Plenarsitzung
des Bundesrates
917. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 17. Dezember 2020
Großer Redoutensaal
Stenographisches Protokoll
917. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 17. Dezember 2020
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 17. Dezember 2020: 9.01 – 21.11 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden
2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird
3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG)
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden
9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden
10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden
11. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Vergabe geändert wird
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundessportakademiengesetz und IQS-Gesetz geändert werden
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bildungsdokumentationsgesetz 2020 erlassen wird und das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Universitätsgesetz 2002, das IQS-Gesetz sowie das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz geändert werden
14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird
15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020)
17. Punkt: Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds
18. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll
19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG)
20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden (COVID-19-Transparenzgesetz)
21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden
22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden
23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden
24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird
25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird
26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Sanitätergesetz geändert werden
27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird
28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz sowie das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2020 – 2. SVÄG 2020)
29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Bundespensionsamtübertragungs-Gesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Poststrukturgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz 2004, das UmsetzungsG-RL 2014/54/EU, das Bundes-Sportförderungsgesetz 2017, das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007, die 41. Gehaltsgesetz-Novelle, das Rechtspraktikantengesetz, das Bundeshaushaltsgesetz 2013 und das Prüfungstaxengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2020)
30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Verhinderung von Doping im Sport (Anti-Doping-Bundesgesetz 2021 – ADBG 2021) erlassen und das Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports (Bundes-Sportförderungsgesetz 2017 – BSFG 2017) geändert wird
31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG), das Bundesgesetz vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981), das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz) und das Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG) geändert werden
32. Punkt: Übereinkommen des Europarats über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen (revidiert)
33. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel über die Nutzung von Reproduktionen bestimmter Archivalien
34. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 1. Halbjahr 2021
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Inhalt
Bundesrat
Schlussansprache der Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ......................... 15
Wortmeldung des Bundesrates Christoph Steiner aufgrund eines von Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler erteilten Ordnungsrufes ...................................................................... 29, 29
Verlangen des Bundesrates Marco Schreuder auf Erteilung eines Ordnungsrufes 144
34. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 1. Halbjahr 2021 ........................................................................................................... 195
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................... 198
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 202
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 15
Ordnungsrufe ............................................................................................ 26, 29, 37, 144
Aktuelle Stunde (82.)
Thema: „Extremismus in Österreich: Aktuelle Herausforderungen und Ausblick“ 18
RednerInnen:
Robert Seeber ............................................................................................................... 19
Korinna Schumann ...................................................................................................... 21
Josef Ofner .................................................................................................................... 24
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 26
Bundesminister Karl Nehammer, MSc ................................................................ 29, 39
Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 32
Dominik Reisinger ........................................................................................................ 33
Andreas Arthur Spanring ............................................................................................ 35
Marco Schreuder .......................................................................................................... 36
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky ............................................................................ 38
Bundesregierung
Vertretungsschreiben .............................................................................................. 41, 41
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ........................................................................... 41
Ausschüsse
Zuweisungen ......................................................................................................... 40, 202
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden (1106/A und 552 d.B. sowie 10465/BR d.B.) ................................................................. 41
Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ................................................................ 4
2
2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (1107/A und 553 d.B. sowie 10507/BR d.B. und 10466/BR d.B.) ............................................................................................................... 41
Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ................................................................ 42
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 42
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 42
Gemeinsame Beratung über
3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden (895/A und 587 d.B. sowie 10458/BR d.B. und 10520/BR d.B.) ...... 43
Berichterstatter: Dr. Peter Raggl ................................................................................... 43
4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden (588 d.B. sowie 10459/BR d.B. und 10521/BR d.B.) ........................ 43
Berichterstatter: Dr. Peter Raggl ................................................................................... 43
RednerInnen:
MMag. Dr. Michael Schilchegger ................................................................................ 43
MMag. Elisabeth Kittl, BA ............................................................................................ 46
Otto Auer ....................................................................................................................... 46
Mag. Elisabeth Grossmann ......................................................................................... 47
Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ............................................................. 49
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 50
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 50
5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden (478 d.B. und 517 d.B. sowie 10522/BR d.B.) 50
Berichterstatter: Dr. Peter Raggl ................................................................................... 51
RednerInnen:
Stefan Schennach ........................................................................................................ 51
MMag. Elisabeth Kittl, BA ............................................................................................ 52
Otto Auer ....................................................................................................................... 52
Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 53
Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ............................................................. 54
Annahme des Antrages der Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ........................................................................................ 55
Gemeinsame Beratung über
6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG) (481 d.B. und 516 d.B. sowie 10456/BR d.B. und 10523/BR d.B.) 55
Berichterstatter: Sebastian Kolland ............................................................................. 55
7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (463 d.B. und 509 d.B. sowie 10457/BR d.B. und 10486/BR d.B.) ............................................... 55
Berichterstatter: Sebastian Kolland ............................................................................. 55
RednerInnen:
Mag. Daniela Gruber-Pruner ....................................................................................... 56
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 57
Andreas Arthur Spanring ............................................................................................ 58
Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA ............................................................................... 61
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky ............................................................................ 63
Sebastian Kolland ........................................................................................................ 64
Stefan Schennach ........................................................................................................ 65
Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ............................................................. 67
MMag. Dr. Michael Schilchegger ................................................................................ 69
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 73
Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 7, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – Annahme ................................................................................................ 62, 73
Gemeinsame Beratung über
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (462 d.B. und 510 d.B. sowie 10487/BR d.B.) ..... 74
Berichterstatter: Robert Seeber .................................................................................... 75
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (968/A und 511 d.B. sowie 10488/BR d.B.) ............................................................................................................... 74
Berichterstatter: Robert Seeber .................................................................................... 75
10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden (969/A und 512 d.B. sowie 10489/BR d.B.) ............................................................................................................................... 74
Berichterstatter: Robert Seeber .................................................................................... 75
11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Vergabe geändert wird (513 d.B. sowie 10490/BR d.B.) .................................................................................................... 74
Berichterstatter: Robert Seeber .................................................................................... 75
RednerInnen:
Eva Prischl .................................................................................................................... 75
Dipl.-Ing. Andrea Holzner ............................................................................................ 77
Markus Leinfellner ........................................................................................................ 77
Marco Schreuder .......................................................................................................... 78
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky ............................................................................ 79
Martin Preineder ........................................................................................................... 81
Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ............................................................. 82
Entschließungsantrag der BundesrätInnen Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Eva Prischl, Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenvereinbarungen Mediaagenturleistungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund“ – Ablehnung .................................................................................................. 81, 83
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 83
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 83
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 83
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............. 83
12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundessportakademiengesetz und IQS-Gesetz geändert werden (1065/A und 570 d.B. sowie 10467/BR d.B.) ............................................................................... 84
Berichterstatterin: Ing. Judith Ringer ........................................................................... 85
RednerInnen:
Christoph Steiner ......................................................................................................... 85
Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................................................... 86
Doris Hahn, MEd MA .................................................................................................... 87
Andreas Lackner .......................................................................................................... 88
Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .......................................................................... 89
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ........................................................................................ 90
13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bildungsdokumentationsgesetz 2020 erlassen wird und das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das
Hochschulgesetz 2005, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Universitätsgesetz 2002, das IQS-Gesetz sowie das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz geändert werden (479 d.B. und 571 d.B. sowie 10468/BR d.B.) 91
Berichterstatterin: Ing. Judith Ringer ........................................................................... 91
RednerInnen:
Doris Hahn, MEd MA .................................................................................................... 91
Mag. Dr. Doris Berger-Grabner ................................................................................... 93
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ........................................................................................ 95
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird (480 d.B. und 572 d.B. sowie 10469/BR d.B.) ............................................................... 95
Berichterstatterin: Ing. Judith Ringer ........................................................................... 95
RednerInnen:
Elisabeth Wolff, BA ...................................................................................................... 95
Doris Hahn, MEd MA .................................................................................................... 97
Markus Leinfellner ........................................................................................................ 99
Andreas Lackner ........................................................................................................ 100
Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 101
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 102
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (922/A und 597 d.B. sowie 10470/BR d.B.) ............................................................................................................................. 102
Berichterstatter: Bernhard Hirczy ............................................................................... 102
RednerInnen:
Mag. Dr. Doris Berger-Grabner ................................................................................. 102
Mag. Bettina Lancaster .............................................................................................. 103
Andreas Arthur Spanring .......................................................................................... 104
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross .............................................................................................. 105
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 106
Gemeinsame Beratung über
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020) (249 d.B. und 486 d.B. sowie 10499/BR d.B.) ............................................................. 106
Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................... 106
17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds (465 d.B. und 489 d.B. sowie 10500/BR d.B.) ............................................................................................................. 106
Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................... 106
18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll (355 d.B. und 490 d.B. sowie 10501/BR d.B.) ............................................................................................................................. 106
Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................... 106
RednerInnen:
Elisabeth Mattersberger ............................................................................................ 107
Ingo Appé .................................................................................................................... 108
MMag. Dr. Michael Schilchegger .............................................................................. 108
MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................... 109
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 109
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 109
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 18, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ..... 109
Gemeinsame Beratung über
19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (1109/A und 492 d.B. sowie 10460/BR d.B. und 10502/BR d.B.) ..... 110
Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................... 111
20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden (COVID-19-Transparenzgesetz) (468 d.B. und 488 d.B. sowie 10503/BR d.B.) ............................................................. 110
Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................... 111
21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden (1112/A und 491 d.B. sowie 10461/BR d.B. und 10504/BR d.B.) 110
Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................... 111
22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden (1111/A und 493 d.B. sowie 10505/BR d.B.) ............................................................................................................................. 111
Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................... 111
23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (1110/A und 494 d.B. sowie 10506/BR d.B.) .................................................. 111
Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................... 111
RednerInnen:
Andrea Kahofer .......................................................................................................... 112
Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................................................. 115
Josef Ofner .................................................................................................................. 117
MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................... 119
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 120
Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ............................................................ 121
Elisabeth Mattersberger ............................................................................................ 124
Horst Schachner ......................................................................................................... 126
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross .............................................................................................. 128
Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 129
Entschließungsantrag der BundesrätInnen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“ – Ablehnung ........................................................................................................... 114, 131
Entschließungsantrag der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reparaturen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“ – Ablehnung . 127, 131
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 131
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 131
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 21, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 131
Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 22, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – Annahme ........................................................................................... 116, 131
Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 23, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – Annahme ........................................................................................... 125, 131
24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (1118/A und 561 d.B. sowie 10516/BR d.B.) ... 132
Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................... 133
RednerInnen:
Markus Leinfellner ...................................................................................................... 133
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................. 135
Johanna Miesenberger .............................................................................................. 135
Stefan Zaggl ................................................................................................................ 136
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 136
Gemeinsame Beratung über
25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird (1119/A und 562 d.B. sowie 10517/BR d.B.) .................................................................................... 137
Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................... 137
26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Sanitätergesetz geändert werden (1120/A und 563 d.B. sowie 10471/BR d.B. und 10518/BR d.B.) ............................................................................................................................. 137
Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................... 137
27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird (564 d.B. sowie 10472/BR d.B. und 10519/BR d.B.) ............................................................................................................................. 137
Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................... 137
RednerInnen:
Ingo Appé .................................................................................................................... 138
Claudia Hauschildt-Buschberger .................................................................... 140, 152
Christoph Steiner ....................................................................................................... 141
Ing. Eduard Köck ........................................................................................................ 144
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 146
Dr. Karlheinz Kornhäusl ............................................................................................ 147
David Egger ................................................................................................................ 149
Bundesminister Rudolf Anschober ......................................................................... 153
MMag. Dr. Michael Schilchegger .............................................................................. 157
Entschließungsantrag der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot von Covid-19-Zwangstestungen und Zwangsimpfungen“ – Ablehnung 143, 160
Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Egger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gemeinden nicht im Stich lassen: Ersatz der Kosten für die Durchführung der Massentests“ – Ablehnung .............................................................................................................................. 151, 160
Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 25, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – Annahme ........................................................................................... 152, 160
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 26, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 160
Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 27, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben – Annahme ........................................................................................... 152, 160
28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz
sowie das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2020 – 2. SVÄG 2020) (1105/A und 519 d.B. sowie 10476/BR d.B. und 10495/BR d.B.) ............................................................................. 161
Berichterstatter: Andreas Lackner ............................................................................. 161
RednerInnen:
Karl Bader ................................................................................................................... 162
Korinna Schumann .................................................................................................... 163
Marlies Steiner-Wieser ............................................................................................... 165
Marco Schreuder ........................................................................................................ 166
Eva Prischl .................................................................................................................. 167
MMag. Dr. Michael Schilchegger .............................................................................. 168
Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 28, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben – Annahme ........................................................................................... 167, 169
Abstimmung über den Antrag des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, erübrigt sich .......................................... 169
29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Bundespensionsamtübertragungs-Gesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Poststrukturgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz 2004, das UmsetzungsG-RL 2014/54/EU, das Bundes-Sportförderungsgesetz 2017, das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007, die 41. Gehaltsgesetz-Novelle, das Rechtspraktikantengesetz, das Bundeshaushaltsgesetz 2013 und das Prüfungstaxengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2020) (461 d.B. und 506 d.B. sowie 10478/BR d.B. und 10491/BR d.B.) ............................................................................................................................. 170
Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................... 170
RednerInnen:
Ernest Schwindsackl ................................................................................................. 170
Elisabeth Grimling ...................................................................................................... 172
MMag. Dr. Michael Schilchegger .............................................................................. 174
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross .............................................................................................. 174
Korinna Schumann .................................................................................................... 175
Entschließungsantrag der BundesrätInnen Elisabeth Grimling, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Attraktivität der Polizeiausbildung“ – Ablehnung ....................... 173, 176
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 176
30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Verhinderung von Doping im Sport (Anti-Doping-Bundesgesetz 2021 – ADBG 2021) erlassen und das Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports (Bundes-Sportförderungsgesetz 2017 – BSFG 2017) geändert wird (482 d.B. und 533 d.B. sowie 10477/BR d.B. und 10527/BR d.B.) ...................................................................................................... 176
Berichterstatter: Andreas Lackner ............................................................................. 176
RednerInnen:
Andreas Lackner ........................................................................................................ 177
Heike Eder, BSc MBA ................................................................................................ 177
David Egger ................................................................................................................ 178
Thomas Schererbauer ............................................................................................... 179
Markus Leinfellner ............................................................................................ 180, 186
Vizekanzler Mag. Werner Kogler .............................................................................. 182
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 187
31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG), das Bundesgesetz vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981), das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz) und das Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG) geändert werden (1114/A und 540 d.B. sowie 10473/BR d.B.) ............................................................... 187
Berichterstatter: Marco Schreuder ............................................................................. 188
RednerInnen:
Sebastian Kolland ...................................................................................................... 188
Eva Prischl .................................................................................................................. 189
Josef Ofner .................................................................................................................. 190
Marco Schreuder ........................................................................................................ 191
Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ................................................................... ... 192
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 193
Gemeinsame Beratung über
32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Übereinkommen des Europarats über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen (revidiert) (350 d.B. und 538 d.B. sowie 10474/BR d.B.) ............................................................................................................. 193
Berichterstatter: Marco Schreuder ............................................................................. 193
33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel über die Nutzung von Reproduktionen bestimmter Archivalien (413 d.B. und 539 d.B. sowie 10475/BR d.B.) 193
Berichterstatter: Marco Schreuder ............................................................................. 193
Redner:
Christoph Steiner ....................................................................................................... 194
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 32, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ..... 195
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 33, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 195
Eingebracht wurden
Antrag der BundesrätInnen
Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Petition der deutschen Heimatvertriebenen (283/A(E)-BR/2020)
Anfrage der BundesrätInnen
Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Umsetzung des Nationalen Aktionsplan Armutsbekämpfung (3818/J-BR/2020)
Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr
Vorsitzende: Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann, Vizepräsident Mag. Christian Buchmann.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Einen schönen guten Morgen! Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die 917. Sitzung des Bundesrates.
Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Thomas Dim und Andrea Michaela Schartel.
Ganz, ganz herzlich begrüße ich unseren Herrn Innenminister Karl Nehammer heute hier im Hohen Haus. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ja, jetzt ist es so weit. In wenigen Tagen gehen der Vorsitz Salzburgs in der Länderkammer und damit auch meine Präsidentschaft zu Ende. Erlauben Sie mir daher, eine Bilanz über die vergangenen Monate zu ziehen:
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir Ende Juni hier zusammengesessen sind und mein Vorgänger Robert Seeber bei seiner Abschiedsrede gesagt hat, dass seine Präsidentschaft mit keiner anderen in der hundertjährigen Geschichte des Bundesrates vergleichbar ist. Damit hat er aus heutiger Sicht insofern recht behalten, als wir im vergangenen halben Jahr keine Sondersitzungen am Wochenende hatten oder solche, die ganz, ganz kurzfristig einberufen werden mussten.
Ansonsten drängt sich halt leider schon bezüglich Corona der Vergleich dieses Halbjahres mit deinem Halbjahr, lieber Robert, auf. So haben wir auch die Enquete in diesem Jahr absagen müssen, was mir besonders leidgetan hat, hätte ich mich doch sehr auf den Vortrag meines sehr geschätzten Herrn Prof. Reinhard Haller gefreut. Es ist schon eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet eine Enquete, die sich mit den Rahmenbedingungen unter Covid-19 auseinandergesetzt hätte, wegen Covid-19 abgesagt werden musste.
Trotz allem, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, blicke ich aber positiv auf die letzten Monate zurück. Wir konnten ja doch einiges tun und umsetzen: So haben wir am 1. Juli mit unserem Landeshauptmann Wilfried Haslauer die Übernahme im kleineren Kreis oben im Dachgeschoss feiern können, begleitet von einem Ensemble junger Künstlerinnen und Künstler der Salzburger Festspiele. Damit wurde gerade in diesen doch sehr schwierigen Zeiten ein Zeichen dafür gesetzt, dass Kultur auch in Zeiten der Pandemie möglich ist. Ich sage immer: Für mich ist Kultur auch eine Seelennahrung. – Und das hat uns schon sehr, sehr gutgetan.
Tags darauf hat Landeshauptmann Haslauer hier im Hohen Haus gesprochen. Und am 3. Juli konnten wir, auch im kleineren Kreis, eine offizielle Übergabe in Strobl am Wolfgangsee feiern. Das war auch eine sehr schöne Veranstaltung.
Ende Juli haben wir dann die Kulturwanderung im Innergebirge gemacht, gemeinsam mit Abgeordneten des Salzburger Landtages. Ich möchte mich bei meinem Kollegen
Silvester Gfrerer für die Mitorganisation dieser Veranstaltung sehr, sehr herzlich bedanken. – Du warst wesentlich daran beteiligt, dass diese Wanderung sehr, sehr gut angekommen ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Auch die von meinem Vorvorgänger Karl Bader initiierte Veranstaltung „Bundesrat im Bundesland“ haben wir im Salzburger Landtag durchführen können. Wir sind dann anschließend auch noch in die Museen gegangen, und wir haben uns die Ausstellung 100 Jahre Salzburger Festspiele im Salzburg-Museum angesehen. Dafür danke ich herzlich der Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf, die uns da so unterstützt hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Dann aber ging es los: Ende September mussten wir bereits wegen einer Covid-Erkrankung eines Mitglieds der Salzburger Landesregierung die mit dem Salzburger Landtag geplante Veranstaltung zu „75 Jahre Länderkonferenz“ absagen. Wir konnten dann noch eine Buchpräsentation im Palais Epstein abhalten. Der Festakt in der Nationalbibliothek zum 100. Jubiläum unserer Bundesverfassung wurde auch in sehr begrenztem Rahmen organisiert, hat aber stattgefunden und wurde auch via Livestream übertragen, sodass er einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wurde.
Diesen Weg des Livestreams haben wir auch für die Podiumsveranstaltung „100 Jahre Bundesverfassung – Frauen in Verantwortung“ gewählt. An dieser Podiumsdiskussion im Haus der Geschichte nahmen Bundesministerin Karoline Edtstadler, Volksanwältin a. D. Ingrid Korosec, die Präsidentin des Salzburger Landtages Brigitta Pallauf, Nationalratsabgeordnete a. D. Elisabeth Pittermann und ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner teil. Via Livestream haben 425 Damen und Herren diese Veranstaltung verfolgt. So viele hätten wir, meiner Meinung nach, bei einer Präsenzveranstaltung gar nicht hineinbekommen. Man sieht, man kann auch aus der Not eine Tugend machen.
Den Tag der offenen Tür zum Nationalfeiertag mussten wir natürlich auch in einer anderen Form, nämlich virtuell, abhalten, was mir persönlich sehr leidgetan hat, da ich sehr, sehr gerne viele Österreicherinnen und Österreicher und alle, die in Österreich wohnen, begrüßt hätte und ihnen das Parlament und unseren Bundesrat gezeigt hätte.
Die Jubiläumsveranstaltung zum 75. Jahrestag der konstituierenden Sitzungen von Nationalrat und Bundesrat und zu „100 Jahre Bundesrat“ fanden diese Woche leider auch in sehr, sehr kleinem Rahmen statt, obwohl sich solche Jubiläen ein größeres Publikum verdient hätten. Man konnte zwar via Livestream dabei sein, aber das ist natürlich nicht dasselbe.
Es ist uns aber mit dem Buch „100 Jahre Bundesrat“ gelungen, eine bleibende Erinnerung an dieses unser besonderes Jubiläum hier im Bundesrat zu schaffen. Dafür bedanke ich mich bei allen, die sich hier mit Beiträgen und auch mit ihrem persönlichen Engagement eingebracht und mitgearbeitet haben. Vielen Dank speziell an Frau Dr. Susanne Bachmann. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Auch unsere Weihnachtsfeier, die wir für diese Woche geplant hätten, konnte natürlich nicht stattfinden. Daher finden Sie heute einen kleinen süßen Gruß aus Salzburg (auf die kleinen grauen Papiertaschen, die auf den Plätzen der BundesrätInnen stehen, deutend), von Schokolade Berger, auf Ihrem Platz – ein kleiner Trost dafür, dass wir uns in dieser Woche nicht persönlich haben austauschen können. (Allgemeiner Beifall.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In meiner Präsidentschaft galt es, das Beste daraus zu machen. Das Beste daraus zu machen, war eigentlich nicht mein Motto dieser Präsidentschaft, es war die Kultur des Miteinanders, aber unter den gegebenen Umständen habe ich versucht, die Kultur des Miteinanders hinauszutragen, habe viele Termine, persönliche Termine in Wien und Salzburg
wahrgenommen, um zu zeigen, dass der Bundesrat auch außerhalb der Plenarsitzungen sehr, sehr aktiv ist.
Viele meiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner waren überrascht, erstmals Besuch einer Bundesratspräsidentin zu bekommen. Sie haben sich damit auch zum ersten Mal Gedanken über die Länderkammer gemacht und erfahren, dass wir als Bundesrat ein wichtiger Themensetzer der Republik sind.
Ich denke, dass das auch in Zukunft ein sehr guter Weg ist, um den Bundesrat als Zukunftskammer zu positionieren: hinauszugehen zu den Meinungsbildnerinnen und Meinungsbildnern und ihnen das Bild einer aktiven, zukunftsbewussten und themenbesetzten Länderkammer zu vermitteln, damit sie dieses Bild auch weitertragen. Das wünsche ich mir auch im Bereich Journalismus, denn von dort hört man immer: Der Nationalrat hat beschlossen – und auf uns im Bundesrat wird oft vergessen. Da ist, glaube ich, noch sehr, sehr viel Luft nach oben. (Allgemeiner Beifall.)
Vieles, wie das Jugendparlament, das Frauenfrühstück oder die Verleihung der Seniorenrose, kann hier nicht weiter behandelt werden.
Ich möchte aber noch den 2. November in Erinnerung rufen. Gerade unser Herr Innenminister – er ist gerade nicht da – war ja maßgeblich gefordert und beteiligt. (Ruf bei der FPÖ: Verantwortlich trifft es besser als beteiligt!) Der Terroranschlag in Wien ist schon fast in Vergessenheit geraten – wegen oder trotz der Coronazeiten. Am Tag danach – einige werden sich noch genau daran erinnern –, am 3. November, waren Ausschusstermine angesetzt. Es stand schon sehr früh an diesem Tag die Überlegung im Raum, diese aufgrund der unklaren Lage zu verschieben.
Nach Rücksprache mit dem Herrn Innenminister, mit dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und mit den Fraktionsvorsitzenden haben wir beschlossen, das nicht zu tun; einerseits weil aus diesen Gesprächen klar hervorging, dass die Sicherheit von Ihnen, sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates, und natürlich auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Parlament gewährleistet war, andererseits um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier wegen einer solch feigen Attacke nicht von ihrer Arbeit abhalten lassen. Wenn die Wiener Bürgerinnen und Bürger am nächsten Tag ihre Arbeit wieder aufnehmen, dann müssen wir das auch tun. Das war mein Grundsatz, und ich bin sehr, sehr dankbar dafür, dass alle im Präsidium zugestimmt haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Wir haben die Pflicht, nicht nur virtuell präsent zu sein, sondern trotz Anschlägen und trotz Corona unserer Präsenzpflicht hier im Hohen Haus nachzukommen. Wir haben in den letzten zehn Monaten gesehen, dass die vielen virtuellen Gespräche, die wir alle geführt haben, letztendlich nur eine Krücke zur Aufrechterhaltung des Dialogs waren. Manchmal war es sicher praktisch, damit Wege zu verkürzen; ich denke da an meine KollegInnen in Tirol, in Vorarlberg oder in der Steiermark. Die meisten von uns haben aber, denke ich, die Erfahrung gemacht, dass sie den persönlichen Austausch und die Auseinandersetzung von Angesicht zu Angesicht selten ersetzen können. Insofern ist es gut und für mich unabdingbar, dass Plenarsitzungen, sofern es irgendwie möglich ist, weiterhin hier im Hohen Haus stattfinden.
Am Ende meiner Präsidentschaft befinden wir uns einmal mehr in einer sehr, sehr herausfordernden Zeit. Die Rate der Neuansteckungen mit dem Virus ist immer noch viel zu hoch. Die Bevölkerung ist der Anticoronamaßnahmen zum Teil bereits überdrüssig.
In die kommende Präsidentschaft, jene der Steiermark, fällt die Zeit der Impfungen gegen Corona, mit denen diesem Schrecken endlich ein Ende gesetzt werden soll. Sie wissen alle, dass die Impfbereitschaft derzeit bei Weitem nicht ausreichen würde, um
die normalen Verhältnisse wiederherzustellen. Die Frage, wie wir dieses Problem lösen, wird wohl auch hier im Bundesrat noch heftige Diskussionen auslösen.
Meine Bitte an Sie alle für die nächsten Monate ist, dass wir im Sinne einer Kultur des Miteinanders gemeinsam Lösungen erarbeiten, dass wir zusammenhalten und zusammenarbeiten, um diese Problematik zu überwinden. Das erwarten sich die Menschen von uns im Parlament. Sie erwarten sich Sicherheit und Perspektiven für ein besseres Leben. Kritik ist immer erwünscht, sie sollte aber mit guten Alternativvorschlägen einhergehen.
Zum Schluss darf ich mich bei allen dafür bedanken, dass unsere Debatten nur selten den gebotenen Rahmen verlassen haben und dass es beim Austausch unter den Fraktionen ein gutes Klima gegeben hat. Mögen wir uns das bewahren!
Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesratskanzlei sowie des Parlaments insgesamt bedanken, die trotz drohender Absagen bis zum Schluss motiviert an Veranstaltungen gearbeitet haben und mich hervorragend serviciert haben.
Ich danke insbesondere der Direktorin des Bundesrates, dir, liebe Susanne Bachmann, und deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deiner Stellvertreterin Alice Alsch-Harant und ganz besonders meiner Assistentin Paula Jenner. Sie haben sich einen Applaus verdient. (Allgemeiner Beifall.)
Diese Damen – weil es zumeist Damen waren –, aber natürlich auch die Herren haben mich verlässlich durch diese Präsidentschaft begleitet.
Mein ausdrücklicher Dank gilt auch allen Fraktionsvorsitzenden für die gute Zusammenarbeit. Natürlich darf ich mich ganz besonders bei dir, meinem Fraktionsobmann Karl Bader, und meinen Kolleginnen und Kollegen vom ÖVP-Klub bedanken. Ihr wart in diesen Zeiten eine tolle Unterstützung für mich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Meinem Nachfolger Christian Buchmann wünsche ich für die Präsidentschaft der Steiermark viel Erfolg. Auch die nächsten sechs Monate werden wieder besondere Herausforderungen bringen, die du, lieber Christian, sicher sehr gut meistern wirst. Alles Gute für deinen Vorsitz, Christian!
Ich bedanke mich nochmals bei Ihnen für die Unterstützung in den letzten Monaten. (Allgemeiner Beifall.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema
„Extremismus in Österreich: Aktuelle Herausforderungen und Ausblick“
mit Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, den ich schon begrüßt habe.
In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je ein Redner/eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme des Herrn Bundesministers, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je eine Rednerin/ein Redner der Fraktionen sowie anschließend eine Wortmeldung des Bundesrates ohne Fraktionszugehörigkeit mit jeweils einer Redezeit von 5 Minuten. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme des Herrn Bundesministers erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Robert Seeber. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend den Vereinbarungen der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte, Herr Bundesrat.
Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Minister! Ich darf heute zu einem Thema sprechen, das den Terrorismus beziehungsweise den Extremismus in Österreich betrifft. Ich mache dies vor dem Hintergrund des letzten Sicherheitsberichtes beziehungsweise der Kriminalstatistik, weil es ganz gut ist, das in einen entsprechenden Kontext zu bringen.
Wir alle wissen, dass wir ein kleines Land im Herzen Europas sind, meine Damen und Herren. Wir sind ein sehr wohlhabendes Land im Westen, und Sie werden schon erahnen, warum ich das so sage – das wird sehr viel mit meinem Thema heute zu tun haben. Was ich vorwegnehmend sagen darf, was wir auch alle wissen und in den Medien sehen, ist, dass es bei allen Straftaten, die in Österreich passieren, einen eindeutigen Trend gibt, und zwar den Trend zu Internetkriminalität – ich werde das nachher noch erwähnen –; diese ist um 45 Prozent gestiegen.
Im letzten Sicherheitsbericht wurde angeführt, dass es 489 000 Straftaten gab, von denen 52,5 Prozent aufgeklärt wurden. Das heißt, unsere Exekutive, unsere Polizistinnen und Polizisten erreichen einen Aufklärungsgrad, dass jedes zweite Delikt aufgeklärt wird. Das spricht, möchte ich meinen, von einer sehr hohen Einsatzmotivation beziehungsweise auch von einer hohen Effizienz unserer Exekutive. Ich darf in diesem Zusammenhang unserer Polizei sehr herzlich dafür danken. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir auch erkennen können, ist, dass die klassischen Delikte wie Einbruch und Diebstahl im Abnehmen, aber die Delikte betreffend die Gewalt und Wirtschafts- und Internetkriminalität stark im Steigen begriffen sind. Das heißt, die Polizei muss sich auch intern im Cyberbereich wappnen, durch eine eigene IKT-Infrastruktur, und dafür werden auch 30 Millionen Euro in die Hand genommen, um auch sogenannte Cybercops, Spezialisten, im Bundeskriminalamt zu installieren, um dieser Herausforderung gerecht zu werden.
Ein anderes Thema – auf das ich jetzt nicht so genau eingehe –: Es wurde im Jahr 2018 auch eine Taskforce für den Bereich Sozialbetrug gegründet.
Was den Personalstand betrifft, so ist, wenn wir uns in einer so herausfordernden Zeit befinden, klar: Man hat ja 1 000 Personen im Jahr 2019 und auch im heurigen Jahr wieder 700 Personen aufgenommen – und das, Herr Minister, ist das, was wir brauchen. Danke für diese Initiativen in diesem Bereich.
Wenn ich sage, wir sind ein Land im Herzen Europas, möchte ich, bevor ich zum eigentlichen Thema Terrorismus komme, auch den Grenzschutz, der damit unmittelbar im Zusammenhang steht, erwähnen. Man hat sich auf EU-Ebene – darf ich erwähnen – auf ein Commitment geeinigt: dass wir eine stringente Politik brauchen, einen systemischen Ansatz, was die Hilfe vor Ort und eine rasche Rückführung ins Herkunftsland betrifft. Man hat sich auf einen Grundsatzbeschluss geeinigt.
Natürlich gibt es auch im Extremismus verschiedene unterschiedliche extremistische Gruppierungen, meine Damen und Herren, die sich zunehmend bewaffnen und radikalisieren. Das bedeutet eine enorme Herausforderung. Am rechten Rand sind das die Identitären und die Staatsverweigerer, und die sind natürlich auch sehr offen für Verschwörungstheorien. (Zwischenrufe der Bundesräte Hübner und Steiner.) Wenn wir uns die Demonstrationen in Berlin anschauen, bei denen die sich mit den Covid-19-Demonstranten vermischen, dann, muss man sagen, ist das eine große Herausforderung für die
Polizei; deswegen erwähne ich das hier. (Bundesrat Steiner: Und die Linksradikalen vermischen sich mit dem Schwarzen Block! Das vergessen Sie auch immer wieder zu erwähnen! Immer dasselbe!)
Was aber über diesem ganzen Thema steht, ist, dass wir eine anhaltende Bedrohung durch den islamistischen Terror in Österreich haben, und da, meine Damen und Herren, müssen wir zwischen den salafistisch-dschihadistischen Gruppierungen und dem IS unterscheiden. Die Zahlen betreffend deren Anhänger sind zwar rückläufig, aber diese Gruppierungen haben ein hohes Mobilisierungspotenzial, wie wir gesehen haben, und im Prinzip neue Propagandamöglichkeiten auf Social Media. Natürlich ist auch Al Kaida noch weltweit tätig. Und alle Gruppierungen – das ist ganz interessant und auch eine Bedrohung für unsere Gesellschaft – haben eines gemein, und zwar: Man kommt zu ganz einfachen Waffen. Man macht die Anschläge entweder mit einem Auto oder mit einem Messer oder mit einer Waffe. Wir haben das noch vom 2. November in Erinnerung, es wurde heute bereits erwähnt. Das heißt, diese Foreign Terrorist Fighters sind ein sehr schwer kalkulierbares Risikopotenzial für Österreich.
Es gibt, meine Damen und Herren, Probleme bei der Reintegration verurteilter Straftäter. Das ist ein Thema, welches uns in Österreich und das Innenministerium sehr beschäftigt, und daher gibt es diese Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen; auch ein bundesweites Netzwerk, das sogenannte BNED, wurde geschaffen, und darauf aufbauend ein Aktionsplan. Das ist der richtige Weg.
Meine Damen und Herren, wenn ich Rechtsextremismus sage, dann nehmen Sie das jetzt einmal ganz objektiv an, ich beziehe mich da auf den Sicherheitsbericht. Es ist ein Faktum: Wir haben einen Rechtsextremismus und einen Linksextremismus; ich spreche hier von den äußeren Rändern. Auf der einen Seite ist das in der Fremdenfeindlichkeit, im Antisemitismus begründet, auf der anderen Seite gibt es eine Spaltung am linken Rand in marxistisch-leninistische beziehungsweise anarchistische Gruppierungen. Das bietet natürlich bei den Demonstrationen, bei denen diese Ränder aufeinandertreffen, auch für die Polizei ein enormes Herausforderungspotenzial. Das ist eine Situation, die sehr schwierig ist und in Zeiten wie diesen auch immer schwieriger wird.
Das heißt, die Polizei ist sehr gefordert, und nicht nur vor Ort, sondern auch im Innenbereich, was die digitale Sicherheit betrifft. Da muss man sich gegenüber Hackerangriffen wappnen. Sie wissen alle, jeder hat ein Tablet, die technische Entwicklung schreitet schnell voran, und die kriminelle Seite ist oft auch einen Schritt voraus.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf dieses Attentat vom 2. November dieses Jahres eingehen. Im Zuge dessen wurde die Operation Luxor gestartet. Das heißt, 930 Beamte waren im Einsatz, um gegen die Terrorfinanzierung, gegen Geldwäsche tätig zu werden und auch um die Gründung von Terrororganisationen zu verhindern. Es wurden 20 Millionen Euro beschlagnahmt; das heißt, es sind da enorme Summen im Umlauf.
Die Regierung zeigt – und das hier zu erwähnen ist mir wichtig –, dass es ihr mit dem Kampf gegen diese radikalen Ideologien ernst ist. Eine dieser radikalen Ideologien ist die Muslimbruderschaft, die andere ist die Hamas, ein Ableger davon, der gegen Israel gerichtet ist. Das sind Ideologien, die Hass in unserer Demokratie verbreiten wollen, die eine enorme Zerstörungskraft haben, die unsere europäischen Grundwerte angreifen. Denen gilt es entschieden entgegenzutreten, und das wird von unserer Seite auch gemacht. – Ein herzliches Dankeschön an die Exekutive! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Meine Damen und Herren! Die Polizei klärt das unmittelbare Umfeld des Attentäters auf, aber auch den Hintergrund, die sogenannten Hasssäer. Was braucht es dazu? – Der Landeshauptmann meines Heimatbundeslandes, Thomas Stelzer, hat einmal das Thema Sicherungshaft zur Diskussion gestellt. Ich weiß, es ist nicht ganz einfach, was die
verfassungsrechtliche Sicht betrifft, aber eines ist klar: Wie immer man dazu steht, die Sicherungshaft ist ein Thema, das man aufgreifen kann beziehungsweise muss, um dem Herr zu werden. (Bundesrat Steiner: Steht das nicht im Koalitionsabkommen?) Ja, es ist gefährlich, aber es muss möglich sein, das in den normalen Maßnahmenvollzug zu integrieren. Entscheidend für mich ist: Wir brauchen eine Handhabe, um dem Terrorismus beziehungsweise den Gefährdern entsprechend entgegentreten zu können. Die Diskussion über dieses Thema muss erlaubt sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erwarte mir generell ein Ende einer falsch verstandenen Toleranz und endlich ein Bewusstsein in der EU, wie gefährlich die Ideologie des politischen Islam ist. (Bundesrat Steiner: Was ist mit eurem Regierungspartner? Musst mit deinen grünen Freunden reden! Da drüben sitzen sie!) Diese Ideologie des politischen Islam ist zersetzend für unsere Freiheit und für unsere europäischen Werte.
Das heißt, wir sind gefordert, im Austausch zwischen den Staaten, speziell Frankreich, Deutschland und Österreich, zu bekräftigen: Das Vorgehen – und das sage ich hier ganz dezidiert – gegen den politischen Islam ist kein Angriff auf eine Religion, sondern ein gemeinsamer Kampf der Demokratie gegen den Extremismus und für unsere Werte! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, die 10 Minuten Redezeit sind um. – Bitte den Schlusssatz!
Bundesrat Robert Seeber (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Das Antiterrorpaket, welches nun im ersten Schritt vorgelegt wurde, ist der richtige Schritt in diese Richtung.
Ich darf mich abschließend in diesem Zusammenhang natürlich auch bei allen Polizistinnen und Polizisten bedanken, Herr Bundesminister, da wird gute Arbeit geleistet, und auch den Bediensteten – da schaue ich in die andere Richtung – der Justiz, den Justizwachebeamten ein herzliches Dankeschön.
In diesem Sinne alles Gute. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)
9.28
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Fraktionsführerin Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Fraktionsvorsitzende, ich erteile Ihnen das Wort.
Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Gleich vorweg und besonders am Ende des Jahres gilt es hier in diesem Haus, allen MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion, der politischen Klubs, dem Reinigungspersonal, der Sicherheitsabteilung und allen anderen vielen Dank für ihre wertvolle Arbeit zu sagen. Ohne deren Arbeit könnten wir unsere Arbeit im Hohen Haus nicht machen. – Vielen Dank! (Allgemeiner Beifall.)
Jetzt zum Herrn Innenminister! Für die heutige Aktuelle Stunde wurde ja ein interessanter Titel gewählt: „Extremismus in Österreich: Aktuelle Herausforderungen und Ausblick“.
Österreich wurde am 2. November dieses Jahres von einem abscheulichen und feigen Terroranschlag getroffen. Der islamistische Attentäter hat vier Menschen getötet und 22 weitere zum Teil schwer verletzt. Er konnte von den Einsatzkräften der Polizei innerhalb von 9 Minuten ausgeschaltet werden. Hätte die Polizei nicht so schnell gehandelt, es wäre nicht vorstellbar, wie viele Opfer noch möglich gewesen wären. Der Attentäter war mit einem automatischen Gewehr bewaffnet, und der sogenannte Islamische Staat bekannte sich zum Anschlag.
Vor einigen Tagen wurden bei Hausdurchsuchungen im rechtsextremen und neonazistischen Milieu insgesamt 76 voll- und halbautomatische Waffen, 14 Pistolen und Revolver, sechs Handgranaten sowie Sprengstoff und die dazugehörigen Zünder beschlagnahmt. Allein in einer niederösterreichischen Halle fanden die Polizisten an die 100 000 Stück Munition. Betrachtet man das Attentat vom 2. November, bei welchem der Attentäter nur über ein automatisches Gewehr verfügte, erkennt man das unglaubliche Bedrohungspotenzial und die Gefahr, die von solch einer Waffensammlung durch Rechtsextreme ausgeht.
So unterschiedlich diese beiden Sachverhalte sein mögen, so verbindet sie dennoch eines: Sowohl der islamistische Attentäter als auch der Neonazi, der im Zentrum der Aktivitäten um dieses Waffendepot stand, waren der Polizei und den Gerichten bestens bekannt. Beide haben einschlägige Vorstrafen und eine Zeit ihres Lebens in österreichischen Gefängnissen verbracht. Bei beiden war das Bedrohungspotenzial, das von ihnen ausgeht, den Behörden sehr wohl bekannt.
Beim Attentäter von Wien erhielt die zuständige Behörde sogar noch Hinweise darauf – von einem aufmerksamen Waffenhändler –, dass er in der Slowakei Munition kaufen wollte, dennoch unternahmen die zuständigen Behörden nichts, um dieses Attentat zu verhindern.
Die Waffensammlung des bekannten Neonazis, der anscheinend seit Jahren kontinuierlich Waffen sammelte, wurde nur als Zufallsfund im Rahmen von Ermittlungen im Drogenmilieu entdeckt und in keiner Weise dadurch, dass in Österreich die rechtsextreme Szene durchgängig unter Beobachtung der zuständigen Behörden steht. Es ist unfassbar, dass eines der bekanntesten Gesichter des Rechtsextremismus in Österreich, das noch dazu gerade eine Haftstrafe verbüßt, in Ruhe höchst gefährliche Waffen sammeln konnte, ohne dass dies vom Verfassungsschutz verhindert wurde. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir alle kennen den Zustand des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Es ist nicht in der Lage, die vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen. Dafür gibt es viele Gründe – parlamentarische Gremien beschäftigen sich seit Jahren mit dieser Ursache.
Sie, Herr Bundesminister, sind aber bei der Reform des Verfassungsschutzes säumig. Sie tragen dafür die Verantwortung, sowohl die politische als auch die rechtliche. Die Österreicherinnen und Österreicher und alle, die in Österreich leben, haben Anspruch auf Schutz vor Gefahren, die von extremistischen Kreisen ausgehen. Sie haben die Verpflichtung, die extremistische Szene genau zu beobachten, die notwendigen Schlüsse und Konsequenzen zu ziehen, und zwar bevor es wieder zu Schäden an den Menschen kommt.
Was macht diese Bundesregierung? – Sie präsentiert der Öffentlichkeit ein neues Gesetzespaket gegen Terrorismus, obwohl den Behörden, wie wir alle gesehen haben, jetzt schon Gesetze und Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die diese aber nicht ausschöpfen.
Achten Sie, Herr Bundesminister, lieber darauf, dass Österreich wieder einen funktionierenden Verfassungsschutz bekommt, der in der Lage ist, die rechtsextreme und islamistische Szene in Österreich zu beobachten und zu bekämpfen! Sie haben jetzt schon alle dafür notwendigen Mittel. (Beifall bei der SPÖ.)
Was hervorzuheben ist – das hat schon Kollege Seeber gesagt und es muss wieder betont werden –, das sind die enormen Leistungen der Kolleginnen und Kollegen von der Polizei in der Krise und das unbeschreiblich mutige und bewundernswerte Handeln während und nach dem Terroranschlag. Das ist wirklich supertoll. Vielen, vielen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Beinahe hätten Sie aber den Kolleginnen und Kollegen von der Polizei noch die Kontrolle in den Wohnzimmern der Menschen in Österreich zugemutet. Das war wirklich eine der absurdesten Ideen dieser Regierung, die wir zum Glück verhindern konnten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Stasi-Methoden!)
Lassen Sie mich abseits aller terroristischen Bedrohungen in dieser Aktuellen Stunde auch zu einem Thema kommen, das ganz, ganz viele Menschen betrifft: Herr Minister, wie gedenken Sie die Herausforderungen, die veränderten Voraussetzungen, die eine sich zunehmend verschärfende soziale Krise bedeuten, zu bewältigen? Die Themen hängen nämlich stark zusammen: Die Frage der Sicherheit ist nicht ohne die soziale Frage zu denken.
472 152 Menschen, die derzeit arbeitslos sind und keine Perspektiven haben: Wo sind außer Ankündigungen die wirklichen Stiftungslösungen und die Arbeitsmarktförderungsprogramme? Die Arbeitslosigkeit wird noch steigen, das ist leider traurige Tatsache. Es geht um das Schicksal von fast 500 000 Menschen und ihren Familien. Menschen verlieren also ihre Arbeit, verlieren ihre Chancen und verlieren, wenn sie länger keine Arbeit finden, damit auch die Hoffnung. Frustration, Angst und Depression sind die Folgen und bei manchen auch Aggression. Aggression führt beispielsweise zu einem Anstieg der Gewalt in den eigenen vier Wänden.
Die Justizministerin hat angekündigt, einige Maßnahmen zum Schutz von Familienangehörigen – fast immer Frauen – in das Dauerrecht überführen zu wollen, was eine wichtige und gute Entwicklung ist. So wird es möglich sein, auf elektronischem Weg einstweilige Verfügungen zu beantragen, was eine wirkliche Verbesserung im Kampf gegen Gewalt an Frauen darstellt. Es geht aber auch um die Ausweitung des Opferschutzes und die Betreuung während Prozessen für Kinder, die ja häufig die Zeugen, die traurigen Zeugen, von Gewalt im Haushalt sind; auch das ist eine wichtige Verbesserung.
Kommen wir zurück zu den Folgen der Krise. Arbeitslosigkeit führt zu Armutsgefährdung und Armut, und ja, man muss es klar sagen, Armut führt auch zu Krankheit, zu fehlender Perspektive und zu bitterer Not. Soziale Netze wurden, und das muss auch klar gesagt werden – Stichwort Mindestsicherung –, schon unter Türkis-Blau durchtrennt und bis heute nicht repariert. Während die soziale Schere immer weiter aufgeht, steigt in der Gesellschaft zugleich auch die Angst vor Kriminalität.
Wir müssen alle Menschen effektiv vor Armut schützen. Die Krise hat diese Problematik verschärft, und da, das ist auch Tatsache, versagt diese Regierung auf ganzer Linie. Wirksame Arbeitsmarktmaßnahmen? – Fehlanzeige. Allein der hohe Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit müsste bitte bei allen die Alarmglocken schrillen lassen. Wir brauchen eine Jobgarantie und eine Ausbildungsgarantie für die Jugend. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben viele unserer Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben, abgelehnt. Sie haben stattdessen mit brachialer Rhetorik versucht, hier die Macherhosen anzuziehen, und das insbesondere dort, wo Sie meinten, es würde Ihnen einen parteipolitischen Vorteil bringen: „Wir sind sozusagen die Flex, die Trennscheibe für die Gesundheitsbehörden, um die Infektionskette rasch zu durchbrechen“. – Die Flex sollte aber nur für Wien ausgepackt werden. Schon diese Aussage zeigt, dass Sie nicht begriffen haben, dass das Letzte, was man in einer Pandemie braucht, ein Innenminister ist, der die Bundesländer gegeneinander ausspielen möchte. (Beifall bei der SPÖ.)
Ja, diese Krise ist neu und außergewöhnlich, aber nach zehn Monaten muss man schon sagen, Sie hätten sich längst in Ihrer Rolle finden müssen und wirkliche Vorschläge machen müssen, um Ihrer Rolle auch gerecht zu werden. Sie haben versucht, die Verfehlungen und das Versagen im Innenministerium durch andere Nebelgranaten zu verdecken. All jene Punkte wie das Versagen beim BVT, das Versagen in der unglaublich traurigen und bestürzenden Affäre in Moria, das Versagen bei der Terrorbekämpfung,
das Versagen bei der Bekämpfung der Krise, alles das wurde durch Nebelgranaten medial überlagert.
Ihnen, Herr Minister, sagen wir aber: Wir lassen uns von keiner noch so ausgeklügelten thematischen Vernebelungstaktik ablenken – sicher nicht –, denn wir wissen, es ist noch sehr viel aufzuklären, und wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bleiben dran! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
9.38
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen! Verehrte Zuhörer und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Willkommen beim schwarz-grünen Inkompetenzroulettespiel: Das wäre eigentlich der passendere Titel für die Aktuelle Stunde, wenn diese Regierungskoalition dazu einlädt. Nachdem wir das letzte Mal den Herrn Ich-vergesse-gerne-die-Nullen-Finanzminister hier bei uns hatten, hat man die Kugel erneut in den Roulettekessel geworfen, und der Herr Innenminister hat gewonnen. Dieser ist heute hier und hat sich das Thema ausgesucht: „Extremismus in Österreich: Aktuelle Herausforderungen und Ausblick“.
Ich möchte durch meine Einleitung die Wichtigkeit dieser Thematik nicht herabwürdigen – ganz im Gegenteil, und insbesondere vor dem Hintergrund der schmerzlichen Erinnerung an den 2. November dieses Jahres –, es ist aber wahrlich eine Verhöhnung der Opfer dieses eiskalten islamistischen Terroranschlags in Wien sowie der Polizisten, die unter Einsatz ihres Lebens für unsere Sicherheit sorgen, dass Sie es sich anmaßen, heute hier bei uns zu sitzen und diese Diskussion zu führen. Sie besitzen nicht den Funken eines Anstandes, weil Sie nach diesem Versagen, das Sie zu verantworten haben, nicht schon längst zurückgetreten sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie tragen die Verantwortung für das, was im Vorfeld dieses grauenvollen islamistischen Anschlags und danach passiert ist. Sie sind nämlich derjenige, der die Warnungen der deutschen und slowakischen Behörden ignoriert hat, und Sie waren es, der den Attentäter trotz der Warnungen und Beobachtungen des Verfassungsschutzes nicht frühzeitig aus dem Verkehr gezogen hat. Sie haben bis zuletzt versucht, die Verantwortung an die Justiz und an Ihren Vorgänger abzuschieben. Erst als Sie medial aufgeflogen sind, mussten Sie gestehen. Sie waren und sind als Mitglied dieser Bundesregierung und dieser ÖVP für eine Politik verantwortlich, die zwar vor Wahlen immer gern das FPÖ-Programm abschreibt und restriktive Gesetze fordert; wenn es aber dann darum geht, verantwortungsvoll für Österreich zu handeln, mutieren Sie zum Umsetzungszwerg und suchen Ausflüchte. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, das hat natürlich einen Hintergrund, denn: Wer war es denn, der bereits 2015 gemeint hat, der Islam gehöre selbstverständlich zu Österreich? – Es war kein Geringerer als der heutige Bundeskanzler. Daher konnten auch in der vorherigen Regierung mit dieser ÖVP weder ein hartes Verbotsgesetz gegen den politischen Islam noch andere harte Maßnahmen gegen solche Gefährder umgesetzt werden. Auch im Antiterrorpaket, das Sie gestern präsentiert haben und das durch die Medien geflackert ist, ist das nicht der Fall. Sie haben sich wieder nicht dazu durchringen können, ein hartes Verbotsgesetz zu erlassen. Was ist denn mit Ihnen los? Wen vertreten Sie denn überhaupt? – Die Österreicher auf jeden Fall nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir fordern weiterhin ein scharfes Verbotsgesetz gegen den politischen Islam und sind auch gerne bereit, ein solches zu verabschieden, um damit die Strukturen der Islamisten zu zerschlagen und Österreich wieder sicherer zu machen. Sie aber wollen das nicht, denn Sie haben sich ja mit den Grünen, die die Grenzen sowieso am liebsten sperrangelweit aufmachen und damit auch dem Terrorismus Tür und Tor öffnen würden, auf ein
Packel gehaut. Sie vergegenwärtigen sich die Chronologie des islamistischen Terrors und die Faktenlage in Europa einfach nicht. Ich kann Ihnen zeigen, was seit dieser unkontrollierten Massenzuwanderung passiert ist (einen Ausdruck mit der Aufschrift „Chronologie“ in die Höhe haltend): 51 Anschläge, 397 Tote und 2 842 Verletzte. – Das ist die traurige Bilanz der Vorkommnisse, die seit 2015 stattgefunden haben. (Bundesrätin Schumann: Bei uns?)
Daher wundert es mich, dass Sie nicht schon längst entsprechende Schritte gesetzt haben. Den Beweis liefert ja auch Ihr Regierungsprogramm und vor allem der gestrige sicherheitspolitische Blindgänger, der sich dadurch auszeichnet, dass Sie es nicht einmal geschafft haben, den politischen Islam beim Namen zu nennen; man hat auch diesen Begriff noch herausgenommen. Wie viele Terroranschläge braucht es denn noch, bis Sie sich in dieser Bundesregierung endlich der Gefahr bewusst werden? Dass Ihre Deradikalisierungsmaßnahmen nicht greifen, haben wir alle leider Gottes schon sehen müssen. Wie lange braucht es noch, bis Sie die österreichische Bevölkerung endlich gebührend schützen? (Beifall bei der FPÖ.)
Es wird ja generell interessant, wenn das Thema Extremismus behandelt wird. Wir lehnen jegliche Form von Extremismus ab – ob er von rechts kommt, ob er von links kommt und vor allem auch, wenn es sich um islamistischen Extremismus handelt. Sie von Schwarz-Grün haben da aber einen anderen Zugang, denn wenn es um Linksextremismus geht, sind Sie auf dem linken Auge blind, und wenn es um islamistischen Extremismus geht, sind Sie sowieso gelähmt, wie wir gesehen haben.
Da die Grünen in der Regierung sind, ist klar, dass man den Linksextremismus totschweigt und sagt, es gibt ihn nicht, obwohl der Verfassungsschutz in seinem Bericht 2019 detailliert festgehalten hat, dass es vermehrt zu Straftaten durch Linksextreme gekommen ist. Es dürfte aber wohl vielmehr dem Ansinnen dieser Koalition, die eine Bedrohung für Österreichs Sicherheit ist, entsprechen, den Linksextremismus totzuschweigen. Es gibt ja berühmte und bekannte Proponenten wie Klubchefin Maurer im Nationalrat, die sich – seit dem Jahr 2014 – bis heute noch nicht entsprechend vom Schwarzen Block distanziert hat und somit keine Berührungsängste mit Gewaltbereitschaft hat, wenn es gegen Andersdenkende geht. (Beifall bei der FPÖ.)
„Unseren Hass, den könnt ihr haben“; „Hört auf, Österreich zu feiern“; „Wer Österreich liebt muss Scheiße sein“ – solche Aussagen von gewissen Organisationen und Linksextremen erfreuen sich ja nicht nur bester Unterstützung durch grüne Plattformen, sondern mittlerweile hat auch die ÖVP sichtlich kein Problem mehr damit. Das ist also anscheinend die neue ÖVP. Das zeigt sich auch am Beispiel des Herrn Ministers, denn bei der Beantwortung einer FPÖ-Anfrage im Nationalrat im Juni dieses Jahres hinsichtlich des Linksextremismus haben Sie – welche Überraschung! – entweder Ausflüchte gesucht oder die Fragen teilweise überhaupt nicht beantwortet. Wenigstens haben Sie eingeräumt, dass es linksextreme Gruppen und solche Plattformen, die politische Mobilisierungsfelder suchen und diese – auch in Österreich, beispielsweise beim Thema Klima – auch erkannt haben, auch in Österreich gibt. Sie haben also zugegeben: Es gibt ihn doch, den Linksextremismus in Österreich!
Wenn man sich ansieht, wie Sie damit umgehen, drängt sich mir schon die Frage auf: Wie eng ist denn die schwarz-grüne Bundesregierung in Österreich tatsächlich mit dem Linkextremismus verbunden? Denn: Wo ist denn der Schwarze Block? Wo ist denn die Antifa? Wo sind die Stalinisten und Maoisten? Wo sind die Omas gegen Rechts und die Linkslinken, um jeden Donnerstag den Verkehr auf den Straßen lahmzulegen und ein Lichtermeer gegen die schwarz-grüne Bundesregierung zu entzünden, um dagegen zu protestieren, dass Sie stärker als jede andere Regierung in der Zweiten Republik die Grund- und Freiheitsrechte einschränken, Versammlungsverbote erlassen, Ausgangssperren verhängen, den Parlamentarismus als lästiges Übel empfinden und Machträusche ausleben, die totalitäre Anwandlungen haben? (Beifall bei der FPÖ.)
Wo sind sie denn alle, um dagegen aufzutreten, dass Sie die Medienlandschaft mit Millionen an Steuergeldern gefügig machen und nicht einmal davor zurückschrecken, den Bürgern unseres Landes zu drohen, wenn diese sich nicht ausreichend testen oder impfen lassen, dass Sie sogar ins private Wohnzimmer hineinwollen, um unsere Bürger zu kontrollieren? Wo sind denn die selbsternannten Gralshüter unserer Demokratie, unserer Freiheit und der freien Meinungsäußerung, wenn es darum geht, diese vor den schwarz-grünen Gefährdern Österreichs entsprechend zu beschützen und Letztere zur Räson zur bringen? – Ihr Protest ist nicht zu vernehmen!
Daher muss man davon ausgehen, dass die Symbiose zwischen den Linksextremisten und den Machtrausch- und Maßnahmenextremisten in dieser Regierung einwandfrei funktioniert, indem die einen von den anderen verschwiegen werden und im Gegenzug die einen zur Politik der anderen schweigen. Diese Situation ist für unsere Demokratie und für unsere Grund- und Freiheitsrechte ebenso untragbar und brandgefährlich wie bestimmte Aussagen, etwa jene eines grünen Abgeordneten, der die Gefahr nicht erkannt hat und erst kürzlich wieder gemeint hat, man könnte eigentlich die Polizei entwaffnen, denn es sei nicht notwendig, dass unsere Polizei Waffen trägt.
Daher gilt es, diesen Machenschaften, dieser Gefährdung Österreichs, dieser schwarz-grünen Bundesregierung mit allen zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln stets und entschieden entgegenzutreten, um damit vor allem die österreichische Bevölkerung so zu schützen, wie diese es sich verdient hätte. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege Ofner, Ihre 10 Minuten sind vorüber. Den Schlusssatz bitte!
Bundesrat Josef Ofner (fortsetzend): Schlusssatz: Wir möchten uns natürlich bei allen Polizisten sehr herzlich bedanken, die trotz dieser Bundesregierung tagtäglich eine hervorragende Arbeit leisten und unsere Bevölkerung und unser Österreich schützen. (Beifall bei der FPÖ.)
9.49
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege Ofner, für die Behauptung, dass die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, eine Linksextreme wäre, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Ofner: Danke! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
*****
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen das Wort.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, es ist wichtig, dass ich zu Beginn meiner Rede einmal klarstelle, was Extremismus im Behördensprachgebrauch bedeutet, was als Extremismus bezeichnet wird: Es ist eine Einstellung, die dem äußeren Rand des politischen Spektrums jenseits der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zuzuordnen ist.
Rechtsextremismus, Linksextremismus, Islamismus, Antisemitismus – der politische Extremismus stellt uns wahrlich vor sehr große Herausforderungen. Das ist gerade sehr aktuell; ich nehme da auf den jüngsten Waffenfund in Niederösterreich Bezug: An diesem Beispiel sehen wir sehr gut, dass im Bereich des Rechtsextremismus sehr gute
Strukturen vorhanden und auch aktiv sind. 100 000 Schuss Munition reichen tatsächlich aus, um eine kleine Armee auszustatten. In diesem Fall bestehen Verbindungen zur organisierten Kriminalität, insbesondere dem Rotlichtmilieu, zum Drogen- und zum Waffenhandel. Es herrscht ein sehr großes Gewaltpotenzial und es gibt eine internationale Vernetzung – in diesem Fall nach Deutschland. Identitäre und ähnliche Strukturen sind in einigen Regionen nach wie vor aktiv und bedienen sich schon oft neuer Namen – zum Beispiel wurden in meinem Bezirk aus den Identitären Die Österreicher –, und das ist wirklich genau zu beobachten.
Beide genannten Kreise versuchen auch, auf aktuelle Protestbewegungen zuzugreifen. Es wurde heute auch schon einmal gesagt: Es sind insbesondere die Coronaleugner, die sich dort vor den Karren spannen lassen und bei denen mobilisiert wird. Da tut sich meiner Meinung nach ein sehr großes Problemfeld auf. Diese Bewegung, die gerade entsteht, ist sehr heterogen, und ihr Einfluss über die sozialen Medien ist sehr groß.
Extremistische Einflüsse sind aber auch in migrantischen Communitys gegeben; da ist durchaus ein Zusammengehen nationalistischer und religiöser Ideologien zu beobachten. Ein besorgniserregendes Beispiel sind dabei die Grauen Wölfe aus der Türkei, aber es gibt auch zunehmend Versuche ausländischer staatlicher Einflussnahme, die häufig via Botschaften, Konsulate, Medien und Geheimdienste gesteuert und unterstützt werden.
Worum muss es uns als Gesetzgeber nun gehen? – Wenn Extremismus zu Straftaten führt, dann ist das Strafgesetz der Rahmen dafür. Eine Abstrafung und ein Verurteilen des Straftatbestandes ist erforderlich. Es sollte uns aber auch wesentlich um Prävention mit weitreichenden Maßnahmen gehen. Nur so werden wir zukünftig in der Lage sein, dem Extremismus und seiner Ausbreitung wirkungsvoll zu begegnen. Nach einer Verurteilung müssen also weitere Maßnahmen folgen.
Im Vordergrund sollten dabei die Reintegration und die Deradikalisierung stehen, soweit das unter Maßgabe der Umstände möglich ist. Es wird nicht möglich sein, alle Täterinnen und Täter ein Leben lang wegzusperren oder zu überwachen. Darum müssen wir weitere Angebote schaffen. Wir müssen uns auf die Präventionsarbeit konzentrieren und den Zusammenhalt der Gesellschaft, die Resilienz und Widerstandsfähigkeit gegenüber extremistischem Gedankengut stärken und das Gemeinsame in den Vordergrund stellen. (Bundesrat Steiner: Das hat ja bis jetzt gut funktioniert, dass man mit Extremisten redet! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.) Es wird uns schlussendlich nur schaden, wenn wir einzelne Personengruppen wie Muslime unter Generalverdacht stellen (Bundesrat Steiner: Weil es immer die Gleichen sind! Es sind immer die Gleichen!), obwohl der islamistische Extremismus durch aktuelle Ereignisse gerade auch wieder sehr stark – sehr stark! – präsent ist. Das doch sehr große Problem in Österreich ist aber nach wie vor der Rechtsextremismus.
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es sich bei den meisten in Österreich wegen Terrordelikten Verurteilten um sogenannte homegrown terrorists handelt, nämlich um österreichische Staatsbürger, bei denen man es nicht geschafft hat, dass sie sich in dieser Gesellschaft angenommen fühlen. (Bundesrat Steiner: Ja, zu wenig Therapiestunden!) Der Ansatz, der in Österreich zur Deradikalisierung verfolgt wird, lässt sich leider noch nicht als Programm bezeichnen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrat Steiner und BundesrätInnen der ÖVP.) Es sind vereinzelte Maßnahmen, die unkoordiniert und auch pointiert angewendet werden. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auf Präventionskonzepte in Bezug auf Extremismus eingehen, die wir entsprechend mit Ressourcen ausstatten sollten.
Dazu gehören Maßnahmen, Projekte und Programme zur Extremismusprävention. Diese brauchen eine langfristige Absicherung. Das ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Extremismusprävention. Ein erster Schritt wurde gestern im Rahmen der Vorstellung
des Antiterrorpaketes gemacht, indem ein finanzieller Basisrahmen von 8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wird. – Danke dafür. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Extremismusprävention muss auch gegen jede Art von Extremismus vorgehen. Extremismusprävention heißt immer auch, Rassismen, Sexismen und Diskriminierungen entgegenzuwirken. Eine gute Sozial-, Bildungs-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik ist die beste Extremismusprävention – das hat auch Kollegin Schumann gerade schon betont.
Extremismusprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es braucht einen Ausbau von leistbaren, niederschwellig zugänglichen sozialarbeiterischen, therapeutischen, bildungspolitischen Angeboten wie Gratistherapieplätzen, Schuldenberatung, aufsuchender Sozialarbeit, Streetwork, Ressourcen für Schulen in ökonomisch benachteiligten Gebieten.
Medienkompetenz und ein kritischer Umgang mit Medieninhalten müssen im Fokus stehen. Lebensweltorientierung heißt auch, Onlinewelten, die einen großen Teil unseres Alltags ausmachen, im Blick zu haben. Die Förderung von Medienkompetenz und einem kritischen Umgang mit Medieninhalten leistet einen wesentlichen Beitrag zur Prävention gegen die Verbreitung polarisierender, menschenverachtender und extremistischer Inhalte im Internet. Wir haben heute in späterer Folge noch einen Tagesordnungspunkt betreffend Hass im Netz – das wird sicher gut dazu beitragen.
