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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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797. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Mittwoch, 1. Juni 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

797. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 1. Juni 2011

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 1. Juni 2011: 9.01 – 15.16 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (Ergänzung der Tages­ordnung siehe S. 35)

2. Punkt: Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkom­mens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit

3. Punkt: Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Korea andererseits

4. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit

5. Punkt: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichi­schen Entwicklungspolitik 2008–2010

6. Punkt: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichi­schen Entwicklungspolitik 2009–2011

7. Punkt: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichi­schen Entwicklungspolitik 2010 bis 2012

8. Punkt: EU-Arbeitsprogramm 2011 – Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament

9. Punkt: Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und der Re­publik Finnland zur Abänderung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

10. Punkt: Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der Ord­nerInnen für das 2. Halbjahr 2011

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Burgenländischen Landtages betreffend Man­dats­verzicht eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates .................................................................................. 8

Schreiben des Präsidenten des Burgenländischen Landtages betreffend Wahl eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat ......................................................................................................................... 8

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich durch den Herrn Bundespräsidenten ......................................................................................................................................... 29

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag über die Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) durch den Herrn Bundespräsidenten ........................................................................................................ 31

Schreiben der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit Barbados zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 27. Februar 2006 unter­zeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll, BGBl. III Nr. 40/2007                         33

Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen, den Selbständigen Antrag 185/A-BR/2011 der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bun­des-Verfassungsgesetz geändert wird, gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorbe­ratung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – An­nahme ...............................................  35, 35

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR .................................................................................................. 35

Verlangen der Bundesrätin Monika Mühlwerth auf Erteilung eines Ordnungs­rufes                     76

11. Punkt: Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das 2. Halbjahr 2011 ............................................................................................................ 107


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 3

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Ordnungsruf ................................................................................................................... 86

Aktuelle Stunde (7.)

„Förderung der wirtschaftsnahen, angewandten Forschung für Wachstum und Beschäftigung in Österreich“ ..................................................................................................................... 9

Redner/Rednerinnen:

Reinhard Todt ......................................................................................................... ....... 9

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ..... 11

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 12

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................  14, 26

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 18

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 21

Mag. Christian Jachs .............................................................................................. ..... 22

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 25

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .............................................................. 34

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 35

Wahlen in Institutionen

10. Punkt: Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versamm­lung des Europarates   ............................................................................................................................. 107

Ergebnis: Mitglied: Stefan Schennach; Ersatzmitglied: Edgar Mayer

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  34, 109

Verhandlungen

1. Punkt: Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (185/A-BR/2011) ..................................................... 36

Redner/Rednerinnen:

Dr. Jennifer Kickert ...............................................................................................  36, 42

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 38

Mag. Gerald Klug ..................................................................................................  40, 46

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 42

Christoph Kainz ...................................................................................................... ..... 44

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 47

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 48

Annahme des Antrages 185/A-BR/2011 ........................................................................ 49


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 4

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit (942 d.B. und 1176 d.B. sowie 8505/BR d.B.)     ............................................................................................................................... 49

Berichterstatter: Christoph Kainz ................................................................................. 50

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Rahmen­abkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einer­seits und der Republik Korea andererseits (1062 d.B. und 1177 d.B. sowie 8506/BR d.B.) ...................................................................................... 49

Berichterstatter: Christoph Kainz ................................................................................. 50

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit (1086 d.B. und 1178 d.B. sowie 8507/BR d.B.) ............................................................................... 50

Berichterstatter: Christoph Kainz ................................................................................. 50

Redner/Rednerinnen:

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 51

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 53

Mag. Reinhard Pisec .............................................................................................. ..... 55

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ..... 57

Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 59

Cornelia Michalke ......................................................................................................... 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................ 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................ 63

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Bundesministers für europäische und internationale An­ge­le­genheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der öster­reichi­schen Entwicklungspolitik 2008–2010 (III-370-BR/2009 d.B. sowie 8508/BR d.B.) ................................................................................ 63

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch ...................................................................... 63

6. Punkt: Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Ange­le­genheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichi­schen Entwicklungspolitik 2009–2011 (III-388-BR/2010 d.B. sowie 8509/BR d.B.) ................................................................................ 63

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch ...................................................................... 63


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 5

7. Punkt: Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichischen Entwicklungspolitik 2010 bis 2012 (III-435-BR/2011 d.B. sowie 8510/BR d.B.) ................................................................................ 63

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch ...................................................................... 63

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 64

Mag. Harald Himmer .............................................................................................. ..... 66

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 68

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ..... 71

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 73

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 76

Gregor Hammerl .......................................................................................................... 79

Mag. Muna Duzdar ....................................................................................................... 82

Edgar Mayer .................................................................................................................. 84

Cornelia Michalke ......................................................................................................... 86

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, den Bericht III-370-BR/2009 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, den Bericht III-388-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, den Bericht III-435-BR/2011 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 87

8. Punkt: EU-Arbeitsprogramm 2011 – Bericht des Bundesministers für euro­päische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament (III-427-BR/2011 d.B. sowie 8511/BR d.B.)               ............................................................................................................................... 87

Berichterstatter: Christoph Kainz ................................................................................. 87

Redner/Rednerinnen:

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 88

Friedrich Reisinger ................................................................................................. ..... 89

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ..... 91

Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. ..... 94

Dr. Jennifer Kickert ................................................................................................ ..... 96

Ana Blatnik .............................................................................................................. ..... 98

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-427-BR/2011 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................. 101

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. Mai 2011 betreffend Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Abänderung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1088 d.B. und 1183 d.B. sowie 8512/BR d.B.) .................................................................................... 101

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 101

Redner/Rednerinnen:

Johann Ertl .............................................................................................................. ... 102

Elisabeth Greiderer ................................................................................................ ... 103


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 6

Manfred Gruber ...................................................................................................... ... 104

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 105

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ......................................... 107

Eingebracht wurden

Anträge der Bundesräte

Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (185/A-BR/2011)

Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung einer europäischen Transferunion [186/A(E)-BR/2011]

Anfrage der Bundesräte

Cornelia Michalke, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Behin­derung des Dienstleistungsverkehrs durch die Liechtensteinische Regierung (2829/J-BR/2011)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenroaming bei Internetnutzung im Ausland (2595/AB-BR/2011 zu 2803/J-BR/2011)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Jennifer Kickert, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Maßnahmenkatalog zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Men­schenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen (2596/AB-BR/2011 zu 2805/J-BR/2011)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Bettina Rausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz der Bevölkerung, besonders junger Menschen, vor sogenannten Modedrogen (2597/AB-BR/2011 zu 2806/J-BR/2011)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Bundesräte Cornelia Michalke, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strukturausgleich der Gesundheitsfinanzierung (2598/AB-BR/2011 zu 2807/J-BR/2011)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Edgar Mayer, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Cornelia Michalke, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan Konsumentenschutz (2599/AB-BR/2011 zu 2809/J-BR/2011)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend AKW-Pläne in Weißrussland (2600/AB-BR/2011 zu 2808/J-BR/2011)


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 7

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Edgar Mayer, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Cornelia Michalke, Kolle­ginnen und Kollegen Änderung des Telekommunikationsgesetzes (2601/AB-BR/2011 zu 2810/J-BR/2011)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Jennifer Kickert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ungleich­behandlungen von eingetragenen Partnern/innen und Ehegatten/innen (2602/AB-BR/2011 zu 2815/J-BR/2011)


 


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 8

09.01.47Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich eröffne die 797. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 796. Sitzung des Bundesrates vom 12. Mai 2011 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Mitglieder des Bundesrates Adelheid Ebner, Johann Schweigkofler und Hans-Jörg Jenewein.

Einlauf

 


Präsident Gottfried Kneifel: Eingelangt sind zwei Schreiben des Burgenländischen Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bun­desrates.

Hinsichtlich des Wortlauts dieser Schreiben verweise ich auf die im Sitzungssaal ver­teilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Burgenländischen Landtages betreffend Mandats­ver­zicht sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes:

„DER PRÄSIDENT

DES BURGENLÄNDISCHEN LANDTAGES

                                                                                                                      EISENSTADT, 11. Mai 2011

                                                                                                                                       Tel. 02682/600-2442

                                                                                                                      E-Mail: post@bgld-Iandtag.at

Zahl: 1075/2-XX.Gp.2011

Verzicht auf Ersatzmitgliedschaft

An den

Präsidenten des Bundesrates

Gottfried Kneifel

Parlament 1017 Wien

Mit Schreiben vom 2. Mai 2011 hat Herr Andreas Liegenfeld dem Präsidenten des Burgenländischen Landtages mitgeteilt, dass er mit Wirkung vom 11. Mai 2011, 9.00 Uhr, auf seine Ersatzmitgliedschaft im Bundesrat verzichtet.

Mit freundlichen Grüßen“

„DER PRÄSIDENT

DES BURGENLÄNDISCHEN LANDTAGES

                                                                                                                      EISENSTADT, 26. Mai 2011

                                                                                                                                       Tel. 02682/600-2442

                                                                                                                      E-Mail: post@bgld-Iandtag.at

Zahl: 1075/3-XX.Gp. 2011

Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 9

An den

Präsidenten des Bundesrates

Gottfried Kneifel

Parlament

1017 Wien

Mit Schreiben vom 2. Mai 2011 hat Herr Andreas Liegenfeld dem Präsidenten des Burgenländischen Landtages mitgeteilt, dass er mit Wirkung vom 11. Mai 2011, 9.00 Uhr, auf seine Ersatzmitgliedschaft im Bundesrat verzichtet.

Der Burgenländische Landtag hat daher in seiner 13. Sitzung der XX. Gesetzge­bungsperiode am 26. Mai 2011 Herrn Franz Stefan Hautzinger, 7131 Halbturn, Erzherzog-Friedrich-Straße 10 zum Ersatzmitglied des Bundesrates gewählt.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Steier

(Landtagspräsident)“

*****

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bevor wir zur Aktuellen Stunde kommen, begrüße ich heute nicht nur die Besucherinnen und Besucher im Saale, sondern ganz besonders herzlich auch die Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten, denn heute haben wir im Bundesrat eine Premiere: Erstmals wird eine Sitzung der Länderkammer vollständig und kommentiert im ORF-Spartensender TW1 – das ist das künftige Programm ORF 3 – übertragen.

09.03.16Aktuelle Stunde

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Förderung der wirtschaftsnahen, angewandten Forschung für Wachstum und Beschäftigung in Österreich“

Ich darf nun Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures herzlich willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Der Ablauf gestaltet sich im Sinne der in der Präsidialkonferenz getroffenen Verein­barung: Zunächst kommt je ein Redner oder eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Dann folgt die Stellungnahme der Frau Bundes­ministerin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Sodann folgt ein Redner beziehungsweise eine Rednerin der Bundesräte ohne Fraktion und dann je ein Redner oder eine Rednerin der Fraktionen mit jeweils einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme der Frau Bundesministerin erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. Ich erteile ihm das Wort und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidial­konferenz die Redezeit maximal 10 Minuten beträgt.

 


9.05.00

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Wir behandeln heute ein Thema, das vom Grundsatz her eine einzigartige Erfolgsgeschichte ist. Wenn man sich die Zahlen anschaut, muss man sagen, sie sind sehr, sehr beeindruckend: Österreich


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 10

ist im Jahre 2003, was die Forschungsquote betrifft, hinten nachgehinkt und hat seither aufgeholt. Wir liegen derzeit an sechster Stelle, was ein großer Erfolg ist.

Worum geht es dabei? – Es geht um Fragen der Zukunft überhaupt: Wie werden wir in 20 Jahren leben? Mit welcher Energie werden wir heizen beziehungsweise mit welcher Energie werden wir kühlen? Wie entwickeln sich unsere Kommunikationssysteme? Wie werden künftig Waren produziert? – Und das sind auch schon die Themenschwer­punkte der Forschung, nämlich Energie und Klima, Mobilität, Kommunikation und die Produktionstechniken.

Innovation zahlt sich aus: Wenn man eine Forschungsmilliarde einsetzt, dann ent­stehen daraus 50 000 neue Arbeitsplätze. Zwei Drittel des Wirtschaftswachstums gehen auf Forschung zurück. 3 Millionen € an Steuern werden durch 1 Million € an For­schungsmitteln lukriert. Die Bundesregierung erachtet daher die Förderung und Nut­zung von neuem Wissen als zentrale Aufgabe im Interesse unserer Zukunftschancen. Forschung leistet an den Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitären For­schungszentren, in kleinen und mittleren Unternehmen und in der Industrie einen wich­tigen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, sie sichert die Wettbe­werbsfähigkeit, das Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.

Innovationsorientierte Forschungspolitik verfolgt einen vernetzten Zugang, der auf der Zusammenarbeit aller Akteure beruht und vielfältige Wechselwirkungen zwischen der Generierung von Wissen und seiner Anwendung innerhalb und außerhalb der For­schungswelt berücksichtigt. Der Bundesregierung ist bewusst, dass eine weiterhin erfolgreiche Forschungspolitik nur gelingen wird, wenn die vielfältigen Maßnahmen unterschiedlicher Akteure einander ergänzen und einem gemeinsamen Ziel verpflichtet sind. Also: Forschungseinrichtungen und Unternehmen gemeinsam! Hiezu gibt es die Forschungsförderungsgesellschaft, und das Ziel aller Aktivitäten der Forschungsför­de­rungsgesellschaft ist die Stärkung des Forschungs- und Innovationsstandortes Öster­reich im globalen Wettbewerb und damit die nachhaltige Absicherung hoch­wer­tiger Arbeitsplätze und des Wohlstandes in einem Land, das zu den wohlhabendsten der Welt zählt.

Die Zielorientierung der Forschungsförderungsgesellschaft reflektiert ihren gesetz­lichen Auftrag. Die Aufgabe der Forschungsförderungsgesellschaft ist die „Förderung von Forschung, Technologie, Entwicklung und Innovation (...) zum Nutzen Öster­reichs“.

Der Aufgabenbereich wird im Gesetz konkretisiert, und zwar dahin gehend: Mana­gement und Finanzierung von Forschungsprojekten der Wirtschaft und der Wis­senschaft, von Impulsprogrammen für Wirtschaft und Forschungseinrichtungen sowie von Netzwerken zur Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft; Management von kooperativen Programmen und Projekten mit der EU und anderen europäischen und internationalen Partnern; Vertretung der österreichischen Interessen gegenüber den relevanten europäischen und internationalen Institutionen im Auftrag des Bundes; Beratung und Unterstützung zur Stärkung der österreichischen Beteiligung bei euro­päischen Programmen, vor allem beim EU-Rahmenprogramm für Forschung, Tech­nologie und Innovation sowie beim Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation; Unterstützung und Strategievorbereitung für die Entscheidungsträger des österreichischen Innovationssystems.

Frau Bundesministerin! Ich gratuliere zu dieser hervorragenden Leistung! Ich bin neu­gierig und würde ganz gerne wissen, wie es in Zukunft weitergeht, denn Österreichs Schlüssel zum Erfolg sind Forschung, Technologie und Innovation. Ich denke, Sie


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 11

werden uns das in Ihrer Stellungnahme auch sagen. (Beifall bei der SPÖ, bei Bun­desräten der ÖVP und bei den Grünen.)

9.09


Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Ich erteile es ihr.

 


9.10.20

Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer Zeit, die geprägt ist von ökologischen und demographischen Herausfor­derun­gen und gleichzeitig zunehmendem globalem Wettbewerb. Es stellt sich daher die Frage: Wie werden wir Wohlstand, Lebensqualität für uns, aber auch für die künftigen Generationen absichern können? Um ein nachhaltiges Wirtschafts- und Beschäfti­gungswachstum zu erreichen, kann die Antwort nur sein: Stärkung von Innovation, Forschung und Entwicklung.

Es ist ja auf diesem Gebiet sowohl auf Bundesebene als auch in meinem Heimat­bundesland Oberösterreich sehr viel Positives geschehen. Der Herr Kollege hat es schon angesprochen, die Forschungsquote wurde erhöht, und im Bereich Innovation belegen wir auch bereits den siebten Platz.

Um den Wirtschaftsstandort aber langfristig abzusichern, müssen wir diesen konse­quenten Weg auch weiterhin fortführen. Dies erfolgt durch Umsetzung der ambitionierten FTI-Strategie, die die Bundesregierung im März beschlossen hat, mit der eine Forschungsquote von 3,8 Prozent erreicht werden soll und womit wir zum Innovationsleader aufsteigen.

In diesem Zusammenhang müssen wir alle Potenziale unserer Wissensgesellschaft nutzen, die Innovationsleistungen sowohl in Qualität als auch in Quantität steigern und die FTI-Fördereinrichtungen, die FTI-Forschungsfördersysteme in Bezug auf Effizienz und Effektivität ständig evaluieren und anpassen. Internationale Erfahrungswerte zeigen auch, wie wichtig die privaten Investitionen in Forschung sind, und da soll auch die Quote auf 70 Prozent erhöht werden. Ich glaube, die Kunst wird künftig darin liegen, dass wir mit den eingesetzten öffentlichen Mitteln die richtigen Hebel erzeugen, damit die Ausgaben auch im privaten Bereich steigen.

Das Ziel, die Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen, ist natürlich haupt­sächlich eine Maßnahme im Bereich angewandter Forschung. Insbesondere auch die Ausrichtung der Förderungen auf Klein- und Mittelbetriebe, sowohl auf der EU-Ebene – das ist ja im 8. Grundsatz des Business Acts festgelegt – als auch national, wird wesentlich zu dieser Zielerreichung beitragen. Eine Herausforderung sehe ich darin, die Barrieren und Schwellenängste der Klein- und Mittelbetriebe abzubauen, in Koope­rationen mit Forschungseinrichtungen zu gehen. Man sieht auch bei Veranstaltungen, die wir in der Wirtschaftskammer auf Bezirksebene abhalten, dass zwar das Interesse an Forschungsveranstaltungen vorhanden ist, aber noch nicht im gewünschten Aus­maß.

Dazu wird das Innovations-Fitnesspaket einen wichtigen Einstieg bringen, dass sich die Unternehmer mehr trauen, mit der Forschungs-Community Kontakt zu halten. Wir haben ja in der letzten Zeit sehr erfolgreich die Innovationsschecks umgesetzt, und auch dieses Programm wird weitergeführt. Es werden weiter 1 500 Schecks im Wert von 4 Millionen € mit einem Effekt einer Wirtschaftsleistung von 80 Millionen € an die Unternehmen weitergegeben. Das wird 200 hochwertige Arbeitsplätze schaffen, kurzfristig, und langfristig mehrere Tausend Arbeitsplätze sichern. Dies ist aber nur ein


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 12

kleiner Bereich in der FFG, denn insgesamt wurden für die Wirtschaftsforschung im letzten Jahr 400 Millionen € ausbezahlt.

Anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung ist natürlich auch ein wichtiger Faktor in meinem Bundesland. Wir haben das Programm „Innovatives Oberösterreich 2010“, und da liegt ein Schwerpunkt darin, den Ausbau unserer definierten For­schungsfelder zu forcieren. Das sind bei uns Mechatronik, Informations- und Kom­munikationsstrategie, innovative Werkstoffe. Ein ganz wichtiger Punkt ist auch die Kooperation unserer Wirtschaft mit den vorhandenen Forschungseinrichtungen. Wir sind jetzt gerade dabei, im Bereich der Fachhochschulen wieder die neuen For­schungsprojekte einzureichen, die auch durch die Wirtschaft kofinanziert sind.

Erwähnen möchte ich auch noch ein Erfolgsmodell aus unserem Bundesland, nämlich die neu entstandene Oberösterreichische Innovationsholding GmbH. Da werden alle Beteiligungen unseres Landes an Forschungs- und Innovationseinrichtungen unter ein Dach gestellt. Es ist das Ziel, nach dem Modell einer Innovation Chain eine durch­gängige Innovationsstrategie umzusetzen und auch die Synergien dieser Einrichtungen zu nutzen.

Neben dem Engagement der Länder brauchen wir natürlich auch die Bundesförderung, die ja im Bundesfinanzrahmen mit 500 Millionen € weitergeschrieben wurde. Diese wird vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und auch vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend sowohl für die Förderung der Innovationsbreite – dass viele Unternehmer daran teilnehmen können – als auch bei der Erzielung von Spitzenleistungen eingesetzt. Weiters werden auch die begonnenen Strukturreformen der wirtschaftlichen Forschungseinrichtungen fortgesetzt.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Mit diesen Maßnahmen sind wir sicherlich auf dem rich­tigen Weg, Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum in Zukunft zu sichern, und wir werden uns zu einem High-Tech-Land entwickeln oder, wie es unser Herr Lan­deshauptmann sagt, zu einem „Land der rauchenden Köpfe“. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der Grünen.)

9.16


Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. Ich erteile es ihm.

 


9.16.24

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Zuseher an den Bildschirmen zu Hause! Ich möchte noch einmal das Thema in Erinnerung rufen: „Förderung der wirtschaftsnahen, angewandten Forschung für Wachstum und Beschäftigung in Österreich“ – ein für mich eher überraschendes Thema, das wir ja bereits gestern um 14 Uhr erfahren durften. Der Ministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hätte ich heute vielleicht andere Schwerpunkte zugeordnet. Forschung, Wirtschaft, Wachs­tum, Beschäftigung – das würde man eigentlich eher dem Wissenschaftsministerium, Herrn Bundesminister Töchterle, oder Herrn Minister Mitterlehner vom Wirtschafts­minis­terium zuordnen. Aber diese beiden Minister sind ja der „schwarzen Reichshälfte“ zuzuordnen, und mit diesem offensichtlich von der SPÖ vorgeschlagenen Thema soll einem ihrer Ministerien Gelegenheit geboten werden, sich zu Zukunftsthemen zu äußern. Wenn ich das nicht schon gewusst hätte – spätestens Ihre Lobeshymne, Herr Kollege Todt, hat es bestätigt. (Bundesrat Todt: Was gut ist, muss auch gelobt werden! So ist es einfach, Herr Kollege!)

Wir haben ja heute auch eine Aktuelle Stunde – mit Betonung auf „aktuell“ –, und in diesem Ressort gäbe es wahrlich aktuellere Themen: die Baustelle ÖBB, das Millio­


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nen­grab Skylink, die vorgenommenen Streichungen im Ausbau des hochrangigen Straßennetzes beispielsweise.

Aber was findet sich an aktuell ausgeschriebenen Projekten zur Forschungsförderung in Ihrem Ministerium? – Da gibt es ein österreichisches Weltraumprogramm mit den Schwerpunkten Raumfahrt und satellitengestützte Technologien, das Haus der Zu­kunft, Schlüsseltechnologien für Gebäude, intelligente Produkte zur effizienteren und kostengünstigeren Produktion von Sachgütern, Innovationsförderprogramm für Kom­binierten Verkehr. – Das ist ja alles recht gut und schön, aber insbesondere Letzteres, das mit dem Kombinierten Verkehr, ist interessant. Dadurch sollen die extrem hohen Kosten des damit verbundenen Straßenverkehrs und des hohen Manipulations­auf­wandes gelindert werden.

Was geschieht in der Praxis, Frau Bundesminister? – Lassen Sie mich das anhand eines steirischen Beispiels aufzeigen: Durch die Umstellung des Stückgutverkehrs durch die ÖBB-Tochter Rail Cargo Austria (Bundesrat Todt: Ist das nicht eine Themen­verfehlung, die wir da jetzt haben?), um Kosten zu sparen, wird der Stückgutverkehr  (Bundesrat Todt: Sie reden ja jetzt von was anderem!) – Das ist ein Forschungs­schwerpunkt! (Bundesrat Todt: Das ist ein Forschungsschwerpunkt?) Kombinierter Verkehr! (Bundesrat Todt: Kombinierter Verkehr ist ein Forschungsschwerpunkt?!) Jawohl! (Bundesrat Todt: In diesem Themenbereich, oder wie?) Genau, ganz richtig. Sie haben es erkannt. (Bundesrat Todt: Ich glaube, Sie haben falsch gelesen!) Und ich möchte hier aufzeigen, Herr Kollege, dass Theorie und Praxis in diesem Ministerium weit auseinanderklaffen. (Bundesrat Stadler: Aber zwischen Stückgutverkehr und Kombiniertem Verkehr ist auch ein kleiner Unterschied! Ein ganz ein kleiner Unter­schied!)

Durch diese Umstellung erfolgt ein Anschlag auf die Region Graz. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Kneifel gibt das Glockenzeichen.) Das bedeutet im Klartext, ein Großteil dieser Fahrten geht zulasten der feinstaubbelasteten Region Graz. Im Übrigen sind konkret auch 20 Mitarbeiter von den steirischen Landesbahnen von dieser Umstellung betroffen.

Sie sehen also, die von Ihnen, Herr Todt – Sie können mir ruhig noch zuhören (Bun­desrat Todt: Ich höre eh zu!) –, genannten Schwerpunkte betreffend Klima werden damit sicherlich nicht erreicht. Wenn ich schöne Worte in der Forschung höre (Bundesrat Todt: Der Unterschied ist, dass ich über Forschung geredet habe und Sie über irgendwas!), dann will ich auch eine Umsetzung in der Praxis, die diesen schönen Worten entspricht. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, Sie werden uns sicherlich noch viele andere schöne Dinge erzählen (Bundesrat Gruber: Das wollt ihr nicht hören!), die man auch auf der Homepage Ihres Ministeriums nachlesen kann, mit herrlichen Schlagworten, Gemein­plätzen und bunten Bildern von Nanoinitiativen, ein Take-off-Programm. Ich muss sagen, die dazugehörenden Broschüren sind vor allem für mich als Vielflieger wirklich sehr nett anzuschauen. Von Elektromobilität wird geschwärmt. Ich will diese Dinge nicht grundsätzlich schlechtmachen (Rufe bei der SPÖ: Nein, überhaupt nicht!), denn es ist wichtig, dass es zahlreiche Fördermöglichkeiten auf diesen Gebieten gibt. Es ist auch klar, dass diese letzten Endes zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes und zur Erhaltung von Arbeitsplätzen dienen. – No na! Um das zu erfahren, brauchen wir keine Aktuelle Stunde.

Es ist natürlich auch leicht, alle Aktivitäten, die mit Forschung zu tun haben, mit denen Ihr Ministerium zwangsläufig in irgendeiner Form verbunden ist, anzuführen und sich auf Ihre Fahnen zu heften. Ich habe aber bereits gesagt, ich würde mir Aussagen darüber wünschen, wie Sie den Konflikt zwischen diesen schönen Worten für die


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Innovationspolitik auf der einen Seite und der praktischen Niederung des Alltags in der Verkehrspolitik lösen wollen.

Wir haben bereits umweltfreundliche Energien angesprochen, und ich habe auch schon ein Beispiel genannt. (Bundesrat Stadler: Aber ein schlechtes!) – Ein gutes Beispiel! Durch sektorale Lkw-Fahrverbote aufgrund unzureichend ausgebauter Straßen kommt es anderswo zu einem Mehrverkehr von Lkw, zu einem vermehrten Schad­stoffausstoß. Und auch im Personenverkehr sieht die Realität nicht sehr gut aus. Nebenbahnen werden eingestellt, Pendlerzüge zugunsten des Busverkehrs werden eingestellt, Direktverbindungen zwischen den Landeshauptstädten werden gestrichen, vor allem auch von Graz nach Linz, nach Innsbruck, und auch jene nach Salzburg ist in Diskussion.

Ich sage Ihnen, wie diese Umweltfreundlichkeit ausschaut, wie sie gelebt wird. Ich kann Ihnen das anhand eines Beispiels als persönlich Betroffener erklären. Meine Mutter aus Innsbruck hat mich früher mit dem Zug besucht. Jetzt muss ich sie abholen, 1 700 Kilometer hin und zurück, weil es keine durchgehende Zugverbindung mehr gibt. Gerade die älteren Menschen, die Hauptkunden der Eisenbahn, sind davon betroffen. Es ist unzumutbar, dass ältere Menschen innerhalb von 5 Minuten umsteigen müssen, und wenn der Anschlusszug verpasst wird, müssen sie mehrere Stunden auf dem Bahnhof Bischofshofen verbringen. So sieht das in der Praxis aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich mit einer Anregung, mit einer Bitte im Sinne des heute in Verhandlung stehenden Themas auch wieder anhand eines konkreten Beispiels schließen! – Frau Bundesministerin, nützen Sie die aktuellen Großbauvorhaben Koralm- und Sem­meringtunnel für Innovationszwecke! Die heimische Tunnelbauindustrie, vom Planer bis zum Bauausführenden, mit zahlreichen damit in Verbindung stehenden Sub­unter­nehmen, Dienstleistern, hat Weltgeltung, aber sie steht in harter internationaler Kon­kurrenz und im Wettbewerb. Um diese Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, ist es notwendig, auf dem Markt immer einen Schritt voraus zu sein. Entwickeln und fördern Sie mit den involvierten Firmen und den Universitätsinstituten Forschungsprojekte, die in der Praxis getestet, weiterentwickelt und verbessert werden können! Nehmen Sie dabei auch in Kauf – gestatten Sie mir diese Bemerkung in Richtung Grüne –, dass dann zukünftig alle österreichischen Gutachter in den Verdacht der Befangenheit geraten werden, einfach deswegen, weil man im Ausland keine besseren finden kann und die Gilde der Experten auf diesem Gebiet von überschaubarer Größe ist! Sie wissen, was ich meine, wenn ich an Ihre Klagen gegen die Gutachter im Semmering-Verfahren denke, mit denen Sie dieses kippen wollen.

Ich hoffe, dass Sie diese Anregung aufnehmen und so einen positiven Beitrag, einen konkreten Beitrag zum Wirtschaftsstandort Österreich leisten können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.25


Präsident Gottfried Kneifel: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich die Bun­desministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, Frau Bures, zu Wort gemeldet. Auch ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


9.26.07

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Bundesräte und Bun­desrätinnen! Ich finde es ein bisschen bedauerlich, dass ein für Österreich, für die Lebenssituation der Menschen in diesem Land, für den Wirtschaftsstandort so wichtiges Thema, nämlich: Sind wir im europäischen und im globalen Wettbewerb in der Lage, als Wirtschaftsstandort zu bestehen, und sind wir in der Lage, unseren jun­


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gen Menschen in Österreich in Zukunft auch hoch qualitative Arbeitsplätze und eine gute Ausbildung zu geben?, damit abgetan wird, dass gesagt wird: Da geht es um schöne Überschriften. – Ich kann Ihnen sagen, ich bin eine, die diese Politik sehr konkret verfolgt, indem ich den ganzen Tag daran arbeite, alles zu tun, damit sich die Lebenssituation der Menschen verbessert, damit unsere Jugend in diesem Land in Zukunft eine Chance hat und nicht, um schöne Überschriften zu produzieren. Und dazu sind Forschung und Technologieentwicklung tatsächlich der Schlüssel! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

Sie wissen, ich führe mit großer Leidenschaft jede Diskussion, bei der es um das Thema öffentlicher Verkehr geht – auch wenn wir auf Busse verlagern, ist das eine Verlagerung vom Individualverkehr zum öffentlichen Verkehr und daher eine sinnvolle Verlagerung –, und ich möchte an dieser Stelle sagen, ich habe bereits ein bisschen das Gefühl, in der Familie des Bundesrates auch aufgenommen zu sein, denn ich glaube, es gibt so gut wie keine Bundesratssitzung, an der ich nicht teilnehmen darf, um über unsere verkehrspolitischen, unsere technologischen Ziele zu berichten.

Wenn wir von Stärkung des Wirtschaftsstandortes bei Forschung und Technolo­gie­entwicklung sprechen, dann geht es darum, dass wir unsere Unternehmen stärken, damit sie auch in Zukunft gute Arbeitgeber sind, damit sie gute Dienstleistungen bringen. Das gilt auch für ein Unternehmen wie die Österreichischen Bundesbahnen. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass dieses Unternehmen zukunftsfit ist, dass die Leistungen, die das Unternehmen für die Bevölkerung erbringt, für die Kinder, die sicher in die Schule wollen, für die Senioren, die einen Ausflug machen und mit der Eisenbahn fahren, gewährleistet bleiben. Daher, Herr Bundesrat: Ja, es wird auch in Zukunft Maßnahmen geben. Ob diese völlig unwirtschaftlich sind, ob wir nur Steuergeld investieren, wird natürlich überlegt. Macht das Sinn? Rechnet sich das? Haben wir damit auch in Zukunft die Chance, dieses Unternehmen zukunftsfit zu machen? Sie haben zum Beispiel das Stückgut angesprochen, das 4 Prozent der Tonnagen, die die ÖBB jedes Jahr transportieren, ausmacht. Für 96 Prozent ändert sich gar nichts, auch wenn Sie das so darstellen, als wäre das ein Wechsel in der Verkehrspolitik. Nein! Wir sind Europameister, was den Transport von Gütern auf der Schiene betrifft, und wir werden das auch in Zukunft sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich sehe mich in meiner Funktion als Innovations- und Technologieministerin als ein Bindeglied in allen Bereichen dieser Gesellschaft und der Bundesregierung, wenn es darum geht, ein Land im globalen Wettbewerb gut aufzustellen. Daher bin ich sehr froh, dass wir erstmals seitens der österreichischen Bundesregierung eine gemein­sa­me Forschungsstrategie 2020, eine Perspektive für die nächsten Jahre, entwickelt haben. Nicht isoliert, nicht jedes Ressort einzeln, sondern in einem Team haben wir daran gearbeitet, für Kindergarten und Schule, also für den Bildungsbereich, für den Bereich der Wissenschaften, der Universitäten, der Ausbildung der jungen Menschen, für den Wirtschaftsbereich, wo es darum geht, dass wir in den Unternehmen die Innovationskraft und den Innovationsgeist erhalten, sowie auch für mein Ressort, für die Technologie, der eine bedeutende Rolle zukommt. Das heißt, es geht nicht um ein Kasteldenken, sondern es geht darum, dass wir eine gemeinsame Perspektive in der Forschungsstrategie entwickelt haben, eine gemeinsame Perspektive der Bundes­regierung, vom Kindergarten bis zur Wirtschaft, und ich glaube, das ist gut so. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

Wir haben klare Visionen und Zielvorgaben entwickelt. Wir haben als Ziel, dass Österreich zu den innovativsten Staaten der Europäischen Union gehören soll, dass wir zu den Innovationsleadern Europas gehören sollen, und wir müssen das in einer gemeinsamen Kraftanstrengung, nicht nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung der


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Politik, sondern auch der Wirtschaft, auch der Wissenschaft, in diesem engen Zusam­menspiel verfolgen. Wenn wir in Forschung und Technologieentwicklung seitens der öffentlichen Hand viel investieren, dann muss das auch Investitionen seitens der Unter­nehmen auslösen. Es gibt sozusagen einen Schlüssel, der besagt: ein Drittel öffent­liche Förderungen für Technologieentwicklung, zwei Drittel aus der Wirtschaftskraft und auch aus der Marktfähigkeit von innovativen Produkten, die Antwort auf zentrale Herausforderungen unserer Gesellschaft geben.

Daher geht es in meinem Bereich – nicht wie in der Grundlagenforschung, sondern in der angewandten Forschung – vor allem darum, dass wir relativ rasch innovative, marktfähige Produkte haben, ob jetzt im Automobilbereich oder bei Informations- oder Kommunikationstechnologien, also in der gesamten Breite der Technologien. Wir wollen mit Innovationen den Wirtschaftsstandort auch insofern stärken, als wir neue Produkte marktfähig machen, als wir zum Beispiel neue Prozesse in Produktions­verfahren einleiten. Darauf möchte ich später noch einmal zu sprechen kommen, weil das die einzige Chance dafür ist, dass wir neue hoch qualitative Arbeitsplätze in unserem Land sichern.

Es sind nicht nur schöne Worte, sondern wir haben trotz Budgetkonsolidierung – und ich meine, es ist eine wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir einen ordentlichen Budgethaushalt haben; daher müssen wir das Budget konsolidieren –, trotz der Notwendigkeit des Sparens gesagt: Sparen ja, aber klug investieren! „Klug investieren“ heißt, wir investieren in Forschung und Technologieentwicklung. Wir haben trotz Kür­zungen in allen Bereichen die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent erhöht, um die Unternehmen, um den Wirtschaftsstandort, um die Leitindustrie in unserem Land zu stärken. Wir haben im Bereich der angewandten Forschung in meinem Ressort von 400 Millionen Jahresbudget auf 420 Millionen aufgestockt. Das bedeutet eine 5-prozentige Budgeterhöhung in Zeiten der Konsolidierung, weil das wichtig ist für den Wirtschaftsstandort. Und wir haben in Loipersdorf auch Zusatzmittel, wir haben Offensivmittel vereinbart. Das sind in den nächsten Jahren allein 110 Millionen € zusätzlich für Forschung und Technologieentwicklung.

Diese Mittel rechnen sich. Ich nenne Ihnen zwei Beispiele dafür aus den letzten beiden Jahren. Die Krise begann vor allem im Bereich der Automotivbranche. Wir haben dort mit Kurzarbeit begonnen, damit die Menschen nicht auf der Straße stehen, sondern weiter im Unternehmen tätig bleiben können, als Überbrückungshilfe sozusagen. Wir haben in die Förderung von Technologien im Automobilbereich investiert – aber nicht nur, weil sich dieser in der Krise befunden hat und wir die Beschäftigung und die Produktion in Österreich halten wollten, sondern auch deshalb, weil das eine der zentralen Zukunftsherausforderungen ist, dass wir auch im Individualverkehr moderne Technologien fördern, ob das die Elektromobilität betrifft, Hybridmotoren oder auch Antriebssysteme, die einen geringeren CO2-Ausstoß haben, dass wir in diesem Be­reich forschen und dass wir in diesem Bereich auch Technologien entwickeln, die den Herausforderungen der Zukunft, darunter auch Ressourcenverknappung, gerecht werden. – Und es hat gewirkt! Der Automotivbereich, abgesehen davon, dass die Kurzarbeit längst vorbei ist, dass wieder Beschäftigte aufgenommen werden, hat die Krise gut überstanden. Das war eine gemeinsame Kraftanstrengung von Politik und Wirtschaft, die sich positiv für das Land ausgewirkt hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

Mir ist auch wichtig, dass wir bei einer starken Leitindustrie, die ein Land auch braucht, eine Wirtschaftsstruktur von Klein- und Mittelbetrieben haben. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Klein- und Mittelbetriebe in Forschung und Technologie­entwick­lung tätig sind. Über 3 000 KMUs haben innovative Ideen – ob im Metallbereich, im Textilbereich, in Bezug auf Oberflächenbehandlungen. Diese über 3 000 forschenden


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KMUs beschäftigen über 100 000 Menschen in unserem Land. Daher haben wir in der Krise dafür gesorgt, dass wir auch diese KMUs noch stärker unterstützen, dass diese Unternehmen nicht aus ihren Forschungsprojekten aussteigen. Wir haben die Förde­rung von der Höchstgrenze von 25 Prozent vor der Krise auf 45 Prozent erhöht. Was ist das Ergebnis? – Wir haben heute genauso viele KMUs, die forschen, die innovative Produkte entwickeln, wie vor der Krise. Das gibt es sonst nirgendwo in Europa. Das ist das Ergebnis des guten Zusammenspiels von Politik und Wirtschaft im Interesse eines starken Wirtschaftsstandortes. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

Ebenfalls sehr wichtig ist mir, dass wir in Österreich in der Forschung und Tech­nologieentwicklung natürlich die Stärken, die wir haben, auch tatsächlich vertiefen, dass wir uns darauf konzentrieren, wo wir auch im globalen Wettbewerb wirklich an der Spitze liegen. Das sind jene Bereiche, die wir auch als die Förderschwerpunkte herausgearbeitet haben, nämlich zum einen der Bereich Verkehr und Mobilität; ob Elektromobilität oder auch Verkehrstechnologien, Telematiksysteme, die Wege verkür­zen sollen und einen Beitrag auch zum Umweltschutz leisten sollen. Das ist zum anderen der Bereich Energie. Ich danke Ihnen, dass Sie das Haus der Zukunft angesprochen haben, ein Haus, das nicht Energie verbraucht, sondern ein energie­produzierendes Haus ist. Wir sollen mehr Passivhäuser als jedes andere europäische Land haben und damit einen Beitrag zur Energieeffizienz leisten. Informations- und Kommunikationstechnologien sind der dritte Bereich, und als vierten Bereich, der ein ganz neuer Schwerpunkt ist, haben wir Produktionstechnologien herausgefiltert.

Bei dem Bereich intelligente Produktion, der heuer noch einmal finanziell aufgestockt worden ist – insgesamt 50 Millionen € investieren wir in intelligente Produktion, das sind um 14 Millionen mehr als im Vorjahr –, geht es darum, dass für den österreichi­schen Wirtschaftsstandort die Sachgüterproduktion ganz wichtig ist. Wir haben in diesem Bereich knapp unter 650 000 Menschen, die in Produktionsprozessen in Öster­reich beschäftigt sind. Wir haben 30 000 produzierende Unternehmer, und jeder Arbeitsplatz im Produktionsbereich, den wir in der Industrie haben, löst automatisch zwei Beschäftigte im Bereich der Dienstleistung aus. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn wir in der Industrie des Automobilbereichs einen Arbeitsplatz absichern, dann bedeutet das, dass das in der Dienstleistung, ob das Reparaturwerkstätten, ob das Tankstellen betrifft, zusätzlich sozusagen zwei Beschäftigte auslöst.

Wir stehen in diesen Produktionsprozessen natürlich in einem globalen Wettbewerb. Wir treten nicht in den Wettbewerb mit Niedriglohnländern. Wir wollen nicht, dass Menschen Löhne bekommen, von denen sie nicht leben können, sondern wir treten in den Wettbewerb als Hochtechnologieproduktionsstandort, auch um im globalen Wett­bewerb gewinnen zu können. Das ist im Produktionsbereich deshalb so schwierig, weil man natürlich heute weiß, dass man nicht nur in der Informationstechnologie global alles um die Welt schicken kann – und sich möglicherweise und glücklicherweise überall auf der Welt Demokratisierungsprozesse ergeben, wie wir das aus Nordafrika kennen –, sondern auch in der Produktion von Produkten. Alles, was auf Container geladen werden kann, kann auf der ganzen Welt produziert werden, kann hin und hergeschickt werden. Daher ist das eine solch große Herausforderung für uns, dass Österreich seine Position in der Sachgüterproduktion halten kann.

Ich nehme heute im Anschluss an diese Sitzung noch an einer Informations­ver­anstaltung teil, an der sich über 300 österreichische Unternehmen beteiligen und über intelligente Produktion debattieren werden. Ich möchte zwei Beispiele dazu anführen, damit man sich etwas vorstellen kann:

Erstes Beispiel: Auf jedem Kasten, auf jeder Lade gibt es Beschläge. Der Großteil dieser Beschläge wird in Österreich produziert. Die Produktion ist einer Automatisie­


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rung unterlegen. Die Firma Blum in Vorarlberg, die das produziert, beschäftigt jetzt nach der Automatisierung mehr Menschen im Bereich der Produktion von Beschlägen, die in die ganze Welt verschickt werden, und konnte den Produktionsstandort in Österreich auch halten. Durch intelligente, effiziente Produktion wurde ein Produkt „Made in Austria“ geschaffen, das heute für viele Menschen gute Arbeitsplätze sichert.

