Stenographisches Protokoll

71. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 6. Juni 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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71. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 6. Juni 2001

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 6. Juni 2001: 9.01 – 22.27 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden

2. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 273/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 300/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Verwendung der Behindertenmilliarde im Budget 2001

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 43/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 282/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich des Pflegegeldes

7. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 284/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich des Pflegegeldes in der Pflegeinfrastruktur

8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 301/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Defizite bei der Treffsicherheit des Pflegegeldes

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungs


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gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden

12. Punkt: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit

13. Punkt: Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung

14. Punkt: Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung)

15. Punkt: Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen

16. Punkt: Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens (Supplementary Agreement for the Application of the Convention bzw. Accord complémentaire pour l’application de la Convention)

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001)

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden (4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG)


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25. Punkt: Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften

26. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank

27. Punkt: Bundesgesetz über begleitende Regelungen zur EMAS-V II (Umweltmanagementgesetz – UMG)

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird

29. Punkt: Bericht über den Antrag 435/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, geändert wird

30. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 260/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Rettung der Mehrwegsysteme im Getränkebereich und über den Entschließungsantrag 375/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die Einführung einer Einwegabgabe

31. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 317/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend eine österreichische Initiative für EU-Projekte zur Sanierung nuklearer Altlasten auf der Halbinsel Kola und in der Barents-See

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 32

Ordnungsruf 183

Geschäftsbehandlung

Verlangen gemäß § 26 Abs. 7 GOG hinsichtlich des Antrages 286/A (E) 51

Antrag der Abgeordneten Paul Kiss, Dr. Michael Krüger und Genossen, die dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 98/A gesetzte Frist gemäß § 43 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 der Geschäftsordnung bis 30. Juni 2002 zu erstrecken 52, 164

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 52

Redner:

Paul Kiss 164

Dr. Peter Kostelka 166

Dr. Michael Krüger 167

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 168

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 169

Annahme des Fristerstreckungsantrages 170

Antrag der Abgeordneten Hermann Reindl, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Genossen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 438/A betreffend das Pensionsreformgesetz 2001 gemäß


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§ 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 3. Juli 2001 zu setzen – Annahme 52, 240

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 52

Antrag der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 BV-G anlässlich der Beschlussfassung über den Staatsvertrag in 473 d. B. im Sinne des § 76 Abs. 3 1. Satz der Geschäftsordnung 110

Unterbrechung der Sitzung 123

Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Heindl und Genossen, die Berichte des Finanzausschusses 637, 638 und 639 d. B. über die Regierungsvorlagen 587, 585 und 586 d. B. gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Finanzausschuss rückzuverweisen – Ablehnung 191, 191

Aktuelle Stunde (15.)

Thema: "Die Glaubwürdigkeit der Anti-Atompolitik der österreichischen Bundesregierung (dokumentiert z.B. im Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich) vor dem Hintergrund des Ausverkaufs österreichischer Energieunternehmen an ausländische Atomkonzerne"

Redner:

Dr. Eva Glawischnig 32

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 35

Georg Oberhaidinger 37

Mag. Karl Schweitzer 38

Karlheinz Kopf 39

Dr. Evelin Lichtenberger 40

Mag. Ulrike Sima 42

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 43

Ing. Gerhard Fallent 44

Mag. Helmut Kukacka 45

Dr. Gabriela Moser 47

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 32

Ausschüsse

Zuweisungen 50

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordnete Ridi Steibl 50

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Rudolf Edlinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der ÖIAG (2517/J) 123

Begründung: Rudolf Edlinger 128

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 132


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Debatte:

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 139

Dr. Josef Cap 139

Mag. Gilbert Trattner 141

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 144

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 144

Mag. Werner Kogler 146

Mag. Maria Kubitschek 149

Hermann Böhacker 150

Mag. Walter Tancsits 152

Dr. Gabriela Moser 153

Rudolf Nürnberger 155

Reinhart Gaugg 157

Mag. Helmut Kukacka 158

Karl Öllinger 160

Mag. Reinhard Firlinger 162

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend regelmäßige Berichte über die Entwicklung der ÖIAG-Holding – Ablehnung 154, 163

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (573 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (650 d. B.) 52

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 273/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (651 d. B.) 53

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 300/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Verwendung der Behindertenmilliarde im Budget 2001 (652 d. B.) 53

Redner:

Heidrun Silhavy 53, 80

Dr. Alois Pumberger 57

Karl Öllinger 58

Dr. Gottfried Feurstein 61

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 63, 72, 79

Mag. Brunhilde Plank 66

Sigisbert Dolinschek 68

Theresia Haidlmayr 70

Mag. Dr. Josef Trinkl 72

Norbert Staffaneller 74

Dr. Reinhold Mitterlehner 75

Dr. Helene Partik-Pablé 76

Detlev Neudeck 78

Mag. Christine Lapp 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz – Ablehnung 56, 81


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Annahme des Gesetzentwurfes in 650 d. B. 80

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 651 und 652 d. B. 81

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (574 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (653 d. B.) 81

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 43/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, geändert wird (654 d. B.) 81

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den


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Entschließungsantrag 282/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich des Pflegegeldes (655 d. B.) 8
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7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 284/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich des Pflegegeldes in der Pflegeinfrastruktur (656 d. B.) 82

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 301/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Defizite bei der Treffsicherheit des Pflegegeldes (657 d. B.) 82

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (575 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002) (658 d. B.) 82

Redner:

Helmut Dietachmayr 82

Reinhart Gaugg 85

Theresia Haidlmayr 87

Edeltraud Gatterer 88

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 90

Gabriele Heinisch-Hosek 93

Mag. Beate Hartinger 95

Karl Öllinger 96

Karl Donabauer 99

Anton Gaál 100

Sigisbert Dolinschek 101

Dr. Alois Pumberger 102

Bernd Brugger 103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Erhöhung der Treffsicherheit des Bundespflegegeldgesetzes – Ablehnung 88, 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend die Valorisierung des Pflegegeldes und die Erhöhung des Pflegetaschengeldes – Ablehnung 94, 104

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 653 und 658 d. B. 103

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 654, 655, 656 und 657 d. B. 104

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (593 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG) (659 d. B.) 106

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (594 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden (660 d. B.) 106

Redner:

Karl Öllinger 106

Mag. Walter Tancsits 107

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 659 und 660 d. B. 108

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (426 d. B.): Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit (661 d. B.) 108

Genehmigung des Staatsvertrages 109

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (473 d. B.): Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (662 d. B.) 109

Redner:

Arnold Grabner 109

Sigisbert Dolinschek 110

Dr. Gottfried Feurstein 110

Genehmigung des Staatsvertrages 111

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 111

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (480 d. B.): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung) (663 d. B.) 111

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (481 d. B.): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen (664 d. B.) 111

Redner:

Mag. Barbara Prammer 111

Ridi Steibl 113

Karl Öllinger 114

Norbert Staffaneller 115

Sophie Bauer 116

Sigisbert Dolinschek 118

Heidrun Silhavy 119

Staatssekretärin Mares Rossmann 121

Reinhart Gaugg 121

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigung) 122

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend die Abmildung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit – Ablehnung 112, 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend die Abmildung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit – Ablehnung 120, 123

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 480 und 481 d. B. 123

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (566 d. B.): Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens (Supplementary Agreement for the Application of the Convention bzw. Accord complémentaire pour l’application de la Convention) (665 d. B.) 170

Genehmigung des Staatsvertrages 170

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (587 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (637 d. B.) 171

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (585 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird (638 d. B.) 171

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (586 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (639 d. B.) 171

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (584 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird (640 d. B.) 171

Redner:

Dr. Kurt Heindl 171

Hermann Böhacker 172

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 174, 190

Jakob Auer 176


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71. Sitzung / Seite 9

Heinz Gradwohl 178, 191

Franz Hornegger 180

Mag. Johann Maier 181

Roland Zellot 183

Mag. Ulrike Sima 184

Jakob Pistotnig 185

Anna Huber 186

Georg Schwarzenberger 187

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 189

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen betreffend grundlegende Neuausrichtung des Agrarsystems durch radikale Umstellung des Förderungssystems mit strikter Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit und die nachhaltige Forcierung des Biolandbaus in Österreich – Ablehnung 179, 193

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Sicherung der personellen Ressourcen in den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung und anderen Bundesanstalten – Ablehnung 182, 193

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Schwarzenberger, Robert Wenitsch und Genossen betreffend Grundlinien österreichischer Agrarpolitik – Annahme (E 85) 188, 193

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 637, 638, 639 und 640 d. B. 191

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (562 d. B.): Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001 (602 d. B.) 193

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (590 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001) (603 d. B.) 194

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (567 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden (4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle) (604 d. B.) 194

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (589 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG) (605 d. B.) 194


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71. Sitzung / Seite 10

25. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (554 d. B.): Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (607 d. B.) 194

26. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (591 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asia-
tischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank (606 d. B.) 194


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71. Sitzung / Seite 11

Redner:

Dr. Kurt Heindl 194

Hermann Böhacker 196

Ing. Leopold Maderthaner 202

Kurt Eder (tatsächliche Berichtigung) 204

Mag. Werner Kogler 205

Andreas Sodian 206

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 207

Hans Müller 208

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 209

Jakob Auer 210

Ing. Hermann Schultes 211

Dr. Christof Zernatto 212

Annahme der fünf Gesetzentwürfe in 602, 603, 604, 605 und 606 d. B. 213

Genehmigung des Staatsvertrages in 554 d. B. 214

27. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (352 und Zu 352 d. B.): Bundesgesetz über begleitende Regelungen zur EMAS-V II (Umweltmanagementgesetz – UMG) (645 d. B.) 214

Redner:

Mag. Ulrike Sima 214

Ing. Gerhard Fallent 215

Dr. Eva Glawischnig 216

Karlheinz Kopf 216

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 217

Rainer Wimmer 218

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 218

Annahme 219

28. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (553 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird (646 d. B.) 219

Redner:

Anton Heinzl 219

Ing. Herbert L. Graf 220

Dr. Eva Glawischnig 221

Werner Miedl 222

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 223

Ing. Erwin Kaipel 224

Erwin Hornek 226

Annahme 227

29. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 435/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, geändert wird (647 d. B.) 227

Redner:

Georg Oberhaidinger 227

Ing. Wilhelm Weinmeier 228

Johann Loos 229

Dr. Evelin Lichtenberger 229

Annahme 230

30. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 260/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Rettung der Mehrwegsysteme im Getränkebereich und über den Entschließungsantrag 375/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die Einführung einer Einwegabgabe (648 d. B.) 230

Redner:

Karl Dobnigg 231

Mag. Karl Schweitzer 232

Dr. Eva Glawischnig 232

Hermann Gahr 234

Ing. Wilhelm Weinmeier 234

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 235

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 648 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend das Angebot von Getränken in Mehrweggebinden (E 86) 235

31. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 317/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend eine österreichische Initiative für EU-Projekte zur Sanierung nuklearer Altlasten auf der Halbinsel Kola und in der Barents-See (649 d. B.) 235

Redner:

Katharina Pfeffer 236

Mag. Karl Schweitzer 236

Matthias Ellmauer 236

Dr. Eva Glawischnig 237

Georg Oberhaidinger 238

Karlheinz Kopf 239

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend österreichische Anti-Atompolitik – Ablehnung 237, 240

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend raschestmögliche Absicherung einer österreichischen Stromlösung zur Forcierung der Anti-Atompolitik der Bundesregierung – Ablehnung 238, 240

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent, Mag. Ulrike Sima, Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend die konsequente Fortsetzung der gemeinsamen Anti-Atompolitik Österreichs – Annahme (E 88) 239, 240

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 649 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend eine österreichische Initiative für EU-Projekte zur Sanierung nuklearer Altlasten auf der Halbinsel Kola und in der Barents-See (E 87) 240


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71. Sitzung / Seite 12

Eingebracht wurden

Petitionen 50

Petition betreffend "Sofortige Abschaffung der Unfallrenten-Besteuerung" (Ordnungsnummer 25) (überreicht von der Abgeordneten Inge Jäger )

Petition zur Erhaltung des Wachzimmers Reichenau in Innsbruck (Ordnungsnummer 26) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm )

Petition betreffend "Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Rettungsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften" (Ordnungsnummer 27) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl )

Petition betreffend "Aufsichtspflicht der Landeshauptleute" (Ordnungsnummer 28) (überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr )

Bürgerinitiativen 50

Bürgerinitiative betreffend "für 1 und 2 Euro-Banknoten" (Ordnungsnummer 19)

Bürgerinitiative betreffend "Gleich viel Recht für gleich viel Liebe" (Ordnungsnummer 20)

Regierungsvorlagen 48

519: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

525: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Obersten Gerichtshof und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden

552: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

588: Erklärung der Republik Österreich betreffend die einvernehmliche Beendigung von drei Staatsverträgen im Verhältnis zur Tschechischen Republik

596: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Arabischen Republik Ägypten über die Förderung und den Schutz von Investitionen

600: Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen

620: Bundesgesetz, mit dem ein Kinderbetreuungsgeldgesetz erlassen wird sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden


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621: 1. Euro-Umstellungsgesetz – Bund

622: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

624: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (58. Novelle zum ASVG)

625: Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum GSVG)

626: Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum BSVG)

627: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (28. Novelle zum B-KUVG)

628: Apothekerkammergesetz 2001

629: 2. Ärztegesetz-Novelle

630: Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird

631: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Österreichischer Bundesverlag Gesellschaft mit beschränkter Haftung erlassen und das Bundesgesetz über die Neuregelung der Rechtsstellung des Österreichischen Bundesverlages geändert wird

632: Bundesgesetz über den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen mit internationalen Finanzinstitutionen

633: Bundesgesetz über einen österreichischen Beitrag zum Treuhandfonds für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Trust Fund)

634: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (Rundfunkgesetz-RFG), BGBl. Nr. 379/1984, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2001 und das Arbeitsverfassungsgesetz 1974, BGBl. Nr. 22/1974, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 14/2000 geändert werden

635: Privatfernsehgesetz – PrTV-G

636: Dienstrechts-Novelle 2001 – Universitäten

643: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird

644: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird

Berichte 51

III-100: Außenpolitischer Bericht 2000; Bundesregierung

III-101: Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes 2000 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförde


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71. Sitzung / Seite 14

rungsgesetzes erwachsenden Belastungen; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-102: Bericht betreffend den Tätigkeitsbericht des Statistikrates bei der Bundesanstalt "Statistik Österreich" über das Kalenderjahr 2000; Bundesregierung

III-103: Forschungs- und Technologiebericht 2001; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur im Einvernehmen mit BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Änderung der EU-Atompolitik (446/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Verwendung der Mittel aus der Technologie-Offensive (447/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend regelmäßige Berichte über die Entwicklung der ÖIAG-Holding (448/A) (E)

Anton Heinzl und Genossen betreffend Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Rettungsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften (449/A) (E)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Sicherung der personellen Ressourcen in den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung und anderen Bundesanstalten (450/A) (E)

Zurückgezogen wurden die Anträge der Abgeordneten

Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem demokratische Grundrechte für nichtösterreichische StaatsbürgerInnen sichergestellt werden sollen (14/A) (Zu 14/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz [(251/A) (E)] [(Zu 251/A) (E)]

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend soziale Auswirkungen durch die Umstrukturierung der Telekom Austria (2479/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Offensiv-Konzept Post AG (2480/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend soziale Auswirkungen durch die Umstrukturierung der Telekom Austria (2481/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Unterrichtung des Nationalrates gem. Art. 23e B-VG über den Bericht des französischen Vorsitzes über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (2482/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Konzentrationsprozess der Druckmedien (2483/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Konzentrationsprozess der Druckmedien (2484/J)


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Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bundeswohnungen (2485/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Österreichs Stimmverhalten bei der Wahl des Vorsitzenden des EU-Militärausschusses (2486/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Bundesstraßen mit unzureichenden Kriechspuren am Beispiel der B 41 (2487/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Rettungsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften (2488/J)

Mag. Eduard Mainoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend fragwürdige Interventionen von BAWAG-Generaldirektor Dr. Helmut Elsner im Zusammenhang mit der ATOMIC-Pleite (2489/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Budgetierung der Institute aus dem Lebensmittel- und Agrarbereich (2490/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Provisionskürzungen bei Briefmarken (2491/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend GVO-Verunreinigungen von Saatgut (2492/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend GVO-Verunreinigungen von Saatgut (2493/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Budgetierung der Institute aus dem Lebensmittel- und Agrarbereich (2494/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Entschädigungszahlungen (2495/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Praxis bei der Behandlung von Flüchtlingen (2496/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Anmerkungen im Ministerratsprotokoll zur Regierungsvorlage betreffend die 58. ASVG-Novelle (2497/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Bundeskrankenanstaltengesetz § 5b "Qualitätssicherung" am Beispiel Kaiserschnittentbindungen (2498/J)


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Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die psychischen Belastungen und das lebensbedrohende Risiko des Assistenzeinsatzes für Präsenzdiener (2499/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Stellungnahme zum CPT-Bericht (2500/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Hinweis eines Arztes der Bundespolizeidirektion Wien im Rahmen einer Schulung, dass in Österreich Medikamente zur Sicherstellung von Abschiebungen eingesetzt werden (2501/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend illegale Pflanzenschutzmittel auf Österreichs Feldern (2502/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umfahrung Enns (2503/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Zusammensetzung und Aufgaben der Bioethikkommission (2504/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bestellung von Aufsichtsräten und Vorständen der Telekom (2505/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bestellung von Aufsichtsräten und Vorständen der Telekom (2506/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Finanzierungsquellen der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft (2507/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Wortlaut der abgeschlossenen Studie über die derzeitige Situation der Sozialhilfe (2508/J)

Sophie Bauer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Folgen der Neustrukturierung der Finanzverwaltung für das Finanzamt Voitsberg (2509/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an die Vizekanzlerin betreffend Einhaltung des Habsburger-Gesetzes (2510/J)

Anton Gaál und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Vorkommnisse in der Universität Salzburg (2511/J)

Kurt Eder und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kreditkartenzahlungen bei Verkehrsstrafen und andere interne Zahlungsmöglichkeiten im e-government (2512/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Vertretung der Republik Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (2513/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation im Bereich der Sicherheitsverwaltung (2514/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zusatzfragen zu Informationsbeschaffung im Bereich der Exekutive (2515/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anfragebeantwortung vom 30.01.01 (2516/J)

Rudolf Edlinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der ÖIAG (2517/J)


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71. Sitzung / Seite 17

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend help.gv.at (2518/J)

Günter Kiermaier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Westbahn in Niederösterreich (2519/J)


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71. Sitzung / Seite 18

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2520/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2521/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2522/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2523/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2524/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2525/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2526/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2527/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2528/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2529/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2530/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Tätigkeiten von Unternehmensberatungsfirmen in Unternehmen nach Art. 52 Abs. 2 BVG (2531/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verwendung von Klärschlamm als Düngemittel (2532/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität im Bezirk Graz-Umgebung (2533/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Rechtsberatung in Gemeinden/Städten" (2534/J)

Karl Dobnigg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Schließung der Kfz-Werkstätte der BPD Leoben (2535/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Wiener Künstlerhaus (2536/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Wiener Künstlerhaus (2537/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Lehrverpflichtung österreichischer Pflichtschullehrer (2538/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Forschung in pädagogischen Akademien (2539/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Anzahl der Ehrungen (2540/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Stellungnahme zum CPT-Bericht (2541/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Stellungnahme zum CPT-Bericht 1999 (2542/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die innerstaatliche Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (2543/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Hepatitis C – Entschädigungsfonds (2544/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Gehaltshöhe Museums- und NB-Direktoren (2545/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend aktuelle Entwicklungen in der Albertina (2546/J)

Karl Dobnigg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Schließung von Gendarmerieposten im Bezirk Leoben (2547/J)

Dr. Peter Wittmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Anfragebeantwortung 2185/AB vom 22.5.2001 und den darin enthaltenen Hinweis auf eine "Analyse der Effizienz der Dienststellenstruktur" (2548/J)

Dr. Peter Wittmann und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend die Verteilung der Allgemeinen Bundessportförderung nach Bundesländern für das Jahr 2002 (2549/J)

Mag. Christine Lapp und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einzahlung des Studienbeitrages (2550/J)

*****

Karl Öllinger und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Höhe der Politikerpension eines Volksanwaltes (17/JPR)


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71. Sitzung / Seite 19

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend soziale Auswirkungen durch die Umstrukturierung der Telekom Austria (2446/J) (Zu 2446/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2089/AB zu 2100/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2090/AB zu 2104/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (2091/AB zu 2116/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2092/AB zu 2179/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (2093/AB zu 2095/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2094/AB zu 2107/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2095/AB zu 2112/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2096/AB zu 2113/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen (2097/AB zu 2121/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg und Genossen (2098/AB zu 2096/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2099/AB zu 2098/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2100/AB zu 2108/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Genossen (2101/AB zu 2109/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2102/AB zu 2124/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2103/AB zu 2242/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (2104/AB zu 2173/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2105/AB zu 2141/J)


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71. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2106/AB zu 2137/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2107/AB zu 2099/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (2108/AB zu 2117/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2109/AB zu 2136/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2110/AB zu 2120/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (2111/AB zu 2150/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2112/AB zu 2239/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2113/AB zu 2123/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2114/AB zu 2106/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2115/AB zu 2118/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2116/AB zu 2125/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (2117/AB zu 2126/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2118/AB zu 2157/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2119/AB zu 2271/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2120/AB zu 2133/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (2121/AB zu 2178/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (2122/AB zu 2128/J)


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71. Sitzung / Seite 21

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2123/AB zu 2130/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (Zu 2123/AB zu 2130/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2124/AB zu 2122/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2125/AB zu 2131/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2126/AB zu 2138/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner und Genossen (2127/AB zu 2329/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2128/AB zu 2135/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2129/AB zu 2134/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2130/AB zu 2155/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2131/AB zu 2156/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2132/AB zu 2160/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2133/AB zu 2171/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2134/AB zu 2182/J)

des Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (2135/AB zu 2282/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2136/AB zu 2145/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel und Genossen (2137/AB zu 2295/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (2138/AB zu 2297/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2139/AB zu 2140/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2140/AB zu 2143/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2141/AB zu 2148/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2142/AB zu 2142/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2143/AB zu 2302/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2144/AB zu 2139/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2145/AB zu 2132/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2146/AB zu 2181/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2147/AB zu 2251/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (2148/AB zu 2268/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2149/AB zu 2147/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (2150/AB zu 2149/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2151/AB zu 2152/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Amon, MBA und Genossen (2152/AB zu 2153/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2153/AB zu 2158/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (2154/AB zu 2162/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (2155/AB zu 2163/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (2156/AB zu 2164/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen (2157/AB zu 2165/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen (2158/AB zu 2166/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen (2159/AB zu 2167/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (2160/AB zu 2168/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2161/AB zu 2169/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (2162/AB zu 2170/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (2163/AB zu 2174/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen (2164/AB zu 2175/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (2165/AB zu 2177/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen (2166/AB zu 2184/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (2167/AB zu 2185/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (2168/AB zu 2217/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2169/AB zu 2159/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2170/AB zu 2161/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (2171/AB zu 2187/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2172/AB zu 2146/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (2173/AB zu 2172/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (2174/AB zu 2154/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2175/AB zu 2180/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (2176/AB zu 2203/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (2177/AB zu 2176/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2178/AB zu 2249/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (2179/AB zu 2253/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (2180/AB zu 2188/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 24

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (2181/AB zu 2186/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (2182/AB zu 2144/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (2183/AB zu 2220/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2184/AB zu 2235/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (2185/AB zu 2244/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen (2186/AB zu 2255/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2187/AB zu 2190/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Pfeffer und Genossen (2188/AB zu 2275/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2189/AB zu 2296/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (2190/AB zu 2254/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Zierler und Genossen (2191/AB zu 2192/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2192/AB zu 2219/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2193/AB zu 2232/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2194/AB zu 2209/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Sylvia Papházy, MBA und Genossen (2195/AB zu 2200/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2196/AB zu 2234/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2197/AB zu 2194/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2198/AB zu 2210/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2199/AB zu 2227/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 25

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (2200/AB zu 2229/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits und Genossen (2201/AB zu 2245/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2202/AB zu 2256/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2203/AB zu 2205/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann und Genossen (2204/AB zu 2196/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (2205/AB zu 2199/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Astrid Stadler und Genossen (2206/AB zu 2218/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (2207/AB zu 2214/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (2208/AB zu 2216/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits und Genossen (2209/AB zu 2246/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2210/AB zu 2201/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (2211/AB zu 2202/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (2212/AB zu 2221/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (2213/AB zu 2288/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2214/AB zu 2304/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (2215/AB zu 2197/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (2216/AB zu 2230/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2217/AB zu 2215/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen (2218/AB zu 2226/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (2219/AB zu 2195/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2220/AB zu 2204/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2221/AB zu 2213/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Huber und Genossen (2222/AB zu 2224/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2223/AB zu 2236/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2224/AB zu 2237/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2225/AB zu 2206/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2226/AB zu 2257/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2227/AB zu 2212/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2228/AB zu 2269/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (2229/AB zu 2285/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2230/AB zu 2248/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2231/AB zu 2283/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (2232/AB zu 2323/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (2233/AB zu 2198/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2234/AB zu 2207/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2235/AB zu 2208/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2236/AB zu 2211/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen (2237/AB zu 2225/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (2238/AB zu 2223/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 27

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (2239/AB zu 2231/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (2240/AB zu 2243/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (2241/AB zu 2193/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2242/AB zu 2238/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2243/AB zu 2240/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2244/AB zu 2307/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2245/AB zu 2337/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2246/AB zu 2278/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2247/AB zu 2318/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (2248/AB zu 2284/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (2249/AB zu 2252/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2250/AB zu 2301/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2251/AB zu 2306/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2252/AB zu 2317/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2253/AB zu 2340/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2254/AB zu 2313/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (2255/AB zu 2250/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2256/AB zu 2258/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 28

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (2257/AB zu 2332/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2258/AB zu 2312/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (2259/AB zu 2247/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2260/AB zu 2335/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2261/AB zu 2292/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2262/AB zu 2308/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann und Genossen (2263/AB zu 2299/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (2264/AB zu 2327/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (2265/AB zu 2386/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2266/AB zu 2305/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2267/AB zu 2291/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2268/AB zu 2316/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2269/AB zu 2338/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2270/AB zu 2336/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (2271/AB zu 2328/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2272/AB zu 2314/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2273/AB zu 2303/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2274/AB zu 2294/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (2275/AB zu 2290/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2276/AB zu 2261/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2277/AB zu 2273/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (2278/AB zu 2260/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2279/AB zu 2262/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen (2280/AB zu 2264/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder und Genossen (2281/AB zu 2266/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (2282/AB zu 2267/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (2283/AB zu 2286/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (2284/AB zu 2325/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (2285/AB zu 2326/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2286/AB zu 2263/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2287/AB zu 2265/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2288/AB zu 2309/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2289/AB zu 2310/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2290/AB zu 2321/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Leiner und Genossen (2291/AB zu 2324/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2292/AB zu 2343/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2293/AB zu 2300/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (2294/AB zu 2276/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (2295/AB zu 2280/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 30

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (2296/AB zu 2281/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (2297/AB zu 2289/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2298/AB zu 2319/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2299/AB zu 2341/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2300/AB zu 2311/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2301/AB zu 2270/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (2302/AB zu 2287/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2303/AB zu 2315/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2304/AB zu 2322/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (2305/AB zu 2331/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2306/AB zu 2344/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (2307/AB zu 2272/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (2308/AB zu 2274/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (2309/AB zu 2279/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel und Genossen (2310/AB zu 2298/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.  Eva Glawischnig und Genossen (2311/AB zu 2330/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (2312/AB zu 2277/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2313/AB zu 2293/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 31

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder und Genossen (2314/AB zu 2345/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2315/AB zu 2334/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2316/AB zu 2333/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2317/AB zu 2339/J)

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des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (16/ABPR zu 16/JPR)

 

 


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitte Sie, Platz zu nehmen. Hiermit eröffne ich die 71. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 69. Sitzung vom 10. Mai sowie der 70. Sitzung vom 11. Mai sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Hagenhofer, Verzetnitsch, Fink, Mag. Stoisits, Haller und Dr. Povysil.

*****

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundeskanzler hat über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten hinsichtlich der Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Herr Innenminister Dr. Ernst Strasser wird durch Herrn Bundesminister Dr. Martin Bartenstein vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde, deren Thema lautet:

"Die Glaubwürdigkeit der Anti-Atompolitik der österreichischen Bundesregierung (dokumentiert z.B. im Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich) vor dem Hintergrund des Ausverkaufs österreichischer Energieunternehmen an ausländische Atomkonzerne"

Die geschäftsordnungsmäßigen Bestimmungen hinsichtlich der Aktuellen Stunde sind Ihnen bekannt: Ein Redner erhält zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten, anschließend folgt eine Stellungnahme eines Regierungsmitgliedes, danach beginnt eine Debatte mit Diskussionsbeiträgen von je 5 Minuten.

Zur Begründung des Themas der Aktuellen Stunde erhält Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig das Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

9.04

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben die Aktuelle Stunde heute diesem Thema gewidmet, da man nach einer Entscheidung wie dem Verkauf der KELAG an einen deutschen Atomkonzern unserer Meinung nach nicht zur Tagesordnung übergehen kann, sondern solch eine Entscheidung vor dem Hintergrund der österreichischen Anti-Atompolitik diskutieren und kritisch hinterfragen muss.


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Aus unserer Sicht handelt es sich um eine absolut katastrophale Entscheidung, die massive Probleme aufwirft, was unsere Glaubwürdigkeit hinsichtlich unserer Anti-Atompolitik und unserer E-Wirtschaft betrifft! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Ich bin auch froh darüber, dass der Herr Bundeskanzler bei der Diskussion über dieses Thema anwesend ist, denn wir haben in den letzten Wochen und Monaten ein bisschen das Gefühl bekommen, dass Anti-Atompolitik keine Chefsache mehr ist. (Abg. Großruck: Jetzt ist sie wieder eine!) Gerade dieser KELAG-Deal der drei Kärntner Parteien, der SPÖ, der Freiheitlichen und der ÖVP, verdient kritische Aufmerksamkeit.

Wer ist die RWE? Warum ist das so eine katastrophale Entscheidung? – Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Die RWE ist der größte Energiekonzern Deutschlands, der drittgrößte Europas, er produziert 20 Prozent seines Stromes in Atomkraftwerken (Abg. Mag. Schweitzer: 19! 19!), ist an sieben deutschen AKWs beteiligt, hat umfangreiche Verträge mit der französischen EdF, massive Interessen in Südosteuropa und ist nach dem Kauf des britischen Wasserversorgers auch der drittgrößte Player im internationalen Wassergeschäft.

Diese Firma hat jetzt 49 Prozent der Kärntner Energiegesellschaft übernommen. Was ist die KELAG bisher gewesen? – Die KELAG war das bislang sauberste Energieversorgungsunternehmen Österreichs: zu 85 Prozent Wasserkraft, große Trinkwasserressourcen – Karawanken, Speicherkraftwerke, Speicherseen mit Trinkwasserqualität –, und all das wurde nun "ausverkauft"!

Der Verkauf wurde in der Kärntner Landesregierung und auch im Landtag völlig unkritisch beurteilt. In der Landtagssitzung hat es nicht einmal eine Debatte darüber gegeben. Es waren sich alle drei Parteien darin einig, einen wesentlichen Teil unserer Anti-Atompolitik für 4,2 Milliarden Schilling einfach zu versenken! (Beifall bei den Grünen.)