Gute Präventionsarbeit lenkt den Blick von Defiziten auf Ressourcen. Es geht darum, Menschen zu befähigen, ihr Leben selbstständig zu meistern und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Offene Jugendarbeit, die Jugendliche in der Adoleszenz begleitet, leistet auch da einen wesentlichen Beitrag. Es bedarf einer strukturierten Vernetzung und Zusammenarbeit aller an Extremismusprävention beteiligten AkteurInnen. Das sind einschlägige Beratungs- und Betreuungseinrichtungen genauso wie Sicherheitsbehörden, die Justiz, die Bewährungshilfe, Einrichtungen der offenen Jugendarbeit sowie Bildungseinrichtungen und arbeitsmarktpolitische Projekte. Dabei muss aber immer auf die notwendige Vertraulichkeit von Beratungs- und Betreuungsangeboten Bedacht genommen werden.
Zum Schluss möchte ich noch zwei Beispiele aus anderen Ländern nennen, nämlich den Niederlanden und Dänemark. Dort gibt es tatsächlich schon gut strukturierte Programme. Dort bearbeiten multiprofessionelle Teams, die sich aus BewährungshelferInnen, PsychologInnen, Bildungseinrichtungen, AMS, Polizei, Nachrichtendiensten zusammensetzen, unter anderem folgende Fragestellungen: Wie und wann fand die Radikalisierung statt? Wie stark ist sie ausgeprägt? Wie stark muss die Betreuung und Überwachung sein? Kann die Familie, der Bekanntenkreis eingebunden werden? (Bundesrat Ofner: ... Islamisten! Am besten reden wir mit allen 25!) Oder: Ist dieses Umfeld radikalisiert, wie kann unterstützt werden? – So entsteht bestenfalls dann, wenn diese Person noch im Gefängnis ist, ein gesamtheitlicher Plan, um Perspektiven zu schaffen, wenn diese Person herauskommt.
Ich könnte das jetzt noch weiter ausführen (Bundesrat Ofner: Na, bitte!), aber das rote Licht leuchtet schon. Ich weiß ganz genau, das Thema ist nicht einfach zu bearbeiten und stellt uns vor sehr große Herausforderungen, aber ich denke, dass die Bundesregierung, dass wir als Gesellschaft in Zukunft intensiv daran arbeiten und alles daransetzen sollten, das Thema Extremismus in Österreich gemeinsam weiter zu entschärfen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
9.59
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Kollege Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte.
*****
09.59
Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Sie haben gerade Herrn Kollegen Ofner einen Ordnungsruf erteilt und behauptet, er hätte gesagt, Frau Klubobfrau Maurer wäre eine Linksextremistin.
Dagegen verwehren wir uns, denn das hat er natürlich nicht gesagt. Sie haben den Ordnungsruf jetzt inflationär benützt. Sollten Sie es nicht verstanden haben, was er gesagt hat, bitte ich Sie, das Protokoll kommen zu lassen und es zu überprüfen, denn er hat wortwörtlich gesagt: Nachdem es ja zahlreiche grüne Proponenten wie Klubchefin Maurer gibt, die sich bis heute nicht vom Schwarzen Block distanzieren kann.
Das ist ein enormer Unterschied! Ich bitte Sie, das Protokoll kommen zu lassen und diesen Ordnungsruf zu widerrufen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
10.00
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Kollege Steiner! Sie wissen, dass das Erteilen von Ordnungsrufen im Ermessen des Präsidenten oder der Präsidentin liegt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Noch einmal zur Geschäftsordnung: Natürlich sind sie im Ermessen der Präsidenten, aber sie sollen auf Tatsachen basieren und nicht auf irgendwelchen Hirngespinsten des Präsidenten oder der Präsidentin! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Hallo!)
10.00
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Für die Aussage „Hirngespinste“ erteile ich Ihnen ebenfalls einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Herzlichen Dank!)
*****
Zu einer ersten Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Karl Nehammer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Wenn es darum geht, sich mit dem Phänomen Terror auseinanderzusetzen, dann muss man sich damit auseinandersetzen, dass Terror ein Ziel verfolgt, nämlich die Gesellschaft zu spalten, die Menschen gegeneinander aufzubringen, das Vertrauen in die Institutionen des Rechtsstaates zu erschüttern und damit die Menschen zu verunsichern.
Es braucht daher einen entschlossenen, einen systemischen Kampf gegen den Terrorismus. Das macht nicht allein die Polizei, es braucht das Zusammenwirken mit der Justiz, es braucht das Zusammenwirken mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen, um die Wurzeln des Terrors nachhaltig und strukturiert tatsächlich ausreißen zu können.
Heute war auch der 2. November – der Terroranschlag, die Terrornacht – ein wichtiges Thema in den Diskussionsbeiträgen, und der 2. November hat uns vor Augen geführt, dass der islamistische Terror in Österreich angekommen ist. Es ist für mich als Innenminister meine Pflicht und Schuldigkeit gegenüber den Opfern, den Angehörigen, den Verletzten (Bundesrat Ofner: Zurückzutreten!), nicht im Sinne der freiheitlichen Kollegen die Flucht zu ergreifen, davonzulaufen, sondern Aufklärung zu leisten, dem Terror den
Kampf anzusagen und weiter dafür zu sorgen, dass mehr Sicherheit in Österreich möglich ist und nicht weniger. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen. – Bundesrat Steiner: Dann fangts einmal an damit! Am besten, Sie fangen damit endlich an, und nicht immer nur groß reden, reden, reden!)
Wenn wir über diesen 2. November reden und die freiheitlichen Kollegen im Bundesrat hier so laut die Stimme erheben, dann sollten sie in den Spiegel schauen, kurz innehalten und darüber nachdenken, wie es möglich sein kann, dass ein ehemaliger Innenminister dazu bereit ist, für politisches Kleingeld eine Mission zu gefährden, die den Schlag gegen die Muslimbruderschaft und die Hamas bedeutet hat. (Bundesrat Steiner – sich mit beiden Händen an den Kopf greifend –: Sie sind so peinlich! Sie sind so peinlich! Unglaublich!) Er hat die Arbeit durch den Verrat der Operation Ramses gefährdet und darüber hinaus noch zwei weitere Operationen genannt, die noch im Laufen sind. (Bundesrat Spanring: 2 Stunden, nachdem es in der „Heute“ gestanden ist!) Es wird zu klären sein, inwieweit diese dann noch durchgeführt werden können.
Wir haben es trotzdem geschafft. Trotzdem haben die Polizistinnen und Polizisten, von denen Sie so viel sprechen, diese Polizistinnen und Polizisten, auch des Verfassungsschutzes, des Landes-Verfassungsschutzes Steiermark, des Landes-Verfassungsschutzes Wien der Muslimbruderschaft, der Hamas einen schweren Schlag zugefügt, 25 Millionen Euro an Sachvermögen sichergestellt, Konten eingefroren. Dieser Schlag hat viel internationale Aufmerksamkeit erregt, weil Österreich eines der ersten europäischen Länder ist, das bereit ist, den Kampf gegen den politischen Islam, gegen die Muslimbruderschaft in dieser Intensität zu führen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner.)
Gleichzeitig war heute in den Diskussionsbeiträgen auch schon die Rede davon, dass es tatsächlich durch Ermittlungen gegen die organisierte Kriminalität gelungen ist, über eine Spur im Suchtgifthandel einen der größten Waffenfunde in der Zweiten Republik zutage zu bringen. Es wurde schon erwähnt, dass der Waffenfund insofern ein dramatisches Ausmaß hatte, als er über die Maßen aus halbautomatischen und vollautomatischen Waffen bestanden hat, mit unzähligen Magazinen, mit Munition, Handgranaten, Sprengmitteln, bestimmt für den mitteldeutschen Raum, um dort eine rechtsextreme Miliz aufzubauen.
Wir sind daher in engem Austausch mit den bundesdeutschen Behörden, mit Innenminister Horst Seehofer – das Landeskriminalamt Bayern, das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen waren an dieser Aktion genauso beteiligt wie das Landeskriminalamt Wien. Was uns tatsächlich beunruhigen muss, ist, dass man sieht, in welchem Umfang vollautomatische und halbautomatische Waffen verfügbar sind. Welche Gefahr von ihnen ausgehen kann, das haben wir am 2. November dramatisch gesehen.
Das heißt, derzeit sind die Sicherheitsbehörden gefordert, auf der einen Seite Aufklärung darüber zu leisten, was in der Terrornacht passiert ist, was das Umfeld des Täters ist – es gab mehrere Festnahmen und Hausdurchsuchungen, ebenfalls über die Landesgrenzen hinaus –, auf der anderen Seite gilt es, Nachschau zu halten, wo Fehler passiert sind, diese klar zu benennen, Strukturen anzupassen und zu verändern. Wir bauen den Verfassungsschutz neu auf, das ist eine der wesentlichsten Maßnahmen. Normalerweise brauchen Länder dafür zwei Jahre, wir haben uns das Ziel gesetzt, das in einem Jahr zu erreichen. Das ist eine komplexe Materie, Nachrichtendienst vom Staatspolizeilichen zu trennen, um effizientere Strukturen aufzubauen, um tatsächlich die Schutzmauer der Republik wieder aufzubauen, und gleichzeitig gilt es, den entschlossenen Kampf gegen den radikalen dschihadistischen genauso wie gegen den rechtsextremen Terror zu führen.
Es ist beunruhigend, zu sehen – der Trend hat sich in der Bundesrepublik Deutschland schon länger abgezeichnet –, dass sich die rechtsextreme Szene bewaffnet, dass es
auch dort wieder dramatische Fälle von rechtsextremem Terror gegeben hat und dass diese Entwicklung immer, wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland beginnt, mit Zeitverzögerung auch in Österreich auftritt. Das heißt, es gilt, jetzt genau Nachschau zu halten, den Terroristen den Boden zu entziehen und ständig den Druck in der jeweiligen Terrorszene, seien es die Islamisten, seien es die Rechtsextremen, aufrechtzuerhalten. Und ja, ich gebe Ihnen vollkommen recht, am Ende des Tages ist es vollkommen unerheblich, von welcher Seite der Terror kommt, entscheidend ist, dass man ihn mit aller Härte und Konsequenz bekämpft. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Schumann und Steiner.)
Es ist schon ein wichtiger Zwischenruf vonseiten der SPÖ-Kollegen erfolgt – natürlich wird es nicht ohne BVT gehen, es wird vor allem ein neuer Verfassungsschutz sein. Aber wissen Sie, was ich Ihnen sage, Frau Bundesrätin? – Das ist jetzt ganz wichtig: Sie haben hier einen sehr groben Keil verwendet, um mit dem Verfassungsschutz aufzuräumen, mit dem Ministerium, wie Sie sagen, und auf der anderen Seite loben Sie den Einsatz der Polizistinnen und Polizisten. Wissen Sie, wer im Verfassungsschutz arbeitet? (Bundesrätin Schumann: Ich weiß es!) – Polizistinnen und Polizisten. Wissen Sie, was die geleistet haben? (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) – Sie haben den Schlag gegen die Muslimbruderschaft durchgeführt, genau dieselben, die Sie kritisiert haben, denen Sie (in Richtung FPÖ) Totalversagen vorwerfen, genau dieselben. (Bundesrat Steiner: Wir werfen Ihnen Totalversagen vor, Sie haben mit der Polizei überhaupt nichts zu tun! Ihnen werfen wir Totalversagen vor, nicht der Polizei! Die Polizei ist trotz Ihnen sehr gut! – Bundesrat Schennach: Das ist keine Fragestunde!) – Ja, das ist besonders spannend, ich weiß: politisches Kleingeld auf dem Rücken der Polizistinnen und Polizisten, auf dem Rücken der Sicherheit.
Ich wiederhole es gerne noch einmal für die KollegInnen von der FPÖ: Bereitschaft, Polizeioperationen zu verraten (Ruf bei der FPÖ: Das war in der „Heute“!), zu gefährden, und trotzdem gelingt es - - (Bundesrat Steiner: Das ist in der Zeitung gestanden!) – Das ist die Peter-Pilz-Methode, richtig, Herr Kollege: Wir spielen etwas den Medien zu, zitieren es und sind nachher nicht strafbar wegen Geheimnisverrats. (Bundesrat Spanring: Das ist eine Unterstellung!)
Nur, so leicht werden wir uns damit nicht abfinden, wir werden ganz genau Nachschau halten. Und eines ist klar, und das freut mich als Innenminister besonders: Die Polizistinnen und Polizisten lassen sich von solchen Spielchen nicht ablenken. Der Kampf wird entschlossen geführt. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)
Sie leisten tagtäglich einen schweren Dienst, da haben Sie völlig recht, das kann man gar nicht hoch genug bewerten, und dann sollte man ihnen das Arbeiten nicht noch schwerer machen. Bei der Operation Ramses, die verraten worden ist, gab es 1,2 Millionen Überwachungsbilder, über 20 000 Überwachungsstunden, und jetzt stelle man sich vor, die Operation hätte nicht durchgeführt werden können.
Das heißt, was ist meine Aufgabe als Innenminister? – Die Rahmenbedingungen sicherzustellen, dass die Polizistinnen und Polizisten ihrer Arbeit nachgehen können, dass der Verfassungsschutz, die Schutzmauer der Republik, der in seiner alten Konstruktion mittlerweile 18 Jahre alt ist, neu gebaut wird und damit effizienter ist. (Bundesrätin Grimling: Ja, aber bald!) – Ja, mit Sorgfalt und mit Effizienz.
Ich bin überzeugt davon, dass alle, die hier sitzen, ein Interesse haben: Terror darf niemals sein Ziel erreichen, dass Hass und Zwietracht gesät werden (Beifall bei der ÖVP) und dass wir in eine Situation kommen, in der auch Religionen gegeneinander aufgehusst werden.
Dazu ein klares Wort, weil auch das in der Diskussion immer wieder vermischt wird: Der Kampf gegen den politischen Islam ist kein Kampf gegen eine Religion, sondern ein
Kampf gegen Antidemokraten. Der Kampf gegen den politischen Islam schützt die Musliminnen und Muslime, die in Österreich leben, davor, dass sie von einer Terrororganisation oder von Strukturen, die in Wahrheit einen Gottesstaat und die Scharia einführen wollen, missbraucht werden. Ja, es ist unsere gemeinsame Verpflichtung, gegen die Dschihadisten, gegen die Rechtsextremisten, die Linksextremisten, die Staatsverweigerer, die Reichsbürger – all jene, die die Staatssicherheit gefährden – zu kämpfen.
Ich kann nicht einmal mit dem Aufzählen all jener, die bereit sind, unsere Demokratie, unsere Grund- und Freiheitsrechte zu gefährden, fertig werden. Es muss unser gemeinsames Ziel sein – auch politisch –, ihnen keinen Meter und keine Chance zu geben. Das geht durch Geschlossenheit, durch entschiedenes Vorgehen wie jetzt mit dem Antiterrorpaket, durch das Gefährderregister, durch die Maßnahmen der elektronischen Überwachung bei bedingter Entlassung – ein großes Danke an dieser Stelle auch an die Justiz, an die Justizministerin und die Integrationsministerin für die Kooperation, weil nur dieses systemische Zusammenwirken funktionieren kann, und ein großes Danke an dieses Hohe Haus, denn Sie haben das Budget beschlossen. Wir haben das höchste Sicherheitsbudget in der Geschichte der Zweiten Republik. Das sind die Maßnahmen, mit denen man nachhaltig Terrorismus bekämpfen kann, und wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)
10.12
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für Ihre Stellungnahme, Herr Bundesminister! Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Harald Himmer. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen via Livestream! Ja, es ist eine sehr wichtige Debatte, die wir hier führen: Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ist ein enorm wichtiges Gut, mit dem kein Spaß zu treiben ist.
Wir alle haben die schlimmen Ereignisse vom 2. November – nicht unweit von dem Ort, an dem wir uns heute befinden – in Erinnerung, und daher ist, glaube ich, klar, dass wir eine solche Debatte besonnen führen sollen. Es gibt ja viele Punkte, in denen wir uns einig sind, denke ich: Ein Punkt, in dem wir uns alle einig sind, ist, wie hervorragend die Polizei an diesem Abend gearbeitet hat und wie toll die Leistung war, diesen Terroristen nach 9 Minuten ausgeschaltet zu haben. Ich glaube, dass das auch ein wirklich tolles Vorbild für die Jugend ist, um zum Beispiel selbst in den Polizeidienst einzutreten, und ein Beispiel, das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir Bürger haben, die es auf sich nehmen, für andere ihr Leben zu riskieren, um mehr Menschenleben zu retten.
Daher verstehe ich nicht immer ganz, warum sich, wenn wir über Radikalismus reden, in so einer Links-Rechts-Debatte unterschiedliche Personen fast angesprochen fühlen. Für mich ist völlig klar, dass Sozialdemokraten und Grüne, die hier als Parlamentarier wirken, keine Linksradikalen sind, und für mich sind auch die Mandatare der Freiheitlichen Partei keine Rechtsradikalen. Daher weiß ich auch nicht, warum wir uns manchmal so schwertun, zu sagen, dass es völlig klar ist, dass wir Radikalismen auf beiden Seiten zutiefst ablehnen und dass wir Risiken, die von Radikalismen der linken, der rechten Seite oder einer religiösen Seite kommen, selbstverständlich als gemeinsame Gefahr zu erkennen und auch als gemeinsame Gefahr zu bekämpfen haben.
Ich möchte dabei auf einen Punkt Bezug nehmen, der heute auch diskutiert worden ist, nämlich die Cybersicherheit. Natürlich wissen wir, dass immer mehr Risiken vom Netz ausgehen, und dabei ist es aus meiner Sicht auch wichtig, dass wir im parlamentarischen, demokratischen, politischen Spektrum, in dem wir unterwegs sind, eine intensive Debatte darüber führen, wie wir diese Technologien für uns nutzbar machen. Es ist vieles dazu gesagt worden, auch von der Kollegin von der Sozialdemokratie: Ich bin auch der Meinung, dass man viel im Präventivbereich machen muss. Ich glaube, dass man viel an Radikalisierung verhindern kann und dass es viele Softfacts – sozusagen – gibt, damit es nicht zu solchen Attentaten kommt, wie es am 2. November in Wien passiert ist.
Eines ist aber schon auch klar: Es gibt auch Großrisiken, es gibt einfach auch ganz gefährliche Menschen. In diesem Zusammenhang – das muss ich sagen – verstehe ich tatsächlich nicht immer ganz, warum wir nicht auch darüber nachdenken, wie wir zum Beispiel elektronische Überwachungen und andere Dinge im Rahmen der Verfassung einsetzen können. Da haben wir viele, viele Dinge.
Das gilt übrigens natürlich auch für die Bekämpfung der Pandemie, die wir teilweise auch wie im Mittelalter bekämpfen und gegen die manche moderne Technologien bis hin zu Impfungen nicht zum Einsatz bringen wollen.
Der Summenstrich und die Zielsetzung für mehr Sicherheit in Österreich ist für mich daher Folgendes – und ich bin sehr froh, dass der Herr Bundesminister genau in der politischen Mitte steht, um diese Risiken zu erfassen –: Die Gegner, von denen wir dabei sprechen – die Anschläge machen, die Menschen gefährden, die Menschen umbringen –, sind die Gegner von allen Parlamentariern, von allen Menschen, die sich in der Zivilgesellschaft engagieren, und wir sollten es in so einer Debatte auch zusammenbringen, dass wir sagen: Nicht wir sind die Gegner, sondern die Gegner, über die wir heute diskutieren, sind viel gefährlicher als das, was wir hier in politischen Auseinandersetzungen abzuhandeln haben. Diese Priorität sollte immer ganz klar sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Novak.)
10.17
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer zu Hause vor den Fernsehgeräten! Das Thema Rechtsextremismus oder Extremismus ist in Österreich gerade auch durch die verheerende Terrortat in Wien wieder in den Fokus gerückt, aber auch wenn wir es vorher nicht so vor Augen hatten, muss uns eines klar sein: Extremismus hat es in den unterschiedlichsten Ausprägungen und unterschiedlichsten zeitlichen Abfolgen immer gegeben. Dauerhaft ausrotten wird man extremistische Ansätze nicht können, deshalb stellt sich für mich, für uns die Frage: Wie begegnen wir ihnen, und was tun wir dagegen – wir als Zivilgesellschaft, aber natürlich auch die österreichische Exekutive und die Justiz?
Ein wichtiger Schlüssel zur Verhinderung von Extremismus ist zweifellos Prävention. Dazu braucht es zum einen eine unmissverständliche und klare Haltung unserer Gesellschaft und zum anderen Aufklärung und Information. Allen muss klar sein: Wir wollen und dulden das nicht, weder von rechts noch von links, und auch nicht, wenn irgendein radikaler Glaube vorgeschoben wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr vorsichtig positiv darf man das vorgestellte Terrorpaket der Regierung bewerten, weil es sich jetzt anscheinend doch gegen alle Facetten des Extremismus richtet und nicht nur gegen den politischen Islam. Andernfalls würden Sie, Herr Minister, wieder Probleme mit unserer Verfassung bekommen.
Ganz wichtig ist uns auch und wir sind froh darüber, dass dieses Gesetz in Begutachtung gehen wird. Als SPÖ wollen wir betonen, dass wir uns alle gemeinsam nicht einschüchtern lassen, aber es auch klar sein muss, dass keine Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger durch überzogene Maßnahmen gefährdet werden dürfen. (Beifall bei der SPÖ.)
Klar ist auch, Prävention braucht Ressourcen, finanzielle wie personelle. Und was wir noch brauchen, sind funktionierende Geheimdienste, eine lückenlose und schnelle Kommunikation und die beste Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Polizei und Justiz. Da, Herr Minister, kann ich Ihnen leider kein sehr gutes Zeugnis ausstellen, denn gerade der letzte so tragische Terrorakt hat gezeigt, dass es vor dieser Tat eine ganze Reihe von Pannen im österreichischen Sicherheitssystem gab, und dafür sind Sie und Ihre ÖVP-Vorgänger im Innenressort leider auch mitverantwortlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir kennen die politische Einflussnahme der ÖVP auf vielen Ebenen und in vielen Bereichen, aber gerade im Polizei- und Geheimdienstapparat, und den kenne ich sehr gut, haben Sie jahrelang Parteigünstlinge untergebracht und zu wenig Wert auf Objektivität, Qualität und Unabhängigkeit gesetzt. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)
Weil das vorhin erwähnt wurde: Ich rede hier nicht von jenen Kolleginnen und Kollegen, die auf der Straße Dienst machen, ich rede von Ihnen und der Chefetage, also von jenen, die Weisungen und Anordnungen erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)
Armselig, wirklich armselig ist auch, wenn Sie diese Verantwortung bis dato in Abrede stellen und die Schuld auch noch bei anderen suchen, in diesem Fall bei der Frau Justizministerin.
Wir brauchen also einen klaren Systemwechsel für unsere Sicherheit, eine Reformoffensive mit garantierter ÖVP-Unabhängigkeit und vor allem die Einbindung des Parlaments. (Beifall bei der SPÖ.)
Bedanken möchte ich mich natürlich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen, die an diesem so tragischen Tag im Einsatz waren, sie haben Unglaubliches geleistet und waren ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit für uns im Einsatz.
Eines möchte ich Ihnen, Herr Minister, heute noch mitgeben, es ist ein wichtiges Thema, das gerade in den letzten Tagen wieder so tragisch aufgebrochen ist. Sie wissen, es leben noch immer Tausende Flüchtlinge auf den griechischen Inseln, darunter viele Kinder und Jugendliche, in überfüllten Lagern unter menschenverachtenden Bedingungen. Sie leben im Dreck, sie leben in der Kälte, in der Nässe und werden, wie wir aus den Medien wissen, von Ratten angenagt. Das ist auf den Punkt gebracht beschämend! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist aus. Bitte um den Schlusssatz!
Bundesrat Dominik Reisinger (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. – Es ist zutiefst scheinheilig, wenn die ÖVP zu einem vorweihnachtlichen Gebetsevent im Parlament lädt, gleichzeitig aber die gepredigte Nächstenliebe und Menschlichkeit vermissen lässt. Leider schmücken sich auch die Grünen bei diesem Thema nicht.
Schauen wir also bitte nicht länger zu, holen wir die Kinder aus dieser Hölle! Herr Minister, werden Sie aktiv!
Und eines noch: Bitte hören Sie auf, dieses Thema mit Ihrer Sprache ständig zu militarisieren!
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, bitte, die Redezeit ist aus!
Bundesrat Dominik Reisinger (fortsetzend): Ich bin am Ende. (Heiterkeit bei der FPÖ.) In diesen Camps herrscht kein Kriegszustand, sondern Menschenleid. Es braucht eine sachliche und objektive Rhetorik, bitte zeichnen Sie die richtigen Bilder in den Köpfen der Menschen, ohne sie zu verängstigen oder sie zu verstören! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
10.24
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen im Bundesrat! (Bundesrätin Zwazl: Kolleginnen sind auch da!) Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Frau Präsidentin, bisher war es immer so, dass parteiische Vorsitzführung eigentlich nur aus dem Nationalrat bekannt war, heute ist mit Ihnen leider auch hier Sobotka 2.0 eingezogen – und das ist traurig. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Minister, Respekt! Respekt dafür, sich bei Ihrer Performance in den letzten Monaten hier und heute in einer Aktuellen Stunde, noch dazu mit dem Titel „Extremismus in Österreich“, herzustellen – das zeugt von Mut und von Selbstbewusstsein, das muss man sich erst einmal trauen! Oder es ist einfach nur Ignoranz und fehlende Selbstreflexion – oder vielleicht ist es irgendeine Retourkutsche Ihrer eigenen Bundesräte, ich weiß nicht, was da dahintersteckt. (Heiterkeit bei der FPÖ.)
Was ich jedoch weiß: Egal, welcher Minister dieser Regierung Aktuelle Stunden für Selbstbeweihräucherungen, für Danksagungen, für Lobhudeleien die letzten Male genutzt hat, es wird wirklich von Mal zu Mal schlimmer. Je länger diese Regierung im Amt ist, desto schlimmer wird es und desto mehr Fehler passieren und desto mehr müssen die Menschen in Österreich darunter leiden.
Herr Innenminister, Sie waren in Wahrheit von Anfang an mit Ihrer Aufgabe überfordert, und Sie tragen auch ganz alleine die Verantwortung für das Versagen des BVT im Vorfeld des Terroranschlags. Das BVT ist eine tiefschwarz politisch besetzte Einheit, die aufgrund unzähliger Fehler schon in der Vergangenheit jahrelang im Fadenkreuz von nationalen Ermittlungen war. Wenn Sie dann Ihre Schuld abwälzen wollen, dann lassen Sie bitte in dem Fall die Grünen, aber auch die Blauen außen vor und richten Sie Ihre Schuldanwürfe an jene, die das System im Sinne der ÖVP die letzten 20 Jahre aufgebaut haben, nämlich Ihre ÖVP-Vorgänger: Strasser, Platter, Schüssel, Molterer, Fekter, Mikl-Leitner und natürlich auch der jetzige Präsident Sobotka. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, da wurde so ein richtig schöner, feiner, hofeigener Bespitzelungsverein hochgezogen, bei dem gewisse ÖVP-Politiker tagtäglich ein und aus gegangen sind.
Ich gebe Ihnen recht, im BVT sind mit Sicherheit sehr viele gute Polizisten im Einsatz, die jetzt leider mit in ein schlechtes Licht gerückt werden, und für die tut es mir wirklich leid, denn die können nichts dafür, jedoch ist eines klar: Alle Schlüssel- und Führungspositionen sind dunkelschwarz eingefärbt, dunkelschwarz! Egal, was die letzten Jahre dort schiefgegangen ist, es wurde alles politisch gebügelt, ganz nach dem Motto: Wenn es um die eigenen ÖVP- und FCG-Beamten geht, dann darf zwar ermittelt werden, nur rauskommen darf nichts! (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Minister, Ihre Unfähigkeit ist leider auch in Zahlen ganz klar erkennbar, denn nicht nur Verbrecher haben dank Ihnen in Österreich ein leichtes Spiel, sondern auch die illegalen Zuwanderer. Während unter Herbert Kickl die Zahlen der illegalen Zuwanderer massiv zurückgegangen sind und er auch sehr gute Ergebnisse bei Rückführungen hatte, hört und sieht man bei Ihnen davon nichts. Sie erzählen uns, die Grenzen sind zu.
Die traurige Wahrheit ist, das Gegenteil ist der Fall: Tagtäglich werden in Österreich illegale Migranten aufgegriffen. Bis 15. November dieses Jahres sind österreichweit 18 403 Illegale aufgegriffen worden. Das ist ein Totalversagen von Ihnen, weil Sie bei der illegalen Migration ganz einfach auf beiden Augen blind sind. Ankündigungen und leere Versprechungen bei Pressekonferenzen, Herr Minister, das ist einfach zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.)
54 Prozent dieser Menschen kommen über die angeblich geschlossene Balkanroute, auch das ist sehr interessant. Unsere Grenzen sind offen wie Scheunentore, und zeitgleich gibt es so gut wie keine Rückführungen mehr. Stattdessen gibt es von Ihnen dauernde Drohungen mit drastischeren Maßnahmen gegenüber der eigenen Bevölkerung – der eigenen Bevölkerung! –, und diese Drohungen, meine Damen und Herren, sind unerträglich! (Bundesrat Steiner: Unglaublich! Wahnsinn!)
Sie, Herr Minister, bezeichnen – Sie waren der Erste, der das gemacht hat – Menschen, die Coronaregierungsmaßnahmen kritisch kommentiert haben oder diesen kritisch gegenübergestanden sind, als Gefährder (Bundesrat Steiner: Unglaublich!) – währenddessen zeitgleich die echten Gefährder, nämlich die islamistischen Terroristen, vor Ihren Augen Waffen und Munition gekauft haben! Das muss man auch einmal schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann Ihnen eines sagen: Österreich wird erst dann wieder sicherer, wenn Sie und Ihre Regierungskollegen, nämlich die wahren Gefährder dieser Regierung, zurückgetreten sind.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist aus. Bitte um den Schlusssatz!
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (fortsetzend): Und zuletzt wollten Sie still und heimlich im Privatbereich Tür und Tor für die Polizei öffnen. Herr Minister, in großen Lettern schreibe ich in Ihr Stammbuch: Der Preis einer Pandemiebekämpfung darf niemals ein Überwachungsstaat sein. Schämen Sie sich! (Beifall bei der FPÖ.)
10.29
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsführer Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Es ist wahrscheinlich ein bisschen bedauerlich für alle, die über das Fernsehen jetzt zuschauen, dass ein Thema, das so ernst ist und bei dem wir eigentlich alle im selben Boot sitzen, auch für gegenseitige Schuldzuweisung gebraucht wird, wo es doch vielmehr Zusammenhalt bräuchte. Ich finde das eigentlich sehr bedauerlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Vizepräsidentin Grossmann übernimmt den Vorsitz.)
Man darf ja über die Maßnahmen diskutieren, das ist ja alles gut und schön, aber wir sind doch da wirklich in einem Boot. Dieser Anschlag am 2. November war ein Anschlag gegen uns alle. Und wenn Sie – Herr Kollege Ofner war das, glaube ich – davon sprechen, dass es eine Verhöhnung der Opfer ist, dann darf ich Ihnen vielleicht sagen: Eines der Opfer kannte ich persönlich sehr gut, die Gudrun, die am 2. November gestorben ist. Sie kommt aus derselben Community wie ich. Ich habe sie in all den Jahrzehnten, seit ich arbeite, sehr gut kennengelernt, und sie würde sich jetzt umdrehen und entsetzt sein über das, was Sie heute gesagt haben. Gudrun kommt aus der LGBTIQ-Community, hat sich ihr ganzes Leben lang für Menschenrechte eingesetzt, hat sich das ganze Leben lang für ein Gemeinsam eingesetzt. Ein anderes Opfer – das ich nicht kannte – war auch
ein Muslim, war ein Fußballspieler, der im Fußball gelernt hat, dass verschiedene Menschen in all ihrer Diversität zusammenspielen können und man nur als Mannschaft funktionieren kann. Das ist die Lehre vom 2. November: dass wir uns das Miteinander-Spielen und den Zusammenhalt nicht wegnehmen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Wenn Sie auch so irgendwie den Grünen die Schuld daran, dass es Terror gibt, zuweisen wollen, darf ich Ihnen vielleicht einen Tweet vorlesen – Sie müssen jetzt zwei Wochen dazudenken, denn der Tweet ist vom 8. Dezember –:
„Heute bin ich genau seit 12 Wochen in meiner Freiheit eingeschränkt.
Seit 11 1/2 Wochen unter Polizeischutz.
Seit 11 Wochen unter strenger Dauerüberwachung.
Wenn der ganze Wahnsinn vorbei ist, werde ich alleine stundenlang durch Wien spazieren gehen!
Allein der Gedanke schön!“
Dieser Tweet ist von einer Landtagsabgeordneten, von Berîvan Aslan, einer Abgeordneten kurdischer Herkunft – sie ist in Wien Abgeordnete der Grünen –, die nicht ohne Begleitung und ohne Schutz ihre Wohnung verlassen kann. (Bundesrat Steiner: So wie der Dritte Präsident! Dem geht es genauso, wegen den Linksextremen!) Und ich sage Ihnen jetzt eines, liebe Kollegen von der FPÖ (Bundesrat Steiner: Dem Dritten Nationalratspräsidenten geht es genauso!): Wenn das einem Ihrer Abgeordneten passieren würde (Bundesrat Steiner: Dem Dritten Präsidenten des Nationalrates, dem passiert es gerade, wegen eurer linken Hetze!), dann würde ich hier stehen und solidarisch mit Ihrem Abgeordneten sein, wenn dieser aufgrund von Freiheitseinschränkung seine Wohnung nicht verlassen dürfte. Dann wäre ich solidarisch mit ihm. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Dem Dritten Präsidenten des Nationalrates passiert es gerade! Seit Monaten! Sie Heuchler! – Ruf: Hallo!)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege! Auch bei Zwischenrufen gilt es, die Würde des Hauses zu wahren. (Bundesrat Steiner: Sagen Sie das dem Kollegen!) Ich sage es Ihnen! Für den Ausdruck „Heuchler“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Danke!)
Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Ich möchte mich bei allen Zuschauerinnen und Zuschauern vor den Fernsehern entschuldigen, dass das hier in diesem Haus passiert. Es war hier im Bundesrat schon ein besserer Ton zu hören.
Wir haben ein Antiterrorpaket vorgestellt, und in diesem Antiterrorpaket gibt es Maßnahmen und Schritte, die besonders wichtig sind, und ich möchte das schon auch betonen: 8 Millionen Euro für Extremismusprävention, und diese Prävention, das, was wir eigentlich auch in der Coronadiskussion gesagt haben – schau auf dich, schau auf mich! –, ist auch der Schlüssel, der eigentlich bei allen Sicherheitsmaßnahmen hilft. Es ist ja bekannt: In welcher Region und in welcher Nachbarschaft gibt es die meiste Sicherheit, wo gibt es die wenigsten Einbrüche? – Nicht dort, wo die teuersten Alarmanlagen sind, sondern wo die Nachbarn und Nachbarinnen aufeinander schauen.
Das brauchen wir jetzt auch, und das werden wir bei diesem Präventionskonzept jetzt machen – in den Schulen, in den Sportvereinen. Ich halte Sport übrigens für einen ganz zentralen Bereich. Ich habe den Fußballspieler, der am 2. November leider gestorben ist, schon erwähnt. Miteinander zu spielen und dass wir nur als Mannschaft funktionieren, das lernt man im Fußball, und das sollten wir im Bundesrat auch manchmal etwas mehr beherzigen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
10.35
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Herrn Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky ans Rednerpult bitten. – Bitte sehr, Herr Kollege. Redezeit: 5 Minuten.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Das gestern angekündigte Antiterrorpaket ist aus der Sicht von uns NEOS ein populistischer Schnellschuss unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung und birgt Gefahr für den Rechtsstaat. Noch bevor der erste Bericht der Untersuchungskommission zum Behördenversagen vor dem Terroranschlag vorliegt, prescht die Regierung mit einem überhasteten Antiterrorpaket vor. Damit ignoriert die Bundesregierung die Untersuchungskommission. Man hätte den Bericht der Kommission abwarten müssen, um die Maßnahmen zielgerecht setzen und aus den vergangenen Fehlern lernen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)
So wirkt das Ganze wie ein überhasteter Schnellschuss, um noch rasch vor Weihnachten etwas auf den Tisch legen zu können. Über die BVT-Reform wurde gar nicht erst gesprochen. Das BVT ist aber der Schlüssel im Kampf gegen Terror und Extremismus. Der Verfassungsschutz ist die Institution, die wir als Land dafür brauchen, um all diese Extremismen am Radar zu haben. Das große Thema in diesem Zusammenhang ist die Reform des BVT. Es ist eine personelle und organisatorische Neuaufstellung notwendig. Dafür wird es auch mehr Ressourcen brauchen – quantitativ, qualitativ und auch vermehrt interdisziplinäres Personal, also nicht nur Polizistinnen und Polizisten, sondern auch Orientalistinnen und Orientalisten, Politikwissenschafterinnen und Politikwissenschafter, Religionswissenschafterinnen und -wissenschafter und so weiter.
Im BVT ist ein allgemeiner Kulturwandel und vor allem eine Entpolitisierung notwendig. Ich darf daran erinnern: Das BMI ist seit über 20 Jahren – mit Unterbrechungen – in der Verantwortung der ÖVP, insbesondere des NÖAAB. Es ist ein Ausbau der parlamentarischen Kontrolle notwendig. Dafür gibt es Anträge der Oppositionsparteien im Nationalrat.
Skeptisch sind wir NEOS auch gegenüber der Ankündigung eines neuen Straftatbestandes: „Religiös motivierte extremistische Verbindung“. Das ist ein Ablenkungsmanöver vom Behördenversagen vor dem Terroranschlag. Die bestehenden Regelungen bieten jetzt schon Handhabe gegen Extremisten. Neben dem Verhetzungs- und Staatsverweigererparagraphen stellt das Strafrecht in unzähligen Bestimmungen jetzt schon die Führung von, Mitgliedschaft in und Finanzierung von terroristischen Vereinigungen beziehungsweise staatsfeindlichen Aktivitäten unter Strafe. Es sind insbesondere die Delikte der staatsfeindlichen Bewegung, der staatsfeindlichen Verbindungen, des Hochverrats. Das geltende Recht lässt also ohnehin genug Spielraum, womit auch religiös motivierter Extremismus umfasst ist.
Der gestern angekündigte Straftatbestand ist jedenfalls mehr als unscharf, unbestimmt und daher rechtsstaatlich bedenklich. Einen rechtlichen Mehrwert sehen wir NEOS darin nicht.
Positiv hingegen werten wir NEOS die Verschärfungen bei der Probezeit und die stärkere elektronische Überwachung von Haftentlassenen, die aufgrund terroristischer Straftatbestände im Gefängnis waren.
Im Bereich der Prävention sind die angekündigten 8 Millionen Euro für die Präventionsarbeit zu begrüßen, aber es braucht endlich auch die Umsetzung des seit Jahren angekündigten Aktionsplans gegen die Radikalisierung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)
10.38
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf hier im Bundesrat Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler ganz herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Gleichzeitig darf ich den Herrn Bundesminister für Inneres, Herrn Minister Karl Nehammer, um seine abschließende Stellungnahme bitten. – Ich bitte Sie ebenfalls, 5 Minuten Redezeit einzuhalten. – Danke sehr.
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ganz kurz, weil auch noch andere Themenbereiche angesprochen worden sind, die aus meiner Sicht sehr wesentliche sind:
Das eine ist die Frage: Wie schaffen wir es, das Coronavirus nachhaltig zu bekämpfen? Das ist eine jetzt schon sehr beschwerliche Geschichte für die Menschen in Österreich, weil sie unter der Last des Virus leiden. März und April waren besonders intensiv, dann zeichnete sich im Mai und Juni schon eine positive Entwicklung ab. Im Juli und August hatten wir dann ganz niedrige Infektionszahlen und auch niedrige Belagszahlen in den jeweiligen Krankenhäusern und vor allem auf den Intensivstationen. Seit September stiegen die Infektionen dann wieder sprunghaft an, und mittlerweile, im November und Dezember, haben wir dramatische Situationen in unseren Krankenhäusern.
Wir haben es jetzt mit dem Lockdown geschafft, die Infektionszahlen wieder von 9 000 auf circa 2 300, 2 400 Infizierte pro Tag zu senken. Das ist nach wie vor hoch, nach wie vor besorgniserregend, weil der sprunghafte Anstieg der Infektionen wieder zu einer sehr herausfordernden und schwierigen Situation in den jeweiligen Spitälern führen kann.
Das heißt, ich appelliere auch von dieser Stelle aus an die Österreicherinnen und Österreicher, an die Menschen, die in Österreich leben, sich an die Maßnahmen zu halten, nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich. Es ist jedem bewusst, vor allem allen, die hier im Raum sitzen, dass das Abstandhalten, die Handhygiene, das Mund-Nasen-Schutz-Tragen mühsam ist.
Der Mund-Nasen-Schutz ist für mich übrigens ein ganz wesentlicher Beitrag, die Pandemie zu bekämpfen, weil er nämlich einen ganz positiven, humanistischen Zugang ausdrückt: Wer den Mund-Nasen-Schutz trägt, schützt sich, schützt vor allem aber auch sein Gegenüber. Das heißt, das wechselseitige Rücksichtnehmen, dieses Schau-auf-dich, Schau-auf-mich, ist aus meiner Sicht jetzt eines der wesentlichsten Gebote, die wir alle erfüllen müssen, damit wir keine neue große Infektionswelle bekommen. Da braucht es eben diesen gemeinsamen Schulterschluss und all die Maßnahmen, die jetzt beschlossen worden sind, auch eingedenk der Tatsache, dass sie wieder eine Beschwernis für die Menschen bedeuten. (Bundesrat Steiner: Sollen wir’s vielleicht unterm Christbaum auch noch aufsetzen?)
Zum Thema Situation auf Lesbos und Flüchtlinge, weil es heute schon angesprochen worden ist – und das ist mir sehr wichtig –: Das ist für uns auch in der Koalition eine herausfordernde Situation, weil wir da unterschiedliche Zugänge haben. Ich möchte darlegen, was aus unserer Sicht, aus meiner Sicht als Innenminister, aber auch aus Sicht des Bundeskanzlers wichtig ist.
Wir haben zu jeder Zeit Griechenland im vollen Umfang Hilfe angeboten (Zwischenrufe bei der SPÖ) und Griechenland auch vor Ort unterstützt, als es darum ging, diese schwierige Situation zu bewältigen. Das ist für mich im Gesamtdiskurs wichtig, weil es nämlich auch europäische Solidarität zeigt.
Als das Feuer in Moria ausgebrochen ist, wurde mir zum Vorwurf gemacht, wir bringen die falschen Bilder, weil wir darüber gesprochen haben, dass Rettungskräfte beim Löschen des Brandes behindert worden sind, dass sie behindert und angegriffen worden sind, als sie tatsächlich Erste Hilfe leisten wollten, dass Scheiben zerborsten sind. Ich
kann Ihnen gerne die Fotos des griechischen Bürgerschutzministers zeigen, die er mir übersandt hat und die zeigen, in welcher Ausnahmesituation die griechischen Behörden in dieser Brandnacht waren.
Die, die den Brand gelegt haben, haben keinerlei Rücksicht auf die Menschen, keinerlei Rücksicht auf die Kinder genommen. Sie haben bewusst in Kauf genommen, dass da Menschen sterben können. Die griechischen Behörden, inklusive des Ministerpräsidenten, haben ab diesem Zeitpunkt sofort gewarnt: Es gilt, alles zu tun, um den sogenannten Moriaeffekt zu verhindern. Es gibt mehrere Inseln, auf denen diese Lager sind, ich war selbst auf Chios und konnte mich davon überzeugen; und ja: Die Umstände dort sind zum Teil katastrophal. (Bundesrätin Grimling: ... kein einziges Kind!)
Wenn es jetzt wiederum darum geht, ob wir darüber reden oder tatsächlich handeln, so kann ich sagen: Österreich hat immer gehandelt. Wir haben 55 Tonnen Hilfsgüter sofort hinuntergeschickt. (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Hahn, Grimling und Schumann.) Wir haben über 180 Wohn- und Sanitärcontainer sowie 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Jetzt etwas zur Bilanz der Hilfe: Österreich hat 2020 bereits 5 000 Kindern Schutz gewährt. Österreich liegt bei den Schutzgewährungen bei unbegleiteten Minderjährigen unter 27 EU-Staaten an zweiter Stelle (Ruf bei der SPÖ: Ja, dann bleiben wir dabei!) und bei den Schutzgewährungen für Asylsuchende generell an dritter Stelle – unter 27 EU-Mitgliedstaaten! Das heißt, den Österreicherinnen und Österreichern, den Menschen, die in Österreich leben, der Republik Österreich zu unterstellen, sie tun nichts und helfen nicht, entspricht einfach nicht den Fakten.
Wir sagen: Wir müssen alles tun, um vor Ort zu helfen. Selbst jene Länder, die bereit waren, Flüchtlinge aufzunehmen, wie die Bundesrepublik Deutschland, hat der griechische Ministerpräsident dringend ersucht, nur Menschen mit abgeschlossenem Asylverfahren tatsächlich überhaupt von Griechenland nach Deutschland zu bringen, und zwar nur vom Festland, um nicht diesen Moriaeffekt zu erzielen. Genau so ist es auch durchgeführt worden: Da wurde kein einziges Kind und kein einziger irregulärer Migrant von Lesbos nach Deutschland gebracht. (Vizepräsidentin Grossmann gibt das Glockenzeichen.)
Es braucht also diese Hilfe vor Ort, es braucht die entschlossene Hilfe vor Ort, und das in aller Konsequenz. Das ist notwendig und klar. Und ja: Wir unterstützen nach wie vor die griechischen Behörden und fordern sie auf, beständig die Situation vor Ort zu verbessern, und wenn sie Hilfe brauchen, wird Österreich auch weiter an der Seite der griechischen Regierung stehen, um vor Ort auch tatsächlich zu helfen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
10.46
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen verweise ich auf die bereits gestern im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen der 916. und 917. Sitzung des Bundesrates gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Eingelangt ist
ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für Landesverteidigung Mag.a Klaudia Tanner am
17. Dezember 2020 in Bosnien und Herzegowina bei gleichzeitiger Beauftragung von Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Herrn Mag. Alexander Schallenberg mit ihrer Vertretung,
ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Vertretung des Herrn Bundeskanzlers Sebastian Kurz gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz durch Herrn Vizekanzler Mag. Werner Kogler
und eine Mitteilung betreffend die Vertretung von Frau Bundesministerin für Justiz Dr.in Alma Zadić durch Frau Bundesministerin für EU und Verfassung Dr.in Karoline Edtstadler.
Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung bereits gestern im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen der 916. und der 917. Sitzung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
*****
(Weitere schriftliche Mitteilung siehe 916. Sitzung des Bundesrates.)
*****
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.
Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.
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Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände und die Wahl der beiden Vizepräsidenten/Vizepräsidentinnen, der Schriftführer/Schriftführerinnen, der Ordner/Ordnerinnen für das erste Halbjahr 2021 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.
Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Behandlung der Tagesordnung
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, 3 und 4, 6 und 7, 8 bis 11, 16 bis 18, 19 bis 23, 25 bis 27 sowie 32 und 33 jeweils unter einem zu verhandeln.
Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden (1106/A und 552 d.B. sowie 10465/BR d.B.)
2. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (1107/A und 553 d.B. sowie 10507/BR d.B. und 10466/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Ich bitte um die Berichte, Frau Kollegin.
Berichterstatterin Elisabeth Mattersberger: Hohes Präsidium! Werte Frau Minister! Werter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Des Weiteren bringe ich den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich danke für die Berichte.
Es liegen keine Wortmeldungen dazu vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen damit zur Abstimmung über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte. Diese Abstimmung erfolgt getrennt. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
3. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden (895/A und 587 d.B. sowie 10458/BR d.B. und 10520/BR d.B.)
4. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden (588 d.B. sowie 10459/BR d.B. und 10521/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. – Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatter Dr. Peter Raggl: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragsstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bringe zudem den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden.
Der Bericht liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich danke für die Berichte.
Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herrn Bundesrat Mag. Dr. Michael Schilchegger. – Bitte.
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Bei der Beschlussvorlage handelt es sich um zwei Gesetzespakete, die auch getrennt abgestimmt werden. Einem Teil können wir Freiheitlichen zustimmen, weil es überwiegend positive Inhalte sind.
Ich fange einmal mit dem Positiven an, das betrifft etwa die Regelungen zur vereinfachten GmbH-Gründung, die auch elektronisch möglich wurde. Diese Regelung – sie hat sich auch tatsächlich in der Praxis bewährt – war befristet und soll nun ins Dauerrecht übernommen werden. Solche Regelungen sind sinnvoll – da stimmen wir Freiheitlichen zu. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
Weitere Inhalte aus diesem Paket betreffen etwa die Mieten. Wie Sie sich vielleicht erinnern können, wurde anlässlich des ersten Lockdowns im Frühjahr auch als Gesetzespaket beschlossen, dass Mieten für mehrere Monate gestundet werden können. Dies sollte natürlich vor allem einmal jene Menschen absichern, die infolge von Kurzarbeit, infolge von Arbeitslosigkeit nach dem ersten Lockdown Schwierigkeiten hatten, ihre normale Wohnungsmiete zu bezahlen, weil es ja auch keine gesetzliche Grundlage dafür gibt, diese Mieten zu streichen. Es gibt keinen Rechtsgrund dafür, auf einmal nichts mehr zu bezahlen, und das war auch eine Regelung, die durchaus einen guten Ansatzpunkt hatte.
In diesem Gesetzespaket soll nun die entsprechende Frist verlängert werden. Somit wird keine neue Stundung geschaffen, sondern man schiebt sozusagen das Problem weiter vor sich her, weil es dem Vermieter eben vorläufig bis März 2021 jedenfalls nicht möglich sein soll, rückständige Mieten einzutreiben.
Was wird nach Ablauf der Frist passieren? – Natürlich wird die Zahl der Räumungsklagen ansteigen, Delogierungen werden zu erwarten sein. Wenn man aber schon sagt, im Frühjahr musste alles etwas schnell geregelt werden, dann haben Sie jetzt diese Ausrede nicht mehr, meine Damen und Herren von der Bundesregierung. Sie haben diese Ausrede deshalb nicht mehr, weil Sie jetzt über Monate Zeit hatten, sich für dieses erwartbare Szenario ein Konzept zu überlegen und klar zu sagen, wie denn in diese Mietverhältnisse eingegriffen werden soll.
Sie nehmen also offenbar weiterhin in Kauf, dass Sie jene Mieter, die sich das Geld sozusagen nicht zurückgelegt haben und dazu vielleicht auch gar nicht in der Lage waren oder überhaupt nicht verstanden haben, dass es sich nur um Stundungen handelt und das keine generelle Mietzinsbefreiung ist, nun hiermit in die Obdachlosigkeit und in die Armutsfalle treiben. Sie haben diesbezüglich kein Gesamtkonzept; hätten Sie es, würden Sie es nämlich mit diesem Gesetzespaket vorlegen. (Beifall bei der FPÖ.)
Bleiben wir beim Mietthema: Was in diesem Gesetzespaket auch nicht enthalten ist – das habe ich aber schon im Frühjahr in diesem Hohen Haus auch der Frau Justizministerin vorgehalten –, ist, dass wir auch keine gesetzliche Regelung für die Frage der Geschäftsraummieten haben. Es gibt eine gesetzliche Regelung, die im Wesentlichen besagt, die Mietzinsminderung steht für Geschäftsräume zu, wenn diese nicht zu dem bedungenen Zweck benutzbar sind. – Na ja, jetzt wissen wir aber, dass die Menschen, auch und vor allem die Unternehmer zu jeweils verschiedenen Zeitpunkten, Zeitabschnitten und in jeweils verschiedenen Branchen von den Coronamaßnahmen ganz unterschiedlich betroffen waren. Es gibt aber sehr wenig Judikatur zu der Frage, in welcher Höhe denn in solchen Fällen eine Mietzinsminderung tatsächlich gewährt werden kann.
Da wäre es eigentlich die Aufgabe Ihrer Bundesregierung, sich begleitend zu den Covid-Maßnahmen – es ist ja ein Justizbegleitgesetz, über das wir heute sprechen, also begleitend zu diesen Maßnahmen – auch gesetzliche Regelungen zu überlegen – und diese sogleich auch zu erlassen –, wie sich denn das auf die Frage der Mietzinsminderung auswirken wird. Das tun Sie nicht! Sie sagen: Na ja, das sollen sich dann die Zivilgerichte ausmachen, das sollen sich die Vermieter mit den Mietern bitte selbst ausmachen!, und das ist ein weltfremder Zugang, den wir Freiheitlichen nicht mehr nachvollziehen können. (Beifall bei der FPÖ.)
Ein ganz wesentlicher Teil des Gesetzespakets, dem wir nicht zustimmen, betrifft den Ausnahmezustand, den Sie auch in der Justiz ausgerufen haben. Sie beschäftigen die
Gerichte damit, sozusagen mit dem Argument der Pandemiebekämpfung. Das betrifft verschiedene Regelungen, ich gehe da jetzt gar nicht ins Detail. Ihr Argument war damals: Es ist ja alles nur vorübergehend, die Regelungen sind ja befristet.
Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss verlängern Sie die Fristen von Ende 2020 grundsätzlich auf Ende 2021, also ein weiteres Jahr wird drangehängt – ohne Notwendigkeit. Es gibt bei den Gerichten ja Eingangskontrollen, wo Fieber gemessen wird, es gibt überall Desinfektionsmittelspender, es gibt auch genügend Platz in den Gerichtssälen. Wenn man sich anschaut, wo denn die Infektionen entstanden sind, wo es Clusterbildungen gegeben hat, dann sieht man, dass die Justiz, die Gerichte niemals auch nur ein wesentlicher Teil davon waren, nicht einmal ein signifikanter Teil; das gab es einfach nicht. Das heißt, Sie verlängern den Ausnahmezustand, obwohl es gar nicht notwendig ist.
Weitere Änderungen: Im Gesellschaftsrecht haben Sie Fristen für Hauptversammlungen von Kapitalgesellschaften einmal ins Gesetz geschrieben. Gut, das muss nicht unbedingt zu einem bestimmten Zeitpunkt 2020 stattfinden, das kann auch irgendwann später im Jahr 2020 sein, wenn es eben die Pandemielage erlaubt. Das war auch grundsätzlich verständlich. Nun verlängern Sie diese Regelung einfach einmal pauschal bis Ende 2021, beispielsweise für Vereine. Wir haben in Österreich sehr, sehr viele Vereinsmitglieder, Vereinsobleute, Funktionäre, die mit Leidenschaft ehrenamtlich oder vielleicht auch gegen Bezahlung in dieser Funktion tätig sind, und nun kommt wiederum eine neue Regelung dazu: Vereinsversammlungen können bis Jahresende 2021 verschoben werden, heißt es. „Eine davor ablaufende Funktionsperiode eines Vereinsorgans verlängert sich bis zu dieser Versammlung, sofern nicht früher dessen Abberufung oder eine Neubestellung erfolgt.“
Es müssen also keine Wahlen stattfinden: 2020 nicht, 2021 nicht. Und da muss ich schon sagen: Wenn die bisherigen Amtsträger einfach im Amt bleiben können, dann muss ich Ihnen vorhalten, dass solche Regelungen schon ein bisschen den Geist von Metternich atmen.
Wozu überhaupt noch Wahlen? Heute sind es Vereinsversammlungen, die wir verschieben, morgen sind es dann die Gemeinderatsversammlungen; der bisherige Bürgermeister bleibt dann einfach im Amt, wahrscheinlich weil es ohnehin einer von der ÖVP ist. Übermorgen wird dann das Parlament vertagt, natürlich zunächst befristet, weil die Pandemie es einfach erfordert und wir uns nicht gegenseitig anstecken wollen – bis sich dann die Menschen daran gewöhnt haben und die Regelung wieder ins Dauerrecht übernommen wird. Und die ÖVP mit den KomplizInnen der Grünen akzeptiert diese Regierungswillkür, je nachdem ob die beiden Helikoptereltern der Republik, Sebastian und Rudi, gerade ein Licht am Ende des Tunnels wahrnehmen wollen oder wieder jede Woche neu ausrufen, dass es sich bei den kommenden Wochen der Pandemiebekämpfung um die nun alles entscheidenden Wochen handeln wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, damit komme ich schon zum Schluss. Unsere Kritik zielt darauf, dass das alles mit Evidenzbasiertheit nichts mehr zu tun hat. Es hat auch nichts mehr mit Planungssicherheit für die Rechtsanwender zu tun. Im Gegenteil, Sie zerstören jede Rechtssicherheit und Planungssicherheit! Auch mit einer Gesamtstrategie hat das nichts zu tun, weil Sie sich vor den wesentlichen Fragen drücken und einfach den Ausnahmezustand weiter prolongieren.
Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, kämpfen für und verlängern den Ausnahmezustand. Wir kämpfen für die Freiheit in dieser Republik und für die Rückkehr zur alten Normalität. (Beifall bei der FPÖ.)
11.03
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.
11.04
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Präsidentin! Liebe Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Ich möchte meinen Fokus auf das 1. und 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz richten. Mit den hier besprochenen Gesetzesänderungen werden Covid-19-Sonderregelungen in der Justiz befristet verlängert beziehungsweise werden einige Regelungen ins Dauerrecht übertragen.
Peu à peu treten wir ins Zeitalter der Digitalisierung ein und erleichtern so manches Verfahren. Damit schaffen wir ein Mehr an Barrierefreiheit und Niederschwelligkeit. Zwei Punkte möchte ich gerne herausstreichen: die vereinfachte Beantragung von Unterhaltsvorschüssen bis Ende März 2021 und die erleichterte Beantragung von einstweiligen Verfügungen im Bereich des Gewaltschutzes.
Was mich besonders freut, ist die Verlängerung der vereinfachten Beantragung von Unterhaltsvorschüssen, denn das hilft vor allem den Alleinerzieherinnen. Ich sage bewusst Alleinerzieherinnen, denn 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen, und davon ist etwa die Hälfte von Armut betroffen. Für sie ist das eine überlebenswichtige Maßnahme zur Sicherung ihrer Existenz, gerade jetzt in der Coronakrise, wo sie noch mehr an unbezahlter Carearbeit leisten und noch weniger verdienen. (Beifall bei den Grünen.)
Auch die erleichterte Beantragung von einstweiligen Verfügungen im Bereich des Gewaltschutzes durch die Opferschutzeinrichtung ist in der Pandemiesituation eine wichtige Maßnahme, denn es reicht ein Anruf oder eine E-Mail bei Opferschutzeinrichtungen, damit diese im Namen der von Gewalt betroffenen Frau bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragen können, klar gesagt: ein Betretungs- und Annäherungsverbot, mit dem Gewalttätern der Aufenthalt an bestimmten Orten verboten wird, und mit dem ihnen aufgetragen wird, eine Kontaktaufnahme oder Eingriffe in die Privatsphäre, sogenanntes Stalking, zu unterlassen.
Mit beiden Verlängerungen schaffen wir wichtige Erleichterungen für Gruppen, die sich in Situationen befinden, die wir niemandem wünschen: Leben am Existenzminimum oder in einer Beziehung, in der Gewalt als Bedrohung immer wieder präsent ist. Menschen in diesen ohnehin schon extrem prekären Situationen sind durch die Pandemie noch mehr gefährdet, denn die Möglichkeit der Inanspruchnahme informeller persönlicher Hilfe, wie zum Beispiel der vorübergehende Umzug zu einer Freundin, sind durch die Ausgangsbeschränkungen noch weiter eingeschränkt.
Wahrscheinlich muss sogar gegen Maßnahmengesetze verstoßen werden, um beispielsweise vor Gewalt im eigenen Haushalt zu flüchten oder Hilfe bei der Kinderbetreuung in Anspruch zu nehmen. Die vereinfachte Beantragung von Unterhaltsvorschüssen und die erleichterte Beantragung von Betretungsverboten sind Möglichkeiten, die von den Betroffenen eben nicht immer leicht in Anspruch genommen werden, weil sie mit Demütigung und Gesichtsverlust zu tun haben, denn einer Täter-Opfer-Umkehr mit dem Verantwortlichmachen der Opfer anstatt der Täter als Ausdruck patriarchalen Denkens sind wir immer noch verhaftet. Mit einer Erleichterung durch diese Gesetzesänderungen wurden Hemmschwellen niedriger gemacht. Das ist gut so und soll so weitergehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
11.07
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Otto Auer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Gäste hier und zu Hause! Wir stehen mit Covid vor großen Herausforderungen, und wie meine Vorredner schon gesagt haben, ist die Kommunikation, der direkte Kontakt etwas unterbrochen; aber trotzdem
muss man sagen, dass auch in dieser Zeit Wahlen, zum Beispiel in Perchtoldsdorf, stattgefunden haben. Also die Demokratie wird nicht ausgehebelt, wir werden auch weiterhin physisch mittels Stimmzettel wählen und nicht nur verschieben und auf elektronische Möglichkeiten ausweichen, sondern es wird weiterhin so stattfinden, wie es muss.
Wir haben es mit Zoom, mit Skype und mit vielen weiteren Möglichkeiten geschafft, die Zeit zu überbrücken und das Leben fortzuführen. Man muss Möglichkeiten schaffen, damit Vereine ganz einfach ihre statutengemäßen und organgemäßen Wahlen und andere Erfordernisse durchführen können, und ich denke, das ist mit den Möglichkeiten, die geschaffen wurden, sehr gut gelungen.
Homeoffice ist etwas, das sehr gut läuft, und ich denke, dass man damit im Hinblick auf die weitere Entwicklung zwischen Firma und Mitarbeiter doch eine Möglichkeit schaffen kann, viele Kilometer zu sparen, wenn man die Möglichkeit hat, einen Teil seiner Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, was nicht nur einen Zeitgewinn bedeutet, sondern sich auch positiv auf die CO2-Produktion durch den Verkehr auswirkt. Noch dazu bedeutet das für viele eine Kostensenkung.
Auch bei Gerichten besteht jetzt die Möglichkeit, dass man viel online erledigt, und speziell bei kurzen Erhebungen, für die in vielen Fällen für eine Viertelstunde sechs, sieben Personen dorthin kommen, denke ich, wenn man das online machen kann, bedeutet das eine große Einsparung und einen großen Vorteil für alle. Diese Tagsatzungen sparen viele Kilometer, und mit einer Änderung des Anwaltsberufsrechts konnte das möglich gemacht werden.
Bei der Mietzinssenkung ist, wie meine Kollegin schon gesagt hat, ein wichtiger Schritt gelungen. Wenn Menschen wegen Kurzarbeit oder durch andere Probleme infolge der Covid-Krise finanziell in Not geraten sind, dann muss man ihnen helfen. Da ist es wichtig, dass keine Räumungsexekutionen stattfinden, damit kein unnötiges Leid oder unnötige Not in dieser Pandemie entstehen.
Auch Unternehmen erhalten weiterhin Zahlungserleichterungen, um sie vor Insolvenzen zu bewahren und die Arbeitsplätze abzusichern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die notwendigen Arbeitsplätze müssen wir nämlich sichern, damit garantiert bleibt, dass langfristig Wohlstand und sozialer Frieden in unserem Land bestehen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
11.10
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Vizepräsidentin Mag.a Elisabeth Grossmann. – Bitte schön, Frau Vizepräsidentin.
Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Coronakrise ist nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern hat auch viele Menschen in ihrer wirtschaftlichen Existenz hart getroffen, das wissen wir alle. Für viele ist das nach einer bisher linear verlaufenden Berufslaufbahn, in der man mit dem Gefühl der Sicherheit auch Verbindlichkeiten eingegangen ist – längerfristige Verbindlichkeiten wie zum Beispiel für Wohnraum und Miete – auch völlig unerwartet gekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wohnen ist ein Grundrecht, und wir dürfen es selbstverständlich nicht zulassen, dass Menschen aufgrund von coronabedingten Einkommensverlusten jetzt auf die Straße gesetzt werden, weil sie mit ihrer Miete in Verzug geraten. Es war daher schon im Frühjahr Gebot der Stunde, den Mieterinnen und Mietern eine längere Rückzahlungsfrist für ihre Mietrückstände einzuräumen, das haben wir ja gemeinsam beschlossen. Da die Krise jetzt leider anhält, muss auch diese Frist abermals verlängert werden, damit die Mieter und Mieterinnen mit ihren Familien in ihren Wohnungen verbleiben können und diese nicht räumen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist allerdings, muss ich sagen, bis 31.3. eine sehr knappe Frist. Ich habe das gestern schon bei den Schutzbestimmungen für Schwangere angemerkt, auch da hat man mit Ende März eine sehr knappe Frist gewählt. Es ist ein Wertungswiderspruch und verwunderlich, dass man bei anderen Rechtsmaterien großzügiger war und eine Frist bis 30. Juni gesetzt hat. Es ist heute schon einiges angesprochen worden, ich möchte Wiederholungen aus Zeitgründen vermeiden, aber das ist etwa der Fall bei Rechtshandlungen, bei der Videoübertragung zur Beweisführung bei Gericht oder bei der erleichterten Identitätsfeststellung bei Notaren und Notarinnen zur Gründung einer GmbH.
Betreffend die Rechtshandlungen wurde sogar vieles ins Dauerrecht übernommen. Das erleichtert natürlich das Berufsleben von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen sowie von Notaren und Notarinnen, und das ist in Ordnung so, soll so sein. Ich ersuche aber, da möchte ich eine kleine Randbemerkung machen, auch ein wachsames Auge darauf zu haben, dass da kein Missbrauch betrieben wird. Es darf nicht dazu kommen, dass einfacher Scheinfirmen gegründet werden können, um gesetzliche Bestimmungen oder Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutzbestimmungen zu umgehen. Das ist ein Vertrauensvorschuss, aber das ist in Ordnung so und soll so sein.