Beim zweiten Beispiel, nämlich der Firma Kapsch CarrierCOM, geht es um die Produktion von Teilen für Handys. Diese wurden bisher in China produziert. Dieser Produktionsstandort wird jetzt von China nach Wien verlegt, weil Österreich als Pro­duk­tionsstandort attraktiv ist.

Da unterscheiden wir uns von anderen europäischen Ländern: Großbritannien zum Beispiel hat im Bereich der industriellen Produktion die Vorreiterrolle verloren, die es noch vor zwanzig, dreißig Jahren hatte. Großbritannien kämpft heute mit der Finanz­marktkrise mehr als Österreich, wo wir die Krise besser überstanden haben als jene Länder, in denen es kaum Produktionen, in denen es keine Hochtechnologie und damit auch nicht die entsprechenden Beschäftigungsmöglichkeiten gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass ich damit deutlich gemacht habe, dass es da um konkrete Dinge geht, dass es da um die Lebenssituation geht, dass es da um den Wirtschaftsstandort und um die Qualität der Arbeitsplätze geht.

Die OECD sagt, es gibt drei entscheidende Faktoren, die ein Land als Wirtschafts­standort, aber auch, was mir ebenfalls wichtig ist, die deren Lebensqualität für die Menschen, die dort leben, stark machen. Das sind die Bereiche Bildung, Infrastruktur sowie Technologie und Innovation.

Ich bin der Auffassung, dass die Entscheidungen, die die österreichische Bundes­regierung in den letzten beiden Jahren mit Visionen für die Zukunft Österreichs als Technologiestandort getroffen hat, jene sind, die unser Land genau dorthin bringen werden, wohin wir wollen, nämlich zu den innovativsten Ländern ganz Europas zu gehören. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.42


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


9.42.34

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch mich hat dieses Thema der heutigen Aktuellen Stunde etwas überrascht, weil das Bun­desministerium für Verkehr, Innovation und Technologie für mich nicht jenes Ministe­rium ist, das einem als erstes einfällt, wenn man über Forschung reden soll. Aber es ist gut so, soll so sein. Klar ist: Wir reden hier jetzt über Förderung der wirtschaftsnahen, angewandten Forschung für Wachstum und Beschäftigung in Österreich.

Ich stelle mir immer wieder die Frage, warum das Thema „Forschung“ in der Bun­desregierung von den Agenden her derartig zerstückelt wird. Es beschäftigen sich nämlich vier Mitglieder der Bundesregierung mit dem weiten Bereich der Forschung, die in regelmäßigen Abständen verkünden: Wir wollen Maßnahmen setzen, um innovativ zu werden beziehungsweise zu sein! – Ja, das wollen wir auch, keine Frage! Aber ich meine, vom Reden allein wird das halt leider nur schwer möglich sein.

Gestern Abend habe ich noch die OTS-Meldungen vom BMVIT zu diesem Thema studiert und bin draufgekommen, warum wir heute darüber reden. Ich nehme an, dass es daran liegt, dass der Bericht über Forschung und Technologie gestern vorgestellt worden ist, und zwar von den vier dafür zuständigen Regierungsmitgliedern; eigentlich nur von drei, weil Frau Minister Schmied nicht dabei war.


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Die Hauptfrage für mich ist die: Warum haben wir eine solche Zerstückelung der Agenden im Bereich Forschung?, denn im Prinzip  – und wir haben das heute von Frau Bundesrätin Winzig gehört; das hat mir sehr gut gefallen – könnte man sagen: Wir haben in Oberösterreich eine Gesellschaft, wo alles zusammenläuft!

Das große Problem, das ich bei der Forschung auch noch sehe, ist, dass es sehr viele verstreute Aktionen und Möglichkeiten gibt und man eine eigene Beratung braucht, um zu erfahren, wie man zu den Mitteln, die ja vorhanden sind, kommt. Da ist die Zerstückelung beziehungsweise der Umstand, dass viele Köche an einem Brei ar­beiten, sicher nicht hilfreich.

Eigentlich betreffen die Hauptpunkte des Forschungsbereichs im BMVIT Seibersdorf. Zu Seibersdorf habe ich nach OTS-Meldungen viel und lange gesucht, aber die einzige OTS-Meldung, die ich dazu gefunden habe, war, dass dort ein Kindergarten eröffnet wurde. Ansonsten ist bekannt, dass es dort ein Atomzwischenlager gibt, wobei zu sagen ist, dass das auch ein Themenbereich ist, mit dem man sich einmal beschäf­tigen sollte, denn 2030 wird bekanntlich der Standort dort aufgelöst.

Ein weiterer Schwerpunkt des BMVIT im Bereich der Forschung ist der Klima- und Energiefonds. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Leider ist dieser Fonds trotz seiner großen Wichtigkeit, um die wir alle wissen, wenn es um Prioritäten geht, eigentlich nicht wirklich stark bestückt. Und das, was da an Mitteln vorhanden ist, wird auch noch in vielen Bereichen für Dinge verwendet, die mit Forschung und Technologie eigentlich nichts zu tun haben. Da wird vieles mehr oder weniger ausgelagert. Zum Beispiel: Wenn es mit dem Ökostrom-Gesetz nicht möglich ist, dass man die Fotovoltaik fördert, dann macht man das halt über den Klimafonds. Das ist meiner Auffassung nach eine fragwürdige Geschichte, und ich meine, es wäre gut, da die Strukturen ein bisschen mehr zu konzentrieren.

Nun zu Ihrer gestrigen Vorstellung des Forschungsberichtes: Die OTS dazu von den Ministerien war sehr spannend und hatte den Titel: „2011 erstmals mehr als 8 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung investiert“, und darin konnte man lesen, wie toll wir nicht sind und wie gut nicht unsere Unternehmen sich in diesem Bereich engagieren.

Ich möchte nur kurz ein paar Passagen aus dieser Pressemeldung zitieren:

Zum Beispiel: „Österreich hat sich innerhalb der EU stabil vorne halten können, mit Platz 7 im Innovation Union Scoreboard liegt Österreich unmittelbar hinter der Gruppe der Innovation Leader.“

Das heißt, es wird immer so dargestellt, als wären wir die Siebtbesten in Europa. Ich habe es aber so verstanden, dass wir die Siebtbesten unter den Zweiten sind. Das ist aber auch nicht so tragisch, denn wir liegen nach wie vor über dem Schnitt, aber es ist einfach eine Darstellung, wo ich mir denke, dass es da nur darum geht, dass wir groß verbreiten, wie toll wir sind, dass da wieder sozusagen viel heiße Luft produziert wird, wir aber in Wirklichkeit die Besseren nur unter den Zweitbesten und nicht unter den Erstbesten sind.

Eine weitere Passage in der OTS lautet – ich zitiere –: „Der Forschungs- und Tech­nologiebericht informiert jedes Jahr über die Entwicklung der Forschungsquote im langjährigen Verlauf, vergleicht diese mit international relevanten Forschungsräumen und wird dem Parlament vorgelegt.“

Es gibt im Regierungsprogramm eine Passage, in welcher drinsteht, dass dieser Forschungs- und Technologiebericht gemeinsam mit dem Parlament erstellt werden soll. Ich meine, es ist ein kleiner Unterschied zwischen Vorlegen und dann darüber diskutieren und gemeinsam erarbeiten. – Das nur ein kleiner Hinweis dazu.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 20

Was ich dieser OTS, die zum Ausdruck bringen will, dass wir im Bereich Forschung so super sind, denn wir haben jetzt die 8 Milliarden-Grenze überschritten, entgegensetzen möchte, ist eine ORF-Pressemeldung, wo der Titel heißt: „Technologiebericht: Wieder stagnierende Forschungsquote“.

Dazu ist grundsätzlich zu sagen: Wir haben zwar nominell um einiges mehr an For­schungsgeldern im Vorjahr lukrieren können, aber im Prinzip ist es so, dass durch das steigende BIP die Forschungsquote nur um 0,01 Prozent gestiegen ist. Das heißt, wenn es so weitergeht, werden wir nicht zu den Innovationsleadern werden, denn dazu fehlen uns noch einige Prozentpunkte, nämlich fast hundert. Wie wir diese in den nächsten zehn Jahren auf diese Art und Weise erreichen wollen, ist eine andere Frage.

Es gibt einige Bereiche, die im BMVIT meiner Meinung nach dringend sozusagen zu erforschen wären:

Zum Beispiel wäre zu klären, warum gerade bei Umweltverträglichkeitsprüfungen im Verkehrsbereich der Antragsteller mehr oder weniger derselbe ist wie die entscheidende Behörde.

Weiters ist zu klären, warum jetzt bei der UVP betreffend den Flughafen die Auflage hinsichtlich der Unterlagen in die Sommermonate fallen wird, was eigentlich vom UVP-Gesetz her nicht möglich ist, und zwar gerade beim Flughafen. Da frage ich mich schon, warum man aus alten Fehlern, wie etwa der parteipolitischen Besetzung von Flughafengremien, nicht wirklich etwas gelernt hat.

Ferner ist zu klären, warum wir keine radikal neue Verkehrspolitik in Österreich verfol­gen, nämlich uns nicht ernsthaft bemühen, von der Straße auf die Schiene zu kommen. Leider ist es nach wie vor umgekehrt, wie Regionalbahnschließungen und die Auflas­sung von Verladestellen zeigen. Der Modal Split geht auch nicht in die richtige Rich­tung.

Ich muss gestehen, Frau Ministerin, Sie sind die Erste – abgesehen davon, dass Sie sich sozusagen schon lange halten, was löblich ist, denn das ist ja bei diesem Ministerium nicht so einfach –, die darüber nachdenkt, was ich schon sehr positiv betonen möchte, ob jede Hochleistungsstraße notwendig ist.

Wir haben im Weinviertel vor Kurzem zwei Hochleistungsstraßen bekommen. Bei beiden müssen wir jetzt schauen, wie wir sie vollkriegen, denn derzeit ist es nicht so, und das wird noch länger so sein. Gerade die Lkw fahren lieber über Ortschaften. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Ja, das sind Dinge, die meiner Meinung nach zu erforschen wären.

Und wenn ich mir anschaue, wie das anderswo ist, so stelle ich fest: Im Großraum Wien zum Beispiel ist es sozusagen auf der Schiene schon sehr, sehr eng. Ich bin heute mit dem Zug hergefahren und bin auf der Stiege gesessen. Da wäre auch zu erforschen, wie man künftig vernünftig lösen könnte, dass die Verkehrsmittel in Großräumen wie Wien in ausreichendem Maße angeboten werden, damit auch die PendlerInnen mit öffentlich Verkehrsmitteln unterwegs sein können und nicht auf der Straße unterwegs sein müssen.

Im Hinblick auf Forschung wäre meiner Meinung nach eine wichtige Voraussetzung im Verkehrsbereich der Zugang zu Daten. Es gibt eine Kordonerhebung für den Groß­raum Wien, die nach wie vor nicht öffentlich gemacht ist, obwohl es sie seit einem halben Jahr gibt. Und Verkehrszahlen bekommt man in Österreich überhaupt nur auf Ersuchen und auf oftmaliges Anfragen hin. Weiters ist es so, dass es sehr viele Verkehrszahlen gibt, die nur geschätzt sind, also wo hochgerechnet und nicht gemes­sen wurde.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 21

Auch diesbezüglich wären im Verkehrsbereich Forschung und Entwicklung gefragt, damit man wissenschaftlich aufbereitete Zahlen hätte und sich somit auch Gemeinden, Länder und Regionen im Verkehrsbereich Sinnvolles überlegen könnten und in die richtige Richtung in der Verkehrspolitik gehen könnten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.50


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

 


9.50.42

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bin froh, dass ich die Sorgen, die du hast, Frau Kollegin Kerschbaum, nicht habe, gerade in diesem Bereich.

Und dem Kollegen Krusche möchte ich sagen, dass das Bundesministerium, dem die Frau Bundesministerin vorsteht, „Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Tech­nologie“, abgekürzt „BMVIT“ heißt. Da sind die Bereiche „Innovation“ und „Techno­logie“ enthalten und damit auch der Bereich „Forschung“ mit inkludiert. Ich nehme also an, dass du den Sinn der heutigen Aktuellen Stunde nicht so richtig erkannt hast. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Bundesministerin und meine Vorred­nerInnen der Koalitionsparteien haben bereits auf die Wichtigkeit der Forschungsför­derung hingewiesen. Es ist ein absolutes Top-Thema. Leider zählt dieses zu jenen Bereichen, die in der Öffentlichkeit nicht täglich, nicht wöchentlich und auch nicht monatlich im Fokus der Medien stehen, und das ist schade, denn wir haben, wie wir heute gehört haben, über 3 000 KMUs, die in der Forschung tätig sind. Im landläufigen Sinn wird ja Forschung immer nur den großen Betrieben zugeschrieben, man denkt dabei nicht so sehr an die Kleinbetriebe, aber gerade bei den kleinen Betrieben ist es wichtig, dass sie einen entsprechenden Innovationsvorsprung erzielen.

Das heißt aber auch, dass die entsprechenden Förderungsmittel vom Bund – und da im ganz speziellen Fall aus Ihrem Ministerium, Frau Bundesministerin – entsprechend straff kanalisiert werden.

Ziel ist es, die Produktionstechnik im eigenen Land zu behalten und damit eine Abwanderung der Firmen in Billiglohnländer zu verhindern. Österreich hat jetzt erst­mals eine abgestimmte und von der Bundesregierung beschlossene Strategie im Forschungsförderungsbereich.

Österreich will mit diesem Programm zu den Innovation Leaders vorstoßen. Und an dieser Stelle muss ich sagen: Ich bin im Gegensatz zur Frau Kollegin Kerschbaum froh, dass wir da den siebten Platz haben. Ich deute da jetzt nicht herum: Ist es der siebte Platz von hier oder von da?, das ist mir egal, es ist der siebte Platz, und der ist für Österreich mit Sicherheit ein sehr guter Platz. (Bundesrätin Kerschbaum: Da sollten Sie genau überlegen! Der siebte Platz von den Letzten aus ist auch blöd!) Zurück zum Thema: Damit geben sich die Bundesregierung und die Frau Bundesminis­terin aber nicht zufrieden. Wir alle wissen, wir wollen besser werden, und es gibt auch Geld für diesen Bereich.

Zwei Drittel der Förderungen werden heute von privater Hand finanziert und ein Drittel kommt aus staatlichen Mitteln. Wir schaffen damit eine Reihe von Arbeitsplätzen. Wir haben die 55 Programmlinien, die es bis jetzt gegeben hat, auf vier Themenbereiche zusammengefasst. Das ist, glaube ich, auch ein Erfolg.

Die Vorteile für die Wirtschaft sind:


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 22

Erstens: Eine höhere Sichtbarkeit für die einzelnen Themen und eine bessere Pla­nungs­sicherheit für die AntragstellerInnen.

Zweitens: Ein verbessertes und zugänglicheres Förderportfolio mit weniger Barrieren und strafferen Programmen.

Drittens: Eine effiziente Kundenberatung und eine wirkungsvollere Zusammenarbeit innerhalb der FFG. Hier geht es vor allem um eine integrierte Förderberatung der FFG über nationale und EU-Förderungen.

Viertens: Ein übersichtlicher Ausschreibungskalender soll eine bessere Planbarkeit ermöglichen.

Fünftens: Harmonisierte, vereinfachte und standardisierte Ausschreibungsunterlagen sollen für klar definierte Abläufe sorgen.

Sechstens: Einheitliche Abwicklungsstandards für harmonisierte Ausschreibungen und Auswahlverfahren sollen für klare Rollen bei der Aufgabenverteilung sorgen.

Das sind die wichtigsten Punkte, die künftig der Wirtschaft den Zugang zu den Forschungsmitteln erleichtern sollen beziehungsweise auch den Fördergebern die entsprechenden Kontrollen einräumen sollen.

Als Oberösterreicher bin ich natürlich besonders stolz, dass bereits 2008 der Motor­radhersteller KTM aus Mattighofen ein serienreifes 30 PS-Elektromotorrad vorstellen konnte. Die Geländemaschine ist deutlich leiser als herkömmliche Motorräder und völlig emissionsfrei. Momentan fährt man damit 45 Minuten auf Hochleistung. Dann ist allerdings der Akku wieder zu wechseln, aber es ist insgesamt bei Elektrofahrzeugen das Problem, dass man die Akku-Geschichte noch nicht so im Griff hat, und genau dort muss auch die Forschung ansetzen, denn nur dann werden Elektrofahrzeuge auch ein Renner werden.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich weiß, dass sich auch in anderen Bundesländern im Forschungsbereich einiges tut. In Bezug auf Oberösterreich kann ich sagen: Ich halte es für wichtig beziehungsweise bin sehr froh, dass sich die Forschungsmittel sehr günstig aufteilen. Ich habe hier eine Aufstellung, wonach die Großunternehmen 50 Pro­zent der Fördermittel erhalten, die KMUs 23 Prozent, die Forschungseinrichtungen 17 Prozent, die Hochschulen 8 Prozent, Intermediäre 2 Prozent und Sonstige 1 Prozent. Also Oberösterreich ist da sehr gut im Rennen.

Insgesamt tut sich also etwas in Österreich: Es wird überall an Zukunftsmodellen getüftelt und gearbeitet. Es geht um die entsprechenden Rahmenbedingungen, die vorgegeben werden müssen.

Frau Bundesministerin, das ist eine hervorragende Arbeit, die da in Ihrem Ministerium geleistet wird. Wie heißt es so schön? –: Stellen wir unser Licht nicht unter den Schef­fel! Forschungsförderung ermöglicht Innovation, ermöglicht, Know-how in Österreich zu halten, auszubauen und, was mir ganz besonders wichtig erscheint, den Arbeitsmarkt in diesem Hochsegment zu verbreitern.

Wie hat die Frau Bundesministerin gesagt? – Sparen ja, das Geld ist einfach weniger, aber klug investieren – und genau das ist die Strategie! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.57


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Mag. Jachs. – Bitte.

 


9.57.17

Bundesrat Mag. Christian Jachs (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident Kneifel! Geschätzte Frau Bundesministerin Bures! Die heutige Aktuelle Stun­


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 23

de ist aktueller denn je, und eigentlich ist die Aktuelle Stunde für uns auch eine Stunde der Freude. Das Thema, das wir heute diskutieren, nämlich Förderung der betriebs­nahen Forschung und Entwicklung zur Schaffung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen, ist eigentlich ein Stück rot-weiß-roter Erfolgsgeschichte.

Es ist uns in den letzten 10, 20 Jahren sehr viel gelungen, und daher sollten wir alle diesen großartigen Erfolg auch nicht kleinreden. Ganz wichtig ist, dass wir, wenn wir Forschung und Entwicklung diskutieren, wie gerade jetzt in der Aktuellen Stunde, uns auf die Frage konzentrieren: Wo stehen wir?

Meine Damen und Herren, wir stehen ganz vorne im europäischen Spitzenfeld: Wir haben in den letzten 20 Jahren die Ausgaben für Forschung und Entwicklung verdop­pelt, und mit dieser Innovationskraft, mit dieser Forschungsanstrengung haben wir ein Fundament geschaffen, auf dem heute Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ent­steht, wo Arbeitsplätze wachsen, und das ist auch das Fundament für unser soziales Wohlstandsgefüge in Österreich.

Es geht darum, dass wir dieses Fundament erhalten und schauen, was dazu notwen­dig ist, wo wir im Bereich Forschung und Entwicklung steuern sollen, denn eines ist wichtig, Herr Kollege Krusche: Forschung und Entwicklung sind die Straßen nach Morgen und ins Übermorgen. Das sind die Erfolgsspuren, die wir gehen müssen, damit wir auch in Zukunft ökologische Entwicklung haben, ein positives Gemeinwohl haben.

Ich möchte Ihnen als Oberösterreicher nur sagen: Es gibt Direktverbindungen zwischen Innsbruck und Graz. Zweimal täglich verkehren Züge direkt zwischen Graz und Innsbruck.

Also: Wichtig ist, dass wir die Wege ins Morgen und nach Übermorgen ausbauen. Aber gleichzeitig sollen wir auch sehen, dass es Gefahren gibt, dass Schikanen auf uns zukommen.

Eine große Sorge, die wir als ÖVP-Fraktion sehen und die wir gemeinsam mit der Wissenschaft und auch mit der Forschung teilen, ist: Es gehen uns die Techniker aus. Wir haben gut 250 000 Studenten, aber 60 Prozent unserer jungen Menschen, unserer Studentinnen und Studenten konzentrieren sich auf 10 Prozent der Studienfächer.

Das ist eine gefährliche Verengung, da gehen wir auf eine Schikane zu. Uns werden die Technikerinnen und Techniker für morgen und übermorgen ausgehen!

Daher ist es ganz, ganz wichtig, dass wir hinausgehen in die Schulen – von der Unterstufe über die Oberstufe, die Volksschulen, bis zu den Neuen Mittelschulen – und dafür werben, dass unsere jungen Menschen in die Technik gehen und sich mit technischen Fächern befassen.

Aber allein das Potenzial in Österreich wird nicht ausreichen, damit wir auch morgen ausreichend Technikerinnen und Techniker haben. Wir müssen uns zu einer Vor­wärtsstrategie entscheiden und bewusst hinausgehen in die Welt und dort für Öster­reich werben. Wir sind das beste Wirtschaftsland in Europa. Wir haben die höchste Beschäftigung in Europa. Wir haben einen enormen Lebensstandard. Wir haben so viel Geschichte und wir haben auch das schönste Land, was das Landschaftsbild betrifft.

Die Studenten werden kommen, aber wir müssen sie einladen, damit sie in Österreich studieren und sich hier mit Forschung und Entwicklung an unseren großartigen Bildungseinrichtungen auch in den Betrieben beschäftigen. Wir müssen sie einladen!

Aber die Einladung allein reicht nicht: Wir müssen bewusst hinausgehen, auf eine weltweite Tournee gehen, ihnen auch Ausbildungen im mehrsprachigen Bereich anbieten! Da sind wir heute noch, sage ich einmal, sehr auf uns fokussiert, sehr auf


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 24

uns konzentriert. Wir müssen die Augen aufmachen, hinausgehen in die Welt und um die besten Köpfe werben!

Das ist nichts anderes als das, was wir heute schon im Bereich der Informationstech­nologie nutzen. Jeder von Ihnen hat einen Laptop, ein Handy, wir alle nutzen das World Wide Web, wir nutzen Google, um uns Informationen hereinzuholen. In Zukunft ist es wichtig, die besten Köpfe in unser Land hereinzuholen. Diese werden dann auch bleiben und werden wieder Impulse geben für Wirtschaft, Wachstum, Beschäftigung, für Wohlstand, für eine gute soziale Entwicklung, für eine gute, nachhaltige ökologische Entwicklung in Österreich, die wir als kleines Land so dringend brauchen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es ist großartig, was wir vom Bund, von den Ländern, von den Kommunen, auch von den Betrieben finanziell leisten und Geld für Forschung und Entwicklung ausgeben. Es wird in den nächsten Jahren zusätzliche Mittel geben. Das ist in Wahrheit eine Frohbotschaft, die wir heute hinausgeben kön­nen. Es kommt zusätzliches Geld für unsere Zukunftsschiene Forschung und Ent­wick­lung. Dafür sind wir sehr dankbar, denn diese Investition wird reiche Früchte tragen.

Aber worum ich werbe und wozu ich Sie gemeinsam mit meiner Fraktion einlade ist: Geben wir ein Gutteil, ein großes Stück von diesen zusätzlichen Mitteln, von diesem frischen Geld, von diesem neuen Geld vor allem in die MINT-Fächer. Bei den MINT-Fächern geht es um Mathematik, um Informatik, um Naturwissenschaften und um Technologie. Das sind die Schlüsseldisziplinen, die uns helfen, eine Welt von morgen zu bauen und zu entwickeln, die leistungsfähiger ist, die moderner ist, die auch ein Stück gerechter und damit lebenswerter wird. Also ganz, ganz wichtig: Gehen wir hinein in die MINT-Fächer, in die MINT-Disziplinen und geben wir ihnen diesen Bonus, geben wir Ihnen diesen Zukunftsbonus! Werten wir sie auf bei den zusätzlichen Mitteln, denn wir alle werden davon profitieren. Wir alle hier herinnen werden davon profitieren über Wirtschaftswachstum, über zusätzliche Exporte und über neue Arbeitsplätze.

Es ist ein Tag der Freude, es ist eine Stunde der Freude, die Entwicklung Österreichs im Bereich Forschung und Entwicklung zu diskutieren. Und ich sage, das ist sicher nicht nur der richtige Weg für Österreich, es ist auch ein positiver Weg für uns, für unsere Regionen.

Ich selber komme aus dem Bezirk Freistadt, also aus dem Mühlviertel. Wir waren eine ländliche Region, aber vor einigen Jahren hat das Land Oberösterreich gemeinsam mit dem Österreicher des Jahres 2010 in der Kategorie Forschung, mit Professor Bruno Buchberger, ein großes Forschungszentrum in der ländlichen Region, in Hagenberg im Bezirk Freistadt, errichtet.

Rund um dieses Forschungszentrum ist die Fachhochschule gekommen, rund um dieses Forschungszentrum, um diesen Science-Park, haben sich Betriebe angesiedelt, und das war ein Impuls: ein Impuls, ein Ruck, der durch die ganze Region gegangen ist, und ausgehend von einer ländlichen Region sind wir auf ein Niveau gekommen, wo wir heute in Oberösterreich ganz vorne sind, in Österreich vorne sind in Sachen Wirt­schaftswachstum und Beschäftigung.

Also diesen Weg weiterzugehen, dazu lade ich ein, und dem Kapitel Forschung und Entwicklung ein weiteres Erfolgskapitel anzufügen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

10.04


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 25

10.05.00

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Jachs spricht von Gefahren. Kollege Todt fragt: Wie werden wir in 20 Jahren leben? Meine Sorge ist, wie viel Freiheit wir in 20 Jahren haben werden (Bundesrat Todt: Wenn wir regieren, haben wir die Freiheit weiter!), wenn ich an das Forschungsprogramm INDECT denke. INDECT, meine Damen und Herren, ist ein Forschungsprogramm der Europäischen Union und steht für das totale Überwachungssystem. (Bundesrat Kraml: Wovor fürchtest du dich schon wieder?)

Wissenschaftler, Polizeibehörden, Wirtschaftsunternehmen arbeiten seit dem Jahre 2009 unter Hochdruck an einem Überwachungssystem zur Bespitzelung der Bevölke­rung. Automatische Datenscanner untersuchen Internettexte, Meinungsäußerungen, während eine Software in Verbindung (Bundesrat Todt: Das meinst du aber nicht ernst, oder?) – das ist ein Forschungsprogramm der EU! – mit Kameras und Beobach­tungsdrohnen verdächtiges Verhalten im öffentlichen Raum erkennen. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Stadler.) Durch biometrische Daten, Autokennzeichen, GPS-Daten von Mobiltelefonen können Personen erkannt, im Internet wiedergefunden und über Bewegungsprofile verfolgt werden. (Bundesrat Gruber: Das haben wir schon! Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben!)

Zusammen mit der bereits genehmigten Vorratsdatenspeicherung, den Volkszäh­lungen, den biometrischen Personalausweisen und Reisepässen und den Aktivitäten der Grenzschutzorganisation Frontex entsteht die größte Überwachungsoffensive, die es je gegeben hat. (Bundesrat Todt: Frau Bundesministerin Bures ist aber nicht die Frau Innenministerin!) – Das ist ein Forschungsprojekt der EU! (Bundesrat Gruber: Geht es um Forschung? Vielleicht einmal zum Thema! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dieser Forschungsauftrag der Europäischen Union ist mit 15 Millionen € budgetiert. Obwohl die Regierungen derartige Forschungen abstreiten, sind daran folgende Organisationen beteiligt: die Berg- und Hüttenakademie Krakau, die Technische Uni­versität Danzig, die Universität in Madrid, die Technische Universität Sofia, die Bergi­sche Universität Wuppertal, die Universität New York, die Technische Universität Košice, die Technische Universität Ostrava und die Fachhochschule Technikum Wien (Zwischenruf des Bundesrates Mayer) sowie die Firmen InnoTec DATA GmbH & Co. KG und X-ART ProDivison.

Die INDECT-Dateien speichern und analysieren automatisch Texte von Nachrichten­seiten, von Blogs, von Kommentaren, von P2P-Netzwerken, von Sozialnetzen, Foren, Chats und dem Usenet. Dieses Projekt muss als ein Traum der Europäischen Union vom Polizeistaat bezeichnet werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bundesrat Mayer: Das sagt ein Polizist?!) – Ja, leider muss das ein Polizist sagen.

Begriffe wie Unschuldsvermutung und gerichtsfester Beweis werden in Zukunft keine Bedeutung mehr haben. Im Rahmen der „Zeit im Bild“ wurden Kritiker zitiert, die der Meinung waren, die zunehmende Datenspeicherung helfe nicht bei der Verbrechens­bekämpfung, sondern am Ende dieses Forschungsprojektes steht der gläserne Mensch. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Im öffentlichen Raum, also auf der Straße, auf Plätzen, in öffentlichen Gebäuden, Bahnhöfen, Flughäfen nutzt das INDECT-System die Signale aus bereits vorhandenen Überwachungskameras, um automatisch abnormales Verhalten festzustellen. Gleich­zeitig werden kleine, mit Kameras, Mikrofonen und Sensoren ausgestattete Drohnen eingesetzt, um verdächtige Personen zu verfolgen. Durch einen auto­matischen Ab­gleich mit hinterlegten biometrischen Daten wird die Identität der Personen sofort


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 26

erkannt. (Bundesrat Gruber: Welchen Zukunftsroman liest du gerade?) – Kollege, Sie sollten sich erkundigen, was INDECT bedeutet, was hier erforscht wird, was hier auf uns zukommt!

Diese Forschungen haben bereits 2009 begonnen, und schon im Jahre 2012 wird ein Feldversuch gestartet werden. (Bundesrat Gruber: Im Jahr 2012 geht die Welt sowie­so unter!) – Dann liest du die falschen Zeitungen!

Die Werkzeuge dieser totalitären Europaregierung sind die Vorratsdatenspeicherung, die Volkszählungsdaten, Frontex und diese INDECT-Software. Das hier entstehende Szenario ist eine Horrorvision. (Bundesrat Gruber: Ja!)

Wer jetzt glaubt, dass dieses Szenario erst in ferner Zukunft umgesetzt wird, der irrt: Bereits in einem Jahr ... (Bundesrat Gruber: Bis 2012 ist es auch nicht mehr so lange! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Unter dem fadenscheinigen Deckmantel der Terror- und Kriminalitätsbekämpfung (Bundesrat Gruber – in Richtung Bundesrätin Mühlwerth –: Wieso habt ihr eure Handys noch nicht weggeschmissen? – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) wird hier unter den Augen der Öffentlichkeit ein konse­quentes System von Überwachungs- und Kontrollmechanismen installiert. (Bundesrat Todt: Ist das nicht die falsche Rede gewesen? Die Vorratsdatenspeicherung haben wir schon hinter uns! Das ist die falsche Rede!)

Liebe Kollegen! Für den Widerstand wird das bald zu wenig sein. Ist dieses System erst einmal installiert, finanziert, entwickelt und getestet, wird es auch eingesetzt wer­den.

Sehr geehrte Frau Minister! Sorgen Sie dafür, dass keine weiteren finanziellen Mittel oder Daten aus Österreich für dieses System zur Verfügung gestellt werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.11


Präsident Gottfried Kneifel: Für eine abschließende Stellungnahme hat sich noch­mals Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Bures zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


10.12.10

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich eingangs wirklich für diese Diskussion bedanken. Ich denke, dass die Debatte doch gezeigt hat, wie wichtig Forschung und Technologieentwicklung sind.

Ich finde es ein bisschen schade, dass es bei solch einem wichtigen Thema – und es ist gesagt worden, das ist sozusagen ein Rot-Weiß-Rot-Thema – keinen wirklichen Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg geben kann, denn, wie gesagt, ich glaube, es müsste unser gemeinsames Anliegen sein, den Wirtschaftsstandort Öster­reich zu stärken und, wie gleichfalls bereits gesagt, damit auch für hochqualitative Be­schäftigung in unserem Land zu sorgen.

Ich möchte kurz auf ein paar Punkte eingehen, die in der Debatte gekommen sind.

Der erste – er kam jetzt auch abschließend – betrifft die Frage von Chancen und Risken von neuen Technologien. Ja, es ist so, dass neue Technologien in vielen Fällen auch Risken in sich bergen, und es ist Aufgabe auch der Politik, darauf zu achten, dass diese Risken so gering wie möglich gehalten werden. Daher haben wir, habe ich auch bei gesetzlichen Regelungen – weil das auch angesprochen wurde – im Bereich der Vorratsdatenspeicherung sehr darauf geachtet, dass wir mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte den höchsten Schutz der Privatsphäre, der dabei zu verankern möglich ist, auch verankern.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 27

Aber erlauben Sie mir, neben den Risken, im Bereich derer wir, wie gesagt, alles tun müssen, um zu versuchen, diese so gering wie möglich zu halten, auch die Chancen der neuen Technologien anzusprechen.

Wenn wir über Verkehrspolitik reden, über die Sicherung von Kreuzungen, über die Sicherung von Schutzwegen für unsere Kinder, dann reden wir oft darüber, ob wir dort nicht Videoüberwachungen vornehmen sollten, damit unsere Kinder besser geschützt sind, damit die Autofahrer davor abgeschreckt werden, bei Schutzwegen nicht abzu­bremsen, weil sie dann auch einer Kontrolle unterliegen und dafür bestraft werden, dass sie möglicherweise unschuldige Kinder auf dem Weg in die Schule gefährden. Das sind die Chancen!

Und die Chancen enden natürlich nicht bei den kleinen Bereichen von neuen Tech­nologien, sondern setzen sich über Navigationssysteme und Ähnlichem fort, beispiels­weise im täglichen Leben, wo wir einen demografischen Wandel in Österreich haben, indem wir zum Glück immer älter werden. Wir wollen auch immer länger in unseren eigenen vier Wänden leben, und die Informations- und Kommunikationstechnologien können dazu führen, dass ältere Menschen mit Unterstützung moderner Technologien länger zu Hause leben und ihr Leben meistern können. – Das sind die Chancen moderner Technologien.

Und ich glaube, wir haben, was neue Technologien im Bereich der Kommuni­kations­technologien betrifft, in den letzten Monaten eine der größten Chancen gesehen, nämlich die Chance, dass diese Welt demokratischer wird, die Chance, dass man in Ländern, in denen es Medienzensur, in denen es keine Pressefreiheit gibt, demo­kra­tische Entwicklungen mit modernen Informationstechnologien unterstützen kann.

Die Risken sind nicht zu leugnen, aber die Augen vor den Chancen neuer Techno­logien zu verschließen, ist rückwärtsgewandt, und das lehne ich ab. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der zweite Punkt ist die Frage: Wer ist zuständig für Forschung und Technologie­ent­wicklung? Sind das mehrere Ressorts? – Ja, das sind mehrere Ressorts, und ich glaube, Forschung und Technologieentwicklung ist eben so ein Bereich, der eine klassische Querschnittsmaterie ist, für den sich ja auch alle zuständig fühlen müssen!

Und weil Sie gesagt haben, ich habe einen Kindergarten eröffnet: Dann war das ein Kindergarten mit einer Forschungs- und Technologiegruppe! Die Jungen, die Kinder – jedes Kind mit drei, vier Jahren – hat Interesse an Bewegung, wenn Lichter leuchten, wenn sich irgendetwas bewegt, hat Interesse an naturwissenschaftlichen, technischen Prozessen, und dann geht dieses Interesse verloren und dann haben wir die Kinder nicht an den Universitäten und haben sie nicht an den HTLs, und generell gibt es viel zu wenige Frauen in diesem Bereich. Deshalb machen wir solche Dinge! Und das ist auch ein Beispiel dafür, dass Forschung und Technologieentwicklung uns unser ganzes Leben in allen gesellschaftlichen Bereichen und Politikbereichen begleiten muss. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Und daher geht es nicht darum: Ist der Wissenschaftsminister zuständig? – Ja, für die Grundlagenforschung an den Universitäten. – Bin ich für Technologie zuständig, wo es darum geht, Unternehmen zu unterstützen, damit sie innovative Produkte entwickeln können? – Ja! Worum es geht, ist, dass wir gut zusammenarbeiten. Wir haben gemein­sam die Forschungsstrategie 2020 entwickelt, und das ist die Basis für eine gute Zusam­menarbeit, um da auch erfolgreich sein zu können, so wie das bei Quer­schnittsmaterien auch sonst immer der Fall ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)


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Dritter Punkt: Wir investieren trotz Sparkurs, wir investieren aber klug, nämlich viel in Forschung und Technologieentwicklung. Ich habe bereits gesagt, das ist auch gut und richtig so, aber wir haben in Krisenzeiten diese Förderungen auch mit Konjunktur- und Offensivmitteln erhöht und gestärkt. Und wenn jetzt die Konjunktur wieder besser wird, wenn wir wieder ein Wirtschaftswachstum haben, dann müssen wir auch die Unternehmen motivieren, wieder privat in die Forschung und Technologieentwicklung zu investieren.

Wenn wir in Europa aus der öffentlichen Hand rund 38,2 Prozent öffentliche Mittel für Forschung und Technologie aufwenden, dann ist das von dieser Drittelregelung, nämlich ein Drittel von der öffentlichen Hand, zwei Drittel private Investitionen, entfernt, und daher, so glaube ich, ist es auch so wichtig, dass wir diese gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand haben, dass man sagt: Wir haben euch in der Krise geholfen. Jetzt wächst die Wirtschaft wieder, jetzt haben wir wieder Wachstumschancen und einen Wachstumspfad, und daher müssen wir nun wieder dorthin zurückkehren, nämlich zu dem, was immer vereinbart war, und zwar dass ein Drittel von der öffentlichen Hand kommt und zwei Drittel private Investitionen sind, die sich durch kluge Produkte, die dann marktfähig sind, für die Unternehmen auch rechnen. Damit stärken diese die Unternehmen, die dann, wie gesagt, sichere Arbeit­geber sind.

Und abschließend noch ein Punkt in aller Kürze, der sich aufdrängt, wenn man googelt oder APA-Aussendungen rund um Seibersdorf sucht: Seibersdorf wäre vor vier Jahren de facto in Konkurs gegangen. Seibersdorf war zahlungsunfähig, und wir haben es auf neue Beine gestellt. Jetzt heißt es Austrian Institute of Technology, ist die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung in diesem Land, und aus einem wirklichen Sorgenkind, das ich da übernommen habe, haben wir gemeinsam – das Ministerium und die Industriellenvereinigung – eines gemacht, mit dem wir internationale Aus­schrei­bungen für Forschungsprojekte gewinnen, mit dem wir vor vierzehn Tagen in Asien ein großes Projekt gewonnen haben: eine außeruniversitäre Forschungs­einrich­tung, die in Österreich ihren Sitz hat, fast 1 000 Forscherinnen und Forscher beschäf­tigt und zu Recht dort auch einen Betriebskindergarten hat, was auch dazu führt, dass diese wichtige Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und auch die Internationalisierung dort wirklich funktionieren.

Aus einem Sorgenkind ist ein Musterschüler geworden, darauf können wir auch stolz sein. Und es ist eine Forschungseinrichtung, die im Übrigen schwarze Zahlen schreibt und dabei vor drei Jahren noch vor dem Konkurs gestanden ist. Also ich glaube, in diesen Fragen können wir einen nationalen Schulterschluss machen.

Ich würde sagen, geben Sie sich einen Ruck! Wenn etwas gut ist, dann, finde ich, können wir auch stolz darauf sein. – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

10.19


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Die Aktuelle Stunde ist hiemit beendet.

10.20.03Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfäl­tigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2595/AB bis 2602/AB und jenes Verhand­lungsgegenstandes, der gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt,

beziehungsweise jener Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegen­heiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 29

bezüglich ein Abkommen mit der Internationalen Anti-Korruptionsakademie über den Amtssitz in Österreich sowie die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus

sowie jenes Schreiben der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

und der Mitteilung des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied vom 31. Mai bis 4. Juni 2011 innerhalb eines EU-Mitgliedstaates

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 71 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 6)

*****

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwir­kungs­recht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 18. Mai 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 erlassen wird – BFRG 2012–2015 (1174 und 1199/NR der Beilagen)

*****

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten und der Bundes­ministerin für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

                                                                                                                                     „Der Generalsekretär

                                                                                                                 für auswärtige Angelegenheiten

                                                                                                                                         Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Gottfried Kneifel

Parlament, Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien

                                                                                                                                                      11. Mai 2011

                                                                                                   GZ: BMeiA-19.8.33.02/0002-I.2a/2011

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 27. April 2011 (Pkt. 27 des Beschl.Prot. Nr. 98) der Herr Bundespräsident am 29. April 2011 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 30

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„BUNDESMINISTERIUM FÜR

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-19.8.19.12/0016-I.2/2011

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der

Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den

Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in

Österreich; Verhandlungen

Vortrag

an den

Ministerrat

Die Internationale Anti-Korruptionsakademie (IAGA) entstand am 8. März 2011 mit Inkrafttreten des Übereinkommens zur Errichtung der Internationalen Anti-Korruptions­akademie als internationale Organisation (BGBl. III Nr. 22/2011), dem Österreich als Gründungspartei angehört (vgl. Pkt. 9 des Beschl.Prot. Nr. 75 vom 12. Oktober 2010). Durch die Ansiedlung der Akademie in Österreich und deren Kooperation mit anderen in Wien angesiedelten Organisationen, wie dem United Nations Office on Drugs and Grime (UNODC), konnte eine weitere Stärkung der internationalen Rolle des Raums Wien als Standort internationaler Institutionen insbesondere im Bereich der inter­nationalen Verbrechensbekämpfung erzielt werden.

Mit der Internationalen Anti-Korruptionsakademie ist nun ein Amtssitzabkommen zu schließen. Inhaltlich soll sich dieses Abkommen an jenem orientieren, das im Zuge der zunächst geplanten Errichtung der Akademie durch die Internationale Kriminal­poli­zeiliche Organisation (INTERPOL) abgeschlossen worden war (vgl. das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Orga­nisation (ICPO - INTERPOL) über den Amtssitz der Interpol Anti-Korruptionsakademie in Österreich, BGBl. III Nr. 65/2008). Da nun die Akademie aufgrund eines völker­rechtlichen Übereinkommens als eigenständige internationale Organisation besteht, ist das Amtssitzabkommen mit der Akademie selbst neu abzuschließen. Das geplante Abkommen wird die Privilegien und Immunitäten der Akademie und ihrer Mitar­beiter/innen in Österreich - wie bei vergleichbaren internationalen Organisationen, etwa dem Joint Vienna Institute (vgl. BGBI. III Nr. 187/1997) und dem Internationalen Zen­trum für Migrationspolitikentwicklung (BGBI. III BGBI. III Nr. 145/2000) - regeln. Das Abkommen soll unter anderem die Wahlfreiheit hinsichtlich der Sozialversicherung für Mitarbeiter/innen der Akademie, diplomatische Privilegien und Immunitäten für deren Dekan vorsehen und Bestimmungen über den Zugang zum Arbeitsmarkt von Ange­hörigen der Mitarbeiter/innen der Akademie enthalten.

