

Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser lockeren Haltung kommen können, denn in diesem Rechnungshofsbericht wird genau festgestellt, dass die Leiter der Finanzämter da möglicherweise prozedural – nicht in der Sache alleine – nicht richtig vorgegangen sind. Das ist doch das Um und Auf! Und plötzlich bekommt das Stück noch einen ganz anderen Charakter: der Minister mit Geld von der Industrie, der Finanzstaatssekretär, der das Ganze deckt, ein steuerlicher Weißwäscher und möglicherweise auch ein „mitarbeiterlicher“ Gehirnwäscher. (Abg. Hornek: Sagen Sie das auch bei den Gerichten?) Das sind doch die wahren Vorgänge!

Wie kann es sein, dass ein befangener hoher Beamter – wenn man so will; wir wissen doch, wie es war – die beiden Leiter der Finanzämter in dieser Sache brieft, wie man jetzt sagen würde. Das ginge normalerweise überhaupt nicht, wenn man das Dienst­recht halbwegs ernst nehmen würde, da liegen klare Anzeichen für Befangenheit vor. Trotzdem haben Sie es so eingefädelt, und der Rechnungshofbericht widerlegt das nicht. Er beweist es natürlich auch nicht. Wir sind ja jetzt hier auch nicht die Polizei, das ist schon richtig. Aber er stellt eben fest – und das ist genau seine Kompetenz! –, dass es verfahrensmäßige Mängel gibt.

Das allein ist meiner Meinung nach ausreichend, dass man hier noch genauer – und dazu komme ich noch, was Ihr Verhalten betrifft – hätte Nachschau halten müssen. Das ist unser Zugang! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Der Rechnungshofbericht ist demgemäß kein Entlastungsdokument, sondern lässt die zentralen Fragen weiter offen beziehungsweise wirft zusätzlich neue auf. Plötzlich hat das Stück einen anderen Charakter. Der zweite Akt bewegt sich plötzlich weg vom Minister, der sich das Geld hat zustecken lassen. Der zweite Akt handelt doch plötzlich davon, dass dann, wenn das überprüft wird, was der Vorgang rund um sich aufwirft, nämlich steuerliche Fragen in diesem Fall – mehr nicht, okay –, nicht mehr ausge­schlossen werden kann, dass Beamte und Weisungsuntergebene in dieser Sache von oben herab in eine bestimmte Haltung hineingetrieben wurden – im schlimmsten Fall, sage ich –, um eine bestimmte Rechtsmeinung zu vertreten.

Was diesen Verdacht meiner Auffassung nach zusätzlich erhärtet, das ist doch, dass beide Finanzämter eine völlig unterschiedliche Herangehensweise in der steuerrecht­lichen Auslegung gefunden haben – nicht bloß deshalb, weil das eine für einen bestimmten Bereich zuständig ist und das andere für einen anderen, das wissen wir schon, sondern auch in der grundsätzlichen Beurteilung und Analyse des Falls. Und da stimmt ja etwas nicht, und zwar insbesondere dann, wenn am Schluss bei beiden herauskommt – auf irgendwelchen Umwegen, ich verkneife mir das Wort „Irrwegen“ –, dass jeweils keine Steuerpflicht besteht. – So weit, so schlecht, beziehungsweise so weit, so gut, möchte man meinen.

Aber es gibt ja – und darauf verweist auch der Rechnungshof und nicht bloß wir allein – in der Lehre ganz andere Meinungen, völlig divergente Meinungen, zueinander diametral stehende Meinungen. Auch darauf wird hier verwiesen!

Als das Finanzministerium aufgefordert worden ist – vom Rechnungshof, nicht von uns –, das Ganze vorzulegen, um einmal Vergleichsfälle demonstrieren zu können, stellte sich heraus, dass entgegen bisherigen Aussagen überhaupt keine schriftlichen Rechtsauskünfte vorgelegen haben. Man hat sich nicht einmal so weit festgelegt, weil man sich in der Interpretation durchgeschwindelt hat, weil man für diese Art der Interpretation auf Kommentare aus der Bundesrepublik Deutschland aus was weiß ich wie vielen Jahrzehnten zurückgreifen musste, die nicht einmal mehr Gültigkeit haben, weil die Bücher schon längst aus dem Verkehr gezogen wurden.

Das ist ja ein unglaublicher Vorgang! Und all das wird hier – natürlich in der Sprache des Rechnungshofes – bestätigt. Es wird bestätigt! All das hätte Thema im Ausschuss sein sollen, aber Sie haben mit Ihrer Art und Herangehensweise und selbstverständlich mit Ihrer demokratischen Mehrheit letztlich doch verhindert, dass diese Fragen so aufs Tapet kommen können und auch von den entsprechenden Personen beantwortet werden können.

Ich ziehe einen Strich. Wir sind im dritten Akt und hier im Haus. Und da dreht sich die Sache ja weiter.

Wenn das alles so wäre, wie ich befunden habe – und dem haben Sie jetzt wenig entgegenzuhalten gehabt –, wenn nämlich selbst der Rechnungshof so befundet (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Lopatka) – das ist ein harter Befund; ich weiß gar nicht, was da so witzig sein soll, Herr Kollege Lopatka –, dann wäre es doch logisch gewesen, dass, wenn es das Institut nach § 42 gibt, Auskunftspersonen zu laden, jene geladen werden, die vielleicht zu der Sache noch etwas beitragen können.

Wen haben Sie geladen – in einem Fall mit unserer Zustimmung, zu Recht, weil wir diese Person auch wollten –? Wen haben Sie geladen? Ich lasse die Namen weg, ich will das so beibehalten. – Diesen obersten Beamten, der im Übrigen später – siehe da! – zum Generalsekretär bestellt wurde, und einen Sektionschef, aber eben nicht irgendeinen, sondern jenen Sektionschef – ich glaube, das werden Sie jetzt ohnehin einsehen, und ich will das jetzt nicht weiter auswalzen dieses Umstandes wegen –, der


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Rechnungsprüfer im besagten Verein war. – Ohnehin ein absurder und sich selbst verdächtig machender Vorgang.

Aber nein, die sind von Ihnen geholt worden! Das riecht man ja von weitem – wenn Sie mir wieder den gerichtlichen Vergleich erlauben –, dass die ja nur befangen sein können. Und genauso hat er sich verhalten, der Herr Sektionschef, und, wie ich meine, völlig zu Recht. Er hat gesagt: Ja, liebe Abgeordnete, ihr könnt schon fragen, aber ich meine, ihr seht ja wohl, in welcher Rolle ich bin. – Recht hat er gehabt!

Sie haben es vorgezogen, bei diesen Auskünften, nämlich Non-Auskünften, zu ver­bleiben. Und wo ist denn Ihr Bericht? – Ich habe eine abweichende Stellungnahme verfasst, die, wie ich meine, sehr sachlich gehalten ist. Da sind Fragen drinnen – und deshalb muss ich auf den Fall selbst nicht mehr so eingehen –, die – und da sage ich, Gott sei Dank gibt es wenigstens dieses Recht noch für den einzelnen Abgeordneten – für alle Ewigkeiten in den parlamentarischen Protokollen drinnen sein werden. Sie wird es weiter verfolgen, dass diese Fragen unbeantwortet geblieben sind. Warum – und jetzt sind wir schon am Ende des dritten Aktes –? Weil Sie es verhindert haben, dass wirklich Auskunftspersonen geladen werden, die tatsächlich etwas zur Sache beitragen können.

Nicht mehr und nicht weniger haben wir verlangt. Und wir haben auch etwas dazu beigetragen, ich gebe zu, das ist nicht die beste Art. Ich habe Herrn Professor Doralt eingeladen, sich zu Verfügung zu halten – für den Ausschuss, nicht für mich privat. Ja selbstverständlich hätten Sie auch die Möglichkeit gehabt, zu fragen, mit einer Mehrheit an Abgeordneten. Hätten Sie doch gefragt!

Nein, Sie haben Ihre Mehrheit nicht dazu benutzt, um etwas zur Aufklärung beizu­tragen! Sie haben Ihre Mehrheit dazu benutzt, Professor Doralt – diesen Namen darf man ja noch nennen – vor der Tür zu halten, im wahrsten Sinn des Wortes. Er ist draußen am Bankerl gesessen und wäre zur Verfügung gestanden, aber Sie haben das verhindert. Sie haben die Tür des Rechnungshofausschusses zugemauert, obwohl das einer der wenigen Ausschüsse ist, der sogar öffentlich hätte gemacht werden kön­nen. Auch das haben Sie verhindert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Hornek: Sie haben Interviews gegeben, ohne sich um die Sache zu kümmern, weil Sie ins Fernsehen wollten!)

So einfach hätte es sein können. (Abg. Hornek: Sie haben sich zum Fernsehen gestellt, statt zu diskutieren!) – Diese Zwischenrufe werden Sie nicht mehr retten. – So einfach hätten Sie es gehabt! Jetzt wären Sie dann in einer ruhigeren Verfassung gewesen, wenn der Ausschuss für öffentlich erklärt worden wäre – ist ja ein sinnvolles Institut, aber das haben Sie ja zunächst verhindert – und die Auskunftsperson gleich mit.

Ein hervorragender Beitrag, den Sie da geleistet haben! Und was ist das Ergebnis? – Das Ergebnis ist, dass wir einen Rechnungshofbericht haben, der schwere Vorwürfe beinhaltet, und letztlich bleiben Sie mit den Vorwürfen übrig, weil Sie weitere Aufklä­rungen verhindert haben. Ich sage ja nicht, dass ich die Weisheit mit dem Löffel gegessen habe, aber ich hätte zumindest, einerseits als Oppositioneller, aber anderer­seits als Ausschussvorsitzender, dazu beitragen wollen, dass wir solche Dinge an­ständig, wie man so sagt, abarbeiten.

Der Rechnungshofausschuss ist nämlich nicht irgendein Gremium, das wissen Sie. Manchmal hat man den Eindruck, Sie verhalten sich so, also ob das irgendetwas nebenbei wäre (Abg. Scheibner: Jetzt kritisiert er schon wieder den Rechnungshof!), sage ich jetzt einmal ganz vorsichtig, aber es ist nicht irgendein Gremium, und genau solche Dinge könnten dort aufgeklärt werden.


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Unsere Arbeitsweise hat sich in den letzten Jahren doch gewandelt. Schauen wir uns doch in die Augen! Wir machen ja nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit einen großen Ausschuss, das ist doch falsch. Wir konzentrieren uns auf ein paar wesentliche Dinge, aber immer dort, wo es wesentlich wird, treten Sie mit ihrer Mehrheit an und halten alles nieder. Das war so bei den Abfangjägern, wo die oberste Generalität sich gegen den Ankauf ausgesprochen hat – vorsichtshalber haben Sie diese pensioniert und dann nicht mehr ins Parlament eingeladen. Damit wären Sie doch schon in ganz Europa ablösereif! Ganz Europa würde in solchen Fragen anders vorgehen, nur bei uns ist so etwas noch möglich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Hornek: Weil Sie genau daneben gestanden sind! Voll daneben!)

Mein Eindruck ist, dass die bescheidenen und ohnehin nicht sehr stark ausgebauten Kontrollrechte, die wir haben oder wo es quasi noch eine gewisse Tradition gegeben hat, von Ihnen jetzt endgültig zu Grabe getragen werden. (Abg. Scheibner: Er kritisiert schon wieder den Rechnungshof!) Überlegen Sie sich das! Es wird nämlich auch das einmal als produktiver Beitrag sozusagen enttarnt werden in Ihrer Welt, dann nämlich, wenn man darauf kommt, was nach der Wahl alles aufzuräumen ist. Sie hätten vorderhand einen Beitrag leisten können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte. (Abg. Scheibner – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzen­den Rechnungshofpräsidenten Dr. Moser –: Die Kritik am Rechnungshof tät’ ich mir nicht gefallen lassen, Herr Präsident!)

 


13.35.44

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich schwer, wenn die Opposition die Arbeit des Rechnungshofes derartig abwertet, hier im Plenum, aber auch im Rechnungshof. (Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Im Gegenteil! – Abg. Reheis: Aufwertet!)  Kollege Reheis, das ist doch nicht wahr! Der Kollege Kogler führt den Rechnungshofausschuss so wie der Seipel das Kunsthistorische Museum, bitte. (Beifall bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.) Der glaubt, das ist seine Privatsache. Er unterbricht, er holt den Doralt, setzt ihn als Spielball der Opposition vorne hin, will natürlich, dass man ihn gar nicht hineinlässt, weil dann hat sein Pressedienst und der Pressedienst, den der Kräuter macht, wieder einen Sinn in der ganzen Geschichte. (Widerspruch bei den Grünen und der SPÖ.)

Denn: Wie läuft es denn ab im Rechnungshofausschuss? – Der Rechnungshof legt einen Bericht vor. Den arbeiten wir alle durch, und da gibt es sehr viele Dinge zum Nachdenken. Es gibt sehr viele Dinge, die von den kritisierten ... (Ruf bei den Grünen: „Einfach zum Nachdenken“!) – Einfach zum Nachdenken, genau! Es wäre ganz gut, wenn Sie ein bisschen mehr nachdenken würden. (Abg. Öllinger: Eine Schlum­mersendung für Sie ist das!) – Das ist keine Schlummersendung, um diese Zeit kann man durchaus noch wach sein.

Kollege van der Bellen, wann gehen Sie schlafen? (Abg. Dr. Van der Bellen: Spät!) Bei Ihnen in der Fraktion heißt es, um 9 Uhr kann man keine Sitzung machen, weil Sie dann schon ins Bett gehen. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Also sagen Sie mir nicht, dass man bei „Einfach zum Nachdenken“ schlafen gehen muss. (Abg. Öllinger: Letztklassig!) – Nein, nein! Im Glashaus sitzen und an die Scheiben hauchen, das ist nicht wirklich die richtige Art und Weise. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Aber bleiben wir beim Thema. Sowohl Kollege Kräuter als auch Kollege Kogler haben eigentlich gar nicht beabsichtigt, die Kritik des Rechnungshofes aufzuarbeiten, sondern sie wollen politisches Kleingeld wechseln, sie wollen skandalisieren. Das sehen wir ja allein daran, dass wir immer mit Pressediensten ... (Abg. Reheis: Das brauchen wir nicht! – Abg. Mag. Gaßner: Arbeiten Sie die Kritik auf! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) – Was heißt das? „Einfach zum Nachdenken“ ist zum Schlummern, und ihr drei werdet wach? – Das kann nicht sein!

Aber es ist nicht möglich ... (Abg. Rest-Hinterseer: ... Redezeit!) – Na warten Sie einmal! Ich habe viel Zeit. Der Herr Kollege Kogler hat 10 Minuten geredet. Wollen Sie jetzt die Regierung mundtot machen, Frau Kollegin? Oder was ist los? Was ist los?

Meine Damen und Herren, es ist also eine sachliche Arbeit in diesem Ausschuss nicht möglich, weil wir immer über Pressedienste oder über Interviews, die sowohl von Kogler als auch von Kräuter während des Ausschusses gegeben werden, in unserer Arbeit präjudiziert werden.

Wenn Kollege Kräuter hier sagt, in der Wahlzelle wird die Rechnung präsentiert wer­den, so glaube ich, die Beliebtheitswerte von Bundesminister Grasser sind sehr positiv und liegen weit über den Ihren – wenn Sie überhaupt welche haben; ich weiß nicht, ob Ihre überhaupt schon erhoben wurden.

Zurück zur Sache: Jeder, der im Rechnungshofausschuss geladen wird – durch Mehr­heitsbeschlüsse oder einstimmige Beschlüsse –, ist nach seiner Aussage grundsätzlich verdächtig, ob das ein hoher Beamter ist, ob das irgendwelche Auskunftspersonen aus Ministerien oder von Organisationen sind. In dem Moment, wo er nicht das sagt, was die Opposition oder Kogler hören will, ist er verdächtig.

Meine Damen und Herren, natürlich gibt es Kritikpunkte (Abg. Öllinger: Welche?), nicht nur bei diesem Thema, auch bei anderen. Aber in dem Moment, wo man ver­sucht, in sachlicher Arbeit herauszufinden, was man besser machen kann, wollen Sie skandalisieren. Und dafür geben wir uns nicht her! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


13.39.39

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich versuche nun, etwas Sachlichkeit in die Debatte über den Rechnungshofbericht zu bringen.

Der vorliegende Rechnungshofbericht betreffend Außenprüfung bei den Finanzämtern ergab, dass im Jahr 2003 im Vergleich zum Jahr 2000 um rund ein Viertel weniger Betriebsprüfungen und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt wurden. Die durch­schnittlichen Prüfungsintervalle bei den Betriebsprüfungen – das sind die Ab­stände zwischen zwei Prüfungen – betrugen im Jahr 2004 bei den Großbetrieben vier Jahre und bei den Mittelbetrieben 18 Jahre; die Abstände zwischen den Betriebs­prüfungen waren allerdings bundesweit sehr unterschiedlich.

Eine nach statistischen Methoden durchgeführte Schätzung des Rechnungshofes ergab, dass bei fünf überprüften Finanzämtern mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Pro­zent von den ausgewiesenen Mehrergebnissen höchstens 34 Prozent entrichtet wurden; in vielen Fällen waren die nachgeforderten Beträge von vornherein uneinbring­lich.


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Der Rechnungshof überprüfte im Zuge der Außenprüfung der Finanzämter auch die Besteuerungspraxis von Vereinen. Bei den Finanzämtern sind rund 9 700 Vereine steuerlich erfasst. Das sind rund 9 Prozent der in der Vereinsstatistik des BMI ausgewiesenen Vereine, darunter auch der „Verein zur Förderung der New Economy“.

Diesbezüglich prüfte der Rechnungshof sowohl die Schenkungs- und Ertragssteuer­pflicht des Vereines als auch die Einkommen- und Schenkungssteuerpflicht des Finanz­ministers. Hinsichtlich der Einkommensteuerpflicht des Finanzministers ist das Finanzamt zur Ansicht gekommen, dass die Errichtung der Website eine Einkom­mensteuerpflicht beim Finanzminister auslöst. Auf Grund einer weiteren steuerlichen Bestimmung – Absetzung von Werbungskosten – ergeben sich jedoch keine Auswirkungen für den Minister. – Unklar bleibt nach wie vor, ob der Herr Finanz­minister diese Zuwendung gegenüber dem Finanzamt deklariert und entsprechende Werbungskosten abgesetzt hat.

Geschätzte Damen und Herren, ich glaube, wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn die Menschen politikverdrossen sind. Ein Minister sollte meines Erachtens ein Vorbild sein und seine Steuern zahlen, so wie jede andere Bürgerin, jeder andere Bürger auch.

Herr Finanzminister, ich fordere Sie hier und jetzt auf: Kommen Sie Ihrer Verpflichtung nach und ziehen Sie Ihre Konsequenzen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Jetzt weiß ich, warum Präsident Khol meint, man kann die Reden schriftlich abgeben!)

13.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte.

 


13.43.11

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Präsident des Rechnungshofes! Werter Regierungskollege! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich inhaltlich beginnen mit den Aussagen, die im Rechnungshof-Prüfbericht enthalten sind, was die Außenprüfung bezüglich der Finanzämter betrifft.

Ich möchte hinzufügen, dass das Ergebnis dieser Prüfung eine Reihe von wertvollen und interessanten Empfehlungen des Rechnungshofes gebracht hat, die für uns Anlass waren, die Effizienz und die Effektivität unserer Organisation weiter zu verbessern.

Ich darf diese Gelegenheit dazu nutzen, Ihnen über die Umsetzung der Punkte zu berichten, die der Rechnungshof empfohlen hat.

Der Rechnungshof hat die Durchführung einer systematischen Personal­bedarfsrech­nung empfohlen: Wir haben ein entsprechendes Berechnungsmodell zum Personalein­satz beziehungsweise Personalbedarf bis Ende 2005 erstellt und sind bereits jetzt, im Jänner 2006, mit der Umsetzung der Ergebnisse der Personalbedarfsberechnung beschäftigt.

Zweite Empfehlung: Wir sollen die Prüfungsdichte österreichweit vereinheitlichen: Wir haben daraufhin ein eigenes Steuerungssystem entwickelt, wo wir mit Zielverein­barungen versuchen, diese österreichweit einheitliche Prüfungsdichte zu erreichen. Einzelne Maßnahmen dazu sind zum Beispiel Intensivierung der Nachbarschaftshilfe der Finanzämter sowie eine gezielte Neuaufnahme von Betriebsprüfern in so ge­nannten „unterprüften“ Finanzämtern, also solchen, die zu wenige Betriebsprüfer haben.

Die dritte Empfehlung war die Optimierung des Einsatzes einer Prüfungssoftware: Dazu muss man sagen, dass wir es in den letzten Jahren überhaupt als Innovation


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geschafft haben, Prüfungssoftware für die Betriebsprüfungen einzusetzen, und wir haben für ein relativ neues Produkt nach der Anregung des Rechnungshofes auch 60 Seminare bundesweit durchgeführt, beziehungsweise wir sind dabei, solche durchzuführen.

Vierte Empfehlung: IT-Unterstützung für die Erstellung von Betriebsprüfungsberichten: Wir sind auch diesbezüglich in der Umsetzung und haben im IT-Verfahren der Betriebsprüfung 2000 ein eigenes Berichtsmodul geschaffen, das bereits seit einem knappen Jahr im Einsatz ist.

Der Rechnungshof hat empfohlen, dass wir Kriterien für die Prüfungswürdigkeit von Fällen und die systematische Erfassung dieser Fälle vornehmen sollen: Auch hier ist die Umsetzung in die Wege geleitet, und wir arbeiten an entsprechenden Grundlagen, was Analysen des Risikoinformationszentrums betrifft.

Der Rechnungshof hat empfohlen, die Risikoanalyse für die elektronische Fallauswahl bei den Umsatzsteuer-Sonderprüfungen vorzunehmen: Auch hier sind wir in Um­setzung und haben die Umsatzsteuer-Risikoanalyse umfassend weiterentwickelt.

Eine weitere Empfehlung lautet, wir sollen die Zeitabstände zwischen zwei Außen­prüfungen vermindern und damit die Prüfungsdichte erhöhen: Auch hier haben wir bereits im Jahr 2005 die Prüfungsvielfalt erweitert. Das heißt, wir haben zum Beispiel Ein-Jahres-Prüfungen gemacht, wir haben Nachschauen gemacht, wir haben Kapazitäten aufgestockt – durch Überstunden, durch Neuaufnahmen, durch Qualifizie­rungen, wo es uns gelungen ist, Leute aus dem Innendienst in den Außendienst und damit in die Betriebsprüfung zu bringen, haben den Zeitabstand zwischen den Außen­dienstmaßnahmen verkürzt und damit die Generalprävention sicher verbessert.

Ich möchte festhalten, dass wir die Rechnungshof-Prüfberichte im Detail untersuchen, dass wir uns intensiv damit beschäftigen und dass wir sie als wichtiges Instrument zur Verbesserung unserer Organisation auch immer wieder heranziehen.

Was die Verbesserung der eigenen Organisation betrifft, darf ich die Gelegenheit auch dazu nutzen, Ihnen zu berichten – nachdem wir fünf Jahre einer sehr umfassenden Reform der gesamten Finanzverwaltung, der Aufbau- und der Ablauforganisation hinter uns haben, diese Reform von den Mitarbeitern hervorragend mitgetragen und unter­stützt wird, wofür ich mich sehr herzlich bedanken möchte, weil wir in der Organisation sehr, sehr viel verändert haben –, was die Eckpunkte dieser Reformen waren, um den Prüfbericht des Rechnungshofes hier in ein Gesamtbild zu kleiden.

Wir haben zum Beispiel den Unabhängigen Finanzsenat geschaffen, was rechts­staatlich sicher ein wesentlicher Fortschritt in Österreich ist.

Wir haben sieben Finanzlandesdirektionen aufgelöst und damit eine ganze Hierarchie-Ebene herausgenommen und die Prozesse und die Verfahren, die Abläufe damit wesentlich verkürzt.

Wir haben 41 Wirtschaftsraumfinanzämter geschaffen, aber die 80 Standorte unserer Finanzämter aufrechterhalten. Wir haben damit eine grundlegende Neugestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation zustande gebracht und eine ganze Reihe von Hierarchien abgebaut.

Wir haben Info-Center mit bundeseinheitlichen Öffnungszeiten eingerichtet mit dem Ziel, der Steuerzahlerin und dem Steuerzahler sehr klar zu signalisieren: Wir wollen ein besseres Service erreichen, und wir wollen die Bevölkerung als Kundschaft auch sehr zuvorkommend behandeln. (Abg. Dr. Puswald: Als „Kundschaft“!?)

So haben wir beispielsweise als tatsächliche Zäsur auch für die Finanzverwaltung die Aktion „Hol dir dein Geld zurück!“ in den Finanzämtern durchgeführt, einfach mit der


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Intention: Wenn wir streng sind in der Steuereinhebung (Abg. Dr. Kräuter: Mit sich selbst sollten Sie auch einmal streng sein!), dann wollen wir aber auch dort zuvor­kommend und entgegenkommend sein und auf die Bürger zugehen, wo sie sich das Geld, das ihnen eigentlich zusteht, nicht entsprechend abholen.

Da sich viele tausend Bürger von der Finanzverwaltung etwa 200 Millionen € zurück­geholt haben, glaube ich, dass das ein sehr großer Dienst ist, den wir hier zustande gebracht haben mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und ich danke ihnen sehr dafür, dass sie diese serviceintensive Aktion mit durchgezogen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben die Zollverwaltung umstrukturiert. Wir haben mit der Auflösung der Zollwache einen Beitrag geleistet zur großen Exekutivreform, die Innenminister Strasser begonnen hat umzusetzen und jetzt Frau Bundesministerin Prokop weiter umsetzt, und wir haben eine Reihe von Betrugsbekämpfungs-Vorstößen gemacht, zum Beispiel die Einführung des Reverse Charge bei der Umsatzsteuer.

Wir haben das Beratungsangebot intensiviert – auf „Hol dir dein Geld!“ habe ich bereits hingewiesen –, wir haben auch einen Jungunternehmertag in der Finanzverwaltung durchgeführt, wir haben in der Betrugsbekämpfung eine ganze Reihe von Erfolgen erreichen können.

Ich darf Ihnen anhand von ein paar Leistungskennzahlen abschließend zu diesem Bereich sagen: Mehrergebnisse Außenprüfung: Wir haben im Jahr 2000 begonnen mit einem Mehrergebnis von knapp 1,2 Milliarden €, das Mehrergebnis 2005 betrug über 1,7 Milliarden €. Das heißt, wir liegen um etwa 40 Prozent über den Mehrergebnissen, mit denen wir begonnen haben, was ein deutlicher Hinweis auf die Effizienz und die zusätzliche Effektivität unserer Organisation ist.

Abgabenrückstände – immer wieder auch ein gewerkschaftliches Thema, wenn man sagt: Holt die Abgaben, die Rückstände herein! –: Wir haben einen absoluten Tiefst­stand bei den Abgabenrückständen im Jahr 2005 erreicht, und es ist uns gelungen, die vollstreckbaren Abgabenrückstände deutlich zu reduzieren.

Die Durchlaufzeit der betrieblichen Veranlagung lag im Jahr 2000 bei 57 Tagen, sie liegt jetzt bei 28 Tagen. Das heißt: Der Zeitraum zwischen der Einreichung einer Erklärung durch einen Betrieb und der Zustellung des Bescheides wurde quasi um 50 Prozent verkürzt.

Arbeitnehmerveranlagung: Wann gibt uns jemand seine Erklärung ab, und wann bekommt er in den Fällen, in denen wir etwas zurückzahlen, das Geld zurück? 45 Tage waren es im Jahr 2000, 28 Tage im Jahr 2005.

Ich glaube, anhand dieser Kennzahlen sehr klar darstellen zu können, dass uns eine sehr umfassende Verbesserung, und zwar nach einer Umorganisation, die erst 2006 und 2007 ihre volle Wirkung haben wird, gelungen ist.

Zum zweiten Teil der Rechnungshofprüfung, meine Damen und Herren, was die Home­page betrifft. – Ich darf das ansprechen, was Abgeordneter Lopatka erwähnt hat, und nochmals Bezug darauf nehmen, dass die Sozialdemokratie unter anderem den Sozialwissenschafter Harald Katzmayr beschäftigt hat für, wie man damals in der „Presse“ lesen konnte, einen Betrag in der Größenordnung von über 100 000 €. (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt ja überhaupt nicht!) Ergebnis dieser Untersuchung war, dass man Karl-Heinz Grasser hart angreifen und nachhaltig desavouieren soll.

Meine Damen und Herren! Genau diesen Weg sind Sie offensichtlich gegangen. Am 13. Juni 2003 hat es Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft gegeben: Abgeordneter Cap hat mich angezeigt, Abgeordneter Kräuter hat mich angezeigt, Abgeordneter


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Matznetter hat mich angezeigt, Abgeordneter Gaßner hat mich angezeigt. Man hat mir steuerlich unkorrektes Verhalten vorgeworfen, wie man das auch heute unter dem Schutz der parlamentarischen Immunität wieder gemacht hat. (Abg. Dr. Kräuter: Der Rechnungshof ...!)

Natürlich war es mir damals ein ganz wichtiges Anliegen, dass man, wenn einem Finanzminister vorgeworfen wird, dass er steuerlich nicht korrekt vorgehen würde, diesen Vorwurf so rasch als möglich bereinigt und aufklärt und die Dinge transparent macht. Deswegen habe ich damals von mir aus ein Auskunftsersuchen an die zwei zuständigen Finanzämter gerichtet und habe gebeten: Schaut euch das an! Ich habe die gesamte Verantwortung delegiert, habe gesagt: An mich ist nicht zu berichten, ich als Betroffener habe damit logischerweise überhaupt nichts zu tun!, und sagt mir: Ist hier korrekt vorgegangen worden oder nicht?

Dieses Auskunftsersuchen, das ja auch Prüfungsgegenstand des Rechnungshofes war, hat das Ergebnis gebracht, dass von meiner Seite absolut korrekt gehandelt wurde.

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kogler hat hier eine Terminologie verwendet – nämlich „Geld zustecken“ –, die er auch nur unter parlamentarischer Immunität verwenden kann, und eine Wortwahl getroffen, die ich sehr bedauere hier im Hohen Haus. Er hat dann auch noch gesagt, man hätte genauer Nachschau halten müssen. – Herr Abgeordneter, „genauer Nachschau halten“: Wir haben zu dieser gesamten Thematik zehn schriftliche Anfragen gehabt, die wir im Detail beantwortet haben.

Ich habe zehn Dringliche Anfragen im Nationalrat zu beantworten gehabt, zwei Dring­liche Anfragen im Bundesrat.

Es hat fünf Misstrauensanträge gegeben, was mich betrifft.

Es hat drei mündliche Anfragen in Fragestunden gegeben.

Die Finanzämter – zwei Finanzämter, etwa zehn Bedienstete – haben nicht einmal geprüft, sondern sie haben zweimal geprüft, weil der Rechnungshof darum ersucht hat, dass man sich ganz bestimmte Aspekte nochmals genau anschaut. Deswegen sind die Finanzämter, nachdem sie einmal geprüft hatten, hergegangen und haben diesen Prozess wiederholt, haben ein zweites Mal geprüft.

Die Volksanwaltschaft hat geprüft, was eine Besonderheit insofern ist, als normaler­weise die Volksanwaltschaft dann prüft, wenn ein Bürger sagt, er fühle sich vom Staat ungerecht behandelt. Dann prüft die Volksanwaltschaft, um diesem Bürger beizutreten. In meinem Fall hat die Volksanwaltschaft von sich aus begonnen zu ermitteln, sich das anzuschauen, und hat die Richtigkeit des Vorgehens bestätigt.

Der Rechnungshof hat entsprechend die Prüfung durchgeführt; wobei ich auch hier sagen muss, dass mir von meinen Beamten vermittelt wurde, dass es noch nie ein Einzelverfahren, ein Verfahren eine Person betreffend, bei einer Rechnungshofprüfung gegeben hat. Also auch insofern vielleicht eine gewisse Besonderheit.

Meine Damen und Herren! Auf Grund dieser Anzeigen der sozialdemokratischen Politi­ker haben Justizbehörden ermittelt, die Staatsanwaltschaft hat ermittelt, ein Richter­senat wurde beschäftigt, das Oberlandesgericht wurde beschäftigt, die unabhängige Justiz hat sich das Ganze mehr als zwei Jahre lang im Detail angeschaut und hat im Ergebnis, Herr Abgeordneter, alles zurückgelegt. (Abg. Dr. Matznetter: Sagen Sie, warum!) Ihre Anzeigen wurden zurückgewiesen, und damit haben all diese Insti­tutionen, die zuständigen Verwaltungsbehörden, die Finanzämter, die unabhängige Justiz in zweijähriger Prüfung von Staatsanwaltschaft über Richtersenate und Ober-


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landesgericht, gesagt, dass ich völlig korrekt gehandelt habe, und es haben der Verein und seine Organe völlig korrekt gehandelt.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Da Sie eine Reihe von Zwischen­rufen machen, darf ich das Ganze für Sie vielleicht noch ein bisschen unangenehmer machen: Es wurde mir vorgeworfen, Herr Abgeordneter Matznetter, von Ihnen und von der Sozialdemokratie, dass ich mich persönlich bereichert hätte. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben die 10 000 S nicht eingezahlt!) So etwas kann ich als Finanzminister natürlich nicht auf mir sitzen lassen, und ich habe daher die Sozialdemokratische Par­tei geklagt. Sie verstecken sich bis heute hinter Ihrer Immunität und lassen sich vom Parlament nicht ausliefern. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Abgeordneter! Die SPÖ wurde mit einem Urteil des Landesgerichtes für Straf­sachen Wien am 22. Oktober 2004 verurteilt wegen der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der üblen Nachrede.

Die Sozialdemokratische Partei hat mir vorgeworfen, dass ich ein Abgabenverkürzer sei, was man gemeinhin auch als Steuerhinterzieher bezeichnet. – Die Sozial­demo­kratische Partei wurde vom Landesgericht für Strafsachen verurteilt wegen der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der üblen Nachrede.

Die SPÖ in Kärnten hat mir vorgeworfen, kriminelle Handlungen gesetzt zu haben. – Die Sozialdemokratische Partei Österreichs, Landesorganisation Kärnten, wurde vom Oberlandesgericht Wien wegen der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der üblen Nachrede verurteilt.

Die SPÖ hat mir ein zweites Mal in Kärnten vorgeworfen, kriminelle Handlungen began­gen zu haben. – Sie wurde vom Landesgericht für Strafsachen in Wien wegen der Verwirklichung des Tatbestandes der üblen Nachrede verurteilt.

Die SPÖ hat mir ein weiteres Mal vorgeworfen, Abgaben verkürzt zu haben. – Sie wurde vom Handelsgericht in Wien verurteilt.

Abgeordneter Pilz, der nach mir sprechen wird, hat mir in anderer Sache, aber durchaus in diesen zwei Jahren, in denen man mich sehr stark angegriffen hat, Schie­bung vorgeworfen. – Er wurde vom Landesgericht für Strafsachen in Wien verurteilt, und er wurde ebenso vom Handelsgericht in Wien bezüglich des gleichen Vorwurfes verurteilt. (Abg. Mag. Kogler: Aber Sie wollen doch nicht sagen, der Rechnungs­hofbericht hat damit was zu tun! Er wirft Ihnen ganz andere Sachen vor!)

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich Ihnen sagen: Das Einzige, was in dieser Frage übrig geblieben ist, ist nichts anderes als der Versuch einer partei­politisch motivierten Desavouierung meiner Person, eines parteipolitischen Angriffs, wo man im Ergebnis genau sieht, was übrig geblieben ist, nämlich gar nichts!

Auf der einen Seite also parteipolitische Attacke, parteipolitische Desavouierung, keine Zurückhaltung auch bei irgendwelchen Untergriffen – auf der anderen Seite aber haben wir, meine Damen und Herren, versucht, die Bevölkerung zu entlasten, die Wirt­schaft zu entlasten. Wir haben Rekordbeschäftigung in Österreich, Österreich ist ein absolutes Vorzeigeland, viele orientieren sich heute an Österreich. Und damit, meine Damen und Herren, haben wir allen Grund zu einem starken Selbstbewusstsein und können stolz auf unser Österreich sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 



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13.57.55

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Kogler hat gesagt, es sei „komödiantisch“ zugegangen. – Ich kann Ihnen sagen, Kollege Kogler, die Komödie hat am 20. Juni 2005 begonnen, als dieser Bericht dem Parlament zugewiesen wurde. Sie wurde am 20. Oktober vertagt, am 9. November unterbrochen, am 25. November unterbrochen, am 30. November behandelt, und heute kommt diese Komödie mit sechs Akten zum Abschluss.

Es ist als Einzige Kollegin Schönpass auf den Bericht eingegangen, und Bundes­minister Grasser hat die Fragen beantwortet. Alles andere ist Polemik, Skandalisierung und mediale Darstellung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Es ist jedes Mittel recht, diesen Rechnungshofbericht zu diskreditieren! In diesem Rechnungshofausschuss wurden auch massiv die Objektivität, der Stil und das Niveau dieses Ausschusses beschädigt. Ich bin sonst mit Kollegen Kogler, was unsere Gesprächsbasis angeht, recht ordentlich „unterwegs“, aber in diesem Ausschuss und in der Sache Homepage, Kollege Kogler, wurde das Maß übertrieben. Das Ganze hatte keinen Stil, und ich glaube, die politischen Rechte und Grundrechte wurden von Ihnen massiv geschädigt, indem Sie die Vorsitzführung dazu benützt haben, Ihrer Meinung und Ihrem Ansinnen zum Durchbruch zu verhelfen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gab bei diesem Prüfungsfall zur Außenprüfung der Finanzämter Ergebnisse, und diese lauten, dass es weniger Prüfungsfälle gibt, dass es trotz weniger Prüfungsfällen Mehrerlöse für das Finanzamt gibt, dass empfohlen wurde, einheitliche Prüfungs­intervalle einzuführen, und dass der Rechnungshof eine Erweiterung der Kennzahlen angeregt hat.

Es gab keine Schenkungssteuerpflicht, es gab keine Körperschaftsteuer­pflicht. Es gab ein umfassendes transparentes Prüfungsverfahren, und es ist ganz klar: Wir erkennen die Ergebnisse und die Entscheidungen der unabhängigen Gerichte an – Sie im Gegensatz dazu wollen das nicht akzeptieren und immer wieder in Frage stellen, und das kann auch nicht in Ordnung sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Fakt ist: Der Rechnungshof hat geprüft. Fakt ist: Die Opposition stellt die Prüfungs­ergebnisse in Frage. Fakt ist, dass es in diesem Bericht nur ein Ziel gab, nämlich dem Bundesminister zu schaden. Ich bin nicht sein Pflichtverteidiger, er hat sich heute hier selbst verteidigt, ich wünsche mir nur eines, Kollege Kogler: Wir sollten im Rechnungs­hofausschuss wieder mehr Stil und Niveau walten lassen, wir sollten nicht Skandale produzieren, um uns dann selbst vor der Bevölkerung rechtfertigen zu müssen! So kann der Stil nicht sein. Ich wünsche Ihnen, Herr Kollege Kogler, mehr Gefühl und Niveau und mehr Vernunft bei der Vorsitzführung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Das sagen Sie aber dem Minister ...!)

14.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Ich erteile es ihm.

 


14.01.19

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf Seite 46 stellt der Rechnungshof – nicht der Ausschussvorsitzende oder ein einfaches Mitglied dieses Ausschusses, sondern der Rechnungshof – Folgendes fest:

„Der RH bemängelte, dass die für das Vorliegen einer Schenkungssteuerpflicht erheb­lichen Tatbestandsmerkmale – insbesondere die objektive Bereicherung des Bedach-


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ten und der subjektive Bereicherungswille beim Zuwendenden nur unzureichend erhoben wurden.“

Was heißt das? – Da gibt es eine Behörde, an deren Spitze der Finanzminister und gleichzeitig derjenige steht, gegen den erhoben wird. Diese Behörde stellt sich die Frage: Ist die Spitze dieser Behörde steuerpflichtig? Dann stellt der Rechnungshof fest, dass „die objektive Bereicherung“ des Finanzministers und „der subjektive Bereiche­rungswille“ bei der Industriellenvereinigung „unzureichend erhoben wurden“. Was heißt das? – Das Finanzamt hat „unzureichend erhoben“, ob sich der Finanzminister bereichert hat. Es hat „unzureichend erhoben“, ob die Industriellenvereinigung damit eine Absicht, eine Bereicherungsabsicht nämlich des Finanzministers, verfolgt hat. Das stellt der Rechnungshof fest.

Wenn Sie mehr wollen, wenn Sie ein härteres, ein vernichtenderes Urteil einer öffent­lichen Körperschaft wollen, Herr Finanzminister, dann könnte das nur noch ein Straf­gericht tun. Der Rechnungshof ist bis an die Grenzen des Feststellbaren gegangen. Das heißt, es steht hier fest – auch in diesem Punkt, Herr Finanzminister, haben Sie dem Hohen Haus bei Ihrem heutigen Rechtfertigungsversuch wieder einmal die Unwahrheit gesagt; ich ersuche, auch diesbezüglich das Protokoll herbeizuschaffen und prüfen zu lassen –, dass die Frage Ihrer persönlichen Bereicherung nicht oder unzureichend geprüft worden ist!

Jetzt kommen wir zu den Fakten, zu der ganz einfachen Geschichte. Es handelt sich ja – und das ist ein Ausnahmefall in der Zweiten Republik und zu Zeiten dieser Bundesregierung – um eine ausgesprochen einfache, sehr einfach nachzuerzählende Geschichte.

Am Anfang steht der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, der öffentlich erklärt, er habe dem Finanzminister Geld gegeben, weil er mit seiner Politik einver­standen sei und diese Politik unterstützen wolle. – So öffentliche Erklärungen in „profil“-Interviews von Lorenz Fritz, die wörtlich viele Male wiederholt wurden, auch in diesem Haus.

Daraufhin wird im Namen des Finanzministers mit dem Geld und mit einer eindeutigen subjektiven Bereicherungsabsicht seitens der Industriellenvereinigung – also diese Frage scheint positiv klärbar zu sein, die der Rechnungshof hier aufwirft; aber derzeit offensichtlich nicht durch ein österreichisches Finanzamt – ein Verein eingerichtet. Wer sitzt im Verein? – Der Chef ist sein Kabinettchef, andere Kabinettsmitglieder und ein Sektionschef, der für den Vollzug des Steuerrechtes im Ministerium und als Rech­nungsprüfer für die Finanzen des Vereins zuständig ist. (Abg. Öllinger: Super! – Abg. Mag. Kogler: Also ich find’ das super!) Also ein Verein wie jeder andere, österreichi­sche Vereine schauen ja im Regelfall so aus: ein Kabinettchef, die anderen Mitglieder des Kabinetts, ein Sektionschef. Aber gut, all das ist noch nicht rechtswidrig, mit Ausnahme der subjektiven Bereicherungsabsicht der Industriellenvereinigung im Zusam­menhang mit anderen Datenmerkmalen.

Dann wird das Geld für die bekannte Homepage verbraucht, die nie zur Gänze freigeschaltet wurde; nämlich ab einem bestimmten Zeitpunkt, und das war eine Beantwortung einer Dringlichen Anfrage durch den Finanzminister, die uns alle auf die Affäre erst aufmerksam gemacht hat. Bestimmte Teile wurden nie freigeschaltet, und für den freigeschalteten Teil sind Aufträge vergeben worden. An wen sind die Aufträge vergeben worden? – An persönliche Freunde und Schulkollegen des Finanzministers! Schulfreund Jandl mit der Firma FirstInEx ist beauftragt worden, die Website zu erstellen. Freund Meischberger ist beauftragt worden, andere Leistungen für die Website zu erstellen. Es gibt noch zwei, drei weitere Freunde, Sie kennen die Liste, sie


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wurde schon etliche Male in diesem Haus vorgelegt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Herr Pilz, das könnte Ihnen nie passieren, weil Sie haben keine Freunde!)

Dann bezieht der Finanzminister Honorare, Vortragshonorare. Immer, wenn er Vor­träge hält, sagt er vorher: Ich halte den Vortrag, wenn auf ein persönliches Konto, auf dem Karl-Heinz Grasser draufsteht, eine bestimmte Summe überwiesen wird. Das lässt sich etwa aus der Buchhaltung der Bank Austria genau nachvollziehen.

Er will eine Stiftung einrichten, und es ist zu wenig Geld da. Woher bekommt die Stiftung plötzlich Geld? – Vom Verein, der die Website betreut.

Nächster Punkt, das lässt sich fortsetzen, und wir kommen immer mehr ins Detail: Das Ganze landet jetzt ungefähr zur gleichen Zeit bei Finanzämtern und bei der Staatsanwaltschaft. Als einer der Ersten bekommt es der damalige Leiter der Wirt­schaftsgruppe der Staatsanwaltschaft Wien Dr. Erich Müller auf den Tisch.

Dr. Müller – das ist bis jetzt öffentlich gar nicht bekannt – hält in der Stellungnahme der Wirtschaftsgruppe der Staatsanwaltschaft schriftlich fest, dass nicht nur eine Steuerpflicht vorliegt, sondern die gerichtliche Wertgrenze eindeutig überschritten ist und daher der Verdacht auf Steuerhinterziehung eindeutig und klar begründet ist.

Dann kommt die Angelegenheit zum weisungsgebundenen Staatsanwalt, der aus­schließlich für politische Fälle, Spitzelaffäre, Haider, Stadler und jetzt in mehreren Facetten Karl-Heinz Grasser, zuständig ist, zu Staatsanwalt Klackl. Dieser bekommt von seinem Minister einen eindeutigen Hinweis, dass am Ende dieses Verfahrens die Einstellung herauszukommen habe. Der Staatsanwalt tut alles, damit eingestellt wird, macht nur einen Fehler. Damit es überhaupt einen Grund dafür gibt, dass ein Einstellungsverfahren geführt wird, muss zuerst eine Steuerpflicht festgestellt werden. Der Staatsanwalt, der einstellen will, stellt die Steuerpflicht fest und will dann einstellen. Das bemerken unabhängige Richter des Landesgerichtes Wien, die den Akt an sich ziehen und sagen: Nein, wir zwingen dich mit Beschluss, einen Gutachter zu beauf­tragen und das Verfahren zu führen! Zur Überraschung des Staatsanwaltes stellt der Gutachter fest, dass die gerichtliche Wertgrenze bei weitem überschritten ist. Der Staatsanwalt beschließt darauf, wieder einzustellen.

Ein nächster Richtersenat zieht das Verfahren an sich und sagt: So geht es nicht, das ist nicht rechtsstaatlich! Noch einmal von vorne.

Beim dritten Versuch gibt es schlicht und einfach keine unabhängige richterliche Instanz mehr, die sich wehren könnte – das Verfahren wird eingestellt. Jetzt ist von der Staatsanwaltschaft Wien schwarz auf weiß bewiesen, dass eine Steuerpflicht besteht.

Zu diesem Zeitpunkt ist aber schon längst der Staatssekretär aufgetreten, hat einen stellvertretenden Sektionsleiter organisiert, der wieder einen nicht mehr gültigen Kommentar zum deutschen Einkommensteuerrecht organisiert hat, die Beamten der zuständigen Finanzämter zu sich zitiert hat und ihnen gesagt hat: Wir machen jetzt eine kleine Ausnahme, die Finz-Ausnahme. Diesmal gilt nicht das österreichische Einkommensteuerrecht, sondern ein nicht mehr gültiger Kommentar zum deutschen Einkommensteuerrecht; nicht, weil es sich um einen nicht mehr gültigen deutschen Finanzminister handelt, sondern deshalb, weil das Ergebnis am Ende dasselbe sein muss wie das des Staatsanwalts, mit der kleinen begründeten Hoffnung, dass es niemanden in der ÖVP stört, wenn der eine sagt, es bestehe Steuerpflicht, damit er einstellen kann, und der andere sagt, es bestehe keine Steuerpflicht, damit er keinen Bescheid ausstellen muss. – So schaut es aus.

Das sagt einiges aus über die Spitze des Finanzministeriums, aber das sagt viel mehr darüber aus, in welcher Art und Weise zwei Regierungsparteien mit einem Finanz­ministerium und mit einem Justizministerium umgehen. In jedem Rechtsstaat der Welt


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würde ein Finanzminister vom Schlage Karl-Heinz Grassers nicht auf der Regierungs­bank, sondern auf der Bank eines Straflandesgerichtes sitzen. Das ist selbstver­ständ­lich. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: He, he, he!)

Was am Ende eines Gerichtsverfahrens herauskommen würde, dass kann nur ein unabhängiges Gericht beurteilen, das kann kein Nationalrat beurteilen. Aber dafür zu sorgen, dass ein seriöses rechtsstaatliches Gerichtsverfahren trotz Grasser, trotz Justizminister, trotz Finanzminister, trotz Sektionschefs, trotz weisungsgebundenem Staatsanwalt möglich sein muss, das ist Aufgabe des Nationalrates. Es ist Aufgabe des Nationalrates, darauf zu achten, dass das Weisungsrecht, die Interventions­möglich­keiten, die politische Macht nicht missbraucht werden. Und das ist genau das, worüber wir hier sprechen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Mitterlehner: Danke!)

Ist dieser Nationalrat mit Hilfe eines seriösen und ausgezeichneten und bis an die Grenzen, wo eigentlich die Strafjustiz einsetzen müsste, gehenden Berichtes, sind diese beiden Körperschaften, der Nationalrat und sein Organ, der Rechnungshof, heute noch in der Lage, aus ihren Feststellungen Konsequenzen zu erzwingen, oder gibt es Regierungsparteien, die signalisieren: In dieser Republik kann sich die Macht über alle Gesetze hinwegsetzen, in dieser Republik gilt das Prinzip, ein Finanzminister ist der einzige, der keine Steuern zahlt, in dieser Republik gilt das Prinzip, wenn es gegen Minister der ÖVP oder der Freiheitlichen Partei oder des BZÖ geht, dann wird der Rechtsstaat systematisch außer Kraft gesetzt!?

Das ist die Frage, die Ihnen zu stellen wäre. Daher diskutieren wir längst keinen Fall Karl-Heinz Grasser mehr – wir diskutieren einen Fall Wolfgang Schüssel! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das ist nicht die politische Kultur allein von Karl-Heinz Grasser, das ist die politische Kultur von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel: das Außerkraftsetzen des Rechtsstaates, um seine Freunde in der Regierung zu schützen! (Abg. Gahr: Das sind Unterstellungen, Herr Kollege Pilz!) Darum geht es, und das ist die politische Verantwortung. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man jemanden deckt, wenn man bereit ist, alles unter den Teppich zu kehren, dann darf man vom Finanzminister nicht erwarten, dass er sagt: Nein, bitte, ich möchte, dass das aufgedeckt wird!, aber vom Bundeskanzler! Vom Bundeskanzler darf man nicht nur, sondern man muss erwarten, dass er den österreichischen Rechtsstaat vor Finanzministern wie Karl-Heinz Grasser und Staatssekretären wie Herrn Finz in Schutz nimmt. (Abg. Ellmauer: Wer schützt uns vor Pilz?) Wir sind so weit, dass der Rechtsstaat diesen Schutz braucht.

Genau darum geht es, meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat mit seinem Bericht einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit in Österreich geliefert. Mehr kann der Rechnungshof nicht tun. Der Nationalrat hat diesen Bericht angenommen, diskutiert ihn und hätte jetzt an und für sich die Aufgabe, das, was es an politischen Konsequenzen geben könnte und müsste, auch möglich zu machen.

Wenn schon die Strafjustiz nicht ermitteln darf, wenn schon die Finanzbehörden keine positiven Entscheide ausstellen können (Abg. Mag. Regler: Was heißt das? Es ist eingestellt!), dann muss es möglich sein, die politischen Hindernisse, die den Rechts­staat funktionsunfähig machen, zu beseitigen. Wenn diese Hindernisse Wolfgang Schüssel und Karl-Heinz Grasser heißen und eine Mehrheit des Nationalrates dazu nicht bereit und nicht imstande ist, dann wird das eine Mehrheit der österreichischen Bevölkerung tun müssen.

Wenn der Rechtsstaat nicht arbeiten kann, dann bedarf es eines eindeutigen politi­schen Signals. Wir als Opposition werden weiter versuchen, dem Rechnungshof, seinen Berichten und seinen Feststellungen eine Chance zu geben. Wenn die Mehrheit


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uns daran hindert, dass das gemeinsam umgesetzt wird, dann gibt es nur eine große Hoffnung: dass sich die politischen Verhältnisse auch in diesem Punkt so ändern (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So wie in Oberösterreich!), dass das politische Regime Schüssel/Grasser in dieser Art und Weise den österreichischen Rechtsstaat nicht mehr behindern kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schauen Sie nach Oberösterreich!)

14.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte. (Abg. Mag. Regler: Jetzt wird es wieder sachlich!)

 


14.15.25

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich höre von meiner Fraktion, jetzt wird es wieder sachlich – selbst­verständlich wird es jetzt wieder sachlich. Ich gehe auf die Gebarungsprüfung des Rechnungshofes ein, die sich auf die Betriebsprüfungsabteilungen bei den Finanz­ämtern erstreckt hat. Die Überprüfung umfasste schwerpunktmäßig fünf Finanzämter. Im Zuge dessen untersuchte der Rechnungshof, inwieweit die Betriebsprüfungen ihre Aufgaben erfüllen, nämlich für eine gleichmäßige Besteuerung zu sorgen beziehungs­weise Verkürzung von Abgaben zu verhindern, inwieweit die Auswahl der Prüffälle und die zur Verfügung stehenden Kontroll- und Steuerungssysteme geeignet waren, diese Zielsetzungen zu unterstützen, und inwieweit die auf Grund von Betriebsprüfungen vorgeschriebenen Abgabennachforderungen entrichtet wurden.

Der Rechnungshof kritisierte beispielsweise, dass die Zahl der Betriebsprüfungen und Umsatzsteuersonderprüfungen im Jahr 2003 gegenüber 2000 um ein Viertel gesunken ist, sowie die Entwicklung und Einbringung der Mehrergebnisse.

Durch eine verbesserte Risikoanalyse ist es jetzt so, dass weniger Prüfungen statt­finden, dadurch aber die richtigen Fälle geprüft werden, was bedeutet, dass sich manchmal natürlich auch das Mehrergebnis entsprechend entwickelt. Zur Kritik des Rechnungshofes, zu seiner Einschätzung, dass von rund 95 Prozent der ausge­gebenen Mehrergebnisse lediglich 34 Prozent entrichtet wurden, muss man leider Gottes feststellen, dass die Finanzverwaltung zur Festsetzung von Abgaben verpflich­tet ist. Das heißt, selbst wenn man weiß, dass die Abgaben, die als Mehrergebnis festgestellt sind, nicht einbringlich sind, muss man sie trotzdem feststellen. Das dient zum Beispiel auch dazu, betrügerische Unternehmen aus dem Verkehr zu ziehen, indem man gegen sie etwa einen Konkursantrag einbringt. Somit ist es notwendig, auch Mehrergebnisse einzubuchen.

Nur ein Drittel der Einbringlichkeit von Mehrergebnissen – das ist meines Erachtens nicht wirklich ein repräsentativer Querschnitt von fünf Finanzämtern, wo 503 Fälle dieser Analyse unterzogen worden sind, weil wir in Österreich 81 Finanzämter haben und das meines Erachtens weder für die fünf geprüften Finanzämter noch für alle österreichischen Finanzämter besonders repräsentativ sein kann.

Das Finanzministerium nimmt – der Herr Finanzminister hat es angesprochen – die Ergebnisse des Wahrnehmungsberichtes sehr ernst. Es ist erfreulich, dass die Empfeh­lungen und Kritikpunkte des Rechnungshofes durch das Bundesministerium für Finanzen bereits größtenteils überprüft, verbessert und auch umgesetzt wurden, bei­spielsweise bei der Reform der Finanzverwaltung mit der Aufstockung der Betriebs­prüfer um insgesamt 300 Personen. Viele Empfehlungen sind also umgesetzt, und das ist erfreulich.


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Ich hoffe, dass meine Nachredner in dieser sachlichen Art und Weise fortfahren und nicht wieder polemisieren, wie wir das bisher gehört haben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Ich erteile es ihm. (Abg. Mag. Regler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Gaßner –: Bleib sachlich!)

 


14.18.56

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Wieso so weinen nach Sachlichkeit? Wir sind sachlich, nur sollten wir die Sache endlich einmal angehen. – Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Ich habe leider zu wenig Zeit, um das wirklich auszuwälzen, aber folgende drei Punkte ganz kurz:

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien hat festgestellt, wenn ein Verein satzungsgemäß Zuwendungen verwendet, dann ist das schenkungssteuerfrei. Der Finanzminister hat dasselbe in seiner Anfragebeantwortung wiederholt. – Gut, soll so sein. In den Satzungen des „Vereins zur Förderung der New Economy“ waren allerdings die Errichtung und der Betrieb einer Homepage nur bis Ende 2001 enthalten. 2002 wurde dieser Vereinszweck gestrichen. 2002 ist allerdings die Homepage in Betrieb gegangen. Das heißt also, dass ab 2002 die Schenkungssteuerpflicht gegeben ist oder gegeben sein müsste, wenn es nach den Satzungen geht.

Sehr geehrte Damen und Herren vor allem von den Regierungsparteien: Es ist aller­dings keine Schenkungssteuer bezahlt worden, obwohl sowohl derjenige, der zahlt, als auch derjenige, der empfängt, dazu verpflichtet sind. Eine interessante offene Frage. – So viel jedenfalls zu Ihrer „Sachlichkeit“.

Der Herr Finanzminister hat in seinen Ausführungen erwähnt, dass er durch die Reform der Finanzämter einiges geschafft hätte und auch den so genannten Unab­hängigen Finanzsenat eingeführt hat. – In der Tat: ein interessantes Instrument, Herr Finanzminister, denn genau dieser Unabhängige Finanzsenat in Linz hat sich in einem absolut vergleichbaren Fall genau gegen Ihre Darstellung in Ihrer Anfragebeant­wortung ausgesprochen. In diesem Fall ist es gleichfalls darum gegangen, ob Gelder satzungsgemäß verwendet wurden. Der Berufungswerber hat Berufung eingelegt, und der Entscheid des Unabhängigen Finanzsenates lautete – ich darf zitieren –:

„Tatsächlich kann es auf die Satzung nicht ankommen, denn dann hätten es Vereine und Kapitalgesellschaften in der Hand, den Umfang ihrer Steuerpflicht beliebig zu bestimmen (dazu Doralt, ...)“ – Das sagt der Unabhängige Finanzsenat. Und er sagt dann weiter:

„Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich der Rechtsansicht Doralts, wonach es bei der Beurteilung der Schenkungssteuerpflicht tatsächlich auf die Satzung der zuwen­denden Kapitalgesellschaft nicht ankommen kann, an, sodass der Hinweis der Berufungswerberin auf die parlamentarische Anfragebeantwortung des Bundesminis­ters für Finanzen vom 10. Oktober 2003 ... ins Leere geht.“ – Also eine unabhängige Entscheidung eines Finanzamtes, Herr Finanzminister!

Und ein Letztes: Sie, Herr Finanzminister, haben mir im Ausschuss betreffend Ihre Einkommensteuerpflicht und Erklärung Ihrer Werbungskosten gesagt, dass Sie nicht verpflichtet seien, das zu sagen, das unterliege dem Steuergeheimnis.

Herr Finanzminister! Wenn alles okay ist, warum versteckt sich der Finanzminister der Republik Österreich hinter dem Steuergeheimnis? Eine ganz einfache Frage, die Sie beantworten sollten! (Beifall bei der SPÖ.)

14.22



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135. Sitzung / Seite 110

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


14.22.43

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr verehrter Herr Minister! Hohes Haus! Mir wurde diese Angelegenheit am 20. Juni 2003 vom Herrn Finanzminister Grasser weisungsfrei übertragen. Diese Weisungsfreiheit hätte sich schon allein aus den Befangenheitsbestimmungen ergeben. Also ich war dazu verpflichtet, weisungsfrei zu handeln.

Nachdem am 23. und 24. Juni 2003 zwei Auskunftsersuchen vorlagen und für diese Auskunftsersuchen eine relativ kurze Beantwortungsfrist gegeben war, nämlich acht Wochen, habe ich den Herrn Präsidenten der Finanzlandesdirektion Wien/Niederöster­reich/Burgenland zu mir gebeten und ihn, nachdem Sommer war, gefragt, wie er das mit seinen Personalkapazitäten schaffen kann, und er hat gesagt, er werde dafür Sorge tragen. Ich habe ihm aufgetragen, ich möchte keine Zwischenergebnisse haben, ich möchte auch keine Namen der Referenten haben, aber ich möchte, bevor diese Auskunftsbeantwortung hinausgeht, den Erledigungsentwurf sehen, damit ich meine politische Verantwortlichkeit wahrnehmen kann. – Es ist dann genau so geschehen.

Es haben sich – damit sich die entsprechenden Behörden aufeinander abstimmen – in einer gemeinsamen Sitzung ungefähr zehn Personen bei der Finanzlandesdirektion Wien getroffen: die Spitzen des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern, die Spitzen des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk sowie der so genannte Fachbereich; das ist eine Einrichtung in der Finanzverwaltung, der zur Beratung der Finanzämter zur Verfügung steht. Das waren also Experten für die einzelnen Steuer­bereiche, um eine einheitliche Auslegung der Steuergesetze sicherzustellen. Dieses Gremium hat sich ohne mein Wissen beraten und ist zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen. Dieses gemeinsame Ergebnis wurde mir dann am 10. Juli 2003 vorgelegt – und nach Prüfung dieses gemeinsamen Ergebnisses, vor allem nach Prüfung der steuerrechtlichen Begründungen habe ich dann diese Erledigung frei gegeben.

In der Frage des „Vereins zur Förderung der New Economy“ wurde geprüft nach dem Schenkungssteuerrecht, nach dem Körperschaftsteuerrecht und nach dem Umsatz­steuerrecht. Hinsichtlich des Auskunftsersuchens an Bundesminister Grasser wurde das – das ist heute schon erläutert worden – in Bezug auf die Einkommensteuerfrage genau untersucht.

Sie, Herr Abgeordneter Gaßner, zitieren immer einen Professor – so, als ob es keinen anderen geben würde –, nämlich Herrn Professor Doralt. (Abg. Faul: Viele unabhän­gige gibt es nicht!) Es gibt zum Beispiel auch Herrn Universitätsprofessor Dr. Michael Lang, Ordinarius für Steuerrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien, und der hat dieses Ergebnis für vollkommen schlüssig und in Ordnung befunden. Also es gibt auch noch andere Professoren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Ich weise den Ausdruck, dass ich ein „Weißwäscher“ wäre, nochmals auf das Schärfste zurück! Ich habe in dieses Verfahren nie in irgendeiner Form eingegriffen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der Vorwurf „Weißwäsche“ beinhaltet implizit den Vorwurf an die Beamtenschaft, dass sie gesetzwidrig gehandelt hätte; darauf möchte ich Sie aufmerksam machen und betonen: Ich stelle mich vor die Beamten, die wirklich gründlich diese Sache durch­gearbeitet haben! Als der Rechnungshof geprüft hat, haben diese beiden Finanzämter von sich aus nochmals den Fall aufgenommen, haben ihn nochmals durchgeprüft und sind zur selben bisherigen Auffassung gekommen!


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135. Sitzung / Seite 111

Der Hinweis auf andere Fälle greift insofern nicht, als immer die einzelnen Voraus­setzungen im Detail zu prüfen sind, und man kann nicht oberflächlich und von außen einen Steuerfall mit dem anderen vergleichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

14.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte. (Abg. Dr. Puswald: Entschuldigung, der Staats­sekretär ist offenbar nicht involviert ...!)

 


14.27.10

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanz­minister! Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Nach einer Reihe von Unterbrechungen in den Sitzungen des Rechnungs­hofaus­schusses ist es nunmehr möglich, im Plenum den Bericht zur Außenprüfung der Finanzämter zu diskutieren und auch abzuschließen.

Zur Thematik Homepage lassen Sie mich kurz Stellung nehmen: Der finanzielle Auf­wand dafür war sicherlich hoch, ich meine aber, es gibt auch durchaus andere Themen, als dass man sich ständig mit Themen befasst, die rechtens abgelaufen sind, was durch die Intensität der verschiedenen Prüfungen entsprechend bestätigt wird.

Zwei Finanzämter haben zwei Mal geprüft. Die Volksanwaltschaft hat sich damit beschäftigt. Die Justizbehörden haben sich damit beschäftigt. Dringliche Anfragen im National- und Bundesrat, entsprechende Beschäftigung im Rechnungshof damit! Und all diese Prüfungen haben ergeben, dass alles korrekt abgelaufen ist!

Wäre es da nicht vielmehr angebracht, über die Schuldenpolitik der SPÖ zu dis­kutieren?! Während der Regierungszeit der SPÖ, und zwar in den Jahren von 1970 bis 1986, ist die Staatsschuldenquote um 280 Prozent gestiegen! Als Folge dieser enor­men Verschuldung zahlen wir heute noch 7 Milliarden € Zinsen pro Jahr (Abg. Öllinger: Das darf nicht wahr sein!), ohne dabei einen Euro an Schulden zu tilgen; Gelder, die für Wirtschaft und Wachstum, für Standortsicherung, Forschung und so weiter viel effizienter eingesetzt werden könnten!

Weiteres Beispiel: ÖIAG. Diese hat sich in den letzten Jahren von der Schuldenholding zu einem guten und profitablen Beteiligungsunternehmen entwickelt. Seit dem Jahre 2000 wurden 6,3 Milliarden Schulden abgebaut; die ÖIAG ist de facto schul­denfrei!

Diese Bundesregierung hat es geschafft, die Staatsverschuldung in Grenzen zu halten und für die Zukunft, für die nächsten Generationen eine solide Basis zu schaffen, und dennoch wurden auch Mittel erwirtschaftet für – ich darf hier nur kurz anführen – zum Beispiel Konjunkturpakete, Steuerreform, Wachstum und Forschung, Beschäftigung. Dadurch hat sich Österreich in Europa im Spitzenfeld positionieren können. Das alles unter der Federführung von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und Finanzminister Karl-Heinz Grasser! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Budgetvollzug 2005 bestätigt diese gute Politik! – In Wirklichkeit hat lediglich die Opposition ein Problem mit dieser guten Politik in Österreich! (Beifall bei der ÖVP.)

14.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Prä­sident des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte.

 



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14.30.01

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich einleitend sehr herzlich bei Ihnen bedanken, dass die Bewertung der Arbeit des Rechnungshofes auch in Bezug auf die vorliegenden Prüfungsergebnisse äußerst positiv ausgefallen ist, und diesen Dank möchte ich auch an die Mitarbeiter weitergeben und darauf hinweisen, dass natürlich der Dank beziehungsweise die positiven Erwähnungen sehr wohl zur Reputation des Rechnungshofes beitragen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass der vorliegende Wahrnehmungsbericht nicht nur die Homepage beinhaltet, sondern insgesamt sieben Prüfungsergebnisse, wobei natürlich die Außenprüfung bei den Finanzämtern diejenige ist, die in der Öffentlichkeit am meisten diskutiert worden ist.

Ich möchte auch darauf hinweisen, weil es erwähnt wurde, dass in dem Fall eine Einzelfallprüfung durch den Rechnungshof vorgenommen wurde: Das ist nicht der Fall. Es ist so, dass es sich um eine Außenprüfung der Finanzämter handelt, wo als solches seitens des Rechnungshofes geprüft wurde, inwieweit die Finanzämter der Gleich­mäßigkeit der Besteuerung Rechnung tragen und ob verhindert wird, dass es zu einer Verkürzung der Abgaben kommt, und darüber hinaus, ob die Kontroll- und Steuerungs­instrumente ausreichen, um die Gleichmäßigkeit beziehungsweise den Abgabenerfolg gewährleisten zu können.

Nachdem also in dem Bereich bereits Frau Abgeordnete Schönpass diesbezüglich die Empfehlungen und die Festhaltungen des Rechnungshofes dargelegt hat, brauche ich das, so denke ich, nicht näher in meiner Rede auszuführen, möchte aber in dem Zusammenhang positiv erwähnen, dass gerade, was auch der Herr Finanzminister heute erwähnt hat und auch im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens heraus­gekommen ist, den Empfehlungen des Rechnungshofes in dieser Hinsicht weitest­gehend nachgekommen wurde beziehungsweise laut Zusage auch nachgekommen wird. Ich denke, dass dadurch der Rechnungshof einen maßgeblichen Beitrag zur Sicherung des Abgabenaufkommens und auch zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung beigetragen hat.

Der zweite Punkt dieser Prüfung war natürlich die Prüfung Richtung Gleichmäßigkeit der Besteuerung, und auch da ist hervorgekommen, dass es regionale Unterschiede in der steuerlichen Erfassung gibt. Ich möchte erwähnen, dass beispielsweise in Wien 13 Prozent der Vereine steuerlich erfasst sind, in anderen Bundesländern, beispiels­weise Niederösterreich oder Burgenland, sind es 6 Prozent. Insgesamt sind von den mehr als 108 000 Vereinen zirka 9 Prozent erfasst.

Wir haben darauf hingewiesen, dass auf jeden Fall analysiert werden sollte, warum es diese regionalen Abweichungen gibt, und darüber hinaus sollte man auf das Zentrale Vereinsregister des BMI IT-gestützt zugreifen, um Gründungen und Löschungen zeitnäher erfahren zu können.

Im Rahmen der Gesamtprüfung wurden die abgeschlossenen Verfahrensschritte in Zusammenhang mit der geldwerten Zuwendung seitens der Industriellenvereinigung an den „Verein zur Förderung der New Economy“ beziehungsweise in der Folge der Vorgang hinsichtlich Schenkungssteuer und Ertragssteuer in Richtung Verein bezie­hungsweise Finanzminister Grasser einer Prüfung unterzogen.

Ich denke auch in dem Zusammenhang, dass ich nicht näher darauf einzugehen brauche, was die einzelnen Empfehlungen beziehungsweise Festhaltungen des Rech­nungshofes waren. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass in dem Zusammenhang die Festhaltungen, dass unzureichend ermittelt wurde, dingfest sind und in der Folge


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135. Sitzung / Seite 113

weitere Erhebungen durch die Gerichte erforderlich gemacht haben. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Kräuter.)

Wobei ich auch darauf hinweisen möchte, dass mittlerweile – ich denke, seit Jänner 2005 – das Verfahren auch von den Gerichten zurückgelegt wurde, und in dem Zusammenhang möchte ich noch einmal erwähnen, dass die Prüfung, ob jetzt Schenkungssteuerpflicht vorliegt oder nicht, nicht der Rechnungshof durchgeführt hat – das wird er auch nicht tun, das steht ihm auch nicht zu –, sondern wir haben die Verfahrensschritte einer Beurteilung unterzogen.

In diesem Zusammenhang sei vielleicht ganz kurz in Hinblick auf die Reputation des Rechnungshofes, auf die Reputation der Kontrolle erwähnt, dass wir, so denke ich, auch in Ihrem Sinne als Prüf- und Kontrollorgan darauf hinweisen können, dass bei der Prüfung der Vergabe von Leistungs- und Förderungsstipendien den Empfehlungen des Rechnungshofes Rechnung getragen wurde, dass im Bereich der Österreichischen Post AG, die derzeit aktuell diskutiert wird, was den Schwerpunkt Pensionierungen, Frühpensionierungen betrifft, auch die Empfehlungen des Rechnungshofes aufge­griffen worden sind beziehungsweise zu Maßnahmen geführt haben. Nicht zuletzt war bei der Prüfung der ASFINAG bezüglich des Bauloses Herzogbergtunnel ein Erfolg zu vermerken, da auch in dem Fall seitens des Amtes der Steiermärkischen Landes­regie­rung, aber auch von der ASFINAG selbst die Empfehlungen des Rechnungshofes aufgegriffen worden sind.

Ich denke, in dem Zusammenhang sehr wohl erwähnen zu müssen, dass Kontrolle im Sinne des Organs, das heißt im Sinne der Gesetzgebung, erforderlich ist, dass auch weiter daran gearbeitet werden muss, die Kontrolle weiter auszubauen und zu ver­tiefen. Es sind auch im Konvent diesbezügliche Überlegungen angestellt worden, und ich denke, dass die Reputation beziehungsweise die Glaubwürdigkeit der Demokratie davon abhängt, dass die Kontrolle dementsprechend funktioniert.

Abschließend möchte ich mich bei Ihnen besonders bedanken, dass Sie die Tätigkeit des Rechnungshofes durch Ihre Wortmeldungen als objektiv und unbeeinflussbar anerkannt haben, und ich kann Ihnen versichern, dass die Tätigkeit des Rech­nungs­hofes in dem Sinne auch in Zukunft gestaltet und durchgeführt werden wird. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

14.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


14.35.49

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Präsident des Rechnungshofes! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Präsident Dr. Moser, Sie haben ja sehr deutlich herausgestrichen – dafür sind wir Ihnen und auch den MitarbeiterInnen Ihrer Institution immer dankbar gewesen –, dass Kontrolle ein zentrales Element ist, nicht nur in einer Demokratie, sondern auch in einem wirtschaftlich agierenden Gesamtkontext. Um diese Kontrolle geht es uns, und deshalb ist für uns der Rechnungshofausschuss der Angelpunkt der oppositionellen Kontrollaufgabe. Sie als Rechnungshofpräsident samt Ihrer Institution sind ja an sich ein Organ des Parlaments und in dem Fall ein Organ auch einer kontrollierenden Opposition. Das ist die Bedeutung, die hinter dem einen Satz steht, der heute schon wiederholt zitiert worden ist.