Bei juristischen Berufen war man also sehr großzügig – aber eine derartige Großzügigkeit hätte ich mir auch für Menschen erwartet, die akut unsere Unterstützung brauchen, wie die besagten Mieter und Mieterinnen, die dringend auf Wohnraum angewiesen sind. Da hätte es mehr gebraucht und braucht es auch mehr, wie zum Beispiel einen Unterstützungsfonds für Härtefälle, der dann einspringt, wenn Mieten oder Betriebskosten unverschuldet nicht gezahlt werden können. Da sollte unbürokratisch Hilfe geleistet werden.
Es gibt da auf Länderebene einige Modelle, aber es wäre natürlich auch gut, auf Bundesebene etwas zu haben, mit dem man den Mieterinnen und Mietern stärker unter die Arme greift und mit allen Mitteln verhindert, dass Menschen jetzt krisenbedingt auf die Straße gesetzt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz besonders schutzbedürftig sind selbstverständlich auch Kinder von Alleinerziehenden, in erster Linie Kinder alleinerziehender Mütter. Frau Kollegin Kittl hat es schon angesprochen: Es ist gut so, dass es in diesem Bereich Erleichterungen gibt, dass es kein langes Prozedere mit Exekution und so weiter mehr gibt, dass der Zugang weniger bürokratisch gemacht wird. Es ist aber auch da sehr verwunderlich, dass die Frist für die erleichterte Geltendmachung von Unterhaltsvorschüssen nur sehr knapp ist – und auch diese Bestimmung hätte es verdient, ins Dauerrecht übernommen zu werden.
Sie nicken, Frau Kollegin Kittl: Ich glaube, wir sind uns da inhaltlich einig, so wie ich bei diesem Thema auch immer mit Frau Ministerin Zadić inhaltlich einig war – nur konnte man das offensichtlich nicht durchsetzen. Es bräuchte in diesem Bereich nämlich dringend Erleichterungen, und zwar im Dauerrecht, und es bräuchte eigentlich noch mehr. Wir sollten das auch als Vorstufe für einen Systemwandel sehen: Weg vom Vorschusssystem hin zu einem System der Unterhaltssicherung, sodass Kindern dieser Unterhaltsbetrag, wenn die Bedingungen gegeben sind, automatisch gewährt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Fehlende beziehungsweise unzureichende Unterhaltszahlungen sind nämlich immer noch der Hauptgrund für Kinderarmut – und Kinderarmut in einem immer noch reichen Land wie Österreich sollte einfach nicht mehr vorkommen! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir sollten gemeinsam alles daran setzen, dass Kinder menschenwürdig aufwachsen können und die bestmöglichen Bedingungen vorfinden, um sich optimal entwickeln zu können. In diesem Sinne kann ich nur folgenden Gesamtbefund ausstellen: Ja, es sind richtige Schritte, die gesetzt werden – aber auch in diesem Bereich sind wir auf halbem
Weg stehen geblieben. Ich ersuche, wirklich ganzheitliche Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden. Wir gehen bei diesem Gesetzentwurf mit, weil er ein Schritt in die richtige Richtung ist – aber es hätte mehr möglich sein können und auch möglich sein müssen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
11.17
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Mag.a Karoline Edtstadler gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir sind mitten in der Covid-19-Pandemie: in Österreich, aber auch in ganz Europa. Dies ist auch der Grund, warum Sie heute viele Tagesordnungspunkte auf der – sehr langen – Agenda haben, die unmittelbar oder mittelbar mit Covid-19 zusammenhängen.
Gleich zu Beginn möchte ich Ihnen die besten Grüße von der Justizministerin bestellen, die ich heute hier vertreten darf. Sie wissen, ich komme immer sehr gerne zu Ihnen in den Bundesrat, denn als Salzburgerin und gelebte Föderalistin ist es mir ganz wichtig, den Bundesrat sichtbar zu machen. Ich freue mich deshalb, hier sein und meine Kollegin vertreten zu dürfen. (Allgemeiner Beifall.)
Die ersten beiden Tagesordnungspunkte, deren Inhalte schon von vielen angesprochen worden sind, beschäftigen sich mit Verlängerungen der Covid-19-Maßnahmen im Bereich der Justiz. Ich darf an dieser Stelle sagen, ich habe gemeinsam mit der Justizministerin auch während der Höchstphase der Pandemie versucht, dafür Sorge zu tragen, dass die Verwaltung und die Justiz trotz Krise weiterarbeiten können. Es geht darum, dass die Österreicherinnen und Österreicher zu ihrem Recht kommen, dass keine unverhältnismäßigen Rückstände aufgrund von Covid-19 entstehen, und ich glaube, sagen zu können, das ist gut gelungen.
Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die in diesem Bereich arbeiten. Es ist nicht selbstverständlich, in Zeiten der Krise – in Zeiten einer zu Beginn noch viel schwieriger einschätzbaren Gefahr – weiterzuarbeiten, Kontakt mit Kunden und Klienten zu haben und mit den Menschen in direkten Austausch zu treten. Jetzt, nach so vielen Monaten, wissen wir natürlich mehr, und deshalb halte ich es auch für wirklich gerechtfertigt und notwendig, die entsprechenden Schutzmaßnahmen zu setzen. Vieles ist schon angesprochen worden, einige Maßnahmen werden etwa bis zu einer bestimmten Frist verlängert.
Ich bin als Verfassungsministerin – auch auf europäischer Ebene – dafür eingetreten, dass wir sogenannte Sunsetklauseln setzen, damit Regelungen eben wieder entsprechend außer Kraft treten, weil es natürlich gerade im Bereich der Justiz notwendig ist, möglichst direkt mit den Menschen in Kontakt zu treten. Wenn man auch Beweise aufnimmt, müssen wir derzeit nichtsdestotrotz schauen, dass beides möglich ist: die Gesundheit der Menschen bestmöglich zu schützen und trotzdem weiterzuarbeiten, jeden und jede zu seinem, zu ihrem Recht kommen zu lassen und auch für die Sicherheit in diesem Land zu sorgen.
Ich möchte nicht auf alles eingehen, denn Sie haben wirklich eine lange Agenda vor sich. Ich darf auch viele Tagesordnungspunkte mit Ihnen gemeinsam hierbesprechen. Vieles ist bereits gesagt worden.
Zum Wohnrecht möchte ich noch einmal aufgreifen, was auch sozusagen ein bisschen als Kritik durchgeklungen ist: Ich glaube, es ist ganz notwendig und richtig, die Menschen in einer Phase der Unsicherheit, in einer Phase, in der viele unverschuldet finanzielle
Einbußen hinnehmen müssen, möglichst abzusichern, ihnen auch die Sicherheit zu geben, dass sie ihre Wohnung nicht verlieren. Da gibt es eine sehr großzügige Frist bis Juni 2022, wodurch der Rückstand nicht Grund sein kann, eine Räumung vorzunehmen. Ich glaube aber, gleichzeitig ist es notwendig, auch eine gewisse Balance zu schaffen, denn es gibt Mieter und Vermieter. Ich denke, das ist auch wichtig – und deshalb ist es unsere Aufgabe als Bundesregierung, auch für die längere Zurückzahlbarkeit von Rückständen, die in der Hochphase der Pandemie eingetreten sind, eine Fristverlängerung zu gewährleisten.
Für ganz wesentlich halte ich auch die Verlängerung der Maßnahme, dass man für Unterhaltsvorschüsse einen vereinfachten Zugang schafft, dass man diese eben auch auf elektronische Art und Weise beantragen kann, und dass das gleichzeitig auch gebührenfrei ist. Kinder sind da natürlich die Schwächsten und man muss dafür Sorge tragen, dass das auf die beste Art und Weise möglich ist.
Ich möchte einen weiteren Punkt noch einmal aufgreifen: Die Verhandlungen in der Exekution und im Insolvenzverfahren auch auf Distanz und über virtuelle Verhandlungen möglich zu machen ist genau das, wovon ich spreche – dass eben beides möglich ist: die Sicherheit der Menschen, die im Justizbereich arbeiten, aber auch die Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu gewähren. Diesbezüglich glaube ich auch, dass es gut ist, dass einige Teile ins Dauerrecht übernommen werden – gerade, wenn es darum geht, leichter Gesellschaften gründen zu können oder auch gewisse Notariatsakte in elektronischer Form vorzunehmen. Man darf auch in Zeiten der Krise sozusagen für die Normalzeit lernen, die noch nicht eingetreten ist, aber von der wir hoffen, dass sie möglichst bald eintritt. In diesem Sinne danke ich Ihnen, wenn Sie hier auch breit zustimmen, indem kein Einspruch erhoben wird. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
11.22
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank, Frau Bundesministerin. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden (478 d.B. und 517 d.B. sowie 10522/BR d.B.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. – Herr Bundesrat, ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Dr. Peter Raggl: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden. (Vizepräsidentin Grossmann übernimmt den Vorsitz.)
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich sogleich zum Antrag.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Frau Grossmann hat vorhin gemeint – sie war gnädiger –, es ist die richtige Richtung, aber es fehlt eines. In diesem Fall, muss ich sagen, kann ich nicht so gnädig sein wie Frau Grossmann es bei den vorhergehenden Tagesordnungspunkten war, sondern muss sagen: Wir erleben da, dass der Europäische Gerichtshof für die Verbraucher und Verbraucherinnen eine Verbraucherkreditrichtlinie ausgelegt hat. Im Sinne des Konsumenten- und Konsumentinnenschutzes hat er hier etwas Großzügiges gemacht: Er hat gesagt, betreffend das Recht der Verbraucher und Verbraucherinnen auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits bei vorzeitiger Rückzahlung müssen sämtliche auferlegten Kosten reduziert werden.
Das ist etwas Positives, eine erfreuliche Nachricht, aber Schwarz-Blau geht ja nahtlos in Schwarz-Grün über – das haben wir ja gestern bei der Diskussion zu den Konfliktmineralien erlebt. Alles, was von der Europäischen Union kommt, wird auf dem niedrigsten Level umgesetzt. Wir hätten uns diesbezüglich doch ein paar großzügigere Regelungen gewünscht. Zum Beispiel gehörte – wenn ich jetzt in die Runde frage: Wer hat einen Kredit, der mit Wohnbau oder Wohnraumbeschaffung zu tun hat? – das hinein. Ein weiteres Beispiel, das die Arbeiterkammer ganz klar aufgezeigt hat, ist: Hallo, es geht nur um neue Kreditverträge! Aber gerade in einer Zeit wie der gegenwärtigen mit all den Problemen hätte man das nicht nur auf neue Kreditverträge anwenden sollen.
Zudem ist der Bereich der hypothekarisch gesicherten Verträge ausgenommen. Diesbezüglich gibt es keine Verbesserung.
Es ist viel versucht worden, bis es zu der Beschlussfassung auf diesem niedrigen Level gekommen ist. Es wurden auch im Nationalrat eine Reihe von Abänderungsanträgen eingebracht, um aufzuzeigen: Hallo, da könnte man tatsächlich – fußend auf der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes – generelle Verbesserungen einbringen: bei den Wohnbaukrediten, bei den hypothekarisch besicherten Krediten und gleichzeitig nicht nur bei den neuen, sondern auch bei den bestehenden Krediten. Das ist leider nicht geschehen – und deshalb werden wir dieser Regelung auf solch niedrigem Level nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
11.28
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Kittl. – Bitte.
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe KollegInnen! Auf den ersten Blick sind die Änderungen des Verbraucherkreditgesetzes und des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes eine trockene Materie, sie stellen aber beide die KonsumentInnen besser. Ja, ich spreche von KonsumentInnen, nicht von VerbraucherInnen, um auch klarer auszudrücken, worum es geht, denn Kredite sind ein – auch von den Banken so genanntes – Produkt, das von Banken verkauft wird. KreditnehmerInnen sind gegenüber den Banken Konsumentinnen und Konsumenten, und weil es eben nicht deren tägliches Brot ist, Kreditverträge abzuschließen, sind sie besonders schutzwürdig.
Verbraucherkredite sind Kleinkredite, die für einen Umzug, den Kauf eines Autos, neuer Möbel, Elektro-, Haushalts- und Mediengeräte oder für einen Urlaub aufgenommen werden. Es sind zwar nicht ganz alltägliche Ausgaben, aber doch solche, die zu einem normalen Leben dazugehören. Leider müssen viele Menschen dafür Kredite aufnehmen. Daher ist es nicht unwesentlich, wie viel man für einen solchen Kredit neben den Zinsen zahlt, noch dazu, wenn man sich bemüht, ihn vorzeitig zurückzuzahlen.
Der EuGH hat voriges Jahr am 11.9. – Herr Kollege Schennach hat das schon erwähnt; ich komme später noch darauf zurück – entschieden, dass die Verbraucherkreditrichtlinie dahin gehend auszulegen ist, dass, wenn KreditnehmerInnen ihren Kredit vorzeitig zurückzahlen, alle Kosten, die mit dem Kredit verbunden sind, verringert werden müssen und nicht nur wie bisher die laufzeitabhängigen, sondern auch Kosten wie zum Beispiel Bearbeitungsgebühren, die man zu Beginn eines Kredites zahlt.
Diese Änderung des Verbraucherkreditgesetzes gilt nicht, wie im Begutachtungsentwurf vorgesehen, erst für Neuverträge ab 2021, sondern die Änderung des Verbraucherkreditgesetzes ist für Kreditverträge anzuwenden, welche nach dem 11. September 2019 abgeschlossen wurden und nach dem 31. Dezember 2020 zurückgezahlt werden.
Konsequenterweise wird auch das Gesetz, welches bei Krediten für Immobilien anzuwenden ist, entsprechend geändert. Das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz wird analog angepasst, sodass für vorzeitige Rückzahlungen die Kosten anteilig reduziert werden müssen. Da beginnt allerdings die Anwendung bei Vertragsabschluss ab nächstem Jahr.
Zusätzlich gelten die Regelungen betreffend die strenge Kreditwürdigkeitsprüfung im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz nicht für Kredite im Kontext der Wohnbauförderungen, da es bei geförderten Wohndarlehen nicht sachgerecht erscheint. Das bringt auch eine Verbesserung durch leichtere Kreditgewährung bei der Wohnbauförderung.
Insgesamt ist es eine begrüßenswerte Änderung für KonsumentInnen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
11.31
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf Herrn Bundesrat Otto Auer ans Rednerpult bitten. – Bitte.
Bundesrat Otto Auer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gäste hier und zu Hause! Kredite, Kreditaufnahmen, Kreditvergaben, das sind heikle Themen im Leben eines jeden Menschen. Jeder hat das schon mitgemacht und natürlich versucht, in diversen Gesprächen mit den Banken oder den Kreditinstituten die Kosten, die der Kredit außer der Barwertrückzahlung mit sich bringt, die Finanzierungskosten, also Zinsen und dergleichen, so gering wie möglich zu halten.
Dieses Thema beschäftigt die Gesellschaft und beschäftigt auch uns, und somit ist diese Gesetzesänderung ein notwendiges Instrument und eine Reaktion auf ein EuGH-Urteil, nach dem man bei vorzeitiger Rückzahlung bei laufzeitabhängigen und laufzeitunabhängigen Kosten eine entsprechenden Senkung durch die Banken berücksichtigt haben möchte. Es müssen auch rückwirkend, wie die Kollegin schon angesprochen hat, die Gebühren der Aufnahme entsprechend angepasst werden.
Das Ganze bringt natürlich Einsparungen für die Konsumenten. Ich denke, es ist wichtig, dass der EuGH meint, dass das Mäßigungsrecht alle Kosten umfasst, die zum Kredit gehören, aber nicht zum Beispiel Kosten wie Eintragungskosten beim Notar. Diese bleiben von dieser Reduktion unberührt und sind keine direkten Kosten der Kreditbeschaffung.
Die Wirkung dieser Regelung beginnt mit 1.1.2021, im Hinblick auf den Vertrauensschutz ist sie davor nicht anzuwenden. Es ist natürlich jeder gut beraten, wenn er versucht, mit seiner Bank in einem Gespräch Vorteile zu erreichen. Bei Hypothekar- und Immobilienkrediten hat diese Anwendung sinngemäß zu erfolgen.
Die Verbraucherkredite sollten somit vielleicht etwas günstiger werden und es ermöglichen, dass speziell für junge Familien eine Wohnraum- und Eigenheimbeschaffung einfacher und kostengünstiger wird.
Ich denke, das ist gelebter Konsumentenschutz, und ich wünsche mir, dass bei vielen Dingen solch positive Veränderungen gelingen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
11.34
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Johannes Hübner. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine positive Änderung für Konsumenten ist es sicherlich – da gebe ich den beiden Vorrednern Kittl und Auer durchaus recht. Wie der Notwendigkeit einer Anpassung an eine Entscheidung des EuGH entsprochen wurde, ist aber nicht unbedingt sinnvoll und im Sinne der Rechtsklarheit.
Wie Kollege Schilchegger schon beim vorherigen Punkt gesagt hat, sieht man bei Gesetzesmaterien immer wieder in den Erläuternden Bemerkungen, dass man die Dinge nicht klar regelt, sondern sagt, dass das die Gerichte entscheiden sollen. Das haben wir auch in diesem Fall. Diese EuGH-Entscheidung vom 11.9.2019, die heute schon zitiert worden ist, sagt ja, dass ein Anspruch besteht, die Gesamtkosten zu mindern. Im Gesetzestext ist aber nur enthalten, die Kosten zu mindern.
Was ist der Grund, was sieht man, wenn man in die Erläuternden Bemerkungen hineinschaut? – Na ja, man weiß ja nicht genau, was Kosten und Gesamtkosten heißt, lassen wir das die Gerichte entscheiden!
Damit schaffen wir für alle, nämlich für die Banken und die Konsumenten – wenn wir sagen, die Schwachen sind die Konsumenten, dann bedenken wir es einmal in erster Linie für die Konsumenten –, ein neues Unsicherheitspotenzial, das jahrelang bestehen bleibt, bis nämlich der österreichische OGH oder unter Umständen letztendlich sogar der Europäische Gerichtshof neuerlich entscheidet, welche Kosten hineingehören. In einer klaren Regelung hätte es daher statt Kosten entsprechend der EuGH-Judikatur Gesamtkosten geheißen. Warum das nicht drinnen steht, weiß ich nicht.
Das Nächste betrifft die Zeit, in der Kreditverträge von der Novelle erfasst sind. Die EuGH-Entscheidung macht keinerlei zeitliche Einschränkungen und sagt, das soll aber nur für Verträge gelten, die nach der Veröffentlichung seines Urteils abgeschlossen worden sind. Im Gegenteil, der EuGH nimmt eine sogenannte authentische Interpretation
einer Richtlinie der Europäischen Union über Verbraucherkredite vor. Authentische Interpretation heißt, er legt den Willen des Gesetzgebers aus. Das Gesetz ist eine Richtlinie, man kann es technisch durchaus Gesetz nennen. Damit ist diese Richtlinie von Anfang an so zu verstehen, wie sie der EuGH auslegt. Und ob es uns passt oder nicht, über den EuGH fährt in Österreich kein Gesetz und kein Gericht drüber. Daher verstehe ich nicht, warum man die Anwendung auf Kreditverträge beschränkt, die nach Veröffentlichung der EuGH-Entscheidung vom 11.9.2019 abgeschlossen worden sind.
Das Dritte und Letzte ist die Frage der Ausnahmen. Da hat man die maximale Ausnutzung der Richtlinie vorgenommen und eine maximale Ausnahmebestimmung für alle Kredite gefasst, die aufgrund gesetzlicher Grundlage im Geiste des Gemeinwohls zu marktunüblich günstigen Bedingungen abgeschlossen worden sind. So steht das jetzt im Gesetz, das wir wahrscheinlich beschließen werden. Das geht über das vielleicht vorhandene Bedürfnis, die Wohnbaukredite von der begünstigten vorzeitigen Rückzahlung auszunehmen, weit hinaus. Die Frage ist, warum wir eine vorzeitige Rückzahlung von begünstigten Krediten erschweren oder weniger attraktiv machen wollen.
Wenn ein Kredit marktunüblich günstig ist, wenn er also billiger ist, als es der Markt hergeben würde, dann sollte die öffentliche fördernde Hand ein Interesse haben, dass ein solcher Kredit zurückgeführt wird, weil sich die Allgemeinheit etwas erspart. Daher ist überhaupt nicht einzusehen, warum der Kreditnehmer daran gehindert oder zumindest nicht ermuntert werden soll, eine solche Rückzahlung vorzunehmen. (Bundesrat Schennach: Warum stimmt ihr dann zu?)
Damit komme ich zur letzten Frage. Anders als Kollege Schennach es angekündigt hat, werden wir aber trotzdem zustimmen, weil es eine Verbesserung darstellt. Es stellt zumindest eine Annäherung an die EuGH-Judikatur dar. Wir bewegen uns daher in Richtung eines rechtskonformen Zustandes und es stellt eine gewisse Verbesserung dar. Wenn es wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung ist, dann stimmen wir diesem einen Schritt zu und werden also – nicht ganz überzeugt, aber letztendlich doch – hier unsere Hand heben. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)
11.39
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke.
Nun hat sich Frau Bundesministerin Mag.a Karoline Edtstadler zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich werde der Justizministerin ausrichten, was Herr Dr. Hübner gerade auch gesagt hat, nämlich dass die Änderung positiv gesehen wird.
Ich möchte an dieser Stelle aber zunächst einmal auch die Freude der Frau Justizministerin Alma Zadić zum Ausdruck bringen, dass mit dieser Regierungsvorlage für die österreichischen Verbraucherinnen und Verbraucher Erleichterungen geschaffen werden. Ich darf meine Freude als Europaministerin noch draufsetzen, nämlich dahin gehend, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ja wesentlich mit der Auslegung von Richtlinien in Verfahren befasst ist und dass das dazu beiträgt, dass die Standards einheitlicher werden, dass das über ganz Europa einheitlich ausgelegt wird, und auch dazu führt, dass Verbesserungen der nationalen Rechtslage vorgenommen werden.
Ich denke, es ist wichtig und richtig, dass mit dieser Gesetzesvorlage nicht nur die Anpassung vorgenommen wird, die im Urteil Lexitor – und Sie haben im Übrigen ganz richtig zitiert, von wann dieses Urteil stammt, nämlich vom 11.9.2019 – gefordert wird, sondern dass darüber hinaus, weil die Wohnimmobilienkreditrichtlinie im Wortlaut sehr
ähnlich ist, auch der Gesetzgeber nun hergeht und in der Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzvorgabe Änderungen macht, weil man davon ausgehen kann, dass das auch so ausgelegt werden würde.
Insgesamt, glaube ich, ist das positiv. Es ist für einen einheitlichen Markt in Europa auch notwendig, diese Dinge anzupassen, und daher kann ich – auch im Sinne der Justizministerin – nur darum bitten, hier möglichst keinen Einspruch zu erheben und damit dem Gesetzesbeschluss breite Zustimmung zu erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
11.41
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte, nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG) (481 d.B. und 516 d.B. sowie 10456/BR d.B. und 10523/BR d.B.)
7. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (463 d.B. und 509 d.B. sowie 10457/BR d.B. und 10486/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 6 und 7, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu den beiden Punkten ist Herr Bundesrat Sebastian Kolland. – Ich bitte um die Berichte, Herr Kollege.
Berichterstatter Sebastian Kolland: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden.
Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor, ich komme deshalb sogleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Darüber hinaus bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für die Berichte.
Wir gehen damit in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Hass im Netz ist das Thema der aktuellen Debatte. Es stehen Fragen im Raum: Wie kann man diesem Fehlverhalten im virtuellen Raum begegnen? Wie kann man es auch bekämpfen? – Gerade in dieser Zeit merkt man, wie aktuell dieses Thema ist, denn wir wissen: Während dieses Lockdowns, in dieser Zeit, in der man mehr zu Hause sein muss, spielen die sozialen Medien eine enorm wichtige Rolle für jede und jeden.
Es geht aber hier um die negativen Zwecke. Was nämlich angeprangert wird, ist nicht die Nutzung der sozialen Medien, die unbestritten ganz viele positive Seiten haben, sondern es geht um Tatbestände wie persönliche Beleidigungen, Mobbing, radikale Meinungen bis hin zu Drohungen und auch Verhetzung. Viele dieser Äußerungen haben auch rassistische, frauenfeindliche, ausländerfeindliche, homophobe Inhalte, und das sind natürlich die Grenzen.
Zara als eine Meldestelle für rassistische Grenzüberschreitungen ortet aktuell eine Zunahme der Zahl der Meldungen von solchen Inhalten. Zwischen September 2019 und August 2020 wurden dort 2 521 solche Meldungen registriert. Das ist eine deutliche Zunahme. Es wäre wichtig, dass es für diese Arbeit, die eine Meldestelle wie Zara leistet, entsprechende Ressourcen gibt und diese Ressourcen auch bereitgestellt werden.
Neben dem antirassistischen Aspekt ist mir aber auch insbesondere der frauenpolitische Aspekt wichtig, denn Hass im Netz und vor allem der Bereich des Upskirting betrifft überwiegend Frauen. Umso wichtiger ist es mir, dass dem mit aller Klarheit und aller Konsequenz mit dieser Vorlage heute begegnet wird.
Manche Beleidigungen richten sich gegen ganze Gruppen, gegen Gesinnungsgemeinschaften sozusagen, aber sehr oft sind auch Einzelpersonen von diesen Beleidigungen betroffen. Die psychische und emotionelle Belastung in solchen Mobbingsituationen hat auch schon Menschen in den Selbstmord getrieben. Das heißt, es geht da wirklich auch um existenzielle Fragen und nicht um Kavaliersdelikte.
Im virtuellen Raum ist es offenbar für einzelne Täter und Täterinnen viel einfacher, Beleidigungen auszusprechen, weil man ja dem Gegenüber nicht ins Gesicht schauen muss und dessen Reaktion ignorieren kann.
Wahrscheinlich kennen wir alle Menschen, die Opfer solcher Beleidigungen und Übergriffe geworden sind. Das ist sehr weit verbreitet. Ich denke momentan, da der Jahreswechsel bevorsteht, auch daran, wie schon einmal ein Baby, das gerade wenige Stunden auf der Welt war – es ist zwei Jahre her –, das Neujahrsbaby von Wien, zum Opfer einer Hassattacke im virtuellen Raum geworden ist. Man sieht also schon, welche Blüten das treibt: Ein unschuldiges Baby wurde da tatsächlich zum Opfer.
Es geht nun zum Glück darum, zivilrechtliche und zivilprozessuale Maßnahmen vorzunehmen, und zwar in verschiedenen Rechtsbereichen, im Zivil-, im Medien- und im Strafrecht, um Opfer besser zu schützen.
Ein positives Beispiel ist dieses Gesetz auch, was das Begutachtungsverfahren betrifft. Dieses Lob möchten wir bitte auch an Ministerin Zadić weitergeben. Es wurden nämlich viele der vielen Einwände, die es gegeben hat, tatsächlich aufgegriffen und in die vorliegende Version eingearbeitet.
Heute beschließen wir ein Bündel an Maßnahmen – ich habe es schon gesagt –: Im Zivilrecht geht es beispielsweise darum, dass nun auch Arbeitgeber und Dienstgeber gegen solche Verleumdungen vorgehen können, wenn es Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen betrifft, aber darauf komme ich noch einmal zurück.
Es geht darum, dass das Unterlassungsverfahren einfacher und kostengünstiger ist.
Beim Strafrecht möchte ich beispielsweise darauf verweisen, dass auch der Tatbestand des Cybermobbings ausgeweitet wird, dass das Upskirting als ein neuer Straftatbestand beschrieben wird. Es geht da um unbefugte Bildaufnahmen im Intimbereich vor allem bei Mädchen und Frauen, was natürlich ein Skandal ist.
Es geht im Medienrecht beispielsweise darum, dass der Identitätsschutz der Opfer ausgeweitet wird und dass die Entschädigungsbeiträge angehoben werden.
Vielleicht noch kurz zum Strafprozessrecht: Die Prozessbegleitung wird ausgeweitet, denn es ist sehr wichtig, in solch einem Prozess auch begleitet zu werden.
Bei den Privatklägern gibt es einen Entfall der Kostenersatzpflicht, wenn es um üble Nachrede geht. – Das sind lauter Punkte, die tatsächlich den Opfern entgegenkommen.
Wir hatten allerdings noch ein paar Anliegen, die ich hier auch noch einbringen möchte. Ein Anliegen, dessen Umsetzung uns als SozialdemokratInnen wichtig gewesen wäre, betrifft – noch einmal – das Persönlichkeitsrecht der ArbeitnehmerInnen. Uns wäre es wichtig gewesen, dass die Arbeitgeber in solch einem Fall, wenn sie ein Verfahren einleiten, jedenfalls mit den Arbeitnehmern Rücksprache halten müssen. Dass die Zustimmung der ArbeitnehmerInnen gewährleistet ist, ist uns absolut wichtig.
Ein zweiter Kritikpunkt betrifft noch einmal das Upskirting, eben dieses heimliche Fotografieren und eventuell auch Veröffentlichen von Fotos. Dafür ist der Strafrahmen von einem Jahr auf sechs Monate heruntergesetzt worden. Das ist uns nicht verständlich, denn es geht dabei tatsächlich um Dinge, die für die betroffenen Menschen eine Katastrophe bedeuten. Das ist aus unserer Sicht kein gutes Zeichen.
Ein drittes Anliegen wäre uns die wirklich gute Begleitung von Kindern und Jugendlichen, die Opfer oder ZeugInnen verschiedener Tatbestände werden. Sie müssen besonders geschützt werden, wenn es zu solchen Prozessen kommt. Sie brauchen besondere Möglichkeiten, um Dinge anzusprechen und an einem Verfahren mitzuwirken. Da muss man sehr, sehr sensibel vorgehen. Wir hatten im Nationalrat einen Antrag dazu eingebracht, der leider abgelehnt wurde, aber ich glaube, es kann sich jeder vorstellen, dass Kinder und Jugendliche diesbezüglich noch einmal besonderen Schutz brauchen. Vielleicht kann man da auch nachbessern. (Beifall bei der SPÖ.)
Eine größere Kritik betrifft das Kommunikationsplattformen-Gesetz, darauf wird mein Kollege noch intensiver eingehen.
Quasi zu guter Letzt: Alles in allem ist das Ziel, nämlich dass die Opfer in ihrer Persönlichkeit geschützt werden und dass es eine bessere Durchschlagskraft vonseiten der Justiz gibt, sehr positiv. Entsprechende Postings und Meldungen müssen schnell und möglichst umfassend aus dem Netz genommen werden können. Die Täterinnen und Täter müssen wissen, dass sie eine strafbare Handlung setzen, dass es kein Pardon gibt und dass sie dementsprechend zur Rechenschaft gezogen werden. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
11.52
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Zuseherinnen und Zuseher! Es war nicht leicht: Das Zustandekommen dieses Gesetzes war eine große Herausforderung und hat entsprechend Zeit in Anspruch genommen, ganz im Gegensatz zu den – ach so leicht – im Internet abgesetzten Hassbotschaften.
Die Anonymität im Internet verleitet immer mehr Menschen allzu oft dazu, Grenzen des Anstandes, der Sittlichkeit, der Achtung und der Menschenwürde zu überschreiten. Das Internet, insbesondere die sozialen Medien, erhalten immer mehr Gewicht, gerade in Zeiten von Corona, wenn öffentliche Kontakte, Zusammentreffen und Austausch eingeschränkt sind und auch eingeschränkt sein müssen. Umso wichtiger ist es nun, endlich ein wirksames Paket gegen Hass im Netz auf Gesetzesebene geschnürt zu haben.
Gerade für uns Frauen ist das Gesetzespaket ein Meilenstein, denn von Hass im Netz sind vor allem Frauen betroffen. Zwei Drittel aller 18- bis 23-jährigen Frauen sind Opfer von Hass-im-Netz-Delikten, Mädchen sind tatsächlich dreimal häufiger betroffen als Burschen. Viele junge Frauen, die online aktiv sind, können sich künftig rasch, niederschwellig und ohne allzu große Kosten gegen wüste Beleidigung, Beschimpfung oder Bloßstellung in Onlineplattformen zur Wehr setzen.
Der Verhetzungstatbestand soll verschärft und Cybermobbing auch dann strafbar werden, wenn beleidigendes Bildmaterial nämlich nur ein Mal hochgeladen wird. Bislang waren fortgesetzte Handlungen des Täters nötig, bevor es sich um eine Straftat handelte. Die Kollegin hat es schon angesprochen: Für das unbefugte Fotografieren des Intimbereichs – Stichwort Upskirting – soll künftig bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe drohen.
Das Löschen von Hasspostings soll einfacher möglich werden, Plattformen wie Facebook sollen endlich stärker in die Verantwortung genommen werden. Für Betroffene von Hass im Netz wird es wie schon erwähnt ein einfaches und kostengünstiges Verfahren geben. So kann man nun ein Formular ausfüllen, das man sich von der Seite des Justizministeriums runterladen kann, dieses an das Gericht schicken, und der Richter, die Richterin kann dann ohne mündliche Verhandlung und Anhörung der Gegenseite einen Unterlassungsauftrag erteilen, wenn sich die Rechtsverletzung schlüssig aus den Angaben ableiten lässt.
Der Auftrag richtet sich gegen die Täterin beziehungsweise den Täter und die Plattform. Sollten sie die Beleidigung nicht löschen, kann Exekution geführt werden. Die Plattformen müssen ein Meldesystem einrichten, in dem Betroffene die Löschung des Postings beantragen können, und die Löschung muss innerhalb eines Tages erfolgen, wenn die Rechtswidrigkeit bereits für juristische Laien offenkundig ist. Ist eine nähere Prüfung notwendig, beträgt die Frist sieben Tage. Zudem müssen die Plattformen in regelmäßigen Berichten festhalten, welche Anträge auf Löschung gestellt wurden und wie damit verfahren wurde.
Sie sehen also, meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird nun endlich gehandelt. Mit diesem Paket haben wir in Zukunft ein schnelles und wirksames Mittel, um den Hass im Netz einzudämmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der SPÖ.)
11.56
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke.
Ich darf Herrn Bundesrat Andreas Arthur Spanring zum Rednerpult bitten. – Bitte.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Frau Minister! Werte Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Natürlich muss es jedem von uns ein großes Anliegen sein, dass Menschen vor Beleidigungen, vor Herabwürdigungen, vor Mobbing, Drohungen, Gewaltaufrufen
und Ähnlichem im richtigen Leben, auf der Straße, im Beruf, und natürlich auch im Internet geschützt werden. Im Internet ist es auch deshalb wichtig, weil dort oftmals Kinder und Jugendliche sehr schnell zu Opfern werden.
Es ist uns ein besonderes Anliegen, dass es diesen Schutz auf allen Ebenen gibt. Wir empfinden es auch als wichtig, dass diesen Opfern rasch geholfen wird. Ja, dieses Paket umfasst auch sehr positive Punkte, zum Beispiel das Verbot unbefugter Bildaufnahmen bis hin zum Stichwort Upskirting. Wir sind auch für die Ausweitung der Maßnahmen gegen Cybermobbing. – So weit, so gut, da sind wir noch einer Meinung. Für uns zählt aber auch, dass es ein rechtsstaatliches Vorgehen und eine möglichst geringe Einschränkung der Meinungsfreiheit geben muss. Das, denke ich, unterscheidet uns leider sehr stark von dem, was Schwarz-Grün auf den Weg bringen will.
Das, was von dieser Regierung hier unter dem reißerischen Titel Hass im Netz vorgelegt wurde, geht in eine teils ganz andere Richtung; das ist bereits im Titel, in der Beschreibung spürbar. Hass, meine Damen und Herren, ist ein Gefühl, und Gefühle kommen in einer Rechtsordnung nun einmal nicht vor. Warum? – Weil Gefühle unbestimmte Begriffe sind, ergo nicht definierbar sind und es somit problematisch ist, um solch einen Begriff ein derartiges Gesetzespaket aufzubauen.
So wie wir Gefühle im Gesetz nicht wirklich definieren können, ist es ähnlich schwierig mit dem Begriff der Fakenews. Was sind Fakenews? Was sind Falschmeldungen? Und viel wichtiger: Wer, meine Damen und Herren, bestimmt, was Fakenews sind? Wer hat die Wahrheit gepachtet? Wie soll jemand wissen, wann die Schwelle der Strafbarkeit überschritten ist und wann eben nicht, denn es gibt keine absolute Wahrheit?
Ich verstehe natürlich den Zugang der ÖVP: Ihre Meinung ist von Gott gegeben und widerspruchslos hinzunehmen. (Heiterkeit des Bundesrates Seeber.) Ähnlich ergeht es den Grünen: Alles, was weit genug links ist, ist richtig und gut, und alles andere ist falsch und schlecht. (Beifall bei der FPÖ.) Ein Problem, meine Damen und Herren, das trotzdem in beiden Fällen immer noch auftritt: Es sind Meinungen, und Meinungen sind eben nicht von Gott gegeben und niemals unfehlbar. Bitte, es sollte doch auszuhalten sein, wenn Menschen ihre Meinungen kundtun, die vielleicht tatsächlich für die meisten von uns falsch erscheinen oder vielleicht sogar tatsächlich falsch sind. (Vizepräsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)
Wenn wir aber Meinungsfreiheit nicht mehr leben dürfen, meine Damen und Herren, was kommt dann als Nächstes? Wollen wir dann die Religionen verbieten? Viele behaupten ja, dass die Menschen von Adam und Eva abstammen, und stellen somit die Wissenschaft infrage, weil diese etwas anderes behauptet, von wegen archaischer Homo sapiens und Bindeglied zu Homo erectus und so. Gott schuf auch den Himmel und die Erde, und die Wissenschaft brabbelt da irgendetwas von einem Urknall. Die Frage ist: Was sollen wir als Fakenews abtun?
Verstehen Sie, worauf ich in Wahrheit hinaus will? (Bundesrätin Schumann: Nein!) – Wir leben in einem aufgeklärten Zeitalter, und es macht mich wirklich traurig, dass errungene Werte wie die Meinungsfreiheit, für die viele Menschen – viele Menschen! – gekämpft haben und auch gestorben sind, jetzt wieder in Gefahr sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Wohl irrtümlicherweise wird Voltaire ein wunderschönes Zitat zugeschrieben, auch Fakenews vielleicht, und zwar: „Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.“ Vor mehr als 200 Jahren, nämlich 1789, wurde im Artikel 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich die Meinungsfreiheit als eines der kostbarsten Rechte der Menschen bezeichnet.
Beim Recherchieren für diese Rede, meine Damen und Herren, ist mir etwas sehr Interessantes und eigentlich auch Unfassbares aufgefallen: Wissen Sie, wann bei uns vor
2020, also vor dieser jetzigen Einschränkung, das letzte Mal die Meinungsfreiheit eingeschränkt wurde? – Das ist alles nachzulesen: im Nationalsozialismus durch die Reichstagsbrandverordnung 1933 und das Heimtückegesetz 1934. Denken Sie einmal darüber nach, meine Damen und Herren, in welche Richtung wir da steuern! Da kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen! (Beifall bei der FPÖ.)
Also noch einmal: Meine Damen und Herren! Wir leben doch Gott sei Dank in einem aufgeklärten Zeitalter, und wir müssen es doch bitte aushalten, wenn jemand eine andere Meinung hat oder auch eine andere Meinung äußert. Und ja, manche Meinungen können durchaus verstörend sein, manche Meinungen können vielleicht auch verletzend sein. Das ist so, weil Meinungen eben ein so breitgefächertes Spektrum umfassen. Manchmal verstehen wir ganz einfach die Meinung anderer Menschen nicht. Mir geht es immer so, wenn Kollege Schreuder hier am Pult steht, ich denke mir dann immer: Was redet der?, und ihm wird es vielleicht ähnlich gehen, wenn ich hier stehe, aber bitte, meine Damen und Herren, das müssen wir doch aushalten.
Wichtig: Die Grenze ist ganz klar im Strafrecht festgelegt. Die Grenze ist bei Gewalt, bei Beleidigungen, bei Mobbing, bei Drohungen und so weiter überschritten.
Neben der Einschränkung der Meinungsfreiheit sehen wir auch weitere Probleme in diesem Kommunikationsplattformen-Gesetz. Es wird leider in vielen Fällen zu Overblocking kommen, denn wenn ein Dienstanbieter die Verpflichtung hat, etwas innerhalb von ein paar Stunden oder innerhalb einer Woche zu löschen, dann wird er auch Einträge löschen, die er nur vorsichtshalber löscht, damit er sich eben nicht der Gefahr aussetzt, eine Strafe zahlen zu müssen.
Meine Damen und Herren! Total inakzeptabel ist für uns, dass mit diesem Gesetz eine der grundsätzlichen Aufgaben des Staates, nämlich die Strafrechtspflege, an private Unternehmen ausgelagert werden soll. Google, Facebook, Twitter und Co bekommen jetzt die Kontrolle über die Meinungsfreiheit, und da nutzt es auch nichts, wenn in letzter Instanz vielleicht ein Gericht entscheidet. So kann Strafrecht sicher nicht funktionieren, das ist ein Auslagern von Zensur an private Unternehmer! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Es gibt noch etwas, was völlig außer Acht gelassen wird: dass man mit diesem Gesetz nämlich die Büchse der Pandora öffnen kann. Dem privaten Unternehmer geht es logischerweise nicht darum, den Rechtsstaat oder die Meinungsfreiheit zu pflegen oder zu fördern, sondern es geht ihm um Gewinn – no na net. Nutzer können Postings melden, das auch anonym, egal ob diese jetzt tatsächlich bedenklich sind oder eben nicht. Und was passiert dann? – Es schließen sich da ein paar lustige Gesellen zusammen und melden immer wieder gezielt Posts mancher Nutzer. Und der Unternehmer, der ja Gewinn machen will und keine horrenden Strafen riskieren will, wird in vorauseilendem Gehorsam Postings von bestimmten Nutzern im Vorfeld löschen. Und da schließt sich dann auch wieder der Kreis, meine Damen und Herren. Damit kann man Menschen aus dem Internet verbannen, und zwar nur, weil sie eine andere Meinung haben als man selbst.
Wohin die Reise geht, das haben wir bereits in anderen Ländern gesehen. Oftmals geht es nur darum, Äußerungen zu eliminieren, die gegen den Mainstream sind. Islamkritik ist unerwünscht, Einwanderungskritik ist unerwünscht, traditionelle Familienbilder sind unerwünscht, Kritik an Maßnahmen von Regierenden ist unerwünscht, EU-Kritik ist unerwünscht, und vielleicht ist überhaupt jegliche Form von selbstständigem Denken bei uns unerwünscht. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir sind diese Woche noch mit Datenschützern zusammengesessen, die uns viele gute Inputs mitgegeben haben. Zwei Sätze aus dem Gespräch mit diesen Datenschützern haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt.
Der erste war: Es ist uns egal, welche Partei gerade in der Regierung ist, wir agieren unpolitisch und decken immer alles auf, was für uns datenschutzrechtlich bedenklich ist. – Zitatende. Das ist einmal eine sehr gute Einstellung.
Der zweite Satz war – der war dann wieder ganz bezeichnend für die ÖVP; einer der Anwesenden sagte das –: Wir waren schon bei jeder Partei einmal oder mehrmals eingeladen, mit Ausnahme der ÖVP – denen sind ganz offensichtlich die Grundrechte der Menschen egal. – Zitatende. – Treffender hätte ich meinen Schlusssatz gar nicht formulieren können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
12.06
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Marlene Zeidler-Beck. – Bitte, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Nach dieser Rede, Herr Kollege Spanring, bin ich tatsächlich sehr froh, dass wir das Recht auf freie Meinungsäußerung haben und dass auch ich jetzt ganz frei meine Meinung dazu äußern kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wir haben bei Ihrer Rede ein Phänomen erlebt, das Ingrid Brodnig in ihrem Buch „Hass im Netz“ so treffend beschreibt, dass nämlich der Blick von den eigenen sprachlichen Provokationen weggelenkt wird und dass man versucht, jene an den Pranger zu stellen, die verhindern wollen, dass andere verletzt werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Lassen Sie mich deswegen ganz klar sagen: Es gibt ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Das ist eines der höchsten Güter, und ich bin froh, wenn wir das gemeinsam hochhalten. Lassen Sie mich aber auch sagen: Es gibt kein Recht auf Verhetzung, kein Recht auf die Verbreitung von gezielten Falschinformationen und vor allem auch kein Recht auf Ausgrenzung und persönliche Diskreditierung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt nichts Gutes an Hass im Netz, nichts zu beschönigen, nichts zu verharmlosen, und gerade deswegen ist der heutige Tag wirklich ein guter. Es ist ein echter Meilenstein. Wir werden heute ein Gesetzespaket beschließen, mit dem wir eindeutig klarstellen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Wir schaffen ein Gesetz, das neuen Entwicklungen, neuen Kommunikationsformen, neuen Technologien Rechnung trägt, mit dem wir auch der unendlichen Dynamik in den sozialen Netzwerken Rechnung tragen und mit dem wir Vorreiter in Europa sind. Vor allem aber, und das ist das Allerwichtigste: Wir geben jenen ein wirksames Instrument und Handwerkszeug in die Hand, die von Hass im Netz betroffen sind.
Das Gesetz, wir haben es gehört, ist Ergebnis von intensiven Verhandlungen, der Einbeziehung und der Meinung von ganz vielen Expertinnen und Experten und auch von einem umfangreichen Begutachtungsprozess. Ich möchte an dieser Stelle wirklich den beiden Ministerinnen, die dieses Gesetz federführend verhandelt haben, und allen, die ihre Expertise in dieses Gesetz eingebracht haben, ein großes Dankeschön sagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich möchte anhand von drei Beispielen versuchen, Ihnen noch einmal zu erklären, warum dieses Gesetz so wichtig ist: Eine junge Frau postet ein Foto von sich auf Instagram. Ihr Ex-Freund nimmt dieses Foto, bearbeitet es, setzt es vielleicht sogar in einen pornographischen Kontext und veröffentlicht es zusammen mit herabwürdigenden Beleidigungen. Dank eines neuen Schnellverfahrens, das wir heute beschließen werden, hat die Frau nun die Möglichkeit, einfach unbürokratisch dagegen vorzugehen. Sie kann einen Screenshot machen, sich an das zuständige Bezirksgericht wenden, und dann wird dieses Posting sehr, sehr rasch – und glauben Sie mir, das ist in diesem Fall das Allerallerwichtigste – aus dem Netz genommen.
Darüber hinaus hat die junge Frau in Zukunft auch Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung, und ihrem Ex-Freund droht ein Strafverfahren – und zwar auch dann, wenn es nur ein einmaliger Tatbestand ist – mit einem Strafausmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe oder 720 Tagsätzen.
Zweites Beispiel: Ein Mann entdeckt auf Facebook ein Posting, in dem offensichtlich Fakenews und verhetzende Inhalte verbreitet werden. Er hat nun die Möglichkeit, dieses Posting zu melden. Jetzt wird der eine oder andere sagen, diese Möglichkeit gab es bereits. Ich weiß nicht, wer es von Ihnen einmal ausprobiert hat, ich habe einmal etwas bei Facebook gemeldet und ich kann Ihnen nur sagen, dieses Posting ist heute noch öffentlich. In Zukunft sind die Plattformbetreiber aber verpflichtet, ein effektives und transparentes Verfahren über Meldungen für strafrechtswidrige Inhalte zu implementieren. Sie müssen innerhalb von 24 Stunden offensichtlich strafrechtswidrige Inhalte löschen, und wenn die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist und eine Prüfung erforderlich ist, dann haben Sie dafür bis zu sieben Tage Zeit.
Und noch ein drittes Beispiel: Von einer Volleyballmannschaft werden in der Umkleidekabine unbefugt Filmaufnahmen gemacht, und diese Filmaufnahmen verletzen ganz klar die Intimsphäre. Das ist alles andere als ein Kavaliersdelikt, das gehört auch entsprechend bestraft, und das tun wir. Wir schaffen einen Straftatbestand gegen solch unbefugte Bildaufnahmen, Stichwort Upskirting, mit einer Strafdrohung von bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, und wenn diese Fotos zusätzlich noch in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, dann drohen bis zu zwölf Monate Freiheitsstrafe oder 720 Tagsätze.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, all diese Beispiele sollten Ihnen zeigen, warum dieses Gesetzespaket wirklich eine vernünftige Lösung ist und warum es da weder um Overblocking noch um ein Beschneiden der Meinungsfreiheit geht. Es geht schlicht und ergreifend um strafbare Tatbestände, gegen die wir entschieden vorgehen müssen.
Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Antrag
gem. § 43 Abs. 1 GO-BR
der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen zu Top 7, Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“
*****
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Internet wird sich weiterentwickeln, und ich bin davon überzeugt, wir werden dieses Gesetzespaket und die gesetzlichen Richtlinien noch weiterentwickeln, und zwar nicht nur, weil das der technische Fortschritt mit sich bringt, sondern auch, weil es unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist. Da kann jeder Einzelne einen Beitrag leisten und sich vom Hass nicht anstecken lassen.
In diesem Sinne freue ich mich, wenn wir gemeinsam die Chancen der Digitalisierung nützen, wenn wir uns aber vor allem auch vor den Gefahren bestmöglich schützen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.12
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember des Jahres betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher! Ich hätte mich bezogen auf die Rede von Kollegen Spanring fast zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet, denn er hat wörtlich behauptet: „die Wissenschaft brabbelt da irgendetwas von einem Urknall“. – An einem Tag, an dem der Österreicher Josef Aschbacher zum Generaldirektor der Weltraumorganisation ESA gewählt wird, muss ich als Physiker diese Behauptung, diese Diskreditierung ausdrücklich zurückweisen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)
Jetzt zu den zwei Tagesordnungspunkten. Als Erstes zu TOP 6, Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz: Wir NEOS begrüßen dieses Gesetzespaket, das eigentlich zehn Gesetze umfasst, dem Grunde nach, allerdings sehen wir den Titel des Gesetzes so, dass er mehr verspricht, als die Gesetzespakete selber halten können. Weder ist eine gemeinsame Klammer darüber, dass es um Hass geht, noch betrifft es das Internet als Tatort als gemeinsame Klammer.
Das Muster, das sowohl dieses Gesetz als auch das Kommunikationsplattformen-Gesetz zeigt, ist, dass mit Marketinggesetzestiteln ein bisschen davon abgelenkt werden soll, was tatsächlich in der Rechtslage verändert wird.
Wir NEOS begrüßen das Paket dem Grunde nach, wir stimmen dem auch zu, aber es wird leider nicht dazu kommen, dass Hass im Netz oder die anderen Tatbestände, die darin geregelt werden, nur mit einem Formular im Mandatsverfahren, das jetzt neu geschaffen wird, verschwinden werden.
Nun komme ich zum Kommunikationsplattformen-Gesetz, das auch ein bisschen ein Etikettenschwindel ist, denn es betrifft nicht alle Kommunikationsplattformen, sondern es betrifft nur Kommunikationsplattformen, die auf Gewinn gerichtet sind, die eine bestimmte Umsatzschwelle überschreiten, eine bestimmte Schwelle hinsichtlich der Zahl der User überschreiten. Es umfasst ausdrücklich nicht die Leserforen von Tageszeitungen, von denen wir wissen, dass dort sehr viel geschrieben wird, was wahrscheinlich auch unter den Anwendungsbereich fallen würde, es betrifft nicht die nichtkommerziellen Kommunikationsplattformen, in denen auch sehr viel geschrieben wird, wie das Austrian Soccer Board zum Beispiel.
Das Gesetz ist daher dadurch gekennzeichnet, dass Zielgenauigkeit nicht gegeben ist. Es ist gut gemeint, ja, es ist durchaus sinnvoll, dass – wie es im Gesetz heißt – „auf der Kommunikationsplattform verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte“ gemeldet werden können, dass die Verfügbarkeit dann beseitigt werden soll und dass eine Beweissicherung vorgenommen werden soll. Insgesamt aber halten wir NEOS dieses
Gesetz nicht für so gut gelungen, dass wir dem zustimmen könnten. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)
12.17
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Kolland. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat Sebastian Kolland (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hass im Netz ist ein Phänomen, das mittlerweile ein Ausmaß angenommen hat, das man als Gesetzgeber nicht mehr ignorieren kann. Und wer bei dieser Debatte reflexartig immer von einer Beschneidung der Meinungsfreiheit spricht, der möchte sich meines Erachtens nur einer wirklich ehrlichen Diskussion darüber entziehen.
Niemand möchte, dass kontroversielle Debatten im Netz nicht mehr möglich sind. Niemand will das, im Gegenteil: Kritische Auseinandersetzungen sind wichtig, gerade auch jetzt in einer Zeit der Pandemie, von der so viele Menschen betroffen sind und zu der viele auch eine Meinung haben und diese auch kundtun. Das ist wichtig. Eine kritische Auseinandersetzung wollen wir alle, die will niemand verbieten. Solche Diskussionen, bei denen Argumente auch hart aufeinanderprallen, hält unsere Demokratie schon aus. Also ein ganz klares Ja zu einer lebhaften Debatte – auch im Netz. (Beifall bei der ÖVP.)
Was wir aber bekämpfen müssen, und das ist ein riesiger Unterschied, sind Postings und Kampagnen, die nur darauf abzielen, Menschen niederzumachen. Da geht es nicht um Diskurs, da geht es nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mittels Argumenten, sondern da geht es um Zerstörung, und das ist ein gesellschaftliches Riesenthema, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Reden Sie einmal mit Kindern und Jugendlichen! Fragen Sie sie, was sie beschäftigt, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, und Sie landen zu 100 Prozent beim Thema Cybermobbing. Es gibt zig Fälle, wo Jugendliche unter dem Druck, der online ausgeübt wurde, zerbrochen sind, und das Problem wird leider immer schlimmer.
Es gibt in Deutschland umfassende Studien dazu: 2017 ist erhoben worden, dass 12,7 Prozent der 12- bis 19-Jährigen Opfer von Cybermobbing gewesen sind. 2020, also drei Jahre später, waren es bereits 17,3 Prozent, also fast jeder fünfte Jugendliche hat direkte Erfahrungen mit diesem Problem gemacht. Wenn dann etwas passiert, wenn einzelne Fälle auch in der Zeitung stehen, wenn Jugendliche sich in Alkohol und in Drogen flüchten oder sich vielleicht sogar etwas antun – leider gibt es auch diese Fälle ‑, dann ist die Empörung immer groß, aber die Möglichkeiten, sich gegen solche Angriffe schnell und effektiv zur Wehr zu setzen, waren bisher leider sehr begrenzt.
Eine Frage – meine Kollegin hat sie auch schon gestellt –: Haben Sie schon einmal versucht, das Löschen eines anonymen Hasspostings bei Onlineplattformen zu beantragen? Ich kann Ihnen sagen: Das ist ein Dschungel. Sie werden im Kreis herumgeschickt und es ist eigentlich fast unmöglich. Jeder Betroffene verzweifelt an dieser Aufgabe.
Das kann es einfach nicht sein, denn die Onlineplattformen, Facebook, Twitter, Youtube und wie sie alle heißen, tragen natürlich Verantwortung dafür, welche Inhalte auf ihren Kanälen verbreitet und geteilt werden. Der Ansatz, dass man diese Onlinegiganten nun in die Pflicht nimmt, ist deshalb völlig richtig. Es ist auch notwendig, dass es klare Sanktionen gibt, wenn diese Onlinegiganten die Kooperation verweigern.
Natürlich muss sich diese Regelung in der Praxis bewähren, wir müssen aber irgendwann damit beginnen, vor allem Kinder und Jugendliche, die leider hauptbetroffen sind, zu schützen, und auch anderen Opfern von Hassattacken scharfe rechtliche Werkzeuge in die Hand zu geben. Diese Kampagnen dienen nicht der Meinungsfreiheit, sondern sie
haben das Potenzial, Menschen zu zerstören und fertigzumachen. Da dürfen wir nicht zuschauen!
Geschätzte Damen und Herren! Es ist schade, dass die Freiheitlichen diesem Paket nicht zustimmen, unter anderem mit der Begründung, dass es bereits jetzt zivil- und strafrechtliche Möglichkeiten gibt, um Hass im Netz zu bekämpfen. Das stimmt, diese Möglichkeiten gibt es, zumindest in einem gewissen Umfang, was die derzeitigen Gesetze aber nicht leisten – und das ist etwas ganz Entscheidendes –, ist Tempo beim Entfernen dieser Inhalte aus dem Netz. Jeder Tag, um den diese Inhalte früher aus dem Netz gezogen werden, ist ein guter Tag für die Betroffenen, das muss uns allen bewusst sein. Deshalb ist das vereinfachte Unterlassungsverfahren samt Möglichkeit zur sofortigen Vollstreckbarkeit, das jetzt implementiert wird, so wichtig.
Ich möchte auch noch auf einen Kritikpunkt der SPÖ, der im Ausschuss genannt wurde, eingehen, nämlich dass wir mit dem Kommunikationsplattformen-Gesetz einen nationalen Alleingang wählen, obwohl die Europäische Kommission mit dem Digital Services Act am Dienstag etwas vorgelegt hat, was in dieselbe Richtung zielt. – Das stimmt, es ist gut, dass sich die Europäische Union nach fast 20 Jahren Untätigkeit endlich dieses wichtigen Themas annimmt. Uns muss aber auch klar sein, dass der am Dienstag präsentierte Entwurf nur der Startschuss für ein langes Gesetzgebungsverfahren ist.
Dieses Paket geht von der Kommission ins Parlament und wird dort zwischen den EU-Staaten verhandelt. Wer in den vergangenen Tagen das Thema ein bisschen verfolgt hat, weiß, dass sich die Onlinegiganten bereits darauf vorbereiten, mit großen Lobbyistenarmeen möglichst großen Einfluss auf diesen Gesetzgebungsprozess zu nehmen. Es wird also ein langer Prozess, der uns bevorsteht, und auch der Experte im Ausschuss hat bestätigt, dass er damit rechnet, dass es frühestens in zwei Jahren ein Ergebnis geben wird.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, so lange sollten und dürfen wir im Sinne aller, die von Hass im Netz betroffen sind, nicht warten. Wir sind es ihnen schuldig, dass wir Nägel mit Köpfen machen. In diesem Sinne bitte ich um breite Zustimmung zu beiden Gesetzesvorlagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.23
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Wie schon meine Kollegin Daniela Gruber-Pruner hervorgestrichen hat, ist bei der Gesetzesvorlage zu Hass im Netz etwas Beispielhaftes passiert: Man hat sich für eine ordentliche Begutachtung Zeit genommen – und viele haben sich an dieser Begutachtung beteiligt. Und siehe da: Viele dieser Vorschläge aus dem Begutachtungsverfahren wurden auch aufgenommen, was wir hier ausdrücklich und positiv hervorheben wollen; zum Beispiel die Möglichkeit, bei Verletzung der Privatsphäre immateriellen Schadenersatz über ein elektronisches Kommunikationsnetz zu begehren, die Einführung eines einfachen, kostengünstigen Mandatsverfahrens oder einfachere Täterausforschung und Deckelung des Streitwerts.
Ich war über 30 Jahre lang ehrenamtlicher Bewährungshelfer, und ich möchte hier auch ein bisschen zur Veränderung des Strafprozessrechtes und über das, was da neu eingeführt wurde, sprechen. Ich hebe zum Beispiel speziell die Schaffung der Rechtsgrundlage dafür, dass psychosoziale und juristische Prozessbegleitung nun gegeben sind, hervor. Das ist für Opfer von Hass im Netz essenziell. Außerdem möchte ich die Neustrukturierung und Ausweitung der Prozessbegleitung auf bestimmte Opfergruppen, speziell auf – sehr vulnerabel! – minderjährige Zeugen, erwähnen; auch das ist ganz wichtig. Es
gibt auch die Schaffung einer Möglichkeit – ich habe es vorhin schon angesprochen – zur erleichterten Ausforschung der Täter. Ebenso anzuführen ist, dass die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers bei Verfahren wegen übler Nachrede entfällt. All das ist sehr positiv angesichts der Geißel unserer Zeit, nämlich dem Hass im Netz.
Hass im Netz zerstört. Er vergiftet Gesellschaften, er vergiftet Gemeinschaften, er trifft besonders schützenswerte Bereiche. Er trifft zum Beispiel Menschen mit Migrationsbackground, er trifft Kinder, er trifft Frauen, er trifft vielleicht Andersgläubige, er trifft vielleicht Andersdenkende und so weiter. Das heißt, es war und ist notwendig, Hass im Netz zu beschränken und gegen Fakenews aufzutreten. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Nun gibt es – Vorredner Kolland hat es ja schon ausgeführt – diesen schwierigen Akt der Balance. Auf der einen Seite geht es um die Freiheit der Meinungsäußerung und auf der anderen Seite um den Schutz vor Angriffen im Netz.
Da kommt nun der zweite Teil dieser Regierungsvorlage – Frau Bundesministerin, ich glaube, den haben Sie zu verantworten –, und der ist nicht gut gelungen. Warum? – Ja, der Digital Services Act ist vor wenigen Tagen von der Europäischen Kommission präsentiert worden. Es ist klar, dass er in seinen zwei Teilen einerseits die Verantwortlichkeit der Digidienste benennt und andererseits, in Teil zwei, auch ein Regularium vorsieht und auch die Algorithmen unter besondere Beobachtung nimmt. Und wir beginnen da jetzt – sehr nett, aber Unsinn – einen Fleckerlteppich. Österreich fängt jetzt mit einem Regulativ an, aber gerade was das Netz betrifft, ist es so unsinnig, sich im regulatorischen Bereich nur auf ein Land zu beschränken. Wir brauchen da eine gemeinsame europäische Vorgangsweise und nicht den Beginn eines Fleckerlteppichs!
Was ist da passiert? – Wir übertragen die rechtliche Entscheidung einer privaten GmbH. Das ist doch nicht notwendig! In zwei Jahren kommt eine europäische Regelung. Das hätte man strafgesetzlich regeln können und müsste man nicht auslagern. Bei dieser Vorlage sind außerdem keine Qualifikationserfordernisse für Menschen genannt, die diese Sache zu behandeln haben. Das heißt also, wenn Facebook nächtens einen Rechtspraktikanten einsetzt und dieser sich denkt: Ui, das ist mir zu heiß, ich nehme das lieber sofort aus dem Netz!, dann kann er das machen. Es besteht aber immer die Gefahr einer Einschränkung der Meinungsfreiheit. Es sollte also durch bestimmte Qualifikationserfordernisse gewährleistet sein, dass da nicht Laien entscheiden.
Wir sehen das ja zum Beispiel bei den Mobilfunkanbietern. Fragen Sie einmal bei Ihrem Mobilfunkanbieter nach, was zwischen 2 Uhr und 4 Uhr in der Früh los ist, wer da aller Daten von ihm will. Das ist dort die heiße Zeit und das wird hier auch nicht anders sein.
Was da fehlt, ist die Möglichkeit einer externen inhaltlichen Überprüfung einer Entscheidung. Das ist doch notwendig! Es ist auch nicht klar, von welchen Plattformen wir hier sprechen. Ist es Facebook oder sind es auch noch andere Plattformen mit Chatfunktionen oder Open-Source-Entwicklungsplattformen? Wer ist hier betroffen?
Dieser österreichische Alleingang macht keinen Sinn, deshalb werden wir diesem Teil auch nicht zustimmen.
Die Entscheidungen, was verboten oder erlaubt ist, was im Netz aufscheint oder nicht, können nicht Google, Facebook und Freunde treffen, dazu braucht es klare Richtlinien, und diese klaren Richtlinien werden mit dem Digital Services Act kommen. Da geht es dann nicht um die Fragen von Filtern oder Blackboxes, sondern um einen klaren gemeinsamen Weg in Europa mit einem Ziel: den schrecklichen Hass im Netz zu bekämpfen, Fakenews zu bekämpfen und gleichzeitig Meinungsfreiheit zu erhalten.
Ist Kollege Spanring noch hier? (Rufe bei der FPÖ – auf den Platz des Schriftführers weisend –: Hinter Ihnen!) – Kollege Spanring, da Sie hier Fragen gestellt haben wie:
Woher wir kommen?, und da noch ein bisschen unsicher sind, würde ich einfach vorschlagen: Greifen Sie zu Charles Darwin – wir hatten erst das Darwin-Jahr –, das kann sicher sehr hilfreich sein! Weihnachten bietet auch die Zeit, bei Darwin nachzulesen. Lesen Sie vor allem das Buch über die Regenwürmer! Ich habe noch nie ein so spannendes Buch wie die Geschichte über die Regenwürmer gelesen. (Allgemeine Heiterkeit.)
In diesem Sinne: Danke. Wir werden der Hass-im-Netz-Bekämpfung zustimmen, die rechtliche Ausführung allerdings ablehnen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Zwazl.)
12.32
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler. – Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Sehr geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich stehe vor Ihnen als Vertreterin der Regierung, als Verfassungs- und EU-Ministerin, als Vertreterin für die Justizministerin, ich stehe aber auch vor Ihnen als Frau, als Menschenrechtlerin und als ehemalige Strafrichterin, und ich sage Ihnen, ich stehe mit jeder Faser zu jeder Maßnahme dieses gesamten Paketes gegen Hass im Netz, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wir sind immer noch mitten in der Pandemie. Wir kommunizieren sehr viel über digitale Medien, und wir sind froh, dass wir diese digitalen Medien haben, um darüber in Kontakt bleiben, uns austauschen und Beschlüsse fassen zu können – ich erinnere an eine Verfassungsänderung ganz am Beginn auch im Ministerrat –, Beschlüsse im Wege von Videokonferenzen fassen zu können, um die Gesundheit zu schützen. All das sind Vorteile, die die Digitalisierung gebracht hat, all das ist so wichtig und mit all dem müssen wir in Zukunft auch noch besser umgehen. Es gibt aber auch einen ganz klaren Nachteil, und dieser Nachteil heißt Hass – ja, meine sehr geehrten Bundesrätinnen und Bundesräte der FPÖ –, Hass im Netz, und dieser Hass im Netz verbreitet sich unglaublich schnell.