Für die Verhandlungen über das Abkommen wird die nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:

Gesandter MMag. Gregor Schusterschitz            Bundesministerium für europäische und

Delegationsleiter                                                                                internationale Angelegenheiten

Legationsrätin Mag. Regina Rusz                            Bundesministerium für europäische und

Stv. Delegationsleiterin                                                                    internationale Angelegenheiten


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 31

Attachee Mag. Nadia Kalb                                           Bundesministerium für europäische und

                                                                                                                  internationale Angelegenheiten

Die mit der Verhandlung dieses Abkommens verbundenen Kosten finden ihre Be­deckung in den Budgetansätzen des entsendenden Ressorts. Das nun in Aussicht genommene Abkommen wird mit keinen Mehrkosten gegenüber dem ursprünglichen Abkommen mit INTERPOL über den Amtssitz der Akademie verbunden sein. Das Land Niederösterreich stellte der Akademie ein renoviertes Gebäude in Laxenburg zur Verfügung; die Mietkosten werden auf einen Zeitraum von 25 Jahren aus den dem Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt. Sofern weitere Beiträge des Bundes an die Akademie geleistet werden, werden sie aus den dem Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt. Durch die im Abkommen zu gewährenden Steuerprivilegien wird es zwar zu einem Steuer­ausfall kommen, doch ist dieser bloß fiktiv, da es weder ein Steueraufkommen noch einen privilegienbedingten Steuerausfall gäbe, würde die Akademie außerhalb Österreichs angesiedelt werden. Derzeit hat die Akademie einen Mitarbeiterstand von etwa 15 Personen, der langfristig je nach Inanspruchnahme der Ausbildungs­programme auf ca. 50 bis 60 Mitarbeiter/innen anwachsen sollte. Nachdem nur wenigen für die Akademie tätigen Personen volle Steuerprivilegien gewährt werden, entstehen durch Ansiedlungen und die dadurch ausgelösten positiven Beschäftigungs­effekte Steuermehreinnahmen, die sich zwar einer präzisen Schätzung entziehen, aber Mehrwertsteuermindereinnahmen mindestens kompensieren dürften.

Das Abkommen wird gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter haben und daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat unterliegen. Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Auf­nahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Inneres und der Bundesministerin für Justiz stelle ich daher den

A n t r a g,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angeführten Zusammensetzung zu Ver­handlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Inter­nationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich zu bevollmächtigen.

Wien, am 20. April 2011

SPINDELEGGER m.p.“

                                                                                                                                     „Der Generalsekretär

                                                                                                                 für auswärtige Angelegenheiten

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Gottfried Kneifel

Parlament, Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien

                                                                                                                                                      23. Mai 2011

                                                                                                  GZ: BMeiA-EU.8.33.02/0003-I.2a/2011


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 32

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 10. Mai 2011 (Pkt. 10 des Beschl.Prot. Nr. 100) der Herr Bundespräsident am 12. Mai 2011 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag über die Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erteilt hat.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„BUNDESMINISTERIUM FÜR EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-EU.3.18.27/0010-1I1.2/2011

Vertrag über die Errichtung des

Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM); Verhandlungen

Vortrag

an den

Ministerrat

Am 25. März 2011 hat der Europäische Rat eine Vereinbarung über die Merkmale des Europäischen Stabilitätsmechanismus (nachfolgend: ESM) gebilligt (Anlage II der Schlussfolgerungen). Es wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets einen ständigen Stabilitätsmechanismus einrichten müs­sen: den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der ESM wird im gegen­seitigen Einvernehmen aktiviert, wenn dies unabdingbar ist, um die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren.

Der ESM wird ab Juli 2013 die Aufgabe der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) über­nehmen, die darin besteht, den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets externe Finanzhilfe bereitzustellen.

Der Zugang zu einer Finanzhilfe des ESM wird auf der Grundlage strenger politischer Auflagen im Rahmen eines makoökonomischen Anpassungsprogramms gewährt; eine weitere Bedingung ist eine rigorose Prüfung der Tragbarkeit der Staatsverschuldung, die die Kommission zusammen mit dem IWF und in Absprache mit der EZB durchführt. Von dem begünstigten Mitgliedstaat wird verlangt, dass er - unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten und in vollständiger Übereinstimmung mit der Praxis des IWF - für eine Beteiligung des Privatsektors in angemessener Form Sorge trägt.

Der ESM wird über eine effektive Darlehenskapazität von 500 Mrd. EUR verfügen.

Die Angemessenheit der Darlehenskapazität wird regelmäßig, mindestens aber alle fünf Jahre, überprüft. Die Darlehenskapazität des ESM soll nach Möglichkeit durch die Beteiligung des IWF an Finanzhilfemaßnahmen ergänzt werden; daneben können sich auch Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören, auf Ad-hoc-Basis beteiligen.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 33

Mit der Verhandlung des Vertrages über die Errichtung des ESM sollen folgende Per­sonen betraut werden:

Dr. Maria Fekter                                                                                 Bundesministerin für Finanzen

Mag. Andreas Schieder                                                   Staatssekretär im Bundesministerium

                                                                                                                                                        für Finanzen

SC Mag. Thomas Wieser                                                           Bundesministerium für Finanzen

AL Dr. Alfred Katterl                                                                      Bundesministerium für Finanzen

MMag. Paul Schieder                                                                  Bundesministerium für Finanzen

Sofern auf Ebene der Staats- und Regierungschefs hiezu noch Verhandlungen geführt werden sollten, kommt die Verhandlungsführung dem Bundeskanzler, Werner Faymann, zu.

Der geplante Vertrag wird gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter haben und daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Das federführend zuständige Ressort (BMF) wird dem Nationalrat und dem Bundesrat laufend über den Fortgang der Verhandlungen berichten, sodass der Nationalrat und der Bundesrat jederzeit die Möglichkeit zu Stellungnahmen haben. Jedenfalls hat das federführende Ressort sicherzustellen, dass keine Bestimmung des Vertrages die verfassungsrechtlichen Rechte des Nationalrats in Hinblick auf Entscheidungen des ESM beschränkt.

Im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und der Bundesministerin für Finanzen stelle ich daher den

A n t r a g,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die oben angeführten Personen zu Verhandlungen über einen Vertrag über die Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu bevollmächtigen.

Wien, am 4. Mai 2011

SPINDELEGGER m.p.“

„Dr. Maria Fekter                                                                                                                                   BMF

Finanzministerin                                                        BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Gottfried Kneifel

Parlament

1017 Wien

                                                                                                                                  Wien, am 26 Mai 2011

                                                                                                                GZ: BMF-O10221/1005-IV/2011

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 102. Sitzung des Ministerrates am 24. Mai 2011 Ver­


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 34

handlungen mit Barbados zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 27. Februar 2006 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll, BGBl III Nr. 40/2007, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Transparenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpassung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informations­austauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:

„BUNDESKANZLERAMT: ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST

                                                                                     Geschäftszahl: BKA-350.200/0077 -1/4/2011

                                                                                                                 Abteilungsmail: mrd@bka.gv.at

                                                                                                             Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

                                                                                                  Pers. eMail: Ingeborg.heim@bka.gv.at

                                                                                                                                 Telefon:01/531 15/2217

                                                                                                                                      Datum: 27. Mai 2011

An den

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundesminis­terin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia SCHMIED innerhalb des Zeitraumes vom 31. Mai bis 4. Juni 2011 in Venedig aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Darüber hinaus ist der Tätigkeitsbericht der Bundesanstalt für Verkehr 2010, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, eingelangt, der dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ebenso eingelangt ist der Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2010, der dem Wirtschaftsausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ich gebe bekannt, dass die Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolle­ginnen und Kollegen gemäß § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Selb­ständigen Antrag 185/A-BR/2011 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 35

zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, eingebracht haben.

10.22.07 Antrag gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weiters wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung beantragt, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorberatung in Verhandlung zu nehmen.

Ich lasse daher über den Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 185/A-BR/2011 gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, den Antrag 185/A-BR/2011 ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittel­mehrheit angenommen.

Ich werde daher die Tagesordnung um den Antrag 185/A-BR/2011 ergänzen und als 1. Punkt der Tagesordnung in Verhandlung nehmen.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlos­sen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände und den Antrag 185/A-BR/2011 der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kolle­gen sowie die Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates beziehungsweise die Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das zweite Halbjahr 2011 auf die Tages­ordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 36

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 bis 4 sowie 5 bis 7 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir werden daher so vorgehen.

10.24.511. Punkt

Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Stärkung der Rechte der Gemeinden das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (185/A-BR/2011)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen nun in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Bevor ich das tue, verabschiede ich die Frau Bundesministerin: Bis zum nächsten Mal im Bundesrat bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kickert. – Bitte.

 


10.25.30

Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen also über dieses Bundesverfassungsgesetz zur Stärkung der Rechte der Gemeinden und Länder, mit dem Inhalt der sprengel­übergreifenden Zusammenarbeit von Bezirksverwaltungsbehörden, für die Möglich­keiten, dass sich Gemeindeverbände zusammenschließen können, und vor allem für weitere Möglichkeiten, sogenannte Gemeindeangelegenheiten bearbeiten zu können, nämlich auch den übertragenen Wirkungsbereich betreffend, dass also ein Zusam­menschluss der Gemeinden über Ländergrenzen – also verschiedener Länder – ermög­licht werden soll und dass zwischen Gemeinden Vereinbarungen in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich abgeschlossen werden können.

Insgesamt können wir Grüne einer Verbesserung der Kooperation auf Gemeindeebene natürlich nur zustimmen. Jeder Form einer Verbesserung – auch der in den Erläute­rungen erwähnten Effizienz und Erhöhung der Effektivität – werden wir jederzeit zustimmen. Auch dem Ziel dieses Gesetzesantrages, nämlich einen Impuls für die Umsetzung von Reformvorhaben zu bringen, werden wir zustimmen. Kein Wider­spruch! Da sind wir voll dabei. (Bundesrat Günther Köberl: Aber!) – Genau, aber! Wie immer gibt es ein Aber. (Bundesrat Mag. Klug: Da sind wir sehr gespannt!)

Das Aber bezieht sich auf die Möglichkeiten der Diskussion der Inhalte dieses An­trages. Die Zusammenarbeit der Bezirkshauptmannschaften kann angesichts der komplexer werdenden Aufgaben wirklich nur unterstützt werden.

Ich habe folgende drei Aspekte bei der Abwägung, wie wir uns diesem Antrag gegen­über verhalten, herangezogen, nämlich die Transparenz: Sind die hier neu beschrie­benen Zuständigkeiten für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar?, den Rechts­schutz: Wird das bestehende Rechtsschutzniveau gewahrt, oder wird es viel­leicht sogar noch verbessert? – das wäre ja unser Ziel –, und die Fragen von demokratischer Kontrolle: Entsprechen diese neuen Gebilde vor allem im Fall der Gemeindeverbände den demokratischen Grundsätzen?


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 37

Da sind jetzt einige Teile offengeblieben. Die Übertragung der hoheitlichen Aufgaben an die Bezirksbehörden – also vor allem bei den Bezirkshauptmannschaften – darf nur gesetzlich erfolgen. Insofern ist die Transparenz zugesichert und gegeben.

Bei den Gemeindeverbänden muss der Zusammenschluss durch eine Verordnung genehmigt werden. Also auch da erfolgt eine entsprechende Kundmachung.

Bei den Vereinbarungen aber ist zwar auch eine entsprechende Kundmachung vorzusehen – also diesen Vereinbarungen gemäß Artikel 116b –, aber meiner Meinung nach hätte man hier auch eine Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde in Form einer Verordnung wählen können.

Das wäre zum Beispiel eine meiner ersten Fragen gewesen, falls wir diesen Antrag in einem Ausschuss beraten hätten: Warum wurde diese Form gewählt? Wäre eine andere Form nicht besser gewesen?

Zum Rechtsschutz: Da gehen wir davon aus, dass gerade die Aufgabenkonzentration bei den Bezirkshauptmannschaften nicht den Instanzenzug ändern wird, der ja in der Regel über die Landesregierungen oder über die Landeshauptmannschaften geht. Insofern bestehen keine Bedenken.

Dort, wo meiner Meinung nach etwas offengeblieben ist, ist bei der Frage dieses Passus „Vereinbarungen von Gemeinden“. Da sind nämlich Inhalt und Funktion ziemlich offengeblieben. Die Frage ist: Wie wird das gestaltet? Wie kann dieses neue Institut der Vereinbarungen bewertet werden?

Aufgrund fehlender Informationen, aufgrund – ich verweise wieder darauf – fehlender Beratung in einem Ausschuss kann ich keine abschließende Bewertung dieser offenen Fragen vornehmen. Das wäre in der Frage des Rechtsschutzes aber absolut wichtig.

Der dritte Bereich betrifft diese demokratischen Grundsätze. Für die Gemeinde­ver­bände wird nun erfreulicherweise tatsächlich ein Mindestmaß an Demokratie fest­gesetzt. – Danke, das habe ich in diesem Fall positiv zur Kenntnis genommen. Das Problem ist – und dieses Problem betrifft natürlich uns als Minderheitsfraktion speziell und als Minderheitsfraktion auch häufig in Gemeinderäten –, dass in den Gemeinde­verbänden diese Minderheitsfraktionen meistens nicht vertreten sind und daher keine direkte politische Kontrolle besteht.

Das heißt, entweder gibt man dem Gemeinderat mehr Kontrolle gegenüber dem Verband oder aber man schafft andere, neue Kontrollmechanismen, damit es eine erhöhte Transparenz oder zum Beispiel Berichtspflicht gegenüber der Öffentlichkeit gibt. Mit dem derzeitigen Vorschlag ist es jedenfalls noch nicht in der Form gewähr­leistet, dass wir mit vollem Herzen zustimmen können.

Ich sage daher, wir stehen diesen Vorschlägen tatsächlich sehr aufgeschlossen gegen­über, eine Zustimmung kann aber erst nach eingehender Begutachtung erfolgen. Da für uns diese eingehende Begutachtung nicht möglich war, gehen wir davon aus, dass sie dann im Verfassungsausschuss des Nationalrats stattfinden wird, und dann werden wir sehen, was das Ergebnis dieser eingehenden Begutachtung sein wird.

Mit heutigem Stand bleiben für mich und für meine Fraktion zu viele wesentliche Fragen offen, daher können wir diesem Gesetzesvorschlag unsere Zustimmung leider nicht geben. Ich sage das mit tatsächlichem Bedauern, weil ich davon ausgehe, dass der Antrag im Großen und Ganzen richtig intendiert war. Ich hätte nur gerne die Möglichkeit gehabt, alle meine Fragen im Vorfeld mit Ihnen zu besprechen und sie auch ausräumen zu können. Das heißt: dieses Mal keine Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.32



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 38

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


10.32.45

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Prä­sidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hause! Es geht heute um drei wichtige Fragen: Erstens geht es um unsere Sorge um die Gemeinden, zweitens geht es um die Frage der Reformen, um diese Ziele für unsere Gemeinden zu erreichen, und drittens geht es auch um ein gewisses Selbstverständnis dieses Hauses und dieses Gremiums.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Monaten habe ich zu Beginn meiner Präsidentschaft ein Gespräch mit dem Präsidenten des Österreich-Konvents, mit Herrn Dr. Franz Fiedler, geführt und habe ihn gefragt, warum eigentlich nach dem Bericht, den er vor fünf Jahren vorgelegt hat, in diesem Bereich so wenig weiterge­gangen ist. Wir haben dann die verschiedenen Aspekte erläutert und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Grund dafür vielleicht ist, dass zu viel in diesen Bericht verpackt wurde und dass es zu viele gegeben hat, die Kritik an dieser oder jener Reformmaßnahme geäußert haben, und dann das gesamte Paket zum Stillstand gekommen ist.

Ich habe daher Gespräche geführt. Ich bin auch Gemeinderat einer Stadt – einer gar nicht so kleinen, nämlich der Stadt Enns mit 11 300 Einwohnern – und kenne die Gemeindepraxis auch aus eigener Erfahrung.

Die Gemeinden stehen mit dem Rücken zur Wand. Viele Gemeinden können ihre Haushalte, ihre Budgets nicht mehr ausgleichen. Sie brauchen eigentlich für die Sorge um ihre Bürgerinnen und Bürger jeden Euro und jeden Cent.

Ich habe daher den Bericht des Österreich-Konvents nach Möglichkeiten, um die Gemeinden zu entlasten, durchsucht. Da bin ich auf die erste Forderung gekommen, die der Städtebund und der Gemeindebund unisono in diesem Bericht festgeschrieben und gefordert haben: Gebt uns bitte von der Bundesverfassung her die Möglichkeit, selbst zu kooperieren, selbst miteinander Aufgaben effizienter zu erfüllen! Löst bitte die Fesseln, die uns die Bundesverfassung gibt, damit wir etwas flexibler für unsere Bürger tätig werden können!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind in diesem Hause als Länderkammer und als Bundesrat kein Selbstzweck! Wir müssen immer wieder mit unseren Maß­nahmen beweisen, wofür wir da sind, wofür es uns gibt und wofür wir für die Bevölkerung nützlich sind. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Und ich kann mir keine bessere Möglichkeit vorstellen, den Bürgern unseren Nutzen zu beweisen, als dass wir Themen aufgreifen, die den Bürgerinnen und Bürgern unter den Nägeln brennen und die sie gelöst haben wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist doch unsere Aufgabe als Mandatare! Das ist doch unser Sinn und Zweck, das zu tun. Ich finde es wirklich überheblich, in diesem Haus zu sagen, das wirft zu viele Probleme auf. Das haben beide Verbände, der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund, miteinander gefordert und gewünscht und in vielen, vielen Hauptversammlungen entsprechend untermauert. Und wir sagen dann: Was ihr für eure Bürger wollt, ist sinnlos, ist zwecklos, ist viel zu bürokratisch!?

Da hört sich natürlich jede Veränderung auf, wenn man immer nur die Probleme und nicht die Lösungen sieht. Wir sind dazu da, Probleme zu lösen (Beifall bei ÖVP und SPÖ) und nicht immer nur zu schildern, welche bürokratischen Probleme es gibt, dass man dort wieder ein neues Gremium schaffen muss und dort wieder und da wieder. Da rennen uns doch alle davon!


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 39

Wir haben heute über Forschung und Entwicklung gesprochen. Das gilt genauso für unsere Gemeinden, das gilt für unsere Strukturen, das gilt für unsere Gremien, die wir zu betreuen haben. Da muss doch auch etwas bewegt werden! Da muss doch auch etwas verändert werden! Da können wir uns einen Stillstand nicht leisten, vor allem wenn das ein übereinstimmender Bürgerwunsch ist.

Was bringt das Gesetz? – Das Gesetz bringt eine flexible Zusammenarbeit der Ge­meinden, von Gemeinde zu Gemeinde, auch bezirksgrenzenübergreifend, auch länder­grenzenübergreifend. Das ist doch ein Nonsens, dass jemand, der an einer Landes­grenze ist, weniger Rechte hat oder mehr Kilometer auf sich nehmen muss, wenn er zu einer Behörde fährt, als jemand, der im Binnenland oder irgendwo innerhalb des Landes seinen Gemeindewohnsitz hat. Da müssen wir eine Gerechtigkeit und eine gewisse Gleichheit auch für unsere Bürger herstellen.

Was das Besondere ist: Das Gesetz ist nicht nur ländergrenzenübergreifend angelegt. Bisher haben die Gemeinden im eigenen Bereich, im privatwirtschaftlichen Bereich, wenn es um Müllbeseitigung geht, wenn es um die Erhaltung eines Bades geht, selbstverständlich schon zusammengearbeitet. Das tun sie auch schon sehr häufig. Das geht aber weiter, das geht jetzt in den hoheitlichen Bereich hinein, wo die Gemeinden als Behörden auftreten.

Das ist ein wesentlicher Quantensprung und ein Vorteil dieses Gesetzes, weil wir damit die Gemeinden gewähren lassen und ihnen einen größeren Spielraum geben. Das ist doch Sinn und Zweck. Das ist gut und richtig, wenn wir das tun.

Bevor wir Zwangszusammenlegungen der Gemeinden in Kauf nehmen und Identitäten und Verwurzelungen zerstören, die das Ehrenamt in Gefahr bringen, weil das in kleinen Einheiten besser ausgestattet ist, ist es doch viel besser, die Gemeinden kooperieren und zusammenarbeiten zu lassen. (Beifall und Bravorufe bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht auch um Reformen. Wir leben in einem Staat mit vielen Strukturen und viel Bürokratie, die wir noch aus der Zeit eines gewissen Kaisers Franz Joseph übernommen und auch weitergepflegt haben. Im heutigen Österreich handelt es sich bei Franz und Josef um zwei Personen: um Franz Fiedler vom Österreich-Konvent und Josef Moser vom Rechnungshof. Die haben uns eine Fülle von Möglichkeiten, von Reformvorschlägen aufgezeigt. Es braucht nichts mehr Neues erfunden zu werden. Es liegt alles auf dem Tisch. Wir brauchen nur eins nach dem anderen, also alles der Reihe nach abzuarbeiten. Eins nach dem anderen!

Ich bin kein Anhänger der Theorie, die lautet: Wir werden jetzt die große Verfas­sungs­reform machen, wir werden quasi ein Programm Kelsen II – Kelsen gilt als Architekt der österreichischen Bundesverfassung – machen. Das werden wir nicht schaffen. Aber ich bin ein Anhänger einer konsequenten Kleinarbeit. Schritt für Schritt! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist ein erster Schritt in Richtung einer – wie es heute schon im Rundfunk genannt wurde – „kleinen Verwaltungsreform“. Ich weiß, dass das nicht die Welt ist, dass das keine großartige Erfindung ist, aber es ist ein kleiner Schritt. Ich möchte damit erreichen, dass die Menschen, die Wählerinnen und Wähler sehen, die arbeiten ordentlich und nehmen eines nach dem anderen in Verhandlung. Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen, die bei dieser Arbeit mitgegangen sind.

Ich habe den Gesetzentwurf zeitgerecht allen Fraktionen zugeleitet. Wenn man sich heute hier herstellt und sagt: Wir waren da nicht eingebunden, wir wissen da nichts!, dann geht das zu weit. Das entspricht nicht unseren demokratischen Spielregeln, wenn man sechs, sieben Wochen keine Rückmeldung, keine Antwort bekommt, nichts davon


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 40

hört, dass man etwas verbessern oder verändern will, und sich dann herstellt und sagt: Nein, das nehmen wir nicht in Kauf, das ist undemokratisch, das ist bürokratisch oder was auch immer! Das wird von den Bürgerinnen und Bürgern, die wollen, dass in dieser Republik auch etwas weitergeht, nicht honoriert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war kein leichter Weg, zu diesem Geset­zesantrag zu kommen, weil der normale Weg natürlich eine Regierungsvorlage ist, so wie es auch in der Verfassung steht. Aber in der Verfassung steht auch, dass der Bundesrat das Recht hat, Gesetzesanträge zu stellen. Und ich glaube, wir sollten es nicht bei dem einen Mal bewenden lassen, sondern auch in Zukunft systematisch fragen: Was können wir tun?, insbesondere wenn es um Materien an der Schnittstelle zwischen Ländern, Bund und Gemeinden geht. Wir sind doch die Länderkammer. Warum sollen wir nicht Initiativen, die diese Materien betreffen, auch aus diesem Haus starten? Dann wird es keine Diskussionen mehr darüber geben, was dieser Bundesrat leistet und was er macht.

Ich fordere Sie alle auf, in Zukunft darauf zu achten, dass es nicht bei einer Eintagsfliege bleibt, sondern dass wir so systematisch offene Fragen aufarbeiten und mithelfen, zu Lösungen zu kommen. Ich glaube, dass das sehr wohl im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der FPÖ und des Bundesrates Zangerl.)

10.43


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Klubvorsitzender Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


10.43.58

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Vertreter der Regierungsparteien im Bun­desrat bringen heute eine Gesetzesinitiative und einen Gesetzesantrag im Bundesrat ein, der eindeutig das Ziel verfolgt, auf der einen Seite eine kleine Verwaltungsreform in Angriff zu nehmen, aber auf der anderen Seite auch ein deutliches Zeichen für rund 2 357 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Österreich zu setzen, und zwar ein Zeichen dahin gehend, dass der Bundesrat großes Interesse daran hat, alle österreichischen Gemeinden zu stärken und allen österreichischen Gemeinden in Zukunft die Zusammenarbeit zu erleichtern und in vielen Bereichen auch auszubauen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, der heutige Gesetzesantrag wird unter dem Strich den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern die Möglichkeit bieten, einen Gemeinde­verband einzurichten und mit diesem einzigen Gemeindeverband viele Projekte für die eigene, aber natürlich auch für umliegende Gemeinden zu realisieren. Mit dieser besonderen Gesetzesinitiative werden in Zukunft Projekte auf Gemeindeebene effizienter, einfacher, kostengünstiger und mit mehr Qualität realisiert werden können.

Ich darf daher für die sozialdemokratische Bundesratsfraktion sagen, dass sich insbe­sondere unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf den heutigen Tag beson­ders gefreut haben. In der Früh wurde in den Medien schon von einem historischen Tag für den Bundesrat gesprochen. Der Fraktionsvorsitzende der ÖVP, Präsident Gottfried Kneifel, hat es schon angesprochen. Meines Erachtens ist es ein historischer Tag für den Bundesrat deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen, weil wir in dieser Gesetzgebungsperiode eine Gesetzesinitiative auf die Reise schicken, die eine hun­dert­prozentige Chance auf Realisierung hat, und wo das Novum ist, dass ein Geset­zesantrag nicht zuvor im Nationalrat beraten wurde.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 41

Jene, die in den Protokollen des Bundesrates, die immer sehr sorgfältig und sehr ge­nau geführt werden, nachlesen, werden auf zwei Beispiele kommen, die eventuell eine Tangente dazu liefern. Beispiel eins: der Vertrag von Lissabon. Werte Kolleginnen und Kollegen, den Vertrag von Lissabon haben wir hier im Bundesrat diskutiert, auch mit einem eigenen Antrag. Aber es gab dazu, offen gesagt, einen Parallelantrag im Nationalrat. Das zweite Beispiel, werte Kolleginnen und Kollegen, befasst sich mit dem Stellungnahmerecht und dem Teileinspruchsrecht des Bundesrates. Und ganz offen gesagt, werte Kolleginnen und Kollegen, an alle, die das nachlesen: Das hat der Nationalrat bisher noch nicht einmal in Beratung genommen. Insofern glaube ich, dass es uns gut ansteht, unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen und zu sagen: Das ist ein historischer Tag im Bundesrat.

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch die Frage – Hand aufs Herz –: Bleibt das jetzt eine Eintagsfliege? Wir alle, werte Kolleginnen und Kollegen, kennen grundsätzlich den Weg der Bundesgesetzgebung, und wir alle wissen, dass wir grundsätzlich im zweiten Durchgang drankommen. Insofern stellt sich für unsere Fraktion und somit auch für mich persönlich die Frage: Soll das jetzt eine Eintagsfliege bleiben?

Meines Erachtens tangiert diese Fragestellung ganz zentral das Rollenverständnis des Bundesrates, und ich glaube, dass wir uns mit aller Vorsicht, mit aller Sensibilität an diese Frage so heranarbeiten und sagen sollen: Dort, wo wir der Meinung sind, dass unmittelbare Interessen der Länder, auch um das Wort „Föderalismus“ zu strapazieren, betroffen sind, sollten wir es nicht bei einer Eintagsfliege bewenden lassen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass das natürlich viele Gedanken auslöst. Es wird bei uns viele Fragen aufwerfen. Aber ich bin der Meinung, dass nicht nur die Regierungsklausur am Semmering, sondern auch die Initiative der beiden Regierungs­parteien im Bundesrat gezeigt hat, dass wir in dieser Legislaturperiode noch einiges vorhaben. Und wir werden uns gemeinsam bemühen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vom heutigen Tag im Bundesrat soll ein schönes, kooperatives, konstruktives Zeichen an unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ausgehen. Wir alle wissen, die Rolle einer Bürgermeisterin oder eines Bürgermeisters hat eine derartige Änderung erfahren, dass die Anforderungen und auch die rechtliche Verantwortung täglich steigen. Und ich glaube, dass der Bundesrat gut daran tut, unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Bundesländern so zu unter­stützen, dass sie zukünftig Projekte im Interesse der Gemeindebürgerinnen und Ge­mein­debürger auf die Reise schicken können und dabei rechtlich gut abgesichert sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

Es geht nicht darum, dass wir heute eine verfassungsrechtliche Initiative auf die Reise schicken mit der sogenannten Reformkeule von oben. Darum geht es nicht. Der zentrale Inhalt dieser Gesetzesinitiative besteht darin, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern eine sanfte Reform anzubieten und gemeindeübergreifende Koopera­tionen und Zusammenarbeit in Zukunft attraktiver zu machen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten der FPÖ und des Bundesrates Zangerl.)

10.51


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Bundesrätin Dr. Kickert hat sich zum zweiten Mal zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Es spricht nichts dagegen, klüger zu werden!)

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 42

10.51.00

Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte KollegInnen! Sehr geehrter Herr Präsident! Zu Ihrer doch sehr emotionalen – wie soll ich sagen? – Replik auf meine Kritik möchte ich nur zwei Dinge anbringen.

Das eine ist: Es handelt sich hier um eine Änderung der Bundesverfassung. Nach dem Selbstverständnis dieses Hauses würde meiner Meinung nach eine so tiefgreifende Veränderung unbedingt einer Diskussion dieser Änderungen – nicht nur einer Infor­mation, sondern einer Diskussion, einer gemeinsamen Diskussion – bedürfen. Diesen Schritt wäre es wert. (Beifall bei den Grünen.) Das würde meinem Selbst­verständnis entsprechen.

Das heißt, in keiner Zeile habe ich in meinen früheren Redebeiträgen Ihre Vorgangs­weise als undemokratisch kritisiert – ich bin mir ziemlich sicher; ich schaue es mir dann an –, in keiner einzigen Zeile, sondern ich habe auf offene Fragen hingewiesen. Ich habe nicht einmal ein großes Gebäude an Problemen aufgeführt, sondern ich habe lediglich gesagt, es bleiben Fragen offen. Und ich habe gleichzeitig dazugesagt, dass ich sehr wohl annehme, dass Sie mit diesem Schritt, nämlich einem eigenständigen Antrag des Bundesrates, etwas in Bewegung setzen werden.

Wenn Kollege Klug konstruktives Verhalten im Bundesrat wünscht und hervorhebt, dann lege ich darauf Wert, dass auch Kritik konstruktiv sein kann, indem wir auf jene Details hinweisen, die noch offen sind – nicht mehr –, denn, wie wir wissen, der Teufel liegt oft im Detail.

Also wünsche ich uns allen sehr viel Glück mit diesem Antrag, bleibe aber trotzdem bei meiner Ablehnung, aber im Sinne einer konstruktiven Kritik. (Beifall bei den Grünen.)

10.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


10.53.17

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist, merke ich, schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden, dass eine Initiative im Parlament einzig und allein von einer Regierungs­vorlage ausgehen kann. Man vergisst völlig, dass die eigentliche Initiative aus dem Kreis der Abgeordneten kommen sollte. Um eine solche handelt es sich hier. Ich neige jetzt nicht zu einer derartigen Übertreibung, wie das meine Vorredner gemacht haben, die den heutigen Tag als historischen Tag bezeichnet haben, sondern ich meine, es handelt sich da um eine Initiative des Bundesrates, einen Gesetzesantrag an den National­rat zu stellen.

Da muss man aber schon auch fragen: Warum ist das notwendig geworden? Dies ist einerseits eine Initiative des amtierenden Präsidenten Kneifel, der hier natürlich auch einen Schritt setzen wollte, und das ist ja nichts Unehrenhaftes und Verbotenes, wo­durch er eben mit seiner Präsidentschaft im Gedächtnis bleibt. (Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.) Genau!

Aber Tatsache ist auch, dass die Regierung – nämlich die Koalitionsregierung von ÖVP und SPÖ – seit Jahr und Tag darüber redet, dass es eine Verwaltungsreform geben soll, dass es Einsparungen geben soll, aber es ist allein bei Worten geblieben, Taten sind diesen Worten überhaupt keine gefolgt.

Auch die Finanzministerin hat zu Beginn ihres Amtsantritts von der Verwaltungsreform gesprochen. Da wird es ebenfalls bei der Ankündigung bleiben. Sie ist dann gleich wieder zurückgerudert und hat gesagt: Nein, das kann man wahrscheinlich wirklich nur in kleinen Schritten machen, der große Wurf gelingt selten! – Aber bislang stellen wir


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 43

nicht einmal fest, dass sie den Mut hat, den ersten kleinen Schritt zu machen. (Bundesrat Kneifel: Wir Bundesräte fangen an!) Also der Bundesrat ist mutig wie immer und setzt diesen ersten kleinen Schritt. Und es ist ein kleiner Schritt.

Ich verstehe meine Kollegin von den Grünen, dass sie das durchaus auch kritisch sieht. Wir sehen es auch nicht unkritisch. Es ist nicht so, dass wir hier himmelhoch jauchzend zustimmen, sondern es gilt schon, auch kritische Punkte anzumerken. (Bundesrat Kneifel: Davon lebt die Demokratie!) Es wird ja wohl erlaubt sein, dass man kritisch ist, ohne dass man sich gleich dem Vorwurf aussetzen muss, man sei undemokratisch.

Ich sage es nicht deshalb, weil ich es als meine Aufgabe sehe, den Grünen vertei­digend zur Seite zu stehen, sondern dies ist etwas, was immer wieder die gesamte Opposition betrifft. Es trifft ja uns manchmal auch. Wenn wir nicht so hüpfen, wie die Koalition es sich vorstellt, sind wir nicht konstruktiv, undemokratisch und liegen sowieso immer falsch. (Bundesrat Kneifel: Aber ihr geht auch nicht immer sehr sanft mit uns um!)

Interessanterweise – das nur am Rande – erlebe ich es immer wieder, dass sich die angeblich so falschen Vorschläge der FPÖ dann plötzlich in irgendeinem Blattl von einer anderen Partei wiederfinden, die das dann so präsentiert, als ob sie es gerade eben erst erfunden hätte. Daher kann man sagen: So falsch kann die Opposition mit ihren Vorschlägen gar nicht liegen! (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Wir sehen zum Beispiel den ersten Punkt dieses Gesetzesantrags kritisch, weil wir schon die Befürchtung hegen, dass es zu einer Bezirkshauptmannschaft light kommen könnte, die ihr übertragene Angelegenheiten, die ihr zu kompliziert, zu komplex, zu kostenintensiv, zu personalintensiv sind, weiterreichen könnte. Die Gefahr sehen wir dabei. Das wird sicher noch diskutiert werden müssen. Ich glaube nicht, dass das jetzt so eins zu eins durchgeht. Das wird im Verfassungsausschuss des Nationalrates ... (Bundesrat Kneifel: Das ist in der Demokratie so!) – Ja, aber das wird sicher eine Diskussion wert sein.

Die Punkte 2 bis 8, also die Gemeindeverbände, die bezirksübergreifende Kooperation, die Ländergrenzen übergreifende Kooperation, sind absolut zu begrüßen. Aber auch da muss man immer aufpassen, dass diese Verbände nicht beginnen, sich aufzu­blähen und aufzublasen, und somit wieder mehr Personal brauchen und mehr Kosten verursachen.

Also der dem Antrag zugrunde liegende Wille zu sparen muss unbedingt eingehalten werden, sonst hat das Ganze überhaupt keinen Sinn. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben es auch lange diskutiert. Wir stimmen dem zu, weil wir sagen, da muss ein erster Schritt in Richtung Verwaltungsreform gemacht werden. Wir werden ja sehen, ob dem Beispiel Oberösterreich weitere Beispiele in den jeweils anderen Bundesländern, die dann den Vorsitz haben werden, folgen werden. Es wäre zu begrüßen.

Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber ein kleiner Schritt. Da ja heute schon erwähnt worden ist, dass es schon eine Gesetzesinitiative an den Nationalrat im Rahmen der Lissabon-Begleitnovelle gegeben hat, was die Subsidiaritätsklage und -rüge anbelangt, die wir damals wohlwollend abgelehnt haben, drehen wir es jetzt um und stimmen kritisch zu. (Allgemeiner Beifall.)

10.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kainz.  – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 44

10.59.07

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt die Worte meiner Vorredner nicht überstrapazieren, die von einem historischen Tag des Bundesrates gesprochen haben, sondern ich möchte die pragmatische Frage stellen: Wer sonst als der Bundes­rat soll diesen Antrag auf Gesetzesänderung einbringen? Wir sind doch die Schnitt­stelle zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Wir sind doch in den Gemeinden verankert, von den Landtagen entsandt und tagen hier im Hohen Haus. Wir sind lokal verwurzelt, regional verankert und die starke Stimme im Bund.

Deswegen danke ich unserem Bundesratsvorsitzenden und den Vorsitzenden von der ÖVP- und SPÖ-Fraktion für diese Gesetzesinitiative, weil sie letztlich genau diese Schnittstellenfunktion im Rahmen eines Gesetzesantrages aufzeigt und die Gemein­den und in weiterer Folge die Bürgerinnen und Bürger letztendlich als Gewinner dastehen lässt.

Wir stehen nicht für Gemeindezusammenlegungen. Wir stehen nicht für Gemein­deschließungen. Wir stehen für eine stärkere Kooperation als einen weiteren Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung und für die Zusammenarbeit der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich.

Das funktioniert jetzt schon in vielen Bereichen sehr gut. Ich selbst bin Bürgermeister der Weinbaugemeinde Pfaffstätten in Niederösterreich, und wir arbeiten dort jetzt schon gemeindeübergreifend zusammen. Das fällt dem Bürger teilweise auf, teilweise nicht. Aber es ist etwas, das Sinn macht. Es macht Sinn, sich im Staatsbürgerschafts- und Standesamtsverband zusammenzuschließen. Es macht Sinn, dass sich 30 Ge­mein­den in meinem Verwaltungsbezirk, in Baden, im Bereich der Abfallentsorgung zusammenschließen. Dafür gibt es unzählige Beispiele in ganz Österreich, von Bre­genz bis Eisenstadt. Es macht Sinn, dass wir uns im Bezirk Baden auch im Rahmen eines Gebühreneinhebungsverbandes zusammenschließen. Das alles sind Beispiele dafür, dass effizientes Arbeiten ermöglicht wird und Gemeinden Aufgaben gemeinsam bewältigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Verbandslösungen sind aber nicht immer das Allheilmittel. Das Allheilmittel ist es auch nicht, zu sagen: Tretet Kompetenzen ab und schließt euch zusammen! Dafür ist Öster­reich zu unterschiedlich, dafür sind auch die Gemeinden zu unterschiedlich. Wir haben in Österreich in den neun Bundesländern 2357 Gemeinden – von Vorarlberg mit 96 Ge­mein­den, dem Bundesland mit den wenigstens Gemeinden, bis zu Nieder­österreich, meinem Heimatbundesland, mit 573 Gemeinden.

Das ist unterschiedlich. Wir wollen nicht zum Zentralismus zurückkehren und von Wien aus entscheiden, wie der Bürgermeister in Vorarlberg seine Aufgaben bestmöglich bewältigen soll. Das würden wir uns nicht zumuten, und auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister landauf, landab wollen das garantiert nicht. Die Gemeinden sind einfach sehr unterschiedlich.

Keine andere Gebietskörperschaft kennt die Aufgabenstellung besser als die Gebiets­körperschaft der Gemeinden und weiß: Wo macht es Sinn zusammenzuarbeiten? Ich meine, dass in letzter Zeit die Bereitschaft dazu deutlich höher geworden ist, weil man merkt, dass man nicht immer alles alleine machen muss. Die Bereitschaft zum Blick über den Tellerrand hinaus ist heute deutlich besser, größer und stärker als vielleicht vor einigen Jahren oder Jahrzehnten. Diese Bereitschaft zur Kooperation sollten wir nützen, aber sie braucht in einem Rechtsstaat auch die notwendigen rechtlichen Vor­aus­setzungen.

Mit dem heutigen Bundesgesetz wollen wir die rechtliche Voraussetzung dafür schaf­fen, dass die kleinste Gemeinde Österreichs, nämlich die Gemeinde Gramais in Tirol


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 45

mit 61 Einwohnern, ähnlich entscheiden kann wie die größte Gemeinde Österreichs, nämlich Wals-Siezenheim, wo unser ehemaliger Fraktionsvorsitzender, Ludwig Bierin­ger, erfolgreich Bürgermeister war. Das sind zwei Gemeinden mit dem gleichen Status. (Bundesrat Gruber: Ist! – Bundesrätin Mühlwerth: Ist! Er ist es ja noch!) – Er ist es noch. Entschuldigung, lieber Ludwig, du bist noch Bürgermeister! Ich werde das per­sönlich einmal gutmachen bei dir. Du hast natürlich noch mehr Zeit, dein Bürgermeisteramt erfolgreich auszuführen, und wirst das noch viele Jahre tun.

Was ich aber sagen möchte: Beide sind im Status Gemeinden, aber sie sind sehr unterschiedlich, nämlich: Das Verhältnis beträgt 61 Einwohner zu 11 994 Einwohner. Hier zu sagen, alle Gemeinden müssen kooperieren, wird keinen Sinn machen, weil zum Beispiel Ludwig Bieringer in seiner Gemeinde ganz andere Möglichkeiten hat und im eigenen Bereich auch effizient arbeiten kann. Es gibt noch viele andere Beispiele, die ich dazu bringen könnte. Ich möchte damit einfach aufzeigen, dass wir nicht alles über einen Kamm scheren wollen. (Bundesrat Gruber: So ist es!)

Der zweite Punkt geht in die gleiche Richtung: Wir sprechen uns ganz deutlich gegen Gemeindezusammenlegungen und dagegen aus, dass Strukturen, die sehr nahe beim Bürger sind, abgeschafft werden. Deshalb verstehe ich bis heute den Vorstoß der Frau Präsidentin Prammer vom August des Vorjahres nicht, als sie gemeint hat, die Bezirksverwaltungsbehörden wären abzuschaffen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Klug.)

Ich denke, gerade die Bezirksverwaltungsbehörden stellen eine Verwaltungsebene dar, die sehr nahe am Bürger ist. Frau Präsidentin Prammer wurde übrigens von ihrem eigenen Parteivorsitzenden, Bundeskanzler Faymann, gemaßregelt oder zumindest motiviert, diesen Ausspruch zurückzunehmen. Er hat nicht nur am Beispiel Nieder­österreichs letztendlich erkannt – dort, wo Landeshauptmann Pröll das Motto „Näher zum Bürger, schneller zur Sache“ vorgibt und die Bürgerbüros eingeführt hat –, dass die Bezirksverwaltungsbehörden jene Verwaltungseinheit darstellen, bei der die Bürger sehr unbürokratisch und rasch ihre Aufgaben erledigen können und wo ihnen auch geholfen wird.