Dieses wichtige Organ des Rechnungshofes, die wichtige Person, die Sie darstellen, Herr Rechnungshofpräsident, hat eindeutig festgestellt, dass die für das Vorliegen einer Schenkungssteuerpflicht erheblichen Tatbestandsmerkmale unzureichend erho-


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ben worden sind, Herr Finanzminister. Das ist Diktum des Rechnungshofes, Diktum des Rechnungshofpräsidenten, und da kommen auch Sie, Herr Staatssekretär Finz, mit Ihren „Girlanden“, wie die Kommission, wie die verschiedenen Finanzämter et cetera begutachtet haben, nicht darum herum.

Es ist unzureichend erhoben worden, nicht vollständig erhoben worden, und des­wegen ist die Frage der Schenkungssteuerpflicht nicht endgültig geklärt, und des­wegen halten wir als Opposition und hält auch die Wissenschaft in der Person des Herrn Professors Doralt nach wie vor den Vorwurf aufrecht, dass Sie, Herr Finanz­minister, schenkungssteuerpflichtig sind und dass Sie ein Steuervergehen begangen haben und dass Sie insofern längst nicht mehr Finanzminister sein dürften!

Herr Kollege Finz, da hat Ihr ausweichendes Sprechen über die ganze Schulden­geschichte wirklich nur Ablenkungsfunktion. Und Ihre Darlegung, Herr Finanzminister, über allgemeine Gesichtspunkte der Finanzwirtschaft, die Sie heute wieder dargebracht haben, und über Schulden- und Staatshaushaltsentwicklung hat auch nichts damit zu tun. Thema, Inhalt und wesentlicher Fokus ist diese Schenkungs­steuerpflicht. Die Frage ist nach wie vor nicht endgültig geklärt, die Fakten nur unzureichend erhoben worden. Da bedarf es eines Untersuchungsausschusses.

Wir als Opposition müssen im Rechnungshofausschuss immer darauf dringen, dass endlich die Ladungspolitik eine andere wird. Sie laden mit Ihren Mehrheiten meistens nur Menschen ein, deren Auskunftsfähigkeit beschränkt ist, eben unzureichend. Wir haben bei unseren Ladungsvorschlägen, bei unseren Personennennungen den Ansatz, dass wir die Sache umfassend klären wollen, und dem kommen Sie in wieder­holten Fällen nicht nach. Das ist eben der qualitative Unterschied zu früher, sozusagen der negative Qualitätsaspekt einer schwarz-blau/orangen Regierung, dass Sie das Kontrollorgan des Parlaments, dass Sie den Rechnungshof als Institution des Parla­ments mit Ihrem Ladungsvorhaben, mit Ihrem Ladungsverhalten einfach konter­karieren. Dagegen protestieren wir wiederholt, hier und auch im Rechnungshof­aus­schuss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Verfahrensmängel in dieser Causa sind ja schon relativ klar dargelegt worden, die verschiedenen Ladungsdefizite habe ich auch erwähnt. Auf Grund der Bedeutung des Falles zeigt sich im internationalen Kontext – Herr Finanzminister, Sie lesen ja hoffentlich auch internationale Zeitungen, Magazine – immer wieder, dass in Österreich eine schlechte politische Kultur herrscht. Dass die Rechtskultur, was die Verantwortung von Politikern anlangt, auch durch Sie, durch Herrn Staatssekretär Finz, letztlich auch durch Herrn Bundeskanzler Schüssel, nicht verbessert, sondern eher ausgehöhlt wird, ist ja in den internationalen Medien teilweise auch schon nachzulesen gewesen.

Denken Sie an Parallelfälle in Deutschland! Ich weiß, jeder Fall hat eine andere Dimension, hat andere Details, nur: Dort wird die politische Verantwortung wahr­genommen und werden sehr schnell entsprechende Schritte gesetzt. Dort gibt es Rücktritte, dort gibt es Konsequenzen, dort verabschiedet sich auch ein Minister, vor allem dann, wenn es klar ist, dass Gelder von Interessenvertretungen von ihm per­sönlich verwendet werden und er genau die Steuerpolitik macht, die im Sinne dieser Interessenvertretung ist, die ihm Gelder schenkt. Das ist der Kreislauf, den wir politisch sehr stark kritisieren, wo Sie nicht die politische Moral haben, die Konsequenzen zu ziehen, worunter insgesamt sowohl der Rechtsstaat als auch die politische Kultur Österreichs leiden.

Deshalb, Herr Präsident Dr. Moser, bin ich Ihnen dankbar für Ihre klaren Worte. Ich wäre Ihnen noch dankbarer, wenn Sie es zusammenbrächten, dass insgesamt die


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Regierungsmehrheit in diesem Haus mehr auf der Seite des Rechnungshofes und der Opposition wäre. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Neudeck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.41.11

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Kollegin Moser hat in ihrem Redebeitrag behauptet, dass der Rech­nungshof ein Organ der Opposition ist, und nur dieser die Kontrollrechte ... (Ironische Heiterkeit des Abg. Reheis. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Des Parlaments, habe ich gesagt!) – Nein, Sie haben gesagt, ein Organ der Opposition, weil nur dieser die Kontrollrechte zustehen.

Ich stelle richtig, dass der Rechnungshof ein Organ des Parlaments ist und aus dem Bundesbudget und nicht aus Mitteln der Parteienfinanzierung der Oppositionsparteien bezahlt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


14.41.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss auf ein paar Argumente eingehen, die heute hier gebracht worden sind. Erstens: Generalsekretär Lopatka hat klargestellt, dass es der Opposition um eine rein politische Frage geht, dass die Argumente in keiner Weise sachlich aufbereitet worden sind.

Hohes Haus! Es wurde keine andere Causa, die wir hier in dieser Legislaturperiode zu behandeln hatten, so gut aufbereitet wie diese. Es wurden von den Strafbehörden alle Anzeigen zurückgelegt. Wir haben zahlreiche Dringliche Anfragen hier gehabt, parla­mentarische Anfragen. Es gab umfangreiche Äußerungen des Herrn Finanzministers, des Herrn Staatssekretärs. Und auch der Herr Präsident des Rechnungshofes hat das, was Sie behaupten, in allen Unterlagen, die er vorgelegt hat, und auch jetzt in der mündlichen Äußerung nicht so bestätigt. Also hier ist ein ganz großer Unterschied.

Es wird behauptet, wir verhindern die Ladung von Auskunftspersonen. Wir haben eine ganze Reihe von Auskunftspersonen im Einvernehmen festgelegt, und die wurden auch geladen. Wenn eine Person, nämlich der Vorsitzende des Ausschusses, von sich aus selbst jemanden einlädt und dann sagt: Na wenn er schon da ist, müsst ihr halt zustimmen!, dann ist das gar kein Argument. Und wenn dann im Ausschuss sogar Unterbrechungen ohne Grund vorgenommen werden, nur um der eigenen Meinung zum Durchbruch zu verhelfen, dann ist das sicher nicht gerechtfertigt.

Ich möchte noch einmal sagen: Der Rechnungshofausschuss ist kein Untersuchungs­ausschuss, sondern es geht darum, den Bericht des Rechnungshofes zu besprechen und festzustellen, was besser gemacht werden kann, und wir haben heute vom Herrn Finanzminister bereits gehört, welche Folgerungen es schon gegeben hat, was alles auf Grund des Berichtes des Rechnungshofes geschieht.

Aber auf eines möchte ich noch ganz besonders eingehen. Ich muss die Äußerung des Abgeordneten Pilz auf das Schärfste zurückweisen, dass der Fall Grasser ein Fall Schüssel geworden ist, weil Schüssel den Rechtsstaat außer Kraft gesetzt hat. Bitte, alle Komponenten des Rechtsstaates, die unabhängigen Gerichte funktionieren. Nie­mand hat hier irgendetwas außer Kraft gesetzt, sondern es ist bewiesen, dass alles in


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Ordnung ist! Weil Ihnen etwas nicht passt, zu behaupten, wir haben den Rechtsstaat außer Kraft gesetzt, ist schon ein ganz starkes Stück. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesem Sinne darf ich Sie alle ersuchen, den wirklich fundierten Bericht des Rech­nungshofes zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

 


14.45.03

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungs­hofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister, es ist mir schon klar, dass Ihnen das als Persönlichkeit der „Seitenblicke“-Generation, des öffentlichen Lebens nicht recht ist, wenn Sie in Kritik geraten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das berechtigt Sie aber nicht, Herr Bundesminister, da herauszugehen und in eine Märtyrerrolle zu schlüpfen und zu sagen: Na die bösen Roten, was mir die alles anhängen wollen!, nur um das zu zitieren. (Ruf bei der ÖVP: Aber es stimmt ja! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Für Sie gilt die gleiche Steuergerechtigkeit wie für jeden anderen Österreicher, wie für Sie und mich auch! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich den skurrilen Ideen vom Kollegen Lopatka einmal nachhängen darf, dann könnte ich auch sagen: Vielleicht hat der Herr Finanzminister in Kitzbühel die Nähe zum Kollegen Gusenbauer gesucht. Man weiß ja nicht, als zukünftiger Bundeskanzler wird er sich vielleicht etwas ausgedacht haben. Das könnte auch sein. (Ironische Heiterkeit des Abg. Hornek. – Beifall bei der SPÖ.)

Aber zurück, Herr Staatssekretär, zur Grundfrage Steuergerechtigkeit. Sie können uns erzählen, was Sie wollen, in Wirklichkeit wird das in Ihrem Umfeld für Ihre Beamten gelten – fragen Sie einmal die Beamten! Der Herr Präsident des Rechnungshofes hat die regionalen Unterschiede ja angesprochen. Dieser Einkommensteuerfall Grasser erscheint auch Ihren Beamten in einem anderen Licht, und viele Beamten sehen es auch anders.

Wenn ich noch ganz kurz auf die Werbungskosten eingehen darf: Sie alle als Abge­ordnete sind jährlich mit der Absetzung von Werbungskosten beschäftigt. In der Frage des Kilometergeldes, der Absetzbarkeit von Diäten et cetera sind Sie Einschränkungen ausgesetzt und können nur einen Teil Ihres Einkommens als Werbungskosten absetzen. Wenn das stimmt, was die Finanzämter IV, V und X in Wien ausgesagt haben, dann ist es so, dass unser Finanzminister ein Mehrfaches seines Jahres­ein­kommens als Werbungskosten hat absetzen können, und deswegen stellt man fest: Er ist gar nicht steuerpflichtig. – Ja, was heißt denn das, Herr Finanzminister? Entweder haben Sie mehrere Einkünfte, die Sie uns nicht deklariert haben und die nur das Finanz­amt kennt, oder Sie haben mehr abgesetzt, als Sie als Finanzminister dieser Republik verdienen.

Das Skurrile, Herr Bundesminister, ist nur das: Sie hätten – wenn das stimmt – Wer­bungskosten für eine Ausgabe abgesetzt, die Ihnen ein Dritter bezahlt hat. Wenn ich das auf einen Abgeordneten oder auf einen Ministerkollegen übertrage, Herr Finanz­minister: Morgen werde ich mir einen Sponsor suchen, der mir Geld überweist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie werden keinen finden!) Ich setze das dann als Werbungs­kosten ab. Am wichtigsten ist, dass dieser Sponsor anonym bleibt, dass er nicht


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genannt werden darf. Wo das hinführen würde, in die dunkelsten Zellen der Parteien­finanzierung, das können Sie sich ausdenken! (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. – Bitte.

 


14.47.54

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Eines all jenen, die hier einen weiteren Reinwaschversuch unternehmen: Der Präsident des Rechnungshofes hat einmal mehr betont, dass die Ausführungen im Rechnungshofbericht „dingfest“ sind. Und damit steht fest, dass die dem Herrn Finanzminister subordinierten Finanz­ämter, die ihn da gütigst geprüft haben, offenbar nicht ausreichend erhoben haben und deren Prüfungsergebnisse daher nicht ernst zu nehmen sind. Daher ist alles, was an Reinwaschversuch unternommen wurde, von vornherein aussichtslos. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eines allerdings hat der Rechnungshofbericht auch offen gelegt, nämlich dass die Marke KHG, die diese Homepage bewerben soll, ein Synonym für die Gesamt­er­scheinung dieser Bundesregierung ist (Abg. Lentsch: Wunschträume!), ein Syno­nym für politische Arroganz, die sich darin manifestiert, dass der Herr Bundesminister uns unterstellt, wir hätten ... (Bundesminister Mag. Grasser: Wenn Sie das sagen, ist ...!)  – Herr Bundesminister, wenn Sie zum Beispiel meinen, Sie hätten von Anfang an ge­wusst, dass die SPÖ eine Studie in Auftrag gegeben hat, die auf Ihre Demontage abgezielt hat (Zwischenruf des Abg. Amon), und Sie dennoch auf diese Art, durch eine Konstruktion, die Kollege Pilz im Detail dargestellt hat, versuchen, die Steuer zu umgehen und sich damit als der oberste „Säcklwart“ der Republik Steuervorteile zu erwirtschaften, dann ist das mehr als politische Arroganz.

Es ist aber auch ein Beispiel dafür, dass diese Regierung Wasser predigt und Wein trinkt. Wenn wir etwa draußen vor dem Bundeskanzleramt Spruchbänder lesen, die uns sagen, wir müssen mehr arbeiten und müssen uns mehr anstrengen, dann stellen wir fest, dass das offenbar für alle gilt, nur nicht für die Mitglieder dieser Bundes­regierung, denn diese lassen sich sogar die Werbung für sich selbst bezahlen.

Es ist aber auch ein Beispiel dafür, wie diese Bundesregierung das Aussitzen prak­tiziert. Nachdem der Herr Bundeskanzler jahrelang der Schweigekanzler war, wird uns jetzt demonstriert, wie man Probleme, die man einfach nicht mehr hören und sehen kann und die man nicht zur Kenntnis nehmen will, einfach aussitzt. Ob das der Herr Bundesminister ist, ob das seine Kollegin Gehrer ist, es wird ausgesessen, bis vielleicht irgendwann einmal jemand etwas vergisst. Eines wird aber passieren: Der Wähler wird das nicht vergessen!

Eines ist aber auch typisch, und das liegt in der Person des Herrn Bundesministers Grasser begründet. Der Herr Bundesminister ist ja auch menschlich eine interessante Erscheinung: Zunächst gehört er der Freiheitlichen Partei an, deren Obmann, Haider, ihn sozusagen in die Höhe pusht. (Ironische Heiterkeit und anhaltende heftige Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Kaum geht es mit dieser Partei bergab, wird die Freiheitliche Partei verlassen! Herr Bundesminister Grasser verlässt seine eigene politische Heimat, bleibt aber gleichzeitig dem Stil, den er gelernt hat, treu, nämlich dass er sich das Recht so macht, wie es ihm passt. – So wie es uns der Herr Landeshauptmann von Kärnten derzeit demonstriert, indem die Höchstrichter-Sprüche des Verfassungsgerichtshofes einfach ignoriert werden, so ignoriert Grasser seine eigene Steuergesetzgebung. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinz­horn gibt das Glockenzeichen.)


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Das führt dazu, dass wir dem letzten Mysterium auch noch ein Ende machen müssen, nämlich dass es sich um einen erfolgreichen Finanzminister handelt, wie uns heute suggeriert werden sollte: Der „erfolgreiche“ Finanzminister hat heute dasselbe Haus­haltsdefizit wie der so viel gescholtene Minister Edlinger im Jahr 1999, nur mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass das gesamte Familiensilber bereits verschwendet, ver­schleudert wurde und das Defizit sich nicht gebessert hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Deshalb fordern wir: KH, geh, und nimm bitte die Liesl Gehrer gleich mit! – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-158 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

14.52.07Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor wir zum nächsten Tagesordnungs­punkt kommen, teile ich Ihnen Folgendes mit:

Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Herr Abgeordneter Mag. Herbert Haupt auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Herr Elmar Lichtenegger in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Jakob Auer, um die Ver­lesung der Gelöbnisformel.

 


14.52.55

Schriftführer Jakob Auer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Ich gelobe.

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich begrüße den neuen Herrn Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

14.53.177. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungsbericht (III-159 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/8 (1266 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


14.53.49

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein Kapitel in dem Wahrnehmungs­bericht ist das Projekt Chipkarte, die e-card, die ja von Seiten der Regierungsfraktionen immer wieder als innovativer Zustand für sämtliche Menschen in Österreich verkauft wird.

Dass bei solch einem Jahrhundertprojekt, wie das ja immer wieder tituliert wird, auch sehr viele Späne fallen, wurde in diesem Rechnungshofbericht festgestellt. (Zwischen­ruf des Abg. Großruck.) Ein Punkt ist: Es gibt sehr hohe Projekt-Nebenkosten – es sind 27 Prozent, sprich: 27 Millionen €, die die Versicherten dazuzahlen mussten. Bei sonstigen Projekten sind es 16 Prozent – also Sie sehen, dass sehr viel Geld aus­gegeben wurde.

Bezüglich des Personalaufwandes wurde weiters vom Rechnungshof festgestellt, dass im Durchschnitt 94 000 € pro Beschäftigten in dieser Abteilung gebraucht wurden. Die Frau Ministerin hat im Ausschuss noch darauf hingewiesen, dass die Beschäftigten keine ausreichende Qualifizierung hatten. Meiner Meinung nach ist daher umso mehr zu diskutieren und zu kritisieren, dass hier sehr hohe Gehälter gezahlt worden sind.

Es gab – und so hat das auch der Rechnungshof festgestellt – von 10 Prozent bis 96 Prozent höhere Gehälter als die kollektivvertraglich festgelegten Gehälter und auf der anderen Seite noch eine sehr geringe Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Also auch wieder ein Beispiel dafür: Wenn Sie von Seiten der Regierungsfraktionen Projekte durchziehen wollen, dann ist Ihnen um Steuergelder, Versichertengelder nichts zu teuer und dann wird das aus dem Fenster geworfen. (Abg. Großruck: Reden Sie von der BAWAG?)

Weiters wurde eine informelle Organisation beauftragt, die „Research Industrial Soft­ware Engineering“, wo es keine Gewerbeberechtigung gab, wo es von Seiten der Universität auch keine Meldung der Nebenbeschäftigung gab für den Professor, der da mitgewirkt hat, und wo es auch keinen schriftlichen Vertrag mit dem Verein gegeben hat. Dieser Verein wurde mit 2,22 Millionen € als Direktvergabe und nicht nach dem Bundesvergabegesetz beauftragt. – Sie sehen hier ein weiteres Beispiel dafür, wie von Seiten der Regierungsfraktionen mit Versichertengeldern und SteuerzahlerIn­nengel­dern sehr schlampig umgegangen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schöls. Herr Abgeordneter, ich muss Ihnen die Uhr auf 4 Minuten stellen, weil wir um 15 Uhr die Dringliche aufrufen. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


14.56.50

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute hat man wieder einmal so richtig gesehen, wie es die Sozialdemokratische Partei schmerzt, dass Ihnen der Wähler die Verantwortung für das Regieren entzogen hat (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ), denn alles, was Sie seinerzeit auch positiv mit anzudenken begonnen haben, wird jetzt schlechtgeredet. Die Idee der e-card ist ja eine, wo sozialdemokratische Sozialminister – Hums, Hostasch – nichts zusammengebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) In der jetzigen Ära ist es gelungen, ein positives Projekt zu führen.


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Sie tun sich schwer, und Sie werden es Ihren Funktionären, die in der Selbst­verwaltung tätig sind, sagen müssen, dass das ein schlechtes Projekt ist – denn so geht es nicht, dass Sie hier im Rechnungshofausschuss und überall das Projekt e-card schlechtreden, und Ihre Funktionäre in den Selbstverwaltungen der Krankenkasse draußen sagen, wie gut dieses Projekt ist! – Und das ist die Wahrheit, denn die Ver­sicherten nehmen dieses Projekt an, und den Versicherten ist das, was Sie an parteipolitischem Kleingeld herauszuschlagen versuchen, vollkommen egal.

Ich danke dem Kollegen Kandlhofer und allen, die es im Hauptverband zustande gebracht haben, eine vernünftige, eine machbare Lösung zu finden.

Und ich sage Ihnen nur: Wenn Sie vom Wähler aus der Verantwortung genommen sind, dann nehmen Sie sich selbst aus der Verantwortung. Ich rede nicht über Kollegen Puswald, der in einer Art Selbstverleugnung vor ein paar Minuten ein Schauspiel geliefert hat, das beschämend ist, denn er ist der Letzte, der dem Finanzminister seine politische Vergangenheit vorzuwerfen hat. – Aber das ist eine andere Geschichte, das muss er ja auch selbst mit sich ausmachen. (Abg. Großruck: Was war denn?)

Aber Sie haben es zustande gebracht, unsinkbare Schiffe wie die sozialistisch domi­nierten Banken von der Bildfläche verschwinden zu lassen. In Ihrer Ära ist der „Kon­sum“ verschwunden, ist die „AZ“ verschwunden! Sie haben versucht, die VOEST krankzureden – es ist aus der VOEST eine Erfolgsgeschichte geworden! Sie ver­suchen, die Post-Privatisierung – die Sie auf europäischer wie auf österreichischer Ebene eingeleitet haben – jetzt schlechtzureden, weil Sie mit der Verantwortung nicht dabei sind.

Bei der e-card haben wir gesehen, dass wir viele Funktionäre für die positive Mit­gestaltung nicht brauchen, und die Republik wird weiterhin damit leben können.

Ich danke den Beamten des Rechnungshofes für die Prüfung, ich danke aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Sozialversicherungen, die trotz der Politik, die Sie gegen diese Institute und die Einrichtungen machen, so gute Arbeit leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 7 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.05 Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Börsenein­führungen (765/A) (E)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 765/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die ÖIAG hat den Auftrag gemäß ÖIAG-Gesetz 2000 und Privatisierungsauftrag der Bundesregierung vom 1. April 2003 vorrangig Unternehmen oder Anteile an Unter­nehmen zu 100 % neuen Eigentümern, strategischen Partnern oder an die Börse zu bringen:


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Die gemäß dem Privatisierungsauftrag der Bundesregierung von der ÖIAG durch­zuführenden Privatisierungen sollen zu einer möglichst hohen Wertsteigerung der Unter­nehmen führen und einen möglichst hohen Erlös für den Eigentümer erbringen. Zusätzlich sind die österreichischen Interessen wie folgt zu wahren:

Schaffung bzw. Erhaltung sicherer Arbeitsplätze in Österreich;

nach Möglichkeit Aufrechterhaltung der Entscheidungszentralen der zu privatisie­ren­den Unternehmen in Österreich durch Schaffung österreichischer Kernaktionärs­struk­turen durch Syndikate mit industriellen Partnern, Banken, Versicherungen, Pensions­kassen, Vorsorgekassen, Fonds etc.;

Erhaltung und Ausbau der bestehenden Forschungs- und Entwicklungskapazitäten;

Berücksichtigung des österreichischen Kapitalmarktes.

Die ÖIAG ist ermächtigt, die erforderlichen gesellschaftsrechtlichen und finanziellen Maßnahmen zu treffen, die die Wahrnehmung einer stabilisierenden Rolle im Sinne des Unternehmens, der Mitarbeiter  und des Standortes ermöglicht. Ausdrücklich wird die ÖIAG ermächtigt, bei Kapitalerhöhungen mitzugehen, um die Ziele des Regie­rungsauftrages zu erfüllen.

Ziel ist,

1. die Beibehaltung der österreichischen Kernaktionärsstruktur des Unternehmens,

2. die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale und Arbeitsplätze in Österreich,

3. die Wahrung der Einheit des Unternehmens, und

4. die Förderung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten.

Die ÖIAG hat seit 1987 zahlreiche erfolgreiche Privatisierungen und Börsengänge durchgeführt. Der erste Börsengang war die erfolgreiche Abgaben von 15 % an der ÖMV über die Börse. Folgende Privatisierungen waren besonders erfolgreich

BÖHLER-UDDEHOLM Aktie – Aktienwert vervierfacht!

März 1995: 39,97 € Erstausgabekurs

Jänner 2006: 153,20 €;

Flughafen Wien Aktie – Aktienwert mehr als verdoppelt!

Juni 2002: 24,35 € Erstausgabekurs

Jänner 2006: 62,30 €;

Voest Alpine Stahl Aktie – Aktienwert fast verdreifacht!

Oktober 2003: 32,50 € Erstausgabekurs

Jänner 2006: 87,00 €;

Telekom Austria Aktie – Aktienwert mehr als verdoppelt!

November 2000: 9 € Erstausgabekurs

Jänner 2006: 19,70 €;

OMV Aktie – Aktienwert auf das 18-fache gestiegen!

Dezember 1987: 32 € Erstausgabekurs

Juli 2005 Aktiensplitt 1:10

Jänner 2006: 57,00 €.


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135. Sitzung / Seite 122

In allen privatisierten ÖIAG-Unternehmungen konnte ein beträchtlicher Mitarbeiter­zuwachs verzeichnet werden.

Die positiven Auswirkungen der Privatisierungsschritte auf die jeweiligen Unternehmen werden durch deren Wertentwicklung eindrucksvoll bestätigt. Und auch die öster­reichischen Interessen konnten – entsprechend den Vorgaben aus dem Privatisie­rungsauftrag – weitgehend gesichert werden.

Alleine seit Ende 2000 wurden Privatisierungserlöse in Höhe von rund EUR 5 Mrd. erzielt.

Trotz Verkaufs diverser Beteiligungen ist der Wert des ÖIAG-Portfolios von EUR 5,035 Mrd. Ende 2000 auf EUR 8,211 Mrd. zum Jahresende 2005 gestiegen (Privatisierungserlös von EUR 5,387 Mrd.). Einen wesentlichen Beitrag leistet hier auch die aktive und gezielt auf Wertsteigerung ausgerichtete Führung und Kontrolle der Beteiligungsunternehmen. Insgesamt konnte in den letzten fünf Jahren das ÖIAG-Portfolio um 3,176 Mrd. erhöht werden.

Gleichzeitig konnte auch die Zielsetzung des Schuldenabbaus - ausgehend von einem Höchststand von über EUR 6 Mrd. Ende 1999 - erfüllt werden. Mit dem im Dezem­ber 2004 erfolgten Privatisierungsschritt in der Telekom Austria wurde ein wesentlicher Schritt in Richtung vollständiger Entschuldung der ÖIAG gesetzt.

Wie man sieht, ist ein Börsegang gut für ein Unternehmen – gut für seine Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter, gut für Kunden und Zulieferer, gut für das Ergebnis, gut für unsere Wirtschaft und damit gut für ganz Österreich. Die Börsegänge dieser ehemaliger Staatsbetriebe beweisen das eindrucksvoll: Die in den vergangenen Jahren ent­staatlichten Unternehmen stehen heute wesentlich besser da als vorher. Sie bieten sichere Arbeitsplätze, beleben andere heimische Firmen mit ihren Aufträgen und erbrin­gen weltweit anerkannte Leistungen. Durch internationale Expansion – vor allem in den Wachstumsmärkten Zentral- und Osteuropas – sind sie wirtschaftlich gesichert und langfristig erfolgreich. Im Ausland beneidet man uns um diesen Weg, die Bür­gerinnen und Bürger Österreichs können zu Recht stolz darauf sein.

Nun wird die Österreichische Post AG diese Erfolgsgeschichte der Börsegänge fort­setzen, denn im Börsegang der Post liegt die Zukunft . 51% der Österreichischen Post AG gehören weiterhin der Republik Österreich. Die Post bleibt also in jedem Fall rot-weiß-rot!

Der Börsegang wurde bereits im Jahr 1996 unter Finanzminister Mag. Viktor Klima auch mit den Stimmen der SPÖ im Poststrukturgesetz zum ersten Mal beschlossen: Nach der Ausgliederung und Umwandlung der staatlichen Post und Telegraphen­verwaltung in eine Aktiengesellschaft sollte bis zum 31. Dezember 1999 eine Bör­seneinführung der Gesellschaft erfolgen. Weitere Gesetzesbeschlüsse erfolgten unter Finanzminister Rudolf Edlinger in den Jahren 1997 und 1998, wo mittels Novellen des Poststrukturgesetzes weitere diesbezügliche Konkretisierungen vorgenommen wurden.

Die für einen Börsegang erforderliche Vorbereitungszeit ist nun im erforderlichen Ausmaß gegeben. Der Zeitpunkt ist der bestmögliche: Zum einen hat die Post als Unternehmen ihre Börsenreife erlangt, wie das auch ein Gutachten der Invest­mentbank Goldman Sachs bestätigt. Zum anderen ist das erste Halbjahr 2006 vom Kapitalmarktumfeld als günstig einzustufen. Aufgrund des konsequenten Restrukturie­rungskurses hat sich die Österreichische Post AG zu einem national erfolgreichen Unternehmen entwickelt. Vor diesem Hintergrund ist die Suche nach einem strate­gischen Partner nicht mehr aktuell. Im internationalen Qualitätsvergleich – Stichwort Zustellgeschwindigkeit – liegt das Unternehmen an der Spitze. Durch Fortsetzung des Restrukturierungskurses, ein Vorantreiben der Expansion sowohl im Paket- als auch im


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Briefbereich in Richtung Zentral- und Osteuropa sowie Maßnahmen zur Qualitäts­verbesserung und Produktinnovationen soll die Wettbewerbsfähigkeit der Post weiter gestärkt werden.

Der Börsegang sorgt für mehr:

Wachstum: Investitionen in die Zukunft des Unternehmens 

Chancen: Expansion in Richtung Südosteuropa

Jobsicherheit: Wachstum wirkt sich positiv auf Beschäftigung aus

Geld für Forschung und Entwicklung

Ein Börsegang der Österreichischen Post AG kombiniert somit auf ideale Weise Sicherheit und Fortschritt: Der Staat behält die Mehrheit – die Post bleibt rot-weiß-rot. Zugleich kann sich jede Österreicherin und jeder Österreicher an der Post beteiligen.

Die Aktien der Post sollen nämlich breit gestreut werden. Das Ziel ist also nicht, einige wenige Großaktionäre zu gewinnen, sondern im Sinne der Idee einer „Volksaktie“ möglichst viele Österreicherinnen und Österreicher als direkte Eigentümer an der Post zu beteiligen.

Darüber hinaus ist wie schon im Jahr 1999 bei der Telekom Austria auch bei der Post daran gedacht, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen von Beteiligungs­programmen zu Aktionären ihres Unternehmens zu machen. Die entsprechenden Erfahrungen bei der Telekom Austria zeigen, dass eine solche Maßnahme die Moti­vation und die positive Identifikation mit dem Unternehmen stärkt und den Mitarbeitern auch finanzielle Vorteile bringt.

Der Kapitalmarkt bringt der Post nicht nur den Zugang zu finanziellen Mitteln, sondern auch die entscheidende Triebkraft: die Ausrichtung auf ertragreiches Wachstum. Das sichert bestehende und schafft neue Arbeitsplätze. Diese Strategie kommt den Kun­dinnen und Kunden genauso zugute, wie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens, seinen Ergebnissen genauso wie seiner Leistungsqualität, der Arbeits­platzsicherung, der Versorgungssicherheit und der Stärke im Wettbewerb. Und nur diese Strategie – das beweisen Börsegänge ehemals verstaatlichter Unternehmen in den letzten Jahren – bringt Erfolg, Wachstum und Sicherheit.

Vorteile bringt der Börsegang daher für:

Mitarbeiter: Beschäftigung wird langfristig gesichert,

Kunden: Versorgungssicherheit wird gewährleistet,

Unternehmen: Kapitalquelle für Expansion wird erschlossen, sowie

Anleger: alle Österreicherinnen und Österreichern haben die Möglichkeit, Eigentümer am leistungsfähigen Unternehmen Post zu werden.

Ein vorrangiges Ziel ist natürlich auch die Sicherheit und Aufrechterhaltung der Dienst­leistungen und Angebote der Österreichischen Post AG, denn nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch im ländlichen Raum haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf eine kundenorientierte und flächendeckende Versorgung mit Post­dienstleistungen.

Die Post-Universaldienstverordnung bleibt von einem Börsegang der Österreichischen Post AG völlig unberührt!

Es wird folglich weiterhin eine den Bedürfnissen der Kunden entsprechende, qualitativ hochwertige, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit den im Rahmen des Universaldienstes zu erbringenden Postdienstleistungen geben.


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Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgenden

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt die bisherigen erfolgreichen Börseneinführungen, welche nicht nur zu einer nachhaltigen Wertsteigerung und verbesserten Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen, sondern auch zu einer langfristigen Absicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitplätze am Wirtschaftsstandort Österreich geführt haben. Der Bundesminister für Finanzen wird daher ersucht, nun diese erfolgreiche Politik bei der Österreichischen Post AG fortzusetzen und somit für mehr

Wachstum: Investitionen in die Zukunft des Unternehmens,

Chancen: Expansion in Richtung Südosteuropa,

Jobsicherheit: Wachstum wirkt sich positiv auf Beschäftigung aus und

Geld für Forschung und Entwicklung

zu sorgen. Weiters wird der Bundesminister für Finanzen ersucht, bei zukünftigen Kapitalerhöhungen der Post sicherzustellen, dass der Anteil der Republik nicht unter 51 % sinkt.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Mol­terer als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

 


15.00.37

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin für eine österreichische Post, und die beste Absicherung dafür ist dieser Börsegang, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt bin ich nur etwas verwundert, warum meine Kollegen klatschen, eigentlich hätte ich erwartet, dass die SPÖ klatscht. Wissen Sie, von wem dieser Satz stammt? – Von Ihrem Parteimitglied, ehemaligen Staatssekretär und Generaldirektor der OMV Dr. Ruttenstorfer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ein guter Mann, meine Damen und Herren, der auch in diesem Sinne durchaus unsere Unterstützung hat! Ich weiß nicht, wie es ihm geht, wenn Sie so eine Generaldirektoren-Weglegung betrei­ben. – „Kindesweglegung“ will ich ja nicht unbedingt sagen, wenn es um Wolfgang Ruttenstorfer geht; Kind ist er ja nicht, aber ein exzellenter Mann, und er hat Recht!

Er ist im Übrigen nicht alleine mit dieser Meinung, dass der Börsegang richtig ist; ich zitiere: Die Postprivatisierung durch einen Börsegang ist positiv. – Wiederum kein Applaus von der SPÖ, obwohl dieses Zitat von der ehemaligen SPÖ-Staatssekretärin und jetzigen Generaldirektorin von Siemens Österreich ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Eine


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kluge Frau!) Das ist ja kein Niemand, ganz im Gegenteil: eine wirklich exzellente Expertin! Schade: Wiederum eine Generaldirektors-Weglegung in der SPÖ!

Wie halten Sie es denn eigentlich mit Ihren Genossen dann, wenn sie von der Wirt­schaft etwas verstehen – oder ist das eventuell ein Widerspruch zur SPÖ, meine Damen und Herren? (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: Ich habe hier die Aussagen eines Kaufinteressenten für die Postaktien, der gesagt hat, er wäre durchaus in der Lage und auch willens, einige Prozent der Postaktien zu kaufen. Er heißt Dr. Hannes Androsch; dieser dürfte Ihnen ja auch nicht ganz unbekannt sein. Warum ist es eigentlich so, dass die SPÖ dann, wenn ein ehemaliger SPÖ-Finanzminister, der in der Wirtschaft tätig ist, etwas für mich Richtiges sagt, ein Problem damit hat? Hat da nicht eventuell die SPÖ ein Problem mit ihrer Politik, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist doch eigentlich ein Zeichen dafür, wo Wirtschaftskompetenz nicht zu Hause ist.

Generaldirektor Androsch gibt uns übrigens sogar den Tipp, die Post bis zu 75 Prozent zu privatisieren, weil er meint, dass die 49 Prozent vielleicht nicht weit genug gehend sind. Da bin ich nicht der Meinung von Hannes Androsch. Ich erinnere daran, dass auch Van der Bellen die Frage gestellt hat, ob nicht eine Vollprivatisierung der Post möglich wäre. – Wir gehen nicht so weit, weil die Post auch in Zukunft rot-weiß-rot bleiben sollte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber wie reagiert jetzt die SPÖ darauf? Das ist ja ganz interessant. Wie SPÖ-Wirtschaftsexperten reagieren, habe ich Ihnen schon gesagt, aber wie reagiert die SPÖ? – Da gibt es einmal die Fraktion der Sozialistischen Gewerkschafter, die sagt: Wir sind für den Börsegang, aber wir streiken! – Also wie das zusammenpasst, ist mir nicht ganz klar: Wir sind für den Börsegang – Aussage vom Kollegen Fritz –, aber wir streiken! Wissen Sie, warum gestreikt wird? Weil der Börsegang zum jetzigen Zeitpunkt nicht ganz optimal ist und vielleicht erst in einem Jahr passieren sollte. Gleichzeitig verhandelt aber derselbe Postgewerkschafter Fritz über die Bedingungen des Börsegangs. Also wie das zusammenpasst, das muss die FSG erklären.

Im Gegensatz zu dieser wirklich schwer nachvollziehbaren Haltung haben die Christ­gewerkschafter verständlicherweise eine absolut konstruktive Haltung eingenommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie haben gesagt: Wir wollen für unsere Mitarbeiter das Maximum herausholen und lassen uns nicht vor den Parteikarren spannen.

Wie reagiert die SPÖ? – Bei dieser Wanderung durch die Innenstadt ist unter anderem der SPÖ-Präsident Tumpel von der Arbeiterkammer an der Spitze mitgegangen. Und da habe ich den Eindruck gehabt, er trauert alten Zeiten nach. Er trauert offensichtlich jener Zeit nach, wo es üblich war, dass im Arbeiterkammer-Sekretariat die Personal­entscheidungen der Verstaatlichten getroffen worden sind, meine Damen und Herren. Diesen Zeiten trauert Tumpel offensichtlich nach.

Herr Abgeordneter Moser, seines Zeichens Wirtschaftssprecher der SPÖ, sieht wie immer den Untergang des Abendlandes. Das ist ja nicht neu: Bei jeder Aktion sieht Abgeordneter Moser den Untergang des Abendlandes. Und dann kommt der SPÖ-Vorsitzende Dr. Alfred Gusenbauer ... (Rufe bei der ÖVP: Wo ist er?) Er ist hier, danke dafür! (Rufe bei der ÖVP: Wo? Wo? – Abg. Scheibner: Der muss sich versteckt haben!) Alfred Gusenbauer sagt, er brauche eine Nachdenkpause. Das ist ja die interessanteste aller Äußerungen: Dr. Alfred Gusenbauer braucht eine Nachdenkpause bis Juni!

Und jetzt sage ich Ihnen: Wenn das die Reaktion einer ehemaligen staatstragenden Partei in Wirtschaftsfragen ist, dann ist das eigentlich relativ entlarvend.


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Herr Dr. Gusenbauer, ich sage Ihnen, eigentlich haben Sie seit dem Jahr 1996 Zeit zum Nachdenken gehabt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.) Warum? Es ist Ihnen in Ihrer Agitation offensichtlich entgangen, dass es im Jahre 1996 – wenn ich mich richtig erinnere, war damals Klima Finanzminister und Vranitzky Bundeskanzler, beide SPÖ, und es hat ein Arbeitsübereinkommen gegeben, in dem die Privatisierung der Post festgelegt wurde (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter–, dass es im Jahre 1996 – das ist für Sie schon etwas lang zurück, Herr Kollege Matznetter, da sind Sie zu jung – einen Beschluss hier im Hohen Haus gegeben hat, die Post zu privatisieren, und zwar bis zum 31. Dezember 1999, meine Damen und Herren. Ich frage mich: Warum ist etwas für einen SPÖ-Gewerkschafter, wenn es ein roter Minister macht, recht, während, wenn es eine andere Regierung macht, demonstriert wird? Also diese Logik der Gewerkschaft ist mir nicht nachvollziehbar, Herr Präsident!

Apropos Nachdenkzeit, Herr Kollege Gusenbauer: Im Jahre 1998 wurde übrigens dieser Beschluss unter einer SPÖ-Regierung neuerlich wiederholt, ja, es wurde sogar damals eine Teilung vorgenommen – heute würde die SPÖ wahrscheinlich sagen, Zerschlagung –, eine Teilung in Post, Telekom und Bus. Eine richtige Entscheidung, die, finde ich, absolut okay ist. Warum stehen Sie heute nicht mehr zu dem, was Sie damals begrüßt haben, meine Damen und Herren? Dieses politische Kurzzeit­gedächtnis steht eigentlich einer so genannten, oder zumindest behaupten Sie es von sich selbst, staatstragenden Partei nicht an.

Ich frage mich: Haben Sie damals nicht nachgedacht, oder haben Sie Ihre Meinung geändert? Dann sagen Sie es!

Ich sage Ihnen, wir sind konsequent geblieben, weil wir diesen Weg für richtig halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wann, wenn nicht jetzt, meine Damen und Herren, ist der Zeitpunkt, um diese Entscheidung von damals auch umzusetzen?! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das ist vielleicht auch ein feiner Unterschied zwischen ÖVP und SPÖ, Herr Matznetter: Die SPÖ ist nicht so schlecht, wenn es um Ankündigungen geht, aber wenn es ums Umsetzen geht, dann verlässt sie halt der politische Mut. Das ist der Unterschied zu uns: Wir tun das, was wir für richtig halten, nicht nur in Worten, sondern wir setzen es auch in Taten um, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Übrigens: Warum ist nun der richtige Zeitpunkt? – Ich denke, dass jetzt die Post gut vorbereitet ist, und ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Post, dass sie diesen Reformweg des Postmanagements offensiv mitgetragen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Daher ist die Post heute gut aufgestellt, braucht keinen strategischen Partner, sondern ist in der Lage, gemeinsam mit dem Eigentümer Bund und dem Eigentümer Mitarbeiter oder breit gestreut an der Börse modern das Richtige zu tun, meine Damen und Herren.

Wir wollen damit für die Post die Voraussetzungen schaffen, um in der Zukunft bestehen und wettbewerbsfähig sein zu können. Wir wollen der Post die Möglichkeit geben, dass sie expandieren kann und damit zur Arbeitsplatzsicherung beiträgt. Das ist unsere strategische Überlegung, warum wir diesen Schritt jetzt für richtig halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen nicht nur, dass an die Börse gegangen wird, sondern wir wollen auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich bei diesem Börsegang an ihrem eigenen Unternehmen beteiligen können. Übrigens eine alte christlich-soziale Idee: breite Eigentumsstreuung in Arbeitnehmerhand. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Herr Präsident Verzetnitsch, Sie wissen, ich schätze Sie, aber ich war sehr verwundert, sage ich Ihnen offen, wie ich Sie zu diesem Thema Stellung nehmen gesehen habe, wo Sie offensichtlich kontra Cœur politisch argumentieren mussten. Wie defensiv Sie an die Frage Chance auf Mitarbeiterbeteiligung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post herangegangen sind, das war für mich enttäuschend. Ich sage Ihnen, ein Gewerkschaftsfunktionär müsste doch offensiv diese Möglichkeit ergreifen und sagen: Jawohl, unsere Mitarbeiter wollen sich beteiligen, unsere Mitarbeiter werden sich beteiligen, und je mehr, desto besser! Sie hingegen haben gesagt: Wenn es sein muss, dann nehmen wir es halt, wenn es uns angeboten wird! – Das verstehe ich nicht. Ein Gewerkschafter müsste doch etwas anderes tun, der müsste doch sagen: Jawohl, her mit dieser Chance Mitarbeiterbeteiligung!, die wir übrigens bei der Post selbst­verständlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anbieten.

Noch einmal: Während nach außen marschiert wird, wird nach innen verhandelt. Bedauer­lich habe ich es nur gefunden, wenn ich richtig informiert bin – ich habe es zumindest im Fernsehen gesehen –, dass bei dieser Wanderung zum Finanzminis­terium ein Gesprächsangebot des Herrn Bundesministers Grasser, konkret über diese Frage zu verhandeln, von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter abge­lehnt worden ist. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Jetzt frage ich Sie: Was soll das? Man kann doch nicht eine ausgestreckte Hand zur Verhandlung, einfach weil es die SPÖ anders anschafft, zurückweisen. Ich bin Gewerkschaftsmitglied – bei der richtigen Abteilung, Fritz Neugebauer (Beifall bei der ÖVP) –, und ich sage Ihnen, ich verstehe das nicht. Ich habe mir doch immer gedacht, die Gewerkschaft wäre interessiert an Gesprächen mit der Regierung. Da gibt es ein Angebot auf Verhandlung – wird abgelehnt. Schade! Das ist nicht mein Verständnis von Gewerkschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir werden daher diesen Post-Börsegang zu einer Erfolgs­geschichte machen, und die SPÖ steht – aber das ist ihr Problem – wieder einmal auf der falschen Seite. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, das ist aber nicht neu in Fragen der Wirtschaftspolitik, insbesondere der Verstaatlichten-Politik. Die SPÖ ist in der Frage Verstaatlichten-Politik fast immer auf der falschen Seite gestanden, und das Verstaatlichten-Debakel in Österreich hat einen Namen: Sozialdemokratische Partei Österreichs.

Meine Damen und Herren! Sie haben – und das muss man sich auf der Zunge zer­gehen lassen – zwischen 1980 und 1992, alleine in diesen zwölf Jahren, 4,4 Milliar­den € an Steuergeld, 60 Milliarden Schilling, in die Verstaatlichte gepumpt – und der Effekt war: 55 000 Jobs weniger!

Also wenn das Wirtschaftskompetenz ist, dann würde ich sagen, da haben Sie noch viel nachzuholen, meine Damen und Herren. Die Verstaatlichte ist eines der echten Sorgenkinder gewesen und hat den Wirtschaftsstandort Österreich nach unten gezogen, und erst als wir in dieser Konstellation angetreten sind, haben wir uns in der Bundesregierung ganz klar zu einem Privatisierungskurs verstanden. Heute ist die ÖIAG schuldenfrei, meine Damen und Herren (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen), es muss kein Steuergeld hineingeschossen werden, und die Unternehmen, die noch in der ÖIAG sind, haben einen höheren Wert.

Aber auch für die Unternehmen, die privatisiert wurden, hat sich dieser Weg gelohnt, meine Damen und Herren. Wenn hier über die Aktienkurse geredet wird, dann habe ich immer den Eindruck, da gibt es den einen oder anderen bei der SPÖ, dem es kalt über den Buckel läuft, wenn er das Wort „Aktie“ hört. Ich möchte es „übersetzen“ und sagen, die Aktie ist der Ausdruck dafür, wie viel ein Unternehmen wert ist. Und eigentlich ist ein guter Aktienkurs doch etwas, worauf wir stolz sein sollten, weil er den Wert des Unternehmens ausdrückt.


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Böhler-Uddeholm: Aktienwert vervierfacht; Flughafen Wien: Aktienwert fast verdrei­facht; voestalpine: Aktienwert fast verdreifacht; Telekom Austria: Aktienwert mehr als verdoppelt; OMV: Aktienwert sage und schreibe auf das Sechzehnfache gestiegen. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, die OMV ist heute sechzehnmal mehr wert als vor der Privatisierung!

Und jetzt sagt noch jemand, dass diese Schraube zurückgedreht werden sollte, weil doch der Staat wieder mehr Einfluss haben sollte. Wissen Sie, wie der heißt? Es ist der SPÖ-Wirtschaftssprecher Moser, der wiederum den Untergang des Abendlandes sieht, und niemand widerspricht ihm, außer den der SPÖ angehörigen Wirtschaftsexperten Ederer, Ruttenstorfer, Androsch, aber niemand aus diesem Klub. Sie auch nicht, Herr Dr. Gusenbauer! Heißt das, die SPÖ hat wirklich den Retrokurs als Ziel?

Das ist auch der prinzipielle Unterschied: Wir vertrauen dem Unternehmertum – und Sie wollen die Wirtschaft lenken. Wir wollen den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft reduzieren – Sie wollen den Einfluss des Staates ausbauen. Sie wollen den Staat als Eigentümer von solchen Unternehmen – wir wollen ein breites Eigentum, wo die Mitarbeiter auch eine Möglichkeit haben, Eigentum zu erwerben. Das ist der Unter­schied, meine Damen und Herren! Auf der falschen Seite sind Sie gestanden und stehen Sie nach wie vor. (Beifall bei der ÖVP.)

Apropos Mitarbeiterbeteiligung: auch das eine echte Erfolgsgeschichte, und die SPÖ steht auch hier auf der falschen Seite. Meine Damen und Herren, wenn jemand bei der voestalpine im Wert von 1 000 € Aktien erworben hat, dann hat er heute Eigentum im Wert von 4 800 €. 1 000 € investiert, heute einen Wert von 4 800 €. Das ist doch etwas Positives!

Ich bin stolz darauf – warum sind Sie es nicht? –, dass etwa 10,3 Prozent der voest­alpine-Aktien den Mitarbeitern gehören in der Stiftung. Das ist doch eine gute Sache! Warum sagen Sie nicht, wir wollen bei der Post über Mitarbeiterbeteiligung ver­handeln? Es ist schade, dass die Fraktion der Sozialdemokratischen Gewerkschafter, weil es dem Herrn Gusenbauer nicht ins Konzept passt, nicht verhandeln darf, wie mir scheint.

Oder etwa Telekom Austria: Wenn jemand, Herr Dr. Gusenbauer, 1 000 € in Aktien der Telekom Austria investiert hat, hat er heute einen Gegenwert von 3 380 €. Oder wenn jemand in die OMV 1 000 € investiert hat, wissen Sie, welchen Gegenwert der heute besitzt? – 16 400 € Gegenwert! Es handelt sich hier um Mitarbeitereigentum bezie­hungs­weise breit gestreutes Eigentum. (Beifall bei der ÖVP.) Das wollen wir. Sie stehen auf der falschen Seite, meine Damen und Herren von der SPÖ.

Apropos Erfolgsgeschichte: Die Voest – ich bin Oberösterreicher und weiß daher, wie wichtig und emotional besetzt dieses Thema ist – ist eine Erfolgsgeschichte, seit die Privatisierung konsequent umgesetzt worden ist. Wer auf der falschen Seite gestanden ist, können Sie sich ausrechnen: die SPÖ, meine Damen und Herren.

Sie von der SPÖ haben Angstmache und Polemik betrieben, weil der oberöster­reichische Wahlkampf offensichtlich dominiert hat. Mir ist klar geworden, dass die SPÖ – und das hat der damalige Wahlkampf gezeigt – für Macht alles macht. Sie haben nämlich damals behauptet, der Totalverkauf der Voest ziehe zwangsläufig eine Zerschlagung nach sich, und in drei bis fünf Jahren werde es das Unternehmen nicht mehr geben. – Wirtschaftssprecher Moser.

Erich Haider, Oberösterreich, hat gesagt, der Wahnsinn sei zu verhindern. Zehn­tausende Arbeitsplätze seien in Gefahr. Der Voest-Börsegang sei ein Wirtschafts­debakel.


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Die Wahrheit, meine Damen und Herren, ist ganz anders: Die Voest ist heute ein so erfolgreiches Unternehmen wie nie zuvor, schreibt jedes Quartal Gewinne, hat mehr Mitarbeiter als vor dem Börsegang, bildet dankenswerterweise tausend Lehrlinge aus. Die Aktien sind gestiegen, und in Oberösterreich, meinem Heimatbundesland, wird investiert. Die Führung und die Mitarbeiter des Unternehmens wissen, es war richtig. Wir sind auf der richtigen Seite gestanden, Sie auf der falschen, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Apropos falsche Seite: Wenn ich mir anschaue, was Sie von der SPÖ im Banken­bereich zu verantworten haben, so muss ich sagen, dass das die geradezu klassische falsche Seite ist. Bank Burgenland: Zuerst wird ein Schaden herbeigeführt: 416 Mil­lionen €, die der Steuerzahler zu berappen hat – und dann wird privatisiert! Abgeord­neter Moser würde es wahrscheinlich „Ausverkauf“ nennen! Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren von der SPÖ?!

Weiters: Der Wert der Bank Austria an der HVB, als damals dieser Aktientausch eingegangen wurde, war 1,7 Milliarden €. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) – Jetzt sind das nur mehr 500 Millionen €! Vermögensvernichtung nennt man das, meine Damen und Herren! Das ist Ihre wirtschaftspolitische Konzeption, die wir nicht teilen! (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Wir, meine Damen und Herren, wollen mit diesem Börsegang den Wirtschaftsstandort stärken, die Arbeitsplätze sichern und dem Unternehmen Post eine Perspektive bieten. Die Post bleibt rot-weiß-rot! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen sowie Bravorufe bei der ÖVP.)

15.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


15.21.22

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Werte Regierungskollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich meine, dass nach dieser Rede von Herrn Klubobmann Molterer wahrscheinlich alle von der Richtigkeit dieses Börsenganges überzeugt sein werden. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich kann daher nur versuchen – und will diese Gelegenheit gerne nützen –, auch aus meiner Sicht darzustellen, warum ich davon überzeugt bin und warum in allen Ge­sprächen mit Experten, mit den Vorständen der Post, der ÖIAG mir bestätigt wurde, dass dieser Börsengang richtig und notwendig ist.

Meine Damen und Herren, hinterfragen wir zuerst, warum wir überhaupt einen Börsen­gang machen! Warum macht es Sinn, dass die Post an die Börse geht? (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Weil wir kein Geld haben!) – Weil wir mit den 51 Prozent, die im Eigentum der Republik Österreich verbleiben, die Sicherheit und Stabilität für dieses Unternehmen gewährleisten – die Post bleibt rot-weiß-rot, wie es Klubobmann Molterer gesagt hat – und weil wir 51 Prozent staatliches Eigentum mit 49 Prozent privaten Aktionären und damit 49 Prozent privatem Denken und unternehmerischem Handeln verbinden.

Meine Damen und Herren, was gibt es Besseres für ein zukunftsträchtiges Unter­nehmen, als zu sagen: Sicherheit und Stabilität einerseits, privater unternehmerischer Zugang für eine erfolgreiche Zukunftsentwicklung der Post andererseits? – Erstes Argument für die Richtigkeit dieses Weges!


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Zweites Argument: Börsengang ist nichts anderes als ein Fitnessprogramm für ein Unternehmen. Und fit zu sein, meine Damen und Herren – egal, ob für ein Unter­nehmen oder für uns alle –, heißt nichts anderes, als Leistungen so zu erbringen, dass die Kundschaft zufrieden ist. Das Unternehmen Post wird dann an der Börse erfolgreich sein, wenn die Kundschaft sagt: Das ist ein tolles Unternehmen! So, wie es dieses Unternehmen in den vergangenen drei Jahren auch schon geschafft hat – Gratulation an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! –, weil die Post dreimal Europa­meister war, was die Briefzustellung betrifft, und damit gezeigt hat, welch hervor­ragende Qualität sie zu leisten in der Lage ist. Über zufriedene Kundschaft kann man am besten – das meinen zumindest wir, die wir an die Marktwirtschaft glauben – Arbeitsplätze absichern. Und genau das wollen wir, meine Damen und Herren! Wir wollen sowohl sichere Arbeitsplätze in diesem Unternehmen als auch dessen Eigenständigkeit. Beides ist unser Ziel. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittes Argument, warum Börsengang. – Weil wir so den Zugang zum Kapitalmarkt eröffnen. Jeder, der die Situation der Post analysiert, kann erkennen, dass eine Libera­lisierung auch in diesem Bereich auf uns zukommt. Und Liberalisierung heißt, dass andere Unternehmen auf den österreichischen Markt drängen werden. Das heißt, diese wollen unserer Post Marktanteile wegnehmen; sie wollen in Österreich Briefe und Pakete zustellen und so weiter. Und was macht man da? – Man versucht, Marktanteile zu verteidigen. Was braucht man, wenn man seinen eigenen Markt verteidigen, wenn man Kunden ansprechen beziehungsweise akquirieren und Marketing-Aktionen machen will? – Man braucht Geld! Geld bekommt man unter anderem über den Kapitalmarkt. (Abg. Verzetnitsch: Oder vom Eigentümer!) – Das tun wir auch gerne; darauf komme ich noch zu sprechen, Herr Präsident. Da haben wir völligen Konsens.

Wozu braucht man Geld noch, meine Damen und Herren? – Das eine ist die Verteidi­gung des Heimatmarktes, das andere ist die Frage des Wachstums. Angriff ist die beste Verteidigung! Das heißt, nicht nur die einen auf den eigenen Markt herein­drängen lassen, sondern auch sagen: Wir wollen in anderen Märkten erfolgreich sein und damit wachsen – so, wie das Banken und Versicherungen geschafft haben, egal ob die Wiener Städtische, die Erste, Raiffeisen und so weiter.

Arbeitsplätze in Österreich abgesichert über einen riesigen Erfolgsweg in unseren Nachbarländern! Dazu aber braucht man Geld, meine Damen und Herren, und das bekommt man über den Kapitalmarkt! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Das einzige Argument, das ich bisher hier gehört habe: Wenn man Geld braucht, warum geht das Geld für den Börsengang, das hereinkommt, jetzt an die ÖIAG? Diese Frage, meine Damen und Herren, beantworte ich gerne: Deswegen, weil wir nicht der Post das Geld weggenommen haben, weil wir nicht das gemacht haben, was uns unterstellt wurde, das lediglich aus budgetären Gründen zu tun. Im Gegenteil: Im Unternehmen Post haben wir zurzeit 300 bis 400 Millionen € an Liquidität auf den Konten. 300 bis 400 Millionen €!

Ich darf Ihnen sagen, wir haben folgende Frage diskutiert: Machen wir eine Kapital­erhöhung im Zuge des Börsengangs und sagen, das Geld, das jetzt hereinkommt, soll zu einem guten Teil, zum größten Teil – wie immer – noch einmal dem Unternehmen sofort zugute kommen? Alle Experten haben uns gesagt, dass das ein absoluter betriebswirtschaftlicher Unsinn wäre angesichts des Umstandes: 300 bis 400 Mil­lionen € auf der hohen Kante, das heißt, die „Kriegskasse“ prall gefüllt für einen Wachs­tumsweg, und dazu noch Eigenkapitalquoten, von denen die private Wirtschaft nur träumen kann.

Daher war die ganz klare Aussage – da können Sie jetzt Experten nehmen, so viel Sie wollen, Experten sonder Zahl, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland –: Jetzt das


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Geld der Post zu geben macht betriebswirtschaftlich keinen Sinn, sondern dann erst, wenn die Post gewachsen ist, wenn man mit voll gefüllter „Kriegskasse“ die ersten Akquisitionen gemacht hat, wenn sie das Geld braucht, dann geht das über Kapital­erhöhungen.

Meine Damen und Herren, heute von mir die Zusage als Eigentümervertreter der ÖIAG, dass wir uns beteiligen werden an Kapitalerhöhungen in der Zukunft. Das Geld geht zwar jetzt in die ÖIAG, weil so viel Geld in der Post selbst schon liegt, wir werden aber dann, wenn die Post Geld für weiteres Wachstum braucht, dieses dem Unter­nehmen Post AG über die ÖIAG zur Verfügung stellen. Die Post wird also das Geld dann haben, wenn sie es braucht, wird Wachstum finanzieren und damit Arbeitsplätze absichern können. Das ist der richtige Weg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, warum ein Börsengang? – Denken Sie bitte an unsere bisherigen Börsengänge und an die Zielsetzungen, die wir seit dem Jahre 2000 verfolgen! Wir haben immer gesagt: Wir wollen österreichische Kernaktionäre! Was machen wir jetzt? – 51 Prozent sind im Besitz der Republik Österreich. Da kann überhaupt nichts passieren. (Abg. Verzetnitsch: Wem gehört das Unternehmen?) Das Unternehmen gehört mehrheitlich der Republik Österreich! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da kann überhaupt nichts passieren, meine Damen und Herren, denn Sicher­heit und Stabilität sind gegeben!

An den 49 Prozent, die wir verkaufen, wollen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in größtmöglicher Weise beteiligen, und wir wollen der österreichischen Bevölkerung zeigen, dass sie Anteil haben kann an der erfolgreichen Entwicklung des Unter­nehmens Post. Österreichischen Kleinaktionären und Kleinstaktionären, den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern wollen wir Vorteile geben. Daher: Österreichische Kernaktionäre gesichert!

Zur Entscheidungszentrale: Natürlich, die Entscheidungszentrale bleibt in Österreich; das ist gesichert. Die Entscheidungen werden in Österreich von Österreich aus getroffen.

Zur Einheit des Unternehmens Post: Natürlich ist die Einheit des Unternehmens auch weiterhin gewahrt. Forschung und Entwicklung dort, wo es für die Post relevant ist. Natürlich kann das auch weiterhin in Österreich gemacht werden.

Daher insgesamt: Lauter gute Gründe, warum dieser Börsengang der richtige und not­wendige Weg ist.

Warum Börsengang, meine Damen und Herren? – Weil Sie und wir gute Erfahrungen mit Börsengängen in der Vergangenheit gemacht haben. Ich darf, um Ihnen ein bisschen in Erinnerung zu rufen, welchen Weg Regierungen unter sozialdemo­krati­schen Bundeskanzlern, unter sozialdemokratischen Finanzministern gegangen sind, nur einige wenige Beispiele anführen; die Liste ist viel länger, als ich das jetzt ausführen kann.

1994: mehrheitliche Privatisierung der VA-TECH, der VA-Technologie AG durch die Abgabe von 51 Prozent über die Börse. – Sozialdemokratischer Bundeskanzler und Finanzminister haben damals entschieden, 51 Prozent – nicht 49 Prozent, sondern 51 Prozent! – über die Börse abzugeben und mehrheitlich zu privatisieren. Das sagen wir nicht. Wir sagen: Dieses Unternehmen bleibt rot-weiß-rot, weil es eine wichtige strategische Beteiligung ist! Wir halten 51 Prozent.

Im Mai 1994 hat man gesagt: OMV an die Börse!, hat damals reduziert auf 53 Prozent und hat dann, einige Zeit später, mehrheitlich die Anteile an der OMV über die Börse abgegeben, sodass man, genau gesagt im Mai 1996, die Anteile der ÖIAG auf


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135. Sitzung / Seite 132

35 Prozent reduziert hat. Also auch dort ist unter Ihrer Verantwortung mehrheitlich über die Börse privatisiert worden. (Abg. Dr. Puswald: ... der ÖVP!)

Dann muss ich sagen: Gratulation der ÖVP, dass sie sich damals als kleinerer Koalitionspartner so durchsetzen konnte und richtige Entscheidungen getroffen hat! (Beifall bei der ÖVP.) – Offensichtlich hat es manche Fragen gegeben, wo sozial­demokratische Bundeskanzler und Finanzminister das getan haben, was die ÖVP empfohlen hat und was richtig war und was sich heute auch bewährt hat für diese Unternehmen.

März 1995, meine Damen und Herren: Abgabe von 27 Prozent der Böhler-Uddeholm über die Börse.

Oktober 1995: Abgabe von 31 Prozent der VA Stahl AG über die Börse.

März 1996: mehrheitliche Privatisierung der Böhler-Uddeholm AG durch die Abgabe von 47,7 Prozent im Zuge einer zweiten Platzierung – und damit war man sehr deutlich unter den 50 Prozent.

Und ich könnte Ihnen jetzt Unternehmen vorlesen, die Sie zur Gänze, zu 100 Prozent, nicht einmal über die Börse verkauft haben, sondern zur Gänze privatisiert haben.

Meine Damen und Herren! Wir haben, auch wenn Sie den Verbund, die Verbund­gesellschaft heranziehen, im Jahr 1988 damals 49 Prozent privatisiert – heute haben wir noch immer die 51 Prozent! Und wenn Sie sich all diese Unternehmen anschauen, werden Sie das Gleiche feststellen. Schauen Sie sich die Verbundgesellschaft an, schauen Sie sich die OMV an, schauen Sie sich Böhler-Uddeholm an, schauen Sie sich die Voest an!

Klubobmann Molterer hat es gesagt, und ich erinnere mich wirklich noch an die Kampagnisierung, die Sie vor zwei Jahren durchgeführt haben. Da hat man gesagt – Herr Abgeordneter Moser, ich kann es Ihnen zitieren, ich habe es hier; Sie haben Folgendes gesagt –: Das Unternehmen Voest wird es dann in dieser Form nicht mehr geben, es wird zerschlagen werden, Arbeitsplätze werden verloren gehen! – Heute: Österreichischer Kernaktionär, Unternehmen in seiner Einheit gewahrt, 500 Arbeits­plätze mehr als damals! – Das ist die Realität unserer Politik, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt sehr klar: Wenn Sie sich diese Unternehmen anschauen, dann stellen Sie fest, die Unternehmen stehen heute besser da als zuvor, die Unternehmen sind viel erfolgreicher als zuvor, haben die Umsätze gesteigert, haben die Gewinne gesteigert, und die Unternehmen haben zu einem guten Teil auch mehr Mitarbeiter in Österreich, wie das Beispiel Voest sehr eindrücklich belegt.

Und, meine Damen und Herren – auch das hat Klubobmann Molterer angesprochen –: Diese Börsengänge haben sich ausgezahlt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen! Diese Börsengänge waren gut fürs Börserl derer, die sich damals beteiligt haben. Ein Monatsgehalt in den Verbund damals investiert heißt, dass man heute ein Jahresgehalt hat – aus einem Monatsgehalt wurde ein Jahresgehalt! Das Beispiel der OMV – 1 000 € beim Börsengang, 16 400 € jetzt – wurde entsprechend angeführt.

Daher glaube ich, dass es gerade bei der Post von Vorteil ist. Meine Damen und Herren, dort gibt es Gehälter, die im Durchschnitt relativ niedrig sind. Viele der Postler verdienen 1 300 bis 1 400 € netto im Monat – relativ kleine Einkommen. Ich sage Ihnen daher: Wir sollten die Chance gemeinsam nützen, und wir wollen diesen Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern einen wirklichen Vorteil geben! Wir wollen die Identi-


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fikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Unternehmen, weil wir wissen, wir brauchen eine motivierte Mannschaft! (Abg. Neudeck: Vielleicht kann die BAWAG ...!)

Genau deswegen habe ich auch eingeladen und habe gesagt: Führen wir jetzt die Gespräche über diese Mitarbeiterbeteiligung, damit jeder sieht, wir haben kein anderes Interesse, als fair und gemeinsam diesen Börsengang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Erfolg zu führen – für das Unternehmen, für die Mitarbeiter, für einen Wachstumskurs, der Arbeitsplätze abzusichern in der Lage ist.

Wir haben – wenn Sie schauen, was wir für die Mitarbeiter erreicht haben – ein Paket geschnürt, über das, wenn wir das jetzt verhandelt hätten, jeder Belegschafts­ver­treter – da bin ich mir sehr sicher – gesagt hätte: Also da ist uns ein wirklich großer Erfolg gelungen! – Es wurde ja über den Verkauf an einen Strategen diskutiert. Das haben wir nicht gemacht, sondern wir haben gesagt: 51 Prozent bei der Republik, Börsengang, Eigenständigkeit des Unternehmens, Unternehmen bleibt rot-weiß-rot!

Dienstrecht: Die Mitarbeiter waren besorgt wegen des Dienstrechts. Wir haben gesagt, das Dienstrecht bleibt so, wie es ist. Das heißt, meine Damen und Herren: 60 Prozent in etwa sind in diesem Unternehmen Beamte und daher voll und ganz abgesichert. Weitere etwas mehr als 10 Prozent der Mitarbeiter sind mehr als zehn Jahre im Unternehmen und daher kündigungsmäßig entsprechend abgesichert. Und wir haben zugesichert, dienstrechtlich bleibt alles so, wie es ist. Die Mitarbeiter bleiben so stark abgesichert. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben hier im Haus ein Postgesetz beschlossen, das wichtig ist für dieses Unter­nehmen, weil es einen attraktiven Rahmen sichert, gerade vor der Liberalisierung, die auf uns zukommt. Das ist ein attraktives Gesetz mit guten Rahmenbedingungen für das Unternehmen Post, eine wichtige Grundlage auch für diesen Schritt jetzt. Und die Mitarbeiterbeteiligung habe ich angesprochen.

Wir haben eine Liste bekommen von einer Fraktion innerhalb der Belegschaft der Post, die gesagt hat: Wir haben acht Punkte, die wir einfordern.

Das Postgesetz war ein Punkt. – Erledigt.

Branchenkollektivvertrag. – Kollektivvertrag, das wissen wir, ist Sache der Sozial­partner. Ich gehe davon aus, dass das entsprechend von den Sozialpartnern geleistet wird.

Ernennungen im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen. – Wurde erledigt.

Punkt vier: die Brieffachanlagenregelung. – Gesetzesbeschluss ist bereits erfolgt.

Punkt fünf: Pensionskassenregelung. – Gesetzlich bereits erfolgt.

Punkt sechs: Dienst- und Besoldungsrecht. – Wie erwähnt, bereits umgesetzt.

Punkt sieben: Jobcenter. – Einvernehmlich in ein Karriere- und Entwicklungszentrum im Unternehmen umgewandelt. Ebenfalls erledigt.

Punkt acht: Mitarbeiterbeteiligung. – Angesprochen.

Von acht Forderungspunkten sind sieben erledigt, einer ist auf der Ebene der Sozial­partner entsprechend umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Und wir haben dann in einer offiziellen Verhandlungsrunde, nachdem man sich gewerk­schaftlich orientiert hat, Beschlüsse gefasst hat, einen weiteren Acht-Punkte-Katalog bekommen, weitere Forderungen, wozu ich sage: Es ist unser Interesse, jeden Punkt abzuarbeiten und zu versuchen, hier auch durchaus zu einem gemeinsamen Gesamtpaket zu kommen. Aber wie gesagt, das Interesse ist, mit den Mitarbeitern fair


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und gemeinsam hier zu einem Börsengang zu kommen, wobei ich Ihnen versichern kann: Dieser Börsengang ist gut vorbereitet. Seit April 2003 hat man an der Eigen­ständigkeit der Post gearbeitet, hat im Unternehmen restrukturiert, hat die Voraus­setzungen für diesen Börsengang geschaffen. Das heißt, es ist gut vorbereitet.

Klubobmann Molterer hat gesagt, der Börsengang ist nichts Neues. Meine Damen und Herren, ich kann nur noch einmal betonen, was 1996 hier im Haus beschlossen wurde. Ich habe das Poststrukturgesetz vor mir liegen. In Artikel 95 § 1 Abs. 2 steht:

„... Die Gesellschaft“ – gemeint ist die PTA – „hat ihren Sitz in Wien. Bis zum 31. Dezember 1999 hat eine Börseneinführung der Gesellschaft zu erfolgen.“

Bis zum 31. Dezember 1999 – damals noch das gemeinsame Unternehmen.

Zwei Jahre später, im Jahr 1998: Poststrukturgesetznovelle. Artikel 1 Abs. 4:

„Die Unternehmensbereiche Postdienst, Postautodienst und Telekommunikations­dienst der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft sind nach Maßgabe von Pri­vatisierungskonzepten gemäß § 11a Abs. 1 zu privatisieren. Die Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft hat möglichst günstige Voraussetzungen für die Privati­sierung zu schaffen.“

Das heißt, meine Damen und Herren, sowohl 1996 als auch 1998 hat man den Zeit­punkt für den Börsengang festgelegt und gesagt, man will privatisieren. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Beschlossen übrigens unter anderem von Alfred Gusen­bauer und von Präsident Verzetnitsch, die beide damals hier im Hohen Haus gesessen sind. Und damals, meine Damen und Herren, vor zehn Jahren war nicht die Rede von Streik.

Damals, vor zehn Jahren, als man den Börsengang beschlossen hat, hat man nicht gesagt, das ist unverantwortlich und das geht nicht für das Unternehmen, sondern damals vor zehn Jahren hat man den Zeitpunkt festgelegt und hat gesagt: Wir wollen das tun, weil wir eine Reihe von erfolgreichen Beispielen bereits umgesetzt haben und gute Erfahrungen mit Börsengängen gemacht haben. Und deswegen sage ich Ihnen, wir sind jetzt zehn Jahre danach, und der Zeitpunkt ist jetzt der richtige, um diesen Börsengang entsprechend umzusetzen, und es wird zum Vorteil für die Mitarbeiter, für dieses Unternehmen und für den Standort Österreich sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es haben alle Entscheidungsträger mit mir gesprochen, und zwar alle – zu mir sind gekommen: die Postvorstände, die ÖIAG-Vorstände, die Aufsichtsräte der Post, die Aufsichtsräte der ÖIAG. Der Postvorstand, der es am besten wissen muss, die vier Vorstände, die unmittelbar Verantwortung für dieses Unternehmen tragen, haben gesagt: Bitte lassen Sie uns an die Börse gehen! Geben Sie uns diesen Auftrag! Machen Sie den Weg frei für diesen Börsengang! – Meine Damen und Herren, ich glaube, eindeutiger geht es gar nicht!

Und wenn man über den Zeitpunkt reden will: Wenn der Postvorstand das sagt, wenn wir eine Situation haben, in der die Wirtschaft ganz gut läuft und die Börse sich in den letzten Jahren sehr, sehr gut entwickelt hat, dann würde ich auch noch sagen: Lassen wir es eine Kompetenzfrage sein, wann der beste Zeitpunkt ist! Und wenn man sagt, das sollen die Experten entscheiden, wann der beste Zeitpunkt ist, dann kann ich Ihnen nur sagen: Die Experten im Unternehmen, außerhalb des Unternehmens, in Österreich, außerhalb Österreichs sagen uns: Macht es jetzt! Jetzt ist der beste Zeit­punkt! – Deshalb glaube ich, darauf können wir uns tatsächlich verlassen.