Ich darf deshalb gleich am Beginn auf den Begriff eingehen, weil das auch im Nationalrat einige Male angesprochen worden ist. Das Wort Hass findet sich nicht im Gesetz. Warum? – Weil Hass in der Tat, und da gebe ich Ihnen recht, eine Emotion beschreibt, weil Hass, wenn man das Wort nachliest, eine „feindselige Abneigung“, ein „starkes Gefühl der Ablehnung und Feindschaft“ darstellt. Dieser Hass wird im Gesetz genau definiert, nämlich mit strafrechtlichen Bestimmungen, und zwar taxativ, das heißt abschließend mit einer Aufzählung von Straftaten wie Mord, Drohung, Nötigung, Verhetzung oder antisemitische Äußerungen, die auch unter das Verbotsgesetz fallen. Das einmal vorweg.
Gegen diesen Hass gilt es vorzugehen, dass die Verbreitung im Internet nicht unkontrolliert schnell passiert, dass als Hilfe für die Menschen, die von Hass im Netz betroffen sind, als Hilfe für die Opfer die Verbreitung schnell unterbunden werden kann. Und das tun wir mit diesem Paket in zweierlei Hinsicht; einerseits durch Maßnahmen im Justizbereich, im zivil- und im strafrechtlichen Bereich, durch Nachschärfungen etwa beim Cybermobbing, dass die einmalige Begehung schon strafbar ist, durch Nachschärfungen beim Verhetzungstatbestand, durch Nachschärfungen auch im prozessrechtlichen Bereich, dass es schneller möglich ist, eine Entscheidung auch bei einer Unterlassungsklage zu bekommen, durch mehr Unterstützung auch bei der Prozessbegleitung, und zwar bei der psychosozialen und bei der juristischen Prozessbegleitung, was ich für eine ganz wichtige Maßnahme halte und wofür ich im Übrigen auch schon damals als Staatssekretärin im Innenministerium eingetreten bin, als ich die Taskforce Strafrecht leiten durfte. So weit, glaube ich, stößt das hier bei allen auch auf große Zustimmung.
Ich möchte daher zum zweiten Teil kommen, den ich – völlig richtig, Herr Bundesrat Schennach – als Verfassungsministerin auch verantworte, nämlich zum Kommunikationsplattformen-Gesetz. Worum geht es da? – Es geht darum, dass das Opfer, noch bevor es Straf- oder Zivilgerichte anruft, die Möglichkeit hat, rasch strafrechtswidrige Inhalte löschen zu lassen. Bis jetzt gibt es dafür teilweise keine Ansprechpartner.
Ich kann Ihnen sagen, es war ein langer Weg bis hierher in den Bundesrat, und ich freue mich auch über die offene Aussprache mit Ihnen. Ich habe sehr viel mit Experten gesprochen, runde Tische gemacht, ich habe vor allem in der Zeit der Begutachtung – und es war mir wichtig, dass wir mit sechs Wochen eine ordentliche Begutachtungsphase hatten – mit den Plattformen selbst, mit Vertretern von Google, Facebook, von Microsoft und wie sie alle heißen gesprochen, und sie alle haben mir versichert, sie wollen diese soziale Verantwortung wahrnehmen, sie wollen dem nachkommen, was wir von ihnen erwarten. Wenn sie Milliardengewinne machen, dann müssen sie auch die entsprechenden verantwortlichen Schritte setzen, jemanden benennen, der verantwortlich ist, einen Zustellbevollmächtigten nennen. Das ist auch Voraussetzung dafür, dass Entscheidungen der Gerichte zugestellt werden können und Hass in Form von strafrechtswidrigen Inhalten, definiert im Strafgesetzbuch, rasch gelöscht wird.
Wer muss das machen? – Gewinnorientierte Plattformen. Das müssen die machen, die mehr als 100 000 User haben, das müssen die machen, die mehr als 500 000 Euro Umsatz machen und ihre Gewinne in Österreich machen.
Ja, es sind damit natürlich auch Aufwendungen verbunden. Wir wollen zukünftig auch Berichte darüber haben, was gelöscht und was nicht gelöscht wird. Es gibt ein Meldeverfahren, es gibt ein Überprüfungsverfahren und – ich sage Ihnen auch, wir haben aus den Beispielen, die es schon gibt, nämlich in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, und aus einem Versuch, den man in Frankreich gestartet hat, gelernt – es gibt einen Schutz gegen Overblocking. Es gibt, wie gesagt, ein Überprüfungsverfahren, und wir wollen in einem Bericht dann auch sehen, was tatsächlich gelöscht worden ist und was nicht.
Es geht dabei – und das ist der entscheidende Punkt – um den Schutz eines verfassungsrechtlichen Grundrechtes, nämlich der Meinungsäußerungsfreiheit. Jeder hat das Recht auf die eigene Meinung, aber davon nicht erfasst ist das Recht, jemanden zu beschimpfen, jemanden mit Mord, mit Verhetzung oder Ähnlichem zu bedrohen. Das hat keinen Platz, weder in Österreich noch in Europa. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Damit komme ich zur europäischen Dimension. Als Europaministerin sage ich Ihnen, ich habe es begrüßt und während des Prozesses auch mit der Kommission ganz engen Kontakt gehalten, dass dieser DSA, der Digital Services Act, präsentiert wird, dass wir hier zu einer gesamteuropäischen Lösung kommen. Es wurde auch schon von einigen angesprochen, das war der Starting Point, als er vor zwei Tagen präsentiert worden ist. Das ist der Beginn von Verhandlungen, die auf europäischer Ebene wichtig und richtig sind, aber es wird noch Jahre dauern, bis dieser Akt dann tatsächlich in Form einer Verordnung in ganz Europa Gültigkeit haben wird, weil sich alle 27 Staaten darüber einig sein müssen.
Bis dahin wollen wir in Österreich Tempomacher sein, wir wollen vorangehen, wir wollen auch unsere Expertise einbringen, wenn es darum geht, Hass im Netz effektiv und rasch zu bekämpfen. Das ist das, wofür ich stehe, das ist das, wofür wir in der Regierung stehen, wofür die Justizministerin steht. Ebenso stehen wir für die Schaffung von neuen Tatbeständen, was auch von Frauenministerin Susanne Raab sehr unterstützt worden ist. Das ist ein Paket, das fortschrittlich ist, das Tempo gemacht hat und das auch, glaube ich, seitens der Europäischen Union und der Kommission sehr wohlwollend aufgenommen worden ist, weil wir damit vorangehen und einen ersten Schritt setzen.
Jetzt möchte ich noch eines sagen, weil ich das nicht so stehen lassen will: Ich finde die Diskussion über eine angebliche Zensur durch dieses Paket gelinde gesagt bedenklich, es erschüttert mich aber, wenn ich hier höre, dass im Zusammenhang mit der Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit Vergleiche mit einer Zeit aus den dunkelsten Kapiteln dieser Geschichte gezogen werden. Ich möchte das auf das Allerallerschärfste zurückweisen! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)
Das, worum es hier geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nichts Geringeres als der Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung. Und wenn wir auch von Fakenews sprechen, was in diesem Paket nicht vorkommt, dann reden wir davon, dass es gefährlich sein kann, diese zu verbreiten, und dass das kein Spaß ist. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, aber es gilt auch, dass wir dieses Recht freihalten von Hass und von strafrechtswidrigen Eingriffen oder gar von Vergleichen, die einfach historisch so etwas von nicht nur an den Haaren herbeigezogen, sondern einfach schockierend sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich stehe zu diesem Paket, auch zu dem Teil, der das Kommunikationsplattformen-Gesetz betrifft, weil es ein richtiger Schritt ist, auf die Höhe des 21. Jahrhunderts zu kommen, und ich hoffe wirklich inständig, dass dieses Gesetz auch von Ihnen befürwortet wird und dass wir vielleicht auch danach in der Zusammenarbeit, im Gespräch, im Diskurs das eine oder andere noch ausräumen können. Ich glaube, die Opfer haben es sich verdient, dass sie rasch wissen, wohin sie sich wenden können, und dass das keine unkontrollierte Verbreitung findet.
In diesem Sinne möchte ich mich schon jetzt für die Zustimmung bedanken und hoffe, dass wir den Weg gemeinsam weitergehen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.41
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke, Frau Bundesministerin.
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Schilchegger. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Werter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werte Damen und Herren, ich wollte mich an sich nicht zu Wort melden, ich muss aber die Gelegenheit doch nutzen, weil ich das sehr schätze, Frau Bundesministerin, dass Sie heute anwesend sind, hier so tief in die Debatte einsteigen und auch erklären, warum Sie das Gesetzespaket befürworten. Sie haben gesagt, Sie stehen voll hinter dem Gesetzespaket, und zwar sowohl dem Teil aus dem Justizministerium als auch dem Teil aus Ihrem Ressort.
Ihre Expertise, Frau Bundesministerin, ist natürlich beachtlich, Sie haben ja auch eine beeindruckende Berufslaufbahn, also Sie sind ja auch selbst Expertin, was die Vollziehung dieser Rechtsmaterien betrifft, als Strafrichterin, Oberstaatsanwältin und natürlich auch als Legistin im Ressort, glaube ich, waren Sie einmal tätig. Daher möchte ich Sie bitten – ich möchte wirklich in meiner Rede auf jede Polemik hier verzichten, ich möchte Sie einfach bitten –: Nehmen Sie vielleicht einige Gedanken mit, die ich jetzt in meiner Rede ausführen werde, vielleicht wird ja dann irgendwann einmal das eine oder andere Anliegen berücksichtigt.
Ich muss aber schon noch ganz kurz auf das, was Sie zuletzt gesagt haben, replizieren, nämlich was den Teil mit der Zensur betrifft und dass Sie diese historischen Vergleiche zurückweisen. Ich glaube, Sie haben einfach nicht richtig verstanden, was hier das Anliegen der FPÖ war. Meinungsfreiheit versus Persönlichkeitsschutz ist ja auch eine alte Debatte – das ist ja auch das, was man Medienrecht im weitesten Sinne nennt, und Ihr
neues Hass-im-Netz-Paket ist ja wieder nur ein kleiner Teil davon. Das ist eine uralte Debatte: Wie schwer wiegt die Meinungsäußerungsfreiheit und wie sehr wird sie dann durch den notwendigen Schutz von Persönlichkeitsrechten durchbrochen? Ich glaube, das ist ja der Kern, um den es geht.
Sie können uns nicht vorwerfen, wir als Freiheitliche verstehen die Meinungsäußerungsfreiheit falsch und wollen irgendwelche Hassposter schützen. Das bedient natürlich ein bisschen das Narrativ, das Sie gerne hätten, nämlich dass auf der einen Seite die Bundesregierung mit ihren Experten steht und professionelle Vorschläge durchführt und tut und auf der anderen Seite die FPÖ, die von der Sache nichts versteht und nur dagegen polemisiert, aber es könnte nichts falscher sein. Gerade weil wir uns so gut mit Ihrem Gesetzespaket befasst haben, müssen wir dagegen sein. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist heute leider auch nicht die Zeit – ich möchte auch gar nicht die Debatten wiederholen; schauen Sie sich die Nationalratsdebatten an, dort gab es ganz hervorragende Beiträge von Frau Dr. Susanne Fürst, Nationalratsabgeordnete der FPÖ, oder von unserem Justizsprecher Mag. Harald Stefan, der schon sehr viel darüber gesagt hat, warum wir uns dagegen aussprechen; auch mein Kollege Arthur Spanring, der es von der grundrechtlichen Dimension her noch einmal erwähnt hat.
Ich möchte nun noch einen weiteren Zugang darlegen, warum ich es selber für den falschen Weg halte. Das hat einfach mit dem Medienrecht im weitesten Sinn zu tun, wie wir es 2020 vorfinden, denn wenn wir uns immer die Frage stellen, ob ein neues Gesetzespaket wichtig, gut, sinnvoll ist, müssen wir uns natürlich auch immer einmal die Frage stellen, von welchem Befund wir denn ausgehen – und das ist gar nicht so einfach.
Der ehemalige Justizminister und Universitätsprofessor Hans Richard Klecatsky, Experte für öffentliches Recht, hat einmal treffend den Zustand der österreichischen Bundesverfassung als „innere und äußere Ruine“ bezeichnet. Er war natürlich kein Verfassungsfeind, er meinte da den rechtstechnischen Zustand und dass das Verfassungsrecht in Österreich sehr zersplittert ist. Und dieses Bild gefällt mir auch für das Medienrecht sehr gut. Das trifft voll zu.
Also behalten Sie bitte das Bild einer Ruine vor Augen, wenn ich hier nun versuche, Sie durch diese Ruine zu führen, und zwar anhand eines Beispiels. Es geht, wenn man über komplizierte Rechtsmaterien spricht, immer sehr gut, wenn man sich ein klares Beispiel vor Augen führt, vielleicht eines, das einen selber betrifft.
Stellen Sie sich vor, Sie als Vertreter einer Regierungsfraktion finden auf Facebook oder auf irgendeiner anderen sozialen Plattform plötzlich einen Beitrag von irgendeinem Oppositionellen – oder vice versa –, ein Bild, ein Porträtbild von sich, bei dem Sie nicht zugestimmt haben, dass es verwendet wird. Es ist an sich nicht bedenklich, man findet ein Foto von Ihnen, Sie sind irgendwo einmal fotografiert worden, und darunter steht dann der Text: Eidbruch, Gesetzesbruch, ein echter Volksverräter. – Das kann ja durchaus ein realer Fall sein.
Wenn Sie sich dann rechtlich beraten lassen und fragen: Was kann ich denn dagegen tun?, dann ist einmal die Standardantwort: Sie haben strafrechtliche oder zivilrechtliche Möglichkeiten, das muss man sich ansehen.
Das Strafrecht, das ist ja auch so etwas: Als das StGB neu kodifiziert wurde – ich glaube, es war in den Siebzigerjahren –, hat man ja auch schon eine klare gesetzgeberische Wertung zugunsten des Persönlichkeitsschutzes getroffen und hat gesagt: Üble Nachrede, Beleidigungen sollen bestraft werden. Das ist ganz klar im Strafrecht verankert.
Später ist dann auch noch das Mediengesetz dazugekommen, das zusätzlich zu dieser Strafbarkeit auch noch einen Entschädigungsanspruch gewährt. Das waren sozusagen einmal die grundsätzlichen Entwicklungen auf der gesetzgeberischen Ebene, dass man
gesagt hat, wir wollen den Persönlichkeitsschutz stärken, weil es eben diesen Hass nicht geben darf. Wer jemand anderen derart beleidigt oder wer einem ehrenrühriges Verhalten vorwirft, der soll bestraft werden.
Jetzt haben wir aber ein anderes Problem bekommen – Problem, ich sage es jetzt bewusst so polemisch –, nämlich dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Meinungsfreiheit sehr betont hat und Österreich neben anderen Staaten dann auch immer wieder wegen Verletzung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit verurteilt worden ist, weil Österreich mit seinen gesetzlichen Regelungen zu weit gegangen ist.
Was hat der Gesetzgeber getan? – Nichts. Nichts. Die Gerichte haben reagiert. Die Gerichte haben dann einfach eine grundrechtliche Abwägung vorgenommen und nehmen sie auch weiterhin vor und beurteilen dann sozusagen nach eigenem Ermessen, ob im Einzelfall eine üble Nachrede vorliegt oder ob das nicht vielleicht, bleiben wir bei diesem Beispiel Volksverräter, im Einzelfall gerechtfertigt werden kann, weil es vielleicht ein Tatsachensubstrat gibt, weil vielleicht wirklich irgendwo gegen die Verfassung verstoßen wurde oder weil es sich vielleicht um politische Satire handelte. Das alles finden Sie nicht im Gesetz, das steht nirgendwo, das muss man aus der Judikatur heraus wissen.
Also das ist eine ganz klare Rechtsentwicklung. Der Gesetzgeber wollte schon immer Hass im Netz bekämpfen, das steht auch nach wie vor im StGB, die Gerichte halten sich nur oft nicht daran, weil sie dann doch im Einzelfall der Meinungsäußerungsfreiheit den Vorzug geben.
Jetzt könnte man sagen: Na ja, okay, lassen wir es einfach so, wie es ist, das macht ja nichts, tun wir ein bisschen etwas ins StGB dazu. Das ist ja auch etwas, was Sie neu vorschlagen – ich komme dann gleich dazu. Aber das ist ja nicht die einzige Rechtsmaterie, das ist ja nicht nur im Strafgesetzbuch geregelt, das ist ja auch zivilrechtlich geregelt. Wir haben schon immer den Tatbestand der Kreditschädigung, § 1330 ABGB, wo sich dann die Zivilgerichte, und zwar nicht nur am Landesgericht, sondern Bezirksrichter und Landesrichter, jeweils für sich die Frage stellen müssen: Bei dieser beleidigenden Äußerung, muss ich da einer Unterlassungsklage oder einem Widerrufsanspruch stattgeben oder nicht?
Also ich habe da schon einmal mehrere Gerichte, die zuständig sind, Strafgerichte, Zivilgerichte, und zwar Bezirksgerichte und Landesgerichte. Warum? – Weil ich den Streitwert frei wählen kann. Das ist ja nur ein Vorschlag, dass man da einen Streitwert wählt, der etwas höher ist, dass man zum Landesgericht kommt, oder einen, der niedriger ist, dass man beim Bezirksgericht bleibt. Das ist aber eine sehr schwierige Aufgabe für die Richter, weil sie immer betreffend die aktuelle Judikatur zum Medienrecht und einbeziehend die Judikatur des EGMR auf dem Laufenden bleiben müssen.
Es geht aber noch weiter: Dasselbe Thema haben wir im Landesrecht. Wir haben in allen neun Bundesländern Polizeistrafgesetze, wie sie auch immer heißen, wo Ehrenkränkungen unter Strafe gestellt werden, und zwar unter Verwaltungsstrafe. Das betrifft natürlich vor allem die Fälle, wo das nicht irgendwo medienöffentlich berichtet wird, sondern wo es zum Beispiel im privaten Gespräch zu einer solchen Beleidigung kommt. Jetzt müssen sich sozusagen die Bezirksverwaltungsbehörden und die Polizeidirektionen in Statutarstädten auch noch einmal mit dieser schwierigen Abwägung Persönlichkeitsrechte versus Meinungsfreiheit auseinandersetzen. Das alles ist geltendes Recht!
Jetzt wird es noch ein bisschen komplizierter, denn ich habe gesagt, Sie haben auch noch ein Foto von sich dort gefunden. Dann betrifft das auch noch das Urheberrecht; das ist kurioserweise in § 78 Urheberrechtsgesetz geregelt. Womöglich haben Sie – unter bestimmten Umständen – außerdem einen Entschädigungsanspruch nach § 87 Urheberrechtsgesetz, für den aber ein bisschen höhere Schwellen bestehen. All das muss sich ein Zivilrichter natürlich auch noch mitüberlegen und all das müssen sich Rechtsanwälte ansehen. Das ist sozusagen einmal der grundsätzliche Befund, den wir vorfinden,
wenn wir über den Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten sprechen.
Ihr Ansatz – das ist meine persönliche Meinung und meine fachliche Überzeugung – geht einfach in die falsche Richtung, denn was tun Sie jetzt? – Sie weiten beispielsweise § 283 StGB, Verhetzung, aus. Sie sagen nun, das ist ein Amtsdelikt. Wenn man gegen geschützte Gruppen hetzt oder zu Gewalt aufruft, soll das von Amts wegen zu bestrafen sein. Die Zuständigkeit liegt ganz klar bei der Staatsanwaltschaft. Somit ist das eben eine Materie für das Landesgericht für Strafsachen.
Jetzt sagen Sie, es sollen zusätzlich auch Einzelpersonen geschützt werden. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass man bei Privatanklagen künftig immer auch überlegen muss: Ist das nicht vielleicht sogar ein Amtsdelikt? Ist dafür nicht vielleicht sogar die Staatsanwaltschaft zuständig? Das kann dazu führen, dass man zum Beispiel am Bezirksgericht über irgendeine Beleidigung verhandelt und das Bezirksgericht sich für unzuständig erklären muss, weil die Äußerung womöglich unter den Verhetzungstatbestand fällt.
Sie fügen also zu einer Sache, die bislang als Privatanklagedelikt geregelt war, auf einmal eine Amtswegigkeit hinzu. Man kann ja für das eine oder das andere sein; diese Vermischung aber macht das Ganze – die Ruine – noch komplizierter. Man baut sozusagen an ein ruinöses Haus ein weiteres hässliches Zimmer an. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.)
Diese Vorgehensweise zieht sich durch und betrifft nicht nur § 283 StGB. Sie fügen auch § 20 ABGB ein. (Bundesrätin Schumann: 10 Minuten! – Ruf bei der SPÖ: Jetzt ist es gleich vorbei!) Sie ändern also nicht den Kreditschädigungstatbestand, § 1330 ABGB, den wir schon haben und mit dem jeder umgehen kann, sondern Sie fügen einfach einen neuen Tatbestand hinzu. Zu diesem gibt es jedoch keine Judikatur, sodass man im Einzelfall wieder überlegen muss, wie sich das auswirkt und ob da Judikatur übernommen wird oder neu entwickelt werden muss. Sie ändern auch § 1328a ABGB, der ja die Entschädigungsansprüche im Zivilrecht regelt. Diesbezüglich herrschte bisher immer die Meinung vor oder war geltendes Recht, dass der Zivilrichter gar nicht über Entschädigungsansprüche entscheiden muss, da das Medienrechtssache sei.
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Kollege Schilchegger, ich darf bitten, zum Ende zu kommen! (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss. Ich habe hier aber, soweit ich informiert bin, keine Redezeitbeschränkung. (Rufe bei der SPÖ: Nein, bitte! Das versteht man ja kaum noch! Bitte keine juristische Vorlesung!)
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Das stimmt, aber es gibt einen Usus, auf den wir uns gemeinsam geeinigt haben.
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (fortsetzend): Ich werde den Usus insofern einhalten, als ich verspreche, meine Damen und Herren, dass ich bei meinen weiteren Debattenbeiträgen, für die ich heute gemeldet bin, etwas kürzen werde. Damit komme ich insgesamt, glaube ich, auf keine längere Redezeit. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Novak.)
Ich glaube, diese Materie ist ein bisschen wichtiger als andere Materien, über die wir uns hier im Hause alle einig sind, deswegen rede ich zu diesem Thema lieber länger und zu den anderen Themen kürzer. Ich bitte Sie noch um etwas Geduld. Ich will Sie auch nicht langweilen, aber das ist ein zentrales Thema. Wie Sie vielleicht merken, ist auch die Frau Bundesminister so höflich und respektvoll, hört mir genau zu und macht sich auch Notizen. (Bundesrat Novak: Die ist Juristin, aber wir sind ja keine Juristen!) – Deswegen ist
es ja auch so verwunderlich, dass Sie alle zustimmen und sagen: Das Gesetz ist toll! – In Wahrheit kennen Sie sich gar nicht aus! Das ist ja genau das Problem. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Jawohl! Genau! – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich komme noch einmal zurück zu meinem Thema: Sie führen in das Zivilverfahren einen Anspruch neu ein, der bei solchen Verletzungen immer von den Mediengerichten, also von den Strafgerichten, zu prüfen war: den Entschädigungsanspruch. Dann führen Sie das Mandatsverfahren ein. Das haben Sie, glaube ich, erwähnt, oder irgendjemand hat es erwähnt. Da geht es darum, dass man möglichst schnell eine Entscheidung hat, auch vor den Zivilgerichten, mit einem gebundenen Streitwert. Das macht dann der Bezirksrichter. Er hat aber auch wieder ein Problem, weil Sie nicht an das bestehende Recht anknüpfen, sondern ein zusätzliches Kriterium einführen: Es muss auch die Menschenwürde beeinträchtigt sein.
Da ist im Justizausschuss des Bundesrates die Auskunft von Herrn Sektionschef Kathrein – ich glaube, er war es, der das gesagt hat – gewesen: Na ja, eine Beleidigung wie zum Beispiel Trottel wäre noch nicht die Menschenwürde beeinträchtigend. Ist zum Beispiel Volksverräter bereits die Menschenwürde beeinträchtigend, ja oder nein? Das alles müssen sich die Gerichte wieder im Einzelfall überlegen.
Wir haben jetzt verschiedenste Zuständigkeiten genannt – Bezirksverwaltungsbehörden, Landespolizeidirektionen, Bezirksgerichte, Landesgerichte und Strafgerichte –, und jetzt kommen noch welche dazu: Im Kommunikationsplattformen-Gesetz ist die Beschwerdestelle die RTR in ihrer Funktion als Geschäftsapparat. Die KommAustria als Behörde hat sich mit solch schwierigen Fragen, nämlich Abwägung Meinungsfreiheit versus Persönlichkeitsschutz, überhaupt noch nie beschäftigt. Das heißt, da muss sich ein ganzer Behördenapparat neu in eine Rechtsmaterie hineindenken. (Unruhe im Saal.)
Ich komme schon zum Schluss (Ruf bei der SPÖ: Juhu!): Bei der Sanierung dieser Ruine gehen Sie in eine falsche Richtung. Richtig wäre es, die Ruine zu sanieren, zu kodifizieren und zu vereinheitlichen, womöglich in einem neuen Mediengesetz unter Streichung aller anderen Paragrafen. Dabei müsste man natürlich auch diese schwierige Abwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit im Gesetz festhalten, und zwar jene, die dort noch nicht steht, nämlich die, die sich in der Judikatur entwickelt hat, die aber der Rechtsanwender gar nicht auf einen Blick lesen kann. – Das wäre die Aufgabe in dieser Zeit.
Gehen Sie den Weg in Richtung eines einheitlichen, sauberen, schönen Medienrechts. (Ruf: Wie ist denn das beim Eherecht? – Bundesrätin Schumann: Jetzt sind wir schon beim Eherecht!) Wenn Sie das nämlich nicht tun, ist das ungefähr so, als hätte man 1919 gesagt: Wozu brauchen wir eine neue Bundesverfassung? Wir haben ja eh die Dezemberverfassung von 1867, da haben wir sechs Staatsgrundgesetze, das ist alles in Ordnung, da streichen wir einfach den Kaiser raus und schon sind wir eine Republik. – Das ist ein bisschen der Zugang, den man da verfolgt. Man baut an eine uralte Rechtsmaterie einfach weitere Dinge an, anstatt das Richtige zu tun und einmal zu vereinheitlichen und klar zu sagen, was man will. (Beifall bei der FPÖ.)
12.56
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Aus gegebenem Anlass ersuche ich, in Bezug auf die Redezeiten die geübten Usancen zu respektieren.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgen.
Ich ersuche, die Plätze einzunehmen, und darf zur Kenntnis bringen, dass der Herr Stimmenzähler (allgemeine Heiterkeit – Bundesrat Steiner: Der Stimmenzähler?!), also der Herr Schriftführer, und der Vorsitzende selbst von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen werden.
Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird.
Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Bundesrat Raggl erhebt sich von seinem Platz.) – Ich weise darauf hin, dass das Stimmrecht nur vom Platz aus wahrgenommen werden kann. Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (462 d.B. und 510 d.B. sowie 10487/BR d.B.)
9. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (968/A und 511 d.B. sowie 10488/BR d.B.)
10. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden (969/A und 512 d.B. sowie 10489/BR d.B.)
11. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe geändert wird (513 d.B. sowie 10490/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen zu den Punkten 8 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu diesen Punkten ist Herr Bundesrat Robert Seeber. – Ich ersuche um die Berichterstattung.
Berichterstatter Robert Seeber: Hohes Präsidium! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Weiters komme ich zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Weiters komme ich zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher ebenfalls gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Abschließend komme ich noch zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe geändert wird.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher ebenfalls gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
und mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattung.
Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Eva Prischl. – Bitte, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die vorliegende Novelle beinhaltet positive Punkte, aber auch Punkte, die wir ablehnen. Da wir uns letztlich entschlossen haben, die Vorlage abzulehnen, möchte ich das natürlich entsprechend einordnen.
Unsere Kritikpunkte sind folgende: Der Spielraum der Richtlinie wurde zu wenig genutzt. Vieles – vor allem im Bereich des Konsumentenschutzes – hätte besser, strenger und eindeutiger geregelt werden können und müssen. Vieles ist leider der Selbstregulierung überlassen. Es braucht einen umfassenden Gesundheitsschutz. Die Ausdehnung des Werbeverbotes auf E-Zigaretten und entsprechendes Zubehör ist zu begrüßen – toll! –, aber – so denken wir – die Vorgaben zur Vorgangsweise bei Alkohol und ungesunden Lebensmitteln wurden da nicht befolgt. Die Umsetzung der Werbeeinschränkungen sollte zumindest einem Monitoring durch eine unabhängige Stelle unterliegen. Eine punktuelle Selbstbeobachtung und Regulierung durch die Branche ist unbefriedigend und lückenhaft.
Die umgesetzte Richtlinie erlaubt striktere Vorschriften. Mit einem Blick auf die besonders schädliche Wirkung von ungesunden Lebensmitteln und Alkohol sollte von dieser Option in Bezug auf Werbung für diese Produkte unbedingt Gebrauch gemacht werden. Für einen besseren Gesundheits- und KonsumentInnenschutz wollen wir daher ein Werbeverbot für alkoholische Getränke und bestimmte Lebensmittelgruppen, die im Rahmen der österreichischen Ernährungsempfehlungen nur selten und in kleinen Mengen konsumiert werden sollen. Dies wäre leichter kontrollierbar und für alle weniger bürokratisch. (Beifall bei der SPÖ.)
Weitere Kritikpunkte: Im Vergleich zum Begutachtungsentwurf gab es sogar noch Verschlechterungen, und zwar bei den Einschränkungen von Lebensmittelwerbung für Kinder. Der Bezug auf Nährwertprofile fehlt gänzlich. Über 90 Prozent der Lebensmittelwerbung im österreichischen Fernsehen sind für Lebensmittel mit zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viel Salz. Von einem gesunden Werbeumfeld kann daher nicht die Rede sein.
Auch in Österreich steigt leider die Rate betreffend Übergewichtigkeit und Fettleibigkeit. Die höchste Zahl in Bezug auf Übergewichtigkeit und Fettleibigkeit ist bei Jugendlichen zu finden. Bei den männlichen Lehrlingen ist jeder Zweite davon betroffen. Das ist nicht nur gesundheitlich nachteilig, sondern vermindert auch die Lebenschancen dieser Jugendlichen – und das wollen wir auf keinen Fall. Sie brauchen mehr Schutz; wir brauchen mehr Schutz für unsere Kinder und für die Jugendlichen.
Kritikpunkt drei: Es gibt zersplitterte und nicht einheitliche Regelungen, insbesondere bei wichtigen Themen wie Hass im Netz. Das haben wir vorhin gehört. Da besteht auf alle Fälle Verbesserungsbedarf, aber das haben Sie ja schon zugesichert. Für NutzerInnen ist es egal, ob sie von Hass im Netz in einem Video oder in einem Kommentar betroffen sind. Die Richtlinie, über die ich jetzt spreche, gilt jedoch nur für Videos. Die Texte sind im Kommunikationsplattformen-Gesetz reguliert. Das haben wir gerade auf der Tagesordnung gehabt. Es braucht eine Vereinheitlichung und sinnvolle Regulierung von Plattformen, unabhängig davon, wie viel Bild, Text oder Ton in Onlineinhalten anteilsmäßig enthalten sind.
Vierter Punkt: Die Novelle wurde leider nicht zum Anlass genommen, im ORF-Gesetz weitere Verbesserungen durchzuführen. Das ist sehr bedauerlich. Die Novelle hätte zum Anlass genommen werden können, um dem ORF die Umsetzung seiner Digital-first-Strategie zu ermöglichen. MedienkonsumentInnen sollen in einer sich rasch wandelnden und von zunehmender Unsicherheit geprägten Welt auf ein verlässliches und anspruchsvolles Medienangebot zurückgreifen können. Der gegenwärtige Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks soll nicht nur gesichert, sondern seine Entwicklung in einer digitalisierten Welt auch unterstützt werden. Nur so kann der ORF seinen gesetzlichen Programmauftrag langfristig, umfassend und hochwertig erfüllen.
Ein weiterer und letzter Kritikpunkt meinerseits – nicht nur meinerseits, sondern unserer Fraktion – ist das Thema Werbung. Die Regierung plant, in den nächsten vier Jahren über 200 Millionen Euro für Inserate und Werbung auszugeben – für Eigenwerbung! –,
das ist unglaublich. Sozialleistungen werden gestrichen, aber für sich selber hat man genug Geld. Das erinnert mich an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Dieses Märchen verdeutlicht, dass Angst vor Machtverlust zu irrationalem Verhalten führen kann, und es fordert auf, nicht blind der Masse zu folgen, sondern stattdessen einzugreifen und zu handeln – und das werden wir auch tun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.07
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Andrea Holzner. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Schade, meine Kollegen, dass Sie trotz dieser intensiven Debatte und der Stellungnahme der Frau Bundesministerin diesen Gesetzen Ihre Zustimmung verweigern, geht es doch dabei um den Schutz der eigenen Persönlichkeit in den sozialen Medien und auch um den Schutz der Kinder und Jugendlichen, der Minderjährigen vor gewaltverherrlichenden oder pornografischen Inhalten. Unsere Waffen sind stumpf, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Es ist fast unmöglich, in den sozialen Medien laufende Bilder wieder einzufangen.
Kollege Schennach, so wichtig der europäische Digital Services Act auch ist – es dauert noch Jahre bis zur Umsetzung, und bis dahin werden wir die Anbieter soweit möglich national in die Pflicht nehmen.
Zu Tagesordnungspunkt 8: Sie verzichten auf eine Ausweitung des Rechtsrahmens des Audiovisuellen Mediendienste-Gesetzes auf Videosharingplattformen. Sie verzichten auf einen weiteren Ausbau der Barrierefreiheit.
Zu Tagesordnungspunkt 10 – besonders für Bürgermeister und Gemeinderäte interessant –: Die Möglichkeit, Beschlüsse via Videokonferenzen beziehungsweise im Umlaufverfahren zu fassen, wird bis Ende Juni 2021 verlängert. Das Land Oberösterreich hat beschlossen, dass der Zugang der Bevölkerung zu öffentlichen Sitzungen zum Beispiel mittels Livestream zu gewährleisten ist.
Herr Kollege Schilchegger, eine Anmerkung zu Ihrer Rede: Wir kämpfen nicht für die Verlängerung des Ausnahmezustandes. Wir kämpfen dafür, dass wir handlungsfähig bleiben. Evidenzbasiert muss ich feststellen, dass Sie und Ihre Kollegen das Wesen einer Exponentialfunktion noch nicht verstanden haben.
Spannend ist, in wie vielen Gesetzesmaterien wir uns allein in diesen zwei Plenartagen mit dem Einsatz und den Auswirkungen digitaler Mittel beschäftigen: gestern mit der Entwicklung der digitalen ID im E-Government, heute kommt noch die Ausstattung der Schulen mit digitalen Endgeräten, die Verschlüsselung der Sozialversicherungsnummern in der Bildungsdokumentation. Gleichzeitig muss bei diesen Gesetzen immer mitgedacht werden, wie sicher die Daten vor missbräuchlicher Verwendung sind, also Cybersecurity, und wie wir mit diesen neuen Möglichkeiten umgehen, Stichwort Medienkompetenz, eine Grundkompetenz im digitalen Zeitalter.
Die Entwicklung geht weiter und ich denke, es ist Zeit, schaffen wir mit diesen Gesetzen die Rahmenbedingungen dafür! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
13.10
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat.
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich sage, wenn man sich
dieses ganze Sammelsurium an Gesetzen anschaut, dann fällt mir dazu auch nur mehr ein treffendes Wort ein, und das ist: Zensur.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem Sebastian Kurz sämtliche Medien in diesem Land bereits mit Geldgeschenken bestückt hat, hat er ja aus dieser Richtung nichts mehr zu befürchten. Mit diesen 45 Millionen Euro, die jetzt weiterhin jährlich in diese PR-Maschinerie hineinfließen, hat diese Bundesregierung wahrscheinlich auch zukünftig von den Medien oder von den sogenannten Qualitätsmedien in diesem Land nichts mehr zu befürchten. Das heißt, die Hacklerregelung, die uns 30 Millionen Euro gekostet hätte, ist der PR-Maschinerie dieser Bundesregierung um 45 Millionen Euro zum Opfer gefallen. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in genau dieses Konzept passen keine kritischen Medien. Es sind die privaten Betreiber, die kritisch gegen unseren Sonnenkönig auftreten. Es sind die privaten Betreiber von Plattformen und Mediendiensten, die nicht dieses vordiktierte Gestammel dieser Bundesregierung wiederkäuen, und es sind die privaten Betreiber, die diese völlig überzogenen Maßnahmen dieser Bundesregierung nach wie vor kritisieren und den Menschen in diesem Land die Augen öffnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Diese Bundesregierung versucht, alles, was ihr nicht in den Kram passt, zu verbieten und zu unterbinden. Das sehen wir auch bei der freien Meinungsäußerung. Diese Bundesregierung versucht, auch diese zu unterbinden und dem kritischen Qualitätsjournalismus ein für alle Mal den Garaus zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, auch wenn Sie es nicht hören wollen, aber es wird schon einen Grund dafür geben, warum bis 2017 das Porträt von Engelbert Dollfuß in Ihren Klubräumlichkeiten gehangen ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Beim Anblick dieser Bundesregierung wäre sogar dieses Bild vor Neid erblasst! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)
Dieses Machwerk, diese Gesetze, diese Beschlüsse von heute – das ist nicht der Anfang vom Ende, sondern das ist wirklich das Ende des kritischen Qualitätsjournalismus! (Beifall bei der FPÖ.)
13.13
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich habe jetzt nicht verstanden, über welches Gesetz Sie gesprochen haben, denn es geht hier um ganz andere Dinge. Deswegen kann ich auch nicht wirklich darauf eingehen, wenn ich ehrlich bin. (Heiterkeit des Redners.)
Was beschließen wir heute hier? – Ich finde, dass es schon eine sehr gute Regelung ist, die zeigt, wie man einen schönen Kompromiss zwischen einer EU-Richtlinie und dem, wie man das dann national umsetzt, finden kann, denn wir gehen doch deutlich weiter, als es diese EU-Richtlinie vorsieht.
Ich finde, dass das ein sehr schöner Tag ist, vor allem auch für Menschen mit Behinderung ist es heute ein sehr guter Tag, da wir ihnen heute die Barrierefreiheit ermöglichen. Die Barrierefreiheit in den Medien ist tatsächlich eine der ganz zentralen Bestandteile dessen, was wir heute hier beschließen, und ich finde, man kann gar nicht genug betonen und auch begrüßen, dass das jetzt passiert.
Was passiert da genau? – Wir werden beschließen, dass nicht nur in den audiovisuellen Medien, sondern auch auf den Videosharingplattformen – das ist ganz wichtig – Untertitelungen, Sprache für Menschen, die schlecht sehen können, zugänglich sind. Darüber
hinaus werden – und das halte ich auch für ganz wichtig, denn dieses Thema wird viel zu wenig beachtet, aber es wird mehr; ich bin da, lieber Herr Kollege Leinfellner, zum Beispiel dem ORF sehr dankbar, denn das würde kein Privater machen, weil das einfach Geld kostet – Nachrichten in Einfacher Sprache für Menschen, die das brauchen, zur Verfügung gestellt. Ein Beispiel dafür ist der 2. November, als dieser Terroranschlag war und ganz schnell Informationen an die Bevölkerung vermittelt werden mussten. Es ist ganz wichtig, dass man da Barrierefreiheit schafft und Menschen, die sonst keinen Zugang zu Nachrichten haben, Zugänge ermöglicht.
Das können sich Private nicht leisten, aber dafür gibt es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und das ist gut so! Private können sich – nebenbei bemerkt, Herr Kollege – auch keine Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten mehr leisten. Auch das ist eine Errungenschaft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ich bin froh, dass wir einen solchen haben, sonst hätten wir diese nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Was wir heute ebenfalls beschließen, finde ich auch sehr bemerkenswert – und ich glaube, das hätten uns nur wenige Leute zugetraut, wenn man einen kleinen historischen Rückblick macht –: Warum ist der französische Film zum Beispiel im Vergleich zu Filmen anderer europäischer Filmländer so viel erfolgreicher? – Da haben sich die Filmregisseure gegen den Pakt mit den USA nach dem Zweiten Weltkrieg gewehrt und haben gesagt: Non, non, non, non, non! Das geht nicht, dass da jetzt nur Hollywood in unsere Kinos kommt, no way! Wir machen selbstbewusst weiterhin unsere Filme! – Die haben das damals wirklich gegen die USA und auch gegen Hollywood durchgesetzt.
Dass die Hollywoodfilme in Massen zu uns gekommen sind, war auch deshalb, weil wir die tollen Regisseure verjagt haben – ich denke nur an Billy Wilder. Es liegt aber auch daran, dass die einfach sehr gute Filme produziert haben und auch wirklich zu Recht Weltmarktführer geworden sind; das muss man ja auch sagen.
Ein Thema ist für uns in Europa aber natürlich auch die Frage, welche Sichtbarkeit europäische Filme haben, zum Beispiel auch auf den Plattformen im Internet. Diesbezüglich beschließen wir, dass es eine 30-Prozent-Regelung gibt. Ich finde das begrüßenswert. Ich finde es übrigens auch gut, dass es dem ORF mit dem Flimmit gelungen ist, dass auch auf Videostreamingplattformen – ich bin schon Abonnent geworden, ich freue mich – ein Zugang für österreichische Inhalte ermöglicht wird und dass wir heute hier beschließen, dass es auf diesen Plattformen einen Anteil von 30 Prozent an europäischen Werken geben wird.
Noch kurz zu den anderen Dingen: Wir ermöglichen ja – vom Verwaltungsgericht bis in ganz weite Bereiche –, weil es auch die Covid-Situation bedingt, dass Videokonferenzen und Videoverhandlungen möglich sind. Wir alle, auch wir in den Klubs, haben uns mittlerweile daran gewöhnen müssen, dass wir alle die Wohnzimmer der anderen kennenlernen, indem wir sie bei den Sitzungen im Hintergrund sehen. Das ist auch in dem Fall einfach notwendig. Wir alle würden es uns anders wünschen, aber ich würde trotzdem bitten, dem zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
13.18
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich beziehe mich auf die auch in Verhandlung stehende Medien- und Presseförderung, nämlich spezifisch darauf, dass die Bundesregierung am 2.11.2020 über die Bundesbeschaffung GmbH Rahmenvereinbarungen über 180 Millionen Euro für vier Jahre für Mediaagenturleistungen und über 30 Millionen Euro für vier Jahre für Kreativagenturleistungen ausgeschrieben hat.
Das bedeutet, die Regierung plant, über die nächsten vier Jahre über 52 Millionen Euro an Steuergeld pro Jahr für Werbung, Inserate und Agenturleistungen auszugeben, 1 Million Euro pro Woche! Es lässt sich nicht nachvollziehen, welche Kreativleistungen – das ist also die Erstellung der Inhalte dieser Werbungen – in der Höhe von 7,5 Millionen Euro pro Jahr von der Regierung noch zugekauft werden müssen.
Das sind Budgets, die beispielsweise viele internationale Filmproduktionen in den Schatten stellen – zum Beispiel den Film „Liebe“ von Michael Haneke, der unter anderem eine Goldene Palme in Cannes gewonnen hat, der ein Budget von circa 7,3 Millionen Euro hatte, also weniger als ein Jahresbudget der Regierungswerbungserstellung. Das unterstreicht die absurd hohe Summe, die ausgegeben werden soll, um die Bevölkerung über die eigene Arbeit zu informieren.
Das Problem ist überdies, dass die Regierung weder transparente Kriterien angibt, nach denen die Mittel verteilt werden, noch festgeschriebene sinnvolle Kommunikationsziele der Regierung existieren, nach denen man die umgesetzten Kampagnen evaluieren könnte. Vielmehr werden seit Jahren immer mehr Steuermittel an Medien verteilt. Vor allem aber wird mit den ausgeschriebenen Etats für Leadagenturen ein Konstrukt geschaffen, das sich jeder parlamentarischen Kontrolle entzieht. Subauftragnehmer der insgesamt vier Leadagenturen – einer für den Kreativetat, drei für den Medienetat – und deren Leistungen sind vom Interpellationsrecht nicht umfasst. Somit werden unter anderem potenziellen Scheingeschäften Tür und Tor geöffnet.
Die Kosten für Inserate und Kampagnen der Regierung übersteigen jetzt schon die staatliche Presseförderung – das sind weniger als 9 Millionen Euro pro Jahr – um ein Vielfaches und sind damit die größte staatliche „Fördermaßnahme“ – unter Anführungszeichen – für Medien in Österreich. Das heißt, es wird mit voller Absicht der Markt verzerrt und Geld ohne nachvollziehbare Kriterien ausbezahlt.
Die sich immer wiederholende Regierungsgeschichte von der Reichweite als Kriterium stimmt leider nicht, wie eine Studie des Medienhauses Wien zu den Inseratenausgaben der Regierung in Tageszeitungen in den Jahren 2018 und 2019 nachgewiesen hat: Darin zeigt sich, dass die Regierung verschiedene Wertigkeiten für verschiedene Medien hat. Sie bezahlt zum Beispiel über 5 Euro pro Leser des Produkts „Österreich“, fast 4 Euro pro Leser von „Heute“, für „Die Presse“ 2,7 Euro, für die „Kronen Zeitung“ 2,2 Euro, für die „Salzburger Nachrichten“ 1,9 Euro – das variiert fast um den Faktor drei, der Boulevard wird auffällig bevorzugt. Inserate sind jedoch keine Medienförderung. Aus diesem Grund muss es das Ziel sein, die teuren Werbekampagnen der Regierung zu reduzieren und nicht vier Jahre im Voraus mit einem äußerst üppigen Budget festzuschreiben. (Beifall bei der FPÖ.)
Dass es anders geht, hat die Regierung Bierlein bewiesen. Bundeskanzlerin Bierlein reduzierte in ihrer kurzen Amtszeit die Ausgaben für Inserate im BKA um 98 Prozent – von 955 000 Euro auf 17 000 Euro –, Innenminister Peschorn im BMI um 93 Prozent –von 920 000 Euro auf 65 000 Euro –, ohne dass sich die Bevölkerung schlechter informiert gefühlt hätte. Es braucht daher ein Ende der stark intransparenten Wettbewerbsverzerrung durch die Regierung und dieser Steuergeldverschwendung.
Außerdem fordert NEOS seit Jahren mehr Transparenz bezüglich der Vergaben und eine Ausweitung der Bekanntgabe im Zuge von Meldepflichten. Darüber hinaus braucht es nachvollziehbare und verbindliche Richtlinien für die Inseratenvergabe und festgeschriebene Kommunikationsziele vonseiten der Regierung.
Daher bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesräte Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Eva Prischl, Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenvereinbarungen Mediaagenturleistungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Volumen der Rahmenvereinbarungen Mediaagenturleistungen Bund (Gesch. Zahl 5202.03733) und Kreativagenturleistungen Bund (Gesch. Zahl 5202.03685) drastisch zu beschränken, anstatt die festgesetzten 210 Millionen Euro an Steuergeld für Regierungs-Kommunikation zu verschwenden.“
*****
Danke. (Bundesrat Himmer: Herr Kollege, werden Sie mit einem guten Beispiel vorangehen ...? – Bundesrat Arlamovsky – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ich denke schon! – Ruf bei der ÖVP: Das ist keine Fragestunde!)
13.23
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Eva Prischl, Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenvereinbarungen Mediaagenturleistungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund“ ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben unter diesem Tagesordnungspunkt vier Gesetze zu behandeln. Kollege Schreuder ist auf den ersten Bereich – die Barrierefreiheit der Medien und der Nachrichten – schon eingegangen, die anderen Themen sind ähnlich wie gestern: im AMD-Gesetz eine Anpassung an die Zeit, in der wir leben und die von Covid geprägt ist, sodass Beschlüsse in verschiedenen Gremien auch elektronisch getroffen werden können, sodass auch im ORF mit Umlaufbeschlüssen und Videokonferenzen gearbeitet werden darf. Frau Kollegin Holzner hat schon darauf hingewiesen, dass auch für die Gemeinderäte, für die Gemeindeführung weiterhin – bis Ende 2021 – die Möglichkeit bestehen soll, Beschlüsse via Videokonferenz oder im Umlaufverfahren herbeizuführen. Auch der Ministerrat sollte und wird auf dieser Basis entscheiden können.
Der vierte Gesetzesbereich beinhaltet, dass auch im Vergaberecht eine Fristerstreckung bis Jahresmitte 2021 gegeben ist, weil bei Ausschreibungen und dergleichen entsprechend mehr Zeit notwendig sein wird.
Es ist für uns alle hart, dass wir diese Maßnahmen verlängern müssen, weil wir doch im Frühjahr intensiv und streng gegen Covid vorgegangen sind und die Pandemie in Österreich eigentlich sehr erfolgreich bekämpft haben. Im Oktober ist es in ganz Europa – auch in Österreich – leider Gottes wieder zu einem Anstieg gekommen, zu einem Anstieg, den niemand wollte und gegen den wir uns auch wehren müssen. Ich bitte euch und alle hier im Haus darum, dass wir bei der Bekämpfung dieser Pandemie wieder den
Schulterschluss finden, den wir im Frühjahr hatten. Es ist einfach notwendig, die Maßnahmen, die wir kennen – ob es das Testen, das Masketragen oder das Abstandhalten ist –, auch entsprechend einzuhalten. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
Ich konnte am letzten Wochenende bei mir in der Gemeinde mithelfen, Testungen durchzuführen. Wir hatten in Niederösterreich ein sehr gutes Ergebnis bei der Teilnahme, das aber auf niedrigem Niveau. (Bundesrat Steiner: War es jetzt gut oder nicht?) Jetzt hören wir, dass die Impfung bald möglich sein soll, aber wenn die Impfbereitschaft auch auf niedrigem Niveau ist, werden wir uns noch länger mit diesem Thema – mit dieser Pandemie, mit dieser Situation, die uns allen sehr, sehr viele Einschränkungen beschert – auseinandersetzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Noch ein Gedanke zum Entschließungsantrag: Es wird viel Information unserer Mitbürger brauchen, um diese Pandemie zu bekämpfen, und ich glaube, es ist auch notwendig, dass die Bundesregierung die Möglichkeit hat, entsprechend zu informieren. Sie alle kennen diese Einschaltungen: Achten Sie darauf – unsere Bundesregierung! (Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Wie ein Radiosender!) Ich glaube, wir sollten gemeinsam darauf achten – das ist nicht zum Lachen! –, unsere Gesundheit zu erhalten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
13.28
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es sind vier Tagesordnungspunkte, über die jetzt beraten worden ist, und es sind zwei Themenkomplexe, von denen wir sprechen: zum einen die Bekämpfung von Covid-19 und zum anderen medienrechtliche Inhalte. Deshalb möchte ich das auch in meiner Stellungnahme auseinanderhalten.
Ich habe bereits zu Beginn der heutigen Debatte gesagt, dass wir alle in Österreich, aber auch in Europa, uns mitten in der Pandemie befinden, und wir alle hätten uns gewünscht, als wir im Frühjahr die ersten Covid-19-Maßnahmenpakete beschlossen haben, dass es ausreichen würde, sie mit der Sunsetclause Ende des Jahres zu begrenzen, aber das ist eben leider nicht der Fall. Deshalb bitten wir Sie als Souverän heute, zu bestätigen, was im Nationalrat schon beschlossen worden ist: diese Gesetze großteils noch einmal mit einer Sunsetclause zu versehen und zu verlängern, damit beides möglich ist: die Sicherheit und die Gesundheit in diesem Land aufrechtzuerhalten und gleichzeitig auch die Verwaltung und die Justiz weiterarbeiten zu lassen.
Es ist nicht mehr notwendig so wie im Frühjahr, dass man Fristunterbrechungen oder Fristhemmungen vorsieht, aber es ist notwendig, dass diejenigen, die im Bereich der Verwaltung die Verhandlungen leiten, in ihrer Funktion als Sitzungspolizei Maßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz tragen, Abstand voneinander halten oder auch in Form von Videokonferenzen zusammenkommen bestimmen können, das ist einfach eine Notwendigkeit.
Es ist vom letzten Redner schon angesprochen worden, dass der Ministerrat und die Gemeindevertretung nach wie vor Umlaufbeschlüsse fassen oder in Form von Videokonferenzen zusammentreten können, um die Gesundheit zu schützen.
Darüber hinaus – ich habe auch das heute schon einmal gesagt – darf man aus der Pandemie auch lernen und Dinge ins Dauerrecht übernehmen, und genau das tun wir in
einem dieser Bereiche auch: Auf Bitten des Verwaltungsgerichtshofes nehmen wir einige Klarstellungen vor, was die Anwesenheitsquoren bei Verhandlungen betrifft, die nicht in physischer Präsenz abgehalten werden. Es wird im Dauerrecht auch festgehalten, dass man bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf die physische Präsenz verzichten kann.
Das ist der eine Teil in diesen Tagesordnungspunkten und der zweite Teil betrifft Medienrecht. Ich möchte nur einen Punkt sozusagen als Highlight herausgreifen, der mir wichtig ist; vieles wurde schon dazu gesagt, insbesondere von Bundesrat Schreuder. Ich erinnere mich auch gerne an meine Schulzeit, als ich in Frankreich auf Austausch war und im Radio sehr oft Chansons zu hören waren, und da ist mir erklärt worden, dafür gibt es eine gesetzliche Bestimmung – also das als Ergänzung zu dem, was Sie gesagt haben, dass man da die Fahnen hochhält.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir einen pluralistischen Medienstandort in Österreich sicherstellen, deshalb ist die Umsetzung dieser AVMD-Richtlinie auch so wesentlich, einer europäischen Richtlinie, was ich betonen möchte, weil wir ja vorhin die Diskussion zum Kommunikationsplattformen-Gesetz hatten, bei der einige von Ihnen uns vorgeworfen haben, als Regierung einen Alleingang zu machen. Hier ist das Gegenteil der Fall: Wir setzen europäisches Recht um. Wir setzen es als einer der ersten Mitgliedstaaten um – das möchte ich auch betonen –, nur Dänemark und Schweden haben schon Umsetzungen vorgelegt. Neben der Barrierefreiheit werden auch die Jugendschutzbestimmungen noch einmal stärker betont, was ich für sehr, sehr positiv halte.
Ich möchte das deshalb noch einmal klarstellen, weil das auch für das zuletzt beschlossene Paket des Kommunikationsplattformen-Gesetzes gilt. Wenn es eine europäische Regelung gibt, dann wollen wir das natürlich in Österreich sofort umsetzen, weil es letztlich einheitliche europäische Standards braucht. Das ist uns wichtig, das ist mir als Europaministerin wichtig, und ich versichere Ihnen nochmals, dass wir das auch im Hinblick auf Hass im Netz und die Kommunikationsplattformen auf europäischer Ebene vorantreiben, mit einem positiven Spirit, mit positiven Erfahrungen aus Österreich. Hier haben Sie jetzt die umgekehrte Version, also ich hoffe sehr, dass diesem Paket groß und breit zugestimmt wird, also kein Einspruch dagegen erhoben wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
13.33
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank, Frau Ministerin.
Ich begrüße ganz herzlich Bildungsminister Dr. Heinz Faßmann, der zwischenzeitig auf der Regierungsbank Platz genommen hat. (Allgemeiner Beifall.)
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte bleiben Sie auf Ihren Plätzen! (Allgemeine Heiterkeit.)
Ich gebe bekannt, dass der Herr Schriftführer und ich natürlich auch von unserem Stimmrecht Gebrauch machen werden.
Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz und weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Eva Prischl, Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenvereinbarungen
Mediaagenturleistungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 und weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Vergabe geändert wird.
Dieser Beschluss ist ein Fall des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zuerst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der gegenständliche Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundessportakademiengesetz und IQS-Gesetz geändert werden (1065/A und 570 d.B. sowie 10467/BR d.B.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing.in Judith Ringer. – Frau Bundesrätin, ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Ing. Judith Ringer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Bundessportakademiengesetz und IQS-Gesetz geändert werden. (Vizepräsidentin Grossmann übernimmt den Vorsitz.)
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsvorsitzender Christoph Steiner. – Bitte sehr.
Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kollegen Bundesräte! Liebe Zuseher zu Hause! Leider wird uns wie so oft von dieser Regierung wieder ein Sammelsurium an Gesetzen vorgelegt, also ein Gesetzespaket, in dem alles untereinander verwurschtelt ist, und somit wird es der Opposition wieder einmal verunmöglicht, dem einen oder anderen durchaus sinnvollen Gesetzesbeschluss zuzustimmen.
Als Erstes haben wir die Überführung von Schulversuchen ins Regelschulwesen drinnen. Da wird etwas festgeschrieben, das in der Praxis längst schon zur Normalität geworden ist: das Einsetzen von Computern, Tablets, Touchpads im Unterricht. Ja, Herr Minister, dieses Gesetz könnten wir natürlich durchaus auch unterstützen.
Das Zweite ist die Änderung der Stelle, die künftig die Abwicklung der Zuschüsse für Studierende im Ausland im Rahmen von Erasmusprojekten übernimmt. Die bisherige Vorgangsweise war ja mit der Kommission so vereinbart, diese Vereinbarung läuft aber mit 2021 aus, und nun muss die Abwicklung von unseren Hochschulen übernommen werden. Auch da könnten wir zustimmen; hoffentlich haben aber unsere Hochschulen dann auch die nötigen Ressourcen, um diese Abwicklung auch ordnungsgemäß sicherstellen zu können.
Drittens geht es um die Matura, da sollen die Erfahrungen der Coronamatura in die Regelmatura überführt werden. Das ist allerdings keine Weiterentwicklung der Matura, sondern ein Herumdoktern an einem kranken System. Wir sehen es genauso wie auch die Direktoren der AHS, die diese Anpassung in einer Presseaussendung folgendermaßen beschrieben haben – ich darf aus dieser Presseaussendung kurz zitieren –: Dies ist eine „Notamputation der Matura“, und wir befürchten weiter ein „Aufgabenstreichkonzert“ mit einer „Matura ohne mündliche Elemente“.
Ja, sehr geehrter Herr Minister, diese Befürchtungen haben auch wir, denn eine Matura ohne einen mündlichen Teil ist für uns schlichtweg undenkbar. Ich bin jetzt einmal vorsichtig optimistisch, da es ja Ihre Zusage gibt, dass die mündliche Matura erhalten bleibt.
Herr Minister, ganz glauben kann ich persönlich Ihnen das aber nicht, denn wie Sie sich erinnern, haben Sie uns ja im Frühjahr auch versprochen, mit Ihnen wird es in den Schulen keine Maskenpflicht geben – um sie dann im Herbst zu verordnen. Sie sehen also, was Ihre Versprechen betrifft, Herr Minister, bin ich mittlerweile ein wenig vorsichtig geworden.
Als vierten Punkt haben wir in dieses Gesetz dann noch die sogenannte Nost, also die neue Oberstufe, hineingepackt. Die neue Oberstufe ist ja seit 2013 eine reine Baustelle; schon damals, beim Probelauf, hat sich das abgezeichnet. 2017 sollte es dann zur kompletten Ausrollung dieses Projektes kommen, aber auch das wurde wieder verschoben. Jetzt bekommt dieses Projekt einen neuen Namen. Mit der nunmehrigen semestrierten Oberstufe bekommt eine schlechte Lösung eine komplizierte Textierung, mit der man versucht, ein linksideologisches Projekt noch zu retten.
Ich kann Sie aber ein wenig verstehen, Herr Minister: Auch Sie müssen irgendwann ein Zugeständnis an Ihren linken Koalitionspartner machen, und das war halt in diesem Fall die semestrierte Oberstufe. – Daher sind wir für die Abschaffung, wie auch immer dieser Murks jetzt genannt wird.
Deshalb müssen wir dieses Gesetzespaket, auch wenn es zwei Punkte gibt, denen wir durchaus zustimmen könnten, in seiner Gesamtheit ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
13.43
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet ist die Präsidentin des Bundesrates, Frau Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte sehr, Frau Kollegin.
Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich einmal ganz, ganz herzlich bei allen Lehrerinnen und Lehrern, beim Verwaltungspersonal in den Schulen und natürlich auch bei den Eltern – und wer immer sich in diesem doch sehr, sehr schwierigen Jahr im Bereich Schule engagiert hat – für das bedanken, was geleistet wurde. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)
Wir können nur hoffen, dass wir schön langsam wieder zu einer gewissen Normalität übergehen, und darum braucht es natürlich auch Anpassungen, die diese Bundesregierung – natürlich mit dem Parlament – nun auf den Weg gebracht hat.
Kollege Steiner, ich finde es großartig, wie du das herausgearbeitet hast (Bundesrat Steiner: Ja, danke!), finde es aber natürlich schade, dass du jetzt nicht mitgehen kannst. (Bundesrat Steiner: Ich hab es aber erklärt, warum!) Für euch ist immer entweder das Glas ganz leer oder ganz voll. (Bundesrat Steiner: Na, ich hab es ja erklärt, oder nicht?) Man könnte doch auch einmal über den Schatten springen; auch im Sinne der Schülerinnen und Schüler könnten wir den heutigen Tagesordnungspunkt gemeinsam beschließen. (Bundesrat Steiner: Nein, bei einem linksideologischen Projekt gibt’s von uns keine Zustimmung! Da ist der Schaden zu groß!) – Gut, klar. Das ist so, wie es ist. (Bundesrat Steiner: Ja, es ist, wie es ist!)
Wir haben schon gehört, dass der vorliegende Gesetzesantrag grundsätzlich vier Themenbereiche umfasst: die Überführung eines IKT-gestützten Unterrichts in das Schulrecht, die Ausweitung der Möglichkeiten für Schulen und Hochschulen im Sinne einer Stärkung innovativer Lehr- und Lernformen im Rahmen des neuen Erasmus-plus-Programms, die Weiterentwicklung der abschließenden Prüfungen aufbauend auf den Erfahrungen aus dem letzten Schuljahr und die Weiterentwicklung der semestrierten Oberstufe.
Kurz noch einmal zu den wichtigsten Punkten: Wir haben ja gelernt, mit dem IKT-gestützten Unterricht umzugehen, daher ist die Aufnahme und Nutzung dieser sinnvollen Teile von Distancelearning in das Schulrecht notwendig – wir haben das ja heute auch schon gehört –, denn wie schon erwähnt hoffen wir ja doch, dass wir nach dieser Pandemie dann wieder einmal einen normalen Regelschulbetrieb einführen können.
Ganz, ganz wichtig ist mir dieses EU-Programm Erasmus plus, das mit dem Schuljahr 2021 gestartet wird, damit wir noch flexibler sind und Studierenden und dem Personal noch mehr und natürlich unbürokratischer diesen Austausch ermöglichen. Das neue Programm sieht eine deutliche Ausweitung der Möglichkeiten für Schulen und Hochschulen im Sinne einer Stärkung dieses innovativen Lern- und Lehrformates vor.
Auf die Matura ist Kollege Steiner schon eingegangen, und ja, auch wir sind nicht glücklich, dass es nicht die normale Matura gibt. Meine Tochter hatte noch das Glück, 2018 die normale Matura zu machen, und ich kenne Freundinnen von ihr, die im Jahr darauf wirklich gelitten haben. Die jungen Menschen haben sich ja vorbereitet, sie haben ihre vorwissenschaftliche Arbeit gemacht, wollten das präsentieren, aber es ist halt nicht möglich gewesen. Wir alle können jetzt nur schauen, unter welchen Voraussetzungen wir die Matura ermöglichen, damit sie dann weiterkommen und auch ihr Studium beginnen können. Darum war es jetzt so wichtig, diese Maßnahmen im Gesetz zu verankern.
Schließlich noch zur Nost: Wir entwickeln diese Nost nun sinnvoll weiter. (Bundesrat Steiner: Na ja!) Auch wir haben davor gewarnt, dass man damit natürlich ein Parkplatzprüfungssystem schafft, aber wir geben das ja auch sinnvoll in die Hände der Schulen. Jede Schule kann das schulautonomiemäßig entscheiden, und ich kenne sehr viele engagierte Direktorinnen und Direktoren, die sehr wohl damit umzugehen wissen. Ich denke, das sollte man den Schulen schon zutrauen, dass sie das in diesem Sinne erledigen können. Darum ist es gut, dass wir ihnen diese Möglichkeit nun geben.
Ich bitte Sie wirklich um Zustimmung zu diesen wichtigen Gesetzesvorlagen und darf mich nochmals bei allen bedanken, die sich in diesem Jahr so engagiert für die Schulen und für unsere Kinder und Jugendlichen eingesetzt haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
13.48
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Frau Bundesrätin Doris Hahn um ihre Ausführungen ersuchen. – Bitte.
Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher via Livestream zu Hause! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die heute auch der Übertragung im ORF folgen und mit dabei sind! In aller Kürze – meine Vorredner haben ja die Details des Gesetzes bereits ausführlich erörtert, ich muss das also nicht noch einmal tun –: Wir werden seitens der sozialdemokratischen Fraktion diesem Gesetz auch unsere Zustimmung erteilen, aber im Folgenden trotzdem noch ein paar kurze Anmerkungen zu den einzelnen Teilbereichen.
Dass das E-Learning und die dahin gehenden Schulversuche nun ins Regelschulwesen übernommen werden, war im Grunde längst fällig, nicht zuletzt angesichts dessen, dass das digitale Lernen allein in den letzten Monaten und Wochen einen enormen Entwicklungsschub – quasi vom Marathon hin zum Sprint – gemacht hat oder hat machen müssen.
Erfreulich ist auch, dass jetzt, wie wir schon gehört haben, die Ergebnisse der Evaluierung der Nost, also der neuen Oberstufe, endlich den diesbezüglichen Regelungen zugrundegelegt wurden, damit die semestrierte Oberstufe – so heißt sie nun – auch gesetzlich verankert werden kann. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger und richtiger
Schritt hin zu einer vor allen Dingen modernen und chancengerechteren Oberstufe, in der eben nicht wegen eines einzigen Faches, wegen eines Angstfaches, das einem vielleicht nicht so liegt – ich habe mir sagen lassen, Mathematik soll da unter anderem dazugehören –, gleich ein ganzes Jahr verloren gehen muss und aus einem dieser Gründe ganze Bildungskarrieren unter Umständen abgebrochen werden.