Deshalb verstehe ich den Vorschlag des BZÖ-Vorsitzenden Bucher überhaupt nicht, der die Zahl der Gemeinden radikal reduzieren möchte. Nein, das wollen wir nicht! Wir wollen, dass die Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zusammenarbeiten und auch im übertragenen Wirkungsbereich zusammenarbeiten können. Mit dieser Gesetzes­initiative wird das ermöglicht.

Ich möchte in diesem Zusammenhang mit einigen Vorurteilen aufräumen. Es wird immer wieder gesagt, dass kleinere Gemeinden mehr Mitarbeiter beschäftigen als größere. Das stimmt einfach nicht! Gemeinden mit bis zu 2 500 Einwohnern beschäf­tigen im Durchschnitt acht Mitarbeiter pro 1 000 Einwohner, bei 10 000 bis 20 000 Ein­wohnern sind es durchschnittlich 15 Mitarbeiter, bei über 20 000 bis 50 000 Ein­wohnern 20 Mitarbeiter je 1 000 Einwohner. Es ist schon klar, dass eine größere Struk­tur auch mehr Mitarbeiter benötigt. Warum? – Das Eigenengagement nimmt letztend­lich auch ab.

Das führt zu einem anderen Bereich: Immer wieder werden Diskussionen darüber geführt, dass man auch die Feuerwehren zusammenlegen sollte. Ich denke, dass diese Diskussion gerade auch heuer im Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit eine falsche ist. Wir wissen, dass wir durchaus über Kooperationen und Zusammen­arbeit nachdenken müssen. Das diskutieren wir in Niederösterreich auch im Rahmen der neuen Mindestausrüstungsverordnung. Ich bin selbst seit 29 Jahren mit Stolz und Freude Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Pfaffstätten, und wir sind stolz darauf, dass wir einen sehr hohen Ausbildungs- und Ausrüstungsstand haben. Ich glaube, es


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 46

macht Sinn, die Mindestausrüstungsverordnung über Gemeindegrenzen hinaus zu diskutieren und nicht pro Gemeindeeinheit zu fixieren. Schlecht und fahrlässig wäre es im Sinne der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, Freiwillige Feuerwehren aufzulö­sen und zusammenzulegen. Das ist garantiert nicht das, was der Bürger möchte, und führt garantiert auch zu einer geringeren Bereitschaft, sich freiwillig in den Dienst der Sache zu stellen.

Ich möchte abschließend noch das Thema „Gemeindefinanzen“ ansprechen. Das ist ein Thema, das uns fordert. Aber die Gemeinden sind nach wie vor Investoren im öffentlichen Bereich, sie investieren in Verkehrswege, in die Sicherheit. Die Gemeinden investieren alleine in den Straßen- und Wasserbau 517 Millionen € und insgesamt über 2 Milliarden €.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Gesetzesantrag ermöglicht Kooperation. Ich möchte das ganz konkret an Beispielen festmachen, weil Gesetzes­anträge oft sehr abstrakt sind, vor allem für die Bürgerinnen und Bürger draußen. Gerade heute möchte ich das tun, weil wir die Möglichkeit haben, über das Fernsehen in die Haushalte und Wohnzimmer der Österreicherinnen und Österreicher zu kom­men.

Ja, es gibt Beispiele, wo das wirklich Sinn macht. Ein solches Beispiel ist die Abfallwirtschaft, der Abwasserverband in der Gemeinde Mitterbach am Erlaufsee, die ihr Abwasser in eine steirische Gemeinde entsorgt. Es gibt zwei Landesgesetze, und es ist nur sehr schwierig möglich, die Gebühren gemeinschaftlich vorzuschreiben. Das wird mit diesem Gesetzesantrag möglich.

Ich denke, dass dieser Gesetzesantrag zwei gute Ergebnisse bringen wird, nämlich einerseits einen Beitrag zur Verwaltungsreform und andererseits eine klare Grundlage dafür, enger zu kooperieren, näher zusammenzurücken, aber den eigenen Wirkungs­bereich trotzdem nicht aufzugeben. Das muss natürlich noch in landesgesetzlicher Verankerung beschlossen werden, aber es ist eine gute Grundlage. Deswegen werden wir als ÖVP-Fraktion dieser Gesetzesinitiative sehr gerne und mit voller Überzeugung die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.09


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Bundesrat Mag. Klug hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.10.02

 


Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Ich möchte nur kurz auf die Kritik der oppo­sitionellen Grünen im Zusammenhang mit der Entstehung dieser Gesetzesinitiative replizieren.

Wir nehmen die Kritik zur Kenntnis, und sie ist objektiv nachvollziehbar, wenn sie darin besteht, dass die Gesetzesinitiative gestern im Ausschuss nicht vorberaten wurde. Das ist dann korrekt und richtig.

Wir alle wissen aber, werte Kolleginnen und Kollegen, dass diese Vorberatungen zur Tagesordnung und zu Gesetzesinitiativen nur einen Teil des Informationsflusses bei uns im Hause darstellen können. Ich sage daher ganz deutlich: Wenn es eine sachlich gerechtfertigte Kritik gibt, dann nehmen wir sie zur Kenntnis. Wenn aber Entwürfe zum Gesetzesantrag rechtzeitig an die Klubs übermittelt werden und die Information damit für alle Bundesrätinnen und Bundesräte, für alle politischen Parteien hier im Haus gewährleistet wird, dann sage ich zum Thema Bring- und Holschuld, dass sich jeder überlegen sollte, ob er sich ausreichend bemüht hat, sich inhaltlich kundig zu machen.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 47

Ihr Vorgehen hier ist schon auffällig, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, und das macht es für uns, die Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien, gelegentlich nicht einfach. Wenn die Opposition gegen eine Initiative der Regierungs­parteien im Bundesrat stimmt, dann sind wir jederzeit bereit, uns die Kritikpunkte anzu­hören, und sind immer darum bemüht, zu überlegen, ob wir das richtig gemacht haben oder nicht. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist aber doch auch eure Aufgabe in der Regierung!) Natürlich!

Aber eines ist auch klar: Es gibt im Bundesrat eine Regierungsmehrheit und daher klarerweise auch Interesse daran, bestimmte Gesetzesinitiativen voranzutreiben und dabei etwas weiterzubringen. Wenn die Vertreterinnen und Vertreter der Grünen ernsthaft erwarten, dass wir über den Weg des Bundesrates mit einer Verfassungs­novelle, die Auswirkungen auf die Gemeinden hat, einen besonderen Schutz oder einen besonderen Sitz in irgendeinem Gemeindeverband für die Grünen festschreiben werden, dann müssen sie als Oppositionspartei lange warten, denn das wird sicherlich nicht möglich sein. (Bundesrätin Kerschbaum: Das ist jetzt echt schon ein bisschen tief!)

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Zu guter Letzt sage ich etwas ganz offen, weil mir das schon mehrmals aufgefallen ist: Ihr müsst den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ab morgen erklären, warum ihr gegen mehr Zusammenarbeit auf Gemeindeebene seid! Ihr müsst den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern erklären, warum es rechtlich nicht gut abgesichert werden soll, wenn ein Bürgermeister einen Gemeindeverband gründen will! Wenn dann bei all diesen Überlegungen noch Zeit bleibt, sollte man sich auch überlegen, ab wann eine politische Partei regierungsfähig wird. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.13


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mitterer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.13.29

Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich und auch meine Fraktion im Gesamten teilen in einigen Bereichen die Sorge der grünen Fraktion, was die Vorbereitung dieses Antrages anlangt. Tatsache ist, dass uns der fertige Antrag erst gestern vorgelegt wurde. Der vorige Antrag hat einige Dinge beinhaltet, mit denen wir nicht leben konnten. Diese sind aber in der Zwischenzeit aus dem Antrag heraus­gekommen, er passt also jetzt. Wir haben gestern erst fraktionell lange darüber disku­tieren können.

Die grüne Fraktion hat auch im Bereich der Schaffung von Verbänden insofern Beden­ken, dass sie, wenn sie demokratisch zusammengesetzt sind, natürlich in den Ländern und Gemeinden kaum vorkommen werden. Da kann ich nur den einen Rat geben, den die Freiheitliche Partei seit Jahren gibt, nämlich den, stärker zu werden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Mag. Klug.) Es gibt zum Beispiel in Kärnten acht Sozialhilfeverbände und acht Schulgemeindeverbände, in sechs davon haben die Freiheitlichen die absolute Mehrheit, in den anderen beiden haben sie sie gemeinsam mit der ÖVP. Das heißt, wenn man stärker wird, redet man auch überall mit. Aber, wie gesagt, die Sorge der Nichteinbindung ist berechtigt.

Dieses Gesetz, das wir heute hier behandeln, hat zwar Verfassungsrang, behandelt aber in der Thematik nur kleine Dinge, die einfach notwendig sind. Deshalb werden wir dem auch zustimmen.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 48

Herr Bundesrat Klug, Vorsitzender der SPÖ-Fraktion! Es stimmt schon, dass der Bundesrat hier in diesem Hause die Verfassungsmehrheit hat. Aber glauben Sie, dass Sie das, wenn Sie die Opposition hier drinnen nicht einbauen, dann im Nationalrat durchbringen? – Das wird Ihnen nicht gelingen, denn im Nationalrat haben die Regie­rungsparteien zurzeit keine Verfassungsmehrheit. Deshalb ist es richtig, dass Sie die Opposition mit eingebunden haben. (Bundesrat Mag. Klug: Eben! Sie werden ja auch eingebunden, sie sollen es nur zugeben!)

Im Großen und Ganzen freut uns das auch deshalb, weil es fast eine Erklärung gegen die Bundesregierung ist – ich will das Wort „Misstrauensantrag“ gegen die Regierung nicht in den Mund nehmen (Bundesrat Ertl: Hast du aber schon!). Aber im Prinzip fordert der Bundesrat nun die Regierung auf (Bundesrätin Mühlwerth: Zu arbeiten!) – Ihre Regierung, Schwarz und Rot –, endlich an den Dingen zu arbeiten, die sie seit fünf Jahren im Österreich-Konvent vorgegeben bekommen hat. Ich war selbst einige Male in diesen Konvent mit eingebunden.

Ich weiß schon – das ist heute von Herrn Präsidenten Kneifel richtigerweise erörtert worden –, dass dieses Paket ein riesiges geworden ist, dass es sehr viel beinhaltet in den Bereichen Verwaltungsreform, Einsparungen, Schaffung von Synergien, Effizienz­steigerungen und dass es wahrscheinlich in einem Schritt organisatorisch und finan­ziell in Österreich nicht umsetzbar ist, wie Dr. Fiedler, der damalige Vorsitzende des Österreich-Konvents, auch gemeint hat. Es wäre aber eine Aufgabe der Bundes­regierung gewesen, diese kleinen Schritte voranzutreiben, die heute der Bundesrat in einer Art historischem Akt in Angriff nimmt.

Nicht nur der Bundesrat, sondern auch Bundesländer haben erkannt, dass die Bun­desregierung in einigen Bereichen säumig ist. Sinnigerweise hat sich in Kärnten gerade gestern ein Gemeindekonvent konstituiert, angelegt für ein Jahr und aus 30 Mitgliedern – Politikern, Experten und Beamten – bestehend, der über Gemeinde­reformen beraten wird. Die drei Vorsitzenden sind der ÖVP-Landesrat, der für die Gemeinden zuständig ist, der freiheitliche Finanzreferent und von SPÖ-Seite der Präsident des Gemeindebundes. Sie werden jetzt über Bereiche wie Finanzierung – Stichwort: Finanzausgleich –, abgestufter Bevölkerungsschlüssel, interkommunale Ko­ope­rationen – Stichwort: Gemeindeverbände – und so weiter beraten. Das ist für ein Jahr angesetzt.

Der heutige Beschluss hier im Bundesrat wird dieser Initiative helfen, wenn wir ihn auch im Nationalrat durchbringen. Das zeichnet sich ja ab, wenn es auch in einigen Bereichen – wie meine Kollegin Mühlwerth schon angesprochen hat, zum Beispiel im Bereich der BHs – noch parteimäßig und ländermäßig differenzierte Auffassungen gibt. Aber auch die Landeshauptleutekonferenz, einschließlich Landeshauptmann Dörfler aus Kärnten, steht hinter diesem Antrag. Es ist ein wichtiger Schritt, und deshalb wer­den wir diesem Antrag auch ungeteilte Zustimmung geben. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

11.18


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Kersch­baum zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.18.55

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur kurz etwas zu Herrn Kollegen Klug sagen, weil er so „klug“ gemeint hat, wir sollen das den Bürgermeistern erklären. Das hat mich wirklich ein bisschen grantig gemacht. (Bundesrat Mag. Klug: Da bin ich aber gespannt!)


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 49

Ich habe einen Bürgermeister, und ich kann ihm das ganz problemlos erklären, weil ich glaube, dass er die Situation auch kennt. Wir haben ja die Situation, dass es Gemeindezusammenarbeit nicht erst dann gibt, die gibt es jetzt schon. Es gibt sie in vielen Bereichen. Das ist auch gut so, und das unterstütze ich in jedem Bereich. (Bundesrat Mag. Klug: Im Graubereich!) – Nein, das gibt es nicht nur im Graubereich.

Das Problem ist, dass es in einer Demokratie eine Regierung und eine Opposition gibt. Die Opposition hat auch so etwas wie Kontrollrechte. Gerade bei diesen Zusam­menarbeitsgeschichten, die in Gemeinden stattfinden, sitzen meistens die Bürgermeis­ter beisammen. Das ist nicht das Problem! Aber wer kontrolliert das?

Diese Dinge zu regeln, diese Dinge vernünftig zu regeln ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, aber wie ist es vorgesehen? Ja, und da sind dann die Berechtigungen. Das ist immer wieder strittig. (Bundesrat Kainz: Das stimmt nicht!) Seid mir nicht böse, aber wenn die Kontrolle nicht ordentlich geregelt ist, dann ist es für uns nicht so einfach, dem zuzustimmen. (Bundesrat Gruber: Es gibt ausreichend Kontrolle, Frau Kollegin!)

Und wenn ihr euch jetzt darauf versteift, dass wir vor sechs Wochen diesen Antrag von euch bekommen haben: Das stimmt, aber ich gehe trotzdem davon aus, dass man in einem Ausschuss darüber redet, und nicht, dass wir euch vielleicht anrufen müssen und sagen müssen: Wir haben die und die Bedenken!, und ihr es dann ändert. Das hättet ihr dazusagen müssen. (Bundesrat Mag. Klug: Sechs Wochen habt ihr gehabt!) Aber wenn wir hier sechs Wochen vorher einen Antrag vorliegen haben, was spricht dagegen, einen Ausschuss zu machen und darüber zu reden? Wenn ihr das gemacht hättet, dann hätten wir wahrscheinlich heute auch zugestimmt. (Beifall bei den Grü­nen.)

11.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Antrag 185/A der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen, der Bundesrat wolle gemäß Artikel 41 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz dem Na­tional­rat den angeschlossenen Gesetzesvorschlag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreiten, ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der gegenständliche Antrag 185/A der Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen ist somit angenommen.

11.21.182. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit (942 d.B. und 1176 d.B. sowie 8505/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits (1062 d.B. und 1177 d.B. sowie 8506/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 50

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Maze­donien über kulturelle Zusammenarbeit (1086 d.B. und 1178 d.B. sowie 8507/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 2 bis 4, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 2 bis 4 ist Herr Bundesrat Kainz. – Ich bitte um die Berichte.

 


11.22.09

Berichterstatter Christoph Kainz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit.

Das gegenständliche Abkommen nimmt eine Reihe von technischen Ergänzungen beziehungsweise Anpassungen in einer Reihe von Abschnitten, vor allem in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, in der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Mai 2011 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters erstatte ich Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Korea andererseits.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates zielt vor allem darauf ab, dass die Zusam­menarbeit zwischen der Europäischen Union und der Republik Korea auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet ausgebaut werden soll.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Mai 2011 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich darf weiters berichten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit.

Mit dem gegenständlichen Abkommen zwischen der Regierung der Republik Öster­reich und der Regierung der Republik Mazedonien soll die Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Institutionen sowie von Institutionen auf dem Gebiet des Schulwesens und der Kultur geregelt werden.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Mai 2011 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 51

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Ich begrüße ganz herzlich Herrn Staatssekretär Dr. Waldner, der das erste Mal im Bundesrat bei einer Debatte anwesend ist. Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Köberl. – Bitte.

 


11.25.00

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Nach einer Diskussion, wo es um innerösterreichische Angelegenheiten, um kleine Einheiten, aber sehr, sehr wichtige Einheiten, um unsere Gemeinden gegangen ist, geht es jetzt in einem Themenschwerpunkt um europäische und internationale Angelegenheiten.

Diese drei Tagesordnungspunkte, wie wir es in der Berichterstattung schon gehört haben, umfassen eben Abkommen: als Erstes ein Abkommen der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten mit der Republik Südafrika, zweitens ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten mit der Republik Korea und drittens ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien.

Wir behandeln heute drei internationale Abkommen: ein bilaterales zwischen Öster­reich und Mazedonien und zwei Abkommen der Europäischen Union. Die beiden EU-Abkommen sind in Wirklichkeit Novellierungen bestehender Abkommen entsprechend einer Klausel, die eine Revision der Verträge jeweils nach fünf Jahren vorsieht.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zum Abkommen mit der Republik Südafrika. Was ist der Hintergrund? Rufen wir uns kurz die Republik Südafrika mit ein paar Daten ins Gedächtnis: Die Republik Südafrika ist eine parlamentarische Republik unter Präsident Jacob Zuma, hat eine Fläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern – etwa fünfzehnmal so groß wie Österreich – und hat etwa 50 Millionen Einwohner.

Die Republik Südafrika ist der größte Handelspartner der EU in Afrika. Im Jahr 2010 erreichten die europäischen Exporte ein jährliches Volumen von zirka 21,5 Milliarden €. Seit dem Jahre 2004 ist das bilaterale Handelsvolumen deutlich angestiegen, und zwar um rund ein Drittel. Die Republik Südafrika ist für die EU der wichtigste Kooperations- und Wirtschaftspartner im südlichen Afrika und ist bei all den bestehenden Problemen zu einem stabilen, demokratisch regierten Rechtsstaat und zur größten Volkswirtschaft Afrikas geworden.

Die Republik Südafrika besitzt ein großes Gewicht innerhalb der Afrikanischen Union und in der Blockfreien-Bewegung. Die Republik Südafrika gehört sowohl zu den G20 als auch zu den G8+5.

Zudem erscheint mir noch Folgendes als erwähnenswert: Mit Ende der Apartheid, also Anfang der neunziger Jahre, hat es im Land sogar ein bestehendes, doch umfang­reiches Atomwaffenprogramm mit sechs einsatzfähigen Atombomben gegeben. Diese wurden von Südafrika aufgegeben. Und Südafrika engagiert sich seitdem auf inter­nationaler Ebene für Abrüstung und die Nichtverbreitung von Massenvernichtungs­waffen.

Kurz zu den Inhalten des Abkommens. Es enthält Bestimmungen zum Internationalen Strafgerichtshof, zur Abrüstung, wie schon erwähnt zur Nichtverbreitung von Massen­vernichtungswaffen, zur Bekämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung sowie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 52

Ein wichtiger neuer Punkt, der dazugekommen ist, betrifft eine Thematik, die doch immer wieder auch zu Diskussionen führt, nämlich den gemeinsamen Kampf gegen die Produktion und gegen den Handel von sogenannten Klein- und leichten Waffen. Wenn man weiß, dass weltweit fast 900 Millionen Kleinwaffen und leichte Waffen existieren und gehandelt werden, dann ist hier eine Zusammenarbeit eindeutig als ganz wichtig zu betrachten.

Zudem ist noch ein vertiefter politischer Dialog über Migrationsfragen vorgesehen. Das dürfte auch den Kollegen Mayer interessieren, so hoffe ich zumindest.

Nun zum Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied­staaten und der Republik Korea. Auch hier wieder kurz der Hintergrund: Die Republik Korea ist mit zirka 99 000 Quadratkilometern nur etwas größer als Österreich, hat aber eine Bevölkerung von fast 50 Millionen Menschen, also ungefähr gleich viel wie Süd­afrika.

Ich denke, es ist wichtig, auf dieses sogenannte koreanische Abkommen einzugehen, denn hier geht es eigentlich um eine sehr interessante Entwicklung der europäischen Außenpolitik und der europäischen Außenwirtschaftspolitik. Es ist das erste Abkommen dieser Art, das wir als Europäische Union mit einem asiatischen Partner schließen, und es umfasst eine breite Palette von Themen. Dieses Abkommen zielt darauf ab, die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, regionale und internationale Organisationen, wirtschaftliche Entwicklung, nachhaltige Entwicklung, Bildung und Kultur, Recht, Freiheit und Sicherheit sowie Tourismus und öffentliche Verwaltung zu vertiefen.

Dazu kommen noch die Themenschwerpunkte Menschenrechte, Terrorismus­bekämp­fung und Klimawandel beziehungsweise Energiesicherheit, also Themen, die gerade in den letzten Monaten und letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen haben und weiter gewinnen werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eines ist dabei erwähnenswert: Die Euro­päische Union hat die Amerikaner überholt, die ebenfalls seit einigen Jahren mit Korea ein Freihandelsabkommen aushandeln wollen und noch nicht so weit sind. Für Österreichs Wirtschaft, für viele Betriebe in unterschiedlichen Sparten bringt dieses Abkommen ganz konkrete Vorteile.

Die Exportchancen für diesen Markt mit einem starken Wachstumspotenzial sind hervorragend. Die Republik Korea hatte im Jahr 2010 ein Wachstum von zirka 6,1 Pro­zent, und die vorhergesagten Daten für das Jahr 2011 liegen bei fast 5 Prozent.

Nun zum dritten Abkommen, dem sogenannten Kulturabkommen mit Mazedonien. Obwohl es vom Umfang her das kleinste ist, ist es aber auch ein wichtiger Schritt. Es ist ein bilaterales Abkommen, welches uns in wissenschaftlichen Institutionen, im Bildungs- und Kulturwesen und in der kulturellen Arbeit insgesamt mit einem Staat, der in unserer Nachbarschaft liegt, wieder ein Stück zusammenbringt. Zudem wissen wir, dass Mazedonien auch ein mögliches EU-Beitrittsland darstellt.

Die Auslandskultur lag und liegt der österreichischen Außenpolitik immer besonders am Herzen. Kunst und Kultur aus Österreich sind auf der ganzen Welt bekannt und geschätzt, und unsere Kulturinstitute leisten hervorragende Arbeit.

Wir wissen, es ist nicht das einzige Übereinkommen, das wir Österreicher oder die EU mit Mazedonien bereits geschlossen haben. Es gibt bereits welche betreffend die Bereiche Doppelbesteuerung, Anerkennung von Unterhaltstiteln, Schiedssprüche und so weiter.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 53

Lassen Sie mich zum Abschluss zusammenfassend festhalten: Alle drei Abkommen sind wichtig und zeigen, dass Österreich ein geschätzter und respektierter Partner in der Welt ist. Dies gilt ganz besonders für die Bereiche Wirtschaft, Entwicklungszusam­menarbeit und Kultur. Österreich kann in vielen Ländern der Welt Know-how einbrin­gen, und Österreich profitiert überdurchschnittlich vom Welthandel. Deswegen ist wahrscheinlich auch ein einstimmiger Beschluss zu allen drei Abkommen im National­rat zustande gekommen.

Ich habe gesagt, Österreich profitiert überdurchschnittlich vom Welthandel. Lassen Sie mich das auf einfache Zahlen herunterbrechen: Bereits 60 von 100 €, die unsere Unter­nehmen verdienen, werden im Export verdient. Das sichert Arbeitsplätze und Wohlstand, und auch deswegen sind diese Abkommen wichtig.

Zum Abschluss, sehr geehrter Herr Staatssekretär, darf ich sagen, ich freue mich ganz besonders, dass Sie jetzt diese Agenden mit Ihrer Erfahrung wahrnehmen. Ich wün­sche Ihnen für die kommenden Aufgaben an der Seite unseres Außenministers Dr. Michael Spindelegger viel Erfolg und die notwendige ruhige Hand in nicht immer einfachen Zeiten. Alles Gute! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.33


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.33.44

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Dass sieben von zehn Tagesordnungspunkten sich heute mit internationaler Politik, Europapolitik befassen, zeigt auch, wenn wir heute schon gesagt haben, es ist eine historische Stunde des Bundesrates, wie tief eigentlich der Bundesrat in Außenpolitik und in internationaler Politik verankert ist. Nicht selten ist es, dass in internationalen Gremien die Stimme Österreichs ausschließlich von Bun­desräten und -rätinnen vertreten wird, wie zuletzt zum Beispiel bei der Westeuro­päischen Verteidigungsunion.

Meine Damen und Herren! Wir haben hier, wie mein Vorredner auch schon gesagt hat, drei ganz unterschiedliche Abkommen, von denen allerdings jedes für sich von rich­tungsweisender Bedeutung ist.

Gehen wir einmal zum ersten, zu Südafrika. Südafrika ist nicht nur die wichtigste Volks­wirtschaft Afrikas, sondern ein ganz, ganz besonderer Staat. Viele von uns können sich noch erinnern – Reinhard Todt und mich hat es in den siebziger Jahren zusam­mengeführt – an die Zeiten der Apartheidpolitik und der Politik, in Europa und in der ganzen Welt solidarisch gegen diese Apartheid aufzutreten.

Und man muss sich vorstellen, dass eine Persönlichkeit wie Nelson Mandela nach 30 Jahren in Einzelhaft, alleine auf einer Insel, Robben Island, nicht nach Rache sinnt, sondern genau jenen Menschen, den Häschern, jenen, die ihn verurteilt haben und ihm dies angetan haben, die Hand reicht und eine demokratische Entwicklung einleitet. Und dieser Nelson Mandela ist erst der zweite Präsident Afrikas, der aus einer gewählten Funktion auch wieder zurücktritt. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.) Nur noch Léopold Senghor, der große Dichter Afrikas, Präsident im Senegal, ist nach Ende seiner Amtsperiode zurückgetreten.

Wir kennen heute die Probleme mit Simbabwe, mit Kenia und natürlich mit allen nord­afrikanischen Staaten wie Ägypten, Tunesien – und nicht zuletzt das Grauen derzeit in Libyen. Deshalb kann man Südafrikas Weg dieser schwierigen, aber friedlichen Entwicklung nicht hoch genug würdigen. Und bei der Gelegenheit möchte ich daran erinnern, in Zeiten der Fußball-WM war Afrika in aller Munde. Vielleicht nur zur


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 54

Erinnerung: Der ORF hat unter dem Schwerpunkt „Ke Nako – Afrika jetzt“ – und das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen! – 150 Sendungen im Ausmaß von beinahe 70 Stunden produziert. Wenn wir diese Bibliothek des Wissens öffentlich machen, all unseren Schulen und Bildungseinrichtungen zugänglich machen, so haben wir hier die Möglichkeit einer Fülle von Begegnungen und von Wissensvermittlung für unsere Jugend, was gerade in Bezug auf Afrika von ganz großer Bedeutung ist.

Das jetzige Abkommen bestand ja schon, es wurde jetzt verändert. Aber lassen Sie mich als Bundesrat der Stadt Wien eines auch sagen: Entwicklungszusammenarbeit ist heute noch ein Thema, aber es gibt auch mit Südafrika eine ganz besondere Form der Zusammenarbeit, die unter dem bereits verstorbenen Bürgermeister Zilk ins Leben gerufen wurde, der unmittelbar nach der Inauguration von Präsident Mandela gesagt hat: Lasst uns ein Zeichen setzen! Und die Stadt Wien führt bis heute eine Lehrlings­ausbildungsstätte in Johannesburg, zusammen mit der Wirtschaftskammer Wien, und leistet damit einen ganz, ganz wichtigen Beitrag für die Ausbildung und auch für die Verbindung, die es hier zwischen Wien und Johannesburg gibt.

Bei dieser heutigen Ergänzung dieses bilateralen Abkommens ist wirklich zu unter­streichen, dass es hier zwei ganz wichtige Punkte gibt, nämlich erstens, endlich die Produktion dieser ganzen Kleinwaffen zu bekämpfen, die verantwortlich sind für Mord im Kleinen, aber auch Mord im Großen, zwischen Stämmen, zwischen verschiedenen Gruppen. Und der zweite Punkt ist auch die Vernichtung von Massenvernichtungs­waffen. Und da danke ich meinem Vorredner, dass er noch einmal darauf hingewiesen hat: Ja, Südafrika hat die Atombombe gehabt, noch das Apartheidregime hat diese Bombe produziert, und es ist eine unglaubliche Leistung, dass man, endlich an die Macht gekommen, als Erstes sagt: Die Atomwaffen vernichten wir! Wir wollen nicht im Besitz solcher Waffen sein! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte nur noch einen Punkt meines Vorredners ergänzen: Südafrika ist ein wichtiger Faktor in ganz Afrika.

Und etwas, das wir mit Südafrika gemeinsam haben: Österreich stellt sehr viele Sol­datinnen und Soldaten für Friedenstruppen. Südafrika macht das auch – nicht nur im Rahmen der UNO, sondern auch im Rahmen der Organisation afrikanischer Zusam­menarbeit.

Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Abkommen, zum Abkommen mit Korea. Das ist das erste Abkommen dieser Art – das erste Abkommen! – mit einem Industrieland. Korea ist nach China, Japan und Indien eine der wichtigsten Volks­wirtschaften Asiens; übrigens auch für Österreich. Österreich exportiert im Werte von 560 Millionen € und hat einen Nettoüberschuss aus der wirtschaftlichen Zusam­menarbeit.

Aber wichtig ist auch in diesem Zusammenhang – auch da dieselben beiden Punkte –: Nein zu Massenvernichtungswaffen sowie Bekämpfung von Kleinwaffen. Und es kommt noch etwas dazu, was nicht ganz unwichtig ist: die Bekämpfung von Straf­losigkeit, zum Beispiel – das fällt mir ein, wenn ich Frau Präsidentin Zwazl von der Wirt­schaftskammer sehe – der Straflosigkeit von Markenpiraterie, was gerade im Zusammenhang mit asiatischen Staaten wichtig ist.

Dieses Abkommen mit Korea ist in meinen Augen beispielhaft für alle weiteren Staaten Asiens. Wichtig ist, dass solche Abkommen – und das tut das vorliegende Abkom­men – alle Bereiche des Lebens umfassen, wie eben Bildung, das Recht, die Wirt­schaft, aber auch die Kultur und – das wird in diesem Abkommen besonders hervor­gehoben – erneuerbare Energien und nachhaltige Entwicklung.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 55

Kommen wir noch zum Abkommen mit Mazedonien – ein sentimentaler Staat in der Mitte des Westbalkans. Ich bin sehr froh, dass es hier „Republik Mazedonien“ heißt, und ich hoffe, dass die Griechen, die im Augenblick ohnedies sehr viel zu tun haben, ihren internationalen Boykott endlich aufgeben, was die Namensführung betrifft. Das erinnert mich ein bisschen an die Schattenspiele zwischen Kärnten und Slowenien, allerdings in einem etwas größeren Bereich.

Zu Mazedonien: Mazedonien hat es im gesamten schrecklichen Balkankrieg geschafft, sich trotz einer unglaublich unterschiedlichen Bevölkerung ganz geschickt durch­zumanövrieren, und war nicht in der Form Kriegsschauplatz wie andere ehemalige Teilstaaten der früheren Republik Jugoslawien, wo das ganz schrecklich war.

Ich war etwas verwundert, dass es im Nationalrat eine solch „gewitzelte“ Diskussion über dieses Abkommen gab – es hat mich echt irritiert, dass man gesagt hat: Na ja, ein bisschen Kultur. Unser Staatssekretär kommt aus dem Bereich der Kultur, und ich muss sagen: Die Kultur bringt Menschen zusammen. Die Kultur bietet die Möglichkeit, einander zu verstehen! Und das brauchen wir im Verhältnis zu den Staaten des Westbalkans.

Dieses Abkommen zielt auf die Zusammenarbeit in den Bereichen Film, Bildung – Mobilität der Studierenden, gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse –, Literatur, Bild­nerische und auch Moderne. Nichts ist wichtiger, wenn Schranken in den Köpfen sind, als dass die Menschen aufeinander zugehen und sich kennenlernen. Deshalb halte ich das für ganz wichtig.

Insgesamt sage ich: Eine Europäische Union ohne die Staaten des Westbalkans als Mitgliedsländer ist wie ein Haus ohne Dach oder, noch schlimmer, wie ein Körper ohne Seele. Ich hoffe, dass die Staaten des Westbalkans bald als Vollmitglied in die Europäische Union kommen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

11.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.

 


11.44.52

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Südafrika widmen und zu aktuellen Problemen kommen und nicht zu der unseligen, Gott sei Dank 1992 been­deten Apartheid sprechen; zu aktuellen Problemen Österreichs Wirtschaft und den gesamten Komplex Südafrikas betreffend.

Südafrika wird das „Tor nach Afrika“ genannt – es ist aber das letzte Tor nach Afrika. Wir hatten früher viele Tore nach Mittel- und Südafrika, das ist jetzt das letzte Tor.

In Südafrika – wenn ich kurz den politischen Input aufnehmen darf – haben vor Kurzem Wahlen, Kommunalwahlen stattgefunden, und die Ministerpräsidentin von Western Cape, von Cape Town, Helen Zille, hat da über 12 Prozent zugelegt und liegt bei über 25 Prozent. Gerade um Johannesburg in der Provinz Gauteng hat sie über 30 Prozent erreicht, und der ANC unter Jacob Zuma hat viel verloren. Das ist ein Zeichen dafür, dass doch einiges in dem Land nicht stimmt, und darum müssen wir uns diesem widmen.

Es wäre angebracht gewesen, anlässlich der Unterzeichnung bei der Europäischen Kom­mission in Brüssel durch Zuma im Herbst letzten Jahres seitens der Europäischen Kommission darauf hinzuweisen, dass doch einiges nicht so ist, wie es sein sollte.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 56

Ich beziehe mich auf Artikel 56, Sicherheit am Arbeitsplatz und der Bevölkerung, auf Artikel 2 – das wurde heute schon genannt –, die Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, und Artikel 58, die Schaffung eines günstigen Klimas für Investitionen.

Wenn man in Südafrika lebt und arbeitet, weiß man, dass man hinter drei bis fünf Meter hohen Mauern, die mit Elektrozäunen gesichert sind, leben und arbeiten muss. Das ist nicht jedermanns Sache, und darunter leiden natürlich jene, die sich das nicht leisten können – die Bevölkerung und jene in den Townships.

Die mangelnde Sicherheit und die herumstreifenden Gangs in Südafrika sind bekannt – diesen möchte ich mich nicht weiter widmen. Wesentlich ist für mich die Rechts­staatlichkeit, denn diese ist im Abkommen festgehalten. Rechtsstaatlichkeit wird in erster Linie definiert als die Wahrung des Eigentums, die Basis der freien Markt­wirtschaft, die Basis der sozialen Marktwirtschaft und die Unabhängigkeit der Gerichte.

Wie schaut es mit der Rechtsstaatlichkeit heute, 2011, in Südafrika aus? – Die Südafrikaner haben seitens der Regierung zwei Programme erhalten, und zwar das Landumverteilungsprogramm, sogenannte Land Claims, und das Programm „Black Economic Empowerment“. Ziel des Programms der Land Claims ist, 30 Prozent des gesamten Landes Südafrikas neu zu verteilen. Bis jetzt galt das Prinzip „Willing seller, willing buyer“. Das heißt, der, der verkaufen wollte, konnte auch kaufen. Dadurch, dass das nicht zur vollsten Zufriedenheit der Regierungsparteien, der Partei des ANC geführt hat, wird zunehmend das Wort „Enteignung“ in den Mund genommen.

Wir alle wissen, was im Nachbarstaat Simbabwe passiert ist: In Simbabwe – ursprüng­lich ein blühendes Land – gibt es heute 80 Prozent Arbeitslosigkeit. Die Währung wurde letztes Jahr nach über einer Million Prozent Inflation abgeschafft. Simbabwe, einst ein Nahrungsmittelexportland, ist heute ein Importland und bettelarm.

Wir sollten hier darauf drängen – zumindest rhetorisch –, dass die Entwicklung in Südafrika nicht den gleichen Verlauf nimmt wie die Entwicklung in Simbabwe, denn auch in Simbabwe waren die Vorzeichen die gleichen.

Das zweite Programm ist „Black Economic Empowerment“, das ursprünglich sicher sinnvoll war, damit die schwarze Bevölkerung Anteile an dem zurzeit immer noch – jetzt nicht mehr ganz, aber in erster Linie – von der weißen Bevölkerung beherrschten Wirtschaftsleben bekommen konnte. Auch das ufert mittlerweile aus, indem von zwangsweisen Stakeholder-Maßnahmen gesprochen wird, das heißt, dass die schwar­ze Bevölkerung Eigentumsanteile von Firmen erhalten muss. Das kann es ja wirklich nicht sein. Und das ist auch der Grund dafür, dass es bereits zahlreiche Klagen euro­päischer Investoren in Südafrika gibt, einerseits gegen das Landumverteilungs­pro­gramm und andererseits gegen dieses „Black Economic Empowerment“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre angebracht, dass die Europäische Kommission nicht nur zentralistisch – Entschuldigung, wenn ich mir den Ausdruck erlauben darf – „champagnisierend“ anlässlich der wirklich exzellent ausgerichteten Fußballweltmeisterschaft anstößt, sondern auch auf die Probleme eingeht. Südafrikas Nationalsport ist Rugby. Südafrika ist regierender Rugby-Weltmeister. Und es ist interessant festzustellen, dass verschiedene Gruppierungen verschiedene Sportarten ausüben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen unterstützen dieses Ab­kommen natürlich, weil es sinnvoll ist, wenn Südafrika in den internationalen Staa­tenbund eingebunden ist.

Ergänzend dazu darf ich sagen, dass Südafrika vor Kurzem auch Teil der BRICS-Staaten wurde – die BRICS-Staaten sind die neu aufkommenden Schwellenländer,


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 57

Brasilien, Russland, Indien, China und jetzt Südafrika. Dies geschah auf Einladung Chinas, denn China weiß, welche strategische Bedeutung Südafrika hat, da es seine Wirtschaftsleistung vor allem durch Rohstoffexport erbringt. Besser wäre es, wenn die gesamte Wirtschaft, die gesamte Produktivität weiter stiege oder zumindest erhalten bliebe.

Ein Kuriosum am Rande: China hat seine Verträge nicht in Peking abgeschlossen, sondern in Südafrika, hat sich selbst als „Schwarze“ deklarieren lassen, und dadurch fallen sie nicht in das „Black Economic Empowerment“-Programm und auch nicht in das Landumverteilungsprogramm, sondern können dort fleißig Grundstücke erwerben beziehungsweise in die Wirtschaft einsteigen.

Wie gesagt, wir unterstützen das Programm, aber zumindest ein Nachdenken bezie­hungsweise eine Verbesserung wären angebracht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.51


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waldner. – Bitte.

 


11.51.41

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich freue mich sehr, dass ich heute das erste Mal sozusagen in offizieller Mission hier sein kann, nach der Vorstellung vor einigen Wochen, die Sie vielleicht noch in Erinnerung haben, und noch dazu an einem Tag, an dem es einen solch starken außenpolitischen Schwerpunkt gibt.

Ich möchte zunächst auf das Schreiben eingehen, das mir der Herr Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten soeben übergeben hat und in dem darauf Bezug genommen wird, dass in der gestrigen Sitzung des außenpolitischen Ausschusses keine Vertreter unseres Ressorts anwesend waren.

Ich möchte Ihnen versichern, dass uns die Zusammenarbeit mit dem Bundesrat und natürlich auch dem Nationalrat ein großes Anliegen ist und dass das gestern aufgrund hausinterner Koordinierungsprobleme zustande gekommen ist. Sie können uns glauben, wir sind sogar darauf erpicht, unsere Vertreter hier zu haben. Der beste Beweis dafür ist, dass ich heute hier stehe und dass der Vertreter des Außen­ministeriums gestern gekommen ist, aber leider erst nach der Beendigung der Sitzung. In der Zwischenzeit hat es jedoch direkte Kontakte gegeben, und die Informationen wurden schriftlich nachgereicht; auch das habe ich intern erfahren. Ich hoffe, dass das damit sein Bewenden hat und dass Sie mir glauben, dass wir Sie in Zukunft gerne informieren – und das schnell – und möglichst alles beantworten werden.

Zu den jetzt in Diskussion stehenden Tagesordnungspunkten: Die drei Abkommen, die heute zur Diskussion stehen, zeigen, dass Österreich ein allseits geschätzter Partner in der Welt ist, sowohl im Bereich der Wirtschaft als auch in der Kultur und in der Entwicklungszusammenarbeit.

In vielen Ländern können wir unser Know-how einbringen, vor allem im Bereich der Wirtschaft, aber auch im Bereich der Kultur. Österreich profitiert überdurchschnittlich vom Welthandel, und – auch das wurde vom Herrn Vorsitzenden schon gesagt – fast zwei Drittel der Umsätze unserer Unternehmen stammen aus dem Export. Das sichert Arbeitsplätze in Österreich und Wohlstand in Österreich.

Nur kurz zu den drei Vorlagen – es gibt ja heute noch andere Punkte, bei denen wir noch ausführlich diskutieren werden –, zunächst zum Abkommen mit der Republik Südafrika über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit. Es wurde schon gesagt, Südafrika ist der größte Handelspartner der EU in Afrika. Bis zum Jahr 2010 erreichten


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 58

die europäischen Exporte ein jährliches Volumen von sage und schreibe 21,5 Milliar­den €, und das bilaterale Handelsvolumen ist seit 2004 insgesamt um mehr als ein Drittel, also deutlich gestiegen.

Das Abkommen enthält Bestimmungen zum Internationalen Strafgerichtshof, zur Abrüs­tung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Bekämpfung des Terrorismus und Finanzierung des Terrorismus sowie Bekämpfung der organisierten Kriminalität, zur Prävention von Söldneraktivitäten und Bekämpfung des Handels mit Kleinwaffen. All das sind ganz wichtige Fragen, die einfach geregelt gehören, und dazu sind ja internationale Abkommen da.

Ich danke auch Herrn Bundesrat Schennach für seine Ausführungen zur demo­kratiepolitischen, vor allem friedlichen Entwicklung von Südafrika, ein Beispiel, dem hoffentlich noch viele in Afrika folgen werden, und dem ist nichts hinzuzufügen. Nelson Mandela ist einfach eine Größe in der Politik, und es wäre schön, wenn wir auch in anderen Teilen der Welt solche Staatsmänner hätten.

Die zweite Vorlage ist das Abkommen mit der Republik Korea. Bereits am 10. Mai 2010 wurde dieses Rahmenabkommen von der Hohen Vertreterin Catherine Ashton, den Mitgliedstaaten der EU sowie dem koreanischen Außenminister unter­zeichnet. Es handelt sich – auch das wurde schon gesagt – um das erste Abkommen dieser Art und in dieser vertieften Form zwischen der EU und einem Industrieland. Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, regionale und internationale Organisationen, wirtschaftliche Entwicklung, nachhaltige Entwicklung, Bildung und Kultur, Recht, Freiheit, Sicherheit, Tourismus, öffentliche Verwaltung und Statistik.