Da von Klubobmann Molterer die Kompetenzfrage angesprochen wurde: Wenn man bedenkt, welche Bilanz auf der einen Seite steht, wenn man an das Verstaatlichten-


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Debakel denkt, an den „Konsum“, an die Länderbank, an die Bank Burgenland, an den BA-CA-Verkauf ins Ausland – jetzt UniCredito, weil das nicht funktioniert hat; 1 Milliarde € hat in Wien die Anteilsverwaltung Zentralsparkasse mit dieser Transaktion verloren! –, an dubiose Kreditvergaben bei der BAWAG, meine Damen und Herren, dann würde ich einfach, und zwar relativ wertfrei, sagen: Wir sollten das und Sie sollten das den Experten überlassen! Ich würde nicht so weit gehen, dass ich Sie – mit dieser Leistungsbilanz, mit diesem Debakel – fragen würde, wie, wann und ob man an die Börse gehen soll. Sie sollten wir da nicht fragen, wir sollten das vielmehr Experten entscheiden lassen. Und die Experten haben uns diesen Weg vorgegeben.

Daher, meine Damen und Herren: Dieser Börsengang der Post wird für das Unter­nehmen Wachstumsperspektiven ermöglichen, er wird für die Mitarbeiter Arbeitsplätze absichern, er wird gut sein für den Kapitalmarkt und damit für einen erfolgreichen Weg der Post in die nächsten Jahre! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten reden darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


15.42.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es nicht den Usancen unseres Parlaments völlig widersprechen würde, würde ich jetzt vorschlagen, die Debatte zu beenden. (Abg. Dr. Cap: Na so was!) Die Argu­mente des Klubobmannes Molterer und des Finanzministers Grasser waren ja derart überzeugend und derart überwältigend, dass es kaum mehr irgendjemanden in diesem Haus geben kann, der gegen die Privatisierung auftreten kann! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Der Moser schafft es! Der Moser schafft es! Ich vertrau’ ihm!)

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, ich habe während der Rede des Klubobmanns und des Finanzministers ein bisschen in Ihre Reihen geblickt. Wenn in Ihren Reihen nicht auch viele Damen wären – wenn sie nicht wären –, würde ich sagen: Sie haben sehr alt ausgeschaut bei dieser Debatte (Ruf bei der SPÖ: Hoch motiviert!), und wohl war Ihnen nicht! Ich habe jetzt schon größtes Mitleid mit jenen von Ihnen, die jetzt im Zuge der Debatte als Pflichtverteidiger der Verstaatlichung hier ans Rednerpult treten werden und das verteidigen müssen, was nicht zu verteidigen ist, meine Damen und Herren!

Es sprechen alle Argumente dafür, diesen Schritt zu tun (Abg. Mag. Kogler: Oh Jubel, oh Freud’!), aber ich weiß natürlich – ich kenne das politische Ritual (Abg. Öllinger: Weihrauch! Weihrauch!), ich kenne das politische Drehbuch, das war noch bei jedem Privatisierungsvorgang so –: Alle Argumente, alle Daten und Fakten, alle Erfahrungen sprechen für eine erfolgreiche Privatisierung, aber die SPÖ inszeniert eine Angst­propaganda, entwickelt Horrorszenarien: „Unternehmen werden zerschlagen“, „Arbeits­plätze gehen verloren“, „Familiensilber wird verscherbelt“!

Die Wirklichkeit, meine Damen und Herren, sieht ganz anders aus! Das wissen Sie selbst gut genug, und Herr Präsident Verzetnitsch, der jetzt schmunzelt, schmunzelt, weil er weiß (Abg. Verzetnitsch: Über Ihre Argumentation!), hier wird wider besseres Wissen und wider die Argumente eines Ruttenstorfer, einer Ederer, eines Androsch von Ihren Leuten argumentiert.


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Die Daten und Fakten schauen so aus, meine Damen und Herren – wir haben es gehört –, dass aus defizitären, Not leidenden, subventionierten Staatsbetrieben erfolg­reiche, gewinnorientierte, börsennotierte, international erfolgreiche Unternehmen ge­wor­den sind. Das ist die Wahrheit!

Aber schauen wir uns einige Fakten im Detail an, meine Damen und Herren! Schauen wir uns als ersten Punkt zum Beispiel die Vermögensbilanz der ÖIAG an. Thema: „Familiensilber wird verscherbelt“. – Als diese Regierung die Verantwortung für die ÖIAG übernommen hat, machte der Schuldenstand 6,3 Milliarden € aus. Heute: schul­denfrei! (Abg. Neugebauer: Was ist das in Schilling?) – In Schilling, bitte: Fast 90 Milliarden Schilling Schulden. (Rufe bei der ÖVP: Wahnsinn! Wahnsinn!) – Abge­baut in diesen sechs Jahren!

Jetzt kann man sagen: Das ist ja relativ leicht, denn ihr habt ja das Familiensilber verscherbelt! (Abg. Verzetnitsch: Genau!) – Nun, schauen wir uns die Vermögens­bilanz an: Im Jahr 2000 betrug das Vermögensportfolio der ÖIAG 5 Milliarden €, heute 8,5 Milliarden! – Erklären Sie mir das: Wie geht denn das, wenn man das Familien­silber verscherbelt, dass das Vermögen um 60 Prozent höher ist? Das müssen Sie mir erklären! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Herr Kollege Matznetter, Sie werden mir das sicherlich erklären können, wie das geht. (Abg. Mag. Molterer: Das glaub’ ich nicht! – Abg. Neudeck: Er könnte es nicht einmal erklären, ...!)

Also keine Rede, meine Damen und Herren, von der Verscherbelung des Familien­silbers, sondern eine Steigerung der Vermögenswerte!

Schauen wir uns die Situation auf der Budgetseite, im Staatshaushalt an: Jahrelang wurde der Steuerzahler dazu verwendet, Milliarden in die Verstaatlichte hineinzu­schießen. Was haben wir heute, bitte? – Zusätzliche Einnahmen erstens durch Dividenden der ÖIAG und zweitens durch hohe Gewinnsteuern der nunmehr erfolg­reichen gewinnorientierten Betriebe! – Also etwas Besseres kann man sich aus der Sicht des Budgets gar nicht wünschen: anstatt zahlen zu müssen, Einnahmen zu erhalten! Herr Kollege Matznetter, das können Sie wahrscheinlich nicht bestreiten, dass sich Dividendeneinnahmen und KöSt-Einnahmen auf der Einnahmenseite des Budgets niederschlagen. (Abg. Neudeck: Aber die SPÖ bekommt weniger auf dem schwarzen ...!) Das mag sein, Herr Kollege.

Dritter Punkt: Wirtschaftsstandort. – Was, bitte, gibt es Besseres für einen Wirtschafts­standort, als dass defizitäre, Not leidende Betriebe verschwinden und erfolgreiche Wachstumsbetriebe entstehen? Sehen wir uns doch heute die faszinierende Story dieser nun privatisierten Betriebe an, und auch wie viele andere Privatbetriebe recht­zeitig die Chancen des Wachstums in Mittel- und Osteuropa erkannt haben – sen­sationell! Ganz Europa beneidet uns eigentlich um jene Betriebe, die so frühzeitig erkannt haben, wo heute die Wachstumszone ist. Und es ist ja kein Zufall, dass die Aktienkurse jene Entwicklung genommen haben, die Klubobmann Molterer und der Finanzminister aufgezeigt haben, sondern erklärt sich daraus, dass diese Unter­nehmen eben rechtzeitig die Trends erkannt haben und rechtzeitig in diese Wachs­tumsmärkte investiert haben. (Abg. Dr. Matznetter: Die Bank Austria ...!)

Schauen wir uns viertens die Frage der Arbeitsplätze an! Damals hieß es: Arbeits­plätze werden vernichtet! – Es gibt heute kein Beispiel eines privatisierten Betriebes, bei dem man nicht nachweisen kann, dass die Zahl der Arbeitsplätze gestiegen ist! (Abg. Dr. Cap: Aber wo? Wo sind die Arbeitsplätze gestiegen?) – In Österreich (Ruf bei der ÖVP: In Linz! – Abg. Murauer: In Oberösterreich!) – ganz zu schweigen von jenen Arbeitsplätzen, die durch Wachstumsstrategien in Mittel- und Osteuropa ge­schaffen wurden.


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Oder schauen wir uns die Frage des Eigentums an! Nehmen wir zum Beispiel das Stichwort Linz: Die Voest hat seit dem letzten Börsengang 600 Arbeitsplätze mehr, und 2 Milliarden € wurden in Österreich investiert – und nicht im Ausland investiert. Können Sie sich noch erinnern an die Zeit vor der Steuerreform? Generaldirektor Eder hat gesagt: Wir haben ein Konzept „Österreich 2010“. Die einzige Frage ist: Wo werden wir investieren? Wir warten die Steuerreform ab! – Wir haben die Steuerreform beschlossen, und die Entscheidung der Voest und des Generaldirektors Eder war: Wir investieren in Österreich.

Das ist erfolgreiche Industriepolitik! – Sie haben immer geglaubt, Industriepolitik heißt, der Staat besitzt Anteile an der Industrie. Völlig verkehrt! Industriepolitik heißt: Der Staat muss jene Rahmenbedingungen setzen, die so attraktiv sind, dass Indus­trieb­etriebe eine faire Chance haben, erfolgreich tätig zu werden. Das sind unsere Betriebe heute, und wir sind stolz auf diese Industriebetriebe, meine Damen und Herren!

Ich sage Ihnen: Sie tragen auch eine Mitverantwortung für die Entwicklung dieses Lan­des! Ich habe unlängst mit dem Geschäftsführer der Austrian Business Agency gesprochen, und dieser sagt, sie haben viele Anfragen, aber viele sagen: Ihr steuert auf Wahlen zu, und wer weiß, was nachher ist; wenn ich mir anhöre, welche Vorschläge da aus SPÖ-Kreisen kommen, dann überlege ich mir, in Österreich zu investieren. – Meine Damen und Herren! Das ist Ihre Verantwortung, die Sie hier tragen!

Aber, Herr Kollege Moser, ich habe Verständnis in einem Punkt. In einem Punkt, meine Freunde, habe ich Verständnis für die Angst der SPÖ vor Privatisierung: nämlich dann, wenn die SPÖ selbst privatisiert! Da muss man wirklich Angst bekommen. Schauen wir uns das bitte einmal ein bisschen an:

Die größte Vermögensvernichtungsaktion – der Herr Klubobmann hat es bereits ge­sagt – fand im Bankenbereich statt. Wo ist heute eine Zentralsparkasse? Wo ist heute eine Länderbank? Wo ist heute eine Bank Austria? Wo ist heute eine CA? – Ja, wir haben ein bis zwei Prozent der UniCredit, aber das ist es. Also die größte Vermögens­vernichtung im Bankenbereich haben Sie zu verantworten. Sie haben auch die größte Vermögensvernichtung im Handel zu verantworten – Beispiel: „Konsum“. Sie haben die größte Vermögensvernichtung in der Industrie zu verantworten – siehe verstaatlichte Industrie.

Meine Damen und Herren, Sie trauen sich wirklich, hier herauszugehen und zu sagen: Bitte, wir haben Wirtschaftskompetenz!? – Sie trauen sich das wirklich? Herr Kollege Matznetter, das wird noch ein Salto werden! (Abg. Neudeck – auf Abg. Dr. Matznetter weisend –: Unter der Immunität kann man das behaupten!)

Lassen Sie mich eines auch noch sagen, nämlich was die Argumente betrifft: Die Post bleibt rot-weiß-rot. Wir eröffnen der Post den Zugang zu den Wachstumsmärkten, zum Kapitalmarkt. Wir haben eine Situation, wo man sagen muss: Es ist für das Unternehmen günstig, für die Mitarbeiter günstig, für die Kunden günstig und für die Anleger günstig. Und ich sage Ihnen auch, ich war vor einem halben Jahr im Süden Wiens und habe mir das neue Postverteilzentrum angeschaut. Ich war wirklich beein­druckt, was die Mitarbeiter der Post und das Management hier geschaffen haben – Gratulation dazu! –, und ich habe dort beim Weggehen gesagt, dass ich eines ver­spreche: Wenn die Post an die Börse geht, kann ich guten Gewissens jedem poten­tiellen Anleger empfehlen: Zeichnen Sie diese Aktien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.49



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Ironische Heiterkeit und Rufe bei der ÖVP: Der Arme! Nicht so leicht!)

 


15.50.13

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Nun, jetzt haben wir drei Redner gehört (Abg. Neudeck – sich von seinem Platz erhebend –: Jetzt kann man sich nach drei guten Reden erholen! Jetzt können wir gehen! Das brauchen wir nicht zu hören!): zuerst den Herrn Klubobmann, der einen Dringlichen Antrag an die SPÖ gestellt hat, mit ein paar Komplimenten für viele sehr verdiente frühere Regierungsmitglieder der Sozialdemokratie (Abg. Mag. Molterer: ... wir und nicht Sie!); ansonsten einen Minister, der versucht hat, die Hälfte von unserem Wirtschaftssprecher aus dem Jahr 2004 zu zitieren – darüber reden wir noch, über die Voest –; und dann – und das ist wirklich das Beste! – den Kollegen Stummvoll, der aus Angst davor, dass wir darüber reden, sagt: Hören wir doch lieber auf zu diskutieren! – Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wir werden darüber reden müssen, und wir werden noch viel darüber reden müssen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Aber Sie werden sich schwer tun! Sehr schwer! – Abg. Neudeck: Solang Sie nur reden und nicht handeln, ist nicht Gefahr im Verzug!)

Aber fangen wir doch gleich einmal an mit der Frage: Gehört eine gelbe Post an die Börse? Und genau in dieser Kernfragestellung schauen wir einmal, wie die inter­nationale Entwicklung aussieht: In den USA, wo Ronald Reagan Präsident und damit einer der wesentlichsten Promotoren des Neoliberalismus war (Abg. Dr. Stummvoll: Ihr Vorbild?!), gibt es dort nicht eine staatliche Post? (Abg. Dr. Stummvoll: USA als Vorbild der SPÖ!) – Aber nein! Warum ist die Post in den USA mit 700 000 Beschäftigten eine staatliche Post? (Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Nein, wie­derum falsch. Sie haben keine Ahnung, Herr Abgeordneter! – Weil es unter betriebs­wirtschaftlichen Kriterien nicht möglich ist, im Mittelwesten, im Süden der USA in der Fläche eine Versorgung herzustellen. (Abg. Mag. Molterer: Also das Vorbild von Matznetter heißt Reagan! Reaganomics!) Weil das nicht zusammenpasst: gemeinwirt­schaftlicher Auftrag und Kapital.

Warum ist das auch in England so? (Abg. Mag. Molterer: Reaganomics! Thatcher!) – Genau aus dem gleichen Grund! (Abg. Neudeck: Jetzt kommen Sie zur „Blauen Mauritius“, nicht? Das ist eine Marke!)

Welche sind denn dann die einzigen Länder, in denen es eine Post an der Börse gibt? – Die Antwort ist relativ klar, und jetzt reden wir sachlich: Die Niederlande haben eine regionale Struktur, die einem einzigen Ballungsraum gleichkommt. Logischer­weise ist die gemeinwirtschaftliche Aufgabe in diesem Bereich eine geringere. Diese Besonderheit erkennen natürlich auch nicht die Schreihälse aus der Hinterbank (lebhafte ironische Heiterkeit des Abg. Neudeck), denn ihnen geht es um etwas anderes (Abg. Neudeck – auf den Sitzplatz des Abg. Dr. Matznetter weisend –: Herr Kollege, wo sitzen Sie? – Das ist herrlich: „Schreihälse aus der Hinterbank“!): Der alte Grundsatz „weniger Staat, mehr privat“ wird jetzt hier am Beispiel der flächen­decken­den Postversorgung exekutiert.

Dieser alte Grundsatz wurde ja schon bei den Privatisierungen der letzten Jahre ange­wendet. Wann wurde denn die Voest privatisiert? – Als der Kurs von dem so genannten Experten, den Herr Kollege Grasser vorher genannt hat, Herrn Wolfgang Schüssel, mit 32,50 € bekannt gegeben wurde. Was hat da der SPÖ-Sprecher Moser gesagt? – Er sagte damals, der Substanzwert rechtfertigt allein schon einen Wert von 55 bis 80 €. Na, wo steht die Aktie denn heute? Kollege Molterer schreibt es hinein in seinen Antrag: bei über 80 €. Ja was ist denn passiert? (Abg. Mag. Molterer: Privatisiert ist sie worden!) – Der Besitz der Steuerzahlerin, des Steuerzahlers, den


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sie/er gehabt hat, wurde von Herrn Schüssel im Zusammenwirken mit Herrn Grasser und vielleicht mit der Unterstützung von ein paar Rednern hier im Haus verscherbelt – der Großteil an Investoren, die leider nicht die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung sind, und diese haben einen Kursgewinn von 50 € je Aktie eingesteckt.

Jetzt sollen die Österreicher die Post, die ihnen heute schon gehört, selbst als Volks­aktie kaufen, in der Hoffung, ein Stück vom Kuchen zu bekommen. Aber – und jetzt bleibe ich bei der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe –: Ein Landpostamt, ein Landzu­steller, eine flächendeckende Versorgung hat an der Börse nichts verloren!

Da könnten Sie von Raiffeisen lernen! – Wo ist der Ferry Maier? Kollege Auer ist da. – Ja womit ist denn Raiffeisen an die Börse gegangen? – Raiffeisen ging mit der Ostexpansion, mit den Ausbaubereichen an die Börse, aber nicht mit den kleinen Raiffeisenkassen. Warum? – Sehr vernünftig: Weil sie die Gesellschaft für die Ost­expansion somit mit Börsenstory erfolgreich eingeführt haben – mein Kompliment dafür, Herr Kollege Auer! –, aber: Bei der Post gilt genau dasselbe!

Und der SPÖ-Vorschlag ist grundvernünftig: Wenn man die Post durch einen Börse­gang stärken will, dann soll man den ausgetöchterten Bereich für die Expansion nach Osten, für den Ausbau der Logistikbereiche, für das B2B-Geschäft mit einer vernünf­tigen Strategie an die Börse bringen. (Abg. Mag. Molterer: Also Börsengang!) Dieser Börsegang der Tochter, Herr Kollege Molterer – ich weiß, dass es Sie stört, hier im Haus über komplexe Zusammenhänge zu hören; ich sage es Ihnen trotzdem (Abg. Mag. Molterer: Vorsicht, Herr Matznetter! Wissen Sie eh: Hochmut kommt vor dem Fall!) –, bedeutet Geld für das Unternehmen, somit unmittelbar für die gewünschte Expansion.

Zweitens: Es bedeutet, dass das Geld der Post zukommt. Das Budgetloch des Herrn Grasser, das ja mit den 300 Millionen € Erlös gefüllt werden soll, ... (Abg. Dr. Stumm­voll: Nein! Nein!) – Nein? (Abg. Dr. Stummvoll: Er hat es nicht verstanden!) Wir haben ja den Beweis: Bereits im Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz im Vorjahr (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt einfach nicht!) war ja ein eigener Paragraph für die Sonderdividende enthalten. Kollege Stummvoll hat ihn herausgenommen, damit wir das Abgabenänderungsgesetz gemeinsam beschließen können – und er hat die Sonderdividende selbst wieder als Initiativantrag eingebracht!

Die Wahrheit ist: Der ländliche Raum wird damit nach Schließung von tausend Post­ämtern durch die Hereinnahme der Börsenfinanzierung in das Kerngeschäft der flächendeckenden Post-Versorgung weiterhin gefährdet. (Abg. Mag. Molterer: Falsch!) Falsch? – Das erklären Sie Ihren schwarzen Bürgermeistern, wenn sie zur National­ratswahl mobilisieren sollen!

Zweitens: Es gibt kein Geld für die Ostexpansion (Abg. Mag. Molterer: Falsch!), denn das Geld geht als Sonderdividende via ÖIAG in den Staatshaushalt. Die Post kriegt keinen Cent mehr. (Abg. Mag. Molterer: Falsch!)

Faktum drei: Warum machen Sie das? – Weil Sie, so wie bei der Voest, Private an das sehr große Post-Vermögen um günstige 300 Millionen € herankommen lassen wollen. Und ich rechne Ihnen auch vor, warum.

Der Herr Finanzminister hat gerade gesagt: Liquide Mittel der Post AG: 300 Mil­lionen €. Substanzvermögen der Post – das wissen wir schon seit dem gescheiterten Versuch, die Post an die Deutsche Post zu verscherbeln –: eine halbe Milliarde €. Es macht also allein der Substanzwert der Post mindestens 800 Millionen € aus. Jetzt rechne sich einmal jemand aus, wie hoch die 300 Millionen – 49 Prozent davon – sind: Unter dem Substanzwert! Warum? – Weil dieser Wert in die Tasche der privaten Anleger verlagert werden soll! Und die sind, wie bei der Telekom Austria, am Ende des


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Tages keine rot-weiß-roten Anleger (Abg. Dr. Stummvoll: Androsch ist nicht rot-weiß-rot?), sondern, so wie bei der Telekom Austria, in überwiegender Mehrheit inter­nationale Anlegefonds und andere ausländische Anleger. Das ist die Wahrheit (Abg. Mag. Molterer: Falsch!): Die kriegen dann die Erträge! (Ruf bei der ÖVP: Sagen Sie es dem Androsch!) Das ist die Politik der ÖVP: Für diejenigen noch mehr Ertrag, noch mehr in die Taschen jener, die bereits sehr hohe Kurserträge gehabt haben.

Und ganz ehrlich: Uns ist eine flächendeckende Poststruktur, ein weiterhin florierendes Unternehmen, das dieser Aufgabe gerecht wird, aber auch eine Expansion der Post wichtig – daher ein eigener Börsegang der Tochtergesellschaft anstelle der Post selbst. Das ist ein vernünftiger Vorschlag. Sie brauchen nicht nur eine Nachdenkpause, sondern eine Nachhilfe, Herr Kollege Molterer! (Abg. Neudeck: Aber nicht von Ihnen!) Nützen Sie sie, sonst werden Sie das Match verlieren. (Abg. Neudeck: Aber nicht von Ihnen!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Ein schlechtes Gewissen war das!)

15.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Wunschredezeit und gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


15.57.54

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kollege Matznetter hat gemeint, wir bräuchten Nachhilfe. (Abg. Faul: Dringend!) Ich weiß nicht, in welcher Disziplin, Kollege Matznetter. Jedenfalls Gra­tulation – weniger zu Ihrer Rede als zu Ihrem Rhetoriktrainer, den Sie anscheinend angestellt haben, denn man muss wirklich sehr gut trainiert sein, wenn man hier herausgeht und die eigenen Versäumnisse gerade in der Verstaatlichten-Politik der achtziger und neunziger Jahre so verdreht und die erfolgreiche Privatisierungspolitik dieser Bundesregierung so kritisiert. Dazu gehört wirklich ein ausgezeichneter Trainer! Vielleicht könnt ihr das verteilen, damit die anderen von eurer Fraktion das auch so perfekt verdrehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie, lieber Kollege Matznetter, jetzt auch noch hier herausgehen und diese erfolgreiche Voest-Privatisierung kritisieren, dann, muss ich sagen, gehört schon etwas dazu. Und ich erinnere mich noch daran, es war Ihre Fraktion, die SPÖ, die damals dieses wichtige Unternehmen, diesen Vorzeigebetrieb Österreichs in einen Wahlkampf und in eine, ich will nicht sagen Sudelkampagne, aber in eine Negativkampagne hineingezogen hat, wo ihr die Mitarbeiter verunsichert habt, wo gesagt worden ist (Abg. Großruck: „Die Russen kommen!“ – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!), die werden jetzt zusperren, da werden Mitarbeiter abgebaut, das Unternehmen wird ver­schleudert. – Das ist verantwortungslose Politik, lieber Kollege Matznetter! Und wenn Sie sich heute noch hier herstellen, anstatt sich für diese Kampagne zu entschuldigen, und noch sagen, dass man Recht gehabt hat, dann schlägt das dem Fass wirklich den Boden aus. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Lieber Kollege Matznetter, nur zur Erinnerung, was ihr damals alles gesagt habt: Klub­obmann Cap hat damals im Zuge der Privatisierung gesagt, der Bundeskanzler müsse geistig in einer kommunistischen Planwirtschaft leben. – Ein bisschen eine Wider­sprüchlichkeit: Wenn man etwas privatisiert, lebt man in einer kommunistischen Planwirtschaft. (Abg. Mag. Molterer: Wer hat das gesagt?) – Kollege Cap!

Der Landeshauptmann-Stellvertreter, der Oberwahlkämpfer damals sagte: Die Mehr­heit der Aktien der Voest wird ins Ausland gehen! Die Privatisierung ist eine Gemein­heit und eine fahrlässige Verschleuderung von Volksvermögen.


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Lieber Kollege Matznetter, euer Wirtschaftssprecher Moser sagte: Die ÖIAG verschen­ke beim Börsenverkauf 100 Millionen, ein Bündel an Inkompetenz, mit dieser Politik erreiche das Chaos der Privatisierung seinen Höhepunkt. – Bündel an Inkompetenz, meine Damen und Herren!

Was ist das Ergebnis dieser erfolgreichen Privatisierung? – Wir haben es heute schon gehört: Der Aktienwert hat sich mehr als verdreifacht, Investitionen dieses Unter­nehmens in Österreich und nicht im Ausland, die Mitarbeiterzahl hat sich um 50 Pro­zent erhöht, wenn man alles zusammen nimmt, und die Mitarbeiter haben durch den Aktienwert auch entsprechend ihr Geld verdient, meine Damen und Herren. – Positive Stimmung, positive Atmosphäre, ein echtes Erfolgsrezept dieser Bundesregierung bei der Privatisierung.

Wenn Sie jetzt hergehen, Herr Kollege Matznetter, und sagen: Da ist verschleudert worden!, weil der Aktienkurs so gestiegen ist, dann, muss ich sagen, ist das ja wieder eine Umdrehung der Tatsachen, genau weil man eben dieses Unternehmen positiv privatisiert hat, weil man in Österreich positive Rahmenbedingungen und eine Atmo­sphäre für prosperierende Unternehmen geschaffen hat, weil es hier Vertrauen gibt, auch bei den Anlegern in den Aktienmarkt. – Nicht postkommunistische Politik – das wollt ihr! (In Richtung SPÖ.) Das sind keine bösen Kapitalisten, die da in Aktien anlegen, sondern das sind auch kleine Sparer, meine Damen und Herren! Und weil es diese positive Atmosphäre gibt, hat dieses Unternehmen diesen Aufschwung erreicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da das auch bei den anderen Privatisierungen so gelaufen ist, ist ja der Aktienmarkt in Österreich in den letzten Jahren besonders gut gewesen. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) – Nein, nein, leider nicht, sage ich! Leider nicht, leider nicht! Aber vielleicht wird sich das in der Zukunft noch ausgehen.

Lieber Kollege Parnigoni, auch du warst ja damals mit verantwortlich für das Debakel in der verstaatlichten Industrie! Und wir haben es ja heute schon gehört: 120 Milliarden Schilling sind damals verschleudert worden, 120 Milliarden Schilling in die verstaat­lichte Industrie – und trotzdem erfolgte ein Abbau von 60 000 bis 70 000 Arbeits­plätzen! (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Parnigoni.)

Allein der „Konsum“, dieses Vorzeige-, dieses Paradeunternehmen sozialistischer Wirt­schaftspolitik, hat mit dem Konkurs 15 000 Menschen den Arbeitsplatz gekostet! Und ihr stellt euch da wirklich noch her und wollt unsere positive Wirtschaftspolitik kriti­sieren?! – Ja glaubt ihr denn wirklich, dass wir und die Bevölkerung solch ein kurzes Gedächtnis haben? – Na wirklich nicht! Das kann dir vielleicht dein Rhetoriktrainer erzählen, aber die Bevölkerung wird dazu eine andere Meinung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist doch wirklich eigentlich kaum zu glauben, dass man durch die Privatisierung im Bereich der ÖIAG den Schuldenberg von über 6 Milliarden € innerhalb von fünf Jahren praktisch auf null reduziert hat, Kollege Matznetter. Trotzdem ist der Restwert der Unternehmungen in der ÖIAG wesentlich größer als vor den Privatisierungen. – Das sollten Sie uns einmal nachmachen, lieber Kollege Matznetter, dann bräuchten Sie keinen Rhetoriktrainer, sondern dann wären Sie wirklich ein guter Wirtschaftspolitiker. So aber ist das leider wirklich alles, was Sie hier darstellen konnten, und Ihre Partei ebenso. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Und Sie werden halt jetzt bei der Post wieder dasselbe Spielchen machen, obwohl die Luft schon ein bisschen heraußen sein dürfte. Bei der Voest haben Sie ja dieses negative Campaigning noch politisch perfekt angesetzt, für Ihre Wahlen durchaus nicht so erfolglos. Sie haben damals eben das Unternehmen und das Vertrauen geschädigt.


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Wir konnten es Gott sei Dank reparieren! Nur, die Menschen glauben Ihnen diese Angst-Kampagnen ja gar nicht mehr. Man sieht es ja bei der Post!

Ja selbst die Personalvertreter wissen ganz genau, dass niemand hier in Österreich – niemand hier in Österreich! – Verständnis dafür hätte, wenn man durch Streik und andere Kampfmaßnahmen das Unternehmen und vor allem die Bevölkerung schä­digen würde, wenn es keine Dienstleistungen in diesem wichtigen Unternehmen geben würde. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Lieber Kollege von der SPÖ! Auf deine Rede bin ich ja schon wirklich gespannt und darauf, wie du deine Wortmeldungen damals zur Voest rechtfertigen wirst.

Aber wir werden uns von all dem nicht beeinflussen lassen, meine Damen und Herren! So wie in allen anderen Fällen wird auch die Privatisierung der Post ein Zeichen dieser Erfolgsgeschichte dieser Regierung seit dem Jahr 2000 darstellen. Und Sie werden sehen, dass wir auch diese Post fit machen, um in einem schärfer werdenden Wett­bewerb bestehen zu können, dass auch der Wert der Post steigen wird, dass sich die Mitarbeiterzahl dort, wo es notwendig ist, selbstverständlich auch gut entwickeln wird und dass wir auch damit zeigen können, dass diese Bundesregierung viele, viele Erfolgsprojekte umgesetzt hat.

Kollege Matznetter, ihr habt immer dagegen gestimmt: Ihr habt gegen die Steuer­entlastung gestimmt, ihr habt gegen die Sicherung der Pensionen gestimmt, ihr habt gegen die Verstärkung der Sicherheitsstandards gestimmt, ihr habt gegen die nach­haltige Festigung des Wirtschaftsstandortes Österreich gestimmt – ihr werdet auch gegen diese Privatisierungen stimmen. – Aber Gott sei Dank seid ihr nicht in der Regierung, und ich gehe davon aus, dass das noch lange so bleiben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 8 Minuten; gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Nicht einmal ein schlechtes Gewissen!)

 


16.05.54

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank – mittlerweile wieder ohne Bundeskanzler! (Abg. Großruck: Was haben Sie damals über die ÖVP gesagt?) – Damals über die ÖVP? (Abg. Großruck: Vorige Woche!) Ich habe Ihnen ja schon nahe gelegt, Sie sollten die Kirche im Dorf lassen!

Apropos Kirche: Man hat ja manchmal den Eindruck, die Auseinandersetzung wird so geführt wie weiland die Auseinandersetzung der Katholischen Kirche gegen Koper­nikus und Kepler: Immer ist irgendetwas in der Mitte, und alles andere dreht sich herum! – Ich habe mir ja jetzt den Vergleich sogar ausgeborgt, wie Sie an dieser Stelle hören, das hat ja der nunmehrige Präsident Fischer schon anlässlich der Regierungs­verhandlungen, der so genannten Sondierungsgespräche festgestellt. – Und diese Geschichte hört man immer wieder heraus.

Man tut sich ja wirklich nicht so leicht, wenn man in dieser wirtschaftspolitischen Frage eine undogmatische Position einnehmen will – das sollte man aber, und das tun die Grünen auch. Ich werde Ihnen das jetzt erklären.

Aber noch einmal zur Haltung der ÖVP, aber auch der SPÖ: Es ist ja dann wieder ein Glück, dass das sowieso alles nicht so ist, denn Ihr Dogmatismus hört ja dann dort auf, wo die Post – ich gehe kurz darauf ein, jetzt schon, an dieser Stelle – dann sowieso wieder rot-weiß-rot bleibt. – Also ich kann ja eine Privatisierung der Post nicht erken-


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nen. (Abg. Neudeck: Börsegang!) Ich weiß nicht, wo Sie die erkennen: 51 Prozent bleiben in öffentlicher Hand – das ist das Rot-Weiß-Rote bei Ihnen offensichtlich –, und da ist es auf einmal gut. Sonst ist es schlecht; aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen. Was gut oder schlecht ist, lässt sich ja im Einzelfall gar nicht so hundertprozentig genau sagen, aber man kann das ja entlang von ein paar Kriterien entwickeln.

Auf der anderen Seite die Sozialdemokraten. Eigentlich sind ja wesentliche, jetzt aber tatsächliche Privatisierungen in den neunziger Jahren eingeleitet worden – und da sage ich: Gott sei Dank! –, nämlich in Bereichen – und da kommt es jetzt eben zu einer hoffentlich vermittelnden Position –, wo ja wirklich nicht nachvollziehbar ist, wieso es eigentlich einen öffentlichen Eigentümer brauchen würde, es sei denn, man moniert oder erkennt oder will besondere strategische Einflussnahmen in an sich gefährdeten Unternehmen haben – aber nicht dort, wo es gut geht, wo die Produktion gut verläuft, klassischerweise in der Industrieproduktion.

Und das hat funktioniert! Gut, wir waren damals noch weniger gefragt als vielleicht heute, aber wir haben ja genau diese Haltung eingenommen. Und ich muss Ihnen ehrlich sagen: Die Konversationen und Auseinandersetzungen manchmal mit Herrn Dr. Raidl finde ich durchaus fruchtbringend. – Ja, es war so! Ich habe mich in der Steiermark damals schon hingestellt – das war zwischen 2000 und 2002 –: Es ist keine ideologische, dogmatische Frage, ob Böhler-Uddeholm in Teilen oder in noch größeren Teilen einen öffentlichen Eigentümer hat – das ist es nicht!

Okay, wenn wir uns einmal auf solche Voraussetzungen verständigen, dann ist ja die eigentliche Frage eine ganz andere! Die ist doch schon viel eher: Welchen Markt finden wir vor, und was kommt von der EU? Das ist dann oft schon ein bisschen schwieriger. Aber unter welchem Liberalisierungsregime befindet sich ein bestimmter Anbieter in diesem Fall? – Das ist doch die entscheidende Frage! Und da ist es dann eigentlich die Kunst des Staates, entsprechende Regelwerke vorzugeben. Erst dann ist zu beantworten, wie sich in concreto Eigentümerverhältnisse auswirken können oder nicht. Es funktioniert eben auch nicht jeder Markt gleich. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Kukacka.) – Ja, das mag schon sein, dass das für Sie nicht sehr verständlich ist.

Es ist offensichtlich wirklich ein Privileg der ÖVP, wie heute schon gesagt wurde, hier die Dinge noch einfacher darzustellen, als Sie es selbst begreifen. – Das ist aber keine Lösung, das ist kein Lösungszugang für diese Dinge! – Strich drunter. (Abg. Mag. Molterer: So hoch am Ross sitzen!)

Da Sie mich animieren, die Sache etwas mehr zu schärfen, darf ich Ihnen sagen, warum wir ausgerechnet gegen diese Art und Weise und diesen Börsegang – eigent­lich ist es ein Anteilsverkauf über die Börse – der Post sind – das hängt mit dem vorher Gesagten zusammen –: weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht sichergestellt sind, vor allem über mehrere Jahre hinaus, weil kein Geschäftskonzept von Ihnen zumindest präsentiert wird – Gott sei Dank hat Herr Wais etwas in petto; nur ist die Frage, wie glücklich er mit dem ist, was Sie ihm da jetzt aufbürden – und weil drittens überhaupt nicht ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Kukacka.) – Jetzt hören Sie endlich auf zum Hereinnuscheln, denn das ist wirklich unangenehm! Herr Präsident, das kann doch nicht sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe überhaupt nicht, wieso gerade Sie das machen wollen, denn Sie haben sich in der Debatte noch nicht besonders hervorgetan. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Aber es kommt trotzdem zum dritten Kriterium: weil nämlich nicht garantiert ist, was mit dem hereingenommenen Geld, dem Kapital passiert. Man könnte über all das reden, mit uns jedenfalls schon. – Deshalb ein Nein zu dieser Teilprivatisierung über die Börse.

Sie allerdings haben die Dringliche – es ist eigentlich ein Dringlicher Antrag – zum Anlass genommen, eine Erfolgsbilanz zu präsentieren. Es sei Ihnen aus Ihrer Sicht unbenommen. Ich sage nur, was ich relativierend hinzufügen möchte: Im größten Teil Ihrer Begründung bemühen Sie sich ja, besondere Wertsteigerungen herauszu­arbeiten. – Da sage ich, das ist eine ambivalente Sache, das ist ja schon angeklungen. Wenn nämlich – Kunststück! – vorher der Wert zum Zeitpunkt welcher Art der Privati­sierung auch immer besonders niedrig ausfällt, dann kann er leicht steigen. Es ist ja dann nicht mehr ohneweiters nachvollziehbar: Ist es deshalb passiert, weil stimmt, was Sie sagen, dass der Staat oder ein Teil davon so ein schlechter Unternehmer ist, dass deshalb die Wertsteigerung fast explodiert ist, oder ist es deshalb, weil Sie so schlecht privatisiert haben, dass es nachher ohnehin nur steigen kann? Solche Fälle gibt es auch, die haben Sie nämlich nicht in Ihrem Antrag drinnen.

Ich darf Sie an die Austria Tabak erinnern, die Sie weit unter ihrem Wert verklopft haben, das erkennt ja fast der Laie. Ich erinnere an die VA TECH: Da waren Sie couragierter, das steht da. Bei der VA TECH waren 55 € pro Ausgabekurs angedacht, wenn nicht bestimmte Vertreter von Fonds, selbst von Kleinaktionären Ihnen vor­gehüpft hätten, dass da mehr drinnen ist, und am Schluss waren es 65 €, und die Sache hat ganz schön gewackelt. Kein Ruhmesblatt, aber auf dieser Basis kann man natürlich leicht den Wert steigern. Nach dieser Logik, Herr Klubobmann Molterer, wäre der Erfolg ein noch viel höherer, hätten wir damals um 55 € verklopft. Aber, bitte, bleiben Sie bei Ihrer Logik.

Nächster Punkt in diesem Zusammenhang – das ist etwas schwieriger –: die Telekom, auch kein einfacher Fall. Also die Ausgabegeschichte – da kennt sich Kollege Öllinger noch besser aus – war kein Ruhmesblatt. Dass es jetzt das Doppelte wert ist, das hat mit generellen Marktvorgängen zu tun, aber sicher nicht mit Ihrem Geschick. Das eigene Ungeschick betrauert haben Sie allerdings bei dem Versuch, sich irgendwie an die Swisscom heranzuschleichen, oder war es umgekehrt, jedenfalls haben Sie einander so beschnüffelt, dass sich dann – und da sage ich Gott sei Dank – die Vernunft durchgesetzt hat, da diese Art von Anbahnung ja wirklich nichts Gutes gebracht hätte.

Was ist allerdings im Endergebnis geblieben? – Die Armen, in diesem Falle die armen Vorstandsdirektoren der ÖIAG, mussten ihren Kopf aus dem Fenster lehnen und von Ihnen, die Sie zuerst die Leute dort hineingetrieben haben, eine Wäsche verabreicht bekommen. Also da gibt es schon andere Aspekte der Privatisierungserfolge auch. Man kann die Dinge halt auch so sehen.

Ich komme abschließend noch kurz zur Post: Ich sage Ihnen, es ist gar keine Priva­tisierung. Es könnte gut sein, wenn man Geld hereinholte, aber die Frage ist eben, was damit geschieht. Wir haben große Bedenken und sind dagegen, weil eben nicht sichergestellt ist, dass das Geld in der Post verwendet wird. Wenn Sie argumentieren, es ist so ein Liquiditätsüberschuss im Unternehmen, dass es jetzt nicht sinnvoll wäre, dann kann man das ökonomisch natürlich verstehen und das Argument akzeptieren, aber es ist Ihnen eben nicht zuzutrauen, dass Sie dann, wenn es notwendig ist, endlich bei Vorlage eines Geschäftskonzepts den Kapitalzuschuss wirklich vollführen. Es ist nicht einmal sicher, obwohl Sie versprechen (Abg. Mag. Molterer: Stimmen Sie mit unserem Antrag, da steht das drin!) – ja, aber wir glauben es Ihnen nicht mehr, Sie haben ja genug anderes vollführt (Beifall bei den Grünen und der SPÖ) –, dass Sie selbst bei entsprechenden Kapitalerhöhungen mitgehen würden, respektive die ÖIAG.


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Ich muss Ihnen abschließend sagen: So ein Börsegang ist dann sinnvoll, wenn jene Teile an die Börse geschickt werden, für die das ökonomisch und halbwegs auch theoretisch gerechtfertigt passt. Das ist in dieser Konzeption fraglich, insbesondere weil die Universaldienstverordnung jetzt schon dazu führt, dass Sie einen Anbieter haben, redmail, der reiner Rosinenpicker ist, und bei Ihnen überhaupt nicht erkennbar ist, dass die Universaldienstverordnung einmal so ausschauen wird, dass das ein geeignetes Regulierungswerk für das ganze Ding ist. Wenn sichergestellt ist, dass alle durch einen vernünftigen Versorgungsauftrag bedient werden, kann man ja anders reden, aber das führen Sie ja nicht im Schilde, das ist ja ganz offensichtlich. Deswegen halte ich das eigentlich nur für die Vorstufe einer Gesamtprivatisierung, die Sie hier vollführen. Allerdings sagen Sie nicht dazu, dass Sie die dafür notwendigen Rahmen­bedingungen für die Absicherungen der Versorgung ausdrücklich und offensichtlich absichtlich weglassen.

Letztlich, um all dies zu kaschieren, greifen Sie wieder in den Steuersäckel und schrei­ben irgendwelche Aufträge aus, vergeben Inserate, alles wie gewohnt. Ich würde Ihnen wirklich raten, denn es ist schon wieder einmal soweit: Zahlen Sie Ihre eigene Inse­ratenkampagne selber! Das ist nämlich wirklich ärgerlich. Sie haben schon Milliarden an Berateraufträgen und Werbekampagnen verklopft! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. Seine Wunschredezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

 


16.16.13

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Nach der Rede des Kollegen Kogler habe ich für diesen Zeitungsartikel (der Redner hält diesen in die Höhe) Verständnis, wo sich die Aussage einer ehemals führenden Grünpolitikerin, Kollegin Langthaler, in einer deutlichen Überschrift findet: „Manchmal gibt es auch von der Opposition blöde Vorschläge“. – Hier kann man es lesen. Mehr braucht man dazu, glaube ich, nicht zu sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, es wäre heute die Chance gewesen, über moderne, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik eine fundierte Auseinandersetzung zu führen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Meine Damen und Herren von der linken Seite, Herr Kollege Matznetter, wissen Sie, wen ich wirklich bewundere? – Ihre Kollegin Ederer, Ihren Kollegen Ruttenstorfer und Ihren früheren Finanzminister Androsch. Denn mit einer derart schwachen Unterstützung Ihrerseits trotzdem hervorragende Unternehmen zu führen, ist an und für sich eine Meisterleistung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sagen Sie klipp und klar, dass diese Leute nichts verstehen, dass sie falsch liegen! Sagen Sie hier, dass diese Ihre Leute, Ederer, Androsch und Ruttenstorfer, nichts verstehen und falsch liegen, denn die sagen uns eindeutig: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, machen Sie es! Meine Damen und Herren, Sie werden verstehen, auf Grund der bisherigen Fakten glauben wir diesen dreien mehr als Ihnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hier herauszugehen und nichts anderes zu präsentieren als: Alles soll beim Alten bleiben!, ein wenig zu lamentieren, ein wenig zu klagen, nicht sehr viel zu sagen – es ist ja bezeichnend, wenn der Herr Gusenbauer nicht hier ist; offensichtlich ist ihm selber nicht ganz wohl in seiner Haut –, nichts mehr zu wissen von den Aussagen, die Sie zum Zeitpunkt der VOEST-Privatisierung von sich gegeben haben – Sie müssten ja täglich Buße tun, meine Damen und Herren, und hier herausgehen im Büßergewand


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und sagen: Leider, leider, leider haben die Regierungsparteien Recht gehabt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das wäre noch das Geringste, was Sie tun sollten.

Meine Damen und Herren, zur VOEST-Privatisierung. Wissen Sie, wann das erste Mal in der VOEST etwas privatisiert wurde? – 1995. Wissen Sie, zu welchem Kurs, weil Sie den letzten Kurs von 32 € so kritisieren? – Mit 23 €! Und dann meinen Sie, die 32 € wären ein schlechter Kurs, vielleicht war der Ihrige damals noch besser. Da hinterfrage ich Ihre Wirtschaftspolitik, und da kann man nur sagen, meine Damen und Herren: Schlecht geredet – falsch gelegen. Schlecht geredet – falsch gelegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wirtschaftskompetenz à la SPÖ – das hat Herr Kollege Stummvoll, glaube ich, heute deutlich gemacht – hat man ja am „Konsum“-Debakel gesehen. Jetzt sage ich ganz offen, ich hatte keine Freude damit, damit das klargestellt ist. Sie können auch meinen damaligen Beitrag nachlesen. Ich habe es bedauert und bedauere es heute noch, dass ein derartiges Unternehmen trotz massiver Quersubventionierung durch die Stadt Wien, weil man günstigste Mieten, um das vorsichtig zu formulieren, verrechnet hat, den größten Flop erlebt hat, der eine unglaubliche Vernichtung von Kapital, von Arbeitsplätzen und Einkaufsmöglichkeiten nach sich gezogen hat.

Sie, meine Damen und Herren, brauchen hier auch nicht so berauschend – Stichwort Bank Burgenland – zu reden. Ich erinnere mich: Kollege Haider von der SPÖ Oberösterreich hat ja bei der VOEST-Privatisierung die große Gefahr, dass die Russen kommen, an die Wand gemalt. Jetzt lese ich voll Staunen, dass es bei der Bank Bur­genland noch zwei Interessenten gebe, nämlich die GRAWE in Graz und eine russische Bank.

Ich nehme daher an, dass Kollege Haider bereits ins Burgenland unterwegs ist, um das Burgenland davor zu schützen. Das nehme ich doch zumindest an, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Bei den übrigen Bankprivatisierungen haben Sie sich ja hervorragend geschlagen. Das eine Mal hat man gemeint, für Österreich sei die Bank zu groß, für das Ausland zu klein, daher ging man in Richtung Deutschland. In der Zwischenzeit müssen all jene, die stolz darauf waren, Italienisch lernen. Allerdings ist der Einfluss weg, meine Damen und Herren, und die Vernichtung des Kapitals wurde bereits erwähnt. Ich will das gar nicht besonders erläutern.

Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren, an Ihre Wirtschaftspolitik, an Ihre Miss­erfolge und seien Sie dankbar, dass es damals diese Regierung bei der VOEST, bei vielen anderen Bereichen trotz dieser Widerstände, trotz auch politischer Schwierig­keiten durchgezogen hat. Wissen Sie auch, weshalb? Fragen Sie Ihre Betriebsräte in der Voest Oberösterreich, ob sie nicht stolz sind, dass ihre Beteiligung für die Mitarbeiter von über 10 Prozent eine derartige Performance aufweist. Das ist etwas, worüber sich Mitarbeiter freuen können, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, die Ungeheures leisten. Derartige Mitarbeiter sollten auch am Erfolg partizipieren können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, wichtig bei diesem Postbörsegang ist eines: ein kluges Beteiligungsmodell auch für Mitarbeiter, gar keine Frage, eine Absicherung des Ausgabekurses für die Mitarbeiter, vielleicht auch unter der Prämisse, dass die Beteili­gung oder der momentane Ertrag etwas schmäler ausfällt, aber eine Absicherung gegeben ist, dass die Rendite vielleicht nicht ganz so stark ist. Den Mitarbeiter am Erfolg beteiligen stärkt die Bindung an das Unternehmen und ist ein positiver Moti­vationsfaktor. – Dieser Satz stammt nicht von mir. Wissen Sie, von wem er stammt? – Den können Sie in der gestrigen deutschen Zeitung „Handelsblatt“ nachlesen. Diese


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Aussage stammt vom arbeitsmarktpolitischen Sprecher der SPD Klaus Brandner. Nehmen Sie sich an dem ein Beispiel! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Noch etwas sei Ihnen gesagt, meine Damen und Herren. Der Bezirk Wels-Land ist jener Bezirk, wo ich zu Hause bin; 65 000 Einwohner, 24 Gemeinden. Da gibt es Postpartnerschaft in Bad Wimsbach mit einer Trafik, in Eberstalzell macht es die Gemeinde, in Sipbachzell und in Offenhausen ein Kaufgeschäft, in Weißkirchen das Lagerhaus und in Krenglbach – SPÖ-Bürgermeister, Herr Kollege Gaßner! – ein Geschäft, ein Kaufhaus. Fragen Sie dort, machen Sie eine Umfrage! Wissen Sie, was Ihnen diese Leute vor Ort sagen? – Jetzt haben wir die Chance, mehr als 50 Stunden den Postpartner in Anspruch zu nehmen, im früheren Postamt waren es 25 Stunden. Fragen Sie, was ihnen lieber war. – So viel zu Ihrer These, zu Ihren Behauptungen.

Wir meinen, ja wir sind uns sicher, dass dieser Börsegang ein Erfolg sein wird, und wir vertrauen auf das Management, auf die Mitarbeiter. Seien auch Sie stolz und gönnen Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Partizipation am Erfolg dieses Unter­nehmens auch in Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. 4 Minuten Redezeit. Ich erinnere daran, dass Sie einen Entschließungsantrag in den Kernpunkten erläutern wollen, Herr Abgeordneter. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.24.28

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Kollegen auf der Regie­rungsbank! (Ruf bei der ÖVP: „Kollege“ ist gut!) Ich bin erschüttert über dieses histo­rische Wissen über die verstaatlichte Industrie. Wenn hier behauptet wird, dass Milliar­den hineingeflossen sind, dann muss man auch wissen, wohin sie geflossen sind in einer Zeit, in der die weltweite Stahlkrise einen Höhepunkt erreicht hat, in der andere Länder verlorene Zuschüsse gegeben haben und Österreich damals unter Finanz­minister Lacina Darlehen gegeben hat. Das ist der Unterschied, ein ganz großer Unterschied!

Wenn man heute die voestalpine heranzieht und sie als so positiv darstellt – wir sind alle sehr froh darüber –, dann weiß jeder hier, der sich betriebswirtschaftlich auskennt, dass solche Ergebnisverbesserungen ja nicht von heute auf morgen möglich sind. Das sind langwierige Prozesse in den Investitionsentscheidungen gewesen, die in den neunziger Jahren stattgefunden und jetzt ihre Auswirkungen haben, weil es einen Rohstoffpreisboom gibt. China und Indien sind die preistreibenden Kräfte bei den Rohstoffen, und das führt dazu, dass man jetzt gute Gewinne machen kann. Aber das hat nichts mit der Börseneinführung zu tun. Das müsste man einmal klar festhalten.

Mein Thema, zu dem ich sprechen wollte, ist eigentlich ein ganz anderes. Die Ver­schleuderung durch diese Bundesregierung muss hier wieder hervorgehoben werden. Ich habe damals schon deutlich gesagt, dass die VOEST zu billig verkauft wurde. Was ist da passiert und wurde vom Finanzminister geduldet? – Alleine in der voestalpine hat man auf Grund des falschen Zeitpunkts 630 Millionen € verschenkt. Alleine die Wandelanleihe war über 300 Millionen €. Und dieser Bundesminister deckt es, dass man hier zu teuer finanziert hat.

Noch ein Punkt: Die SPÖ ist nie gegen Privatisierung aufgetreten. Wir haben nur gesagt, wir brauchen einen Kernaktionär der öffentlichen Hand, der sicherstellt, dass diese Unternehmen auch nachhaltig in Österreich bleiben. Das ist ein wichtiger Punkt. Und die Geschichte mit Böhler-Uddeholm, mit der voestalpine ist noch nicht gegessen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt machen Sie das schon wieder schlecht!) Es gibt jetzt


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schon Überlegungen bei Thyssen, Übernahmeangebote zu machen. Das muss man hier festhalten.

Ich frage mich auch, ob diese Erfolgsbilanz, die hier präsentiert wurde, wirklich eine Erfolgsbilanz ist. 1,8 Milliarden € hat man bei vier Unternehmen liegen gelassen: voest­alpine, Telekom, VA TECH und Böhler-Uddeholm. Wissen Sie, wie viel das ist? – Das sind 22 Milliarden Schilling, die man durch den falschen Verkauf liegen gelassen hat. Das sind 10 000 Einfamilienhäuser, das müssen Sie sich einmal vorstellen!

Wenn Sie, Herr Molterer, so großartig diese Kurserhöhungen darstellen, dann muss man auch dazusagen, dass durch diese Privatisierungen 4,5 Milliarden € an Volks­vermögen umverteilt wurden. Dass Sie natürlich glücklich sind über diese Umver­teilung, weil die Raiffeisenkasse sehr viel Geld damit gemacht hat, das verstehe ich. (Abg. Mag. Molterer: Haben Sie überhaupt kein Herz für die Mitarbeiter mehr? Das ist Sozialdemokratie!) Aber wissen Sie, wer noch viel Geld gemacht hat? – Das sind die Topmanager, Spekulanten und Investmenthäuser. Wissen Sie auch, was die ÖIAG für diese vier Privatisierungen bezahlt hat? – Sie hat 150 Millionen € für vier Privatisie­rungen bezahlt, das sind 2,2 Milliarden Schilling! Dann fragt man sich natürlich, was denn die hoch bezahlten Manager und Aufsichtsräte dort machen.

Zur Post: Da fürchten wir wiederum eine Verschleuderung. Wir glauben, dass diese Postprivatisierung, wie sie jetzt angegangen wird, den Postraub fortsetzt, den Postraub dieser Bundesregierung. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was ist der Postraub? – In der ersten Phase haben Sie seit fünf Jahren 8 000 Mitar­beiter abgebaut. Generaldirektor Wais hat angekündigt, dass es weitere 25 Prozent sein werden – wiederum 6 000! Also die Post wird sich reduzieren. Er hat zweitens angekündigt – und für uns ist das klar –, dass die Postämter geschlossen werden: weitere 400 bis 500. Warum? – Weil der Dividendendruck dazu führen wird. Jeder Manager, auch Generaldirektor Wais wird sich auf § 70 Aktiengesetz berufen. Er sagt: Ich habe private Aktionäre – und ich habe andere Aktionäre. Also wenn es nicht anders geht, muss ich schließen.

Ich habe mir die Post in Deutschland und in Holland angeschaut. Beide sind dort an der Börse platziert. Sie haben in den letzten Jahren jährlich zirka 2 bis 3 Prozent an Mitarbeitern eingespart. Das blüht auch dieser österreichischen Post. Schauen Sie sich die Bilanzen dieser Gesellschaften an! Das ist ein wichtiger Punkt.

Was kommt dann zum Schluss? – Postraub zwei. Dieser Finanzminister hat in den letzten fünf Jahren aus der ÖIAG 570 Millionen € herausgeholt. (Abg. Scheibner: Das ist doch positiv, Herr Kollege! – Bundesminister Mag. Grasser: Bei euch haben sie nie Dividenden bezahlt, weil sie nie Geld gehabt haben!) – Wenn man dieses Geld drinnen lassen würde, hätte man ausreichend Geld, um die Expansion zu finanzieren.

Ich verstehe nicht – und da bitte ich um Aufklärung seitens des Finanzministers –, dass dann, wenn im Unternehmen 300 bis 400 Millionen € drinnen sind und öffentlich plakatiert wird, dass die Postprivatisierung die Finanzierungsgrundlage zur Expansion bringt, sündteure Inserate geschaltet werden. Das ist eine Lüge! Das Geld kommt gar nicht in die Post. Es ist genug drinnen. Wozu dann diese sündteuren Inserate? (Der Redner hält ein Zeitungsblatt in die Höhe.) 1 bis 2 Millionen € kosten solche Inserate. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da haben Sie aber einen schlechten Preis!) Man schaltet solche Inserate, um die Bevölkerung zu täuschen. Das ist eigentlich ein ungeheuer­licher Prozess, der da stattfindet!

Ich möchte Sie heute wirklich bitten: Sagen Sie uns heute hier: Können Sie garan­tieren, dass die Arbeitsplätze bei der Post bleiben? Wie können Sie das garantieren? Wie zwingen Sie einen Manager einer börsennotierten Gesellschaft, nicht vom


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§ 70 Aktiengesetz Gebrauch zu machen? Können Sie garantieren, dass es keine Postamtsschließungen mehr geben wird? Das erwarte ich mir von Ihnen, dann wären wir vielleicht beruhigter.

Deshalb auch unser Vorschlag: Wir sind nicht gegen die Privatisierung, sondern wir wollen das Geld aus der Privatisierung zu Zwecken der Expansion verwenden. (Abg. Murauer: Warum halten Sie so am Postamt fest? Warum müssen Sie ein Amt haben? Wozu brauchen Sie das?)

Postamt ist ein historischer Begriff. Meinetwegen können Sie sagen Postdistribution, das ist mir egal. Wichtig ist, dass die Leute Sicherheit haben und ordentlich versorgt werden. Und das ist nicht mehr der Fall! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es gibt Leute, die bis zu 30 km zur Post fahren müssen. Das ist der Kernpunkt, gegen den wir uns eigentlich wehren!

In diesem Zusammenhang bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matznetter, Mag. Moser, Renate Csörgits, Mag. Gaßner, Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung der Post AG und Sicherung einer flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Ver­sorgung mit Postdienstleistungen sowie der Infrastruktur und der Beschäftigung im ländlichen Raum

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Absicherung einer guten Versorgung der Bevölkerung auf der einen Seite und zu einer expansiven Entwicklung der Post auf der anderen Seite folgende Maßnahmen zu setzen:

Erster Punkt: Die Post soll als modernes Dienstleistungsunternehmen eine flächen­deckende und qualitativ hochwertige Versorgung der Menschen sicherstellen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Haben wir gemacht!)

Zweiter Punkt: Die Post ist als umfassender Logistikanbieter auf dem Markt zu positionieren. Das heißt, da geht es um wichtige strategische Geschäftsfälle, wo man wachsen kann. (Abg. Mag. Molterer: Erledigt! Schon geschehen!)

Vierter Punkt: Die österreichische Post soll für die Expansionsstrategie in Mittel- und Osteuropa den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen (Abg. Scheibner: Die Realität hat den Antrag schon längst überholt!) – aber nicht als Post AG, sondern als neu zu gründende Gesellschaft, wie es zum Teil in der Raika, ein positives Beispiel, vorgelebt wird –, damit man zum einen die Versorgung in Österreich sicherstellen kann und zum anderen Kapital für die Wachstumsfinanzierung im Rahmen einer Tochtergesellschaft haben kann.

Fünfter Punkt: Man soll dafür sorgen, dass die Universaldienstleistungen in jeder Landgemeinde sichergestellt sind. Das ist aber mit einem Börsengang nicht vereinbar. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Warum nicht?) Weil es unterschiedliche Interessen sind. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist doch nicht wahr!) Die Versorgung ist ein öffentliches Interesse, und die Versorgung muss flächendeckend sein. Aber dem Kapital­eigen­tümer, Herr Scheuch, ist es relativ wurscht, wo der Euro gemacht wird. Wenn der Zustelldienst in das letzte Dorf, zum letzten Bergbauern wesentlich mehr kostet, als er bringt, dann wird das eingespart, und dann ist die Versorgung nicht sichergestellt. Das ist ein logisches Argument, das hier ins Treffen zu führen ist.


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Letzter Punkt in unserem Antrag ist, dass es eine Bestandsgarantie für die Postämter in den ländlichen Regionen geben muss.

Ich glaube, wenn Sie diesem Antrag zustimmen, dann haben wir für eine gute Zukunft für die Post, für die Versorgung der ländlichen Regionen und auch für die öster­reichische Standortpolitik gesorgt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Der in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungs­antrag der Abgeordneten Dr. Matznetter, Mag. Moser, Renate Csörgits, Mag. Gaßner, Eder und KollegInnen ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matznetter, Mag. Moser, Renate Csörgits, Gaßner, Eder, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung der Post AG und Sicherung einer flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Versorgung mit Postdienstleistungen sowie der Infrastruktur und der Beschäftigung im ländlichen Raum, eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abgeord­neten Mag. Molterer und KollegInnen betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Börsen­einführungen 

Die Regierung hat den Verkauf von 49% der ÖIAG-Anteile an der österreichischen Post-AG beschlossen,

ohne dass auch nur im Ansatz ein Strategiekonzept vorläge, wie sich die Post AG mittelfristig in welchen Geschäftsfeldern oder im Ausland entwickeln soll,

ohne dass absehbar wäre, wie die Liberalisierung der Postdienstleistungen in der EU geregelt sein wird (das wird 2007 der Fall sein) und welche Auswirkungen das auf den Universaldienst und dessen (öffentliche) Sicherung und Finanzierung haben wird,

ohne dass – wie in den wenigen anderen Ländern, die die Post bereits privatisiert haben (Niederlande, Deutschland) auch – im Rahmen der Privatisierung auch die Postbank als Profitträger mit auf den Weg gegeben werden kann,

und ohne dass daher auch eine maximaler Verkauferlös im Interesse der Steuer­zahlerInnen sichergestellt ist.

Neben ideologischen Erwägungen geht es der Regierung klar erkennbar auch um das Stopfen drohender Budgetlöcher im Wahljahr. Dafür wird neuerlich öffentliches Eigen­tum verschleudert – und damit wieder einmal einigen Wenigen enorme, für die meisten Menschen kaum vorstellbare (Kurs-) Gewinne zugeschanzt –, die Versorgung mit günstigen, flächendeckenden Postdienstleistungen vor allem im ländlichen Raum weiter gefährdet, und zahlreiche Postämter mit der Schließung sowie MitarbeiterInnen mit der Kündigung bedroht.

Für diesen Kurs steht die SPÖ nicht zur Verfügung, ein Kurswechsel ist also erforderlich.

Die SPÖ will eine „Post, die allen was bringt“ – den Menschen und den Unternehmen in Österreich.

Die SPÖ tritt daher für eine starke Gelbe Post im österreichischen öffentlichen Eigen­tum ein. Die Post soll als modernes Dienstleistungs-Unternehmen eine kostengünstige, schnelle, flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung der Menschen und der Unternehmen in Österreich mit Brief- und Paketdiensten sicherstellen. Nur so kann


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die Versorgung auch im ländlichen Raum im topografisch schwierigen Österreich sichergestellt werden.

Dieser Grundsatz gilt im übrigen auch in allen Ländern, die über große Regionen verfügen, in denen sich eine flächendeckende Versorgung rein betriebswirtschaftlich nicht rechnet. Deshalb gibt es auch nur in den Niederlanden (deren gesamte Lan­desfläche gleich einem Ballungsraum bei uns versorgt werden kann) und in Deutsch­land eine börseeingeführte Post. Auch in den USA wird das USPS (U.S. Postal Service) als rein staatliche Post mit 700.000 Beschäftigten geführt.

Die SPÖ tritt für eine zukunftsorientierte, auf Wachstum ausgerichtete Strategie der Post ein.

Daher soll dem Management freie Hand gegeben werden, die viel versprechenden Ansätze der Österreichischen Post, sich als umfassender Logistikanbieter am Markt zu positionieren, weiter zu entwickeln und entsprechende Strategien – auch unter Einbe­ziehung der Märkte in Mittel- und Osteuropa – zu erarbeiten.

Im Zusammenhang mit der Expansionsstrategie in Mittel- und Osteuropa sollten auch die bisher erfolgten Übernahmen von Postdienstleistungs-Anbietern evaluiert und weitere Expansionsschritte im Bereich der Brief- und Paketdienste in die Gesamt­strategie integriert werden.

Ungeeignet für einen Börsegang ist aber die flächendeckende Versorgung mit Univer­saldienstleistungen bis in jede Landgemeinde.

Die SPÖ tritt für eine Finanzierung der Wachstumsstrategie unter anderem auch über den Kapitalmarkt ein.

Die SPÖ ist bereit, einer zukunftsorientierten Wachstumsstrategie die Finanzierung über die in den letzten Jahren sehr erfolgreiche und aufnahmefähige Wiener Börse zu ermöglichen und damit die klassische Finanzierungsfunktion der Kapitalmärkte in Anspruch nehmen. Immerhin haben sehr erfolgreiche Unternehmen wie ERSTE, Raiff­eisen, Wiener Städtische oder die ÖMV ihr Wachstum über die Wiener Börse finanziert.

Für die Post bietet sich ein Konzept an, das auch Raiffeisen sehr erfolgreich umgesetzt hat, nämlich das Wachstumssegment in eine Tochter auszugliedern und diese an die Börse zu führen.

Die Post sollte daher die Anleger am Wachstumspotential sowohl im Logistik-Bereich als auch im Bereich der Expansion nach Mittel- und Osteuropa im Wege einer dafür gegründeten, börsenotierten Tochter der Post AG teilhaben lassen. Die Post AG selbst könnte sich dabei auf einen strategischen Anteil von zumindest 51 % zurückziehen. Damit käme auch der Erlös aus dem Börsegang für Zwecke der Expansion der Post und nicht dem Budget zugute.

Damit wären auch die Risken für die Anleger besser zu beurteilen – als wenn (eher risikoarme) Versorgung mit Postdienstleistungen mit (riskanterer) Expansion in Rich­tung Logistikanbieter sowie nach Mittel- und Osteuropa in einem Unternehmen kombiniert sind.

Ein weiterer Vorteil wäre, dass die öffentliche Hand für die weitere Zukunft in unter­schiedlichem Masse an der Post und ihren Dienstleistungen beteiligt sein könnte. In den Bereichen, in denen ein öffentliches Versorgungsinteresse zum Wohle des Stand­ortes besteht, könnten zunächst die Rahmenbedingungen in Europa für die Zukunft der Postdienstleistungen abgewartet und dennoch die Expansion der Post privat finanziert werden. Ob und in welchem Ausmaß eine Privatisierung der Versorgung Österreichs mit Postdienstleistungen bei gleich bleibender Versorgungssicherheit und kosten-


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günstigem Angebot sinnvoll und möglich ist, kann danach in aller Ruhe beurteilt werden.

Die SPÖ will jedenfalls Klarheit über die Rahmenbedingungen für die Zukunft der Gelben Post in Österreich, bevor Anteile so wie von der Regierung geplant privatisiert werden, weil hier öffentliches Interesse gegen Kapitalmarktinteresse steht.

Derzeit ist nicht klar, welche Rahmenbedingungen für die Liberalisierung der Post­dienste in der EU vorgesehen sein werden – dies ist erst 2007 absehbar. Welche Aus­wirkungen dies auf das Unternehmen Post und seinen Universaldienst haben wird, ist daher ebenfalls unklar. Sehr wahrscheinlich ist hingegen, dass sich daraus zusätzliche Finanzierungserfordernisse für die öffentliche Hand ergeben können, wenn private, Gewinn maximierende Eigentümer am Versorgungsunternehmen beteiligt sind.

Immerhin besorgt die Post derzeit gesetzlich aufgetragene gemeinwirtschaftliche Leis­tungen – Universaldienst, und insbesondere flächendeckende Zustellung zum Einheits­tarif für alle Printmedien bis hin zu sozial motivierten Sondertarifen für Vereine und Kirchen bzw. Sponsoringpost für Parteien. Wer wird dafür in Zukunft aufkommen? – Übrig blieben der ländliche Raum, dessen Versorgung nicht garantiert ist und mit weiteren Postämterschließungen konfrontiert sein wird, übrig blieben die MitarbeiterIn­nen, denen weitere Kündigungen oder Frühpensionierungen drohen, bedroht ist eine flächendeckende Printmedienvielfalt zu vernünftigen Preisen, und – selbst wenn den Parteien höhere Tarife zumutbar wären – Vereine und Kirche würden höhere Tarife schwer treffen! Alternativ könnte der Staat in die Presche springen, die Finanzierung ist jedoch auch hier unklar.

Die SPÖ will diese Punkte vor einem allfälligen Börsegang nicht zuletzt auch im Interesse der Anleger und im Hinblick auf einen optimalen Verkaufserlös geklärt wissen.

Damit dies möglich wird, soll die Regierung einer „Nachdenkpause“ bis zur Vorlage eines Expansionskonzeptes der Post und der Prüfung der Möglichkeiten einer Post-Tochter für den Börsegang zustimmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch entsprechende und geeignete Maß­nahmen sicherzustellen, dass - bevor weitere Schritte zur Veräußerung von ÖIAG-Anteilen an der Post AG gesetzt werden - die ÖIAG gemeinsam mit der Post AG eine umfassende, zukunftsorientierte, expansive und ein mehrheitlich öffentliches Eigentum an der Post AG sichernde Strategie zu erarbeiten, die insbesondere auch die folgen­den Punkte berücksichtigt:

Die Post soll als modernes Dienstleistungs-Unternehmen eine kostengünstige, schnelle, flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung der Menschen und der Unternehmen in Österreich mit Brief- und Paketdiensten sicherstellen. Nur so kann die Versorgung auch im ländlichen Raum im topgrafisch schwierigen Österreich sicher­gestellt werden.

Es sollen Rahmenbedingungen sichergestellt werden, die es der Österreichischen Post ermöglichen, sich als umfassender Logistikanbieter am Markt zu positionieren, weiter zu entwickeln und entsprechende Wachstumsstrategien – auch unter Einbeziehung der Märkte in Mittel- und Osteuropa – zu erarbeiten.


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Es sollen Rahmenbedingungen sichergestellt werden, die es der Österreichischen Post ermöglichen, eine Expansionsstrategie in Mittel- und Osteuropa umzusetzen und zu finanzieren, wobei auch die Brief- und Paketdienste in dieser Strategie integriert berücksichtigt werden können.

Die Finanzierung der Wachstumsstrategie soll unter anderem auch über den Kapital­markt erfolgen, wobei es sich anbietet, das Wachstumssegment in eine Tochter auszugliedern und diese an die Börse zu führen. Dabei könnte sich die Post AG selbst auf einen strategischen Anteil von 51 % zurückziehen der Erlös aus dem Börsegang soll für Zwecke der Expansion der Post und nicht dem Budget zugute kommen.

Damit soll auch berücksichtigt werden, dass die flächendeckende Versorgung mit Universaldienstleistungen bis in jede Landgemeinde für einen Börsegang ungeeignet ist.

Bevor Anteile des österreichischen Postbetriebs privatisiert werden, müssen jedenfalls die Rahmenbedingungen für die Zukunft der Gelben Post in Österreich geklärt werden, weil hier einerseits öffentliches Interesse gegen Kapitalmarktinteresse steht und ande­rerseits Transparenz in diesen Punkten auch im Interesse der Anleger und im Hinblick auf einen optimalen Verkaufserlös erforderlich ist. Insbesondere ist zu klären, welche Auswirkungen die Liberalisierung der Postdienste in der EU auf das Unternehmen Post und seinen Universaldienst haben wird.

In diesem Zusammenhang soll eine Bestandsgarantie für die Postämter in den ländlichen Regionen verankert werden und seitens der Bundesregierung ein Entwurf zur Änderung des Postgesetzes dem Nationalrat dahingehend raschest möglich vorzu­legen, dass jede Postamtschließung in den nächsten fünf Jahren unterbleibt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Staatssekretär Mainoni. Redezeit: maximal 10 Minuten. – Bitte.

16.35.00

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte zunächst ganz kurz auf den Entschließungsantrag der SPÖ eingehen, weil er bemerkenswert ist. Es ist das natürlich eine politische Auseinandersetzung der Opposition mit der Regierungspartei, wobei allein die Bilanz der ÖIAG, wie man an den Zahlen ersehen kann, eindeutig beweist, wie erfolgreich der Kurs der österreichischen Bundesregierung ist. (Abg. Dr. Matznetter: Nein!) Lassen Sie mich eingehen auf diesen Entschließungsantrag, denn er ist bemerkenswert.

Erster Punkt, bereits zitiert vom Kollegen Moser: Hochwertige Versorgung der Men­schen wird von der Post gefordert. – Die Post war dreimal Europameister, mehr kann ich dazu nicht sagen. Größtes Vertrauen wird von der österreichischen Bevölkerung den Bediensteten der Post entgegengebracht, was durch mehrere Umfragen bereits bestätigt ist. – Also ich kann nur sagen: Erster Punkt bereits erledigt!

Nächster Punkt: Die Post soll sich als umfassender Logistikanbieter auf dem Markt positionieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das befindet sich bereits in Umsetzung! Bitte erkundigen Sie sich im Aufsichtsrat über die Arbeitnehmervertretung der Fraktion sozialistischer Gewerkschafter! Das ist bereits in Umsetzung begriffen. – Also auch dieser Punkt geht ins Leere!