Die Einstellung der österreichischen Bevölkerung ist allen Anwesenden, glaube ich, sehr wohl bewusst. Wir wissen, dass 91 Prozent der Menschen in Österreich den Import von Atomstrom generell ablehnen und dass 87 Prozent auch den Verkauf von österreichischen Energieunternehmen an ausländische Atomkonzerne massiv ablehnen.

Jetzt stellt sich die Frage: Wie kommen drei Parteien in Kärnten dazu, eine derartige Bankrotterklärung der Umweltpolitik, der Anti-Atompolitik und der Energiepolitik einfach so über die Bühne gehen zu lassen, obwohl sie noch Monate vorher – eigentlich nur knapp zwei Monate vorher! – ganz andere Töne angeschlagen haben?

Konkret: Der Kärntner Landeshauptmann, der sich in der Vergangenheit vollmundigst gegen Temelin ausgesprochen hat, der mit dem Helikopter an die Grenzen gereist ist, der davor gewarnt hat, dass Österreich von ausländischen Atomkonzernen beherrscht werden könnte, und der sogar die Steirer gegeißelt hat, weil diese bereits 25 Prozent ihrer Energiegesellschaft an einen Atomkonzern verkauft haben, und der gesagt hat, diese hätten keinen Platz mehr in einer sauberen österreichischen Lösung, dieser Landeshauptmann macht einen Salto mortale und zwei Monate später genau das, was er vorher in den harschesten, schärfsten und kritischsten Worten gegeißelt hat. Er verkauft einen Teil unserer E-Wirtschaft an einen deutschen Atomkonzern, der, wie gesagt, massive strategische Interessen in Richtung Südosteuropa hat und sich im Vertrag auch noch ausbedungen hat, dass – das muss man sich einmal auf der Zuge zergehen lassen! – die KELAG die Betriebsplattform der RWE für Österreich werde.

Also: Die KELAG wird die Vertriebsplattform für Atomstrom aus Frankreich und Deutschland für Österreich und Südosteuropa!

Dass das unsere Verhandlungsposition schwächt und unsere Bemühungen im Bereich Anti-Atompolitik massiv konterkariert, da es in Slowenien, in Tschechien natürlich verfolgt wird, ist doch klar! Wie will man denn weiterhin gegen Krško oder gegen Temelin oder gegen Mochovce vorgehen, wenn sich die KELAG in einem Vertrag als die Vertriebsplattform für ausländischen Atomstrom verpflichtet?


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Ist das nicht ein absoluter Widerspruch? Ist das nicht völlig unglaublich? Ist das nicht der völlige Bankrott unserer Anti-Atompolitik? (Beifall bei den Grünen.)

Man kann natürlich sagen: Wer jemals geglaubt hat, dass es Landeshauptmann Haider mit seinen Aussagen in Bezug auf Umweltpolitik oder Anti-Atompolitik oder einer vernünftigen Energiepolitik nur in Ansätzen ernst ist, ist selber schuld, denn es lässt sich wahrscheinlich zu jeder Aussage von Landeshauptmann Jörg Haider eine gegenteilige Aussage von ihm finden.

Dies trifft natürlich auch im Bereich Anti-Atompolitik zu. Vor zwei Monaten wurde noch gewarnt, für eine saubere Stromlösung plädiert: Österreich müsse aufpassen, dass es nicht von Atomkonzernen aus dem Ausland beherrscht werde, Österreich müsse Herr im eigenen Haus bleiben! – All das sagte Haider vor zwei Monaten. Aber, wie gesagt: Wer Haider in dieser Frage jemals geglaubt hat, ist selber schuld. (Abg. Mag. Schweitzer: Rede ist schlecht vorbereitet!)

Dass diese Politik sich selber demaskiert hat, dass das eine massive Konterkarierung all unserer Bemühungen gegen Temelin und die anderen grenznahen AKWs ist, liegt auf der Hand. Und dass es auch der Tiefpunkt der österreichischen Energiepolitik ist, dass damit eine österreichische Lösung mit einem starken Wasserkraftkonzern massiv behindert wird und dass es zudem eine Bankrotterklärung für den Schutz der Trinkwasserressourcen ist, ist auch evident. (Beifall bei den Grünen.)

Aber auch die anderen beiden Parteien haben diesem Deal einfach zugestimmt. Das muss man auch noch einmal kritisch hinterfragen! Was hat eine Kärntner SPÖ dazu verleitet, was hat sie dazu getrieben, bei diesem Haider-Deal gegen die Interessen eines österreichischen Unternehmens, nämlich des Verbundes, auch nur in irgendeiner Weise mitzumachen? Was war wirklich der Hintergrund dieses ganzen Deals? Für mich ist das nicht nachvollziehbar!

Auch der Wirtschaftsminister muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er das in den letzten Monaten mit einer "Laisser-faire"-Politik treiben hat lassen und in keiner Weise offensiv auf eine österreichische Lösung hingearbeitet hat. Es ist tatsächlich so, dass diese österreichische Lösung immer wieder von allen Parteien gefordert worden ist. Aber warum kommt sie dann nicht zustande? Da kann man sich nicht auf störrische Landeshauptleute ausreden. Diese sind zwar auch mitschuldig, aber es ist die Aufgabe des Energieministers, dafür zu sorgen, dass österreichische Interessen in einem strategisch vernünftigen industriepolitischen Konzept zusammengeführt werden.

Die ÖVP und die Freiheitlichen haben sich mit diesem Deal atompolitisch – ich muss es so formulieren – wirklich ins Knie geschossen. Die SPÖ in Kärnten verstehe ich in dieser Frage nicht. Aber wir möchten diesen Anlass nützen, um hier im Nationalrat eine Diskussion zu starten, ein klares Signal zu setzen und einen klaren Auftrag des Parlamentes in Richtung der Bundesländer zu geben.

Es stehen weitere Verhandlungen hinsichtlich der Energiegesellschaften anderer Länder an – das betrifft Niederösterreich und Oberösterreich, und das betrifft den Verbund. Um diese kreisen europäische Konzerne, die zum Teil Kriegskassen in der Größenordnung unseres Gesamtbudgets haben. Die E.ON, einer der weltweit fast größten Konzerne, hat eine Kriegskasse von 500 Milliarden Schilling! Ich halte es für unglaublich kleinlich und kurzsichtig, wenn neun Bundesländer nur ein Ziel haben: Wir möchten unsere Mehrheiten nicht verlieren!

Jetzt geht es darum, dass Österreich als Energieproduktionsstandort mittelfristig abgesichert wird, und dass wir nicht scheibchenweise in einem Bundesland nach dem anderen – zuerst die Steiermark, dann Kärnten, dann vielleicht Niederösterreich, dann vielleicht Oberösterreich, dann der Verbund – unsere Anteile verlieren und strategische Möglichkeiten, was unsere Anti-Atompolitik und unsere Energiepolitik betrifft, einfach aufgeben. Das wäre extrem kurzsichtig! Ich würde mir wünschen, dass der Nationalrat heute am Abend, wenn wir das Umweltpaket diskutieren, eine Entschließung verabschiedet, in der wir einen klaren Appell an die Landeshauptleute richten, große Bemühungen und Anstrengungen zu starten, um doch noch eine österreichische Stromlösung herbeizuführen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Oberhaidinger. )


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Zwar sind Kärnten und die Steiermark schon verloren, aber das sollte nicht das Ende sein. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir in Zukunft solch massive Fehlentscheidungen, wie sie soeben in Kärnten getroffen worden sind, verhindern können! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschluss: Es geht nicht nur um Energiepolitik und um Anti-Atompolitik, es geht auch um den Schutz der österreichischen Trinkwasserressourcen. Wir wissen, dass gerade in den Speicherkraftwerken und in den Speicherseen hochwertiges Trinkwasser vorhanden ist. Wie mit dem Einstieg der RWE jetzt sichtbar wird, sind es die europäischen Stromgesellschaften, die massives Interesse auch an unseren Wasserressourcen haben. Man kann jetzt natürlich darüber diskutieren, was eine ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte nicht diskutieren, sondern den Schlusssatz.

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Danke! – Ich möchte noch einen letzten Appell vor allem an die Kollegen von den Freiheitlichen und der ÖVP richten: Es geht auch um die österreichischen Trinkwasserressourcen. Wenn man so fahrlässig mit diesen Ressourcen umgeht, dann darf man sich nicht darüber wundern, dass die Opposition hier von diesem Pult aus die Bankrotterklärung der Umweltpolitik feststellen muss. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Gegenstand der Aktuellen Stunde gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Seine Redezeit soll ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

9.14

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des KELAG-Verkaufs ist natürlich nicht ein Thema des Nationalrates, sondern ein Thema des Kärntner Landtages. Das wissen Sie genau! (Abg. Mag. Posch: Minister Bartenstein hat nichts damit zu tun? Das ist mir neu!) Irgendwo sollten schon die verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten und auch die aktienrechtlichen Zuständigkeiten gewahrt bleiben. Aber ich bin Ihnen dankbar dafür, dass wir nun die Gelegenheit haben, über Energiepolitik zu sprechen, denn diesbezüglich hat diese Bundesregierung einiges an Positivem vorzuweisen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Erstens können wir bei einer solchen Debatte nachweisen, dass es möglich ist, den gesamten Energiebedarf in Österreich – und weit mehr! – ohne Atomenergie abzudecken. Wir können ohne diese gefährliche Form der Energieerzeugung eine umweltschonende und umweltfreundliche Produktion garantieren, und darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens können wir damit beweisen, dass sich die österreichische Linie bei der Öffnung des Strommarktes bewährt. Wie beim Telefon spürt es jeder Gewerbetreibende und jeder Konsument: Es werden die Preise sinken! Und auch das ist in Zeiten, in denen manches teurer wird, eine erfreuliche Botschaft für die Konsumenten – übrigens dank unseres Wirtschaftsministers, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nicht ich, sondern das Wifo schätzt, dass die Stromkosten für die Haushalte um etwa 10 Prozent sinken werden, für die Gewerbetreibenden sogar um 15 Prozent. – Alle diese Erfolge wären nicht möglich gewesen, hätte man das langsame und zögernde Reformtempo – man könnte beinahe vom "gewagten Bremsmanöver" sprechen, das die Opposition in dieser Frage versucht hat – weiter verfolgt.

Jetzt aber, im offenen Strommarkt, liegt es natürlich auch bei den Konsumenten. Sie haben die Wahl, welche Form der Energieerzeugung sie bevorzugen. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ja unglaublich!) Und das ist eine wichtige Verantwortung, denn der Marktteilnehmer entscheidet natürlich darüber, ob man Strom aus Wasserkraft, aus Windkraft, aus Kohlekraft oder gar aus importiertem Atomstrom in Kauf nimmt. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ja unglaublich! Wir brauchen Atomstrom, damit die Konsumenten wählen können!?)


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Wir sorgen für die Transparenz, für die Ersichtlichmachung der Energieproduktion. Natürlich hat dann der Konsument die Verantwortung und die Wahlmöglichkeit – so muss es sein!

Österreich hat dabei gegenüber den anderen europäischen Ländern eine bevorzugte Stellung. Die EU hat sich für das Jahr 2010 das Ziel vorgenommen, 22 Prozent der gesamten Energieproduktion, des gesamten Energieverbrauches aus erneuerbarer Energie zu gewinnen. Wir beziehen bereits heute 25 Prozent unseres Gesamtenergieverbrauches und 74 Prozent des österreichischen Stroms aus erneuerbarer Energie!

Darauf können wir stolz sein, und dafür müssen wir auch denen danken, die in den letzten 20 Jahren 110 Milliarden Schilling in Wasserkraftwerke investiert haben, zum Teil gegen den erbitterten Widerstand gerade der Grünen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit der österreichischen Lösung ist es so eine Sache: Wir haben vor langer Zeit – damals war ich noch Wirtschaftsminister, und meine Nach-Nachfolger haben es genauso gemacht – darum gekämpft, dass es möglich ist, über den Kantönligeist hinaus, über die Landesgrenzen hinaus eine große österreichischen Wasserkraftlösung zu finden.

Dazu hätten wir einige Dinge gebraucht. Wir hätten beispielsweise eine verfassungsmäßige Öffnung der 51-Prozent-Klausel gebraucht, natürlich mit dem Ziel, dass man dann tauschen kann, dass man dann auch die Möglichkeit hat, an die Börse zu gehen. Bis Juni vergangenen Jahres, als wir das beantragt haben, gab es dazu ein absolutes Nein von der Opposition, die dafür natürlich die Verfassungsmehrheit hätte sichern müssen. Gestern kam dann ein Vorstoß des SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer, der genau das Gleiche – eins zu eins! – gesagt hat, was Wirtschaftsminister Bartenstein schon vor Monaten vorgeschlagen, was damals aber keine Reaktion hervorgerufen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Das macht er ja immer!)

Daher: Wenn wir "Österreich rot-weiß-rot" im Herzen haben, dann sollte man rechtzeitig auf die gescheiten Vorschläge der Regierung und der Regierungsmehrheit eingehen und nicht hintennach draufkommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.  – Abg. Dr. Khol: Salto vorwärts! – Abg. Dr. Gusenbauer: Eine bisschen eine einfache ...!)

In der Frage KELAG bin ich ganz bei Ihnen, Frau Abgeordnete. Ich verstehe da auch manches nicht. Soweit ich informiert bin – aber wir waren ja nicht eingeschaltet, wir sind auch nicht verantwortlich und zuständig dafür, wir hätten da absolut nichts zu sagen gehabt! –, hat – und ich habe das für sehr gescheit gehalten – die Verbundgesellschaft mehr angeboten als die RWE. Sie hat für 51 Prozent 4,5 Milliarden Schilling geboten, die RWE für 49 Prozent 4,2 Milliarden. Allerdings ist die Mehrheit, die Frage 49 oder 51 Prozent, gar nicht relevant, denn die Verbundgesellschaft hat heute schon 36 Prozent an der KELAG, und durchgerechnet aufs Ganze ist es bedeutungslos, ob ich dann 49 oder 51 Prozent dazu bekomme, ich habe auf jeden Fall die Mehrheit.

Warum daher das bessere Angebot in cash, von der Verbundgesellschaft, nicht angenommen wurde, weiß ich nicht. Aber dies ist auch nicht das Thema für dieses Haus, sondern Thema des Kärntner Landtages. Dort gehört das hin!

Ich glaube aber, dass es gescheit war, dass die Verbundgesellschaft ihre Karten auf den Tisch gelegt hat. Wir alle sollten ihr dafür dankbar sein, und ich bin sicher, dass die Bemühungen weitergehen werden.

So skeptisch und pessimistisch wie Sie in der Frage Steiermark bin ich gar nicht, denn dort laufen die Verhandlungen gar nicht schlecht. Ich hoffe sehr, dass dort eine kleine österreichische Lösung zustande kommen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Letzter Punkt: Temelin. Wissen Sie: Reden ist eines und Handeln ein anderes. – Ich bin sehr dafür, dass wir den Melker Prozess weiterführen, weil er die einzige Chance ist, dass wir im


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Gespräch mit den tschechischen Nachbarn, im Gespräch auch mit Deutschland – das war ein wichtiges Thema beim Besuch von Bundeskanzler Schröder –, Kontakte der Umweltminister vereinbaren und in dieser Frage weiterkommen. Immer nein zu sagen und jeden zu kritisieren, der es wagt, im Gespräch zu bleiben, Frau Abgeordnete Glawischnig, das halte ich eigentlich für ziemlich schlicht und wird der Sache jedenfalls keinen guten Dienst erweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bleiben wir also im Gespräch, bleiben wir bei der gemeinsamen Linie, die alle vier Parlamentsparteien in der Frage Temelin immer hatten, aber wählen wir den demokratischen Weg – nicht den Weg der Blockaden –, den Weg des Dialogs! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie von Bundesminister Dr. Bartenstein. )

9.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Die Redezeiten betragen, wie bekannt, jeweils 5 Minuten.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Er hat das Wort.

9.22

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas enttäuscht. Es wäre nämlich wirklich, so glaube ich, wenn es um die Sachkenntnis geht, gescheiter gewesen, Bundesminister Bartenstein hätte hier seine Stellungnahme zu diesem Thema abgegeben. Herr Bundeskanzler! Wenn Sie wirklich einmal Wirtschaftsminister waren, so muss ich feststellen, dass Sie all das, was Sie zu dem Thema wahrscheinlich einmal gewusst haben, gänzlich vergessen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn Bundeskanzler Schüssel für die Konsumenten in Österreich eine Preissenkung ankündigt, darf ich daran erinnern, dass mit der Erhöhung der Energieabgabe diese Preissenkung bereits vorweggenommen wurde; also werden wir erleben, dass es kaum zu Preissenkungen kommen wird. All das, was bisher angeboten wurde, ist reine Chimäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Grünen zweifeln die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung in Sachen Anti-Atompolitik an. Ich frage: Wie glaubwürdig ist diese Bundesregierung in der österreichischen Stromlösung? – Wenn Wirtschaftsminister Bartenstein von der KELAG-Entscheidung leicht überrascht ist, dann bin ich mehr als erstaunt darüber. Natürlich hat Landeshauptmann Haider mehrmals auf die österreichische Wasserkraft-Gesellschaft, die er gerne hätte, hingewiesen und hat das des Öfteren ausgesprochen, aber er war anscheinend ebenso überrascht von der Reaktion von Bundesminister Bartenstein, der, wie er sagte, schon im Februar dieses Jahres angekündigt hat, endlich Gespräche über die österreichische Stromlösung führen zu wollen. – Passiert ist bis heute nichts!

Es ist so, wie gestern unser Vorsitzender Dr. Gusenbauer in der Pressekonferenz gesagt hat: KELAG passierte durch das Nicht-Handeln dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Allem Anschein nach ist die Bundesregierung, seitdem sie ihr selbstgewähltes Motto "Speed kills" aufgegeben hat, etwas ins Trudeln gekommen. Sie ist – wie man so schön sagt – aus dem Tritt gekommen. Im Großen und Ganzen ist das für die Österreicherinnen und Österreicher ja kein Unglück – so werden sie durch das Nicht-Handeln vor vielen Grauslichkeiten bewahrt –, aber es gibt auch Zwänge, die die Bundesregierung zum Handeln veranlassen sollten. Anscheinend ist sie so sehr mit dem Austauschen – und zwar mit dem sündteuren Austauschen – von Vorständen, von Köpfen, beschäftigt, dass sie gar keine Zeit findet, das zu machen, wozu sie eigentlich Bundesregierung ist – frei nach dem Motto: Blau sagt an und Schwarz vollzieht! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)


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Wie sonst, Herr Bundeskanzler, kann der Verbund in Kärnten etwas anbieten, das gar nicht zum Verkauf steht? – Obwohl wir wissen, dass es dort um eine Beteiligung in der Holding gegangen wäre, weise ich darauf hin, dass sich der Verbund in Oberösterreich genauso verhält. Wenn die Bundesregierung wirklich an einer österreichischen Stromlösung interessiert ist, frage ich: Wo bleibt die Eigentümerverantwortung der Bundesregierung? – Herr Bundesminister Bartenstein! Du weißt ganz genau, in deiner Eigentümerverantwortung hättest du die Möglichkeit, zumindest über den Aufsichtsrat des Verbunds, der ja ebenfalls zum Teil erneuert wurde, deinen Willen, den Willen der Bundesregierung, an den Vorstand heranzutragen. Das ist allem Anschein nach bisher nicht passiert.

Damit wir wissen, wovon wir sprechen: Wir sind in Österreich wahrhaft Stromzwerge; 2,4 Prozent des europäischen Stromaufkommens haben wir nur in Österreich, und wir sind bestens beraten, uns innerösterreichisch entsprechend zu stärken.

Und wenn hier zum wiederholten Male gesagt wurde, dass wir, die SPÖ als Oppositionspartei, nicht dazu bereit gewesen wären, über die Beteiligung der öffentlichen Hand, über diese 51 Prozent nachzudenken und Gespräche zu führen: Das ist schlicht und einfach unrichtig. Wir haben immer gesagt: Es gibt in dieser Frage für die Bundesregierung keinen Blanko-Scheck. Wenn die Bundesregierung ein klares, brauchbares Konzept auf den Tisch legt, dann sind wir auch dazu bereit, darüber zu diskutieren.

Ich möchte noch einmal darauf verweisen, was wir gestern in der Öffentlichkeit vorgestellt haben: Wir sind durchaus dazu bereit, über eine österreichische Übertragungsnetz-Gesellschaft, über eine österreichische Wasserkraft-Gesellschaft und über eine österreichische Energie-Holding nachzudenken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (fortsetzend): Meine Herren von der Bundesregierung! Wir sind zu Gesprächen bereit. Wenn es um die österreichische Stromlösung geht, brauchen Sie sich beileibe nicht hinter der Opposition zu verschanzen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Gleiche Redezeit.

9.27

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist etwas eigenartig, dass wir heute hier eine Kärntner Entscheidung zu diskutieren haben – eine Kärntner Entscheidung allerdings, die dort einstimmig gefallen ist. Das heißt, alle im Kärntner Landtag vertretenen Parteien haben dieser Kärntner Lösung ihre Zustimmung gegeben, weil das aus der Sicht Kärntens mit Abstand die beste Lösung ist, die für dieses Bundesland getroffen werden konnte. (Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger. )

Ich werde das auch erläutern, Kollege Öllinger. Der Grund für diese Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht einfach zu erklären, und diese Entscheidung bringt alle Vorteile, die man sich nur erträumen kann. Der Vorwurf, dass Atomstrom eine große Rolle spielen werde, steht noch im Raum – ich werde ihn entkräften. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Zuerst zu den Gründen für die Kärntner Entscheidung: Mit dieser Entscheidung wird die Position der KELAG enorm gestärkt. Es gibt eine zukunftsorientierte Wachstumsstrategie für die KELAG, indem sie Möglichkeiten, technologische Möglichkeiten, die die RWE in Deutschland entwickelt, entsprechend für den südosteuropäischen Markt nutzen kann. Das ist eine wirtschaftliche Überlegung, die bei Ihnen (in Richtung der Grünen) noch nicht Platz gegriffen hat, weil Sie da noch nicht so weit sehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dadurch gibt es jetzt eine Sicherung der Arbeitsplätze und die Möglichkeit, sehr viele neue Arbeitsplätze in diesem Bundesland zu schaffen (Abg. Öllinger: Atomkraftwerke!), was in Zeiten


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wie diesen besonders wichtig ist, weil es sich um technologisch hoch stehende, wertvolle Arbeitsplätze für Österreicher handelt, die dadurch ein entsprechend hohes Verdienstniveau haben. (Abg. Öllinger: Märchenstunde!)

Das ist also eine absolute Stärkung des Kärntner Wirtschaftsstandortes – jenes Bundeslandes, Frau Kollegin Glawischnig, aus dem Sie kommen. Das einzige Problem, das Sie haben, ist, dass dort der Kärntner Landeshauptmann, ein freiheitlicher Landeshauptmann, vorzeigt, wie es geht, und damit Vorbild für alle anderen Bundesländer in Österreich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er hat dafür vorgesorgt, dass es in Kärnten zur Errichtung eines Kompetenzzentrums – was Sie ja freuen sollte – für Wasserkraft und regenerative Energie für den gesamten RWE-Konzern kommen wird. Der gesamte RWE-Konzern wird dort sein Kompetenzzentrum für Wasserkraft und regenerative Energie installieren – genau das, was Sie wollen! Also verstehe ich gar nicht, warum Sie überhaupt dagegen sind.

Herr Bundeskanzler! Die Verbundgesellschaft – das wissen Sie genau – kam deshalb nicht zum Zug, weil kein ausschreibungskonformes Anbot gelegt wurde. 49 Prozent waren ausgeschrieben, und die Verbundgesellschaft hat für 51 Prozent angeboten. Das heißt, das Anbot der Verbundgesellschaft hätte gar nicht zugelassen werden müssen, weil 49 Prozent ausgeschrieben waren und sie für 51 Prozent angeboten hat. – Das nur zur Klärung dessen, warum der Verbund mit einem etwas höheren Angebot nicht zum Zug gekommen ist.

Aber nun zur Atomstromgeschichte, die Sie der Kärntner Entscheidung unterzujubeln versuchen. (Abg. Öllinger: Die Wahrheit!) Durch die Beteiligung der RWE an der KELAG wird es nicht zu Atomstromimporten kommen (Abg. Öllinger: Na!), Kollege Öllinger. Frau Kollegin Glawischnig hat hier ausgeführt, dass der Atomstromanteil bei der RWE besonders hoch ist. (Abg. Öllinger: Der wird herausgefiltert!) Spitzenreiter bei der Atomstromproduktion ist die Electricité de France – das wissen wir – mit über 80 Prozent. An zweiter Stelle rangiert die E.ON mit 44,5 Prozent – die versucht gerade, in Niederösterreich einzusteigen –, und an dritter Stelle finden wir die RWE mit 19 Prozent. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. )

Und jetzt kommen wir zum Punkt: Der RWE-Konzern – hören Sie jetzt sehr gut zu, Frau Kollegin Glawischnig! – wird innerhalb kürzester Zeit aus der Atomstromproduktion, so wie mit dem grünen Minister Trittin in Deutschland vereinbart, aussteigen. Er wird deshalb aussteigen, weil eine ganz neue Technologie zur Marktreife geführt wurde. (Abg. Öllinger: Zu den Provisionen!) Ich weiß nicht, ob Sie die gasbetriebene Brennstoffzelle mit angeschlossener Mikroturbine bereits kennen, die dort entwickelt wurde und die in den nächsten zwei Jahren auf den Markt kommen wird. Diese neue Technologie wird über die KELAG in Südosteuropa vertrieben werden und wird den 19-prozentigen Atomstromanteil der RWE komplett ersetzen. (Abg. Öllinger: Zu den Provisionen!)

Die RWE hat eine neue Technologie entwickelt, mit der es möglich ist, innerhalb kürzester Zeit aus der Nutzung der Atomkraft auszusteigen (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), und dann wird die RWE – und damit auch die KELAG – der erste Konzern sein, der als großer Stromanbieter völlig atomstromfrei auf dem Markt ist. Kärnten ist dabei – und Sie haben einmal mehr das Nachsehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Er hat das Wort.

9.33

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Österreich ist nicht nur ein reiches Land, es ist auch ein strukturell – vor allem auch in den ländlichen Raum hinein – gut entwickeltes, ja sehr gut entwickeltes Land. Daran hat auch die Entwicklung der österreichischen Energiewirtschaft einen ganz besonderen Anteil, weil wir nämlich schon sehr früh damit begonnen haben, unsere reichlich vorhandene Wasserkraft nutzbar zu machen, sie vor allem in regional kleinen Strukturen nutzbar zu machen, was es uns natürlich damals noch in einer geschützten Marktsituation er


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möglicht hat, Regionalentwicklung mit dieser Entwicklung der E-Wirtschaft zu betreiben – Regionalentwicklung zur Versorgungssicherheit, aber Regionalentwicklung auch im Sinne von Unabhängigkeit der Energieversorgung.

Es ist bei uns im Land nur eines passiert: In den sechziger Jahren sind nahezu alle Länder der Fehleinschätzung unterlegen, in den folgenden Jahren einen Mangel an elektrischer Energie zu haben. Und es sind Entscheidungen – wie zum Beispiel in Österreich bezüglich Zwentendorf – gefallen. Wenn es eines Beweises für die Glaubwürdigkeit der österreichischer Energiepolitik, der Anti-Atompolitik bedarf, dann war es genau die Entscheidung – spät, aber doch –, dieses Monument, das sich unser Altbundeskanzler Kreisky in Zwentendorf hingestellt hat, nicht in Betrieb zu nehmen – auch wenn es wirtschaftlich noch so schwer gefallen ist –, dieses Atomkraftwerk nicht in Betrieb zu nehmen und der ganzen Welt ein deutliches Signal dafür zu geben, dass wir es mit unserer Anti-Atompolitik ernst meinen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Andere Staaten, meine Damen und Herren, sind den anderen Weg gegangen: Sie haben in Atomkraftwerke investiert. Wir haben – wie der Herr Bundeskanzler schon ausgeführt hat – in Österreich in den letzten 20 Jahren nochmals 110 Milliarden Schilling in den Ausbau unserer Wasserkraft, in die Nutzung der Wasserkraft investiert. Wir sind heute in Österreich bei einem Anteil von über 70 Prozent von Strom aus Wasserkraft – ein Spitzenwert, wie er in keinem anderen Land erreicht wird. Wir müssen natürlich sehen, dass sich die Marktsituation, die Wettbewerbssituation inzwischen völlig verändert hat. Wir leben im Stromüberfluss: Das führt zu einem völlig veränderten Marktverhalten. Globalisierung findet bei den Anbietern statt – und auch ein Überlebenskampf. Das müssen wir uns einmal vor Augen führen.

Die Politik kann da oder dort mit Wettbewerbsregeln Rahmen setzen, die einschränkend oder fördernd für erneuerbare Energieträger wirken. Klar ist aber Folgendes: Die kaufmännischen Prinzipien, die hinter der Führung solcher Unternehmen stehen, zwingen zu strategischen Allianzen, zwingen zu Fusionen. Was wir in der Politik tun können, ist, die rechtlichen Spielräume auszunützen. Und das hat Österreich wiederum in sehr vorbildlichem Maße getan. Das neue ElWOG beinhaltet eine Drittstaatenregelung, die den Import von Atomstrom aus Drittstaaten verhindert. Selbst der deutsche SPD-Wirtschaftsminister Müller hat diese Regelung als vorbildlich gelobt und sie der EU sogar als Beispiel für die gesamte EU vorgeschlagen. Die Kennzeichnungspflicht für die Herkunft des Stroms ist in diesem Gesetz für jeden einzelnen Stromhersteller verankert.

Darüber hinaus ist zu sagen: Wir nutzen auch unsere politischen – nicht nur die rechtlichen – Spielräume. Denken Sie nur daran, was sich in Temelin abspielt, was dem Herrn Bundeskanzler und Herrn Bundesminister Molterer in Melk bezüglich Temelin gelungen ist, nämlich: die Tschechen in einen Verhandlungsprozess zu bringen, ja zu zwingen, als einzige Chance, um ein Ausstiegsszenario für dieses Kraftwerk zu verhandeln und sicherzustellen.

Und was tun – um schließlich beim Thema der heutigen Aktuellen Stunde anzukommen, Frau Kollegin Glawischnig (Abg. Dr. Glawischnig: Der Ausstieg wird nicht verhandelt! Es wäre schön, wenn es um den Ausstieg ginge!)  – die Grünen in diesem Augenblick, in dem wir mitten in einem Verhandlungs-, Entwicklungsprozess stehen? – Sie verabschieden sich von dieser gemeinsamen Anti-Atompolitik und opfern damit Österreichs Anti-Atompolitik auf dem Altar des Populismus oder vielleicht auf dem Altar der "Kronen Zeitung"! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.39

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte, die als "Bundesländerdebatte" bezeichnet worden ist – es wurde auch gesagt, es sei unverständlich, dass man hier über Kärnten reden müsse –, ist letzten Endes eine Debatte über die Atomstrompolitik der Regierung.