Das dritte Abkommen ist ein bilaterales Abkommen über die kulturelle Zusammenarbeit Österreichs mit der Republik Mazedonien und wurde im Oktober 2010 mit der mazedonischen Kulturministerin unterzeichnet. Sie können mir glauben, gerade weil ich aus dem Bereich Kultur komme und auch schon in der Vergangenheit an zahl­reichen Abkommen, aber auch an Follow-up-Prozessen von Kulturabkommen mitge­wirkt habe, dass mir die Kultur sehr am Herzen liegt und dass Kunst und Kultur aus Österreich auf der ganzen Welt bekannt und geschätzt sind. Unsere Kulturforen leisten bekanntlich hervorragende Arbeit.

Bei den Abkommen ist nicht immer das Volumen so entscheidend, sondern der Prozess. Gerade im Bereich der Kultur ist es wichtig, dass solche Prozesse mit Staaten, die sich wirtschaftlich noch nicht so entwickelt haben, wie wir es im Rahmen der EU gerne hätten, stattfinden.

Für die Durchführung sind übrigens sehr geringe Beträge vorgesehen. Es handelt sich um einige Tausend Euro pro Jahr, aber viele Bereiche werden geregelt und die Koope­ration wird vereinbart. Gerade das ist wichtig an solchen Abkommen.

Ich bitte, auch daran zu denken, dass beim Zustandekommen solcher Abkommen wirklich viele Leute aus beiden Ländern zusammenarbeiten und allein diese Zusam­menarbeit schon sehr wichtig ist für das Zusammenwachsen der Völker, gerade in einem Land, das hoffentlich irgendwann einmal auf gutem Weg in die EU sein wird.

Zusammenfassend: Aus unserer Sicht sind alle drei Abkommen sehr wichtig, für die Wirtschaft in erster Linie, aber auch für die Kultur, und ich ersuche Sie um Zustimmung zu diesen drei Vorlagen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

11.57


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 59

11.57.32

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher vor den Bildschirmen! Wir haben es hier mit drei sehr unterschiedlichen bilate­ralen und unilateralen Abkommen zu tun, denen wir in einzelnen Fällen mit Bauchweh unsere Zustimmung erteilen werden.

Warum mit Bauchweh? – Internationale Abkommen und insbesondere Handelsab­kommen beziehungsweise Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit machen mich immer hellhörig. Für mich stellen sich in erster Linie die Fragen: Wem nützen diese Abkommen? Tragen wir mit der Unterzeichnung von Abkommen mit anderen Ländern dazu bei, dass sich zum Beispiel lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe entwickeln können, dass die Menschen, die sich jetzt ihren Lebensunterhalt mit nicht wünschenswerter Beschäftigung verdienen müssen, eine Alternative bekommen? Wer sind die Unterzeichner dieser Abkommen, und wer sind deren Hintermänner? Wie schauen die tatsächlichen demokratischen Gegebenheiten aus, und wie geht die Regie­rung mit der Pressefreiheit um? – Diese Fragen müssen wir uns immer stellen, auch wenn es sich um Länder handelt, die sich, wie auch in diesen Beispielen, einer westlich-demokratischen Kultur verpflichtet fühlen.

Daher fordern wir eine klare und zentrale Verankerung der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit in allen Abkommen und natürlich auch die Einhaltung der Menschen­rechte. Es ist sicher richtig, organisierte Kriminalität mit Hilfe internationaler Abkommen zu bekämpfen. Zusammenarbeit der staatlichen Sicherheitsorgane über nationale Gren­zen hinweg ist ein Gebot der Stunde. Natürlich müssen wir mafiosen Strukturen Einhalt gebieten. Gleichzeitig halte ich es aber für mindestens so notwendig, auch an der Beseitigung der Ursachen, die zu organisierter Kriminalität führen, zu arbeiten. Und das ist nur dann möglich, wenn wir unter anderem auch in Bildung und Ausbildung investieren. Auch diese Segmente sind als Teil der Wirtschaftspolitik zu verstehen. Das sieht auch die österreichische Wirtschaftskammer so, die genau das mit ganzseitigen Inseraten in den Zeitungen verkünden lässt.

Und was für uns hier in Europa gilt, hat auch für die restliche Welt Gültigkeit. Die Frage, wer konkret von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit profitiert, stellt sich für mich konkret auch in Südafrika, einem äußerst entwicklungsorientierten Land mit steigendem Energiebedarf. Ich meine, die Frage, wie denn die EU-Kooperation mit Südafrika konkret aussieht, ist hier nicht nur berechtigt, sondern auch für die EU und Österreich relevant. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Wie schaut die Energiepolitik in Südafrika denn konkret aus? – Wir haben hier ein Zu­kunftsszenario für 2030. Energie soll zur Hälfte aus Kohle und zu 13 Prozent aus Atomstrom gewonnen werden. Nur ebenso viel Anteil erhalten erneuerbare Energie­träger: nur 14 Prozent, und das im Jahre 2030. Diese Entwicklung ist weder gut für die Menschen in Südafrika, noch nützt sie der globalen Entwicklung im Sinne der Nach­haltigkeit. Und gerade für Österreich, insbesondere für Oberösterreich, das über ein hervor­ragendes Know-how im Bereich der alternativen Energieträger verfügt, ist das kein so tolles Szenario. Deshalb wären die Anpassungen im Energiebereich, die vertraglich im Punkt 4 gestreift werden, noch detaillierter und verbindlicher zu formu­lieren.

Aus all diesen Gründen haben wir „Bauchweh“, wenn wir es nicht schaffen, von den alten, problembelasteten Entwicklungspfaden abzuweichen, um mit einer klima- und umweltschonenden Energiegewinnung neue Wege zu beschreiten.

Erfolgreiche Außenpolitik hat immer viele Standbeine. Die wirtschaftliche Zusam­menarbeit ist nur eine Achse. Andere liegen im kulturellen Sektor, wie es im Falle des


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 60

Abkommens mit der Republik Mazedonien der Fall ist. Hier soll eine Gemischte Kommission über zukünftige Kooperationen zwischen wissenschaftlichen Institutionen eingerichtet werden. Wir unterstützen die vertragliche Basis für zukünftige Möglich­keiten einer Zusammenarbeit mit den Menschen in Mazedonien. Auch da gilt für mich der Grundsatz jedweder politischer Handlung: Wem nützt es? Fixe finanzielle Zusagen für konkrete Projekte liegen noch nicht vor, wir dürfen also gespannt sein. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

12.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.02.26

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem erwei­terten und aktualisierten Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der EU und Südafrika wird dem Wunsch Südafrikas nach verstärkter Kooperation Rechnung getragen. Außerdem kommt eine Klausel zur Abrüstung und Nicht-Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen hinzu. Es enthält Anpassungen im Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungszusam­menarbeit und ergänzt geltende Bestimmungen etwa um die Bekämpfung der organi­sierten Kriminalität, um den Internationalen Strafgerichtshof und die Migration.

Dagegen ist aus freiheitlicher Sicht nichts einzuwenden, wir geben dieser Regierungs­vorlage unsere Zustimmung.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber eine Problematik ansprechen, die offen­sichtlich nach wie vor einer positiven Erledigung harrt, und zwar Visa-Anträge von südafrikanischen Staatsbürgern. Nachdem das österreichische Generalkonsulat im Oktober 2010 geschlossen wurde, existiert nunmehr nur noch eine einzige Stelle, an der man ein Visum für Österreich beantragen kann, und dies in der Botschaft in Pretoria. Damit sind Bewohner aus Natal und der Kapprovinz klar benachteiligt, denn sie müssen für einen erstmaligen Visaantrag für Österreich von Kapstadt zirka 1 500 Kilometer nach Johannesburg fliegen und von dort noch 80 Kilometer nach Pretoria weiterfahren.

Falls eine Familie mit Kindern Visa für Österreich beantragen möchte, müssen alle Familienmitglieder – auch die Kinder –, dorthin reisen, da alle persönlich erscheinen müssen. Zusätzlich müssen die Antragsteller auch noch in Pretoria verweilen, da offensichtlich die österreichische Botschaft die Reisedokumente nicht per Post oder Kurierdienst versendet. So entstehen sehr hohe Kosten für die Ausstellung eines Visums für Österreich, verbunden mit den leidigen Wegen und dem Zeitverlust.

Dies ist der Tourismuswirtschaft alles andere als zuträglich, und es ist äußerst verwun­derlich, dass Italien diesbezüglich offenbar viel flexibler ist und in Durban Visa Inter­national beauftragt hat, Visa-Anträge zu behandeln, Fingerabdrücke zu nehmen, alles dem Konsulat nach Pretoria zu übermitteln und die ausgestellten Visa auch den Kun­den zuzustellen.

Südafrikanische Reiseunternehmen haben auch schon dahin gehend reagiert, dass sie, sollte sich die Situation nicht schnell ändern, ihren Kunden lieber italienische Urlaubsziele statt österreichischer anbieten. Hier ist das Außenministerium gehalten, unverzüglich zu handeln, damit kein Schaden für den österreichischen Tourismus ent­steht.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wir hatten gestern, wie gesagt, leider keine Möglich­keit, diese Fragen direkt im Ausschuss zu behandeln. Ich habe die Frage direkt


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schriftlich weitergeleitet und habe dann auch sofort eine entsprechende Antwort er­halten, die wie folgt lautet:

In Kürze wird aufgrund einer Initiative des Außenministeriums und nach erfolgtem Ausschreibungsverfahren die Visumbeantragung mit Hauptreiseziel Österreich in Südafrika bei externen Dienstleistern in Kapstadt und weiters auch in Durban und Johannesburg möglich sein, was eine zusätzliche Verbesserung der Situation darstellt. Momentan ist die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zum Thema Visa­anträge in Südafrika in Arbeit, in welcher auf dieses Thema weiter eingegangen werden wird. – Zitatende.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass bereits im Oktober 2010 von den FPÖ-Abgeordneten des Nationalrates anlässlich der Schließung des General­konsulats in Kapstadt eine entsprechende Anfrage gestellt wurde, und eine ähnliche Antwort haben wir leider damals schon erhalten. Es ist seit der letzten Beantwortung schon ein bisschen Zeit vergangen, und saisonal gesehen ist es für den Tourismus nicht so einfach, sich vielleicht zwei Saisonen entgehen lassen zu müssen, weil diese Schwierigkeiten bestehen.

Die zweite Regierungsvorlage, nämlich das Rahmenabkommen zwischen der Euro­päischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea anderer­seits, hat im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die Beziehungen zwischen der EU und der Republik Korea haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen und sollen daher mittels eines eigenen Abkommens auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt werden. Das Abkommen behandelt demgemäß die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, regionale und internationale Organisationen, wirtschaftliche Entwicklung, Bil­dung, Kultur, Rechtssicherheit, Tourismus und öffentliche Verwaltung. Damit soll ein umfassender Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und Korea geschaffen werden, und wir stimmen dieser Regierungsvorlage ebenfalls gerne zu.

Die dritte Regierungsvorlage, nämlich das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusam­menarbeit, hat zum Ziel, die kulturelle Zusammenarbeit zu fördern und eine vertragliche Basis dafür zu schaffen. Es regelt nicht nur die Kooperation zwischen wissenschaftlichen Institutionen, sondern auch jene auf dem Gebiet des Bildungs- und Kulturwesens.

Wir werden diesem Abkommen zustimmen, obwohl es aus freiheitlicher Sicht nicht notwendig gewesen wäre, jedoch ist es bereits ausgehandelt – das heißt, die Arbeit ist bereits getan –, also stimmen wir dem zu.

Dieses fünf Seiten umfassende Abkommen ist aber ein eindrückliches Beispiel für die Arbeiten der Verwaltungsstellen der Republik, die man den Bürgern – also dem Steuer­zahler – besser nicht unbedingt zeigen sollte. Denn: Da wurde sehr lange Zeit verhan­delt, Kommissionen sind zusammengetreten, es hat Verhandlungsrunden gegeben, Übersetzungen wurden erstellt, aber wirklich viel Substanzielles ist dabei nicht heraus­gekommen.

Auch dieses Kulturabkommen – wie übrigens auch die meisten anderen – beinhaltet eigentlich nur gegenseitige Absichtserklärungen in Bezug auf Zusammenarbeit, Vernet­zung et cetera, Dinge, die für jeden vernünftigen Menschen ohnehin klar sind. Der einzige hervorzuhebende Punkt in diesem Abkommen ist eventuell der Art. 2f und Art. 3. Der Art. 2f sieht die Entsendung eines im öffentlichen Dienst des Entsen­destaates stehenden Beauftragten für Bildungskooperation an eine offiziell anerkannte Bildungseinrichtung im Empfangsstaat vor, und Art. 3 sieht vor, dass ein auf Grundlage des vorliegenden Abkommens entsandter Beauftragter für seine Tätigkeit, die von der zuständigen Seite genau definiert wird, keiner Beschäftigungsbewilligung bedarf.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 62

Und noch etwas gibt es – Herr Kollege Dönmez hat es bereits angesprochen –: eine Gemischte Kommission. Diese Kommission evaluiert den im Rahmen dieses Abkom­mens verwirklichten Austausch und weitere gemeinsame Aktionen und unterbreitet Empfehlungen und Vorschläge für die zukünftige Zusammenarbeit, einschließlich der Lösungsvorschläge für organisatorische und finanzielle Fragen.

Die Schlussfolgerungen werden dann in Form von Protokollen der Tagungen der Gemischten Kommission angenommen, auf deren Text sich beide Delegationen eini­gen. Der einzige Trost: Diese Kommission tritt nur alle vier Jahre zusammen, es sei denn, ein Mitglied verlangt ein schnelleres Zusammentreten. Trotzdem stimmen wir auch diesem Abkommen zu. (Beifall bei der FPÖ.)

12.09


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbe­reiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Arti­kel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Mai 2011 betreffend ein Abkommen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereichs der Länder regelt, bedarf dieser ebenfalls der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 63

Wir gelangen daher zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu geben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

12.12.495. Punkt

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegen­heiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichischen Entwicklungspolitik 2008–2010 (III-370-BR/2009 d.B. sowie 8508/BR d.B.)

6. Punkt

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegen­heiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichischen Entwicklungspolitik 2009–2011 (III-388-BR/2010 d.B. sowie 8509/BR d.B.)

7. Punkt

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegen­heiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichischen Entwicklungspolitik 2010 bis 2012 (III-435-BR/2011 d.B. sowie 8510/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 5 bis 7 ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Ich bitte um die Berichte.

 


12.13.40

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Auswärtige Ange­le­genheiten über den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichi­schen Entwicklungspolitik 2008–2010 liegt in schriftlicher Form vor. Ich stelle daher sogleich gemäß Ausschussberatung den Antrag, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Auch der Bericht des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten über den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichischen Entwicklungs­poli­tik 2009–2011 liegt schriftlich vor. Ich stelle daher auch da sogleich den Antrag, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Abschließend komme ich zum Bericht des Ausschusses für Auswärtige Angele­gen­heiten über den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Ange­le­genheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der österreichischen


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Entwicklungspolitik 2010 bis 2012. Ich stelle daher auch da sogleich gemäß der Ausschussberatung den Antrag, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.14.57

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich beschäftige mich lieber mit der Gegen­wart und der Zukunft und werde daher meine Begründung unserer Ablehnung am letzten der drei Berichte, nämlich dem Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijah­resprogramms der österreichischen Entwicklungspolitik 2010 bis 2012, festmachen.

Die ersten Sätze des Vorwortes in diesem Bericht haben ja Hoffnung in mir geweckt. Da ist von finanziellen Kürzungen wegen des Sparbudgets die Rede. Beim Weiterlesen wurde ich aber leider enttäuscht: Es soll keine Kürzungen bei den NGOs geben durch Umschichtungen und frei werdende Mittel, die bisher für Osteuropa vorgesehen waren. Es soll einen Vorstoß für eine Stiftungsbesteuerung zugunsten der Entwicklungshilfe geben.

Über diese Steuer kann man ja durchaus diskutieren, aber wenn wir eine solche Steuer einführen, dann bitte für unsere Familien, für unsere Bildung oder etwas dergleichen, aber nicht für die Dritte Welt.

Und das Ziel einer Erhöhung von 0,35 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandseinkommens, eine Verdoppelung also, lehnen wir ohnehin ab. (Präsident Kneifel übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte vielleicht kurz begründen, warum wir gerade auch die Zuwendungen an die Nicht-Regierungsorganisationen so kritisch sehen, und erlauben Sie mir, einen profun­den Kenner und Analytiker der Zustände der Dritten Welt zu zitieren. Peter Scholl-Latour spricht von „Freibeutern pseudohumanitärer NGOs“.

Natürlich gibt es durchaus seriöse Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ oder „Brot für die Welt“, aber, so schreibt Peter Scholl-Latour wörtlich, die Masse dieser Organisationen steht allzu oft im Dienste undurchsichtiger Geschäfte, eines exotischen Reiserummels, einer egoistischen Selbstbestätigung und mehr noch, der humanitär getarnten Spionage. – Zitatende.

Und wie viele Organisationen – staatliche und nichtstaatliche – sich auf diesem Feld der Entwicklungshilfe tummeln, sieht man ja, wenn man das enggeschriebene, drei DIN-A-4-Seiten lange Abkürzungsverzeichnis des Berichtes durchgeht.

Und es ist unbestritten, meine Damen und Herren, dass im Dschungel vieler undurch­sichtiger Organisationen und Projekte die Hilfe häufig nicht bei den Menschen ankommt, die sie wirklich benötigen. Gelder versickern oft, teilweise schon bei den Orga­nisationen, die sie eigentlich verteilen sollten, und der Rest landet häufig bei lokalen Potentaten. Das ist die bittere Realität, meine Damen und Herren!

Aber auch jene Projekte, die auf den ersten Blick vielleicht vernünftig und zielgerichtet erscheinen, bringen häufig nicht den erwünschten Erfolg: Bildungseinrichtungen ver­waisen oder werden nach Abzug der ausländischen Helfer nicht mehr in Anspruch genommen. Landwirtschaftliche Maschinen verrotten und rosten in Ermangelung von Ersatzteilen und Fachkräften vor sich hin.

Und auch vermeintlich ganz wichtige Vorhaben, wie beispielsweise Brunnenbohrun­gen, sind manchmal nicht mehr als Geldvernichtung. Ich habe selbst mit einem Bohr­


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meister gesprochen, der für solch eine Hilfsorganisation in Afrika tätig war, der dort Brunnenbohrungen abgeteuft hat. Leider hat sich die Situation so dargestellt, dass in der Gegend, in der die Bohrungen hätten erfolgen sollen, aufgrund der Wirren und der unsicheren Lage und aufgrund von Rebellenaktivitäten nicht gebohrt werden konnte. Also hat man da, wo man gerade war, völlig sinnlos ein paar Löcher gemacht, wo man das Wasser erstens nicht gefunden hat, und zweitens, wenn man eines gefunden hätte, auch nicht gebraucht hätte, nur, um sozusagen die Gelder zu verbraten, die man zur Verfügung gehabt hat, und den Anschein zu erwecken, Hilfe zu leisten. Das sind Beispiele aus der Praxis. (Bundesrat Mayer: Das ist ja unglaublich!) Ja, das ist un­glaublich, da gebe ich dem Herrn Kollegen Mayer vollkommen recht. Das ist unglaub­lich, jawohl! Freut mich, dass du mir zustimmst.

Aus unserer Sicht müssten folgende wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein:

Erstens: keine Direktzahlungen an korrupte Regime; eine klarere und übersichtliche Struktur bei all den Hilfsorganisationen und Stellen, die sich mit Entwicklungshilfe und der Abwicklung der Projekte beschäftigen; klare Zielvorgaben und Projekte, beispiels­weise auch in Form von Krediten für lokale Unternehmungen, um für genau definierte Projekte – Produktionsbetriebe, Infrastrukturprojekte – Arbeitsplätze und die Entwick­lung von Einkommen zu ermöglichen und sicherzustellen. Außerdem sollte bei Hilfen an Staaten eine vertragliche Verpflichtung eingegangen werden, dass diese Nehmer­länder gegebenenfalls auch ihre Wirtschaftsflüchtlinge, die zu uns kommen, wieder ohne Probleme zurücknehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweitens: Ein ganz wichtiger Punkt wäre auch ein laufendes Monitoring und Evaluieren der Hilfsprojekte hinsichtlich ihrer Effizienz und Wirksamkeit.

Würde man alle diese Punkte beherzigen und wirklich konsequent verfolgen, könnten wir wahrscheinlich die Zahlungen reduzieren und trotzdem mehr damit erreichen.

Es ist eigentlich skurril, als Vorgabe für das Ausmaß einer Hilfe einen fixen Prozentsatz der heimischen Wirtschaftsleistung anzusetzen und zu definieren. Als Vorgabe kann nur die Wirksamkeit herangezogen werden: Wie vielen Menschen kann in welchem Umfang geholfen werden?

Ein weiterer wesentlicher Punkt: Keine Hilfe unter dubiosen Vorzeichen, die in Wirklich­keit den Interessen von ganz anderen Staaten oder Unternehmen dient! Welche Blüten diese humanitäre Hilfe treiben kann, sieht man auch am Beispiel Libyens: Da wird unter dem Deckmantel des Schutzes der Bevölkerung vor einem Diktator ein ganzes Land in Grund und Boden gebombt. Bei aller Kritik: Immerhin handelt es sich da um das Land mit dem höchsten Lebensstandard Afrikas, mit der besten Infrastruktur und der besten Gesundheitsversorgung. Würde man diese Maßstäbe der Demokratisierung überall anlegen, dann müsste die NATO in fast ganz Afrika und in halb Asien Krieg führen!

Entwicklungshilfe und Entwicklungspolitik dürfen sich nicht zum Handlanger mächtiger Konzerne machen und nicht Staaten mit Interessen unterstützen, die überhaupt nichts mit der Entwicklung ihrer eigenen Bevölkerung, mit dem Wohlergehen in ihrem Land zu tun haben. Entwicklungshilfe muss dort die Lebensqualität der Menschen verbessern!

Dieses Ziel scheint mir mit diesen Berichten und mit der gegenwärtigen Entwicklungs­politik nicht im erwünschten Umfang erreichbar zu sein. Deshalb werden wir diese nicht positiv zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.23


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Vize­präsident Mag. Himmer. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 66

12.23.39

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Debatte um die Entwicklungszusam­menarbeit hat ja immer ein paar positionsmäßige Fixstarter. Ein Fixstarter ist der, den wir gerade gehört haben; da sagt man: Okay, im Grunde wäre es wohl besser, wir machen etwas für die Österreicher, als wir geben das Geld für andere Länder her.

Auf der extrem linken Seite ist dann ein Fixstarter, den wir in der Debatte haben, auch das, was wir vor einigen Wochen oder Monaten erlebt haben: dass Geld in tote Kinder übersetzt wird und vor dem Parlament eine Reihe von Kreuzen hingestellt wird, um zu zeigen, was man mit Beschlüssen alles verursachen kann, wenn man bei der Entwick­lungszusammenarbeit weniger Geld ausgibt.

Was gibt es dazwischen für eine Realität? – Ich denke, wenn man sich die Berichte anschaut, dann sieht man, dass wir in den letzten Jahren etwa 0,3 bis 0,5 Prozent – ich glaube, das war 2007 – unserer Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben haben. Was heißt das in Zahlen? – In absoluten Zahlen heißt das, dass wir schon einmal ungefähr 1,3 Milliarden € ausgegeben haben, dass wir heuer bei, glaube ich, ungefähr 926 Millionen liegen und dass es in den nächsten Jahren wieder über 1 Milliarde € sein wird, die wir für Entwicklungszusammenarbeit ausgeben.

Da gebe ich dem Kollegen Krusche schon recht: Das Geld allein ist nicht die einzige Maßzahl. Das ist vollkommen richtig. Aber wir sollten ein bisschen auch einen Blick darauf werfen, in welcher Welt wir leben und wie da ungefähr die Verhältnisse sind.

Die Präsidentschaft des Präsidenten Kneifel hat es mit sich gebracht, dass eine Delegation von sudanesischen Parlamentariern und auch Regierungsmitgliedern hier in Österreich war. Es gab auch eine Gegeneinladung, bei der ich vergangene Woche dabei war. Ich war zwei Tage in Khartum und bin dort mit Regierungsmitgliedern und Parlamentariern zusammengekommen.

Der Sudan ist ein Land, in dem – in Nord- und Süd-Sudan zusammen – ungefähr 40 Millionen Menschen wohnen, das Bruttoinlandsprodukt beträgt ungefähr 50 Milliar­den Dollar. Wir in Österreich haben ungefähr 300 Milliarden €, also – jetzt lassen wir einmal die Details der Umrechnung von Euro in Dollar weg – sagen wir kurzum, das Sechsfache der Wirtschaftsleistung, und das mit 8,4 Millionen Einwohnern, wohin­gegen es dort ungefähr 40 Millionen sind.

Nun wird dieses Land in Nord- und Süd-Sudan getrennt, es bleiben ungefähr 30 Mil­lionen im Norden und 10 Millionen im Süden. Dort führen sie Debatten darüber, dass sie jetzt bei der öffentlichen Verwaltung ungefähr 20 Prozent der Kosten sparen müs­sen. Dafür sind sie recht zuversichtlich, sie haben schon einen Plan gemacht und so weiter.

Wenn man bedenkt, dass wir auf dem Level, auf dem wir sind, 3 Prozent nicht finden – um ungefähr die Dimension anzusprechen, über die wir hier in beiden Häusern des Parlamentes so viel diskutieren –, dass wir eigentlich immer mehr ausgeben, als wir haben, und dass es unwahrscheinlich schwierig ist, dass wir, wenn wir hundert einnehmen, auch hundert ausgeben – das stellt sich bei denen in solchen Dimen­sionen dar!

Was mich auch noch nachdenklich gemacht hat – um diese Relation herzustellen –: Der Sudan ist natürlich nicht das einzige Land in Afrika, und es gibt dort zum Beispiel Bauprojekte. Da bin ich Augenzeuge einer Debatte geworden, in der sie gesagt haben: Eigentlich ist es ja das Problem, dass, wenn jetzt in Khartum gebaut wird, dann nicht unsere hochqualifizierten Arbeiter aus Khartum diese Brücken bauen, sondern dass billige Äthiopier und Ägypter kommen und diese Brücken bauen.


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Das muss man vor folgendem Hintergrund sehen – auch wieder, um die Dimensionen zurechtzurücken –: Ein Land wie der Sudan hat ein Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von ungefähr 1 200 Dollar im Jahr; das sind die Teuren aus Khartum. Wenn man nach Äthiopien schaut: Dort liegt das Bruttoinlandsprodukt bei 390 Dollar pro Jahr. Des­wegen sind das tatsächlich billige Äthiopier, im Vergleich zu den teuren Sudanesen!

Das sind also ähnliche Diskussionen, wie wir sie hier in Europa haben, nur eben in einer etwas unterschiedlichen Spielklasse der Problemstellungen. Daher denke ich, dass es uns in der entwickelten Welt, in der wir sind, und Österreich als einer sehr entwickelten Demokratie, als einem europäischen Land gut ansteht, unsere Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit zu leisten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es gibt viele Schwerpunkte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und der österreichischen Entwicklungshilfe, und der allerwesentlichste Schwerpunkt wird natür­lich immer die Armutsbekämpfung sein. Da ich bei Zahlen war, möchte ich an dieser Stelle schon auch erwähnen – weil ich denke, das sollten wir Politiker alle wissen –, dass es ungefähr eine Milliarde Menschen auf dieser Welt gibt, die mit weniger als 1 Dollar am Tag auskommen müssen. Das heißt jetzt nicht, dass Kollege Krusche dafür verantwortlich ist, dieses Thema zu lösen, und es ist kein Vorwurf, wenn ich diese Zahlen bringe, sondern ich meine einfach nur, dass man als europäischer Politiker dies als Parameter beachten soll, dass man wissen soll, dass das eine Tat­sache ist auf dem Globus, auf dem wir leben.

Armut bedeutet eben nicht nur, dass man nicht dabei ist, dass Menschen nicht politisch mitbestimmen können, sondern da befinden wir uns auf einem Niveau, auf dem man sich nicht um die eigene Selbstbestimmung kümmern kann, auf dem man Gewalt ausgeliefert ist und keinen Zugang zur Gesundheit hat. Das ist eigentlich wirkliche Armut! Aber nicht, wenn wir in Österreich, wenn wir eine Reform machen, darüber diskutieren, dass bei den Pensionisten jetzt 17 € weniger auf dem Gehaltszettel stehen und dann die große Protestbewegung kommt. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Da muss man sozusagen schon die Relationen betrachten.

Es ist eine Selbstverständlichkeit in der österreichischen Entwicklungszusam­menar­beit – das ist von Kollegen Krusche als Tipp gebracht worden, aber ich glaube, das wissen diejenigen, die sich in dem Bereich engagieren –, dass es darum geht, dass man Hilfe zur Selbsthilfe leistet, und dass es darum geht, dass die Menschen in den entsprechenden Gebieten sich selbst helfen können, indem sie beispielsweise in der Lage sind, ihre landwirtschaftlichen Flächen zu bewirtschaften, indem sie beispiels­weise in der Lage sind, das Thema, Wasser für ihre Region zu haben, selbst in die Hand zu nehmen.

Es ist hier ein schlechtes Beispiel, oder ich nenne es nicht so, sondern ich sage, es ist ein negatives Beispiel gebracht worden: von einer Brunnenbohrung, die daneben­gegangen ist. Gleichzeitig ist aber bekannt, dass Österreich gerade im Bereich der Wasserwirtschaft hohe Expertise hat, und es ist in dem Bereich auch schon oft gelun­gen, Menschen zu helfen.

Gerade bei der Wasserversorgung geht es um dieses Know-how, das wir transferieren können, das ist zum Beispiel auch klassisch etwas, wo es nicht nur um Geld geht. Aber weil wir auch wissen, dass es um die Entwicklung in diesen Regionen geht, ist gerade das Wasser ein gutes Beispiel, weil überall dort, wo Wasser nicht so leicht verfügbar ist, die Kinder losgeschickt werden, um Wasser zu holen. Sie gehen zum Beispiel nicht in die Schule, sondern sie gehen Wasser holen.

Das heißt, hier geht es schon um Themen, über die man als Humanist, glaube ich, nicht so flapsig hinweggehen kann, dass man sich nur daran erfreut, dass ein Projekt, in dessen Rahmen einmal ein Brunnen gebohrt worden ist, nicht funktioniert hat, oder


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dass Geld, das man für etwas veranschlagt hat, nicht im vollen Umfang denen zugutegekommen ist, für die es bestimmt war. Ich möchte Ihnen zu hundert Prozent darin recht geben, dass es in jedem Fall zu kritisieren ist, wenn das nicht stattfindet. Aber ich möchte Sie einladen, die Welt zu betrachten, in der wir leben, und zu schauen, was wir mit unserem eigenen Geld machen.

Jetzt nehme ich nur die Kritik her, die Sie an unserer Regierung üben und die auch in jedem Parlament an jeder Regierung, in jeder Kommune an jeder Kommune und in jedem Unternehmen an jeder Geschäftsführung geübt wird: Da haben Sie überall Projekte, die besser funktionieren, die schlechter funktionieren und bei denen Effizienz­steigerungen drinnen sind. Daraus abzuleiten, dass man, weil Projekte neben schlecht mitunter auch ganz schlecht sind, als entwickelte Welt den Menschen in Afrika, in Asien oder sonst wo am besten erst gar nicht hilft, ist ein sehr billiger Versuch, sich hier der Verantwortung zu entziehen, auch ein Erdenbürger dieses Planeten zu sein. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich gebe allen recht, die darauf hinweisen, dass es nicht nur ums Geld geht, dass die Friedenssicherung und die Konfliktprävention ganz, ganz wesentliche Bestandteile sind, damit sich Regionen entwickeln können. Ich glaube, das haben gerade die Menschen in Afrika über die letzten Jahrzehnte bitter mitbekommen.

Ich habe auch aus dem Sudan das Gefühl mitbekommen, dass die Menschen dieser jahrzehntelangen Bürgerkriege wirklich müde sind und dass ihnen auch bewusst ist, dass es ihnen nicht gelingen wird, ausländische Investoren zu bekommen, ihre wich­tigen Infrastrukturprojekte auf die Reihe zu bekommen und die Wirtschaft dort wachsen zu lassen, wenn sie nicht selbst durch das Vermeiden dieser Konflikte, durch das Beenden dieser Auseinandersetzungen, durch ein friedlicheres Zusammenleben, durch das Etablieren von parlamentarischen oder demokratischen Strukturen die Voraus­setzung dafür schaffen, dass eine nachhaltige Entwicklung in diesen Regionen möglich ist.

Meine Damen und Herren! Es ist sicher so, dass man jetzt noch viele Punkte bringen könnte, die bei der Entwicklungszusammenarbeit wichtig sind. Ich möchte aber zu einem Ende kommen und vielleicht noch darauf hinweisen, dass natürlich klar ist, dass auch Bildung ein sehr wichtiges Thema ist, gar keine Frage, aber eben auch – weil wir alle Parlamentarier sind –, dass es dort Parlamente gibt, dass in den Entwicklungs­ländern die Demokratie einkehrt. Weil die Demokratie und der Parlamentarismus die Voraussetzungen dafür sind – auch wenn wir da viele unfruchtbare Diskussionen haben, aber summa summarum ist der Parlamentarismus doch eine fruchtbare Einrichtung –, ist das etwas, was wir auch in diese Länder exportieren können.

Es ist nicht immer alles in Geld zu bewerten, gar keine Frage, aber mitunter ist Geld auch ein wichtiger Faktor, um die Dimensionen abzustecken, in denen man helfen kann. Insofern ist, denke ich, die Wichtigkeit der Entwicklungszusammenarbeit für jeden Politiker, der auch einen gewissen Mindestanspruch an den Humanismus hat, eine Selbstverständlichkeit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

12.38


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile es ihr.

 


12.38.44

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Himmer, du hast sinngemäß gemeint, wir sollen da nicht so tun, als ob wir es uns nicht leisten könnten, anderen Ländern zu helfen. Dazu möchte ich vorausschicken, dass du offen­


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sichtlich nicht genau zugehört hast (Bundesrat Mag. Himmer: Ich würde meine Zitate gern selber wählen!), denn mein Kollege Krusche hat keineswegs gesagt, man soll ihnen nicht helfen! Er hat gemeint – und das hat er auch wörtlich gesagt –, dass man die Entwicklungshilfe anders strukturieren muss, anders lenken muss, damit sie bei der Bevölkerung ankommt, die es auch braucht. – Dagegen wirst du ja hoffentlich nichts haben! (Bundesrat Gruber: Nein, nein! Frau Kollegin Mühlwerth, das habe ich anders verstanden!)

Das hat Kollege Krusche gesagt! (Bundesrat Gruber: Nein, er hat gesagt, man sollte die Österreicher unterstützen! – Weitere Zwischenrufe.) Nein, er hat zum Schluss seiner Ausführungen gesagt ... (Bundesrat Gruber: Ich habe es anders gehört!) Ihr könnt es nachlesen. Entweder passt ihr nicht auf (Bundesrat Mag. Klug: Er hat es anders gesagt! – Bundesrat Gruber: ... genau aufgepasst!), hört nicht genügend zu oder, noch schlimmer, ihr versteht es nicht (Bundesrat Gruber: Sie versuchen jetzt ...!) – was ich nach diesem Zwischenruf langsam glaube! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Gruber: Sie versuchen, das zu beschönigen!)

Lieber Kollege Himmer! Zum Zweiten möchte ich darauf hinweisen (Zwischenruf des Bundesrates Gruber), dass du vergessen hast, zu erwähnen, dass Österreich eine Staatsschuldenquote von über 70 Prozent hat und wir nicht wissen – die Regierung weiß es offensichtlich nicht –, wie wir diese Schulden abtragen sollen. Sie werden nicht sinken. Sie werden wahrscheinlich steigen, nämlich dann, wenn die ausgelagerten Schulden – zum Beispiel der ÖBB – mit eingerechnet werden müssen, weil Brüssel es vorgibt. (Bundesrat Gruber: Oder die Hypo Alpe-Adria!)

Du hast weiters vergessen, zu erwähnen, dass auch in Österreich eine Million Men­schen an der Armutsgrenze leben. Da sind auch Kinder dabei, da sind Eltern dabei, die ihren Kindern – zum Beispiel – keine neuen Sachen mehr kaufen können, wenn die alten kaputt sind. (Bundesrat Mayer: ... zynisch!) – Zynisch ist es, so zu tun, als ob es das alles bei uns nicht gäbe. Das ist zynisch. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Mayer! Zynisch ist auch Folgendes: Kollege Himmer hat einen guten Job und verdient sicher auch gut. Das soll kein Vorwurf sein, ich gönne es ihm. Aber du weißt offensichtlich nicht, wie es ist, wenn jemand eine Pension an der Mindest­grenze bekommt und dann plötzlich 17 € weniger auf seinem Pensionszettel hat (Zwischenruf bei der SPÖ) – was bei einer Pensionsreform schon vorgekommen ist. 17 € sind für diese Personen wirklich nicht nichts. Das nenne ich zynisch, sich her­zustellen und zu sagen, dass 17 € weniger auf dem Pensionszettel nicht das große Drama sein werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Posch-Gruska. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Passt bitte auf, was ihr tut!

Es ist legitim, sich die Entwicklungshilfe anzuschauen. Es gibt sie, seit 50 Jahren sind 2 000 Milliarden an Entwicklungshilfe in die Länder geflossen. Eines der Argumente, das auch von der linken Seite gerne kommt, war immer, die Kolonialisierung sei an der Lage – vor allem der afrikanischen Länder – schuld. Europa hat ein schlechtes Gewis­sen, an das ja auch laufend appelliert wird. Die Gutmenschen wollen sich sowie­so immer ein bisschen freikaufen, und viele sind auch froh, dass sie das tun können, aber die Frage ist – und mein Kollege Krusche hat sie völlig zu Recht gestellt –, ob die Hilfe auch dort ankommt, wo sie ankommen soll. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Da sagen wir Ihnen – und ich wiederhole, was mein Kollege gesagt hat (Zwischenruf bei der SPÖ) –, dass das nicht den gewünschten Erfolg hat, nämlich soziale Sicherheit, Wohlstand und Bildung in jene Länder zu bringen. (Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.) All das hat nicht funktioniert, ganz im Gegenteil: Es gibt viele Experten, die der


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Meinung sind, dass die Entwicklungshilfe die Kriege – vor allem in Afrika – finanziert. Darüber sind sich die Experten einig. (Bundesrat Gruber: Also, das ist eine Behaup­tung ...! – Zwischenruf bei der ÖVP.)  Nein.

Ich darf hier Linda Polman zitieren (Bundesrat Gruber: Wer solche Behauptungen in den Raum stellt ...! – Bundesrat Krusche: Hör zu, sonst verstehst du es nicht! – Bundesrat Gruber: Ich will es eh nicht verstehen!), die ein Buch geschrieben hat und eine Kennerin der Lage in diesen Ländern ist. Mein Kollege hat auf die NGOs und auf die Hilfsorganisationen hingewiesen: In einem Interview, in dem Polman sagt, dass es Missbrauch gebe, antwortet sie auf die Frage, wie der Missbrauch eigentlich ausschaue: „Exakt so, wie ich es in Sierra Leone 1999 zum ersten Mal bewusst verfolgt habe. Es war eine wahrhaft dunkle Zeit, ohne Benzin für die Generatoren und Batterien für die Radios.“ – Also es war dort auch darüber hinaus schlecht.

„Mehr als 200 internationale Hilfsorganisationen kamen in die Hauptstadt Freetown“, sagt sie. Dann fragt der Interviewer, was daran so schlecht war, und sie sagt: „Zuerst dachte ich, dass die Menschen gerettet sind. Aber das stimmte nicht. Ich lebte bereits seit einigen Jahren dort und kannte diejenigen, die mit schuld an dem Krieg waren. Und die hatten plötzlich Zugang zu den Geldern der Hilfsorganisationen. Die Business-Elite, die Teil des Systems war, machte Geschäfte mit den Organisationen, versorgte sie und sorgte dafür, dass die Rebellen und nicht die Opfer des Krieges bevorzugt wurden. Später, in Liberia, Somalia, Kongo und Afghanistan habe ich die gleichen Mechanismen vorgefunden“, sagt sie weiter.

Also diese Dame lügt nach Ihrer Diktion offensichtlich auch. (Bundesrat Gruber: Nein, aber sie ist 150 Jahre alt geworden, sonst hätte sie das alles nicht erleben können!) Die Uno Monitoring Group hat im März festgestellt, „dass die Hälfte der Nahrungs­mittelhilfe des Welternährungsprogramms in den Taschen der Warlords“ – also der Kriegstreiber –, „ihrer Geschäftspartner sowie lokaler Mitarbeiter landete.“ In Zahlen sind „mehr als 200 Millionen Dollar“ verschwunden. Das geht so weiter, also ich könnte die Dame jetzt wirklich seitenweise zitieren.

Das halte ich schon für ein Problem. Eine zweite Dame, die aus Sambia stammende Ökonomin Dambisa Moyo, schreibt in ihrem Buch „Dead Aid“ (Zwischenruf bei der SPÖ): „Niemand wird bestraft, wenn er nicht innovativ ist“, denn die Hilfsgelder fließen trotzdem. Es geht ja darum, dass diese Staaten auch von sich aus etwas tun. Sie kritisiert das sehr stark und sagt, „niemand wird belohnt, wenn er sich anstrengt.“ (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

„In den Köpfen der afrikanischen Regierungen“, wird sie wörtlich zitiert, ist es „mittler­weile fest verankert, dass die Hilfen dauerhaft fließen. In Zimbabwe zahlen die Leute seit langem keine Steuern mehr“ – 80 Prozent Arbeitslosigkeit, ist ja kein Wunder –, „aber Mugabe ist immer noch an der“ Macht, weil es „Entwicklungshilfe gibt.“

Ein anderes Beispiel: Kenia. Anfang des Jahres 2009 wurde im Osten von Nairobi eine Schule eröffnet. Für 260 Schüler wurde dort ein Gymnasium gebaut. Ein Jahr nach der Eröffnung lag das Gebäude zur Hälfte in Trümmern. Leute von dort haben es einfach niedergerissen. Es gab wohl ein paar Verhaftungen, aber weiter ist dann nichts geschehen. Das Verfahren hat sich hingezogen. Ein Jahr später wurde dann der Rest des Gebäudes zerstört. Zuerst wurden die Verhafteten wieder auf freien Fuß gesetzt, dann gab es endlich einen Prozess, bei dem aber auch nicht wirklich etwas geschehen ist.

Der „Spiegel“ schreibt in einem Bericht, dass an den Überfällen auch die Stadt­ver­waltung beteiligt und ein Distriktchef involviert war. Der „Spiegel“ schreibt weiter, dass es dort eine gängige Praxis sei, die Eigentumsverhältnisse neu zu ordnen, indem man


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einfach Gebäude kaputt macht, vor allem dann, wenn der Wert des Grundstücks zu steigen beginnt.