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Nächster Punkt: Expansionsstrategie in Mittel- und Osteuropa. – Das ist genau die Strategie, die die Österreichische Post AG und der Vorstand verwirklichen. Das wird bereits gemacht. (Abg. Dr. Matznetter: Nein, das wird nicht gemacht!) Bitte schauen Sie nach! Das ist Bestandteil der Strategie der Post. – Das wird in Ihrem Antrag gefordert, obwohl es längst eine Strategie der Post ist.

Jetzt darf ich ersuchen, einen Blick auf Ihren Entschließungsantrag zu werfen. Da steht klipp und klar drinnen – ich zitiere –:

„Die Finanzierung der Wachstumsstrategie soll unter anderem auch über den Kapital­markt erfolgen. Dabei könnte sich die Post AG selbst auf einen strategischen Anteil von 51 % zurückziehen, der Erlös aus dem Börsegang soll für Zwecke der Expansion der Post ... zugute kommen.“

Meine Damen und Herren! Genau das geschieht auch, sonst überhaupt nichts! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Sie können noch so viel dazwischenschreien, es ist so! Dieser Entschließungsantrag ist erst vorhin von Ihrem Kollegen eingebracht worden.

Ein zweiter Bereich, der mir aber viel wichtiger ist – und da zeigt die politische Aus­einandersetzung die Seriosität einer politischen Partei –, betrifft die Forderungen, die bereits verwirklicht sind, und dabei ist ein wesentlicher Punkt die Arbeit­nehmer­ver­tretung. Da bin ich schon sehr, sehr vorsichtig und bewerte ganz genau die Aussagen der Arbeitnehmervertretung der Österreichischen Post AG. Es sind drei wesentliche Punkte, auf die sie sich zurückzieht, drei wesentliche Punkte, die sehr wichtig sind:

Erster Punkt: Arbeitsplätze würden durch den Börsengang gefährdet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem aber liebe Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerschaft der Österreichischen Post: Es ändert sich null! Es ändert sich mit einem Börsengang bis zu 49 Prozent der Anteile der Post AG null an den Dienstverträgen. Es ändert sich null am ganzen Bereich der geschützten Verträge für die Mitarbeiter, nämlich dass rund 70 Prozent vollkommen abgesichert sind. Es wird sich mit dem Börsengang überhaupt nichts ändern. Die Arbeitsplätze sind jetzt gesichert – und bleiben auch in Zukunft gesichert. Ein Horrorszenario – „Crash-Sze­nario“ hat es der Gewerkschafter Fritz genannt –, ein Crash-Szenario, kann mit und ohne Börsengang passieren. Es passiert Gott sei Dank nicht, weil die Post AG eine gute Führung hat. Aber da hilft der Börsengang nichts, und ohne Börsengang können die Arbeitsplätze genauso gefährdet sein. – Also der erste Punkt geht völlig ins Leere.

Zweiter Punkt: Postfilialen werden weiter zusperren.

Meine Damen und Herren, dazu darf ich Ihnen sagen: Es gab sehr wohl eine Welle von Postamtsschließungen, die sehr unerfreulich waren, wo es aber überall durch Vermittlung und unzählige Gespräche und Sitzungen gelungen ist, Ersatzlösungen zu finden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Tatsächlich ist nun im bestehenden Filialnetz der Post nach der Universaldienstverordnung eine flächendeckende Versorgung gewähr­leistet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben aber durch das neue Postgesetz Vorsorge getroffen, dass so etwas nicht mehr passieren kann. Der Vorstand der Österreichischen Post AG versichert, dass bis 2009 keine Filialen mehr geschlossen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist auch sehr einleuchtend. Die Argumentation ist die: Es besteht derzeit ein Infra­strukturnetz, und gerade dieses ist der Vorteil, den die Österreichische Post AG gegenüber zukünftigen Mitanbietern am liberalisierten Markt haben wird. Deshalb braucht man dieses Filialnetz, und deshalb braucht man dieses Infrastrukturnetz.


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Deshalb wird es zu keinen Schließungen mehr kommen, meine Damen und Herren, und zwar mit und ohne Börsengang – erstens durch Gesetz abgesichert, zweitens durch Aussagen des Vorstandes.

Der dritte Punkt, der von der Gewerkschaft immer wieder moniert wird, ist ein Zukunfts­konzept. Es wird behauptet, dass es ein solches nicht gäbe. – Auch das ist falsch!

Ich ersuche wirklich den Herrn Postgewerkschafter Fritz, der aus allen Aufsichts­ratssitzungen alle Informationen besitzt, doch von seinen Informationen Gebrauch zu machen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sagen, was Sache ist: dass international gesehen in Zentral- und Osteuropa die Post Dienstleister Nummer eins werden will im Logistikbereich. Es gibt ein klares Konzept dafür; es gibt eine Strategie dafür.

Meine Damen und Herren, also die Aussage, dass der Postvorstand keine Strategie für die Zukunft habe, ist auch absolut falsch! Deshalb hege ich Zweifel daran, dass die Postgewerkschaft tatsächlich die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Post vertritt. Es erhebt sich die Frage, ob da nicht etwas anderes dahintersteckt: parteipolitische Interessen, möglicherweise auch wahltaktische Interessen.

Es ist jedenfalls den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Post damit nicht gedient! Derzeit bekommen sie 10 Prozent Dividende. Es werden heuer 9 Millionen € an die Mitarbeiter der Post ausgeschüttet. Das ist ein Beweis dafür, wie erfolgreich die Post arbeitet, und zwar mit einem Gewinn von rund 90 Millionen €!

Bei einem Börsengang, meine Damen und Herren, ist gewährleistet, dass die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter der Post bevorzugt in den Genuss von Aktien kommen können. Auch in der Zukunft ist damit gesichert, dass die Mitarbeiter der Post erstens vertragsrechtlich abgesichert sind, was die Dienstverträge betrifft, und zweitens mit teilhaben können an der Expansionsstrategie.

Deshalb ersuche ich, von zukünftigen Streiks und von zukünftigen Warnstreiks, wie es für kommende Woche vor der ÖIAG geplant ist, Abstand zu nehmen, denn eines wird dadurch riskiert: Es kann der Ruf der Österreichischen Post AG, der ein ausgezeich­neter ist, durch gewerkschaftliche Aktionen in Mitleidenschaft gezogen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. Bitte, die Ge­schäftsordnung zu beachten: die zu berichtigenden Fakten und dann die richtigen Fakten! – Bitte.

 


16.41.39

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Mainoni hat behauptet, dass bei dem derzeit geplanten Börsegang, so wie bei der Alternativmaßnahme im Entschließungsantrag der SPÖ, das auf dem Kapitalmarkt eingebrachte Geld der Post für ihre Aktivitäten zukommen.

Ich berichtige tatsächlich: Das jetzige Privatisierungskonzept läuft darauf hinaus, dass 49 Prozent der Anteile durch die ÖIAG verkauft werden und das Geld daher nicht der Post, sondern der ÖIAG zukommt.

Zweitens: Der Herr Staatssekretär hat behauptet, dass bei allen 687 ... (Abg. Mag. Molterer: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, denn der Herr Staatssekretär hat das nicht gesagt!)

Herr Staatssekretär Mainoni hat behauptet, dass bei der letzten Welle der Postamts­schließungen überall eine befriedigende Lösung gefunden wurde.


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Ich berichtige tatsächlich: Dies ist nicht der Fall! Es gibt eine Vielzahl von Gemeinden ohne ausreichende Versorgung, zum Beispiel die Gemeinde Liebenau im Mühlviertel, die mehr als 30 Kilometer fahren muss. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Gemeinde kann überhaupt nicht fahren! – Abg. Mag. Molterer: Die Gemeinde fährt nicht, sie bleibt immer dort, wo sie ist!)

16.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


16.42.51

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Matznetter, eines ist schon interessant: Wer hat es denn überhaupt verursacht, dass es in Österreich so weit gekommen ist? Wer war denn in den letzten 30 Jahren an der Regierung und hat zu verantworten, dass man bei der Post keinen Moder­nisierungsschub vorgenommen hat? Wer geht denn jetzt her und macht parteipolitisch Opposition?!

Kollege Verzetnitsch, ich hoffe, dass du im ÖGB der Vernünftige bist und nicht den Kollegen Fritz dabei unterstützt, gegen den eigenen Betrieb jetzt Protestmärsche bezie­hungsweise Streiks zu organisieren. Er sollte lieber mit der Unternehmerseite verhandeln, damit bei diesem Börsengang für die Arbeitnehmer noch mehr heraus­schaut. Die Postler werden sich freuen, wenn sie bei der Dividende mehr als bisher herauskriegen, wie Herr Staatssekretär Mainoni gesagt hat, und zwar das Drei- oder Vierfache. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bitte pfeif den Kollegen Fritz zurück, er soll die Interessen der Postler vertreten – und nicht die der SPÖ-Oppositionspolitik hier im Hohen Haus! – Kollege Verzetnitsch, ich hoffe auf deine Unterstützung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Matznetter, die Kolleginnen und Kollegen der Partei, der du angehörst, waren es, die uns einen Schuldenberg von 174 Milliarden € hinterlassen haben! 100 Milliar­den sind an Zinsen zu zahlen! Das kann man euch nicht genug oft sagen, denn ihr vergesst das immer wieder!

Erinnern wir uns einmal an die Pleiten, die ihr uns hinterlassen habt: Über 70 000 Arbeitnehmer in der Verstaatlichten haben durch eure verfehlte Wirtschaftspolitik, durch parteipolitisches Management von eurer Seite den Arbeitsplatz verloren, weil nicht wirtschaftlich gearbeitet wurde!

Ich greife da nur einige Beispiele heraus.

Erstens: die DDSG. Insgesamt sind da 10 Milliarden Schilling unter eurer Regierung in den Sand gesetzt worden!

Zweitens: AMAG. – Trotz hoher Unterstützung von Seiten des Staates wurden 15 Milliarden Schilling in den Sand gesetzt, und die Belegschaft wurde von 8 300 Mitarbeitern auf 2 400 abgebaut!

Vom „Konsum“ will ich erst gar nicht reden, denn das war das Ärgste, was da passiert ist. Da haben 15 000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren!

Außerdem: Bis heute ist nicht klar, was sich die BAWAG und ihr Management geleistet haben. Da wurden über 400 Millionen € womöglich auch in den Sand gesetzt. Dort haben Gewerkschaftsmitglieder ihre Konten und ihre Sparbücher, und dort bleibt dann der Zinssatz womöglich dementsprechend niedrig.


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Kollege Verzetnitsch, ich weiß schon, dass das weh tut, aber auch du bist da mit verantwortlich. Das sind halt Sachen, die man nicht gut finden kann.

Weiters: die ganze Affäre „Lucona“ und vieles mehr, wo Karl Blecha involviert war. Jetzt habe ich in der Zeitung gelesen – ich hoffe, dass es nicht stimmt –, dass das Ausland einen Antrag gestellt hat, eine Hausdurchsuchung zu machen. Vielleicht findet man dort auch wieder etwas. Ich weiß nicht, was in eurer Partei los ist! Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. (Abg. Pfeffer: Ja!) Ein bisserl vorsichtig sollte man schon sein!

Ich muss sagen: Der Börsengang der Post ist der richtige Schritt. Heute hat schon ein Kollege hier gesagt, was der Herr Haider von der SPÖ-Oberösterreich und auch die VOEST-Betriebsräte aufgeführt haben, als wir gesagt haben, dass wir die VOEST privatisieren wollen. Es werden die Mitarbeiter-Aktien erhöht. – Fazit: So viel Gewinn wie jetzt hat die VOEST überhaupt noch nie gehabt!

Herr Haider aus Oberösterreich hat außerdem gesagt, dass die Russen kommen werden und mit der VOEST verschwinden werden. – Wisst Ihr, was gekommen ist: Das Doppelte und das Dreifache an Gewinn! Die VOEST-Betriebsräte und die SPÖ sollten an die Öffentlichkeit gehen und sollten sich für diese Unwahrheit, die sie da verbreitet haben, entschuldigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Den Betrieb in der Öffentlichkeit schlecht zu machen, die Arbeitnehmer in Angst zu versetzen, indem man behauptet, dass sie den Arbeitsplatz verlieren, finde ich unerhört! Das darf ein Betriebsrat wirklich nicht tun! Er sollte motivieren – und nicht demotivieren.

Man hat nun gesehen: Dort funktioniert die Privatisierung. Bei der Post wird es genauso funktionieren, und zwar mit einem Börsengang. Die rot-weiß-rote Post wird erhalten bleiben. Sie wird damit eine bessere Chance haben, auf dem Markt unterzukommen. Die Post wird mehr Gewinne machen, und die bestehenden Arbeitsplätze werden gesichert und neue werden geschaffen. So schaut die richtige Wirtschaftspolitik in Österreich aus! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; 10 Minuten gesetzliche Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.48.00

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was mich an dieser Diskussion wirklich überrascht, ist die Widersprüchlichkeit seitens der Regierungs­fraktionen. Am besten habe ich wirklich Minister Grasser gefunden. (Zwischen­bemer­kung von Bundesminister Mag. Grasser.) Ja, und zwar in Ihrer Widersprüchlichkeit. Ansonsten kann man darüber durchaus streiten.

Es ist erstaunlich, was Sie da an Lob für die Post – dreifacher Europameister bei der Zustellung – und an Lob für die MitarbeiterInnen von sich gegeben haben! Aber für welchen Zeitraum? – Für einen Zeitraum, wo von Privatisierung überhaupt noch keine Rede war, wo die Post voll in öffentlichem Eigentum war! Also das jetzt als Begrün­dung dafür heranzuziehen, dass man unbedingt privatisieren muss, das finde ich zumindest eine eigenartige Argumentation. Seien S’ mir nicht bös’! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) Ja, so ist er! Genau, so ist er eigentlich immer!


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Dazu kommt noch eine zweite Argumentation, die ich mindestens genauso „gut“ finde. Sie haben mit strahlendem Gesicht gesagt: 51 Prozent bleiben in österreichischer Hand, bleibt bei Österreich, bleibt rot-weiß-rot, bleibt in Sicherheit und in Stabilität.

Heißt das, dass jetzt 49 Prozent unsicher und instabil werden, weil sie an die Börse gehen? Also das, was Sie da in Ihrer Argumentation von sich geben, ist ja wirklich an Widersprüchlichkeit kaum mehr zu überbieten! Ich würde wirklich für eine ernsthafte Diskussion plädieren. Auf das, was zum Beispiel der Kollege Matznetter hier gesagt hat, ist niemand von Ihnen auch nur mit einem ernsthaften Wort eingegangen – außer mit reiner Polemik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Für die Grünen ist es überhaupt keine Frage oder ist es zumindest nicht die zentrale Frage, ob der Staat ein guter oder schlechter Unternehmer ist. Beides ist möglich, wie wir wissen. Genauso können Private gute oder schlechte Unternehmer sein.

Ich habe es sehr interessant gefunden, dass ausgerechnet Hans Peter Haselsteiner, der wahrscheinlich aus Ihrer Sicht ein begnadeter Unternehmer ist, unlängst gesagt hat – es stand, soweit ich mich erinnern kann, im „profil“, aber ich bin mir nicht ganz sicher, jedenfalls hat er das gesagt –, der Staat ist vielleicht kein guter Unternehmer, aber die Banken auch nicht. Sie sind vielleicht genauso gute oder genauso schlechte Unternehmer. (Ruf bei der ÖVP: Der hat wahrscheinlich die BAWAG gemeint!)

Wen auch immer er meint: Ich glaube, dass man für vieles einen Beleg findet. Faktum ist, dass es nicht immer um die Eigentümerstruktur geht, sondern dass es auch darum geht, welche Aufgaben erfüllt werden. Auf dieses Thema möchte ich jetzt gerne zurückkommen.

Es gibt aus unserer Sicht einfach Bedingungen für öffentliches Eigentum, die sich dann ergeben, wenn es Bereiche gibt, die betriebswirtschaftlich nicht gewinnbringend zu führen sind, wo es aber trotzdem ein allgemeines öffentliches Interesse gibt. Und da gehört die Post sicherlich in gewisser Weise dazu, denn es gibt ein Interesse daran, dass es eine allgemeine Versorgung in einer guten Qualität gibt. Das ist aber nicht bis in den letzten Ort gewinnbringend zu bewerkstelligen, und deswegen gibt es da eine staatliche Verantwortung. In solchen Fällen bekennen sich die Grünen für eine staat­liche Regulierung, denn da macht öffentliches Eigentum Sinn. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Warten Sie ein bisschen, ich bin ja noch nicht fertig!

Was das öffentliche Eigentum dann auch soll, ist eben, zum Beispiel diese Versorgung auch tatsächlich sicherzustellen. Und da ist der Widerspruch, den wir sehen, dass nämlich in der jetzigen Universaldienstverordnung die flächendeckende Versorgung nicht sichergestellt ist.

Das heißt, in dem Augenblick, in dem es eigentlich öffentliches Eigentum ist, ist das nicht sichergestellt. Das hat jetzt nichts damit zu tun, ob etwas öffentliches Eigentum ist oder man damit an die Börse geht, sondern es hat damit zu tun, dass Sie sich als Regierung weigern, ein Postgesetz zu schaffen, das diese Versorgung erstens einmal beschreibt beziehungsweise genau festhält, was flächendeckende Versorgung heißt.

Heißt das, dass es eine flächendeckende Versorgung mit Postämtern gibt? Wie ist diese flächendeckende Versorgung für den Postbetrieb festzulegen? (Zwischenruf des Abg. Mag. Regler.) Ja, genau, darüber kann man ja diskutieren. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Mag. Regler.) Nein! Bitte erklären Sie mir jetzt nicht, dass das Aufgabe des Gesetzgebers ist. Gerade Sie stellen diesen gesetzlichen Zustand nicht her, und zwar jetzt schon nicht, und daher habe ich wenig Vertrauen, dass Sie das bei einer Privatisierung über die Börse machen werden. Es wäre ja ganz egal ... (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Regler.) – Sie wollen mir einfach nicht zuhören, ich merke es!


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Es wäre ja ganz egal, ob es im öffentlichen Eigentum ist oder im privaten, wenn Sie als Regierungsfraktionen, wenn wir als Gesetzgeber die Rahmenbedingungen festlegen würden. (Abg. Mag. Regler: Es gibt einen Versorgungsauftrag!) Ja, den gibt es, der ist aber nicht ausreichend definiert (Abg. Mag. Regler: O ja!), und zwar jetzt schon nicht, und der müsste daher geändert werden. Dafür haben die Grünen immer plädiert, dass nämlich ein neues Postgesetz her muss, wo das klar dargelegt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte noch kurz auf die Frage eingehen: Was passiert mit den Privatisierungs­erlösen? Minister Grasser hat das auch angesprochen. Diese sollen jetzt nicht in die Post gehen, wofür es ökonomisch gute Gründe gebe. Dazu möchte ich zwei Sachen feststellen.

Erstens verwahre ich mich dagegen, dass die Forschung jetzt herangezogen wird, um diese Privatisierungserlöse einzusetzen – ohne dass gesichert ist, dass die Post dann, wenn sie das Geld braucht, es auch wirklich bekommt.

Im Prinzip finde ich es gut, dass die Forschung mehr Geld bekommt, aber das sollte über das Budget erfolgen; darüber haben wir schon beim Thema „Sondermittel“ immer diskutiert. Sie weigern sich, Forschungsmittel sicherzustellen – und dann kommen solche Konstruktionen heraus, wo Sie Privatisierungserlöse für die Forschung ver­wen­den, es aber dann nicht mehr sicher ist, ob dann, wenn es notwendig ist, für die Post das notwendige Kapital auch da sein wird.

Also es stellt sich die Frage: Ist die Versorgung sichergestellt, und was passiert, wenn die Post das Kapital wirklich braucht, Sie aber die Privatisierungserlöse für etwas ande­res verwenden, wenn also nicht sichergestellt ist, ob das Geld dann auch wirklich aus der ÖIAG kommt? Aus diesem Grunde werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil Sie durch die Vorgangsweise, wie Sie mit diesen Dingen umgehen, Ihre Glaubwürdig­keit längst verspielt haben. Wir verlangen, dass diese Dinge sichergestellt sind, bevor über eine weitere Privatisierung geredet wird! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

16.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon, MBA. Wunschredezeit: 7 Minuten; Restredezeit seiner Fraktion: 10 Minuten. – Bitte.

 


16.55.13

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Sburny, da Sie sagten, dass das widersprüchlich sei, muss ich Ihnen erwidern: Widersprüchlich ist meiner Meinung nach nur eines, nämlich Ihre Rede im Vergleich zur Rede Ihres Kollegen Kogler, denn der hat nämlich den Börsengang der Post beziehungsweise die Privatisierung der Post absolut positiv bewertet, während Sie sich eigentlich dagegen ausgesprochen haben. Das ist der einzige Widerspruch, den ich da ausmachen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sburny: Weil Sie nicht gut zuhören!)

Sie kritisieren den Herrn Finanzminister dafür, wie er die Performance der Öster­reichischen Post darlegt, dass er nämlich ins Treffen führt, dass sie hervorragend aufgestellt ist, dass sie drei Mal Europameister geworden ist, und Sie meinen, das wäre keine Begründung für einen Börsengang. – Dazu muss ich Ihnen sagen: Selbst­verständlich ist das eine Grund für einen Börsengang! Soll man mit einem Unterneh­men dann an die Börse gehen, wenn es schlecht dasteht? (Abg. Sburny: Sie meinen immer, dass der Staat ein schlechter Unternehmer ist!) Na selbstverständlich geht man


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mit einem Unternehmen dann an die Börse, wenn es einen guten Auftritt hat! Das ist sinnvolle Wirtschaftspolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt Gott sei Dank in der Bevölkerung ein gutes Gespür; ich sage das einmal so. Die SPÖ versucht nämlich wieder, planwirtschaftliche Konzepte durchzusetzen. Aber die Bevölkerung hat, wie gesagt, ein gutes Gespür: Es herrscht nämlich die weit ver­breitete Meinung, dass die SPÖ zwar für vieles gut sein mag, sie aber nicht wirt­schaften kann. Und das lässt sich in vielen Bereichen auch nachweisen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

Es gibt natürlich, wie Sie richtig gesagt haben, Unternehmensbereiche bei der Öster­reichischen Post, die nur schwer oder gar nicht wirtschaftlich zu führen sind. Daher muss man einem solchen Unternehmen Möglichkeiten in die Hand geben, dass es sich auch in anderen Bereichen etabliert, wo es wirtschaftlich sehr gut tätig sein kann, um eben das zu kompensieren, was woanders nicht möglich ist, damit es sich unter dem Strich ausgeht. Das kann sie natürlich leichter machen, wenn sie sich frei bewegen und wenn sie sich auf dem Kapitalmarkt zusätzliches Kapital holen kann.

Ihr Vorschlag ist ein anderer: Sie schlagen vor, dass dieses zusätzliche Kapital mög­lichst wieder vom Steuerzahler zu kommen hat, dass es der Steuerzahler hineinzahlen soll. Dann ist es nämlich egal, ob man in einem Bereich tätig ist, der wirtschaftlich effizient ist – oder ob man ausschließlich in einem Bereich tätig ist, der wirtschaftlich nicht effizient ist. Daher, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, sind Ihre Konzepte der siebziger und achtziger Jahre keine Konzepte, mit denen wir im 21. Jahrhundert agieren können! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die SPÖ ist ja mittlerweile für ihren Zickzackkurs hinlänglich bekannt, und der trifft auch hier wieder zu, denn Sie behaupten jetzt nämlich, dass der Börsengang zum jetzigen Zeitpunkt eine falsche Entscheidung sei. Sie meinen, es sei der falsche Zeitpunkt. – Wir haben auch nichts anderes von Ihnen erwartet, denn wenn SPÖ-Finanzminister und SPÖ-Bundeskanzler ein Bundesgesetz hier im Nationalrat einbrin­gen und sämtliche Abgeordnete der Sozialdemokratie diesem Gesetz ihre Zustimmung geben und dann eine andere Bundesregierung genau das tut, was in diesem Gesetz, das Sie vorgelegt und mitbeschlossen haben, steht, dann ist das für Sie falsch, dann passt es für Sie auf einmal nicht. Für Sie gibt es eine sehr einfache Formel: Dann, wenn die SPÖ den Zeitpunkt für eine Maßnahme bestimmt, ist es der richtige, und wenn es jemand anderer tut, ist es der falsche! – So einfach ist aber Wirtschaftspolitik nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Präsident Verzetnitsch, das gilt natürlich auch für die Aktivitäten der Gewerk­schaft. Ich muss ehrlich sagen: Ich finde es höchst enttäuschend, dass sich der ÖGB, insbesondere die Mehrheitsfraktion im ÖGB, die Fraktion Sozialistischer Gewerkschaf­ter, dort eigentlich zunehmend – ich möchte sagen: fast nur mehr – als verlängerter Arm der Löwelstraße versteht. Das ist aus meiner Sicht eine sehr bedenkliche Ent­wicklung. Es ist das aber andererseits eine Erklärung dafür, warum es immer weniger Leute gibt, die bereit sind – sofern sie nicht, wie in manchen steirischen Betrieben, von den sozialistischen Betriebsräten unter Druck gesetzt werden, wie ich einer Tages­zeitung entnehmen konnte –, der Gewerkschaft beizutreten. Sie bringen nämlich mit dieser Vorgangsweise auch die Einheit der Gewerkschaft in eine riskante Position! Denn: Wie war das in der Diskussion um den Börsengang der Post? Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter, die es ja nicht dogmatisch sieht, dass es einen Börsegang und eine Teilprivatisierung gibt, hat sich in konstruktive Gespräche eingeschaltet, hat einen umfassenden Forderungskatalog erstellt, hat in den Gesprächen, wo der so­zialistische Vorsitzende der Postgewerkschafter den Vertreter den Christgewerk­schaf­ter gar nicht zu Wort kommen lassen wollte, diese Vorschläge unterbreitet und sich in weiten Teilen – ich bin dem Herrn Finanzminister sehr dankbar auch für den Brief, den


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er in diesem Zusammenhang geschrieben hat –, in weiten Breichen durchgesetzt. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Aber es kann für Sie offensichtlich nicht sein, was nicht sein darf: Wenn Vorschläge von Christgewerkschaftern durchgesetzt werden, sind sie natürlich nicht gut, sondern Vorschläge sind Ihrer Ansicht nach nur dann gut, wenn sie von sozialistischen Gewerkschaftern durchgesetzt werden. – Und das ist eigentlich traurig, Herr Präsident, das möchte ich wirklich betonen, und das ist auch der Grund dafür, warum Ihre Wan­derung zum Finanzministerium eine war, wo nicht in erster Linie Postbedienstete mitgegangen sind, sondern hauptamtliche Mitarbeiter des ÖGB und der Wiener Arbei­terkammer!

So, meine Damen und Herren, kann man ganz sicher nicht agieren! Das ist meines Erachtens nicht in Ordnung!

Ich möchte abschließen mit einem Zitat von Hubert Patterer aus der „Kleinen Zeitung“, und ich glaube, das sagt ohnehin alles:

Dass die SPÖ die Klein- und Mittelbetriebe nicht mehr im Reich des Kapitalismus beheimatet, ist ein Denkfortschritt, doch er riecht nach Anmache, wenn man gleich­zeitig bei der Privatisierung oder dem Plädoyer für den Fürsorgestaat tief in den Siebzigern verharrt. Die Partei – nämlich Ihre (in Richtung SPÖ) Partei – muss sich entscheiden. Markt plus Marx ergibt Murks. – Zitatende.

Murks ergibt das, wenn Sie sich an Marx orientieren und versuchen zu wirtschaften. Dabei kann nur ein Murks herauskommen. Das haben wir in der Verstaatlichten in der Obersteiermark gesehen. Mehr als 100 Milliarden Schilling hineingepumpt – und es gab über 50 000 Arbeitslose! Erst die Sanierung und die Privatisierung, das An-die-Börse-Gehen hat das Unternehmen fit für die Zukunft gemacht.

Das ist erfolgreiche Wirtschaftspolitik, die Arbeitsplätze sichert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.02.20

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herren der Bundesregierung! In einem gebe ich Ihnen Recht, Herr Amon, aber wirklich nur in einem: Die Bevöl­kerung hat ein gutes Gespür; das ist richtig. Deswegen haben auch die Sozialdemo­kraten in Salzburg gewonnen – auch wenn Sie es nicht gerne hören wollen –, in der Steiermark gewonnen, in Wien und im Burgenland gewonnen, und ich darf Sie auch an die ORF-Wahl erinnern. Die Leute haben schon ein gutes Gespür dafür, was ihnen diese Regierung alles antut. Das Bußgewand würde der Regierung besser passen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Es sind nämlich Sie dafür verantwortlich, dass wir in Österreich die höchste Arbeits­losenrate der Zweiten Republik haben, dass wir keine ausreichenden Kinderbetreu­ungs­einrichtungen haben und ständig in die Richtung von vorwiegend Teilzeitbeschäf­tigungen und atypischen Beschäftigungen gehen. Also, das Bußgewand würde wirklich Ihnen besser passen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Stummvoll, wenn Sie meinen, dass die Wirtschaftspolitik der ÖVP so toll und klass´ ist, möchte ich Ihnen nochmals in Erinnerung rufen – auch wenn Sie es nicht gerne hören –: die Austria Tabakwerke, von Ihnen verscherbelt, um den niedrigsten Preis verkauft, zwei Standorte geschlossen, und das in einer Region, wo viele Frauen


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zusätzlich arbeitslos geworden sind dank Ihrer völlig verfehlten Politik, Herr Stummvoll! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme jetzt auf den Antrag zu sprechen. Es ist wirklich geradezu ein Hohn, wenn in Ihrem Antrag steht, dass Sie den Herrn Bundesminister für Finanzen ersuchen, die erfolgreiche Politik in Österreich fortzusetzen. – Also das ist wirklich ein Hohn! Sie schreiben da: Wachstum, Investitionen in die Zukunft des Unternehmens, Chancen, Expandieren in Richtung Südosteuropa, Jobsicherheit, Beschäftigung, Geld für For­schung und Entwicklung.

Erstens einmal ist es ein völlig überstürzter Börsengang, den Sie da vorhaben. Das nützt nichts und bringt auch überhaupt nichts, denn Sie könnten auch jetzt schon aus dem bestehenden Wachstum in das Unternehmen investieren. Sie müssen es nur wollen, aber das wollen Sie schlicht und ergreifend nicht. Expandieren könnte dieses Unternehmen auch jetzt, in jede Himmelsrichtung. Es muss nur gewollt werden. Aber der Herr Finanzminister und die Herren auf der Regierungsbank wollen es nicht! So schaut es aus, und das muss man auch sagen.

Die Jobsicherheit – das ist ja wirklich zum Lachen! (Abg. Neudeck: Den „Konsum“ habt ihr zugesperrt!) Sie haben so viele Postämter zugesperrt und damit Tausende Arbeitslose geschaffen und ganzen Regionen die Nahversorgung genommen. Es ist daher am besten, wenn Sie sehr rasch Platz machen, denn die Leute wissen, welche Politik Sie „verzapfen“, nämlich eine sehr, sehr schlechte.

Da der Herr Bundesminister für Finanzen die Post und die Vorhaben der Post mit der Städtischen Versicherung verglichen hat: Bei der Städtischen Versicherung ist das Geld im Unternehmen geblieben. – Hier aber wird das Geld dazu benutzt, die Budget­löcher des Herrn Bundesministers zu stopfen, die dank seiner wirklich völlig unver­antwortlichen Wirtschaftspolitik entstanden sind.

Herr Bundesminister, für die Post und für Österreich wäre es besser, dass Sie gehen – und nehmen Sie am besten gleich die ganze Bundesregierung mit! Topp, die Wette gilt! (Beifall bei der SPÖ.)

17.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Hofmann. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Wieso sind eigentlich keine Minister und nur Staatssekretäre da?)

 


17.05.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Diese Denksportauf­gabe, Kollege Jarolim, wirst du jetzt wahrscheinlich selbst lösen müssen, warum keine Minister, sondern „nur“ Staatssekretäre da sind.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Es wiederholt sich immer wieder, und wir mussten in den ver­gangenen, erfolgreichen Jahren der Privatisierung immer wieder feststellen müssen, dass die größere Oppositionspartei stets mit derselben Leier daherkommt, die da heißt: Verunsicherung, da heißt Angstmache, die da heißt, unter Bezugnahme auf die Post, dass die flächendeckende Versorgung nicht sichergestellt sei, was absolut unrichtig ist.

Staatssekretär Mainoni hat auch klar dazu Stellung genommen, und ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass es sehr wohl im Interesse der Post ist, dieses Netzwerk, diese Postdienststellen, die sie hat, Mitbewerbern gegenüber entsprechend zu nutzen.

Es stimmt einfach nicht, dass „Familiensilber verscherbelt“ wird, oder wie es auch geheißen hat, ich glaube, Kollege Moser hat es gesagt, dass es zu einer „Ver-


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schleuderung von Volksvermögen“ kommt! Nichts davon ist zutreffend! Kollege Moser hat, glaube ich, sogar „Postraub“ gesagt.

Tatsache ist, dass diese Privatisierungspolitik der Bundesregierung eine zukunfts­orientierte, eine zukunftsweisende ist, und die Chancen für die betroffenen Unter­nehmen, sich entsprechend positionieren zu können, sind ausgezeichnet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich ersuche – im Sinne des Vermeidens einer Schädigung des guten Rufes, den das Unternehmen Post hat –, mit dieser Politik, mit diesen Aussagen, mit dieser Ver­unsiche­rung Schluss zu machen!

Geschätzte Damen und Herren! Der Zeitpunkt ist offensichtlich immer der falsche, zumindest wenn man der SPÖ Glauben schenkt. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf eine Pressekonferenz aus dem Jahre 2003. Damals ging es der SPÖ darum, einen so genannten kleinen Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit der Privatisierungspolitik der Bundesregierung einzurichten. Da hat sich Kollege Moser dahin gehend geäußert, dass „nur Verrückte“ verkaufen würden.

Meine Damen und Herren, was die Zukunft anlangt, gibt es, wenn man einen neuen Weg beschreitet, selbstverständlich immer wieder Fragezeichen. Es bedarf einer Einschätzung, und man kann seriös oder weniger seriös herangehen, aber es stehen, wie gesagt, immer irgendwo Fragezeichen im Raum.

Bei einem Rückblick ist das mit Sicherheit nicht der Fall. Bei einem Rückblick kann man mit Fakten, mit dem Eingetretenen operieren, und diese Fakten beweisen, und zwar nicht, indem einzelne Kennzahlen herausgegriffen werden, die im Zusam­menhang mit der Privatisierung festzumachen sind, sondern alle relevanten Kenn­zahlen im Zusammenhang mit der Privatisierung beweisen und dokumentieren, dass dieser Weg ein äußerst erfolgreicher war. Da werden dann schon Klimmzüge gemacht, indem versucht wird, nachzuweisen, hätte man später verkauft, hätte man 570 Mil­lionen € mehr erzielt.

Geschätzte Damen und Herren von der SPÖ, wo können Sie in Ihrer Vergangenheit, in Ihrer Politik, die Sie gemacht haben im Zusammenhang mit Privatisierung, in Ihrer Wirtschaftspolitik einen ähnlichen Erfolg nachweisen?

Die letzte Ausschüttung an Dividenden an den Bund während Ihrer Zeit war im Jahre 1992 eine solche in Höhe von 43 Millionen. – Die Privatisierungserlöse der ÖIAG betragen 5,4 Milliarden €, geschätzte Damen und Herren, und der Unternehmenswert ist von 5 Milliarden auf 8,2 Milliarden gestiegen! Keine Rede also von einem „Ver­scherbeln von Familiensilber“, von einem „Verschleudern von Volksvermögen“, son­dern das ist ein guter, ein richtiger und ein zukunftsweisender Weg, geschätzte Damen und Herren! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten; Gesamtrestredezeit der Grünen: 9 Minuten. – Bitte.

 


17.11.08

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Die verschiedensten sozusagen sehr polarisierenden Standpunkte treffen, glaube ich, die Sachlage nicht so richtig.

Es kommt, wenn man es jetzt generell sieht, darauf an, dass ein Unternehmen optimal arbeiten kann und auch möglichst viel Beschäftigungspotenzial erwirtschaftet, dass viele Menschen Arbeit finden in Österreich, dass also auch ihre Arbeitsplätze gesichert


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sind. Das ist der eine Teil. – In welcher Eigentümerfunktion jetzt der Staat dabei ist, ist eine Frage, die es jeweils abzuwägen gilt.

Ganz konkret: Bei der Post kommt noch etwas Zweites dazu: Die Post ist ja ein Infra­struktur-Unternehmen. Es ist eine Infrastruktur-Leistung, die Versorgung der Bevöl­kerung mit verschiedenen Diensten, und die Post hat sozusagen auch einen gesetz­lichen Rahmen einzuhalten, genauso wie private Mitbewerber im nicht-reservierten Bereich.

Eigentlich sollten wir, wenn wir über die Post reden, die Diskussion auf zwei Bereiche fokussieren: einerseits auf die Rahmenbedingungen, die wir gesetzlich geben, und andererseits auf die Eigentümerpolitik, die der Staat, die Sie als Repräsentanten dann mit Ihrer Budgethoheit machen, um mittels Dividenden diesem Unternehmen dann auch Erträge für das Budget abzunehmen.

Diese zwei Diskussionspunkte sind für mich zentral. Bei der Frage der Dividenden ist natürlich auch die Frage der Versorgungssicherheit, der Service-Qualität und auch die Frage der Beschäftigten, der Rationalisierung, im Auge zu behalten..

Sie haben viel herausgenommen aus der Post; ich kann Ihnen das ja gerne noch vortragen: Im Jahre 2000 haben Sie 400 Millionen Schilling herausgenommen, 29 Mil­lionen € lukriert ins Budget! Es wurde rationalisiert, es gab Druck gegenüber der Belegschaft. Es ist sozusagen der eine oder andere Arbeitsplatz gestrichen und gekürzt worden. Das war aber die Unternehmenspolitik, die Sie mit Ihrer Eigentümer­haltung provozierten!

Sie haben 2001 laut Geschäftsbericht 5 Milliarden Schilling auch wieder fürs Budget geholt. Das sind 363 Millionen € gewesen; die Post AG hat das wiederholt auch der Öffentlichkeit mitgeteilt. Sonderdividende: 29 Millionen.

Im Jahre 2002 wieder 29 Millionen ins Budget, 2003 36 Millionen € ins Budget, 2004 wahrscheinlich 50 bis 70 Millionen, und 2005 hat uns ja der Herr Finanzminister schon gesagt: Ja, die Post ist liquid, 300 Millionen könnten wir uns jederzeit holen – 300 Mil­lionen € bitte, das ist ein relativ großer Kapitalstock! Den hätte man auch dazu ver­wenden können, wenn man als Unternehmen offensiv agiert, dass man in Österreich ein besseres Service macht, dass man insgesamt eine breitere Beschäftigung anstrebt, mehr Leute einstellt statt abbaut, oder als Unternehmen – das ist natürlich jetzt der nahe liegende Kurs im Sinne des europäischen Wettbewerbs, der sich vor allem im Osten abspielt –, das expandiert.

Sie sagen jetzt: Na gut, die 300 Millionen entnehmen wir nicht, die lassen wir der Post, damit sie expandiert. – Sie hätten auch sagen können: Wenn es uns wirklich um Beschäftigung geht, wenn es uns um eine expansive Unternehmenspolitik geht, dann geben wir auch der Post einen Teil dessen, was die ÖIAG durch den Börsegang lukriert. – Das haben Sie nicht gesagt, das ist auch nicht Ihre Politik!

Man braucht ja nur das ÖIAG-Gesetz zu lesen. Da sind teilweise vier, fünf einander völlig widersprechende Ziele enthalten: Stärkung des Börseplatzes – jetzt machen Sie es –, Beschäftigung sichern – ist nicht gewährleistet –, Ertrag fürs Budget – jetzt haben Sie ihn; ein Einmalerlös von 428 Millionen wahrscheinlich; das werden Sie einspeisen in dieses Forschungs- und Entwicklungsmilliarden-Konzept –, und dann heißt es da natürlich noch: Standortqualität in Österreich sichern. – Ich weiß nicht recht, ob das jetzt mit dem Börsegang gewährleistet ist. Und nicht im ÖIAG-Gesetz, sondern in Ihrer Propaganda steht: Volksaktie. Aber bitte schauen Sie doch jetzt einmal bei den ver­schiedenen Stellungnahmen nach! Heute beispielsweise: Die Raiffeisenkassa in Salzburg warnt vor der Volksaktie, rät ihren Anlegern: Bitte keine Volksaktie, Verluste sind vorausprogrammiert!


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Schauen wir uns den Börsenkurs der deutschen Börse an: Ja, der hat sich erst im letzten Jahr ein bisschen erholt und wieder verbessert. Sicher, die Niederländer sind gut unterwegs, aber die haben von vornherein eine andere Unternehmensstrategie gehabt.

Darum ist für uns zentral die Sicherung der Serviceleistungen für die Bevölkerung auch im letzten Dorf am flachen Land, in den Regionen, wo vor allem die bäuerliche Bevölkerung lebt. Das bitte ist Aufgabe des Staates über die Universaldienst­verord­nung.

Wie jetzt die Eigentümerstruktur bei der Post ist, das ist eine Extra-Frage, und da haben wir einen sehr differenzierten Zugang. Nur: Sie selbst hätten in der Vergangen­heit ein besserer Eigentümer sein sollen: für die Beschäftigten, für die Bevölkerung und die Postdienstleistungen vor Ort. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Staatssekretär Mag. Kukacka: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?)

17.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schopf. Wunschredezeit: 2 Minuten; Gesamtrestredezeit für die SPÖ: 6 Minu­ten. – Bitte.

 


17.16.53

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte natürlich ebenfalls zum Thema Privati­sierung an Hand eines ganz konkreten Beispieles Stellung nehmen, und zwar der ATW, der Austria Tabakwerke; die sind zwar kurz angeschnitten worden, aber doch nicht im Detail.

Bekanntlich ist vor einigen Jahren, und zwar im Juni 2001, die ATW zu 100 Prozent, zur Gänze also, an einen britischen Unternehmer, einen britischen Konzern verkauft worden. Der Republik Österreich gehen dadurch zirka 600 Millionen Schilling jährlich an Dividenden verloren. Es sind immer wieder Sonder-Dividenden der ATW ausbezahlt worden – all das gibt es auf Grund dieses Verkaufs natürlich nicht mehr.

Wenn hier gesagt wird, es gibt vor allem keine Konsequenzen für die Beschäftigten bei einer entsprechenden Privatisierung, so ist das einfach nicht richtig, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Die Konsequenzen bei ATW sind, dass mittler­weile und vor allem in den letzten Wochen zwei Werke geschlossen wurden: Es ist erstens die einzige Zigarrenproduktion in Österreich, in Fürstenfeld, vor wenigen Tagen zur Gänze geschlossen worden. 60 Kolleginnen und Kollegen haben ihren Arbeitsplatz verloren! Die gesamte Produktion wurde von Fürstenfeld nach Großbritannien ver­lagert!

Ich denke aber auch an die Produktion in Schwaz in Tirol – ein sehr gutes, inter­essantes Unternehmen mit über 100 Beschäftigten. Dieses Unternehmen wurde ebenfalls zur Gänze geschlossen; die gesamte Produktion wurde nach Polen verlagert!

Also, meine Damen und Herren, dann kann hier nicht gesagt werden, dass es bei einer Privatisierung für die Beschäftigten keine Konsequenzen gebe! – Es gibt Konse­quenzen: 160 Beschäftigte in der ATW haben in den letzten Wochen ihren Arbeitsplatz verloren.

Zum Bereich der Post-Privatisierung – weil hier ebenfalls behauptet wird, es gebe keine Konsequenzen. Konsequenzen hat es bereits in den letzten Jahren gegeben, vor allem im ländlichen Bereich! Ich komme aus dem Bezirk Freistadt, meine Damen und Herren: 12 Postämter – 12 Postämter! – im Bezirk Freistadt von insgesamt 26 wurden geschlossen, und weitere zehn Postämter stehen auf der Schließungsliste der


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Post AG! Im Bezirk Freistadt wird es à la longue nur mehr zwei Postämter geben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja, weil die Realität eine andere ist!)

Meine Damen und Herren, das ist in der Verantwortung dieser Regierung! Daher denke ich, es ist höchst an der Zeit, dass diese Regierung geht, es ist höchst an der Zeit, dass Österreich eine andere Politik bekommt! Die Menschen in Österreich ver­dienen es! (Beifall bei der SPÖ.)

17.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 5 Minuten; Gesamtrestredezeit für den freiheitlichen Klub: 8 Minuten. – Bitte.

 


17.20.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Hohen Haus! Schön langsam gewinne den Eindruck: Sollte die SPÖ wider Erwarten in die Regierung kommen, wird sie alle Postämter wieder aufsperren. Ich freue mich darauf, wenn dann die Postämter wieder aufgesperrt werden und sich die Abgeord­neten in der Plenarwoche oder in der plenarfreien Woche wahrscheinlich selbst hinter den Schalter stellen werden. Diese Frage sollte man sich schon einmal stellen.

Es ist einfach eine Realität, dass man nicht mehr so viele Postämter braucht. Und daran war, glaube ich, weder die blau-schwarze noch jetzt die schwarz-orange oder vielleicht vorher eine andere Koalition schuld, sondern das ist einfach ein Zeichen der Zeit, dass man nicht mehr so viele Postämter braucht! Wir haben heute Postämter in kleinen Gemeinden, wo an einem ganzen Tag einer kommt, um einen Brief auf­zugeben, oder einer kommt, um etwas einzuzahlen. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß, und daher ist es viel vernünftiger, rechtzeitig für Alternativen zu sorgen, als mit Zwang Postämter am Leben zu erhalten, die sich einfach nicht mehr rechnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da Kollege Moser, der jetzt nicht mehr da ist, in seinen Ausführungen sogar von „Postraub“ gesprochen und einen Antrag eingebracht hat, den ja Herr Staatssekretär Mainoni bereits zerpflückt hat: Herr Kollege Moser, die Realität, glaube ich, hat diesen Antrag bereits überholt. Zum Zeitpunkt des Einbringens sind nämlich die Kernfor­derungen bereits erfüllt.

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, was Herr Staatssekretär Mainoni vorhin gesagt hat. Sie selbst schreiben, dass man zum Zwecke der Wachstumsstrategie Geld über den Kapitalmarkt besorgen soll. Das heißt, Sie selbst unterstützen ja die Initiative, die hier von der Bundesregierung und von der ÖIAG ergriffen wird, und ich habe manchmal den Eindruck, dass speziell die SPÖ, aber vor allen Dingen auch vor­gelagerte Gewerkschaften und Institutionen den Sinn für die Realität verlieren.

Kollege Fritz und Kollege Verzetnitsch haben groß von Streiks gesprochen, man hat angekündigt, dass hier sozusagen im großen Stil gestreikt werden wird, nur: Die Basis hat in diesem Streik versagt! In Wirklichkeit war die Basis nicht bereit, zu streiken, und daher ist aus diesem Streik ein Protestmärschchen geworden, und auch dieser Pro­testmarsch wird ohne Erfolg bleiben, weil in Wirklichkeit auch die Belegschaft ganz genau weiß: Nur eine erfolgreiche Post, nur ein erfolgreiches Unternehmen garantiert die Zukunft für seine Mitarbeiter, garantiert Arbeitsplätze!

Man kann jetzt darüber philosophieren, wie man diese Strategie angeht, und man kann über Details nachdenken und ob sie optimal oder suboptimal gelöst sind, aber ich glaube, es sollte Konsens darüber herrschen, dass nur ein erfolgreiches, zukunfts-


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orientiertes Postunternehmen in der Zukunft Arbeitsplätze sichert, und das bedeutet, dass man diese Strategie fortsetzen muss.

Kollege Marizzi hat – das habe ich mir herausgesucht – im Jahre 1997 gesagt: Es mag schon sein, dass wir vielleicht zu spät privatisiert haben, aber wenn man die Vergan­genheit betrachtet, so kann man feststellen, dass die erfolgreichsten Privatisierungs­minister Lacina, Klima und Edlinger waren. – Zitatende.

Oder wenn derselbe Herr Marizzi zu Jörg Haider sagt – das war im Jahre 1997, da war Dr. Jörg Haider Klubobmann –: Und jeder gute Kaufmann, Herr Kollege Haider, das sollten Sie wissen, geht an die Börse, wenn das Unternehmen reif dafür ist. – Zitatende.

Das heißt, in Wirklichkeit hat der Kollege Marizzi bereits im Jahre 1997 erkannt, wohin der Weg geht, wohin die Reise geht.

Wir von der Regierung werden diesen Weg auch weitergehen. Böhler-Uddeholm, Voest, Telekom, OMV, Flughafen – es gibt sehr viele erfolgreiche Beispiele; die Zahlen wurden bereits genannt. Insgesamt hat man in der ÖIAG 5 Milliarden € an zusätzlichen Einnahmen erzielt, und man hat parallel dazu den Wert der ÖIAG von 5 auf 8 Milliarden € steigern können. Ich denke, die Erfolgsgeschichte, die ja auch von der SPÖ mitgetragen, die ja auch von der SPÖ noch eingeleitet wurde, wird hier weiter getragen werden.

Jetzt noch ein paar Worte zur Frau Kollegin Sburny, die meiner Meinung nach in ihrer Rede einen richtigen Ansatz gefunden hat: Dass man nämlich sehr wohl darüber nachdenken sollte, wie man das Wort „flächendeckend“ definiert und wie man „Post­versorgung“ definiert. Ich selbst erlebe in meiner eigenen Gemeinde, wo das Postamt auch zugesperrt wurde, dass die Postversorgung jetzt mit einem Postpartner weit besser funktioniert, dass der Postversorger länger geöffnet hat, dass die Leute viel zufriedener sind mit dem Service, dass also nicht das Postamt der Weisheit letzter Schluss ist. Ich denke nur an E-Mails, ich denke an viele andere elektronische Medien, die die Situation einfach verändert haben.

Es kommt nicht von ungefähr, dass das Telegramm eingestellt wurde, es kommt nicht von ungefähr, dass in vielen anderen Bereichen Einsparungsmaßnahmen nötig sind. Es wäre nur wichtig, dass man alternativ dazu dafür Sorge trägt, dass es neue Möglichkeiten gibt.

Wenn die Sozialromantik der SPÖ im Zusammenhang mit den Postämtern zum Vor­schein kommt, hat man manchmal direkt das Gefühl, im nächsten Entschließungs­antrag wird drinnen stehen, dass man vielleicht die Postkutschen auch wieder aktiviert, um sozusagen in der alten Sozialromantik weiterzuarbeiten. Nur, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: Die Postkutsche dient maximal der „Startklar“-Tour Ihres Vorsitzenden Alfred Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge-ordneter Mag. Gaßner. Wunschredezeit: 2 Minuten; Gesamtrestredezeit für die SPÖ: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.25.30

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abge­ordneter Scheuch, wir brauchen keine Postkutschen. Wissen Sie, was wir brauchen? – Wir brauchen eine gesicherte Versorgung aller Österreicherinnen und Österreicher! Das brauchen wir, und das hat mir in der ganzen Diskussion heute keiner erklären können, wie das mit Ihrer Privatisierung gesichert ist! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber


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Sie?!) Nein, ich bin ja dagegen, sehr geehrter Kollege. Wie sichern Sie diese 51 Pro­zent, damit auch tatsächlich die Versorgung am flachen Land für alle Österreicherinnen und Österreicher gewährleistet ist? – Keine Antwort!

Diese Regierung sperrt seit fünf Jahren zu: die Postämter, die Gendarmerieposten, die Gerichte. Die Gemeinden sind ausgehungert! Es gibt keine Verkehrsanbindung ins flache Land hinaus!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen Sie, was ich hoffe, dass es bald nicht mehr gibt: diese Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


17.26.42

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Interessant war ja eigentlich, wer heute von der Opposition nicht zu diesem Thema geredet hat. Es war, glaube ich, bezeichnend, dass Kollege Gaßner geredet hat, aber es war auch bezeich­nend, dass Herr Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch nicht dazu geredet hat. Es war auch interessant, dass der Klubobmann, der SPÖ-Parteivorsitzende nicht dazu gere­det hat, und es war auch bei den Grünen ganz interessant, dass Kollege Professor Van der Bellen nicht über dieses Thema geredet hat, meine Damen und Herren. Ich glaube, das lässt sich ganz einfach erklären: Weil Sie sich selber über ihre politisch-strategische Linie in dieser Frage nicht einig sind, meine Damen und Herren, was ja auch die verschiedenen widersprüchlichen Botschaften in der letzten Zeit erklären würde.

Ich glaube, man muss in diesem Zusammenhang eben auch festhalten, dass es doch die sozialdemokratischen Bundeskanzler, Verkehrsminister und Finanzminister waren, die im Rahmen der EU beschlossen haben, in der ersten Post-Richtlinie, dass die Postdienstleistungen liberalisiert, die Monopole beseitigt und deshalb die Postdienst­leistungen im Wettbewerb erbracht werden sollen.

Das ist eine Ihrer Hauptverantwortungen, und davon können Sie sich nicht einfach selbst lossprechen, meine Damen und Herren von der SPÖ! Deshalb ist das, was Sie heute hier machen, eine Art Kindesweglegung, denn: Wie war denn das in Ihrer Zeit?!

Österreich ist kein Vorreiter der Liberalisierung, auch kein Vorreiter der Privatisierung, sondern wir gehen da sehr sorgfältig und sehr sorgsam um. Die Postgesellschaften, die am stärksten liberalisiert haben und die am meisten privatisiert sind, das sind auch die stärksten in Österreich, meine Damen und Herren!

Deutschland, Niederlande und andere Länder zeigen uns, wie man das machen muss: eine stark exportierende Postdienstleistung anbieten und trotzdem hohe Versorgungs­sicherheit im Land. Genau das ist es, was wir in Österreich diesbezüglich auch machen wollen, meine Damen und Herren.

Die Post ist heute ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen. Wie war das zu Ihrer Zeit, meine Damen und Herren von der SPÖ, 1996, 1997, als wir die Post in die Unabhängigkeit entlassen haben? – Damals hatte die Post rund 8 Milliarden € Schulden; Schulden der Post AG, die nur deshalb nicht zu einem Fiasko und zu einem Konkurs dieses Unternehmens geführt haben, weil jeder Österreicher mit überhöhten Telefongebühren dafür gesorgt hat, dass dieses Defizit bei der Post AG abgebaut und abgedeckt wurde. – Das war Ihre Wirtschaftspolitik auf dem Post- und Telekom-Sektor!

Wir haben diese Unternehmen ausgegliedert und einen klaren Privatisierungskurs angestrebt. Und damals, 1998, 1999, haben Sie von der SPÖ mitgestimmt, dass die


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Post privatisiert werden soll, und zwar nicht nur die PTA, wie Kollege Matznetter gesagt hat, sondern da stand auch schon fest, dass auch der Postdienstebereich privatisiert werden muss. Die PTA erhielt den Auftrag, auch in diesem Bereich die Privatisierung vorzubereiten. – Das, meine Damen und Herren, ist die Realität!

Heute hat das Unternehmen Post AG 80 Millionen € Gewinn zu verzeichnen – und ist auf dem besten Wege. Das sollten Sie sich als Beispiel nehmen. Ich meine, das zeigt auch den großen Unterschied in der wirtschaftspolitischen Kompetenz der Sozialdemo­kraten und dieser Bundesregierung.

Ich möchte abschließend noch auf Folgendes hinweisen, meine Damen und Herren: Es ist immer beklagt worden, dass Postämter geschlossen wurden. Ja, ich habe ein gewisses Verständnis dafür, aber all diese Postämter waren doch schwer defizitär. Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass der allergrößte Teil dieser Postämter Verluste zwischen 10 000 € und 20 000 € im Jahr gemacht hat! Wir konnten auf Dauer solche Verlustträger nicht erhalten, weil das doch die Zukunftsfähigkeit der gesamten Post in Mitleidenschaft gezogen hätte und die Post AG niemals in der Lage wäre, ihre Expansionsstrategie entsprechend durchzuführen, zu planen und umzusetzen, wenn sie solche Verlustträger auf Dauer mit sich herumtragen hätte müssen! (Beifall bei der ÖVP.)

Trotzdem, meine Damen und Herren, ist der Universaldienst gesichert, ist die Versor­gung gesichert. Sie sollten sich vielleicht einmal die Zeit nehmen und durchlesen, was in dieser Universaldienstverordnung und im Postgesetz steht. Darin ist die flächen­deckende Versorgung ausdrücklich festgehalten. Darin ist ausdrücklich festgehalten, dass die Briefzustellung innerhalb von 24 Stunden 97 Prozent des Landes an einem Tag erreichen muss. Darin sind auch eine Reihe anderer Verpflichtungen für die Erbringung der Postdienstleistung festgehalten.

Das wird jetzt noch durch Verordnung geregelt, meine Damen und Herren, und wenn das Monopol aufgehoben wird, wird es einen Universaldienstfonds geben, in den alle Postdienstebetreiber nach ihrem Umsatz werden einzahlen müssen, und aus diesem Universaldienstfonds wird dann die entsprechende flächendeckende Versorgung des Landes mit Postdienstleistungen gesichert.

Also wir haben hier ein klares Konzept, das ganz unabhängig davon vorhanden ist, ob es eine privatisierte Post gibt, ob es mehrere Postanbieter oder ob es ein Monopol­unternehmen gibt.

Meine Damen und Herren, diese Regierung weiß auch in dieser Frage, was sie will. Bei dieser Postprivatisierung wird das Familiensilber ganz sicher nicht verschleudert, sondern – davon bin ich überzeugt – das Familiensilber wird durch diese Privatisie­rungsaktion vergoldet! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Mag. Hoscher. Wunschredezeit: 1 Minute; Gesamtrestredezeit der Fraktion: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

 


17.34.36

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Das machen wir uns nachher aus, Herr Kollege Neudeck!

Herr Kollege Stummvoll, ich fürchte Sie haben sich heute Ihren möglichen Job als Anlageberater bei der Raiffeisen endgültig verbaut, und auch Kollege Molterer hat versucht, zu erklären, wer auf der falschen Seite steht. Ich darf dazu nur die Home­page des ORF von heute zitieren.


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 „Raiffeisen warnt vor ,Volksaktie‘

Spezialisten von Raiffeisen Salzburg warnen bei der Post-Privatisierung, die Anteile als ,Volksaktien‘ zu verkaufen.“

Hans Schinwald, Direktor des Salzburger Raiffeisenverbandes, bringt auch ein gutes Beispiel:

„Ein Familienvater kauft um 20 000 Euro solche Aktien von der Post. Die Kinder sind 14 oder 15 Jahre alt. Die Aktie saust runter, und der Papa hat statt seiner 20.000 Euro nur noch 16.000.“ (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Originalzitat Raiffeisen. „Kinder maturieren, fangen zu studieren an. Der brauchte das Geld dringend.“

Weiters heißt es: „Einzelaktien seien für Kleinanleger überhaupt nicht geeignet, sagen Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek und -Vermögensleiter Hans Schinwald.“

Das Problem dieser Bundesregierung liegt einfach darin, dass sie strategische Wirt­schaftspolitik mit Abenteurertum verwechselt. So gesehen ist Ihr Dringlicher Antrag juristisch als gefährliche Drohung einzustufen. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wenn die Belegschaftsvertretung, auf die Sie so gerne hinhauen, vor diesen Gefahren zu Recht warnt, dann beweist die Belegschaftsvertretung jenen Weitblick, der Ihnen absolut abgeht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wo arbeiten Sie? Bei der Lotterie?)

17.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Öllinger. Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.36.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Kukacka, ich würde Sie und alle anderen, die vom Regierungspult aus reden, doch bitten, dass Sie sich an die Konvention dieses Hauses halten (Abg. Mag. Molterer: Das sagen Sie?) und keine Polemik von der Regierungs­bank aus betreiben. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie, Herr Staatssekretär, die Redner und Rednerinnen klassifizieren, warum jemand nicht geredet hat, und mutmaßen und rätseln, warum jemand geredet hat, dann, finde ich, ist das vor allem für Sie als Fachzuständigen eine absolute Themen­verfehlung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sie sollten uns hier Rede und Antwort stehen auf unsere berechtigten Sorgen und Einwände, Herr Staatssekretär! Das erwarten wir von Ihnen.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ein gut Teil der Debatte habe ich als eine Spiegel­fechterei empfunden; Spiegelfechterei, weil Sie hier so tun, als ob die Opposition, Sozialdemokraten und Grüne, die sich auch in ihren Haltungen unterscheiden, eigentlich überhaupt nicht mitbekommt, worum es geht, nämlich um das „tolle Privati­sierungsprojekt“ dieser Bundesregierung.

Ich sage Ihnen: Privatisierung kann gut sein, Privatisierung kann auch schlecht sein. Wenn ich mir Privatisierungs- oder Börsevorgänge Ihrer Bundesregierung ansehe, dann weiß ich, warum der Herr Finanzminister nicht alle erwähnt hat, die in seinem beziehungsweise Ihrem Antrag vorkommen; dieser Dringliche Antrag stammt ja anscheinend aus dem Finanzministerium, das Finanzministerium macht sich selbst die Anträge. (Abg. Mag. Molterer: Sie kennen den ÖVP-Klub noch immer nicht, Herr Kollege!)


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Ich weiß schon, warum er die Telekom-Privatisierung nicht genannt hat, und ich erzähle Ihnen, auch wenn Sie es nicht gerne hören, was da falsch gelaufen ist bei der Telekom-Privatisierung. Die Telekom-Privatisierung war das letzte Beispiel vor diesem jetzt von Ihnen geplantem Börsegang für eine Volksaktie. Jeder Österreicher soll Telekom-Aktien besitzen. Wissen Sie, was passiert ist? – Sie haben einen Ausgabe­kurs von 9 € festgesetzt, und am Wochenende vor der Ausgabe war das Aktienporte­feuille noch immer nicht gezeichnet, überzeichnet, vollständig gezeichnet.

Was hat man gemacht? – Man hat, entgegen den Bedingungen des Börseprospektes, der in diesem Fall nicht nur für Österreich, sondern auch für die USA gegolten hat, institutionelle Anleger aufgefordert, zu zeichnen: mit einem Extrarabatt von 25 Prozent. Das haben sie auch gemacht, denn das ist eine Mezzie für jeden institutionellen Anleger: 25 Prozent von 9 € Extrabonus. Was haben die institutionellen Anleger am ersten Tag gemacht – Sie können es nachvollziehen am Börsegang und am Börse­kurs –: Sie haben sofort verkauft.

Der Aktienkurs ist auf 6 € gefallen, und das liegt weit unter dem, was die Telekom wert war. – Das wollen Sie uns als erfolgreiches Beispiel verkaufen?! Das war ein Betrug an den österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Neudeck. Wunschredezeit: 2 Minuten; Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.40.00

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Ganz kurz: Kollege Hoscher hat den Chef-Analysten der RZB Peter Brezinschek zitiert. Ich habe gerade den „Kurier“ bekommen, und darin ist ein ganz anderes Zitat zu finden.

„Die Post-Aktie ist als Investment interessant“

RZB: „Zur Risikostreuung“ geeignet.

„Der für dieses Frühjahr geplante Gang der Österreichischen Post an die Wiener Börse wird von der Raiffeisen Zentralbank (RZB) begrüßt. ,Die Aktie ist ein interessantes Investment‘, meint deren Chef-Analyst Peter Brezinschek. Zwar sei die Kursphantasie begrenzt, aber der Titel sei von Preiserhöhungen bei Rohstoffen und Konjunktur­schwankungen kaum betroffen. Die Anleger dürften daher kaum von größeren Kurs­schwankungen beunruhigt werden.“ (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und weiters: „Zudem eigne sich die Aktie – insbesondere für Kleinanleger – zur Risiko­streuung und langfristigen Veranlagung. Alles Geld in eine Aktie, egal welche, zu stecken, wäre aber falsch. ,Sie sollte Teil‘“ – hören Sie zu! – „,eines Volksaktien­bün­dels sein‘, zu dem der Experte auch etwa die Telekom Austria oder die voestalpine zählt.“ (Aha-Rufe bei der ÖVP.)

Auf Grund der Historie ist es in Österreich nahe liegend, dass eine Volksaktie aus dem staatlichen Bereich kommt, es kann aber auch ein Privatunternehmen sein.

Meine Damen und Herren, ich würde Ihnen diese Lektüre noch vor der Abstimmung empfehlen, vielleicht empfinden Sie dann die Postprivatisierung als positiv. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.41



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungs­antrag 765/A (E) der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Fortsetzung der erfolgreichen Börseneinführungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 168.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung der Post AG.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag die Zustim­mung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Jakob Auer: Was ist mit Van der Bellen und Gusenbauer?)

17.42.35Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen jetzt zur kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, dem Verfassungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 732/A (E) betreffend Einleitung eines Verfahrens gemäß Artikel 142 Abs. 1 lit. e B-VG gegen den Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, eine Frist bis 1. Februar 2006 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


17.43.46

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer! Poštovane dame i gos­podo! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Auf der Regierungsbank sitzt jetzt niemand, aber das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn wer sollte hier sitzen und irgendetwas Konstruktives zu dieser Diskussion beitragen (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), obwohl eigentlich ausschließlich Mitglieder der Bundesregierung Adressaten dieses Entschließungsantrages der Grünen sind, um den es heute geht! Dieser Antrag fordert die Bundesregierung auf, gegen den Landeshauptmann von Kärnten wegen schuld­hafter Rechtsverletzung eine so genannte Ministeranklage einzubringen.

Wir haben diese Debatte schon einmal im Dezember geführt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und die Sachlage hat sich seit Dezember in Bezug auf den Ent­schließungsantrag der Grünen nicht geändert. Wie war die politische Situation, die uns im November dazu geführt hat, diese durchaus nicht übliche Vorgangsweise zu wählen und einen Antrag auf Ministeranklage zu stellen? Ich kann mich nicht erinnern, dass die Grünen das überhaupt schon jemals gemacht haben. Jetzt könnte man daraus den Schluss ziehen, die österreichischen Landeshauptleute und die österreichischen Bundesminister haben hohen Respekt vor der Bundesverfassung – mit Ausnahme


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eines Landeshauptmannes, der ständig und in wiederholtem Maße Anlass zur Klage bietet. Einen Antrag quasi auf Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof zu stellen, was so etwas wie die Ultima Ratio ist, das macht man nicht alle Tage. Wir haben es bis jetzt noch nicht gemacht, aber in dieser Sache, meine Damen und Herren, ist das Fass schon längst übergelaufen.

Wenn ich jetzt ganz unabhängig vom Anlass der heutigen Diskussion lese, dass der Landeshauptmann von Kärnten heute bekräftigt hat, in seinem rechtswidrigen Verhal­ten zu verharren und es gegebenenfalls zu wiederholen beziehungsweise neuer­lich wieder aufzunehmen, dann zeugt das ja von der absoluten Uneinsichtigkeit, die nicht nur – und das ist ein Aspekt dieses ganzen Problems – eine zutiefst politische Frage ist.

Die Auseinandersetzung um die Rechte der Kärntner zweisprachigen Bevölkerung, nämlich der slowenisch- und deutschsprachigen Bevölkerung der Kärntner Slowenen, ist eine, die das 20. Jahrhundert begleitet hat und die letzten Jahrzehnte ganz beson­ders. Aber diese Frage, um die es jetzt geht, ist eine Frage, wobei ich denke: Wie weit können politische Amtsträger in dieser Republik noch gehen, bis der Bundeskanzler, bis Ministerkolleginnen und -kollegen, bis Regierungsabgeordnete endlich begreifen, dass es kaum ein größeres Ausmaß an Intensität gibt, wie der Rechtsstaat mit Füßen getreten wird, als den Anlassfall für diesen Entschließungsantrag der Grünen?

Was ist passiert? Da werden nicht etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2001 oder die neuen Erkenntnisse aus dem Jahr 2004 ignoriert bezie­hungsweise nicht beachtet, um den Präsidenten zu verhöhnen, die Richter bloßzu­stellen, nein, sondern da wird eine bestehende Ortstafel, die eine Rechtsgrundlage hat, die in die siebziger Jahre zurückgeht – die bestehende Topographieverordnung auf der einen Seite und die Ortsnamenverordnung auf der anderen Seite; in der Ortsnamen­verordnung steht nur drin, wie die Orte dann zusätzlich zur deutschen Sprache in der slowenischen Sprache tatsächlich zu heißen haben –, eine bestehende Verordnung, die nichts zu tun hat mit den Erkenntnissen der letzten Jahre, eine Ortstafel, die es schon gegeben hat, auf Weisung des Landeshauptmannes wieder abmontiert.

Was, wenn nicht – eine schuldhafte Rechtsverletzung ist es! Es ist ganz eindeutig die gröbste Missachtung, die der Landeshauptmann in diesem Fall, in seiner Eigenschaft für den Vollzug von Minderheitenrechten in Kärnten verantwortlich, begangen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Verwunderung über die sozusagen verbale Empörung, die es über Landes­hauptmann Haider und über seine jetzt politische Vorgangsweise in Bezug auf die Ortstafeln gibt, gibt es in unterschiedlichen Kreisen. Es gibt sogar kritische Stimmen von Seiten der Regierungsparteien oder aus diesen zugehörigen Kreisen. Man kann ja stolz sein, in diesem Land auch Leute zu haben, die nicht nur das, was Haider und Schüssel meinen, was ein Rechtsstaat sei, vertreten, Menschen wie den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Professor Korinek, den ich mit größter Wertschätzung als einen Konservativen bezeichnen würde, ohne das jetzt in einem parteipolitischen Sinn zu meinen, aber in seinen Werthaltungen gibt es zu den jetzigen Regierungs­fraktionen sicher eher Überschneidungen als zu den Oppositionsfraktionen. Das heißt aber nicht, dass wir uns deshalb über alles, was der Herr Präsident des Verfassungs­gerichtshofes sagt, freuen, nämlich in Bezug auf unsere politischen, wenn Sie so wollen, ideologischen und überzeugungsmäßigen Grundlagen.

Aber eines ist in dieser Republik immer klar gewesen: dass die verfassungsmäßigen Organe der Republik und jene, die die Verfassung dieses Landes schützen oder sich schützend vor sie stellen, den Respekt und die Unterstützung von politischen Mandatsträgern haben, ob es jetzt inhaltlich passt oder inhaltlich nicht passt. Das,


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geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nennt man nämlich Demokratie, und das nennt man den Glauben an die rechtsstaatlichen Einrichtungen, den Glauben an das demokratische System, den Glauben an unser parlamentarisches System stärken, indem man Entscheidungen, wie sie fallen, akzeptiert.

Mir passen auch oft Wahlergebnisse nicht, aber das ist die Entscheidung des Sou­veräns. Mir könnten ja auch Entscheidungen des Verfassungsgerichthofs in Bezug auf Gesetze, die auch ich im Nationalrat mitbeschlossen habe, nicht gefallen, aber ich respektiere den Verfassungsgerichtshof als obersten Hüter der österreichischen Bun­des­verfassung. (Beifall bei den Grünen.)

Was tut diese Bundesregierung sozusagen unter Vorsitz des Bundeskanzlers? Das Mindeste, das sie tut – das Mindeste im Sinne von das geringste Übel –, das man ihr vorzuwerfen hat, ist, zu schweigen. Aber in diesem Fall ist Schweigen ein Unterlas­sungsdelikt. Ich hätte mich schon sehr gefreut, wenn uns jemand von der Regierung jetzt, wo sich das Parlament zum zweiten Mal mit einem Entschließungsantrag in Bezug auf Artikel 142 Abs. 1 lit. e B-VG beschäftigt – ein Instrument, das, wie ich schon gesagt habe, hier im Parlament nicht allzu häufig diskutiert wird –, hätte Auf­merksamkeit zuteil werden lassen. Aber das ist nicht der Fall.

Ich möchte zum Abschluss noch Folgendes sagen zu der Haltung, die manche Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen politischen Gremien, nicht nur hier im Nationalrat, haben. Manche meinen, da gibt es einen selbstzerstörerischen politischen Kurs von politischen Funktionären und Würdenträgen irgendwo in der Republik, in dem Fall auf einer Ebene, wo es einem ganzen Land schadet, nämlich dem Bundesland Kärnten, und weit darüber hinaus, nämlich der ganzen Republik. Wir sind das Gespött ganz Europas. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist doch so was von einem Blödsinn, was Sie da reden! Das schreit ja zum Himmel!) Wir sind das Gespött ganz Europas!

Wir sind vertreten durch Bundeskanzler Schüssel, der jetzt Ratspräsident ist, und wir sind diejenigen, auf die sich ganz Europa konzentriert, wenn es darum geht, ein positives Bild der EU in den EU-Staaten, aber auch in den Beitrittswerberstaaten und in Gesamteuropa zu zeichnen. Österreich ist ein Land, das einen insgesamt hervor­ragenden Ruf in Europa genießt – mit einer Ausnahme, einer so klitzekleinen Aus­nahme, dass man sie beinahe nicht in Worten ausdrücken kann, nämlich: zwei­sprachige Ortstafeln. Im Ceauşescu-Rumänien gab es zweisprachige Ortstafeln (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), im demokratischen Rumänien gibt es sie, Frau Präsidentin (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es gibt sie auch bei uns!), im kommunistischen Ungarn, im demokratischen Ungarn gibt es sie. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja wirklich lächerlich!) Im demokratischen Österreich gibt es die Ortstafeln seit 1976, respektive 1977 nicht (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie lange dauern eigentlich 10 Minuten? Das ist unglaublich!), und es gibt Erkenntnisse des Verfas­sungsgerichtshofes, denen mit Ausnahme der grünen Opposition niemand zum Durchbruch verhelfen will. (Beifall bei den Grünen.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende. Ich lasse Sie noch drei Worte sagen.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Das, Frau Präsidentin, ist Grund zur Sorge, die ich nicht mit dem Herrn Scheuch teile – aber ich teile wenig mit ihm.