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Ich habe heute dem Herrn Bundeskanzler genau zugehört. Er hat klar gesagt, dass die Anti-Atompolitik der Regierung darin besteht, dass man die Wahl zwischen Atomstrom und einem nicht deklarierten – anderen – Strom hat. – Das ist wahrlich eine Bankrotterklärung, die ich mir in dieser Schärfe nicht einmal in dieser Debatte erwartet hätte! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

Ich kann aber auch die Kollegen von der Sozialdemokratie nicht so ganz ungeschoren davonkommen lassen, denn wenn jemand sagt, dass der Kelag-Verkauf das Resultat der Regierungspolitik gewesen sei, dann kann er genauso gut behaupten, dass das Budgetdefizit Österreichs letzten Endes auf die Politik der Vereinten Nationen zurückzuführen sei. – Sich auf diese Weise aus der Affäre zu ziehen, das halte ich für nicht glaubwürdig. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Herr Abgeordneter Schweitzer die Kelag-Lösung verteidigt, weil die Kelag dadurch nämlich eine Position am Markt einnehmen kann, die sie sonst nie erreichen würde, dann reißt das ja wirklich endlich einmal den Freiheitlichen in Bezug auf die Anti-Atompolitik die Maske vom Gesicht! (Abg. Mag. Schweitzer: Haben Sie den zweiten Teil nicht gehört?) Wenn es letzten Endes darum geht, eine Marktposition zu erobern, dann ist plötzlich alles gleichgültig, dann verkaufen Sie Kuh und Stall, dann ist alles Wurscht, dann gelten keine Prinzipien mehr! Die Argumentation, man müsse zuerst in den Atomstrom einsteigen, damit man dann beim Ausstieg dabei sein kann, ist geistiges Seifenkistenrennen, das ich in dieser Form nicht fortsetzen möchte. (Beifall bei den Grünen.)

Der erste Sündenfall war in Wirklichkeit schon die Steiermark – das ist ja bereits richtig gesagt worden –, der zweite Sündenfall jetzt ist Kärnten, und letzten Endes wird das, was wir wollten und was wir fordern, nämlich dass es überhaupt eine österreichische Lösung geben kann, die auch eine klare Deklaration für die Energiekunden zulassen würde, verunmöglicht. Sie sehen ja sehr deutlich, dass es in der Vergangenheit – seien Sie doch ehrlich! – in Wirklichkeit den schwarzen Landesgesellschaften nur darum gegangen ist, dem Verbund so wenig Felder wie möglich offen zu lassen. Das führte dazu, dass die Bundesländer zwei unterschiedliche Wege eingeschlagen haben.

Der eine Weg – der zum Beispiel auch in meinem Heimatland Tirol beschritten wird – ist der Weg des regionalen Monopols: Die Energiewirtschaft, im engeren Sinn Stromwirtschaft, sowie Gas, Kommunikation und auch noch als neues Geschäftsfeld Müllverbrennung und Wasser sollen in eine Hand kommen. Mit dieser regionalen Monopolstellung sollen sozusagen alle wesentlichen Versorgungsschienen abgedeckt werden.

Der andere Weg – der Weg der Kelag und der Weg der Steiermark – ist jener, sich in die Arme der Atomriesen zu werfen, ganz scheinheilig zu sagen, es werde ja noch nicht einmal die Hälfte von Atomstrom verkauft, und von Bundesseite her auch noch – und das kritisiere ich ganz besonders – die heiße Kartoffel der Kennzeichnung von Atomstrom an die Länder weiterzuschupfen! (Beifall bei den Grünen.) Damit wollten Sie nichts zu tun haben, Herr Minister!

Das ist aus meiner Sicht eine verlorene Chance gewesen, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (zur Rednerin): Bitte, das geht nicht.


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Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger
(fortsetzend): Danke, Herr Präsident! (Abg. Ing. Westenthaler: Was heißt: "Danke, Herr Präsident!"? Nehmen Sie das zurück!)  ... die Anti-Atompolitik glaubwürdig zu machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das geht nicht, Herr Präsident! Entweder sie nimmt es zurück, oder sie sagt "Danke!"!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie hat es zurückgenommen. Sie hat verlorene Chance sagen wollen. Ich hoffe, dass ich sie richtig verstanden habe.

Setzen Sie Ihre Ausführungen bitte fort, und ich bitte um ein bisschen mehr Vorsicht in der Ausdrucksweise. (Bundeskanzler Dr. Schüssel  – in Richtung der etwas ratlos erscheinenden Rednerin –: Verlog ene Chancen oder verlor ene Chancen?)

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Es hat verlorene Chance geheißen. Wenn Sie nicht zuhören können, dann ... (Abg. Ing. Westenthaler: Aber der Herr Präsident hat gesagt, so geht es nicht! – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Die Redezeit ist abgelaufen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt haben wir über diese Frage Klarheit. Bitte um den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Folgendes muss zum Abschluss noch einmal klargestellt werden: Gerade in einer europäischen Situation mit deutschen, französi-schen, europäischen Stromriesen, die sich in unseren kleinen Markt einkaufen, um langfristig am Wassergeschäft teilnehmen zu können, keine Anti-Atompolitik fortzusetzen ...

9.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Abgeordnete, die Redezeit ist beendet. (Abg. Dr. Lichtenberger versucht, ohne Mikrophon weiterzusprechen. – Abg. Ing. Westenthaler: Man hört Sie nicht! – Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Dr. Lichtenberger. )

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sima. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

9.45

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst einmal auf etwas eingehen, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat. Er hat gemeint: Die Konsumenten haben die Wahl! – Das ist zurzeit leider überhaupt nicht so, da die Stromkennzeichnung Ländersache ist. Ich möchte von Ihnen, Herr Bundeskanzler, hier und jetzt ein klares Bekenntnis dazu, dass die Konsumenten in Zukunft wirklich die Wahl haben werden! Zurzeit denkt nämlich nur Wien daran, tatsächlich eine strenge Stromkennzeichnung festzulegen, damit die Konsumenten dann auch wirklich erkennen können, dass Atomstrom aus ihren Steckdosen kommt.

Sich jetzt hier herzustellen und zu sagen, die Konsumenten hätten ohnehin die Wahl, und das dann in jenen Ländern, wo schwarze Landeshauptleute das Sagen haben, nicht umzusetzen, das halte ich für absolut scheinheilig. Ich erwarte mir hier von Ihnen ein eindeutiges Bekenntnis zu einer Stromkennzeichnung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Jetzt zum Kollegen Schweitzer, der wohl aus guten Gründen den Saal verlassen hat. Herr Kollege Schweitzer! Ihre Rede heute war wirklich an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten. (Abg. Mag. Trattner: Sie war sehr gut! – Abg. Ing. Westenthaler: Das war eine echte Expertenrede! Da kommen Sie nicht ran!) Ich hätte mich an Ihrer Stelle geniert, als Umweltsprecher der Freiheitlichen Partei beziehungsweise Obmann des Umweltausschusses hier von diesem Rednerpult aus so etwas zu sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Böhacker: Dann aber der Leikam mit!)

Die Leute lassen sich doch nicht für dumm verkaufen, Kollege Schweitzer! (Abg. Ing. Westenthaler: Hören Sie, was der Leikam sagt!) Was Sie uns einzureden versucht haben, ist, dass die Kelag RWE zum Ausstieg aus der Atomkraft bringen wird. So etwas Lächerliches habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört! (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso spricht der Leikam nicht zu diesem Thema? – Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Leikam klatscht nicht!)

Herr Kollege Schweitzer! Etwas möchte ich Ihnen schon ins Stammbuch schreiben: Ich habe mich wenigstens dazu durchgerungen, kritische Worte auch zu meinen eigenen Parteikollegen zu finden, aber Ihnen ist absolut nichts eingefallen, außer zu sagen: Landeshauptmann Haider zeigt uns vor, wie es geht. – So etwas Peinliches zum Thema Atomkraft habe ich noch nie gehört! Ich an Ihrer Stelle würde mich genieren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Soll ich es noch einmal erklären? – Abg. Ing. Westenthaler: Wieso klatscht der Toni Leikam nicht?)

Besonders erstaunlich war wirklich die Rolle des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider in dieser ganzen Verkaufsgeschichte. (Abg. Böhacker: Warum hat die SPÖ-Kärnten zugestimmt?)


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Die Freiheitlichen haben sich wirklich bei jeder sich bietenden Gelegenheit an die Grenze gestellt, in Wullowitz. Überall sind sie mit "Stoppt Temelin!"-Stickern herumgelaufen, auf allen Parteitagen, und jetzt legen sie sich mit dem größten Abnehmer von tschechischem Strom und zukünftigem Temelin-Strom ins Bett! Was ist mit Ihrer Glaubwürdigkeit? Was ist mit Herrn Landeshauptmann Haider, der wirklich immer der Erste war, der gegen Temelin aufgetreten ist? Ich meine, das kann doch niemand mehr ernst nehmen. Und dass Sie, Herr Kollege Schweitzer, als Obmann des Umweltausschusses das auch noch verteidigen, das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich möchte aus einem "Presse"-Kommentar vom 25.5.2001 zitieren; darin heißt es:

"Es ist aber in jedem Fall höchst schäbig, den Österreichern immer wieder etwas von heimischen Wasserkraftlösungen vorzugaukeln, um sich gleich im Umdrehen einen europäischen Atomstromriesen anzulachen."

Außerdem heißt es in diesem Artikel, und das bezieht sich eindeutig auf Jörg Haider: "Es ist sicher nicht die Erkenntnis des Jahres, daß sich die Taten eines Jörg Haider binnen weniger Augenblicke meilenweit von seinen Worten entfernen können."

Ich glaube, so deutlich, wie wir das jetzt in Kärnten gesehen haben, haben wir diese Tatsache schon lange nicht mehr demonstriert bekommen. (Abg. Mag. Schweitzer:  ... gasbetriebenen Brennstoffzelle mit angeschlossenen Mikroturbinen!)  – Hören Sie doch bitte auf mit der gasbetriebenen Brennstoffzelle, das hat ja nicht einmal bei der ÖVP irgendjemand geglaubt. Sogar da haben alle gelacht, als Sie gesagt haben, dass das die große Zukunftstechnologie ist. Das ist doch, bitte, völlig absurd. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Mit dem Einstieg von RWE – daran möchte ich Sie noch einmal erinnern – fließt in Zukunft aus den Kärntner Steckdosen Atomstrom! Daran wird kein Weg vorbeiführen. Ab 1. Oktober gibt es durch die Stromliberalisierung Wahlfreiheit für die Stromkonsumenten. Ich möchte Sie ersuchen, wenigstens dafür einzutreten, dass es eine deutliche Kennzeichnung gibt. Es gibt da eine Initiative von Greenpeace, die wirklich unterstützenswert ist. Das ist Ländersache, und das muss umgesetzt werden, damit die Menschen tatsächlich wissen, welche Art von Strom aus ihrer Steckdose kommt.

Ich weiß, Herr Kollege Westenthaler, Sie nehmen das amüsiert zur Kenntnis. Ihnen ist die AKW-Problematik offensichtlich völlig Wurscht – wie auch dem Rest Ihrer Fraktion! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das war nicht sehr sachkundig!)

9.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Bartenstein. Redezeit: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

9.50

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich haben Österreichs Stromkonsumenten ab Oktober dieses Jahres die freie Wahl einerseits des Stromlieferanten und andererseits auch der Art des Stromes, mit dem sie beliefert werden wollen. Verpflichtend wird auf allen Rechnungen die Kennzeichnung enthalten sein, aus welcher Erzeugungsquelle der an Österreichs Konsumenten gelieferte Strom stammt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreichs Stromwirtschaft und die Strategien für die Zukunft. – Im Wesentlichen stehen hier zwei Dinge im Vordergrund, nämlich zum einen – und das ist indirekt schon vom Herrn Abgeordneten Oberhaidinger angesprochen worden – die Stärkung der österreichischen Wasserkraft. Eine langfristige Strategie zur Schaffung einer österreichischen Wasserkraftgesellschaft macht Sinn. Diesbezüglich befinden wir uns nach wie vor auf einem guten Weg.

Österreich ist ein wesentlicher Wasserkrafterzeuger. Der Herr Bundeskanzler hat schon erwähnt, dass zwei Drittel bis drei Viertel – je nach Wasserführung – des Stroms in Österreich aus dem erneuerbaren Energieträger Wasserkraft kommen. Die Wasserkraft wird in Zukunft noch


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mehr an Bedeutung gewinnen, das ist nur eine Frage der Zeit. Als erneuerbarer Energieträger wird sie sich gegen Atomstrom, wird sie sich gegen kalorischen Strom zunehmend durchsetzen. Wir haben mit der Verbundgesellschaft einen Spielraum in Europa und liegen heute schon an Stelle drei, was die Erzeugungskapazitäten anlangt. Daher eine sehr logische Strategie: Andere Anbieter von Wasserkraft in Österreich einzuladen – man kann niemanden zwingen –, hier mitzumachen, sich gegen eine Beteiligung an der Wasserkrafttochter Austrian Hydropower AG einzubringen und im Gegenzug mit langfristigen Lieferverträgen für Strom auch wiederum diesen Strom aus Wasserkraft ihren Konsumenten, ihren Verbrauchern anbieten zu können.

Das macht Sinn, und diesen Weg sind wir auch schon mehrfach gegangen. In der Steiermark ist dieser Weg derjenige, der jetzt vertraglich fixiert wird. Es hat zum Beispiel auch die KELAG ihrerseits schon Wasserkraftkapazitäten eingebracht und hat auch eine 10-prozentige Beteiligung an der Austrian Hydropower. Es fanden Gespräche mit Niederösterreich und Wien statt, von mir geführt am 28.3. dieses Jahres. Leider Gottes haben die Eigentümervertreter selbst daran nicht teilnehmen können, sondern lediglich Vorstände als Vertretung geschickt. Außerdem gibt es auch Kontakte mit Oberösterreich. Es finden also Gespräche statt. Wenn es gelingt, dieses einmalige Asset der österreichischen Wirtschaft, nämlich die Wasserkraft, für dieses Land zu stärken, dann ist das gut. Wir werden diesen Weg weitergehen, auch wenn uns die Ereignisse in Kärnten in den letzten Tagen ein wenig irritiert haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit komme ich zu dem Vorwurf, hier hätte der Verbund seinerseits nicht entsprechend engagiert agiert. Was kann man darüber hinaus machen, als ein Angebot zu legen, über Verträge mit den Verkäufern zu verhandeln? So sagt mir der Vorstand, dass er der Meinung war, dass das sehr wohl auch dem Willen der Verkaufsseite entsprach, und man war allgemein überrascht ob der offiziellen Reaktionen, es hätte sich um ein nicht ausschreibungskonformes Angebot gehandelt, weshalb die Verbundgesellschaft aus dem Bieterkreis ausgeschieden worden wäre. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum nicht 49 Prozent?)

Das ist zur Kenntnis zu nehmen, das haben die Organe zu vertreten. Bemühungen seitens des Verbundes hat es jedenfalls gegeben, das kann ich Ihnen bestätigen!

Zum Schluss kommend möchte ich sagen, was mir für Österreichs Stromwirtschaft ähnlich bedeutsam wie die Stärkung der Wasserkraft zu sein scheint – Abgeordneter Oberhaidinger hat das in einem Nebensatz angeschnitten –: die Frage einer österreichischen Gesellschaft für Stromleitungen, für das Netz. Ich biete an, dass die Verbundgesellschaft ihrerseits ihre Netzaktivitäten, 220- und 380 kV-Leitungen, in eine Aktiengesellschaft einbringt und dass danach die Einladung – wiederum eine Einladung: man kann niemanden zwingen! – an die Landesversorger und in weiterer Folge dann auch an andere Netzbetreiber in Österreich, deren es viele gibt, ergeht, sich zu beteiligen, ihre Netze gegen Beteiligung einzubringen.

Im Gegensatz zu anderen Dingen handelt es sich bei Netzen allerdings um ein natürliches Monopol, Hohes Haus, und daher muss hier eine Mehrheit der Gebietskörperschaften – das muss nicht unbedingt der Bund sein – dieses Landes gegeben sein; 50 Prozent plus etwas. Für den Rest könnte man sicherlich auch die Phantasie in Richtung eines breiten Börsenganges aufbringen.

Das würde Sinn machen, das wäre der zweite Teil einer österreichischen Stromstrategie! Ich muss sagen, das, was ich am 28.3. vorgestellt habe, finde ich in hohem Maße wieder in den Äußerungen des SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer, und wenn es dazu gute Gespräche gibt, begrüße ich das sehr. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.55

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister Bartenstein! Ich glaube, wir alle wissen, dass zwischen 49 und 51 Prozent eben nicht nur 2 Prozent liegen, sondern dass es um sehr, sehr viel mehr geht: Es geht um Mehrheitsverhältnisse,


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es geht letztendlich um Macht. Wenn 49 Prozent ausgeschrieben sind, dann kann man eben nicht 51 Prozent anbieten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich glaube, jeder ist gut damit beraten, auch ausschreibungskonform anzubieten. Man hat sich sicher etwas dabei gedacht, 49 Prozent zur Ausschreibung zu bringen.

Frau Abgeordnete Sima! Sie bezeichnen es als "peinlich" für Jörg Haider, ein Geschäft zu machen, das mehr als doppelt so gut ist als jenes Geschäft, das Ihr sozialdemokratischer Bürgermeister Manzenreiter in Villach gemacht hat. Ich glaube, dass das eher für Bürgermeister Manzenreiter als für den Landeshauptmann von Kärnten peinlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Glawischnig! Frau Abgeordnete Lichtenberger! Sie haben über den Ausverkauf des Wassers und der Wasserrechte gesprochen. Landeshauptmann Haider hat auch dafür Vorsorge getroffen, dass durch entsprechende Vereinbarungen und Verträge die Wasserrechte bei den Kärntnern bleiben, dass der Zugriff von RWE auf das Kärntner Wasser nicht gegeben ist. Ich glaube, auch das wissen Sie.

Im Übrigen sage ich Ihnen: Es ist den Ausführungen des Abgeordneten Schweitzer nichts hinzuzufügen. Wenn Sie, Frau Lichtenberger, nicht erkannt haben, dass RWE eine wirklich zukunftsfähige Technologie im Auge hat, dann lesen Sie bitte nach! Ich glaube, dass Konsens darüber besteht, dass die Brennstoffzellentechnik eine zukunftsweisende erneuerbare Energieform darstellt. Ich glaube, dass Sie auch wissen, dass Österreich in diesem Bereich der Technologie nicht mehr Spitzenreiter in Europa ist.

Wenn wir durch dieses Kompetenzzentrum, das mitangeboten wurde, das eben ein Bestandteil dieser Partnerschaft ist, einen Technologiestandort in Österreich erreichen, den wir dringend brauchen als ein Land, das von der Wasserkraft bestimmt ist, werden wir auch auf Europa dahin gehend einwirken können, auch auf diesen Markt zu gehen. – Ein guter Weg, wie ich glaube.

Wenn sich die Grünen in der letzten Sitzung des Umweltausschusses von einer gemeinsamen Linie, von einem gemeinsamen Weg in Sachen Anti-Atompolitik verabschiedet haben, dann haben sie das auch zu verantworten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass nur ein gemeinsames Vorgehen auch Erfolge bringt und ein einsames Vorgehen letztendlich das Scheitern zur Folge hat, das Sie vor den Menschen draußen, vor allem vor den Wählern, zu vertreten haben. Ich glaube, dass das nicht der richtige Weg ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin ein Mensch, der immer davon ausgeht, Dinge, über die mit mir gesprochen wird, auch beeinflussen und mitentscheiden zu können, und diese Kooperation ist zwischen zwei Unternehmungen erfolgt. Diese Kooperationen sind nicht primär, sie sind sekundär. Wir alle müssen danach trachten, den Ausstieg aus der Atomkraft in Europa zu schaffen, und diese zukunftsweisenden Technologien können ein guter Weg in diese Richtung sein. Diesen Weg werden wir in Kärnten gemeinsam mit RWE gehen, weil wir glauben, dass die KELAG ihr Know-how auch richtig einsetzen kann.

Auch im ElWOG haben wir entsprechende Regelungen betreffend diese Stromkennzeichnung vorgesehen. Diese Stromkennzeichnung wird kommen. Aber letztendlich dürfen wir nie die Rechnung ohne den Wirt machen: Es liegt auch in der Entscheidung der Konsumenten, hier die Weichenstellungen vorzunehmen. Ich glaube, dass es, wenn die Stromkennzeichnung gegeben ist, in der Verantwortung der Unternehmen liegen wird, atomfreien Strom in Österreich anzubieten. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Er hat das Wort mit gleicher Redezeit. – Bitte.

10.00

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, dass das Thema Energie- und Antiatompolitik ein gemeinsames Anliegen dieses Hohes Hauses sein sollte und nicht für parteipolitische Profi


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lierung missbraucht und damit Polarisierung betrieben werden sollte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Von Herrn Haider!)

Es gibt, Frau Kollegin, viele Felder parteipolitischer Auseinandersetzung, es sollte aber auch Themen politischer Übereinstimmung zwischen Opposition und Regierung geben, und die Antiatompolitik sollte ein solches Thema auch in Zukunft sein (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen)  – ein gemeinsames nationales Anliegen jenseits parteipolitischer Kleingeldmünzerei und jenseits taktischer Überlegungen der Opposition.

Die im Melker Prozess vereinbarte Vorgangsweise bezüglich Sicherheitsüberprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung ist – das müssen wir doch zugestehen! – der einzig gangbare Weg, mit Tschechien die Probleme zu lösen und daraus auch die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Die Alternative wäre ein Abbruch der UVP und damit des gesamten Melker Prozesses, und durch eine solche Vorgangsweise wäre kein Problem gelöst, wäre das Kernkraftwerk Temelin um kein Jota sicherer und würde es auch nicht zur Schließung dieses Kernkraftwerkes kommen, und nur die tschechischen Hardliner, die von Anfang an den Temelin-Prozess abgelehnt haben, wären die psychologischen und politischen Nutznießer einer solchen Vorgangsweise. (Abg. Dr. Glawischnig: Wissen Sie, dass die RWE in Tschechien ...!)

Die österreichischen Initiativen haben bereits eine erhebliche Diskussion in Tschechien über Sinn und Unsinn von Temelin ausgelöst, die durch die Kündigung des Stromabnahmevertrages seitens der E.ON noch verstärkt worden ist. Auf diesen Bewusstseinsprozess müssen wir, meine Damen und Herren, setzen, denn letztlich kann kein österreichischer Politiker und können auch wir hier im Parlament nicht eine Schließung von Temelin erzwingen.

Ich möchte aber auch sagen, dass wir zweifellos mit den bisher gesetzten Maßnahmen einen unbestreitbaren Erfolg erzielt haben – einen Erfolg, der auch international anerkannt wird. So hat etwa der deutsche Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am 23.5.2001 unserem Umweltminister Molterer Folgendes geschrieben:

"Sehr geehrter Herr Kollege, lieber Herr Molterer,

ich beglückwünsche Sie zu Ihren Verhandlungserfolgen gegenüber der tschechischen Regierung in der Angelegenheit der UVP Temelin in Durchführung des Protokolls von Melk."

Das spricht eine klare Sprache, meine Damen und Herren!

Was sagt etwa der EU-Kommissar Verheugen? – Zum einen appelliert er an alle, den Melker Prozess fortzuführen, "konstruktiv und in gutem Geist fortzuführen".

Er sagt des Weiteren, "mit der in Melk vereinbarten UVP des Atomkraftwerkes Temelin habe Österreich ein großes Zugeständnis erreicht", und er betont, "die EU-Standards seien zu erfüllen", und er sagt, "gemäß der Rechtslage liege die Nutzung der zivilen Kernenergie allerdings in der Kompetenz der nationalen Regierungen".

Meine Damen und Herren! Das ist eine volle internationale Anerkennung der Verhandlungen, die wir mit Tschechien geführt haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Opposition, insbesondere jene von den Grünen! Sie sollten weiter Druck auf die deutsche Bundesregierung ausüben, vor allem auf den deutschen Umweltminister, damit er weiterhin und verstärkt unsere Position auf internationaler Ebene unterstützt. Damit könnten Sie einen großen Beitrag für die nationalen Sicherheitsinteressen unseres Landes leisten, statt hier billige Oppositionsrhetorik abzuliefern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Überhaupt, meine Damen und Herren von den Grünen: Ich als Oberösterreicher weiß noch, welch erbitterten Widerstand Sie etwa beim Wasserkraftwerk Lambach entgegengesetzt haben. Mit aller Konsequenz haben Sie zum Widerstand aufgerufen, haben Sie protestiert, haben Sie Widerstand organisiert. Sie müssen uns erst einmal nachweisen, dass Ihre Politik ...


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Präsident Dr. Heinz Fischer
(das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): ... sowohl zur Sicherheit unseres Landes als auch und vor allem zur Versorgung mit billigem und umweltverträglichem Strom beiträgt. Bisher jedenfalls haben Sie diesen Beitrag nicht geleistet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

10.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Glaubwürdigkeit ist das eine Element, und die Nagelproben für die Glaubwürdigkeit sind das andere Element. Ich weiß nicht, wie oft Sie, meine Herren Vorredner – Herr Kollege Kukacka, Herr Kollege Kopf, aber auch Herr Minister Bartenstein und Herr Bundeskanzler –, das Wort Glaubwürdigkeit in den Mund genommen haben, aber meines Erachtens ist dieses Wort völlig fehl am Platz für die Glaubwürdigkeit einer Politik, wo die Nagelprobe, und zwar in Kärnten, völlig negativ ausgeht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Warum? Erklären Sie das!)

Diese Nagelprobe hat gezeigt, Herr Kollege Schweitzer, dass Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, genauso wie Ihre Kollegen von der ÖVP und sogar die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ dann, wenn es darauf ankommt, dass die Glaubwürdigkeit unter Beweis gestellt werden soll, wenn die Nagelprobe in Richtung Antiatompolitik geliefert werden soll, und zwar im Sinne einer reinen Stromlösung, im Sinne eines atomfreien Stroms in Österreich, in einem Bundesland Österreichs, sich zurückziehen, die große Kassa machen wollen, einen "Technologiesprung" vorschützen. Völlig unglaubwürdig versuchen Sie, das in Gang zu setzen – ich kann es Ihnen gleich nachweisen –, indem Sie sich von einer Linie zurückziehen, die bei uns noch Anfang und Mitte der neunziger Jahre unbestritten war. Das ist für mich der entscheidende Fehlgriff, der entscheidende falsche Schritt! (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist passiert!) Das ist das, wo Sie die Nagelprobe eindeutig verloren haben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das waren jetzt 3 Minuten Nagelprobe!)

Ich darf Ihnen das noch einmal explizieren: Sie wissen, die RWE hat 44 Prozent Atomstromanteil. (Abg. Mag. Schweitzer: 19!) Sie wissen, dieser hohe Atomstromanteil ... (Abg. Mag. Schweitzer: 19!) Dann ist es halt die E.ON mit 44 Prozent und die RWE mit 19 Prozent. Aber trotzdem: Dieser 19-prozentige Atomstromanteil ist praktisch fast ein Fünftel. (Abg. Mag. Schweitzer: Wird mit Brennstoffzellen reduziert!) Wie wollen Sie dieses Fünftel von heute auf morgen mit Ihrer gasgetriebenen Brennstoffzelle mit Mikroturbine reduzieren? (Abg. Mag. Schweitzer: Ja, genau!) Das müssen Sie mir einmal zeigen! (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja fertig!)

Vergleichen Sie das Ganze mit der Einführung der Technologie der Windenergie! Die Windenergie kann von heute auf morgen etabliert werden. Herr Kollege Fallent! Es gibt gute Beispiele dafür, Sie wissen es besser. (Abg. Mag. Schweitzer  – auf Abg. Ing. Fallent zeigend –: Fallent ist er, Schweitzer bin ich!) Aber es hat lange gebraucht, bis einmal Windstrom eingespeist werden konnte. Rechnen Sie nach, Herr Kollege Schweitzer, wie lange dieser Technologieschub gebraucht hat, dann können Sie sich ausrechnen, wie lange das braucht, wenn einmal die gasgetriebene Brennstoffzelle mit Mikroturbine 19 Prozent des Atomstromanteils, den die RWE hat, übernimmt! (Abg. Mag. Schweitzer: Kärnten ist bei diesem Technologiesprung dabei!) Rechnen Sie sich das einmal aus!

Deshalb ist für mich das, was Sie heute gesagt haben, total unglaubwürdig. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum?) Sie waren in Prag mit dabei und haben versucht ... (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe das initiiert! Ich habe das organisiert!) Der Kollege Ellmauer aus Traunkirchen hat den Vorschlag gemacht, dort hinzufahren. Er hat diesen Vorschlag in einer Ausschusssitzung gemacht, und Sie haben das dann durchgeführt, nachdem wir ein Jahr darauf gewartet haben.


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71. Sitzung / Seite 48

Aber der Punkt ist der: Ihre unglaubwürdige Politik wird – das befürchte ich – noch eine Fortsetzung finden. Nicht nur, dass Sie und der Herr Landeshauptmann Haider umgefallen sind (Abg. Mag. Schweitzer: Ich?! Unglaublich!), nicht nur, dass die SPÖ in Kärnten kläglich umgefallen ist – die Kollegin Sima bedauert heute, was Herr Ambrozy in Kärnten beschließen ließ, mitzutragen bereit war –, werden Sie auch noch erleben müssen, wie im Wasserbereich Ihre heutigen Versprechen aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Altar des Mammon – das muss man schlicht und einfach sagen – geopfert werden.

Leider habe ich keine Zeit mehr, den Melker Prozess und die Art und Weise, wie hier Ihre Glaubwürdigkeit sozusagen nicht unter Beweis gestellt wird, noch näher darzulegen.

Ich sage nur ein Wort dazu: Gemeinsame Atompolitik kann es geben, gemeinsame Anträge im Umweltausschuss sollte es geben. Der Initiativ-Vorstoß kam ja von unserer Seite: Die Kollegin Glawischnig hat wieder einen Atom-Antrag hier eingebracht. Wer ihn nicht mitgetragen hat, wer nicht die gemeinsame Linie verfocht, das waren Sie! (Abg. Ing. Fallent: Weil er sachlich falsch war! – Abg. Mag. Schweitzer: Jetzt weiß ich, warum Sie nur Drittrednerin Ihrer Fraktion sind!)

Sie lassen sich auf den Melker Prozess ein, aus dem die Deutschen längst ausgestiegen sind, weil die sachliche Grundlage dafür nicht stimmt. Weil das keine UVP nach westeuropäischen, nach deutschen Normen ist, zogen die Deutschen ihre Fachkräfte, ihre Sachverständigen zurück und dokumentierten damit, dass dieses Feigenblatt "UVP-Management", das Sie jetzt im Sinne des Dialogs weiterziehen wollen ... (Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt ja nicht! – Abg. Mag. Mühlbachler: Was wird damit erreicht?) Aber wir wollen keine Feigenblätter, sondern wir wollen glaubwürdige Politik, wir wollen Nagelproben! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre die Aktuelle Stunde für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf eine schriftliche Mitteilung, die im Sitzungssaal verteilt wurde.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2479/J bis 2516/J.

Zurückziehung: 2446/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 17/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 2089/AB bis 2317/AB,

fehlende Beilagen: Zu 2123/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 16/ABPR.

3. Initiativanträge:

Zurückziehungen: 14/A und 251/A (E).