Das Grundstück erfuhr eine Wertsteigerung, weil die Schule in der Nähe eines Flughafens gebaut worden ist. Der „Spiegel“ schreibt über diese Methode, die in Kenia weit verbreitet ist: „Der üppige Landbesitz“ der „Politiker im Land ist kein Zufall – und längst nicht immer im Rahmen der Gesetze erworben.“ Daher bin ich voll bei meinem Kollegen Krusche, der sagt, die Entwicklungshilfe müsse neu überdacht werden. Sie muss neu strukturiert werden, und sie muss so gelenkt werden, dass sie auch tatsächlich bei jenen ankommt, die sie wirklich brauchen, und nicht so, dass die Opfer der ethnischen Kriege, der ethnischen Säuberungen am Ende durch die Finger schauen, weil die, die den Krieg angezettelt oder weitergeführt haben, sich die Taschen vollstopfen.

Das hat mein Kollege gesagt, das sagen wir. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Daher sind wir auch gegen eine Erhöhung der Entwicklungshilfe. Wir halten es für zielführender, zuerst einmal zu schauen, dass die Entwicklungshilfe in geordnete Bahnen gelenkt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

12.48


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Waldner. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.48.27

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ich habe nach den ersten Wochen im Außenministerium und nach vielen Terminen – auch im Ausland, etwa auch beim letzten EZA-Ministerrat in Brüssel – schon gemerkt, wie wichtig, heikel und sensibel das Thema der Entwicklungszu­sam­menarbeit ist, und ich habe für mich persönlich beschlossen, dass es in der nächsten Zeit in meiner Funktion ein persönliches Anliegen sein wird.

Ich habe auch vor, in den nächsten Wochen und Monaten mit den Akteuren – vor allem mit den NGOs und den anderen Institutionen, natürlich auch mit den entwicklungs­politischen Sprechern aus National- und Bundesrat – Gespräche zu beginnen und ausführlich über den zukünftigen Weg der österreichischen Entwicklungspolitik zu dis­ku­tieren. Ich habe die ersten Gespräche mit einzelnen Akteuren – natürlich begin­nend bei uns im Außenministerium, aber auch schon mit Vertretern von Nichtregie­rungs­organisationen – bereits geführt.

Ich bin beeindruckt, wie viele und wie unglaublich engagierte NGOs es in diesem Bereich gibt – gerade auch im kirchlichen Umfeld –, denen ich von dieser Stelle für ihre meist ehrenamtliche Arbeit sehr herzlich danken möchte. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Mir ist auch bewusst, dass gerade diese Menschen, die so engagiert sind, uns in der Bundesregierung regelmäßig daran erinnern, dass wir uns gewisse Ziele gesetzt haben – nämlich unter anderem die berühmten Millenniumsziele –, uns an die Er­reichung dieser Ziele, auch in der Entwicklungszusammenarbeit, erinnern und mehr Kohärenz und vor allem auch mehr Mittel in diesem Bereich einfordern.

Genau dieser Forderung nach mehr Kohärenz der einzelnen ODA-Leister – also jener Institutionen, die sehr viel zur Entwicklungszusammenarbeit beitragen – kommen wir mit der Erstellung der Dreijahresprogramme, die Sie heute zu diskutieren haben, nach. In der Fortschreibung des Dreijahresprogramms 2008 bis 2010 wird die damals neu gegründete Oesterreichische Entwicklungsbank vorgestellt.


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Das Dreijahresprogramm 2009 bis 2011 geht auf die Entwicklungszusammenarbeit der Bundesländer ein. Weiters wird in diesem Programm die österreichische Strategie für die Arbeit in den internationalen Finanzinstitutionen dargestellt. Das Dreijahrespro­gramm 2010 bis 2012 geht schließlich besonders auf die Schnittstellen Sicherheit und Entwicklung, Umwelt und Entwicklung sowie Wirtschaft und Entwicklung ein und gibt im Anhang das Arbeitsprogramm der Oesterreichischen Entwicklungsbank wieder.

Die Prioritäten der Bundesregierung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sind unverändert. Herr Vizepräsident Himmer hat als Erstes die Bekämpfung der Armut erwähnt und am Beispiel Sudan und Äthiopien auch eindrücklich geschildert, wie groß und wie wichtig dieses Anliegen sein muss. Es geht aber auch um die Sicherung des Friedens und der menschlichen Sicherheit. Und es geht um die Erhaltung der Umwelt und den Schutz natürlicher Ressourcen.

Inhaltlich setzen wir in der Regierung auf folgende Schwerpunkte: Wasser- und Siedlungshygiene und erneuerbare Energie. In diesen beiden Themenkreisen hat Österreich international anerkannte Expertise. Auch hier stehe ich unter dem Eindruck meines ersten Auftritts beim EZA-Ministerrat in Brüssel vor zwei Wochen, und wir haben vor – und ich habe das dort auch schon gesagt –, dass wir als Österreicher uns der Verbindung – also dem Nexus – zwischen Wasser, Hygiene, Siedlungshygiene und Ernährungssicherheit in Zukunft besonders widmen wollen.

Wir haben in diesem Bereich eine Initiative im Rahmen der EU geplant. Es wird in Kürze eine Konferenz in Wien geben, und wir planen auch Workshops und andere Veranstaltungen, um dazu beizutragen, dass nicht unbedingt zusätzliche Budgets dafür allokiert werden müssen. Wir wissen alle, wie schwer das ist, aber allein durch Synergien und Neustrukturierungen in diesem Bereich ist es möglich, vielen Millionen Menschen zusätzlich Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen. Diese beiden Schwerpunkte – Wasser- und Siedlungshygiene, erneuerbare Energie – sind sehr wichtig.

Es geht aber auch um Privatsektorenentwicklung, Bildung, Rechtsstaatlichkeit, Men­schen­rechte und Friedenssicherung. Einen sehr hohen Stellenwert haben für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit – wie schon erwähnt – natürlich die Zivilgesellschaft und die Nichtregierungsorganisationen. Fast 30 Prozent der Mittel der ADA werden über sie – nach der ersten Sichtung und dem Studium der Unterlagen möchte ich sagen: großteils sehr effizient und sehr professionell – umgesetzt. Dazu gehört natürlich auch die Kofinanzierung von Projekten der EU.

Wir werden uns in Zukunft in unserem Engagement auf einige Länder fokussieren. Die Schwerpunkte der bilateralen EZA Österreichs werden in Afrika und in Südost- und Osteuropa liegen. In Afrika werden Burkina Faso, Äthiopien, Uganda und Mozambique weiter unverminderte Partner unserer EZA sein, und in Südost- und Osteuropa werden wir uns weiterhin im Kosovo und in der Republik Moldau engagieren.

Die politische Grundsatzentscheidung, dass auch Georgien und Armenien Schwer­punktländer der EZA werden, wurde im Dreijahresprogramm 2010 bis 2012 bereits ver­an­kert. Das Engagement in Asien konzentriert sich auf das Schwerpunktland Bhutan. Die palästinensischen Gebiete haben aber ebenso eine außen- und entwicklungspo­litische Priorität.

Eine Reihe von Partnerländern hat erfreulicherweise ein Entwicklungsniveau erreicht, das eine Umorientierung in der Zusammenarbeit notwendig macht und eine auf Grants – also nicht rückzahlbaren Förderungen – fußende Entwicklungszusam­menar­beit nicht mehr angemessen erscheinen lässt. Nach jahrzehntelangem Engagement in der bilateralen technischen Hilfe werden hier nun andere Formen genutzt werden, zum Beispiel Wirtschaftspartnerschaften oder Soft loans. In diesem Fall sind Phasing-out-


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Strategien im Gange, die über mehrere Jahre laufen und einen reibungslosen Über­gang zu anderen Formen der Kooperation ermöglichen sollen.

Unser Ressort ist bemüht, gemeinsam mit den anderen EZA-Akteuren auf verstärkte Synergien und Kooperationen bis hin zur gemeinsamen Planung hinzuarbeiten. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit entlang des Strategischen Leitfadens Umwelt und Entwicklung gibt es zum Beispiel mit dem Lebensministerium. Ein Leitfaden Sicherheit und Entwicklung wurde in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium unter Einbindung der Zivilgesellschaft bereits erarbeitet.

So versuchen wir mit – zugegebenermaßen – sehr begrenzten Mitteln, Österreich doch als Partner und als Land zu positionieren, das vor allem modernes Know-how in die Partnerländer der Entwicklungszusammenarbeit transferiert. Leider kann und darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die dringend notwendige Budgetkon­solidie­rung auch unvermeidbare Konsequenzen für das Entwicklungszusammen­arbeits­bud­get hatte und hat.

Der im Jahr 2011 beschlossene Budgetrahmen bis zum Jahr 2014 hat bekanntlich allen Ressorts Kürzungen auferlegt, auch dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, und damit auch die Möglichkeiten der gestaltbaren Entwicklungszusammenarbeit eingeschränkt.

Bundesminister Spindelegger hat aber bei den heurigen Budgetverhandlungen sicher­ge­stellt, dass das Außenministerium als einziges Ressort mit dem Beschluss des Bun­desfinanzrahmens 2012 bis 2015 von weiteren Kürzungen, die über die Einsparungs­erfordernisse des Jahres 2010 hinausgehen, verschont geblieben ist. Damit stehen der OEZA ab dem Jahr 2015 erstmals wieder zusätzliche Mittel zur Verfügung.

Meine Damen und Herren! Ich darf abschließend auch im Namen von Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger versichern, dass wir aktiv an einer Stärkung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit arbeiten und dies auch in Hinkunft gemeinsam mit dem Parlament – insbesondere auch mit dem Bundesrat – machen werden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

12.57


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.57.21

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Ich bin nicht der Vizepräsident des Bundesrates, deshalb brauche ich auch nicht die „vizepräsidentische“ Höflichkeit zu zeigen. Herr Krusche, ich habe selten so eine skandalöse, unerträgliche Rede in diesem Haus gehört wie Ihre! (Anhaltender Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Selbst auf die Gefahr hin, dass der Herr Vizepräsident mir jetzt einen Ordnungsruf erteilt, sage ich Ihnen ganz direkt ins Gesicht: Das war geistiger Müll – aus Ihrer Sozi­a­lisation oder aus der Schublade eines Herrn Nimmerrichter, der in einer seiner Kolumnen einmal schrieb, das Problem der UNO bestehe nur darin, dass die Afri ... – die Neger hat er natürlich geschrieben –, denen man unter Narkose Schuhe anziehen müsste, in der UNO dasselbe Stimmrecht haben wie wir edlen Österreicher. Aus dieser Kiste kam der Inhalt Ihrer Rede.

Herr Krusche, ein Blinder kann Ihnen besser die Farben beschreiben, als Sie irgendein kleines Quantum an entwicklungspolitischer Zusammenarbeit überhaupt je erfasst haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.– Nein, entschuldigen Sie, Frau Mühlwerth! Ihnen war das doch auch zu viel, obwohl Sie nach dem ersten Schock


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nichts anderes getan haben (Bundesrätin Mühlwerth: Was?) als das, was die FPÖ immer macht: am Watschenbaum der Neidgesellschaft Österreich zu rütteln. – Die einen kriegen das nicht, weil wir das dorthin schieben. – Das ist ein altes Spiel, aber es geht nicht auf. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Das geht nicht auf, und die Österreicher und Österreicherinnen beweisen Ihnen jähr­lich, dass dieses Spiel nicht aufgeht, denn jährlich wird zum Beispiel das Spenden­ergebnis der Dreikönigsaktion, das fast ausschließlich in die Entwicklungszusam­men­arbeit geht, getoppt. Sie pfeifen drauf, was die FPÖ sagt. Sie sehen ihre Verantwortung für eine internationale Solidarität (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), und dass es eine Welt nicht ohne die andere gibt, dass wir hier nicht in einem Staat leben, in dem wir eine Zwergenrepublik nach freiheitlichem Muster errichten – viele Wände, viel Stacheldraht um uns – und von der Welt nichts mitbekommen. (Bundes­rätin Mühlwerth: Das ist völliger Unfug! Was redest du da? Das stimmt ja alles nicht!)

Das ist Ihre Vorstellung (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist eine Unterstellung!), und das haben Sie, aber auch der Herr Krusche hier deutlich gemacht. (Bundesrätin Mühlwerth: Weder ich noch der Herr Krusche hat das gesagt!)

Wissen Sie eigentlich, was das für eine Beleidigung ist? Ich sehe da hinten zufällig – entschuldige, dass ich den Namen erwähne – einen Toni Mair, Entwicklungshelfer in Papua-Neuguinea, in Nicaragua, ich weiß nicht, wo auch immer. Wissen Sie überhaupt, was diese Leute leisten? – Und ausgerechnet Sie sagen das heute, 2011! 2011 – 50 Jahre österreichische personelle Entwicklungszusammenarbeit! Vor genau 50 Jahren sind eine Frau und drei Männer ausgereist. Das war übrigens noch so bedeutend, dass es am Südbahnhof eine Sendungsfeier gegeben hat. Sie wurden sogar von Papst Johannes XXIII. empfangen. Und dann sind die ersten vier Öster­reicher, eine Frau und drei Männer, ausgereist; nach Tansania übrigens. Und über 2 500 Österreicherinnen und Österreicher sind ihnen in diesen 50 Jahren gefolgt, in über 80 Staaten.

Weil ich heute hier so obskure Geschichten gehört habe, habe ich mir gerade die letzten drei Leute herausgesucht, die aus der Österreichischen Entwicklungs­zusam­menarbeit zurückgekehrt sind – es ist vielleicht gar nicht so schlecht, dass man die Namen von Personen auch in ein Stenographisches Protokoll aufnimmt –: Aus dem Burgenland: Anja Fischer, eine arrivierte Unternehmensberaterin. Sie war in Papua-Neuguinea und hat dort als arrivierte Unternehmensberaterin ein NGO-Netzwerk aufgebaut und unterstützt. Sie ist gerade zurückgekommen. – Stefan Bock aus Niederösterreich, ein Spezialist für IT-Technology und studierter Politikwissenschaftler. Er war in Nord-Uganda – für jene, die wissen: von marodierenden Soldaten und vom Bürgerkrieg schwer betroffen – und hat dort mobile Computerzentren mit Solarenergie, die zu kleinen Dienstleistungszentren wurden, nämlich für die kleinen Betriebe und für die ländliche Wirtschaft, aufgebaut. Das war österreichische Entwicklungs­zusam­men­arbeit! – Oder: Eine junge Frau, auch aus Niederösterreich, Gabriele Begusch. Auch sie kam erst kürzlich zurück aus Nicaragua. Sie hat ein Frauenhaus, nein, ich korrigiere mich, ein Mädchenhaus für vergewaltigte Mädchen aufgebaut.

Das sind die Dinge, die heute einer fetttriefenden, vorurteils- und hassorientierten Rede gegenüberstehen, und das ist die Realität. Und ich halte es hier mit dem Bun­despräsidenten und sage: Das, was ich wirklich am schlimmsten an diesen Budget­kürzungen finde, ist die Kürzung für die Entwicklungszusammenarbeit. – Das ist erstens ein Bruch der Millenniumsziele und zweitens ein Bruch unserer Verpflichtun­gen. Das sind Verpflichtungen! Das ist nicht nur ein Goodwill, sondern das sind Ver­pflich­tungen!


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 75

Interessanterweise sind wir noch immer jenes Land, das mehr an privater Entwick­lungszusammenarbeit aufbringt als an öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit. Auch das muss einmal gesagt werden. Steiermark zum Beispiel – schauen Sie sich die Stadt Leibnitz an! Fragen Sie in der Stadt Leibnitz, wer noch nicht auf den Kapverden war! Da fährt der Tierarzt von Leibnitz ein halbes Jahr auf die Kapverden, und der kapver­dische Tierarzt kommt nach Leibnitz. Diese Form von Austausch – die Kindergärtnerin, die Krankenschwester und so weiter – wird dort gepflogen.

Oder, schauen wir die Stadtgemeinde Rohrbach im Mühlviertel an! Seit den siebziger Jahren, seit der Mitte der siebziger Jahren ist das eine Selbstbesteuerungsgemeinde. Das heißt, die Gemeinde, jeder Einzelne, besteuert sich selbst, um daraus beispielhaft Projekte der Solidarität und der Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren.

Oder die Ortschaft Sonntag in Vorarlberg, auch so eine Gemeinde. – Wenn man schaut, aus welchen Bundesländern denn die vielen Entwicklungshelfer und Entwick-lungshelferinnen kommen, dann fällt eines auf, und ich muss vor dem oberösterreichi­schen Vorsitz hier einmal den Hut ziehen: Der überwiegende Anteil kommt aus Oberösterreich. Aber auch die Steiermark, Tirol und eben das kleine Vorarlberg sind da ganz stark und kommen gleich an nächster Stelle.

Und die Entwicklungszusammenarbeit Österreichs – deshalb finde ich ja den Nonsens, den ich da vorhin gehört habe, immer noch so unfassbar – ist genau orientiert an der Stärkung der Rechte der Frauen am Land, an der ländlichen Entwicklung, an der elementaren Versorgung, wie etwa mit Wasser. Es gab eine österreichische Entwick­lungshelferin, deren Aufgabe es war, Informationen gegen Pharmamultis zu beschaf­fen, nämlich die Macht dieser Pharmamultis zu brechen. Es gibt Entwicklungshelfer und -helferinnen – erst letztes Jahr ist ein solches Ehepaar ausgereist –, die versuchen, auch wieder den Glauben an und das Vertrauen in traditionelle Heilmetho­den und auch traditionelle Pharmazie zu stärken. Das sind interessante Dinge!

Und wenn dann, Herr Staatssekretär, im Vorwort steht, unser Ziel wird nicht zeitgerecht erreicht werden, tut das weh. Ich war vor Kurzem in Luxemburg, und die Luxemburger Kollegin von der EVP sagte: Wir haben es geschafft, 1,1 Prozent zu erreichen, wir sind deutlich darüber! – 1,1 Prozent! Wir hingegen rechnen auch noch die Tschadsoldaten Österreichs hinein, damit wir irgendwie eine passable Figur machen. Das ist beschämend! Und wenn wir uns anschauen, welche Latte – im Sinne der Solidarität – uns die skandinavischen Länder seit Jahrzehnten vorgeben, dann müssen wir sagen: Es ist noch viel zu tun!

Und vor allem, Herr Staatssekretär, ich weiß – Herr Staatssekretär, ich weiß das –, dass die Staaten immer wieder versuchen, verstärkt an Finanz- und Budgethilfen zu kommen. Ich selber habe teilgenommen am Dialog des lusophonen Afrikas mit der Europäischen Union, und immer wieder geht es um die Budgethilfen. Aber auch in einer globalen Welt, in der wir in wenigen Sekunden mit allen verbunden sind, ist etwas wichtig: Die personelle Entwicklungszusammenarbeit ist etwas Elementares, ist etwas Wichtiges, denn nur durch diese kleinen Netzwerke, durch diese unmittelbaren Begegnungen kann man vielleicht auch umgekehrt dann solche vorurteilstriefenden Meinungen im Land beseitigen oder irgendwie bekämpfen.

Und zuletzt möchte ich noch Folgendes sagen – vielleicht können wir uns auch noch daran erinnern –: Österreich war mitten im Wiederaufbau, und dann kam die erste große Hilfsaktion, „Ein Reiskorn für Korea“, in der Mitte der fünfziger Jahre. Und Österreich – mitten im Wiederaufbau! – hat nicht gesagt: Was gehen uns diese Koreaner an, was schlagen sie sich gegenseitig?, sondern hat unglaubliche Hilfe geleistet. Und alle hier ab 40 werden in ihrer Sozialisation an einem Wort nie vorbeige­kommen sein – wenn ich jetzt dieses Wort sage, werden Sie alle sagen: Aha! –: Biafra.


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Die Biafra-Hilfe Österreichs hatte in den sechziger Jahren ein so Vielfaches an Bedeutung, dass man bis in den kleinsten Winkel Österreichs wusste, wo Biafra in Afrika ist.

Und in dieser Tradition geht es nicht um Kleingeistigkeit, sondern es geht um eine Verantwortung. Ein berühmter Bundeskanzler hat einmal zu jemandem gesagt: Lernen Sie Geschichte! – Lernen Sie auch Geschichte!, sage ich nur in Richtung jener Fraktion, die hier vorhin zu Wort gekommen ist, denn: Es wurden von europäischen Mächten Hochblütegesellschaften zerstört! Oder: Ein Wirtschaftssystem hat ein System von Über- und Unterentwicklung geschaffen, das unsere Hilfe heute zu einer Frage der Verpflichtung macht!

Egal, ob aus christlicher Nächstenliebe oder aus internationaler Solidarität oder aus beiden zusammen – eine Verpflichtung ist eine Verpflichtung. Und es ist eine Krone eines Budgets, wenn die Entwicklungszusammenarbeit entsprechend dotiert ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrätin Mühlwerth: Zur Geschäftsordnung!)

13.08


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Bun­desrätin Mühlwerth zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.

 


13.09.14

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich verlange namens der freiheitlichen Fraktion einen Ordnungsruf für Herrn Kollegen Schennach – um den er ja selber gebettelt hat –, und zwar nicht nur für den Ausdruck „geistiger Müll“, sondern auch für den Ausdruck „hassorientierte Rede“.

Erstens einmal stimmt die „hassorientierte Rede“ in keiner Weise, weil wir nie von Hass getragen sind (ironische Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ), und zum Zweiten ist es in diesem Haus nicht üblich, diese Ausdrucksweise (anhaltende Heiterkeit und Zwischenrufe bei Bundesräten der SPÖ) – ich finde das nicht lustig! – zu gebrauchen, auch dann, wenn man gänzlich anderer Meinung ist.

13.09


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Frau Kollegin Mühlwerth! Ich kann mitteilen, dass ich mir erbeten habe, das Protokoll zu bekommen. Und ich werde, wenn mir das Protokoll vorliegt, also in den nächsten Minuten, diesbezüglich eine Entscheidung treffen.

*****

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.10.06

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss hier ehrlich sagen, ich bin froh, dass Kollege Stefan Schennach vor mir gesprochen hat (Bundesrat Mitterer: Ich hab gedacht: dass er bei der SPÖ gelandet ist! – Bundesrat Gruber: Ist das was Schlechtes? – Ihr landet pausenlos woanders! Ihr habt schon Flügel! – Gegenruf des Bundesrates Mitterer – Bundesrat Gruber: Dann fang nicht damit an!), denn meine Wortwahl wäre, glaube ich, mindestens genauso kritisch, wenn nicht hart ausgefallen. Denn in einem hat er recht: Es ist das gleiche Spiel, das immer nach dem gleichen Schema funktioniert – die einen gegen die anderen ausspielen.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 77

Ja, wir haben in Österreich Armut – über 1 Million Menschen sind davon betroffen –, und jeder Österreicher, jede Österreicherin, der/die unter der Armutsgrenze lebt, ist einer/eine zu viel. Und wir haben viele, viele Kinder, die sich die Schulsachen nicht leisten können – auch das wissen wir. Und wir wissen auch, dass wir zahlreiche, Tausende Schulabsolventen haben, die die Pflichtschule gar nicht positiv abschließen können – auch das wissen wir. Aber im Gegenzug die einen gegen die anderen aufzurechnen, das ist wirklich unter meinem Niveau und unter jeder Gürtellinie. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Natürlich habe ich auch dem Kollegen Krusche sehr genau zugehört, wie allen anderen Vorrednern und Vorrednerinnen, und in gewissen Punkten hat er ja recht, das hat auch Kollege Himmer angemerkt – der inzwischen hinter mir am Präsidium Platz genommen hat –, und zwar dass die Mittel, die eingesetzt werden, auch richtig und effizient eingesetzt werden sollen. Da gebe ich dir vollkommen recht, werter Kollege. Nur: Pauschal, über einen Kamm scherend, alle NGOs, die in diesem Bereich engagiert tätig sind, die in Österreich Haussammlungen durchführen (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat er gesagt, dass es auch engagierte gibt! Das hat er gesagt!), die Mitarbeiter in den Entwicklungsländern, in den Schwerpunktländern einsetzen, mit einigen wenigen schwarzen Schafen in einen Topf zu werfen, das wäre das Gleiche, wie wenn man über Strasser und Grasser sprechen und alle Politiker dann ihnen gleichstellen würde – denn dann könnten wir gleich das Parlament zusperren. Da muss man differenzieren und nicht einfach pauschal drüberfahren. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat er aber gemacht!)

Es ist noch gar nicht so lange her, nämlich etwa zehn Jahre, dass in einem seltenen Kraftakt sage und schreibe 189 Mitgliedstaaten der UNO sich über eines einig wurden: Armut bekämpfen, Umwelt schützen, Entwicklung fördern und Menschenrechte und Demokratie achten. Als Hauptziel wurde die Halbierung der weltweiten Armut bis zum Jahr 2015 vereinbart. Ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, ist die verbindliche Vereinbarung, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungszusam­menar­beit zu investieren. Da hat sich Österreich dazu verpflichtet. Wir sind heute aber noch sehr, sehr weit von diesem Ziel entfernt. Für 2013 und 2014 stehen wir bei 0,34 Prozent, also bei der Hälfte.

Erstaunlich finde ich die Argumentation seitens der Bundesregierung, hier sehr radikal den Rotstift anzusetzen. Die internationale Finanzkrise trage die Schuld daran, dass wir überall, vor allem dort, wo es um die Armutsbekämpfung gehe, nun einsparen müssten. – Das ist erstens eine völlig falsche Schlussfolgerung, zweitens eine Umkehr der wahren Entwicklung und drittens ganz einfach eine falsche Politik.

Über die Ursachen der Finanzkrise möchte ich mich jetzt nicht im Detail auslassen. Eines steht jedoch fest: Eine Ursache für die Krise – und die wird gerne verschwiegen – ist das extreme, angestiegene Gefälle von den Reichen zu den Armen, sei es in Österreich oder auch in den anderen Ländern. Noch nie waren so viele Menschen so unglaublich reich, und noch nie war die Armut größer als heute.

Dieses Gefälle sowohl innerhalb der Gesellschaften, aber auch zwischen dem Norden und dem Süden, trug wesentlich zur Destabilisierung bei. Die gegenwärtige Krise kommt zwar als Finanzkrise daher, wir dürfen aber nicht den Fehler machen, die strukturellen Ursachen aus unserem Bewusstsein zu verdrängen. Die Polarisierung der Einkommensverteilung steht in einer zwar komplexen, aber trotzdem direkten Wechselwirkung mit den freien und deregulierten Finanzmärkten auf der Welt.

Wollen wir die Krise erfolgreich bewältigen, müssen wir uns die Ursachen anschauen, und eine der Ursachen ist die ungerechte Verteilung von Wohlstand und Reichtum.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 78

Daher ist es völlig falsch, die ohnehin bescheidenen Mittel für die Entwicklungszusam­menarbeit noch zusätzlich zu kürzen. Das ist mittel- bis langfristig betrachtet der berühmte Schuss ins Knie. Mit so einer verfehlten Politik kommt die nächste Krise ganz bestimmt.

Darüber hinaus fordert Vizekanzler Spindelegger in seinem Vorwort zum Dreijahres­programm 2010 auch noch – ich zitiere – „neue Quellen für die Entwicklungsfinan­zierung zu erschließen“ – Zitatende –, und fordert, eine die Entwicklungszusam­men­arbeit begünstigende Stiftungssteuer dafür zu verwenden. – Kollege Krusche, auch du hast das angesprochen.

Wir sind gegen diese Entwicklung, denn was bedeutet das? Das bedeutet die Verschiebung der staatlichen Verantwortung hin zu Stiftungen. Es sollen damit keine zweckgebundenen Mittel mehr bereitgestellt werden, sondern EZA-Beiträge von Stiftungen sollen steuerschonend wirken.

Wir meinen, dass wir die Stiftungsbesteuerung überhaupt neu regeln sollten. Dann gibt es mehr Geld für einzelne Ministerien, und der Staat braucht sich nicht der Verant­wortung zu entziehen und die Entwicklungszusammenarbeit privaten Rechtsträgern zu überlassen.

Wir Grünen fordern nicht umsonst schon lange einen längst überfälligen Politikwechsel. Die Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit sind keine Almosen, sondern Inves­titionen in unserem ureigensten Interesse. Wir sehen ja gerade, was sich im Mittel­meerraum abspielt. Wenn wir nicht wollen, dass kommende Generationen im goldenen Käfig EU sitzen, dann müssen wir schleunigst handeln und zur Verbesserung der Lebensumstände in den Entwicklungsländern – und nicht nur in den Entwicklungs­ländern, sondern auch in vielen, vielen anderen Ländern – beitragen. Und weil ich hier auch einen Gast sitzen sehe, der zu jenen zählt, die sich um die Thematik Camp Ashraf bemühen: Auch in diesen zahlreichen Brennpunkten der Erde müssen wir unse­ren Beitrag dazu leisten – und das wenige Geld der EZA nicht noch zusätzlich kürzen.

Besonders wichtig ist der Einsatz von Mitteln zur Stabilisierung der Ökonomien und zum Aufbau demokratischer Strukturen. Das ist sozusagen der Grundkonsens. Das kann aber alles und nichts heißen. Deshalb fordern wir einen offenen und transpa­renten Prozess über die Ausrichtung der Österreichischen Entwicklungszusam­men­arbeit. Uns fehlt hier die Einbeziehung des Parlaments in richtungweisende Entschei­dungen. Wir brauchen eine gesamtpolitisch österreichische Entwicklungsstrategie, und wir sind nicht die Einzigen, die das vermissen und das Fehlen einer solchen Strategie kritisieren. Auch im Evaluierungsbericht zur Pariser Deklaration wird sehr unmissver­ständlich auf dieses Defizit hingewiesen. Es fehlt ein offener, umfassender und breiter Diskussionsprozess, der ein mittelfristig umsetzbares Ergebnis erzielt. Ob das jetzt in der Form eines Weißbuches oder eines anderen verbindlichen Dokuments geschieht, steht für uns nicht im Vordergrund.

Abschließend muss ich auch noch zu bedenken geben, dass die Kürzungen der Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit auch gegen den Willen der österreichischen Bevölkerung erfolgen. In Sonntagsreden wird immer wieder die Spendenfreudigkeit der Österreicherinnen und Österreicher hervorgehoben und auch zu Recht gelobt. Daher ist es gar nicht im Sinne der breiten Masse der Bevölkerung, was Sie als verant­wortliche Regierungsmitglieder hier vorhaben. Wir sind der Bevölkerung schul­dig, ihr hier den notwendigen Rückhalt zu geben, und es ist wirklich nicht einzu­sehen, dass die Ärmsten und Schwächsten auf dieser Erde für das bezahlen, was die Mäch­tigen und Profiteure dieser Globalisierung verbockt haben. Kollege Schennach hat auf viele Parallelen in der Geschichte hingewiesen, darum erspare ich mir diese Anmer­kung.


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In diesem Sinne, werte Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, bitte, bitte beenden Sie dieses sehr einfache und billige Gegeneinander-Aufrechnen: inlän­dische Arme – ausländische Arme; Hilfsbedürftige im Inland – Hilfsbedürftige im Aus­land. Es bringt uns keinen Millimeter weiter. Wir können die Probleme nur gemeinsam lösen und dort hinschauen, wo es Defizite gibt, aber nicht die Leute gegeneinander aufwiegeln. Das ist nicht das, womit wir Österreicher uns international positionieren sollten. Das haben wir uns, glaube ich, alle nicht verdient, und insbesondere nicht jene NGOs, die engagiert in den Entwicklungsländern tätig sind, und auch nicht die zahl­reichen Schüler und Schülerinnen und auch anderen ehrenamtlich Tätigen, die mit den Spendenbüchsen sammeln gehen, damit diese wichtige Tätigkeit auch weiterhin fortgeführt werden kann. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

13.19


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hammerl. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.20.13

Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Diskussion heute hat gezeigt, wie wichtig – keine Frage – dieses Thema ist. Ich hoffe nur, dass im Parlament auch so diskutiert wird und dass vieles aufgerollt wird, was Wirklichkeit ist. Ich danke meinen einzelnen Vorrednern für ihre Aussagen hier, die gezeigt haben, dass der Impuls, dass wir doch eine Entwick­lungszusammenarbeit brauchen und auch im Bereich der Entwicklung in Österreich etwas tun müssen, der richtige Weg ist.

Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz die drei vorliegenden Programme in Bezug auf Entwicklungsförderung und Entwicklungszusammenarbeit besprechen. Für mich ist das ein wichtiger Anstoß, uns mit diesem Thema zu befassen, auch hier im Bundesrat. Vielleicht noch etwas dazu: Es ist ein Politikthema so nebenbei, zumindest bisher, auch in Österreich, aber trotzdem gibt es wichtige Perspektiven für die gesamte Politik, und wir müssen daher in Zukunft mehr darüber sprechen. Deswegen möchte ich im Folgenden kurz auf sieben Punkte in Bezug auf die drei zur Diskussion vorlie­genden Programme eingehen und zum Nachdenken über dieses Thema einladen, zum Nachdenken, aber vielleicht auch zum Umdenken einzelner Damen und Herren hier im Haus.

Die zur Diskussion vorliegenden Berichte zeigen die durchgehenden Ansatzpunkte wie auch die Veränderung in der Entwicklungszusammenarbeit in Europa, ja in der ganzen Welt. Österreich, meine Damen und Herren, hat es sich zur Aufgabe gemacht, an der Entwicklung der Welt, besonders in den Gebieten des ehemaligen Ostblocks, in Afrika und in Asien, mitzuwirken. Der Herr Vizepräsident, Herr Himmer, hat heute unter ande­rem schon vom Sudan berichtet, und wenn wir das ein bisschen aufgenommen haben, dann spüren wir mehr denn je, meine Damen und Herren, dass Entwicklungszusam­menarbeit und -hilfe – keine Frage – wichtig sind.

In einer durch die Globalisierung immer enger zusammenwachsenden Welt ist diese Ausrichtung auf gemeinsame Bewältigung von Entwicklungsproblemen notwendig. Durch die Globalisierung sind wir Nachbarn geworden. Gerade deswegen ist ein aktives Kennenlernen Voraussetzung für jede Entwicklungszusammenarbeit. Es geht auch um den Aufbau neuer Kontakte in Europa und in der ganzen Welt.

Der zweite Punkt: Ein Trend in der Entwicklungszusammenarbeit der österreichischen Bundesregierung zeigt sich in der Betonung der Politikkohärenz, die besonders im drit­ten Bericht angesprochen wird. Es geht bei der Politikkohärenz in diesem Zusammen­


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hang darum, in den verschiedenen Politikbereichen die Frage der Entwicklungs­förderung zu stellen, um eine umfassende Strategie aufzubauen, denn diese umfas­sende Strategie, meine Damen und Herren, brauchen wir. Entwicklung ist nämlich etwas Ganzheitliches, das nicht nur mit Finanzhilfe – das ist heute schon erwähnt wor­den –, so wichtig diese auch ist, sondern auch mit Förderung von Wissen, Bildung, Wasser, Siedlungshygiene – der Herr Staatssekretär hat es erwähnt –, ländlicher Entwicklung und Energie in Zusammenhang gebracht werden muss. Ein Schwerpunkt ist auch die Privatsektorenentwicklung, die, wie der dritte Entwicklungsbericht gezeigt hat, betrieben werden muss.

Damit aber diese Entwicklungsförderung eine Querschnittmaterie wird, die über alle Ressorts hinweg in Angriff genommen werden muss, bedarf es weiterer Schritte, und dieser Schritte müssen wir uns annehmen und auch der Jugend in Zukunft erklären, dass Entwicklungshilfe in Österreich ein ganz wichtiger Faktor ist. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

Gerade wenn wir die Entwicklungen in den Ländern Nordafrikas sehen, müssen wir sagen, die Entwicklung im jeweiligen Land kann auch als Vorbeugung für starke Migrationsströme, die Unsicherheit in unseren Ländern bewirken, gesehen werden. Entwicklungsförderung, meine Damen und Herren, steht somit auch im wohlverstan­denen Eigeninteresse von Österreich; im Eigeninteresse, denn wenn Menschen Möglichkeiten der Entwicklung im eigenen Land sehen, werden sie nicht so leicht aus­wandern. Diese Voraussetzungen müssen wir durch unsere Hilfe ermöglichen. Men­schen, die im eigenen Land Möglichkeiten der Entwicklung finden, werden nicht ag­gressiv nach außen drängen müssen, sondern sie können im eigenen Land an einer Basis mitbauen. Mit Unterstützung wird es auch leichter, den Frieden zu erhalten.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Krusche, ich muss Sie jetzt ansprechen, denn Sie sind, glaube ich, an der Montanuniversität in Leoben beschäftigt. Ich möchte Danke dafür sagen, dass die Montanuniversität in Leoben das Hygiene-Institut in Graz im Bereich der Entwicklungshilfe so großartig unterstützt. Professor Sixl hat bereits über 500 Brunnen in Afrika, im Besonderen in Äthiopien gebaut. Deshalb auch Ihrer Hochschule ein großes Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Wenn Sie jetzt sagen – das Beispiel ist heute schon aufgezeigt worden –, es ist einfach dort gebohrt worden, wo man gerade stehen geblieben war, dann sind das Gerüchte, und ich muss sagen, die passen einfach nicht in dieses Haus, auch nicht in den Bundesrat. Hier geht es um Fakten, hier geht es um Probleme auf der ganzen Welt, aber nicht um Gerüchte. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Frau Kollegin – das möchte ich sagen, weil Sie davon gesprochen haben –, ich muss Ihnen sagen, ich schätze Sie sehr, Sie haben von Armut in Österreich gesprochen. – Die Armut in Österreich, die gibt es – keine Frage –, nur dürfen wir eines nicht vergessen: dass Österreich ein soziales Land ist, in dem die Bürgerinnen und Bürger, auch die älteren Personen, wirklich abgesichert sind. Wir sind das einzige Land in Europa, in dem die Mindestsicherung zirka 559 € ausmacht. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) Wir sind das Land in Europa mit den höchsten Pflegegeldstufen; von 154 € bis zu 1 655 € in Stufe 7. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Auch das ist sozial. Also werfen wir uns nicht selbst vor, wir seien nicht sozial. Keine Frage, auch die Politik in Österreich hat ein großes soziales Herz. Das möchte ich an dieser Stelle schon sagen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Meine Damen und Herren! Es gibt in diesen Berichten ein Dreijahresprogramm 2010 bis 2012. Die von den Vereinten Nationen vorgegebene Marke von 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes für öffentliche Entwicklungsleistungen bis zum Jahr 2015 haben


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wir noch nicht erreicht. Mit 0,35 Prozent bleibt Österreich noch weit hinter diesem Ziel. Das besprechen wir heute, und wir werden Gott sei Dank auch eine Mehrheit erzielen, weil es doch Menschen gibt, die im Bereich der Entwicklungspolitik ein anderes Verständnis haben. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen an diesen Zielen festhalten. Das ist die Basis, damit auch in Zukunft der Frieden erhalten werden kann.

Sehr positiv in diesem Bericht ist auch die Absichtserklärung, die Politikkohärenz weiter auszubauen. So heißt es auf Seite 9:

„Angesichts der knappen budgetären Mittel wird es von besonderer Bedeutung sein, ODA-Flüsse“ – das sind öffentliche Entwicklungsleistungen – „im Sinne erhöhter ent­wick­lungspolitischer Kohärenz zu benützen, um höchstmögliche Synergien zu erzie­len.“

Hier gibt es auch – keine Frage – zukunftsmäßig ganz andere Möglichkeiten.

Jetzt ein wichtiger Punkt, meine Damen und Herren! Wären alle mit dabei, wenn ich jetzt einen Herrn erwähne, nämlich Herrn Alt-Vizekanzler Dr. Josef Riegler? Er war ein Mitentwickler des Global Marshall Planes, der das Konzept einer ökosozialen Marktwirtschaft auf weltweite Zusammenhänge für Neuakzente in Bezug auf Ganzheitlichkeit der Entwicklungszusammenarbeit nutzbar macht. Dieses Konzept – wir haben es in Österreich selbst in der Hand, meine Damen und Herren – gilt es aus­zubauen. Das könnte ein wichtiger Beitrag sein, weil Markt, Ökologie und Gesellschaft in diesem Konzept aufeinander abgestimmt sind, um so das soziale Engagement beziehungsweise auch die Achtung der Umwelt nicht zu verfehlen. Wir haben in Österreich diese ökosoziale Marktwirtschaft schon ein bisschen vergessen, aber wenn Sie jetzt nach Deutschland schauen oder in die Staaten der EU, so werden Sie sehen, man hat das Konzept von Herrn Dr. Josef Riegler, diese ökosoziale Marktwirtschaft, großartig angenommen. Wir haben es; geben wir vielleicht wieder ein Stück zurück.

Punkt 6: Die Wichtigkeit der Entwicklungsförderung – das wurde heute schon gesagt – zeigt sich am Klimawandel; Umwelterhaltung ist ein wichtiger Punkt. Hier, meine Damen und Herren, können wir mit unserem Know-how, mit unserer Erfahrung für die Entwicklung des ländlichen Raumes und die erneuerbaren Energien im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit viel machen und viel helfen. Es geht da auch um die Nachhaltigkeit in der Entwicklung, und hier ist es nicht immer notwendig, sofort finanzielle Mittel bereitzustellen.

Zum letzten Punkt: Entwicklungszusammenarbeit, meine Damen und Herren, bedeutet auch – wie in den drei Programmen festgehalten – den Zusammenschluss von staatl­ichen Stellen und Nicht-Regierungsorganisationen, die durch langjährige Arbeit in die­sem Bereich schon viele Erfahrungen sammeln konnten und – keine Frage – ein großes Know-how haben. Auch der neue Zusammenschluss der Nicht-Regierungs­organi­sationen bietet Chancen.

Entwicklungsförderung ist leider eine Materie, um die es besonders in der Krise – in der Krise in Österreich, vielleicht auch in anderen Staaten – sehr still geworden ist. In der Entwicklungsförderung geht es auch um uns und unsere Zukunft und die Zukunft der jungen Menschen, meine Damen und Herren! Deswegen ist es wichtig, das kritische Potenzial der jungen Menschen zu achten und auch zu nutzen. Wir werden in einer Welt leben, meine Damen und Herren, oder wir werden in dieser Welt nicht leben – deshalb ist es besonders wichtig, dass wir uns für dieses Thema sensibel machen.

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen, dass Sie sich dieses Themas von Herzen angenommen haben. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

13.29



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 82

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. – Bitte, Frau Kollegin.