17.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist vorbei!

(Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Mag. Stoisits.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Sie hat wie alle anderen nach ihr zu Wort Kommenden 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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17.54.46

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte von der künstlichen Aufregung von Frau Kollegin Stoisits wieder wegkommen, weil das gerade in dieser Frage weder hilft, noch angebracht ist. Ich denke, man sollte sich darauf konzentrieren, was tatsächlich Sache ist! Aber Sie, Frau Kollegin, haben in Ihrem Debattenbeitrag sehr viele falsche Behaup­tungen aufgestellt, und ich möchte einiges davon richtig stellen. (Abg. Lentsch: Bewusst!) Bewusst falsch gesagt.

Gleich vorweg haben Sie wieder einmal kritisiert, dass kein Mitglied der Bundesregie­rung auf der Regierungsbank sitzt. Das insinuiert, dass es üblich ist, dass bei Frist­setzungsdebatten und bei Kurzdebatten immer Damen und Herren der Regierung anwesend sind. Dazu muss man den Zuschauerinnen und Zuschauern Folgendes darlegen: Es entspricht durchaus den Gepflogenheiten, dass bei Fristsetzungsdebatten niemand von der Regierung da ist. Das bedeutet also, dass das überhaupt nichts mit dem Verhandlungsgegenstand zu tun hat, Frau Kollegin. Versuchen Sie, wenigstens einmal korrekt zu sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – So viel zum Ablauf.

Das Zweite: Auch inhaltlich haben Sie in Ihren Ausführungen unglaublich viel Falsches zusammengemengt. Ich bin von Ihrem persönlichen Engagement in dieser Sache durchaus überzeugt. Allerdings ist das trotzdem kein Grund, ununterbrochen die politische Diskussion mit einer wirklichen juristischen Feststellung zu verwechseln. Gerade dazu gäbe es viel zu sagen, was sehr kompliziert ist.

Zum anderen haben Sie – was letzter Zeit an Ihnen wahrscheinlich spurlos vorüber­gegangen ist – die heftige Debatte in juristischer Hinsicht als auch die Wortmeldungen des Herrn Bundeskanzlers in dieser Sache, nicht angesprochen. Sie haben fälsch­licherweise behauptet, dass sich der Herr Bundeskanzler in dieser Sache nicht geäußert hat. Wahr ist: Er hat sich mehrfach dazu geäußert und ganz eindeutig festgestellt, dass er daran denkt, diese Sache bis zum 30. Juni 2006, bis zu der uns vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist, zu lösen. Das hat er mehrfach gesagt! Ich würde Ihnen anraten, das „Mittagsjournal“, „Journal zu Gast“ oder ähnliche Dinge zu hören. Dann würde Ihnen vieles nicht entgehen. Aber behaupten Sie auf jeden Fall nicht Unwahres, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir stimmen diesem Antrag auf Fristsetzung aus verschiedenen Gründen nicht zu.

Zum einen: Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem jüngsten Erkenntnis der Regie­rung eine Frist eingeräumt, nämlich eine Frist bis 30. Juni. In dieser Zeit – und das ist der zweite Grund dafür, dass wir ganz sicherlich nicht zustimmen und ich auch überhaupt keinen Sinn darin sehe, dass der Verfassungsausschuss jetzt dem National­rat Bericht erstattet, wie Sie das in Ihrem Antrag und Ihrem Verlangen vorsehen – werden wirklich substantielle Gespräche geführt werden. Vor allem in dieser Causa ist es wichtig – und das ist, glaube ich, allen anderen Fraktionen, vielleicht mit Ausnahme Ihrer Fraktion, Frau Kollegin Stoisits, auch wichtig –, dass ein so emotional beladenes Thema natürlich von denjenigen geklärt und einer Lösung zugeführt wird, die es auch wirklich betrifft.

Sie sitzen in Wien (in Richtung Grüne), Sie betrifft es nicht. (Abg. Sburny: Und Sie sitzen in Kärnten, oder wie?) Ich sitze auch in Wien, aber ich habe noch nie so wie Sie hier in irgendeiner Art und Weise Öl ins Feuer gegossen. (Abg. Sburny: Was heißt denn das: „Öl ins Feuer“? Wer gießt Öl ins Feuer?) – Ja, Sie, ununterbrochen! Ver­suchen Sie, die Wortmeldungen Ihrer Frau Kollegin Stoisits zu verfolgen, dann können Sie das nachvollziehen. (Abg. Sburny: Das ist doch wirklich absurd!)


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Sie hat gemeint, dass Österreich zum Gespött ganz Europas wird. Das ist geradezu lächerlich! Sie hat vom „Schweigekanzler“ gesprochen; das habe ich bereits mit Fakten widerlegt: Sie bekommen eben nicht wirklich mit, wenn eine Wortmeldung stattfindet. Sie verfallen einfach in Ihre übliche Reaktion, indem Sie dem politischen Mitbewerber etwas vorwerfen. Und Frau Kollegin Stoisits hat auch erklärt, dass es hier keine Unter­stützung seitens der politischen Mandatsträger zur Umsetzung von VfGH-Erkennt­nissen gibt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.) Auch das ist unrichtig, Frau Kollegin. Es gibt die Aussage, dass genau dieses Erkenntnis bis Mitte des Jahres umgesetzt wird. Daran werden wir uns halten, und danach mögen Sie uns beurteilen! (Beifall bei der ÖVP.)

17.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.59.27

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Nur einen Satz, denn als Mandatarin einer demokratischen Partei kann ich nicht unwidersprochen lassen, was Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer vorhin an Anschuldigungen gegenüber Kollegin Stoisits formuliert hat.

Ich fasse es zusammen: Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, ich denke doch, dass wir uns einig sind, dass Demokratie und Verfassung uns alle angeht in Österreich und in Kärnten und dass auch Würde und politische Kultur Sachen sind, die uns alle angehen. – So viel zu den Feststellungen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Regler: Sie hat nichts anderes gesagt!)

Tatsache aber ist, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer und andere, dass Kärnten, nicht nur Kärnten, sondern Österreich, wie vorher zwei Mal formuliert wurde, wieder einmal, zum wiederholten Mal seit Monaten im Brennpunkt, im Blickfeld der inter­nationalen Öffentlichkeit steht, und leider in negativer Weise. Eine Aufmerksamkeit, die dem Image des Landes Kärnten, aber auch dem Image der Republik Österreich schadet, eine Aufmerksamkeit, die sich kein Mensch in Kärnten in Wirklichkeit verdient hat, nicht einmal jene Menschen, die noch im Jahr 2004 dem derzeitigen Noch-Lan­deshauptmann das Vertrauen gegeben haben, denn nicht einmal sie konnten es sich vorstellen, dass sie, wenn sie ihm das Vertrauen noch einmal aussprechen, dann jetzt, im Jahr 2006, mit einem Ortstafel verschiebenden, selbst ernannten Messias konfron­tiert sind, der sich Landeshauptmann von Kärnten nennt. Nicht einmal sie haben das verdient! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Lentsch: Warum sind dann die SPÖ-Bürgermeister dagegen?)

Die Position der SPÖ-Bürgermeister ist klar, Ihr Bundeskanzler hat sie erfahren und es wurde dort auch formuliert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie schaut die klare Linie aus?) Im Gegensatz zur ÖVP hat die SPÖ zugegebenermaßen nach vielen Auseinander­setzungen in vielen Jahren eine klare Linie, aber Ihnen, Frau Kollegin, würde ich empfehlen, den Parteivorstandsbeschluss der Kärntner ÖVP von Montag nachzulesen! Da sind wir uns einig.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, den Imageschaden müssen die Menschen in unserer Republik und in Kärnten tragen, aber der Bundeskanzler trägt die Verant­wortung für die zunehmende Eskalation – wie früher schon angesprochen – rund um die Sache der Ortstafeln in doppelter Weise. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist jetzt die Meinung der Bürgermeister?) Einmal als Koalitionspartner der ÖVP-BZÖ-Regierung und zum Zweiten als Bundeskanzler dafür, dass seine Verordnung in Wirklichkeit seit dem Jahr 2000 ausständig ist und nicht erlassen wurde.


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135. Sitzung / Seite 177

Der Bundeskanzler hat den Weg des Konsenses gesucht. Diese Gangart teilen wir. Wir befürworten aber nicht, dass ein Bundeskanzler der Republik Österreich schweigt und darauf wartet (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das tut er ja nicht!), bis einer seiner Koalitionspartner, nämlich jener in Kärnten, zur Vernunft kommt. Das nenne ich nicht die Wahrnehmung der Verantwortung, wie wir sie uns vorstellen. Es geht hier, ge­schätzte Kollegen und ich denke auch der ÖVP – Sie werden das teilen –, um Grundsätze der österreichischen Verfassung.

Es gibt ein Arbeitsübereinkommen in Kärnten, das ich nicht befürwortet habe (Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen), aber darin ist nicht die Verfassung in Frage gestellt worden, und es wird nicht die Frage der Ortstafeln behandelt. Das ist der Unterschied zu Ihrem Partner Haider und Schüssel auf Bundesebene. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht hier um den Grundsatz der österreichischen Verfassung, der Qualität einer Demokratie, die vor allem aber auch daran gemessen wird, wie man und „frau“ mit Minderheiten in einer Demokratie umgeht. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) In einem Klima, in dem ein Landeshauptmann täglich provoziert, Öl ins Feuer gießt, Emotionen schürt, braucht es eine verantwortungsvolle Politik (Abg. Scheibner: Wie ist Ihre Linie? Sie haben damals den Kompromiss verhindert!), für die die SPÖ bereit ist. Wir über­nehmen die Verantwortung dafür, dass wir dort um Vertrauen arbeiten und Bewusst­sein schaffen für ein Miteinander, wo gegeneinander Öl ins Feuer gegossen wird und Feindbilder geschürt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass der schon Fast-Konsens von vor nicht so vielen Monaten in die Realität umgesetzt wird.

Und zu den Kollegen von den Grünen. Es ist in Wirklichkeit bis auf einen und zwei Kleinparteien in der Republik allen alles klar, was in der Frage der Ortstafeln zu tun ist, daher sei der Schwenk erlaubt: Es wäre doch gescheit gewesen, auch aktuelle Fragen wie Armut, Heizkostenzuschuss hier zu debattieren, wofür wir nun keine Zeit haben. Ich will nicht das eine gegen das andere ausspielen. Aber klar ist, dass der Bun­deskanzler mit klaren und offenen Worten mit seinem Koalitionspartner und dem Landes­hauptmann von Kärnten zu sprechen hat und endlich diese seit dem Jahr 2000 ausständige Verordnung zu erlassen hat! Das ist sein Versäumnis und sonst keines. (Beifall bei der SPÖ.)

18.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Herr Abgeordneter, auch für Sie 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.04.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsident! Meine geschätz­ten Damen und Herren! Am 6. Dezember hatten wir hier im Parlament letz­tens diese Diskussion und ich möchte einige Teile dessen wiederholen, was wir damals gesprochen haben, nur vorher zwei aktuelle Dinge.

Erstens, Frau Kollegin Trunk, Öl ins Feuer gießen, dass man das nicht soll, da könnten Sie Recht haben. Nur sagen Sie das einmal Ihrem Herrn Kollegen Konecny im Bun­desrat, wo er gerade auch über Ortstafeln spricht, wo der Kollege Konecny im Bun­desrat die zutiefst zurückzuweisende Aussage des Herrn Gusenbauer wiederholt und sagt, dass der Herr Landeshauptmann Haider ein Geisteskranker ist, der frei in der Psychiatrie herumläuft! Gerade vorhin im Bundesrat! Vor zehn Minuten wiederholt! Da fordere ich ganz ehrlich, soll sich die SPÖ zuerst von diesen Aussagen distanzieren, soll man das Öl aus dem Feuer herausnehmen, denn das ist unerhört, und das weise ich auf das Schärfste zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat das gesagt?)


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Zweitens Burgenland: Im Burgenland fehlen auch fünf zweisprachige Ortstafeln. Wo ist der große Aufschrei im Burgenland? – Im Burgenland fehlen fünf zweisprachige Orts­tafeln. SPÖ-Landeshauptmann Niessl ... (Abg. Mag. Stoisits: Das hat mit dem Lan­deshauptmann nichts zu tun!) – Frau Kollegin Stoisits, schauen Sie zuerst, dass Sie Ihr eigenes Land in Ordnung bringen!

Und was ist in Kärnten, Herr Kollege Öllinger? Was ist denn wirklich in Kärnten? – Ich habe das schon ein paar Mal gesagt an dieser Stelle. (Abg. Öllinger: Elendiglich!) – Kärnten ist nicht elendiglich, dagegen verwahre ich mich, Herr Kollege Öllinger! Wenn Sie sagen, dass Kärnten elendiglich ist, dann ist das auf das Schärfste zurückzu­weisen. (Abg. Öllinger: Nein! Ihre Partei! Der Haider!) Denn diesen Konflikt, der ins Land getragen wird – ich habe das schon oft gesagt –, verdient sich dieses Land nicht! (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es hat, meine geschätzten Damen und Herren, einen breiten Konsens über alle Parteien in der Ortstafelfrage gegeben. Seit dem Jahre 1976, als hier im Parlament ein Gesetz verabschiedet wurde, seit dem Jahre 1977, als dazu die Verordnung erlassen wurde, hat es Konsens gegeben. Es war niemand Geringerer als Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, der, nachdem 20 Jahre lang die ÖVP und die SPÖ den Landes­hauptmann gestellt haben, die Tafeln aufgestellt hat. Die Topographieverordnung ist erfüllt. Sie ist erfüllt! Es sind alle Ortstafeln aufgestellt. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist die Unwahrheit!) Das sollte man einmal sagen. Sie ist zu 100 Prozent erfüllt. Das ist die Wahrheit, Frau Kollegin Stoisits! (Abg. Öllinger: Nein!)

Und wenn Sie permanent in der Öffentlichkeit versuchen, einen Konflikt ins Land zu tragen, so werden Sie das so lange tun, bis es die Kärntnerinnen und Kärntner nicht mehr ertragen werden. Schauen Sie einmal die Umfragen an! Das Kärntner Volk steht hinter Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, weil es ganz genau weiß, dass er die Inter­essen des Volkes vertritt und nicht die Interessen des Verfassungsgerichtshofes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch einmal: Fragen Sie einmal das Volk vor Ort! Fragen Sie einmal die slowenische Minderheit, wer eine vernünftige Minderheitenpolitik hat! Fragen Sie einmal, wer zweisprachige Kindergärten baut, mehr als gefordert, wer ein Volksgruppenbüro einrichtet, wer Kulturpolitik macht! Fragen Sie einmal, wer zweisprachige Schulen ein­richtet, mehr als gefordert! Fragen Sie einmal die Menschen draußen, wer die Sorgen sehr wohl erkennt, nur wer sich justament nicht die Ortstafeln aufzwingen lässt!

Und seien wir uns ehrlich, warum gibt es diese Diskussion? – Sie alle wissen es ganz genau, weil ein gewisser Herr Rudi Vouk, Chef des Rats der Slowenen – und jetzt pas­sen Sie auf! –, bewusst und provokant zu schnell durch Ortsgebiete fährt, damit Menschenleben gefährdet, damit das Leben von kleinen Kindern gefährdet, bewusst! (Abg. Öllinger: Tempo 160!) Es ist ein Unterschied, ob ich 160 km/h auf einer abge­sicherten Strecke fahren darf, oder ob ich in einem Ortgebiet, wo es Zebrastreifen gibt, wo eine 50 km/h-Beschränkung ist, bewusst zu schnell durchfahre und Menschenleben und Kinder gefährde. Da fehlt Ihnen der Realitätssinn! Das ist eine bewusste Pro­vokation, die hier gemacht wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Basierend auf dieser bewussten Provokation sagt der Verfassungsgerichtshof, wir brauchen nicht mehr 25 Prozent Minderheit, wir brauchen nur noch 10 Prozent Min­derheit.

So und jetzt noch etwas und damit komme ich zum Schluss, bevor mir die Lampe sozusagen das Schlusswort nimmt, meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben überhaupt kein Problem, eine Lösung zu finden. Nur zwei Dinge: Erstens sollte man einmal die 20 anhängigen Verfahren zurücknehmen, die mit bewusstem, provokanten Zu-schnell-Fahren hervorgerufen wurden. Es sind noch 20 Verfahren anhängig. Der


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Herr Vouk hat seine Frau bewusst zu schnell durch St. Jakob im Rosental fahren lassen, um hier wiederum ein Urteil zu erzwingen. Der Herr Vouk schickt seine Tante durch Velden bewusst zu schnell mit dem Auto, um wiederum ein Urteil zu erzwingen.

Nehmen wir diese Verfahren zurück, gehen wir hierher, wo wir die Gesetze machen können! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Machen wir ein neues Volksgruppengesetz, erheben wir die Minderheit und stellen wir das auf eine rechtliche Grundlage, damit – und ich komme zum Schlusswort – dieser Konflikt nicht mehr von außen nach Kärnten getragen wird, und die Kärntner Bevölkerung in Ruhe und Frieden mit ihrer Minderheit leben kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Frau Abgeordnete, auch für Sie 5 Minuten. – Bitte.

 


18.10.24

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! – Es sitzt ohnehin niemand auf der Regierungsbank. – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zurück zum Anlassfall, zum Kern unseres Antrages. Anlassfall für die Minis­teranklage war eine ganz bestimmte Ausgangssituation, nämlich, dass der Landes­hauptmann eine zweisprachige Ortstafel per Weisung entfernen hat lassen. Das war jedenfalls rechtswidrig, das war Rechtsbruch. Minderheitenrecht ist, so denke ich, nicht nur eine Sache eines abgegrenzten Gebietes, sondern Minderheitenrechte, Minder­heitenpolitik sind Angelegenheit des gesamten Bundesgebietes, Minderheitenrechte sind Angelegenheiten dieses Hauses, dieses Parlaments, sie sind Bundessache, sie sind Angelegenheit der Bundesregierung, des Bundeskanzlers und sie sind in mittelbarer Weise Angelegenheit auch des Landeshauptmanns. Und ich denke, es ist völlig legitim ... (Abg. Dr. Fekter: Sie haben keine Ahnung! – Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer.)

Entschuldigung, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, Sie haben mich heute schon einmal mit dem, was Sie gesagt haben, erschüttert, nämlich der Kollegin Stoisits vorzuwerfen, sie gieße Öl ins Feuer, sich hier zum Schutzschild eines Landeshaupt­mannes zu machen, der klar rechtswidrig vorgegangen ist. Also das ist etwas Neues, was ich von Ihnen in Ihrer sonstigen Seriosität überhaupt nicht gewohnt war. Das ist erschreckend. (Beifall bei den Grünen.)

Straßenverkehrsordnung ist Landessache, da haben Sie völlig Recht, aber das Minderheitenrecht ist nach wie vor Bundessache. Oder würden Sie das abstreiten? Sollen wir jetzt in der Bundesverfassung nachblättern, in wessen Vollzugs- und Ge­setzgebungskompetenz Minderheitenrechte sind? – Ich denke nicht, Frau Kollegin.

Ich komme noch einmal darauf zurück: Landeshauptmann Haider hat klar Rechtsbruch begangen, und auf diesen Anlassfall bezieht sich unsere Ministeranklage. (Abg. Dr. Fekter: Nein!)

Es ist auch völlig richtig, wenn hier schon gesagt worden ist – von Seiten der SPÖ, so denke ich, war das der Fall –, dass der Bundeskanzler schon seit längster Zeit säumig ist, eine neue Topographieverordnung zu erlassen, zumindest vorzulegen, und die Bun­desregierung sollte sie erlassen.

Es ist richtig, dass die gesamte Situation von einem Landeshauptmann durchwürzt ist, der das ausschließlich für ein wahltaktisches, parteipolitisches Manöver missbraucht, um einer Partei, die in Österreich keinen Rückhalt mehr hat, in Österreich, unter Um­ständen in Kärnten, noch ein Grundmandat zu verschaffen. Das ist der Missbrauch von einer sprachlichen Minderheit in Kärnten für parteitaktische, wahltaktische Motive, ausschließlich in einem Wahljahr den größtmöglichen Wirbel zu schlagen, um in


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diesem Wahlkreis unter Umständen das Grundmandat für das BZÖ zu erlangen. Das ist der einzige Hintergrund dieser ganzen Aktion in Kärnten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das glauben Sie doch selbst nicht!) – Selbstverständlich. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Scheuch, ich weiß überhaupt nicht, was tatsächlich das Problem ist. Würde man Ihre politischen Anschauungen tatsächlich an Ihnen sehen, dann hätten Sie einen Bart und mittlerweile Furchen, die so tief wären wie die Pasterzen­gletscherspalten, so rückwärtsgewandt, wie Sie dieses Problem angehen! In einem Europa, in dem seit dem Jahr 2005 alle Nachbarstaaten Österreichs Mitglieder der Europäischen Union sind, in dem wir darum ringen, diesen europäischen Raum in einem internationalen Kontext sowohl als sozialen Raum, als Umweltraum, als Wettbewerbsraum zu etablieren, noch über Ortstafeln zu streiten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist lächerlich! Genau!) und dann in Kärnten noch Diskussionen zu führen, wo über Territorialansprüche Sloweniens gesprochen wird, ist so etwas von hirnrissig – entschuldigen Sie diesen Ausdruck! – (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihre Orts­tafeldiskussion ist hirnrissig!), in diesen Zeiten, in diesem Jahr!

Kärnten hat andere Probleme: Arbeitslosigkeit (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja, genau!), Versorgung mit öffentlichem Verkehr, die Situation von Frauen. Und Sie beschäftigen sich tagein tagaus mit einem Problem (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie beschäftigen sich damit!), das in den Köpfen der Menschen schon lange gelöst ist! Wäre ein bisschen mehr von dem Weitblick der Kärntnerinnen und Kärntner in Ihren Köpfen, dann wäre das Problem mit Großzügigkeit aus der Welt geschafft.

Stellen Sie doch bitte 30 zweisprachige Ortstafeln auf! Was ist das Problem? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es gibt was Emotionales auch!) Was ist daran wirklich das Problem, einfach großzügig zu zeigen: Wir haben eine Minderheit, wir sind stolz darauf, Mehr­sprachigkeit ist eine Stärke, das ist nichts, vor dem man sich fürchten muss, im Gegenteil, das ist etwas ganz Großartiges. Es gibt in Europa so viele Gebiete – in Frankreich, in Deutschland –, wo es Minderheiten gibt. Es gibt in Südtirol eine deutsch­sprachige Minderheit. Nirgendwo ist das ein Problem, nur in Kärnten ist das ein Problem! Und das sind die Barrieren, nicht bei den Menschen vor Ort, sondern im Kopf der verantwortlichen Politiker.

Sie missbrauchen das heuer im Wahljahr auf eine dermaßen üble Art und Weise, dass ich das nicht anders bezeichnen kann als mies, peinlich, beschämend! Als Kärntnerin schäme ich mich dafür, Herr Kollege Scheuch. (Beifall bei den Grünen.)

Ich verstehe die Position der SPÖ ehrlich gesagt auch nicht. Ich denke, für einen Fristsetzungsantrag über die Frage, ob das Parlament über einen Antrag entscheiden soll, sollte das Parlament schon entscheiden können. Also die Zuständigkeitsfrage ist, so denke ich, klar. (Abg. Dr. Cap: Nein!)

Wenn Sie das inhaltlich falsch finden, dass wir Landeshauptmann Haider wegen dieser Entfernung einer zweisprachigen Ortstafel gerne belangen möchten, oder zumindest prüfen möchten, ob er belangt werden kann, dann können Sie das ja inhaltlich begrün­det ablehnen, aber zu sagen, dafür ist das Parlament nicht zuständig, ist eine Ausrede. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es weist offensichtlich auf einen Konflikt in Ihren eigenen Reihen hin, der auch noch einer Klärung harrt. Ich halte auch den Vorschlag Ihrer Kollegin in Kärnten, ein Moratorium zu erlassen, das völlig aus der politischen Diskussion herauszunehmen, als überhaupt nicht zielführend. Bitte, stellen wir diese Tafeln einfach auf und widmen uns dann den Problemen, die Kärnten tatsächlich hat! (Beifall bei den Grünen.)

18.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoi­sits, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 732/A (E) der Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einleitung eines Verfahrens gemäß Artikel 142 Abs. 1 lit. e B-VG gegen den Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, eine Frist bis 1. Februar 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

18.16.48Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 7. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


18.17.03

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig, jetzt wieder in eine Debatte einzusteigen, die schon vor Stunden begonnen hat. Worum geht es? – Der Rechnungshof hat sich zum zweiten Mal mit dem Thema Chipcard und der Abwicklung, der Implementierung des entsprechenden Projekts e-card, Chipcard im Rahmen der Sozialversicherung beschäftigt. Und dabei hat der Rechnungshof nicht nur in seinem ersten Bericht, sondern auch in seinem zweiten Bericht erhebliche, und zwar gravierende Mängel bei der Abwicklung des Projekts Chipcard, e-card durch den Hauptverband festgestellt.

Von der Antike bis in die Neuzeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, war es so, dass es fast schon dazugehört hat und unerlässlich war, dass es bei Großprojekten Todesfälle gegeben hat. Ohne Todesfälle kein Großprojekt. Insofern haben wir uns – und das Projekt e-card ist auch ein solches Projekt – natürlich deutlich zivilisiert und weiterentwickelt. Es gibt keine Todesfälle, aber politische Leichen liegen auf dem Weg, und es sollten eigentlich noch mehr gezählt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Fekter: Geschmacklos!)

Geschmacklos, Frau Abgeordnete Fekter, ist es, wenn Sie als Vertreterin der Gesetz­gebung denken, sich nicht mehr damit befassen zu müssen, dass da Gesetze der Republik gebrochen worden sind, dass der Hauptverband, auch aus den Stellung­nahmen zu den Einwänden des Rechnungshofes erkennbar, sagt: Na gut, es ist das Vergaberecht nicht eingehalten worden in diesem Punkt, in jenem Punkt! – In zig Punkten wurde das Vergaberecht, das Sie ja gemeinsam mit uns hier im Nationalrat beschlossen haben, durch den Hauptverband gebrochen.

Der Hauptverband zuckt mit den Schultern und sagt: Na ja, ist halt nicht anders gegangen! – Herr Kollege Neudeck, ich sage Ihnen eines: Wenn man sich die Dimension der Rechtsbrüche beim Projekt e-card ansieht und mit dem vergleicht, was wir im Rahmen eines mehrjährigen Untersuchungsausschusses diskutiert haben, der dann durch die ÖVP grandios in den Neuwahlen versenkt worden ist – „Euroteam“ sage ich nur dazu –, wenn man damit die Dimensionen dessen vergleicht, was beim Projekt e-card gelaufen ist, vertuscht zu werden versucht wurde und teilweise bis heute – meiner Ansicht nach – vertuscht wird oder noch nicht in die richtige Dimension gebracht wurde, dann ist ein Untersuchungsausschuss über diese Causa dringend notwendig.


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Das hat ja nicht mit diesen letzten Jahren begonnen, sondern eigentlich schon mit dem Zeitpunkt, zu dem der Gesetzgeber das Projekt e-card auf den Weg gebracht hat, und zwar mit einem Entschließungsantrag, bei dem damals drei Parteien hier im Nationalrat gejubelt haben: Hurra, das machen wir! Wir von den Grünen hingegen – ich erinnere mich gut daran – haben als Einzige gesagt: Das geht so nicht, wie ihr euch das vorstellt, und zwar sicherlich nicht innerhalb von zwei Jahren!

Das war aber trotzdem die Meinung von ÖVP, SPÖ und auch von der FPÖ, damals, die alle gesagt haben: Nein, 1997 haben wir das ganz locker, das schaffen wir! – Natürlich ist das so nicht gegangen! Es war das wirklich eine Geschichte der Pein­lichkeiten – bis zum Beginn der Jahre 2000, wo sich die Peinlichkeiten dann sogar noch potenziert haben!

Ich zähle in diesem Zusammenhang nur auf: Der zuständige Geschäftsführer Nischel­bitzer – eigentlich damals der Generaldirektor des Hauptverbandes; der Hauptverband wurde ja mit einer „Reform“ durch Schwarz-Blau auf völlig neue Füße gestellt – hat das Projekt überhaupt nicht erhoben, sondern sich nach einem Jahr vertschüsst, natürlich unter Mitnahme seiner sämtlichen Ansprüche. – Das war der damals Zuständige.

Dann gab es einen neuen Zuständigen, aber es stellte sich heraus, dass die gesamte Hauptverbandskonstruktion rechtswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof kratzte die Kurve und sagte: Ja, aber obwohl rechtswidrig, können wir das, was der Hauptverband in dieser Zeit gemacht hat, nicht aufheben, sonst bricht alles zusammen, und der VfGH legitimierte sozusagen nachträglich den Hauptverband.

Es kommt dann zu einer Neuinstallierung von Geschäftsführern des Hauptverbandes, und diese setzen sozusagen das alte Wurschteln fort.

Irgendwann merkt diese Bundesregierung, dass der Plan, das Projekt e-card recht­zeitig zu implementieren, so nie auf die Wege kommt – und sie interveniert. Bevor allerdings noch interveniert wird, stürzt das erste Projekt mit EDS/ORGA ab; im Jahre 2003 wird das gecancelt; in diesem Fall offensichtlich nicht mit unmittelbaren finanziellen Verlusten für den Hauptverband, sondern eher für die beteiligten Firmen, weil diese Pönale zahlen müssen.

Das Projekt wird dann neu aufgesetzt – und das ohne Beschlüsse der entsprechenden Hauptverbandsgremien, ohne Beschlüsse der SV-Chipcard Ges.m.b.H.! Niemand hat irgendetwas beschlossen, und trotzdem gibt es dieses Projekt! Das muss man sich einmal vorstellen, wie da gewurschtelt worden ist! – Das ist Punkt eins.

Dann gibt es in diesem Projekt SV-Chipcard zwei Geschäftsführer: der eine ist zustän­dig für den kaufmännischen, der andere für den technischen Bereich. Dann wird der technische Geschäftsführer – wiederum ohne Beschlüsse der zuständigen Gremien – zunächst beurlaubt und dann aus dem Betrieb hinausgedrängt.

Während der Zeit, in der er noch als technischer Geschäftsführer agiert, wird ein Programm­direktor installiert, wobei jedoch niemand weiß, wem der überhaupt verantwortlich ist beziehungsweise wem er Weisungen geben darf. Darf er der ganzen SV-Chipcard Ges.m.b.H. Weisungen erteilen – ist er sozusagen vom Hauptverband beauftragt –, oder ist er eine Instanz innerhalb dieser SV-Chipcard?

Nicht genug damit, wird auch noch eine Gesamtprojekt-Koordinatorin eingesetzt, die das Projekt – neben dem Programmdirektor und neben dem technischen Direktor – zusätzlich koordinieren soll.

Nicht genug damit, werden auf allen Ebenen, die ich jetzt beschrieben habe, überhöhte Gehälter bezahlt!


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Nicht genug damit, geht das Gewurschtel weiter! Und das ist jetzt der Punkt, wo ich Sie direkt anspreche, Herr Präsident des Rechnungshofes. Es wird, nachdem Sozial­minister Haupt Alarm geschrien hat, eine interne Revision beauftragt, und es gibt einen Revisionsbericht, der für den Hauptverband beziehungsweise für alle, die damit zu tun haben, geradezu vernichtend ausfällt!

Dann wieder findet eine Einschau des Rechnungshofes statt, ein zweiter Rechnungs­hofbericht hiezu wird erstellt. Und es passiert wieder nichts, sondern der Hauptverband rechtfertigt sich: Haben wir nicht anders machen können!

Es passiert wieder nichts, und es werden – und das ist der springende Punkt – Verträge mit den beteiligten Stellen weder eingehalten, noch wird – wie auch aus dem Rechnungshofbericht hervorgeht – in Teilen das produziert, was eigentlich gefordert war, sondern es werden auch völlig überflüssige Teile produziert. Auch das hat der Rechnungshof festgestellt.

Was sind die Konsequenzen? Welches Gremium beschäftigt sich damit? Es gibt keinen Aufsichtsrat in der SV-Chipcard Ges.m.b.H., seit drei Jahren nicht! Im Revi­sionsbericht des Sozialministeriums heißt es: Innerhalb von drei Monaten müsste ein Aufsichtsrat bestellt sein. – Aber was kümmert’s die politisch Verantwortlichen?!

Es ist ganz offensichtlich so gewesen, dass versucht wurde, dem Rechnungshof während der Kontrolle Belege unterzuschieben, wo nachher festgestellt werden muss­te: Da sind aber andere Belege angeführt worden! – Wen kümmert’s, außer den Rechnungshof und die Oppositionsparteien? Und was sagen Sie von den Koalitions­parteien? – Es passt eh alles!

Das ist also Ihre Art, Dinge abzuhandeln: Die entscheidenden Personen, die etwas zu sagen hätten und uns tatsächlich weiterhelfen könnten, sind draußen vor der Tür, meine sehr geehrten Damen und Herren – sie finden sich auch nicht auf den Ladungs­listen für die entsprechenden Beschlussfassungen und Beratungen des Rechnungshof­ausschusses! Die Dinge harren trotz oder dank der Kritik des Rechnungshofes nach wie vor der Aufklärung!

Jenseits dieser meiner 8 Minuten Redezeit gäbe es genug zu sagen zu den politischen Dimensionen des e-card-Projektes, von dem ich zumindest – und das abschließend – sagen kann: Ich bin froh, dass es auf den Weg gebracht wurde, ja, aber das ent­schuldigt noch lange nicht, dass im Rahmen dieses Projekts eine Reihe erklecklicher Rechtsbrüche begangen und auch ganz offensichtlich versucht wurde, den Rech­nungshof bei der Einschau innerhalb des Hauptverbandes beziehungsweise der SV-Chipcard Ges.m.b.H. nicht über alles zu informieren.

Wenn man dem Klagsbegehren einer derer, die sich jetzt gemeldet haben, auch nur einigermaßen trauen kann, so ist das zweifelsohne etwas, was wir auch in Zukunft noch untersuchen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

18.27

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Neudeck. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.27.19

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Nach den weitgehend dem Rechnungshof­bericht folgenden Worten des Kollegen Öllinger – ich muss dazusagen: im Gegensatz zu dem, was Kollege Kräuter und auch Kollege Kogler das eine oder andere Mal mit Rechnungshofberichten gemacht haben – muss man schon sagen, dass sehr viele Kritikpunkte, die Kollege Öllinger hier auf den Tisch gelegt hat, auch im Rechnungshof­bericht so dargelegt sind, Dinge, die vom Kollegen Öllinger offensichtlich weiter


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recherchiert wurden und die jedenfalls aufklärungsbedürftig sind. Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

Wenn es da oder dort Rechtsbrüche gegeben hat, ist schon auch immer die Frage: War es dolos – oder geschah das, um die Sache e-card, die ja schon seit 1993 am Köcheln war und seither mehrmals versprochen wurde, sozusagen endlich ins Rennen zu bringen?

Natürlich: Wo gehobelt wird, da fallen Späne! Bedenklich aber wird es, wenn der Span, der fällt, größer ist als das gehobelte Produkt, denn dann ist irgendwo der Wurm drin.

Die Kritik wurde zur Kenntnis genommen, es wurde darauf auch reagiert. Der damalige Bundesminister Haupt hat ja eine weitere Untersuchung sowie einen weiteren Bericht durch den Rechnungshof angefordert. – Es ist, wie gesagt, einiges, ja vieles verbessert worden, aber einige Dinge harren noch einer Verbesserung.

Daher: Wir von unserer Fraktion nehmen diesen Rechnungshofbericht zur Kenntnis, mit all den Kritikpunkten und den Aufträgen zur Erledigung, aber natürlich auch mit einer Kenntnisnahme bereits durchgeführter Verbesserungen.

Unter dem Motto „Fehler soll man nur einmal machen!“ sind die zuständige Bundes­ministerin Rauch-Kallat, der Hauptverband und alle in den Gesellschaften tätigen Geschäftsführer und anderen Verantwortlichen aufgefordert, die Projekte rund um die e-card ordnungsgemäß weiterzuentwickeln und über die Bühne zu bringen.

Ich darf Ihnen sagen, dass auch wir das sicherlich mit wachsamen Augen überwachen werden. – Danke. (Beifall des Abg. Neugebauer.)

18.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Kaipel. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.29.44

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Rechnungshof-Über­prüfung der Vorgänge rund um die Einführung der e-card macht die haarsträubende Misswirtschaft der ÖVP-Gesundheitspolitik einmal mehr sichtbar.

Die Umsetzung des Projektes war mehr als unprofessionell, und Steuergeld wurde im großen Stil verschwendet. Das ist an sich ja nichts Neues, aber trotzdem jedes Mal ärgerlich, weil es letztlich den Steuerzahler trifft.

Skandalös ist auch, dass der Rechnungshof in zumindest zwei Fällen nicht vollständig informiert worden sein dürfte. Erstens hat sich herausgestellt, dass die vergabe­rechts­widrige Bestellung eines völlig unnötigen Programmdirektors nicht, wie vom Rech­nungshof kritisiert, 654 000 € gekostet hat, sondern unglaubliche 1,1 Millionen €. Zweitens wurden dem Rechnungshof offensichtlich Verhandlungen zwischen ÖVP-Managern des Hauptverbandes und einer Bieterfirma in Bars und ÖVP-Räumlichkeiten verschwiegen, was eine ordnungsgemäße Prüfung der Causa erschwert hat.

Damit ist die ohnehin schon vernichtende Kritik des Rechnungshofes am Projekt betreffend Organisationschaos, Vergaberechtsbrüche, Kostenüberschreitungen, Per­sonal­explosion noch um ein Vielfaches ernster zu nehmen. Weitere Prüfungen durch den Rechnungshof werden in dieser Causa daher auch in Zukunft noch notwendig sein.

Die Einführung der e-card halten wir grundsätzlich für sinnvoll, notwendig, und das nicht erst jetzt, sondern auch schon in der Vergangenheit. Ich darf Kollegen Schöls – ich weiß nicht, ob er jetzt im Saal ist – daran erinnern, dass die SPÖ es war, die im


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Jahr 1999 das Projekt auf den Weg gebracht hat, und die ÖVP es war, die dieses Projekt fünf Jahre verschleppt hat. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir sehen es also als notwendig an, bemängeln aber die hohen Projektnebenkosten, die zahlreichen Fehler im Projektmanagement und den Projektrückstand. (Abg. Mag. Molterer: Sie haben geredet, und wir haben es gemacht, wie immer! Sie reden, wir handeln!)

Lange Zeit fehlten auch wesentliche Vereinbarungen zwischen Hauptverband und Ärztekammer über die Anwendung der e-card und die Kostenbelastung der künftigen Nutzer. Es fehlten auch entsprechende Beschlüsse der Geschäftsführung des Haupt­verbandes sowie des Aufsichtsrates der Umsetzungsgesellschaft. Die vom Hauptver­band der Gesellschaft Ende Februar 2004 vorgenommenen Kostenschätzungen waren unvollständig und nur begrenzt aussagekräftig.

Nach Schätzungen des Rechnungshofes vom Mai 2004 werden die Kosten für das Projekt bis zur flächendeckenden Einführung und für den anschließenden Probebetrieb bis zum Fertigstellungstermin im September 2006 etwa 128 Millionen € betragen. Die exakte Summe fehlt jedoch nach wie vor.

Der Personalaufwand der Gesellschaft war, gemessen an der Aufgabe und ihrer Verantwortung, zu hoch. Sie beauftragte großzügig externe Gutachter, insgesamt flossen mehr als 25 Millionen € an externe Berater – ein Fass ohne Boden.

Die Frau Bundesminister ist zweifellos gefordert, die Empfehlungen des Rechnungs­hofes raschest umzusetzen. Der finanzielle Schaden, den sie zumindest bisher zugelassen hat, ist hoch genug. Es wäre unverantwortlich, den Steuerzahlern noch mehr zuzumuten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.33.52

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich komme jetzt zu einem ganz anderen Thema, nämlich zum National­fonds und Entschädigungsfonds. Im Rahmen der Gedenkfeier betreffend 10 Jahre Nationalfonds konnten sich alle Abgeordneten hier im Hohen Haus bereits ein Bild über die Arbeit sowohl des Nationalfonds als auch des Entschädigungsfonds machen. Jetzt liegt der Bericht des Rechnungshofes vor, und ich möchte mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, und bei Ihren Beamten für den, wie ich meine, sehr positiven Bericht recht herzlich bedanken.

Die Anregungen des Rechnungshofes betreffen aber in erster Linie technische Details und deren Umsetzung. An der Sache selbst, glaube ich – ich lese das auch aus dem Bericht des Rechnungshofes heraus –, kann man nichts kritisieren, denn Opfer des Nationalsozialismus zu entschädigen ist ein äußerst schwieriges Unterfangen. Das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst ist. Wie soll man menschliches Leid in Geld bewerten? Und der Verlust einer Wohnung oder eines Familienerbstückes kann natürlich sehr, sehr schmerzlich sein.

Eine echte Bewertung – noch dazu nach über 60 Jahren – ist äußerst schwierig, das hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht sehr deutlich herausgearbeitet. Die Regierung Schüssel hat sich trotzdem drübergetraut, und das hat dieser Bundes­regierung zu Recht weltweit großen Respekt eingebracht. Die Probleme waren enorm.


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Erstens leben sehr viele Opfer und Zeugen nicht mehr, was die Entschädigung nicht einfacher gemacht hat. Das hat man dadurch entschärft, dass auch die Erben der Geschädigten Ansprüche stellen können.

Zweitens muss uns bewusst sein, dass der gesamte Schaden niemals gutgemacht werden kann, denn es geht um eine enorme Summe, die wir aus Steuergeldern nie hätten aufbringen können. Daher musste die Wirtschaft einspringen, und ich möchte mich von dieser Stelle aus bei der österreichischen Wirtschaft dafür recht herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Das Wichtigste ist natürlich jetzt und heute, dass die Entschädigungen bereits aus­bezahlt werden, rasch und unbürokratisch. Das waren und sind wir den Opfern des Naziregimes schuldig. Gelungen ist das nur – das muss man wirklich immer wieder betonen – durch einen enormen Kraftakt unseres Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Lentsch – das Rednerpult verlassend –: So sind Sie! – Abg. Marizzi: Entschuldigen Sie, ich habe nicht einmal ein Wort gesagt! – Ruf bei der ÖVP: Marizzi, ist eh gescheiter!)

18.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.37.07

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte wieder zur Einführung der e-card sprechen, die eine unendliche Geschichte ist, eine Geschichte der Geldverschwendung, des Nichteinhaltens von gesetzlichen Vorgaben und eine Geschichte der Schönfärberei.

Zur Geldverschwendung ist ja von meinen Vorrednern schon einiges zu den Pro­jektnebenkosten, zu den überhöhten Gehältern der Chipkarten-Errichtungsfirma ange­merkt worden. Ich möchte noch einen Punkt herausgreifen, nämlich den Programm­direktor, der zur Umsetzung des Projektes eingesetzt wurde und der laut Rechnungs­hofbericht, so wie es darin angeführt ist, gar nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Dieser erhält laut Bericht 654 000 €.

In diesem Zusammenhang ist mir ein ganz interessanter Punkt aufgefallen: Im letzten Rechnungshof-Ausschuss hat die Frau Ministerin erklärt, dass das Engagement des Programmdirektors insgesamt 1,1 Millionen € ausmacht. Am 13. Jänner dieses Jahres gibt es eine Aussendung des Hauptverbandes, in der die Kosten mit 92 800 € beziffert werden. Also da gibt es erhebliche Unterschiede. Irgendwo muss da auch Geld ver­loren gegangen sein, zirka 1 Million €. Wie erklärt man den Unterschied, diese nicht geringe Abweichung zwischen den Angaben der Frau Minister und jenen des Hauptverbandes? Ich denke, das wird die SteuerzahlerInnen ganz sicherlich interes­sieren, wo und warum dieses Geld zum Fenster hinausgeworfen wurde.

Zum Bundesvergabegesetz: Dem Generaldirektor des Hauptverbandes Josef Kandl­hofer war dieses Gesetz anscheinend besonders lästig, denn er hat es überhaupt nicht eingehalten, und zwar bei der Beauftragung des Programmdirektors ebenso wie bei der Beauftragung der Forschungsgruppe RISE. Und trotz dieses Rechnungshof­berichtes wird weiter von der Frau Ministerin Schönfärberei betrieben, es gibt keine Selbstkritik und auch keine Konsequenzen, obwohl immer wieder neue Fakten zu Tage treten, wie wir es in „NEWS“ nachlesen konnten.

Ich möchte noch ein Zitat anfügen: Bis heute wurden von den Verantwortlichen trotz anhaltender Kritik des Rechnungshofes wegen massiver Kostenüberschreitungen beim e-card-Projekt und ständig neuer Enthüllungen keinerlei Konsequenzen gezogen. Ich


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fordere daher die zuständige Gesundheitsministerin Rauch-Kallat auf, endlich sämt­liche Kritikpunkte rund um das Flop-Projekt e-card lückenlos aufzuklären. – Zitatende.

Dieses Zitat stammt nicht von einem Oppositionspolitiker, sondern vom Bündnis­vorsitzenden Uwe Scheuch, mit dem wir ganz selten einer Meinung sind, in diesem Fall aber schon. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.40.31

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Die Einführung der e-card ist absolut eine Erfolgsgeschichte, und unser Gesundheitssystem wurde damit wesentlich verbessert. Die Kritik des Rechnungshofes in diesem Zusammenhang ist natürlich ernst zu nehmen, aber sie steht in keiner Relation dazu, was die e-card für Österreich im positiven Sinn bedeutet. Unser e-card-System ist ein Vorzeigeprojekt, unsere e-card ist die innovativste und modernste IT-Karte im Gesundheitsbereich. Und der Rech­nungshof bestätigt eindeutig die Notwendigkeit dieser Einführung.

Ich erinnere mich eigentlich nur ungern an die so genannte Zettelwirtschaft mit den Kran­kenscheinen. Als Rot-Kreuz-Mitarbeiter kenne ich die Probleme und die Schwer­fälligkeit des Systems mit den Krankenscheinen, Behandlungsscheinen, Überwei­sungsscheinen et cetera. Besonders schwierig war das vor allem für ältere Menschen.

Jetzt haben wir ein System, das all dies auf einer kleinen sicheren Karte vereint und vereinfacht, und die 42 Millionen Krankenscheine, die jedes Jahr in Österreich ausgestellt wurden, fallen weg. Täglich werden derzeit 300 000 bis 400 000, an Spitzentagen bis zu 580 000 Patientenkontakte von rund 10 700 Praxen zuverlässig abgewickelt. Mit einem gewissen Maß an Goodwill versteht man auch, dass bei dieser Zahl an Transaktionen vereinzelt so manche Übermittlung nicht gleich funktioniert und dass es eine bestimmte Zeit braucht, bis alles reibungslos läuft. Insgesamt – und das möchte ich schon betonen – ist aber dieses e-card-Projekt ein Meilenstein in unserem Gesundheitsbereich.

Die SPÖ hat dies unter ihrer Regierungsverantwortung – es wurde viel darüber gesprochen, dass dieses Projekt sehr lange gedauert hat, eigentlich nie fertig gebracht und ist daran gescheitert. Es ist wohl jetzt der Neid auf diesen Erfolg, der die Op­position nun verzweifelt nach Skandalen und Fehlern suchen lässt. Warum können Sie nicht Erfolge anderer ganz einfach akzeptieren und auch auf die Meinung der Bevölkerung hören, die mit 86 Prozent die e-card begrüßt? Eine Ministerin nach diesem Erfolg zum Rücktritt aufzufordern ist völlig unlogisch und auch unfair, noch dazu, wo bereits zwölf Länder aus der ganzen Welt unser System kopieren und kaufen wollen, wie zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland oder Australien.

Das Wichtigste in dieser ganzen Diskussion ist: Alle Bürgerinnen und Bürger, also Patienten, Arbeitgeber und Ärzte, sind sehr zufrieden mit der jetzigen Lösung.

Neben diesen erfreulichen Zahlen, Fakten und Umfragen bezüglich dieser e-card habe ich mir in den letzten Tagen die Mühe gemacht und in meinem Umfeld eine kleine Befragung durchgeführt. Ich habe Bürgerinnen und Bürger von jung bis alt aus den verschiedensten Einkommensschichten, aus verschiedenen Berufsständen und auch aus den verschiedenen politischen Lagern über deren Meinung befragt. Das Ergebnis war keine einzige negative Aussage. Es war ausnahmslos jeder zufrieden. Ich habe sogar in einem Altenheim mit rund 100 teilweise pflegebedürftigen Seniorinnen und Senioren nachgefragt: Rückmeldungen durchwegs nur positiv.


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Wir von der ÖVP stehen für lösungsorientiertes Vorgehen und für Zukunftsgestaltung. Also hören Sie auf, krampfhaft unser sehr gutes Gesundheitssystem in irgendein schlechtes Licht zu rücken, und nehmen Sie die Bevölkerung, die diesen Erfolg auch spürt und wahrnimmt, ernst! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Kann man diese Umfrage veröffentlichen, damit wir alle etwas davon haben?)

18.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.44.13

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lieber Kollege Wöginger, danke für deinen Einsatz als empirischer Forscher im Dienste der e-card, aber: Es ist nicht die e-card grundsätzlich, die wir kritisieren, sondern der Auslöser für diese mehr als berechtigte Kritik, insbesondere auch des Rechnungshofes, sind die mehr als bedenklichen Begleitumstände bei der Planung, Ausschreibung und Einführung dieser Karte. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie plane ich ein Projekt, damit es sicher viel Geld kostet, möglichst nicht transparent und nachvollziehbar ist, externe Berater sich wieder herrlich austoben können und bei dem möglichst wenig schriftlich ausgeführt wird? – Diese Fragen werden sich die Ver­antwortlichen wohl zu Beginn des neuen Projektes e-card gestellt haben. Eines muss man ihnen zubilligen: Sie haben sich wirklich redlich bemüht, dieses Planungsziel auch zu erreichen.

Das Projekt wurde gestartet ohne wesentliche Vereinbarungen mit der Ärztekammer. Es gab zu Beginn keinerlei Kostenschätzungen, es wurden Millionen für Unnötiges in den Sand gesetzt. Nur ein Beispiel: 3,6 Millionen € für eine schlussendlich sinnlose so genannte Informationsaktion. Es fehlten beziehungsweise fehlen zum Teil immer noch wichtige Beschlüsse der verantwortlichen Organe. Der Personalaufwand erreicht astronomische Höhen, und großzügige Gehälter – wir haben das heute schon gehört –, weit über das normale Maß hinaus, wurden bezahlt.

Meine Damen und Herren! Die Liste der Punkte, wie man es sicher nicht macht, ließe sich noch lange fortsetzen. Daher, nicht verwunderlich, gibt es die berechtigte Kritik des Rechnungshofes, aber auch der Oppositionsparteien. Daher, Frau Bundes­minis­terin – Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, das auch so bei der Frau Bundesministerin zu rapportieren –: Sorgen Sie endlich für die notwendigen Beschlüsse der zuständigen Organe des Hauptverbandes! Sie haben den Hauptverband zur privaten Spielwiese von ÖVP-Funktionären gemacht, also schaffen Sie auch gefälligst Ordnung! Beenden Sie endlich die verantwortungslose Beauftragung externer Berater entgegen den Vor­schriften und Bestimmungen des Bundesvergabegesetztes!

Trennen Sie sich umgehend vom Verein RISE! Klären Sie uns hier im Parlament und auch die Öffentlichkeit raschest über diese ungeheuerlichen Vorwürfe bezüglich unerlaubter Absprachen zwischen ÖVP-Managern des Hauptverbandes und einer Bieterfirma auf, die angeblich noch dazu in den Räumlichkeiten der Wiener ÖVP stattgefunden haben!

Frau Ministerin beziehungsweise Herr Staatssekretär, Sie haben alle Hände voll zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



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18.47.07

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Dieser Wahrnehmungsbericht 8/2005 enthält insgesamt elf Prüfungsergebnisse, wobei Sie auf Grund der Prüfungs­ergebnisse sehen werden, dass der Rechnungshof immer sehr ausgewogen in seinen Beurteilungen ist. Ich möchte daher als Beispiel dafür drei Berichte herausgreifen. Ein Bericht betrifft – das ist heute auch im Rahmen der Debatte angesprochen worden – den Nationalfonds und Entschädigungsfonds, und der zweite Teil ist der Chipkarten-Bericht.

Es war so, dass der Rechnungshof – das wurde auch erwähnt – den Nationalfonds, den Entschädigungsfonds und auch die Naturalrestitution einer Prüfung unterzogen hat, wobei insbesondere im Hinblick auf die Verflechtung dieser drei Bereiche im Bereich der Organe beziehungsweise im Bereich der Geschäftsapparate eine gemein­same Prüfung durchgeführt wurde.

Es war beim Nationalfonds so, dass wir die Individualleistungen einer Überprüfung unterzogen haben, gleichzeitig auch die Projektfinanzierungen beziehungsweise auch die Voradministration. Es war erfreulich – und das ist eher sehr selten –, dass in dem Bereich der Rechnungshof keine gravierenden Mängel feststellen musste. Im Gegen­teil, es gab sehr leichte Mängel, und das nur in dem Bereich der Zuordnung des Verwaltungsaufwandes beziehungsweise bei der Personalverwaltung.

Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass auch bei den Gestezahlungen nach § 2b Nationalfondsgesetz, insbesondere in Richtung Bestandsrechte, Hausrat, persönliche Wertgegenstände, die Abwicklung absolut positiv war. Ich möchte daher – und ich denke, das steht dem Rechnungshof auch zu – in dem Zusammenhang besonders lobend hervorheben, dass der Nationalfonds besonders bemüht war, aktiv an die Betroffenen herangetreten ist und versucht hat, möglichst viele Antragsberechtigte zu erreichen. Es war auch so, dass die Organe nach dem Konsensprinzip gehandelt und auch geschaut haben, möglichst einstimmige Beschlüsse zu fassen, und dabei in möglichst entgegenkommender Weise gehandelt haben.

Zu erwähnen ist auch, dass es gerade die rasche und unbürokratische Abwicklung ermöglicht hat, dass beim Nationalfonds in den Jahren 1995 bis 1999 nahezu 93 Prozent der Anträge erledigt werden konnten. Aus Sicht des Rechnungshofes ist es auch positiv, dass der Opferbegriff ausgeweitet wurde und dadurch unter anderen auch die so genannten „Spiegelgrund-Kinder“ in den Genuss dieser Leistungen gekommen sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch ganz kurz, nachdem mittlerweile Rechts­sicherheit hergestellt wurde, in Bezug auf den Entschädigungsfonds darauf hinweisen, dass auch hier ein Bemühen der Organe des Fonds ersichtlich war und man auch in dem Bereich versucht hat, die Fristen zu verkürzen beziehungsweise die Anträge sehr schnell zu bearbeiten.

Aus Sicht des Rechnungshofes wäre es angebracht, dass eine weiter gehende Stan­dardisierung der Antragsbearbeitung beziehungsweise der Entscheidungsvorbereitung insbesondere für das Antragskomitee durchgeführt wird, dass die Bearbeitungsfelder – es gibt derzeit drei an der Zahl, nämlich Recherche, Datenaufbereitung und die rechtliche Würdigung beziehungsweise juristische Sachbearbeitung –, Recherche und Datenaufbereitung zusammengefasst werden, um schneller und effizienter arbeiten zu können.

Auch im Hinblick auf eine effizientere Mittelverwendung wäre es zweckmäßig, eine interne Revision – losgelöst von der Vor-Administration – einzurichten.


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Dem Rechnungshof ist, was die Naturalrestitution betrifft, bewusst, dass davon auszugehen ist, dass in diesem Bereich eine Erledigung nur mittelfristig möglich sein wird. – Feststellen möchte ich, dass in einem anderen Bereich seitens des Rechnungs­hofes auch Lob auszusprechen war.

Und nun zum Chipkarten-Projekt. Sie wissen ja, dass im Nationalrat bereits der erste Bericht des Rechnungshofes hiezu eingehend diskutiert wurde. In diesem Bereich wurden massive Mängel festgestellt. Ich glaube, ich brauche das hier nicht zu wiederholen; diese sind Ihnen bekannt. Nach dem nunmehr vorliegenden zweiten Bericht, der sich wiederum mit dem Chipkarten-Projekt – mit dem Zweitprojekt – befasst hat, ist festzustellen, dass die organisatorischen Rahmenbedingungen bezie­hungsweise die Abwicklung nicht besser waren als beim ersten Projekt. Das heißt, dass man aus den Empfehlungen des Rechnungshofes leider nichts gelernt und dieselben Fehler noch einmal gemacht hat. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja das Be­schämende an der Geschichte!)

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch erwähnen, dass es positiv ist – das ist bereits angesprochen worden –, dass die handelnden Akteure, sprich die beiden Bundesminister, alles unternommen haben, was in dieser Sache aus Sichtweise des Rechnungshofes angebracht erscheint. Sie haben auch die interne Revision eingesetzt, damit das Projekt tatsächlich auf Schiene gebracht werden konnte bezie­hungsweise das Projekt nahezu unter Einhaltung der Zeit- und Zielvorgabe hat abgewickelt werden können. – Aus der Sichtweise des Rechnungshofes ist dazu aber anzumerken: Das Ganze geschieht mit einem erheblichen Mehraufwand, den man hätte vermeiden können, hätte man aus dem Erstbericht des Rechnungshofes die notwendigen Lehren gezogen.

Meine Damen und Herren! Sie wissen ja, dass sich der Rechnungshof derzeit noch mit der Drittprüfung beschäftigt, also mit der Implementierungsphase. Ich kann Ihnen ver­sichern, dass in absehbarer Zeit – das heißt in den nächsten Wochen – dieser Drittbericht dem Nationalrat zugeleitet werden wird, um auch im Bereich Implemen­tierungsphase eine Gesamtsicht über das Projekt zu haben.

Abschließend möchte ich Sie darüber informieren, dass der Rechnungshof gemäß seinen Intentionen wieder eine bilaterale Prüfung durchgeführt hat, und zwar mit dem Rechnungshof der Tschechischen Republik, wo es insbesondere um den Naturschutz, um Biodiversität, um die Erhaltung und Verbesserung der Wasserqualität sowie um die internationale Zusammenarbeit gegangen ist.

Ich kann sagen, dass diese Prüfung sehr positiv war und sehr gut und koordiniert abgewickelt wurde. Ich meine auch, dass das zeigt, dass angesichts der derzeitigen EU-Erweiterung, angesichts des globalisierten Handelns Kontrollen an der Grenze nicht Halt machen können und dass es daher notwendig ist, in bestimmten Bereichen gemeinsam mit Prüforganen anderer Länder – natürlich gemäß der Aufgaben­stellun­gen, die national vorgegeben sind – Prüfungen durchzuführen.

Ich denke, dass diese bilaterale Prüfung den Verantwortungsträgern aufgezeigt hat, wo es Handlungsfelder gibt, wo man im Sinne des Umweltschutzes positive Maßnahmen setzen kann. Wenn man die Empfehlungen als solche beachtet, wird es in beiden Ländern möglich sein, im Raum Thayatal positive Schlüsse zu ziehen.

In diesem Zusammenhang möchte ich weiters erwähnen, dass das gleiche Prüfungs­ergebnis, das Ihnen heute vorliegt und zur Abstimmung kommt, auch dem tschechi­schen Parlament vorliegt und auch von diesem behandelt werden wird.

Abschließend möchte ich mich noch einmal bedanken für die Achtung der Tätigkeit des Rechnungshofes, und ich darf Ihnen versichern, dass wir auch in Zukunft mit Nach-


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druck im Sinne dieser unserer Bemühungen weiter wirken werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

18.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.54.15

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Teures Mitglied der Bundesregierung! Der Herr Rechnungshofpräsident hat in seinen Ausführungen, was die Chipkarte betrifft, noch einmal betont, was aus dem Rechnungshofbericht eindeutig hervorgeht. Der Rech­nungshofbericht, wie er jetzt vorliegt, stellt ein Spiegelbild dieser Bundesregierung dar und dokumentiert den Zustand im Hinblick auf die Vorgänge in dieser Republik. Es wurde ja heute schon einmal die politische Kultur in Österreich erwähnt, worüber man ja auch einiges in diesem Rechnungshofbericht nachlesen kann. (Beifall des Abg. Dr. Jarolim.)

Herr Präsident Moser sprach im Zusammenhang mit dem Chipkarten-Projekt von massiven Mängeln. Zu vernehmen war auch, dass diese Bundesregierung beziehungs­weise Frau Ministerin Rauch-Kallat aus den Empfehlungen nichts gelernt hat. Weiters sagte der Herr Rechnungshofpräsident – ein Zitat –, dass bei dieser Bundesregierung kein Problembewusstsein vorhanden sei und die Gefahr bestehe, dass dies in Zukunft auch so sein werde. – Besser kann man es überhaupt nicht sagen, gerade auch ange­sichts dieses Rechnungshofberichtes. (Abg. Großruck: Das hat er aber nicht gesagt! Märchenerzähler!) – Das ist ein Zitat des Herrn Präsidenten; das habe ich mir auf­geschrieben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich anschaut, was da an Geld verschwendet wurde, kann man einmal mehr erkennen, dass allein die Verzögerung des Projektes der Chipkarte Mehrkosten von 7 Millionen € zur Folge hatte. – Aber wir haben’s ja ganz offensichtlich! Wir haben ja keine Armut in unserem Land, sodass man sparen müsste, sondern wir haben ja das Geld und können es verteilen!

Und wie wird es verteilt? – Vergeben wird ohne Einhaltung von Vergaberichtlinien! Es gibt eine Freunderlwirtschaft, und es wird verschwendet! Es gibt eine freihändige und gesetzwidrige Vergabe! Die Nichteinhaltung der Vergaberichtlinien ist also seitens des Rechnungshofes festgestellt worden. (Abg. Großruck: Sie sprechen von der BAWAG!) Das Wort „Ausschreibungen“, lieber Kollege, ist für diese Bundesregierung ganz offen­sichtlich ein Fremdwort. Wenn Gemeinden – und ich bin Bürgermeister einer Tiroler Gemeinde – so arbeiten würden, wären wir ständig nur mehr vor Gericht! (Beifall bei der SPÖ.)

Skandalös ist noch etwas: Laut „NEWS“-Ausgabe vom 12. Jänner 2006 hat eine Wiener Ideenfirma – eine Firma, die maßgeblich an der e-card-Entwicklung bezie­hungsweise deren Projektierung beteiligt gewesen ist – den Hauptverband und dessen Tochtergesellschaft auf die Zahlung von 1,3 Millionen € geklagt, wobei es in der Klageschrift heißt, dass es zu unerlaubten Absprachen zwischen ÖVP-Managern im Hauptverband und einer Bieterfirma gekommen sei. – Das spricht doch Bände! Das ist der Zustand dieser Bundesregierung! Da sind Konsequenzen erforderlich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Kräuter. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



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18.57.12

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren von der ÖVP! Es ist tragisch-komisch, wenn sich der Erstredner der ÖVP hier herausstellt und behauptet, die SPÖ wolle dieses Projekt nur schlecht­reden, betreibe Polemik und Parteipolitik. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es gibt doch in dieser Sache gar kein vernichtenderes Urteil als das des Rechnungs­hofes! Und der Koalitionspartner richtet Ihnen von der ÖVP aus, das sei eine nicht enden wollende Pleiten-, Pech- und Pannen-Serie, ein vernichtender, aber völlig ignorierter Rechnungshofbericht zum Thema e-card. – Das sagt Ihr Koalitionspartner dazu.

Sie von der ÖVP betreiben also völlige Realitätsverweigerung. Natürlich ist mit dem heutigen Tag das Ganze nicht beendet. Am 1. Februar werden wir uns in einer aktuellen Aussprache im Gesundheitsausschuss, dann, wenn auch die Frau Bundes­ministerin Rauch-Kallat dabei sein wird, sehr intensiv mit dem Thema e-card beschäf­tigen, und der Rechnungshof wird einen wahrscheinlich noch vernichtenderen Bericht vorlegen.

Damit Herr Staatssekretär Finz hier nicht völlig umsonst die Regierungsbank drückt: Herr Staatssekretär, es gibt ein Schreiben an die Ministerin von dem bereits allgemein bekannten Herrn Bierbaumer, der etwa 780 000 € verlangt. Jetzt sagt der Haupt­verband: Nein, nein, der hat „nur“ 92 800 € bekommen. Die Frau Bundesministerin sagt, insgesamt habe der 1,1 Millionen € gekostet.

Herr Staatssekretär, wissen Sie, wo das Geld ist? Wo ist denn die Kohle? Wissen Sie das? Können Sie nicken oder vielleicht ein Nein andeuten? Wo ist denn das Geld? Das muss doch auch Sie ein bisschen interessieren, sind Sie doch Staatssekretär für Finanzen!

Sollten Sie das nicht wissen, Herr Staatssekretär Finz, was ich jetzt annehme, da Sie ja nur schweigend hier sitzen, dann sagen Sie wenigstens, dass Sie sich dafür inter­essieren und dieser Sache nachgehen werden! Sonst haben Sie doch – seien Sie mir nicht böse! – Ihren Beruf verfehlt! (Beifall bei der SPÖ.) Sie sitzen als Staatssekretär auf der Regierungsbank, und Ihnen ist offensichtlich völlig egal, wohin dieses Geld verwirtschaftet, verwurschtelt und verschleudert wurde! So kann es doch nicht sein!

Herr Staatssekretär Finz, es ist wirklich besser, Sie gehen heim und sitzen da nicht herum! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


19.00.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Der Herr Präsident des Rechnungshofes hat wahrscheinlich durchaus den Geschmack des Plenums getroffen beziehungsweise jedenfalls auch meinen, wenn er drei Aspekte aus diesem umfassenden Bericht hervorgehoben hat. Es soll ja auch einmal etwas Gutes gesagt werden an dieser Stelle, sonst sagen Sie mir, ich schimpfe immer nur. (Abg. Scheibner: Nur nicht verall­gemeinern!) Ich meine jetzt den Inhalt der Prüfung. Ja, die Sache mit dem National­fonds und mit den verwandten Fonds war eine hervorragende. Nicht nur, dass das politisch die richtige Geschichte war und ist, sondern wichtig ist auch, dass das außerordentlich korrekt abgewickelt wird. Auch das ist erfreulich, denn das ist ja der engere Gegenstand der Prüfung des Rechnungshofes.


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Die zweite Sache ist dem Inhalte nach interessant, finde ich jedenfalls, und zwar im doppelten Sinn. Nicht nur, dass wieder eine grenzüberschreitende Prüfung vorge­nommen wurde – das ist schon bemerkenswert; das wird immer häufiger und wird auch immer ausgetüftelter; wir kennen ja auch schon andere Beispiele –, sondern auch und zweitens, dass es in einem Bereich ist, der eigentlich rein in der Umwelt­schutzmaterie angesiedelt ist. Auch das ist eine positive Entwicklung im Rechnungshof in den letzten Jahren, dass er sich mit diesen Dingen näher beschäftigt.

Man braucht sich nicht zu fürchten, es kommt ja öfter auch etwas Gutes heraus. Ich erinnere an die Prüfung der Voest – die ist schon länger her – zu den Umstellungs­maßnahmen im Luftreinigungsbereich. Die ist der Sache nach ja auch hervorragend ausgefallen.

Das ist, denke ich, eine gute Ausrichtung des Rechnungshofs, dass man sich auch um gesamtwirtschaftliche Ziele kümmert und Gesamtwirtschaft so verstanden wird, dass auch ökologische Fragen dazugehören. Also ich würde sagen, das ist mehrfach eine hervorragende Herangehensweise.

Zum Dritten muss ich den Rechnungshof schon wieder loben. In diesem Fall das Prüfteam, allen voran den Prüfungsleiter in der Sache e-card, weil er – man kann sich davon immer wieder überzeugen im Haus, wenn man sich das antut; er ist sogar anwesend auf der Tribüne – wirklich Auskünfte ganz präziser Art gibt. Da stellt sich dann aber halt schon heraus, dass es da in mehreren Abfolgen nicht ganz so – sagen wir es einmal vorsichtig an dieser Stelle – effizient zugegangen ist. Das ist sicher auch in Ihrem Sinne, das einmal so zu formulieren.

Ich kürze jetzt alles ab. Es ist ja Kollege Öllinger schon gelobt worden, dass er das bestens beschrieben hat. Ich komme nur zu einem Umstand von Kollegen Neudeck, weil Sie ihn gerade fragen, Herr Klubobmann. (Abg. Scheibner: Das ist ja nichts Außer­gewöhnliches! – Abg. Fauland: Das ist ja nicht verboten!) Ich komme nur mehr zu einem Unstand: wieder einmal zur Arbeitsweise im Rechnungshofausschuss. Die zuständige Frau Bundesministerin war da und auch einer der Chefs der Sozialver­sicherungsanstalt. Selbstverständlich.

Aufgetaucht ist ein ganzes Fragenbündel, unter anderem eine Frage zur schon kriti­schen Feststellung des Rechnungshofes, dass das Ministerium nicht davon ablassen will, etwas als großartigen Erfolg zu verkaufen, das zumindest nach Meinung des Rech­nungshofes keiner war: Eine Preisreduktion für eine bestimmte Leistung  –lassen wir es einmal so allgemein – von XY um, ich weiß nicht wie viel – es ist mindestens ein Drittel, um das es geht, und wir befinden uns im Zig-Millionenbereich –, also eine hervorragende Leistung. So ist es offeriert worden, auch noch dem Rechnungshof. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Der Rechnungshof beziehungsweise seine eifrigen Beamten haben festgestellt, dass das ja nur eine Bildverhübschung sein kann, weil in Wahrheit die zugrunde liegenden Leistungsdefinitionen die Ursache der Abänderungen waren und nicht wirklich das Verhandlungsgeschick des dort zu Lobenden. Das war ja ganz offensichtlich die Idee des Ministeriums, dass man bestimmte Postenbesetzungen mit Leuten, die sich gegenseitig im Weg gestanden sind, mit überhöhten Honoraren ausgestattet, noch einmal als besonders erfolgreich beschreibt. Und, siehe da!, das Gegenteil davon ist richtig.

Jetzt kommt es aber erst: In der Folge – das war leider erst nach diesem Rech­nungshofausschuss – stellt sich heraus, dass nicht nur diese Sache schon irgendwie kurios dargestellt war, sondern hinzu kommt, dass es genau in dieser Frage ganz


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offensichtlich meiner Meinung nach und nach den vorliegenden Unterlagen zu unzu­lässigen Quasipreisabsprachen gekommen ist. Also das ist schon ein starkes Stück, das da passiert ist, nämlich dass der Wert eines bestimmten Projektes zunächst im Intervall 25 bis 30 Millionen € respektive in einem ähnlichen Bereich von einer zweiten Person eingeschätzt wurde, also durchaus quasi objektiv, und jetzt auf einmal in offener Frist, zweistufiges Verfahren, mit den Chef der Sozialversicherung Termine arrangiert werden, wo einem der Bieter geradezu aufgedrängt wird, man möge doch knapp unter 38 Millionen anbieten, dann wird es schon passen. Und am nächsten Tag – siehe da! – kam es auch so.

Die zweite Firma war natürlich völlig gelackmeiert in mehrfacher Hinsicht, und ich behaupte jetzt einmal, es kann nicht sein, dass der Herr Kandlhofer, der da schwer unter Beschuldigung steht – das muss man dazusagen –, im Rechnungshofausschuss ein derart verfinstertes Intervall gehabt hat, dass er sich daran nicht erinnern konnte. Es hat zudem auch die Frau Bundesministerin die Dinge von vorne bis hinten be­schönigt.

Ich sage Ihnen: Wenn wir draufkommen, dass nur die Hälfte von dem wahr ist, was laut einer Klagsschrift – durch diese Art und Weise ist das nämlich jetzt einmal heraus­gekommen – an Preisabsprachen in unter Umständen ÖVP-Räumlichkeiten passiert ist, dann hat das ein eigenes Nachspiel. Stichwort: Arbeitsweise im Ausschuss. Es reicht jetzt einfach! Sie respektive die Regierungsparteien oder Regierungsmitglieder – ich darf ja nicht auf die Abgeordneten zeigen, ich ziehe das zurück – können so mit dem parlamentarischen Kontrollorgan nicht umspringen! Wir werden der Sache nach­gehen. Wir werden da nicht ruhen. Das hat ja so keinen Sinn.

Deshalb ist der Hinweis von Kollegen Öllinger so richtig. In Wahrheit würde es schon wieder einen Untersuchungsausschuss brauchen, dann würden die Damen und Herren, selbst die Damen und Herren MinisterInnen endlich einmal unter Wahr­heitspflicht stehen da drinnen. Es wird wirklich zum Problem, wie Sie mit diesem Ausschuss umspringen! Das ist der wirkliche Punkt.