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Obersten Gerichtshof und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden (525 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem ein Kinderbetreuungsgeldgesetz erlassen wird sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (620 der Beilagen),

1. Euro-Umstellungsgesetz – Bund (621 der Beilagen),

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (622 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (58. Novelle zum ASVG) (624 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum GSVG) (625 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum BSVG) (626 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (28. Novelle zum B-KUVG) (627 der Beilagen),

Apothekerkammergesetz 2001 (628 der Beilagen),

2. Ärztegesetz-Novelle (629 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (630 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Österreichischer Bundesverlag Gesellschaft mit beschränkter Haftung erlassen und das Bundesgesetz über die Neuregelung der Rechtsstellung des Österreichischen Bundesverlages geändert wird (631 der Beilagen),

Bundesgesetz über den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen mit internationalen Finanzinstitutionen (632 der Beilagen),

Bundesgesetz über einen österreichischen Beitrag zum Treuhandfonds für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Trust Fund) (633 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (Rundfunkgesetz-RFG), BGBl. Nr. 379/1984, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2001 und das Arbeitsverfassungsgesetz 1974, BGBl. Nr. 22/1974, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 14/2000 geändert werden (634 der Beilagen),

Privatfernsehgesetz – PrTV-G (635 der Beilagen),

Dienstrechts-Novelle 2001 – Universitäten (636 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird (643 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der


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71. Sitzung / Seite 50

Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (644 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes Linz (27 EHv 53/01) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 25 betreffend "Sofortige Abschaffung der Unfallrenten-Besteuerung", überreicht von der Abgeordneten Inge Jäger,

Petition Nr. 26 zur Erhaltung des Wachzimmers Reichenau in Innsbruck, überreicht von der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm,

Petition Nr. 27 betreffend "Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Rettungsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften", überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 28 betreffend "Aufsichtspflicht der Landeshauptleute", überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,

Bürgerinitiative Nr. 19 betreffend "für 1 und 2 Euro-Banknoten",

Bürgerinitiative Nr. 20 betreffend "Gleich viel Recht für gleich viel Liebe".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Erklärung der Republik Österreich betreffend die einvernehmliche Beendigung von drei Staatsverträgen im Verhältnis zur Tschechischen Republik (588 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (519 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mazedonien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (552 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Arabischen Republik Ägypten über die Förderung und den Schutz von Investitionen (596 der Beilagen);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 441/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen betreffend Entschädigungen für die Hepatitis-C-Opfer der Plasmapheresefirmen,

Antrag 442/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen betreffend die Schaffung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes AltenfachbetreuerIn und einer zeitgemäßen, in Modulen aufgebauten, umfassenden Ausbildung zur AltenfachbetreuerIn,


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Antrag 443/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen betreffend gesetzliche Regelungen für eine verstärkte Qualitätssicherung bei der Verwendung von Blut und Blutprodukten;

Verfassungsausschuss:

Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen (600 der Beilagen);

Verkehrsausschuss:

Antrag 440/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend verpflichtende KundInneninformation bei gebührenpflichtigen telefonischen Auskünften;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 444/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Taxengesetz 1972 geändert wird;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Außenpolitischer Bericht 2000 der Bundesregierung (III-100 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umweltförderungen des Bundes 2000 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (III-101 der Beilagen);

Verfassungsausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Tätigkeitsbericht des Statistikrates bei der Bundesanstalt "Statistik Österreich" über das Kalenderjahr 2000 (III-102 der Beilagen);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Forschungs- und Technologiebericht 2001, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-103 der Beilagen);

c) Verlangen gemäß § 26 Abs. 7 GOG hinsichtlich des Antrages

286/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich der Sozialversicherung.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Rudolf Edlinger und Genossen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 2517/J der Abgeordneten Edlinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der ÖIAG dringlich zu behandeln.


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Nach den Bestimmungen, die Sie alle kennen, wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Fristerstreckungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Kiss und Dr. Krüger beantragt haben, eine dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 98/A bis 30. Juni 2001 gesetzte Frist um ein Jahr, das heißt bis 30. Juni 2002, zu erstrecken.

Es liegt in diesem Zusammenhang das Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristerstreckungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung einer Dringlichen Anfrage in Aussicht genommen ist, wird die Kurzdebatte über den Fristerstreckungsantrag im Anschluss an die Debatte über die Dringliche Anfrage stattfinden. Die Abstimmung über den Antrag findet dann unmittelbar nach Schluss der Debatte über denselben statt.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Reindl, Dr. Baumgartner-Gabitzer beantragt haben, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 438/A betreffend das Pensionsreformgesetz 2001 eine Frist bis 3. Juli 2001 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung, also am Schluss dieser Sitzung, zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir für die Tagesordnung der heutigen Sitzung der Vorschlag vor, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 3, 4 bis 9, 10 und 11, 14 und 15, 17 bis 20 und 21 bis 26 jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Da das nicht der Fall ist, werden wir so vorgehen und die genannten Vorlagen gemeinsam debattieren.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten, Grüne 104 Minuten. Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Damit stelle ich fest, dass diese Tagesblockredezeit mit der genannten Verteilung der Redezeiten einstimmig so festgelegt wurde.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (573 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (650 der Beilagen)


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2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 273/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (651 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 300/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Verwendung der Behindertenmilliarde im Budget 2001 (652 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den ersten drei Punkten der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte in einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt zu keiner der drei Vorlagen vor. Daher können wir sofort in die Debatte eingehen.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.16

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sprechen, Herr Bundesminister, jetzt, um 10.16 Uhr, über das Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden.

Herr Bundesminister! Diese Tageszeit ist für viele Menschen, die um 6 Uhr oder noch früher ihre Frühschicht beginnen, der Zeitpunkt, zu dem sie die Jause einnehmen, das so genannte Gabelfrühstück. Herr Bundesminister! Jause habe ich uns keine mitgebracht, aber ein Häferl, auf Hochdeutsch gesagt, eine Kaffeetasse. (Die Rednerin hält eine beschädigte Kaffeetasse in die Höhe.)

Meine Damen und Herren! Dieses Häferl symbolisiert eines: die Art und Weise, wie Sie mit der Unfallrentenbesteuerung umgehen. Genau das symbolisiert dieses Häferl! (Abg. Dr. Ofner: Das ist aber lustig!) Es ist ein Flickwerk, wie Sie sehen können. Es ist kaputt. Es ist gepickt, aber es ist trotzdem nicht ganz und auch nicht funktionsfähig. Herr Bundesminister! Ich möchte Ihnen nun symbolisch dieses Häferl übergeben. (Die Rednerin übergibt die erwähnte Kaffeetasse dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Haupt. – Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Warum sind Sie so aufgeregt? Hätten Sie ein gutes Gewissen, könnten Sie hier ruhig zuhören und darüber lächeln, aber offensichtlich sind Sie zutiefst betroffen, weil Sie wissen, dass ich mit dieser Argumentation Recht habe. (Abg. Neudeck: Da ist wieder nichts drinnen – wie in Ihren Reden! – Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Gesetzesvorlage, die wir heute hier besprechen, nennen Sie irreführenderweise "Reparatur der Unfallrentenbesteuerung". Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, haben wider besseres Wissen hier eine gesetzliche Maßnahme beschlossen, nämlich die Besteuerung der Unfallrenten, und Sie wollen hier diese Rentenbesteuerung wieder reparieren, wie Sie sagen. Doch Sie wissen ganz genau, dass das ein Flickwerk ist, dass das zu weiteren Ungerechtigkeiten führen wird und dass Sie damit eine Reparatur bei weitem nicht erreichen werden.

Weder die Argumente, die Behindertenorganisationen und Behindertenverbände vor Einführung der Besteuerung der Unfallrenten geltend gemacht haben, noch der Versuch von uns als Opposition und von uns als SozialdemokratInnen, Sie auf die Ungerechtigkeit dieser Maßnahmen hinzuweisen, haben etwas daran geändert, dass Sie in Ignoranz die Besteuerung der Unfallrenten beschlossen haben.


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Sie haben natürlich gewusst, dass das ungerecht ist, und weil Sie gewusst haben, dass Sie damit ein Unrecht beschließen, haben Sie gesagt: Aber so ganz ungerecht ist das nicht, denn wir nehmen zwar den Armen der Ärmsten zwei Milliarden Schilling weg, aber wir sind ja großzügig. Wir behalten uns nicht die ganzen zwei Milliarden Schilling, eine Milliarde Schilling geben wir wieder zurück, und zwar die so genannte Behindertenmilliarde!

Meine Damen und Herren! Das ist Zynismus pur, das ist blanke Menschenverachtung! Das wollte ich Ihnen hier noch einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das klingt ja beinahe so, als ob Sie Dankschreiben und Dankesgrüße von den UnfallrentenbezieherInnen dafür verlangen würden, dass Sie in "großzügiger" Weise jetzt überall diese Behindertenmilliarde verkaufen und sie als Ihr gutes Werk darstellen. Sie tun dies, obwohl Sie wissen, dass damit netto noch immer eine Milliarde Schilling den Unfallrentenbeziehern und Unfallrentenbezieherinnen weggenommen wird.

Ich nehme an, Sie hätten diese Propaganda auch noch weiter so gefahren, wenn nicht ein gewisser Herr, der Vertragspartner beim Zustandekommen dieser Bundesregierung war, Ihnen auf einmal dasselbe über die Öffentlichkeit mitgeteilt hätte, was wir Ihnen schon immer gesagt haben, nämlich: Die Unfallrentenbesteuerung ist unsozial und ungerecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nachdem Ihnen, lieber Herr Kollege Schweitzer, das einfache Parteimitglied aus Kärnten dasselbe gesagt hat wie Behindertenverbände, Behindertenorganisationen, die SozialdemokratInnen und auch die Grünen – wenn das einfache Parteimitglied etwas sagt, dann funktioniert das bei Ihnen noch immer recht gut –, haben Sie beschlossen: Da muss man doch etwas tun! Auf einmal fanden sich in Ihrem Wortschatz Worte wie Härteausgleich, Reparatur; auf einmal sind diese Worte immer öfter aus Ihrem Mund gekommen. Sie nennen dieses Flickwerk, das Sie uns hier anbieten und von dem Sie uns sagen wollen, dass Sie damit Ungerechtigkeiten beseitigen, heute auch wieder großartig "Reparatur".

Herr Bundesminister! Dieses Gesetz, das als Reparatur bezeichnet wird, schafft neue Ungerechtigkeiten, und das wissen Sie ganz genau. Alle Menschen, die einen Arbeitsunfall haben werden, der nach dem 1. Juli 2001 passiert, werden von dieser Steuer in ungebremster Härte getroffen. Da gelten jene Maßnahmen, die Sie für Härtefälle in einem Abänderungsantrag, Herr Kollege Feurstein, genau definiert haben, auf einmal nicht mehr. Sind Familienbelastungen, Einkommensunterschiede, Ausgaben für Wohnraum nach dem 1. Juli dieses Jahres keine Härte mehr, sind sie es nur vorher? Können Sie mir irgendwie erklären, wo da eine Gerechtigkeit vorhanden ist? – Ich kann das nicht erklären, aber Sie werden das vielleicht schaffen. Sie werden, so nehme ich an, auch noch an das Rednerpult schreiten.

Herr Bundesminister! Oder wie schauen denn die Leistungen bei einem Selbständigen aus? – Ein Selbständiger weiß in der Regel erst nach zwei Jahren, wie viel Steuern er überhaupt bezahlt. Er kann sie drei Jahre geltend machen, da haben Sie schon Recht. Aber bevorschusst er jetzt die Steuer zwei Jahre dem Finanzminister, indem er zwei Jahre die Unfallrentenbesteuerung zahlt, das aber erst nachher geltend machen kann? (Zwischenruf des Abg. Dr. Feurstein. )

Herr Kollege Feurstein! Er weiß ja vorher nicht, was er an Steuer zahlt, oder er muss das dann zurückzahlen, weil er zu viel bekommen hat. Aber Sie werden uns das sicherlich auch erklären. Es ist wahrscheinlich genauso unlogisch wie alle anderen Maßnahmen, die Sie in dieser Gesetzesvorlage zu beschließen gedenken.

Die UnfallrentenbezieherInnen, die das zurückfordern, haben darüber hinaus noch einen ganz gravierenden Nachteil, denn sie müssen ein Bürokratiemonster über sich ergehen lassen, Herr Bundesminister. Sie haben uns in einer Anfragebeantwortung bekannt gegeben, wie vieler Posten mehr es bedarf, damit man diese Zuwendung überhaupt durchbringen kann. Das ist ein Verwaltungsmonster sondergleichen, doch Sie reden immer vom schlanken Staat! Aber dort, wo es um Ihre Maßnahmen, um Ihre Flickwerke, um Ihr Chaos geht, wird nicht mehr gespart, dort wird hinausgepulvert, statt dass Sie eine Reparatur machen, die gerecht wäre, nämlich eine unsoziale Maßnahme zurücknehmen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! In diesem Gesetzeswerk versteckt sich noch etwas anderes. So ist man stolz von Seiten der FPÖ und von Seiten der ÖVP (Abg. Mag. Schweitzer: Von Seiten! Nicht von Seitens!), dass man die Ausgleichstaxe angehoben hat. Darauf ist man besonders stolz. (Abg. Gaugg: Das, was ihr jahrelang versäumt habt!) – Genau! Aber wir haben eines nicht gemacht: Wir haben die Interessen der behinderten Menschen, die arbeiten wollen, nicht verkauft – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Erklären Sie das!)

Ich erkläre es Ihnen gerne, aber ich befürchte, dass es bei Ihnen nicht viel Sinn hat (Abg. Mag. Schweitzer: O ja! O ja!), aber ich versuche es zum wiederholten Male, denn ich bin ein Mensch, der andere Menschen mag. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Wirtschaft fordert seit langen (Abg. Mag. Schweitzer: Langem ! Dritter Fall! Dativ!), dass die Probezeit bei Behinderten verdoppelt wird. Das haben Sie auch gemacht. Sie haben gesagt, die Ausgleichstaxe werde angehoben. (Beifall eines Abgeordneten der ÖVP.) Es ist auch bezeichnend, dass ein Wirtschaftskämmerer dazu klatscht, das sagt alles. (Beifall des Abg. Haigermoser. )

Sie haben die Ausgleichtaxe angehoben und haben im Abtausch dafür die Probezeit für behinderte Menschen verlängert. Sie haben die Interessen dieser Menschen verraten, und Sie haben nicht mit den Behindertenorganisationen gesprochen, Herr Kollege Feurstein, weil Sie wissen, dass die Behindertenverbände nach wie vor dagegen sind. Das ist unrichtig, was Sie uns im Ausschuss gesagt haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Feurstein. )

Ich finde es nicht passend, Herr Kollege Feurstein – ich habe Sie immer für einen seriösen Politiker gehalten –, dass Sie uns Sachen erzählen, die nicht den Tatsachen entsprechen, und sich auf einen Lebenshilfe-Landesverband zurückziehen, statt zum Beispiel den ÖAR und andere Verbände zu nehmen. Das halte ich für peinlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Feurstein: Verdrehen Sie die Dinge nicht! Das ist unkorrekt, Frau Kollegin, was Sie gemacht haben!) – Nein, unkorrekt war das, was Sie uns gesagt haben, Herr Kollege Feurstein! Ich bedauere das zutiefst, denn ich denke mir, dass in der Sozialpolitik wieder Seriosität Einzug halten sollte und nicht Populismus. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Seriosität, Herr Kollege Trinkl, ist nicht nur etwas, das der Wirtschaft liegt, und das ist offensichtlich Ihre Position. Die Seriosität bedeutet gerade auch in der Sozialpolitik, eine Vertretung der Interessen der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer wahrzunehmen und einen Interessenausgleich durchzuführen. Das, was Sie machen, ist unausgewogen. Sie vertreten nur die Interessen der Wirtschaft und lassen die Menschen, die die Gesetzeslage brauchen, peinlich im Stich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Wer sagt das?)

Herr Kollege Trinkl! Vielleicht wollen Sie die Ausführungen des Herrn Professor Mazal in dieser Frage hören. Herr Professor Mazal hat diesbezüglich ein recht interessantes Interview gegeben. Auf die Frage zum Beispiel, ob diese Besteuerungsreparatur neue Härten bedeuten würde, hat er gesagt, das wolle er nicht beurteilen, denn was eine Härte ist, sei eine politische Entscheidung. – Das ist interessant! Aber dann fügt er hinzu, es könne natürlich durchaus vorkommen – er rechnet das auch an einem Beispiel vor –, dass sich Menschen gerade nach dieser Reparatur ungerecht behandelt fühlen.

Aber ich möchte Ihnen noch etwas Interessantes aus der Stellungnahme des Professors Mazal zitieren. Auf die Frage, ob diese Regelung rechtlich halten wird, zitiert er Herrn Professor Öhlinger. Herr Professor Öhlinger hat nämlich in einem Fernsehinterview gesagt, die Unfallrentenbesteuerung sei ein verfassungsrechtlicher Drahtseilakt. – Ein verfassungsrechtlicher Drahtseilakt, meine Damen und Herren! Stimmt Sie das nicht nachdenklich? – Herr Professor Mazal sagt, er glaube, dass der Drahtseilakt durch diese Härtefallregelung nicht ungefährlicher geworden ist.

Meine Damen und Herren! Was heißt das? – Das heißt nichts anderes, als dass Ihnen namhafte Leute aus der Wissenschaft sagen, dass das, was Sie hier machen, verfassungsrechtlich ein sehr bedenklicher Akt ist. Das haben auch wir Ihnen schon gesagt, und ich befürchte, es wird gleich sein wie bei der Unfallrentenreparatur, bei der Sie zuerst darübergefahren sind, bei


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der Sie überhaupt keine Argumente zugelassen oder sie zumindest ignoriert haben. Sie machen jetzt eine Reparatur, von der Sie genau wissen, dass sie ein Scherbenhaufen ist, dass sie ein Flickwerk ist, wie dieses Häferl es ist. Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als diese Reparatur in ein paar Monaten wieder zu reparieren. Ich muss Ihnen sagen: Es ist der österreichischen Gesetzgebung nicht würdig, was Sie hier aufführen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Sie haben Ihre Redezeit nicht gut genützt! Sie haben Ihre Redezeit nicht gut genützt!)

Meine Damen und Herren! Um Sie vielleicht doch noch umzustimmen ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Herr Dr. Pumberger! Es ist besser, wenn Sie schweigen, denn von Sozialpolitik verstehen Sie nichts, und als Arzt möchte ich Sie auch nicht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist trotzdem ein Versuch – wie gesagt, wir lieben Menschen, und der Mensch steht in unserer Politik im Mittelpunkt –, Sie zu überzeugen, einem Entschließungsantrag von uns zuzustimmen. Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Brunhilde Plank und GenossInnen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (573 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (650 der Beilagen)

Meine Damen und Herren! Ich habe schon versucht, Ihnen zu erklären, wie ungerecht eine Maßnahme ist, dass Sie trotz der Reparatur noch immer mindestens 1,4 Milliarden Schilling von den Unfallrentenbezieherinnen und Unfallrentenbeziehern nehmen. Daher bringe ich diesen Entschließungsantrag ein. Er lautet:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die insbesondere folgende Punkte enthält" – Herr Dr. Feurstein, bitte hören Sie zu!; vielleicht sind Sie belehrbar, ich gebe die Hoffnung einfach nicht auf –:

"Die unsoziale Besteuerung der Unfallrenten wird mit 1. Jänner 2001 rückwirkend aufgehoben.

Die Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz wird mit 1. Jänner 2001 rückwirkend auf 4 800 ATS pro Monat erhöht.

Der besondere Kündigungsschutz nach dem Behinderteneinstellungsgesetz muss bereits nach drei Monaten greifen."

*****

Herr Kollege Feurstein! Sie wissen, dass das die einzige Möglichkeit ist, soziale Gerechtigkeit wiederherzustellen. Ich appelliere an Ihre Vernunft – wenn schon nicht an das Herz, aber an Ihre Vernunft –: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Sie wissen, mit den 4 800 S haben Sie auch die Behindertenmilliarde tatsächlich auf Jahre gesichert drinnen. Sie wissen ganz genau, dass die Verlängerung der Probezeit eine soziale Härte für die behinderten Menschen ist – noch dazu, da wir merken, dass die Arbeitslosigkeit nicht in dem Ausmaß zurückgeht, wie das in den ersten Monaten Ihrer Regierungszeit der Fall war.

Daher mein Appell an Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ: Wenn Sie schon nicht das Herz sprechen lassen, so lassen Sie wenigstens die Vernunft walten! (Beifall bei der SPÖ.)

10.30


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.31

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Ah, warum redet der Gaugg nicht? – Abg. Dr. Ofner: Lächeln und freundlich sein!) 

Symbolisch für den Zustand der SPÖ wurde eine zu Bruch gegangene Tasse überreicht – symbolisch für den Scherbenhaufen in der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Kostelka. ) Ich gebe Ihnen gern wieder eine ganze Tasse zurück, Frau Kollegin Silhavy, damit Sie wieder alle komplett im Schrank haben. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Huber: Das ist eine Frechheit! – Abg. Dr. Kostelka: Das ist sein Niveau!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Antrag, den Sie soeben vorgebracht haben, kennen wir von seinem Inhalt her schon zur Genüge. Das ist ein ehemaliger Antrag des Abgeordneten Gusenbauer – ich vermisse ihn heute allerdings –, der in der Begründung dieses Antrags zur Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung schreibt, den Menschen mit Behinderungen würden durch diese Steuer insgesamt 2 Milliarden Schilling abgenommen. – Diese Begründung ist falsch! Er vergisst die Behindertenmilliarde, und er vergisst den Ausgleich durch die heute zu beschließenden Regelungen für Härtefälle.

Des Weiteren schreibt er in diesem seinem Antrag, der Großteil von jenen Leuten, die eine niedrige Pension bekommen, gerate durch die Besteuerung der Unfallrente in finanzielle Schwierigkeiten. – Das stimmt auch nicht, denn gerade für jene Personen, die eine niedrige Pension erhalten, wird heute der Ausgleich geschaffen!

Weiters heißt es in diesem Antrag, die SPÖ habe die Besteuerung der Unfallrenten von Anfang an abgelehnt. – Auch das stimmt nicht, denn die SPÖ war die erste Partei, die bereits 1988 mit Sozialminister Geppert und Finanzminister Lacina den Vorstoß zur Besteuerung der Unfallrenten gemacht hat, weil sie eine Gleichberechtigung der Unfallrenten herstellen wollten! (Abg. Silhavy: Herr Dr. Pumberger! Die Verantwortung für das, was heute beschlossen wird, tragen Sie! Es ist doch viel schlimmer!)

Frau Kollegin Silhavy! Schreien Sie nicht so! Schreien Sie nicht so, denn von sozialer Gerechtigkeit haben Sie in der SPÖ die allerwenigste Ahnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei den Unfallrenten zahlen die Bauern beispielsweise viermal so hohe Beiträge wie Beamte, aber die durchschnittliche Unfallrente bei den Bauern beträgt 2 050 S, während bei den öffentlichen Bediensteten die durchschnittliche Unfallrente 5 213 S beträgt. Das ist die soziale Gerechtigkeit der Sozialdemokraten! All das sind Regelungen, die die Sozialisten in 30 Jahren Sozialpolitik gemacht haben. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Auch mit Schreien und Überstürzen der Stimmlage werden Sie das nicht wegschreien können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die durchschnittliche Vollversehrtenrente bei den Beamten beträgt 20 254 S, bei den Bauern 11 823 S. Das ist Gleichberechtigung bei den Sozialisten! – um Ihnen nur ein paar Zahlen zu nennen, Frau Kollegin Silhavy. (Abg. Silhavy: Da steht jemand draußen, der nicht weiß, wovon er spricht!) – Sparen Sie sich Ihre Zwischenrufe, Sie haben sich schon selbst disqualifiziert!

Diese Bundesregierung hat in der Behindertenpolitik in dieser kurzen Zeit bereits eine Meisterleistung vollbracht. Es kommt zu wesentlichen Verbesserungen, und es ist bereits zu wesentlichen Verbesserungen für unsere behinderten Mitmenschen gekommen. (Abg. Huber: Meisterleistung à la Pumberger!)

Gerade als praktizierender Arzt kann ich Ihnen sagen, dass mir die Anliegen der behinderten Mitmenschen sehr am Herzen liegen. Ich habe in meiner Praxis tagtäglich mit behinderten Men


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schen zu tun, und ich weiß, wovon ich rede, während Sie hier nur hereinkreischen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, bitte!

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (fortsetzend): Es wird eine neue Strukturierung des Unterstützungsfonds für unsere behinderten Menschen erfolgen, die dazu führen wird, dass es zu einer Beschleunigung und zu einer Vereinfachung der Verfahrensabläufe kommt. Der Herr Bundesminister macht regelmäßige Berichte für unsere behinderten Menschen. Die Ausgleichstaxe wird um 700 S angehoben, Frau Kollegin Silhavy. Der Kündigungsschutz der Behinderten wird im Sinne der Behinderten geändert. Im Sinne der Behinderten! (Abg. Silhavy: Herr Pumberger! Die Leute werden Sie an den Taten messen! – Abg. Dr. Ofner: Freundlich lächeln!)

Die Behindertenmilliarde ist ein Meilenstein für unsere Behinderten. Schwerstversehrte bekommen 50 Prozent Zuschlag zu ihrer Versehrtenrente. Das Pflegegeld wird ab Geburt für unsere behinderten Kinder ermöglicht. Die Qualitätssicherung in der Pflegevorsorge wird ins Gesetz aufgenommen. Es gibt eine Verbesserung im Versorgungsrecht in maßgeblicher Art und Weise. Jetzt erhalten 60 000 behinderte Menschen 600 Millionen Schilling Steuererleichterung. 600 Millionen Schilling bekommen 60 000 Behinderte zurück! Das sind durchschnittlich 10 000 S, Frau Kollegin Silhavy. (Abg. Silhavy: Und wem werden sie aus dem Sozialbudget vorenthalten?)

Wenn Sie da nicht mitkönnen und die totale Aufhebung der Unfallrente im Sinne Ihrer Totaloppositionspolitik wollen, dann müssen Sie in Kauf nehmen, dass Sie die Behindertenmilliarde wieder abschaffen wollen und dass Sie die Aufstockung der Versehrtenhöchstrente auch nicht wollen. Das müssen Sie den Leuten sagen! Bis zu einem Gesamtjahreseinkommen von 230 000 S wird niemand auch nur einen einzigen Schilling an Behindertensteuer zahlen müssen. Das ist ein sozialer Ausgleich, den unsere Bundesregierung zustande gebracht hat. Darauf können wir stolz sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Niemand unter dieser 230 000 S-Einkommensgrenze darf von dieser Besteuerung erfasst sein. Das wird durch die heutige Beschlussfassung der vorliegenden Regierungsvorlage sichergestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Generelle Ungerechtigkeit herrscht im Invaliditätsrecht in Österreich. Wir müssen dieses Invaliditätsrecht auf neue Stufen stellen. Jetzt überwinden wir die Härten, jetzt helfen wir den Schwerstversehrten, und für unsere Behinderten schaffen wir neue Arbeitsplätze. Das ist unsere Aufgabe! Der Erfolg ist dieser neuen Bundesregierung sicher! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dobnigg: Wer es glaubt, wird selig!)

10.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich staune, der Sozialsprecher der Freiheitlichen, bei solchen Themen ansonsten krankheitsbedingt abwesend, ist hier nicht einmal bei der Debatte dabei, dafür übernimmt Kollege Pumberger die sozialpolitischen Anliegen der freiheitlichen Fraktion. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Das muss man auf der Zunge zergehen lassen: dass sich ein Mensch mit so viel sozialer Sensibilität wie Herr Pumberger hier herausstellt und absolut zynisch darstellt, wie sozial die Freiheitliche Partei im Bereich der Unfallrenten ist (Abg. Haigermoser: Ihre Probleme möchte ich haben!), wie sehr und wie gerne die Freiheitliche Partei und mit ihr auch die ÖVP bereit ist, Verfassungsrecht zu brechen, wenn es darum geht, die Unfallrentner zu besteuern.

Man höre und staune, Herr Abgeordneter Pumberger hat – das ist wahrscheinlich kein zufälliger Versprecher von ihm gewesen – sogar von einer Unfallsteuer gesprochen. – Ja, das können wir uns vorstellen, Herr Abgeordneter Pumberger, dass die Unfallsteuer bei Ihrer Politik das Nächste ist, was Sie einführen werden, dass man auch noch dafür zahlen muss, wenn man


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einen Unfall hatte. Jetzt sind nur die Unfallrentner dran. Nur: Jene müssen zahlen, die an ihrem Arbeitsplatz geschädigt wurden. Sie müssen für die Budgetsanierung zahlen.

Niemand, meine Damen und Herren, der einen Angehörigen hat, der eine Unfallrente bezieht, versteht diese Regelung. Niemand in Österreich wird auch diesen komplizierten Härteausgleich, mit dem Sie versuchen, die sozialen Ungerechtigkeiten und die Verfassungswidrigkeiten zu überbügeln, über diese drüber zu bügeln, verstehen.

Eines ist klar, meine Damen und Herren: Sie werden nicht klarmachen können, warum einer, der vor dem 30.6.2001 einen Unfall hatte, anders gestellt ist als derjenige, der am 1.7.2001 einen Arbeitsunfall haben wird. Sie werden nicht klarmachen können, dass Ihre Regelung mit dem Härteausgleichsfonds, angesiedelt beim Sozialministerium, keine neue Bürokratie schafft, und zwar in einem Ausmaß, das unverständlich ist.

Sie werden nicht klarmachen können, meine Damen und Herren, dass Sie eine solche Regelung der Besteuerung, die ursprünglich 2 Milliarden Schilling einbringen sollte, aber nach Ihrer eigenen Milchmädchenrechnung wegen der Behindertenmilliarde 1 Milliarde Schilling weniger Ertrag bringt und jetzt noch zusätzlich 600 Millionen Schilling weniger einbringt, also in Summe dem Finanzminister nur 400 Millionen Schilling an Mehreinnahmen schafft, mit so viel Vehemenz und Zynismus verteidigen. Da kann man nur mehr den Eindruck haben, Ihnen geht es wirklich um nichts anderes als darum, die Unfallrentnerinnen und die Unfallrentner nach ihrem Arbeitsunfall noch ein zweites Mal zu schädigen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Man könnte vieles sagen, auch den Herrn Sozialminister fragen: Wo bleibt denn der berühmte Mazal-Bericht? Herr Minister Haupt! Wo bleibt er denn? – Sie wissen, da gab es ursprünglich einmal einen Bericht über die soziale Treffsicherheit. Aus diesem hat sich die Regierung – wahllos kann man eigentlich nicht sagen – Maßnahmen herausgegriffen, darunter die Besteuerung der Unfallrenten, und diese durchgedrückt.

Dann sagt Herr Haider, diese Experten können uns gestohlen bleiben, all das, was die Experten da herausgefunden haben, sei nur Blödsinn. Dann wird just jener Experte, der für den Blödsinn, laut Haider, verantwortlich ist, damit beauftragt, die alte Unfallrentenregelung zu korrigieren. Was passiert? – Der Bericht dieses Experten verschwindet wieder in der Schublade, und es wird eine Unfallrentenreform beschlossen, die mit dem Bericht des Experten oder der Experten offensichtlich nichts zu tun hat.