 


13.30.31

Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Richtung FPÖ kann ich nur sagen, eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass heute wieder einmal eine verbale Attacke auf Entwicklungszusammenarbeit geritten wird, aber das, was Kollege Krusche gesagt hat, hat auch meine Erwartungen übertroffen. Sich nämlich hier herzustellen und Freude darüber zu bekunden, dass im Bereich der Entwicklungs­zusam­menarbeit endlich Kürzungen vorgenommen worden sind, und dann festzu­stellen, dass möglicherweise in Zukunft das Budget aufgestockt wird, worüber man enttäuscht sei, das empfinde ich als unerhört. Das muss ich schon einmal in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Manchmal frage ich mich schon, was Ihr politisches Verständnis von internationaler Politik ist. Ich meine, viele Kollegen und Kolleginnen aus Ihrer Fraktion sitzen auch in den verschiedensten parlamentarischen Gruppen, wo es darum geht, den Austausch zu Parlamentariern und Parlamentarierinnen aus den Entwicklungsländern zu stärken. Und ich denke, die haben sicher keine Freude, wenn Sie ihnen jedes Mal erzählen, dass Sie am liebsten dafür sind, dass die Projekte der Entwicklungszusammenarbeit aufgelöst werden oder nicht mehr vorhanden sind.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr schwierig, über dieses Programm für 2010 bis 2013 zu sprechen – darauf richte ich jetzt meinen Fokus –, ohne natürlich die Kürzungen in Betracht zu ziehen, und die sind für mich anders als für Kollegen Krusche sehr schmerzvoll. Darauf geht auch der Herr Außenminister in seinem Bericht ein. Er sagt selbst, dass die Kürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit eine bittere Pille sind, bekennt sich aber auch – und das muss man in aller Deutlichkeit festhalten – zum Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens im Bereich der öffentlichen Entwicklungsfinanzierung. Er schließt in seinem Vorwort damit: „Auch wenn wir das 0,7-Ziel leider nicht zeitgerecht erreichen werden, dürfen wir es nicht aus den Augen verlieren.“

Ich finde, dass dies Hoffnung gibt, dass Österreich nach wie vor anstrebt, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, allerdings zeitverzögert. Ich hoffe nur, dass wir die Einhaltung unserer internationalen Pflichten nicht allzu lange auf die lange Bank schieben. Denn Entwicklungszusammenarbeit – wir haben das heute sehr gut sehen können – wird sehr oft in der politischen Gesamtbetrachtung als politisch nicht bedeutend genug gesehen. Das ist auch der Grund dafür, dass dieser Bereich immer wieder Gefahr läuft, bei diversen Sanierungen des Budgets als erster Bereich unter die Räder zu kommen.

Gerade deshalb ist es unbedingt notwendig, wieder ein stärkeres öffentliches Bewusst­sein für die Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, die Wichtigkeit und die Notwen­digkeit dieses Bereiches für Österreich hervorzukehren, dem Ganzen auch eine positive Komponente zu geben. Denn wenn wir dies nicht schaffen, dann wird es immer politische Kräfte geben, die die Entwicklungszusammenarbeit infrage stellen und die sagen: Wozu überhaupt das Ganze? Wozu sollen wir überhaupt Menschen in anderen Ländern in ihrer Entwicklung unterstützen?

Das ist natürlich sehr problematisch, denn Entwicklungspolitik ist Ausdruck unseres politischen Verständnisses von politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen in dieser Welt. Sie ist Ausdruck unserer Fähigkeit, zu erkennen, dass wir in einem wirt­schaftlichen und politischen Geflecht leben, dass Revolten in einem Staat auf andere Staaten übergreifen und sich zu einem Flächenbrand ausweiten können, dass sich


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 83

Krisen, ausgehend von einem Staat, zu weltweiten Krisen ausbreiten können. Kein Staat ist heute mehr davor gefeit.

Wir haben die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise ja selbst gespürt. Wie, glaubt ihr, hat diese Krise die am wenigsten entwickelten Länder getroffen? Es ist ein Ausdruck unserer Fähigkeit, zu erkennen, dass, solange in den von unserem Kontinent umgebenen Ländern Armut und Perspektivenlosigkeit herrschen, die Migration natür­lich die Folge sein wird. So sehr Europa auch versucht, sich abzuschotten, wird die Migration weitergehen, und zwar nicht nur nach Europa; das glauben wir immer. Allein Tunesien nimmt seit Beginn des Krieges in Libyen jeden Tag 4 000 Libyer auf. Auf dem ganzen afrikanischen Kontinent gibt es aufgrund der kriegerischen Auseinander­setzun­gen Wanderungen und Migrationsströme in großem Ausmaß, die wir aber nicht aus­reichend registrieren.

Die Antwort auf diese Phänomene können wir nicht nur mit der Sicherheitspolitik geben und lösen, sondern wir brauchen langfristige entwicklungspolitische Konzepte dafür. Österreich ist genauso von all diesen politischen Entwicklungen des Weltgeschehens betroffen und kein Kokon. Wir haben die Möglichkeit, entweder so zu tun, als ob all das, was auf dieser Welt geschieht, uns nichts angeht, oder die Möglichkeit, uns konstruktiv einzubringen.

Die Kürzungen in diesem Bereich sind schmerzvoll. Es hat jedoch auch keinen Sinn, jetzt mit einem weinenden Auge darauf zurückzublicken und darüber zu jammern, was diese Kürzungen nun für die konkrete Arbeit in der österreichischen Entwicklungspolitik bedeuten. Aber es gilt, einen Blick in die Zukunft zu werfen und uns bewusst werden zu lassen, dass jede Kürzung, die wir in diesem Bereich vornehmen, zulasten der ärmsten Menschen dieser Welt geht.

Nur eine Aufstockung der Mittel in Zukunft kann verhindern, dass zahlreiche Projekte und Friedensprogramme auf dem Spiel stehen, Projekte, die bisher sehr erfolgreich gewesen sind und die es gilt, auch weiterzuführen; Projekte in der Westsahara zur Unterstützung des Friedensprozesses, Gesundheitsprojekte in Nicaragua, die Stärkung der Rechte indigener Bevölkerung.

Auf Initiative Österreichs wurde im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zum Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegsgebieten verabschiedet. Österreich hat hier eine Vorreiter­rolle. Österreich hat seit der Ottawa-Konvention zum Bann von Landminen eine Vor­reiterrolle in den internationalen Bemühungen im Kampf gegen Landminen inne. Nun sollen Entminungsprojekte und Minenopferhilfe eingespart werden. Beides ist aber eine wesentliche Maßnahme zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur positiven Entwick­lung ehemaliger Kriegsgebiete.

Gerade Österreich, ein Land, das sich durch seinen Einsatz im Kampf gegen Land­minen und für den Schutz der Zivilbevölkerung international einen Namen gemacht hat, darf von diesen Projekten nicht ablassen. Österreich ist auch Mitglied im UN-Menschenrechtsrat. Österreich war bis Ende des Jahres Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Es gilt, diese Entwicklungszusammenarbeit engagiert fortzusetzen. Daher ersuche ich Sie auch, bei der nächsten Budgeterstellung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Entwicklungszusammenarbeit nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Das würde näm­lich die Zusammenarbeit stark gefährden. Gerade im Hinblick darauf, dass wir bis Ende des vergangenen Jahres Mitglied im UN-Sicherheitsrat waren und nun auch Mitglied im UN-Menschenrechtsrat sind, wäre das auch eine falsche Signalwirkung.

Wir nehmen den Bericht selbstverständlich zur Kenntnis. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

13.38



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 84

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.38.28

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Krusche, Frau Kollegin Mühlwerth, auf Deutsch gesagt: Ihre Watschn haben Sie sich abgeholt, das aber auch berechtigt, muss ich sagen. (Bundesrätin Mühlwerth: Da brauchen Sie aber nicht stolz darauf zu sein!) Berechtigt! Wenn man wirklich den Ärmsten der Armen die Grundlage entziehen möchte (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat niemand gesagt!), dann kann man doch nicht noch an ein gewisses soziales Verständnis ... (Bundesrätin Mühlwerth: Keiner von uns beiden hat das gesagt!) – Ein kleiner sozialer Funke muss doch in eurer Partei auch noch übrig sein. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt. Es geht uns wirklich gut. Auch wir haben Armut zu beklagen, das ist klar, das ist aber eine andere Dimension der Armut, wie Kollege Dönmez schon sehr richtig erklärt hat.

Wir schauen im sozialen Netz sehr auf unsere Menschen – und dann auf diesem Niveau zu sagen, wir entziehen den Ärmsten der Armen die Grundlage! Schauen Sie sich bitte einmal Film- und Fernsehberichte an, Kinder in diesen Ländern sterben wie bei uns Fliegen. Und denen wollen Sie die Grundlage entziehen?! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Das ist dramatisch, Frau Kollegin Mühlwerth, Herr Kollege Krusche, bei allem Verständnis! Das muss ich Ihnen in dieser Dimension einfach ausrichten. (Bundesrat Brückl: Das haben wir ja gar nicht gesagt! Ihr hört nur, was ihr hören wollt!)

Nein, wir hören nicht das, was wir hören wollen. Wir hören sehr genau zu, was ihr uns da für einen (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, ihr hört, was ihr hören wollt!) – wie hat es der Kollege Schennach gesagt? – Müll oder so irgendetwas erzählt. – Dann teile ich halt den Ordnungsruf mit dir, Herr Kollege Schennach. Das ist dann eben so. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich möchte kurz zum vorliegenden Dreijahresprogramm etwas sagen, weil das von 2011 bis 2014 auch in dieser Perspektive erstellt wurde und es im zuständigen Ressort auch entsprechende Sparpotenziale und Sparziele gibt. Jeder Bereich des Außenministeriums – leider auch der Bereich Entwicklungszusammenarbeit – ist in dieser schwierigen Situation aufgefordert, einen Beitrag zu leisten durch Einsparungen und Umstrukturierungen, aber doch mit einem klaren Bekenntnis für die Zukunft.

Die ADA, die österreichische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit, wurde angewiesen, die Kürzungen durch interne Umstrukturierung und freiwerdende Mittel durch den allmählichen Rückzug aus den Ländern Südosteuropas und bei der Budgethilfe umzusetzen.

Das möchte ich jetzt noch erwähnen, weil es wichtig ist: Die Bundesregierung hat aber – und das ist wirklich ein entscheidendes Kriterium, und es ist mir auch wichtig, dass man das erwähnt, Herr Kollege Dönmez und Frau Kollegin Duzdar – ein Bekennt­nis abgegeben, dass wir wieder zu dem Ziel 0,7 Prozent des Bruttoinlandseinkommens im Bereich der Entwicklungshilfefinanzierung kommen wollen, auch wenn es nicht zeitgerecht bis 2015 erreicht werden kann. Aber es gibt ein klares Bekenntnis dazu.

Und es kommt, Herr Kollege Schennach, im aktuellen Programm auch zu keiner Reduzierung des prozentuellen Anteils der öffentlichen Entwicklungsleistung am Bruttonationaleinkommen in den nächsten Jahren. Die Entwicklung der sogenannten ODA-Quote wird aus heutiger Sicht mit einem Anteil von 0,35 bis 0,34 Prozent stabil bleiben.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 85

Herr Staatssekretär Waldner hat auch schon die Ziele definiert, wie es sich im Zusam­menhang mit den Vereinten Nationen im Millenniums-Entwicklungsziel darstellen wird. Ganz wichtig: Energie, Wasser, Frieden und Sicherheit. Darauf wird sich das Ganze konzentrieren. Das sind Kernbereiche, wo man sich engagieren sollte, wo das Engagement sehr, sehr wichtig ist.

In einem gebe ich dir recht, Herr Kollege Krusche, aber das ist wirklich ein ganz kleines Segment, nämlich, dass man die Hilfe zur Selbsthilfe überdenken muss. Das ist klar. Es soll zielgerichtet sein, und das Geld soll auch ankommen. Ich denke, dafür wird auch im Rahmen der österreichischen NGOs entsprechend gesorgt.

Es ist eine Unterstellung, wenn man sagt, das Geld komme nicht an. Und wegen eines Brunnenprojekts, Herr Kollege Krusche, das Ganze in Frage zu stellen, das halte ich für eine wirklich desaströse Ansicht hier. Wenn man das sagen will, dann seid ihr traditionelle Brunnenvergifter. Aber wegen eines Brunnenprojekts das Ganze in Frage zu stellen, ist nicht korrekt, Herr Kollege! (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.)

Die regionalen Schwerpunkte, wo das sein wird, hat auch der Herr Staatssekretär bereits erwähnt.

Frau Kollegin Mühlwerth, weil Sie hier Kenya in Ihrer Rede erwähnt haben, muss ich Ihnen sagen: Offensichtlich sind Sie einer dubiosen Schriftstellerin aufgesessen, denn Kenya ist in diesem nationalen Hilfsprojekt nicht mit dabei. (Bundesrätin Mühlwerth: Das war in der Zeitschrift „Der Spiegel“!) Kenya müssen Sie ausschließen, Frau Kollegin, das müssen Sie einfach streichen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Na selbstverständlich! (Bundesrätin Mühlwerth: Das, was ihr hören wollt, das hört ihr, nicht das, was gesagt wird!) Wenn etwas Unwahres behauptet wird, Frau Kollegin, muss man das widerlegen. Da hören doch Bürger zu, da schauen an den Bildschirmen Bürger zu, und das, was Sie hier verbreiten, muss man widerlegen, weil es einfach falsch ist. (Bundesrat Schennach: Man muss ja auch unterscheiden zwischen Katastrophenhilfe und Entwicklungszusammenarbeit!) Ja, aber das gelingt ihnen nach wie vor nicht, Herr Kollege. Das ist schon ein ewiges Sample, wo man immer wieder dieselben Probleme macht.

Österreich setzt sich auch im Rahmen der EU – das ist für euch natürlich auch ein rotes Tuch – sehr für die Entwicklungshilfe ein. Die EU ist praktisch der größte Geberblock weltweit. 55 Prozent der Entwicklungshilfe werden über die EU an die Entwicklungsländer gespendet oder sinnvoll angelegt. Alleine die Europäische Kommission nahm 2009 Mittelbindungen in Höhe von 12 Milliarden € vor und zahlte 10 Milliarden € aus. Österreich ist da stark beteiligt. So sind 28 Prozent der öster­reichischen Mittel im Rahmen der EU angelegt. Österreichs Einflussnahme auf die quantitative und qualitative Verbesserung der gemeinschaftlichen EZA ist daher von großer Bedeutung.

Zum Abschluss möchte ich hier zitieren, was Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger in seinem Vorwort sagt:

„Die Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit sind eine bittere Pille für uns alle. Es ist mir jedoch ein wichtiges Anliegen, dass wir nicht bei den Leistungen an den österreichischen NGOs“ – das ist, bitte, ganz wichtig! –, „die wichtige Multiplikatoren und Fürsprecher für die Bedeutung und Notwendigkeit der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in der breiteren Öffentlichkeit darstellen, sparen.“ – Zitatende.

Herr Kollege Krusche, Frau Kollegin Mühlwerth! Insgesamt sind wir doch mit einer klaren Zukunftsstrategie und einem Bekenntnis für eine zielgerichtete Entwicklungshilfe für die nächsten Jahre unterwegs – auch im Hinblick auf die knappen finanziellen


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 86

Ressourcen. Ihren Schwarzmalereien, auch wenn ich mich über die Farbkomponente sehr freuen kann oder mich damit anfreunden kann, können wir nichts abgewinnen.

Meine Fraktion wird dem Dreijahresprogramm 2010 bis 1012 gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

13.46


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Für die im Debattenbeitrag vom Kollegen Schennach gegenüber dem Kollegen Krusche gemachten Aussagen „Das war geis­tiger Müll“ beziehungsweise „einer fetttriefenden, vorurteils- und hassorientierten Rede“ erteile ich dem Kollegen Schennach einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ.)

*****

Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte, Frau Kollegin.

 


13.46.49

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Staatssekre­tär! Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin von Beruf Diplom­übersetzerin, spreche und schreibe und verstehe fünf Sprachen und war bei Gott der Meinung, dass, wenn hier normal Deutsch gesprochen wird, das wirklich von allen auch verstanden werden kann.

Wir haben eine PISA-Studie erlebt, da steht drin, dass die Kinder leider Gottes nicht mehr sinnerfassend lesen können. Ich bin also traurig, überrascht und erstaunt, dass man offensichtlich nicht einmal in diesem Hohen Hause – das muss ich feststellten, wenn ich die Äußerungen von links und rechts höre – imstande ist, ...

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Frau Kollegin, wollten Sie zur Tagesordnung oder zur Geschäftsordnung sprechen?

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (fortsetzend): Ich wollte zur Tagesordnung sprechen und hätte gerne, dass das Mikrophon wieder eingeschaltet wird.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Dann sind Sie eingeladen, zur Tagesordnung zu sprechen.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (fortsetzend): Danke vielmals. – Da ich so viele Sprachen spreche, stelle ich fest, dass das, was Kollege Krusche und Kollegin Mühlwerth hier von sich gegeben haben, durchaus eine kritische Anmerkung war, was die Entwicklungsunterstützung anbelangt, und dass sie ganz klar nichts in Frage gestellt haben, wie es jetzt vom Kollegen Mayer behauptet wurde.

Selbstverständlich kommt der Entwicklungshilfe eine ganz große Bedeutung zu. Ich möchte aber nicht, dass es hier herinnen nur Sonntagsreden gibt, sondern jeder von Ihnen ist eingeladen, selbst tatkräftig bei so einer Hilfe tätig zu werden.

Ich habe in Algerien acht Jahre lang die Möglichkeit gehabt, diese Dinge mitzuerleben, dort mit anzufassen, bei der Hilfe mitzutun. Ich habe dort selbst erlebt, wie arm die Menschen dort sind. Ich habe selbst Kinder mit angebissenen Ärmchen, die die Ratten angefressen haben, im Krankenhaus abgeliefert, habe mich darum kümmern können.

Trotz alledem möchte ich hier jetzt euch sagen, dass es ein Beispiel war, was Herr Kollege Krusche angemerkt hat und was Kollegin Mühlwerth angeregt hat und was viele von euch ebenfalls gesagt haben, nämlich ein Beispiel dafür, was passieren kann oder was auch tatsächlich passiert und was man eindämmen soll: dass die Hilfe­leistungen, die zum Beispiel beim Erdbeben nach Algerien geflossen sind, die diese Menschen notwendigst gebraucht haben, die wahnsinnig wichtig waren, auf die sie


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 87

sehnsüchtig gewartet haben, nicht bei den Bedürftigen eingetroffen sind. Wissen Sie, wo die Decken und die Medikamente gelandet sind? – Die durfte man dort auf dem Markt kaufen. Ich habe das selbst erlebt.

Das ist ein trauriges Beispiel dafür, dass es richtig ist, wenn man darauf achtet, dass die Mittel, die gegeben werden, in die richtigen Hände kommen, dass die Notleidenden diese Hilfe auch bekommen.

Nichts anderes haben wir hier verlangt und haben wir hier angesprochen. Das war lediglich beispielhaft vorgebracht, und ich finde es schade, dass immer dann, wenn von der Freiheitlichen Partei ein Beispiel vorgebracht wird, automatisch ein Hören entsteht, das einfach nicht dem entspricht, was man gesagt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

13.50


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Berichte erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Drei­jah­res­programms der österreichischen Entwicklungspolitik 2008–2010.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Bericht ist somit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Dreijahres­programms der österreichischen Entwicklungspolitik 2009–2011.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Bericht ist somit zur Kenntnis genommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fortschreibung des Drei­jah­resprogramms der österreichischen Entwicklungspolitik 2010 bis 2012.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Bericht ist somit zur Kenntnis genommen.

13.52.238. Punkt

EU-Arbeitsprogramm 2011 – Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament (III-427-BR/2011 d.B. sowie 8511/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kainz. – Ich bitte um die Berichterstattung.

 


13.52.38

Berichterstatter Christoph Kainz: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angele­genheiten über das EU-Arbeitsprogramm 2011 – Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 88

Der gegenständliche Bericht stellt die wichtigsten Themen dar, die im Jahr 2011 in der Ratsformation „Allgemeine Angelegenheiten“ und „Auswärtige Angelegenheiten“ zu behandeln sind. Hier spannt sich der Themenbogen von der Umsetzung des Vertrags von Lissabon über die Europäische Nachbarschaftspolitik bis zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Mai 2011 den Antrag, das EU-Arbeitsprogramm 2011 – Bericht des Bundes­ministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament (III-427-BR/2011 d.B.) zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.53.50

Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Bundesministers über das EU-Arbeitsprogramm 2011 ist sehr, sehr umfangreich ausgefallen. Es ist leider weder der Herr Minister noch der Herr Staatssekretär bei der Behandlung dieses Tages­ordnungspunktes dabei.

Der vorliegende Bericht enthält viele Dinge. Dabei geht es um die Umsetzung des Vertrages von Lissabon, um die Vertragsänderung in Zusammenhang mit der Finanz­stabilität der Eurozone, um EU-Erweiterung, um die EU-Strategie für den Donauraum, um Gemeinsame Agrarpolitik, um Europäische Nachbarschaftspolitik, um Menschen­rechte, um Entwicklungszusammenarbeit und noch weitere Punkte.

Ein großer Teil von diesen Punkten wird auch von uns begrüßt und unterstützt. Aber – und das kommt immer dann, wenn man in Opposition ist und begründen soll, warum man dem Gesamtbericht nicht die Zustimmung erteilen kann – in einigen Punkten entspricht er nicht freiheitlichen Vorstellungen von Außen- und Europapolitik. (Bun­desrat Kraml: Haben Sie überhaupt welche, Vorstellungen?)

Wir werden diesen Bericht daher in seiner Gesamtheit nicht zur Kenntnis nehmen. So etwas ist in einer Demokratie vorgesehen. Ich werde in Bezug auf vier Punkte begründen, warum wir glauben, dass man es anders machen sollte.

Es ist der Vertrag von Lissabon dabei. Wie Sie alle wissen, war die Freiheitliche Partei immer schon kritisch gegenüber diesem Vertrag von Lissabon eingestellt. Wir fordern eine Revision der EU-Verträge und einen Kurswechsel in Richtung Europa der Vaterländer. Das ist das, was bekannt ist, in unseren Programmen festgeschrieben ist und was in wenigen Worten erklärt, warum wir glauben, dass es hier anders sein sollte. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweiter Punkt: Gemeinsame Agrarpolitik. – Auch hier wird von uns immer wieder fest­gestellt, dass die Gemeinsame Agrarpolitik in dieser Förderkulisse eigentlich die Großen begünstigt und die Kleinen benachteiligt. Das beweist das ständige und fortschreitende Bauernsterben in Österreich, was dokumentiert, dass bei der Förde­rung Fehler gemacht werden. Wir fordern daher eine Renationalisierung der Landwirt­schaftsförderungen.

Dritter Punkt: EU-Erweiterung. – Positiv ist hier hervorzuheben, dass Kroatiens EU-Beitritt bald vollzogen wird. Er kommt meines Erachtens schon fast zu spät. Aber er wird kommen, und das ist positiv. Man soll, wenn man in Opposition ist, auch positive Dinge betonen. Aber negativ ist der Umstand, dass nach wie vor über einen EU-Beitritt der Türkei verhandelt wird, obwohl sich angeblich die Mehrheit darüber einig ist, dass


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die Türkei nicht der EU beitreten soll. Ein seltsames Schauspiel, welches der FPÖ nur eine Antwort abringt, nämlich: Die Verhandlungen sind sofort abzubrechen! (Beifall bei der FPÖ.)

Vierter und letzter Punkt, zu dem ich mich hier kritisch äußern möchte: Europäischer Stabilitätsmechanismus. – Wir sind strikt gegen den ESM. Österreich soll ab 2013 eine Summe von 2,2 Milliarden € zum Grundkapital und 17,3 Milliarden € an Garantien beisteuern. Wer kontrolliert da genauestens, ob dieses Geld, das die Länder benötigen würden, unser Geld, das wir einzahlen müssen, unser Steuergeld, das wir gerne für andere Maßnahmen zur Verfügung hätten, auch wirklich widmungsgemäß verwendet wird?

Sie alle wissen, dass Griechenland in Prozenten des Inlandsproduktes ein viermal so hohes Militärbudget hat wie Österreich. Wir von der FPÖ verlangen eine Aufrecht­erhaltung des österreichischen Bundesheeres. Aber dafür ist kein Geld vorhanden. Dieses Geld wird möglicherweise, wenn es letztlich in Griechenland landet, zum Teil auch für militärische Aufrüstung verwendet werden. Deshalb wollen wir auch nach­vollziehbar haben, was mit diesem Geld passiert.

Dabei ging es uns auch beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt. Unsere Kritik ging in die Richtung, dass nachvollziehbar sein muss, wo das Geld hingeht, und die Frage geklärt werden muss: Erreichen wir mit unserem Geld, mit dem Geld unserer Steuer­zahler, auch tatsächlich die richtigen Maßnahmen und Personen?

Wenn wir dieses Geld einzubringen haben, nämlich 2,2 Milliarden und 17,3 Milliarden an Haftungen, wird es gravierende finanzielle Einschnitte in Österreich geben müssen. Es wird in Österreich im Sozial- und Pensionssystem Geld fehlen, es wird im öster­reichischen Bildungsapparat Geld fehlen, es wird für Infrastrukturmaßnahmen Geld fehlen, und es wird in der österreichischen Arbeitsplatzförderung Geld fehlen.

Daher hat die FPÖ-Bundesratsfraktion heute auch den Selbständigen Entschließungs­antrag 186/A(E)-BR/2011 eingebracht, in dem es heißt:

„Der Bundesrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung und im Besonderen der Bundeskanzler wird aufgefordert, auf nationaler und internationaler Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und die damit einher­ge­hende Einführung einer Transferunion zu verhindern.

Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass jede grundlegende Änderung der EU-Verfassung einer Volksabstimmung in Österreich unterzogen wird – das gilt besonders für die Einführung des ESM.‘“

Aufgrund der vorgebrachten Kritikpunkte werden wir diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.59


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Reisinger. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.00.05

Bundesrat Friedrich Reisinger (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Der vorliegende Bericht des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten beinhaltet ein sehr umfangreiches Arbeitsprogramm mit sehr, sehr vielen Themen. Ich möchte zwei Bereiche besonders herausstreichen, das sind die Energieaußenpolitik und die Erstellung des mehrjährigen Finanzrahmens.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 90

In der Energieaußenpolitik geht es vor allem darum, die Versorgung mit und die Bereitstellung von Energie unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit und der Wett­bewerbsfähigkeit zu garantieren. Dazu braucht es neben dem weiteren Ausbau einer regional gut verteilten Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen auch leis­tungsfähige Verbindungsleitungen und Versorgungsrouten. Dies gilt für die Elektrizität, dies gilt aber auch für die Gasversorgung. Hier ist vor allem das „Nabucco“-Projekt zu erwähnen, wo es wahrscheinlich noch 2011 zu wesentlichen Baubeschlüssen kommen wird.

Wesentlich ist daher auch die Verabschiedung des Energieaktionsplanes. Dieser soll Energieengpässe und Versorgungslücken beseitigen und so zu einer besseren Ver­sorgung beitragen. Die neue Energiepolitik der EU soll einen Innovations- und For­schungsschub auslösen und so das Wirtschaftswachstum stimulieren und neue Arbeits­plätze schaffen.

Auch gibt es erste Überlegungen, den Umbau des Energiesystems hin zu einer nach­haltigen, kohlenstoffarmen Energiewirtschaft bis zum Jahr 2050 gemeinschaftlich zu finanzieren. Sollte dies der Fall sein, so, glaube ich, ist für Österreich wichtig, dass keine Gemeinschaftsmittel für die Förderung der Kernenergie, die ja weder kohlen­stofffrei noch nachhaltig und schon gar nicht sicher ist, eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch erwähnen, dass vor allem die vorige Woche beschlossenen Stresstests für die Atomkraftwerke auf eine Initiative des österreichi­schen Umweltministers Niki Berlakovich zurückzuführen sind. (Zwischenruf der Bun­desrätin Kerschbaum.) Dabei werden alle europäischen Atomkraftwerke auf ihre Sicherheit getestet. Die Stresstests schließen alle Naturkatastrophen und auch Flug­zeug­unglücke mit ein. Leider, das müssen wir auch sagen, werden die Gefahren durch Terrorangriffe derzeit noch nicht berücksichtigt, man ist aber am besten Wege, auch da eine Lösung zu finden.

Begrüßenswert ist vor allem, dass sich alle 143 Atomkraftwerke diesen Tests unter­ziehen werden. Auch wenn es so gut wie keine geplanten Sanktionen für Problem­reaktoren geben wird, so glaube ich doch, dass der öffentliche Druck derart groß sein wird, dass es dann zu Abschaltungen kommt, wenn Problemreaktoren ausgewiesen werden.

Damit es zu keinen Versorgungsengpässen kommt, ist es enorm wichtig, den Ausbau erneuerbarer Energieformen weiter zu forcieren. Ebenso wichtig ist es aber auch, strategische Partnerschaften mit Energieherkunftsländern und auch Energietransit­län­dern zu schließen und zu pflegen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt des vorliegenden EU-Arbeitsprogrammes ist die Erstellung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre ab 2014. Dies ist auch ein sehr zentrales europapolitisches Thema, geht es doch darum, das gesamte Ein­nahmen- und Ausgabensystem der Union zur Diskussion zu stellen und eine Entscheidung über die Aufbringung und die Verwendung von 1 000 Milliarden € zu treffen.

Alle sieben Jahre lösen die Verhandlungen für den jeweils nächsten mehrjährigen Finanzrahmen eine intensive öffentliche Diskussion darüber aus, wie groß der Gemein­schaftshaushalt ist, wie das Geld der EU am besten ausgegeben werden kann und vor allem, wer welchen Beitrag leisten sollte. Und immer, wenn es um Aufteilung und Aufbringung geht, ist dies natürlich mit einem sehr hohen politischen Konfliktpotenzial behaftet und daher auch eine sehr große Herausforderung.

Eine große Herausforderung ist aber auch die mit dem Finanzrahmen in direkter Verbindung stehende künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Ende Juni sollte die diesbezügliche finanzielle Vorschau präsentiert werden. Wir wissen heute


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schon die unterschiedlichsten Begehrlichkeiten: Einerseits möchten die Oststaaten mehr Geld, andererseits wollen die Nettozahler weniger Beiträge bezahlen, und außer­dem hört man aus Brüssel, dass es für den Agrarsektor generell weniger Geld geben soll. So drohen von mehreren Seiten Kürzungen, gleichzeitig werden aber auch von verschiedenen Seiten von den Bäuerinnen und Bauern immer strengere Auflagen eingefordert. Eines muss klar sein, nämlich dass es nicht immer mehr Auflagen für weniger Geld geben kann. Ohne eine ausreichend dotierte Gemeinsame Agrarpolitik gäbe und gibt es keine leistbaren und hochqualitativen Lebensmittel! (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht um eine ökologisch und nachhaltig ausgerichtete Agrarpolitik, wie sie sich in Österreich schon bewährt hat. Es geht um die Frage der Lebensmittelsicherheit und der Ernährungssouveränität. Es geht aber auch um eine tiergerechte Produktion und um die Offenhaltung der Kulturlandschaft, wie sie für Österreich und für seinen Tourismus besonders wichtig ist.

Eine bäuerliche Landwirtschaft kann nur erhalten bleiben, wenn die Bauern sichere Rahmenbedingungen und stabile Märkte vorfinden und faire Preise erhalten. Sicherheit für die bäuerlichen Betriebe bedeutet aber auch Sicherheit für die Konsumenten, es geht nämlich um die Absicherung von Arbeitsplätzen. Im vor- und nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft sind mehr als 500 000 Menschen beschäftigt.

Die Landwirtschaft erbringt eine Reihe von Leistungen für die Gesellschaft und für den ländlichen Raum, welche der Markt leider nicht bezahlt. Daher sind zur Abgeltung dieser Leistungen auch öffentliche Gelder notwendig. Mein Appell und meine Bitte daher an alle politischen Kräfte in diesem Hause: bei der Umsetzung dieses Arbeits­programmes auch mit ganzer Kraft für eine ausreichende Finanzierung der Gemein­samen Agrarpolitik zu sorgen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.06


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Waldner. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


14.07.05

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Wolfgang Waldner: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Gerade in den letzten Tagen und Wochen ist ja die EU wieder sehr stark im Blickfeld der Öffentlichkeit. Denken Sie nur an die Diskussion rund um den Euro, unsere gemeinsame Währung, denken Sie an die Schuldenkrise in Griechenland und die Diskussion um die Entwicklungen in Nordafrika oder um die Weiterentwicklung des Schengen-Abkommens.

Das zeigt uns, wie allgegenwärtig und wichtig die Europäische Union in unserem Leben, in unserem Bewusstsein geworden ist und wie entscheidend, wie notwendig eine starke Stimme Österreichs in den Gremien der Union ist, wie wichtig es ist, dass wir dort gut vertreten sind und dass wir die Interessen der Bevölkerung dort laufend einbringen. Das EU-Jahresprogramm 2011, das heute hier zur Diskussion steht, bietet ein breites Spektrum von außen- und europapolitischen Themen. Ich möchte auf einige nur ganz kurz und auszugsweise eingehen.

Zunächst zum Thema EU-Erweiterung. Als einer der Hauptbefürworter einer euro­päischen Perspektive für den Westbalkan begrüßen wir natürlich schon lange, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien jetzt in der Endphase sind. Der kroatische Beitritt ist auch ein wichtiges Signal, und das kann man nicht oft genug betonen, für die


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gesamte Region des Westbalkans. Er zeigt, dass sich Reformen auszahlen und dass eine EU-Integration bei entsprechenden Fortschritten möglich ist.

Wir befürworten daher einen möglichst raschen Abschluss dieser Verhandlungen mit Kroatien, wie Sie es auch betont haben und wie das beim letzten Besuch unseres Vize­kanzlers Michael Spindelegger in Kroatien gemeinsam mit dem slowakischen Außenminister vor einigen Wochen – gleichfalls ein sehr, sehr wichtiges Signal – und beim Rat in Brüssel am 23. Mai deutlich gezeigt wurde. Auch ich selbst konnte am 23. Mai zum ersten Mal an diesem Rat teilnehmen und konnte diese Atmosphäre und diesen positiven Schwung persönlich spüren.

Bei der Türkei konnten bisher nur 13 Verhandlungskapitel eröffnet – das letzte vor rund einem Jahr – und nur ein Kapitel, nämlich Wissenschaft und Forschung, provisorisch geschlossen werden. Wir erkennen die Türkei als wichtigen Partner der EU in den Bereichen regionale Sicherheit, Energieversorgung und Dialog der Zivilisationen an, wir glauben aber, dass für die Türkei noch viele umfassende Reformanstrengungen notwendig sein werden, um EU-Standards zu erreichen. Dazu zählt natürlich auch die Lösung des Zypernkonfliktes beziehungsweise die Umsetzung der Verpflichtungen aus den sogenannten Ankara-Protokollen.

Mit Island hat die EU im Juli 2010 die Verhandlungen begonnen; derzeit findet der sogenannte Screening-Prozess statt. Als langjähriges EWR-Mitglied hat Island ja bereits beträchtliche Teile des EU-Acquis, des Rechtsbestandes der EU, übernommen, und wir begrüßen die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit Island.

Als zweites Thema möchte ich kurz auf die EU-Strategie für den Donauraum eingehen, ein weiteres für Österreich prioritäres Thema.

Wir freuen uns, dass diese ursprünglich österreichisch-rumänische Initiative – die Idee kam ja von Außenminister Michael Spindelegger – jetzt als gesamteuropäisches Pro­jekt umgesetzt wird. Dabei geht es darum, dass die vielen schon vorhandenen Initiativen in der Region und die vorhandene Expertise bestmöglich genützt werden. Es sollen, und das ist das Prinzip, keine neuen Strukturen, keine neuen Institutionen, kein neues Budget oder Gesetz geschaffen werden, sondern es sollen die bestehenden Strukturen synergetisch verbunden werden und es soll die Möglichkeit bestehen, auch Strukturfondsmittel aus der laufenden Periode, also jener bis 2013, wo es ja um zig Milliarden Euro geht, anzusprechen bei der Implementierung dieser Strategie.

Gerade hier im Bundesrat ist es natürlich wichtig zu betonen, dass diese Initiative sehr stark von den Regionen und von den Gemeinden getragen wird, und die Schwer­punkte, die Prioritäten, die im Rahmen der Vorbereitung jetzt schon gesetzt wurden, bezeugen auch diese Partnerschaft und dieses Mittragen durch die Gemeinden – in einem konkreten Fall durch die Stadt Wien.

Die Europäische Kommission hat schon einen Aktionsplan ausgearbeitet, und die Europäische Strategie für den Donauraum soll in Kürze, nämlich schon in wenigen Wochen, am 23. Juni, vom Europäischen Rat endgültig angenommen werden. Wir wer­den uns natürlich für eine rasche Implementierung dieser Strategie einsetzen, wobei uns die Verknüpfung von wirtschaftlichen und Umweltaspekten besonders wichtig ist.

Das dritte Thema, das ich hier noch kurz anschneiden möchte, der dritte Schwerpunkt, ist die Europäische Nachbarschaftspolitik, und zwar an den Beispielen der östlichen Dimension und Nordafrikas. Ziel dieser gesamteuropäischen Nachbarschaftspolitik ist es, im Rahmen langfristiger Partnerschaften mit den in diesem Fall östlichen und den südlichen Nachbarländern den Wohlstand, die Stabilität und die Sicherheit der Beteil­igten zu stärken, und gerade in Krisenzeiten ist eine aktive Nachbarschaftspolitik uner­lässlich.


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Die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Umbrüche im arabischen Raum – Stichwort: arabischer Frühling – könnten zu einer neuen Triebkraft in der südlichen Nach­bar­schaft werden. Die EU muss diese Gelegenheit schon in ihrem eigenen Interesse nutzen und die Öffnung und Demokratisierung auch im Rahmen der Euro­päischen Nachbarschaftspolitik unterstützen. Die nachhaltige Konsolidierung hängt nicht zuletzt von der Schaffung neuer Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung ab, und daher hat der Europäische Rat im März zum Aufbau einer Partnerschaft mit der Region aufgerufen, basierend auf vertiefter wirtschaftlicher Integration, verbreiter­tem Marktzugang und einer vertieften politischen Zusammenarbeit.

Für Österreich ist dabei besonders wichtig und wesentlich, dass Demokratie und die Achtung der Menschenrechte als Indikatoren verwendet werden, um die Fortschritte in der Zusammenarbeit mit den Nachbarn, in dem Fall besonders mit den südlichen Nachbarn, zu messen.

Die Stärkung der Zivilgesellschaften ist unabdingbare Voraussetzung, um beim Aufbau von demokratischen Strukturen und Standards sowie Menschenrechten dem Willen der dortigen Bürger tatsächlich gerecht zu werden. Österreich kann auch hier auf eine reiche Erfahrung im Bereich der Dialoginitiativen zurückgreifen und kann die geschaf­fenen Netzwerke jetzt gut gebrauchen und intensivieren, zum Beispiel das Forum der Arab-European Young Leaders, das im November des Vorjahres in Wien stattgefunden hat und seine Fortsetzung in Kürze, genauer: in einigen Monaten, in Kairo finden soll.

Religionsfreiheit ist ein Thema, das in diesem Zusammenhang für Österreich von besonderer Bedeutung ist, und zu Nordafrika werden derzeit Länderstrategien ausge­arbeitet, die ganz besonders den Schutz von Religionsfreiheit und religiösen Minder­heiten enthalten. Das ist übrigens auch ein Schwerpunkt, den wir im Zuge unserer kürzlich erreichten neuen Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen einbringen werden.

Da wir kurz vor Übergabe des EU-Vorsitzes von Ungarn an Polen stehen, möchte ich Ihnen auch kurz einen Rückblick auf die bisherige ungarische Präsidentschaft geben und einen Ausblick auf die polnische.

Die Zeit der ungarischen Ratspräsidentschaft war von Beginn an geprägt von uner­warteten Entwicklungen und Herausforderungen, wie die politischen Umwälzungen im Süden, wie schon erwähnt, die Finanz- und Schuldenkrise, die ja allen präsent ist, und die Nuklearkatastrophe in Japan. Diese Entwicklungen erforderten seitens der Präsidentschaft laufendes Krisenmanagement und Anpassungen des geplanten Aktions­programms.

Als bisherige Erfolge dieses ungarischen Ratsvorsitzes kann man aber bereits jetzt die Finalisierung der vorhin beschriebenen Donauraumstrategie nennen, die Erarbeitung eines EU-Rahmens für nationale Strategien zur besseren Integration der Roma-Volksgruppen – für Ungarn ein besonderes Anliegen – und einen Kompromiss bei der Eurovignette, der ebenfalls in greifbare Nähe gerückt ist.

Der polnische Außenminister Sikorski hob vor wenigen Tagen drei vorläufige Schwer­punkte für die künftige polnische Präsidentschaft hervor.

Im Mittelpunkt steht erstens das Wirtschaftswachstum, das heißt die Entwicklung einer effektiven Exitstrategie aus der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die Arbeit an einer Wachstumsstrategie.

Zweite Priorität ist die Sicherheit in einem sehr weit gefassten Sinn, nämlich Sicherheit im Finanzbereich, Sicherheit im Inneren – im Sinne einer Solidarität der Mitglied­staaten, die unter Immigrationsdruck stehen –, Sicherheit im Energiebereich durch die


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Fortsetzung der Arbeiten an einer europäischen Energiestrategie, das wurde heute auch schon erwähnt, und schließlich die Nahrungsmittelsicherheit.

Der dritte Schwerpunkt, den Polen anstrebt, ist ein offenes Europa, eine gesunde Balance zwischen den Bedürfnissen der Nachbarn im Osten und im Süden. Die Fortsetzung der EU-Erweiterung und die Weiterentwicklung der Östlichen Partner­schaft werden für Ungarn eine zentrale Rolle spielen und sind natürlich auch für Öster­reich von großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern, dass die Mitglieder der öster­reichischen Bundesregierung weiterhin eine starke Stimme in den EU-Räten sein werden und die europäische Politik aktiv und im Interesse unseres Landes mitgestalten werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.16


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. – Bitte.

 


14.16.47

Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das EU-Arbeitspro­gramm 2011 behandelt ja umfassend zahlreiche außenpolitische und europapolitische Themen. Diese sind auch schon genannt worden: die EU-Erweiterung, die Beziehungen der Europäischen Union zu einer Vielzahl von Staaten und Regionen dieser Welt, aber auch die Europäische Nachbarschaftspolitik, die Transatlantische Part­nerschaft, die Union für den Mittelmeerraum, weiters die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Entwicklungszusammenarbeit, die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, die Nahostpolitik und Menschenrechte als Querschnitts­ma­terie.

Wenn man das Programm liest, so bleibt einem natürlich nicht verborgen, dass die Europäische Union in ihrer Außenpolitik ein sehr ambitioniertes Programm hat und bemüht ist, wirtschafts- und sicherheitspolitisch in der Welt zu einem Global Player aufzusteigen. Aus dem Bericht geht aber auch klar hervor, dass die Europäische Union auf eine neue Außenhandelsstrategie setzt, deren Ziel es ist, neue und umfassende Freihandelsabkommen durchzusetzen und den Zugang der Europäischen Union zu Rohstoffen und neuen Absatzmärkten zu ermöglichen. Und da möchte ich auch etwas anmerken zu dem, was Kollege Dönmez heute erwähnt hat.

Die Europäische Union hat zahlreiche, ein Fülle von Freihandelsabkommen mit west­lichen Industriestaaten, die entweder schon abgeschlossen oder noch in Verhandlung sind – ich nenne da Kanada, Japan, Südkorea –, aber auch mit vielen Entwicklungs­ländern in Nordafrika oder in Lateinamerika; die aktuellsten Abkommen sind jene mit Peru, Indien und Kolumbien. Diese Freihandelsabkommen, vor allem in Bezug auf die Entwicklungsländer, sind nicht unproblematisch und sind auch zum Teil sehr umstritten – gerade das mit Kolumbien – wegen der schweren Verletzungen von Arbeit­nehmerInnen- und Menschenrechten.