Aber wie kommt es am Schluss? – Ein Untersuchungsausschuss wird immer abge­lehnt, weil angeblich die Beweisführungen noch nicht reichen, so als ob man den brauchen würde, dann, wenn alles bewiesen ist. Nein, es ist umgekehrt. Aber jeden­falls, Sie lehnen ihn ab, Sie sagen, es gibt ohnehin den Rechnungshofausschuss. Im Rechnungshofausschuss darf aber deshalb nur mit angezogener Leine agiert werden, weil wir ja kein Untersuchungsausschuss sind. (Abg. Steibl: Das ist ja lächerlich!) Ich meine, das ist natürlich eine mehr oder minder intelligente Art der Machtausübung mit Mehrheit – lassen Sie sich vielleicht etwas Geschickteres einfallen –, aber aus Sicht des Parlamentarismus ist Ihre Vorgangsweise perfid. (Beifall bei den Grünen. – Oh-Rufe bei der ÖVP. – Ruf: Was hat er gesagt?)

19.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-159 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.


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19.08.048. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1265 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (1278 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.08.28

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Auf Grund der vorgeschrittenen Zeit werde ich meinen Debattenbeitrag kurz halten. Ich möchte drei kurze Bemerkungen zu diesem Tagesordnungspunkt machen.

Erste Bemerkung: Das, was wir jetzt beschließen, steht in einer Tradition der so ge­nannten Ermächtigungsgesetze, die wir bei jedem europäischen Vertrag beschlossen haben. Ich möchte an dieser Stelle anregen, dass wir uns einmal darüber unterhalten sollten, ob dieses zweistufige Verfahren wirklich noch zeitgemäß ist oder ob wir das nicht auf eine einzige Stufe reduzieren sollten. Dazu sind ja auch Gespräche im Gang. Die letzte Präsidialsitzung hat dazu schon einen Vorstoß gemacht.

Ich hielte es für sinnvoll, dass wir uns künftig inhaltlich zwar nur einmal, aber dafür gründlich über einen Beitrittsvertrag oder vielleicht, wie das wahrscheinlich in nächster Zeit der Fall sein wird, über einen Teil des europäischen Verfassungsvertrages hier unterhalten und dieses zweistufige Verfahren – Ermächtigungsgesetz und dann Ratifikation – zukünftig der Vergangenheit angehören lassen.

Zweite Bemerkung, meine Damen und Herren, zum Inhalt selbst. Es geht ja um die Vorbereitung des Beitrittsvertrages von Bulgarien und Rumänien. Dabei gibt es natürlich eine Diskussion über die Finalität Europas, wobei sich die Frage stellt: Wo endet Europa? Brauchen wir jetzt überhaupt eine Erweiterung? Sollte nicht besser einmal eine Vertiefung unter den zehn neuen Mitgliedern mit den 15 alten Mitgliedern stattfinden?

Das ist legitim und richtig. Ich hielte es aber für äußerst unfair und ungerecht, wenn man diese Gedanken jetzt am Beispiel von Bulgarien und Rumänien zur Anwendung bringen würde, denn diese beide Staaten haben mit den zehn beigetretenen im Jahr 2004 gemeinsam verhandelt. Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, und es wurde auch eine klare Zeitleiste für die beiden Staaten genannt. Zum anderen glaube ich auch, dass unzweifelhaft feststeht, dass Bulgarien und Rumänien zu Europa gehören, geografisch und mentalitätsmäßig, und wir daher diese beiden Staaten nicht das fühlen lassen sollten, was an Europaskepsis insgesamt vorhanden ist.

Ich bin daher dafür, dass wir diesen Beitrittsvertrag auch bald ratifizieren. Ich halte das für notwendig, um ein richtiges Signal an die beiden Staaten zu senden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Geschätzte Damen und Herren, eine dritte Bemerkung: Was den Zeitpunkt der Ratifi­kation anlangt, wissen wir, dass im Mai ein Fortschrittsbericht seitens der Kommission vorliegen wird. Ich glaube daher, dass uns wir im Einvernehmen aller Fraktionen den richtigen Zeitpunkt auch für eine Plenardebatte überlegen sollten. Ich glaube, da


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könnten wir einvernehmlich vorgehen, damit das wirklich auch zum richtigen Zeitpunkt in diesem Hohen Haus debattiert wird.

Insgesamt möchte ich festhalten: Ich sehe es als eine außerordentlich gute Zusam­menarbeit aller Fraktionen, dass man in einer so wichtigen Frage eines neuen Beitritts­vertrages auch einheitlich vorgeht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

 


19.12.03

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist wahrscheinlich am Rande einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Wir könnten jetzt natürlich einen Antrag auf Herbeizitierung eines Regierungsmitgliedes stellen. Wir wollen bei so einem Punkt nicht so agieren, aber zumindest die Frage stellen: Wäre es nicht doch richtig, dass bei so einem wesentlichen Punkt, bei einer Ermächtigung, bei der es um die Erweiterung geht, und da wir den Vorsitz haben, auch auf der Regie­rungsbank ein Regierungsmitglied sitzt? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? – Bitte, Herr Abgeordneter Molterer.

 


19.13.02

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schieder, ich verstehe das durchaus. Ich würde bitten, dass wir jetzt die Diskussion fortsetzen und versuchen, das im Bilateralen oder im Multilateralen – um bei dem außenpolitischen Terminus bleiben – zu klären, wenn das, Herr Präsident, Ihre Zustimmung findet.

19.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich kann mich der Anregung anschließen, wiewohl ich beide Wortmeldungen gut verstehen kann. Ich glaube, wir werden einen Weg finden.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


19.13.17

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist natürlich schon schade, wenn kein Regierungsmitglied bei diesem Tagesordnungspunkt anwesend ist. Es ist doch ein sehr wesentlicher Punkt. Auch Verfassungsmaterien sind ja nicht Materien, die man so einfach beschließt, sondern die sollten auch ein gewisses Gewicht haben, und dazu gehört natürlich auch, dass sie von der Regierung getragen werden. Es wäre daher sehr zweckdienlich, wenn bei derartigen Diskussionen zumindest ein Regierungsmitglied anwesend wäre.

Mein Vorredner hat es angesprochen, wir haben hier die Tradition, ein zweistufiges Verfahren durchzuführen, nämlich zuerst ein Ermächtigungsverfahren und dann die eigentliche Diskussion über die inhaltlichen Punkte eines Erweiterungsvertrages. Dieses Vorgehen in einem zweistufigen Verfahren gibt uns in dieser Angelegenheit die Möglichkeit, sozusagen ein Zeichen zu setzen, dass wir aktiv an einem Beitritt dieser beiden Länder mitarbeiten wollen, diesen begrüßen, aber noch Zeit geben, die inhalt­lichen Erfordernisse auch tatsächlich zu erfüllen.

Bei Rumänien und Bulgarien handelt es sich um zwei ganz wichtige Handelspartner Österreichs. Es gibt einen Überschuss in den Außerhandelsergebnissen bei Rumänien


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von über 550 Millionen € und bei Bulgarien von über 170 Millionen €, sodass man sagen kann, wir als österreichische Wirtschaft und als österreichischer Staat haben die wirtschaftliche Integration sehr wohl wahrgenommen. Wir haben größte Investitionen in Rumänien getätigt, wir haben riesige Investitionen in Bulgarien getätigt. Ich erinnere nur an Erste Bank und OMV in Rumänien und Telekom in Bulgarien. Das sind ganz wesentliche wirtschaftliche Verbindungen mit diesen beiden Ländern.

Ich glaube auch, dass es im Zuge einer Erweiterung durchaus positive Auswirkungen auf die Eindämmung der manchmal vorhandenen Korruption geben könnte, dass die Übernahme des EU-Rechts auch eine gewisse Form der Rechtssicherheit für diese Entwicklungen nicht nur wirtschaftlicher Art, sondern auch auf allen sozialen und anderen Ebenen bringen würde. Nicht verhehlen möchte ich jedoch auch, dass in den Monitoring-Berichten der Europäischen Kommission, die nach der Unterzeichnung am Ende der Beitrittsverhandlungen vereinbart wurden, durchaus noch Mängel festge­halten wurden.

Einer der gravierendsten Mängel, der festgehalten wurde und für beide Länder gilt, ist, dass die Bereiche Justiz und Inneres noch nicht so entwickelt sind, dass sie einem europäischen Standard entsprechen, weshalb hier noch etliche Reformen durchzu­führen sind. Ich glaube, dass man im Zuge des weiteren Monitoring-Berichtes der Kommission im April den Fokus ganz genau auf diese Punkte legen wird müssen. Das wird auch von der Kommission selbst so gesehen und ist im letzten Bericht im Oktober auch angeführt worden.

Es muss natürlich auch eine gewisse Form der Korruptionsbekämpfung standardisiert werden in diesen beiden Ländern, aber auch eine weitere Kontrolle des organisierten Verbrechens. Also im Justizbereich und im Bereich des Inneren erwartet sich die Kommission noch Reformen, und es wird vom letzten Bericht abhängen, ob diese Reformen auch rechtzeitig und im gewünschten Ausmaß stattfinden.

Ich glaube, dass es aber, wenn wir heute die Ermächtigung beschließen, von unserer Seite ein durchaus positives Signal ist, dass wir wünschen, dass diese Länder diese Reformen auch rechtzeitig durchführen können, sodass der Bericht im April positiv ausfällt und dann letztendlich über den Inhalt des Vertrages in weiterer Folge diskutiert werden kann.

Und nicht zuletzt: Nicht nur wirtschaftliche Gründe sollten uns dazu verhalten, diesen Beitritt zu begrüßen, weil wir eben die größten Investoren in diesen beiden Ländern sind und damit eine Wechselwirkung der beiden Wirtschaften stattfindet, sondern auch eine gewisse Tradition sollte uns dazu anhalten, dieses positive Signal auszusenden. Immerhin wurde bei den ersten Sitzungen in diesem Haus teilweise noch Rumänisch gesprochen, und auch das sollten wir in unserer Entscheidung mit berücksichtigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


19.18.22

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler vertritt den Staatssekretär, habe ich heute gehört. (Heiterkeit.) Das ist einmal etwas Neues, aber ich glaube, es ist doch ein, wenn ich das jetzt auch sagen darf, schönes Signal, dass Sie sich, obwohl es nicht so vorgesehen war, hier zu uns zur Debatte begeben haben (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP) und wir damit auch entsprechend mit Regierungsmitgliedern über diese Frage diskutieren können. Ich glaube nämlich, es ist


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schon wichtig, dass wir uns über die Rahmenbedingungen der Erweiterungsrunden, die noch vor uns stehen, hier im österreichischen Parlament sehr intensiv auseinander setzen.

Heute steht ja „nur“ die verfassungsrechtliche Grundlage für die Ratifizierung des Beitrittsvertrages auf der Tagesordnung, und es wurde schon gesagt, dass wir, alle vier Fraktionen, daran arbeiten, dass man dieses etwas merkwürdige Verfahren, dieses zweistufige Verfahren vereinheitlicht und hier einen besseren und auch nachvoll­zieh­bareren Weg findet.

Zur Sache selbst, zu diesen beiden Ländern Rumänien und Bulgarien und zum Erwei­terungsschritt. – Sie wissen, dass meine Fraktion und auch ich persönlich Erweite­rungs­runden der Europäischen Union immer sehr, sehr kritisch gegenüberstehen, vor allem deshalb, weil – und die letzten Aktivitäten, besser gesagt, die fehlenden Aktivi­täten haben es ja gezeigt, dass wir hier Recht haben – ja oft der zweite Schritt vor dem ersten gesetzt wird.

Wir haben das gesehen, als es zur Erweiterung von 15 auf 25 gekommen ist, als man gesagt hat, man bräuchte für die Umsetzung dieser Erweiterung und dafür, dass diese auch ein Erfolg wird, die Rahmenbedingungen, die da wären: eine – unter Anfüh­rungszeichen – „EU-Verfassung“, die ja in Wahrheit nur eine Weiterentwicklung der Verträge von Nizza und der davor in Geltung stehenden wäre.

Nun, die Verfassung wird nicht in Kraft treten, zumindest nicht rechtzeitig; die Erwei­terung auf 25 ist aber schon abgeschlossen, und wir sehen, dass die Mechanismen in der Europäischen Union auf diese Zahl von 25 – und später dann 27, denn das ist ja auch schon beschlossen in der Europäischen Union – nicht ausgerichtet sind.

Es hat einmal ein absoluter Gegner dieses Europagedankens und der Europäischen Union gesagt, er sei sehr, sehr dafür, dass all diese Erweiterungen vorgenommen werden, denn das sei das Ende der Europäischen Union. – Ich glaube, das sollte es nicht sein, denn selbstverständlich muss Europa mehr sein als eine EU der 15, 25 oder 27. Die Frage ist nur, unter welchen Rahmenbedingungen, zu welchen Bedingungen, und ob es überhaupt möglich ist, alle europäischen Länder mit allen Rechten und Pflichten unter ein gemeinsames Dach zu bringen. Ich bezweifle das, zumindest in einem absehbaren Zeitrahmen, denn viele dieser Länder, die jetzt an der Tür zur Europäischen Union stehen, sind noch lange nicht so weit, dass sie alle Grundsätze und Grundlagen dieser Europäischen Union erfüllen können. Aber – und das muss man eben auch sagen – auch die Europäische Union selbst ist noch lange nicht so weit, um diese Erweiterungen verkraften zu können. Und wenn man dieses Projekt eines geeinten, eines friedlichen Europas weiterführen möchte, dann muss man das auch offen zugeben und versuchen, hier Lösungen zu finden.

Der Finanzierungsplan, der jetzt wieder gescheitert ist – am Veto des Europäischen Parlaments –, hätte ja schon die 27 vorgesehen. Auch das ist jetzt wieder eine offene Frage.

Jetzt könnte man sagen: Wenn man das vom europäischen Gedanken her betrachtet, müsste man eigentlich gegen diese nächste Erweiterungsrunde, nämlich um Rumänien und Bulgarien, zu diesem Zeitpunkt sein. Nur verhält es sich da ausnahmsweise einmal umgekehrt: Hat man früher gesagt, für Europa ist eine Erweiterungsrunde wichtig, aber sie ist vielleicht ein Nachteil für uns hier in Österreich, so ist es in diesem Fall so, dass aus meiner Sicht diese nicht entsprechend vorbereitete Erweiterungs­runde wahrscheinlich für Europa und für die Europäische Union, vor allem für die Institutionen und das Funktionieren dieser Institutionen schlecht ist, aber für Österreich ein absoluter Vorteil. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Molterer.)


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Österreich ist – das wurde schon gesagt – der größte Investor in diesen beiden Ländern, und das soll auch durch diesen Schritt sicherlich verbessert werden, und die Möglichkeiten werden sich verbessern. Und selbstverständlich haben wir auch ein Interesse daran, dass wir gemeinsam mit diesen Ländern auch die Sicherheitsstan­dards diskutieren, denn vieles von dem, was wir hier unter Kriminaltourismus ver­stehen, kommt aus den Ländern des ehemaligen Osteuropa, vor allem aus Rumänien. Und deshalb haben wir ein Interesse daran, mit diesen Ländern in einen sehr inten­siven Dialog einzutreten, um die Sicherheitsstandards, aber natürlich auch die Sozial­standards und die Menschenrechtsstandards zu erhöhen.

Es wird aber auch – und ich hoffe, dass das auch entsprechend geschehen wird – die Kommission mit großer Verantwortung die Entscheidung zu treffen haben, wann dieser Beitritt konkret umgesetzt wird, ob schon 2007 oder erst 2008. Auch hier sollten die Aufnahmekriterien beider Seiten beurteilt werden, vor allem aber auch – und das ist mir besonders wichtig – sollte doch mehr Licht in das Dunkel etwa dieser angeblichen CIA-Foltergefängnisse in den verschiedensten Ländern der Europäischen Union ge­bracht werden. Wir haben jetzt einen Zwischenbericht aus dem Europarat. Ich hoffe, dass hier noch mehr in die Tiefe gegangen wird. Es muss hier ein klares Signal geben. Ob ein Land Mitglied ist oder nicht: Wenn die Menschenrechtsstandards in so gravie­render Art und Weise verletzt werden, muss es auch entsprechende Konsequenzen für diese Länder geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb wird meine Fraktion mit großer Mehrheit dieser Vorlage heute zustimmen. Wir gehen davon aus, dass die endgültige Ratifizierung dann stattfinden wird, wenn die Kommission auch ihr Ergebnis zum Fortschrittsbericht und über den Zeitpunkt der Mitgliedschaft von Rumänien und Bulgarien abgegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des Abg. Scheibner –: Wird Ihre Fraktion zustimmen oder lediglich „mit großer Mehr­heit“ zustimmen? – Abg. Scheibner: Wenn Sie mir zugehört hätten, ...! – Abg. Neudeck: Er hat ja eh alles gesagt!)

 


19.24.56

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Hohes Haus! Uns liegt jetzt dieses so genannte Ermächtigungsgesetz vor. Den Vorstoß in Richtung einer Vereinfachung dieses zweistufigen Verfahrens erwarten wir mit Spannung, ich verhehle aber nicht, dass wir auch gewisse Sorge haben, dass gewisse Rechte damit unter Umständen entsorgt werden könnten. Man muss diese zwei Verfahren also sehr behutsam zusammenführen. Der Grund für die zwei Ver­fahren ist ja, dass man den Passus „verfassungsändernd“ dann bei der zweiten Vorlage nicht mehr braucht, aber wir werden uns das sicher sehr genau ansehen und warten eigentlich schon die ganze Woche auf diesen Vorstoß.

Insgesamt muss ich sagen: Ich bin jetzt froh, Herr Bundeskanzler, dass Sie da sind, aber bei mir ist der Eindruck entstanden, auch durch die Vorgangsweise im Ausschuss, dass man eher eine unauffällige Erledigung dieses doch großen und sehr wichtigen Vorhabens, dem wir auch sehr positiv gegenüberstehen, beabsichtigt. Der Ausschuss ist ja überfallsartig damit konfrontiert worden, das jetzt zu machen, und wir hätten auch sehr gerne einen Fahrplan für den Staatsvertrag selbst, für den Beitrittsvertrag selbst gehabt, sodass man weiß, wann das dann in gebührender Form und auch mit möglichst großer Öffentlichkeit auch hier im Plenum verabschiedet wird.


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Bis jetzt, hat uns Kollegin Baumgartner-Gabitzer gesagt, ist das nicht möglich, aber es wäre vielleicht, Herr Klubobmann Molterer, durchaus zielführend, auch in der Präsidiale einen Fahrplan für diesen Beitrittsvertrag gemeinsam zu erarbeiten und festzulegen.

Insgesamt kann man sagen: 1995 haben Bulgarien und Rumänien um Aufnahme ersucht. Der Beitrittsvertrag wurde 2005 unterzeichnet. Wenn die Vorbereitungen gut weiterlaufen, werden diese beiden Staaten mit 1. Jänner 2007 beitreten können. Die Kommission und der Rat haben allerdings die Möglichkeit, nach Vorlage der Moni­toring- und Fortschrittsberichte dies um ein Jahr zu verzögern. Im Moment ist die Kommission sehr wachsam und geht sehr sorgfältig vor, und die Entwicklungen sind durchaus positiv bei einer Reihe von sehr großen und sehr schwierigen Problemen, ob das jetzt Korruption, Geldwäsche, aber auch Misshandlung in Polizeigewahrsam oder die Minderheitenrechte betrifft. Und für beide Staaten stellt es eine sehr, sehr große Chance dar, in diesen ein, zwei, drei Jahren genau diese Probleme anzupacken und auch zu lösen.

Da gibt es auch positive Entwicklungen, insbesondere im Bereich Kinderschutz: Da kann man jetzt schon davon sprechen, dass die internationalen Standards hergestellt worden sind. In manchen Bereichen ist es noch schwierig – viele Programme haben erst 2005 begonnen, also es wird noch großer Anstrengungen bedürfen, das rasch durchzuführen –, gerade im Bereich Minderheitenschutz, aber auch bei der Frage der Korruptionsbekämpfung, beim erweiterten ZeugInnenschutzprogramm und natürlich bei der Bekämpfung von sexueller Ausbeutung von Frauen und Mädchen, von Men­schenhandel.

Wir stehen den diesbezüglichen Bemühungen durchaus positiv gegenüber. Wir wollen, dass die Ratifizierung dieses Beitrittsvertrages möglichst rasch und auch mit der gebüh­renden Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit über die Bühne geht.

Ich sage aber eines ganz offen – auf Grund der Erfahrungen im Zusammenhang mit der Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrages –: Hier im Haus hat es ja eine sehr große Mehrheit von allen Fraktionen gegeben, bis auf eine Gegenstimme. Bei der öffentlichen Diskussion ist dann aber vor allem das BZÖ von dieser Konsenslinie sehr offensiv abgewichen. Ich würde mir das gerade bei diesen beiden Staaten in diesen Monaten der österreichischen Präsidentschaft nicht wünschen, sondern in dieser Frage für Redlichkeit plädieren. Also: Wenn man etwas Kritisches zu sagen hat, dann bitte das auch hier zu sagen und auch hier im Stimmverhalten sichtbar zu machen – und sich hier nicht anders zu verhalten als dann draußen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:  Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


19.28.29

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wer gegenüber Europa eine realistische Erwartungs­haltung einnimmt, der kann als Bilanz sicherlich feststellen, dass Europa nicht alles erfüllen kann, dass aber enorm wichtige Prozesse sehr gut gelaufen sind, dass wir in einer Staatengemeinschaft leben, die uns Frieden und Sicherheit bietet, die uns Wohlstand gebracht hat. Sehen wir doch einmal diese so wichtigen positiven Elemente deutlich! Sehen wir, dass sich hier auch für unser Land eine enorme Verbesserung in der Wirtschaftssituation ergeben hat! Es sagen uns doch sehr viele Berichte, dass wir gerade seit dem Beitritt eine große Anzahl von Arbeitsplätzen sichern und auch neu gründen konnten, weil wir Zugang zu anderen Märkten haben, weil wir Absatzchancen auch in den neuen Ländern haben.


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Wenn wir heute mit der Beschlussfassung dieses Ermächtigungsgesetzes über zwei Länder diskutieren, nämlich Bulgarien und Rumänien, dann ist das natürlich eine Diskussion, die verschiedene Facetten hat. Wenn man liest, dass beide Länder noch einige Kapitel zu erfüllen haben, dass da dringender Handlungsbedarf besteht, dann werden die Verantwortlichen dieser Länder wohl wissen, was sie bis zur Abfassung und Vorlage des Fortschrittsberichtes noch alles zu erledigen haben. Ich denke, dass es sicherlich gelingen müsste, dass es, wenn dieser Fortschrittsbericht im Mai vorliegt, dann eben zur Umsetzung kommt.

Ich persönlich glaube, dass es gerade bezüglich Bulgarien und Rumänien einiges gibt, was in einem Redebeitrag hier im Parlament ausgeführt werden sollte: Bitte vergessen wir nicht, dass Österreich zum Beispiel in Rumänien ein Volumen von etwa 6 Milliar­den € investiert hat, dass wir dort sowohl im Bereich der OMV – also das heißt, beim staatlichen Unternehmen Petrom – stark beteiligt sind, dass die Erste Bank die größte Firmenübernahme überhaupt dort getätigt hat! Das sind doch tolle Sachen, und ich glaube, dass das auch gute Voraussetzungen sind, dass insgesamt etwa 3 000 öster­reichische Firmen heute in Rumänien „körperlich anwesend“ sind, dass sie dort ihre Unternehmungen führen und dass wir auch im Exportgeschäft mit Rumänien in den letzten Jahren eine Steigerung von weit über 20 Prozent verzeichnen konnten.

Ähnlich ist es bei Bulgarien: Wenn wir lesen, dass gerade ein niederösterreichisches Unternehmen – die EVN – in Bulgarien einen sehr, sehr guten Vertragsabschluss über eine versorgungs- und entsorgungsindustrielle Einrichtung machen konnte, dass die Telekom Austria dort einer der potentesten Mobilfunk-Betreiber ist, dann sind das, glaube ich, alles positive Botschaften für unser Land, und ich denke, dass wir diese gerade mit dieser Beschlussfassung auch transportieren sollen. Und ich hoffe, dass es nach dem Beitritt auch zu einer weiteren Vertiefung kommen wird.

Was mir aber auch ein Anliegen ist, ist der Umstand, dass wir, wie ich denke, somit noch mehr in den Mittelpunkt Europas rücken und dass sich eigentlich die Gefah­renzonen als etwas mehr nach außen rückend darstellen, dass vielleicht Europa und gerade auch unser Land dadurch etwas sicherer werden könnten.

Es werden immer die Fragen diskutiert: Darf Europa noch wachsen?, und: Wohin wächst Europa? – Ich denke, dass es wichtig ist, dass man bei dem ganzen Prozess größte Vorsicht walten lässt – keine Frage! –, da uns in allen Bereichen und bei jeder Entscheidung entsprechendes Verantwortungsbewusstsein abverlangt wird, aber es wird auch ein Höchstmaß an Solidarität und Toleranz notwendig sein, wenn wir das alles vernünftig und friedvoll weiterentwickeln wollen.

Lassen Sie mich aber bitte auch heute hier eines sagen: Ich bin einer derjenigen, die den Verhandlungsbeginn mit Kroatien und der Türkei am 3. Oktober des vergangenen Jahres sehr kritisch gesehen haben. Ich denke, dass die Verhandlungen zu führen sind – keine Frage –, ich glaube aber, dass Europa sich zuerst im kontinentalen Bereich, im kontinentalen Raum darstellen soll, dass der Erweiterungsprozess hier stattfinden soll. Ich bin nicht der Meinung, dass man die Türkei ausgrenzen soll oder darf – nein! –, aber ich glaube, dass man vorher auf den europäischen Kontinent abzielen soll und sich erst später vielleicht durch andere Formen von Zusammenarbeit mit der Türkei etwas vertieft beschäftigen sollte.

Das, glaube ich, ist ein Thema, das auch von unserer Regierung, von unserem Herrn Bundeskanzler – danke dafür! – und von unserer Frau Außenministerin im Oktober des vorigen Jahres sehr deutlich artikuliert wurde, wobei wir wenig Unterstützung von anderen Ländern hatten. In der Zwischenzeit geben aber doch auch Deutschland und andere Mitgliedsländer Europas gerade dieser Linie Recht, nämlich: Wachsen ja – aber Wachsen muss unter Kontrolle vor sich gehen, Wachsen muss man sich leisten


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können, und Wachsen muss Fortschritt bedeuten und darf nicht ein neues Risiko sein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

19.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

 


19.33.52

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Über die rechtliche Frage ist bereits gesprochen worden und auch darüber, dass es jetzt nur um die Ermächtigung, nicht um den Beitritt selbst geht. Aber natürlich ist das eine Gelegenheit, über den Stand der Verhandlungen zu diskutieren. Im Mai wird dann die Entscheidung fallen, ob, wie vorgesehen, mit 1. Jänner 2007 der Beitritt erfolgen soll oder ob es zu Verzögerungen kommt und bis zum 1. Jänner 2008 dauern wird.

Die Monitoring-Berichte zeigen jedenfalls, dass die Aussicht auf einen Beitritt das Reformtempo sehr beschleunigt hat und die beiden Staaten sich bemühen, die Voraussetzungen zu erfüllen. Es soll aber nicht nur die Aussicht auf den Beitritt Reformmotor sein, sondern es liegt auch im Eigeninteresse der Staaten, dass sie den Anschluss an die wirtschaftliche und an die gesellschaftliche Entwicklung schaffen, dass der Rechtsstaat gefestigt wird und auch die Demokratie – wobei den beiden Staaten in allen Berichten die politische Reife zugebilligt wurde.

Von zentraler Bedeutung ist die Reform des Justizsystems – darüber hat Kollege Wittmann schon gesprochen –, und das ist auch der zentrale Kritikpunkt in allen Monitoring-Berichten. Ich war erst vor kurzem bei einer Konferenz, wo Parlamentarier aus Bulgarien und Rumänien sehr offen über die Probleme gesprochen haben und auch zugegeben haben, dass gerade hier der Knackpunkt liegt, dass sie hier vermehrte Anstrengungen setzen müssen und dass als zweites ganz großes Thema die Frage der Korruptionsbekämpfung im Vordergrund steht.

Die Reform des Justizsystems und die Bekämpfung der Korruption – das ist nicht nur wichtig als Basis für den Wirtschaftsverkehr, wichtig dafür, dass ausländische Inves­titionen in noch größerem Maße in das Land strömen, es ist auch wichtig für die Rechtssicherheit der Menschen in diesem Land, für die Sicherheit und Stellung der Minderheiten. Und auch das ist eine Frage, die im Zusammenhang mit Bulgarien und Rumänien immer wieder angesprochen wird.

Daher finde ich es sehr erfreulich, dass Bulgarien Initiativen für die Integration der Roma-Bevölkerung gesetzt hat und sich sehr bewusst und sehr sensibel auch mit diesen Fragen auseinander zu setzen beginnt. Hier brauchen allerdings diese beiden Länder Unterstützung von der Europäischen Union – wir haben das auch in der Slo­wakei gesehen, die ja eine große Roma-Bevölkerung hat, die in Armut, in einer fast unvorstellbaren Armut lebt. Es ist einfach notwendig, diese Länder bei der Bewältigung dieser Probleme auch zu unterstützen.

Wichtig ist auch die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung des Menschen­handels.

Der letzte Monitoring-Bericht über Bulgarien vom November zeigt, dass es große Fortschritte gibt: Es wurde dem Land bescheinigt, dass es bei der Erfüllung der Voraussetzungen gut in der Zeit liegt, und es wurde auch bescheinigt, dass in Rumänien die Strukturreformen gut vorangehen – wobei klar ist: Es geht nicht nur darum, die Gesetze zu beschließen, sondern auch darum, sie umzusetzen und ein entsprechendes gesellschaftliches Klima zu schaffen.


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Beide Länder sind wichtige Länder für Europa: Bulgarien ist ein Stabilisationsfaktor für den Balkan, und auch Rumänien ist von großer Bedeutung. Dass beide wichtige Wirtschaftspartner Österreichs sind, ist bereits erwähnt worden. Daher ist zu hoffen, dass die offenen Fragen gut und bald abgearbeitet werden.

Beide Länder – Rumänien und Bulgarien – sind ein Teil Europas, und sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, sollen sie auch ein Teil der Europäischen Union werden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


19.38.38

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Warum die Eile?, möchte man fragen – wir haben ja vorher gehört, dass der Verfassungsausschuss überfallsartig eingeladen worden ist.

Wir lesen heute im „Kurier“, dass man eigentlich den zweiten Teil, den endgültigen Teil der Ratifizierung im März machen wollte – jetzt wird es Mai. Ganz offenbar wissen Sie schon, dass Sie ratifizieren werden. Offenbar interessiert Sie – oder wissen Sie, wie er ausschauen wird? – der Fortschrittsbericht bis auf weiteres nicht. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das hat ja mit der Ratifizierung nichts zu tun!) Sie haben vor, das jedenfalls zu machen, entnehme ich dem „Kurier“.

Es gibt nun gute Gründe, das Jahr 2008 zum Beispiel ebenso in Betracht zu ziehen – aber das kommt für Sie ganz offenkundig nicht in Frage –, gute Gründe, die wir für uns natürlich in Anspruch nehmen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das hängt ja nicht zusammen mit der Ratifizierung!) Aber dann machen Sie es bitte dann, nach einer Diskussion mit dem Bürger, wenn diese Diskussion gelaufen ist und wenn Sie die Leute einmal darüber informiert haben, was Sie hier machen!

Das eine ist die Beitrittsreife der Staaten. Da gibt es natürlich – das ist schon gesagt worden – nach wie vor Mängel, und zwar ganz gravierende, bei der Rechtsstaatlichkeit und auch bei der Frage der Korruption. Das ist nicht etwas, was uns gleichgültig sein kann. Auch die Frage der Sicherheit der Grenzen muss uns schwer betreffen. Aber vor allem ist es auch eine Frage der Aufnahmefähigkeit der jetzt bestehenden Union. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ..., darum muss man konsequent für die Verfassung sein!)

Eben hat man ein mühsam erstrittenes Finanzierungskonzept im Europäischen Parla­ment abgelehnt. Eben, Herr Bundeskanzler, haben Sie in Europa eine massive Abfuhr bekommen – denn es ist nicht alles Österreich, und es gibt mancherorts doch ein reges demokratisches Leben auch von Oppositionen und selbst ein bürgerbewusstes Handeln von Regierungen – in Bezug auf Ihre Aussage, die EU-Verfassung werde man jetzt wieder beleben.

Es ist völlig unklar, in welchem Ausmaß die Integration vonstatten gehen soll. Wieso muten Sie sich das eigentlich zu? Ich wundere mich über Ihr Vertrauen, dass immer alles gut geht, weil bislang alles gut gegangen ist. Rumänien und Bulgarien, daran kann natürlich kein Zweifel bestehen, sind Teile Europas nach Kultur und Tradition – übrigens im Unterschied zur Türkei. Selbstverständlich kennen auch wir das Argument der bereits getätigten gewaltigen Investitionen der österreichischen Wirtschaft, aber daneben gibt es natürlich schon auch noch andere Kriterien. Eines ist zum Beispiel die Belastbarkeit der Bürger, ein anderes ist zum Beispiel die Frage der Sicherheit der Bürger. Das sind schon auch noch Argumente (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das verbessert sich alles mit ...!), und ich muss Sie auch fragen: Wundern Sie sich


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135. Sitzung / Seite 204

eigentlich über die verheerende Einschätzung, die die Österreicher gegenüber der EU und besonders auch gegenüber Erweiterungen mittlerweile haben? Wundern Sie sich über die Ergebnisse der Eurobarometer-Studien, die regelmäßig veröffentlicht werden?

Sie werden es irgendwie zusammenbringen, den Europagedanken, wenn Sie so weiter­machen – am Bürger vorbei –, zu ruinieren. Hier hat man auch am Anfang wieder die Einigkeit aller Fraktionen betont; das stimmt schon, aber eine Einigkeit fehlt Ihnen völlig: die mit dem Bürger. Es besteht ganz offenbar eine Kluft zwischen einerseits Ihnen, die Sie sich wunderbar einig sind – das stelle ich ja zu diesen Fragen immer wieder fest – und die Sie sich als politische Elite verstehen, die die Dinge miteinander abspricht und dann macht – und andererseits dem Bürger, der, wenn er nicht mitmacht, dann eben „nicht weiß, was für ihn gut ist“.

Sie werden auf Dauer diesen Kurs nur zum Schaden der Demokratie und zum Schaden unseres Landes so fortsetzen können. Wir wollen da nicht mitmachen. (Beifall des Abg. Dr. Bösch.)

19.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


19.42.34

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine werten Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien zur Europäischen Union wird von vielen Österreicherinnen und Österreichern leider mit Sorge gesehen, und zwar weil sie einen Anstieg der Kriminalität besonders befürchten. Aber, meine Damen und Herren, ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir nur mit dem Beitritt dieser beiden Länder zur Union eine echte Chance haben, dabei etwas zum Positiven zu verändern. Der Kampf gegen die Gefah­ren im Bereich der inneren Sicherheit wird dann auch aus mehreren Gründen viel leichter sein. Bulgarien und Rumänien werden nämlich den Rechtsbestand der Union übernehmen, die dortigen Sicherheitsbehörden und die der jetzigen Mitgliedstaaten werden auf dieser Grundlage noch enger zusammenarbeiten, als es auch bisher schon der Fall war.

Darüber hinaus hat eine größere Union auch größere Chancen bei der Bewältigung gerade von Sicherheitsproblemen, und diese betreffen uns ohnehin mehr und mehr alle gemeinsam. Gerade Österreich hat und hatte immer das erklärte Ziel einer aktiven Unterstützung und sehr engen bilateralen Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich, was durch mehrere bereits geltende Abkommen etwa über gegenseitigen Datenaustausch bereits sehr gut funktioniert.

Und zum Abschluss das hier wohl wichtigste Argument: Der EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien wird deren bereits jetzt beeindruckenden – wir haben es bereits von mehreren Vorrednern gehört – wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung noch viel stärker als bisher forcieren. Und was, meine Damen und Herren, wirkt wohl besser gegen Kriminalität als Wohlstand im eigenen Land?

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Argumente für die Erweiterung der Union um diese beiden Länder überwiegen die Gründe dagegen bei weitem, Kollegin Rosen­kranz, und wir alle, inklusive der Medien, sollten uns bemühen, diese Überzeugung in der österreichischen Bevölkerung viel stärker als bisher zu vertreten – in unser aller Interesse. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

 



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19.44.57

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ob man jetzt über ein einstufiges oder zweistufiges Verfahren redet: Ich glaube, es besteht heute in diesem Hohen Haus ein Grundkonsens der Mehrheit, über eine Erweiterung um Bulgarien und Rumänien zumindest einmal in einem ersten Schritt zu reden. Es geht ja heute nicht um den Beitritt, sondern es geht um den Prozess. Und ob man heute über Vertiefungen oder über Erweiterungen spricht, es ist jedenfalls ein Signal, das das Parlament am heutigen Tag an diese beiden Länder sendet.

Natürlich muss man auf eines achten: dass man bei all diesen Beitrittsverhandlungen und auch beim Monitoring auch auf Seiten der Regierenden die Resonanzen aus der Bevölkerung aufnimmt. Und es kann nicht – das soll man auch offen sagen – jetzt einige Zeit lang einen kritiklosen Zustand geben, sondern man soll über die Dinge, mit denen die Menschen, die von dieser Erweiterung betroffen sind, sich auseinander setzen, einfach reden.

Es ist im Verfassungsausschuss dieser Regierungsvorlage einstimmig zugestimmt worden – das ist wichtig und richtig –, und vorneweg sei gesagt: Wir stimmen natürlich dieser Vorlage zu. Die wirtschaftliche Bedeutung ist schon angeschnitten worden: eine Europäische Union, die dann später 480 Millionen Menschen als Einwohner haben soll. Österreich ist der größte Investor in Bulgarien und Rumänien, darauf sind wir stolz. In Rumänien gibt es zum Beispiel 3 700 österreichische Beteiligungen mit rund 7 Milliar­den €, in Bulgarien sind es 650 Beteiligungen mit 3 Milliarden €. Es ist eine Außen­handelsbilanz, die sich sehen lassen kann, und wir sind stolz darauf, dass die österreichischen Unternehmen den richtigen Schritt in diese Länder gemacht haben.

Das ist alles hervorragend, Herr Bundeskanzler, aber: Wenn zum Beispiel auf der einen Seite Rumänien – ich nehme jetzt dieses Land als Beispiel her – eine Flat Tax von 16 Prozent hat und gleichzeitig Nettoempfänger ist, und die EU finanziert zum Beispiel die Infrastruktur – was ja ganz wichtig und notwendig ist –, und auf der anderen Seite mit diesem Steuerdumping natürlich wieder – ich drücke es jetzt einmal verkürzt und sozusagen brutal aus – der Industrietourismus, Herr Bundeskanzler, in Gang gesetzt und forciert wird, dann wird den Menschen in Österreich schon angst und bang. Ich will jetzt nicht in diese Debatte negative Gedankenströmungen hineinbringen, aber wenn sie die Zeitungen dieser Woche gelesen haben und wissen, was in der Obersteiermark und im südlichen Niederösterreich passiert ist, wo Betriebe aus dem Stand nach Polen und in die angrenzenden Länder gehen, dann haben die Menschen in Österreich schon Bedenken hinsichtlich solcher Prozesse, denn, Herr Bundes­kanzler, der Euro ist relativ rasch eingeführt worden, und die Steuersysteme driften auseinander. Natürlich haben diese Länder berechtigte – oder unberechtigte, je nach der Perspektive, aus der man es sieht – Sehnsüchte, Industrieunternehmungen anzu­ziehen. Aber es kann doch nicht sein, dass man zum Beispiel den Euro recht schnell einführt oder positiv einführt, die Steuersysteme und die Steuerharmonisierung aber Jahre brauchen.

Das heißt: Die SPÖ steht zu Europa und zu einer sinnvollen Erweiterung. Wir setzen uns auch mit den hohen Arbeitslosenraten auseinander. Wir setzen uns auch mit dem Auseinanderdriften dieser Gesellschaft und vor allem mit der Entsolidarisierung auseinander. Und was uns besonders am Herzen liegt – das soll heute auch ausge­sprochen werden –, ist die Thematik betreffend die Renaissance der AKWs: Wenn ich schon wieder höre, dass als Nächstes vielleicht die Ukraine kommt, nur deshalb, weil vielleicht dort 20 oder 30 AKWs genehmigt sind, dann meine ich, dass wir uns mit dieser Sache sehr kritisch auseinander setzen müssen.


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Wir stehen zu diesem Europa, und ich kann es am Schluss meiner Rede so formulie­ren, wie es vorige Woche ein deutsches Nachrichtenmagazin geschrieben hat: Wir haben derzeit in unserem Kerneuropa Arbeitslosigkeit und geringes Wachstum, wir haben Zukunftsängste bei der Bevölkerung durch globale und lokale Umverteilungen, und es gibt daher keine traditionellen Konzepte mehr, die greifen. Das heißt, wenn wir ja zu einem neuen Europa sagen, dann müssen andere Konzepte und andere gesell­schaftspolitische Systeme greifen. – Ich danke Ihnen herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

19.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel. – Bitte.

 


19.50.01

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Ich darf kurz auf die bisherigen Wortmeldungen eingehen.

Zunächst freue ich mich sehr, dass es breite Zustimmung – basierend auf dem einstimmigen Empfehlungsbeschluss des Verfassungsausschusses – geben wird, die erste Phase der verfassungsmäßigen Ratifizierung heute durchzuführen, was sehr wichtig ist. Bulgarien und Rumänien waren ja in dieser Gruppe der zwölf Erweiterungs­länder mit dabei. Sie sind praktisch heute schon Teil des Policy-Making-Prozesses. Sie haben den Verfassungsvertrag mit verhandelt und mit unterzeichnet. Sie sind praktisch schon in die Beschlussfassung mit integriert.

Ganz wichtig ist dabei, dass wir auch das Versprechen einhalten, das wir den Bevölkerungen dieser beiden Länder nach reiflicher Überlegung gegeben haben. Das wurde auch hier im Hohen Haus auf den verschiedensten Ebenen immer wieder besprochen. Wir haben auch die Vorgangsweise, wie wir die Ratifikation mit Bulgarien und Rumänien jetzt in zwei Schritten vornehmen, in einem Gespräch mit den Partei­vorsitzenden aller Fraktionen gründlich ausgeleuchtet, und ich danke sehr, dass wir heute den ersten Schritt dazu setzen können.

Ich freue mich auch, dass das in Zukunft in einer etwas vereinfachten Form möglich sein wird. Wir sind da nämlich wirklich ein Ausreißer, weil wir letztlich alles vier Mal – denn der Bundesrat ist natürlich genauso mit einzubeziehen – ratifizieren müssen. Das ist, glaube ich, in Wahrheit nicht mehr zeitgemäß, und es ist gescheit, dass man hier einen gemeinsamen Weg findet, wie es ihn auch in anderen Ländern Europas gibt.

Erlauben Sie, dass ich zur Substanz selbst etwas sage, dazu, warum ich Ihnen auch persönlich aus wirklicher Überzeugung den Beitritt Rumäniens und Bulgariens emp­fehlen kann.

Erstens – ich fange nicht mit der Wirtschaft an –: Sie alle haben Recht, die Sie jetzt die Handelsbeziehungen und Österreich als Nummer-eins-Investor erwähnt haben. Für mich ist aber das Argument, dass damit die Wiedervereinigung Europas wirklich Gestalt annimmt, eigentlich noch viel wichtiger. Überlegen Sie, was es bedeuten würde, Rumänien und Bulgarien nicht aufzunehmen, sondern draußen in einer Art Grauzone zu lassen, wo niemand so recht weiß, wohin sich diese Staaten dann orientieren!

In Wahrheit gibt es ja nur zwei Möglichkeiten, sich zu orientieren. Ich überlasse es Ihrer Phantasie, sich die eine Möglichkeit selbst auszumalen. Die zweite Möglichkeit ist natürlich der Magnetkern Europäische Union. Und da sage ich ganz offen: Ich halte es bei allen berechtigten Zusatzwünschen, die im Fortschrittsbericht der Kommission sehr objektiv und nüchtern – was auch wichtig ist – angesprochen wurden, für wichtig, Bulgarien und Rumänien die gleiche Perspektive einzuräumen, was nicht immer selbst­verständlich war. Es gab Zeiten, als die Beitrittskriterien noch mit gewissen Frage-


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zeichen versehen waren, etwa bei Griechenland, Spanien oder Portugal. Ich freue mich, dass man nun diesen Weg gewählt hat und damit einen großen Schritt in Richtung Frieden, Freiheit der Völker, Demokratie und letztlich auch Vollendung Europas gesetzt hat.

So wird es nun bei Rumänien und Bulgarien sein, und in späteren Zeiten wird man auch mit den restlichen Balkanstaaten nach einem jeweils individuell abzuwickelnden Verfahren so umgehen. Das zeigt für mich, dass das strategische, das Friedens­argument und die Wiedervereinigung Europas eigentlich im Zentrum stehen.

Das Zweite ist natürlich auch das Sicherheitsargument. Wen man sich die jetzige Diskussion, etwa über die Energiefrage, die strategische Aufarbeitung der Ressourcen, die Befriedung, das Streben nach Export von Stabilität und nicht Import von Instabilität, ansieht, dann ist meiner Meinung nach diese strategische Sicherheitsfrage – und zwar nicht militärisch gemeint, sondern sogar sehr weit in den Alltagsbereich jedes Bürgers hineingehend – ganz wichtig.

Die Frage der Roma wurde zu Recht von einer Rednerin angesprochen. Weiters sind die Frage des Kinderhandels – ein schreckliches Thema! –, des Menschenhandels, der Zwangsprostitution weiterhin offen. Man muss sehen, was sich mitten in Europa noch immer abspielt. Wegschauen, Freunde, die Grenzen hochziehen und den Zaun höher machen in der Festung Europa reicht hier nicht! Ich glaube, der Weg, den wir bewusst gewählt haben – Integration, aber mit einem klaren Monitoring, mit Ratschlägen, aber auch mit Ermunterungen, mit „sticks and carrots“ –, ist der einzig richtige Weg, und er beginnt nun zu greifen.

Ein Redner hat das Beispiel Slowakei gebracht: Ich habe die Zeit noch erlebt, als dort nicht die heutigen Demokraten am Ruder gewesen sind, sondern ganz andere Mächte und Kräfte. Wir in Österreich haben immer daran geglaubt, dass es die Slowakei schaffen wird, und heute ist die Slowakei innerhalb der Beitrittskandidaten ein echtes Vorzeigeland geworden.

Ich glaube, diesen Weg sollte man auch hier gehen! Ich kann das leidenschaftslos sagen, weil gerade nicht meine Parteifreunde in Bulgarien und in Rumänien an der Macht sind. Ich kann Ihnen nach vielen Begegnungen mit dem jungen sozialdemo­kratischen Regierungschef Stanischew in Bulgarien oder mit dem liberalen Regie­rungschef in der Mitte seines Lebens Tăriceanu wirklich offen sagen: Ich habe das Gefühl, die meinen es ernst! Sie wollen die Reformen, die wir ihnen empfehlen, auch umsetzen, und daher ist es wichtig, dass wir nicht nur Empfehlungen abgeben, son­dern ihnen auch liefern.

Das ist ein getrenntes Verfahren: Die Ratifikation der Beitrittsverträge ist eine Sache. Die Kommission soll für 2007 oder 2008 – und das erfordert dann jeweils Einstimmig­keit oder qualifizierte Mehrheit wie im Fall Rumäniens – das Datum setzen, und innerhalb dieser Beitrittsverträge gibt es diese Möglichkeiten.

Ich kann also wirklich aus voller Überzeugung hier diesen Schritt zur Wiederver­einigung Europas empfehlen! Wir Österreicher haben seit vielen Jahren, nicht erst jetzt durch die Wirtschaft, sondern auch politisch und kulturell, ein sehr enges Netzwerk aufgebaut. Die ganze Schiene von Österreich nach Südosteuropa ist ein strategisches Netzwerk, auf allen Ebenen, bei allen Gebietskörperschaften und auch bei vielen Minis­terien.

Ich mache jetzt das fünfte Mal in Salzburg im Sommer ein Treffen der Regierungschefs der Balkanstaaten, und es hat sich mittlerweile eine sehr vertrauensvolle strategische Zusammenarbeit entwickelt, die ganz bedeutsam ist und auch Früchte trägt. Viele wirtschaftliche Entscheidungen sind letztlich in solchen Netzwerken vorbereitet worden.


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Im Unterschied zu anderen Erweiterungsrunden – das sage ich auch offen – ist in der kommenden Finanzvorschau der Beitritt Rumäniens und Bulgariens bereits eingeplant. Das war übrigens einer der Stolpersteine beziehungsweise eine der großen Schwierig­keiten bei dieser Finanzeinigung im Dezember. Und ich werde auch darauf beharren, dass bei künftigen Erweiterungen der, der A sagt, auch immer B sagt.

Erweiterungen gibt es nicht zum Nulltarif. In der kommenden Finanzvorschau ist allerdings der Beitritts Rumäniens und Bulgariens schon eingearbeitet. Nicht über­sehen sollte man – das Thema AKW wurde ja von Peter Marizzi zu Recht ange­sprochen –, dass nur im Zusammenhang mit der Beitrittsperspektive eines der gefährlichen Kraftwerke der früheren Generationen geschlossen wird, nämlich die Blöcke drei und vier bei Kozloduj, und das auch durch finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union und im Vertrauen auf die Beschlüsse, die wir heute und in Zukunft fassen werden.

Ich glaube daher, dass wir aus ehrlicher Überzeugung heute einen Vertrauens­vor­schuss an diese jungen Demokratien geben sollen, die wahrscheinlich das schwerste Erbe überhaupt in der kommunistischen Zeit zu tragen gehabt haben. Es wäre schön, wenn wir das heute und auch bei der zweiten Stufe mit breitester Mehrheit tun könnten. Ich werbe jedenfalls dabei um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

19.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 


19.58.25

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Was gibt es da noch zu sagen? Alle Daten und Fakten wurden gut erklärt!

Unser Bundeskanzler hat auch Dinge angesprochen, die du, lieber Herr Kollege Marizzi, angesprochen hast: Er hat auch hinsichtlich AKW gut geantwortet. Das hätte ich auch so gemacht.

Daher gehe ich jetzt auf andere Bereiche ein, die mir persönlich wichtig sind: Unser Bundes­kanzler hat von der strategischen Zusammenarbeit und diesen Ost-West-Netzwerken gesprochen, die notwendig sind, um den Ländern, die das schwere Erbe des Kommunismus tragen, in die Europäische Union zu helfen und diese in die Mitte zu holen.

Ich denke, jeder von uns hier hat ein kleines Stück Weltverbesserer in sich. Jeder von uns hat sich in seiner Jugend gefragt: Warum muss es so viel Unrecht, so viele Differenzen und dieses Arm-Reich-Gefälle geben? Wie kann jeder von uns hier einen Beitrag zur Verbesserung dieser Situation leisten? – Ich denke, in unserer nächsten Umgebung, bei unseren Nachbarn, nur eine Flugstunde entfernt, haben wir jetzt die Chance, über diese Ermächtigung ein lange geplantes und von allen gewolltes Zeichen zu setzen: So sollen wir es machen.

Vor gut 200 Jahren sagte Friedrich von Schiller: „Nichts Wahres lässt sich von der Zukunft wissen.“ – Ich denke mir: Das war damals aktuell und ist heute aktueller denn je! Nichts Wahres lässt sich von der Zukunft wissen: Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Wir haben zum Teil Befürchtungen und Angst.

Da möchte ich jetzt auf die Äußerungen von Abgeordneter Kollegin Rosenkranz ein­gehen. Ich habe mir heute die Erwähnung von Sicherheitszahlen und Statistiken erwartet und war ein bisschen enttäuscht, denn sie hat eher sehr negative Stimmung gemacht. – Wir sind jetzt dazu aufgerufen, diese Befürchtungen der Bevölkerung zu


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korrigieren. Jeder von uns ist dazu aufgefordert – jeder, jede Fraktion. Ich denke, dazu können wir etwas beitragen.

„Nichts Wahres lässt sich von der Zukunft wissen.“ – Tun wir unser Bestes, setzen wir gute Akzente, setzen wir gute Aktionen! Tragen wir dazu bei, und verkaufen wir das auch, dann wird die Bevölkerung weniger Angst haben und gerne in die Zukunft, in dieses vereinigte Europa gehen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


20.01.37

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Bereichen, von denen wir wissen, dass es dort gravierende Probleme gibt, muss man aktiv an die Beitritts­werber herangehen, Verbesserungen einfordern und Hilfe anbieten.

Ein solches Betätigungsfeld ist die Bekämpfung des Kinderhandels. Der Herr Bun­deskanzler hat es kurz erwähnt. Hier sind sofortige Maßnahmen notwendig, und zwar nicht nur in den Senderländern Bulgarien und Rumänien, sondern auch in den Transit‑ und Empfängerländern, zu denen auch Österreich gehört. Im Vorjahr sind allein in Wien über 700 Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren, zum Großteil bulgarische Kinder, bei illegalen Handlungen aufgegriffen worden. Im Jahr zuvor, 2004, waren es zum Großteil rumänische Kinder, die von Schleppern nach Österreich gebracht und zum Stehlen und Betteln eingesetzt wurden.

Die Frau Innenministerin hat am Vorabend der Ratspräsidentschaft die Bekämpfung des Kinderhandels zu einem Schwerpunkt der österreichischen Ratspräsidentschaft gemacht, und das ist grundsätzlich sehr erfreulich. Dennoch kann man der Regierung nicht den Vorwurf ersparen, dass lange Zeit vorher – über fünf Jahre – nichts oder sehr wenig gegen diese unmenschliche Praxis getan wurde.

In der Stadt Wien hat sich die MA 11 zuvor als einzige Institution in Österreich mit dieser Praxis befasst, hat sich mit den rumänischen Behörden in Verbindung gesetzt und mit diesen zusammengearbeitet, und es ist dann auch gelungen, auf Basis von Aussagen von Kindern immerhin 49 Schmugglerringe dingfest zu machen. Bei der Bekämpfung des rumänischen Kinderhandels sind durchaus Erfolge erzielt worden.

Nicht so in Bezug auf Bulgarien: Da bedarf es sicherlich mehr als der für März anbe­raumten Konferenz, die auf eine verstärkte Sensibilisierung von Exekutive und Behör­den setzt. Das ist zwar ein wichtiger Bestandteil, aber es muss ein ganzes Maß­nahmenpaket auf nationaler und auf EU-Ebene erarbeitet und eingesetzt werden. Der Vorschlag, die Strafmündigkeit bei Jugendlichen herabzusetzen, fasst den denkbar schlechtesten Weg ins Auge, diesem Problem auch beizukommen. Dass einerseits zu wenig Personal vorhanden ist, wissen wir vom Leiter des Bundeskriminalamtes für Schlepperei und Menschenhandel. Andererseits werden auch zu wenige Maßnahmen mit den betroffenen Ländern und mit den Behörden gemeinsam gesetzt.

In den Beitrittsländern ist es notwendig, Maßnahmen im Bereich der Justiz zu setzen, damit die Strukturen verbessert und Reformen durchgeführt werden. Wir sollten den jetzigen Zeitpunkt nutzen, um Maßnahmen von diesen Beitrittswerbern einzufordern, um Kinder und Jugendliche vor diesem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.

 


20.05.24

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr erfreulich, dass es heute hier ein gemeinsames Bekenntnis zu diesem geeinten Europa gibt, denn ich glaube, es ist absolut notwendig, dass diese zwei Staaten Bulgarien und Rumänien auch möglichst rasch in den europäischen Vollraum kommen, nicht nur, weil sie ans Schwarze Meer grenzen, sondern weil das alter europäischer Tradition entspricht.

Bukarest wurde einmal das „Paris des Ostens“ genannt. Wir haben sehr starke wirt­schaftliche und kulturelle Verbindungen zu diesen Ländern. Sie sind ein Teil Europas. Ich glaube, wir haben da eine große Verpflichtung! Auch uns Österreicher hat selbst­verständlich in der Frage Siebenbürgen sehr viel mit dem rumänischen Bereich ver­bunden, ob Hermannstadt oder Klausenburg. Wir dürfen das nicht vergessen. Gerade in der Steiermark gibt es starken Kontakt in diesen Bereich.

Wir müssen also dort helfen, wo wir können, dass dieser südosteuropäische Raum möglichst rasch voll und ganz in den europäischen Raum kommt. Es ist auch ein großes Verdienst des Herrn Bundeskanzlers gewesen, dass die Frage Kroatien jetzt mobilisiert wurde, denn auch mit diesem Bereich verbinden uns Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte, aber auch die heutige Wirtschaft und Zusammenarbeit. Man darf dabei, wenn man die Größe Europas anschaut, auch nicht vergessen, dass Zagreb – Agram –, die Hauptstadt Kroatiens, von Graz gleich weit entfernt ist wie die Bundeshauptstadt Wien. Wir sind völlig auf dem richtigen Weg, und es ist deswegen eine sehr erfreuliche Sache, wenn wir das heute auch hier sagen können.

Ich glaube – und es wurde schon zitiert –, dass wir Österreicher eigentlich immer überzeugte Europäer gewesen sind. Grillparzer hat einmal gesagt: „Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält.“ – Gemeint hat er damit, dass 14 ver­schiedene Völker und Nationen in einem Staat leben konnten. Das war ein kleines Europa. Heute geht es um das große Europa, und dieses große Europa muss möglichst rasch zusammenstehen, und das mit aller Stärke. Wir brauchen es wegen der Wirtschaft, wir brauchen es wegen der Sicherheit, wir brauchen es aber auch wegen der Kultur, wegen der Tradition und wegen der Menschlichkeit. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)

20.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


20.08.16

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Die Grundvoraussetzung für das Gelingen eines gemein­samen Europas ist, dass möglichst viele Staaten gemeinsam an die Verhandlungen in einer Art und Weise herangehen, dass sie es gemeinsam schaffen, in ihren Parlamen­ten möglichst viele politische Gesellschaftsbereiche darauf einzuschwören, den Weg gemeinsam zu gehen.

Was heute hier im Parlament geschieht, ist eine gute Voraussetzung dafür, dass es uns gelingt, die Bevölkerung entsprechend vorzubereiten und ihr Ängste zu nehmen, zumal da und dort versucht wird, den Menschen einzureden, dass Österreich, wenn Europa größer wird, grenzenlos ins Hintertreffen kommen würde. Wir haben heute in vielen Redebeiträgen gehört, worin die Vorteile eines gemeinsamen Europas liegen.


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135. Sitzung / Seite 211

Wir haben einige Beispiele gehört, wo es Defizite gibt, die von jenen Ländern, um die es heute geht, nämlich von Rumänien und Bulgarien aufzuarbeiten sind.

Ich glaube, dass es der erste positive Schritt sein muss, seine eigenen Defizite zu erkennen. Und man darf den Rumänen und den Bulgaren zuerkennen, dass sie dazu in der Lage sind. Das kann man feststellen, wenn man Presseberichte durchgeht: Die Politiker dieser beiden Länder üben Kritik an sich selbst, sie legen Defizite offen auf den Tisch und befreien Gerichte von politischem Einfluss. Rumäniens Außenminister sagt: „Korruption ist eine schwere Bedrohung“. Dasselbe: „Europa blickt nervös über die Karpaten“. Das trifft uns natürlich, weil es uns nicht egal sein kann, wie schnell dort der Demokratisierungsprozess voranschreitet, der notwendig ist für eine Integration dieser beiden Länder.

Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind, sehr bald entsprechende Fortschritte zu erzielen, sodass außer der Ermächtigung zu verhandeln letztendlich auch das herauskommt, was wir wollen: dass Europa wieder um zwei Länder größer wird – um zwei Länder, die gar nicht so weit von uns weg sind, wie manche glauben wollen. Wir wissen ja, auch in diesem Parlament haben einmal Rumänen als Abgeordnete in ihrer Sprache gesprochen.

Das heißt, Europa einig zu sehen hat für uns viele Vorteile. Der Herr Bundeskanzler sowie meine Kolleginnen und Kollegen haben es ausgeführt: Es geht um Sicherheit, gesellschaftspolitische und natürlich auch wirtschaftliche Voraussetzungen, die Öster­reich nicht unterschätzen sollte. Allein mit Rumänien haben wir im Außen­handels­ergebnis einen Überschuss von einer halben Milliarde €. – Das darf man nicht verges­sen oder unter den Tisch kehren!

Wir haben auch alle Hände voll zu tun, Beschäftigung in diesem Land zu schaffen, und dazu brauchen wir starke Partner, die unsere Waren brauchen und zu denen die Beziehungen auch noch ausbaubar sind.

Zieht man die Ergebnisse der letzten Umfragen heran, so geht daraus hervor, dass Salzburg besonders europafreundlich ist. Ich weiß nicht genau, warum das so ist, aber ich bin in dieser Frage stolz darauf, Salzburger zu sein. Möglicherweise ist der Grund aber der, dass Salzburg seit langer Zeit hauptsächlich durch seinen Fremdenverkehr wirtschaftlich so gut gestellt ist. Daher ist der Zugang zu anderen Ländern ein besonderer. Ich hoffe, dass wir das gemeinsam schaffen, dass wir da an einem Strang ziehen und den Weg, dieses gemeinsame Europa zu erweitern, so bestreiten, dass unsere Bevölkerung das auch als entsprechenden Erfolg sieht. – Europa wird es uns bestimmt im Bereich der Sicherheit danken. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Praßl. – Bitte.

 


20.12.02

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehr­te Damen und Herren! Wir reden heute über zwei Länder – Bulgarien und Rumänien –, die zu Europa gehören. Diese Erweiterung bedeutet, dass Österreich noch weiter in die Mitte, in das Herz Europas rückt.

Ziel dieses großen Europas ist es doch, dass wir eine Verwirklichung von Frieden und Freiheit erleben und auch gestalten und auch die Zukunft unseres gemeinsamen Europas in die Hand nehmen und gestalten. Wir brauchen ein Europa, einen Kontinent der Stabilität für die innere und auch für die äußere Sicherheit, und dafür müssen wir sorgen.


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135. Sitzung / Seite 212

Ich vertrete eine Region und einen Wahlkreis, der sowohl an Ungarn als auch an Slowenien angrenzt. Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als slowenische Panzer in Richtung österreichische Grenze vorgerückt sind und als Abschluss dann einen Schuss auf das Grenzhaus abgefeuert haben. Das war eine Zeit, die – man könnte sagen – durch Ohnmacht gekennzeichnet war.

Heute ist die Ausgangssituation eine andere. Wir sollten keine Ängste schüren und keine Angstmache betreiben. Nein! Wir leben jetzt mit diesen Ländern zusammen, haben gemeinsame kulturelle Veranstaltungen und leben in Wirtschaftskooperationen. Typische Beispiele dafür sind die hunderten Wirtschaftsbetriebe – kleine und mittlere Betriebe –, die in diesen beiden Ländern schon investiert haben. Auch im Bereich der Landwirtschaft gibt es Kombinationen: Was auf hunderten Hektar in Österreich erzeugt wird, wird in Marburg verarbeitet. – Das heißt für mich letztendlich, diese Erweiterung um diese beiden Länder hat viel gebracht.

Rumänien und Bulgarien sind zwei hervorragende Wirtschaftspartner für Österreich. Das wurde schon mehrmals betont. Tausende Firmen investieren in diesen Ländern. Das sind herausragende Länder mit Zukunftsperspektiven.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch Bulgarien und Rumänien werden den Rechts­bestand der Union übernehmen müssen; das heißt zugleich auch mehr Sicherheit und bedeutet eine sichere Zukunft für uns alle. Europa wächst mit dem Beitritt dieser beiden Länder noch enger zusammen.

Abschließend möchte ich sehr wohl betonen, dass mehr Europa für mich mehr Sicher­heit bedeutet, und mehr Sicherheit bedeutet mehr Zukunft für uns alle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


20.15.07

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für einen überzeugten Europäer ist das in Rede stehende Ermächtigungsgesetz ein weiterer Lichtblick. Bei aller Zweigliedrigkeit, Dreigliedrigkeit, die wir vielleicht in der Gesetzeswerdung fahren, schadet es nicht, wenn man diese Ebenen auch entsprechend ausdiskutiert und bei einer gewissen Europaskepsis vielleicht auch mehrere Ebenen hat, um darüber zu diskutieren.

Gerade die EU-Ratspräsidentschaft kann es, glaube ich, möglich machen, dass mit diesen Beitrittskandidaten Europa als Partner in der Welt auch mehr Bedeutung gewinnt. Das ist meiner Meinung nach ganz entscheidend, denn Stabilität und Ent­wicklung der Erweiterungskandidaten sollte in diesem vereinten Europa auch ent­sprechenden Vorrang haben.

Heute ist interessanterweise Realität, was vor wenigen Jahren eigentlich noch Vision war, nämlich dass die Beitrittskandidaten wirklich auch Beitrittsperspektiven haben, wenngleich vielleicht der eine oder andere Standard dieser Länder unter Umständen auch diskussionswürdig ist.

Der Ausbau der einzelnen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und diesen Beitrittskandidaten ist heute von meinen Vorrednern schon entsprechend skizziert worden. Ich glaube, das ist gut so, denn die Wirtschaft befindet sich mittler­weile schon seit längerer Zeit dort, und wenn sich die Wirtschaft dort befindet, dann ist es umso besser, dass diese Beitrittskandidaten in dieses vereinte Europa auch voll aufgenommen werden.


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135. Sitzung / Seite 213

Die Defizite, die unter Umständen in rechtsstaatlichen Ordnungen, in der Wahrung der Sicherheit und vielleicht auch der Menschenrechte vorhanden sind, gehören ausge­räumt. Da ist es umso besser, dass diese Länder auch unsere Qualitätskriterien und unseren Standard annehmen und in der Gemeinschaft sind, sodass wir ihnen auch gemeinsam helfen können, diese Defizite zu beseitigen, und unsere Standards auch entsprechend erhalten können.

Wir wissen, dabei sein ist besser als ausgrenzen – in der Arbeitsmarktpolitik, dort, wo Wettbewerbsverzerrungen entstehen, oder dort, wo vielleicht das eine oder andere Lohndumping entsteht. All diese Dinge können wir mit einem Beitritt ausmerzen.

Lobend sind auch die Initiativen von Österreichern zu erwähnen, insbesondere die Initiativen für Straßenkinderprojekte, zum Beispiel durch Pater Georg Sporschill. Auch das sind Indizien dafür, dass Österreicherinnen und Österreicher diesen Ländern helfen, verbesserte Standards zu bekommen.

Das ist heute ein erfreulicher Beschluss, nicht nur für diese beiden Länder und für Europa, sondern auch für unser Land Österreich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

 


20.18.33

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte nichts wiederholen, daher nur noch drei Anmerkungen:

Erstens ist es, meine ich, auch ein positives Zeichen, dass der Beitritt Rumäniens und Bulgariens am gesamten Balkan begrüßt wird, dass jedes neue Mitglied als neue Chance gesehen wird und nicht eifersüchtig von den anderen betrachtet wird, die noch länger brauchen werden. Es ist auch gut, dass der Mazedonienbeschluss von allen begrüßt worden ist. Ich glaube, es ist ein positives Zeichen, dass auch diese Region in diesen Fragen vernünftig handelt.

Zweiter Punkt, der meiner Meinung nach in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist: Es wird unsere Aufgabe sein, darauf zu achten, dass der Beitritt einiger Staaten und die Verhandlungen mit anderen nicht zu neuen großen Unterschieden am Westbalkan führen. Es ist sicherlich nicht möglich, alle rasch und auf einmal aufzunehmen. Die Verpflichtung wird es jedoch sein, zu schauen, dass durch die raschere Vorgangsweise bei einigen, durch die Instrumente, die den anderen, die sich nähern, von der EU zur Verfügung gestellt werden, die Unterschiede nicht zu groß werden.

Da haben wir eine besondere Verpflichtung, und da muss vor allem bei den Stabilisie­rungsabkommen rasch vorgegangen werden.

Es ist gescheit, dass zwar nicht formell, aber praktisch zum Beispiel in der Frage Serbien und Montenegro quasi parallel überlegt wird, damit nicht noch einmal verhan­delt werden muss, wenn es zum Beispiel zur Teilung kommt.

Dritte Bemerkung: Daher ist es auch überall dort, wo es nicht strikt um Mitgliedsländer und Beitrittskandidaten geht, wichtig, die gesamte Region mit einzubeziehen. Öster­reich geht da mit gutem Beispiel voran. Bei der Sitzung der außenpolitischen Aus­schüsse der EU-Staaten werden wir alle Staaten des Westbalkans einladen, und auch die anderen Länder innerhalb dieser EU-Körperschaft haben hiezu ja gesagt. Ich glaube, Österreich setzt damit auch für die einheitliche und gute Entwicklung des gesamten Balkans ein Zeichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.21



Nationalrat, XXII.GP
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135. Sitzung / Seite 214

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1265 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Ich stelle wieder ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

20.22.34 9. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 59, 61, 62, 64, 68, 69 und 71 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26 und 27 (1267 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


20.23.06

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Meine heutige Rede zum Sammelbericht des Petitionsausschusses werde ich voll und ganz der BürgerInneninitiative für ein Import- und Handelsverbot von Hunde- und Katzenfellen sowie von daraus hergestellten Produkten widmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In unserem Land ist der Verkauf von Hunde- und Katzenfellen nach wie vor erlaubt. Das österreichische Tierschutzgesetz beinhaltet zwar das Verbot der Tötung von Hunden und Katzen zur Gewinnung von Nahrung oder anderen Produkten, das verhindert aber keineswegs, dass Hunde und Katzen aus China, Taiwan, den Philippinen, Korea oder Thailand für in Österreich verkaufte Handschuhe, Gürtel, Autopolsterungen, Schuhe, Stiefel, Schischuhe und Ledermöbel qualvoll ihr Leben lassen müssen.

Der Internationale Bund der Tierversuchsgegner hat sich mit Tausenden von Unter­stützungserklärungen an den Petitionsausschuss des Nationalrates gewandt, mit der dringlichen Bitte, ein Import- und Handelsverbot von Hunde- und Katzenfellen und von daraus hergestellten Produkten zu erwirken.

Nach Angaben der TierfreundInnen werden in Asien jährlich über 2 Millionen Hunde und Katzen für den europäischen Markt wegen ihres Felles getötet und exportiert. Die Hunde und Katzen werden unter unvorstellbar grausamen Bedingungen gehalten und


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meist bei lebendigem Leib gehäutet. Eine beispielhafte Aufzählung dieser Folter­methoden und unendlichen Tierqualen möchte ich Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, ersparen. So viel sei aber gesagt: Niemand hat das Recht, eine andere Kreatur minutenlangen Todeskämpfen auszusetzen oder bei minus 20 Grad zu halten, damit das Fell auch schön dicht wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben es hier mit einer unglaublichen Miss­achtung und Respektlosigkeit gegenüber Leben zu tun und machen uns zu MittäterIn­nen, wenn wir dem Import dieser Hunde- und Katzenfelle nicht Einhalt gebieten!

Als Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Bürgerinitiativen unterstütze ich diese Petition voll und ganz und verweise auf Länder wie Griechenland, Dänemark, Frankreich, Belgien, die USA und Italien, die bereits ein Importverbot für Hunde- und Katzenfelle verhängt haben.

Jetzt richte ich meinen Appell an die zuständige Ministerin dieser Regierung. Schon längst hätte Ministerin Rauch-Kallat initiativ werden können. Sie ist nämlich zuständig für Tiergesundheit und Tierschutz, doch sie hat bis heute diesbezüglich wie übrigens auch in der Frauenpolitik nichts getan und durch Tatenlosigkeit geglänzt.

Es mag schon sein, sehr geehrte Damen und Herren, dass es Unklarheiten über die Zuständigkeit der Erlassung von Importverboten von Hunde- und Katzenfellen gab. Diese sind aber spätestens seit Juli 2005 beseitigt, denn der Wirtschaftsminister hat in seiner Stellungnahme an unseren Ausschuss klargestellt, dass es sich auf Grund einer Expertise des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes, von der auch die Bun­desministerin für Gesundheit Kenntnis hatte, beim Verbot der Einfuhr der Felle um eine Angelegenheit des Tierschutzes handelt und diese in die Zuständigkeit der Bundes­ministerin für Gesundheit fällt.

Sehr geehrte Damen und Herren, daher ist es schon fast zynisch, wenn Frau Ministerin Rauch-Kallat ein halbes Jahr später in einer knappen – nämlich nur 15-zeiligen – Stellungnahme an unseren Ausschuss Folgendes mitteilt:

Erstens, dass ein Verbot auf Grund des geltenden Tierschutzgesetzes nicht möglich sei.

Zweitens, dass Österreich den Wunsch anderer Mitgliedstaaten hinsichtlich eines Importverbotes unterstützt.

Drittens, dass ein Importverbot über medialen Druck erreicht werden sollte und dass Aufklärungsarbeit unverzichtbar sei.

Weder hat sie diesbezügliche Gesetzesänderungen oder Verordnungen vorgelegt, noch Informationskampagnen initiiert. Außerdem müssten bessere Deklarations­vor­schriften für Produkte aus Hunde- und Katzenfellen erlassen werden, damit der mündige Konsument sich zumindest gegen den Kauf eines unter diesen grauenvollen Umständen hergestellten Produktes entscheiden kann.