Herr Bundesminister! Legen Sie den Bericht der Experten oder des Experten, Herrn Mazal, auf den Tisch! Warum haben Sie die Debatte in der Öffentlichkeit verweigert? Warum waren Sie nicht bereit und imstande, mit all jenen zu diskutieren, die mit Ihnen durchaus eines Sinnes waren? – Es soll nämlich schon möglich sein, irgendetwas zu besteuern, aber es muss sozial gerecht sein, und dazu gibt es Vorschläge noch und nöcher, und zwar auch im Bereich der Unfallrenten.

Auch wenn ich mit diesen Vorschlägen zur Besteuerung, wie sie etwa Herr Dr. Rudda vom Bereich der Selbständigen-Sozialversicherung vorgeschlagen hat, nicht einverstanden bin, muss ich sagen: Diese Vorschläge haben Hand und Fuß, sie sind durchdacht. Wenn man diese Vorschläge des Herrn Dr. Rudda liest, dann weiß man eines: Diese Regelung, Herr Dr. Feurstein, die Sie jetzt beschließen, ist genauso verfassungswidrig wie das elende Werk, das Sie vorher beschlossen haben.

Als nichts anderes als Elend ist es zu bezeichnen, dass die UnfallrentnerInnen für das Versagen, das auch Sie im Budget zu verantworten haben und das genauso Herr Dr. Stummvoll zu verantworten hat, zur Kasse gebeten werden. Seien Sie doch ehrlich! Sie lassen die Unfallrentnerinnen und Unfallrentner dafür büßen, dass es ein Budgetdefizit gibt. Das haben Sie offen erklärt.

Sie lassen die Unfallrentnerinnen und Unfallrentner dafür büßen, dass sie einen Arbeitsunfall hatten. Das haben Sie nicht offen erklärt, aber Sie tun es. Sie schaffen damit nicht das, was Sie vorgeben, zu schaffen, nämlich soziale Treffsicherheit und soziale Gerechtigkeit, sondern Sie


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schaffen damit soziale Beliebigkeit und Zynismus als Handlungsprinzip dieser Ihrer Politik und Ihrer Bundesregierung.

Das neue Handlungsprinzip der Bundesregierung ist: soziale Beliebigkeit und Zynismus gegenüber jenen, die die Solidarität dieses Hauses und der Politik verdient hätten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen auch, warum das so ist; ich habe es Ihnen schon mehrmals erklärt. In den Erläuterungen für die Unfallrente wird auch ausgeführt, warum sie eingeführt wird, nämlich als Beitrag zu besserer sozialer Symmetrie, zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zur Verstärkung der Steuergerechtigkeit. Dazu nickt Herr Dr. Feurstein noch. (Abg. Dolinschek: Um Ungleichheiten zu beseitigen!) Er weiß, so wie alle anderen Mitglieder dieser Regierungsparteien, aber ganz genau, dass die Renten im Bereich des Heeres ausgenommen sind.

Ich weiß schon, diese meine Vorhaltungen Ihnen gegenüber waren Ihnen unangenehm. Sie haben dazu geführt, dass Sie sich vielleicht selbst mit der Frage auseinander gesetzt haben, warum die Renten nach dem Heeresversorgungsgesetz sozusagen steuerfrei gestellt sind. Daher findet sich jetzt auch in den Erläuterungen zu dieser Reparatur eine Anmerkung, und da erklären Sie, dass das zwar vergleichbar gemacht werden kann, aber trotzdem nicht vergleichbar ist. – Interessant!

Ich sage Ihnen noch etwas, Herr Dr. Feurstein: Sie wissen genauso gut wie ich, dass die privaten Unfallrenten, vor allem dann, wenn sie als Einmalbetrag bezogen werden, also wenn ich privat einzahle, um mir im Falle eines Unfalles eine Rente oder einen Einmalertrag holen zu können, steuerfrei sind. Sie wissen das. Jeder in der Republik weiß das, und jeder Steuerberater weiß das auch. Natürlich sagt der Gesetzgeber, wenn es eine Rente ist, dann muss man Steuern zahlen, aber niemand kann diesen Steuerertrag tatsächlich garantieren, weil es die Finanz nicht weiß. Daher wird jeder innerhalb der Finanz und auch jeder Steuerberater mir bestätigen müssen, dass private Unfallrenten, wenn sie als Renten bezahlt werden, zwar versteuert werden müssten, aber nicht versteuert werden.

Wenn ich die private Unfallrente als Einmalertrag kassiere, dann muss sie ohnehin nicht versteuert werden. Spannend! Das nennen Sie soziale Gerechtigkeit, dass man dann, wenn man eine private Unfallrente abschließt, keine Steuer zahlen muss?! Da erklärt mir dann Herr Westenthaler, dass es ungerecht sei, dass jemand mit Unfallrente und Einkommen 25 000 S oder 30 000 S hat, dass es doch ungerecht sei, dass der so viel Rente erhält. Aber er spricht nicht von jenem, der 50 000 S oder 100 000 S verdient und vielleicht 5 000 S monatliche Prämie für eine private Unfallversicherung zahlt und dann im Falle des Falles einen Ertrag in der Höhe von 5 Millionen oder 10 Millionen Schilling hat. Davon spricht er nicht, denn das wäre etwas unangenehm. (Abg. Dr. Mitterlehner: Der Vergleich hinkt!)

Wenn man das in die Debatte aufnähme, würde man draufkommen, dass unser Steuersystem etliche solcher Ungerechtigkeiten kennt. Man würde auch draufkommen – dafür gibt es auch schöne Beispiele im Beitrag des Herrn Dr. Rudda zu den Unfallrenten –, dass etwa jene Person, die 25 000 S Einkommen plus Unfallrente erhält, in Zukunft um 2 000 S bis 3 000 S mehr Steuern zahlen muss, obwohl die Unfallrente nur 5 000 S ausmacht. Diese Person hat überhaupt nichts von dem Härteausgleich, sie profitiert davon überhaupt nicht.

Meine Damen und Herren! Das, was Sie mit dem Härteausgleich geschaffen haben, ist Pfusch. Das ist verbunden mit einer Form von Zynismus gegenüber den Behinderten. (Abg. Dr. Pumberger: Das ist Fundamentalopposition!) Ich brauche mir nur die Regelungen, die jetzt schon angesprochen wurden, wie Verdoppelung der Probezeit und Erhöhung der Ausgleichstaxe, die jetzt wieder in diese Reparaturregelung einfließt, anzusehen. All das ist ein Zynismus gegenüber den Behinderten, die zunächst zur Kasse gebeten werden und dann ein geringfügiges Entgelt aus dem, was sich der Staat als Ertrag erwirtschaftet, erhalten sollen.

Ein Schweigegeld sollen sie erhalten, damit sie in Zukunft ein für alle Mal den Mund halten, wenn Sie weitere soziale Ungerechtigkeiten produzieren. Aber meine Kollegin Haidlmayr wird Ihnen dann auch noch erklären, dass das nicht passieren wird. Weder die Behinderten und ihre


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Verbände noch die Opposition, noch jene, die an soziale Gerechtigkeit in diesem Land glauben und nicht der sozialen Beliebigkeit das Wort reden, werden sich das gefallen lassen. Ich bin mir in diesem Fall sicher, dass Ihnen auch der Verfassungsgerichtshof dazu seinen Segen nicht erteilen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.50

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung dieser Novelle zur Besteuerung der Unfallrenten, die wir heute beschließen, haben wir uns sehr eingehend mit den verfassungsrechtlichen Bedenken, die von Professor Öhlinger, von Professor Mazal, aber auch von anderen Gutachtern, die wir den Beratungen beigezogen haben, geäußert worden sind, auseinander gesetzt.

Meine Damen und Herren! Sie wissen ganz genau, dass es aus diesem Grunde im Sozialausschuss zu einem Abänderungsantrag gekommen ist, der diesen verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung trägt. Wir haben Ihnen eine korrekte Lösung vorschlagen, meine Damen und Herren. Ich lasse mir nicht in die Schuhe schieben, dass wir diese Bedenken nicht berücksichtigt hätten. Das ist eine korrekte Lösung, meine Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Härtefälle werden zunächst einmal berücksichtigt. Das ist das Erste. Daher haben wir die Grenze von 230 000 S Jahreseinkommen eingeführt. Bis zu diesem Jahreseinkommen wird die Lohnsteuer, die bezahlt worden ist oder bezahlt wird, in voller Höhe rückerstattet. (Abg. Haidlmayr: Kann rückerstattet werden!) – Das ist nicht wahr! Frau Abgeordnete! Sie sagen wider besseres Wissen die Unwahrheit. Das Wort "kann" steht nicht im Gesetzentwurf. Es steht, dass rückerstattet wird, meine Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Nach Maßgabe!) Ich lasse mir solche falschen Unterstellungen nicht mehr gefallen, auch von Ihnen nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, Frau Abgeordnete Haidlmayr, dass Sie immer wieder unkorrekt argumentieren. Mit dem Abänderungsantrag wird eindeutig festgestellt, dass rückerstattet wird. (Abg. Huber: Nach Maßgabe! Sie kennen Ihren eigenen Abänderungsantrag nicht!) Das ist eindeutig festgestellt. Wir wehren uns dagegen, dass Sie die Dinge falsch darstellen. Das ist eine Unkorrektheit, meine Damen und Herren, die Sie damit immer wieder zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nächster Punkt: Bei Jahreseinkommen, die über 230 000 S liegen, gibt es eine Einschleifregelung, sodass das Einkommen in der Höhe von 230 000 S auf jeden Fall gesichert ist. – Alle verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte haben wir berücksichtigt.

Darüber hinaus haben wir die persönliche Situation des Betroffenen berücksichtigt, wie zum Beispiel Familienverhältnisse, ob Unterhaltsleistungen zu zahlen sind. Es wurde auch jenes Argument, das in den Diskussionen hier im Hohen Haus immer wieder vorgebracht worden ist, berücksichtigt, nämlich das Verhältnis zwischen dem eigenen Einkommen, also dem Einkommen ohne Unfallrente, und der Höhe der Unfallrente. Bei jemandem, der ein niedriges eigenes Einkommen hat, weil er sehr früh verunfallte, aber dafür eine hohe Unfallrente erhält, wird die Relation zwischen den beiden Einkommen berücksichtigt, und es kommt zu einer Rückerstattung der Lohnsteuer, die er bezahlen musste oder bezahlen muss. Dieser wichtige Gesichtspunkt wurde voll berücksichtigt, meine Damen und Herren!

Wir haben auch die Verpflichtungen des Betroffenen berücksichtigt. Auch wenn er seine Wohnung adaptieren musste, Wohnraum schaffen musste, Anschaffungen vornehmen musste, um die Mobilität zu fördern: All diese Dinge werden zusätzlich berücksichtigt. Die individuelle und die persönliche Situation des Betroffenen werden berücksichtigt – also das, was der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1992 bei der Aufhebung Ihres Gesetzes kritisiert hat.


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Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wir lassen uns hier nicht Zynismus vorwerfen. Das ist eine Unverschämtheit, die Sie an den Tag legen. (Abg. Silhavy: Wer war 1988 noch in der Regierung?) Das ist kein Zynismus, sondern eine praktikable, vernünftige und korrekte Lösung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Es wird uns immer wieder von Ihnen vorgeworfen, das Verfahren sei bürokratisch. Meine Damen und Herren! Wer hat dieses Verfahren, das wir hier anwenden, eingeführt? (Abg. Silhavy: Sie!)  – Es ist unter Minister Dallinger eingeführt worden, als der Nationalfonds für Menschen mit Behinderung geschaffen wurde. Dieses Verfahren im Nationalfonds wird auf Vorschlag von Minister Haupt nun vereinfacht, und zwar wesentlich vereinfacht. Der Fonds heißt jetzt "Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderungen". Ein vernünftiges, einfacheres Verfahren greift nun Platz. (Abg. Haidlmayr: Ein Almosenverfahren!)

Meine Damen und Herren! Die Minister von der SPÖ haben in den neunziger Jahren eine Normverbrauchsabgabe vorgeschlagen, die rückvergütet wird. Auch eine Rückvergütung von Steuern, die Behinderte bezahlen müssen. Sie erfolgt über diesen Fonds, über dieses Bundesbehindertengesetz. Genau das machen wir hier. Wir bedienen uns eines Instrumentes, das sich seit mehr als zehn Jahren bewährt hat. Sie werden mir nicht vorhalten können, dass die Rückvergütung der Normverbrauchsabgabe nicht funktioniert hätte, meine Damen und Herren von der SPÖ. Sie funktioniert! Genauso wird die Rückvergütung der Lohnsteuer funktionieren. Da ist eine Selbstbindung des Bundes eingebaut.

Ich verwahre mich gegen Vorhaltungen, der einzelne Beamte hätte nach freiem Ermessen oder nach Willkür zu entscheiden. Im Gegenteil: Die Selbstbindung, die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vorgegeben ist, hat die gleiche Wirkung für den Betroffenen wie ein Bescheid, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Kostelka: Wie ist das mit dem Rechtsschutz?) Der Rechtsschutz ist durch die Aufsichtsbeschwerde gegeben. Sie wissen ganz genau, dass eine Aufsichtsbeschwerde an das Sozialministerium möglich ist. Wenn der Beamte des Bundessozialamtes falsch entscheidet, so wird im Rahmen der Aufsichtsbeschwerde dieser falschen Entscheidung entsprochen werden, Herr Klubobmann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Sie leugnen 150 Jahre rechtsstaatliche ...!) – Die Aufsichtsbeschwerde ist das Instrument. (Abg. Dr. Kostelka: Kammerjustiz ist Ihr Ziel!)

Meine Damen und Herren! Sie kritisieren die Behindertenmilliarde. Was ist mit dieser Behindertenmilliarde, die wir am 1. Jänner 2001 eingeführt haben, geschaffen worden? – Es sind rund 1 200 persönliche Integrationshilfen bereits gewährt worden. 500 Arbeitsplatzsicherungsbeihilfen sind gewährt worden. Über 500 Arbeitsplatzadaptierungen sind damit durchgeführt worden. 3 000 behinderten Menschen ist bereits unmittelbar geholfen worden.

Angesichts dessen bezeichnen Sie diese Behindertenmilliarde als Zynismus, meine Damen und Herren?! Das Gegenteil ist der Fall: Es ist eine ausgezeichnete Maßnahme. Ich verstehe, dass Sie auf diese Maßnahme, die diese Bundesregierung gesetzt hat, um den behinderten Menschen wirkungsvoll zu helfen, etwas neidisch sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Neidisch – ein kleiner Scherz!)

Aber ich sage Ihnen noch einmal: Wir sind stolz darauf, dass wir diese Maßnahme setzen konnten (Abg. Edler: Da brauchen Sie nicht stolz zu sein!), und wir freuen uns darüber, dass wir auf diese Art und Weise – ja, ich freue mich! – den behinderten Menschen helfen können. (Abg. Edler: Schämen Sie sich! – Abg. Silhavy: Das ist Zynismus! Das, was Sie sagen, ist Zynismus!) Ich freue mich darüber, dass auf diese Weise den behinderten Menschen geholfen werden kann.

Meine Damen und Herren! Auch die Ausgleichstaxenerhöhung ist eine Maßnahme zugunsten der Behinderten, eine Angelegenheit, die wir schon seit vielen Jahren immer wieder diskutiert haben. Jetzt wird die Ausgleichstaxe um über 20 Prozent, also um rund ein Viertel, erhöht.

Lassen Sie mich zur Änderung des Kündigungsschutzes auch etwas sagen: Ich weiß, es gibt Behindertenorganisationen, die für die Verlängerung des Kündigungsschutzes von drei auf sechs Monate sind, die das vehement fordern. Es gibt Behindertenorganisationen, die dieser


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Maßnahme eher skeptisch gegenüberstehen. Manche Behindertenorganisationen wollen eine völlige Änderung des Kündigungsschutzes; auch das ist Ihnen bekannt.

Ich meine, dass diese Verlängerung auf sechs Monate eine sehr vernünftige Maßnahme ist, zu der wir stehen. Wir stehen dazu, dass nun sechs Monate erprobt werden kann, ob ein behinderter Mensch im Erwerbsleben eine Chance hat oder nicht. Ich sage Ihnen: Diese Maßnahme wird vielen jungen Menschen überhaupt erstmals eine Chance bieten, in das Erwerbsleben eintreten zu können. Insgesamt können wir mit dieser Maßnahme zufrieden sein.

Wir werden alle wesentlichen Bedenken, die gegen diese Besteuerung vorgebracht worden sind, entkräften und beseitigen. Wir werden den behinderten Menschen mittels dieses Gesetzes, mit welchem die Ausgleichstaxe erhöht wird, mit welchem auch die Frage des Kündigungsschutzes auf eine vernünftige Basis gestellt wird, eine neue Chance bieten, sich im Erwerbsleben zu bewähren und damit noch mehr gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft werden zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner in dieser Debatte ist der Herr Bundesminister. Er hat das Wort.

11.00

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat sich seit 1. Jänner 2001 erwiesen, dass die Besteuerung von Unfallrenten zu sozialen Härtefällen führt. Das heute zu beschließende Gesetz wird diese Härtefälle in weiten Bereichen ausgleichen. Ich bin all jenen Damen und Herren des Hohen Hauses dankbar, die mit der heutigen Beschlussfassung den behinderten Menschen in Österreich insgesamt 600 Millionen Schilling zur Verfügung stellen werden, damit diese Härtefälle in Zukunft ausgeglichen werden können. (Beifall des Abg. Dr. Pumberger. )

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass durch die Regelungen im Ausgleichstaxfonds ab dem Jahr 2003 den behinderten Menschen jährlich insgesamt 230 Millionen Schilling zur Verfügung stehen werden, indem ihnen auf Grund der Zweckbindung Individualförderungen als Lohnkostenzuschüsse gewährt werden, in den integrativen Betrieben geschützte Werkstätten zur Verfügung stehen oder Förderungen nach der Opferfürsorge und Projektförderungen ermöglicht werden. Es wird also etwa ein Viertel des Volumens der heutigen Behindertenmilliarde langfristig, auch über diese Gesetzgebungsperiode hinaus, abgesichert. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist von Kollegin Silhavy und von Kollegen Öllinger einiges zur sozialen Gerechtigkeit, aber auch zu den Expertisen von Professor Mazal gesagt worden. Ich darf Sie schon darauf hinweisen, dass auf Seite 19 der Expertise von Professor Mazal vom 18. September 2000, die Ihnen ja allen zur Verfügung steht, unter Punkt 3.2.5 – Besteuerung von Renten aus der Unfallversicherung – Folgendes angeführt worden ist:

"Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Rentenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde die Frage aufgeworfen, warum Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung steuerfrei sind. Dies ist sowohl im Vergleich zur Steuerpflicht für Invaliditätspensionen als auch im Vergleich zur Steuerpflicht für Renten aus privaten Unfallversicherungen auffällig."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann also keinen Zweifel darüber geben, dass im Rahmen der Steuergerechtigkeit die Einführung der Besteuerung der Unfallrenten durchaus systemkonform war.

Zu den Ausführungen des Kollegen Öllinger möchte ich hinzufügen: Die Beschädigtenrente aus dem Heeresversorgungsgesetz wird aus dem Budget finanziert. Es handelt sich daher, Herr Kollege Öllinger, um eine Transferleistung. Sämtliche Transferleistungen, die derzeit gezahlt werden, sind steuerfrei, und daher ist also auch hier die Systemkonformität gegeben – eine Auffassung, die übrigens auch Universitätsprofessor Lang in einer Expertise zu diesem Punkt geteilt hat.


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Wenn man das Ganze unter dem Aspekt der Steuergerechtigkeit betrachtet, muss man, glaube ich, sagen, es ist systemkonform und auch schlüssig.

Zu den Fragen, die Sie im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit aufgeworfen haben. – Die Bundesregierung geht davon aus – was auch Kollege Feurstein dankenswerterweise ausgeführt hat –, dass unter Berücksichtigung der eingebrachten Abänderungsanträge das vorliegende Gesetzesvorhaben insgesamt jeder Prüfung standhalten wird. Ich sage aber auch in aller Klarheit dazu: Nicht jede – nicht jede! – Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof ist eo ipso schon eine Aufhebung. Es ist das gute Recht jedes Einzelnen in diesem Rechtsstaat, wenn er glaubt, Verfassungswidrigkeiten festgestellt zu haben, diese von einem Höchstgericht überprüfen zu lassen. Der Entscheid des Höchstgerichtes wird – so wie bisher – selbstverständlich auch von der Bundesregierung zu prüfen beziehungsweise auch legistisch umzusetzen sein. (Abg. Silhavy: Auch solche des Verwaltungsgerichtshofes?)

Zur Diskussion bezüglich der 6-Monate-Frist darf ich Ihnen, Frau Kollegin Silhavy, schon sagen, dass sehr viele Behinderte, die sich seit Jahren um einen Arbeitsplatz bemüht haben, dann, wenn sie laut Arbeitsrecht nach positiven Einstellungsgesprächen mitteilen mussten, dass sie zum Kreis der bevorzugten Behinderten gehören, diesen Arbeitsplatz, den sie eigentlich schon gehabt haben, verloren haben. (Abg. Silhavy: Aber das lösen Sie durch diese Maßnahmen nicht, Herr Minister!) Die Wirtschaft wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gerade die kurze Probezeit von drei Monaten ein maßgebliches Hindernis, eine maßgebliche Barriere darstellt, um aus der Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung zu kommen.

Man muss auch sehen, dass bei behinderten Menschen in Bezug auf Arbeitsplätze eine deutlich geringere Fluktuation zu verzeichnen ist als bei allen anderen Arbeitnehmergruppen, auch die Zugehörigkeit zu Betrieben ist höher als bei allen anderen Arbeitnehmergruppen. Diese Erweiterung von drei auf sechs Monate kann also nicht eo ipso als Schlechterstellung der behinderten Menschen in dieser Republik betrachtet werden. Die Bundesregierung hält diese Maßnahme für notwendig im Sinne des Abbaus von Barrieren für Menschen, die arbeitslos sind, um ihnen den Weg in die Beschäftigung und damit den Weg zu einem eigenen Erwerbsleben und zu einer eigenen Anspruchsberechtigung auch hinsichtlich der Pension zu ermöglichen.

Nach zahlreichen Gesprächen mit behinderten Menschen und auch aus Gesprächen mit sehr vielen Menschen aus den Behindertenverbänden weiß ich, dass das dort nicht nur kritisch gesehen wird, sondern dass von Einzelnen innerhalb der Behindertenverbände – wie Kollege Feurstein auch im Ausschuss bereits erwähnt hat – für diesen Schritt auch Verständnis gezeigt wird.

Und wenn Sie, Frau Kollegin Silhavy, die Erhöhung bei der Ausgleichstaxe von 2 060 auf 2 700 S kritisiert haben (Abg. Silhavy: Ich habe nicht die Erhöhung kritisiert, Herr Minister!), so darf ich doch darauf hinweisen, dass diese Ausgleichstaxenerhöhung die höchste ist, die es seit Einführung der Ausgleichstaxen gibt. Wenn man die jährlichen Valorisierungen näher betrachtet, wird man feststellen, dass diese Erhöhung der Ausgleichstaxe gleichzusetzen ist mit einem Valorisierungseffekt von acht bis zehn Jahren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass die Behinderten darauf warten, dass dieses Gesetz heute hier beschlossen wird. Aus dem Briefverkehr meines Ministeriums mit den behinderten Menschen, mit jenen, die auf Grund der Besteuerung hart betroffen waren, die Härten hinnehmen mussten, wird nämlich deutlich, dass sich die behinderten Menschen durch die heutige Beschlussfassung dieses Gesetzes eine Verbesserung ihrer Situation, aber auch mehr Gerechtigkeit erwarten.

Sie, Frau Kollegin Silhavy, haben mir ein Stückwerk von einem Geschirr überreicht. – Das Stückwerk, das Sie mir – symbolisch – überreicht haben, ist das Stückwerk, das mir die Sozialdemokratie im Bereich des Behindertenrechts insgesamt hinterlassen hat. Frau Kollegin Silhavy! Sie können mir nicht einreden, dass es gerecht ist, wenn ein Schweißer, der im vierten Lehrjahr ein Auge verloren hat, mit 30 Prozent 1 400 S für diesen lebenslangen Schaden bekommt, während jemandem, der 40 000 S Einkommen hat und den gleichen Arbeitsunfall erleidet, eine ungleich höhere Summe zusteht. Sie können mir nicht einreden, dass in diesem Bereich Gerech


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tigkeit herrscht, wenn man die Höhe der für Behinderungen und lebenslanges Leid zustehenden Leistungen vom Einkommen zum Zeitpunkt des Eintritts der jeweiligen Behinderung abhängig macht.

Ich habe daher im Einvernehmen mit der Bundesregierung einen Arbeitskreis eingesetzt, an dem dankenswerterweise die Behindertenorganisationen und alle Sozialpartner teilnehmen, um das gesamte Behindertenrecht in Österreich neu zu regeln, auch in dem Sinne, dass es für die gleiche Behinderung auch gleiche Entschädigungen und gleiche Schmerzensgeldzahlungen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Es schafft gleichzeitig wieder Ungleichheiten!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Silhavy! Ich glaube, dass sehr viele Behinderte in Österreich mit Recht in diesen Arbeitskreis ihre Hoffnung setzen, dass sie darauf warten, dass das Behindertenrecht, das in Österreich vielfach ungerecht und stückhaft ist, vielleicht in Zukunft auf eine bessere Basis gestellt wird. Und ich glaube auch, Frau Kollegin Silhavy, dass es Ihnen gut anstehen würde, Ihnen und auch den von Ihnen vertretenen Organisationen, denen Sie angehören, hier mitzuarbeiten, denn viele Behinderte wissen – auch von den Beratungen der Arbeiterkammer, den Beratungen der Gewerkschaft –, wie ungerecht heute teilweise am Behinderten-Sektor die Entschädigung für erlittenen Schaden erfolgt.

Man sollte auch nicht vergessen, dass es in der Vergangenheit im Rahmen des Behindertenrechts, der Steuerfreiheit der Behindertenpensionen auch sehr viele Legendenbildungen gegeben hat. Wenn man sich die Vergangenheit des Behindertenrechts ansieht, die teilweise Einführung der Besteuerungen in den achtziger Jahren und die Aufhebung dessen durch den Verfassungsgerichtshof, ist festzustellen, dass das nicht aufgehoben worden ist, weil die Steuer insgesamt verfassungswidrig wäre, sondern weil der damalige 20-prozentige Sockelbetrag als Bemessungsgrundlage ein untaugliches Instrument war, etwas, das Sie offensichtlich von England abgeschrieben haben, wo es eine ähnliche Sockelbefreiung im Steuerrecht für temporäre Invaliditätspensionen gibt. Das ist aber, wie wir wissen, im österreichischen Recht nicht haltbar.

Ich glaube daher, dass wir alle gut daran tun, das Behindertenrecht in Österreich auf eine neue Basis zu stellen, weil das, was wir haben, in vielen Punkten ausreichend ist, aber in sehr vielen Punkten auch von den Behinderten als ungerecht empfunden wird. Als ungerecht empfunden wird auch die derzeitige Unterschiedlichkeit der Regelung je nachdem, wann und wo eine Behinderung eingetreten ist, ob in der Freizeit, im Haushalt, bei der unbezahlten oder der bezahlten Arbeit. Ich glaube daher, dass es an der Zeit ist, das Behindertenrecht endlich auf eine neue Basis zu stellen, und ich hoffe, dass uns die Arbeiten des Ausschusses und der erwähnten Arbeitsgruppe mit dem festgelegten Zeithorizont, nämlich Herbst 2002, für die Zukunft ein taugliches Instrument zur Abgeltung von Leistungsansprüchen behinderter Menschen in dieser Republik in die Hand geben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist das Ziel dieser Bundesregierung und der Damen und Herren Abgeordneten, die hinter diesen Regelungen stehen, damit in der Zwischenzeit soziale Härten ausgeglichen werden können.

Und noch etwas zur Bürokratie: Wir haben bei der Neuordnung des Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung dafür gesorgt, dass die Bürokratie zurückgedrängt wird. Es sind nur mehr höhere Summen aus dem gesamten Bereich der Behindertenorganisationen einmal jährlich zu überprüfen, sodass wir kleinere Summen, die bis dato oft mit Verzögerungen von bis zu 16, 17 Monaten an den Adressaten gelangt sind, schneller und unbürokratischer als in der Vergangenheit übermitteln können.

Ich bin auch überzeugt davon, dass die Damen und Herren Beamten in den Bundessozialämtern in der Lage sein werden, auf Grund der Möglichkeiten der EDV-Verknüpfung mit dem Finanzministerium und den Unfallversicherungsanstalten und mit einer entsprechenden Aufklärung der behinderten Menschen darüber, welche Unterlagen sie zur Überweisung der Unterstützungen aus dem Fonds benötigen, diesen Ansprüchen möglichst schnell und möglichst unbürokratisch Rechnung zu tragen.


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Die behinderten Menschen in Österreich werden übrigens die Möglichkeit haben, diese Maßnahmen genau zu überprüfen, und die Selbstbindung der Bundesregierung wird auch das ausschließen, was die Damen und Herren von der grünen Fraktion uns unterstellen: dass die behinderten Menschen Almosenempfänger des Herrn Bundesministers geworden sind. Nein, es wird eine gerechte Lösung geben: Dort, wo Härten aufgetreten sind, wird jeder seiner Einkommenssituation entsprechend entschädigt werden. Das ist das Ziel dieses Gesetzes – und das ist gut so! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.12

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, es hat sich gezeigt, dass es nach der Unfallrentenbesteuerung zu Härtefällen kam. Im Oktober 2000 haben wir Ihnen das zum ersten Mal gesagt – und dann noch viele, viele Male. Sie aber haben diese Tatsache schlichtweg geleugnet, Sie wollten sie nicht zur Kenntnis nehmen.

Herr Dr. Feurstein! Sie haben sich dagegen verwahrt, dass man Ihnen von unserer Seite Zynismus vorwirft, und Sie haben darauf hingewiesen, dass es statt "kann rückerstattet werden" nun heißt: "wird rückerstattet". Das ist richtig, aber das hat keine wesentlichen Auswirkungen, solange es heißt: Zuwendungen können nach Maßgabe der für diesen Zweck verfügbaren Mittel gewährt werden. Nach Maßgabe der verfügbaren Mittel, und wenn das Geld aus ist, wird trotz allem nichts mehr gewährt. So steht es in Ihrem Text: nach Maßgabe der Mittel. Herr Dr. Feurstein, das heißt, solange Geld da ist; und wenn keines mehr da ist, ist eben keines mehr da.

Und im Übrigen frage ich mich, Herr Dr. Feurstein, was es bedeuten kann, wenn Sie sagen: Ich lasse mir das von Ihnen nicht vorwerfen, und auch von Ihnen nicht, Frau Haidlmayr! Was heißt: "auch von Ihnen nicht"? Ist das eine andere Kollegin unter den Abgeordneten? Warum "auch" nicht von Frau Haidlmayr?

Herr Dr. Pumberger, einige Richtigstellungen zu Ihren Behauptungen. – Die SPÖ hat 1988 die geplante Unfallrentenbesteuerung zurückgezogen, und zwar vor In-Kraft-Treten, weil sie kritisiert wurde. Herr Dr. Pumberger, den Unfallrentnern werden 2 Milliarden Schilling abgeknöpft, auch wenn eine Milliarde davon angeblich in die Behindertenoffensive geht. Abgeknöpft werden den Unfallrentnern einmal 2 Milliarden Schilling. Herr Dr. Pumberger, wenn jetzt an zwei Drittel der Unfallrentner Almosen verteilt werden, zahlen also die verbliebenen 40 000 UnfallrentnerInnen die 1,4 Milliarden, die notwendig sind, das heißt: 35 000 S pro Unfallrentner, Herr Dr. Pumberger!