Auch erfreulich ist aus unserer Sicht, dass durch den vorliegenden Gesetzentwurf nun mit der Teilrechtsfähigkeit für Schulen und pädagogische Hochschulen die Mobilitäts- und Forschungsmöglichkeiten und vor allem die Finanzierung über Erasmus plus weiterhin gewährleistet werden können. Ich glaube, jede und jeder, der ein derartiges Programm, Auslandsaufenthalt und -praktikum, ein Traineeprogramm oder dergleichen, absolviert hat, wird bestätigen, wie wichtig das nicht nur für den persönlichen Lebenslauf ist, sondern wie wertvoll es auch für die persönliche Entwicklung ist – dass es eine Horizonterweiterung sein kann, von der man ganz persönlich immens profitiert.
Ein kleiner Wermutstropfen allerdings, ein Aspekt, der den grundsätzlich positiven Gesamteindruck etwas beeinträchtigt und trübt, bleibt allerdings auch bei uns von der Sozialdemokratie hängen. Es hat offensichtlich erst einer allumfassenden Krise bedurft, um etliche dieser genannten Änderungen im Bildungssystem vorzunehmen. Das gilt für die Verkleinerung von Prüfungskommissionen, das gilt für die Möglichkeit der digitalen Kommunikation innerhalb der Schulpartnerschaft, also zwischen Lehrern, Eltern, aber auch den Schülerinnen und Schülern selbst, und das gilt beispielsweise auch für die Leistungsfeststellung und -beurteilung per Videokonferenz, was die Matura betrifft – wir haben es gerade gehört.
Die Krise hat uns aufgezeigt, in welchen Bereichen unser Bildungssystem in Wahrheit in die Jahre gekommen ist und wo es noch ganz viel dringenden Entwicklungsbedarf gibt. Daher darf ich mich an dieser Stelle an Sie als verantwortlichen Minister wenden, meine Bitte wiederholen und auch wirklich unterstreichen: Unsere Gesellschaft ist einer permanenten Veränderung unterworfen, nicht zuletzt ganz besonders aufgrund der Digitalisierung, und diese schreitet, wie wir uns, glaube ich, alle einig sind, immer schneller voran. Unser Bildungssystem trägt dieser Tatsache leider nur wenig Rechnung, Herr Minister! Auch wir als Sozialdemokratie weisen immer wieder auf Entwicklungspotenzial hin, wir bringen Anträge ein und vieles mehr. Wie wir leider aber immer wieder feststellen müssen: Das meiste wird schon aus Prinzip abgelehnt und beiseitegeschoben. Aus meiner Sicht – und das möchte ich Ihnen heute mitgeben – wäre es an der Zeit, diese parteipolitische Brille abzunehmen. Vielleicht kann dahin gehend auch die ÖVP einmal über ihren Schatten springen, um gemeinsam – ja, ich möchte es fast eine Initialzündung nennen – diese Initialzündung, die die Krise zumindest in Teilen des Bildungsbereiches sein kann, tatsächlich zu nützen.
Gehen wir also weg von einer Anlassgesetzgebung aus der Not der Krise heraus hin zu einem wirklich zukunftsfitten Bildungssystem, dass dann tatsächlich die Talente unserer Kinder erkennt und Chancen schafft! Das wäre, glaube ich, dringend an der Zeit, und ich hoffe da wirklich auf entsprechende Zusammenarbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
13.53
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Herrn Bundesrat Andreas Lackner um seinen Redebeitrag ersuchen. – Bitte.
Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben da ein gutes Paket für die Schulen, teilweise auch aufgrund der Erfahrungen aus dem Distancelearning.
Da wäre etwa die Eingliederung der E-Learning-Schulversuche in das Regelschulwesen und in das Schulrecht. Die Schulversuche gibt es ja seit 2002, und Corona hat als Beschleuniger gewirkt, würde ich einmal sagen.
Die Matura Neu wird beibehalten, denn es macht Sinn und ist fairer, die Matura nicht als punktuelle Leistungsbeurteilung am Ende des Schuljahres zu betrachten, sondern auch die Leistung während des Schuljahres miteinzubeziehen.
Die Erleichterungen bei Erasmus plus durch eine Teilrechtsfähigkeit sind sehr zu begrüßen. Aufgrund von Änderungen im EU-Programm muss für Bildungseinrichtungen die Möglichkeit geschaffen werden, im eigenen Namen zu handeln. Das erweitert die Mobilität von Studierenden sowie von Schülerinnen und Schülern und fördert den europäischen Austausch.
Die neue Oberstufe, die Nost, wird auf Grundlage von Evaluierungsergebnissen eine Weiterentwicklung zur semestrierten Oberstufe durchlaufen. Wir machen im kommenden Jahr daher tatsächlich die Tür zu einer echten Modalisierung und Individualisierung auf. Das halte ich für sehr wichtig. – Vielen Dank an dieser Stelle an die zahlreichen Novi-Schulen in unserem Land für ihre jahrelange wichtige Pionierarbeit! – Dieser Schulversuch wird jetzt ins Regelsystem überführt und wird dann hoffentlich in Zukunft von ganz vielen Schulen in Österreich übernommen werden.
Insgesamt liegt hiermit ein Legistikpaket vor, das unsere Bildungslandschaft wieder ein Stück modernisiert und hoffentlich eine breite Zustimmung erfährt. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
13.55
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Hoher Bundesrat! Ich bedanke mich jetzt schon für die sich abzeichnende breite Zustimmung zu diesem Konvolut an unterschiedlichen Gesetzesmaterien. Ich meine, es ist ganz egal und gleichgültig, ob es Corona bedurft hätte oder nicht. Wir haben die Dinge gemacht, und die Dinge, die hier drinnen stehen, sind, glaube ich, vernünftige Sachen.
Ein Wort zur Matura: Es ist eine ganz normale Matura, die stattfinden wird, das möchte ich nur sagen, mit einem schriftlichen Teil, mit einer vorwissenschaftlichen Arbeit, die man präsentieren kann – optional, wenn man das möchte –, und natürlich wird diese Matura auch weiterhin eine mündliche Matura enthalten. Ich habe das schon einmal betont: Mir ist gerade die mündliche Matura ganz besonders wichtig, denn ich halte es auch im Sinne von gleichsam politischer Bildung für notwendig, dass sich junge Menschen vor einer Kommission präsentieren, ihr Wissen präsentieren. Das ist ein Teil der Maturität, die nicht nur nachzuweisen ist, sondern die, glaube ich, für junge Menschen auch eine Chance darstellt.
Herr Steiner, dahin gehend ist es eine normale Matura mit einem mündlichen Teil; und weil Sie mir sozusagen die Sache mit dem Versprechen vorgehalten haben: Natürlich ist für uns alle, glaube ich, der Mund-Nasen-Schutz nicht das Angenehmste auf dieser Welt, weder für Sie noch für mich oder irgendjemanden sonst. Ich habe die Aussage getroffen, dass natürlich ein Schulalltag mit vielen Stunden am Tag mit Mund-Nasen-Schutz auch für die Lehrenden kein Vergnügen ist (Bundesrat Steiner: Zu Recht!), und im Sommer war diese Aussage auch, glaube ich, eine gerechtfertigte. Es hat sich im Sommer nicht abgezeichnet, dass es einen dauerhaften Mund-Nasen-Schutz in der Schule geben muss. Da hatten wir aber Zahlen von 50 Neuinfektionen pro Tag. (Bundesrat Steiner:
Wir haben ja in den Schulen keine begründeten Cluster! Das wissen Sie, Herr Minister!) – Na ja, die Schule ist natürlich auch keine Insel in einem Meer von Infektionen, Herr Steiner, und das sehe ich sehr deutlich: Wenn sich die Infektionszahlen allgemein steigern, dann ist die Schule davon nicht ausgenommen. Die Infektionszahlen haben sich leider Ende Oktober dramatisch gesteigert, von 50 auf 5 000, fast 10 000 sind es Ende Oktober geworden. Dahin gehend ist für mich immer noch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das gelindere Mittel, um einen Präsenzunterricht durchzuführen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Frau Hahn, ich glaube, wir geraten heute gar nicht so sehr in eine Konfliktsituation hinein, normalerweise ist das etwas mehr. (Allgemeine Heiterkeit.) Die Digitalisierung halte nicht Schritt mit der Zeit – so in etwa haben Sie mir das vorgeworfen, oder Sie haben gesagt, wir hätten die Digitalisierung eben jetzt aufgrund von Corona beschleunigt. – Ist ja kein Malheur, meine ich! Wir haben es gemacht – das ist ja das Wesentliche. (Bundesrätin Hahn: Aber es geht ...!) Wir haben es gemacht, und wir werden in den nächsten Tagen die Ausschreibung zu letztlich einer der größten Investitionen im Digitalbereich unseres Bildungssystems seit Menschengedenken hinausgeben können. – Ja, klar kann man das in diesem Fall leicht sagen, weil das Digitale erst eine Sache der Gegenwart ist. Da wird aber wirklich ein Meilenstein in unserem 8-Punkte-Plan gesetzt, der umfassend ist, der Hardware beinhaltet, Software beinhaltet und natürlich, was ganz wesentlich ist, die Lehrenden beinhaltet, denn ohne Personen in der Schule, die das umsetzen, nützen Hard- und Software gar nichts. Mir jetzt aber dabei eine parteipolitische Brille vorzuwerfen, Frau Hahn, das trifft nicht zu. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Steiner und Hahn.) Ich bin dahin gehend immer einer, der sehr stark auf Sachpolitik Wert legt.
Darf ich, Herr Lackner, vielleicht noch ein letztes Wort zur modularisierten Oberstufe, zur Nost, sagen? – Die Nost war ein Kind ihrer Zeit – und ist nicht unglaublich geglückt, muss man auch dazusagen, aber natürlich ist die Idee einer Modularisierung in einer Oberstufe eine grundsätzlich richtige Idee.
Ich habe einmal ein halbes Jahr in Amerika verbracht, und meine Kinder sind dort in die Highschool gegangen, und die haben diese Modularisierung miterlebt. Es war schon ein interessantes Experiment, dass sich dort eben Oberstufenschüler ihren Talenten und auch ihren Interessen entsprechend ein ganz bestimmtes Fächerspektrum aussuchen können. Das, was wir später an der Universität machen, kann man auch in der Oberstufe machen, aber das bedarf dann einer echten Modularisierung, auch mit einer bestimmten Wahlmöglichkeit von unterschiedlichen Fächern. Das haben wir im Regierungsprogramm auch so festgeschrieben, dahin gehend ist die jetzige Fortschreibung der modularisierten Oberstufe eine Fortschreibung, aber nicht das Ende des Weges.
Ich bedanke mich jetzt schon für eine möglichst breite Zustimmung, auch wenn sie nicht vollständig erfolgen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.01
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung; bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein!
Ich gebe bekannt, dass der Herr Schriftführer und auch ich, dass wir beide von unserem Stimmrecht Gebrauch machen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
13. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bildungsdokumentationsgesetz 2020 erlassen wird und das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Universitätsgesetz 2002, das IQS-Gesetz sowie das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz geändert werden (479 d.B. und 571 d.B. sowie 10468/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing.in Judith Ringer. – Ich bitte um den Bericht, Frau Kollegin.
Berichterstatterin Ing. Judith Ringer: Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe Ihnen den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bildungsdokumentationsgesetz 2020 erlassen wird und das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Universitätsgesetz 2002, das IQS-Gesetz sowie das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz geändert werden. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade einen sehr sperrigen und langen Gesetzestitel gehört, und dahinter verbirgt sich in Wahrheit nichts anderes als die Bildungsdokumentation. Ich glaube, wir müssen diesen Bereich der Bildungsdokumentation unter zwei – oder besser sogar noch drei – ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachten, weil dieser eben auch ganz unterschiedliche – ich würde einmal sagen – Bedürfnisse und Erfordernisse nach sich zieht.
Bildungsdokumentation ist auf der einen Seite natürlich eine wichtige Grundlage für das Bildungscontrolling, beispielsweise für den Nationalen Bildungsbericht und die daraus resultierenden Folgerungen, dazu gehören auch Bildungsforschung und dementsprechend natürlich die Verarbeitung der gesammelten Schülerinnen- und Schülerdaten durch in dem Fall die Statistik Austria. Das ist dieser eine Bereich.
Auf der anderen Seite geht es aber auch um die Weitergabe von Schülerinnen- und Schülerdaten von Schule zu Schule. Gerade an den Nahtstellenbereichen, also im Transitionsbereich, zum Beispiel dem Wechsel vom Kindergarten zur Volksschule oder auch von der Volksschule zur Mittelschule oder der AHS-Unterstufe, ist es für die Pädagoginnen und Pädagogen essenziell, für eine optimale und sehr individualisierte Förderung eines Schülers, einer Schülerin grundlegende Informationen aus der vorhergehenden Schule oder Bildungseinrichtung zu erhalten. Vielleicht kennen auch Sie noch die
berühmten gelben Schülerbeschreibungsbögen, die bis vor nicht allzu langer Zeit noch von Schule zu Schule weitergeschickt, weitergegeben werden mussten.
Ich habe in meiner Praxis schon das eine oder andere Mal selbst erlebt, dass uns als LehrerInnen, als Lehrkräften entscheidende Informationen – beispielsweise Bescheide zu Lese-, Rechtschreibschwächen und dergleichen mehr – gefehlt haben. Sie wurden schlicht und einfach nicht weitergegeben, und natürlich bekommt man – aus den unterschiedlichsten Gründen – derartige Informationen auch nicht immer von den Eltern selbst.
Das hat dann unter Umständen zur Folge, dass Kinder nicht optimal betreut werden können und dass vielleicht sogar ganz langwierige Testungen neuerlich in Gang gesetzt werden müssen, obwohl das gar nicht notwendig wäre, weil schon Bescheide vorliegen. Was das für das betroffene Kind bedeuten kann, kann man sich hoffentlich vorstellen.
Das ist also dieser zweite Bereich, aber für beide Bereich gilt: In diesem Spannungsfeld, möchte ich fast sagen, kommt unumstritten noch ein dritter wichtiger Aspekt dazu, nämlich jener des Datenschutzes, und der kommt – bei allem Verständnis für Bildungsforschung und Bildungsstatistik – aus unserer Sicht viel zu kurz.
Positiv hervorheben muss ich sehr wohl, dass in dem Fall jetzt die Sozialversicherungsnummer des Schülers, der Schülerin durch das sogenannte bPK, also das bereichsspezifische Personenkennzeichen, ersetzt wird, um das, wie es im Gesetz heißt, Individuum zu identifizieren. Das wurde auch von der Datenschutzbehörde schon lange gefordert. Künftig wird also jedem Schüler, jeder Schülerin mittels eines Generators ein spezifisches Kennzeichen zugeordnet, ähnlich einer Matrikelnummer im postsekundären Bereich, und dann verschlüsselt.
Die Änderung der Begrifflichkeiten von Leistungsmessung zu Kompetenzmessung ist für mich eher ein bisschen eine Türschildänderung, aber da kann ich auch noch insofern mitgehen, als es dann heißt, dadurch soll eine Verwechslung mit der Leistungsfeststellung, der Leistungsbeurteilung vermieden werden. – Soll so sein. Wie gesagt, auch da gehen wir mit.
Was für uns aber ganz und gar nicht nachvollziehbar ist und in welche Richtung wir unsere ganz konkrete Kritik richten, ist die geplante Verlängerung der Aufbewahrungsfrist der Daten, nämlich von bis dato 20 auf in Zukunft 60 Jahre. Im Ausschuss hat man uns das damit begründet, dass auch Langfriststatistiken zu erheben sind, also zum Beispiel Auswirkungen auf das Pensionssystem, auf Wohnverhältnisse, auf den Berufsverlauf und dergleichen mehr – aber bei allem Verständnis für derartige statistische Auswertungen sprechen wir da von ganz sensiblen Daten von Kindern und von Jugendlichen; ich glaube, das dürfen wir nicht vergessen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
In Wahrheit geht es – und darauf hat auch beispielsweise Epicenter Works kritisch hingewiesen – schlicht und einfach um eine ganz lückenlose Datensammlung vom Kindergarten bis zur Pension, also quasi der gläserne Schüler, die gläserne Schülerin, wie auch immer. Jedenfalls entsteht dadurch eine ganz enorme Datensammlung – die Menge, glaube ich, können wir uns an dieser Stelle noch gar nicht vorstellen –, und das öffnet aus meiner Sicht Tür und Tor für unterschiedlichste Begehrlichkeiten, beispielsweise auch von Unternehmen, großen Konzernen, die vermutlich sehr viel Freude damit hätten, über eine derartige Menge an Daten zu verfügen und diese dann vielleicht auch für ihre – aus heutiger Sicht natürlich noch nicht absehbaren – Zwecke verwenden zu können.
Aus meiner Sicht besteht da auch ein ganz immenses Missbrauchspotenzial, zumal die Daten ja über die jeweilige Verwaltungssoftware browser- und cloudbasiert eingegeben und weiterverarbeitet werden. Ich muss dazusagen, ich habe mich auch ein bisschen
schlaugemacht, was europäische Vergleiche betrifft. Etliche europäische Länder setzen da auf repräsentative Stichprobenerhebungen und finden damit auch das Auslangen. Also wie gesagt, warum man hier eine Verdreifachung dieses Zeitraums angehen möchte, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Ebenso fragwürdig finde ich die Tatsache, dass der sonderpädagogische Förderbedarf weiterhin der Person zugeordnet wird. Bisher wurde ja dieser Personenbezug schon nach einem Jahr gelöscht, das soll jetzt nicht mehr passieren. – Ich fürchte, es wird wieder einmal passieren: Es geht wieder um diesen sprichwörtlichen Stempel, den ein Kind dadurch erhält und quer durch seine Bildungskarriere mitnimmt. Auch das kann man, wie ich glaube, nicht so stehen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)
Weiters müssen wir die Verarbeitung von biometrischen Bilddaten kritisch hinterfragen. Jetzt soll also über ein zentrales Register ein automatischer Zugriff, zum Beispiel für Studierendenausweise, ohne ausdrückliche Zustimmung möglich sein. Wir haben gestern über die E-ID gesprochen, und für mich gilt in beiden Bereichen dasselbe Prinzip: Nicht alles, was praktisch ist, ist auch immer gut und sinnvoll, besonders wenn es um datenschutzrechtliche Bedenken geht. Jeder von uns kennt Dinge wie Smarthome: Wir können aus kilometerweiter Entfernung die Heizung und das Licht ein- und ausschalten, wir bezahlen kontaktlos mit der Uhr und vieles dergleichen mehr. Das ist sehr praktisch, aber da laufen in jeder Sekunde Abermillionen von Daten durch den Äther, und in Wahrheit weiß niemand, was mit diesen Daten tatsächlich passiert, vor allen Dingen, wenn sich Personen diese Daten vielleicht unrechtmäßig zu eigen machen.
Die Stellungnahmen in der Begutachtungsfrist zeigen uns, dass wir mit unserer Kritik ganz und gar nicht allein sind. Epicenter Works habe ich bereits genannt, aber auch die ÖH, die Gewerkschaft öffentlicher Dienst, nämlich konkret die AHS-Gewerkschaft, die Datenschutzbehörde und viele andere mehr haben in diesem Zusammenhang ihrer ganz eindeutigen Kritik Ausdruck verliehen und diverse Abänderungen gefordert. Sogar die niederösterreichische Landesregierung hat eine Stellungnahme mit etlichen Änderungswünschen, wenn man das so bezeichnen kann, abgegeben.
Da diese Kritik keine wirklichen Auswirkungen auf das vorliegende Gesetz hatte und diese Änderungsvorschläge eben nicht entsprechend eingearbeitet wurden, können wir dem Gesetz in dieser Form leider nicht zustimmen. Da muss ich Ihnen jetzt leider die Hoffnung nehmen: In dem Fall sind wir nicht einer Meinung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
14.12
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Doris Berger-Grabner. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.
Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause vor den Bildschirmen! Worum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt? – Es geht im Wesentlichen um die Novelle des Bildungsdokumentationsgesetzes, insbesondere auch darum, Bildung für wissenschaftliche Zwecke zu dokumentieren, als Datengrundlage für evidenzbasierte Bildungssteuerung. Im Detail, wie es auch das Regierungsprogramm vorsieht, geht es um die Etablierung eines gesamtheitlichen Bildungsmonitorings durch Zusammenführung relevanter Datenquellen, so wie es meine Vorrednerin Doris Hahn bereits ausgeführt hat.
Wir schaffen mit dieser Novelle eine solide, transparente und einheitliche Datenbasis als Grundlage für ebendiese evidenzbasierten Entscheidungen, auch im Sinne der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung im Bildungswesen.
Ein Punkt, der soeben kritisiert worden ist, ist ganz entscheidend, und zwar kommt es bei der Anpassung des Bildungsdokumentationsgesetzes auch zu datenschutzrechtlichen Aspekten: Mit diesem Gesetz erhöhen wir nämlich sogar die Datensicherheit. Wie ebenfalls bereits angesprochen, ersetzen wir die Sozialversicherungsnummer durch ein bereichsspezifisches Personenkennzeichen. Das heißt, wir schützen diese Daten wesentlich besser als bisher und ermöglichen dadurch auch eine viel bessere Anonymisierung.
Weshalb wir diese Aufbewahrungsfrist von 60 Jahren benötigen, haben wir bereits im Ausschuss von den Experten gehört: Insbesondere ist das durch das Auslaufen der Volkszählungen begründet. An deren Stelle gibt es ja nun die Register und Dateien von Behörden, auf die unter genau geregelten Bedingungen, die in erster Linie dem Datenschutz dienen, zugegriffen werden kann.
Die im Bildungsdokumentationsgesetz vorgesehene Gesamtevidenz der Schüler und Schülerinnen ist beispielsweise ein solches Register. Für den Bereich der Schulen wird ein Datenverbund zur Vollziehung der mit der Aufnahme von Schülern und Schülerinnen im Zusammenhang stehenden Rechtsvorschriften eingerichtet. Dieser Datenverbund hat sehr viele Vorteile. Er garantiert nämlich zwischen den Schulen auch die Verringerung des administrativen Aufwands der aufnehmenden Schulen, da ja durch die Eingabe alle relevanten Daten der Schüler und Schülerinnen automationsunterstützt zur Verfügung gestellt werden. Das ist wichtig, um speziell die Schulleitungen zu entlasten. Diesen Wunsch haben wir sehr oft gehört, und diesem Wunsch kommen wir damit nach.
Diese Entwicklung, meine geschätzten Damen und Herren, ist keine österreichische Besonderheit. Eine Reihe europäischer Staaten mit anerkannt hohen Rechtsschutzstandards hat diesen Weg ja auch bereits beschritten; um nur einige wenige zu nennen: Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen.
Das Bildungsdokumentationsgesetz und diese Verlängerung auf 60 Jahre sind so entscheidend dafür, dass es zu keinen Datenlücken kommt. Wir stellen nämlich sicher, dass für das Gestalten von Bildung entscheidende soziale Entwicklungen weiterhin statistisch erfasst und ausgewertet werden können. Ich selber komme aus der Forschung und weiß, wie wichtig genau solche Daten sind. Wissenschaftliche Forschung und Auswertung liefern nämlich ganz entscheidende Faktoren, eine ganz entscheidende Basis, in diesem Fall vor allem für politische Entscheidungen, zur zielgerichteten Steuerung des Bildungssystems. Sie stellen Informationen hinsichtlich Effizienz, Effektivität und Chancengleichheit bereit.
Wir alle wollen wissen, wo in unserem Bildungssystem strukturelle Benachteiligungen bestehen, und vor allem, wie wir die Ressourcen gezielt einsetzen können, um diesen entgegenzuwirken. Dafür braucht es diese Datenbasis.
Ich komme schon zum Schluss. Mithilfe der daraus gewonnenen Forschungsergebnisse kann nämlich der Fortschritt bezüglich bestehender Bildungsziele kontrolliert, können vorhandene Erkenntnislücken identifiziert und deren Beseitigung in Angriff genommen und Informationen zur Formulierung neuer Ziele für die Zukunft geliefert werden; um nur zwei Beispiele zu nennen: die Analyse der Arbeitsmarktchancen verschiedener Bildungsabschlüsse oder Auswirkungen des demographischen Wandels auf unser Bildungssystem.
Weitere Ziele, sie wurden bis jetzt noch nicht genannt, sind: die Onlineabfrage des Lichtbildes für die Ausstellung von Studierendenausweisen aus bestehenden Registern und die Übermittlung weiterer Daten für die Integration der Fachhochschulen in den Datenverbund der Universitäten und Hochschulen.
Wichtig ist: Alle Ziele und Maßnahmen dienen der Vereinfachung des administrativen Aufwands sowie Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
Zum Schluss ist mir eines noch besonders wichtig, nämlich allen unseren Pädagogen und Pädagoginnen mit ihren Schulleitungen ein großes Dankeschön auszusprechen: für ihren Einsatz und ihr Engagement, unsere Kinder und Jugendlichen zu fördern und zu fordern. – Vielen Dank und Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.19
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird (480 d.B. und 572 d.B. sowie 10469/BR d.B.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing.in Judith Ringer. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Ing. Judith Ringer: Werte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aller guten Dinge sind drei, meine dritte Berichterstattung:
Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts, SchDigiG, erlassen wird. (Vizepräsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Mit dem Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts wird ein weiterer wichtiger Grundstein für die Schule der Zukunft gelegt.
Es geht darum, entsprechend der heutigen Zeit zu lehren und zu lernen. Laptops, digitale Plattformen, Software und Hardware sind bereits wichtige Bestandteile in unser aller Leben, im Berufsleben genauso wie im Sozialleben, und das soll nun endlich auch im Unterricht ankommen.
Die Covid-19-Krise hat viel Negatives gebracht, worauf ich aber nicht eingehen möchte, aber sie hat auch enorme Chancen gebracht. Vor allem der Lockdown hat auch den Bereich der Schule gefordert, und es mussten schnelle Lösungen gefunden werden, um die Herausforderung bestmöglich zu meistern. Wir haben aus dieser Not jedoch eine Tugend gemacht und erkannt, wie weit vorangeschritten die digitalen Möglichkeiten sind, sodass wir sie nutzen und somit das Leben vereinfachen können. Es ist jetzt aber auch wichtig, den Kindern und den Lehrern das richtige Wissen und die richtige Ausstattung bereitzustellen, damit in Österreich die Bildung weiter international wettbewerbsfähig bleibt. Jahrelang wurde in unserem Bildungssystem hinsichtlich der voranschreitenden Digitalisierung viel zu wenig investiert, vor allem im internationalen Vergleich. Wir dürfen die nächste Generation nicht hinterherhinken lassen und müssen ihr das richtige Werkzeug in die Hand geben.
Klar ist auch, dass sich das Bildungswesen dieser Herausforderung stellen muss. Es gibt rund 129 000 Lehrer und rund 1,2 Millionen Schüler, und da wird einem erst bewusst, in welchem Ausmaß da gedacht und geplant werden muss, damit alles reibungslos funktionieren kann. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat einen Masterplan für Digitalisierung entwickelt und davon den 8-Punkte-Plan für einen digitalen Unterricht abgeleitet.
Bezüglich der Finanzierung sind folgende Punkte von besonderer Relevanz:
Erstens: Ausbau der schulischen Basis-IT-Infrastruktur mithilfe standortbezogener Digitalisierungskonzepte. Da gibt es unterschiedliche Voraussetzungen, und es muss je nach Schule natürlich auch überlegt werden, was notwendig ist.
Zweitens: Zurverfügungstellung digitaler Endgeräte für SchülerInnen der 5. und 6. Schulstufe. Nach Absprache mit dem Ministerium ist mir bekannt geworden, dass jeweils zwei Modelle von Tablets und Laptops zur Auswahl stehen sollen, sodass die Schüler frei wählen und schauen können, womit sie am besten arbeiten können.
Drittens: Schaffung und Ausbau digitaler Lern- und Arbeitsplattformen wie der Eduthek oder Lernapps mit Gütesiegel. Diese sollen zertifiziert werden, sodass die Schülerinnen und auch die Lehrer wissen, wie sie am besten arbeiten können.
Viertens: Serviceplattform Digitale Schule zum Austausch zwischen Eltern, Lehrern und Schülern.
Die Digitalisierung ist keine Notmaßnahme der Krise, sondern sie ist tatsächlich unsere Zukunft. Das Thema der digitalen Endgeräte hat meiner Meinung nach besonders viel Wirbel erzeugt. Oft wird gesagt: Jetzt finanzieren wir da unseren Schülern nur noch die Laptops!, oder es wurde befürchtet, die Eltern müssten sich in Unkosten stürzen. Ich möchte dazu klarstellen: Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung möchte die Endgeräte anschaffen, und die Eltern sollen, ähnlich zu den Schulbuchkosten, 25 Prozent der Kosten übernehmen. Diese werden über vier Jahre lang abbezahlt, also wenn jetzt zum Beispiel das Bildungsministerium Endgeräte um 400 Euro pro Stück anschafft, sind das 25 Euro pro Jahr – ich glaube, das kann sich wirklich jeder leisten. (Bundesrätin Hahn: Na ja!)
Wie schon erwähnt wurde, ist auch das Berufsleben immer mehr von der Digitalisierung betroffen. Wenn wir in Bereichen wie den Mint-Berufen oder anderen digitalen Berufen weiterhin etwas mitzureden haben wollen, müssen wir anfangen, in unseren Schulen den Grundstein für diese Fächer zu legen, und auch Interesse bei den Schülerinnen und
Schülern wecken. Digitalisierung können und sollten wir nicht aufhalten, sondern diesen Prozess aktiv mitgestalten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
14.25
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, aller guten Dinge sind drei. – Wir werden dem Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts unsere Zustimmung erteilen, gar keine Frage – aber, wenn ich das so formulieren darf, wir brechen nicht in Jubelgesänge aus, sollten Sie sich das erhofft oder erwartet haben, das nicht.
Positiv ist, es wird endlich ein Digitalisierungspaket für die österreichischen Schulen umgesetzt. Das ist, glaube ich, längst an der Zeit, und das fordern ja auch wir als SPÖ schon lange, das hat unsere frühere Bildungsministerin Hammerschmid auch bereits entsprechend vorbereitet gehabt. Jetzt ist es also ein 8-Punkte-Plan geworden, der nun endlich festgeschrieben und umgesetzt werden soll – so weit, so gut. Wir haben es schon gehört: Jeder Schüler, jede Schülerin soll also zukünftig ab der 5. Schulstufe mit einem digitalen Endgerät ausgestattet werden – so weit, so gut.
Aus meiner Sicht bleiben aber dennoch etliche Fragen offen, nämlich Fragen, die in der Praxis durchaus Thema sein können und werden, beispielsweise: Wie soll es gehandhabt werden, wenn ein Schüler oder eine Schülerin die Schule wechselt, in der oder höchstwahrscheinlich mit einem ganz anderen Endgerät und anderer Software gearbeitet wird?
Abgesehen davon macht das Endgerät allein bei Weitem noch keine digitale Grundausstattung aus, wir haben es gerade gehört. Auch der Selbstbehalt von 25 Prozent, der gerade erwähnt wurde, ist aus meiner Sicht zu hinterfragen. Ich weiß schon, dieser kann unter bestimmten Bedingungen auch entfallen, aber ich glaube, gerade bei Familien mit mehreren Kindern kann dieser trotzdem durchaus ein Problem darstellen, denn da sind die Ausgaben für den Schulbedarf ja ohnehin schon hoch genug.
Ich darf auf eine Studie der Arbeiterkammer hinweisen, in dieser wird nämlich aufgezeigt, dass Eltern pro Kind und Schuljahr auch ohne digitales Endgerät bereits bis zu 1 300 Euro an Kosten aufbringen müssen. Die Volkshilfe weist darauf hin, dass immerhin 4,4 Prozent aller Familien angeben, dass ihr Kind aufgrund solcher zu hohen Kosten nicht die eigentlich gewünschte schulische Ausbildung ergreifen kann. Das müssen wir uns schon immer wieder auch vor Augen führen. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
Ich kann also nur hoffen, dass eine Kostenbefreiung, wenn diese für eine Familie notwendig sein sollte, für die betroffenen Eltern möglichst hürdenfrei abgewickelt werden kann. Das ist meine Hoffnung, dass das wirklich einfach, rasch und unbürokratisch funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt noch eine Frage einer Praktikerin zur Praxis: Es ist im Text die Rede von einer Fernverwaltung der Schülergeräte – die ist wichtig und richtig, da gehe ich d’accord. Jetzt frage ich aber aus der praktischen Erfahrung: Wie gehe ich dann in Zukunft als Lehrerin, als Lehrer damit um, wenn die Kinder Dinge auf dem Gerät gespeichert haben, die so gar nichts mit digitalem Unterricht zu tun haben? Die Geräte stehen ja im Eigentum der Schülerinnen und Schüler, darauf muss man hinweisen. Wie gehe ich damit um, wenn Schülerinnen und Schüler Dinge herunterladen, die zum Beispiel Viren beinhalten, und wenn dann das System, der Laptop, das Tablet oder was auch immer völlig unbenutzbar sind? Da kommen Fragen des Datenschutzes dazu, da kommen Fragen der
Medienkompetenz dazu, womöglich geht es auch um Copyrightfragen und dergleichen mehr.
In diesem Zusammenhang auch noch eine Forderung, die ich an Sie richten möchte: Ich meine, es wird nicht ohne massive Aufstockung der Ressourcen in der IT-Betreuung gehen. Die wird es brauchen, denn die primäre und ureigenste Aufgabe der Lehrkräfte ist die Bildung unserer Schülerinnen und Schüler. Ich kann mir nicht erwarten, dass dann sozusagen auch noch rund um die Uhr eine Wartung der Schülerinnen- und Schülergeräte stattfinden kann. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich war in meinem Heimatbezirk selbst einige Jahre lang als IT-Betreuerin tätig. Da geht es wirklich um rasches Troubleshooting, damit im Unterricht dann auch tatsächlich mit den Geräten gearbeitet werden kann. Eine Unterrichtsstunde, das wissen wir alle, besteht aus 50 Minuten. Wenn ich allein für die Wartung der Schülergeräte 30 Minuten davon verwenden muss und der eigentliche Unterricht dann auf der Strecke bleibt, ist das, glaube ich, nicht im Sinne des Erfinders. Wie gesagt, dazu wird es auf alle Fälle Ressourcen brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)
Noch einmal – ich habe es schon gesagt –: Das Endgerät allein macht keine digitale Grundausstattung aus. Es braucht auch eine entsprechende Infrastruktur: beispielsweise WLAN, Drucker und vieles andere mehr. All das ist für viele Familien dann eben nicht mehr so ohne Weiteres möglich. Gerade in ländlichen Regionen, das wissen wir alle, sind wir von schnellem Internet und von großen Bandbreiten meilenweit entfernt. Gerade für Kinder aus Mehrkindfamilien ist es auch schon während der beiden Lockdowns immer wieder der Fall gewesen, dass es einfach schwierig war, sich dasselbe WLAN teilen zu müssen. Eine meiner Schülerinnen hat sich beispielsweise mehrmals entschuldigt: Liebe Frau Lehrerin, ich kann jetzt leider nicht an der Videokonferenz teilnehmen, weil meine zwei Geschwister auch im WLAN sind und ich andauernd rausfliege! – Dafür muss man sich in der Praxis dann auch ein Konzept überlegen, und da würde mich interessieren, wie Sie sich das in der Zukunft vorstellen und was Sie dahin gehend geplant haben.
Ich muss auch eine gewisse – ja, ich nenne es tatsächlich so – Ungleichbehandlung zwischen Bundes- und Pflichtschulen feststellen. In den Pflichtschulen sind es wieder einmal die Schulgemeinden, die für das WLAN sorgen müssen, die für alle anderen infrastrukturellen Maßnahmen zuständig sind und die diese vor allen Dingen auch finanziell tragen müssen. Ich möchte Sie an dieser Stelle erinnern, was die Gemeinden nun auch während der Krise bereits alles zu leisten hatten, ich sage nur: Leihgeräte; ich sage nur: Luftgütemessgeräte; ich sage nur: Massentests – und vieles andere mehr. Gleichzeitig hatten die Gemeinden aufgrund fehlender Kommunalsteuern, wegbrechender Ertragsanteile et cetera wesentliche finanzielle Einbußen. Im Pflichtschulbereich müssen es aber die Gemeinden halt immer wieder richten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ofner.)
Da geht es natürlich um eine Kompetenzfrage, dessen bin ich mir bewusst – aber es muss einfach festgestellt werden, dass es da durchaus auch noch Mängel gibt. Zudem ist es Tatsache, dass pro teilnehmender Klasse, wie wir gehört haben, nur drei Lehrergeräte zur Verfügung gestellt werden. Das halte ich für nicht ausreichend.
Offen gesagt haben wir auch heute – Ende 2020, bald schon 2021 – immer noch die Situation in vielen Lehrerzimmern, dass sich 30 Lehrkräfte einen oder zwei PCs, Laptops, Tablets oder was auch immer teilen müssen. Gerade für Lehrkräfte, die in Richtung digitaler Bildung der Kinder etwas tun sollen, sind der PC, der Laptop, das Tablet, das Handy, wie wir es nun auch in den letzten Wochen ganz intensiv erlebt haben, Arbeitsmittel. Diese müssen sich die Lehrkräfte allesamt selbst finanzieren – vom Rotstift angefangen, sage ich lapidar ausgedrückt, bis zur digitalen Grundausstattung, und auch da gehört wieder WLAN und vieles andere mehr dazu.
Summa summarum: Ja, wir stimmen zu, aber das Paket kann aus unserer Sicht eben nur ein erster kleiner Schritt sein, hoffentlich hin zu einer Schule, die der digitalen Welt auch wirklich gerecht wird und die in einigen Jahren vermutlich ganz anders ausschauen wird, als wir uns das heute vielleicht vorstellen. Sie können sicher sein, das ist klar: Wir werden sicher nicht müde, unsere Forderungen auch weiterhin hier einzubringen und Kritikpunkte anzubringen. Ich wiederhole es noch einmal: Wir hoffen dabei auch auf eine entsprechende Bereitschaft, im Interesse der Schülerinnen und Schüler auch mit uns als Oppositionsfraktion da intensiv zusammenzuarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
14.34
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage, die Zeit ist nicht stehen geblieben, und es ist wesentlich, dass wir im Bereich der Digitalisierung, im Bereich der digitalen Schule in die richtige Richtung und mit der Zeit gehen. Deswegen muss ich sagen, spät, aber doch: Der Ansatz ist richtig, das Gesetz ist richtig, wir Freiheitliche unterstützen das natürlich auch. Es ist zu begrüßen, dass ab der 5. Schulstufe jedes Kind einen Laptop oder ein Tablet erhalten soll.
Worüber wir uns vielleicht noch unterhalten sollten, sind diese 25 Prozent Selbstbehalt. Wie wir im Ausschuss bereits gehört haben, sind die Eltern ja dazu verpflichtet, diese Endgeräte zu kaufen, sobald sich eine Schule dafür entschieden hat. Gerade im Bereich der Peripherie und im ländlichen Bereich ist es nicht so, dass man Unmengen an Schulen zur Auswahl hat. Es gibt vielleicht eine neue Mittelschule und ein Gymnasium. Nun stellen Sie sich vor, diese Schulen haben sich für den digitalen Unterricht entschieden. Die Voraussetzungen am Land sind aber nicht so, dass jedes Haus einen Internetanschluss hat, dass jedes Haus mit einem Breitbandanschluss versorgt ist, geschweige denn überhaupt Handyempfang vorhanden ist.
Das sind schon viele, viele Dinge, die gerade im ländlichen Bereich berücksichtigt werden müssen, denn diese Kinder werden vom digitalen Unterricht nicht nur nicht profitieren, sondern ihn überhaupt nicht nützen können, weil der Breitband- und Internetausbau nicht dementsprechend fortgeschritten ist, dass wir wirklich alle Haushalte und Schüler erreichen können.
Auch bei den 25 Prozent Selbstbehalt ist uns allen klar, dass es eine gewisse Preisspanne bei elektronischen Geräten gibt, und nach oben hin ist keine Grenze gesetzt. Wenn man sich anschaut, dass viele Kinder derzeit nicht auf Schullandwochen und Skikurse mitfahren können, weil es sich die Eltern einfach nicht leisten können, dann muss ich sagen: Entweder gibt es da wirklich eine Grenze, damit die Geräte nicht überteuert sind, oder man übernimmt die Kosten für diese Geräte zur Gänze und nicht nur 75 Prozent davon. Ich glaube, wenn wir uns 210 Millionen Euro für Regierungsinserate leisten können, dann haben wir in diesem Bereich den Bezug zum Geld bereits verloren – und ich glaube, es wäre wesentlicher gewesen, die Hacklerregelung nicht abzuschaffen und auch 100 Prozent der Kosten für diese Endgeräte zu übernehmen.
Einige Fragen tun sich zudem noch auf: Sind diese Geräte versichert? – Im Ausschuss wurde uns mitgeteilt, dass sie nicht von Haus aus versichert sind, aber dass man eine Lösung sucht. Herr Minister, 2021, mit dem kommenden Schuljahr, werden diese Geräte eingeführt. Zum heutigen Zeitpunkt, ein paar Monate vor der Einführung, wissen wir noch nicht, wie es mit den Versicherungen ausschaut, und ich glaube, das ist auch eine wesentliche Frage, die die betroffenen Personen interessiert.
Wie bereits erwähnt: Wie viele Schüler gibt es wirklich in der Peripherie, die keinen Internetzugang haben, die diese Geräte kaufen müssen, wenn sich die Schule dafür entschieden hat, und die sie in Wahrheit gar nicht nützen können? Glauben Sie, dass alle Schulen die Umsetzung dieses Digitalisierungskonzepts auch tatsächlich bis zur Einführung im Schuljahr 2021/22 sicherstellen können? – Ich habe mit einigen Betroffenen gesprochen, die sehr skeptisch sind, ob es bis zum Beginn des nächsten Schuljahres tatsächlich möglich ist, dieses Digitalisierungskonzept umzusetzen.
Aus unserer Sicht sind noch einige Fragen offen. Ich hoffe, dass Sie sie beantworten können, Herr Bundesminister. Im Großen und Ganzen handelt es sich um ein gutes Gesetz. Bildung muss mit der Zeit gehen, und wir stimmen dem auch zu. (Beifall bei der FPÖ.)
14.38
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das Schuldigitalisierungsgesetz ist ein Meilenstein. Wir setzen da wirklich einen großen Schritt, der ähnlich wie die Einführung der Schulbuchaktion in den Siebzigerjahren aus meiner Sicht historisch ist.
Die Kinder bekommen mit circa zehn Jahren, sobald sie in die 5. Schulstufe kommen, ein Tablet oder einen Laptop als Arbeitsmittel für die Schule. Wichtig werden die Evaluierung und das Monitoring dieser Maßnahme sein, denn es ist der bisher größte Beschaffungsvorgang für digitale Endgeräte der Republik Österreich. Die Beschaffung wird sage und schreibe ungefähr 25 Prozent des gesamten österreichischen Marktvolumens ausmachen. Das heißt, ich nehme an, wir werden da sicher auch gute Preise erzielen können, die deutlich unter dem üblichen Marktpreis liegen werden.
Es wird einen Selbstbehalt von 25 Prozent geben, aber dieser wird nominell wahrscheinlich nicht über 100 Euro zu liegen kommen. Zudem wird es Ausnahmen für jene geben, die es sich eben nicht leisten können. Wir werden außerdem sicherstellen, dass auf Nachhaltigkeit, Reparierbarkeit, Hochwertigkeit und Energieverbrauch der Geräte geschaut wird, dass es eine Garantie gibt und dass auch auf die adäquate Entsorgung geachtet wird, um so auch im Sinne des Klimaschutzes ein klares Zeichen zu setzen.
Mit der Einbettung dieser Maßnahme in andere Maßnahmen des 8-Punkte-Plans zur Digitalisierung der Schulen wird natürlich auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrenden weitergeführt werden müssen, die Bereitstellung von notwendigen Plattformen für Lehrende, Schülerinnen und Schüler sowie für Eltern weiter vorangetrieben werden müssen und ebenso die Weiterentwicklung des digitalen Unterrichts notwendig sein, damit die Geräte auch sinnvoll genutzt werden können.
Kollege Leinfellner hat es schon angesprochen: Die Achillesferse der digitalen Schule ist natürlich die Qualität der Internetanbindung. Was in den Städten kein Problem ist, wird in den ländlichen Gebieten oft zu einem großen Hemmschuh. Bezüglich Breitbandausbau müssen wir mit Sonntagsreden aufhören und wirklich dafür sorgen, dass es auch am flachen Land klar besser wird. Österreich ist dabei im europäischen Vergleich gar nicht gut und befindet sich eher auf den hinteren Plätzen.
Gerade die Coronakrise hat gezeigt, wie wertvoll und wichtig eine gute Anbindung ans digitale Netz ist, und das keineswegs nur in Bezug auf die digitale Schule. Ich habe es in diesem Haus schon einmal gesagt: Die Chancen und Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, dürfen nicht von der Postleitzahl abhängen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
14.42
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Frau Vorsitzende! Hohes Haus! Herr Bundesrat Lackner hat betont, dass es sich hier um einen Meilenstein handelt; Frau Bundesrätin Hahn hat gesagt, es ist ein kleiner Schritt. Das parteipolitische Sein bestimmt offensichtlich auch das Bewusstsein. Macht nichts! (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Ich möchte dennoch Ihre Fragen gerne beantworten, Frau Hahn, wenn Sie daran interessiert sind. (Bundesrätin Hahn: Ja!)
Was soll passieren, wenn Schüler die Schule wechseln? – Kein Problem! Die Software, die verwendet wird, ist immer eine browserbasierte Software, die auf all den Geräten, die zur Verfügung stehen können, auch läuft. Das wird also nicht zu einem Umtausch führen, da muss nicht eine zwanghafte Umtypisierung notwendig sein, sondern die Browsersoftware läuft überall. Darauf wurde auch bei der Entwicklung geachtet.
Der Selbstbehalt wird kritisiert – das habe ich mir hier notiert –, auch von Kollegen Leinfellner. Um das noch einmal klarzustellen: Es handelt sich dabei um Geräte, die auch aufgrund der großen Losgröße günstig eingekauft werden. Sagen wir, sie kosten 400 Euro für eine vierjährige Nutzungszeit, dann sind es gleichsam 100 Euro pro Jahr, und daraus ergibt sich mit den 25 Prozent Selbstbehalt ein privat zu finanzierender Anteil von 25 Euro pro Jahr. Man kann natürlich der Meinung sein, 25 Euro sind auch noch zu viel, aber mit dieser Meinung werden Sie wahrscheinlich keine Mehrheit zusammenbringen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) – Frau Hahn, ganz ruhig, ich gebe Ihnen schon die Antworten! (Heiterkeit bei der ÖVP.)
25 Euro pro Jahr sind aus zwei Gründen eine vernünftige Regelung: Erstens gibt es soziale Tatbestände, die befreiend wirken – Herr Lackner hat es angedeutet –, und zwar eine ganze Liste. Zweitens geht das Gerät in das Eigentum des Nutzers über. Das ist eine wirkliche Okkasion, für einen privaten Nutzungsanteil von 25 Euro pro Jahr ein ordentliches Gerät in das Eigentum zu bekommen. Also ein besseres Geschäft, glaube ich, kann man gar nicht machen.
Sie haben auch die Remote Control, die Frage von First- and Second-Level-Control, Second Service, auch die Frage von WLAN in der Familie angesprochen: Wir sprechen jetzt aber über WLAN in der Gemeinde. Damit haben Sie auch etwas Richtiges angesprochen. Natürlich sind die Gemeinden als Schulerhalter gefordert – gar keine Frage. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Ich muss Ihnen auch sagen, ich habe bei der Formulierung dieses Gesetzes großen Wert darauf gelegt, dass es bei dieser wichtigen bildungspolitischen Ausgabe und Investition nicht zu einem föderalen Hickhack kommt. Die Geräte stehen Bundesschulen, Landesschulen, Bundesschülern, Landesschülern, allen zur Verfügung – keine föderalen Grabenkämpfe bei einer so wichtigen Sache!
Es muss aber erlaubt sein, zu fordern, dass die Gemeinden etwas dafür tun. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Und wenn die Gemeinden sagen: Wir sind für alles zu arm!, dann müssen wir halt beim nächsten Mal über den Finanzausgleich reden, denn es kann ja nicht sein, dass der Finanzausgleich fließt, wie er fließt, und die Gemeinden nichts machen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Sehr gut! – Ruf bei der ÖVP: Da kriegt aber Wien weniger!)
Herr Leinfellner, ich wollte noch etwas zu Ihnen anmerken: Versicherungskonzepte werden eingeholt und den Elternvereinen zur Verfügung gestellt, die dann das günstigste Modell auswählen können. Herr Leinfellner, das Zweite: Wir verlangen so etwas wie ein rudimentäres Digitalisierungskonzept. Konzept klingt eh nach zu viel, wir wollen einfach wissen: Liebe Schule, möchtest du sinnvollerweise digitale Endgeräte im Unterricht einsetzen oder nicht? – Das ist im Wesentlichen die Frage, die wir an die Schulen richten,
weil ich verhindern möchte, dass sozusagen vom Bund aus, vom Minoritenplatz aus Geräte in das Land verteilt werden, und das Land und die Gemeinden wollen das gar nicht. Dann hat es überhaupt keinen Sinn.
Wir wollen also ein Bekenntnis dazu: Wir werden es einsetzen, wir werden auch entsprechende Lehrer und Lehrerinnen in die Weiterbildung bringen, wir werden das Digitale im Unterricht betonen! – Mehr ist nicht verlangt, aber wollen müssen es die Schulen, denn sonst hat es – und das weiß ich schon – keinen Sinn, dann bleibt es unausgepackt in irgendeinem Lagerraum liegen.
Ich glaube, ich schließe mich Bundesrat Lackner an, es ist ein Meilenstein, und ich bedanke mich schon jetzt für eine breite Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.47
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. Ich ersuche alle Bundesrätinnen und Bundesräte, ihre Plätze einzunehmen.
Ich ersuche nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (922/A und 597 d.B. sowie 10470/BR d.B.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Bernhard Hirczy. – Herr Bundesrat, ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Bernhard Hirczy: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird.
Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Doris Berger-Grabner. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.
Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause vor den Bildschirmen! Das Studienförderungsgesetz ist relativ schnell erklärt: Es ist eine gute, eine wichtige Sache, die im Nationalrat und auch bei uns im Ausschuss allgemeine Zustimmung fand.
Worum geht es? – Es geht im Wesentlichen um die Anhebung der Zuverdienstgrenze bei der Studienbeihilfe von 10 000 auf 15 000 Euro im Jahr, auch rückwirkend, analog zur Familienbeihilfe.
Wir haben ja bereits im Herbst die Zuverdienstgrenze für den Bezug von Familienbeihilfe von 12 000 Euro auf 15 000 Euro pro Jahr angehoben. Diesen Gleichklang, der immer zwischen diesen Zuverdienstgrenzen für den Bezug von Familienbeihilfe und Studienbeihilfe geherrscht hat, wollen wir auch heute hier wiederherstellen. Das ist ein sehr wichtiges Anliegen, und ich sage Ihnen auch, warum: Rund 70 Prozent aller Studierenden gehen neben dem Studium arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Ein Viertel der arbeitenden Studenten geht bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten und 11 Prozent sogar bis zu 35 Stunden pro Woche. Viele gehen arbeiten, weil sie Berufserfahrung sammeln wollen, aber viele auch, weil sie von diesem Einkommen finanziell abhängig sind.
Wir sehen an den Fachhochschulen, dass viele Studierende den Bachelor noch im Vollzeitstudium beginnen, aber dann sehr häufig in die berufsbegleitende Form wechseln. Wir sehen generell einen sehr hohen Anstieg an berufsbegleitend Studierenden.
Was noch hinzukommt, ist: Wir schreiben an der Fachhochschule immer wieder attraktive Studierendenjobs aus, doch diese Stellen bleiben häufig unbesetzt. Als Begründung hören wir sehr oft, wenn Studierende diese Jobs annähmen, dann würden sie über diese Zuverdienstgrenze kommen.
Wir haben im Ausschuss auch den Einwand gehört, dass es zu wenige dieser Studierendenjobs gibt. Ich sage Ihnen: Diese Befürchtung ist nicht berechtigt. Wenn Sie beispielsweise eine Suchmaschine, eine Plattform wie karriere.at hernehmen und dort bei der Suche Teilzeit oder geringfügig und als Ort Wien eingeben und die Suche starten – ich sage es Ihnen, um Zeit zu sparen –, kommen Sie auf 635 tagesaktuelle Studierendenjobs.
Deshalb ist mein Fazit: Mit diesem Gesetz wird das Beihilfensystem weiter an die Bedürfnisse unserer Studierenden angepasst. Das ist gut so, und daher hoffe ich auch im Bundesrat auf breite Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.52
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Bettina Anna Lancaster. – Bitte schön, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen vor Ort und via Livestream! Inhaltlich hat Kollegin Berger-Grabner bereits erläutert, worum es sich bei der Novelle des Studienförderungsgesetzes handelt. Zusammengefasst: Es soll die Zuverdienstgrenze von 10 000 Euro auf 15 000 Euro angehoben werden.
Wir fordern schon lange eine umfassende Reform des Studienförderungsgesetzes, diese Novelle ist ein erster Schritt. Wir begrüßen diesen und werden auch zustimmen, ich muss aber darauf hinweisen, dass es sich dabei um einen Baustein handelt. Eine umfassende Reform ist immer noch ausständig.
Die Novelle kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem viele Studierende enormen finanziellen Herausforderungen ausgesetzt sind. Wir leben in einer Situation, in der viele Menschen arbeitslos oder in Kurzarbeit sind. Viele typische Studentenjobs, wie etwa in der Gastronomie, sind durch die Krise verloren gegangen.
Die Möglichkeiten des Zuerwerbs waren im Jahr 2020 sehr eingeschränkt. Es wird wahrscheinlich eine Zeit lang dauern, bis sich die Lage wieder entspannt und die Studierenden Nutzen aus dieser Novelle ziehen können.
Es gibt Studierende, die ihren gesamten Lebensunterhalt oder zumindest einen großen Teil davon selbst stemmen müssen, jene Jungen, die aus wirtschaftlich benachteiligten Verhältnissen stammen, die Stipendien beziehen und ihren Lebensunterhalt über Zuverdienste selbst erwirtschaften. Diese jungen Menschen fanden schon immer schwierige Bedingungen vor. Sie brauchen unsere Wertschätzung, und jetzt in der Krise bedarf es eben auch der finanziellen Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Studierenden brauchen eine direkte Unterstützung, denn viele können nichts mehr dazuverdienen. Für viele Studierende ist beziehungsweise war das Einkommen aus dem Zuverdienst essenziell, um die Lebenshaltungskosten bestreiten zu können. Ein Großteil der Fixkosten der Studierenden läuft weiter. Darüber hinaus können auch noch Kosten für Distancelearning anfallen.
Der Regierungsblick auf die Studierenden scheint ein sehr elitärer zu sein, die Lebensrealitäten vieler Studierender werden dabei ausgeblendet. Viele Bevölkerungsgruppen erhalten in dieser schweren Zeit zu Recht Unterstützung, aber für Studierende gibt es nichts.
In der Gruppe der einfach geringfügig Beschäftigten finden sich viele Studierende, aber gerade die einfach Geringfügigen erhalten keine Unterstützung. Ist deren Einkommen zu gering, um Beachtung zu finden? Was für die einen vernachlässigbare Peanuts sind, ist für die anderen entscheidend, um über die Runden zu kommen. So schaut’s aus! Als Sozialdemokratin sind mir solche Ungerechtigkeiten ein Gräuel, und deshalb betone ich: Einfach geringfügig Beschäftigte brauchen eine Ausfallsentschädigung, ob aus dem Härtefallfonds oder einem anderen Fonds, ist Nebensache.
Herr Minister! Sie sind gerade im Begriff, eine UG-Novelle auf den Weg zu bringen. Auf den ersten Blick sieht es aus, als bauten Sie für Studierende weitere Hürden auf dem Weg zum akademischen Abschluss auf. Erbringt man die vorgeschriebenen ECTS-Punkte nicht, fliegt man. Wie sehr kann man eigentlich den Druck auf Studierende noch erhöhen? Erweitern Sie bitte Ihren Blickwinkel! Es gibt nicht nur privilegierte Studierende, die wohlbehütet und finanziell gut abgesichert ihren vorgegebenen Bildungsweg absolvieren. (Beifall bei der SPÖ.)
Zurzeit ist es noch möglich, dass es auch Kinder aus wirtschaftlich schwächeren Haushalten an die Uni schaffen. Als Sozialdemokratin setze ich mich mit aller Kraft dafür ein, dass das auch weiterhin so bleibt. Neue Hürden für dazuverdienende Studierende beziehungsweise für Studierende mit Betreuungspflichten lehne ich kategorisch ab; anderenfalls wird das Risiko erhöht, dass gerade die wenig Privilegierten zu Studienabbrechern werden, und dies nicht aufgrund mangelnder Fähigkeiten oder fehlender Leistungsbereitschaft, sondern aufgrund von Zusatzbelastungen für diese Gruppe. Herr Minister, damit richten Sie nicht nur bei den betroffenen leidtragenden Studierenden Schaden an, sondern Sie vergeuden auch Potenzial. (Beifall bei der SPÖ.)
Grundsätzlich: An Universitäten muss Platz sein für selbstständig kritisch denkende Charaktere, die vielleicht etwas länger brauchen und auch in andere Fachbereiche hineinschauen wollen. Eine Reduktion auf das Einsammeln von ECTS-Punkten ist, finde ich, für eine akademische Ausbildung zu wenig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.58
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kollegen hier im Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es wurde schon alles gesagt, jedoch noch nicht von jedem – aber ich wiederhole jetzt nicht alles. (Bundesrätin Zwazl: Danke!)
Ich nutze aber die Gelegenheit und möchte kurz etwas anderes ansprechen. (Bundesrätin Zwazl: Das ist ein Fehler!) Ich habe einmal in einer Rede ganz kurz etwas angesprochen, als Sie nicht mehr da waren, Herr Minister, aber es ist um Sie gegangen: Ich möchte Ihnen hier noch einmal danken, und zwar dafür, dass Sie einer der wenigen Minister sind, der immer dasitzt, aufpasst, zuhört, antwortet, wirklich mitschreibt, die Sachen mitnimmt.
Wir müssen nicht immer einer Meinung sein, aber ich möchte mich wirklich aufrichtig für die Wertschätzung bedanken, die Sie uns entgegenbringen. Es wäre schön – weil gerade der nächste Minister hereinkommt –, wenn vielleicht der nächste Minister, der kommt, genauso agieren würde wie Sie. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)
14.59
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Ich begrüße sehr herzlich Herrn Bundesminister für Finanzen, Mag. Gernot Blümel, der am Eingang steht und beim nächsten Tagesordnungspunkt auf der Regierungsbank Platz nehmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute eine sehr schöne Verbesserung für die Studierenden und vor allem für jene, die dazuverdienen – oder eigentlich muss man ja sagen, dazuverdienen müssen. Worum es im Detail geht, wiederhole ich nicht, Frau Berger-Grabner hat es ausführlich erklärt. Bisher war es so, dass rund 3 000 Studierende von Rückzahlungen betroffen waren, das wird sich jetzt mit dieser Anpassung zumindest halbieren. (Vizepräsidentin Grossmann übernimmt den Vorsitz.)
Ich möchte doch noch auf einen Aspekt eingehen, den ich sozialpolitisch für sehr wichtig halte: In die Berechnung der Studienbeihilfe fließt ja auch das Einkommen der Eltern mit ein, das heißt, diese ist vom Prinzip her schon für Studierende, die im Hintergrund keine finanzkräftigen Eltern haben, die ohne Studienbeihilfe einfach nicht studieren könnten, konzipiert. Somit ist die Studienbeihilfe unerlässlich für eine Durchlässigkeit des Bildungssystems, wenn das leider auch noch nicht so gut funktioniert, das wissen wir alle. Der Anteil Studierender aus Familien mit niedrigen abgeschlossenen Ausbildungen und niedrigem Einkommen ist immer noch sehr, sehr gering.
Ich weiß aus eigener Erfahrung sehr gut, wovon ich rede. Auch ich komme aus einer – wie man so sagt – einfachen Arbeiterfamilie, noch dazu auf dem Land, noch dazu mit einem Vater, der migriert ist, kriegsbedingt keine Ausbildung machen konnte; wir mussten auf einem materiellen Niveau leben, das man sich heute wahrscheinlich gar nicht mehr vorstellen kann. Ohne den Ausbau des Sozialstaates, wie auch dem damit verbundenen freien Zugang zu Universitäten, wäre meine Ausbildung sicher nicht möglich gewesen. Allein die Schulbuchfinanzierung wäre für die Möglichkeiten meiner Eltern wahrscheinlich ein Grenzfall gewesen. Meine Eltern hätten mein Studium gerne unterstützt, aber es war einfach nicht möglich. Ohne Studienbeihilfe wäre für mich sicher kein Studium möglich gewesen. Man stelle sich nur (erheitert) das vergeudete Talent vor! – Das war Selbstironie. (Heiterkeit des Bundesrates Bernard.)
Die staatliche Unterstützung war eine wichtige Basis, aber sie hat nicht gereicht, um die Lebenshaltungskosten zu decken, ein Zusatzverdienst – sprich arbeiten neben dem Studium – war für mich, wie für viele andere, notwendig.
Die Studierenden, über die wir da sprechen, sind zumindest doppelt belastet: Sie müssten einerseits zügig studieren, um den Anspruch auf Studienbeihilfe nicht zu verlieren – dafür gibt es ja durchaus ambitionierte Anforderungen, maximal ein Toleranzsemester
und so, das ist in technischen Studien zum Beispiel schon heftig –, gleichzeitig müssen sie einer Erwerbsarbeit nachgehen.
Es sind, wie gesagt, Studierende, die nicht auf materielle Ressourcen der Eltern zurückgreifen können, und damit aus meiner Sicht wirklich Leistungsträger und Leistungsträgerinnen im besten Sinne. Schön, dass ihnen das Leben mit dem heutigen Beschluss etwas erleichtert werden kann. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
15.03
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein! – Ich warte, bis das geschehen ist.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020) (249 d.B. und 486 d.B. sowie 10499/BR d.B.)
17. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds (465 d.B. und 489 d.B. sowie 10500/BR d.B.)
18. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll (355 d.B. und 490 d.B. sowie 10501/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 16 bis 18, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatterin zu diesen Punkten ist Frau Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs. – Frau Kollegin, ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020).
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds.
Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll.
Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Beim Tagesordnungspunkt 17 handelt es sich um ein Bundesgesetz, mit welchem die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds, dem IWF, geregelt werden sollten.
Die Neuen Kreditvereinbarungen sehen eine Aufstockung von 1 Prozent des bisherigen Kreditrahmens auf 3,64 Milliarden Euro vor, das entspricht einer Anhebung in der Höhe von 36,98 Millionen Euro.
Daraus entsteht für Österreich aber kaum eine Veränderung, weil nach den geltenden Gesetzen die Nationalbank auch jetzt schon in der Lage gewesen ist, 3,6 Milliarden Euro an Sonderziehungsrechten zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Gesetz wird die Oesterreichische Nationalbank von der Republik Österreich ermächtigt, dem Internationalen Währungsfonds Sonderziehungsrechte von maximal 3,64 Milliarden Euro einzuräumen.
Mangels Mehrheit konnten im Oktober 2019 die Quoten des IWF nicht erhöht werden, und es bestand die Gefahr, dass die finanziellen Mittel erheblich sinken. Daraufhin haben sich die teilnehmenden Mitgliedstaaten dahin gehend geeinigt, die Mittel, die Sonderziehungsrechte, zu verdoppeln. Die adaptierten neuen Kreditvereinbarungen sollen planmäßig mit 1. Jänner 2021 in Kraft treten, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser Zeitplan, etwa durch Verzögerungen bei nationalen Verfahren, nicht eingehalten werden kann.
Der Internationale Währungsfonds wird durch die Verdoppelung der Sonderziehungsrechte in die gute und komfortable Lage versetzt, dort, wo es notwendig ist, zu helfen.
Der IWF ist eine zentrale Säule der internationalen Finanzstruktur. Wenn ein Mitglied in Zahlungsschwierigkeiten gerät, dann können unter festgelegten Auflagen befristete Kredite vergeben werden. Denken wir zum Beispiel an Griechenland oder denken wir auch an die Covid-19-Krise! Da kann Österreich einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des globalen Finanzstabilisierungsnetzes leisten.
Abschließend noch eine kurze Bemerkung zu Tagesordnungspunkt 18, das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Argentinischen Republik und Österreich betreffend: Argentinien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in Lateinamerika. Deshalb ist es für die österreichische Wirtschaft von enormem Vorteil und von großer Wichtigkeit, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen werden konnte.
Alle drei Tagesordnungspunkte, die Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020, die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds sowie das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Argentinischen Republik, welche wir unter einem verhandeln, wurden im Finanzausschuss einstimmig beschlossen, und ich ersuche Sie namens meiner Fraktion, auch hier im Plenum zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
15.13
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Herrn Bundesrat Ingo Appé um seinen Redebeitrag ersuchen. – Bitte.
Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Frau Kollegin Mattersberger hat diese drei Gesetzesmaterien eigentlich schon sehr gut umrissen und erklärt. In Anbetracht der umfangreichen Tagesordnung möchte ich Sie nicht damit belasten, das Ganze zu wiederholen. Ich möchte lediglich festhalten, dass die sozialdemokratische Bundesratsfraktion in allen drei Punkten die Zustimmung erteilt, und ich hoffe, damit etwas zu einem beschleunigten Ablauf der Sitzung beigetragen zu haben. (Beifall und Bravorufe bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)
15.14
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nun ersuche ich Herrn Bundesrat Mag. Dr. Michael Schilchegger um seinen Redebeitrag. – Bitte.
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Bevor ich zu meinen Worten in dieser Sache komme, lassen Sie mich ganz kurz – sonst hätte ich nämlich eine Berichtigung machen müssen – auf den Einwand einer Vorrednerin eingehen, und zwar in Bezug auf die Covid-Maßnahmen. Ich habe ja gesagt, dass dieser Ausnahmezustand endlich beendet werden soll, und dann wurde mir beziehungsweise der ganzen freiheitlichen Fraktion vorgeworfen, wir würden nicht einmal das Wesen einer Exponentialfunktion verstehen. Dazu muss ich ganz kurz sagen, dass wir sehr wohl das Wesen einer Exponentialfunktion verstehen. Wir verstehen auch Statistiken, aber wir lesen sie nicht einfach nur, sondern wir verstehen es auch, einen Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität zu machen. Wir verstehen vor allem auch Begriffe wie Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit, die aus der Grundrechtsprüfung stammen. (Beifall bei der FPÖ.)
Und, meine Damen und Herren, wir verstehen auch weitere Dinge, wie zum Beispiel, dass es unsinnig ist, Gesunde zu testen und Kranke mit Symptomen, die anrufen und sich bei der Hotline melden, nicht zu testen. Die werden dann tagelang hingehalten, denen wird dann gesagt: Ja, Sie haben eh nur Schnupfen! – Wir verstehen auch, dass es unsinnig ist, Herr Finanzminister, dass man Millionen und Abermillionen Euro österreichisches Steuergeld für Massentests ausgibt, an denen dann weniger als ein Viertel der
gesamten Bevölkerung teilnimmt. Von all jenen, die teilgenommen haben, waren dann insgesamt nur bei 0,1 bis 0,4 Prozent die Tests positiv. Lesen Sie bitte die „Salzburger Nachrichten“! Das war also ein Reinfall und eine Steuergeldverschwendung, und gegen diesen Coronawahnsinn sprechen wir Freiheitlichen uns aus, deswegen sind wir auch für die Aufhebung des Ausnahmezustandes. (Beifall bei der FPÖ.)
Zur Sache selbst: Ich habe mir da ein bissel was notiert, aber ich muss ganz ehrlich gestehen: Meine Vorredner haben alles gesagt. Wir stimmen dem Gesetzespaket zu. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)
15.16
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Ja, wunderbar, ich werde es auch ganz kurz machen, weil schon sehr viel gesagt wurde. Ganz kurz möchte ich noch zum Doppelbesteuerungsabkommen etwas sagen. – Guten Tag, Herr Minister!
Es ist vor allem ein Gesetz, das Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder betrifft und der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrates bedarf. Das freut mich besonders. Mit diesem Abkommen werden zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, also Steuerverkürzung und -umgehung nach OECD-Standards, umgesetzt. Sie haben das Ziel, Strukturen aufzubauen, die eine doppelte Besteuerung verhindern. Das ist wichtig für die wirtschaftlichen Verflechtungen und den Wirtschaftsstandort Österreich. Sie haben auch das Ziel, steuerliche Transparenz zu fördern und Nichtbesteuerung durch die Einführung von Amtshilfebestimmungen zu verhindern. Das ist immer ein guter Schritt gegen Steuerhinterziehung.
Spannend wäre aber – deswegen bin ich hier ans Rednerpult gekommen; es wurde in der WFA erwähnt –, Studien in Auftrag zu geben, die das Ausmaß der Gewinnverlagerung zwischen Österreich und Argentinien einschätzen, um entsprechende Maßnahmen zur Eindämmung von Steuerflucht setzen zu können. Das wäre sehr begrüßenswert. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
15.17
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nun liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Ich bitte alle BundesrätInnen, ihre Plätze einzunehmen. Die Debatte war sehr kurz, da dürften einige die Zeit übersehen haben.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend eine Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein
Handzeichen. – Auch das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll.
Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch da stelle ich die Stimmeinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch da stelle ich die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (1109/A und 492 d.B. sowie 10460/BR d.B. und 10502/BR d.B.)
20. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden (COVID-19-Transparenzgesetz) (468 d.B. und 488 d.B. sowie 10503/BR d.B.)
21. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden (1112/A und 491 d.B. sowie 10461/BR d.B. und 10504/BR d.B.)
22. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden (1111/A und 493 d.B. sowie 10505/BR d.B.)
23. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (1110/A und 494 d.B. sowie 10506/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 19 bis 23, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu diesen Punkten ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Ich bitte um die Berichte, Herr Kollege.
Berichterstatter Otto Auer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden.
Den Bericht haben Sie erhalten, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich komme zu Tagesordnungspunkt 20: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden.
Den Bericht haben Sie ebenfalls erhalten, ich komme daher zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Tagesordnungspunkt 21: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Tagesordnungspunkt 22: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden.
Sie haben den Bericht erhalten.
Der Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.
Tagesordnungspunkt 23: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden.
Den Bericht haben Sie erhalten.
Der Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Hohes Präsidium! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich darf mich in meinem Redebeitrag auf die Tagesordnungspunkte 19 bis 23 beziehen, unter denen eine große Zahl an Änderungen und ein neues Gesetz beschlossen werden sollen. Geschuldet ist die Notwendigkeit in großen Abschnitten natürlich der nach wie vor sehr angespannten Situation, der Verlängerung der Maßnahmen zum Infektionsschutz und der damit einhergehenden dringend notwendigen Hilfen für die Wirtschaft.
Es ist ein breites Spektrum, und ich will mit dem beginnen, zu dem wir unsere Zustimmung geben: Wir werden Tagesordnungspunkt 20 zustimmen, einem Gesetz, das das COVID-19-Fondsgesetz, das Härtefallfondsgesetz und weitere Gesetze abändert, da es damit zu einer Erhöhung der Transparenz durch die erweiterten Berichtspflichten über den Krisenbewältigungsfonds, den Härtefallfonds, den Non-Profit-Organisationen-Hilfsfonds und von AMS-Maßnahmen kommt, was zu begrüßen ist.
Auch das unter Tagesordnungspunkt 21 angesiedelte Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden, findet unsere Zustimmung. Es verankert die Verlängerung der Möglichkeit von Haftungen nach dem KMU-Förderungsgesetz und dem Garantiegesetz.
Schwerer wird es dann aber schon bei den anderen Gesetzesänderungen. Ich möchte gleich anfangs auch dazu sagen, dass es eigentlich nirgends eine inhaltliche Begutachtung gegeben hat. Der Beschluss betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden, zielt ja auf Ökologisierung ab. Nur: Wo ist sie, die Ökologisierung dieser Steuerreform? – Ein großer Wurf ist das bestimmt nicht. Ja, es bleibt die Begünstigung des Jobtickets, aber das Monatsticket kommt erst ab 1.7.2021 hinein. Die NoVA für die großen, spritfressenden SUVs kommt erst ab 1.7.2021, dafür werden die Klein-Lkws von Kleinunternehmen NoVA-pflichtig. Das Dieselprivileg wird nicht abgeschafft. Es werden nicht einmal Zahlen über die zu erwartenden Steuereinnahmen und die zu erwartende CO2-Reduktion vorgelegt.
Wenigstens wurde mit dem Elektrizitätsabgabegesetz erreicht, dass die Bahn von der Energieabgabe befreit wurde – ein umweltfreundliches öffentliches Verkehrsmittel, das den Strom selbst erzeugt –, aber die Wiener Linien fallen durch den Rost. (Rufe bei der ÖVP: Oh ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Ja, ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Dort gibt es ganz viele Nutzer im öffentlichen Bereich, und irgendwie ist das sehr halbherzig.
Besonders schwierig wird es aber bei den vielen anderen Gesetzesänderungen. Auch da gibt es keine Zahlen über die steuerlichen Auswirkungen; diese konnten nicht vorgelegt werden. Mit der Änderung des Einkommensteuergesetzes fällt jetzt zum Beispiel auch die Verpflichtung der Lohnsteuerverrechnung für ausländische Dienstgeber, die im Inland keine Betriebsstätte haben, aber sehr wohl inländische Dienstnehmer beschäftigen, stattdessen kam die irgendwie seltsam anmutende Freiwilligkeit für die Lohnsteuereinbehaltung und -abfuhr.
Im Umsatzsteuergesetz ist die Änderung für Kleinstreparaturen – eine Reduktion auf 10 Prozent Umsatzsteuer – enthalten, aber irgendwie hätte es da wohl auch ein bisschen mehr geben können. Das würde nicht schaden und sollte gerade den Grünen wichtig sein, denn schließlich ist Reparieren ressourcenschonend und damit umweltschonend. (Beifall bei der SPÖ.)
Natürlich ist es sinnvoll und angebracht, die Umsatzsteuersenkung für den Bereich der Gastronomie und der Kultur bis Ende 2021 zu verlängern. Diese Branche befindet sich ja sowieso auf einer Hochschaubahn, wobei sie das Hoch heuer ganz selten erreicht hat. Im ersten Lockdown war es ganz, ganz schwer, im zweiten Lockdown gab es wieder ein Betretungsverbot, wenn auch mit entsprechendem Umsatzersatz, der auch die Verluste aus dem ersten Lockdown Gott sei Dank ein bisschen entschädigt.
Was ist aber mit den anderen? Was ist mit der ganzen Zulieferwirtschaft? Was ist mit dem Konditor, der kein Betretungsverbot hat, aber auch keine Kunden, weil die Gastronomie und die Hotellerie wegfallen? Was ist mit den Putzereien, die sich zum Beispiel auf Gastronomie- und Hotelleriewäsche spezialisiert haben? Die haben zwar kein Betretungsverbot, aber auch keine Kunden. Die bekommen einfach wie so viele andere, die das betrifft, viel zu wenig.
In der ersten Welle kam die Unterstützung zu spät. In der zweiten, jetzt, frage ich mich, wie treffsicher sie ist. Wir wissen, dass der Nichtlebensmittelhandel einen enormen Umsatzeinbruch erfährt, allein in den letzten beiden Monaten betrug dieser 14,7 Prozent. Wir wissen, dass 6 500 Handelsbetriebe akut insolvenzgefährdet sind, und das betrifft sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Diese Regierung heftete sich immer auf die Fahnen und trägt vor sich das Mantra her: Wir müssen um jedes Unternehmen kämpfen! – Die Unternehmen kämpfen selbst, gemeinsam mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, und sie kämpfen hart. Sie müssen nur treffsicher unterstützt werden. Man muss ihnen unter die Arme greifen, und zwar nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch mit Handwerkszeug.
Ich muss es noch einmal sagen: Das Kaufhaus Österreich war es einfach nicht. 620 000 Euro Steuergeld sind dafür investiert worden, aber Furore macht es nicht, außer bei Sendungen wie „Hoppala“ oder „Pleiten, Pech und Pannen“. Aber was passiert jetzt? Schreiben wir das ab? Tun wir so, als ob nichts gewesen wäre? Das kann es ja wirklich nicht sein! Das Geld ist jetzt einfach pfutsch! Oder gibt es ein Konzept dafür, wie es weitergeht, wie man es verbessert, was man daraus macht?
Wie es aber auf keinen Fall geht, ist, dass diese Unternehmen, die jeden Tag kämpfen, die ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen behalten wollen, die vielen KMUs und EPUs, die in absehbarer Zeit wieder die gestundeten Abgaben und Steuern zu begleichen haben werden, vor den Kopf gestoßen werden, indem ein Konzern wie Novomatic 2,4 Millionen Euro Umsatzersatz kassiert. Der Eigentümer von Novomatic ist einer der
reichsten Österreicher. Das Glücksspiel ist, glaube ich, ein sehr einträgliches Geschäft auf dem Rücken der Menschen – und da fließt das Geld hin? Andere nehmen Kurzarbeit in Anspruch und schütten sich dann selbst Dividenden aus, die vielen HeldInnen des Alltags, die so gefeiert und beklatscht wurden, warten aber noch immer auf den Coronatausender. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Arbeitslosen müssen sich noch immer mit einer Nettoersatzrate von 55 Prozent durchkämpfen, und das in einer Zeit, in der die Arbeitslosenzahlen so hoch sind, dass die Jobaussichten wahrlich nicht gut sind. Amazon macht den dreifachen Umsatz und unsere Buchhändler durften sich dann über die Gnade, ein paar Hundert Euro zu erhalten, freuen. Treffsicher und fair ist das nicht.
Dann kommt das Gesetz, wonach die Förderungen des Bundes an ein steuerliches Wohlverhalten geknüpft sind. Also steuerliches Wohlverhalten – halbherzig oder aber mit viel Herz für eine ganz kleine, erlesene Gruppe, möchte ich da sagen! Die SPÖ hat von Beginn an gefordert, dass Förderungen an die Erhaltung von Arbeitsplätzen und die ordentliche Steuerabgabe gebunden sind.
Was bedeutet für diese Regierung steuerliches Wohlverhalten? Dass man nach wie vor eine Tochterfirma in einer Steueroase haben darf, nur selbst dort seinen Sitz nicht haben sollte, um trotzdem Förderungen zu bekommen? Dass es einen Freibetrag von 100 000 Euro gibt, um den man die Bemessungsgrundlage kürzen darf, und trotzdem Förderungen bekommt? Da muss sich jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin, jeder EPUler vorgeführt vorkommen!
Dann bleibt noch immer die Frage: Wer zahlt die Krise? Wieder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die EPUler, die KMUs, die Pensionistinnen und Pensionisten? Soll der Pensionsraub weitergehen, nach der Streichung der Hacklerregelung, nach der Kürzung der Pensionen?! Alle sollen zahlen, nur nicht die Reichen?! Besser die Kluft zwischen Arm und Reich noch größer werden lassen?!
Immer wieder hat die Regierung in teuer bezahlten Werbeeinschaltungen die Menschen zu Solidarität aufgerufen. Jetzt ist es definitiv an der Zeit, diese Solidarität von den Reichsten einzufordern, von jenen, die auch von der Krise profitiert haben.
Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der BundesrätInnen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gerechte Krisenbewältigung und -finanzierung sicherzustellen und folgende Punkte zur Umsetzung zu bringen:
1. Die Einführung einer Solidarabgabe für Onlinekonzerne wie Amazon und für Millionäre zur Finanzierung der Kosten der Krise ist sicherzustellen.
2. Die Überförderungen mittels Umsatzersatz etwa bei Luxushotels für nicht verkauften Champagner oder bei Glücksspielunternehmen für Wetteinsätze sind einzustellen. Die dadurch freiwerdenden Budgetmittel sind stattdessen armutsgefährdeten und arbeitslosen Menschen (Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70%) zur Verfügung zu stellen.
3. Es braucht wirksame Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die indirekt hart von den Lockdowns betroffen sind (vom Taxigewerbe bis zu Kultur-Veranstaltern).
4. Die Wirtschaftshilfen sind an ein umfassendes Dividendenverbot (rückwirkend und für die Zukunft) sowie eine umfassende Arbeitsplatzgarantie zu koppeln.
5. Die Kürzungen der Pensionen für alle künftigen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Arbeitsjahren sind zurückzunehmen.“
*****
Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
15.37
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesrätinnen und Bundesräten Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Ich darf nun die nächste Rednerin, Frau Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs, aufrufen. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Unter den vorliegenden Tagesordnungspunkten 19 bis 23 werden zahlreiche Gesetze angepasst beziehungsweise geändert. Ich möchte nachfolgend auf einige Punkte näher eingehen.
Im Rahmen der Anpassungen, die durch das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz erfolgen, kommt es unter anderem zur Umsatzsteuersenkung auf einige Reparaturleistungen. Es geht dabei um Reparaturleistungen einschließlich Ausbesserungs- und Änderungsarbeiten betreffend Fahrräder, Schuhe, Lederwaren, Kleidung oder Haushaltswäsche.
Ich finde, diese Umsatzsteuersenkung ist eine sehr gute Maßnahme, denn das leider weitverbreitete Konzept vom Wegwerfen und Neukaufen ist meiner Meinung nach weder ökologisch noch wirtschaftlich vertretbar. Bei einer Reparatur hingegen werden Ressourcen geschont und die heimische Wirtschaft unterstützt. Mit genau solchen Schritten kommen wir weg von der Wegwerfgesellschaft und näher hin zu einem nachhaltigeren Lebensstil.
Weiters wird der Umsatzsteuersatz auf Menstruationsartikel gesenkt. Das ist erfreulich, da es den Frauen Österreichs eine spürbare finanzielle Erleichterung verschafft. (Kopfschütteln der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Außerdem wird durch den ermäßigten Steuersatz endlich dem Fakt Genüge getan, dass Hygieneartikel dieser Art für Frauen kein Luxus sind und deren Gebrauch zum Alltag dazugehört.
Es ist außerdem erfreulich, dass die Mehrwertsteuersenkung auf 5 Prozent für besonders betroffene Branchen wie zum Beispiel die Gastronomie oder den Kulturbereich bis Ende 2021 verlängert wird.
Eine weitere wichtige Gesetzesanpassung kommt auch jenen Unternehmen in Österreich zugute, die unter der Coronapandemie sehr stark leiden: Es geht um die Einführung des Covid-19-Ratenzahlungsmodells für gestundete Abgaben. Dabei können die von der aktuellen Krise betroffenen Unternehmen ihre Abgabenrückstände an den Staat in Raten verteilt über drei Jahre zurückzahlen. Das unterstützt insbesondere die Unternehmen, die momentan besonders unter der wirtschaftlichen Situation leiden, und ermöglicht ihnen, ihre Schulden an den Fiskus in Raten zurückzuzahlen. Das soll die Zahlungsfähigkeit fördern und weitere Konkurse abwehren. Diese Maßnahme dient somit auch dem Erhalt von Arbeitsplätzen, was gerade in der aktuellen Situation sehr wichtig ist.
Das KMU-Förderungsgesetz sowie das Garantiegesetz werden ebenfalls angepasst. Dabei kommt es vor allem zu Änderungen, durch die die Reisebüros unterstützt werden sollen. Die Reiseveranstalterbranche ist einer jener Wirtschaftszweige, die am meisten unter der momentanen Coronapandemie leiden. In Österreich arbeiten in dieser Branche rund 10 000 Menschen, und es ist wichtig, dass wir auch deren Arbeitsplätze bestmöglich absichern. Die österreichischen Reiseveranstalter bedürfen daher unserer vollen Unterstützung.
Bisher hat es einen großen globalen Reiseversicherer gegeben: Das war der in Deutschland ansässige Versicherer HDI Global. Dieses Unternehmen hat sich nun per 1. Dezember 2020 aus dem weltweiten Versicherungsmarkt zurückgezogen. Davon sind auch die Reiseveranstalter in Österreich betroffen. Da der Versicherungsmarkt derzeit nicht bereit ist, dieses Risiko für die Branche zu übernehmen, sieht diese gegenständliche Gesetzesvorlage nun vor, dass der österreichische Staat ein vorübergehendes System anbietet, um die Reiseveranstalter zu unterstützen. Mit dieser Maßnahme wird für eine zeitlich befristete Überbrückung die Grundlage für eine Insolvenzabsicherung über die ÖHT, die Österreichische Hotel- und Tourismusbank, geschaffen.
Ohne diesen Insolvenzschutz für Kundengelder dürften die Reiseveranstalter keine Pauschalreisen mehr anbieten, weil die EU-Pauschalreiserichtlinie den vollen Insolvenzschutz vorsieht. Aus diesem Grund ist diese Maßnahme besonders wichtig und daher zu begrüßen.
Die gegenständlichen Gesetzesvorlagen der Tagesordnungspunkte 19 bis 23 liegen zwar inhaltlich teilweise weit auseinander, aber sie alle haben denselben Zweck: Österreich gut durch diese Pandemie zu begleiten und fit für die Zukunft zu machen. Ich unterstütze diese Maßnahmen und werde daher diesen Gesetzesvorlagen meine Zustimmung erteilen.
Ich bringe nun noch einen Antrag zu Tagesordnungspunkt 22 ein:
Antrag
der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu TOP 22, Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden“
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“
*****
(Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
15.43
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung zum Verhandlungsgegenstand eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Ich darf nun Herrn Bundesrat Josef Ofner um seine Ausführungen bitten.
15.44
Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen! Verehrte Zuhörer und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Mit den aktuellen Tagesordnungspunkten liegt eine Reihe von Gesetzen und Verhandlungsgegenständen vor, anhand derer wieder einmal die Doppelbödigkeit dieser Regierung aufgezeigt wird, denn in diesen Gesetzen kommt ganz deutlich zum Ausdruck, dass die Steuerzahler unseres Landes inmitten der Krise weiterhin massiv belastet werden. Ich werde mich den einzelnen Bereichen zuwenden.
Dem Punkt, dass es nunmehr zu Fristverlängerungen im Bereich der Steuergesetze kommt und kommen muss, werden wir hier unsere Zustimmung geben. Die Regierung und auch Sie als Finanzminister haben es den Betrieben ja unmöglich gemacht, entsprechende Umsätze zu erzielen, um die Steuerzahlungen leisten zu können. Daher war es von Beginn der Krise an unser Ansatz, dass es auch temporäre Steuerbefreiungen geben muss, nachdem Sie den Betrieben mit der Aushebelung des Epidemiegesetzes ohnehin den Rechtsanspruch genommen haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, dies muss man vor allem unter dem Gesichtspunkt betrachten – und auch da haben wir wieder einmal recht behalten, weil wir vorausblickend gesehen haben, was heute Realität ist –, dass die Steuerstundungen für diese Betriebe keine Hilfe sind, sondern mit den zunehmenden Umsatzeinbußen zu einer immer größer werdenden Belastung werden. Sie verkaufen nunmehr die implementierten Verlängerungen im KMU-Förderungsgesetz oder im Garantiegesetz als große Hilfestellungen und Entlastung, obwohl sie nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein sind, weil Sie gleichzeitig mit der Erhöhung der Normverbrauchsabgabe, der NoVA, den kleinen und mittleren Betrieben einen finanziellen Faustschlag ins Gesicht versetzen – aber nicht nur ihnen: Direkt und indirekt davon betroffen werden die gesamte Bevölkerung und vor allem die Familien sein.
Sie haben nämlich auch die Familienautos ins Visier genommen und geben gerade jenen Familien, die eigentlich am meisten Unterstützung in dieser Krise brauchen – denn viele stehen durch Ihre verantwortungslose Politik ohnehin vor den Trümmern ihrer Existenz –, auf gut Kärntnerisch eine weitere Watschen, indem Sie die NoVA auf Familienautos erhöhen, wie beispielsweise bei einem VW Sharan bis ins Jahr 2024 auf rund 6 500 Euro verdoppeln oder bei einem Škoda Octavia bis 2024 verfünffachen. Da können wir wieder einmal sagen: danke dieser Bundesregierung, danke Ihnen als Finanzminister, denn es werden die Familien und die Bevölkerung sein, die im Endeffekt auch die NoVA-Erhöhung für die Betriebe zu tragen haben werden.
Mit dieser Kritik, Herr Finanzminister, sind wir nicht alleine, denn diese Kritik teilt auch der ÖAMTC mit uns – und der ÖAMTC ist wirklich keine Vorfeldorganisation der FPÖ, sondern der ÖVP. (Zwischenruf des Bundesrates Seeber.) Es ist schon interessant, dass Sie sagen: Nein, die Familien sind nicht betroffen und eigentlich sind ja gar nicht so viele Autos betroffen!, während der ÖAMTC sagt: Rund die Hälfte der Neufahrzeuge ist von dieser Steuererhöhung betroffen. Natürlich regen sich da Unmut und Kritik, die wir selbstverständlich nachvollziehen können. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist klar, dass die Betriebe in dieser schwierigen Zeit nicht auch noch die Kosten dieser Mehrbelastung übernehmen, sondern dass sie sie auf die Kunden abwälzen werden; die Experten gehen in den nächsten fünf Jahren von einer Zusatzbelastung von circa 1,2 Milliarden Euro für die Betriebe aus. Das ist der ÖVP aber völlig egal – es geht ja nur um die Betriebe und um die Familien, und für die haben Sie sowieso nichts übrig, die qualifizieren Sie als Untertanen ab, das zeigen Sie ihnen tagtäglich mit Ihrer Zwangs- und Verbotsregierungspolitik.
So, meine Damen und Herren, kommen die Grünen jetzt zu einem verfrühten Weihnachtsgeschenk. Diese Gesetzesvorlage wird ohne Begutachtung in einem Husch-
Pfusch-Verfahren durchgepeitscht, damit das immer schwächer werdende Herz der grünen Basis mit dem Regierungsdefi (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) ein bisschen Leben eingepustet bekommt. (Beifall bei der FPÖ.)
Leider ist dabei darauf vergessen worden, dass es nicht nur Herz, sondern auch Hirn braucht. Diese Maßnahme hat nicht einmal etwas mit ökologischer Nachhaltigkeit zu tun, denn auch Experten sagen, dass die Zahl der Neuwagenankäufe abnehmen wird, und das heißt, dass mit den bereits vorhandenen Autos länger gefahren wird und es daher auch zu höheren Emissionen kommt.
Noch ein generelles Wort zur Thematik: Ich weiß schon, dass ich hier den Zentralisierungsjüngern und Messiasverehrern gegenüberstehe, aber vielleicht ist Ihrem verklärten Realitätsbild noch nicht ganz entschwunden, dass wir nicht in ganz Österreich ein ausgebautes U-Bahn-System haben, dass wir nicht überall Straßenbahnen haben und dass es nicht allen Österreicherinnen und Österreichern möglich ist, mit dem E-Bike zur Arbeit zu radeln oder E-Autos zu fahren. Nein, wir haben auch periphere Gebiete, wir haben ländliche Bereiche, wo natürlich jeder auf ein Auto angewiesen ist, um die täglichen Anforderungen bewerkstelligen zu können. Und ja, es ist nun einmal auch so, dass das öffentliche Verkehrsnetz mancherorts zu wünschen übrig lässt. Das wäre vielleicht ein durchaus dringliches Betätigungsfeld für die zuständige Frau Ministerin, bevor sie der öffentlichen Wahrnehmung komplett entschwindet.
Dasselbe gilt auch für dieses steuerliche Wohlverhalten, denn auch da sind Sie wieder einmal auf der falschen Seite. Sie sind auf der Seite der Steuersünder und nicht auf jener der Steuerzahler. Wenn es möglich gemacht werden soll, dass Rückzahlungsverpflichtungen von gewährten Förderungen nur innerhalb von fünf Jahren erwirkt werden können beziehungsweise dieses Gesetz auf Förderungen, die bis zum Jahr 2020 ausbezahlt wurden, hinsichtlich einer möglichen Rückzahlung nicht zutrifft, dann stellt sich für mich schon die Frage nach dem tatsächlichen Hintergrund dieser Formulierung. Vielleicht, Herr Minister, haben Sie eine Antwort darauf, das wäre interessant, denn im Ausschuss haben Ihre Experten darauf keine zufriedenstellende Antwort geben können beziehungsweise auch keine Antwort darauf gehabt.
Es wäre schon interessant, wie viele österreichische Unternehmen davon überhaupt betroffen sind, und es wäre auch interessant, welche Unternehmen ab dem 1.1.2021 aufgrund dieses Gesetzes vielleicht Förderungen, die sie vorher bekommen haben, jetzt nicht mehr bekommen würden. Das wäre eine interessante Frage, und die Antwort darauf wäre noch interessanter.
Nicht zuletzt aus dem Aspekt heraus werden wir natürlich auch dem Transparenzgesetz und der darin enthaltenen Ausdehnung der Berichtspflichten unsere Zustimmung geben, weil ich glaube, dass es einfach notwendig ist, dass wir hier umfassend aufgeklärt werden, dass es nicht immer solche Gesetze und solche Änderungen geben kann, bei denen dann im Endeffekt nicht einmal die Experten sagen können, was der politische Wille dahinter ist. Ich möchte Ihnen ja nichts unterstellen, aber wir hätten natürlich schon Überlegungen dazu, warum Sie das machen.
Im Ausschuss hat sich auch gezeigt – und das ist ganz interessant –, dass vor allem die ÖVP sehr viele offene Fragen zu den vorliegenden Gesetzesmaterien hat. Das heißt, Sie legen uns Gesetze vor, die Sie selbst erarbeiten, haben aber dann selbst die meisten Fragen dazu. Das ist wirklich sehr interessant. Vor allem haben die Experten auch Ihre Fragen nicht beantworten können, und das ist noch interessanter. Sie haben sich da in der Regierung nicht sehr gut abgesprochen, man merkt, es knautscht halt ein bisschen.
Wir freuen uns natürlich sehr, dass es aufgrund dieser Kritik der ÖVP, vor allem auch hinsichtlich der NoVA, heute vielleicht zu einer interessanten Abstimmung kommen wird; die Hoffnung besteht zumindest. Vielleicht wird ja die ÖVP gemeinsam mit der
Opposition aus SPÖ und FPÖ und natürlich NEOS diese NoVA-Erhöhung entsprechend ablehnen. Wir freuen uns darauf, vielleicht passiert ja ein Wunder. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)
15.53
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Frau Mag. Elisabeth Kittl um Ihre Ausführungen bitten.
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Ja, ich freue mich auch. (Heiterkeit der Rednerin.)
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wo soll ich anfangen bei so vielen Grünen-Sachen? (Heiterkeit bei der FPÖ.) – Ich entschied mich als Feministin für die Reduktion der Tampon Tax – warum, das sage ich später –, und ich entschied mich natürlich auch dazu, zur NoVA etwas zu sagen.
Warum nenne ich sie so, die Tampon Tax? – Vor drei Jahren war ich im Europäischen Parlament zu Besuch bei unserer Abgeordneten Monika Vana. In Erinnerung blieb mir von diesem Besuch der eindrückliche Slogan, den sie damals gerade kreierten: „Smash the tampon tax“. Viele, viele Jahre schon fordern Grüne in ganz Europa die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Menstruationsprodukte. Die europäischen Grünen machten 2016 eine entsprechende Kampagne, und 2017 brachten die Grünen einen Antrag im Nationalrat ein. Dass letzte Woche im Nationalrat ein entsprechendes Gesetz beschlossen wurde und ich heute hier im österreichischen Parlament dazu reden darf, freut mich ungemein.
Ungerechtfertigte 20 Prozent Mehrwertsteuer werden heute noch auf Menstruationsprodukte aufgeschlagen, als wären sie Luxusgüter. Sogar Wein, Sekt, Luxushotels oder Kunstgegenstände und Antiquitäten haben geringere Mehrwertsteuersätze.
Die Periode zu haben ist nun wirklich kein Luxus. Dass wir Frauen jeden Monat Schmerzen haben, wissen auch die Männer. Was schon weniger Männer wissen, ist, dass wir Frauen uns um so einiges kümmern müssen, um den Blutfluss zu verstecken, denn das Blut ist noch immer ein oft tabuisiertes Thema. Es quält uns monatlich über viele Jahrzehnte hinweg. Ich mit meinen 47 Jahren habe schon wohl mehr als 1 500 Tage, das sind mehr als vier Jahre, geblutet. Permanent müssen wir uns mit Artikeln ausstatten, die dafür sorgen, dass es ja niemand sieht. Was es dazu alles an Produkten braucht, weiß Mann und Frau, wenn man den Badezimmerkasten aufmacht oder in eine Frauentasche schaut. Immer und überall haben wir etwas dabei.
Frauen in prekärer finanzieller Lage tun sich doppelt schwer, denn es geht um Material, das ganz nah am Körper ist, und sich qualitativ gute Produkte zu kaufen, ist immer noch für viele ein Luxus – auch nach der Senkung der Mehrwertsteuer. Daher ist es ganz selbstverständlich, dass in Sozialmärkten auch Menstruationsartikel zu finden sind. Hilfswerke rufen immer wieder dazu auf, diese Produkte zu spenden.
Alle wissen, wie teuer das ist. Da von Luxus zu sprechen, wie das die Steuer durch den Steuersatz von 20 Prozent bisher vermittelt hat, grenzte fast an Hohn. Menstruationsartikel sind kein Luxusgut, sie gehören zur Grundausstattung schlechthin, ohne sie geht es nicht. Daher ist es schon lange überfällig, den Mehrwertsteuersatz auf 10 Prozent zu senken – am 1. Jänner 2021 ist es so weit. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Nun zu den steuerlichen Klimaschutzmaßnahmen, zur NoVA: Weitere Stufen der ökosozialen Steuerreform haben wir mit der neuen Regelung der NoVA und anderen Regelungen – ich nenne sie später – genommen. Unabhängig von sonstigen Steuern und
Förderungen gilt tendenziell: Wenn das Auto einmal da ist, dann wird damit gefahren, und das bis zu 20 Jahre lang. Deshalb ist es wichtig, schon beim Kauf von Autos lenkend einzugreifen. Mit der Normverbrauchsabgabe für Neuzulassungen geschieht dies. Sie definiert einen Aufschlag auf die Umsatzsteuer und bemisst sich dabei an den CO2-Emissionswerten der Fahrzeuge. Je schmutziger der Antrieb und je höher der Preis, desto höher auch die NoVA. Trotzdem erobern SUVs und Luxuslimousinen weiter unsere Straßen. Die von uns verhandelte Reform sorgt nun dafür, dass die größten Dreckschleudern unter ihnen teurer werden. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Damit die Ökologisierung des Individualverkehrs Wirkung entfaltet, ist eine zentrale Stellschraube der CO2-Grenzwert, ab dem ein zusätzlicher Malus zu bezahlen ist. Zusätzlich muss auch die Deckelung der NoVA schrittweise angehoben werden. Bisher durfte die NoVA maximal 32 Prozent des Nettopreises betragen, und dieses Maximum wird nun bis 2024 schrittweise auf 80 Prozent erhöht. Außerdem sinkt der CO2-Freibetrag ab 2022 jährlich um 5 Gramm. Er definiert, ab welchem Schadstoffausstoß eine NoVA anfällt; gegenwärtig bei 114 Gramm CO2 pro Kilometer. Ein stetiges Absenken des CO2-Freibetrags entspricht also einem stetig wachsenden Anspruch an neue Flotten der Autoindustrie.
Die NoVA wird zudem auf alle Kraftfahrzeuge zur Personen- oder Güterbeförderung bis 3,5 Tonnen inklusive leichter Nutzfahrzeuge mit Lkw-Zulassung ausgeweitet. Das schließt ein Schlupfloch für große SUVs, Vans und Pickups, für die bisher keine NoVA fällig war.
Steuern sind ein Steuerungsinstrument der Politik, hier sind sie mit einigen vorgenommenen Gesetzesänderungen ein Lenkungsinstrument für den Klimaschutz. Es geht also darum, sich beim Kauf eines Neuwagens zu entscheiden, ob man sich ein umweltschädliches Auto kauft oder eines, das weit weniger umweltschädlich ist. Beides kann man tun, im ersteren Fall muss man durch die Erhöhung der NoVA aber mehr dafür bezahlen.
Das Fördervolumen für Elektroautos wurde für 2021 auf 40 Millionen Euro deutlich erhöht. Mit dem Malussystem der NoVA und der Förderprämie von 5 000 Euro für den Ankauf schaffen wir starke Anreize, Autos zu kaufen, die einen umweltfreundlicheren Antrieb haben. Jeder zehnte Neuwagen ist inzwischen ein E-Auto. Im November dieses Jahres wurden mehr als 2 000 Elektroautos neu angemeldet; das sind mehr als 10 Prozent aller Neuzulassungen.
Dadurch, dass der Bonus auch 2021 ausbezahlt wird, können wir mit mehr und mehr E-Autos rechnen. Das regt die Forschung in diesem Bereich an, das erhöht das Angebot, und auch die Infrastruktur muss nachziehen.
Die Gesetzesnovellen, die wir heute hoffentlich beschließen, umfassen viele weitere Änderungen für den Klimaschutz. Sie alle tragen eine grüne Handschrift und beinhalten wichtige Maßnahmen für unser Klima. Die Sachbezugsbefreiung für Öffitickets und Rad, die höhere Maut für Lkw gegen den Tanktourismus, die Verringerung der Elektrizitätsabgabe für die Bahn, das alles sind Maßnahmen, die die CO2-Belastung auf Österreichs Straßen verringern – für unsere Umwelt, für eine saubere Luft, für unsere Gesundheit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
16.00
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Herrn Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky das Wort erteilen. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher! Grundsätzlich begrüßen wir NEOS die geäußerte Intention des Antrags. Was wir aber wirklich brauchen und
was sämtliche Expertinnen und Experten und NGOs empfehlen, wäre eine echte ökologische Steuerreform, welche Arbeit deutlich entlastet und CO2-Emissionen schrittweise besteuert. Gleichzeitig muss das Förder- und Subventionssystem ökologisiert werden und müssen langfristig sämtliche kontraproduktiven Subventionen entweder komplett ökologisiert oder abgeschafft werden. Solange das nicht passiert, werden wir weder eine nennenswerte Entlastung schaffen noch unsere Klimaziele erreichen.
Aus ökologischer Sicht ist die Überarbeitung der NoVA genauso abzulehnen wie die aktuell bestehende NoVA. Mit Fokus auf die Wirksamkeit ist diese Maßnahme nämlich nur mäßig sinnvoll. Die NoVA orientiert sich bekanntlich ausschließlich am CO2-Ausstoß eines Pkws, und zwar am theoretischen CO2-Ausstoß eines Pkws, und nicht unter anderem an den bei der Produktion des Wagens verursachten Emissionen, andernfalls wären ja auch Hybrids und reine E-Autos betroffen. Sie besteuert unabhängig vom tatsächlichen Verhalten – und da hakt es nämlich insbesondere bei den Plug-in-Hybrids.
Ich selbst fahre einen Plug-in-Hybrid, ich liebe es, ihn aufzuladen, möglichst ohne Verwendung des Verbrennungsmotors zu fahren, mir gelingt das, wenn ich in der Stadt fahre, es funktioniert nicht, wenn man Überland fährt, weiter als 50 Kilometer. Und aus der Erfahrung mit Plug-in-Hybrids, vor allem mit Firmenflottenfahrzeugen, erkennt man einen sehr negativen Effekt, nämlich dass diese Leasingfahrzeuge nach einem, zwei, drei Jahren teilweise zurückgegeben werden, ohne dass sie ein einziges Mal aufgeladen worden sind. Dieses Problem, das man dadurch hat, kann man beseitigen, indem man den tatsächlichen Verbrauch von Treibstoff besteuert, indem man zum Beispiel die Mineralölsteuer erhöht, aber nicht, indem man die NoVA erhöht.
Diese Schwachstelle bestand natürlich schon bisher, durch die Novellierung wird das aber für Käufer und Händler noch attraktiver.
Ein klimaschonender Lenkungseffekt dieser Maßnahme ist daher höchst zweifelhaft, und es bleibt vor allem eine Geldbeschaffungsaktion. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
16.03
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Gernot Blümel zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Herr Minister, ich erteile Ihnen das Wort. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich habe noch gar nichts gesagt und höre schon Murren. (Heiterkeit des Redners. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Schennach: Wir haben schon geglaubt, Sie haben ein stimmliches Problem!) – Ich wollte zuerst eine Rednerrunde zu Wort kommen lassen und mich dann zu Wort melden, das gehört zum guten Ton, immerhin ist das die Plenardebatte des Bundesrates! Ich freue mich, dass ich bei Ihnen zu Gast sein und eine Stellungnahme zu den Themen abgeben darf. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Danke!)
Zunächst einmal: Ich kann vieles von dem, was gesagt worden ist, nachvollziehen. Wir alle sind in der Situation, das Jahr 2020 in vielen schwierigen Fällen erleben zu müssen, aber andererseits auch in der Situation, in diesem Jahr vielleicht sogar mehr zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher tun zu können als in normalen Jahren. Wenn es gut läuft, ist es relativ leicht, wenn es schwierig ist, kommt es darauf an, und deswegen ist es unsere Aufgabe, in diesem Jahr den Österreicherinnen und Österreichern – egal, was sie tun, egal, ob Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Unternehmerinnen, Unternehmer – so gut es geht durch diese schwierige Situation zu helfen. Das eint uns alle hier im Parlament.
Wir haben in den verschiedenen Phasen der Pandemie die verschiedensten Maßnahmen gesetzt, um gegenzusteuern. Natürlich schauen wir uns auch die Kritikpunkte, die kommen, regelmäßig an – entgegen manchen Meinungen.
Wir haben im Frühjahr die Herausforderung gehabt, dass es keine Präzedenzfälle gab. Wenn man gefragt hat: Wie geht man mit einer weltweiten Pandemie um?, hat es niemanden gegeben, der das schon einmal erlebt hatte, der das schon bewältigt hat. Es hat keine klassischen Instrumente gegeben, wo es geheißen hat: Wenn eine weltweite Pandemie kommt, tu dieses oder tu jenes! Deswegen war die Schwierigkeit sehr groß, möglichst präzise, möglichst schnell das zu tun, was auch das Richtige ist. Ich gebe zu, das hat eine Zeit lang gedauert.
Ich kann mich erinnern, bei den ersten Verhandlungen zum Thema Kurzarbeit waren die Sozialpartner und die Regierung sehr schnell der Meinung: Gut, dass wir uns auf ein noch nie da gewesenes Volumen von sage und schreibe 400 Millionen Euro für dieses Jahr geeinigt haben! Wir wissen, dass dieses Volumen bei Weitem nicht ausgereicht hat. Das beantragte Volumen betrug kurzfristig über 10 Milliarden Euro, derzeit liegt es bei über 9 Milliarden Euro, der Auszahlungsbetrag liegt bei fast 6 Milliarden Euro. Und so können Sie es de facto bei allen anderen Instrumenten auch mit durchgehen.
Wir wollten ganz zu Beginn zu 100 Prozent garantierte Kredite für die Wirtschaft zur Verfügung stellen, so wie es auch unsere Schweizer Kollegen gemacht haben. Da hat es dann geheißen, das ist laut europäischem Beihilfenrecht leider Gottes nicht möglich. Wir haben uns dennoch dafür eingesetzt, und siehe da, einige Monate, nachdem es die Schweizer gemacht haben, haben wir das Okay von der Kommission bekommen, auch das zu tun.
Wir haben daraufhin auch darum ersucht, dass das Beihilfenrecht auf europäischer Ebene temporär generell ausgesetzt wird, so wie viele andere Vorschriften – Stabilitäts- und Wachstumspakt, Verschuldungen et cetera –, aber leider Gottes ist dem bis dato nur bedingt stattgegeben worden. Sie alle haben die recht heftige Auseinandersetzung auch zwischen mir persönlich und dem Vertreter der Kommission im Herbst miterlebt. Jetzt sieht es so aus, als ob auch Deutschland zu einem ähnlichen Schluss gekommen wäre und Finanzminister Scholz und Bundesminister Altmaier – von verschiedenen politischen Fraktionen – ins selbe Horn stoßen und bei der Kommission auch genau um das ersuchen, was wir Österreicher schon seit einigen Monaten fordern, nämlich die Beihilfen flexibler zu gestalten, weil sie sehen, dass es eben derzeit nicht ausreicht.
Sie haben daher völlig recht, wenn Sie sagen: Da war von Anfang an nicht alles perfekt! Ich habe Kritik gehört, die am Anfang gelautet hat: zu wenig, zu langsam! Ich höre jetzt Kritik, die lautet: zu viel, zu pauschal! – Klar ist, dass es entweder schnell und pauschal geht oder genau und dafür ein wenig langsamer. Ein Dazwischen gibt es in vielen Bereichen kaum. Dennoch versuchen wir bei allen Kritikpunkten, die an uns herangetragen werden, bei den Tausenden Rückmeldungen, die wir von Unternehmern und Arbeitnehmern bekommen, herauszufiltern, was davon wirklich zu einer Verbesserung beitragen kann und wo es einfach verständliche, aber dennoch sachlich nicht immer hundertprozentig gerechtfertigte Emotion gibt, die eben dazu führt, dass immer wieder breit darüber diskutiert wird.
Wir werden diese Situation noch einige Zeit haben. Wir haben zwar das Licht am Ende des Tunnels mit der Impfung, mit dem Impfstoff, der in einer Rekordzeit entwickelt worden ist, aber dennoch sind wir mitten in einer globalen Wirtschaftskrise.
Ich darf gerade mit Blick auf die Impfung auch eine Lanze für die globalisierte Zusammenarbeit in der Wissenschaft brechen. Es ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit, dass es innerhalb eines Jahres über die Wissenschaft ermöglicht wird, eine Pandemie auf Sicht zu beenden. Das ist ein Sieg der globalisierten Wissenschaft. Ein deutsches
Unternehmen, gegründet von türkischen Migranten, hat gemeinsam mit einem amerikanischen Konzern unter der Leitung eines griechischen CEO innerhalb eines Jahres einen Impfstoff gegen eine Krankheit gefunden, der funktioniert. Das gibt uns Hoffnung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)
Dennoch wird uns die Pandemie noch eine Zeit lang begleiten.
Wir haben uns die verschiedensten Einschätzungen der Experten angesehen. Auch in Brüssel spricht man mittlerweile davon, dass eine dritte Welle kommen wird und diese dritte Welle vielleicht noch heftiger als die zweite Welle wird. Die Frage ist also: Wie gehen wir in den nächsten Monaten mit diesem Virus um? (Bundesrätin Steiner-Wieser: Alles aufmachen!) Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die alle ausprobiert worden sind – von der Idee, nur ja nicht zu viel zuzusperren, wie dies in manchen Ländern, zum Beispiel in Schweden oder Großbritannien, zu Beginn versucht worden ist, bis hin zu vielen harten Lockdowns.
Wir wissen heute, dass weder das eine noch das andere Modell ein Allheilmittel darstellt. Länder wie Schweden beispielsweise gehen jetzt sukzessive dazu über, härtere Maßnahmen, härtere Schließungen zu vollziehen, weil die Zahl der Toten mittlerweile einfach nicht mehr verkraftbar ist. Andere Länder – schauen wir unser südliches Nachbarland Slowenien an! – haben seit sechs Wochen einen harten Lockdown, und die Infektionszahlen explodieren, weil sich die Menschen im privaten Bereich schlicht und ergreifend nicht mehr an die Maßnahmen halten und nicht mitmachen. – Es gibt also keine pauschale Lösung.
Ich plädiere dafür, die Errungenschaften, die wir in über 250 Jahren Aufklärung erreicht haben, auch zu nutzen, nämlich den wissenschaftlichen Fortschritt. Wir haben jetzt die Möglichkeit, sehr schnell funktionierende Tests flächendeckend durchzuführen und dadurch viele Infektionsketten zu unterbrechen. Ich weiß schon, es ist unangenehm, sich testen zu lassen. Es ist vielleicht auch unangenehm, am Wochenende einmal aufzustehen und zu einer Gratisteststraße zu gehen. Ich verstehe das alles, aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte es uns doch wert sein, wenn wir damit vielleicht einen dritten Lockdown vermeiden können. Es ist sowohl wirtschaftspolitisch als auch gesundheitspolitisch das gelindeste Mittel, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)
Wir haben in dieser Pandemie bereits viel Geld lockergemacht, um Arbeitsplätze zu retten und Unternehmen durch diese Krise zu bringen. Wir haben insgesamt fast 29 Milliarden Euro rechtsverbindlich zugesagt oder bereits ausgegeben. Viele sagen, es ist zu viel. Ich glaube, es ist richtig, möglichst viele Unternehmen und viele Arbeitsplätze durch diese Krise zu bringen und zu retten. Je mehr Unternehmen und Arbeitsplätze am Ende dieser Krise noch da sind, desto schneller kommen wir wieder in die Wachstumsphase und desto schneller werden wir es auch schaffen, den Schuldenberg ohne neue Steuern, sondern aufgrund von Wachstum zu reduzieren. (Bundesrat Steiner: Und was ist mit der NoVA, Herr Minister?)
Deswegen zahlt sich diese Politik aus, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Gibt es zur NoVA auch ein Wort?) – Sehr gerne (Bundesrat Steiner: Bitte! – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann): Es wird wohl niemanden überraschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir Dinge, die wir im Regierungsprogramm vereinbart haben, auch umsetzen. (Bundesrat Steiner: Da bin ich gespannt! Bei der Sicherungshaft bin ich gespannt!) Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Maßnahmen, die im Regierungsprogramm stehen, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen. – Bundesrat Steiner: Ich werde Sie daran erinnern, wenn es um die Sicherungshaft geht! – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)
Laut einer Analyse des Internationalen Währungsfonds ist Österreich eines jener Länder, die in dieser Krise am meisten budgetwirksame Maßnahmen gesetzt und damit auch entsprechend viel bewegt haben. Die verschiedensten Gesetzesvorlagen, die wir heute diskutieren, sollen auch weiterhin dazu beitragen, in dieser Krise die Probleme zu lindern. Das reicht von einer Senkung der Umsatzsteuer für Gastronomie, Hotellerie und Kultur bis Ende des kommenden Jahres über viele Steuerbegünstigungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis hin zu einer Verlängerung der Möglichkeit, die Abgaben bis in den März des kommenden Jahres zu stunden.
Wir wissen, dass die Maßnahmen der Bundesregierung gewirkt haben, da wir im Jahr 2020 um circa 40 Prozent weniger Insolvenzen als in Vergleichszeiträumen haben – 40 Prozent weniger. (Bundesrat Steiner: Weil es nur Stundungen gibt!) – Nein (Bundesrat Steiner: So was sagt der Finanzminister! Das ist doch peinlich! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Bundesrätin Schumann: Das ist extrem ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner), durch die verschiedensten Maßnahmen: durch Stundungen, durch das Aussetzen von Anzeigepflichten, durch Liquiditätsspritzen, durch Garantien. Verfolgen Sie bitte einfach die Medien, lesen Sie ein bisschen mehr als ausschließlich auf Ihrem Laptop, dann sehen Sie vielleicht, was wir alles getan haben und welche Maßnahmen gegriffen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Damit Unternehmen die gestundeten Steuern und Abgaben möglichst gut zurückzahlen können, haben wir in ihrem Interesse auch eine neue Art der Rückzahlung beschlossen: Statt innerhalb eines Jahres kann die Rückzahlung innerhalb von drei Jahren mit einem verringerten Zinssatz von 2 Prozent über dem Basiszinssatz anstatt von 4,5 Prozent über dem Basiszinssatz erfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese Maßnahmen, um Österreich besser durch die Krise zu bekommen, möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern und Unternehmen zu retten, können sich sehen lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
16.14
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nun wird Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger zu uns sprechen. – Bitte, Frau Kollegin.
Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Wir, das Parlament, und die Bundesregierung haben in den vergangenen zehn Monaten der Covid-19-Pandemie sehr viele, sehr gute und sehr wirksame Hilfsinstrumente für Familien, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und natürlich auch für die Wirtschaftstreibenden, also für alle Lebenswelten, auf den Weg gebracht.
In den verschiedensten Themenbereichen erforderte und erfordert die Coronapandemie ein besonders rasches Vorgehen der Bundesregierung, um die negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung beziehungsweise auf die Gesamtwirtschaft möglichst gering zu halten. Durch die Auszahlung beziehungsweise Zusage von mehr als 28 Milliarden Euro konnten viele Betriebe in der Krise vor der sicheren Pleite bewahrt werden, und Arbeitsplätze konnten gerettet werden.
Die heutigen Tagesordnungspunkte 19 bis 23, welche unter einem verhandelt werden, befassen sich vielfach in irgendeiner Form mit Covid-19. Mit Tagesordnungspunkt 20, dem Covid-19-Transparenzgesetz, erfolgen Gesetzesänderungen, deren Zweck es ist, die Transparenz weiter zu erhöhen und auszubauen. Zurzeit hat das Finanzministerium die Berichtspflicht über die Covid-19-Unterstützungsmaßnahmen. Diese Berichtspflicht soll jetzt auf die einzelnen zuständigen BundesministerInnen übergehen. Diese umfangreiche Änderung ist im Sinne der Transparenz ein ganz wichtiger und sinnvoller Schritt.
Das Anhalten der Pandemie und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft sowie auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer machen es notwendig, dass steuerliche Erleichterungen und Förderungen, welche zum 31.12.2020 auslaufen würden, mit Tagesordnungspunkt 19, dem Covid-19-Steuermaßnahmengesetz, bis zum 31. März 2021 und teilweise auch bis Dezember 2021 verlängert werden. Da meine Kollegin Schwarz-Fuchs schon sehr viele Punkte ausgeführt hat und auch der Herr Minister schon vieles erläutert hat (Bundesrat Steiner: Er hat gar nichts gesagt! Er hat zum Gesetz gar nichts gesagt!), erspare ich mir weitere Aufzählungen. (Bundesrat Steiner: Weil dir nichts einfällt, Frau Kollegin! – Ruf bei der FPÖ: Richtig!)
Ich erspare mir, auf die Opposition mit ihrem: zu wenig!, zu viel!, zu groß!, zu schwer!, zu ich weiß nicht, was alles!, einzugehen. Jetzt sage ich euch einmal etwas: Ihr fordert alles (Bundesrat Steiner: Richtig!) und springt seit Monaten in sämtlichen Räumen des Parlaments ohne Masken herum, jetzt seid ihr auch noch gegen die Impfung. (Bundesrat Steiner: Richtig!) Ihr müsst den Menschen einmal erklären, was ihr überhaupt wollt. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Haben wir schon!)
Herr Steiner, ich diskutiere nicht mit Ihnen, ich bin jetzt dran. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Wenn ihr draußen mit den Masken auch so fleißig wärt, wie hier herinnen! – Vizepräsidentin Grossmann gibt das Glockenzeichen.) Sie können dann hergehen und alles wieder bestreiten, schlechtmachen und trotzdem niemanden schützen, der in Ihrer Nähe ist. (Bundesrat Steiner: Vor was denn?) – Na, vor was denn?! (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrat Steiner: Vor mir? Muss ich vor mir die Leute schützen? – Bundesrätin Schumann: Das ist ja Kapfenberg gegen Simmering! – Bundesrat Schennach: Osttirol gegen Nordtirol!)
Auf alle Fälle Ihnen und Ihrem Team, Herr Finanzminister, ein herzliches Dankeschön für die unablässige Weiterentwicklung der unterschiedlichen Hilfsinstrumente. Mit den verschiedenen Hilfsmaßnahmen wird geschaut, dass alle Menschen in allen Lebenswelten gut durch die Krise kommen. Meine Damen und Herren, alle zeitlichen Anpassungen für Steuererleichterungen, aber auch alle neuen Maßnahmen, die wir heute beschließen, dienen dem Überleben und der Stärkung der Wirtschaft und schlussendlich der Sicherung der Arbeitsplätze in dieser überaus schwierigen Zeit. (Die Rednerin räuspert sich, woraufhin ihr Vizepräsidentin Grossmann ein Glas Wasser reicht. – Ruf: Gin Tonic? – Heiterkeit der Bundesräte Steiner, Ofner und Spanring.) – Ja, sogar das ist lustig, gell? (Bundesrat Steiner: Also der ... hat jetzt gut funktioniert!)
Ich bringe jetzt noch folgenden Antrag ein:
Antrag
der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden“
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“
*****
Stimmen Sie den zu beschließenden Gesetzen zu! – Vielen Dank und frohe Weihnachten! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
16.21
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung
eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden“, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Ich darf nun Herrn Bundesrat Horst Schachner ans Rednerpult bitten.
Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuschauer zu Hause vor den Fernsehern! Das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz verbirgt vieles. Wir haben es hier im Wesentlichen mit Coronahilfen und Maßnahmen, die der Wirtschaft helfen, zu tun. Ich halte es für gut, dass erstmals Steuerflucht und Steuerhinterziehung mancher Firmen angegangen werden und diese Praktiken bestraft werden. Allerdings ist da noch viel Luft nach oben, und die Regelungen sind deutlich zu verschärfen, wenn dieser löbliche Ansatz der Belohnung des steuerlichen Wohlverhaltens ernst gemeint ist. Insgesamt muss gesagt werden, dass Hilfen für Betriebe wichtig und gut sind, aber ebenso wichtig ist natürlich die Treffsicherheit, sodass die vielen Milliarden an Steuergeldern bei den Richtigen ankommen. Wenn man liest, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein Glücksspielkonzern 2,4 Millionen Euro alleine an Umsatzersatz erhalten hat, muss man sagen, dass das keine Treffsicherheit ist – ganz sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Verschiedene andere Wirtschaftsbereiche wie Taxiunternehmen oder Kulturveranstalter schauen bisher durch die Finger, hätten sich aber eine Unterstützung viel eher verdient als ein Spielcasino. Treffsicherheit und Gerechtigkeit sind auch dann nicht gegeben, wenn einige Betriebe massiv überfördert werden und andere Krisenverlierer am und unter dem Existenzminimum überleben müssen. Ich spreche da von den vielen, vielen Arbeitslosen, die durch die Coronakrise ihre Arbeit verloren haben. Diese Menschen können in der Zeitung von geretteten Glücksspielcafés lesen und müssen selbst mit der Hälfte von dem, was sie vor der Krise verdient haben, auskommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn man sich anschaut, dass Lebensmittel – das ist gerade jetzt reingekommen – im heurigen Jahr um insgesamt 2,7 Prozent teurer geworden sind – zum Beispiel Obst um 6 Prozent, Fleisch um 3,2 Prozent –, kann sich jeder vorstellen – ich habe es wirklich schon oft gesagt –, wie es Menschen geht, die ihre Arbeit verloren haben und mit 50 Prozent des Einkommens auskommen müssen. Das ist ein Wahnsinn. Das ist ungerecht, und daher wiederhole ich die Forderung der Sozialdemokratischen Partei nach Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.)
Zu Treffsicherheit gehört ebenso, dass geförderte Unternehmen unsere Steuergelder nicht einfach an ihre Anteilseigner ausschütten oder etwa trotz Förderungen ArbeitnehmerInnen kündigen, daher fordern wir ein Dividendenverbot. Wenn die Firmen ihre Gesellschafter unbedingt mit fetten Auszahlungen erfreuen wollen, müssen sie eben auf Hilfe vom Staat verzichten. Gleiches gilt für die geförderten Unternehmen, die Arbeitsplätze zerstören. Auch die haben sich öffentliche Hilfen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)
Förderungen soll es nur geben, wenn eine Arbeitsplatzgarantie ausgesprochen wird, denn alles andere ist ein volkswirtschaftlicher Schaden und trifft auch die betroffenen ArbeitnehmerInnen hart. Wer ArbeitnehmerInnen kündigt, soll auch die Förderungen zurückzahlen müssen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich sage daher, es gehören die gefördert, die im Sinne unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft tätig sind, aber es soll kein Geld im Übermaß für jene geben, die es gar nicht brauchen. Viel besser wäre
es, das Geld aus den Überförderungen zu behalten, um damit die aktuellen Pensionskürzungen rückgängig zu machen und den Menschen nach 45 Versicherungsjahren eine abschlagsfreie Pension zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Leinfellner.)
Jetzt noch etwas zur Krisenfinanzierung: Es darf nicht so sein, dass nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Zeche zahlen und sich andere ins Fäustchen lachen, weil sie mit der Krise die fetten Gewinne machen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Daher fordern wir eine Solidarabgabe von denen, die ausreichend Reserven haben und von einer funktionierenden Wirtschaft und Gesellschaft ständig Millionen abschöpfen. (Bundesrat Buchmann: Sozialpartnerschaft!) – Ja, das ist so. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Daher ist es an der Zeit, dass Onlinekonzerne einen ordentlichen Beitrag leisten. Darin müssen wir uns, glaube ich, alle einig sein. Das Gleiche gilt für Multimillionäre, die sich ruhig solidarisch zeigen sollen – und manche wollen zu dem Ganzen auch etwas dazuzahlen –, wenn gleichzeitig viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Kurzarbeit mit 20 Prozent weniger Einkommen leben müssen und man, wie gesagt, bei Arbeitslosigkeit mit 50 Prozent von dem, was man vorher gehabt hat, auskommen muss.
Wer in der Krise gut verdient, soll auch seinen Solidarbeitrag leisten. Daher fordere ich die Bundesregierung ebenso auf, sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Rahmen dafür zu sorgen, dass die Pharmakonzerne jetzt nicht Riesengewinne für ihre Aktionäre einheimsen, sondern ebenfalls eine ordentliche Solidarabgabe leisten, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt noch zum letzten Punkt, Mehrwertsteuer für Reparaturen – danach bringe ich einen Entschließungsantrag ein –: Dieses Maßnahmengesetz für Reparaturen, mit dem mehr oder weniger die Mehrwertsteuer von 20 Prozent auf 10 Prozent gesenkt wird – das muss jeder für sich selber ausmachen –, habe ich mir genau angeschaut. In dem Gesetz steht, dass die Mehrwertsteuer gesenkt wird und dass das billiger werden soll, wenn man Fahrräder reparieren lässt, wenn man Schuhe, Lederwaren, Kleidung oder Haushaltswäsche reparieren lässt. Das ist für mich viel zu wenig. Ich glaube, es hätten alle Menschen etwas davon, wenn man einen Fördertopf mit dem Zweck macht, Elektrogeräte, die immer kaputt werden, schadhafte Handys, verkalkte Boiler oder Waschmaschinen, die ihren Geist aufgeben, zu reparieren. (Beifall bei der SPÖ.)
Niemand versteht, dass das nicht gefördert und unterstützt wird. Da hätten die Menschen etwas davon, da hätten die Betriebe etwas davon, da hätte auch die Umwelt etwas davon, weil vorzeitiges Wegwerfen verhindert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, daher stelle ich folgenden Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reparaturen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ergänzend zu jenen Bereichen, die von der Umsatzsteuersenkung für Reparaturleistungen erfasst sind, unverzüglich eine Reparatur-Prämie von 50% der Gesamt-Reparatursumme von maximal 600 Euro pro Person und Jahr einzuführen.“
*****
Danke. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)
16.29
Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesräten Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Reparaturen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich Herrn Bundesminister Rudolf Anschober ganz herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. – Herzlich willkommen, Herr Minister. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Nun darf ich Herrn Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross um seinen Redebeitrag ersuchen.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minister! Ich stehe nicht an, auf die umstrittene NoVA-Novelle kurz mit ein paar Argumenten einzugehen.
Wir haben gestern viel über das Klimaziel von Paris gesprochen, über die Notwendigkeit des Klimaschutzes gehört – und das eigentlich durchgängig von allen Parteien. Es ist schlichtweg eine massive Reduktion der Emissionen notwendig, um auf diesem Planeten in ein paar Jahrzehnten noch gut leben zu können. (Vizepräsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)
Schauen wir uns aber ein paar Zahlen an: Die CO2-Emissionen des Verkehrs sind gegenüber 1990 um sage und schreibe über 60 Prozent gestiegen – über 60 Prozent! Wir haben seit vielen Jahren einen Trend zu irrational großer Übermotorisierung von Autos, einen Trend zu SUVs, der nach wie vor anhält. Sogar vonseiten des Autohandels wird gesagt, dass die Durchschnittsemissionen der neu verkauften Autos in den letzten Jahren sogar zugenommen haben. Im Jahr 2019 lag der Anteil an SUVs, Geländewägen und so weiter bereits bei über 30 Prozent.
Es ist für die Debatten, die ich auch schon seit vielen Jahren führe, bezeichnend, dass es, sobald es dann mit dem Klimaschutz ernst wird und es um konkrete Maßnahmen geht, gleich ganz anders aussieht. Es kann ja nicht sein, dass man SUV-Fahren als Argument verwendet, um die Zukunft der nächsten Generation aufs Spiel zu setzen. Es geht, das möchte ich jetzt hervorheben, um soziale Gerechtigkeit. Es ist vielleicht viel zu wenig bekannt – es gibt eine Reihe von Studien dazu –, dass das Fahren von Autos in Österreich – da sind Lkw inkludiert – pro Jahr 7 Milliarden Euro an Kosten, die nicht in Steuern, Abgaben und so weiter internalisiert sind, verursacht – 7 Milliarden Euro jährlich! Darin liegt nun tatsächlich eine massive soziale Ungerechtigkeit, denn das zahlen alle, das zahlen die Kleinen, das zahlen jene, die kein Auto haben.
Kollegen von der SPÖ! 44 Prozent der Menschen im untersten Einkommensviertel – das sind wirklich viele Menschen – haben gar kein Auto (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), im obersten Viertel sind es nur noch 9 Prozent, die kein Auto besitzen. – Ich bitte, das mit zu bedenken!
Es ist nun einmal so, dass die Höhe der NoVA, die natürlich den Preis des Autos mitbestimmt – zunehmend stärker, wir haben es gehört –, eine wichtige Motivation darstellt, nämlich gleich beim Kauf von Neuwagen. Es ist wichtig, gleich beim Kauf zu entscheiden, welchen Verbrauch man später haben wird. Das ist kein Widerspruch zur verbrauchsabhängigen Abgabe, die der Kollege von den NEOS angesprochen hat. In der Praxis zeigt sich nämlich auch, dass die Benzinkosten und so weiter bei der Entscheidung über das Verhalten in der jeweiligen Situation nicht wirklich eine Rolle spielen. Die Investitionshürde am Anfang, das wissen wir, ist tatsächlich sehr, sehr relevant.
Ja, diese Fahrzeuge sollen teurer werden, ja, es geht um Lenkungseffekte, genau darum geht es: Es geht um Lenkungseffekte – hin zu kleineren Autos und zum öffentlichen Verkehr. Diese kleineren Autos gibt es auch! Diese Maßnahme soll auch den Umstieg
auf neue Antriebstechnologien beschleunigen. Das wird sie auch tun, denn wir wissen aus der Industrie und aus der Wirtschaft, dass sehr, sehr schnell auf veränderte Anforderungen reagiert wird. Dabei darf man nicht vergessen, dass es nicht um den Bestand, sondern um neu zu kaufende Autos geht. Das ist schon die richtige Lenkungswirkung – und, liebe Kollegen von der SPÖ, ich verstehe wirklich nicht, wieso ihr da nicht mitstimmt.