Hierzulande werden nämlich die Felle als Echtpelz, orthopädisches Leder oder gar nicht deklariert und sind somit für Konsumenten und Konsumentinnen überhaupt nicht als Hunde- oder Katzenfelle erkennbar.

Das sind Vorwürfe, die ich der zuständigen Ministerin und dieser Regierung nicht ersparen kann, nämlich, dass sie da tatenlos zusieht und nicht wie andere EU Staaten ein Importverbot erlässt. Diese Haltung der Ministerin Rauch-Kallat beziehungsweise der Regierung hat sich auch bei den Abgeordneten im Ausschuss manifestiert. Sie haben diese Bürgerinitiative nur zur Kenntnis genommen, das heißt, sie wird im Parlament nicht mehr weiter verhandelt.


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Ich bin allerdings froh darüber, dass heute ein Entschließungsantrag von der Kollegin Weinzinger eingebracht wird, in welchem gefordert wird, dass das Parlament dies­bezügliche Initiativen setzt, und freue mich, dass offensichtlich die Abgeordneten von den Regierungsparteien nun unter Zugzwang stehen, weil es medialen Druck und Druck von Seiten der TierschützerInnen gegeben hat.

Die rechtliche Lage, sehr geehrte Damen und Herren, brauchen wir nicht mehr zu klären. Das hat der Verfassungsdienst schon gemacht. – Sie brauchen nur noch zu handeln! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren Abgeordneten! Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass an einem gewissen Ort ein Zimmerschlüssel vergessen wurde. Zwecks Anonymität des Besitzers werde ich ihn beim Tor 1 beim Portier deponieren lassen; dort wäre er abzuholen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

 


20.29.54

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen hat sich auch in den letzten Sitzungen sehr bemüht, objektiv, gerecht und im Sinne der Bevölkerung zu entscheiden.

Wir haben jedes Anliegen ernst genommen und nach bestem Wissen erledigt. Seit dem letzten Sammelbericht im Juni 2005 konnten sieben Petitionen und zwei Bürger­initiativen enderledigt werden. Großteils konnten sie nach Einholung verschiedener Stellungnahmen zur Kenntnis genommen werden. Drei Petitionen wurden dem Ver­kehrs­ausschuss zugewiesen.

In dieser Gesetzgebungsperiode wurden bereits 79 Petitionen und 30 Bürgerinitiativen an den Ausschuss gerichtet. Das zeigt mir als Fraktionsvorsitzendem der ÖVP im Ausschuss, dass die Bevölkerung diese Instrumente der direkten Demokratie annimmt und auch nutzt.

Ich möchte nun zur Petition 69 betreffend die Umsetzung der EU-Agrarreform, einge­bracht vom Abgeordneten Pirklhuber, Stellung nehmen. Konkret wird in dieser Petition die Betriebsprämienverordnung im Rahmen der EU-Agrarreform 2005 angeprangert. Es wird von Bauern zweiter Klasse und von Rechtswidrigkeit der Verordnung sowie von enteigneten Grundeigentümern gesprochen.

Die Grünen haben dieses Thema damit zum x-ten Mal im Parlament zur Diskussion gebracht. Dazu möchte ich Folgendes feststellen: In diese Entscheidungen waren alle landwirtschaftlichen Organisationen Österreichs und alle Parteien – auch die Grünen – miteingebunden. (Abg. Gradwohl: Wo?) Im Zuge der EU-Agrarreform, welche die Entkoppelung vorsieht, wurde diese auch in Österreich umgesetzt. (Abg. Gradwohl: Wo?) – Bei vielen Diskussionen im Landwirtschaftsausschuss. Sogar einen Unteraus­schuss hatten wir dort eingesetzt, Herr Kollege! (Abg. Gradwohl: ... keine Diskus­sionen gegeben hat! Referate haben wir gehört!)

Die Entkoppelung der Zahlungen bringt für die Bauern mehr Flexibilität, mehr Markt­orientierung und damit eine höhere Wettbewerbsfähigkeit. Zusätzlich wurden neue Verpflichtungen im Hinblick auf die Erhaltung der Acker- und Grünflächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand für die Bauern eingeführt.

Die Entkoppelung sieht vor, dass dem Bewirtschafter die im Referenzzeitraum von 2000 bis 2002 gewährten Direktzahlungen als Zahlungsansprüche zugewiesen wer­den. Vorteil dieses Modells ist die Tatsache, dass die produktionsungebundenen


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Direktzahlungen wie bisher auch weiterhin den wirtschaftenden Landwirten bezahlt werden.

Wenn durch dieses Modell Benachteiligungen entstehen – wie etwa durch höhere Gewalt, Neueinstieg oder Investitionen in der Tierhaltung –, werden diese durch Härte- und Sonderfallregelungen ausgeglichen. Damit die Gleichberechtigung der Betriebs­inhaber erhalten bleibt, wurden Mindestreferenzbeträge festgelegt. Auch in diese Entscheidung waren alle landwirtschaftlichen Interessenvertretungen eingebun­den. Den am stärksten betroffenen Betrieben wird damit geholfen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich wehre mich auch gegen die Bezeich­nung „Enteignung“ in diesem Zusammenhang. Auch vor der Reform wurden die Direkt­zahlungen an die bewirtschaftenden Landwirte gezahlt und nicht an die Grundbesitzer. In der Regel werden die Zahlungsansprüche durch eine Vereinbarung zwischen Pächter und Verpächter weitergegeben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Landwirtschaftsminister Pröll tut alles in seiner Macht Stehende, um den österreichischen Bäuerinnen und Bauern wirtschaft­liches Arbeiten zu ermöglichen. Ich ersuche auch Sie, diese Anstrengungen zu respektieren. Die Petition wurde daher zur Kenntnis genommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ich erteile ihr das Wort.

 


20.33.49

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister in Abwesenheit! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sammelbericht für Petitionen und Bürgerinitiativen beinhaltet dieses Mal sieben Petitionen und zwei Bürgerinitiativen. Das Ergebnis dessen, was aus diesen Bürgerinitiativen und Pe­titionen gemacht wurde, ist eigentlich eine sehr traurige Bilanz: Es gab fünf Kenntnis­nahmen und lediglich zwei Zuweisungen. Außerdem gibt es im Petitionsausschuss noch immer fünf Anträge, die vertagt wurden – und das dauert teilweise schon länger als zwei Jahre.

Es ist also irgendwie eine ganz komische Geschichte, aber die Regierungsparteien sind nicht bereit, das aufzuklären. Sie bringen Petitionen ein, was sie ja gar nicht müssten, denn wenn sie eine Gesetzesänderung machen wollten, könnten sie es ja jederzeit tun, denn da geht es ja um lauter Gesetze, die keine Verfassungsmehrheit brauchen. – Nein, Sie machen auf Grund von Bürgeranliegen keine Gesetze, sondern eine Petition. Diese Petition bringen sie dann ein, und dann vertagen sie die Behand­lung auf zwei Jahre – auch auf längere Zeit, denn die Legislaturperiode wird wahr­scheinlich noch länger dauern, zumindest bis zum Sommer –, und dann geht die ganze Geschichte wieder von vorne los. – Das kann nicht Sinn und Zweck dieses Aus­schusses sein!

Ich möchte Ihnen nur ein bisschen erklären und ein paar Beispiele dafür bringen, wie das im Petitionsausschuss läuft. Da gibt es zum Beispiel eine Petition, in der es um einen Bürgerprotest bezüglich des Baues eines weiteren Schweinestalls in Pyhra geht.

Was wollten wir? – Selbstverständlich wollten wir die Zuweisung an den Umwelt­ausschuss, weil das natürlich mit Gestankbelästigung und auch mit Umweltverschmut­zung etwas zu tun hat. Das ist, glaube ich, jedem klar, das braucht man nicht zu erklären. – Die Regierungsparteien sagten aber nein, es sei überhaupt nicht not­wendig, so eine Sache einem Ausschuss zuzuweisen. Es erfolgte die Kenntnis­nahme, und damit war die Petition weg!


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Anderes Beispiel: Es wird seit Jahren gefordert, dass es eine kostenlose Schutz­impfung gegen Hepatitis B für Personen der freiwilligen Feuerwehr gibt. Da haben wir Grünen gesagt: Das muss endlich einmal gelöst werden! Schauen wir, dass das dem Sozialausschuss zugewiesen wird! Was sagten die Regierungsparteien dazu? – Nein, das ist uns nicht wichtig! Es erfolgte wieder die Kenntnisnahme, und damit war die Sache erledigt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt auch noch das Beispiel der Petition zur Umsetzung der EU-Agrarreform. Dazu wird mein Kollege Pirklhuber noch einiges sagen. Wir wollten da eine Zuweisung an den Landwirtschaftsausschuss. – Die Regierung sagte dazu: Nein, das ist alles nicht wichtig! Es erfolgte wieder die Kenntnisnahme, und damit war auch diese Petition vom Tisch.

Das zieht sich wie ein roter Faden durch diesen ganzen Bereich. Das gilt auch für die Bürgerinitiative betreffend Import- und Handelsverbot von Hunde- und Katzenfellen, die Frau Abgeordnete Wurm bereits angesprochen hat.

Insgesamt gab es lediglich zwei Zuweisungen im ganzen Berichtszeitraum. Das ist uns eindeutig zu wenig, denn so soll der Ausschuss eigentlich nicht arbeiten, dass es bei neun Punkten fünf Kenntnisnahmen und nur zwei Zuweisungen gibt und nach wie vor noch sechs vertagte Themen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erwarte mir, dass man die Arbeit im Petitions­ausschuss ernster nimmt und als Abgeordneter nur solche Petitionen ein­bringt, die einem wirklich wichtig sind. Es macht überhaupt keinen Sinn, wenn man eine Petition einbringt, um zu irgendjemandem sagen zu können: Ja, ich kümmere mich darum!, und wenn man diese dann zwei Jahre und länger sozusagen verschleppt und nichts davon umsetzt.

Das ist absolut nicht Sinn dieses Ausschusses, es ist eigentlich eine Minderung unserer Arbeit und eine Minderung der Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an den Petitionsausschuss. – Das müssen wir in Zukunft verhindern!

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir diesem Sammelbericht nicht zustimmen – nicht deswegen, weil der Inhalt nicht gut aufgearbeitet ist, denn das ist er selbstverständlich, und ich danke allen, die daran beteiligt waren, sondern des­wegen, weil die Vorgangsweise, wie mit Bürgerinitiativen und Petitionen umgegangen wird, nicht so ist, wie wir Grüne uns das vorstellen und vor allem wie sich das die Bürgerinnen und Bürger vorstellen. Deshalb lehnen wir diesen Sammelbericht ab. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mittermüller. – Bitte.

 


20.40.00

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Aus dem Paket der Petitionen möchte ich auf eine Petition eingehen, nämlich auf jene der kostenlosen Hepatitis-Schutzimpfung für Einsatzkräfte der Frei­willigen Feuerwehren.

Es ist schon richtig, dass unsere knapp 300 000 Feuerwehrleute in Österreich bei zirka 200 000 Einsätzen technischer Art oder Katastropheneinsätzen immer ein hohes persönliches Risiko tragen und dadurch natürlich eine gefährdete Personengruppe darstellen und daher besonderen Schutz brauchen. Vorsorge ist also sinnvoll. Kollegin Haidlmayr, ich möchte Ihnen widersprechen: Niemand hat gesagt, dass diese Tat­sache für uns nicht wichtig ist!


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Relativ hoch ist die Durchimpfungsrate der österreichischen Feuerwehrleute bei Tetanus-Impfungen und bei Zecken-Impfungen. Hier tragen die Kosten überwiegend die Gemeinden. Natürlich gibt es auch bezüglich Hepatitis-Infektionen ein gewisses Risiko bei Feuerwehrleuten. Daher hat – und damit komme ich zum eigentlichen Thema – der ehemalige Bundesminister Herbert Haupt in seiner Amtszeit als Minister dieses Thema aufgegriffen und bearbeitet und bereits im Jahr 2002 ein Schreiben an die Bundesländer mit der Bitte um Behandlung dieses Themas in der Landes­haupt­leutekonferenz weitergeleitet.

Das Bundesland Kärnten hat meines Wissens als einziges Bundesland diese Ange­legenheit aufgegriffen und im Jahr 2004 eine Impfaktion für die Feuerwehrleute gestartet. Kärnten hat den Impfstoff preisgünstig eingekauft und bis auf einen ganz kleinen Selbstbehalt für die Betroffenen den überwiegenden Kostenanteil getragen.

Abschließend kann man sagen: Vorsorge ist absolut sinnvoll, und das Bundesland Kärnten ist in der Hepatitis-Vorsorge ein Vorbild, dem andere Bundesländer folgen sollten. Unter diesem Aspekt ist der mehrheitliche Beschluss des Ausschusses zu sehen, die Petition durch Kenntnisnahme zu erledigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


20.42.10

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Petition 59 betrifft die fast unendliche Geschichte um den Bau der Güterzug-Umfahrung St. Pölten und den Umbau des Hauptbahnhofes der niederösterreichischen Landeshauptstadt.

Ich möchte betonen, dass ich es auch ausdrücklich begrüße, dass dieser Haupt­bahnhof endlich auf einen zeitgemäßen Standard gebracht wird. Mit der Realisierung des Bahnhofsumbaues muss es aber gleichzeitig auch zur Fertigstellung der Güterzug-Umfahrung kommen. Diese beiden Projekte können nur parallel ausgebaut den Verkehrsknotenpunkt St. Pölten sowohl für den Personen- als auch für den Güter­verkehr leistungsfähiger machen. Die Güterzug-Umfahrung muss also jetzt weiterge­baut werden, sonst bleibt die vierspurige Westbahn ein Torso.

Diese Petition wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen und wird dort hoffentlich bald weiterbehandelt werden.

Eine Bemerkung möchte ich zur Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums betreffend die Petition zur Senkung der UVP-Schwellenwerte und zur Erweiterung der Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren von Intensiv-Tierhaltungen machen: Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass das Landwirtschaftsministerium die bestehen­den UVP-Schwellenwerte als ausreichend ansieht und die Umweltverträglichkeits­prüfung als Behinderung der Weiterentwicklung der Landwirtschaft in Österreich einstuft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In dieser Angelegenheit ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, auch wenn die ÖVP und die FPÖ diese Petition durch Kenntnisnahme begraben haben.

Die dritte Petition, die ich ansprechen möchte, betrifft die Auswirkungen der „Team 04“-Reformpläne auf die Polizei der Landeshauptstadt St. Pölten. Es ist eine Tatsache, dass die Kriminalität in Österreich fast ungebremst ansteigt. Auch St. Pölten ist von dieser unerfreulichen Entwicklung betroffen: So steigt die Zahl der Delikte pro Jahr um rund 14 Prozent, doch die Stellungnahme des Innenministeriums zu dieser Petition und


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zum Anstieg der Kriminalität in der Landeshauptstadt St. Pölten strotzt nur so von Schönfärberei. – Mit dieser Schönfärberei allein werden Sie jedoch die steigende Kriminalität nicht in den Griff bekommen!

Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, tut es mir Leid, dass auch diese Petition nicht dem Innenausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen wurde, sondern auch durch Kenntnisnahme sozusagen ein Begräbnis erster Klasse bekom­men hat. (Beifall bei der SPÖ.)

20.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


20.45.16

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Heinzl, selbstverständlich muss ich Ihnen sagen, dass das mit der Güterzug-Umfahrung ein berechtigtes Anliegen ist. Es gibt aber entsprechende Zeitpläne, und es wird sicher rechtzeitig zur Realisierung kommen.

Wenn Sie schon den Bahnhof angesprochen haben, dann werden Sie sicher auch das Ihre dazu beitragen können, dass auch Ihre Fraktion dem Projekt der Tiefgarage am Bahnhofsvorplatz näher treten kann.

Ich meine alles in allem, dass der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen eine große Bandbreite von Themen behandelt hat, einige Petitionen sind erledigt worden. Auf die von dir angesprochene Forderung nach einer UVP für Schweineställe muss ich dir sagen: Das ist eine Raumordnungsfrage, und in diesen Bereich gehört sie auch hin, und sie ist zu Recht zur Kenntnis genommen worden.

Frau Kollegin Haidlmayr, Ihnen möchte ich schon sagen: Sie kritisieren hier – sie ist nicht mehr da – die Vorgangsweise im Petitionsausschuss. Was die Grünen da machen, ist ein wenig grotesk: Sie bringen Petitionen zum Verbot von Handymasten ein, aber im niederösterreichischen Landtag stimmten sie gegen alle Maßnahmen, die zu einer Reduktion bei den Handymasten geführt hätten. Das ist schon ein wenig zwiespältig.

Wenn man Sorgen hat wie etwa die, den Verkauf von Frettchen zu verbieten, oder das Importieren von Katzenfellen, dann muss ich sagen: Wir sind in einem guten Land! Ich denke, wir haben hier keine wirklich ganz großen Probleme.

Ich möchte betonen, dass alle Petitionen gut diskutiert, ausreichend behandelt und einer entsprechenden Lösung zugeführt worden sind. Wenn jemand mit der Bilanz nicht zufrieden ist, dann tut mir das persönlich Leid. Mir gefällt die Arbeit in diesem Ausschuss: Das ist ein Panoptikum der Interessen, mit dem man konfrontiert wird. Ich denke, der Ausschuss ist auch, sage ich einmal, ein sehr aktiver, und es ist sehr, sehr interessant, dort zu arbeiten.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen: Herr Kollege Heinzl, was die Kriminalität in St. Pölten anlangt: Du musst zur leicht angestiegenen Zahl von Fällen dazusagen, dass auch die Werte der Aufklärungsstatistik stark gestiegen sind – besser als bisher!

Zum von dir, Kollege Heinzl, kritisierten Sicherheitsbericht möchte ich bemerken: Als ihr die Sicherheitsberichte gemacht habt – jährlich, irgendwann einmal –, da haben sie eurer Meinung nach gepasst. Und jetzt, da sie monatlich kommen, sollen sie nicht passen?! – Das musst du mir einmal erklären! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mittermüller.)

20.47



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135. Sitzung / Seite 221

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ich erteile ihr das Wort.

 


20.48.11

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner hat in einer wichtigen Tierschutz-Materie keine großen Probleme gesehen. – Zum Glück gibt es Leute, die es nicht bei der Kenntnisnahme in einem Ausschuss belassen, sondern bereit sind, etwas mehr Engagement aufzubringen für Anliegen, die Bürgerinnen und Bürger an dieses Hohe Haus herantragen. Ich freue mich, dass wir daher einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag zum Thema „Importverbot für Hunde- und Katzenfelle“ einbringen können.

Es wurde ja schon ausgeführt, und es wissen vielleicht zumindest einige von Ihnen – ich hoffe jedenfalls die Mitglieder des Petitionsausschusses, auch Kollege Brader –, unter welchen Bedingungen Hunde und Katzen im südostasiatischen Raum in erster Linie gehalten und – unter Anführungszeichen – „produziert“ werden. Sie werden offenbar noch häufig genug bei lebendigem Leib gehäutet, damit bei uns das eine oder andere Mäntelchen einen Pelzkragen bekommt oder das eine oder andere Kinder­spielzeug mit Echtpelz versehen wird, was ja die Konsumentinnen und Konsumenten im Regelfall weder wissen noch wollen.

Ich denke, dass es daher wichtig ist, mit einem Importverbot ein klares Signal zu geben, und zwar ein Signal, das EU-konform ist. Es gibt, wie bereits erwähnt, mehrere Staaten, die ein solches Importverbot schon haben, und es gibt mehrere Aussagen von Kommissionsvertretern, die die Nationalstaaten auffordern, auf ihrer Ebene eine solche Regelung zu treffen. Wir wissen auch, dass es WTO-kompatibel ist, denn auch die USA haben ein solches Importverbot bereits verhängt. Ich freue mich, dass wir uns zu der Erkenntnis durchgerungen haben, dass es daher auch für Österreich möglich sein muss, ein solches nationales Importverbot zu beschließen.

Ich möchte daher an dieser Stelle den Antrag der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Achleitner, Krainer und Weinzinger einbringen:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, ein nationales Importverbot von Hunde- und Katzenfellen nach rechtlicher Klärung auszuarbeiten und geeignete Umsetzungsschritte zu prüfen, und auf europäischer Ebene für die Schaf­fung eines internationalen Kennzeichnungssystems von Fellen in verarbeiteten Kleidungsstücken einzutreten.

*****

(Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Ich verhehle nicht, dass es trotzdem noch zwei Wermutstropfen dabei gibt. Der eine Wermutstropfen ist aus der Sicht des Tierschutzes der, dass das natürlich schon in gewisser Weise ein Schritt dazu ist, sozusagen eine Mehrklassengesellschaft bei Tieren zu schaffen: Die Pelze von Hunden und Katzen, die uns als Tiere näher stehen, sollen nicht verwendet werden, während das bei den Pelzen der Füchse oder Nerze schon okay ist, obwohl diese unter wenig besseren Haltungsbedingungen hergestellt werden. Ich würde Sie ersuchen, auch darüber einmal nachzudenken.


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135. Sitzung / Seite 222

Der zweite, große Wermutstropfen ist die Art und Weise, wie im Petitionsausschuss und in diesem Hohen Haus immer wieder mit Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern umgegangen wird. Wir haben hier einen Fall, der beinahe im ewigen Kreislauf zwischen angeblich nicht zuständigen Ministerien beziehungsweise Ebenen gelandet wäre, wo die Auskunft des einen Ministeriums lautete, dass es nicht zuständig sei, und das andere Ministerium sagte, dass die EU zuständig sei. Die EU sagte: Nein, die Nationalstaaten sind zuständig! Ein fröhliches Im-Kreis-herum-Schicken der Zuständig­keiten also. – Hinzu kommt noch, dass der Petitionsausschuss sagt: Wir nehmen zur Kenntnis, dass es da ein Anliegen gibt, aber näher befassen soll sich das Parlament nicht damit!

Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft im Petitionsausschuss verstärkt dafür Sorge getragen wird, dass wir die Verhandlungsgegenstände in den anderen Ausschüssen zur Behandlung vorgelegt bekommen und hier im Plenum debattieren, um sie allenfalls, wie man hier auch sieht, in gemeinsamen Entschließungen erledigen zu können. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Achleitner, Krainer, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Achleitner, Krainer, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Importverbot von Hunde- und Katzenfellen sowie Schaf­fung eines internationalen Kennzeichnungssystems von Fellen in verarbeiteten Kleidungsstücken, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9 der Tagesordnung des Nationalrates am 25. Jänner 2006.

Die Bedingungen der Katzen- und Hundefellerzeugung und der Import von Fellen und Fellerzeugnissen speziell aus dem ostasiatischen Raum sind aus Tierschutzgründen sehr bedenklich. Die wenigsten Konsumentinnen und Konsumenten wissen jedoch über die Verwendung von Hunde- und Katzenfellen in der Pelzindustrie und bei der Herstellung von Kinderspielzeug Bescheid.

Die im Nationalrat vertretenen Fraktionen unterstützen daher ein Importverbot von Hunde- und Katzenfellen sowie Initiativen für eine klare Kennzeichnung auf inter­nationaler Ebene und stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

ein nationales Importverbot von Hunde- und Katzenfellen nach rechtlicher Klärung auszuarbeiten und geeignete Umsetzungsschritte zu prüfen,

und auf europäischer Ebene für die Schaffung eines internationalen Kennzeichnungs­systems von Fellen in verarbeiteten Kleidungsstücken einzutreten.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 



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135. Sitzung / Seite 223

20.52.14

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, dass Petitionen und Bürgerinitiativen zu den wesentlichsten Instrumenten unserer Demokratie gehören, um Anliegen sehr schnell ins Parlament zu bringen. Was mich aber des Öfteren nicht besonders amüsiert, das ist, wenn versucht wird, über Petitionen und vor allem über Bürger­initiativen politische Agitation zu betreiben, und das ist bedauerlicherweise bei diesem Sammelband geschehen.

Der Punkt, den ich konkret meine, betrifft die geplante Schließung der Kaserne Aigen im Ennstal, wo eine Bürgerinitiative mit Kollegin Fleckl als ersteintragender Person in dieser Region Unruhe erzeugt hat, die diverse Bürgermeister dazu veranlasst hat, Briefe zu schreiben, in welchen behauptet worden ist, dass die Kaserne Aigen zuge­sperrt wird. Das ist einfach an den Haaren herbeigezogen, da seitens der Bundesheer-Reformkommission nie davon die Rede war, Aigen 2010 zu schließen, sondern immer – und das ist eben die Unschärfe, wenn man sich mit der Materie nicht wirklich befasst, sondern das nur politisch verwerten will – nur von einer Reduktion von zwei Hubschrauberstaffeln der Type Alouette III auf eine die Rede war. Das kam auch in der Anfragebeantwortung des BMLV ganz klar zum Ausdruck.

Um hier ein bisschen Aufklärungsarbeit zu leisten: Es wird die Alouette II auf 12 Ma­schinen reduziert mit einer 20-prozentigen Umlaufreserve, mit einer Laufzeitgarantie bis mindestens 2015, mit einer Ausdehnungsmöglichkeit bis 2030. Deswegen würde ich bitten, in Zukunft in diesem Zusammenhang von politischer Agitation Abstand zu nehmen und stattdessen einmal die Tatsachen sprechen zu lassen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


20.54.29

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit der Petition betreffend kostenlose Schutzimpfung gegen Hepatitis B für freiwillige Feuerwehrhelfer und -helferinnen befassen.

Ein kleiner Nachsatz noch zu den Ausführungen von Frau Mittermüller: Das Land Kärnten impft, aber unter starker Beteiligung der Gemeinden – wie Sie ja ohnehin überhaupt das Meiste auf die Gemeinen abschieben, die unter dieser Last schon ächzen und stöhnen.

Das Thema der arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung von freiwilligen Helfern und Helferinnen im Allgemeinen wird hier im Hohen Haus schon seit einigen Jahren immer wieder debattiert, meist gegen den Widerstand dieser Regierung, die in diesem Bereich ja nicht wirklich etwas ändern will. Jeder von uns ist froh, wenn im Notfall oder bei Katastrophen Hilfe geleistet wird, egal ob von Berufsfeuerwehren oder anderen freiwilligen HelferInnen. Diese Menschen leisten enorm wichtige Dienste für unsere Gesellschaft. Mit Worten werden sie zwar immer wieder gewürdigt, gelobt und hervor­gehoben, aber ein entsprechend dichtes Netz für diese freiwilligen HelferInnen wird nicht eingerichtet.

Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass für die freiwilligen und ehrenamtlichen Helferinnen von Rettungs- und Hilfsorganisationen tatsächliche Nachteile bestehen, und zwar im arbeits- und sozialrechtlichen Bereich. So gibt es beispielsweise keinen Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer des Einsatzes.


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135. Sitzung / Seite 224

Ein weiteres Beispiel: Wir debattieren noch immer das Berufsbild Feuerwehr­mann/Feuerwehrfrau. All diese Fragen sind genauso wenig befriedigend gelöst wie die in der Petition angesprochene kostenlose Schutzimpfung gegen Hepatitis B für frei­willige FeuerwehrhelferInnen.

Apropos ungelöste Fragen: Da fällt mir noch etwas ein, und das bringt mich auf ein Thema, welches genau für diese freiwilligen Helferinnen und Helfer, nämlich die Polizei, die Feuerwehren, die Rettungen und so weiter, eine zusätzliche Gefährdung bringt, und zwar geht es dabei um die geplante, unsägliche 160-km/h-Teststrecke auf der Tauern Autobahn, die im Frühjahr angelegt werden soll. Zu den ohnehin bekannten Kritikpunkten wie mehr Lärm, mehr CO2, mehr Risiko für die VerkehrsteilnehmerInnen kommt nämlich, dass auch noch das Risiko für die Einsatzkräfte durch diese Geschwindigkeitserhöhung erhöht wird. Die Sicherung einer Unfallstelle ist schon bei normalen Geschwindigkeiten schwierig. Wenn die dann noch auf 160 km/h erhöht wird, wird die Gefahr für die freiwilligen Helferinnen und Helfer noch größer.

Offensichtlich ist aber den Regierungsparteien die Sicherheit der freiwilligen Helfer und Helferinnen kein besonderes Anliegen. Man sieht das im medizinischen Bereich wie beispielsweise beim Hepatitis B-Schutz, aber auch zum Beispiel beim Schutz vor Rasern auf Autobahnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


20.58.04

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Petitionen und Bürgerinitiativen sind Rechte und Möglichkeiten, mit denen sich Bürger zu wichtigen Themen Gehör verschaffen können. Anliegen, Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger werden da for­muliert und in der Hoffnung übermittelt, dass diese auch von den gewählten Vertretern ernst genommen werden. Leider werden diese Bürgerrechte immer öfter von politi­schen Parteien und Organisationen vereinnahmt. Ob solche Vereinahmungen den Anliegen der Bevölkerung entsprechen, wäre kritisch zu hinterfragen.

Dazu folgende Beispiele aus dem letzten Ausschuss: Petition 22, die Erhaltung der Kaserne in Aigen betreffend. Die textliche Formulierung dieser Petition wurde durch eine Abgeordnete zum Nationalrat am 18. Februar 2005 vorgenommen. Eingegangen ist diese Petition hier am 9. Juni 2005, also vier Monate später, obwohl am 24. Mai 2005 basierend auf den Beratungen des Nationalen Sicherheitsrats ein diesbezüglicher Regierungsbeschluss gefasst wurde beziehungsweise eine Verfügung vom 7. Juni 2005 klar und deutlich den Weiterbestand der Kaserne Aigen über 2000 hinaus sichert. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zur Petition 8: Auch da gab es eine ähnliche Vorgangsweise: Formulierung vom öster­reichischen Gewerkschaftlichen Linksblock betreffend die Erhaltung der Post im öffentlichen Eigentum. Hiermit wird eindeutig politisch motivierte Angstmache betrie­ben. Das Postgesetz gibt eindeutige Antworten auf diese Bürgerinitiative, ebenso die Vorgangsweise der Bundesregierung beim Börsengang.

Nun möchte ich mich noch zur Petition 15 betreffend eine kostenlose Schutzimpfung gegen Hepatitis B aus der letzten Sitzung äußern. Selbstverständlich nehmen wir alle die Leistungen der Freiwilligen Feuerwehren und der Feuerwehren insgesamt zur Kenntnis, und wir sind uns auch im Klaren, dass es hier Regelungen geben sollte. Auf Grund der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Feuerwehren sollte man in Österreich


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ernsthafte Überlegungen anstellen. Bezüglich der Kosten sollte man einen Konsens zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung suchen.

Ein möglicher Ansatz dazu wäre vielleicht die Durchführungsbestimmung in der Steier­mark. Die Impfkosten betragen statt 68 € nur mehr 38,20 €. Die Kosten der ersten Teilimpfung werden von der Feuerwehr oder von der Gemeinde getragen. Die Kosten der zweiten Teilimpfung wird vom Feuerwehrkameraden oder der -kameradin selbst getragen. Und die dritte Teilimpfung wird aus Mitteln der Feuerschutzsteuer finanziert.

Geschätzte Damen und Herren! Ich danke für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss und bitte darum, weiterhin die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und zu deren Wohle zu handeln. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. Bis zu 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.01.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf drei Petitionen aus diesem Sammelbericht eingehen, und zwar drei Petitionen, die sehr deutlich zeigen, dass diese Bundes­regierung sowohl im Umweltschutzbereich als auch bei der Gesundheitsvorsorge und bei der sozialen Gerechtigkeit massiv scheitert, massive Versäumnisse verursacht hat und de facto die Anliegen der Bevölkerung nicht ernst nimmt.

Ich beziehe mich auf die Petition 71 betreffend eine Initiative zur Verhinderung weiterer Handymasten im Feyregger Wohngebiet.

Meine Damen und Herren! Gerade die Frage der Handymasten, des Mobilfunks und des Einflusses dieser Strahlungen auf Gesundheit und Wohlbefinden ist für Bürgerin­nen und Bürger in Österreich seit Jahren ein Thema. In dieser Petition wird gefordert, dass endlich gesetzliche Maßnahmen gegen den Wildwuchs von Handymasten gesetzt werden, dass Wohn- und Siedlungsgebiete geschützt werden und dass die Anrainer und die Gemeinden ein Mitbestimmungsrecht bekommen.

Meine Damen und Herren! Das sind ganz klare politische Anliegen, die seit Jahren vorgebracht werden. Doch was tun Sie von den Regierungsparteien? Was tun Sie mit dieser Petition? Sie weisen sie dem Verkehrsausschuss zu. (Abg. Sieber: Dort gehört sie auch hin!) – Das ist zumindest positiv, aber Sie lassen keine Stellungnahme zu. Vor allem eines: Bundesminister Gorbach ist seit Jahren verantwortlich dafür, er hat zwar eine Verordnungsermächtigung gemäß Telekommunikationsgesetz, aber er hat diese Verordnung nicht geändert, damit es Anrainerrechte, damit es entsprechende Rechte der Gemeinden gibt.

Meine Damen und Herren! Das ist unglaublich! 420 Menschen haben diese Petition unterschrieben. Ich darf Ihnen diesen Fall kurz schildern: In dieser Gemeinde bestehen sieben Handymastenanlagen an vier Standorten. Diese Gemeinde hat 2 100 Ein­wohner, sie ist also wirklich keine Großgemeinde, sondern eine typische Gemeinde im ländlichen Raum. Ich halte es für völlig unverantwortlich, so gegenüber Bürgerinnen und Bürgern vorzugehen. Der Gemeinderat dort hat eine Resolution beschlossen, hat sich hinter die Bürgerinnen und Bürger gestellt.

Das Land Oberösterreich hat ebenfalls eine Resolution auf Basis eines Initiativantrages im Jahr 2005 beschlossen – das ist auch schon mehr als ein halbes Jahr her –, in der ganz klar gefordert wird: Wir brauchen Grenzwerte und ein Minimierungsgebot wie die Schweiz – das wäre zukunftsweisend –, und wir brauchen das Mitbestimmungsrecht der Gemeinden und selbstverständlich auch die entsprechende Wahrung der Anrainer-


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rechte! – Das wäre völlig klar. Das wird in der Öffentlichkeit breit diskutiert, aber wir warten und warten. Doch Minister Gorbach macht nichts, gar nichts! Das ist ein klares Versagen auf der ganzen Linie!

Meine Damen und Herren! Für den Umweltbereich ist die Petition 61 zur Senkung der Schwellenwerte für Intensivtierhaltung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung schon angeführt worden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist mit der Agrarreform?)

Meine Damen und Herren! Im Zuge der Behandlung dieser Petition gibt das Land­wirtschafts- und Umweltministerium eine Stellungnahme ab, die den Umweltminister desavouiert. Er sagt nämlich, dass es im ganzen Land bisher drei UVPs gegeben hat. Ich betone: drei Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren in ganz Österreich auf Basis dieses Gesetzes und dieser Schwellenwerte! Wenn man bedenkt, dass die aktuellen Schwellenwerte bei 2 500 Mastschweineplätzen oder bei 65 000 Mastgeflügelplätzen liegen, so muss man sagen: Das sind Dimensionen, die in Österreich kaum ein Betrieb erreicht.

Was Sie hier also verhindern und verweigern, ist eine angepasste, zielorientierte Schwellenwertverordnung, mit der Intensivbetriebe wirklich in die Pflicht genommen würden, sodass die Anrainer auch zu ihrem Recht kommen. Auch das verweigern Sie! (Abg. Mag. Wurm: Leider!) Sie wollen keine Zuweisung dieser Materie an den Umweltausschuss.

Ich komme jetzt zur angeführten „sozialen Gerechtigkeit“ und bin damit bei der schon zitierten Petition betreffend gerechte Agrarreform. Kollege Freund hat ja schon sehr breit ausgeführt, dass er meint, dass alles ganz super und bestens gelöst sei.

Meine Damen und Herren! Die betroffenen Bäuerinnen und Bauern sprechen ganz klar von einer kalten Enteignung – das ist nämlich der Fall –, und zwar von einer kalten Enteignung von Grundrechten. Zu Recht wurde eingemahnt, dass sich das Minis­terium, dass sich die Interessenvertretung der Bäuerinnen und Bauern, nämlich die Landwirtschaftskammer, noch einmal ernsthaft mit ihrem Anliegen beschäftigt.

Was ist der Fall? – Wir haben eine einzige Stellungnahme, und diese Stellungnahme ist von demselben Ministerium, welches die Verordnung erlassen hat.

Meine Damen und Herren! Das ist eine kuriose und völlig undemokratische Vorgangs­weise: Ein Ministerium wird doch seine eigene Verordnung nicht kritisieren!

Kollege Scheuch und Kollege Freund: Es gibt das Ministerium in seiner Stellungnahme sogar zu – das ist peinlich genug –, dass es auch andere Umsetzungsmöglichkeiten gegeben hätte, nämlich solche nach objektiven Kriterien. Das spricht eindeutig dafür, dass es sehr wohl möglich gewesen wäre, es besser umzusetzen, zumindest anders umzusetzen. (Abg. Murauer: Da gibt es eben verschiedene Meinungen dazu!) Schlussendlich weisen Sie diese Petition auch nicht dem Landwirtschaftsausschuss zu, wo man das hätte diskutieren können, Kollege Scheuch, und auch hätte reparieren können. Nein, Sie haben dem nicht zugestimmt!

Was ist jetzt draußen in der österreichischen Landwirtschaft Faktum? – Faktum ist, dass die AMA die Bescheide Anfang Jänner ausgestellt hat. Hunderte von Bäuerinnen und Bauern haben jetzt gegen diese Bescheide berufen. Wir werden gemeinsam mit diesen Bäuerinnen und Bauern vor den Verfassungsgerichtshof gehen. Es geht um eine ganz klare Fragestellung, weil nämlich eine Verordnung hier gar nicht ausreicht, meine Damen und Herren, um so wesentliche Eingriffe in bürgerliche Grundrechte vorzunehmen.

Es gibt ein aktuelles Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu einer ähnlich ge­lagerten Fragestellung, nämlich bezogen auf die Tierprämienverordnung aus dem


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Jahr 2000. Diese Tierprämienverordnung wurde vom Verfassungsgerichtshof im Dezember 2005 als verfassungswidrig erkannt, und zwar aus dem Grund, weil diese Verordnung Dinge in einem Bereich regelt, die nicht durch eine gesetzliche Basis, durch eine gesetzliche Regelung im Marktordnungsgesetz gedeckt sind.

Dort, wo die EU-Verordnung mehrere Umsetzungsmöglichkeiten zubilligt, dort, wo es verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten gibt, braucht es auch eine gesetzliche Rege­lung! Genau das geschieht derzeit in der gesamten Agrarpolitik in Österreich nicht! Sie versuchen, alles am Parlament vorbei zu bestimmen! (Abg. Freund: Stimmt gar nicht!) Na selbstverständlich stimmt das!

Ebenso verhält es sich beim nächsten Programm für die ländliche Entwicklung, das jetzt in Vorbereitung ist. Auch dieses Programm zur ländlichen Entwicklung sollte und muss – und ich bin davon überzeugt, dass es auch so kommen wird – durch dieses Parlament gehen, wenn es verfassungskonform geregelt sein soll. Sie werden sehen, dass wir Recht bekommen, und in diesem Sinne kann ich nur sagen: Ein Scheitern auf der ganzen Linie, Kollege Scheuch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.09.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Lieber Wolfgang Pirklhuber, ich habe gerade gesagt: Du hast mir den Krieg zu früh erklärt; warte erst einmal meine Stellungnahme zu diesem Thema ab!

Geschätzte Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit der Petition rund um die neu strukturierten Agrarförderungen, rund um die Betriebsprämie beschäftigen. Wir haben darüber im Landwirtschaftsausschuss schon vorher lang und ausführlich diskutiert. Wir haben einen eigenen Unterausschuss dazu gemacht. Wir haben sehr viele Experten befragt. Wir haben sehr viel darüber diskutiert. Wir haben damals den Weg des Bundes­ministers nicht verstanden, aber wir haben ihn sozusagen mangels anderer Entscheidungsmöglichkeiten auch mitgetragen. Das ist keine Frage! Ich stehe auch nicht an, zu sagen: Wir haben natürlich auch dieser Stellungnahme des Landwirt­schaftsministeriums zugestimmt.

Ich möchte aber auch – und das sage ich Ihnen hier ganz klar – betonen, dass gerade in den letzten Tagen, Wochen und Monaten sehr viele Bauern, Bäuerinnen in Kärnten auch an mich herangetreten sind, die mit diesem Betriebsprämienmodell Probleme haben. Ich glaube – zumindest nehme ich die Anregung von Herrn Kollegen Pirklhuber auf –, dass man sich sehr wohl noch einmal, vielleicht in einer kleinen Runde, zusam­mensetzen und zumindest über eine Änderung von Rahmenbedingungen diskutierten sollte, wodurch Problemfälle gelöst werden könnten.

Ich kenne konkret einen Fall bei mir daheim, da geht es um einen größer strukturierten bäuerlichen Betrieb, dessen Besitzer mir erklärt hat, er werde jetzt Grün wählen, weil du, Kollege Pirklhuber, als Einziger für das kämpfst. – Das glaube ich nicht, denn du willst ja die Förderung generell wegnehmen. Es handelt sich nämlich um einen ziemlich großen Betrieb. Der fällt jährlich konkret um 70 000 € um. Er bekommt jährlich um 70 000 € weniger Förderung, als ihm sozusagen vorher zugestanden sind, weil er das Problem gehabt hat (Abg. Mag. Gaßner: Wie viel bekommen die überhaupt?) – hör zu! –, dass er zwei große Ackerflächen gepachtet hat, die vorher ein anderer Betrieb gehabt hat. Das sind an die 400 Hektar. Das ist ein großer Betrieb, keine Frage. Der


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ehemalige Pächter hat die Rechte behalten, und der Verpächter hat keine Rechte zum Verpachten gehabt. In Wirklichkeit fehlen dem jetzt 70 000 €. Ich denke, dass das sehr wohl Anlass genug ist, dass man darüber nachdenkt.

Wir sind gerade dabei, gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer, gemeinsam auch mit den Vertretern von allen Parteien in Kärnten in der Kammer dieses Problem zu diskutieren und zu schauen, inwieweit man mit Ausnahmebestimmungen und Ausnah­meregelungen, dem Härtefonds und all diese Dingen in der Lage ist, das zu lösen.

Wir werden zuerst einmal versuchen, das über diese Ebene zu lösen. Das ist ein erster Ansatz. Sollte sich allerdings herausstellen, dass diese Probleme dort nicht gelöst werden können und das ganze Thema sich verschärft, dann wird vielleicht, muss ich ehrlich sagen, Kollege Pirklhuber einen Mitstreiter bekommen. Das kann ich aus heutiger Sicht noch nicht final beurteilen.

Eines ist klar: Egal, ob Koalition, ob Opposition, ich glaube, da steht keiner an: Ich mache Bauernberufsvertretung seit fünf Jahren mit sehr viel Engagement und sehr viel Freude, und wenn das wirklich zum Nachteil der Bauern ist und das nachhaltig beweisbar ist – momentan scheint es mir in vielen Bereichen doch noch ein bisschen Parteipolemik zu sein –, dann werden wir uns gemeinsam mit der ÖVP auch über Lösungsmöglichkeiten unterhalten. Ich bin davon überzeugt – ich weiß nicht, ob noch Nachredner von der ÖVP zu Wort kommen, die sich damit beschäftigen –, dass wir dann ja beim Bauernbund offene Türen einrennen werden, denn es wird weder im Interesse des Präsidenten der Landwirtschaftskammer, nehme ich an, noch im Interesse des Herrn Ministers sein, Bauern zu schaden. Also davon bin ich überzeugt, dass es das nicht sein kann. Vielleicht wird die Koalition eine Lösungsvariante präsentieren. Man wird andere Möglichkeiten prüfen.

Nur: Dass da landwirtschaftliche Betriebe, bäuerliche Betriebe um Geld umfallen, das kann es nicht sein, das darf es nicht sein. Ich bin nicht ganz d’accord mit deiner Argumentation, Kollege, was die Gemüsebauern und die anderen Betriebe und Bereiche betrifft. Dort ist nicht einzusehen, warum die Ausgleichszahlungen bekommen sollen, warum die einen KPA bekommen sollen, wenn sie bis jetzt andere Früchte angebaut haben. Das verstehe ich nicht ganz. Da sind wir nicht einer Meinung.

Wenn es allerdings Betriebe gibt, die vorher in diesem Bereich produziert haben und auch nachher in diesem Bereich produziert haben und nur deshalb, weil sie sozusagen Pachtflächen von anderen Betrieben bekommen, die aber nicht bereit sind, den Zahlungsanspruch aufzugeben, um Geld umfallen, dann wird man vielleicht eine Lösung finden, etwa derart, dass ein Zahlungsanspruch, wenn man ihn drei Jahre lang nicht einlöst, automatisch an den Betrieb fällt. Das wäre zum Beispiel ein Lösungs­ansatz, wo man sagt, dass dieser Zahlungsanspruch nicht in die nationale Reserve übergeführt wird, sondern dass man dafür Sorge trägt, dass der zwingend an den Nachpächter fällt. Damit könnte man das Problem vielleicht lösen. Darüber sollten wir diskutieren. Wir werden im nächsten Landwirtschaftsausschuss, der alsbald einmal tagen wird, im Rahmen der aktuellen Aussprache vielleicht darüber diskutieren und uns das anschauen.

Der Petitionsausschuss ist vielleicht in diesem Fall ohnehin nicht der richtige gewesen. Die Antwort zeigt uns, dass Handlungsbedarf besteht. Im Landwirtschaftsausschuss werden wir dann gemeinsam die Debatte darüber führen und hoffentlich im Interesse der Bäuerinnen und Bauern eine Lösung finden, die dann breite Zustimmung findet, wo alle Parteien dafür sind. Es kann im Interesse keiner einzigen Partei sein, dass bäuer­liche Betriebe um Gelder umfallen, die ihnen zustehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.14



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rada. 3 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.14.37

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Gerne gebe ich meinen Vorrednern Recht, die der Meinung gewesen sind, dass dieser Ausschuss für Petitionen und Bürgerrechte ein sehr interessanter Ausschuss ist im Zusammenprall mit verschiedensten Interessen, mit direkter Demokratieabhandlung. Umso mehr verwundert es mich, dass in diesem Ausschuss mehr und mehr Themen, die zur Debatte stehen, zur Kenntnis genommen, vertagt, absolut nicht zugewiesen und nicht behandelt werden.

Ich möchte mich genauso wie Abgeordneter Pirklhuber mit seiner Petition 71 beschäf­tigen, wo es um die Handymasten generell geht. Die Handymasten sind ein Problem in Österreich, wiewohl ich mich nicht zu jenen zählen möchte, die auf den Betrieb eines Handytelefons verzichten. Es geht einzig und allein darum, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Das geschieht aber nicht dadurch, dass wir eine derartige Petition einfach zur Kenntnis nehmen, sondern es geht darum, auch Maßnahmen zu setzen. Da meine ich nicht jene Maßnahme, die sich der Landeshauptmann von Nieder­österreich hat einfallen lassen, nämlich einfach zu besteuern. Ich verstehe nur nicht, dass eben jeder Betreiber auch seine eigenen Masten haben muss, und möchte gar nicht so sehr auf die landwirtschaftliche Problematik, auf die Landschaftsstruktur insge­samt eingehen, wenn so viele Handymasten in der schönen Natur stehen und nicht wirklich ortsbildfördernd sind, sondern vor allem darauf hinweisen, welche gesund­heitlichen Schädigungen es geben kann.

Dazu hat sich unsere Gesundheitsministerin noch nie zu Wort gemeldet, obwohl es noch keine gesicherten Beweise gibt, wie gesundheitsschädlich Handymasten tat­sächlich sind. Aber wir wissen von sehr vielen Bewohnern, die im Bereich von Handy­masten leben müssen, wie ihre Lebensqualität dadurch eingeschränkt ist.

Es wäre die wirklich notwendigste Aufgabe für eine Umweltministerin beziehungsweise eine Gesundheitsministerin, etwas in die Richtung zu unternehmen, dass man sich diesem Thema wissenschaftlich nähert. Sie möge daher einmal feststellen lassen, wie weit Elektrosmog, wie weit Frequenzen, die in verschiedensten Bereichen anfallen, gesundheitsschädlich sind.

Das wäre die Aufgabe einer hiefür zuständigen Ministerin – und nicht nur einfach mit einer Mehrheit im Ausschuss das zur Kenntnis nehmen. Das ist wirklich zu wenig!

Es ist auch eine Aufgabe der Regierung, sich mit solchen Themen zu befassen – auch wenn sie vielleicht der Meinung ist, dass das kein wirklich wichtiges Thema ist. (Ruf bei der ÖVP: O ja!) Für alle Betroffenen ist das wichtig!

Es wäre im Interesse des Ausschusses, dass nicht immer alles nur zur Kenntnis genommen würde, sondern solche Themen auch ernsthaft behandelt würden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. 3 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.17.59

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Im Rahmen dieses Sammelberichtes über Petitionen möchte ich mich jetzt auf die Petition betreffend Import- und Handelsverbot von Hunde- und Katzenfellen beschränken. Diese Petition haben wir im Ausschuss sehr ausführlich


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behandelt und dazu einige Stellungnahmen eingeholt. Es stimmt ganz einfach nicht, dass wir uns im Petitionsausschuss nicht damit befasst hätten, liebe Kollegin Wurm! Ihre Behauptungen, dass die Abgeordneten von den Regierungsparteien dies tolerie­ren und nichts dagegen tun würden, ist ganz einfach unrichtig!

Die Tatsache, dass in China, ja überhaupt in Asien Hunde und Katzen zum Zwecke der Vermarktung des Felles und des Leders misshandelt werden, ist erschreckend. Ich bin selbst Besitzerin von zwei Berner Sennenhunden, daher: Für mich ist es an sich unvorstellbar, wie tierquälerisch und grauenhaft Hunde und Katzen dort getötet werden!

Wichtig ist, richtige Maßnahmen zu setzen (Abg. Mag. Wurm: Importverbot!), Maß­nahmen, die auch Wirksamkeit haben, und nicht nur zu versuchen, eine Pro-forma-Lösung zu finden. Deswegen bin ich auch sehr dankbar dafür, dass meine Kollegin Ulrike Gabitzer-Baumgartner die Initiative für diesen gemeinsamen Antrag gesetzt hat, einen Antrag, den eine Kollegin von den Grünen eingebracht hat, wonach wir ein nationales Importverbot von Hunde- und Katzefellen rechtlich klären und geeignete Umsetzungsschritte prüfen wollen.

Ganz wichtig ist dabei auch, dass auf europäischer Ebene ein internationales Kenn­zeichnungssystem geschaffen wird, damit genau dem Einhalt geboten wird und damit man in Richtung jener Märkte sensibilisiert, wohin Hunde- und Katzenfelle geliefert beziehungsweise wo sie verarbeitet werden.

Es ist das jedenfalls ein Anliegen aller vier Parteien; deshalb eben auch dieser Vier-Parteien-Antrag. Festhalten und betonen möchte ich jedenfalls, dass das Thema Tierquälerei an sich sensibel behandelt werden und man sich auf andere Themen, wenn man wahlkampfmäßig unterwegs ist, beschränken sollte.

Ich bin aber froh und dankbar, dass sich alle eingebracht haben und dass es Maßnahmen geben wird, um diese grausamen Praktiken zu beenden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


21.20.30

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätz­ten Damen und Herren! Die Berichte des Petitionsausschusses zeigen wieder einmal sehr plakativ auf, in welchen Bereichen die Bürgerinnen und Bürger der Schuh drückt. Auch aus dem heute vorliegenden Sammelbericht ist die Sorge um den Verlust von Infrastruktur abzulesen. Weniger Exekutive, weniger Postämter, weniger Verkehrsver­bindungen: All das sind Themen, die vor allem die Menschen im ländlichen Raum ganz massiv bewegen.

Geschätzte Damen und Herren! Es macht eben einen Unterschied, ob man die Exekutive im Ort hat oder im Notfall warten muss, bis die Polizei entweder aus dem Nachbarort oder von viel weiter her anfährt. Es macht ebenfalls einen großen Unter­schied, ob das Postamt im Ort ist oder ob ich mich ins Auto setzen muss, um an meine Pakete zu kommen oder Briefe aufzugeben. Es macht ebenfalls einen Unterschied, ob ich mich mit dem Bus oder der Bahn in akzeptablen Intervallen von A nach B bewegen kann oder ob ich auf das Auto angewiesen bin. (Abg. Mag. Wurm: Wenn Sie eines haben!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Während weniger Postämter und schlechterer Nahverkehr für mobile berufstätige Menschen im ländlichen Raum im besten Fall ein massives Ärgernis bedeuten, ist dies für die ganz jungen Menschen und speziell für die


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älteren Bürger ein ernstes Problem, denn wie soll man diese längeren Wege bewäl­tigen, wenn man noch nicht oder nicht mehr mit dem Auto fahren kann.

Meine Damen und Herren! Gerade aus diesen ganz praktischen Gründen stehen Petitionen und Bürgerinitiativen, die den Verlust bestehender Infrastruktur und die Ausdünnung der Versorgung vor allem in ländlichen Regionen zum Thema haben, regelmäßig auf der Tagesordnung des Petitionsausschusses, weil derartige Entwick­lun­gen grundsätzlich viel weniger Lebensqualität für die Menschen bedeuten. Daher ist es von unserer Seite her absolut nicht akzeptabel, dass immer wieder unter den gleichen Ansprüchen speziell der ländliche Raum ausgedünnt wird. Wir werden auch weiterhin die Diskussion darüber führen, dass die Regierungsparteien hier Vorreiter und Entwicklungsschädiger sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.23.05

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Hohes Haus! Als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in meiner Heimatgemeinde kann ich der Petition 62, in der die kostenlose Schutzimpfung gegen eine Hepatitis B-Infektion für freiwillige FeuerwehrhelferInnen gefordert wird, einiges abgewinnen.

Die vielseitigen Einsätze bringen auch eine Vielzahl an Gefahren mit sich. Es ist aber bei weitem nicht jeder Feuerwehrmann in der Risikogruppe für solche Infektionen. Diese Meinung teilt auch die Verbandsleitung der Feuerwehr Vorarlberg. Es gilt daher, in Gesprächen mit den Verantwortlichen auszuloten, welche Gruppen diese Schutz­impfung dringend benötigen. Wir werden zu dieser Petition also sicher noch weitere Diskussionen führen.

Den Rest meiner Redezeit möchte ich aber der Petition 69 widmen, in der Kollege Pirklhuber einmal mehr die GAP-Reform kritisiert. Nach reiflicher Überlegung hat sich Österreich für dieses Modell entschieden, weil es für die bäuerlichen Familienbetriebe erhebliche Vorteile mit sich bringt. Ich nenne nur die Sicherung der Milchquote bis 2014, denn ohne die Quoten würde die Milchproduktion aus unseren Berggebieten verschwinden. Ich nenne die Erhöhung der Mutterkuhquote um 50 000 Rinder, was zur Folge hat, dass ein wesentlich größerer Personenkreis Zugang zu dieser Möglichkeit hat, weil nun auch alle Fleischrassekalbinnen in diesem Programm enthalten sind.

Nicht umsonst blicken viele europäische Landwirte staunend auf Österreichs Verhand­lungsergebnisse. All das würden Sie mit einem Aufschnüren dieses Paketes wieder gefährden, und das wäre unverantwortlich unseren Bäuerinnen und Bauern gegen­über. Natürlich sind wir bereit, über Probleme, die bestehen, zu diskutieren, aber, bitte, dieses Paket können und dürfen wir nicht mehr aufschnüren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es ist nicht gesetzeskonform!)

Zur Darstellung, dass alle Prämienansprüche beim Vorpächter bleiben, ist anzu­merken, dass es sehr wohl die Möglichkeit einer Vorabübertragung gegeben hat, die auch von vielen Betrieben genutzt wurde, weil es auch für den Vorpächter nicht möglich ist, die Prämie ohne die dafür erforderliche Fläche zu nutzen.

Auch widersprechen Sie sich in Ihrer Argumentation, denn einerseits fordern Sie, dass die Prämienzahlungen beim tatsächlichen Bewirtschafter bleiben sollen, andererseits pochen Sie auf die demokratischen Grundrechte, sprich das Eigentumsrecht. Wie hätten Sie es denn nun gerne? Auch die Gleichbehandlung ist natürlich gegeben, denn dieses Gesetz gilt selbstverständlich für alle Betriebe. Ihre Kritik am Bemessungs­zeitraum müssten Sie mir aber bei Gelegenheit erklären, denn jedes andere System


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würde unweigerlich zu einer Verzerrung führen und eine Finanzierung unmöglich machen.

Sie, Herr Pirklhuber, geben auch gerne vor, die Interessen der Bergbauern zu ver­treten. Wenn es Ihnen damit ernst wäre, müssten Sie wissen, dass die Entkoppelung dazu führt, dass die Alpwirtschaft und damit die Viehhaltung in der Bergregion gesichert sind, weil die anteiligen Futterflächen der Alpen benötigt werden, um die Zahlungsansprüche vollends ausnützen zu können. Wenn es Ihnen mit der Vertretung der Interessen der Bauern ernst ist, dann reden Sie mit Leuten, die von dieser Materie auch etwas verstehen. Reden Sie mit unserem Minister Sepp Pröll, reden Sie mit Fritz Grillitsch, reden Sie mit unserem Landwirtschaftskammerpräsidenten, reden Sie mit den Funktionären und Mitgliedern des Österreichischen Bauernbundes, denn wir sind die Vertretung der österreichischen Landwirtschaft! (Beifall bei der ÖVP.)

21.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Grossmann 3 Minuten. – Bitte.

 


21.26.30

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorredner – oder reden Sie mit Heinz Gradwohl, denn der versteht mehr von der Landwirtschaft als Sie alle zusammen! Das wäre meine Empfehlung zu diesem Thema. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Themenpalette der eingebrachten Petitionen und Bürgerinitiativen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird erfreulicherweise immer breiter. Neben allgemein­politischen Themen betrifft eine Vielzahl der Petitionen das Lebensumfeld der Men­schen, die Lebensqualität, die Lebensgrundlagen, die Gesundheit. Besonders häufig sind Petitionen, die wegen Verletzung von Anrainerinteressen eingebracht werden, wie etwa die Petition 71: „Initiative zur Verhinderung weiterer Handymasten im Feyregger Wohngebiet“.

Es gibt, wie ich meine, kaum einen Bezirk, in dem das Problem der Handymasten noch nicht aufgetreten ist. Wenn man überall mobil erreichbar sein will, dann erfordert das natürlich auch entsprechende Sendeanlagen, aber völlig ungelöst ist nach wie vor die Standortfrage.

Kollege Pirklhuber hat hier schon die vertretenswerten Anliegen geschildert: Mit­spracherecht der Anrainerinnen und Anrainer, entsprechende Grenzwerte, das Mini­mierungsgebot nach Schweizer Vorbild. In Österreich hat sich die Politik um eine verbindliche Lösung bisher leider gedrückt mit der Konsequenz, dass das Gesetz gilt, der Lautere hat Recht. Das heißt, wenn sich Anrainerinnen und Anrainer entsprechend organisieren und lautstark artikulieren, dann machen die Mobilfunkbetreiber aus Imagegründen meist einen Bogen um diese Gegend, und jenen, die nicht schreien, wird dann der Sender vor die Nase gesetzt.

Glücklicherweise waren die Betroffenen in diesem Gebiet so couragiert und haben sich gewehrt. In meinem Bezirk Voitsberg hat es ähnliche Fälle gegeben. Einmal wollte man auch inmitten eines Wohngebietes einen Handymast auf einem Dach aufstellen, ein anderes Mal sogar in der Nähe einer Volksschule. Der Einwand der Gesundheits­gefährdung wäre nach einer Rechtsexpertise völlig ins Leere gegangen, weil diese eben nicht offiziell bestätigt ist, obwohl es zahlreiche Studien gibt, die das belegen, aber die Mobilfunkbetreiber sind natürlich rasch mit einem Gegengutachten zur Stelle.

Wie mein Kollege Rada hier schon angemerkt hat, wäre eine verbindliche Studie des Gesundheitsministeriums, die eben nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch


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die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nimmt, wirklich höchst fällig. Im Falle meines Bezirkes – das möchte ich Ihnen auch kurz berichten – haben sich die Bürger­meister dadurch beholfen, dass sie sich im ablehnenden Bescheid auf eine Beein­trächtigung des Ortsbildes berufen haben, weil die mögliche Gesundheitsgefährdung als Grund nicht ausreichend gewesen und von der übergeordneten Instanz als rein subjektive Empfindung abgetan worden wäre.

Wenn sich also in diesem Fall die Menschen von der Politik überfahren fühlen, dann ist das wohl kein Wunder. Eine Klarstellung mit einer entsprechenden Interessen­abwägung ist hier wirklich dringend notwendig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Schweisgut ist der nächste Redner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.30.04

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bewundere den Mut meiner Vorrednerin, der Frau Abgeordneten Gross­mann, dass sie die Kenntnisse der Personen so einschätzen kann. Ich hoffe, dass ihre anderen Kenntnisse in der Politik höher sind als ihre Kenntnisse von ihren KollegInnen. (Abg. Reheis: Sehr charmant!) Aber das vielleicht nur kurz vorausschickend.

Auch ich möchte mich zu einer Bürgerinitiative zu Wort melden, nämlich zu Nummer 27. Es ist von unserer Vorsitzenden mit diesem Thema angefangen worden, auch meine Tiroler Kollegin hat sich mit dem Import von Hunde- und Katzenfellen beschäftigt.

Ich denke, dass dieser heutige Vier-Parteien-Antrag eigentlich eine sehr gute Lösung für ein Thema darstellt, das anders nur sehr schwierig zu lösen gewesen wäre, auch wenn man glaubt, dass man einen Beschluss fassen kann. Ich weiß aus verschie­denen anderen Bereichen, dass es einfacher ist, wenn man nicht versucht, etwas über eine gesetzliche Handhabe zu regeln, sondern das muss man wirklich auf euro­päischer Ebene regeln. Tirol zum Beispiel liegt direkt an der deutschen Grenze, in Deutschland besteht kein Importverbot, das heißt, über den deutschen Markt können durch den freien Handel jederzeit Hunde- und Katzenfelle hereinkommen. Wenn man wirklich im Sinne der Hunde und Katzen handeln will, wäre es somit sinnvoll, das generell als gesamteuropäisches Projekt zu sehen.

Ein erster Schritt ist es sicherlich, es in Österreich zu verbieten, aber denken Sie an die Pelztierhaltung. Auch dort hat man eigentlich schon mit der Erhöhung der Unzu­mutbarkeit im Jahr 1998 erreicht, dass es seit damals keine Pelztierfarmen in Österreich mehr gegeben hat, obwohl dies erst im Jahr 2004 mit dem neuen Tier­schutzgesetz verboten worden ist. Das heißt, wenn man die Rahmenbedingungen verschlechtert und die Aufklärung der Bevölkerung in verstärktem Maße forciert, bin ich zuversichtlich, dass es über einen freiwilligen Verzicht sicher auch zu einer deutlichen Reduktion von Importen kommt.

Aber nichtsdestotrotz halte ich es für gut, dass dieser Vier-Parteien-Antrag gekommen ist, dass wir uns auch mit diesem Problem beschäftigen. Auch wenn ich die Berichte, die Herr Karremann im Fernsehen bringt, nicht immer als hundertprozentig richtig und objektiv sehe, leistet er doch einiges dazu, dass Tierleid auch aus fernen Ländern zu uns herdringt und man da vielleicht einiges ändern kann.

Ich glaube, dass unser Ziel ein EU-weites Verbot sein muss. Gleichzeitig sollte der Bevölkerung doch klar werden, dass das Ganze ein Verwenden von Hunde- und Katzenfellen nicht explizit ausschließt, sondern dass in bestimmten Situationen sicher


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das eine oder andere Hunde- und Katzenfell weiterhin in Verwendung bleiben wird, weil ein Importverbot das Ganze ja nicht endgültig löst. (Beifall bei der ÖVP.)

21.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. Er spricht 3 Minuten zu uns. – Bitte.

 


21.33.05

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben ja heute schon gehört, dass die Arbeit im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen trotz oftmals sehr unterschiedlicher Auffassungen über weite Strecken doch wieder sehr konstruktiv abläuft. Aber ich möchte schon sagen, dass man ab und zu starke Nerven braucht, um diesen Ausschuss überstehen zu können. Ich sage das natürlich als Abgeordneter der Opposition.

Ich verstehe, dass das Arbeitsleid des Kollegen Brader in diesem Ausschuss geringer ist als meines, insbesondere wenn man an die unzähligen Vertagungsbeschlüsse denkt, die bei besonderen Vorlagen immer wieder gefasst werden. Ich möchte ganz ehrlich sagen, ich glaube, wir müssen aufpassen, dass diese Vorgehensweise diesen Ausschuss nicht ad absurdum führt. Das ist, wie ich meine, ganz wichtig. Kollegin Haidlmayr hat schon darauf hingewiesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen: Petition 61. Es geht dabei um die Senkung der UVP-Schwellenwerte und die Erweiterung der Bürgerbeteiligung – heute auch schon ein Thema. Ich glaube einfach, dass dieses Problem wirklich unterschätzt wird, und es tut mir Leid, es ist einfach schade, dass wir die Regierungsfraktionen nicht überzeugen konnten, diese Vorlage in einen Ausschuss zu bringen.

Es ist problematisch, wenn sich ein Betrieb mit Intensivtierhaltung enorm erweitern darf, ohne dass die Anrainer in irgendeiner Form mitwirken dürfen. Das ist wirklich ein Problem, und es ist ein Faktum, dass die UVP-Schwellenwerte viel zu hoch angesetzt sind. Auch das ist schon angesprochen worden.

Interessant ist die Stellungnahme des Umweltministeriums, das meint, dass die UVP-Schwellenwerte ausreichend sind. Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass gerade diese Stellungsnahme absolut kein Signal in Richtung ganz moderner Umwelt­stan­dards ist.

Wir werden auf alle Fälle – und das darf ich hier sagen – nicht lockerlassen, den betroffenen Anrainern zu ihrem Mitspracherecht zu verhelfen.

Noch einen Satz zu Petition 69, weil das ebenfalls heute schon Thema war. Jawohl, ich glaube, die unabhängige Initiative kritisiert zu Recht das derzeitige Betriebs­prämien­modell, wo Landwirte ungleich behandelt werden. Kollege Scheuch hat es letztlich ja auch bewiesen. Ich freue mich schon auf den nächsten Landwirtschaftsausschuss, bezüglich dessen er angekündigt hat, das wird eine etwas wilde Geschichte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, das meine ich auch. Ich glaube auch, dass das nicht so heiß gegessen wird, wir haben das ja schon etliche Male gehört.

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit auch wirklich das ungerechte Fördersystem, das noch sehr allgemein gilt, kritisieren, weil es noch immer so ist, dass 20 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe 80 Prozent der Förderung bekommen. Ich darf von dieser Stelle aus sagen, wir werden keine Gelegenheit auslassen, diese Ungerechtigkeit immer wieder aufzuzeigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Kurzbauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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21.36.29

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich in meinen Ausführungen mit Petition Nummer 64 beschäftigen. Es geht hier um Lärmschutzmaßnahmen bei der Ortsdurchfahrt von Altlengbach im Bereich der West Autobahn vom Knoten Steinhäusl. Auf diesem Streckenabschnitt fahren rund 60 000 Fahrzeuge pro Tag, wobei der Anteil von LKW bei den Tagfahrten ungefähr 15 Prozent beträgt und rund 25 Prozent bei den Nacht­fahrten.

Geschätzte Damen und Herren, dieser Knoten Steinhäusl ist einer der schwierigsten und kompliziertesten Fälle für die Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen bei Auto­bahnen. Aus diesem Grunde wurde auch einer der bekanntesten oder besten Experten eingesetzt, um Lösungen für einen optimalen Lärmschutz zu erarbeiten. Einerseits geht es um die Wirtschaftlichkeit dieses Projektes, und andererseits geht es doch um den optimalen Schutz für die Anrainer.

Die Untersuchungen werden in den kommenden Wochen abgeschlossen, und der Lösungsvorschlag wird letztlich der Bevölkerung, der Bürgerinitiative, den Verant­wortungsträgern, aber vor allem der ASFINAG präsentiert. Mit dem Bau der Lärm­schutzmaßnahmen in diesem Streckenabschnitt wird aus heutiger Sicht noch in die­sem Jahr beziehungsweise zu Beginn des Jahres 2007 begonnen werden.

Der zweite Bereich ist der Streckenabschnitt vom Knoten Steinhäusl Richtung Westen zur Auffahrt St. Christophen. Dort laufen derzeit die Ausschreibungen für die Ver­breiterung der West Autobahn. Noch im ersten Halbjahr dieses Jahres, also in wenigen Monaten, wird mit den Bauarbeiten begonnen. Im Zuge dieser Bauarbeiten – da geht es um die Verbreiterung – werden selbstverständlich die notwendigen Lärmschutz­maßnahmen auch eingebaut.

Also ich fasse kurz zusammen: Knoten Steinhäusl: Beginn der Lärmschutzmaßnahmen Ende 2006/Anfang 2007 und der Ausbau der West Autobahn im Bereich St. Chris­tophen bis Knoten Steinhäusl noch Mitte dieses Jahres. (Beifall bei der ÖVP.)

21.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Bayr 3 Minuten. – Bitte.

 


21.39.17

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vor vielen, vielen Monaten haben sich irgendwo im stillen Kämmerlein die Vertreter der internationalen Konzerne der Schuh-, Textil- und Bekleidungsindustrie zusammen­gesetzt und darüber beraten, was denn im Winter 2005/2006 top und aktuell sein wird. Herausgekommen sind unter anderem Pelzkrägen und Pelzstiefel. Es ist Tatsache, dass die Bezeichnungen, die diese Produkte tragen, sehr oft verwirrend sind. Da ist von Echtpelz oder von orthopädischem Leder die Rede, und die KonsumentInnen werden in die Irre geführt. Es ist auch sehr oft für Fachleute unheimlich schwierig, festzustellen, um welche Pelze es sich im Konkreten handelt.

Wir wissen, dass Hundefelle oft aus Nordchina kommen, wo Hunde bei minus 20 Grad und weniger im Freien gehalten werden, damit die Pelze schön dicht werden. Diese Hunde werden dann bei lebendigem Leib gehäutet. Wir wissen, dass Katzen mit Drahtschlingen erdrosselt werden und ihr Todeskampf Minuten dauert. Es ist klar – darin sind wir alle uns auch einig –: Pelzzucht, diese Form von Fellzucht im Speziellen, ist inhuman. Die Deklaration dieser Produkte fehlt, und bislang gab es keine gesetzliche Handhabe, gegen den Import vorzugehen.


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Ich begrüße es sehr, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag gibt. Es ist auch nach­zulesen, dass in vielen anderen Ländern, wie Belgien, Italien, Frankreich, Griechenland und Dänemark, schon nationale Regelungen bestehen, in Deutschland wird auch gerade eine Regelung diskutiert. Und natürlich ist es wünschenswert, auch auf EU-Ebene zu einem Importverbot zu kommen.

Ich bin wirklich sehr froh darüber, dass wir diesen Weg des Vier-Parteien-Antrages beschreiten und nicht den Weg, den das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ursprünglich dem Petitionsausschuss vorgeschlagen hat, das da schreibt:

„Derzeit wäre es wünschenswert, durch entsprechend großen medialen Druck ein Umdenken auf internationaler Ebene zu erreichen. Gleichzeitig ist Aufklärungsarbeit unverzichtbar, zumal die wenigsten Konsumentinnen und Konsumenten über die Ver­wendung von Hunde- und Katzenfellen in der Pelzindustrie und bei der Herstellung von Kinderspielzeug informiert sind.“

An wen richtet sich denn dieser Appell, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, wenn nicht an das Ministerium selbst? – Ich finde es fein, dass wir in Sachen Tierschutz hier im Hohen Haus eine wesentlich deutlichere Sprache sprechen, als es das Ministerium in dieser Frage getan hat, und ich stehe voll zu diesem Vier-Parteien-Antrag. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Pack ist der nächste Redner. Auch er hat eine Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


21.41.57

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! So ziemlich jeder Vorredner und jede Vorrednerin hat bereits erwähnt, dass Petitionen oder Bürgerinitiativen ein wichtiger Bestandteil einer Demokratie sind und natürlich auch die direkte Beteiligung der Bevölkerung an den politischen Prozessen fördern. Ich sehe das genauso.

Man kann wirklich sagen, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Instrument auch schätzen. Wir merken das ja auch an den zahlreichen Petitionen und daran, dass die Mitglieder des Ausschusses ihre Arbeit ernst nehmen.

Es ist ja auch interessant, wie die „Wiener Zeitung“ über diesen Ausschuss schreibt. Sie hat eine Kolumne darüber, was heute im Nationalrat passiert, und da schreibt sie:

„Weiter geht es dann mit einem Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen. Debattiert wird dabei alles Mögliche von kostenlosen Hepatitis-Impfungen für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr über die Reform der Polizei in St. Pölten bis hin zur EU-Agrarreform und einem Verbot des Hundefell-Imports. Wie immer sind einige der zu diskutierenden Punkte auch schon überholt. So ist die Bürgerinitiative zum Erhalt der Kaserne Aigen letztlich hinfällig, da sie den Schließungsplänen des Verteidigungsministeriums ohnehin nicht zum Opfer gefallen ist.“

In diesem Artikel müsste eigentlich auch noch stehen: Das war in den Plänen des Ministeriums nie enthalten, und auch damals, als diese Bürgerinitiative eingereicht wurde, war das schon längst vom Tisch.