Herr Dr. Pumberger! Persönliche Beleidigungen von Kolleginnen – ich zitiere ein bisschen: Kreischen, Keifen, Hereinschreien, überschlagende Stimme – machen Ihre Argumente nicht wahrer. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Dr. Pumberger, als Arzt wären Sie verpflichtet, genau hinzuschauen und zu analysieren und nicht die PR-Kampagne, wie diese Pseudo-ZiB-Kampagnen, die da im Fernsehen laufen, für diese unsoziale Politik hier fortzusetzen.

Herr Dr. Pumberger, Sie haben sich gerühmt, dass jetzt im Durchschnitt 10 000 S an die besteuerten UnfallrentnerInnen zurückgegeben würden. Vor einigen Wochen haben Sie noch bestritten, dass irgendjemand überhaupt so viel Steuer zahlt. Jetzt rühmen Sie sich, dass 10 000 S zurückgezahlt werden. – Herr Dr. Pumberger, nehmen Sie Ihre rosarote Brille endlich ab, wenn Sie Ihre eigene Politik bewerten!

Herr Dr. Pumberger, Sie haben gesagt, Sie überwinden mit Ihrer Politik jetzt Härten. Sie haben die Härten ja geschaffen! Sie tun so, als hätte jemand Allmächtiger diese Härten entstehen lassen. Sie haben mit dieser Unfallrentenbesteuerung die Härten geschaffen, und jetzt sagen Sie:


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Wir überwinden Härten. Sie versuchen zu reparieren und pfuschen dabei entsetzlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Dr. Pumberger, Sie und Ihre Regierung haben die Härten geschaffen und verteilen jetzt Almosen. Denn: Dass die Unfallrentenbesteuerung unsozial und ungerecht ist, wissen wir; dass die Reparatur alles noch schlimmer macht, das wissen wir; dass mit der Regelung jetzt neue Ungerechtigkeiten geschaffen werden, wissen wir; dass der Verfassungsgerichtshof die Unfallrentenbesteuerung unter die Lupe nehmen wird, wissen wir; dass Sie, Herr Bundesminister, keine Antwort gehabt haben auf die Frage, was Sie tun werden, wenn der Verfassungsgerichtshof die Unfallrentenbesteuerung kippt, wissen wir auch; vielleicht bekommen wir noch eine Antwort auf diese Frage. Und dass wir seit mehr als einem halben Jahr die Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung fordern, das wissen Sie ohnehin alle.

Sogar das "Mölzer"-Blatt kümmert sich wieder um die FPÖ und sagt: Ist für die FPÖ endlich Land in Sicht? Da heißt es zum Thema Unfallrenten: Na ja, speed kills halt auch das Gespür – was wir schon immer sagen: speed kills soziale Politik, speed kills. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben selbst mehrere Male gesagt, Sie seien nicht glücklich über die "Lösung" mit der Unfallrentenbesteuerungs-Reparatur. Sie tun aber nichts dagegen. Und ich meine, entlarvend sind immer die Darstellungen auch im Ausschuss. Herr Dr. Feurstein, Sie haben dort gesagt, man werde noch besser arbeiten, als man es jetzt schon plane, man werde die persönliche Situation der UnfallrentnerInnen mit einbeziehen. – Ich behaupte, da ist dann noch mehr Willkür möglich, und da ist es dann noch mehr Goodwill und nur davon abhängig, ob man helfen will.

Ich sage, helfen wollen ist nicht die Aufgabe einer Bundesregierung, sondern gerechte Politik zu machen, sozial gerechte Politik zu machen. Das wäre Ihr Auftrag, und zwar mit Rechtsanspruch, und nicht Zuwendungen vergeben und Gnadenbrot verteilen, Herr Dr. Feurstein – das machen Sie nämlich mit dieser Regelung! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kenne keinen einzigen Unfallrentner, keine einzige Unfallrentnerin, Herr Bundesminister – auch wenn Sie ständig von solchen sprechen –, der/die Ihre Lösung gutheißen würde. Aber ich sage: Diskutieren wir das grundsätzliche System der Unfallrenten; klären wir, ob es einen Schadenersatz gibt oder nicht; klären wir, ob Ungerechtigkeiten entstehen, je nachdem, wann ein Arbeitsunfall passiert ist. Und reden wir in diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, auch von Armutsgefährdung. Sie haben einen Plan zur Armutsbekämpfung vorgelegt, aber es gibt darin nur zwei Antworten: Kinderbetreuungsgeld und Behindertenmilliarde – und kein Wort von den vielen neuen Armutsfällen, die gerade durch Maßnahmen Ihrer Politik entstanden sind und noch entstehen werden.

Da hätten Sie uns als Partner und als Partnerinnen, wenn Sie das mit uns diskutieren wollen, aber ich fürchte, Sie wollen uns da gar nicht. Sie hätten uns auch als Partner haben können in der Diskussion um die Erhöhung des Ausgleichstaxfonds. Das wissen Sie genau; wir forderten sie seit langem.

Aber dieser Deal, der jetzt gemacht wurde beim Ausgleichstaxfonds, zuerst einmal die Indexanpassung für ein paar Jahre aussetzen und dann um 600 S und ein paar "Zerquetschte" erhöhen: Das ist eine Summe, die der Wirtschaft nicht wirklich wehtun wird, aber sie wird sie auch nicht motivieren, jetzt eher oder mehr behinderte Menschen anzustellen. Es brauchte vielleicht auch Unterstützung und Programme, die den UnternehmerInnen zeigen, dass es wertvoll sein kann, wenn man behinderte Menschen als engagierte Mitarbeiter hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Dr. Partik-Pablé! Ich höre immer sehr genau hin, was die Leute sagen. Sie waren es, die im Ausschuss auch für die Verlängerung der Probezeit mit diesem entsetzlichen Deal ATF-Erhöhung gesprochen hat und gesagt hat: Eine langjährige Forderung der Wirtschaft ist hier in Erfüllung gegangen, denn die UnternehmerInnen hatten Angst, sie werden ihre Behinderten nicht mehr los. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Sie haben es im Ausschuss gesagt: Die Unternehmer haben Angst, die behinderten Menschen sonst nicht mehr loszuwerden. Jetzt können sie sie sechs Monate anstellen – andere Menschen sagen dazu: ausbeuten –, und nach


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sechs Monaten können sie sagen: Auf Wiedersehen, danke – den nächsten behinderten Menschen!, und sich dann vielleicht dafür noch auf die Schulter klopfen. Sehr durchschaubar ist dieses zynische Spiel, Herr Bundesminister, sehr durchschaubar!

Sie haben aber auch von Bewährungsfrist für die behinderten Menschen gesprochen – nicht von Probezeit, Sie haben gesagt "Bewährungsfrist" –, und jetzt gibt es eine Bewährungsfrist für die behinderten Menschen.

Zur Behindertenmilliarde hätte ich noch einiges zu sagen, leider ist meine Redezeit aus. Auch hier haben Sie uns bisher nur Zahlen über Projekte geliefert. Wir wissen bis jetzt noch nicht genau, wie viele Menschen zusätzlich beschäftigt werden können, wie viele davon im ersten Arbeitsmarkt, wie viele bleiben werden können und wie lange? Denn das Geld gibt es nur zwei Jahre lang. Also es gibt wohl Zahlen über Projekte, aber wie viele Menschen bis jetzt NutznießerInnen sind, das wissen wir nicht. – Sehr mager, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbegrenzung: 5 Minuten. – Bitte.

11.21

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2001 wurde vorgesehen, dass die Renten aus der Unfallversicherung mit 1. Jänner 2001 nicht mehr von der Besteuerung ausgenommen sind. Und als soziale Abfederung im Hinblick auf die Einbeziehung der Unfallrente in die Steuerpflicht wurde gleichzeitig die Zusatzrente für Schwerversehrte mit Jahresbeginn deutlich erhöht, nämlich auf 50 Prozent der Versehrtenrente, wenn mindestens eine 70-prozentige Verminderung der Erwerbstätigkeit vorliegt, und um 20 Prozent, wenn eine Verminderung der Erwerbstätigkeit unter 70 Prozent gegeben ist. Dadurch ist es Schwerversehrten möglich, eine Versehrtenrente in der Höhe von 100 Prozent der Bemessungsgrundlage zu erhalten.

Ziel ist es, Ungleichheiten im System zu beseitigen und eine Gleichstellung der Unfallrente mit der Invaliditätspension herbeizuführen, denn bisher gab es eine ungleiche Behandlung dieser beiden Leistungen. Nur ein Beispiel: Wenn jemand eine Invaliditätspension von 25 000 S brutto erhält, so hat er netto 20 200 S herausbekommen. Bei einer Unfallrente mit brutto 25 000 S erhält er ebenfalls brutto 25 000 S.

Ungerecht und unsozial ist meiner Meinung nach, dass die Unfallrente vom vorherigen Einkommen und nicht vom Behinderungsgrad abhängig war. Das heißt, wenn jemandem in seiner Ausbildung als Lehrling oder als Facharbeiter durch einen Arbeitsunfall ein Finger abgetrennt worden ist, hat er wesentlich weniger bekommen als jemand, der als Beamter auf einer Dienstreise durch einen Verkehrsunfall einen Finger verloren hat. Das ist der große Unterschied, und das ist ungerecht und unsozial. Es darf die Unfallrente nicht vom Einkommen abhängig sein, sondern nur vom Grad der Invalidität beziehungsweise der Behinderung.

Die Neudefinition wird in dieser Gesetzgebungsperiode noch umgesetzt.

Natürlich kann es auch nicht so sein, dass Leute mit einem geringen Einkommen bei der Unfallrente zum Handkuss kommen, und da sorgt man jetzt vor. Es darf nicht sein, dass jemand mit einem Einkommen bis zu 20 000 S im Monat weniger bekommt als früher. Diese Mehrbelastung eines Unfallrentners bei einem zu versteuernden Einkommen von 230 000 S pro Jahr wird auf Antrag zur Gänze von den Bundessozialämtern refundiert, einmal im Jahr. Und bei Einkommen über 230 000 S pro Jahr ist eine teilweise Abgeltung, also eine Einschleifregelung, vorgesehen, bis zu einem Einkommen von zirka 245 000 S. Diese Rückerstattung erfolgt über die Bundessozialämter, ganz gleich wie bei der Normverbrauchsabgabe für behindertengerechte PKW.

Außerdem hat die Koalition beziehungsweise die Bundesregierung eine Milliarde in die größte Offensive zur Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten für behinderte Menschen investiert. Eine Behindertenmilliarde wird investiert für die Arbeitsassistenz, für die Berufsbegleitung, für junge


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Menschen, um sie von der Schule auf einen Arbeitsplatz zu bekommen und in den Arbeitsprozess zu integrieren.

Weiters fördert diese Bundesregierung, fördert diese Koalition die Integration von behinderten Menschen in die Arbeitswelt; sie hat ihre Schwerpunkte auch dahin gehend festgelegt. So wird die Bundesregierung die Aufstockung des jetzigen Kontingentes von 600 Behinderten-Planstellen im Allgemeinen Teil des Stellenplanes für das Jahr 2001, das bereits zur Gänze ausgeschöpft ist – es langen laufend neue Anträge ein –, um weitere 50 Planstellen vorsehen, die auch notwendig sind.

Aus diesem Grunde bringe ich jetzt folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 3 erhält Artikel VI die Ziffernbezeichnung "1."

2. Nach der neu bezeichneten Ziffer 1 werden folgende Z. 2 und 3 eingefügt:

"2. Im Artikel VII wird der Punkt nach Z 13 durch einen Strichpunkt ersetzt und als Z 14 angefügt:

,14. beim Voranschlagsansatz 1/60146 bis zu einem Betrag von 133 Millionen Schilling für die Finanzierung von Zuschüssen für außergewöhnliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der BSE-Krise entstehen (ausgenommen Tragung der Kosten der BSE-Schnelltests).‘

3. Im Allgemeinen Teil des Stellenplanes für das Jahr 2001 (Anlage II zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001) lautet im Punkt 3, Absatz 3 die Zahl ,650‘ anstatt ,600‘."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Gleichzeitig werden Mittel für die Qualitätssicherung im Bereich des Pflegegeldes und für die bessere soziale Absicherung von pflegenden Angehörigen bereitgestellt. Es kommt zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahrensabläufe für behinderte Menschen, einer Verbesserung der nach wie vor unbefriedigenden Beschäftigungssituation und zu einer Anhebung der Ausgleichstaxe um 30 Prozent, von 2 060 S auf 2 700 S.

Und der Zeitraum bis zum Wirksamwerden des besonderen Kündigungsschutzes wird, was heute von sozialdemokratischer und grüner Seite kritisiert worden ist, von drei Monaten auf sechs Monate verlängert. Das ist auch eine Forderung der Behindertenorganisationen gewesen, weil die begünstigten behinderten Menschen eben wegen des besonderen Kündigungsschutzes in den Betrieben nicht eingestellt werden. Das ist eigentlich das Problem (Abg. Haidlmayr: Jetzt wissen wir es!), und durch diese neue Regelung kommt es hier zu einer Aufweichung und haben die begünstigten behinderten Menschen die Chance, in den Arbeitsprozess integriert zu werden und ihr eigenes Geld zu verdienen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das sind wesentliche Verbesserungen für die Behinderten. Und wenn Sie ein bisschen darüber nachdenken, dann müssen Sie dem auch zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger: Sie soll zuerst einmal das Gesetz lesen!)

11.28

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte anfangs gleich etwas richtig stellen. Frau Abgeordnete Plank hat gesagt: "Frau Dr. Haidlmayr". Ich möchte Ihnen sagen, ich bin keine Doktorin, ich habe keinen Titel, und ich brauche auch keinen Titel. Bei den Grünen kann man auch sehr gut Politik machen, ohne einen Titel zu haben. (Abg. Neudeck: Nicht nur bei den Grünen!) – Bei den Freiheitlichen ist es schon wieder schwieriger, sonst würden sie sich nicht Titel aneignen, die sie nicht haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich hätte es sonst so nicht gesagt, aber Sie haben mich fast dazu gezwungen, das in dieser Art klarzustellen, und deshalb habe ich das auch gemacht.

Aber jetzt zu diesem Gesetzesbeschluss, der in wenigen Stunden hier gefasst werden soll, zur Novellierung des Behinderteneinstellungsgesetzes und des Bundesbehindertengesetzes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ich traue es mich nicht zu behaupten, wie viel Herr Pumberger von der Gesundheitspolitik versteht, aber das ist heute auch nicht das Thema. Eines aber kann ich behaupten: Von Behindertenpolitik, Herr Pumberger, verstehen Sie nichts! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: Er ist Doktor, bitte!) Denn Sie sind nicht einmal in der Lage, zwischen Behinderung und Krankheit zu trennen. Sonst würden Sie nicht sagen ... (Abg. Dr. Pumberger: Aber geh!) Das ist einfach so! Das bringt wahrscheinlich ich weiß nicht was mit sich, aber so ist es. (Abg. Dr. Pumberger: Lesen Sie doch einmal das Gesetz!)

Alles, was heute von den Regierungsparteien so positiv zu diesen Gesetzesänderungen der Bevölkerung darzubieten versucht wurde, all das, meine sehr geehrten Damen und Herren, stimmt ganz einfach nicht.

Sie brauchen sich nicht zu rühmen, dass Sie die Rente aus der Unfallversicherung für Personen, die über 70 Prozent behindert sind, erhöht haben. Dafür brauchen Sie sich nicht zu rühmen. Sie haben das ja nur getan, um auch von diesem Betrag Steuern abschöpfen zu können. Tun Sie doch nicht so, als ob das etwas Positives wäre! Damit schöpfen Sie nur für Ihren Steuertopf ab. Den Ausgleich muss nämlich die Unfallversicherung bezahlen, und die Steuern kassiert der Finanzminister. Das ist der Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren. Da gibt es nichts zu beschönigen, so ist es ganz einfach. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Feurstein – er hat wahrscheinlich aus guten Gründen bereits den Saal verlassen – hat uns die ganze Zeit erklärt, dass UnfallrentenbezieherInnen ihre Steuern wieder aus dem ehemaligen so genannten Sozialfonds, jetzt Unterstützungsfonds für behinderte Menschen, zurückbekommen würden. Auch das ist die blanke Unwahrheit (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl ), denn es gibt auf diese Rückerstattung, die eben keine Rückerstattung ist, sondern nur mehr "Zuwendung" heißt, keinen Rechtsanspruch. Und ich zitiere Ihnen jetzt § 33:

"Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung können nach Maßgabe der für diesen Zweck verfügbaren Mittel außerdem jenen Personen gewährt werden, denen auf Grund der seit 1. Jänner 2001 geltenden Besteuerung ihrer Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder aus einer gesetzlichen Unfallversorgung Mehrbelastungen entstehen." – Können zurückerstattet werden! Sie müssen aber nicht zurückerstattet werden. Außerdem steht in diesem Gesetz ganz deutlich drinnen, dass es nicht mehr Leistungen, sondern nur mehr Zuwendungen nach Maßgabe der vorhandenen Mittel gibt.

Das heißt, all jene Personen, die einen Antrag stellen, damit sie Geld aus diesem Topf bekommen, betreiben eigentlich nichts anderes als ein Lottospiel. Es kann sein, dass sie gewinnen,


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aber die Chance wird sehr gering sein. Und das als Verbesserung zu bezeichnen, halte ich wahrlich für zynisch. (Beifall bei den Grünen.)

Auch die Änderung beim Behinderteneinstellungsgesetz den BürgerInnen und den behinderten Menschen in Österreich als Verbesserung verkaufen zu wollen – meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie tief Sie noch sinken müssen, um endlich den Zynismus gegenüber behinderten Menschen aufzugeben.

Das ist keine Verbesserung, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn Sie wissen ganz genau – und die Behindertenorganisationen haben es Ihnen in so dicken Briefen schriftlich zukommen lassen –, dass es durch die Verlängerung nicht der Probezeit, sondern der Bewährungsfrist – Herr Minister Haupt, so haben Sie es bezeichnet – nicht dazu kommen wird, dass mehr behinderte Menschen am ersten Arbeitsmarkt einen Job finden, sondern dass es dazu kommen wird, dass behinderte Menschen dann, wenn es einen Arbeitsstau in Unternehmen gibt, geholt werden und sie sich dann, wenn dieser Stau wieder abgebaut ist, wieder "vertschüssen" können. (Abg. Dr. Pumberger: So viel Blödsinn habe ich schon lange nicht gehört!) Dann sind sie wieder arbeitslos und müssen wieder daheim bleiben und haben sich nicht einmal einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben, denn mit bis zu 6 Monaten Berufstätigkeit besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. (Abg. Neudeck: Können Sie das belegen oder nur behaupten?)

Das ist Ausnutzen von behinderten Menschen und sonst gar nichts! Und ich kann es Ihnen belegen: Herr Mitterlehner von der Wirtschaftskammer fordert seit Jahren ganz laut, dass der Einstellungsschutz für behinderte Menschen abgeschafft wird. (Abg. Neudeck: Sehr gut, jawohl!) Was heißt das? Raus mit den Behinderten aus den Betrieben!

Herr Mitterlehner ist einer jener, der sich heute glücklich schätzt, dass die Bewährungsfrist für behinderte Menschen – nicht mehr die Probezeit, sondern die Bewährungsfrist! – verlängert wird. Herr Mitterlehner, ich "gratuliere" Ihnen zu Ihrer behindertenfeindlichen Einstellung. (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Dr. Trinkl: Ungeheuerlich!)

Ich möchte auch noch schnell zu dieser von Ihnen so gerühmten Anhebung der Ausgleichstaxe Stellung nehmen. (Abg. Dr. Fekter: Nur weil Sie behindert sind, brauchen Sie sich das auch nicht zu erlauben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Glauben Sie, dass ein einziger Unternehmer, weil er jetzt 2 700 S bezahlen muss, in Zukunft auch nur einen einzigen Gedanken daran verlieren wird (Abg. Neudeck: Viele, nicht einen!), ob er behinderte Menschen einstellt oder nicht? (Abg. Neudeck: Nicht nur einen, viele!) Das ist doch überhaupt nicht wahr! Sie wissen ganz genau, dass die Zahlungen an den Ausgleichstaxfonds für die Nichterfüllung der Behinderteneinstellungspflicht vom Gewinn des Unternehmens abgezogen werden können. Das heißt, dieser Aufwand ist für das Unternehmen gewinnmindernd und stellt daher keinen Aufwand, sondern nur eine steuerliche Umschichtung dar und sonst gar nichts.

Herr Minister Haupt! Zur Behindertenmilliarde. Sie versuchen uns immer wieder zu erklären, was Sie nicht alles in dieser Richtung tun. Sie haben unter anderem gesagt, wie viel Sie heuer schon für arbeitsplatzsichernde Maßnahmen für behinderte Menschen aufgewendet haben. Herr Minister Haupt, das ist ja der Beweis dafür, den Sie heute geliefert haben, dass Sie jetzt Mittel aus der Behindertenmilliarde verwenden, die vorher aus anderen Töpfen bezahlt worden sind, denn die Mittel zur Arbeitsplatzsicherung hat es ja immer gegeben. Die wurden vom Bundessozialamt bezahlt, die wurden vom AMS bezahlt, aber denen haben Sie die Töpfe ausgeräumt, und jetzt bezahlen Sie auch diese Maßnahmen aus der Behindertenmilliarde. Ich habe damit von Ihnen heute den Beweis geliefert bekommen, dass die Behindertenmilliarde keine zusätzliche Leistung ist, sondern nur eine Umschichtung von anderen Beträgen, die bis jetzt immer finanziert wurden. (Beifall bei den Grünen.)

11.37


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt.

11.37

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haidlmayr! Ich möchte Sie so wie im Ausschuss darum bitten, dass Sie endlich zur Kenntnis nehmen, dass die Förderungsmaßnahmen des Arbeitsmarktförderungssystems in der gleichen Form weitergehen, dass die Förderungen aus den Bereichen, aus denen in der Vergangenheit Mittel für Behindertenarbeitsplätze aufgewendet worden sind, weitergehen (Abg. Haidlmayr: Stimmt nicht!), dass zusätzliche Europa-Mittel für das AMS lukriert werden konnten, um Arbeitsplatzausgestaltung durchzuführen, und dass die Behindertenmilliarde eine zusätzliche und nicht eine Förderung anstatt ist.

Ich bitte Sie, das wirklich endlich zur Kenntnis zu nehmen und nicht die Menschen in diesem Lande weiterhin zu verunsichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.38

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren – vor allem von der Opposition! 30 Jahre sozialistische Finanzpolitik haben uns ein unbeschreibliches finanzielles Desaster hinterlassen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Tibetanische Gebetsmühle!) Diese Regierung musste darangehen, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen, und das ist uns in einer Zeit gelungen, um die uns viele beneiden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Dieser Weg erfordert Mut, Konsequenz und Verantwortungsbewusstsein für dieses Land. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es keine Sanierung ohne Einschnitte gibt, und Einschnitte tun mitunter auch wirklich weh. Und weil das so ist, stand das Streben nach sozialer Gerechtigkeit im Mittelpunkt der Überlegungen. Dies gilt auch für die Frage der Besteuerung der Unfallrenten, und ich gebe zu, dass diese Frage von Anfang an heikel war und in Wahrheit niemanden gefreut hat. Aber es war nach Ansicht vieler Experten notwendig, diese Thematik in die Überlegungen miteinzubeziehen, und es kam zur bekannten Regelung, wie sie uns heute vorliegt.

Heute aber erkennen wir, dass es notwendig ist, Nachbesserungen des Systems vorzunehmen, um soziale Härten abzufangen.

Die Opposition schreit jetzt Zeter und Mordio, weil wir diese Härten beseitigen wollen. Sie werfen uns Zynismus vor, ich darf Sie aber fragen: Wo waren Ihre Vorschläge für mehr Steuergerechtigkeit? Wo waren Ihre Vorschläge, um die Systeme leistungsfähig zu erhalten? – Keine Antwort. Ich darf Ihnen die Antwort geben: Sie haben null Vorschläge in die Diskussion eingebracht, null Ideen, null Perspektiven.

Frau Kollegin Haidlmayr! Können Sie irgendjemandem erklären, warum private Renten besteuert werden, Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung aber nicht versteuert werden? Oder: Können Sie mir aus Ihrem Verständnis der sozialen Gerechtigkeit erklären, warum eine Invalidenpension von 13 000 S zu versteuern ist, eine Unfallrente von 23 000 S jedoch unversteuert bleibt? Können Sie mir eine Antwort darauf geben? (Abg. Murauer: Da gibt es keine Antwort!)  – Ich gebe zu, es ist schwierig, diese Frage zu beantworten, für die Opposition wahrscheinlich zu schwierig.

Doch wir können heute dem Hohen Haus eine Lösung vorlegen, die auf die Schwachen Rücksicht nimmt und jenen hilft, die tatsächlich Hilfe brauchen. Mit dieser Lösung kommen 60 000 Bezieher einer Unfallrente in den Genuss des Härteausgleichs. Diesen Beziehern wird nicht nur die Steuer refundiert – Herr Kollege Feurstein hat das ja bereits ausgeführt –, sondern


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wir nehmen auch ganz besonders auf die persönliche Situation des Behinderten Rücksicht und rechnen Unterhaltsverpflichtungen oder Verpflichtungen für die Wohnraumbeschaffung ein.

Wir haben uns die Lösung nicht leicht gemacht, und wir hätten eigentlich erwartet, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Sie dieses Bemühen zumindest anerkennen. Nein, das tun Sie heute nicht. Sie versuchen, auf dem Rücken der Betroffenen politisches Kleingeld zu schlagen. Sie verunsichern, verunglimpfen, betreiben wie immer und überall Fundamentalopposition, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Integration muss in allen gesellschaftlichen Bereichen stattfinden. Integration kann man nicht verordnen, sie muss in den Köpfen der Menschen stattfinden. Und unsere Politik ist darauf ausgerichtet, dieses Bemühen zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit der Behindertenmilliarde werden den Behindertenverbänden zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, und sie hilft auch jenen ehrenamtlichen Mitarbeitern, die zu Tausenden Initiativen in allen Teilen dieses Landes unterstützen und hier Bürgergesellschaft im besten Sinne des Wortes auch tatsächlich leben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Behinderte brauchen nicht nur Geld, sie brauchen auch Zuneigung, Verständnis und Liebe von Menschen. Diese Liebe von Menschen für Behinderte gibt es in reichlichem Maße. Ich stehe nicht an, all jenen, die sich in diesen Organisationen betätigen, von dieser Stelle aus herzlich zu danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Behindertenmilliarde haben wir geschaffen, um behinderten Menschen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Es wird am AMS liegen, diese Bemühungen entsprechend zu unterstützen. Ich setze hier sehr, sehr stark auf die Arbeitsassistenz, die den Betrieben beratend zur Seite stehen soll.

Meine Damen und Herren! Zur Unterstützung dieser Bemühungen wurde auch die Erhöhung der Ausgleichstaxe vorgesehen. Aber ich gebe zu – Frau Kollegin Silhavy hat mir das unterstellt –: 30 Prozent Erhöhung der Taxe bedeuten auch für die Wirtschaft ein Opfer. Ich bitte Sie, das anzuerkennen, und ich verstehe nicht, dass man alles in Grund und Boden reden muss. Für die Opposition ist das natürlich nicht genug: Die SPÖ fordert den doppelten Betrag, die Grünen fordern überhaupt gleich das durchschnittliche Arbeitereinkommen des jeweiligen Betriebes als Ausgleichstaxe. Sie wollen strafen, Sie wollen Zwang – ich darf Ihnen von hier aus aber sagen: Damit erreichen Sie überhaupt nichts!

Wir wollen Betriebe motivieren, mit den neuen Möglichkeiten behinderten Menschen wieder eine Chance zu geben, und wir werden Betriebe davon überzeugen, dass es kein unkalkulierbares Risiko ist, einen behinderten Menschen in den Betrieb aufzunehmen.

Die jetzige Form des Behinderteneinstellungsgesetzes, das wissen Sie, ist ein zweischneidiges Schwert, weil der derzeit geltende Kündigungsschutz einfach viele Betriebe von der Aufnahme von Behinderten abhält. Aus dieser Sicht ist die Verlängerung des Zeitraumes, der eine Auflösung ermöglicht, von drei auf sechs Monate ein richtiger Schritt. Dadurch ist kein einziger Arbeitsplatz gefährdet – bitte, nehmen Sie das auch zur Kenntnis, meine Damen und Herren von der Opposition –, sondern wir geben jenen 30 000 arbeitslosen Behinderten eine Chance, überhaupt einen Job zu bekommen.

Man kann jedes Ding auch von der anderen Seite betrachten, und ich bitte Sie, das auch wirklich zu tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Den Behinderten eine Chance zu eröffnen ist das Ziel dieser Bundesregierung. 30 Jahre SPÖ-Sozialpolitik haben für die benachteiligten Menschen in diesem Land nicht so viele Vorteile gebracht wie ein Jahr Regierung Schüssel, und darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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71. Sitzung / Seite 74

Noch einmal: Sie wollen strafen, Sie wollen etwas erzwingen – wir wollen Betriebe motivieren. Sie werden sehen, dass unser Weg erfolgreich sein wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Staffaneller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

11.46

Abgeordneter Norbert Staffaneller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Durch den Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderungen soll diesen unseren Mitmenschen in Zukunft rascher und möglichst effizient geholfen werden. Diese finanzielle Hilfe beziehungsweise die Zuwendungen aus dem Fonds sollen durch rasche Hilfeleistungen schwierige Lagen mildern und beseitigen helfen, insbesondere dann, wenn Personen im Zusammenhang mit Behinderungen in soziale Notlage geraten.

Die Zuwendungen zur Unterstützung von Beziehern von Renten aus Unfallversicherung sollen nun die Möglichkeit eines Ausgleiches schaffen. Dieser Härteausgleich ist für Bezieher kleiner Einkommen insbesondere aus Pensionen vorgesehen. Rund 60 000 Personen werden vorläufig in den Genuss dieser Härteausgleichsregelung kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die berufliche Situation von Menschen mit Behinderungen hat sich in den zehn Jahren vor den letzten Nationalratswahlen dramatisch verschlechtert. Das damals zuständige Sozialministerium beziehungsweise die zuständigen SozialministerInnen haben entweder den Ernst der Lage nicht erkannt oder die Problematik ganz einfach verdrängt.

Im Jahre 1998, als im Jahresdurchschnitt bereits 40 540 behinderte Personen offiziell als arbeitslos vorgemerkt waren, hat man viel lieber zweifelhafte Projekte gefördert, wie jene des Herrn Stuhlpfarrer und seines "Euroteam", als Behinderten eine Chance zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ohne Controlling-Maßnahmen wurden AMS-Mittel von der Behindertenberatung und -vermittlung abgezogen und die arbeitslosen Behinderten kurzfristig weitgehend ihrem Schicksal überlassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was soll nun mit den Mitteln der Behindertenmilliarde für die Jahre 2001 und 2002 geschehen? Und was ist das oberste Ziel? – Natürlich: die Integrationschancen in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhöhen und die Integration zu ermöglichen. Das muss das erste Ziel sein.