Es gibt eine Reihe von Befreiungen von der NoVA, was vielleicht zu wenig bekannt ist: Alle Fahrzeuge, die null Emissionen haben, E- oder Wasserstofffahrzeuge, sind davon komplett befreit. Taxis, Mietwägen beispielsweise sind komplett befreit, Fahrzeuge für behinderte Menschen sind ebenfalls von der NoVA komplett befreit.
Ich möchte noch ein Beispiel nennen: Eines der meistverkauften Autos, Škoda Octavia – das ist auch nicht gerade der kleinste Wagen, den es auf dem Markt gibt –, wird um weniger als 300 Euro teurer, und zwar nicht 2021, sondern 2023. Vergessen wir nicht – das wurde von Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, was es natürlich auch gibt, angesprochen –: Selbstverständlich bleibt die Pendlerpauschale. Beim nächsten Neukauf kann man sich sehr wohl überlegen, vielleicht auf ein kleineres Fahrzeug (Bundesrat Steiner: Was tu ich mit den Kindern? – Zwischenruf des Bundesrates Spanring) oder, wenn es so weit ist, auf ein E-Fahrzeug umzusteigen.
Das ist aber nur eine Seite der Medaille, und es ist mir jetzt sehr wichtig, dazuzusagen, dass das natürlich nicht reicht. Die zweite Seite ist, dass Mobilität leistbar bleiben und man alternative Angebote schaffen muss – das ist ja völlig klar! Ich wiederhole das, was ich zum Teil schon gestern gesagt habe: Es hat in Österreich noch nie so viel Geld für den öffentlichen Verkehr gegeben, für den Ausbau des Busverkehrs, wir haben ein Rekordbudget bei der Bahn. Wir haben ein Rekordbudget bei der Förderung des Radwegeausbaus. Wir haben ein Rekordbudget bei der Förderung von E-Mobilität, für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Wir sind in der Verhandlungsphase zu einem fantastischen österreichweiten Ticket um 1 095 Euro für das ganze Jahr weit fortgeschritten, das bedeutet um 365 Euro pro Bundesland und so weiter! Das wird fortgesetzt werden, weil es natürlich wichtig ist, Mobilität frei wählen zu können, leistbar zu halten und ökologisch abzuwickeln.
Machen Sie sich keine Sorgen! Der nächste große Reformschritt in der Ökosteuerreform, die CO2-Bepreisung, wird kommen. Finanzminister Blümel hat vorhin versprochen, dass das, was im Regierungsprogramm steht, auch umgesetzt wird. Es gibt auch einen klaren Rahmen dafür, wie das auszusehen hat; das wird kommen. Gleichwohl werden wir bis dahin Schritt für Schritt dranbleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.36
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Hübner.
Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Minister! Ich habe mich jetzt doch noch zu Wort gemeldet, weil Kollegin Mattersberger erklärt hat, dass sie mit der Opposition nicht reden will. Deshalb will ich ein bisschen mit ihr reden und sie dazu motivieren, ihrem eigenen Minister zuzuhören (Beifall bei der FPÖ), denn der Herr Minister hat heute dankenswerterweise einmal die Dinge so dargestellt, wie sie sind.
Er hat gesagt: Wir wissen nicht, was wir gegen Covid-19 tun sollen. Die Länder, die nichts getan haben, haben keinen Erfolg. Die Länder, die viel getan haben, haben keinen Erfolg, und die Länder, die einen sechswöchigen harten Lockdown haben, wie Slowenien, haben keinen Erfolg. – Ich darf dazu vielleicht noch ergänzen: Die Tschechische
Republik ist auch ein solcher Nichterfolg, trotz harten Lockdowns. Man könnte viele andere Länder nennen. Die höchsten Todeszahlen haben im Frühjahr jene Länder gehabt, die den härtesten Lockdown hatten, nämlich Frankreich, Spanien und Italien – in Österreich sind sie weit höher als in Schweden.
Richtig ist, dass Schweden ohne Maßnahmen auch nicht verschont wurde, sondern auch seine Opferzahlen hat. Was aber kann nur die Konsequenz davon sein? (Bundesminister Blümel: Testen!) Was kann die Konsequenz davon sein? (Bundesminister Blümel: Testen!)
Der Minister hat gesagt, 29 Milliarden Euro haben wir bisher ausgegeben. Haben wir diese fürs Testen ausgegeben? – Das glaube ich eher nicht. Sie haben gesagt: um die Folgen des Lockdowns und der dadurch ausgelösten Krise zu vermindern. Wenn das aber nichts nützt – wie Sie richtigerweise gesagt haben –, weder der Lockdown noch der Nichtlockdown, was werden wir dann machen? – Keinen Lockdown. Die beste Maßnahme und die beste Ankurbelung der Wirtschaft ist, mit diesen Einsperr-, Absperr- und Blockademaßnahmen aufzuhören, denn wir haben in den letzten zehn Monaten gesehen, dass sie einfach nichts bringen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Raggl.)
29 Milliarden Euro sind ja kein Klacks! Wenn Sie das in diese berühmten 30 Millionen Euro umsetzen, die uns die Abschaffung der – unter Anführungszeichen – „Hacklerpension“ kostet, dann bedeutet das, dass Sie bisher allein in diesem Jahr tausendmal mehr für die Folgen der Covid-Bekämpfung ausgegeben haben als ein Jahr Hacklerpension kostet. Da reden wir nicht über Kleinigkeiten, über Taubenfutter, sondern da reden wir über 29 Milliarden Euro! Da reden wir über ein staatliches Defizit in einer Höhe, wie es bisher in der Geschichte der Republik undenkbar gewesen ist, nämlich über ein Defizit in der Größenordnung von 30 Milliarden Euro und wahrscheinlich mehr, das wir dadurch produzieren. – Das sind also die Zahlen. Und wenn wir nun zu dieser Erkenntnis gelangt sind, die selbst unser Minister hat, nämlich dass das, was wir machen, nichts nützt, dann hören wir doch damit auf!
Ein kleines Beispiel, dann ist dieses Thema abgehakt: Brasilien hat in der ersten Jahreshälfte auch einen Lockdown gemacht – die Wirtschaft ist um 9,7 Prozent geschrumpft. Man hat im Juni damit aufgehört, und die Zahlen über das Wachstum in Brasilien im dritten Quartal können Sie nachlesen – Sie haben ja gesagt, der Kollege schaut zu viel in seinen Laptop; vielleicht ist es gut, wenn man in den Laptop schaut (Bundesrat Bernard: Der Herr Minister weiß ja, dass er keinen hat!) –: plus 7,9 Prozent Wachstum.
Schauen Sie jetzt einmal das österreichische Wachstum oder das Wachstum der Lockdownstaaten an! Es ist klar: Wenn man alles zusperrt, wenn es keine Gastronomie, keine Hotellerie gibt, wie soll sich da die Wirtschaft erholen, wie soll sie wachsen, wo sollen die Leute eingestellt werden? (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
Wie hoch die Infektionsrate ist, haben wir schon ermittelt, diese Zahl kennt auch der Minister: Sie ist in Schweden nicht höher als bei uns mit Lockdown – kaum, vielleicht ein bisschen höher. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie ist in Schweden niedriger als in Slowenien und in der Tschechischen Republik. Sie ist auch in Brasilien pro Kopf nicht höher als bei uns. – Das ist eine Sache. (Bundesrat Köck: Leichte Wahrnehmungsprobleme!)
Eine zweite Sache: Es bleibt mir nicht erspart, die NoVA noch einmal anzusprechen. Obwohl Sie unser Fraktionskollege ja dazu aufgefordert hat, sich dazu zu äußern, haben Sie es nicht getan, deshalb äußere ich mich dazu. Ich äußere mich auch zum Vorredner Gross und zu allen, die uns erklärt haben, wie ökologisch das ist. Was ist die Alternative? – Ich habe nur eines gehört: den Umstieg auf alternative Antriebsarten zu begünstigen. Was für alternative Antriebsarten gibt es? – Nur die E-Mobilität, alles andere ist ja weit von der Serienreife entfernt. Was bringt die E-Mobilität ökologisch? – Sie bringt
dann etwas, wenn man glaubt, dass der Strom aus der Steckdose kommt, und nicht weiterfragt – da gebe ich Ihnen recht. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Wenn man das aber nicht glaubt und einmal überlegt, wie denn der zusätzliche Strom erzeugt wird, sieht man viele Möglichkeiten:
Man kann neue Kohlekraftwerke errichten – das wird teilweise gemacht. Ob das ökologisch ist, wird Ihnen die Fraktion der Grünen selber beantworten.
Das Zweite ist: Man kann Atomkraftwerke errichten. Als Österreicher – mit unserer Verfassung – brauche ich mich über dieses Thema nicht weiter zu unterhalten.
Das Dritte ist: Man kann alternativ Ökostrom erzeugen. Dazu bitte ich Sie nur – viele brauche ich nicht zu bitten, weil sie ohnehin in dieser Gegend wohnen –, einen Blick auf die Gegend östlich von Wien zu werfen, darauf, was man allein mit den dort aufgestellten Windbetontürmen – Tausenden, Abertausenden – für ein landschaftliches Desaster angerichtet hat, wie man dort die Umwelt zerstört hat, was dabei an Energie, an CO2 - - (Bundesrat Schennach: Das ist doch ein schöner Anblick! – Bundesrat Preineder: Erdöltürme wären schöner? – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) – Wenn natürlich ein Konsens darüber herrscht, dass eine Landschaft durch die Aufstellung von Tausenden von Windrädern verschönert wird, dann nehme ich mein Argument zurück. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Köck: Wären Erdöltürme schöner?) Sollte diese ästhetische Ansicht noch nicht mehrheitsfähig sein, dann bleibe ich bei dem Argument. Abgesehen davon wissen wir heute aus zehnjährigen Beobachtungen, dass zumindest in Mitteleuropa die Windkrafträder in etwa so viel Energie produzieren, wie ihre Erzeugung, Entsorgung und Wartung kosten, dass also die Bilanz bei Windkraft nur geringfügig positiv ist. (Bundesrat Schreuder: Aber geh, das ist doch Quatsch!) Abgesehen davon haben wir dann in der Landschaft Betonsäulen stehen, die 3 bis 4 Meter tief im Grund verankert sind – auch deren Entfernung wird man sich irgendwann einmal überlegen müssen.
Kommen wir also zum Punkt: Wir haben keine alternative Stromerzeugung, die umweltverträglich, klimaschonend oder was auch immer ist. Das Problem ist nicht gelöst, daher ist der Umstieg auf die E-Mobilität auch keine Antwort auf unsere Fragen. Dabei gehe ich überhaupt nicht darauf ein, ob tatsächlich allein die Reduktion oder das Einbremsen des Anstieges der CO2-Produktion unser Klima rettet. (Bundesrat Gfrerer: Vorschlag!)
Deshalb ist meine Bitte an alle – ob Sie mit uns reden oder nicht –, das zu überdenken. Meine Bitte an die Regierung ist, die selbst gewonnenen Erkenntnisse über die Nützlichkeit und Nichtnützlichkeit von Lockdowns in die weiteren Maßnahmen einfließen zu lassen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Gfrerer: Vorschlag!)
16.43
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Die Plätze sind eingenommen. Die Schriftführerin und der Vorsitzende werden in den Abstimmungen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember dieses Jahres betreffend ein COVID-19-Steuermaßnahmengesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen
für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Reparaturen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember dieses Jahres betreffend ein COVID-19-Transparenzgesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenommen.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember dieses Jahres betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenommen.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember dieses Jahres betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und weitere Gesetze geändert werden.
Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden.
Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (1118/A und 561 d.B. sowie 10516/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich ersuche Sie um Ihren Bericht.
Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesrat.
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich habe bei Gesetzesänderungen dieser Bundesregierung irgendwie immer den Verdacht, dass Sie verzweifelt versuchen, Lösungen zu finden, auch wenn in Wahrheit gar keine Probleme da sind. Nach dem Motto: „... denn sie wissen nicht, was sie tun“.
Das trifft anscheinend – sage ich einmal – auf die türkisen wie auf die grünen Regierungsmitglieder gleichermaßen zu: Sie erzeugen Probleme, statt Probleme zu lösen. Sie erzeugen mit einem Gesetz einen unnötigen Verwaltungsaufwand, obwohl es wirklich wichtigere Dinge zu lösen gäbe.
Ich sage, Sie verschließen die Augen vor den wirklichen Problemen in diesem Land und auch vor den wirklichen Problemen, die es mit diesem Suchtmittelgesetz gibt.
Ihre Substitutionsprogramme lösen keine Probleme, sie schaffen Probleme. Österreich ist vermutlich das einzige Land – und Sie wissen das –, das eine Methadonunverträglichkeit hat. Für die Dealer ist es natürlich besser, weil das viel, viel teurere Substitol ein Medikament ist, mit dem es sich leichter handeln lässt. Ich weiß nicht, was sich die Regierungsparteien dabei gedacht haben. Für Suchtmitteldealer, die dieses Substitol weiterverkaufen, am besten am Wochenende, wenn sie weit höhere Preise erzielen können, ist es natürlich praktischer, Tabletten weiterzuverkaufen als das flüssige Methadon.
In der politischen Landschaft finde ich allerdings keine Erklärung dafür. Die Einzige wäre für mich: Ein ÖVP-naher ehemaliger Minister, der auch Pharmaunternehmer ist und sich auf Substitutionsprogramme oder Substitutionstherapien spezialisiert hat, könnte des Rätsels Lösung sein. Die Antwort darauf können Sie sich wahrscheinlich nur selbst geben.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es bedarf wirklich einiger Änderungen im Suchtmittelgesetz, und wenn wir uns heute schon über das Suchtmittelgesetz unterhalten, dann sollten wir uns auch über den § 13 des Suchtmittelgesetzes unterhalten, denn ich glaube, der § 13 des Suchtmittelgesetzes ist wirklich ein Freifahrtschein für viele jugendliche Suchtmittelkonsumenten. Genau da muss bei diesem Gesetz etwas geändert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe rund 20 Jahre in der Suchtmittelprävention bei der Militärpolizei gearbeitet, ich kenne die Probleme mit diesem Gesetz, und
ich sage Ihnen, genau dieser Paragraf ist es, der wertvolle Präventionsarbeit zunichtemacht.
Jeder männliche österreichische Staatsbürger, der zum Bundesheer einrückt, wird einer Präventionskontrolle durch die Militärpolizei unterzogen, und ich kann Ihnen sagen, vor 15 Jahren waren wirklich nur vereinzelt Suchtmittelkonsumenten oder vereinzelt Personen dabei, die Suchtmittel, Marihuana oder was auch immer, einmal probiert haben. Heute sind wir bei 99 Prozent der Jugendlichen, die bereits Kontakt mit Suchtmitteln hatten, rund 10 Prozent sind regelmäßige Konsumenten. Das ist eine Entwicklung in diesem Land, die meiner Meinung wirklich erschreckend ist.
Ich kann Ihnen sagen, Herr Bundesminister, was mit diesen positiv getesteten Personen beim Bundesheer passiert: Es wird ein Disziplinarverfahren vom zuständigen Einheitskommandanten oder wem auch immer eingeleitet, und der Betreffende bekommt für dieses Suchtmittelvergehen, weil er einen Befehl nicht befolgt hat, eine Disziplinarstrafe, was in Wahrheit nicht viel mehr ist als 14 Tage Fernsehverbot, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Was passiert noch? – Es wird gemäß diesem Paragrafen eine Mitteilung an die Bezirksverwaltungsbehörde geschickt; eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft sucht man allerdings vergeblich. Ich sage Ihnen, das ist etwas, was eine wesentliche und wichtige Präventionsarbeit zunichtemacht. Man schaltet eine Bezirksverwaltungsbehörde ein, aber sämtliche Suchtmitteldelinquenten beim Bundesheer werden mit ihrem Vergehen an der Staatsanwaltschaft vorbeigeführt.
Das ist ein Punkt, der wirklich einer Lösung und einer Änderung bedarf, denn das kann es in Österreich nicht geben, dass die Staatsanwaltschaft von gerichtlich strafbaren Handlungen nichts weiß. Wir haben Spezialisten und Experten in diesem Land, wir haben Militärpolizisten, die beim BMI ihre Ausbildung absolvieren, niederschriftliche Einvernahmen machen, den gesamten Schriftverkehr beherrschen und das auch machen können, aber es ist die Bundesregierung, die anscheinend nicht gewillt ist, dass diese Vergehen an die Staatsanwaltschaft weitergemeldet werden. Das ist eines dieser Probleme in diesem Suchtmittelgesetz, um die wir uns wirklich kümmern müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Ein weiteres Problem im Bereich der Suchtmittel ist ganz sicher das CBD-Problem in Österreich, das in den letzten Jahren immer mehr aufgekommen ist: Überall, an allen Ecken und Enden, sieht man diese CBD-Automaten stehen, was den Militärpolizisten und auch den Polizisten die Arbeit erheblich erschwert. Vor Ort ist für niemanden feststellbar: Handelt es sich jetzt um dieses legale CBD oder doch um illegale Suchtmittel? Es kann nicht im Interesse dieser Bundesregierung sein, dass immense Kosten für Untersuchungen, für kriminalpolizeiliche Untersuchungen entstehen, um festzustellen, ob es sich um legale oder illegale Stoffe handelt.
Ich glaube, dieses CBD ist auch etwas, das wir in unserem Österreich nicht wirklich brauchen, und auch hier bedarf es einer Entscheidung und einer Lösung. (Beifall bei der FPÖ.)
Es kann nicht sein, dass unsere rechtschaffenen Militärpolizisten und Polizisten von Verbrechern hinters Licht geführt werden, und ich sage Ihnen, Sie sind dafür verantwortlich, endlich Gesetze zu schaffen, in denen auch der klare Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, und nicht irgendwelche Placeboparagrafen in Bereichen zu beschließen, in denen es in Wahrheit gar keine Probleme gegeben hat. (Beifall bei der FPÖ.)
16.55
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Mit Ihrem Einverständnis möchte ich meine Rede jetzt wieder zum Gesetz zurückführen und keine Ausschweifung machen, ich werde mich auch entsprechend kurz halten.
Die Änderungen, die wir heute beschließen werden, sind auch im Zusammenhang mit der Covid-Situation und ergänzend zur bestehenden Gesetzeslage zu sehen. Die geltende Rechtslage sieht für den Erwerb, die Verarbeitung und den Besitz von Suchtmitteln durch das BMI und die nachgeordneten Landespolizeidirektionen für die gesetzlich vorgesehene ärztliche Betreuung von den in den polizeilichen Anhaltezentren angehaltenen Personen keine den Behörden des Strafvollzugs vergleichbare Ausnahmebestimmung vor.
Was bedeutet das übersetzt? – Wir haben im Jahr 2020 aufgrund Corona leider feststellen müssen, dass die Leute in den Schubhaftzentren länger angehalten werden als üblich. Früher war es so, dass, wenn jemand ins Schubhaftzentrum überstellt wurde, er am nächsten Tag außer Landes gebracht wurde. Jetzt sind es teilweise Aufenthalte von mehreren Monaten, und in dieser Zeit ist es natürlich extrem wichtig, dass die Menschen dort auch zu ihren Medikamenten kommen. Wenn man SMG hört, denkt man immer an Drogenersatzstoffe, aber es geht bei dem, was wir heute mitbeschließen, um Dauermedikationen, die nicht unterbrochen werden sollen. Daher ist es wichtig, dass wir für Polizeianhaltezentren jetzt analoge Regelungen für den Erwerb, die Verarbeitung und den Besitz von Suchtmitteln treffen, wie das schon seit Jahren im Strafvollzug gehandhabt wird.
Ein weiterer Punkt, der heute zu beschließen ist, ist, dass den Gebietskörperschaften der Erwerb, die Verarbeitung und der Besitz von Suchtmitteln ohne entsprechende Bewilligung ermöglicht werden soll, wenn diese für die Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben der Tierseuchenbekämpfung benötigt werden.
Die Coronapandemie macht es auch notwendig, dass der physische Kontakt im Zusammenhang mit einer Dauerverschreibung von Substitutionsprodukten durch AmtsärztInnen so weit wie möglich reduziert wird. Der im Rahmen des 2. COVID-19-Gesetzes geschaffene § 8a Abs. 1c eröffnet nun dem substituierenden Arzt/der substituierenden Ärztin unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine Substitutionsdauerverschreibung mit dem Vermerk „Vidierung nicht erforderlich“ auszustellen. Dieser Vermerk ersetzt die Vidierung durch die Amtsärztin/den Amtsarzt.
Diese Bestimmung wäre normalerweise jetzt mit 31.12.2020 außer Kraft getreten, und wir verlängern sie heute bis 30. Juni 2021. Diese Änderungen, die ich genannt habe, sind sinnvoll und notwendig, und ich ersuche um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
16.59
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Zum vorliegenden Beschluss möchte ich auch – zusätzlich zu den Ausführungen von Kollegin Hauschildt-Buschberger – die drei wesentlichen Dinge, um die es in diesem Gesetz geht, kurz erläutern.
Es gibt derzeit kaum einen Lebensbereich, der nicht von Covid betroffen ist, und dasselbe gilt auch für die Suchtmittel im humanmedizinischen Bereich und im Veterinärbereich.
Ein solcher Bereich ist die Verschreibung von Substitutionsmedikamenten in der Drogenersatztherapie. Es wurde bereits im Frühling eine Novelle beschlossen, um eine Dauerverschreibung zu ermöglichen, eben vor dem Hintergrund und mit dem Ziel, die Kontaktfrequenzen in den Ordinationen und Ambulanzen zu reduzieren und diese Risikopatienten auch vor einer Ansteckung zu schützen. Diese Regelung wird damit verlängert.
Weiters betrifft es auch, wie es die Kollegin beschrieben hat, unsere Polizeianhaltezentren, die für die Schubhaft und die Verwahrungshaft zuständig sind. Nun soll auch dort analog zum Strafvollzug ein üblicher medizinischer Standard geschaffen werden, das heißt, der Erwerb, die Verarbeitung und der Besitz von Suchtmitteln soll dort auch ohne Bewilligung gestattet sein, soweit sie zur gesetzlich vorgesehenen ärztlichen Betreuung in dieser Zeit der Schubhaft notwendig sind.
Der dritte wesentliche Punkt ist auch vor dem Hintergrund der leider immer wieder auftretenden Tierseuchen, wie zum Beispiel aktuell der Schweinepest, ein ganz wichtiger. Die Schweinepest ist eine Tierseuche bei Haus- und Wildschweinen, die in vielen europäischen Ländern, bis hin zu einigen Nachbarstaaten Österreichs, bereits ausgebrochen ist. Bei uns in Österreich ist sie Gott sei Dank noch nicht aufgetreten; dazu gibt es auch Präventionsmaßnahmen. Die Gefahr der Einschleppung ist jedoch sehr hoch. Bei Verdacht oder Feststellung der Infektion ist die Tötung der erkrankten Tiere notwendig und vorgesehen. Dabei ist eine tierschutzgerechte Tötung notwendig, zu der man sogenannte psychotrope Substanzen, also Suchtmittel, verwendet. Mit diesem Beschluss sind auch Gebietskörperschaften beziehungsweise deren Behörden, wie auch die BH, berechtigt, solche Substanzen beziehungsweise Suchtmittel ohne Bewilligung zu erwerben. Mit diesen Änderungen schaffen wir die nötigen Voraussetzungen für eine praxistauglichere Handhabung von nötigen Suchtmitteln während der Covid-Krise und darüber hinaus.
Kollege Leinfellner! Wenn hier jemand Lösungskompetenz hat, dann auch die österreichische Bundesregierung. Das möchte ich hier somit erwähnt haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
17.02
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Zaggl. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat Stefan Zaggl (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Meine zwei Vorrednerinnen haben alle drei Punkte schon ausführlich behandelt und besprochen. Es geht hier um die Verlängerung des bereits bestehenden Ablaufs.
Zum Schluss wäre es nur sinnvoll oder wünschenswert, dass die Regelung, dass ein Vermerk mit der Unterschrift der substituierenden ÄrztInnen die Vidierung durch Amtsärzte ersetzt, nicht, wie angedacht, bis 30.6.2021 befristet wird, sondern direkt ins Dauerrecht übernommen wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.03
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist damit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche, die Plätze einzunehmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird (1119/A und 562 d.B. sowie 10517/BR d.B.)
26. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Sanitätergesetz geändert werden (1120/A und 563 d.B. sowie 10471/BR d.B. und 10518/BR d.B.)
27. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird (564 d.B. sowie 10472/BR d.B. und 10519/BR d.B)
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 25 bis 27, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatterin zu diesen Punkten ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.
Tagesordnungspunkt 26: Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Sanitätergesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Tagesordnungspunkt 27: Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen abermals in schriftlicher Form vor.
Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattung.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Leider wird es jetzt nicht so schnell gehen wie bei meiner Rede zu einer der vorangehenden Debatten. Zu den drei nunmehr zur Debatte stehenden Tagesordnungspunkten möchte ich festhalten, dass die sozialdemokratische Bundesratsfraktion den Tagesordnungspunkten 25 und 27 nicht die Zustimmung erteilen wird.
Dem TOP 26 stimmen wir jedoch zu. Kernbereich dieser Gesetzesvorlage sind zusammengefasst mehr Berechtigte der Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe für Covid-19-Testungen und -Impfungen, FFP2-Gratismasken für über 65-Jährige und erweiterte Befugnisse für die Exekutive bei Kontrolltätigkeiten der Coronaauflagen.
Nur ganz kurz zu den bereits durchgeführten Massentestungen in den Bundesländern: Ich möchte es hier nicht verabsäumen, den Dank an alle Beteiligten auszusprechen, egal, ob auf Landes- oder Gemeindeebene. Alle haben dabei bewiesen, dass man in kürzester Zeit und unter Bedingungen, die sich täglich bis zum Testtag geändert haben – beziehungsweise es bestehen ja bis heute noch gar keine klaren Regelungen –, vor Ort beste Bedingungen schaffen kann, sodass diese Testungen ein voller Erfolg hätten werden können. (Beifall bei der SPÖ.)
Mein besonderer Dank gilt den Tausenden freiwilligen Einsatzkräften der Hilfsorganisationen, dem medizinischen Personal, den Feuerwehren, dem Bundesheer, den Landesbediensteten und schlussendlich allen Gemeindebediensteten und Bürgermeisterkollegen für die ausgezeichnete Arbeit in den Teststraßen. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Ofner.)
Da gestern hier im Hohen Haus im Zuge der Verhandlung des E-Government- und des Passgesetzes über die Digitalisierung für jeden gesprochen wurde und die Frau Bundesminister und auch Kollegin Schwarz-Fuchs uns erklärt haben, auch für Ältere müssten eben Schritte ins digitale Zeitalter gesetzt werden, stellt sich die Frage: Wie schaut es da in der Realität aus? Diese haben wir jetzt bei den Massentests genau gesehen. Gerade unsere älteren Mitbürger sind da mit der Digitalisierung massiv überfordert gewesen. Ich war selbst drei Tage mit 140 Helfern in unserer Teststraße tätig. Schon bei der Anmeldung im Vorfeld hat ein Großteil der Bevölkerung ein Problem gehabt, da haben wir dann telefoniert oder mit Handzetteln bei der Anmeldung natürlich ausgeholfen.
Dann ging das Problem mit der Befundung los, und zwar mit der Befundübermittlung, denn SMS war nicht SMS. Dazu kam am Samstag noch ein halber Tag Ausfall des Systems, an dem keine SMS übermittelt werden konnten.
Diese SMS waren ein Link ins Netz. Viele unseren älteren Mitbürger haben noch alte Handys ohne Internet – wieder Verunsicherung; und ja: Es gibt im ländlichen Raum noch viele Mitbürger, die nur einen Festnetzanschluss haben. Diese haben wir nach Vorliegen der Ergebnisse eben angerufen. Es sind aber nicht nur die Älteren, die dieses Problem haben. Armut ist gerade da greifbar geworden, denn neue Handys kosten oft so viel, wie manchen im Monat zum Leben bleibt.
Damit möchte ich nur zum Ausdruck bringen: Nicht alles darf nur noch digital sein; als Zusatz ja, aber es muss auch analog noch möglich sein, miteinander zu kommunizieren. Lassen wir nicht die allein, die es sich nicht leisten können oder technisch noch nicht so weit sind! (Beifall bei der SPÖ.)
Nun zurück zur Gesetzesvorlage: Bei der Änderung des Sanitätergesetzes hat man die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen, für die geplanten bevorstehenden Massenimpfungen gegen Covid-19, etwas erleichtert. Leider hat man es da verabsäumt, den Personenkreis, den man vielleicht noch brauchen wird, um die Apothekerinnen und Apotheker zu erweitern. Wie wir heute vernommen haben, finden diese Impfungen EU-weit ab 27.12. statt.
Die Gesetzeswerdung beim § 28 hat im Vorfeld viel Aufregung verursacht. Was war da geplant? – Kontrollen der Polizei im Privatraum, in unser aller Wohnungen und Häusern. Dies ist aus unserer Sicht ein absolutes No-Go. Einem solchen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte wird die SPÖ niemals zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Gott sei Dank hat die Regierung auf den Druck der Opposition reagiert und dieses Vorhaben zurückgezogen. Ja, es ist richtig, dass der grüne Abgeordnete Schallmeiner diese geplante Maßnahme mit Schalmeientönen noch schönreden wollte, mit der Begründung, dass dies so nicht beabsichtigt war. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Formulierung ist aber beileibe nicht vom Himmel in die Gesetzesvorlage gefallen. Somit lautet der Gesetzestext nunmehr explizit: „Der private Wohnbereich darf nicht betreten werden“, und dies ist gut so. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ofner.)
Nun zu den privaten Treffen: Eigentlich gilt, dass sich in Innenräumen nur sechs Erwachsene und sechs Kinder aus zwei Haushalten treffen dürfen. Auch in der eigenen Wohnung? – Nein. Streng genommen ist der private Wohnbereich nicht geregelt. Allerdings empfiehlt die Regierung dringend, sich auch dort an sämtliche Vorschriften zu halten.
Am 24. und 25. Dezember ändert sich das. Erstens dürfen sich insgesamt zehn Personen aus zehn Haushalten treffen, Kinder inklusive. Zweitens: Diese Regelung gilt auch für den privaten Wohnbereich sowie für den erweiterten Wohnbereich: Keller, Garagen, Scheunen.
Nach dem 25. Dezember gilt wieder die Sechs-plus-sechs-Regelung. – Ihr kennt euch jetzt sicher aus!
Nun zur Einreiseverordnung: Positiv ist, dass diese Bestimmungen nun gerade noch rechtzeitig vor den Reisebewegungen rund um die Weihnachtsfeiertage vorliegen, damit die Reisenden wissen, unter welchen Voraussetzungen sie die Reise antreten können. Eines darf nämlich diesmal im Dezember sicher nicht passieren: ein Chaos im Grenzmanagement beim Einreisen, wie es im Sommer dieses Jahres an den Grenzen zu Slowenien passiert ist. Wartezeiten von bis zu 12 Stunden trafen die Reisenden, aber auch die Grenzbehörden auf beiden Seiten der Grenze völlig unvorbereitet, und dann erfolgte die Schuldzuweisung an die Länder beziehungsweise Bezirksverwaltungsbehörden.
Übrigens wissen die Einsatzkräfte vor Ort noch nicht, was am Wochenende zu tun sein wird. Dass nunmehr nach einem Zeitraum von mehr als einem halben Jahr bei der Grenzabfertigung jetzt auch international bereits seit Längerem in Verwendung stehende QR-Codes zur Verwendung gebracht werden, ist keine Glanzleistung dieser Bundesregierung – aber besser jetzt als gar nicht.
Der Antrag ist leider auch diesmal verspätet eingebracht worden. Das liegt aber wahrscheinlich daran, dass am 24. Dezember noch für die Regierung überraschend vorverlegte Weihnachten stattfinden. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es ist gut, dass die Exekutive die Kontrolltätigkeit an den Grenzen nun auf einer gesetzlich geregelten Basis durchführen kann.
Eines ist klar: Es müssen auch die Gesundheitsdienste der Bezirksverwaltungsbehörden entlastet werden, denn diese sind an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangt. Doch möchte ich schon anmerken, dass auch die Exekutive mit der derzeitigen Tätigkeit an der Grenze an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen ist. Die Polizei erfüllt die ihr übertragenen Aufgaben mit größtem Einsatz und leistet grandiose Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Was aber will man der Polizei noch alles umhängen? Wie sieht bei uns der Alltag in einer Polizeiinspektion neben der täglichen Routinearbeit aus? – Schon jetzt umfasst er die Grenzsicherung gemeinsam mit dem Bundesheer, die Auslieferung der Quarantänebescheide an die Betroffenen, die Kontrolle der Quarantäneauflagen. Dazu kommen personelle Ausdünnung und Unterbesetzung schon seit Jahren. Derzeit erschwert auch noch Covid die Situation, denn das Virus macht auch vor den Polizistinnen und Polizisten nicht Halt. Nur zwei Beispiele aus der Praxis: Die Polizeiinspektion meiner Nachbargemeinde: geschlossen aufgrund massiver Covid-Erkrankungen; die Polizeiinspektion in meiner Stadt: aufgrund der Covid-bedingten Krankenstände derzeit auf die Hälfte reduziert und damit massiv unterbesetzt.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, unsere täglich im Einsatz stehenden Kräfte stehen vor dem Kollaps. Wir haben das System bereits an die Wand gefahren. Jetzt der Polizei diese alleinige Kontrolle umzuhängen, geht einfach nicht mehr! Es ist dringend erforderlich, die Assistenz des Bundesheeres heranzuziehen, denn wir können es uns wie gesagt nicht leisten, wieder Schwangere und Familien – diesmal nicht bei 30 Grad plus, sondern bei Minusgraden – im Schnee und Regen stehen zu lassen. Eines ist fix: Der 24. Dezember lässt sich nicht verschieben.
In diesem Sinne frohe Weihnachten, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Herr Bundesminister – wollte ich eigentlich sagen. Die Pleiten- und Pannenserie dieser Regierung geht aber weiter und wir sehen uns nächste Woche zum dritten Mal in diesem Monat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.17
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Keine Angst, das ist heute tatsächlich meine letzte Rede, in Zeiten von Corona muss man aber manchmal mehr tun, als normal ist.
Die Coronapandemie ist in diesem Jahr unsere ständige Begleiterin. Mit den Maßnahmen der letzten Wochen ist es uns aber gelungen, die Zahl der Neuinfektionen auf circa 2 500 zu senken. Wir sind tatsächlich aber noch ganz weit davon entfernt, wieder in unseren normalen Alltag zurückzukehren.
Heute diskutieren wir erneut Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie, und ich denke, es ist uns allen bewusst, dass es einen sehr sorgsamen Umgang damit braucht, insbesondere wenn es um Eingriffe in unsere Grundrechte geht. Die vorliegenden Anträge schaffen die gesetzliche Grundlage für verschiedene Maßnahmen, die in den nächsten Wochen und Monaten noch notwendig sein werden.
So werden die Berufsangehörigen jener Gesundheitsberufe, die nicht ohnedies aufgrund ihres Berufsrechtes beziehungsweise ihrer Tätigkeitsberechtigung über eine entsprechende Befugnis verfügen, im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie nach ärztlicher Anordnung, Aufsicht und Schulung zur Abstrichnahme aus Rachen und Nase ermächtigt. Dadurch wird sichergestellt, dass die geplante verstärkte Teststrategie auch umgesetzt werden kann.
Auch der Versand von FFP2-Masken an Personen über 65 Jahre erfordert zunächst den Beschluss des Parlaments. Nun kann man hier natürlich wieder vortrefflich über den Zeitpunkt oder über die soziale Treffsicherheit streiten. Entscheidend sollte aber doch für uns alle sein, dass die FFP2-Masken schnellstmöglich bei den Menschen ankommen, die zur Risikogruppe zählen, und dann auch von ihnen verwendet werden. Es macht nämlich schon einen Unterschied – und das wissen wir –, ob man einen normalen Mund-Nasen-Schutz trägt oder eben eine FFP2-Maske, und für viele Menschen ist es schlussendlich eine Frage der Verfügbarkeit, was für eine Schutzmaßnahme sie setzen werden.
Für Aufregung sorgte vor allem eine Änderung des COVID-19-Maßnahmengesetzes, bei der es um die Überprüfung von Betretungsverboten, Voraussetzungen und Auflagen betreffend ausdrückliche Betretungsbefugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes geht, aber durch den Abänderungsantrag im Nationalrat am Freitag wurde noch einmal konkretisiert, dass der private Wohnbereich von diesen Überprüfungstätigkeiten nicht umfasst ist.
Weitere Punkte betreffen die Teilnahme am Screeningprogramm oder die Möglichkeit zur Abweichung von den normalen Anforderungen des Krankenanstaltenrechtes, zum Beispiel wenn Krankenanstalten entgegen ihrem sonstigen Versorgungsauftrag prioritär als Covid-19-Krankenanstalten genutzt werden sollen.
Das zeigt die ganze Bandbreite der gesundheitspolitischen Maßnahmen, über die wir heute debattieren und die wir angesichts der Entwicklung der Coronapandemie hoffentlich auch bald, nämlich hier und heute, beschließen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
17.21
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster ist Herr Bundesrat Christoph Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte Herr Kollege.
Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Präsident! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult, worauf in der linken oberen Ecke „FPÖ Die soziale Heimatpartei“ steht und rechts im Hintergrund zwei Hände in Latexhandschuhen abgebildet sind, die gerade eine Spritze aufziehen. – Oh-Rufe. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) Kollegen Bundesräte! Herr Minister! Liebe Zuseher zu Hause! Seit dem Frühjahr 2020, also seit ganzen neun Monaten, begleitet uns Corona bei all unseren Entscheidungen. Bei vielen Gesetzen – oft bei jenen, bei denen ganz im Sinne der Regierung unsere Freiheiten eingeschränkt werden – nimmt man Corona gerne als Vorwand, um das Gesetz so schnell wie möglich durchzupeitschen. Bei anderen Gesetzen, bei sehr wichtigen gesundheitspolitischen Entscheidungen für unsere Bevölkerung, braucht man Monate, um diese auf den Weg zu bekommen.
Seit über 250 Tagen wissen wir nun, dass unsere ältere Generation einer höheren Gefährdung ausgesetzt ist als wir Jungen. Nach über 250 Tagen kommt man nun drauf, man könnte ja der älteren Generation, also den über 65-Jährigen, ganze zehn FFP2-Masken mit der Post zukommen lassen. Na gratuliere, Herr Minister! Was hat denn da so lange gedauert?
Allerdings ist auch dieses wieder so ein Wischiwaschigesetz, das nur wenig durchdacht wurde. Die Frau Kollegin von den Grünen hat zwar gerade gesagt, alle Risikogruppen
bekommen Masken, aber nein, nicht alle Personen dieser Gruppen bekommen sie. Die unter 65-Jährigen aus anderen Risikogruppen von Menschen mit Vorerkrankungen bekommen diese Masken ebenso wenig wie unsere Mitmenschen, die eine Behinderung haben. Auch diese Menschen werden diese Masken nicht bekommen. Diese Menschen wurden von dieser kaltherzigen Regierung wieder einmal ignoriert. (Beifall bei der FPÖ.)
Ein Dreivierteljahr benötigt man, um Masken für unsere ältere Generation auf den Weg zu bekommen! Liebe Kollegen von ÖVP und Grünen, bevor ihr euch wieder selber abfeiert: Das ist keine Heldentat dieser Regierung, das ist eine öffentliche Bankrotterklärung dieser Chaosregierung – nicht mehr und auch nicht weniger. (Beifall bei der FPÖ.)
Anstatt, Herr Minister, die Coronatests für die völlig nutzlosen Massentests zu verwenden, die auch unsere Bevölkerung zu Recht ablehnt, wäre es viel sinnvoller gewesen – und ist es noch immer viel sinnvoller –, diese Tests für unsere Altenwohnheime einzusetzen. Dort würde man sinnvollerweise alle Besucher und Mitarbeiter täglich testen, um ein wenig mehr Sicherheit für unsere ältere Generation gewährleisten zu können. Doch auf all dies wird verzichtet – klar, denn die große PR-Show stellt man ja nur mit einer groß angelegten Massenteststrategie sicher, nicht jedoch mit kleinen und sinnvollen Maßnahmen, dem PR-Gott in dieser Regierung sei Dank! Wie bei vielen wichtigen Entscheidungen dieser Regierung ist man halt auch da wieder einmal viel zu spät dran.
Bei einer weiteren Änderung des Epidemiegesetzes mit massiven Einschränkungen unserer Freiheitsrechte sowie massiven Einschnitten in die Grundrechte kann es dieser Regierung jedoch nie schnell genug gehen, wollte man doch im Nationalrat in einer Schnellschuss-, Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Begutachtung die Polizei in die privaten Wohnungen schicken, um die Einhaltung der Coronaregeln zu kontrollieren. Das muss man sich einmal vorstellen: Diese Regierung wollte uns à la DDR die Polizei unter den Christbaum stellen! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn die Opposition nicht so laut aufgeschrien hätte, dann hätten wohl alle Österreicher zu Weihnachten eine schöne Bescherung erlebt. Ein Skandal, wie man einen beispiellosen Schnüffelstaat à la DDR einrichten wollte! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das war völlig unverhältnismäßig! Mit welchen Argumenten, liebe Kollegen von den Grünen und der ÖVP, wollte man denn diesen Wahnsinn begründen und dann beschließen? Wir haben es ja auch die letzten neun Monate ohne Polizei in unseren Wohnzimmern geschafft! (Beifall bei der FPÖ.) Wir entwickeln uns geradewegs hin zu einem Polizeistaat mit Bespitzelungen, Vernaderungen, Überwachung, Denunziantentum und vielem mehr. (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.)
Herr Kollege von der ÖVP, ich werde Ihnen jetzt den Ausdruck Überwachungsstaat erklären. Dieser wird wie folgt definiert: „Hier werden die Vielzahl der aus der Überwachung über die einzelnen Bürger gewonnenen spezifischen Informationen dazu genutzt, um unerwünschtes Verhalten dieser Bürger sehr zu erschweren oder möglichst von vornherein zu unterbinden. Mittel hierfür sind unter anderem Einreiseverbote, präventive Platzverweise“ – haben wir – und „Strafandrohungen“ – das macht ja der Herr Minister Flex, der Herr Innenminister, sehr gerne –, um „die gezielte Überwachung verschiedenster Bevölkerungsgruppen zur“ angeblichen „Gefahrenabwehr“ sicherzustellen.
Liebe Kollegen von der ÖVP und den Grünen, ich glaube, das kommt euch sehr bekannt vor. Wir leben nicht fast in einem Überwachungsstaat, wir leben schon mittendrin! (Beifall bei der FPÖ.)
Von den Grünen wurde nun versucht, diese Bespitzelung in den Wohnungen ein wenig als Fehler im Abänderungsantrag herunterzuspielen. Liebe Grüne, das war kein Fehler! Wer keine Bespitzelung will, schreibt dies auch nicht in einen Antrag. (Beifall bei der FPÖ.)
Dann – es gibt ja auch lustige Facetten – lese ich im „Kurier“ in großen Lettern die Überschrift: „Polizeikontrolle in Wohnungen: ÖVP pfeift Grüne zurück“. – Liebe Grüne, ihr wisst, ich bin kein Freund von euch und werde es auch nie werden, aber eine Frage habe ich an euch: Wie lange, Herr Minister, wollt ihr euch denn diese ständigen Demütigungen von der ÖVP noch gefallen lassen? Ihr müsst ja wirklich komplett schmerzbefreit durch dieses Parlament irren, denn anderenfalls wäre ja euer Selbstzerstörungstrieb gar nicht mehr zu erklären. (Beifall bei der FPÖ.)
Ihr von der ÖVP und den Grünen wollt eine ständige und lückenlose Überwachung. Ja, der Plan der Überwachung in den Wohnungen wurde euch durchkreuzt, was allerdings bleibt, ist, dass die Polizei in Betriebe und Firmenräumlichkeiten ohne konkreten Verdacht auf Rechtsverstöße kann, um dort in coronarelevante Unterlagen Einsicht zu nehmen – unglaublich! (Heiterkeit des Bundesrates Ofner.) Somit kann ja in jede betriebsinterne Unterlage geschaut werden. Wer sagt mir denn, dass der eine oder andere Ordner nicht coronarelevant ist? Das kann ich ja erst nach der Sichtung des jeweiligen Ordners wissen!
Weiters soll ja dann noch – das ist der Oberwahnsinn! – ab Jänner eine komplette Registrierungspflicht für alle Bereiche außerhalb der eigenen Wohnung kommen. Dann braucht man, um das herunterzubrechen, wahrscheinlich einen Pass, um sich eine Wurstsemmel kaufen zu können. Ihr seid ja völlig irre, wo doch der VfGH eure Gastroregistrierungspflicht schon zurückgewiesen hat! Eines könnt ihr euch in eure schwarz-grünen Stasi-Akten schreiben (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen): Wir Freiheitliche werden stets und massiv gegen die Einschränkungen unserer Rechte kämpfen!
Zu euren Massentests und zur angeblichen Coronaimpfstrategie: Diese Gesetze müssen ja jetzt hauptsächlich für die Impfstrategie herhalten. Ich bin froh, dass eure Coronajünger immer weniger werden. Man sieht es bei euren Massentests, die wohl eher als Flop in die Geschichte dieser PR-Regierung eingehen werden. Die Bevölkerung wird langsam, aber sicher wach, und ihr könnt sie nicht länger mit eurer Politik der Angst und Panik führen und leiten. (Die BundesrätInnen der FPÖ halten Plakate mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ in die Höhe, worauf in der linken oberen Ecke „FPÖ Die soziale Heimatpartei“ steht und rechts im Hintergrund zwei Hände in Latexhandschuhen abgebildet sind, die gerade eine Spritze aufziehen.)
In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot von Covid-19-Zwangstestungen und Zwangsimpfungen“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:
- ein gesetzliches Verbot von Zwangstestungen in Österreich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und ähnlichen Infektionen;
- ein gesetzliches Verbot von Zwangsimpfungen in Österreich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und ähnlichen Infektionen;
- eine Novellierung des § 17 Abs 3 und 4 Epidemiegesetz, die Impfpflichten für bestimmte Berufsgruppen, Bevölkerungsgruppen oder Einzelpersonen gesetzlich verbietet;
- Eine Novellierung des Impfschadengesetz, die alle Schäden durch freiwillige und angeordnete Impfungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und ähnlichen Infektionen umfasst.“
*****
Eines noch zum Abschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und den Grünen: Hört auf mit eurer Verbreitung von Todesangst und Panik! Hört auf mit euren Werbeeinschaltungen im ORF und anderen TV-Sendern, in denen behauptet wird, wenn man sich testen lässt, dann kann man kein Corona bekommen – völliger Schwachsinn! – oder seinen Arbeitsplatz nicht verlieren! (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Auch das ist ein völliger Schwachsinn. Hört auf damit, den Leuten im TV zu erklären: Nur wenn du dich eine Woche vor Weihnachten testen lässt, kannst du unbesorgt zu deinen Großeltern! – Hört auf damit, so einen Schwachsinn und derart dreiste Lügen zu verbreiten! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
17.32
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Verbot von Covid-19-Zwangstestungen und Zwangsimpfungen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Fraktionsvorsitzender Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte.
*****
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich finde Diskurs in diesem Haus und eine lebendige Diskussion wichtig. Deswegen können wir hier auch stehen und uns gegenseitig kritisieren. Daher finde ich jeden Vergleich mit Stasi-Methoden völlig unangebracht und verlange einen Ordnungsruf. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
17.33
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Herr Bundesrat Steiner, ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf. (Bundesrat Steiner: Ja, super!)
*****
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Sehr geehrter Kollege Steiner, gäbe es in Österreich Stasi-Methoden und eine Regierung wie in der DDR, hätten Sie sich nicht hier hinstellen und so einen – meiner Meinung nach – Schwachsinn von sich geben können! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Herr Bundesrat Köck, ich bitte, den Anstand und die Würde des Hauses zu wahren und (Bundesrat Steiner: Vielleicht gibt es da jetzt auch einen Ordnungsruf! Aber bei einem Parteikollegen gibt es wahrscheinlich keinen Ordnungsruf!) nicht an einem Ordnungsruf vorbeizuschrammen.
Bundesrat Ing. Eduard Köck (fortsetzend): Es sind ja wieder einige Verschwörungstheorien verbreitet worden. Aber davon, dass es eine Infektionskrankheit gibt, die von einem Coronavirus ausgelöst worden und sehr ansteckend ist, habt ihr schon gehört, oder?
Ich glaube, daran kann man ja nicht vorbeisehen. Dass daran auch sehr viele sterben, davon solltet ihr auch schon gehört haben. Natürlich kann man sagen, die sterben sowieso alle. (Ruf bei der FPÖ: Strohmannargument!) Aber die Frage ist immer, wann. Wenn man das auf die eigene Familie herunterbricht: Ich bringe diese Infektion mit nach Hause und infiziere vielleicht meine Mutter, die schon betagt ist, und sie stirbt daran. Dann kann man schon sagen, sie wäre sowieso gestorben – aber wann: in zwei Jahren, in fünf Jahren oder in zehn Jahren? Ich müsste damit leben, dass ich ausgelöst habe, dass sie jetzt stirbt. Es gibt sehr viele, denen es so geht. Mit eurem Verhalten seht ihr über all das hinweg und macht euch über die Menschen, die daran sterben, lustig! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Bei dieser Krankheit gibt es zwei Gruppen in unserer Bevölkerung, die besonders betroffen sind. Die einen sind jene, die einen schweren Verlauf haben und vielleicht sogar sterben. Denen gegenüber ist es unsere Bürgerpflicht, alles zu tun, dass so wenige wie möglich daran erkranken, einen schweren Verlauf haben und daran sterben. Gerade auch für uns als Mandatare ist es eine Pflicht, und selbstverständlich auch für die Regierung.
Die zweite Bevölkerungsgruppe, die durch diese Situation sehr stark belastet ist, sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Krankenhäusern. Erst gestern hat meine Sitznachbarin ein Mail von einem Primar eines Krankenhauses bekommen, der gesagt hat, wir müssen mehr tun, sein Krankenhaus sei voll und sie schaffen das nicht mehr.
Darüber hinwegzusehen, dass seit zwei, drei Monaten ganze Berufsgruppen unter schwerstem Stress und unter schwersten Belastungen arbeiten, und sich hier hinzustellen und das alles zu negieren, das ist wirklich schrecklich, muss ich ehrlich sagen! (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Ich möchte an diesem heutigen Tag allen danken, die in den Krankenhäusern arbeiten, die das für uns in den letzten drei Monaten getan haben und die die Patienten mit schweren Krankheitsverläufen so gut pflegen. – Meinen herzlichen Dank an dieser Stelle. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun, wie können wir das alles eingrenzen? Wie können wir dieser Krankheit begegnen und sie womöglich sogar besiegen? – Dazu brauchen wir Werkzeuge, und um diese Werkzeuge geht es in diesem Gesetzesbeschluss. Das eine Werkzeug ist die Reduktion von Kontakten, auch das steht drinnen. Da kann man natürlich immer diskutieren: Warum sperrt ihr die Gasthäuser? Da waren ja keine großen Cluster! Warum sperrt ihr die Schulen? Da sind ja keine großen Cluster! Warum müssen gerade diese Geschäfte zumachen? Da waren ja keine großen Cluster! – Na, ja, wenn wir gar nichts zumachen, dann produzieren wir Massensterben. (Bundesrat Steiner: Ah so?!)
Manche Bereiche müssen reduziert werden, und dann nimmt man eben die heraus, wo am wenigsten wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), und das haben wir mit dieser Regierung in der Vergangenheit auch sehr gut geschafft (Bundesrat Ofner: Bist du narrisch!), und ich bin mir sicher, dass wir das auch in Zukunft schaffen werden.
So, wie Kickl es jetzt gesagt hat, geht es nicht, nämlich zuerst zu sagen: Wir müssen alles runterfahren!, und drei Wochen später zu sagen: Die haben ja alles runtergefahren! – Na, so wird es nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
Das zweite Werkzeug sind Masken. Auch das wird heute kritisiert. Nun, das Robert-Koch-Institut – ich sage einmal, das ist kein Kasperlverein, das ist ein international renommiertes Institut auf dem Gesundheitssektor – sagt: Mund-Nasen-Schutz oder Mund-Nasen-Bedeckung reduziert die Ansteckungsgefahr. – Das heißt, das ist ein Werkzeug,
mit dem wir diese Krankheit bekämpfen können, und mit eurem konsequenten Nichttragen des Mund-Nasen-Schutzes (in Richtung FPÖ) demonstriert ihr, dass ihr diese Krankheit nicht bekämpfen wollt und dass ihr dazu beitragt, dass mehr und mehr Leute krank werden! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Ofner: So wie du ihn eingesteckt hast, bringt er nichts! – Bundesrat Steiner: Na, das ist jetzt modisch! Statt einem Stecktuch ist der Mundschutz ...!)
Ein drittes Werkzeug ist Testen. Meiner Meinung waren die Massentests erfolgreich. (Bundesrat Steiner – erheitert –: Du lebst in einer anderen Welt!) Bei uns ist es besser gegangen als beim Kollegen Appé. Vielleicht haben wir auch Glück gehabt, dass wir einige Tage später dran waren. Es ist wirklich reibungslos gegangen. Es konnten sich fast alle zu Hause registrieren. Wir haben jenen, die keinen Computer oder kein gutes Netz haben, gesagt, sie mögen ihre Kinder oder Enkelkinder fragen, ob sie das machen können, und wenn nicht, dann haben sie bei der Gemeinde angerufen und wir haben sie selbstverständlich angemeldet oder eben vor dem Test direkt angemeldet. Jeder hatte 10 Minuten später sein SMS mit dem Ergebnis.
Wir haben sehr viele Freiwillige gehabt, die mitgeholfen haben. Ich möchte wirklich allen danken, vor allem jenen in den Gemeinden, die in diesen zwei Wochen vor diesem Test natürlich unter sehr starker Anstrengung gestanden sind, weil eben noch nichts klar war und alles erst aufgestellt werden musste – aber sie haben es gut geschafft.
Danken möchte ich auch allen Freiwilligen, die mitgeholfen haben – von der Feuerwehr bis zum Roten Kreuz, natürlich auch den Angehörigen des Bundesheeres. Sie haben es zustande gebracht, dass wir zwei Millionen getestet und letzten Endes 4 200 infizierte Personen herausgefiltert haben, die nicht gewusst hatten, dass sie infiziert sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt stelle man sich vor, einer, der nicht weiß, dass er infiziert ist, geht nach Hause und steckt seine Kinder an, die stecken am nächsten Tag in der Schule andere Kinder an, die bringen es wiederum nach Hause, und die Eltern bringen das Virus in die Arbeit. (Bundesrat Spanring: Genau, gerade die Kinder!) Ein Infizierter, der von seiner Infektion nichts weiß, verursacht wahrscheinlich 30, 40 Fälle. (Bundesrat Spanring: Einer, der symptomfrei ist, steckt keinen an!) Somit haben wir mindestens 100 000 Fälle eingefangen, und deshalb meine ich: Es war erfolgreich und wir müssen so weitermachen! (Beifall bei der ÖVP.)
Ein weiteres Werkzeug, das notwendig ist, um einen Cluster einzufangen, ist die Kontaktpersonennachverfolgung. Man muss wissen, wer kontaktiert werden muss, um die Zahl der Fälle so gering wie möglich zu halten. Natürlich wäre es besser, wenn alle die Stopp-Corona-App des Roten Kreuzes aktivieren würden – ich selbst verwende sie ‑, denn dann könnte man die Kontakte lückenlos nachverfolgen. Wir würden damit die Situation viel, viel schneller einfangen und könnten diese Krankheit viel besser bekämpfen.
Ich hoffe, dass wir trotzdem viele Leute dafür gewinnen, sich zum einen diese App herunterzuladen und zum anderen mitzuhelfen, mit den genannten Werkzeugen diese Krankheit zu bekämpfen. Ich meine, die gewählten Werkzeuge sind gute Werkzeuge, und ich hoffe, dass wir diese Situation sobald wie möglich überstanden haben werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
17.42
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher! Auf der Tagesordnung steht eine Novelle des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Es ist eigentlich kein
Geheimnis, wenn ich jetzt sage, die Pandemiebekämpfung gelingt nicht durch die Normsetzung an sich, sondern durch Verhaltensänderungen.
Es sind Verhaltensänderungen wie Kontaktreduktionen und andere Maßnahmen zur Senkung des Verbreitungsrisikos, zum Beispiel: Maskentragen; Treffen draußen statt drinnen; Testenlassen vor nicht vermeidbaren Kontakten, wie zum Beispiel im Krankenhaus, in der Pflege, in der Schule – wenn wir die politische Entscheidung getroffen haben, dass Unterricht stattfindet – oder hier vor diesen Sitzungen.
Diese Verhaltensänderungen, die notwendig sind, kann man einerseits durch normative Maßnahmen – Gesetze und Verordnungen – bewirken, durch Vorbildwirkung, durch Empfehlungen und durchaus auch durch Selbsterkenntnis. Es gibt Teilbereiche, in denen normative Maßnahmen sehr effektiv beziehungsweise am effektivsten sind. Ein Beispiel dafür sind Grenzschließungen, also die Abschottung – das gelingt natürlich bei Inseln leichter, wie zum Beispiel bei Neuseeland oder de facto auch bei Korea. Es kann aber auch in Europa gelingen, wie etwa Finnland und Norwegen das gezeigt haben.
In Österreich haben wir bisher die politische Entscheidung getroffen – vor allem wegen des Tourismus –, dass wir touristische Einreisen absichtlich ermöglicht haben. Dazu kommen natürlich auch noch der Grenzpendlerverkehr, Saisonarbeiterinnen und ‑arbeiter sowie 24-Stunden-Pflegerinnen. Jetzt in den Weihnachtsferien sollen die quarantänefreien touristischen Einreisen erstmals mehr oder weniger auf null gesetzt werden – wenn auch der konkret gewählte Schwellenwert, der bei ungefähr 20 Prozent der aktuellen 14-Tage-Inzidenz Österreichs liegt, nicht nachvollziehbar ist.
Die normativen Maßnahmen sind sonst ja nur mittelbare Ursachen für die Verhaltensänderungen, und wie sehr die Verhaltensänderungen mit den normativen Maßnahmen und deren Intensität korrelieren, hängt von mehreren Faktoren ab, die da sind: die Nachvollziehbarkeit der normativen Maßnahmen – die wiederum sehr von der Transparenz ihrer Entscheidungsgrundlagen abhängt –, die Konsistenz der normativen Maßnahmen und die Übersichtlichkeit der normativen Maßnahmen.
Ein erratischer Kurs wie der bisherige der Bundesregierung – Vollbremsung, Gas geben, wieder Vollbremsung, es wird 100 000 Tote geben, dann gibt es wieder „Licht am Ende des Tunnels“, aktuell wird schon wieder angekündigt, die dritte Welle werde noch schlimmer als die zweite – führt dazu, dass die Bevölkerung sich nicht mehr auskennt und das Vertrauen verspielt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Für die Bekämpfung der Pandemie ist das aber kontraproduktiv. Der Kurs der Bundesregierung ist vergleichbar mit dem Strict-Father-Model in der Erziehung: Es fehlt an Empathie. Wir bräuchten aber stattdessen einen Führungsstil, der respektvoll ist, einfühlsam ist und vor allem konsistent ist, um erfolgreich in der Bekämpfung der Pandemie zu sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.45
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Bundesminister! Kollege Steiner (Bundesrat Steiner hält ein Plakat mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ in die Höhe, worauf in der linken oberen Ecke „FPÖ Die soziale Heimatpartei“ steht und rechts im Hintergrund zwei Hände in Latexhandschuhen abgebildet sind, die gerade eine Spritze aufziehen), ich muss ganz ehrlich sagen, als ich Ihnen jetzt zugehört habe, ist mir wieder meine Ausbildung an einem humanistischen Gymnasium in den Sinn gekommen, und ganz besonders ein Zitat: „Si tacuisses, philosophus mansisses“ (Bundesrat Seeber: Das versteht er nicht!) – wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben.
Was Sie hier an krausen Ideen und wirren Gedanken von sich geben, ist nämlich kaum mehr zu überbieten. (Bundesrat Hübner: Was ist jetzt kraus? Was?!) – Was denn? – Konkretes Beispiel: Sie sprechen von nutzlosen Tests. Da gibt es eine riesige Studie von der Harvard University – Harvard wird Ihnen etwas sagen: Boston, Massachusetts –, die ganz klar belegt, wie sinnvoll und notwendig diese Tests bei der Bekämpfung der Pandemie sind. (Bundesrat Steiner: Regelmäßig ja!)
Sie haben aber, bereits als Sie zum Fraktionsobmann bestellt worden sind, sozusagen zur Begrüßung, in den Tiroler Bezirksblättern einen Artikel erhalten. Florian Haun hat da geschrieben, und ich habe es selber gelesen: Laut schreien allein macht halt noch keine fundierte Oppositionspolitik. – Sie sind halt einer, der besonders laut schreit; besser wird es deswegen nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
Ich möchte aber nun zum eigentlichen Teil kommen und ganz kurz auf den Vormittag zurückkommen, als Kollege Schilchegger gesprochen hat. Es hat mir eigentlich sehr gut gefallen, dass Herr Kollege Schilchegger in seinem Redebeitrag gesagt hat, dass es wichtig sei, auch in Bildern zu sprechen, weil ein Thema dann besser darstellbar sei. Ich denke, was für die Rechtswissenschaften gilt, das gilt natürlich auch für die Medizin und auch für die Pandemiebekämpfung: Auch da ist es manchmal wichtig, in Bildern zu sprechen.
Mir kommt dabei ein Mosaik in den Sinn. Ein Mosaik ist ja etwas, das aus vielen kleinen unterschiedlichen Teilchen und Steinchen besteht. Diese vielen Steinchen sind die unterschiedlichen Maßnahmen, die wir alle gemeinsam im Kampf gegen die Pandemie setzen müssen, und dieser Kampf ist das gesamte Mosaik. In diesem Paket, das wir heute beschließen wollen und sollen – und da bitte ich alle, zuzustimmen –, geht es um solche Maßnahmen.
Ich möchte davon drei ganz konkret herausstreichen. Das wären zum einen die Masken: Mit dem Paket, das wir heute verabschieden, wird unser Bundesminister ermächtigt, allen über 65-jährigen Österreicherinnen und Österreichern zehn FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen. Weil ich gefragt worden bin, wo die Evidenz sei: Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuseher vor den Bildschirmen, die ist sonnenklar. Die Mortalität, also die Sterblichkeit, beträgt nämlich zwischen 65 und 75 Jahre über 4 Prozent und ab dem 75. Lebensjahr über 8 Prozent – das ist die Evidenz, dass wir diese Gruppe besonders schützen müssen!
Dann kommen Sie aber her und sagen: Dies ist zu wenig, das ist zu viel, dies ist zu langsam und das ist zu schnell! Ich stehe heute hier und sage: Das ist gut, was wir machen – es ist ein Mosaiksteinchen in der Bekämpfung dieser weltweiten Pandemie. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe Kollegen Schilchegger für seine Rede und seine bildliche Sprache vorhin gelobt. Da passiert mir tatsächlich etwas, das ich selbst gar nicht glauben kann – zwei Mal an einem Tag –: Ich muss einen zweiten FPÖ-Politiker wirklich lobend hervorheben, wenn es um die Masken geht (Zwischenruf des Bundesrates Raggl), nämlich den oberösterreichischen FPÖ-Landesrat Steinkellner (Bundesrat Seeber: Jawohl!), der in Oberösterreich in vielen Zeitungsinseraten mit der Maske vor dem Mund für das Tragen von Masken wirbt. Der hat eingesehen, dass das wirkt. Ich würde Ihnen vorschlagen, Sie holen sich Nachhilfe bei Ihrem Parteikollegen Steinkellner in Oberösterreich. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: ... unter der Nase immer!)
Das zweite Mosaiksteinchen, auf das ich kurz zu sprechen kommen will, sind die Tests. Testen kann Infektionsketten durchbrechen, Testen kann Leben retten – und zur Bekämpfung dieser Pandemie ist es wichtig, dass wir genügend personelle Ressourcen haben, um die Abstriche durchzuführen. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir, wie es Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger schon erwähnt hat, heute entsprechend verabschieden, dass auch weitere Berufsgruppen nach ärztlicher Schulung unter ärztlicher
Aufsicht diese Testungen durchführen dürfen. Auch ich möchte an dieser Stelle noch einmal herzlich Danke sagen. Ich habe es in der Steiermark miterlebt, es ist wirklich in allen Teststraßen quer durch das Land hervorragende Arbeit geleistet worden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Das dritte Mosaiksteinchen, über das ich noch kurz sprechen will, das sind die Impfungen. Da sind die Zahlen eindeutig, und die möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten: Je 30 Impfungen können wir einen Krankheitsfall verhindern, je 2 000 Impfungen können wir einen Todesfall verhindern. (Bundesrat Spanring: Aber er weiß das, wie die Coronaimpfung wirkt!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren, ich habe mir die Zahlen angesehen. (Bundesrat Steiner: Von wo sind denn die Zahlen?) Keine andere Impfung auf der Welt hat eine vergleichbare Bilanz.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich finde das unverschämt: Die ganze Welt forscht und sucht nach Monaten händeringend nach einem Ausweg aus dieser Pandemie. Nun ist er da, und Sie tingeln durch das Land, schüren Panik und versetzen die Leute in Angst und Schrecken (Bundesrätin Steiner-Wieser: Na, das sind Sie!) mit irgendwelchen Schauergeschichten über irgendwelche Nebenwirkungen, die es in dieser Form gar nicht gibt. (Bundesrat Spanring: Können Sie es garantieren, dass es keine gibt? Können Sie das garantieren ...?) – 95-prozentige Wirksamkeit, Herr Kollege! (Bundesrat Spanring: Können Sie es garantieren, dass es keine Nebenwirkungen gibt, können Sie es garantieren?) Haben Sie sich die Studien angeschaut? – 48 000 Probanden bei der einen, über 30 000 Probanden bei der anderen (Bundesrätin Steiner-Wieser: Haben Sie den Arzneimittelbrief gelesen?) – aber sei’s drum: 95-prozentige Wirksamkeit bei den Impfungen (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), das spricht eine eindeutige Sprache.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zum Ende kommen: Es liegen anstrengende Monate hinter uns, es liegen zweifelsohne noch schwierige Aufgaben vor uns. Ich bin trotzdem der festen Überzeugung, dass wir das gemeinsam schaffen werden. Halten wir Abstand, halten wir durch, halten wir zusammen! In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund! – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
17.53
Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Nächster Redner ist Bundesrat David Egger. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat David Egger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Herr Kollege Köck, ich lasse mich nur ungern hinreißen, Kolleginnen und Kollegen zu kommentieren, aber zu zwei Punkten muss ich leider an der Stelle etwas sagen: Von einem Danke können sich die Pflegerinnen und Pfleger, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Handel und die fleißigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in diesem Land nichts abschneiden. (Beifall bei der SPÖ.) – Wo ist der Coronatausender, den wir gefordert haben?