Das ist auch die Gefahr: Viele Kollegen der Opposition haben sich in ihrer Rede darüber beschwert, dass so viele Petitionen nur zur Kenntnis genommen werden. Das ist aber irgendwie logisch, denn wenn Petitionen wie jene von Frau Kollegin Fleckl eingebracht werden, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als sie zur Kenntnis zu


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nehmen, denn sonst kann man damit nichts machen. Mit diesen Bürgerinitiativen wird nur politische Hetze betrieben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Noch ganz kurz zum Thema Handymasten. Diesen Bereich muss man natürlich ernsthaft beobachten, aber man darf nicht unnötig Panik verbreiten. Es gibt noch keine gesicherten Daten über die Beeinflussung der Gesundheit – also nicht unnötig viel dazu sagen!

Ich darf Ihnen eine kurze Geschichte dazu aus meiner Heimatstadt erzählen: In meiner Nachbarschaft wurde solch ein Mast aufgestellt. Schon bei der Aufstellung war der Mast defekt, aber trotzdem hatte die gesamte Bevölkerung plötzlich große Schlaf­probleme, ein Teil deswegen, weil ja der Handymast aufgestellt wurde. – Schuld daran war ein fleißiger Nachbar, der allen erzählt hatte, wie gesundheitsschädigend das ist. Mittlerweile ist dieser Handymast in Betrieb, und die Bevölkerung schläft dort sehr gut.

Man darf hier nicht unnötig Polemik betreiben, sondern man soll es ernst nehmen und auch gut beobachten. (Beifall bei der ÖVP.)

21.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Keck 3 Minuten. – Bitte.

 


21.45.09

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Bereits zum wiederholten Male erlebe ich es heute, dass wichtige Materien, mit denen uns besorgte und engagierte Bürgerinnen und Bürger unseres Landes konfrontieren, still und heim­lich hier in diesem Haus abgefertigt werden, „endabgewickelt“ mit dem Verweis auf angebliche Unzuständigkeiten oder vermeintlich zu hohe Kosten. So sorgen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, mit Ihrer Mehrheit immer wieder für einen Abbruch aller Debatten über wichtige Themen.

Ein Beispiel der heutigen Tagesordnung dazu ist die Petition 62 betreffend kostenlose Schutzimpfungen gegen Hepatitis B für freiwillige Feuerwehrhelferinnen und Feuer­wehrhelfer. In dieser Petition wird nichts anderes gefordert als etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich der Gesundheitsschutz von Menschen, die ihre Freizeit, ihr Know-how zur Verfügung stellen, im ganz Konkreten auch ihr Wohlergehen und ihre Gesundheit unentgeltlich für die Gesellschaft riskieren. Was für die Mitar­beiterInnen der heimischen Rettungsdienste selbstverständlich ist, nämlich die kosten­lose Impfung gegen Hepatitis B, sollte im Sinne der Petition auch für betroffene Feuerwehrleute möglich werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine einfache Änderung des ASVG würde dies ermöglichen, meine Damen und Her­ren. Die Kosten wären, glaubt man den echten Praktikern anstatt den überzogenen Theorien realitätsferner Ministeriumsbeamter, überschaubar.

Dass die Erfüllung der Petition nichts Unanständiges wäre, bescheinigt übrigens auch die Stellungnahme des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates. Er sieht Feuer­wehrleute wie die Mitarbeiter des Samariterbundes und des Roten Kreuzes als Erst­helfer und Hochrisikogruppe.

Bei Unfällen, meine Damen und Herren, leisten Feuerwehrleute Bergearbeit. Selbst bei Anwesenheit von Rettungsdiensten arbeiten sie mit diesen zusammen. Jeder, der behauptet, für die Feuerwehrleute würden Glasscherben, geborstenes Blech oder das Blut der Unfallopfer keine Gefahr darstellen, der beweist mit seiner Aussage höchste Ignoranz vor der wertvollen Arbeit, die von diesen Menschen tagtäglich geleistet wird. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich fordere Sie daher auf: Meine Damen und Herren, beenden Sie endlich Ihre Blockadehaltung in Bezug auf Feuerwehrleute, und lassen Sie Ihren sonst so üblichen Sonntagsreden im Bereich der Feuerwehren auch endlich die notwendigen Taten hier in diesem Hohen Haus folgen! Eine vorenthaltene Impfung darf es nicht sein, wegen der wir die Gesundheit von Menschen, denen wir zu tiefstem Dank verpflichtet sind, sträflich riskieren.

Herr Klubobmann Molterer und Herr Klubobmann Scheibner, lehnen auch Sie diese Kenntnisnahme ab und sorgen Sie doch dafür, dass diese Petition dem Sozial- und Gesundheitsausschuss zugewiesen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

21.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung in dieser Debatte: Frau Abgeord­nete Fleckl. 3 Minuten. – Bitte.

 


21.47.55

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Bei der Bürgerini­tiative Nr. 26 zum Erhalt der Kaserne Aigen, die heute schon sehr oft erwähnt wurde, geht es um nichts anderes als darum, dass sich eine Region, ein Bezirk, Mandatare, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister überparteilich zusammengeschlossen haben und sich gegen diese Schließungswelle und auch gegen diese Liste der zu schließen­den Kasernen des Herrn Bundesministers Platter wehren; gegen eine Schließungs­welle, die eine Region getroffen hat beziehungsweise hätte, die ohnedies schon von Schließungen in der Vergangenheit getroffen war: Postämter, Bezirksgerichte und Gendarmerieposten.

Die Bevölkerung und 300 Beschäftigte einer Kaserne mussten aus den Medien erfahren – aus den Medien!, später hat auch Herr Bundesminister Platter nach mas­sivem Druck die Existenz dieser Liste bestätigt –, dass wieder einmal eine Kaserne nicht nur in der Steiermark, sondern auch in unserem Bezirk geschlossen werden soll.

Ich glaube, Herr Kollege Fauland hat das letzte Frühjahr verschlafen. Er ist seit Juli 2004 im Parlament und hat die Debatte und die vielen Anfragen an den Herrn Bundesminister mit Sicherheit verfolgt, polemisiert jetzt aber und spielt mit den Ängsten dieser Menschen, die aus den Medien erfahren mussten, dass es um ihre Arbeitsplätze geht, dass diese Liste betreffend Schließung von Kasernen nicht existiert hätte.

Fahren Sie nach Radkersburg, fahren Sie nach Leibnitz, fahren Sie nach Graz bis zum Jahr 2009, und erklären Sie den Menschen, dass die Schließung ihrer Kasernen reine Erfindung ist! (Abg. Murauer: Wissen Sie, dass die SPÖ mitgestimmt hat?)

Die Kaserne Aigen mit ihren SoldatInnen hat in der Vergangenheit hervorragende Arbeit geleistet! Der letzte Winter und die Katastrophenschutz-Einsätze im Sommer haben gezeigt – das durfte auch die ehemalige Frau Landeshauptmann Klasnic miter­leben; wenn Sie es nicht wissen, vielleicht fragen Sie sie, sie hat ja jetzt Zeit genug, um Ihnen Auskunft zu geben –, wie wichtig unser Bundesheer, wie wichtig unsere Kaserne Aigen in unserer Region ist, als vom Bundesheer viele hundert Kinder von der Planner Alm gerettet, evakuiert und ins Tal gebracht wurden. Fragen Sie die ehemalige Frau Landeshauptmann Klasnic, sie hat es selbst miterlebt! Dort haben unsere Soldatinnen und Soldaten ihre Kompetenz und Wichtigkeit unter Beweis gestellt.

Die Stellungnahme des Herrn Bundesministers erklärt noch lange nicht, dass die Kaserne Aigen auf immer und ewig erhalten bleibt. Die Alouette III laufen im Jahr 2015 aus. Und ich empfehle dem Herrn Kollegen Fauland die Homepage des Bundes­ministeriums für Landesverteidigung, auf der das klar festgeschrieben ist.

Ich würde mir wünschen, der Herr Bundesminister würde eine klare Aussage dahin gehend treffen, dass Aigen ein Katastrophenschutz- und ein Hubschrauber-Ausbil-


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dungs­zentrum wird, und nicht irgendwelche Stellungnahmen über das Jahr 2010 hinaus abgeben, denn das wird den Menschen in Aigen und in unserer Region mit Sicherheit nicht helfen.

Stehen Sie zum Bundesheer, stehen Sie zu unseren Soldatinnen und Soldaten, und stehen Sie zu unserer Region! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich!)

21.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr – überraschend – Herr Abge­ordneter Scheibner gemeldet. Redezeit: 5 Minuten; Redezeit der Fraktion: 43 Minu­ten. – Bitte.

 


21.52.09

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Es gibt Debatten­beiträge, auf die man wirklich eingehen muss. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Ja, lieber Freund, eben, genau das ist es, genau darum geht es mir.

Eine sozialdemokratische Abgeordnete kommt hier heraus, tut so, als würde sie für das Bundesheer kämpfen, und fordert uns – uns, die Regierungsparteien! – auf, hier für das Bundesheer und für die Soldaten einzustehen. Das ist ja wirklich – nein, ich erspare mir jetzt die Beurteilung, aber da werde ich wirklich emotional! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Gerade Sie – gerade Sie! –, wo doch Ihre Fraktion, Ihre Parteigänger auch in den Bundesländern und in den Gemeinden dann, wenn es darum geht, auch unangenehme Dinge mitzutragen, die eben einmal bei der Landesverteidigung vorkommen, die auch Geld und Gerät erfordert, zu Lande und in der Luft, keine Gelegenheit auslassen, gegen genau diese Prinzipien zu Felde zu ziehen! In jedem Wahlkampf bringen Sie vor, was wir alles nicht brauchen! In jedem Wahlkampf bringen Sie das! Und dann stellen Sie sich hier heraus und agitieren plötzlich so, als wären Sie der große Bundesheer-Verteidiger gewesen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie selbst – Sie selbst! – haben in der Bundesheerreformkommission mitgestimmt, dass 40 Prozent der Liegenschaften des österreichischen Bundesheeres verkauft werden sollen. Da gab es einstimmige Beschlüsse! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In der Bundesverfassung steht, Frau Kollegin, dass die Länder an der Garnisonierung des Bundesheeres mitwirken. Das heißt, Sie könnten sich auch in Ihrer Region, in Ihrem Bundesland, bei Ihrem Landeshauptmann dafür einsetzen, dass hier mitge­arbeitet, mitgeholfen wird, dass man die Standorte des österreichischen Bundesheeres erhalten kann. (Abg. Dr. Matznetter: Zusperrer!) – Lesen Sie die Bundesverfassung!

Auch ich bin der Meinung, dass man hinsichtlich der Standorte des Heeres, der Kaser­nen, der Liegenschaften nicht nur nach betriebswirtschaftlichen Argumenten vorgehen soll, da das Bundesheer selbstverständlich auch einen wichtigen ... (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Da werden Sie nervös, das verstehe ich schon, aber ich sage Ihnen: Hier spricht die Überzeugung – bei Ihnen nur die Parteipolitik, und das ist der große Unterschied zwischen Ihnen und mir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch ich bin der Meinung, dass man hier nicht nur nach betriebswirtschaftlichen Überlegungen vorgehen soll und dass man auch eine Kaserne, die sicherheitspolitisch vielleicht nicht unbedingt notwendig ist, erhalten sollte, weil es auch einen wehr­politischen Zweck, einen arbeitsmarktpolitischen und einen wirtschaftspolitischen Zweck gibt! Aber dann muss man auch bereit sein, diese Gelder zur Verfügung zu stellen, denn es geht nicht, dem Bundesheer nur alles aufzubürden – Sicherheit,


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Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarktpolitik –, aber nicht bereit zu sein, dafür auch einzu­stehen, auch in Ihren Wahlkreisen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, es geht nicht, die Aufwendungen für die Sicherheit gegen andere Dinge aufzurechnen, zum Beispiel wie viele Kindergartenplätze man dafür finanzieren könnte, wie viele Straßen man bauen könnte, wie viele Eisenbahnen, wie viele Pensionen man sichern könnte.

Stehen Sie gemeinsam mit uns auch dazu, dass man das Landesverteidigungsbudget anhebt und dass man immer für die Soldaten einsteht, die mit ihrem Leben und mit ihrer Gesundheit für unsere Sicherheit bürgen, und sie nicht zum Thema von unglaub­lichen Negativ-Kampagnen in Wahlkämpfen macht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Damit können Sie sich auszeichnen – nicht mit solchen Reden hier heraußen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie Bravorufe bei den Freiheitlichen.)

21.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr erlebt die Debatte eine späte Blüte: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. 4 Minuten Redezeit; Restredezeit seiner Fraktion: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer: Wehrexperte Cap!)

 


21.56.13

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Recht hat er gehabt, Ihr Vorsitzender, als er gemeint hat, Sie würden am liebsten jeden einzelnen Wehrdiener in der Früh per­sönlich liebevoll aufwecken. Sie haben uns heute bewiesen, dass Sie eine spezielle Beziehung zum Bundesheer haben (Abg. Scheibner: Gott sei Dank!) – das ist auch gut so –, aber dann hätten Sie sich ein bisschen mehr einsetzen sollen, als es um die Frage der Verteilung der Mittel im Bundesheer gegangen ist.

Denn in der letzten Sitzung des Sicherheitsrates, in der die Vertreter verschiedener Waffengattungen anwesend waren und alle sehr missmutig reagiert haben, weil das gesamte Geld in die Anschaffung der Eurofighter fließt, viele andere Bereiche vernachlässigt werden (Beifall bei der SPÖ), Ihnen die Renovierung der Kasernen egal ist, andere Bereiche, die Ausrüstung des Heeres in Wirklichkeit nachrangig ist, nur damit Sie Ihre Eurofighter kaufen können um Milliarden, eine riesige Verschuldung in Kauf nehmen ... (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Nicht so eine Scheibenwischerbewegung machen! Sie waren damals Verteidigungsminister! Sie hätten sich auf Ihre Heeres-Hinterfüße stellen und verhindern können, dass die Euro­fighter gekauft werden! Aber Sie haben sich letztlich politisch flach gelegt, und dann wurden eben die Eurofighter gekauft!

Sie wissen ganz genau, wie das damals zustande gekommen ist, dass das nicht der Bestbieter war, dass da manipuliert wurde, dass wir die gesamte Zeit ... (Anhaltende Rufe bei den Freiheitlichen: Nein, nein, nein!) – Ja, das müssen Sie sich jetzt einmal anhören! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben die gesamte Zeit hindurch versucht, einen Untersuchungsausschuss einzu­setzen. Die große Aufdecker-Partei, die mittlerweile nur mehr ein kleines Aufdecker-Häuflein geworden ist, ist aber nicht bereit, da mitzuziehen. Das heißt, dass der Untersuchungsausschuss noch immer nicht eingerichtet wird.

Und dann kommt Herr Klubobmann Scheibner – Ex-Verteidigungsminister –, stellt sich hier her und tut so, als wäre er der ideelle Gesamtbetriebsrat des Bundesheeres. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Hier gibt es das Massengejohle der beiden Fraktionen, die offensichtlich unter­beschäf­tigt sind und sich noch irgendwie akustisch hier austoben möchten, aber der Sache


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selbst hat das nichts gebracht! (Abg. Scheibner: Wenigstens sind Sie wieder munter geworden!)

Daher war das, was unsere Rednerin gesagt hat, richtig: Tun Sie endlich einmal etwas für das Bundesheer! Lassen Sie es nicht so verlottern, und vernachlässigen Sie es nicht so! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre gesamte Reformkonzeption ist auch ein Schmarren, Sie haben nämlich nichts von dem umgesetzt, was die Bundesheerreformkommission vorgeschlagen hat! Auf keinen unserer konstruktiven Vorschläge, die wir gemacht haben, sind Sie eingegangen. – Nur Ihr Lieblingsmodell Eurofighter; dafür sind Sie auch bereit, politisch unterzugehen. Okay, gehen Sie unter und nehmen Sie die Eurofighter dabei mit! (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Riepl – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Das habt ihr jetzt notwendig gehabt!)

21.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1267 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieses Zeichen wird mehrheitlich erteilt. Der Bericht ist daher mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Achleitner, Krainer, Mag. Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Importverbot von Hunde- und Katzenfellen sowie Schaf­fung eines internationalen Kennzeichnungssystems von Fellen in verarbeiteten Kleidungsstücken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt. Der Entschließungsantrag ist daher ein­stimmig angenommen. (E 169.)

22.00.0510. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz 1976 und das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (744/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 10. Punkt der Tages­ord­nung.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Keck. Seine Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.00.39

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie mit einem praktischen Beispiel konfrontieren: Herbert P. fühlt sich als Familienvater. Auch wenn es nicht sein leibliches Kind ist, kümmert er sich doch seit Jahren liebevoll um die kleine Lisa, die Tochter seiner Lebenspartnerin. An Adoption hat er nie gedacht. Auch wenn sich der echte Vater nicht um die kleine Lisa kümmert, wollte er sie doch nicht unnötig verwirren. Überhaupt hat alles anscheinend gut geklappt, doch dann hat das Schicksal zugeschlagen: Das Kind wurde für einen längeren Zeitraum krank, und er, der das Kind seit dessen zweiten Lebensjahr kennt, liebt und erzieht, muss auf spontanen Urlaub hoffen oder selbst eine Krankheit


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vortäuschen, um es pflegen zu können, weil das Pflegeurlaubsgesetz beziehungsweise das Urlaubsgesetz in diesem Fall für ihn keine Pflege vorsieht.

Meine Damen und Herren, es geht auch anders: Zwei Eheleute leben sich auseinan­der – das ist schon alltäglich in Österreich –, und es kommt zur Scheidung. Einver­nehmlich einigt man sich auf die gemeinsame Obsorge des Kindes. Im realen Leben klappt das wunderbar, das Kind lebt abwechselnd beim Vater oder bei der Mutter, es nimmt mit allen Schwierigkeiten Teil am Leben beider Elternteile. Gemeldet ist es bei der Mutter – den Eltern erscheint dies als Formalakt, doch dass es mehr ist als nur das, bemerken die beiden erst in einer Notsituation: Ihr Kind erkrankt schwer. Der Mutter ist es unmöglich, ihr Kind in dieser schlimmen Situation zu begleiten, dem Vater ist die Pflege untersagt, denn er lebt ja formell gesehen von der Familie getrennt, und das Gesetz sieht ja einen gemeinsamen Haushalt vor, daher kann er sein Kind nicht pflegen. (Abg. Steibl: Über was reden Sie eigentlich? Ihr habt dagegen gestimmt! Das ist sagenhaft!)

Meine Damen und Herren! Diese Beispiele sind keine theoretischen Spielereien. Für rund 350 000 Familien in Österreich, die nicht dem klassischen Vater-Mutter-Kind-Schema entsprechen, sind diese Tatsachen, wenn es hart auf hart kommt, traurige Realität. Für sie ist das Recht auf Pflegefreistellung von bis zu zwei Wochen pro Jahr nur eine theoretische Spielerei. Auch wenn es die Möglichkeit zur Betreuung von schwersterkrankten Kindern gibt, so bleibt sie für sie bis dato doch ein unerfüllbarer Wunsch. (Abg. Steibl: Und wie erklären Sie, dass die SPÖ dagegen gestimmt hat?)

Wir haben erst Ende 2005 mit einem Antrag von Ihnen eine Änderung in Sachen Begleitung von schwersterkrankten Kindern durchgeführt. Wir haben damals die LebenspartnerIn und die Stiefkinder mit hineingenommen. Ich frage Sie: Warum waren Sie damals zu keiner größeren Korrektur bereit? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Warum wollen Sie den Vätern und Müttern keine Chance zur Pflege geben, wenn sie nach der Scheidung nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit ihren Kindern leben?

Meine Damen und Herren! Unser Antrag zielt darauf ab, diese Benachteiligung zu beenden. Unser Vorschlag zur Veränderung ist an und für sich ein kleiner Vorschlag, doch mit dieser Veränderung können wir Großes erreichen. Zur Beseitigung von Unge­rechtigkeiten und vor allem zur Entfernung einer ungerechten Strafe für die Kinder, die für gewöhnlich am allerwenigsten Schuld an dieser Familiensituation tragen, bitte ich Sie, an diesem Vorhaben mitzuarbeiten und in den Ausschüssen positiv für diesen Änderungsantrag zum Gesetz zu stimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Warum habt ihr es im Bundesrat abgelehnt?)

22.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Franz spricht als Nächste. 4 Minuten Redezeit. Restredezeit der Fraktion: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.03.53

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Der Antrag auf Änderung des Urlaubsgesetzes und des Arbeits­vertrags­rechts-Anpassungsgesetzes unserer SPÖ-Kolleginnen und -Kollegen wird nun debat­tiert. Ich möchte vorab schon darauf verweisen, dass gerade wir in dieser Bundes­regierung enorme sozialpolitische Verbesserungen erarbeitet und auch umgesetzt haben. Eine davon ist die Änderung der Familienhospizkarenz. Sie bringt eine Verlän­gerung der Inanspruchnahme von sechs auf neun Monate für die Pflege schwerst­kranker Kinder, von Wahl-, Pflege- und Stiefkindern. Für die Sterbebegleitung ist kein gemeinsamer Haushalt erforderlich. Während dieser Zeit sind die Arbeitnehmerinnen


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und Arbeitnehmer in der Kranken- und Pensionsversicherung abgesichert. (Abg. Heinisch-Hosek: Reden Sie zum Antrag! – Abg. Riepl: Das wissen wir eh!)

Wir sind eine Familienpartei, und es geht uns darum, menschliches Leid zu lindern und den Familien auch das Gefühl zu geben, vom Staat nicht im Stich gelassen zu werden.

Wenn Sie mit Artikel I das Urlaubsgesetz ändern wollen, so muss das allerdings diskutiert werden. Wenn die Pflege von Stiefkindern und Kindern von Lebensgefährten auch hier miteinbezogen werden sollte, so ist das eine Sache, die natürlich auch die Sozialpartner betrifft. Es sind arbeitsrechtliche und finanzrechtliche Fragen zu klären. Deshalb muss dieser Antrag vorweg auch mit den Sozialpartnern diskutiert werden; das war immer eine gute Taktik, die wir vorgelegt haben.

Ich denke, wenn Ihre Kollegen heute im Bundesrat die Änderung bezüglich der Familienhospizkarenz mitbeschlossen beziehungsweise nicht vertagt hätten, dann müssten wir heute darüber gar nicht diskutieren. (Abg. Mag. Molterer: So ist es!)

Ich kann Ihren Aussagen nicht folgen, wenn Sie behaupten, familienpolitisch präsent zu sein. Wir tun etwas für die Familien, und was tut die SPÖ? – Sie verzögert, sie vertagt. Ist das sozial? – Ich meine, das ist unglaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Walch tritt als Nächster ans Rednerpult. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.06.26

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist so, wie es meine Vorrednerin gesagt hat: Es wäre eigentlich besser, wenn ihr, Kollege Keck, diesen Antrag zurückziehen würdet, dafür aber eure Mitglieder des Bundesrates vorher einmal im Detail lesen würden, was wir hier beschlossen haben – aber richtig lesen! –, und nicht nur polemisieren würden. Dann könnten wir darüber reden, ob wir das wieder einbringen. Das wäre die richtige Vorgangsweise, denn ich gehe jede Wette ein: Wenn wir im Ausschuss oder hier im Plenum des Nationalrates wieder eine Änderung machen, dann wird der Bundesrat wieder dagegenstimmen.

Wir vertreten die Interessen dieses Personenkreises – doch ihr polemisiert! Aber wir werden das im Ausschuss entsprechend diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Öllinger spricht als Nächster. Wunschredezeit: 3 Minuten; 7 Minuten für die Fraktion. – Bitte.

 


22.07.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Kollege Walch, bei allem Respekt, aber was war das anderes als nur Polemik in deiner Rede? Ich bin damit einverstanden, dass wir das im Ausschuss diskutieren, aber das ist ohnehin selbst­verständlich.

Von der Sache her ist der Antrag gerechtfertigt. (Abg. Mag. Molterer: Warum habt ihr ihn im Bundesrat abgelehnt?) Es gibt überhaupt keine Begründung, die man dage­genhalten könnte, wenn hier verlangt wird, für eine rechtliche Gleichstellung zu sorgen. Von der Sache her ist das gerechtfertigt. Ich bin damit einverstanden, dass das mit den Sozialpartnern besprochen werden soll – keine Frage –, aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte Sie nicht daran hindern, Stellung zu nehmen. Gut, besprechen wir das mit den Sozialpartnern, aber Sie sind auch gefordert und


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aufgefordert, etwas zu sagen. Offensichtlich können Sie nichts gegen den Inhalt sagen außer dem Verweis auf arbeits- und finanzrechtliche Probleme – und das hätte ich gerne näher erläutert bekommen. So kann man eigentlich nur konstatieren, dass es keinen Widerspruch zu dem gibt, was vom Kollegen Keck jetzt in erster Lesung gefor­dert wurde.

Insofern könnte man optimistisch sein und meinen, dass das relativ schnell beschlos­sen werden kann. (Abg. Mag. Molterer: Sie haben es abgelehnt!) Ich merke aber an den Reaktionen, die es so nebenbei gegeben hat, dass Sie es nicht wollen, und das wäre schade. Herr Kollege Walch, vielleicht versuchen wir es doch im Ausschuss ohne Polemik. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 744/A weise ich dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

*****

22.09.12Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Kogler auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses hinsichtlich des illegalen Handels mit Sichtvermerken.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich des illegalen Handels mit Sichtvermerken

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V: 5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Die rechtliche und politische Verantwortlichkeit von Funktionsträgern des Bundes­ministeriums für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministeriums für Inneres im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Ausstellung von Sichtvermerken durch österreichische Vertretungsbehörden im Ausland, insbesondere hinsichtlich der man­gelnden Wahrnehmung der Aufsichtspflichten durch die zuständigen Ressortminis­terInnen sowie hinsichtlich der unterlassenen Einleitung von Gegenmaßnahmen durch die RessortministerInnen nach Kenntnis der gegenständlichen Verfehlungen.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften und durch Einsicht in die Akten des Bundesministeriums für auswärtige


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Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Inneres und des Justizministeriums folgende Fragen klären:

In welchem Ausmaß MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für auswärtige Ange­legenheiten und des Bundesministeriums für Inneres in die Visa-Affäre involviert waren bzw. sind;

Weshalb adäquate und wirksame Kontrollmechanismen fehlten, die den Visahandel verhindert hätten;

Wann die frühere Außenministerin Ferrero-Waldner erstmals von den Vorwürfen in Sachen Visahandel erfuhr;

Wann und in welcher Form den Vorwürfen im Zusammenhang mit Visahandel von den betroffenen Ressorts nachgegangen wurde;

Welche Schritte zur Aufklärung der Vorwürfe und zur Bekämpfung des Visahandels von Seiten der betroffenen Ressorts gesetzt wurden bzw. welche Fehler und Ver­säumnisse die betroffenen Regierungsmitglieder bzw. ihre Amtsvorgänger dabei zu verantworten haben;

Warum es nach Vorliegen der ersten Vorwürfe 2002 keinen konkreten Inspektions­auftrag bezüglich der Visa-Affäre gegeben hat, sondern nur einen allgemeinen Auftrag.

Weshalb erst die Hinweise deutscher Behörden zu konkreten Ermittlungen und Maßnahmen in Österreich geführt haben, obwohl konkrete Vorwürfe in Sachen Visahandel seit mehreren Jahren im Raum standen, Außenministerin Ferrero-Waldner im Jahr 2001 schriftlich und 2002 persönlich auf die herrschenden Missstände aufmerksam gemacht worden war und auch bereits im Jahr 2001 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet worden war;

Ob und in welcher Form es in den betroffenen Ressorts Vertuschungsversuche gab und wer diese zu verantworten hat;

Weshalb auch nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe in Sachen Visahandel, spätestens also im Jahr 2001, nicht von der Praxis Abstand genommen wurde, die Akten über bewilligte Visaanträge bereits nach einem Jahr zu vernichten;

Weshalb bis zum heutigen Tag seitens der betroffenen Ressorts nicht die erfor­derlichen Maßnahmen gesetzt wurden, um den illegalen Handel mit Sichtvermerken zu unterbinden.

Wie es zu erklären ist, dass weiterhin Inserate in einer Zeitschrift in Belgrad geschalten werden, in denen gegen Bezahlung Visa für Österreich, aber auch für Frankreich und Großbritannien feilgeboten werden – und dies, obwohl seit 2002 ein Verbindungs­beamter des BMI in Belgrad stationiert ist, der u.a. auch mit der Eindämmung des Visahandels durch Schlepper-Banden befasst war.

Was dieser Verbindungsbeamte des BMI in Kooperation mit den serbischen Behörden gegen die fragwürdigen Visa-Inserate unternommen und erreicht hat.

Warum die Arbeit der vom Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten einge­setzten „externen Expertenkommission“ de facto ausschließlich „zukunfts­gerichtet“ war und inwieweit dieses Faktum für die Wahrheitsfindung optimal war.

Begründung:

Obwohl über die Medien laufend neue, unfassbare Details in der Visa-Affäre bekannt werden, beharrt die Bundesregierung, allen voran Außenministerin Plassnik, darauf, dass es sich - wenn überhaupt – um bedauerliche Einzelfälle handle. So wurde


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beispielsweise Anfang Dezember bekannt, dass neben den österreichischen Konsu­laten in Budapest, Belgrad und Bukarest, wo in den Jahren 2002 und 2003 offenbar tausende illegale Visa gegen Entgelt ausgestellt wurden, nun auch die österreichische Vertretung in Kiew im Visier der Fahnder steht. Innerhalb eines Jahres sollen in Kiew 28.000 illegale Visa ausgestellt worden sein. Eine Sprecherin der Außenministerin ließ dazu wissen, dass sie „mögliche Verfehlungen von einzelnen Mitarbeitern“ nicht ausschließe. Alle bisherigen Kontrollen hätten aber eben nichts zutage gefördert“ (Der Standard, 1. 12. 2005).

Handelt es sich, wie die Außenministerin nach wie vor behauptet, tatsächlich nur um „ein paar schwarze Schafe?“ (Kurier, 2. 12. 2005). Diese offizielle Darstellung von Seiten der Regierung ist nicht zu halten.

„Österreich vergibt jährlich 400.000 Visa. Wenn es stimmt, dass in den letzten Jahren mindestens 40.000 Sichtvermerke an Personen verscherbelt wurden, die sich auf diese Weise Zutritt und Bleibe zum Schengenraum verschafft haben, muss ein Rudel an schwarzen Schafen tätig gewesen sein“ urteilte etwa der Kurier in seinem Leitartikel (Kurier, 2.12. 2005). „Der Standard“ zitierte aus einem Ermittlungsakt, der von einem „kriminellen Netzwerk“ in Beamtenkreisen an Vertretungen im Ausland sprach (Der Standard, 1. Dezember 2005).

Die Erklärungsnot der Bundesregierung, insbesondere der betroffenen Ressorts ist groß: Weshalb konnte der illegale Handel mit Sichtvermerken so lange unentdeckt bleiben? Weshalb versagten die internen Kontrollmechanismen im Außenamt und im Innenministerium völlig? Weshalb blieben Hinweise auf den Visahandel offenkundig ohne Konsequenz? Versuchte man den Visahandel zu vertuschen? Weshalb blieben die Ermittlungen der Justiz zunächst ergebnislos? Wieso konnte der illegale Handel mit Sichtvermerken bis heute nicht beendet werden? Wieso behaupten Belgrader Visa-Händler nach wie vor, Verbindungsmänner in Österreichs Botschaft zu haben (Kurier, 6. 12. 2005)?

Mittlerweile ist bekannt, dass Außenministerin Ferrero-Waldner bereits im Jahr 2001 schriftlich und im Jahr 2002 persönlich auf den vermuteten Visahandel am öster­reichischen Konsulat in Belgrad aufmerksam gemacht worden war. Allerdings ver­sicherte sie damals, „dass alles in Ordnung sei“ (News 42/05) und es keine Anhalts­punkte für Verfehlungen gebe. Welche Maßnahmen das Außenministerium tatsächlich setzte, um die Vorwürfe zu prüfen, ist bis heute unklar. Der Generalinspektor des Außen­amtes, Manfred Ortner, meinte in einem Interview jedenfalls, dass ihn niemand beauftragt hatte, die Belgrader Botschaft wegen Visahandel zu inspizieren oder zu untersuchen (Pro-7-Austria, 2.11. 2005). Dafür sorgte der Generalinspektor laut News dafür, dass eine Mitarbeiterin, die Missstände aufdecken wollte, nach Wien versetzt wurde, weil sich ihr Arbeitsstil als „entscheidungsscheu, nicht kundenfreundlich, nicht kommunikativ und unflexibel“ (News 45/05) erwiesen habe.

Trotz verschiedener Hinweise, die intern und von außen gegeben wurden (so ließen etwa Medienberichte aus den Jahren 2003 und 2004 darauf schließen, dass zumindest der Verdacht bestand, dass an den österreichischen Vertretungsbehörden in Kiew und in Lagos ebenfalls ein illegaler Handel mit Sichtvermerken betrieben wurde) blieb der schwunghafte Handel mit Sichtvermerken angeblich unbemerkt und alle internen Überprüfungen verliefen angeblich ergebnislos.

In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Sachverhalt höchst aufklärungsbedürftig: die bewilligten Visaanträge des Außenamtes werden nach nur einem Jahr vernichtet. An dieser Praxis wurde weiter festgehalten, obwohl der Verdacht des Visahandels nachweislich im Raum stand. Entgegen allen Beteuerungen des Außenamtes an einer lückenlosen Aufklärung interessiert zu sein, wurden offenbar keine Schrittte gesetzt,


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um das für die Ermittlungen relevante Beweismaterial zu sichern. So meinte der Leiter der von Außenministerin Plassnik eingesetzten Expertenkommission am 14. November 2005 auf die Frage, ob der Skartierungs-Erlass des Außenamtes nicht endlich außer Kraft gesetzt werden müsse: „Man wird da wohl eine Art Stopp einlegen müssen, bis die Kommission ihre Tätigkeit aufnimmt“ (Kurier, 14. 11. 2005). Am 18.1.2006 prä­sentierte der Generalsekretär des Außenamtes einen Empfehlungskatalog der Exper­ten­kommission, welcher am 19.12.2005 fertig gestellt worden war. Offensichtlich unternahm die Kommission keinerlei Untersuchungen an einzelnen Konsulaten. Frühere Ermittlungen der Justiz mussten – so die Zeitschrift News am 1. 12. 2005 – eingestellt werden, weil die Revision des Außenamtes nur mehr fünfzig Visaakten ausfindig machen konnte (News, 48/05, 1. 12. 2005).

Im April 2004, als es in den Medien neuerlich Hinweise über Unregelmäßigkeiten im Visumverkehr am österreichischen Konsulat in Belgrad gab, hatte das Außenamt alle Vorwürfe erneut entschieden zurückgewiesen. Zwischen kolportierten Inseraten in serbischen Medien, in denen Schengen-Visa angeboten worden waren, und der österreichischen Botschaft bestehe keinerlei Zusammenhang. Dies sei das Ergebnis einer internen Überprüfung. Im übrigen würden alle österreichischen Vertretungs­behörden im Ausland regelmäßig intern überprüft, dabei werde naturgemäß jedem Hinweis auf etwaige Unregelmäßigkeiten nachgegangen (OTS103, 15.4. 2004). Als der Visa-Mißbrauch an deutschen Botschaften in Osteuropa bekannt wurde, hieß es aus dem Außen- und Innenministerium, in Österreich sei ein solcher Missbrauch nur sehr schwer möglich, da man ein ganz anderes Visa-System habe und viel restriktiver vorgehe (APA 270, 17.2. 2005).

Wie sich mittlerweile allerdings herausgestellt hat, waren es eben die Ermittlungen der deutschen Behörden in Sachen Visahandel, die deutliche Hinweise auf die Involvierung österreichischer Vertretungsbehörden gebracht und die österreichischen Behörden schließlich doch zum Handeln gezwungen haben.

Ein aktiver Diplomat aus dem konsularischen Dienst, ein pensionierter Mitarbeiter der Konsularabteilung  und einige weitere Personen wurden seither von der Polizei wegen des Verdachts auf Visahandel festgenommen. Insgesamt wird gegen mindestens neun Verdächtige ermittelt (Der Spiegel, 5. 12. 2005). Die Ermittlungen der Staats­anwaltschaft Wien erfassen mittlerweile mehrere osteuropäische Botschaften; zehn­tausende Visa, die die Einreise in den Schengen-Raum ermöglichen, könnten gegen „Körbergeld“ ausgestellt worden sein (Kurier, 2. 12. 2005). In einem Fall kommt es bereits im Jänner zum Strafprozess: Ein Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Lagos (Nigeria) ist wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch angeklagt. Die Staats­anwaltschaft wirft ihm vor, illegal 705 Visa ausgestellt zu haben.

Im Nachrichtenmagazin „profil“ Nr.4/2006 wird darüber berichtet, dass sich die Visa-Affäre auch auf die österreichische Botschaft in Ankara auszuweiten scheint, wodurch die von Vertretern des Außenamtes gerne strapazierte „Theorie der Einzelfälle“ noch mehr erschüttert wird.

Im Zusammenhang mit der Visa-Affäre ist natürlich die Frage nach der Verantwortung der betroffenen Ressortchefs zu stellen. Bezeichnenderweise hatte die von Außen­ministerin Plassnik eingesetzte Expertenkommission genau diese Frage nicht zu klären. Die Arbeit der Kommission sollte ausschließlich „zukunftsgerichtet“ sein (Kurier, 14. November 2005).

Aus all den genannten Fakten und Darstellungen ist daher die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geboten.


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Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gem. § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet mit einer Redezeit von 10 Minuten ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.09.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich finde, dass die Scherze, die Sie auf Ihren Lippen rollen lassen, angesichts der Traurigkeit dieser Materie nicht angebracht sind, das sage ich Ihnen schon. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, das haben Sie zu verantworten.

Da Sie ja alle miteinander des Lesens mächtig sind, werden Sie wahrscheinlich den morgigen „Kurier“ und die morgige „Kronen Zeitung“ registriert haben. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „wahrscheinlich“?) – Nein, sicher habe ich gesagt, nicht wahrscheinlich. Sie werden in der „Kronen Zeitung“ den Titel registriert haben: „Staats­anwalt: ,Die Botschaft in Lagos war eine Visafabrik‘“. (Wow-Rufe bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Der Ex-Konsul hat als Begründung angeführt: „,Die Botschaft war desorganisiert‘, sagt er. Keine technische Ausrüstung, keine Geräte, um Dokumentenfälschungen zu erkennen, zu wenig Personal. Nur so wären die Fehler bei der Visa-Erteilung zu erklären.“

Im „Kurier“ lautet der Titel: „Ein diplomatischer ,Sauhaufen‘“. Ich meine, falls Ihnen das nicht aufgefallen ist: Es ist jetzt gerade die Zeit, in der Sie von der ÖVP das Außenressort innehaben. (Abg. Rädler: Das war vorher schon ein Sauhaufen!) Nur damit Sie sich ein bisschen richtig entsinnen. Das war auch die Zeit von Benita Ferrero-Waldner.

Der „Kurier“ schreibt jedenfalls: „Ein diplomatischer ,Sauhaufen‘“. (Abg. Rädler: Wer war denn dort Botschafter?) Dann wird die Botschaftssekretärin zu den Pässen zitiert. Sie sagt:

„,Ich sah sofort, dass sie falsch waren.‘ Aber: ,Wenn der Konsul sagt, ich soll Visa drucken, dann drucke ich.‘ Sie druckte. 100 pro Tag. Es spielte sich ab wie in einer Fabrik. Während Gerhard F. – das ist der Angeklagte – zweiter Mann in der Botschaft war (Juli 2003 bis Juli 2004), wurden 4891 Anträge positiv erledigt. Um 3000 mehr als im Vergleichszeitraum davor.“

Jetzt sage ich Ihnen etwas: Das Interessante daran ist ja, dass das mittlerweile mehrere Botschaften betroffen hat. Ob das jetzt Lagos, ob das jetzt Kiew oder Belgrad ist, die ganze Liste von Botschaften wird hier im „Kurier“ aufgezeigt. Belgrad ganz besonders, da waren ja noch bis vor kurzem Inserate in den Zeitungen zu finden. Im „Kurier“ wird sogar eine Organisation dahin gehend zitiert, dass man um 2 600 € brutto mit einem Autobus und fertig gekauftem Visa in den Schengen-Raum über Österreich einreisen kann.

Doch Sie sitzen da und vertreten anscheinend noch immer die These: Das sind einzelne schwarze Schafe! – Mittlerweile muss man sich umgekehrt schon die Frage stellen: In welchen Botschaften in den genannten Regionen wurde nicht mit Visa gehandelt? Mittlerweile muss man sich schon die Frage stellen: Wieso hat es erst der Aufklärungsarbeit beim Visa-Skandal in Deutschland bedurft, dass es überhaupt Schritte gegeben hat, dass man endlich einmal tätig wurde? (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Bleiben Sie ganz cool!


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Dann wird noch eine Kommission vom Außenamt eingesetzt, die es erst der Mühe wert gefunden hat, die Vernichtung dieser Beweismittel, also all dieser auch gefälschten Visa im September zu stoppen, obwohl schon 2001/2002 die Hinweise schriftlich und mündlich getätigt wurden. (Abg. Großruck: Hat der Botschafter Petritsch seine Ver­antwortung nicht wahrgenommen? – Abg. Dr. Mitterlehner: Das haben wir schon das letzte Mal gehört!) – Nein. Klar, man kann sich auch an den diplomatischen Sauhaufen gewöhnen. Das ist okay. (Abg. Neudeck: ... unter den roten Botschaftern!)

Sie können sagen: Diskutieren wir nicht mehr darüber, wir wissen eh, dass unter der Ressortleitung einer ÖVP-Ministerin ein diplomatischer Sauhaufen besteht! Belästigen Sie uns nicht mehr damit! Diese Ihre Einstellung hat sich bei uns schon als normal dargestellt, wir haben uns daran gewöhnt! Dass es eine Visa-Fabrik gegeben hat, daran haben wir uns gewöhnt, und jetzt hören wir endlich auf mit den Diskussionen darüber! Wir wollen uns unsere eigene Wirklichkeit schaffen, und wir wollen nicht mit der wirklichen Wirklichkeit konfrontiert werden!

Wenn Sie da Verdrängungsübungen machen wollen, bitte, dann machen Sie es! Machen Sie es bis zum Wahltag, verdrängen Sie dann auch hoffentlich die Wahlnie­derlage, die Sie erleiden werden, wenn Sie damit glücklicher leben! Vielleicht ist das ohnehin einer der Gründe dafür, weshalb viele von Ihnen so glückliche Gesichter hier herinnen haben.

Die Wahlergebnisse können es nicht gewesen sein. Die Zustimmung der Bürger kann es auch nicht gewesen sein und auch nicht die ganzen Skandale und Skandälchen, die sich mittlerweile anhäufen, vom Gehrer-Ressort weit hinüber bis zum Außenressort, Infrastrukturministerium und den Rechnungshofberichten. Wenn Sie damit glücklich leben können, dann ist es okay. Dann bin ich auch dafür, dass wir mehr Fernseh­übertragungen machen, damit Ihre glücklichen Gesichter über all diese Dinge direkt in die Wohnstuben der Österreicherinnen und Österreicher übertragen werden, nämlich wie glücklich Sie sind, dass solche Sauhaufen möglich sind (Abg. Großruck: Hallo!) – schreibt der „Kurier“ –, wie glücklich Sie sind, wie hier mit Steuergeldern umgegangen wird.

Herr Großruck, gerade Sie sind kein Sensibelchen hier in der Runde. (Heiterkeit bei den Grünen.) Blasen Sie sich da nicht so auf, sondern hören Sie lieber zu, denn offensichtlich haben Sie die morgigen Zeitungen noch gar nicht wirklich studiert. (Abg. Mag. Molterer: Großruck ist sehr sensibel!)

Warum sind wir so hartnäckig und wollen einen Untersuchungsausschuss? – Ich werde es Ihnen jetzt erklären, warum das so ist. Wir begründen das ja auch in unserem Untersuchungsauftrag: Das soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften und durch Einsicht in die Akten des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Inneres und des Justizministeriums ermöglicht werden. Ich betone: Durch Einsicht in die Akten! (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) – Nur keine Nervosität jetzt, ja! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Noch liegen die Akten nicht vor. Aber nervös können Sie dann werden, wenn wir wirklich Einsicht in die Akten haben. (Ruf bei der ÖVP: Die können Sie sich bei der Staatsanwaltschaft ...!)

Wenn selbst so ein zurückhaltender Mensch wie Peter Jankowitsch, ehemaliger Außenminister, sagt, da habe es Lücken in der Kontrolle gegeben, dann weiß jeder, der die Diplomatensprache kennt, was das bedeutet. Das ist schon eine gewaltige Anklage. Wir kennen ja die Diplomatensprache, wir formulieren ein bisschen anders. (Abg. Mag. Molterer: Josef Cap insbesondere!) Aber er hat das ziemlich deutlich gesagt: Es hat Lücken in der Aufsicht gegeben!


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Ich würde es so sagen: Jeder, der mit Mitgliedern des Außenamtes spricht, weiß, dass man das seit Jahren gewusst hat! Seit Jahren hat es Hinweise darauf gegeben. Seit Jahren hat man die Vernichtung der Akten zugelassen, seit Jahren hat man nichts dagegen getan. Dieser berühmte eine Inspektionsauftrag war kein spezieller, sondern ein genereller. Seit Jahren wurde da nichts gemacht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Fasslabend.) – Ist es nicht gerechtfertigt, Herr Abgeordneter Fasslabend, dass man sich irgendwann einmal als demokratisch gewählter Abgeordneter die Frage stellt: Warum wurde eigentlich jahrelang nichts getan?

Das spitzt sich sogar auf die Frage zu: Sind einfach nur lauter solche Leute dort herumgerannt (der Redner hält sich beide Hände vor die Augen), mit Stock, und haben sich irgendwo angehalten, oder war da eine Vertuschungsüberlegung dahinter? Da stellt sich die Frage der politischen Verantwortung und die Frage, wie man mit diesen Dingen umgeht!

Ich sage Ihnen: Es ist berechtigt, das abzufragen. Daher ist ein Untersuchungs­ausschuss, ist eine Untersuchung mit den rechtlichen Möglichkeiten eines Unter­suchungsausschusses meiner Auffassung nach eine absolute Notwendigkeit.

Wissen Sie, was das Schlimme daran ist? – Sie haben sich da zu einer „Schützt Ferrero!“-Gruppe zusammengeschlossen, aber Sie müssen sich langsam auch zu einer „Schützt Plassnik!“-Gruppe zusammenschließen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Neugebauer.) – Ja, Herr Neugebauer, dieses überhebliche Lachen, das Sie hier an den Tag legen, wird Ihnen auch noch vergehen. (Abg. Mag. Molterer: Jetzt wissen wir es!) Dieses Lachen wird gefrieren, dann werden Sie den Mund nicht mehr zusammenbekommen. Darauf freue ich mich schon.

Es ist auch zu hinterfragen, was die Außenministerin im Umgang mit diesem Skandal bis jetzt getan hat. Da habe ich schon den Verdacht, das ist so etwas wie politische Vertuschung, die hier vor sich geht, das ist aber auch dieser diplomatische Korpsgeist, der angeblich eine Rolle spielt. Und das, was Sie in Wirklichkeit tun, ist aussitzen, durchtauchen und schauen, dass sich das irgendwie von selbst erschöpft.

Es erschöpft sich aber nicht von selbst! Dauernd gibt es eine neue Botschaft, dauernd gibt es neue Kronzeugen, und dann, wenn es wirklich auf dem Tisch liegt, also wenn man Ihnen wieder einen dieser vielen Würmer aus der außenpolitischen Nase heraus­gezogen hat, heißt es so, als ob man sagt: Na ja, wenn das Licht jetzt wirklich leuchtet (der Redner deutet auf das rot blinkende Licht am Rednerpult), dann gebe ich zu, es leuchtet!

Ich sage Ihnen: So ist politische Verantwortung nicht zu definieren! Unsere Aufgabe wird sein, dass wir den Österreicherinnen und Österreichern mitteilen, wie Sie sich in dieser Affäre, ähnlich wie in anderen Affären, hier verhalten.

Sie können das ändern (in Richtung Freiheitliche weisend), vor allem Sie da. Sie können das ändern! Sie müssen ja nicht alles mitmachen, was die da drüben von der ÖVP vorschlagen. Seien Sie ein wenig selbständiger! Denken Sie einmal kurz darüber nach, ein paar, die sich noch an die Zeit erinnern können, als Sie hier im Plenum fast jedes Mal einen Untersuchungsausschuss gefordert haben, wenn irgendetwas war! (Abg. Neudeck: Haben Sie zugestimmt?) Können Sie sich noch erinnern? (Abg. Neudeck: Haben Sie einmal zugestimmt?) – Ja, wir haben sogar gemeinsam Untersuchungsausschüsse gemacht. Daran kann ich mich sehr gut erinnern. (Abg. Scheibner: Sie haben nie zugestimmt!) Zwei Untersuchungsausschüsse haben wir damals beschlossen. Ich kann mich gut erinnern. Das war über den Sommer. (Abg. Neudeck: Juli, August!) Ein Zeitl ist es her, aber das haben wir gemacht.


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Seien Sie nicht so nervös, emanzipieren Sie sich! Gehen Sie einen eigenen Weg! (Abg. Neudeck – die Hände zusammenschlagend –: Das ist ein eigener Weg?) Kom­men Sie zu uns! Stimmen Sie mit uns ab! Machen wir einen Untersuchungsausschuss und untersuchen wir diese Angelegenheit einmal gründlich! Um die rechtlichen Möglichkeiten geht es bei diesem Untersuchungsausschuss und darum, dass wir diese omertà, diese Mauer des Schweigens durchbrechen und dass wir endlich einmal hier wirkliche Aufklärung betreiben können.

Das wäre im Sinne der Demokratie, im Sinne der Sauberkeit und auch im Sinne der politischen Ehrlichkeit angebracht. (Abg. Dr. Fekter: Wo ist der Gusenbauer? Wo ist der Schieder?) Daher schlage ich vor: Unterstützen Sie unseren Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Murauer ist als Nächster zu Wort gemeldet. Gesetzliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer: Gusenbauer nicht da! Schieder nicht da!)

 


22.20.00

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Herr Dr. Cap, Sie entwickeln sich wirklich zum Häuptling „Lockere Zunge“, denn bei Ihrer vorher­gehenden Rede stellten Sie sich wieder einmal her und warfen dem Verteidigungs­ministerium vor, dass nur manipuliert werde, dass selbstverständlich nur manipuliert werde, und gerade vorhin sagten Sie, na ja, auch im Außenministerium seien die Beamten grundsätzlich mit Vertuschung, mit Manipulation und so weiter beschäftigt (Abg. Dr. Fekter: Wie der Schelm denkt, so ist er!), und appellierten an uns: Glauben Sie mir doch, denn in den Zeitungen steht heute diese eine und jene andere Überschrift, und Sie können ja alle lesen, meine Damen und Herren! Und dann führte Cap hier aus, was alles in den Zeitungen steht.

Sie, Herr Dr. Cap, kriminalisieren in diesem Fall grundsätzlich alle Mitarbeiter im Außen- und im Verteidigungsministerium. – Ich sage Ihnen, dass es Einzelne sind, die natürlich Verfehlungen gemacht haben. Denen ist nachgegangen worden. (Abg. Dr. Cap hält eine Ausgabe des „Kurier“ in die Höhe mit der Überschrift: „Ein diplo­matischer ,Sauhaufen‘“.) Aber ich stelle mich hinter alle Mitarbeiter, die im Außenamt ihre Arbeit machen, bestens machen, egal, ob sie im Ausland oder im Inland eingesetzt sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie stellten sich hierher und sagten: Na ja, gewöhnen wir uns an den Sauhaufen! – Also man kann sich an einen Sauhaufen gewöhnen, das ist so locker gesagt. Eine Zeitung schreibt „Sauhaufen“. Das ist die Überschrift eines Artikels. Ich sage, dass die Situation im Außenministerium nicht dieser Überschrift entspricht, sondern ganz im Gegenteil. Die Frau Bundesminister hat bei allen Vorfällen, die bekannt wurden, die entsprechende Konsequenz gezogen. Das ist die Wahrheit, und dem sollten Sie auch Rechnung tragen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Frau Außenminister hat Ihnen ... (Abg. Reheis: Was für eine Konsequenz? Null! Decken!) – Natürlich passt Ihnen das nicht. Ist klar! Mein Gott, Erfolge einer Kon­sequenz oder einer Kontrolle oder einer außenpolitischen Maßnahme, das halten Sie nicht aus, weil die Regierungsparteien darauf verweisen können, dass wir auch außenpolitisch großartige Erfolge verzeichnen können.

Ich darf schon daran erinnern, dass es die Frau Außenminister war, die uns zu einem entsprechenden Verhandlungserfolg – 24 : 1 – in der Türkeifrage gebracht und die Meinung der österreichischen Bevölkerung vertreten hat. Herr Cap, das dürften Sie


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geflissentlich übersehen haben. (Abg. Gradwohl: Was hat das mit den käuflichen Visa zu tun? – Abg. Reheis: Wer war käuflich?)

Niemand anderer als die Frau Außenminister war es, die bei den EU-Budget­verhandlungen Österreich einen Erfolg im Wert von 3,1 Milliarden € für den ländlichen Raum gebracht hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Die Frau Außenminister war es, die auch sensible Themen betreffende Veranstal­tungen nach Österreich gebracht hat wie die Islamkonferenz „Islam in a Pluralistic World“. Dazu ist ihr auch zu gratulieren. Dieses Verhalten gibt uns die Sicherheit und die Garantie, dass die Außenministerin mit ihren Mitarbeitern für die notwendige lückenlose Aufklärung sorgt, und zwar nicht nur für die Aufklärung, sondern auch für die Konsequenz, die uns die Visa-Kommission aufgezeigt hat. (Abg. Reheis: Welche Konsequenz?)

Der Vorsitzende der Visa-Kommission – in der SPÖ ja kein Unbekannter – hat zwar bestätigt, dass es bei der Kontrolle die eine oder andere Lücke gibt, aber Jankowitsch hat, wie Sie wissen, weil auch Sie lesen können, Herr Cap – und Sie haben das sicher auch gelesen –, gemeint, dass es kein kriminelles Netzwerk innerhalb des Ministeriums gibt. Ich betone: Keines! (Abg. Dr. Cap: Er hat nicht untersuchen dürfen!) Haben Sie das auch gelesen? Das haben Sie nur nicht gesagt, denn das ist unangenehm, das wäre etwas Positives, und etwas, das positiv ist, geht nicht über Ihre Lippen. Leider Gottes ist es so nach Ihrem Oppositionsverständnis.

Aber die Frau Bundesminister hat nicht nur dafür Sorge getragen, dass lückenlos auf­geklärt wird, sondern auch dafür, dass die Konsequenzen gezogen werden, dass die Kontrolle weiter verstärkt wird, wie es die Visa-Kommission empfohlen hat, dass die Ausbildung verbessert wird, dass dem Vier-Augen-Prinzip entsprochen wird und dass weiterhin verstärkt mit dem Bundesministerium für Inneres zusammengearbeitet wird, um dem Rechnung zu tragen, was notwendig ist bei all dem, was da an Unzuläng­lichkeiten festgestellt worden ist.

Fazit: Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten – und das können wir wirklich mit aller Deutlichkeit feststellen – tut alles, um das Visa-Kontrollsystem miss­brauchsfester zu machen. (Abg. Öllinger: Jede Woche eine neue Botschaft!) Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Hilflos sind Sie! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich darf Ihnen zum Schluss noch mitteilen, dass wir selbstverständlich der öffentlichkeitshaschenden Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht unsere Zustimmung geben werden.

Ich möchte der Frau Bundesminister noch mitteilen, dass wir ihr weiterhin viel Erfolg auf ihrem außenpolitischen Weg wünschen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Cap: Und Gesundheit! Prost! Ein jämmerliches Schauspiel war das!)

22.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.25.35

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine Tatsache – und dazu stehen auch wir –, dass es im Außenministerium viele Topbotschafter und viele, viele Topmitarbeiter gibt. Aber genau die jetzige Situation ist es, die all jene schädigt, die wirklich gute Arbeit leisten. Das ist, bitte, der Grund dafür, warum wir Aufklärung wollen! (Abg. Mag. Molterer: Da hat der Cap etwas anderes gesagt!) – Nein, Kollege Cap hat genau das Gleiche gesagt.


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Wir wollen insofern auch Aufklärung, als EU-Kommissarin Ferrero-Waldner, die dama­lige Außenministerin, im Oktober gesagt beziehungsweise bestätigt hat, dass sie im Mai 2001 darüber informiert wurde, dass Visa an der Botschaft in Belgrad verkauft werden. (Abg. Dr. Fekter: Wer war Botschafter?)

Was sie nicht dazu gesagt hat, war, dass sie konkret im Detail und mit Belegen informiert worden ist. Nur die halbe Wahrheit hat sie uns mitgeteilt. Im Oktober hat die Justiz die Ermittlungen und Nachforschungen ausgeweitet, und es wurden zumindest Kontrollmechanismen-Versagen festgestellt. Am 14. Oktober – um es chronologisch aufzuarbeiten – hat die Sprecherin des Außenministeriums, Frau Astrid Harz, zugegeben, dass es immer wieder Korruptionsvorwürfe gibt, aber nie einen Nachweis.

Im Dezember musste die Justiz die Ermittlungen einstellen, weil im Außenministerium Visa-Anträge bereits nach einem Jahr vernichtet wurden und damit Beweismittel fehlten.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man von 2001 bis 2005 immer wieder hört, dass es Korruptionsvorwürfe gibt, dann kann man nicht hergehen und Beweis­mittel, sprich Visa-Anträge vernichten lassen. Genau bei dieser Situation muss man einhaken und muss diese Visa-Anträge genau durchleuchten. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es nützt nichts, wenn Außenministerin Plassnik die Balkanstaaten dazu veranlassen will, stärker gegen die Visa-Mafia vorzugehen. Das ist zwar ein Weg der Zusammenarbeit, aber mindestens genauso wichtig und erforderlich ist doch, bitte, die Aufklärung, und da kann man doch nicht Visa-Anträge vernichten lassen!

Nur ein Beispiel dafür, wie im Außenministerium reagiert wird: Vor einer Woche gab es eine Journalistenanfrage an Frau Astrid Harz. Die Journalisten wollten wissen, ob es noch weitere solcher Fälle gibt. Die Antwort von Frau Harz lautete nein. Einen Tag später erfuhren dieselben Journalisten von der Staatsanwaltschaft Korneuburg, dass seit dem Jahr 2004 eine Strafakte aus Ankara vorliegt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine Strafakte in einem Ministerium ist doch auch einer Ministerin bekannt. Daher wollen wir Aufklärung, damit derartige Über­schriften wie „Ein diplomatischer ,Sauhaufen‘“ (die Rednerin hält eine Ausgabe des „Kurier“ in die Höhe) während der österreichischen EU-Präsidentschaft, bitte – gerade jetzt, während der EU-Präsidentschaft Österreichs! –, nicht zu lesen sind. (Abg. Dr. Cap: Das kommt noch dazu!) Wollen wir das? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist Ihre Sorge?)

Das ist ein Schaden für Österreich und für die österreichische Diplomatie. Seien Sie mir bitte nicht böse, aber das ist doch klar! (Beifall bei der SPÖ.) Genau aus diesem Grund wollen wir, dass die österreichische Diplomatie endlich wieder aus dieser Situation herauskommt, wollen wir Aufklärung. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So eine Scheinheiligkeit!) Wir wollen wissen, was alles unternommen wird, damit derartige Fälle nicht mehr passieren können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gusenbauer hat gesagt, das interessiert ihn gar nicht!)

22.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt kommt etwas Kritisches!)

 


22.30.13

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Es geht schon wieder los! Man braucht eigentlich nur zu warten, was da so an „ernsten“ Zwischen­rufen kommt. Herr Kollege Cap hat uns ja in seiner von uns allen sehr ernst zu nehmenden Ernsthaftigkeit ermahnt, wir sollen bei diesem wichtigen Thema ernsthaft


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sein. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Also bitte, die eigene Fraktion hat davon noch nicht viel mitbekommen. (Abg. Mag. Molterer: Das ist öfter so!)

Er hat ein bisschen die glücklichen Gesichter bei den Regierungsfraktionen gerügt, wahrscheinlich neidvoll. Wie wir ja immer wieder bei den Sonderaktionen der SPÖ aus der Feder von Gusenbauer und Cap sehen, sind die Gesichter in der SPÖ-Fraktion nicht so glücklich. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lange Gesichter!)

Man fragt sich ja auch, warum in so einer außenpolitischen ... (Abg. Dr. Cap: Aus Sorge um die Republik!) – Natürlich aus Sorge – aber um den Bestand der SPÖ-Fraktion, denn wenn Sie so weitermachen, wird der Wahltag für Sie kein Tag sein, an dem es bei Ihnen glückliche Gesichter geben wird. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Da redet der Richtige!)

Ich frage mich ja, Herr Kollege Cap: Wo sind denn die Außenpolitiker in solchen wichtigen Debatten? Wo ist denn Herr Abgeordneter Schieder? – Er distanziert sich ja von solchen Aktionen, wie wir sie vorhin gesehen haben, denn bei Ihnen wird nicht nur die Sicherheit des Landes für Wahlkämpfe missbraucht, sondern jetzt auch die Außen­politik für Wahlkämpfe hergenommen. (Abg. Dr. Jarolim: Eine Miniaturpartei spricht! – Abg. Gradwohl: Das sagst ausgerechnet du!)

Das ist ja in Wirklichkeit der Hintergrund, meine Damen und Herren. Herr Kollege Cap hat bei uns um Zustimmung geheischt und hat gesagt: Ihr habt ja früher auch immer Untersuchungsausschüsse verlangt. Ich kann mich noch gut erinnern, was damals immer die Antwort war: Na warten wir doch zuerst einmal die gerichtlichen Erhebungen ab und untersuchen wir nicht parallel etwas! Das geht ja nicht, denn was würden wir da untersuchen?

Wenn Sie sich die Protokolle anschauen, dann werden Sie wissen, dass wir sehr genau differenziert haben zwischen jenen Fällen, bei denen es strafrechtliche Vorwürfe gab, die aber noch nicht entsprechende politische Hintergründe aufgezeigt haben, und jenen Fällen, bei denen es eindeutige politische Verstrickungen gegeben hat, die auch aufgezeigt worden sind. Dort ist ein Untersuchungsausschuss selbstverständlich not­wendig.

Sie haben gesagt, Sie hätten damals in Ihrer Großzügigkeit in der Koalition auch zwei Mal Untersuchungsausschüsse zugelassen. Ja, welche Fälle waren es denn, bei denen Sie sich monatelang gegen Untersuchungsausschüsse gewehrt haben? Und dann, weil der Druck zu stark war, haben Sie sich breitschlagen lassen – etwa bei der Lucona. Da brauche ich Ihnen nicht zu sagen, welche politischen Verwicklungen es gegeben hat, die ja dann auch zu strafrechtlichen Verurteilungen geführt haben. Und es gab noch einige Fälle mehr. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Zwei Ministeranklagen!)

Aber das mit dem jetzigen Fall zu vergleichen, das zeigt ja schon, wie ernst Sie diese ganze Angelegenheit nehmen. Vielleicht gehen Sie ja auch nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ vor, denn wenn man gerade die Botschaft von Belgrad anspricht und sagt, da gibt es eine Verantwortlichkeit von der politischen Ebene her, aus dem Ministerium, so frage ich: Welche Verantwortung müsste man nicht nur konstruieren, sondern hier auch anführen – etwa bei der Dienstaufsicht, bei den unmittelbaren Vorgesetzten dieser Beamten in der Botschaft? Und wer ist denn das? Das kann ja nur der Bot­schafter sein. Und wer war denn damals zu dieser Zeit Botschafter? – Ihr Spitzen­kandidat bei der Nationalratswahl, Ihr Wiener Spitzenkandidat, der Herr Petritsch, war damals Botschafter. (He-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Großruck: Ungeheuerlich! Das gibt es nicht!) Na wie schaut es denn da aus mit der Verantwortlichkeit? Da haben wir nichts gehört, denn das ist ja etwas anderes. Wir messen ja in der SPÖ immer mit zweierlei Maß.


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Das gilt etwa auch dafür, wie man mit dem politischen Gegner umgeht: Ob man ihn psychiatrieren will, ob man ihn einsperren will, das ist ja alles nicht so schlimm – wenn es von der SPÖ kommt. Wenn es andere Fraktionen machen, dann ist das eine Gefährdung der Demokratie. Und genauso ist es in diesen Fällen: Was uns hilft, das ist alles in Ordnung, was bei den anderen ist, prangern wir an. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Würde man jetzt einen Untersuchungs­aus­schuss beschließen, was sollte man denn untersuchen? Welche Unterlagen? (Abg. Jakob Auer – in Richtung SPÖ –: Jetzt schaut es nicht gut aus!) Es sind ja nicht einmal noch die strafrechtlichen Erhebungen abgeschlossen. Und Sie haben es ja selbst gesagt, es kommen immer wieder neue Verdachtsmomente. Man muss einmal abwarten, welches Volumen diese Geschichte wirklich hat. Welche Zeugen wollen Sie denn befragen? Vielleicht den Herrn Petritsch? – Da ist es ja schon offensichtlich.

Möglicherweise, was wir nicht hoffen wollen, gibt es noch weitere Dinge. Ich habe Ihnen das letzte Mal schon gesagt: Wir sind nicht grundsätzlich gegen einen Unter­suchungsausschuss, sondern wir wollen, dass diese Sache, ohne dass man die Außenpolitik Österreichs zum Wahlkampfmittel nimmt, lückenlos aufgeklärt werden muss. Ich sage Ihnen, auch mich stört es, dass jetzt – auf gut Wienerisch – zizerlweis irgendwelche Dinge an die Öffentlichkeit kommen. Da verlangen auch wir eine raschere, eine dynamischere Aufklärung all dieser Verdachtsmomente. (Abg. Grad­wohl: Wo verlangen Sie das? Wo?) Da muss es auch Aufsicht im Ressort und auch Maßnahmen geben, welche die Kontrolle verbessern.

Aber, meine Damen und Herren, solange die strafrechtlichen Erhebungen nicht abgeschlossen sind und solange es bis jetzt keinen Hinweis auf eine politische Verantwortlichkeit gibt, so lange ist auch ein Untersuchungsausschuss nicht zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.35.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht kann man die Visa-Affäre wirklich ein bisschen entspannter sehen und dort hinschauen, wo im Moment das eigentliche Problem ist. Vielleicht ist es ja gar nicht so sehr die Frage des fortgesetzten Zudeckens im Ministerium, aber irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Wenn man nämlich geradezu krampfhaft an einer Einzel­täter-Theorie festhält und man in diesem außenpolitischen Ressort eigentlich schon von lauter Einzeltätern umzingelt ist, müsste einem ja irgendwann einmal ein Licht aufgehen. Aber ich will jetzt gar nicht nur böse Absicht unterstellen, denn es scheint mir in diesem Fall sogar ein Schuss Naivität im Spiel zu sein. – Sei’s drum.

Dort, wo es ein bisschen ernster wird im Kontext – das ist ja die Sache, die schon angesprochen worden ist –, ist, dass nach wie vor oder jedenfalls viel zu lange nicht mit der Praxis Schluss gemacht wurde, dass die zu Grunde liegenden Akten – das sind ohnehin nicht viele, aber immerhin – einfach quasi per Übung und weil es immer so war per Vorschrift geradezu vernichtet werden. Das finde ich ja absurd. Das ist ja ein absurder Vorgang, und das erregt dann schon wieder meinen Verdacht.

Ich gebe zu, es gäbe vielleicht, seitdem Schwarz-Blau residiert, regiert und in manchen Ressorts geradezu ihr Unwesen treibt, wichtigere Untersuchungsausschüsse als diesen. Darüber könnte man reden. Aber wenn man die Puzzlesteine auch hier zusammenfügt, so ergibt sich schon ein Untersuchungsbedarf. Und es ist uns ja nicht


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damit geholfen. Es ist immer das Gleiche: Kollege Scheibner erklärt, ja, wenn einmal die Strafgerichte, und dann, und sowieso ...!

Was hat das mit der politischen Verantwortung zu tun, die hier zu klären ist? Natürlich kann man die Frage stellen: Ist überhaupt ein politisches Versäumnis vorliegend? Und man kann das wegdiskutieren. Ich meine, die Fragen sind nicht endgültig beantwortet. Dazu braucht man ja diesen Ausschuss. Die Fragen liegen nun einmal auf dem Tisch, auch wenn Sie sagen, das Argument wiederholt sich. Aber das Argument wiederholt sich pro Untersuchungsausschuss, dass die Frau Außenministerin beziehungsweise ihre Vorgängerin, Frau Ferrero-Waldner, auf unterschiedliche Art und Weise informiert worden ist und bis heute nicht erkennbar ist, was dort jahrelang passiert ist. Vermutlich nicht viel, denn sonst hätte sich das ja nicht fortsetzen können. Und das ist das Problem. Aber ich gestehe Ihnen zu, es gäbe vielleicht spektakulärere Anlassfälle für Untersuchungsausschüsse.

So ähnlich, wie man bald keine Botschaft mehr in einer bestimmten Gegend Europas findet, wo man eigentlich unterstellen müsste, dass es wohl so gewesen ist, dass dort auch schwunghafter Visa-Handel betrieben wurde, also wo man eigentlich Nachschau halten muss, wo denn nichts im Argen liegt, so ähnlich ist es auch mit den Ressorts in der Bundesregierung. Wenn wir nur den heutigen Tag hernehmen: Finanzministerium, Gehrer-Seipel-Phänomen-Problem, Sozialministerium mit der e-card – alles eigentlich ausgereift für eine Untersuchung in einem Untersuchungsausschuss. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die e-card ist im Gesundheitsministerium!) – Auch im Gesundheits­ministerium, das hat irgendwann einmal gewechselt. Ich gebe Ihnen Recht. Also noch ein Ministerium dazu.

Landesverteidigungsministerium – eh schon wissen. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „eh schon wissen“?) Innenministerium – Spitzelaffäre. Und jetzt auch das Außen­ministerium, wo wir durchaus ... Sie wollen mit mir die Auseinandersetzung vielleicht nicht weiterführen, dass meiner Meinung nach wie vor der dringende Verdacht auf Schiebung beim Eurofighter-Deal besteht. Und es bleibt jetzt wirklich die Frage, welches Ministerium noch nicht in der Ziehung ist, in dem untersuchungs­ausschuss­würdige Vorkommnisse waren. Zählen wir die doch einmal auf! Sie werden drauf­kommen, es ist die Minderheit. (Abg. Mag. Molterer: Geh bitte! Welche? Das inter­essiert mich jetzt!) Sie können einwenden, das ist Sache der Opposition, wo das bewertet wird oder nicht. Ist okay.

Aber ich sage Ihnen: Es ist ja nicht nur die Frage der politischen Ausrichtung, die sich vielleicht überlebt hat, was diese schwarz-blaue oder meinetwegen schwarz-orange Bundesregierung jetzt gerade so hinaustreiben lässt auf die offene See, wo sie navigationslos dahinschlittert, sondern es ist eigentlich auch der Verfall in vielen Bereichen, und diese Liste an notwendigen Untersuchungsausschüssen ist der Befund dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich mache Ihnen folgendes Angebot: Machen wir es so, wie es in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich vorgeschrieben ist. Da kann nämlich die parlamentarische Minderheit einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Bei dieser Liste der Vorkomm­nisse darf sich die Opposition auf einen oder zwei einigen, obwohl es unserer Meinung nach sechs bis acht untersuchungswerte Vorgänge gäbe. Machen wir das noch in dieser Legislaturperiode! Aber ich fürchte, dass Ihnen die Courage dazu fehlen wird. Früher haben Sie mehr Mut gehabt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Cap, Kogler auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen zu bekunden. (Abg. Mag. Molterer – Bezug nehmend darauf, dass die Abge­ordneten Dr. Gusenbauer und Schieder nicht anwesend sind –: Gusenbauer, Schieder: Die sind alle dagegen!) – Der Antrag findet keine Mehrheit im Hohen Haus und ist daher abgelehnt.


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22.40.54Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer (Abg. Mag. Molterer: Er ist aber nicht da!), Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstat­tung über den Antrag 460/A (E) der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses eine Frist bis 28. Februar 2006 zu setzen. (Abg. Mag. Molterer: Er ist ja nicht da! – Abg. Scheibner – Bezug nehmend darauf, dass Abg. Dr. Matznetter auf dem Platz des Abg. Dr. Gusenbauer steht –: Der Herr Gusenbauer hat sich aber stark verändert!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Fristsetzung eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Daher ist der Antrag nicht angenommen.

22.42.02Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 765/A bis 781/A eingebracht wurden.

Ferner wurden die Anfragen 3816/J bis 3854/J eingebracht.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.42 Uhr – das ist jetzt, im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

22.42.46Schluss der Sitzung: 22.42 Uhr

 

 

 

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