Die Belange behinderter Menschen sollen viel stärker als bisher in das allgemeine Bewusstsein gerückt werden. Dafür ist zu sorgen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage eines regelmäßigen Berichtes soll gegeben sein, damit man die Maßnahmen verfolgen und kontrollieren kann, sodass nicht wieder Situationen wie in den letzten zehn Jahren eintreten.

Natürlich ist eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Belange der Menschen mit Behinderungen notwendig. Dann werden auch die Schreckensszenarien, die hier an die Wand gemalt wurden, nicht eintreten.

Ein Ziel all dieser Bemühungen sollen Arbeitsplätze für Behinderte sein. Manchmal wird der Start ins Berufsleben aber nicht ohne weiteres möglich sein, sondern es wird die Mithilfe von Schulungsinstitutionen und geschützten Werkstätten erforderlich sein.

Ich bin nicht der Auffassung von Frau Haidlmayr, dass geschützte Werkstätten in erster Linie dazu da sind, Ghettos für Behinderte zu schaffen, sondern sie sollen die erste Phase der Hilfe zur weiteren Entwicklung der beruflichen Möglichkeiten darstellen. Wir werden uns das sehr genau anschauen und werden hier entsprechend mittun.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Die von der Regierung eingeleiteten Maßnahmen sowie die nunmehr praktizierte aktive Beschäftigungspolitik für behinderte Personen haben wesentlich dazu beigetragen, dass Ende April 2001 bereits um 11 406 behinderte Personen weniger als arbeitslos vorgemerkt waren als im Rekordjahr 1998. Bereits über 3 000 jugendliche und ältere Behinderte konnten auch von der Planung und Umsetzung von Projekten im Rahmen der Behindertenmilliarde des Bundesministers Herbert Haupt profitieren.

Über die Erhöhung der Ausgleichstaxe wurde schon gesprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sowohl für die Behinderten als auch für die Betriebe ist es zum besseren Kennenlernen und zur Auslotung der Chancen für einen längerfristigen Arbeitsplatz ein großer Vorteil, den Kündigungsschutz für begünstigte Behinderte nunmehr erst sechs Monate nach Beginn des Dienstverhältnisses wirksam werden zu lassen. Wir erwarten uns auch davon Erfolge.

Was das AMS und die Meldungen, dass sich das AMS abgemeldet hat, betrifft, kann ich nur von einem Märchen sprechen. Allein in der Steiermark sollen durch Maßnahmen der Stabilisierung der beruflichen Rehabilitation entsprechend dem Arbeitsprogramm des AMS Steiermark 310 behinderte Personen profitieren. Sehen Sie sich die Arbeitsprogramme der Landesgeschäftsstelle des AMS an! So ähnlich schaut es in ganz Österreich aus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin zuversichtlich, dass sich die Situation für viele arbeitslose behinderte Personen durch die von dieser Regierung gesetzten Maßnahmen und den sinnvollen und effektiven Einsatz der Behindertenmilliarde durch das Bundesministerium und Herrn Bundesminister Haupt in den nächsten Jahren wesentlich verbessern wird. Darauf können wir stolz sein, das ist das Wahrnehmen sozialer Verantwortung, wie wir es verstehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.52

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute schon mehrmals von Zynismus geredet worden und von allen möglichen Unterstellungen, würde ich sagen, im Zusammenhang mit der Besteuerung der Unfallrenten. Herr Bundesminister Haupt hat dargestellt – und das war sehr plausibel –, dass es Legendenbildungen um die Besteuerung der Unfallrenten und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gibt.

Es ist richtig: In den neunziger Jahren hat es die Besteuerung der Unfallrenten gegeben. Wir hatten damals eine sozialistisch dominierte Bundesregierung, aber ich konnte in der historischen Betrachtung keine Initiative erkennen, diese "Ungerechtigkeit" abzustellen. Daher ist auch heute die Frage berechtigt, ob nicht die Besteuerung der Unfallrenten von der Steuergerechtigkeit her grundsätzlich richtig ist. Meines Erachtens ist sie eine richtige Maßnahme, weil wir damit eine Ausnahme beseitigen.

Herr Öllinger! Sie haben die Renten nach dem Heeresversorgungsgesetz angesprochen, gesagt, dass sie sozusagen steuerfrei gestellt sind – man sollte auch diese Ausnahme beseitigen. Wenn man hier eine Systematik hat, ergibt sich natürlich die Frage, ob man nicht Härtesituationen beseitigen soll.

Daher: Wir reparieren nichts, wir beseitigen Härten. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten im Steuerrecht Einschleifregelungen gemacht, aber diese Vorgangsweise ist durchaus engagiert, ein Versuch, auf die spezielle persönliche Situation einzugehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Natürlich muss man sich in diesem Zusammenhang fragen, ob nicht eigentlich die Abstraktheit der Unfallrenten, was den Schmerzensteil anlangt, überprüft werden


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71. Sitzung / Seite 76

sollte, ob nicht überprüft werden sollte, wie sich das tatsächlich auf die Einkommenssituation auswirkt. Es müssten auch die Fragen geprüft werden: Wie schaut eigentlich die Entwicklung aus? (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Haben wir nicht schon mehr Freizeitunfälle als Arbeitsunfälle? – All das sollte auch im Zusammenhang mit der Invaliditätspension einer Prüfung zugeführt werden, um auch zu sehen, ob nicht vielleicht die Bemessungsgrundlagen verändert werden müssen und vieles mehr. – Der Herr Bundesminister hat das angekündigt, und ich meine, das ist eine seriöse Vorgangsweise zur Lösung dieser Problematik.

Es ist klar, dass ich, wenn ich Härteregelungen beseitige, einen Stichtag brauche. Jeder weiß dann, welche Regelung für ihn gilt, und kann sich darauf einstellen, wie auch ein Bezieher einer Invaliditätsrente, einer Versehrtenrente, die entsprechend zu versteuern ist.

Meine Damen und Herren! Es wurde hier auch schon angesprochen, dass dieser Fonds zum Großteil oder zu einem Teil durch eine Erhöhung der Ausgleichstaxe zu speisen ist. In diesem Zusammenhang muss ich Ihnen sagen, Frau Haidlmayr – ich sehe sie zwar jetzt nicht hier im Saal –, dass Sie kein Monopol darauf haben, in Behindertenfragen die richtigen Interessen zu vertreten, und dass auch die Einschätzung nicht richtig ist, dass ausschließlich Sie diese Interessen vertreten. Man muss sich schon zuerst einmal die Problematik zu Gemüte führen und kann erst danach reden.

Die Ausgleichstaxe ist für denjenigen fällig, der nicht auf 25 Mitarbeiter einen Behinderten einstellt. Schauen Sie sich die Situation am Arbeitsmarkt an: Im März dieses Jahres gab es 33 000 vorgemerkte – unter Anführungszeichen – "behinderte" Arbeitslose, jedoch lediglich 3 000 mit Begünstigungsschein. Was bedeutet das wirklich? – Das Arbeitsmarktservice definiert Behinderung anders als das Behinderteneinstellungsgesetz. Der Unternehmer zahlt zwar die Ausgleichstaxe, es gibt aber in ganz Österreich nur 3 000 Vorgemerkte mit Befreiungsschein. (Abg. Haigermoser: So ist es!)

Im Klartext: Jedem Unternehmer, der jetzt kommt und sagt: Ich möchte einen mit Befreiungsschein einstellen!, wird vom Arbeitsmarktservice gesagt: Wir haben leider keinen! Sie haben dann zwar Vermittlungsmöglichkeiten für – unter Anführungszeichen – "schwer Vermittelbare", aber nicht für solche mit Befreiungsschein. Daher könnte ich als Unternehmer argumentieren: Der wahre Zynismus ist es, wenn für mich die Ausgleichstaxe auf 2 700 S erhöht wird – Frau Silhavy möchte überhaupt 4 800 S haben, Frau Haidlmayr sogar die Höhe eines Monatsentgelts –, ich aber eigentlich gar niemanden bekomme!

Daher ist die Maßnahme, die als Zwischenschritt gesetzt wird, nämlich die Verlängerung der Probezeit, keine nachteilige Maßnahme für die Behinderten. Es gibt viele Behinderte, die auf dem Arbeitsmarkt ganz normal behandelt werden wollen. Und das ist eine Möglichkeit, hier nicht mit übertriebenen Schutzbestimmungen, sondern mit Anreizen zu agieren. Es gibt Behindertenverbände, die diese Maßnahmen durchaus wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend: Der Weg, den diese Regierung einschlägt, ist richtig, nämlich mit Anreizen, mit Motivation zu agieren, aber nicht mit einer Strafsteuer. Wir wollen Behinderte in das Arbeitsmarktsystem integrieren und nicht übertriebene Schutzbestimmungen schaffen, die ihnen überhaupt nicht helfen, sondern in der Praxis dazu führen, dass die arbeitslosen Behinderten in der Vermittlung hängen bleiben. In diesem Sinn kann man das Paket der Regierung nur unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

11.58

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Silhavy hat heute dem Sozialminister Scherben überreicht. Es ist schon amüsant oder eigentlich paradox, wenn ein Vertreter derjenigen, die den Konkurs verursacht haben, dem Sanierer Scherben überreicht. Und jeder in Österreich weiß bereits, dass die von der SPÖ


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dominierte Regierung tatsächlich einen Scherbenhaufen hinterlassen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Huber: Aber glauben tut es keiner mehr!)

Und deshalb – und nur deshalb! – sind ja Maßnahmen notwendig, die auch belastend wirken. Ich glaube, das müssen auch Frau Silhavy, die gesamte SPÖ-Fraktion und die Grünen zur Kenntnis nehmen.

Da Sie, Frau Silhavy, dieser Bundesregierung vorwerfen, dass den Ärmsten der Armen 2 Milliarden Schilling weggenommen werden, aber nur 1 Milliarde Schilling zurückgegeben wird – Sie bezeichnen das als Zynismus –, möchte ich Sie bitten, Ihr Gedächtnis ein bisschen aufzufrischen, denn die SPÖ-dominierte Bundesregierung hat vor noch nicht allzu langer Zeit die Behinderten bei den zwei Sparpaketen mit 4 Milliarden Schilling herangezogen, ohne ihnen auch nur einen Groschen zurückzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist also dringend notwendig, dass Sie sich das in Erinnerung rufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zynismus ist es auch, wenn man alles, was die Regierung macht, auch das Positive, ganz einfach ins Negative verkehrt und ununterbrochen nur behauptet, diese Bundesregierung hätte ohnehin nur schlechte Absichten.

Ich möchte Sie wirklich auffordern, Frau Haidlmayr, Frau Silhavy, Frau Plank, Ihre Verunsicherungskampagne einzustellen. (Abg. Haidlmayr: Eine Aufklärungskampagne!)

Frau Plank! Warum sprechen Sie beim Härteausgleich für Unfallrentner von Almosen? Warum tun Sie das? (Abg. Haidlmayr: Weil es stimmt!) Das ist doch ganz einfach kein Almosen.

Warum bezeichnen Sie die Reparatur als schlimmer als das Ursprungsgesetz? Machen Sie das nur, weil es Ihnen nicht recht ist, dass die Regierung etwas, wovon sie eingesehen hat, dass es nicht gut war, wieder verbessert? Ich kann mir nichts anderes vorstellen, als dass Sie das nur deshalb tun, weil Sie ganz einfach jede positive Aktivität der Bundesregierung verteufeln wollen. Ich finde, das sollten Sie einstellen. Sie verbessern die Situation nicht. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. ) Frau Haidlmayr! Sie verbessern die Situation der Behinderten nicht, wenn Sie pausenlos verunsichern, ganz im Gegenteil, Sie verschlechtern die Situation der Behinderten, wenn Sie ein Klima schaffen, in dem selbst das Positive heruntergemacht wird. Merken Sie sich das doch endlich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Über alle Vorteile, die wir heute für die Behinderten beschließen, gehen Sie ganz einfach hinweg. Mein Vorredner, Herr Abgeordneter Feurstein, hat schon wesentliche Punkte detailliert dargestellt, wo es Verbesserungen gibt. Schauen Sie, die Ausgleichstaxe wird um 30 Prozent erhöht, darüber ist heute schon mehrfach berichtet worden. In der gesamten sozialistisch dominierten Zeit hat es keine derartige Erhöhung gegeben. Warum anerkennen Sie das denn nicht? Durch diese Maßnahme der Bundesregierung wird es den Unternehmen jetzt erschwert, Behinderte nicht anzustellen. (Abg. Öllinger: Das passt nicht zusammen!) Im Übrigen gebe ich dem Abgeordneten Mitterlehner Recht, der gemeint hat, dass Ausgleichstaxen in astronomischer Höhe nichts bringen. Es gibt nämlich Unternehmer, die Behinderte einstellen wollen, aber ganz einfach keine bekommen.

Die Ausgleichstaxe muss spürbar sein. Mit diesem Betrag von 2 700 S wird sie jetzt auch spürbar sein, so dass jeder, der sich nur scheut, Behinderte aufzunehmen, anfängt zu überlegen, ob das nicht doch für ihn besser wäre. Und bitte hören Sie, Frau Haidlmayr, doch auf, beim Punkt Verlängerung der Probezeit davon zu reden, dass die Unternehmer die Behinderten ausnützen werden. Bitte zeigen Sie mir einen Unternehmer, der in einer Situation, in der er unter Druck steht, einen Behinderten aufnimmt, damit er einen besseren Output hat. Das ist völlig irrational! Ich kann mir nur vorstellen, dass Sie von der Wirtschaft überhaupt keine Ahnung haben, sonst kämen Sie nicht auf solche Unterstellungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wissen Sie, wir verlangen keinen Applaus von Ihnen, und, Frau Haidlmayr, es rühmt sich auch niemand der Maßnahmen. Aber ich bitte Sie, dass Sie jene Maßnahmen, die eine Verbesserung für die Behinderten bringen, wenigstens anerkennen und nicht in Ihrer Strategie der destruktiven Oppositionspolitik fortfahren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.04


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71. Sitzung / Seite 78

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neudeck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten.

12.04

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Kollegin Haidlmayr! Wenn Sie wirklich etwas Positives für Behinderte bewirken wollen, dann muss ich sagen, dass der von Ihnen im Ausschuss eingebrachte Antrag wirklich nicht der richtige und zielführende Weg war. Wenn Sie Dienstgeber fragen, warum sie die Behindertenquote in ihrem Unternehmen nicht erfüllen, dann hören Sie nicht, weil es billiger ist, die Ausgleichstaxe zu bezahlen. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. ) Nein, das Hauptargument für die Verweigerung der Wirtschaft ist, dass die Behinderten mit einem die Einstellung der Behinderten diskriminierenden Gesetz zu tun haben. Wie so oft hat sich auch in diesem Fall gezeigt, dass eine Überreglementierung das Gegenteil dessen bewirkt, was gewollt war.

Mit der Erhöhung der Ausgleichstaxe schaffen Sie keinen Arbeitsplatz für Behinderte. Auf Grund der Höhe, die Sie fordern, vernichten Sie Arbeitsplätze für bisher Beschäftigte, weil Sie damit Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Ländern schaffen. Sie haben für sich die gleichen Möglichkeiten, hier im Haus zu sein, wie jeder andere. Sie stellen sich jeder Wahl, und Sie haben keine längere Legislaturperiode als andere. Geben Sie also den Behinderten, die Arbeit suchen, die gleichen Chancen, wie Sie sie haben! Verlangen Sie nicht diskriminierende Maßnahmen, die es auf Grund überzogener Kündigungsbeschränkungen der Wirtschaft unmöglich machen, Behinderte einzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.06

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es wird heute hier eine Maßnahme diskutiert, die sehr viele Menschen in unserem Land als Drohung empfinden und die für sehr viele Menschen eine wesentliche Hürde im täglichen Lebensablauf ist.

Der Herr Minister hat meiner Meinung nach vorhin eine Drohung ausgesprochen, als er gemeint hat, er wolle das Behindertenrecht auf eine neue Basis stellen. Denn die erste Maßnahme, die heute hier diskutiert wird, diese Reparatur, dieses Herumpfuschen bei der Besteuerung der Unfallrenten, zeigt nur die Doppelbödigkeit der Regierung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Denn 2 Milliarden Schilling werden jenen Menschen genommen, die schwere Schicksalsschläge getroffen haben, und 1 Milliarde Schilling wird ihnen gegeben, damit sie sich besser ins gesellschaftliche Leben einfügen können. Einer meiner Vorredner hat sehr treffend aufgezeigt, wie von Seiten dieser Regierung mit den behinderten Menschen in unserer Gesellschaft umgegangen wird. Sie sollen nämlich Liebe, Zuneigung und Unterstützung erfahren. Dass sie aber als gleichberechtigte Menschen in unserer Gesellschaft akzeptiert werden wollen, als gleichberechtigte Bevölkerungsgruppen, die Förderungen erfahren, das alles kommt in diesen Maßnahmen nicht zum Ausdruck, und das zeigt ganz einfach, dass bei dieser Wendepolitik der jetzigen Regierung, wie das gestern der Herr Präsident gesagt hat, sehr viele Leute durch die Wendemanöver über Bord gehen werden und sich dann schön bedanken werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist auch Kollegin Partik-Pablé im Wiener Wahlkampf herumgetourt und hat gemeint, sie werde sich dafür stark machen, dass die Besteuerung der Unfallrenten abgeschafft wird. Man hat gesehen, wie stark sie sich gemacht hat. Aber die Wienerinnen und Wiener haben gezeigt, wie sie mit Wahlversprechen von Seiten der FPÖ umgehen: Diesen wird nämlich eine klare Absage erteilt, und so wird auch weiterhin damit umgegangen werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Besonders infam ist natürlich auch (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen – Abg. Haigermoser: Hallo! Jungfernrede und schon ...!) – Entschuldigung, ich werde ein anderes Wort verwenden –, dass gesagt wurde, dass Österreich ein Scherbenhaufen war, nachdem die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an der Regierung waren. Österreich ist das fünftreichste Land der Welt und das drittreichste von Europa. Dass Sie das als Scherbenhaufen bezeichnen, das zeigt ganz einfach: Wie der Schelm denkt, so agiert er. Und dieses Agieren führen Sie jetzt fort. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen mit Schicksalsschlägen zahlen sich die Programme zur besseren Integration selbst. Das zeigt auch wiederum, wie Sie den Gedanken der Solidarität in unserer Gesellschaft betrachten. Jene, die manchmal abseits der Gesellschaft stehen, sollen sich das selbst ausmachen, während die Politik für jene zuständig ist und Maßnahmen setzt, die eher den Gutsituierten in unserer Gesellschaft angehören. Gegen solche Maßnahmen wehren wir uns, und deswegen werden wir auch heute dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, denke ich mir, ist auch die Frage des Umgangs mit der Sprache. In dieser Vorlage wurde der Begriff "Leistung" durch den Begriff "Zuwendung" ersetzt. Das heißt, wenn jemand diese Steuer abgeknöpft bekommen hat und sie zurückhaben will, dann muss er sich um diese Zuwendung bemühen. Und das zeigt ein gesellschaftspolitisches Bild oder eine gesellschaftspolitische Haltung von Seiten der Regierungsparteien, die nicht mehr für das 21. Jahrhundert tauglich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

In den einleitenden Sätzen ist auf das mangelnde öffentliche Bewusstsein für die Anliegen behinderter Menschen hingewiesen und bemerkt worden, dass dieser Mangel aufgehoben und ein entsprechendes Bewusstsein entwickelt werden soll. Aber ich fürchte, dass das von Seiten dieser Regierung nicht funktionieren wird.

Es stellt sich die Frage: Können dann die Menschen zum Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gehen? Der Herr Minister hat gemeint, sie könnten dann in seinen Ämtern eine kompetente Abwicklung erfahren. Diese Ämter werden ausgegliedert, und diese Ämter arbeiten bereits jetzt schon effizient und intensiv für die Belange der behinderten Menschen in unserer Gesellschaft. Ihnen werden jetzt zusätzliche Verwaltungsverfahren aufgebürdet, und sie werden mit sehr vielen Fragen konfrontiert. Ich finde, das ist genau das Gegenteil von Kundenorientierung, Verwaltungsvereinfachung und politischer Verlässlichkeit.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass die heutige Diskussion eigentlich zeigt, dass das gesellschaftspolitische Bild der Regierungsparteien gegen die Menschen in unserem Staat wirkt. Deswegen treten wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sehr stark für die rückwirkende Aufhebung der Besteuerung der Unfallrenten ein und bringen auch einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein. Vielleicht überlegen auch einige Abgeordnete von Ihnen, ihm beizutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.12

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Mag. Christine Lapp hat behauptet, dass die Bundesregierung mit diesem Gesetz darangeht, gerade für die Betuchten und die Besserverdienenden in dieser Gesellschaft eine Reparation zu machen. – Frau Kollegin, ich darf Sie doch dringend bitten, das Gesetz durchzulesen. Dann werden Sie nämlich draufkommen, dass die Ausnahmeregelungen, bis 20 000 S generell alles zu ersetzen, dann die Einschleifregelungen und die steuerliche Progression gerade das Gegenteil davon sind (Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht!) und in der Praxis das Gegenteil von dem beweisen werden, was Sie jetzt behauptet haben, weil nämlich die sozial Schwächsten bis 10 000 S überhaupt keine Steuern zahlen, dann voll restituiert werden und darüber hinaus die Härtefälle restituiert werden.


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71. Sitzung / Seite 80

Ich bitte Sie, Frau Kollegin, zumindest dieses Argument, das eindeutig und klar aus den Steuergesetzen der Republik und aus diesem Gesetz abzulesen ist, für dieses Gesetz zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.14

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Bundesminister! Es ist schon ein sehr deutlicher Hinweis, wenn Sie hier von Steuergerechtigkeit, aber nicht von sozialer Gerechtigkeit sprechen, obwohl Sie sich Sozialminister dieser Bundesregierung nennen. Ich möchte Ihnen ehrlich noch einmal etwas sagen: Sie sollten wirklich an die Sozialproblematik denken und nicht von finanzieller Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit reden. Das steht vielleicht dem Herrn Finanzminister zu. Ihnen würde zustehen, von sozialer Gerechtigkeit zu reden und auch sozial gerechte Maßnahmen zu setzen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Frau Oberlehrer! – Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Dr. Partik-Pablé, ich wäre an Ihrer Stelle auch etwas nervös, das ist mir schon klar. Wenn man mit falschen Versprechungen in einen Wahlkampf zieht, diese Versprechungen dann aber bricht, dann tut es natürlich weh, wenn man so wie Sie überführt wird, die Unwahrheit gesagt zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich möchte hier noch einmal festhalten: Die Bemessungsgrundlage für Unfallrenten ist 66 Prozent. Das heißt, Unfallrenten werden nicht von 100 Prozent, sondern von 66 Prozent der Bemessungsgrundlage berechnet. Und diese Unfallrenten besteuern Sie noch einmal, und das ist eine soziale Ungerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 650 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung vom Abgeordneten Dr. Kostelka vor.

Ich werde daher über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 2 in Artikel 3 bezieht.

Wer hiefür seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 3 in Artikel 3 bezieht. Für diesen Teil des Zusatzantrages ist, wie oben erwähnt, getrennte Abstimmung verlangt worden.

Ich ersuche daher jene Abgeordneten, die für diesen Teil des Zusatzantrages sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.


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71. Sitzung / Seite 81

Die Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Änderung der Ziffernbezeichnung in Artikel 3 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit . Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 651 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 652 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen .

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (574 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (653 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 43/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, geändert wird (654 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 282/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich des Pflegegeldes (655 der Beilagen)


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71. Sitzung / Seite 82

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 284/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Hebung der sozialen Sicherheit des Sozialsystems im Bereich des Pflegegeldes in der Pflegeinfrastruktur (656 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 301/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Defizite bei der Treffsicherheit des Pflegegeldes (657 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (575 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002) (658 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.19

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Aus der Fülle von Vorlagen, die wir jetzt diskutieren, möchte ich mich mit einem Thema, nämlich mit dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz beschäftigen, weil ich weiß, dass viele Männer in diesem Land auf diesen heutigen Tag gewartet haben, darauf, dass dieses Unrecht, das im Herbst vergangenen Jahres beschlossen wurde, heute beseitigt wird.

Schon bei der Beschlussfassung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes im vergangenen Herbst gab es zahlreiche Proteste. Sie alle wissen das. Besonders die Pensionistenorganisationen haben es nicht verstanden, dass Kriegsgefangene, die in verschiedenen westeuropäischen und überseeischen Ländern festgehalten worden sind, von der Entschädigung, die jenen Kriegsgefangenen gewährt wurde, die in Mittel- und Osteuropa gefangen waren, ausgenommen werden. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Pensionistenverbände haben einige Tausend Männer und deren Schicksale erfasst, haben Protestaktionen organisiert und an die Parlamentsparteien appelliert. Ich möchte aus einem solchen Appell des Pensionistenverbandes vorlesen, in dem es heißt: Es ist durch nichts erklärbar, dass Österreicher, die in Frankreich und Belgien in Kohlegruben unter unmenschlichen Bedingungen geschuftet haben, die in Steinbrüchen und Schwefelhöhlen Nordgriechenlands arbeiten mussten oder in marokkanischen Gefängnissen festgehalten waren, keine Entschädigung bekommen sollen.

Meine Damen und Herren! Nach mehreren Monaten sachlichen Vorbringens dieses Unrechtes ist die Geduld der Betroffenen wahrlich am Ende und sie erwarten sich gerade heute von diesem Haus eine Reparatur dieses Gesetzes. Die Seniorenvertreter aller Fraktionen schöpften Hoffnung, als Sie, Herr Bundesminister, die Vertreter des Österreichischen Seniorenrates zu konkreten Gesprächen einluden, um mit ihnen über diese Novelle zu diskutieren. Auch Sie, Herr


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Bundesminister, zeigten sich von den vorgetragenen Schicksalen und Argumenten beeindruckt, und diese Menschen schöpften Hoffnung!

Es wurde auch über den Vorschlag diskutiert – der, wie ich meine, sachlich sehr einleuchtend ist –, dass als Variante an die Stelle der monatlichen Zahlungen für hochbetagte Personen wahlweise Einmalzahlungen treten könnten, was für diese Menschen eine gerechtere Abfindung bedeuten würde. Sie, Herr Bundesminister, zeigten sich gesprächsbereit, und daher waren auch viele davon überzeugt oder haben gehofft, dass heute eine entsprechende Änderung erfolgt. Was alle erwartet haben, nämlich einen konkreten Novellierungsvorschlag, der im Konsens mit den Seniorenvertretern ausgearbeitet werden sollte, fehlt heute als Vorlage. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was diese Regierung heute dem Parlament mit dem Versorgungsrechts-Änderungsgesetz vorgelegt hat, ist schlichtweg eine Schande! Sie hätten die Gelegenheit wahrnehmen können, um dieses Unrecht zu beseitigen. Es erhebt sich eine Reihe von Fragen, Herr Bundesminister, und ich weiß nicht, ob Sie mir diese beantworten können.

Sollen die Entschädigung wirklich nur jene bekommen, die in osteuropäischen Staaten in Kriegsgefangenschaft geraten sind? Was ist mit jenen, die in anderen Gebieten, etwa in Frankreich, Italien oder Großbritannien – ich habe schon Beispiele angeführt – gefangen gehalten wurden? Wie wird die Unterscheidung in zwei Klassen von Kriegsgefangenen, nämlich in Ost- und in West-Gefangene, gerechtfertigt? Warum sind die einen unterstützungswürdig und die anderen nicht?

Die ausbezahlten Beträge sind ja keine großen Summen, sie reichen von 200 S bis 500 S monatlich – 500 S bekommt einer, der mindestens sechs Jahre lang in Gefangenschaft war –, sind also so gehalten, dass sie das Budget nur wenig belasten. Die meisten Anspruchsberechtigten sind mittlerweile sehr alt. Viele von ihnen werden den monatlichen Betrag nicht mehr lange in Anspruch nehmen können. Daher wäre eine sofortige angemessene Einmalzahlung, wie ich meine, wirklich besser. Herr Bundesminister! Ich frage Sie ganz konkret: Könnten Sie sich diese Einmalzahlung vorstellen?

Auch die Ausschlussbestimmungen des § 2 sind unklar.

Dass wir mit unserer Kritik nicht allein stehen, habe ich schon ausgeführt. Es gibt aber auch zahlreiche Unterstützer für dieses Gesetz.

Ich zitiere aus einer Pressemeldung des FPÖ-Abgeordneten Bösch vom 14. Mai, in der es heißt: Der stellvertretende freiheitliche Landesparteiobmann von Vorarlberg und Nationalratsabgeordnete Dr. Reinhard Bösch fordert im Sinne der Gleichbehandlung Entschädigungszahlungen auch für jene österreichischen Kriegsgefangenen, die in Gefangenschaft der West-Alliierten gerieten. – Er sagt selbst, dass das Gesetz vom Herbst ein erster Schritt sei und erklärt dann wörtlich: Als zweiten Schritt müsse man nun auch jene berücksichtigen, die in Westeuropa oder in Übersee in amerikanischen, britischen oder französischen Kriegsgefangenenlagern oftmals unter extrem harten Bedingungen inhaftiert wurden.

Ja, wir stimmen dem zu, und ich hoffe, Herr Abgeordneter Bösch wird auch unserem Abänderungsantrag heute die Zustimmung geben.

Oder: Der Kärntner Landtag hat mit den Stimmen von FPÖ, ÖVP und SPÖ einen Antrag auf eine entsprechende Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes beschlossen. Und im Linzer Gemeinderat – die Oberösterreicher werden es vielleicht schon wissen – wird die freiheitliche Fraktion heute einen diesbezüglichen Antrag einbringen. (Abg. Dr. Pumberger: In Linz ist aber die SPÖ dagegen!)

Wenn schon so viel Konsens über eine Änderung besteht, warum drücken Sie dann mit aller Gewalt eine Novelle durch, die eigentlich allen Regeln widerspricht? Nehmen Sie diesen Vorschlag zurück und stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Stimmen Sie in Linz zu!)


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Sie hätten ja, wenn Sie schon glauben, dass Sie diesen Abänderungsantrag, den ich somit einbringe – er ist bereits verteilt worden – ... (Abg. Neudeck: Stimmt ihr in Linz zu?) Darin heißt es in Artikel 8 Ziffer 2: "Österreichische Staatsbürger, die im Verlauf des Ersten oder Zweiten Weltkrieges ..." und so weiter. Wir wollen auch da eben keine Unterscheidung machen, obwohl wir wissen, dass es wahrscheinlich aus dem Ersten Weltkrieg nur mehr ganz, ganz wenige betroffene Personen gibt. Aber auch da wollen wir keine Wertung vornehmen.

Ich darf Sie wirklich bitten, diesem Abänderungsantrag die Zustimmung zu geben. Geben Sie sich selbst die Chance, nicht bewusst einen Fehler zu machen, Herr Bundesminister! Geben Sie sich selbst die Chance, auch jenen Menschen Hoffnung zu geben, die heute noch enttäuscht und verärgert über die Politik dieser Bundesregierung sind!

Und wenn Sie schon dem Abänderungsantrag nicht zustimmen können, dann hätten Sie ja noch die Möglichkeit, zumindest diesen Gesetzesteil mit einem Rückverweisungsantrag an den Ausschuss rückzuverweisen, um noch einmal sachlich darüber zu beraten.