Insgesamt ist die Handelspolitik mit den Entwicklungsländern – man muss es leider so sagen, wie es ist – auch sehr aggressiv, denn der Abbau von Zöllen für billige, sub­ventionierte europäische Produkte bedeutet ja oftmals für die lokalen Märkte in den Entwicklungsländern die Zerstörung dieser lokalen Märkte, weil die Kleinprodu­zentIn­nen dann nicht mehr in der Lage sind, mit den europäischen Billigprodukten zu kon­kurrieren.

Zum Beispiel soll Peru mit dem Abkommen seinen Markt für europäische Inves­titionsgüter zu etwa 80 Prozent liberalisieren, Kolumbien zu 65 Prozent, aber auch das


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Freihandelsabkommen mit Indien und die damit verbundene Liberalisierung des Marktes für landwirtschaftliche Produkte stellt eine massive Bedrohung der Lebens­grundlage für die überwiegende Anzahl der in der Landwirtschaft tätigen Menschen in Indien dar, von denen ja auch 90 Prozent Kleinproduzenten sind. Damit steht aber auch die Ernährungssicherheit auf dem Spiel!

Also ich glaube, es ist sehr notwendig, noch öffentliche Debatten über diese Freihan­dels­abkommen zu führen und sich wirklich und tatsächlich die Frage zu stellen, wer davon den Nutzen hat.

Es soll auch nicht so sein, dass dieses wirtschaftliche Ungleichgewicht dann auch noch ausgenutzt wird. So eine Handelspolitik konterkariert ja gerade die Bemühungen in der Entwicklungspolitik. Solange der Großteil der Menschen in Entwicklungsländern in Armut lebt und Krisen diese Regionen erschüttern – das habe ich auch heute gesagt –, wird natürlich Migration und Flucht die Folge sein. Gerade die Wirtschaftspolitik und Handelspolitik ist ja auch ein sehr notwendiges Steuerungsinstrument, um soziales Gleichgewicht in einer Gesellschaft herzustellen. Wir dürfen uns diese ungleichen wirt­schaftlichen Bedingungen nicht zunutze machen.

Zu welchen Revolten soziale Ungleichheit, breite Armut und Arbeitslosigkeit führen können, haben uns ja in einem Dominoeffekt vor nicht allzu langer Zeit mehrere Länder in der arabischen Welt gezeigt. Die jüngste Bevölkerung der Welt befindet sich in dieser Region. 60 Prozent der arabischen Bevölkerung ist unter 25 Jahren, bei einer Arbeitslosenrate in manchen Ländern – wie zum Beispiel in Jemen – mit bis zu 70 Pro­zent.

Von diesen Veränderungen und Umbrüchen in der arabischen Welt nimmt dieser Bericht jetzt noch keine Kenntnis. Das ist natürlich auf die Aktualität zurückzuführen. Das zeigt auch sehr gut, wie rasch sich politische Ereignisse überschlagen können und politische Umwälzungen angesichts angespannter sozialer Situationen in vielen Län­dern vonstattengehen können.

Was aber in diesem Bericht schon erwähnt wird, ist die Union für das Mittelmeer. Das ist eine Gemeinschaft zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Mittelmeer-Anrainerstaaten und Jordanien und Mauretanien, deren Eckpfeiler bisher Ägypten und Tunesien gewesen sind.

Diese Union für das Mittelmeer ist damals auf Initiative von Nicolas Sarkozy im Jahr 2008 entstanden. Bis zu seinem Rücktritt war Husni Mubarak, also der ehemalige ägyptische Staatspräsident und Diktator, gemeinsam mit Nicolas Sarkozy Vorsitzender dieser gemeinsamen Union. Heute ist die Union für das Mittelmeer angesichts des Sturzes dieser diktatorischen Regime natürlich politisch gelähmt. Ägypten und Tunesien – das muss man auch so sagen, wie es war – waren und galten bis zum Sturz der Diktaturen als wesentliche Bündnis- und Kooperationspartner.

Wirtschaftliche und politische Kooperationen gingen eben mit diesen Mittelmeerstaaten vonstatten, ohne dass sich die Europäische Union ansatzweise nur damit befasst hätte, mit welcher Brutalität die Menschen demokratischer und politischer Rechte in diesen Ländern beraubt wurden. Nicht nur, dass Tunesier in Tunesien Angst hatten, über die politische Situation in Tunesien zu reden, sondern viele Tunesier erlebten ja auch die gleiche Situation im Ausland und trauten sich nicht, über das, was in ihren Ländern passierte, zu reden, weil auch Geheimdienstleute überall waren.

Aus meiner Sicht gibt es unterschiedliche Gründe dafür, weshalb die Europäische Union bisher nicht als Bedingung für die Kooperation die Einhaltung demokratischer Rechte eingefordert hat. Zum einen hat man tatsächlich geglaubt, dass man in Koope­ration mit diesen Diktatoren ein Bollwerk gegen islamischen Fundamentalismus


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 96

schaffen könne. Diese haben ja auch immer so getan, als ob sie der einzige Garant dafür wären. Und zum anderen hat man den arabischen Völkern die Demo­kratie­fähigkeit abgesprochen.

Beide Ansätze sind zutiefst problematisch. Zu glauben, dass man Fundamentalismus damit schwächt, indem man demokratische Entwicklungen nicht zulässt, ist in Wirk­lichkeit die Verwechslung von Ursache und Wirkung. In Wirklichkeit war ja gerade die Unterdrückung der Menschen und der Demokratie und die soziale Ungleichheit der Grund für das Aufkommen des Fundamentalismus. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Gruber.)

Die Demokratisierung ist ein Recht, das allen Völkern zusteht. Sehr oft wurden und werden nach wie vor in den westlichen Medien Araber und Muslime als rückwärts­gerichtet dargestellt, vor allem seit dem 11. September 2001.

Man sollte aber auch nicht glauben, dass nach jeder Revolution die fertige demo­kratische Gesellschaft mit sozialer Gleichheit hervortritt. Es werden noch viele Rück­schritte auf diese Länder zukommen. Aber dies darf eben nicht als Vorwand gegen eine Demokratisierung benutzt werden. Es gibt keinen Weg an einer Demokratisierung vorbei.

Wie lange hat es in Europa gebraucht, bis sich die Menschen gegen absolute Herr­scher und gegen die Obrigkeit der Kirche durchgesetzt haben? – Jahrhunderte.

Die arabische Welt hatte bis vor 50 Jahren gar nicht die Möglichkeit zur Demo­kratisierung, weil sie jahrhundertelang unter Fremdherrschaft und bis ins 20. Jahr­hundert auch unter europäischer Kolonialherrschaft stand.

Um nochmals auf den EU-Bericht zurückzukommen: Was bedeuten diese Entwick­lungen in Europa? – Sie müssen uns eine politische Lehre sein. In diesem Zusammen­hang muss sich Europa damit auseinandersetzen, wie es die demokratischen Entwick­lungen fern von Eigeninteresse unterstützen kann. Der Aufbau der rechtsstaatlichen Strukturen – heute wurden schon einige Punkte genannt –, aber auch die Lösung sozialer Probleme stehen hiebei im Vordergrund.

Ich glaube, dass dieser EU-Bericht ein sehr ambitioniertes Programm aufweist, aber auch sehr, sehr viele Fragen noch in Zukunft auf uns zukommen werden, denen wir uns stellen müssen. Es ist auch sehr positiv zu sehen, dass in diesem Bereich nach dem arabischen Frühling auch mit der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum Akzente gesetzt werden. Das ist wirklich sehr löblich und auch zu begrüßen. Daher werden wir natürlich diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.26


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kickert. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.26.21

Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Worum es geht, haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon skizziert. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf einige Punkte dieses wirklich sehr umfassenden Berichtes einzugehen – Punkte, zu denen wir Fragen haben, die wir gestern leider nicht stellen konnten, beziehungsweise wo wir uns generell bei der wirklich ausführlichen Aufzählung aller Programme und Maßnahmen hie und da einen Hinweis wünschen würden, welches bei all diesen Programmen eigentlich die Position Österreichs ist. Es ist eine sehr tech­nische Zusammenfassung, in der es Bereiche gibt, in denen ich mir mehr Infor­ma­


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 97

tionen darüber wünschen würde, auf welche Weise die starke Stimme Österreichs in EU-Gremien denn sprechen sollte.

Bezüglich der Umsetzung des Lissabon-Vertrags wäre das sogenannte EU-Informa­tions­gesetz wesentlich, das ja in Verhandlung ist und von dem wir uns ja alle im besten Sinne oder in der Vision erwarten, dass damit die Chance genützt wird, die sogenannte Bürgernähe durch Transparenz zu erreichen, die in Artikel 1 des Vertrages der EU angeführt ist. Nur: Sogar über das EU-Informationsgesetz gibt es keine Informationen. Es wird im Geheimen verhandelt.

Das heißt, da würden wir gerne wissen: Wie viel weiß darüber das Außenministerium? Und wie und in welcher Form wird an den Verhandlungen zu diesem EU-Infor­mationsgesetz von österreichischer Seite Einfluss genommen?

Das Zweite betrifft den Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Da heißt es im Bericht, die Verhandlungen mit dem Europarat werden bis Mitte dieses Jahres abzuschließen sein. – Das ist demnächst.

Das Problem: Auch da übt der Rat größte Geheimhaltung. Sogar das Europäische Parlament hat mehrmals auf die Aufhebung dieser Geheimhaltung gedrängt und ist daran gescheitert.

Wie steht das Außenministerium dazu, beziehungsweise wie kommen wir da weiter?

Ein anderer, nicht unter diesen Geheimhaltungsaspekt fallender Punkt rund um den Lissabon-Vertrag sind die europäischen Bürgerbeteiligungen beziehungsweise die europäischen BürgerInneninitiativen. Da geht es ja auch darum, dass wir die im Februar 2011 angenommene Vorlage innerhalb von zwölf Monaten umsetzen sollten.

Da wäre eine ganz konkrete Frage: Bis wann zirka ist mit einer Regierungsvorlage zu rechnen? Und: Sind dem Außenministerium die Eckpunkte einer solchen Regierungs­vorlage vielleicht schon bekannt? Wir wissen ja, es kommt aus dem Innenministerium, aber nichtsdestotrotz: eine starke Stimme hoffentlich auch innerhalb der Regierung.

Der zweite Punkt ist der große Bereich der EU-Erweiterung – das wurde schon angesprochen – mit Kroatien. Da hätten wir gerne eine Aufklärung in der Frage, wie daran gedacht wird, eine Lösung für jene BosnierInnen zu finden, die auch einen kroatischen Pass haben werden, in dem Moment, wo Kroatien beigetreten sein sollte. Das hat ja auch Konsequenzen für Bosnien-Herzegowina. Soviel ich weiß, ist das neben dem großen Brocken der Justizreform auch noch ein sehr offener Bereich, der im Bericht zum Beispiel nicht erwähnt wird.

Bezüglich des Kosovo würden wir sehr stark dafür plädieren, dass Österreich, wie Sie als Staatssekretär jetzt gerade erwähnt haben, mit starker Stimme spricht, dass Österreich stärkere Überzeugungsarbeit innerhalb der EU auf jene fünf Staaten leistet, die den Kosovo noch nicht anerkannt haben, und würden uns im Bericht noch eine Information dazu wünschen, ob es einen Zeitplan in Richtung Visa-Liberalisierung geben sollte.

Herr Staatssekretär, Sie haben außerdem die EU-Strategie für den Donauraum ange­sprochen, zum Beispiel mit dem Hinweis des verstärkten Nützens der vorhandenen Expertise. Da wäre jetzt mein Appell in genau diese Richtung gegangen, nämlich mit der Bitte, mit dem Ersuchen, die regionalen und lokalen Akteure der Zivilgesellschaft stärker in diese Strategien einzubinden. Da die Donau-Strategie auch eine Verbes­serung der sozialen Lage der benachteiligten Minderheiten vorsieht, wäre weiters eine in eine Frage eingepackte Anregung der Vorschlag, die EU-Strategie zur Integration der Roma eventuell auch mit der Donau-Strategie zu verbinden. Sie haben die Roma-Strategie beim Kapitel Ungarn angesprochen. Jedenfalls könnten sich da möglicher­


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weise gerade mit der Verschränkung der Expertisen Synergien ergeben, die in dem Fall stark beteiligten Minderheiten zugutekommen würden.

Ich glaube, damit kann ich schließen. Das waren im Großen und Ganzen die Stoß­richtungen unserer Ersuchen, bei solchen Berichten mehr Wert darauf zu legen, nicht nur eine Inhaltsangabe der ganzen Vorhaben zu bringen, sondern auch zumindest in ein, zwei Sätzen zu erwähnen, was die Schwerpunkte der österreichischen Regierung sind, in welche Richtung die starke Stimme spricht, und nicht nur, dass sie spricht. – Vielen Dank. Wir werden übrigens zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.32


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.33.04

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Gospod president! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Gospod državni sekretár! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Peter Mitterer hat über ein Europa der Vaterländer gesprochen. Ich möchte da nichts Falsches hineininterpretieren. Ich möch­te aber betonen, dass ich mir ein Europa wünsche, wo Menschenwürde, Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Respekt, Akzeptanz von jedem Menschen genossen werden können. Deswegen möchte ich mich gerade bei diesem Bericht einem Thema widmen, das für mich als Angehörige der Minderheit sehr, sehr wichtig und notwendig ist. Es ist das Thema der Situation der Roma in Europa.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 10 bis 12 Millionen Roma leben in Europa, 25 000 bis 30 000 in Österreich, und diese Minderheit ist eine autochthone, eine anerkannte Minderheit. Die Roma sind seit Jahrhunderten Teil Europas, sie sind ein fester Bestandteil der europäischen Gesellschaft, und trotzdem – leider! – kämpft diese Min­der­heitengruppe gegen Diskriminierung, gegen Ausgrenzung, gegen Vorurteile, gegen Segregation und auch gegen einen unzureichenden Zugang zu Grundrechten. Die mit Abstand größte Minderheit in Europa lebt in Armut, größtenteils in Armut, lebt in prekären Wohnungsverhältnissen. 80 Prozent der erwachsenen Roma sind arbeitslos, und 70 Prozent der Kinder haben keinen Schulabschluss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da dürfen wir nicht wegschauen! Dagegen müssen wir etwas unternehmen! Wir sind nämlich dafür verantwortlich. Wir müssen da Verant­wortung tragen, denn diese Menschen sind keine Menschen zweiter Klasse, diese Menschen sind genau so wie wir.

Seit sehr vielen Monaten folgt eine Schlagzeile nach der anderen: Morde an Roma in Ungarn, ethnisch motivierte Abschiebung aus Frankreich, Rückführung von Roma aus Deutschland, Slums in Italien. Ich könnte noch sehr viele aufzählen.

Gerade gestern habe ich in der „Frankfurter Rundschau“ einen Bericht entdeckt. Ich zitiere: „Eine Mordserie an Roma erschüttert Ungarn. Die Polizei beschreibt die Attentate“ – und bitte hört jetzt ganz genau zu! – „als sorgfältig geplant und hält ein rassistisches Motiv für möglich.“ – Und das im 21. Jahrhundert in einem gemeinsamen Europa, in einem vereinten Europa, wo das Hauptziel unseres gemeinsamen Europas ist: Frieden, Miteinander, das Zugehen auf die anderen Menschen, Andersdenkende zu tolerieren und zu respektieren.

Da sind wir jetzt verantwortlich. Wir müssen etwas dagegen unternehmen!

Der Rat der Europäischen Union hat – das haben Sie, Herr Staatssekretär, schon gesagt – eine nationale Strategie zur Integration der Roma bis 2020 erarbeitet, wo gerade diese Punkte angesprochen werden: Achtung, Toleranz, Menschenwürde.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 99

Bitte, das müssen wir auf der Zunge zergehen lassen: Menschenwürde! Diese Menschen haben ein Recht auf Menschenwürde. Und diese Menschen haben das Recht, in einem Rechtsstaat zu leben. Und diese Menschen haben ein Recht, Men­schenrechte genießen zu können.

Diese Strategie, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nicht nur am Papier haften, son­dern da müssen wir etwas machen! Ich weiß, dafür sind finanzielle Mittel notwendig, aber die müssen wir bitte aufbringen.

Ich appelliere an Sie, lieber Herr Staatssekretär, dass wir diese Verantwortung wahrnehmen und auch die finanziellen Mittel für uns kein Problem sein dürfen! Es geht um Menschen! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang – ich finde das sehr positiv – die sehenswerte Ausstellung „Roma Protokoll“ im Pressezentrum des Parlaments und auch auf dem Vorplatz, wo gerade diese Situation der Roma in Europa dargestellt wird. Diese Ausstellung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für mich ein Symbol dafür, dass Menschenrechte nicht geteilt werden dürfen, dass Menschenrechte universell sind, dass Menschenrechte miteinander verflochten sind und dass uns Menschenrechte gegenseitig stärken und verbinden.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir alle sind ohne Ausnahme aufgefordert, dieser Ausgrenzung entschieden entgegenzuwirken. Und daran gilt es, immer wieder zu erinnern.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke. Hvala. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.40


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­des­rätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.40.57

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz kurz: Ich kann mich leider nicht zurückhalten, nachdem Herr Kollege Reisinger die Stresstests erwähnt hat. Diese Stresstests lösen bei mir immer so ein bisschen Stress aus – schon allein die Behauptung, dass Herr Minister Berlakovich sie erfunden hätte. Das möchte ich ihm ja gar nicht unterschieben, denn es waren meines Wissens Oettinger und Merkel, die als Erste auf diese Idee gekommen sind. Die Stresstests sind in Wirklich­keit nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver – tut mir leid. Sie sind nicht verbindlich. Es hat keiner die Verpflichtung, wenn er draufkommt, ein Atomkraftwerk ist unsicher, dieses abzudrehen. Es hat keine Konsequenzen.

Wichtig wäre, dass der Herr Minister in der EU endlich einmal diese Allianz angeht, die er uns schon seit März verspricht, nämlich die Allianz der atomkraftkritischen Staaten, und zwar nicht nur der Botschafter, sondern auch der zuständigen Minister. Wichtig wäre, dass man sich einmal um die Haftungsfrage kümmert, dass man sich um die Endlagerung und Entsorgung kümmert. Wenn man das alles unter eine vernünftige europäische Regelung bringt, dass da nämlich wirklich Kostenwahrheit einkehrt, dann haben wir ohnehin kein Problem mehr mit Atomkraftwerken, denn dann kann es sich keiner leisten – das wissen wir.

Diese Kosten werden derzeit auf die Allgemeinheit ausgelagert. Dass wir das tun und dass wir das zulassen, ist in meinen Augen ein moralischer Super-GAU, weil wir viele Generationen mit Dingen belasten, von denen wir jetzt noch keine Ahnung haben, wie sich diese künftig auswirken werden.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 100

Dass es momentan positiv aussieht mit dem Ausstieg Deutschlands, mit dem Ausstieg der Schweiz, das ist alles erfreulich, superschön und gut. Probleme werden wir noch mit manchen Ländern haben, die keineswegs irgendwelche Anzeichen setzen, aus­steigen zu wollen. Dazu zähle ich Ungarn. Was wir jetzt gerade über ungarische Men­schenrechte gehört haben, würde ich da schon mit einschließen. Weißrussland und Russland sind auch so Demokratien, hinsichtlich derer ich mir denke, genau diese Kombination – der weitere Ausbau von AKWs und die demokratischen Probleme – sind eine Zeitbombe, um die man sich in der Europäischen Union sehr wohl auch kümmern müsste.

Ähnliche Probleme sehe ich auch bei Nabucco, denn wir sind jetzt vom russischen Erdgas abhängig. Wir werden dann eine zweite Abhängigkeit haben vom ägyptischen, iranischen, irakischen – wissen wir noch nicht genau – Erdgas. Die Investitionskosten müssen hereingespielt werden. Insgesamt, denke ich einmal, ist es ein Schuss ins Knie. Wenn wir die Energie, die jetzt in Nabucco hineingesteckt wird, in erneuerbare Energie steckten, dann bräuchten wir auch Nabucco nicht. (Bundesrat Tiefnig: Wasser!) – Das nur kurz zum Reizwort Stresstests.

Aber warum ich mich eigentlich zu Wort gemeldet habe  (Zwischenruf der Bun­desrätin Zwazl.) – Naja, das war der erste Punkt.

Jetzt kommt der zweite Punkt. Der zweite Punkt ist der Entschließungsantrag der FPÖ. Dem Entschließungsantrag können wir aufgrund des Begründungstextes und des Inhalts des Antrags einfach nicht zustimmen. Ich würde es aber sehr positiv finden, und das läge auch in unserem Interesse, wenn man diesen Rettungsmechanismus, diesen Rettungsschirm oder wie auch immer man ihn bezeichnen möchte, auch bei uns im Bundesrat in einem Ausschuss einmal heftig diskutierte.

Unser Problem ist weniger die Frage, ob es einen Rettungsschirm geben wird. Ich bin schon der Meinung, dass es im Falle eines Absturzes einen Rettungsschirm gibt. – Das kann jedem passieren, aus welchen Gründen auch immer; wichtig ist, dass man einen Rettungsschirm mit hat. Es geht aber vor allem darum, dass es verschiedene Gründe für Abstürze gibt. Um diese verschiedenen Gründe zu beleuchten, wäre es auch wichtig, sich die Ursachen für diese Abstürze anzuschauen. Insofern ist es einfach wichtig, einen Mechanismus einzubauen, um im Vorfeld schon einmal etwas zu tun und nicht erst nachher festzustellen: Oje, denen geht es nicht gut, da müssen wir jetzt zahlen.

Also für uns stellt sich nicht die Frage, ob es einen Mechanismus geben soll, sondern die Frage ist einfach, wie der Mechanismus aussehen soll und wer welche Spielregeln festlegt. Wir haben vor einiger Zeit einen Rettungsschirm beschlossen, das war der Bankenrettungsschirm. Ich habe damals hier nicht mitgestimmt und bin im Nachhinein sehr froh darüber, weil genau diese Spielregeln bei dem Bankenrettungsschirm einfach im Nachhinein per Verordnung festgelegt worden sind und ganz sicher nicht unsere Zustimmung gefunden hätten.

Im Prinzip geht es jetzt bei dieser Sache um genau dasselbe. Wenn man einen Ret­tungsschirm beschließt, wenn man einen Mechanismus einführen möchte, um in Not geratene Banken, Länder oder Sonstiges zu retten, dann brauchen wir vorher ordent­liche Spielregeln, klare Spielregeln, klare Kompetenzen: Wer ist zuständig? Wer wird informiert? Wer darf mitreden? Und welche Konsequenzen hat es, wenn ein Land das Geld in Anspruch nimmt? – Diese Diskussion fehlt mir. Diese Diskussion würde ich liebend gerne in einem Ausschuss führen. Da hätten wir auch liebend gern Infor­mationen vom Ministerium, welche Forderungen, welche Interessen die starke Stimme da für Österreich einbringt.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 101

Im Prinzip ist es so, dass im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird. Die Zwei­drittelmehrheit wird es wahrscheinlich nicht geben, denn aus den Fehlern beim Bankenrettungsschirm haben nicht nur wir gelernt, sondern auch andere. Ich denke, eine Zustimmung kann es nur dann geben, wenn wir vorher genau wissen, worum es geht, und da muss man auch mit der Opposition reden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.46


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.47.179. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. Mai 2011 betreffend Protokoll und Zusatz­protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Abän­derung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermei­dung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1088 d.B. und 1183 d.B. sowie 8512/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tages­ord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Ich bitte um den Bericht.

 


14.47.50

Berichterstatter Michael Lampel: Geschätzter Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Mai 2011 betreffend Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland zur Abänderung des am 26. Juli 2000 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antrag­stellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 31. Mai 2011 mit Stimmen­mehrheit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Staatssekretär Andreas Schieder herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 102

14.49.20

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei Staaten. Darin wird geregelt, in welchem Umfang den Vertragsstaaten das Besteuerungsrecht für die in ihrem Hoheitsgebiet erzielten Einkünfte zusteht.

Das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung soll verhindern, dass natürliche oder juristische Personen, die in beiden Staaten Einkünfte erzielen, auch in beiden Staaten, also doppelt, besteuert werden.

Für die Besteuerung werden vier Prinzipien herangezogen: das Wohnsitzlandprinzip, das Quellenlandprinzip, das Welteinkommensprinzip und das Territorialprinzip.

Das Wohnsitzlandprinzip: Eine Person ist in jenem Staat steuerpflichtig, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Das Quellenlandprinzip: Eine Person ist in dem Staat steuerpflichtig, aus dem ihr Ein­kommen stammt.

Das Welteinkommensprinzip: Das Welteinkommen des Steuerpflichtigen wird besteu­ert.

Das Territorialprinzip: Nur das Einkommen des Steuerpflichtigen wird veranlagt, das er auf dem Territorium des betreffenden Staates erwirtschaftet hat.

Um die einzelnen Mitgliedstaaten bei der Abfassung der Abkommen zu unterstützen und auch Doppelbesteuerung zu vermeiden, werden von der OECD in regelmäßigen Abständen Musterabkommen erarbeitet.

Die Bemühungen der OECD gipfelten in einer Änderung dieser Musterabkommen, wonach eine Auskunftserteilung nicht verwehrt werden darf, weil sich die erbetene Information im Besitz einer Bank befindet. Damit wurde das Bankgeheimnis in Österreich zumindest für Ausländer aufgeweicht.

Das Auskunftsersuchen der ausländischen Finanzbehörde richtet sich an die öster­reichische Abgabenbehörde. Diese hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Aus­kunftserteilung vorliegen.

Eine Auskunftspflicht besteht etwa dann nicht, wenn der anfragende Staat seine innerstaatlichen Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat oder selbst keine Auskünfte erteilt. Ich frage mich, wie ein Staat einen anderen Staat da kontrollieren kann.

Konkret bedeutet das, dass insbesondere ausländische Kunden von österreichischen Banken damit rechnen müssen, dass Bankeninformationen infolge des Ersuchens um Amtshilfe ausländischer Doppelbesteuerungsauskunfts-Partnerstaaten für Steuer­zwecke zur Verfügung gestellt werden müssen.

Umgekehrt erhält nunmehr auch Österreich die Möglichkeit, seinerseits Bankenaus­künfte über ausländische Steuerverwaltungen nachzufragen. (Ruf bei der SPÖ: Schlecht?) Ich frage mich, welcher Staat da einen Vorteil hat.

In den letzten Jahren hat sich der Druck aus dem Ausland auf das österreichische Bankgeheimnis stetig erhöht. Vorläufiger Höhepunkt war, als die OECD drohte, Öster­reich auf die Schwarze Liste der Steueroasen zu setzen, falls wir diese Grundsätze nicht übernehmen.

Die Freiheitliche Partei bekennt sich zum Doppelbesteuerungsabkommen, wie es im Jahre 2000 vereinbart wurde. Dieses Abkommen hat über elf Jahre gehalten, und es hat keine Probleme gegeben. Durch die OECD wurde gewaltiger Druck auf Österreich


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 103

ausgeübt. Damit wurde auch erreicht, dass das Bankgeheimnis in Österreich zumin­dest für Ausländer aufgehoben worden ist.

Wir sind überzeugt davon, dass durch die Doppelbesteuerungsabkommen eine Rie­sen­gefahr besteht, dass das Bankgeheimnis auch für Inländer aufgehoben wird.

Wir stimmen gegen diese Gesetzesvorlage, weil das Bankgeheimnis ein Grundrecht der Österreicher bleiben muss. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.54


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Greiderer. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.54.58

Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie im Bericht erwähnt, wurde das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung zwischen der Republik Österreich und der Republik Finnland schon am 26. Juli 2000 geschlossen.

Die Abänderung dieses Abkommens wurde deshalb notwendig, weil es nicht mehr den neuen OECD-Standards entspricht, was die steuerliche Transparenz und die Amtshilfebereitschaft betrifft.

Österreich hat schon 82 solcher Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung beschlossen. Es ist eben nicht gewollt, dass doppelt besteuert wird, es soll aber die Steuerumgehung sehr wohl verhindert werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung für gute Handelsbeziehungen, kommt der österreichischen Wirtschaft und der Export­wirtschaft zugute und schafft und sichert Arbeitsplätze.

Österreich hat immerhin sehr gute Handelsbeziehungen mit Finnland. Unsere wich­tigsten Exportwaren sind Fahrzeuge, Maschinenbauerzeugnisse, Aufzugs- und Roll­treppenteile, Lkw, Drähte und einiges mehr.

Es gibt aber noch viele ungenützte Möglichkeiten für unsere Exporteure auf dem finnischen Markt. Besondere Chancen haben Investitionsgüter für den Ausbau von Infrastruktur und den Einsatz erneuerbarer Energien. Daran können wir sehr wohl sehen, dass wir da einen zukunftsorientierten Hoffnungsmarkt für unsere Unternehmen haben.

Herr Kollege Ertl, zu Ihren Ausführungen: Leider befürchtet die FPÖ immer wieder, dass der gläserne Mensch und die Aufweichung des Bankgeheimnisses kommen könn­ten, hilft damit aber nur den Steuerhinterziehern und den Geldwäschern. Und das wollen wir nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir machen das ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern diese Abkommen werden laufend vom Global Forum der OECD geprüft und einem sogenannten Peer Review unterzogen. Das ist eine regelmäßige Expertenüberprüfung zur Einhaltung dieser Fragen. Und es ist, wie schon gesagt, für uns wichtig, hier eine positive Bewertung zu haben, um eben in Österreich keine wirtschaftlichen Nachteile davonzutragen.

Damit wir in Österreich nicht nur aus dem finnischen Wirtschaftswachstum, sondern auch aus dem Welthandel überhaupt entsprechend großen Nutzen ziehen können – wie wir es ja schon bei anderen Tagesordnungspunkten heute gehört haben –, ist es wichtig, solche Verträge zu haben. Deswegen werden wir auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.58



BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 104

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gruber. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.58.26

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Ertl, ich gehe davon aus, dass Ihre Zustimmung im Jahr 2000 in erster Linie damit in Zusammenhang zu bringen ist, dass Sie damals in der Regierung gesessen sind nicht aus haben können. Heute nützen Sie die Gelegenheit, da Sie in Opposition sind, dagegenzustimmen.

Meine Damen und Herren, Kollege Ertl hat die vier Prinzipien hier bereits doziert. In Wirklichkeit geht es darum, wie das Verhältnis zwischen Österreich und einem anderen Land, in diesem Fall Finnland, ist, wie wir Steuerangelegenheiten regeln. Die Firmen brauchen Sicherheit, die Menschen, die dort arbeiten, die Einkommen oder Vermögen haben, brauchen Sicherheit. Wir wollen keine Steuerhinterziehung, wir wollen aber auch keine Doppelbesteuerung.

Deswegen sollten wir das Abkommen aus dem Jahr 2000 evaluieren und sollten die gesetzändernden sowie die gesetzesergänzenden Inhalte einfließen lassen. Dafür ist nicht nur der Nationalrat zuständig, sondern es bedarf hier auch der Zustimmung des Bundesrates.

Meine Damen und Herren, ich möchte die meiner Meinung nach wichtigsten Punkte des Abkommens aufzählen.

Erstens: Durch diese Anpassung – und das hat Frau Kollegin Greiderer ja bereits gesagt – werden wir den neuen OECD-Standards entsprechen.

Zweitens: mehr steuerliche Transparenz und weitgehende Bereitschaft zur Amtshilfe – das ist ganz wichtig, sodass es einerseits zu keiner Doppelbesteuerung kommt, aber auf der anderen Seite auch zu keiner Hinterziehung.

Drittens: eine Neuregelung des steuerlichen Informationsaustausches.

Viertens: Bankauskünfte dürfen, Herr Kollege Ertl, nur für zukünftige Besteuerungs­zeiträume erteilt werden. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Fünftens: Die österreichischen innerstaatlichen Rechte auf Geheimhaltung bleiben unangetastet.

Sechstens: Informationen dürfen nur an Verwaltungsbehörden sowie an Gerichte weiter­gegeben werden.

Ich glaube, die letzten beiden Punkte sind besonders wichtig, dass man diesem Abkommen letzten Endes zustimmen kann. (Bundesrat Schennach: Und wurden von Ertl nicht erwähnt! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Da die EU-Kommission erst zum Jahresende 2010 mitgeteilt hat, Beiträge leisten zu wollen, um die Steuersysteme der Mitgliedsländer anzugleichen, ist es unbedingt notwendig, solche Abkommen funktionsfähig zu halten. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Frau Kollegin Greiderer hat von 82 Abkommen gesprochen, meinen Informationen zufolge gibt es bereits 90 solcher Abkommen.

Meine Damen und Herren, wenn dieses Abkommen mit Finnland auch nur 1 Prozent des österreichischen Exports betrifft – es ist für über 40 finnische Betriebe in Österreich und etwa 350 Unternehmen, die mit österreichischen Unternehmen in engen wirt­schaftlichen Verbindungen stehen, enorm wichtig –, es gibt Rechtssicherheit, es gibt Steuersicherheit.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 105

Wir haben in den letzten Jahren ungefähr 90 solcher Abkommen mit Ländern inner- und außerhalb Europas abgeschlossen. Das Ergebnis, meine Damen und Herren, sind grenzüberschreitende Aktivitäten, ein funktionierender Binnenmarkt, der unserer öster­reichischen Wirtschaft und unserer österreichischen Beschäftigungspolitik wertvolle Impulse gibt.

Die Vorteile solcher Abkommen, meine geschätzten Damen und Herren, liegen klar auf der Hand, daher werden wir Sozialdemokraten diesem Abkommen unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

15.02


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Schieder. – Bitte.

 


15.02.31

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Doppelbesteuerungs­abkommen sind jene rechtlichen Konstrukte, die im Namen das ausdrücken, was sie nicht sein sollen, denn sie sind ja in Wirklichkeit Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung.

Das heißt, wenn – wie auch schon erwähnt worden ist – Einkommen und Wirt­schafts­tätigkeit nicht nur in einem Land stattfinden, sondern in mehreren Ländern und mitunter auch gewisse Faktorbereiche unklar sind, ob sie quasi Vorprodukte sind oder schon Produkte und dergleichen, gibt es zwei Möglichkeiten, wie die Versteuerung erfolgen kann: Entweder es gibt einen rechtlichen Rahmen, sogenannte Doppel­besteuerungs­abkommen, womit für die Unternehmen klar und sicher ist, wie sie etwas zu versteuern haben, schon bevor sie quasi ihre Wirtschaftstätigkeit aufnehmen – damit können sie auch kalkulieren und alle notwendigen Maßnahmen treffen und haben Planungs­sicherheit –, oder dort, wo es keine Doppelbesteuerungsabkommen gibt, gibt es die Möglichkeit, dass die Unternehmen nachträglich wirr und recht aufwendig zwischen den Zoll- und Besteuerungsverwaltungen der betroffenen Länder quasi ihre Steuer­erklärungen machen. Das schafft wirtschaftliche Unsicherheit, Unklarheit und Plan­ungsunsicherheit und hilft nicht den wirtschaftlichen Beziehungen.

Gerade in einem Land wie Österreich, wo wir eine sehr hohe Exportquote haben und in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch die EU-Mitgliedschaft vor allem auch unseren Exportsaldo vom Negativen ins Positive drehen konnten, zeigt sich, wie sehr wir davon abhängig sind, dass wir ein Netzwerk von Doppelbesteuerungsabkommen und solchen Abkommen haben.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass sich die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, nicht nur darum kümmert, Standards für solche Abkommen vorzulegen, sondern auch darum, dass diese Standards immer dem aktuellen Stand von Transparenznotwendigkeiten entsprechen, wie die Frau Bun­desrätin ja auch erwähnt hat.

Es gibt sehr viele Probleme im Bereich der Geldwäsche, Unklarheit und so weiter, und daher sind manche Transparenzabkommen, die wir in der Vergangenheit hatten, nicht mehr adäquat zur Beantwortung und zur Bekämpfung der Kriminalitätsvorwürfe von heute gewesen.

Daher ist man dazu übergegangen, gewisse Teile des OECD-Abkommens zu über­arbeiten. Hier hat sich auch Österreich beteiligt, auch wenn das eine Veränderung hinsichtlich unseres bisherigen Vorbehalts gegenüber diesem berühmten Artikel 26 bedeutet hat, aber wir wollen an der Spitze der Bekämpfer von Steueroasen und all dieser Machenschaften stehen.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 106

Wir brauchen selbst diese Reinheit und Klarheit, um eben auch an der Spitze der BekämpferInnen dieser aus unserer Sicht wirtschaftlich schädlichen Machenschaften über Steueroasen zu stehen.

Wir haben, seit wir den Vorbehalt zurückgezogen haben, fünf Doppelbesteuerungs­abkommen komplett neu verhandelt und ausgehandelt – unter anderen auch ein solch wichtiges wie das mit Serbien, wo sich durch das erstmalige Bestehen eines Doppel­besteuerungsabkommens jetzt auch der Handel zwischen diesen beiden Ländern sehr positiv entwickeln kann.

Wir haben 14 Anpassungen bestehender Doppelbesteuerungsabkommen vorgenom­men. Und wenn ich sage „wir“, dann sind das hauptsächlich nicht die politischen Beschlussfasserinnen und Beschlussfasser – Bundesrat, Nationalrat, Bundesregie­rung, Staatssekretäre –, sondern vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entsprechenden Abteilung im Finanzministerium. Bei diesen MitarbeiterInnen möchte ich mich bedanken, weil das ein sehr mühsamer und kleinteiliger Prozess ist, und er geht durch ihre hohe Sachkenntnis und Detailkenntnis sehr gut und positiv vonstatten.

Wir haben auch das mit Paris modifizierte Doppelbesteuerungsabkommen letzte Woche Montag in Paris unterzeichnen können, gemeinsam mit der – vielleicht noch – amtierenden französischen Finanzministerin Christine Lagarde.

Wir gehen aber auch davon aus, dass wir mit all diesen Maßnahmen eine positive Be­wertung in dieser laufenden Peer-Review-Überprüfung des Globalen Forums der OECD bekommen, weil wir auch klargemacht haben, dass wir unseren internationalen Verpflichtungen nachkommen und auch sehr aktiv sind in der internationalen Bekämpfung von Hintergehen und Steuerhinterziehung und Geldwäsche und all diesen Maßnahmen.

Ganz kurz noch zu Finnland im Detail: Österreichs Exporte nach Finnland betragen über 500 Millionen € und die Importe rund 440 Millionen €. Finnland hat zurzeit ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent Positivwachstum – es ist ganz wichtig, das zu betonen. Da zeigt sich auch, dass es sehr dynamische Wirtschaftsbeziehungen zwischen den zwei in der Größe ungefähr vergleichbaren Ländern Österreich und Finnland sind.

Man muss auch sagen, dass die Exporte Finnlands – Österreichs Importe aus Finn­land – in den letzten Jahren abgenommen haben, hauptsächlich wegen des Rück­gangs im Mobilfunkmarkt. Alle anderen Bereiche Finnlands sind hoch positiv. Das heißt, man sieht auch hier, dass es gut und notwendig ist, dass wir jetzt unser Doppel­besteuerungsabkommen mit Finnland vollinhaltlich an den OECD-Standard auch für Amtshilfe adaptiert haben. Ich hoffe, dass das gemäß der Debatte in diesem Hause, die ja zu zwei Dritteln positiv war, auch eine positive Zustimmung findet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

15.08


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 107

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbe­reiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.09.3310. Punkt

Wahl von Vertretern Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nunmehr kommen wir zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Einer Vereinbarung der Fraktionen entsprechend sind vom Bundesrat ein Mitglied und ein Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wählen.

Es liegen mir Wahlvorschläge vor, Herrn Bundesrat Stefan Schennach als Mitglied sowie Herrn Bundesrat Edgar Mayer als Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wählen.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den von mir bekannt gege­benen Wahlvorschlägen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Die Wahlvorschläge sind somit angenommen.

Die von mir genannten Mitglieder des Bundesrates sind somit als Mitglied und als Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt.

Ich wünsche den Gewählten bei ihrer Tätigkeit viel Erfolg.

15.10.32 11. Punkt

Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das 2. Halbjahr 2011

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen somit zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Da mit 1. Juli 2011 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Salzburg übergeht und gemäß Art. 36 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes ich als die an erster Stelle entsendete Vertreterin dieses Bundeslandes zum Vorsitz berufen bin, sind die übrigen


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 108

Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Ich werde die Wahl der Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wahl der VizepräsidentInnen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Mag. Harald Himmer lautet.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustim­men, sich von den Sitzen zu erheben. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

 


15.12.31

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Ich bedanke mich sehr herzlich und nehme die Wahl an.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich gratuliere ganz herzlich und hoffe auf weitere gute Zusammenarbeit. (Allgemeiner Beifall.)

Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bun­desrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hierfür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Reinhard Todt lautet.

Ich bitte nun wiederum jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvor­schlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Danke, auch dies ist die Stim­menein­helligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

 


15.12.32

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Danke für das Vertrauen. Ich nehme die Wahl gerne an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich gratuliere dem gewählten Vizeprä­sidenten ganz herzlich und hoffe auch im Hinblick auf meinen Vorsitz im zweiten Halbjahr auf eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit.

Wahl der SchriftführerInnen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftfüh­rerin­nen und Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Josef Saller, Ana Blatnik, Martina Diesner-Wais und Ewald Lindinger für das zweite Halbjahr 2011 zu Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführern des Bundesrates zu wählen.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 109

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage nun die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

(Die Bundesräte Saller, Blatnik, Diesner-Wais und Lindinger danken für das Ver­trauen und nehmen die Wahl an.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich gratuliere allen ganz herzlich zur Wahl. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der OrdnerInnen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordnerinnen und Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Ferdinand Tiefnig, Karl Boden und Cornelia Michalke für das zweite Halbjahr 2011 zur Ordnerin beziehungs­weise zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist hiermit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

(Die Bundesräte Tiefnig, Boden und Michalke danken für das Vertrauen und nehmen die Wahl an.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke vielmals. Herzliche Gratulation und viel Erfolg bei Ihrer Tätigkeit! (Allgemeiner Beifall.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

15.14.58Einlauf und Zuweisung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten Sitzung beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt eine Anfrage mit der Nummer 2829/J-BR/2011 eingebracht wurde.

Ich gebe weiters bekannt, dass die Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen den Selbständigen Antrag 186/A(E)-BR/2011 betreffend Verhinderung einer europäischen Transferunion eingebracht haben, der dem Finanzausschuss zur Vorbe­ratung zugewiesen wird.

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Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, 30. Juni 2011, 9 Uhr, in Aussicht genom­men.


BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 110

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 28. Juni 2011, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Ich bedanke mich bei allen, die heute da waren, aber auch bei allen, die via Fernsehen die heutige Sitzung mitverfolgt haben.

Die Sitzung ist geschlossen.

15.16.01Schluss der Sitzung: 15.16 Uhr

 

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