Zum Zweiten: Sie haben es richtig gesagt, was zugesperrt wird. Genau, auf das Was kommt es an – denn wohin schicken die Pflegerinnen und Pfleger, die Ärztinnen und Ärzte, die Polizistinnen und Polizisten in unserem schönen Land ihre Kinder? – Ja, sie schicken sie in die Kinderbetreuungseinrichtungen, sie schicken sie in die Schulen. Dazu wollte ich nur kurz etwas sagen.
Seit Monaten hören wir, wie wichtig Masken sind, und auch ich selbst trage eine Maske, um andere zu schützen. Das ist für mich selbstverständlich, darauf bin ich auch stolz. Alte Menschen sind allerdings durch diese Coronapandemie besonders gefährdet. Da frage ich mich ehrlich, was da so lange gedauert hat, wenn man schon seit dem Sommer weiß, dass die zweite Welle kommen wird. Was ist denn bitte den ganzen Sommer über passiert?
Lassen Sie mich ein bisschen auf die Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen eingehen, denn ich habe das Bauchgefühl, dass man mit dieser Ermächtigung einen Freibrief für den nächsten sündhaft teuren PR-Gag des Bundeskanzlers erhalten will, sehr geehrte Damen und Herren. Das Ganze geschieht auf Steuerzahlerkosten, auf Kosten der fleißigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)
Na, was wissen wir von dem PR-Schmäh? – Das Einzige, was bis jetzt bekannt ist: Zehn FFP2-Masken werden an über 65-Jährige mit Hauptwohnsitz in Österreich verschickt. Und da frage ich mich, mit welcher Evidenz? Was ist dann mit einer 64-jährigen Ausgleichszulagenbezieherin? Wieso hat die keine Maske verdient? Ein 66-jähriger Luxuspensionist bekommt diese zehn Stück nämlich schon. Das haben wir gehört.
Was aber ist mit den Risikogruppen, mit den Menschen mit Vorerkrankungen, mit jenen, die mit 40, 45, vielleicht sogar tragischerweise im jungen Alter von 30 Jahren, Lungenerkrankungen haben? Was ist mit denen? Wieso bekommen die keine Masken von Ihnen, Herr Minister? Von Ihrem Ministerium hat es vor zwei Tagen – das finde ich persönlich sehr schade – niemand wert gefunden, uns im Ausschuss Antworten auf diese Fragen zu geben. Sind diese Masken schon beschafft? Bei welchem Unternehmen wurden sie beschafft? – Da gibt es keine Transparenz, und das verstehe ich nicht, weil die Grünen immer so betont haben, sie seien die Transparenzpartei – das ist keine Transparenz, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Was dauert da so lange? Sie haben es nicht geschafft, die nötigen Schutzausrüstungen für den Gesundheitsbereich und für viele andere Einrichtungen früh genug zu besorgen. Ich gebe Ihnen nur ein kleines Beispiel, das wäre auch eines der Mosaiksteinchen, von denen Kollege Kornhäusl gesprochen hat: Man hat gewusst, im September ist Schulstart, die Schulen sperren auf. Das war auch gut so. Aber wäre es nicht auch da sinnvoll gewesen, den Lehrerinnen und Lehrern eine FFP2-Maske zur Verfügung zu stellen? Das wäre doch sinnvoll gewesen.
Ich habe ein Beispiel aus einer Schule in Salzburg: Da haben 30 Lehrerinnen und Lehrer fünf FFP2-Masken bekommen. Ich sage einmal, das ist ein bisschen eine Frotzelei, wenn ich ehrlich bin. Was hätten sie den tun sollen – die Masken untereinander durchtauschen? Das ist meiner Meinung wirklich unverschämt. In dieser Form ist Ihre türkis-grüne Maskenaktion nichts anderes als ein sündhaft teurer PR-Gag, genau wie die Massentests – aber bitte lassen Sie mich betonen: Ich bin ein Freund des Testens, das habe ich immer wieder konstruktiv eingebracht, nur hätte man viel früher damit anfangen müssen.
Drei Punkte haben wir als SPÖ immer betont: Es wären gezielte Massenscreenings in sensiblen Bereichen durchzuführen, zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen, in Seniorenwohnhäusern, in Krankenhäusern, in der kritischen Infrastruktur, in den Reinhalteverbänden, in den Gemeinden bis hin zur Müllabfuhr. Was ist mit der mobilen Pflege, warum wird die nicht regelmäßig getestet? Wir waren immer für einen österreichweiten Ausbau der Hotline 1450 und für die Digitalisierung der 1450-Plattform, damit man auf der anderen Seite die Telefondienste für die Seniorinnen und Senioren ein bisschen freihalten kann. Ein personell gut ausgebautes Contacttracing ist der Schlüssel – und da sind wir uns, glaube ich, alle hier in diesem Haus einig – in der erfolgreichen Bekämpfung der Pandemie.
Was passiert nun allerdings zum Beispiel bei den Massentests? – Bei den Massentests ist diese ganze Last auf die österreichischen Gemeinden abgeladen worden; die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die gerade vor den Bildschirmen zuhören, wissen, wovon ich rede. Hier im Saal sitzen ja auch einige von ihnen. Da möchte ich aber mit etwas Positivem anfangen, denn ich möchte einmal Danke sagen: Danke an die Gemeinden! Danke an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, dass sie das so toll
durchgeführt haben – gemeinsam mit der Feuerwehr (Bundesrat Köck: Davon können sie sich nichts kaufen! – Ruf bei der FPÖ: Das sagt die Danke-Partei!), gemeinsam mit der Rettung, gemeinsam mit den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern!
Wieder einmal sehen wir, dass die Gemeinden mit den Ländern gemeinsam für den Bundeskanzler die Kohlen aus dem Feuer holen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)
Eines muss ich schon betonen: Die Gemeinden dürfen in dieser Krise nicht auf den Kosten der Massentests sitzen bleiben: Kosten für das Zusatzpersonal, Kosten für die zusätzlich angeschaffte Infrastruktur, für die Drucker, Druckkosten, Porto, extra Druck für Infobroschüren – alles, was da dazukommt –, für die Raummieten, Verpflegung für die Helferinnen und Helfer, was für die Gemeinden selbstverständlich war. Nach dem Motto, wer anschafft, der soll auch zahlen, muss der Bund unserer Meinung 100 Prozent der Kosten dieser Massentests für die Gemeinden übernehmen. Den SPÖ-Antrag dazu werde ich heute auch einbringen. Mir persönlich liegt das extrem am Herzen. Als Vizebürgermeister unserer schönen Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee, wo ich zu Hause bin, und als Regionalsprecher hier im Bundesrat für die vielen schönen Gemeinden ist es mir extrem wichtig, dass wir als Bund den Gemeinden unter die Arme greifen. (Beifall bei der SPÖ.)
Gehen wir einmal auf die Zwischenbilanz dieser Massentests ein! Die ist ein bisschen unterirdisch, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Die Teilnahme blieb weit unter dem selbstgesteckten Ziel der ÖVP. Ich glaube, 60 Prozent wurden erhofft, es waren aber gerade einmal 20 bis 30 Prozent. Man muss jetzt aber fragen, warum das so ist, denn die Menschen sind nicht schuld. Zu befürchten ist, dass die Leute nämlich irgendwie das Vertrauen in die Maßnahmen dieser türkis-grünen Regierung verloren haben. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)
Und das hat einen guten Grund, der Kollege von NEOS hat es schon betont: Es war dieser Zickzackkurs, der im Sommer gefahren wurde: Maske rauf, Maske runter – da hat sich einfach niemand mehr ausgekannt. Mein Vorschlag an Sie: weniger Inszenierung, weniger Pressekonferenzen, weniger Show. Liebe Bundesregierung, es wäre wichtiger, einfachere, logischere Maßnahmen zu kommunizieren und mehr Empathie für die fleißigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in diesem Land aufzubringen. Schuld sind nicht die Leute! (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Schuld sind nicht die Menschen, nicht die Einkaufswütigen, nicht die Urlauber, nicht die Menschen mit Migrationshintergrund, nicht die Tourengeher, nicht die Gastro. Ich möchte Ihnen etwas mitgeben: Wer mit dem Zeigefinger immer auf andere deutet, deutet gleichzeitig mit drei Fingern auf sich selbst.
An dieser Stelle möchte ich gerne einen Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der BundesrätInnen David Egger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gemeinden nicht im Stich lassen: Ersatz der Kosten für die Durchführung der Massentests“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend den Ländern und Gemeinden die Kosten für die Durchführung der Massentestungen vollständig zu ersetzen.“
*****
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
18.03
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten David Egger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gemeinden nicht im Stich lassen: Ersatz der Kosten für die Durchführung der Massentests“ ist ordnungsgemäß eingebracht, genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch zwei Anträge einbringen:
Antrag
der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu TOP 25, Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend „ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird“
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“
*****
Antrag
der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu TOP 27, Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird“
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“
*****
Danke.
18.05
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend „ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird“, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht demnach mit in Verhandlung.
Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen
zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird“, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Rudolf Anschober. – Bitte, Herr Bundesminister, ich erteile es Ihnen.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der 25. Februar war der Termin, der irgendwann einmal in unseren Geschichtsbüchern stehen wird. Das war der Tag, an dem das Virus offiziell nach Österreich gekommen ist. Damals waren die ersten beiden Fälle in Innsbruck, im Hotel Europa; die Geschichte ist bekannt. Damals haben wir noch sehr, sehr wenig über das Virus gewusst. Jeder hat nach bestem Wissen und Gewissen reagiert.
In der Folge hat es Situationen gegeben, in denen auch Fehler passiert sind. Ich denke zum Beispiel an Ischgl. Das muss man einfach ehrlich einbekennen. Es hat aber ein enormes Bemühen von allen in allen Bereichen gegeben, die Zuständigkeit hatten und haben.
25. Februar, das heißt, es sind mittlerweile beinahe zehn Monate vergangen, in denen wir im Bann dieser Pandemie gestanden sind, nicht nur hier in diesem Haus, nicht nur in Österreich, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Mittlerweile stehen wir bei 1,7 Millionen Menschen, die dieser schwersten Pandemie seit 100 Jahren zum Opfer gefallen sind – 1,7 Millionen Menschen! Man muss sich einmal vorstellen, was das bedeutet. Das ist fast Wien!
Das zeigt in Wirklichkeit, aus meiner persönlichen Sicht, dass es keinen Platz hat, sich bei einem derartigen Thema auf Parteipolitik zu konzentrieren. Das ist ein Thema, bei dem wir zusammenhalten müssen, zusammenstehen müssen und versuchen müssen, gemeinsam mit der gesamten Bevölkerung möglichst gut durch diese schwere Krise zu kommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Deswegen meine Bitte: Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche! Das Wesentliche – vielleicht kurz als Information von meiner Seite – ist: Wo stehen wir derzeit? Wie hat sich der Lockdown vom 14. November in Österreich ausgewirkt?
Niemand strebt einen Lockdown an, es ist immer das letzte Mittel der Wahl, weil es enorme Kosten im Bereich der Grundrechte, im Bereich der Demokratie, im Bereich der Wirtschaft, im Bereich unseren Zusammenhalts, im Bereich des Lebens von jedem Einzelnen bedeutet. Niemand will das, aber alle Regierungen in ganz Europa wissen, dass es dann, wenn die Infektionszahlen explosionsartig nach oben gehen und man die Kontrolle über dieses Virus verliert, das Gebot der letzten Handlungsmöglichkeit ist, die letzte Chance sozusagen.
Wir haben vor dem 14. November gesagt, die Zahlen explodieren tatsächlich, und wir haben einen Bereich als absolut gefährdet gesehen, nämlich die intensivmedizinischen Kapazitäten in Österreichs Spitälern. Die Situation ist derart, dass wir ein hervorragendes Gesundheitssystem haben, dass wir großartige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger. Es ist wirklich toll, was dort geleistet wird. Vielleicht können wir es schaffen, ein gemeinsames Danke an jene zu formulieren, die jetzt gerade unter sehr, sehr schwierigen Bedingungen arbeiten. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Das ist die Situation, die wir zu Beginn des zweiten Lockdowns in Österreich hatten. Wir haben uns drei Ziele gesetzt: Erstens geht es um die sogenannte Siebentageinzidenz.
Mittlerweile sind wir ja alle ein bisschen Virologen, wir kennen uns aus, was die Fachterminologien betrifft, wir wissen, was eine Siebentageinzidenz ist. Das sind die Durchschnittswerte der letzten sieben Tage, hochgerechnet auf 100 000 Einwohner.
Das ist international der Vergleichswert, wiewohl ich Ihnen ehrlich sage: Ich halte von diesen internationalen Rankings und Vergleichen überhaupt nichts. Jedes Land versucht, seine Hausaufgaben bestmöglich zu erledigen. Die einen sind einmal erfolgreicher und das andere Mal sind es andere. Im Wochenvergleich betrachtet ändert sich das immer, und wir haben in Österreich überhaupt nichts davon, wenn es anderen bei der Bekämpfung der Pandemie schlechter geht, sondern wir alle in ganz Europa müssen zusammenhalten, damit wir halbwegs erfolgreich durchkommen. Es ist schlimm genug, was auf diesem Weg passiert.
Also: Am Beginn des Teillockdowns, Anfang November, gab es eine Siebentageinzidenz von über 600. Jetzt liegt sie bei etwas über 200. Das heißt, es ist ein großer Schritt der Verbesserung gelungen, aber wir sind absolut noch nicht dort, wohin wir wollen und müssen. Unser Ziel in Österreich muss sein, dass man – so, wie es die von mir durchaus geschätzte Bundeskanzlerin Deutschlands formuliert hat – unter 50 kommt. Das muss das Ziel sein, weil man dann eine echte Kontrolle über die Pandemie hat. Alles andere ist schwierig, und daher müssen wir uns das immer als Ziel vor Augen halten.
Also das ist ein großer Schritt nach vorne, eine große Verbesserung, ein Ziel wurde durch den Lockdown erreicht, aber vor uns liegt noch ein langer schwieriger Weg.
Das zweite Ziel betrifft den sogenannten Reproduktionsfaktor. Das wisst ihr auch: Der Reproduktionsfaktor drückt aus, was der Ansteckungswert ist. Wenn es etwa, wie vor dem Lockdown, einen effektiven Reproduktionsfaktor von 1,44 gibt, dann bedeutet das, dass eine infizierte Person 1,44 weitere Personen ansteckt. Das heißt, es geht ziemlich exponentiell nach oben. Unser Ziel war, dass der Reproduktionsfaktor deutlich unter 1, möglichst unter 0,9 kommt. Er liegt jetzt bei 0,88. Also auch da stimmt die Richtung, aber auch da muss es weiter hinuntergehen, um diese Entwicklung nachhaltig abzusichern.
Das dritte große Ziel, für mich persönlich das wichtigste, ist, die intensivmedizinischen Kapazitäten zu schützen und dafür zu sorgen, dass die große Katastrophe vermieden wird, nämlich eine harte Triage, also die Auswahl, die Mediziner und Medizinerinnen zwischen drei Menschen, die in Lebensgefahr eingeliefert werden, treffen müssen, einer zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall, der andere zum Beispiel wegen eines Herzinfarkts und der oder die Dritte wegen einer schweren Covid-Erkrankung.
Dass ein Arzt, ein Mediziner/eine Medizinerin, dann entscheiden muss: Den kann ich noch behandeln und den nicht!, das geht nicht. Das ist eine katastrophale Situation für die Betroffenen, aber auch für die Medizinerinnen und Mediziner.
Das ist das erklärte Ziel gewesen. Wir haben befürchtet, dass ab einem intensivmedizinischen Belag mit 800, 850 Covid-PatientInnen, die schwer erkrankt sind, diese Grenze überschritten ist und es in Richtung derartiger harter Triagen gehen muss. Das konnte erfreulicherweise vermieden werden. Es gab einen Höchstwert von 709 Covid-Schwererkrankten auf den Intensivstationen.
Jetzt ist dieser Wert herunten auf 550, aber auch das ist noch zu viel. Das Ziel muss sein: 200 oder weniger als 200. Warum? – Weil man eine völlige Überlastungssituation in einem derartigen Schlüsselbereich von Spitälern einfach nicht über lange Zeit hindurch aushalten kann. Das ist eine völlige Überlastung der betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Man muss sich vorstellen: Es gibt Bereiche mit extrem gut ausgebildetem Personal – ich glaube, wir haben vor einiger Zeit einmal darüber gesprochen, wie lange es dauert, dass eine Intensivpflegerin diese Zusatzausbildung erhält; es sind zwei Jahre Intensivstausbildung; man geht mit Menschen um, die um ihr Leben ringen; das ist eine absolut enorme
psychische Belastung für die Betroffenen –, und es gibt jetzt die Situation, dass es dort viele Helferinnen und Helfer aus dem normalmedizinischen Bereich gibt, die nicht für diesen Bereich ausgebildet sind und für die das besonders schwierig ist.
Wir wissen, dass gerade Covid-Todesfälle eine ganz besondere Herausforderung sind, wenn es etwa um Erstickungen geht – ich persönlich kann und mag mir das gar nicht vorstellen –, da zu unterstützen, da zu arbeiten, da tagtäglich 12 Stunden Dienst zu versehen, für diese Menschen da zu sein. Hut ab! Das ist wirklich eine Leistung, die man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Vielen Dank dafür! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)
Weil man eine derartige Überlastung nicht lange aushält, muss dieser Wert noch weit, weit hinunterkommen, eben auf die angesprochenen „200 oder weniger als 200“. Das heißt, die Dinge hängen zusammen. Wir haben Schritte gemacht, aber weitaus noch nicht die ganze Wegstrecke hinter uns.
Was wollen wir jetzt? Was planen wir im Wesentlichen? – Wir sind mitten im Arbeiten daran, wie es mittelfristig weitergehen soll. Wir haben im Wesentlichen fünf Punkte vor.
Der eine Bereich ist das intensive weitere Ausbauen von Testungen auf allen Ebenen. Da geht es einerseits um die Menschen, die Symptome haben, andererseits um Zielgruppenscreenings von Menschen, die in vulnerablen Bereichen tätig sind oder leben, etwa in Alten- und Pflegeheimen, einem ganz besonders schwierigen, empfindsamen Bereich, in dem besonders gut getestet werden muss und der geschützt werden muss. Das Dritte in diesem Bereich der Testungen sind die Flächentestungen; dieser Ausdruck gefällt mir besser als Massentestung.
Jetzt kann man über Erfolg oder Misserfolg natürlich trefflich diskutieren, aber ich sage Ihnen ehrlich: Wenn zwei Millionen Menschen testen gehen, wenn dabei 4 200 Infektionen entdeckt werden, 4 200 Menschen, die keinerlei Symptome hatten, denen aufgezeigt wird, dass sie infiziert sind, die sonst tagtäglich mit anderen Kontakt hätten, weil sie es nicht wüssten – das ist ja nicht bösartig von ihnen –, wenn die entdeckt und aus dem Infektionszyklus herausgeholt werden, alleine das ist ein großer Erfolg.
Deswegen glaube ich, dass wir in diese Richtung weitermachen müssen, weitermachen werden, das aber mit einer noch besseren Umsetzung des sogenannten Contacttracings, des Kontaktpersonenmanagements kombinieren müssen. Wir werden morgen mit den Landeshauptleuten auch intensiv darüber reden, dass wir uns da noch besser aufstellen müssen, vor allem noch besser digitalisieren müssen, damit wir noch schneller werden. Ziel ist, innerhalb von 24 Stunden dieses sogenannte K1-Kontaktpersonenmanagement umzusetzen. Das geht nur mit Digitalisierung, mit einer gemeinsamen bundesweiten Digitalisierung. – Das ist der erste und prioritäre Bereich.
Der zweite Bereich ist das Schützen von Risikogruppen. Dazu zählen die Masken. Ich will das jetzt gar nicht überbewerten, aber es ist halt ein Schritt von vielen, die wir da zu machen haben. Dazu zählt auch die Möglichkeit, eine entsprechend geschützte Arbeitsmöglichkeit zu erhalten, entweder im Betrieb selbst oder in Form des Homeoffice, und es gibt die Möglichkeit einer Freistellung. Das ist ein österreichisches Erfolgsprojekt, das es seit Mai gibt und das wir selbstverständlich verlängern wollen, gerade in dieser Akutsituation. Das ist der zweite Punkt, und der dritte Punkt betrifft noch einmal die Alten- und Pflegeheime.
Der dritte Bereich heißt: Schutzmaßnahmen ausbauen! Deswegen haben wir mit der aktuellen Verordnung auch die MNS-Verpflichtung noch einmal deutlich ausgebaut, etwa am Arbeitsplatz, dort, wo man nicht allein ist, dort, wo man sich nicht so wie hier zum Beispiel durch eine Barriere schützen kann, sondern wo man zum Beispiel zu dritt in einem Büro, in einem engen Raum seinen Arbeitsplatz hat. Dort ist es einfach sinnvoll und notwendig, Mund-Nasen-Schutz zu verwenden. Das haben wir jetzt verankert.
Zweiter Punkt: Wir haben jetzt auch in Form eines Erlasses die Bezirksbehörden ersucht, dass man auch in Bereichen im Freien – das ist eine absolute Novität in Österreich –, wo es wirklich eng ist – denken wir zum Beispiel an spezifische Einkaufsstraßen; die Bezirksbehörden wissen am besten, wo es eng ist, wo man nicht immer vermeiden kann, dass einem jemand zu nahekommt –, einen Mund-Nasen-Schutz verwendet. Das sind einige Beispiele für Schutzmaßnahmen.
Der vierte große Bereich wird die Kontaktverringerung sein und bleiben. Auch da gibt es verschiedenste Ansätze, die kennen Sie.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort – jetzt habe ich zu viel versprochen –, ein bisschen mehr zum Thema Impfung sagen! Ich finde das schon sehr bemerkenswert, denn im Mai, im Juni sind wir zusammengesessen, vielfach auch in diesem Haus, oft unter dem Motto: Wie großartig wäre es, wenn es ein Medikament und eine Impfung gäbe?!, und haben darüber diskutiert. Das ist ja eines der Hauptprobleme betreffend Covid, dass es diese beiden Notwendigkeiten eines Engagements der Medizin gegen diese schwere Erkrankung und gegen dieses wirklich heimtückische Virus bislang nicht gibt.
Im Medikamentenbereich forscht zum Beispiel ein Österreicher schwerpunktmäßig auch daran – ich habe letzte Woche mit ihm gesprochen –, Josef Penninger, der Ende Jänner seine Ergebnisse auf dem Tisch haben wird.
Vielleicht gelingt es ausgerechnet einem Österreicher, da einen großen Sprung nach vorne zu machen – ich würde es ihm wünschen, ich würde es uns allen wünschen, denn es wäre natürlich ein großer Schritt nach vorne –; viele, viele Hunderte andere Forschungsprojekte laufen parallel dazu.
Bei der Impfung scheint es zu gelingen, das ist schon eine sensationelle Nachricht. Jetzt stehen wir so kurz davor, am 21. Dezember wird es die Empfehlung der EMA, der Europäischen Arzneimittelagentur geben. Wir alle gehen davon aus, dass es eine positive Empfehlung für den ersten einer ganzen Reihe von Impfstoffen werden wird. Wir haben als Europäische Union insgesamt ja sechs Großverträge für sechs Produkte abgeschlossen, Technikmischung und vieles andere mehr, um eine Risikominimierung zu erreichen.
Diese erste Zulassungsempfehlung wird kommen, am Tag darauf wird eine Sitzung der EU-Kommission stattfinden, in der es dann den Beschluss für eine Empfehlung geben wird. Heute Nachmittag erfolgt dieser Koordinierungsversuch, gleichzeitig die Impfungen zu beginnen, und zwar die Impfungen der ersten Vorlieferungen. Das wird keine Großmenge sein, sondern da geht es um 9 750 Dosen, für jedes Mitgliedsland zum selben Zeitpunkt. Ich finde, auch das ist Europa: Gerechtigkeit bei der Verteilung, ein Miteinander im Umsetzen nach einem sehr erfolgreichen Verhandlungsprozess.
Na ja, am 27. Dezember dieses Jahres wird es losgehen. Meine Bitte ist es ganz einfach, die Menschen nicht zu verunsichern, auch keine PR-Kampagnen dafür oder dagegen zu machen. Ich finde, das ist eine sachliche Entscheidung, die jeder Bürger, die jede Bürgerin mit sich selbst ausmachen muss. Was es von uns braucht, das ist erstens ehrliche Information, zweitens ehrliche Information und drittens ehrliche Information. Diese wollen wir zu geben versuchen.
Auf unserer Homepage finden Sie jetzt schon viele Fragen und Antworten, bitte einfach dort nachzuschauen. Ich fände es großartig, wenn Sie diese Informationen möglicherweise in Ihrem Zuständigkeitsbereich, in Ihrem Verantwortungsbereich verlinken können, denn es geht einfach darum, Aufklärung zu geben: Was sind Vorteile? Was sind in manchen Bereichen auch Risken, wo kann es auch zu Nebenwirkungen kommen? Welche Vorteile haben wir davon? Was steht zum Beispiel hinter einer Technologie? Aufklärung zu betreiben und Transparenz zu gewährleisten, das ist sehr, sehr wichtig.
Ab Montag werden wir eine eigene Infohotline für diese Frage der Impfung haben, an die jeder Bürger/jede Bürgerin seine/ihre Fragen stellen kann. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Schritt. So wollen wir es schaffen, dass dann die großen Tranchen von rund 230 000 Dosen, die uns dann im Jänner geliefert werden, möglichst bald zur Verfügung stehen und wir entsprechend der österreichischen Impfstrategie beginnen können, zu impfen: erstens jene, die das wollen – es ist eine persönliche Entscheidung, ich sage es noch einmal –, und zweitens jene, die einem besonders akuten Risiko ausgesetzt sind, also die vulnerabelsten Gruppen.
Daher meine Bitte: Beteiligen Sie sich fair an diesem Prozess! Betreiben Sie keine Angstmache und spielen Sie nicht mit den Emotionen! (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Versuchen wir, dass wir diese Chance, die wir jetzt haben, möglichst nutzen!
Es wird kein Punkt sein, an dem plötzlich das Risiko weg sein wird, sondern es wird ein schrittweises Verringern des Risikos sein. Es wird vor allem darum gehen, dass ein Mensch, der geimpft wird, eine deutliche persönliche Verringerung des Risikos haben wird. Das ist das Ziel. Wenn uns das so gelingt, wie es die bisherigen Studien nahelegen, dann hätten wir einen ersten ganz großen Schritt gegen die Pandemie geschafft.
Lasst uns das gemeinsam tun! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
18.24
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Schilchegger. – Bitte schön, Herr Bundesrat.
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Der Redner stellt die zuvor beschriebene Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult.) Ich bitte gleich vorab zu Beginn meiner Rede, dass Sie mir vielleicht gestatten, meine Redezeit etwas zu überschreiten. Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. (Rufe bei der SPÖ: Na, na!) Ich verspreche Ihnen wiederum, ich spreche heute zu noch einem Tagesordnungspunkt, ich werde die Redezeit an anderer Stelle wieder einsparen. (Bundesrätin Grimling: Na, na! – Zwischenruf des Bundesrates Novak.)
Werte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Ich muss mit einer Replik anfangen (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), mit einer Replik auf Kollegen Köck, der unseren Klubobmann im Nationalrat, Herbert Kickl, kritisiert hat, der zunächst – als es um den Lockdown im Frühjahr gegangen ist – gesagt hat: Alles runterfahren!, und drei Wochen später: Na ja, jetzt habt ihr alles runtergefahren! – Das ist natürlich eine Polemik, die falscher nicht sein kann.
Es ist ja wohl klar, dass in einer Notsituation, die erst einmal entsteht - - (Bundesrat Schreuder: Das ist keine Polemik!) – Na, ich möchte es sachlich richtigstellen, das ist alles. (Zwischenruf des Bundesrates Raggl.) Es ist ja wohl klar, dass man zunächst, wenn eine Notsituation hervorkommt, als politische Partei sagt, man steigt auf die Bremse, tut einmal alles und stimmt einem Lockdown zu. Wenn man aber dann einige Wochen später draufkommt, der Lockdown hat gewirkt, die Zahlen sinken – ich kann mich noch genau an unsere Debatte vom 4. Mai erinnern, als wir, wenn man die Dunkelziffer einrechnet, bei einer Zahl von ungefähr 3 000 Infizierten waren –, ist es doch vollkommen absurd, in dieser Situation, in der die Zahlen schon runtergehen, Betretungsverbote zu erlassen, die es noch gar nicht gab.
Zum Beispiel mussten Zoos dann auf einmal zusperren, obwohl sie vorher offen waren, und für Gaststätten, die schon längst wieder hätten aufsperren können, hat man weiterhin Betretungsverbote erlassen. Das war unsere Kritik. Ihre Maßnahmen sind einfach nicht verhältnismäßig gewesen und sie sind es auch heute noch nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Kollege Kornhäusl hat zuvor von dem Mosaik gesprochen. Ich sage Ihnen, ja, Sie haben ein Mosaiksteinchen oder vielleicht sogar mehrere herausgegriffen, von denen man sagen kann, das sind gute Ansätze, meinetwegen auch die Maskenpflicht, Schutzmaßnahmen vor allem für die besonders Schutzwürdigen, nämlich diejenigen, die von einer hohen Mortalitätsrate betroffen sind. Das ist ja auch immer unser Ansatz gewesen, dass man für den Schutz der Pflege- und Altenheime viel mehr tun muss. Sie können aber nicht dieses eine Mosaiksteinchen herausgreifen. Wenn man ehrlich ist, wurde das Mosaik von Ihnen zerbrochen, verbrannt, und einige wenige Bestandteile gibt es noch. Sie haben das Land mit Ihren ungeeigneten und unverhältnismäßigen Maßnahmen an die Wand gefahren, und das mit Milliardenkosten, meine Damen und Herren. Wir wehren uns ganz klar gegen diesen Coronawahnsinn dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben sich die Frage gestellt, warum wir Freiheitlichen eigentlich nicht so froh sind, dass es die Impfung gibt. – Das stimmt ja auch nicht. Jedermann ist froh, dass wir Medikamente haben, die eine bessere Behandlung der Krankheit ermöglichen, und auch, dass es diesen Impfstoff gibt, dass es den wissenschaftlichen Fortschritt gibt, auch damit Ihnen endlich einmal das Argument genommen wird, diesen Ausnahmezustand, den Sie selbst gewollt haben, noch weiter zu prolongieren. Was wir aber sagen, das ist auch ganz klar: Es muss die freie Entscheidung jedes Einzelnen bleiben, ob er sich impfen lassen will oder nicht (Bundesrat Novak: Ist ja schon hundertmal betont worden!), mehr ist es nicht. Wir wehren uns auch gegen die Impfpflicht über die Hintertür.
Da geht es ja nicht nur um direkte, sondern auch um indirekte Verbote. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Novak.) Wir wissen schon, dass das kommen wird und dass Sie das versuchen werden, genau wie wir schon im September gesagt haben, Sie planen einen weiteren Lockdown, wozu dann zunächst die Dementis gekommen sind: Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage!, und genau zum von uns berechneten, prognostizierten Zeitpunkt war es dann so weit. Sie haben die Leute über diese Tatsache des zweiten Lockdowns einfach belogen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Novak.)
So, kommen wir zur Beschlussvorlage: Ich stelle Ihnen jetzt eine einfache Frage, darum geht es jetzt. Es geht unter anderem um den Punkt, um die Frage, die derzeit auch medial debattiert wird, deswegen ist mir der Punkt so wichtig (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), weil es nämlich jeden Menschen in Österreich wirklich unmittelbar betrifft: Wie kann ich Weihnachten feiern? Was gilt denn nun und was gilt nicht? Was gilt in meinem privaten Wohnraum? (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wen darf ich einladen, wie viele Leute darf ich einladen? Ist das dann nur eine Empfehlung oder wird auch in meinen privaten Wohnräumen kontrolliert? (Bundesrätin Zwazl: Wenn wir das ...!)
Da muss man klar sagen: Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten, wie Sie vielleicht meinen, und sie wird es auch nicht durch den heutigen Gesetzesbeschluss. Ich komme gleich dazu: Zunächst einmal muss man immer Gesetz und Verordnung unterscheiden – das ist die Rechtsebene –, dann Pressekonferenzen, wo vielleicht schon wieder etwas anderes behauptet wird, und dann das, was die Medien am Schluss interpretieren. (Bundesrat Schennach: Gesetz und ...!)
Idealerweise stimmen alle diese vier Ebenen möglichst überein, natürlich wird dann in Pressekonferenzen vereinfacht, aber es stimmt grundsätzlich überein. Warum meine Rede hier heute so lange dauern muss, hat auch den Grund, dass Sie diese vier Ebenen nicht übereinstimmend führen, sondern das eine im Gesetz schreiben, das andere verordnen und ein Drittes in den Medien sagen – daher wird es kompliziert. (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist eine wichtige Frage, und es ist doch wohl eine ganz grundrechtliche Frage, ob ich in meiner privaten Wohnung, im privaten Wohnbereich Menschen einladen darf oder nicht und was die Grundlage dafür ist.
Wenn man sich das COVID-19-Maßnahmengesetz anschaut, ist es ziemlich eindeutig. Das Maßnahmengesetz verbietet eine Regelung für den privaten Wohnbereich. Jetzt wollen Sie von den Regierungsfraktionen heute hier mit Ihren Stimmen das COVID-19-Maßnahmengesetz ändern, sodass die Polizei künftig nicht nur im öffentlichen Raum kontrollieren darf, was ja auch klar ist, sondern auch im privaten Raum. Kollege Steiner hat das richtig angesprochen: Das betrifft insbesondere Unternehmen, private Gebäude, die nicht zum Wohnbereich gehören, einmal auf jeden Fall.
Und jetzt kommen wir zu dieser Ausnahmebestimmung, über die die Kollegin von den Grünen zuvor gesagt hat: Das haben wir jetzt ganz klar ins Gesetz geschrieben! Dazu hat es diese Debatte im Gesundheitsausschuss des Nationalrates gegeben, aber das wurde ja berichtigt. Das haben wir eh nie so gemeint, wir haben jetzt die Ausnahmebestimmungen hineingeschrieben! – Da steht drinnen – wortwörtlich – „Vom Betretungsrecht“ – gemeint der Polizei – „gemäß Abs. 1 nicht erfasst sind Betretungen von auswärtigen Arbeitsstellen, die sich im privaten Wohnbereich befinden, durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.“
Also das ist ausgenommen. Ich wiederhole noch einmal: „auswärtige Arbeitsstellen, die sich im privaten Wohnbereich befinden“. Da stellt man sich schon dreimal die Frage: Was sind denn bitte solche Arbeitsstellen? Und das kann man wiederum nur verstehen, wenn man auch zusätzlich die Verordnung liest, die Verordnung des Herrn Bundesministers, ob sie jetzt – es ist immer dieselbe Verordnung –Lockerungsverordnung, Maßnahmenverordnung, Schutzmaßnahmenverordnung oder Notmaßnahmenverordnung heißt. Aktuell reden wir über die 3. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, und da haben Sie zur Frage des Arbeitsplatzes unter anderem die Maskenpflicht am Arbeitsplatz geregelt – das verschärfen Sie jetzt übrigens auch oder haben Sie mit heutigem Tag verschärft –, aber das ist jetzt gar nicht so das Thema.
Wichtig ist, Sie haben ausdrücklich klargestellt, dass diese Regelungen zum Ort der beruflichen Tätigkeit auch für auswärtige Arbeitsstellen im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes gelten. Das Arbeitsinspektorat sagt uns ganz klar, dass auch Homeoffice zu diesen auswärtigen Arbeitsstätten gehört. Das heißt, Sie regeln bereits jetzt und mit heutigem Tage eine Maskenpflicht für das Homeoffice. Das ist schon einmal das erste absurde Zwischenergebnis dieser Analyse.
Wenn man sich jetzt wiederum auf diese gesetzlichen Ausnahmebestimmungen beruft, ist ganz klar, das, was hier ausgenommen wird und weswegen Sie sagen, dass die Polizei da nicht kontrollieren darf, betrifft genau nur diese Homeofficeregelung und nichts anderes.
Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, von dem ich sage, das ist wirklich ein Skandal. Vielleicht wollen Sie mir heute nicht mehr folgen – es ist auch schon spät, das verstehe ich –, aber lesen Sie dann einmal das Protokoll und reden Sie mit Juristen darüber, ob das ein Blödsinn ist, was ich sage, oder ob das stimmt. Sie werden vielleicht vom Ergebnis enttäuscht sein, weil es richtig ist, was ich heute sage. (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen Sie sich an, was Sie verordnet haben! Das ist der wirkliche Skandal. Ich sage noch einmal: Was steht im Gesetz? – Die Regelung soll nicht den privaten Wohnbereich betreffen. Es gibt sogar einen Ausschussbericht von September, aus dem ganz klar hervorgeht: Auch Garagen, Gärten und sonstige Nebengebäude gehören zum privaten Wohnbereich. In Ihrer Verordnung ist jetzt schon das Gegenteil geregelt. Da sind nämlich Garagen, Gärten und so weiter von der Regelung umfasst. Es wird aber jetzt wirklich noch brutaler, denn Sie verordnen für den 24. und 25. Dezember gemäß § 20 Abs. 7 Z 1 Ihrer aktuellen 3. COVID-Schutzmaßnahmenverordnung Folgendes: Da heißt es ganz harmlos: „§ 2 und § 13 Abs. 3 Z 11 gelangen nicht zur Anwendung.“
Was ist denn dieser § 13 Abs. 3 Z 11? – Das ist genau die Ausnahme für den privaten Wohnbereich, die in Ihren Verordnungen bisher immer gegolten hat und die Grundlage
dafür war, dass die Polizei nicht kontrollieren darf. Sie wollen damit also, dass genau am 24., 25. Dezember die Polizei kontrolliert, ob Ihre Regelungen betreffend Haushalt, die ohnehin niemand mehr versteht, weil sie absurd sind und weil sie auch jede Woche ständig neu gefasst werden, eingehalten werden. Sie wollen, dass die Polizei das kontrolliert und straft. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie tun das also über die Hintertür. Im Gesetz tun Sie es nicht, denn dafür haben Sie nicht die Mehrheit oder Sie trauen es sich nicht, sondern Sie tun es über die Hintertür der Verordnung. Da wird es jetzt wirklich brutal, denn das ist etwas, was Sie als Minister absolut nicht dürfen. Das nennt man im Strafgesetzbuch – ich sage bewusst, das ist der objektiver Tatbestand – Missbrauch der Amtsgewalt, wenn Sie in einer Verordnung Dinge so regeln, wie es Ihnen der Gesetzgeber verboten hat. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich erinnere daran: Das ist nicht das erste Mal. Ich erinnere an die Debatte Anfang Mai. Damals habe ich Ihnen klar gesagt, dass Sie bereits Regelungen in Ihrer Lockerungsverordnung drinnen haben, die vom Gesetzgeber noch gar nicht umfasst, gedeckt werden, weil Ihnen die Kompetenz gefehlt hat, solche Zusammenkünfte und Veranstaltungen überhaupt zu regeln. Das war nämlich bisher in der Kompetenz der Bezirksverwaltungsbehörden gestützt auf das Epidemiegesetz, das dann erst Tage später geändert wurde, nachdem wir im Bundesrat Einspruch erhoben haben.
Sie haben nicht so lang warten können oder wollen und haben die Verordnung trotzdem einfach aufrechterhalten oder überhaupt erlassen. Das war ja schon der Fehler.
Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen, ich rate Ihnen dringend an, ich appelliere an Sie: Ändern Sie diesen § 20 Abs. 7 Z 1 der 3. COVID-Schutzmaßnahmenverordnung, die Sie speziell für den 24. und 25. Dezember erlassen haben! Sie ist schwer gesetzwidrig und damit auch verfassungswidrig.
Damit komme ich auch schon zum Schluss. Das ist das, was wir Freiheitlichen als Coronawahnsinn der Bundesregierung bezeichnen. Er ist ungeeignet, unverhältnismäßig und handwerklich schlecht gemacht, und daher müssen wir diesen Ausnahmezustand so schnell wie möglich beenden. (Beifall bei der FPÖ.)
18.35
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgen. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein!
Der Herr Schriftführer und ich werden von unserem Stimmrecht Gebrauch machen.
Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert wird.
Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte David Egger, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gemeinden nicht im Stich lassen: Ersatz der Kosten
für die Durchführung der Massentests“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist damit abgelehnt.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Verbot von Covid-19-Zwangstestungen und Zwangsimpfungen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist damit abgelehnt.
Schließlich gelangen wird zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert wird.
Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz sowie das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2020 – 2. SVÄG 2020) (1105/A und 519 d.B. sowie 10476/BR d.B. und 10495/BR d.B.)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Herr Bundesrat, ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Andreas Lackner: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz sowie das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster ist Herr Fraktionsführer Bundesrat Karl Bader zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Fraktionsführer, ich erteile es Ihnen.
Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen, die Sie diese Debatte mitverfolgen! Mit TOP 28 und der Vorlage der SV-Novelle finden wir heute im Bundesratsplenum eine nicht alltägliche Situation vor.
Sie haben gerade gehört, dass der Berichterstatter einen Antrag des Ausschusses gestellt hat, gegen diesen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Dennoch werden wir heute auch noch einen Antrag vorlegen, gegen diesen Beschluss einen begründeten Einspruch zu erheben.
Warum ist das der Fall? – Wir schicken damit ein Gesetz zurück an den Nationalrat, weil es mit einem formalen Fehler behaftet ist. (Bundesrat Steiner: Weils patschert seids!) Daher kommt heute dem Bundesrat als zweiter Kammer eine besondere Aufgabe zu, die laut Verfassung geregelt ist. (Bundesrat Novak: Darauf wäre ich aber nicht stolz! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Es tut mir leid, lieber Herr Kollege. Ich brauche nicht stolz darauf zu sein beziehungsweise brauchen wir nicht stolz darauf zu sein, dass das so ist. Es tut mir leid, dass dieser Fehler passiert ist. Dieser Antrag ist im Nationalrat einstimmig beschlossen worden. Unsere hundertjährige Verfassung gibt dem Bundesrat aber eben dieses Werkzeug in die Hand, um zu helfen, solche Fehler zu reparieren.
Da Sie sich schon über diesen Fehler echauffieren und sagen, dass mehrere Fehler passiert sind, erwarte ich in der Debatte einige Wortbeiträge dazu. Keine Frage, darüber kann man hin und her streiten, wie man will. Heute hat sich auch Kollege Leichtfried öffentlich über diesen Fehler echauffiert.
Ich merke aber an, dass es im normalen parlamentarischen Diskurs (die Bundesrätinnen Grimling und Schumann: Nein!) im Nationalrat eine geschäftsordnungsmäßige Usance ist, dass Abänderungsanträge gestellt werden. Das ist nichts Neues, das gehört zum politischen Geschäft in der parlamentarischen Auseinandersetzung ganz einfach dazu. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Aber doch nicht zurückschicken!)
Ich verwahre mich dagegen, dass der Klubobfrau-Stellvertreter der SPÖ das als Missachtung des Parlaments bezeichnet. Das ist keine Missachtung, das hat damit rein gar nichts zu tun! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Sich in der Öffentlichkeit hinzustellen, wie Kollege Leichtfried das gemacht hat, und die fehlenden Nullen beim Budget des Bundes zu kritisieren, diesen Fehler hinauf- und hinunterzubeten, das ist schon gut so und das ist das eine, aber dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu vergessen, dass auch in der SPÖ-geführten Stadt Wien Nullen vergessen wurden (Rufe bei der SPÖ: Ach geh! – Bundesrat Bernard: Jetzt streitet ihr, wer mehr ... ist!), nämlich beim Krankenanstaltenverbund, das erinnert mich an ein Zitat aus der Bergpredigt. Ich zitiere: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber
den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“ (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)
Es ist schon eine witzige Kultur, die Sie an den Tag legen, sich darüber lächerlich zu machen. Das ist schon okay, das mag Ihre Art beziehungsweise Ihre Qualität der politischen Auseinandersetzung sein. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Sie werden auch anerkennen müssen, dass ich hier angemerkt habe, dass mir und uns dieser Fehler leidtut.
Um vielleicht wieder ein bisschen zur Ruhe beizutragen, möchte ich allen Fraktionen hier im Hohen Haus, im Bundesrat, heute auch danken. Ich möchte ihnen dafür danken, dass wir heute diesen Einspruch einvernehmlich beschließen werden und dadurch die Beseitigung dieses Fehlers schnellstmöglich gewährleisten können, denn – und das eint uns in dieser Thematik; wir werden von den Kollegen nach mir zwar wenig Inhaltliches hören (Bundesrat Ofner: ... Blödsinn!), aber trotzdem – inhaltlich sind wir uns bei diesem Tagesordnungspunkt einig. Dafür möchte ich ganz besonders herzlich Danke sagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
18.46
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste ist Frau Fraktionsführerin Bundesrätin Korinna Schumann zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Fraktionsführerin.
18.46
Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Als wir gestern gehört haben, dass ein Formalfehler passiert ist und der Herr Bundespräsident dieses Gesetz nicht unterschreiben wird, haben wir uns alle unisono gedacht: Was ist denn jetzt schon wieder passiert? – Ich glaube, das ist bezeichnend.
Es geht in keiner Weise um Schadenfreude, auf dem Niveau sind wir nicht – darum geht es nicht, sondern es geht um viel mehr. Wir alle wissen, Fehler können passieren, auch solche Formalfehler, das ist im parlamentarischen Betrieb sicher möglich und dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, das Problem ist aber die Wiederholung der Fehler und die Situation, in der diese Fehler passieren. In einer Krisensituation wie jener, in der wir uns jetzt befinden, stimmt es mehr als bedenklich und es ist sogar gefährlich. Es zeigt sich nämlich einmal mehr: Diese Regierung ist nicht krisenfest und signalisiert das durch diese Fehler wieder nach außen.
Schauen wir uns die Reihe jener Fakten an, die uns bei dieser Annahme einfach recht geben: Die fehlenden Nullen beim Budget, die Bundesrat Bader bereits erwähnt hat, hätten im Frühjahr beinahe zur Zahlungsunfähigkeit der Regierung geführt. Weiters gab es die fehlenden Unterschriften beim Bundesfinanzrahmen beim Budget im Herbst, es gab reihenweise VfGH-Urteile, die fehlerhafte Verordnungen und Gesetze aufhoben (Bundesrat Bader: In Wien sind sie egal!), in denen die ÖVP-Regierung Fehler gemacht hat und diese verantworten muss, vom Überwachungspaket bis zum Kopftuchverbot.
Und dann gab es noch eine Trägerrakete, und das war schon wirklich – man kann es ja lustig sagen – keck: Vergangene Woche wurde im Nationalrat ein leerer Antrag der Regierungsfraktionen eingebracht. Erst nach Protesten der Opposition wurde er zurückgenommen. Es war ein leerer Antrag, sozusagen unter dem Motto: Na ja, den füllen wir dann irgendwie mit den Inhalten, die wir gerne hätten. – Das kann es ja wohl nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Es kam zur Rücknahme umstrittener Erlässe und Verordnungen wie beispielsweise zu Ostern. Damals hat man geglaubt, die Regierung hätte etwas daraus gelernt, aber jetzt mit dieser Verordnung bezüglich Weihnachten gibt es wieder nur Chaos und Verunsicherung, keine klaren Richtlinien; die Leute kennen sich nicht mehr aus.
Heute, gerade zu dieser Zeit, passiert etwas, das einen ja wirklich an der Handlungsfähigkeit zweifeln lässt: Wie kann es sein, dass über die Medien bereits verbreitet wird, dass es ab dem 26. Dezember einen Lockdown geben wird? Das wissen die Medien, bevor es wir im Bundesrat und der Nationalrat wissen! Das wird hinausposaunt. Dann wird auch noch ausgerichtet, dass morgen drei Stunden lang mit den Landeshauptleuten geredet wird. So kann man doch nicht vorgehen, und so wird es nicht zu einer Gemeinsamkeit und zu einer gemeinsamen Regelung kommen! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundesminister, sagen Sie uns bitte: Kommt es jetzt zum Lockdown oder nicht? Sie haben vorhin die Möglichkeit gehabt, dazu zu sprechen. Sie haben nichts gesagt. Bitte informieren Sie uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch, das würde uns wirklich sehr freuen! (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bitte!)
Wie diese Sitzung heute: Es wurden Massen an Sammelgesetzen hineingestopft, ohne dass Abgeordnete und BundesrätInnen wirklich die Chance haben, sich genau zu informieren, sich gut vorzubereiten, ohne Begutachtung, Sammelgesetze, von denen man nicht weiß, wie man jetzt abstimmen soll, denn es sind gute Teile und für uns schwierige Teile drinnen. So funktioniert doch Parlamentarismus nicht. So kann es in einer Demokratie doch nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ.)
Und wenn es Ihnen, werte KollegInnen von ÖVP und Grünen, so wichtig ist, dass man gemeinsam agiert – und das wäre in dieser Situation, die wir jetzt in dieser Krise haben, mit 500 000 Menschen ohne Arbeit, Ansteckungszahlen, die nicht wirklich sinken, mehr als notwendig –, dann muss man anders vorgehen! Dafür muss man schauen, dass man einen Konsens findet, dass man Regelungen findet, die man auch überprüfen kann, dass miteinander gesprochen wird, dass Begutachtungen stattfinden, in die Expertinnen und Experten eingebunden werden. – So kann das Gemeinsame funktionieren, aber auf Ihre Art und Weise sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich darf Ihnen ein Beispiel geben, das einen wirklich schmerzt: In dem Paket betreffend Möglichkeit zur vorzeitigen Alterspension, 45 Jahre sind genug, ist die Regelung für die Verlängerung für die Risikopersonen drinnen. Das heißt, mit unserer Ablehnung im Bundesrat bleibt diese Regelung für die Risikopersonen jetzt mit 1. Jänner liegen. Wie konnte man diese Regelung, die die Menschen, die Risikopersonen sind, so dringend brauchen, in dieses Gesetz hineinpacken, obwohl man zu 100 Prozent wusste, dass wir dem nicht zustimmen können, weil wir die Abschaffung dieser Regelung nicht wollen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das kann es also wirklich nicht sein. Herr Bundesminister, bitte finden Sie im Interesse der Menschen, die Risikopatienten sind, eine Lösung! (Beifall bei der SPÖ.)
Noch etwas: Es ist Zeit, zu einer normalen Gesetzgebung zurückzukehren. Es ist Zeit, mit Massengesetzen Schluss zu machen. Es ist Zeit, mit dem Einbringen und dem Regieren auf den letzten Drücker und mit den Pressekonferenzen aufzuhören. Es ist wirklich Zeit für gemeinsames Agieren.
Ich möchte Ihnen noch etwas mitgeben – da kommt die Gewerkschafterin in mir durch, das geht nicht anders –: Die Masken sind ganz, ganz wesentlich und testen ist natürlich ganz wesentlich, aber es muss schon klar sein, dass das Tragen der Masken für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer höchst belastend ist. Wir tragen die Masken, und es ist wirklich nicht immer angenehm, aber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten noch dazu körperlich und haben keine Chance auf Maskenpausen. Bitte, Herr Bundesminister, setzen Sie sich dafür ein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf Maskenpausen bekommen! Das ist mehr als dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)
Irren ist menschlich, das ist klar, aber irren in dieser Zeit ist gefährlich, weil es all jenen das Wort redet, die versuchen, diese Pandemie lächerlich zu machen, klein zu machen,
und das ist nicht gut. Wir können uns nicht viele Fehler erlauben, sondern wir brauchen ein Miteinander und wir brauchen eine andere Art und Weise des Umgangs auch mit der Opposition und mit den Ländern. Es kann nicht sein – und das ist wirklich ärgerlich; ich weiß nicht, wie viele SMS und Mails wir von Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern gekriegt haben –, dass Sie einen Lockdown über die Medien ausrichten lassen. So kann Pandemiebekämpfung nicht funktionieren. Bitte lösen Sie diese Problematik anders! Das ist keine Vorgangsweise, die gut ist, um unser Land sicher durch diese Pandemie zu bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
18.54
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin. Ich erteile Ihnen das Wort.
Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Die Rednerin stellt die zuvor beschriebene Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult.) Herr Kollege Bader! Ich darf Ihnen nur sagen, was wir Freiheitliche hier am Rednerpult, hier im Hohen Haus als Parlamentarier von uns geben, ist die Entscheidung der Freiheitlichen und sicherlich nicht die von Ihnen oder die der ÖVP – das, da Sie vorhin gesagt haben, es wird sicherlich nichts Sachliches kommen. Ich wollte Ihnen das nur ins Stammbuch schreiben: Was wir hier sagen, ist die Entscheidung der Freiheitlichen und nicht die der ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)
Mit der vorliegenden Novellierung hätte ja auch das Pensionsgesetz dahin gehend geändert werden sollen, dass zur Pandemiebekämpfung Personen, Angehörige aus dem Gesundheitsbereich vorübergehend ins Berufsleben zurückkehren können, ohne dass sie mit Pensionskürzungen zu rechnen haben.
Ich finde es großartig, wenn sich Menschen engagieren, sich in die Gesellschaft einbringen. Ich zolle ihnen jeglichen Respekt und habe größte Hochachtung vor diesen Menschen, besonders vor den Angehörigen von Gesundheitsberufen, die gerade jetzt während der Coronapandemie dringend gebraucht, dringend benötigt werden und die sich bereit erklären, da mitzuhelfen – also alle Achtung. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber, und das ist für mich völlig unverständlich, wir müssen nächste Woche wieder – zum wiederholten Male seit dem Frühling – zu einer Sondersitzung hier im Hohen Haus anrücken, weil schon wieder ein schwarz-grünes Husch-pfusch-Gesetz Chaos ausgelöst hat. Seit Monaten haben wir Gesetze, Verordnungen und Regeln, die dann wieder zurückgenommen werden, die wieder revidiert werden, die der Verfassungsgerichtshof aufhebt. Es ist ein einziges Kasperltheater, was da passiert. Es werden uns und den Österreichern Gebote, Verbote und Regeln vor die Nase geknallt. Es ist unerträglich und nicht mehr auszuhalten. Ich sage, dieses Bild, das diese Bundesregierung abgibt, ist einfach nur mehr peinlich und zum Fremdschämen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich möchte aber heute die Gelegenheit beim Schopfe packen, um die gestrige Diskussion zur Hacklerregelung noch einmal ganz kurz anzureißen. Der Herr Minister konnte ja gestern nicht in den Genuss kommen, aber ich möchte ihm das nicht vorenthalten und möchte ihm noch ganz gerne ein bisschen etwas ins Stammbuch schreiben. – Herr Minister! Menschen, die 45 Jahre hart gearbeitet haben, so zu behandeln, halte ich für schäbig. Menschen, die 45 Jahre lang Steuern gezahlt haben, Steuerleistungen erbracht haben, so mit Füßen zu treten, halte ich für asozial. Das ist soziale Kälte, Herr Minister, sonst gar nichts! (Beifall bei der FPÖ.)
Und dann streuen Sie den Menschen mit Ihrem Frühstarterbonus noch Sand in die Augen: Ja, was glauben Sie denn? Für wie blöd, für wie dumm halten Sie denn die Menschen? Sie versprechen ihnen 60 Euro und im Gegenzug, da sie ihnen keine
abschlagsfreie Hacklerregelung mehr gönnen, nehmen Sie den Menschen 300 Euro! – Das ist doch ein Minusgeschäft für Menschen, die jahrzehntelang in diesem Land fleißig gearbeitet haben und die unsere Leistungsträger sind. Das sind Nettozahler.
Ich appelliere nur an Ihr soziales Gewissen, Herr Minister! Sie haben schon öfters gesagt: Ein Minister, ein Sozialminister muss ein soziales Gewissen haben. Vergessen Sie dann aber bitte nicht die Leistungsträger in dieser Gesellschaft, vergessen sie nicht auf die Menschen, die bald in Pension gehen sollten! Ich möchte von Ihnen keine Sonntagsreden mehr hören, für die Sie mit Dackelblick dastehen und in denen Sie darüber reden, wie fleißig und wie wichtig denn unsere Senioren sind und was unsere Senioren in ihrem Leben denn nicht alles geleistet haben. Bitte, geben Sie den Menschen das, was sie sich selbst verdient haben! 45 Jahre Arbeit sind genug. Geben Sie den Menschen das zurück und lassen Sie sie abschlagsfrei in Pension gehen! – Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
18.59
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsführer Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte schön, Herr Bundesrat.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist ganz gut, dass die Sitzung heute übertragen wird, damit man weiß, welcher Fehler denn passiert ist. – Es fehlen zwei Wörter, das ist passiert.
Mich erinnert das ein bisschen an meine Zeit als Grafiker. Da haben wir einmal einen Flyer gemacht; auf diesem Flyer hatten wir dann ein Foto, ich habe das Design gemacht, und es war für einen Verein (Zwischenruf des Bundesrates Novak) – nein, ich rede nichts schön, Herr Kollege, einfach nur zuhören, bitte; du kannst dich ja zu Wort melden! –, und zehn Leute von diesem Verein haben diesen Flyer gecheckt. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Da bin ich also hin, die Schrift ein bissl größer, das Foto anders und so weiter und so weiter, und erst dann, als das Endprodukt aus der Druckerei gekommen ist, haben wir festgestellt: Alle zehn haben übersehen, dass vergessen worden ist, die Uhrzeit draufzuschreiben. (Bundesrat Schennach: ... Gesetz!) Das ist natürlich blöd, dann musste man es neu machen.
Was ist passiert? – In Art. 1 Z 12 der Vorlage wird als § 744 Abs. 7 eine Verfassungsbestimmung eingeführt (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), die auch gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG ausdrücklich als solche gekennzeichnet ist. Offenkundig fehlt aufgrund eines redaktionellen Versehens (Bundesrat Schennach: Aber geh!) jedoch bei der dazugehörigen Inkrafttretensbestimmung in Art. 1 Z 13 der Vorlage die Kennzeichnung als Verfassungsbestimmung. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Novak.) Als Verfassungsbestimmung: Diese zwei Wörter wurden in der Vorlage vergessen. Im Sinne des Art. 44 B-VG müsste diese Bestimmung daher umformuliert und ergänzt werden.
Das ist passiert, das ist äußerst unangenehm. Mir ist das äußerst unangenehm. (Bundesrat Schennach: Weil’s Pfusch ist!) Mir ist das unangenehm für Sie, Kolleginnen und Kollegen, weil Sie nächste Woche hier noch einmal zu einer Sondersitzung (Bundesrätin Grimling: Weil’s ein Pfusch ist!) zusammenkommen müssen. Mir tut es leid für die Abgeordneten zum Nationalrat, die auch noch einmal zu einer Sondersitzung kommen sollen. Ich finde aber eines schon wichtig, gerade in der Weihnachtszeit: Fehler können passieren, aber das Ganze dann zu einer Abrechnung zu machen, finde ich bei zwei Wörtern ein bisschen übertrieben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Deshalb darf ich folgenden Antrag einbringen:
Antrag
der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß §§ 20 Abs. 2 iVm 43 Abs. 1 GO-BR
zu TOP 28, Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 „betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz sowie das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2020 – 2. SVÄG 2020) (1105/A und 519 d.B. sowie 10476/BR d.B. und 10495/BR d.B.)“
in der 917. Sitzung des Bundesrates
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben.“
Begründung
In Artikel 1 Ziffer 12 der Vorlage wird als § 744 Absatz 7 eine Verfassungsbestimmung eingeführt, die auch gemäß Artikel 44 Absatz 1 B-VG ausdrücklich als solche gekennzeichnet ist.
Offenkundig aufgrund eines redaktionellen Versehens fehlt jedoch bei der dazugehörigen Inkrafttretensbestimmung in Artikel 1 Ziffer 13 der Vorlage die Kennzeichnung als Verfassungsbestimmung. Im Sinne des Artikel 44 B-VG müsste diese Bestimmung daher umformuliert und ergänzt werden.
*****
Es tut mir leid, Herr Kollege Lackner, dass ich Ihnen als Berichterstatter widersprechen muss. Ich bitte Sie, diesem Einspruch zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
19.03
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2020 betreffend ein 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, ist ordnungsgemäß eingebracht, genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Eva Prischl zu Wort. – Bitte, Frau Bundesrätin. Ich erteile Ihnen das Wort.
Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Als Bereichssprecherin für die Seniorinnen und Senioren muss ich mich einfach hierherstellen und für sie in die Bresche springen, denn das kann es doch nicht sein!
Und ich verwehre mich dagegen, lieber Karl, dass du sagst: inhaltslose Reden! Du ziehst den Leuten nach 45 Jahren Geld aus der Tasche, und dann sagst du, das ist inhaltslos?
(Bundesrat Buchmann: Hat er ja nicht gesagt!) Das ist toll, ja! Die haben dann keinen Inhalt mehr, das stimmt – aber das kann doch nicht sein, oder? (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser. – Zwischenruf des Bundesrates Bader.) – Das hast du gerade gesagt! Entschuldige, aber das hast du gesagt!
Das betrifft Menschen, die unser Land (Bundesrat Bader: ... Interpretation!) – ja, ja, Karl! – aufgebaut haben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Weißt du, dass Österreich zu den reichsten Ländern der Welt gehört? Genau diesen Menschen nehmen wir jetzt das Geld weg. Ich schäme mich. Ich schäme mich wirklich, dass wir in einem Parlament sitzen, in dem wir so etwas zulassen. Es ist eine Schande. Es ist wirklich eine Schande. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Ja, ich schäme mich; ich kann mich schämen. (Bundesrat Köck: Der Hundstorfer hat das gemacht! Euer Hundstorfer war ... Minister!) – Mhm, ja. Ja, ja! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich komme jetzt wieder zu meiner Rede. Kollegin Marlies Steiner-Wieser hat das ja auch schon gesagt, ich muss ihr da wirklich beipflichten. – Werte Kollegin, du hast es richtig gesagt: Es ist so, es ist wirklich nicht recht und nicht gut, dass wir unseren Pensionistinnen und Pensionisten, die wohlverdient nach 45 Jahren ihr Geld beziehen, dieses wegnehmen, und ich denke, sie werden dann bei der Wahl daran denken, wer das veranlasst hat.
Was dazukommt: Nach der Abschaffung dieser abschlagsfreien Pension nach 45 Jahren soll auch die jährliche Pensionserhöhung ab 2022 beschnitten werden. Das heißt, künftig erfolgt im Jahr nach dem Pensionsantritt nur mehr eine aliquote Erhöhung der Pension – das habe ich das letzte Mal schon gesagt. Bei einer Pension von 1 200 Euro, habe ich mir angesehen, beträgt der Verlust, wenn man im November in Pension geht, nach 20 Jahren 14 000 Euro – bei 1 200 Euro Pension! Das ist eine Menge Geld. Betroffen sind von dieser Regelung 100 000 ArbeitnehmerInnen in unserem Land. Danke, die werden sich freuen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.)
Die Zeche für diese Krise, Herr Minister, dürfen nicht die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen tragen. Ein Solidarbeitrag von oben nach unten, also beginnend beim Millionär und beim Onlinekonzern, und nicht wie üblich von unten nach oben – das ist das Gebot der Stunde. Der Frühstarterbonus, hat mich letztes Mal die Kollegin belehrt, ist eine Alibiaktion. Pro Arbeitsmonat gibt es nur 1 Euro brutto, und nicht einmal die Ferialjobs werden angerechnet. Das Bonussystem trägt in keiner Weise dazu bei, die Pensionsschere zu schließen.
Das ist der echte Pensionsraub! Wir von der sozialdemokratischen Fraktion vertreten nach wie vor die Meinung, dass man nach 45 Arbeitsjahren ein Recht auf eine abschlagsfreie Pension hat – ich habe auch schon 40 Arbeitsjahre am Buckel –, dass es nicht angeht, dass, nachdem man 45 Arbeitsjahre beigetragen hat (Zwischenruf des Bundesrates Bader), Kürzungen vorgenommen werden und dass man aliquotiert. Diese Regelung muss für alle Berufsgruppen und Pensionsarten gelten. Die Menschen in unserem Land haben es sich verdient, von der Pension leben zu können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
19.07
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Michael Schilchegger. – Bitte Herr Bundesrat. Ich erteile es Ihnen.
Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Werte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Fehler können passieren (Zwischenruf des Bundesrates Köck), das ist auch menschlich. Ab einer gewissen Fehlerhäufung muss man sich dann schon die Frage stellen: Ist das noch professionell oder sind wir auf einmal in der Diktatur aufgewacht? Es geht ja immerhin um