Ich bitte Sie, nicht bewusst einen Fehler zu machen, denn die Menschen haben es verdient, hier gerecht behandelt zu werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: "In Linz beginnt’s!" – Stimmt ihr mit?)

12.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Dietachmayr, Genossen und Genossinnen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen.

Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dietachmayr und GenossInnen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 658 der Beilagen über die Regierungsvorlage (575 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Artikel 8, Ziffer 2 lautet:

"§1 Österreichische Staatsbürger, die

im Verlauf des Ersten oder Zweiten Weltkrieges in Kriegsgefangenschaft gerieten, oder

während der Besetzung Österreichs durch die Alliierten Mächte von einer ausländischen Macht aus politischen oder militärischen Gründen in Österreich festgenommen und angehalten wurden, oder

sich aufgrund politischer Verfolgung oder drohender politischer Verfolgung im Sinne des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947, außerhalb des Gebietes Republik Österreich befanden


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und aus den in Zif 2 angeführten Grünen von einer ausländischen Macht festgenommen und nach Beginn des Zweiten Weltkrieges in anderen Staaten angehalten wurden,

haben Anspruch auf eine Leistung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes."

2. Artikel 8, Ziffer 3 lautet:

"§ 3 samt Überschrift wird aufgehoben".

3. Artikel 8, Ziffer 10 lautet:

Im § 21 wird der Ausdruck "30. Juni 2001" durch den Ausdruck "31.12.2001" ersetzt.

4. Artikel 8, Ziffer 11 wird eingefügt

§ 23 erhält die Absatzbezeichnung "(1)". Dem § 23 wird folgender Abs. 2 angefügt:

"(2) Titel, § 1, § 3, die Überschrift zu § 10, § 11 Abs.1 Z 1, § 12, § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und § 21 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit 1. Jänner 2001, § 4 Abs. 1 tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft."

Begründung:

Die Sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat schon im November 2000 im Minderheitsbericht zu 311 dB, BBG 2001, festgehalten, dass bei der Einführung der Kriegsgefangenenentschädigung die Gefangenen des Ersten Weltkrieges sowie die Gefangenen in westlicher Kriegsgefangenschaft ausgeschlossen sind.

Diese Vorgangsweise stellt eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar. Mit dem gegenständlichen Antrag sollen auch die Gefangenen des Ersten Weltkrieges sowie die Gefangenen in westlicher Kriegsgefangenschaft in das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, unabhängig davon, ob sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, rückwirkend mit 1.1.2001 einbezogen werden.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.28

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Würden wir die Krokodilstränen, die die SPÖ-Abgeordneten in diesem Hause vergießen, in die Donau lenken, dann hätten wir wahrscheinlich Hochwasser in Wien.

Herr Kollege Vorredner, eine Frage an Sie: Da gab es jetzt Erklärungen und Vorschläge und Wünsche und Abänderungsanträge. Aber ich frage Sie: Wo waren Sie und Ihre Partei in den letzten 30 Jahren? In den letzten 30 Jahren haben Sie mit Ihrem Bundeskanzler, Ihrem Finanzminister und Ihrem Sozialminister Gelegenheit gehabt, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz ins Leben zu rufen. Daher sind Sie auch in dieser Frage höchst unglaubwürdig! Die Glaubwürdigkeit der SPÖ ist nicht da! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen seit 4. Februar vergangenen Jahres bei allem, wie es besser geht. 30 Jahre lang haben Sie Ihre Chancen vertan! Sie von der SPÖ waren es, die Österreich in einen Schuldenturm geführt und die Armut verstärkt haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir versuchen jetzt, die Schulden wegzuräumen, die Sie verursacht haben, etwa mit der Verstaatlichten. Wie ich höre, wird bei der Sozialversicherung eine Zweiklassengesellschaft ins Leben gerufen. Sie waren es, die das immer wieder forciert und protegiert haben!


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Ihr ehemaliger Finanzminister Androsch hat vor kurzem in einem Interview einer Zeitung gegenüber gemeint, die schlechte finanzielle Situation der Republik Österreich sei auf die Ausgabenexzesse der neunziger Jahre zurückzuführen. – Sehr treffend und sehr richtig, was er hier feststellt. Natürlich soll auch das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz alle mit einschließen, die davon betroffen sind. Aber es ist erstaunlich, dass gerade die SPÖ – nunmehr, da sie nicht mehr in der Regierung ist – darauf kommt. Denn was waren denn die Kriegsteilnehmer in den Augen der SPÖ in den vergangenen Jahren? Was waren die Kriegsteilnehmer der Republik Österreich gerade in den Augen der SPÖ in den vergangenen Jahren? Wo war denn der Pensionistenverband mit Ex-Minister Blecha? Er hat sich nie zu Wort gemeldet! Es hat sich auch der ÖGB nie zu Wort gemeldet, es hat sich der Pensionistenverband, der sich nunmehr beruft auf zahlreiche ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Dietachmayr und Silhavy. )

Herr Kollege, wo waren Sie denn in den letzten 30 Jahren? Ihrer Kollegin Lapp gestehe ich ja noch zu, dass sie das Glück der späten Geburt hat, aber Sie sitzen schon Jahre oder bald Jahrzehnte lang hier herinnen! Sie hätten das alles ja schon tun können!

Daher muss ich sagen: Wenn wir einen Schritt in diese richtige Richtung setzen, dann gehen Sie doch einmal mit! Und seien wir froh, dass wir nunmehr eine Entschädigung zumindest für jene, die im Osten inhaftiert waren, erreichen können.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es wird Ihnen nicht gelingen – und wenn Sie noch so oft hier heraus gehen –, alles schlecht zu machen, was diese Regierung tut. Alles, was die SPÖ gemacht hat, war natürlich in Ihren Augen bestens, aber ich frage mich: Warum lebt dann in dieser Republik nach 30 Jahren SPÖ-Vorherrschaft eine Million Menschen an der Armutsgrenze?!

Gott sei Dank wird die breite Öffentlichkeit nie erfahren, wie die SPÖ diesen Staatshaushalt saniert hätte! Ähnlich wie den "Konsum"? – Ausradiert! 15 000 Arbeitsplätze weg! Wie die Verstaatlichte Industrie? – Ruiniert, weg, es gibt sie nicht mehr! – Und Sie erteilen der neuen Re-gierung großartige Ratschläge!

Ich frage mich auch: Wo war die SPÖ in der Frage der Behinderten? Wo hat es bei der SPÖ einmal eine Behindertenmilliarde gegeben? Wo war die Anhebung der Ausgleichstaxe? Wo war sie?! – Sie fordern nunmehr die Valorisierung des Pflegegeldes ein, und, und, und. Warum haben Sie das nicht selbst getan? Wir hätten in vielen Bereichen keinen so großen Nachholbedarf, wenn Sie ordentlich, seriös und solide gewirtschaftet hätten! (Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Bures. )  – Dank uns gibt es jetzt Besserstellungen in diesem Bereich.

Ihr berühmter roter Faden zieht sich durch alle Reden bis zu den Ausführungen von Herrn Edlinger. Er ist jetzt nicht da – wahrscheinlich bereitet er sich für seine Dringliche Anfrage vor; ein solches Pamphlet wie das, was heute kommt, habe ich überhaupt noch nicht gesehen! Diese Dringliche Anfrage der SPÖ wird heute ein Sich-selbst-Anschütten erster Ordnung werden, weil sie von einem Ex-Finanzminister stammt, der ein finanzielles Desaster verursacht hat (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Mühlbachler ), der aber sich und seine Freunde immer bestens versorgt hat, wie wir wissen. Wir sollten die Namen Scholten und Co. ja nicht vergessen. Alle diese Leute sind heute in höchsten Positionen. Weil sie politisch nicht mehr gebraucht werden, sind sie in Vorstandsetagen entsprechend versorgt, und Herr Draxler ist auf einmal das Wunderkind und Ähnliches mehr.

Ich sage Ihnen Eines: Es wird uns nicht nur in der Frage der Kriegsgefangenenentschädigung etwas gelingen, sondern es ist ja auch unter anderem eine Verbesserung bei den Pflegegeldzahlungen vorgesehen. Bereits ab der Geburt von behinderten Kindern wird in Zukunft Pflegegeld gezahlt. Auch das hätte der SPÖ gut angestanden, es hätte ihr gut getan, in diesem Bereich einmal tätig zu sein. Aber nichts, gar nichts ist Ihnen eingefallen! Und seit 4. Februar 2000 wird von Ihnen nur noch polemisiert.

Ich lade Sie ein, gerade auch in der Frage des Pflegegeldes an einer Verbesserung mitzuarbeiten, weil letztlich durch die Stärkung und die Qualitätssicherung der Einrichtung des Pflegegeldes die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Zustand eines Pfleglings verschlechtert, geringer wird. Das heißt, letztlich ist es auch eine humanitäre Leistung und nicht nur eine finanzielle, dass


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wir nunmehr auch die Kleinkinder durch den Entfall der Altersgrenze in das Pflegegeld mit einbeziehen.

Daher würde ich mir erwarten, dass die SPÖ einmal mit tut, aber außer Destruktion gibt es bei ihr im Augenblick nichts; vielleicht noch da und dort ein bisschen Beleidigtsein. Sie sind jedenfalls eingeladen – weil Sie immer so tun, als wären Sie die Sozialexperten –, endlich wieder konstruktiv mitzuarbeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Freiwillige Redezeitbeschränkung, Frau Abgeordnete: 8 Minuten.

12.34

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entgegen der vorgefertigten Meinung der Frau Abgeordneten Pablé, wir würden hier alles ablehnen, was von der Regierung kommt, möchte ich Ihnen vorweg gleich sagen, wir werden dieser Regierungsvorlage zustimmen, obwohl nicht alle Forderungen, die auch von Ihnen gestellt worden sind, als Sie, die Freiheitlichen, noch in Opposition waren, in dieser Novellierung berücksichtigt wurden.

Wir finden es positiv, und es ist ein großer Erfolg der Grünen, denn wir haben seit 1993 jedes Jahr unzählige Anträge eingebracht, damit das Pflegegeld für behinderte Kinder schon ab der Geburt ausbezahlt wird und nicht erst ab der Vollendung des dritten Lebensjahres.

Dieser Kampf der Grünen hat gefruchtet, und wir haben die Bundesregierung dazu gebracht, unsere Forderung endlich zu übernehmen und in das Gesetz aufzunehmen. Das bedeutet eine wesentliche Besserstellung für die Eltern von behinderten Kindern. Darüber sind wir Grünen ungeheuer froh, und wir freuen uns, dass wir damit endlich auch diese Bundesregierung ein Stück von dem überzeugen konnten, was positive Behindertenpolitik sein kann! (Beifall bei den Grünen.) Das ist auch der Grund dafür, dass wir, wie gesagt, diesem Gesetz zustimmen werden.

Es gibt in dieser Novelle aber auch sehr große Probleme. Ich weiß schon, dass es Ihr vordergründiges Ziel ist, immer mehr an Daten von Menschen heranzukommen, und mit dem Datenschutz haben Sie ohnehin nichts am Hut. Es hat sich ja in der Vergangenheit gezeigt, wie wichtig es Ihnen ist, viele Daten von vielen Menschen zu bekommen, um dann unter Umständen auf Daten und Informationen zurückgreifen zu können. Das haben Sie jetzt auch im Pflegegeldbereich verstärkt.

Ich weiß nicht, und wir werden es prüfen lassen, ob es datenschutzrechtlich überhaupt rechtens ist, dass die pflegegeld- und pflegebezogenen Daten freigegeben werden müssen und dass es eine Selbstverständlichkeit für Sie werden soll, dass auch intimste Daten mehr oder weniger mit sämtlichen anderen Daten von Versicherungsträgern verknüpft werden können und dürfen. Das halten wir für äußerst gefährlich, und das ist – das muss man schon sagen – wieder ein Anschlag auf unsere Grundrechte, wieder ein Anschlag auf den Datenschutz. (Abg. Dr. Pumber-ger: Bürokratische Erschwernisse für Behinderte!)

Herr Minister Haupt! Noch etwas wundert mich sehr. Sie behaupten einerseits, die Valorisierung könne nicht stattfinden, der Bund habe kein Geld, und das Pflegegeld sei bereits in eine Dimension gewachsen, die budgetär kaum mehr zu verkraften sei. – Das sind immer Ihre Argumente gegen die Valorisierung und gegen die Rückgabe des Taschengeldraubes gewesen. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Jetzt, Herr Minister – und das ist nicht uninteressant! –, sind plötzlich aus dem Pflegegeldbereich Mittel vorhanden, etwa für die Schulung von Betreuungspersonen, jetzt sind plötzlich Gelder für Projekte der Pflegeorganisationen da, jetzt gibt es plötzlich Geld für die Herausgabe von fachspezifischen Informationen. – Herr Minister, wissen Sie, dass das eine Zweckentfremdung des Pflegegeldes par excellence ist?


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Sie wissen doch, Herr Minister, dass 1993 die Länder mit dem Bund eine so genannte Artikel-15a-Vereinbarung abgeschlossen haben, in der sie sich verpflichtet haben, die Rahmenbedingungen sicherzustellen und diese Rahmenbedingungen selbstverständlich auch zu finanzieren! Und zu den Rahmenbedingungen einer qualifizierten Hilfe, Betreuung und Assistenz gehört selbstverständlich auch die Ausbildung, gehört selbstverständlich auch die Finanzierung von gemeinnützigen Projekten für die ambulante Betreuung und gehören selbstverständlich auch die Informationen über Fachblätter et cetera. Und jetzt nehmen Sie den Ländern diese Verpflichtung, die sie 1993 eingegangen sind, wieder ab. Die Länder sind dafür nicht mehr verantwortlich, sondern das zahlt jetzt wieder der Bund, und zwar aus dem Pflegegeld!

Herr Minister, das halte ich wirklich für skandalös! Das ist absolut nicht im Sinne des Pflegegeldgesetzes gewesen und widerspricht im höchsten Maße den Verbindlichkeiten aus den Artikel-15a-Vereinbarungen mit den Ländern! (Beifall bei den Grünen.)

Ich wünsche mir, Herr Minister, dass Sie dazu Stellung nehmen und erklären, warum es jetzt plötzlich einen solchen Überschuss gibt und trotzdem keine Valorisierung stattfinden kann.

Ich wünsche mir auch eine Stellungnahme dazu, warum es auf der einen Seite plötzlich einen solchen Überschuss gibt, dass man jetzt Ausbildung, Projekte et cetera über das Pflegegeld finanzieren kann, warum man aber andererseits das Taschengeld nicht zurückgibt.

Ich bringe in diesem Zusammenhang folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Erhöhung der Treffsicherheit des Bundespflegegeldgesetzes

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 31.12.2001 eine Regierungsvorlage eines Bundespflegegeldgesetzes folgenden Inhalts vorzulegen:

Das Taschengeld bei Spital- oder Heimaufenthalt wird wieder auf die ursprüngliche Höhe von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 erhöht.

*****

Herr Minister! Das muss locker drinnen sein, wenn Sie jetzt auch schon bereit sind, die Kosten der Länder zu übernehmen. Ich glaube, Sie haben wirklich Erklärungsbedarf. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.41

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich an die Ausführungen von Frau Kollegin Haidlmayr anschließen: Mir ist es als Sozialpolitikerin sehr wohl ein Anliegen, dass es in Zukunft für die Qualitätssicherung auch von Seiten des Bundes ganz wesentliche Unterstützung und Maßnahmen gibt. Wir brauchen einfach eine noch bessere Qualitätssicherung, wir brauchen eine Qualitätskontrolle, und dabei sind wir im gesamten Bundesbereich auf die Mitarbeit der freien Wohlfahrtsträger angewiesen, damit sie Weiterbildung betreiben, damit sie ihre Mitarbeiter ausbilden, damit es Seminare und fachspezifische Tagungen gibt. Die Regierung steht dazu und bekennt sich dazu, dass das ein ganz wichtiger Teil der Arbeit im Bereich der Pflegevorsorge ist,


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und wir begrüßen diese Maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Vielleicht gerade, weil die Pflege weiblich ist, möchte ich jetzt einmal eine andere Perspektive einnehmen, als Frau Kollegin Haidlmayr es getan hat, die in erster Linie die Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt gestellt hat – was richtig ist –, und auch die Pflegenden – und das sind nun eben einmal zu 80 Prozent Frauen – in den Mittelpunkt stellen. Gerade mit der Qualitätssicherung soll diesen Frauen, die sich manchmal sehr verlassen fühlen, die sich überfordert fühlen, ein besseres Netzwerk geboten werden, über das sie Hilfe und Unterstützung oder auch Information bekommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man muss sich, wenn man sich mit diesem Thema befasst, eingestehen, dass die Pflege zum größten Teil in den Familien geleistet wird. Ich bin sehr froh, dass aus allen hiezu durchgeführten Untersuchungen hervorgeht, dass in den Familien überwiegend sehr gut, um nicht zu sagen vorbildlich gepflegt wird, wobei dies aber, wie bereits erwähnt, zu 80 Prozent durch Frauen erfolgt. Ich denke, dass hier die Männer gefordert sind, künftig mehr Partnerschaft an den Tag zu legen und sich im Pflegebereich einzuklinken. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Von diesen 80 Prozent Frauen steht ein Drittel noch im Erwerbsleben, und für diese Frauen bedeutet das, dass sie neben ihrer Doppelbelastung durch Familie und Beruf oft über sehr lange Zeit hinweg noch Pflegearbeit leisten müssen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Enquete zum Thema Sterbebegleitung verweisen, bei der auch gesagt wurde, wir müssen uns überlegen, wie wir für jene Menschen, die Eltern, Partner oder – Gott verhüte es! – Kinder pflegen müssen, zumindest in der terminalen Phase, in der Endphase eine Pflege-Freistellung bekommen. Das ist ein wichtiges Thema, aber das ist, glaube ich, der richtige Weg, auf dem wir uns weiterbewegen müssen, und wir müssen wahrscheinlich auch noch genauer untersuchen, wie die sozialrechtliche Absicherung im Pflegebereich vielleicht noch weiter verbessert werden könnte, und müssen vielleicht auch noch mehr Information zu diesem Thema anbieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Generell ist zu diesem Gesetz zu sagen, dass es nicht nur insofern eine Änderung bringt, als es erstmals die Höhe der Pflegevorsorge, des bei Vorliegen körperlicher, geistiger und seelischer Behinderungen auszuzahlenden Pflegegeldes in Euro festlegt, nämlich mit einem Betrag von 145,40 j bis 1 531,50 j , und insofern, als mit diesem Gesetz die Qualitätssicherung erstmals bundesweit auf solide Schienen gestellt wird; darüber hinaus wird es auch dem langjährigen Wunsch gerecht, der von vielen Sozialpolitikern, aber auch von Behindertenverbänden und vor allem auch von Müttern immer wieder an uns herangetragen wurde, nämlich das Pflegegeld bei behinderten Kindern ab der Geburt zu gewähren.

In diesem Zusammenhang muss man fairerweise sagen, dass das nicht der Wunsch einer einzelnen Gruppierung ist, sondern dass sehr viele, die mit diesem Problem befasst sind, immer wieder darauf hingewiesen haben, dass das im Grunde ein Mangel ist, dass es hier nur eine bürokratische Regelung über einen Härtefonds gibt beziehungsweise dass diese Regelung nicht in allen Ländern gleich gehandhabt wird. Dieses Gesetz macht es jetzt möglich, das Pflegegeld ab der Geburt des Kindes zu beziehen – es gewährt einen Rechtsanspruch darauf! –, und es stärkt damit ganz wesentlich die Position der Pflegebedürftigen, vor allem der pflegebedürftigen Kinder und ihrer Familien.

Ich glaube, der gesamte Bereich des Pflegegeldes und der Regelungen betreffend die Betreuer ist ein Bereich, der ständig in Bewegung sein muss. Viele Schritte in diesem Bereich haben wir bereits gesetzt: Es gibt ungefähr 270 000 Menschen in Österreich, die Pflegegeld bekommen, und das macht, wenn ich es aus den Budgetzahlen richtig in Erinnerung habe, rund 19 Milliarden Schilling aus. Ich glaube, damit leisten wir eine sehr, sehr große Anstrengung. Darüber hinaus setzen wir immer wieder neue Schritte, wie zum Beispiel jetzt die Schaffung eines Rechtsanspruchs ab der Geburt.


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Es gibt auch verschiedene andere Themen in diesem Zusammenhang, denen wir uns ebenfalls nicht verschließen, aber bei diesen muss es zuerst einmal möglich sein, die entsprechende Maßnahme auch zu bezahlen, wie zum Beispiel die Valorisierung des Pflegegeldes. Aber ich glaube, die Entwicklung des Pflegegeldes ist eben wirklich ein ständiger Prozess.

Was die Situation der Familien anlangt, so möchte ich, weil heute in der vorangegangenen Debatte die Behindertenpolitik der Regierung im Grunde sehr negativ bewertet wurde, schon hervorheben, dass – darauf hat der Herr Bundesminister in der Sitzung des Sozialausschusses hingewiesen – immerhin 5 900 Frauen mit Behinderung in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten konnten. Das zeigt, dass wir in dieser kurzen Zeit schon sehr viel Positives bewirken konnten.

Wenn hier immer wieder gesagt wird, dass wir den Familien etwas wegnehmen, dann darf ich in diesem Zusammenhang nochmals auf den neuen Schritt verweisen, den wir mit diesem Gesetz setzen, indem wir das Recht auf Pflegegeld für behinderte Kinder ab der Geburt schaffen.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir auch ganz wichtige andere Unterstützungen für die Familien mit behinderten Kindern nie in Frage gestellt haben, zum Beispiel die erhöhte Familienbeihilfe, die Zuschüsse für den behindertengerechten Auto-Umbau, die Schulfahrtsbeihilfe für Eltern mit behinderten Kindern oder den Kostenersatz für Hilfsmittel.

Ich bin sehr froh darüber, dass es mit dem Kinderbetreuungsgeld und mit der Festschreibung der Verpflichtung zur Mutter-Kind-Pass-Untersuchung jetzt wieder möglich wird, die Chancen auf Früherkennung von Mängeln oder Behinderungen bei Kindern noch weiter zu erhöhen, weil wir leider feststellen mussten, dass eben diese Permanenz der Untersuchung gelitten hat. Ich glaube, diese Festschreibung bedeutet eine aktive Unterstützung für Kinder und für Familien mit Behinderten.

Eltern eines Neugeborenen, das gesundheitliche, körperliche Mängel hat, sind in einer sehr, sehr schwierigen Situation – alle Untersuchungen zeigen das. Mit dieser Gesetzesvorlage setzen wir einen, wenngleich nicht sehr großen, so doch sehr wichtigen Schritt, um diesen Eltern zu helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.48

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle zum Bundespflegegeldgesetz beinhaltet zunächst einmal eine Euro-Umstellung.

Zu dieser ist anzumerken, dass die Euro-Umstellung in dieser Form grundsätzlich nicht notwendig wäre, dass wir aber darauf gedrungen haben, das in gesetzlicher Form festzuschreiben, um schon jetzt die volle Rechtsklarheit in diesem Bereich für die Betroffenen herzustellen und dem, was vielfach an Unkenrufen in der Öffentlichkeit zu hören ist und Verunsicherung bewirkt, nämlich dass durch die Euro-Umstellung den Leuten Geld weggenommen werden könnte, klar und deutlich entgegentreten zu können. In diesem Gesetz kommt klar zum Ausdruck, dass dem nicht so ist, sondern dass im Gegenteil durch die Glättung im Zusammenhang mit der Euro-Umstellung etwa 600 000 S mehr für die betroffene Gruppe zur Verfügung gestellt werden.

Zum Zweiten darf ich darauf hinweisen, dass bei behinderten Kleinkindern und Säuglingen durch die Öffnung des Zeitraums von 0 bis 3 Jahren für den Bezug von Pflegegeld nunmehr eine deutliche Verbesserung im Bereich des Pflegegeldes vorgesehen ist. Manche Länder haben das ja bereits vorweggenommen, andere regelten dies über einen Härteausgleich. Ich halte es für notwendig, dass durch dieses Gesetz nunmehr eine generelle Regelung geschaffen wird.

Ich darf weiters darauf hinweisen, dass im Rahmen dieses Gesetzes auch Ausnahmeregelungen dahin gehend geschaffen werden, dass die Weiter- und Selbstversicherung für Angehörige von Pflegegeldbeziehern im Fall von Krankenhaus-Aufenthalten, die bisher weggefallen ist, nun


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mehr weiterläuft, dass also durch die in diesem Gesetz geschaffene Verbesserung die soziale Absicherung für Pflegepersonen weiter besteht.

Frau Kollegin Haidlmayr kann ich insofern beruhigen, als ich darauf hinweisen darf, dass bei einem Gesamtvolumen von 18 Milliarden Schilling im Bereich des Pflegegeldes die beiden Projekte, die einerseits von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und andererseits von der Pensionsversicherungsanstalt der Bauern durchgeführt werden, insgesamt 2 Millionen Schilling umfassen und dass das Geld einerseits aus den Fördertöpfen und andererseits aus dem Verwaltungskostenbudget stammt, also nicht vom Pflegegeld selbst, nicht von den Behinderten weggenommen wird.

Wir glauben, dass mit beiden Projekten ein wichtiger Beitrag zur Qualitätssicherung geleistet wird. Wir glauben einerseits – und wir wissen das auch aus Studien –, dass die im Familienbereich geleistete Pflege großteils von sehr guter Qualität ist, wir sind auf der anderen Seite aber der Meinung, dass diese beiden Studien notwendig sind, damit qualitativen Mängeln, die trotz allem hin und wieder, da und dort auftreten, in Zukunft begegnet werden kann, dass diese also abgestellt werden können, damit langfristig für die behinderten Menschen durch mehr Qualität auch ein besserer Gesundheitszustand gewährleistet werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In Richtung des Kollegen Dietachmayr möchte ich hier das anmerken, was ich bereits im Ausschuss gesagt habe. – Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, Herr Kollege Dietachmayr, dass eine Reihe von Personen sich an Sie gewandt hat – es haben sich solche übrigens auch an mich gewandt –, die bei den Westalliierten ihre Kriegsgefangenschaft erleben und Zwangsarbeit leisten mussten.

Ich darf hinzufügen, dass, wie ich bereits auch im Ausschuss gesagt habe, darüber hinaus auch noch eine Gruppe, die Sie selbst in Ihrem Antrag nicht apostrophiert haben, betroffen ist, die diesbezüglich nunmehr auch vorstellig geworden ist, weil sie glaubt, dass mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges auch für sie die Zeit gekommen ist, symbolische Entschädigungsleistungen zu erhalten, nämlich jene Personen, die Zivilpersonen und Angehörige ehemaliger österreichischer Minderheiten waren, etwa in Rumänien, in Ungarn, in Tschechien, in der Slowakei und am Balkan, die dort ebenfalls interniert worden sind und teilweise auch in Ostdeutschland mehrere Jahre hindurch beispielsweise bei Demontierungen von Wirtschaftsbetrieben Zwangsarbeit leisten mussten, dann mit den Wirtschaftsbetrieben nach Russland gebracht wurden, wo sie die Betriebe wieder aufgestellt haben, die Maschinen wieder aufgebaut und in Betrieb genommen haben und dann erst 1947 oder 1948 hierher gekommen sind und die sich jetzt auch entsprechende Leistungen erwarten.

Ich sage aber auch ganz klar – und das habe ich auch den Damen und Herren, die bei mir vorgesprochen haben, gesagt –, dass es, um all diese Leistungen entschädigen zu können, notwendig sein wird, das dafür erforderliche Geld in Verhandlungen mit dem Herrn Finanzminister zur Verfügung gestellt zu bekommen, weil all diese Entschädigungsleistungen sich insgesamt auf ungefähr 1,1 Milliarden Schilling belaufen und dieses Geld derzeit in meinem Ressort – wie Sie ja auf Grund des verabschiedeten Budgets wissen – nicht vorhanden ist.

Es ist für mich aber auch erfreulich gewesen, dass alle, die bei uns im Ministerium vorgesprochen haben, auch eines anerkannt haben, dass nämlich erst diese Bundesregierung es war, die nach mehr als 50 Jahren Interregnum in der Frage der Entschädigungsleistungen für Kriegsgefangene wieder tätig geworden ist, denn die letzten Leistungen, die diese Gruppe der Spätheimkehrer erhalten hat, wurden im Jahr 1949 durch das damalige Gesetz festgelegt. Seit dieser Zeit aber hat sich in all den Jahren, Herr Kollege Dietachmayr, in denen Ihre Fraktion die Regierungsverantwortung innegehabt hat, in dieser Frage nichts bewegt. (Ruf bei den Freiheitlichen: Null!) Das haben alle der derzeitigen Regierung zugebilligt, dass sie es war, die dieses Thema endlich einmal angegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich möchte auch klar sagen, dass das, was ich den Betroffenen versprochen habe, auch dem Bewusstseinsstand der meisten Mitglieder dieser Bundesregierung, aber auch der Mehrzahl der Abgeordneten dieses Hohen Hauses entspricht, sodass ich guten Mutes bin, dass wir vom Herrn Finanzminister dann, wenn die Budgetsanierung abgeschlossen ist, auch das nötige Geld bekommen werden, um jene Gruppen, die Sie, Kollege Dietachmayr, apostrophiert haben, und auch jene Gruppen, die ich zusätzlich apostrophiert habe, dann einer gerechten Entschädigungslösung zuzuführen. Ich halte das auch für dringend notwendig und für gerechtfertigt.

Warum jene Gruppe, die heute diese Entschädigungsleistungen erhält, als erste Gruppe Leistungen zugesprochen bekommen hat, habe ich schon mehrfach ausgeführt, und ich stehe nicht an, dies nochmals zu tun. Diese Gruppe, die im ehemaligen Ostblock ihre Zwangsarbeit leisten beziehungsweise ihre Kriegsgefangenschaft – auch teilweise über die damals laut Haager Konvention geltenden Fristen hinaus – erleiden und erdulden musste, ist jene Gruppe, deren Leistungen auch für die Senkung der Reparationszahlungen, die für die Gewinnung des Staatsvertrages und die Freiheit Österreichs zu leisten waren, im Staatsvertragsübereinkommen ausdrücklich anerkannt worden sind.

Daher ist es, wie ich meine, auch sinnvoll und richtig, dass diese Gruppe als erste die Entschädigungsleistungen bekommen hat. Ich übersehe aber nicht, dass auch die anderen Gruppen dieses Recht haben und dass die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aus moralischer Sicht dazu angehalten ist, dieser Gruppe Entschädigungsleistungen zu gewähren – für ihre Zwangsarbeit und für ihre Kriegsgefangenschaft, wo immer sie diese geleistet beziehungsweise erlitten hat, von Marokko bis Neuseeland und von Deutschland über Ostdeutschland bis hin nach Kanada und in alliierten Staaten wie Frankreich beziehungsweise in anderen Ländern auf Seiten der Alliierten wie Spanien, Griechenland und in anderen Teilen der Welt.

Wir haben das Ziel nie aus den Augen verloren, wir befinden uns in Verhandlungen, und ich glaube, dass wir guten Mutes sein können, auch diese Frage – dann, wenn die Einsparungsziele dieser Bundesregierung im Jahr 2002 erreicht worden sind – einer Lösung zuzuführen.

Noch ein Punkt: Frau Kollegin Haidlmayr hat die entsprechenden Leistungen für Pflegegeldbezieher angeführt. – Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, Frau Kollegin Haidlmayr, dass im Regierungsübereinkommen Einmalzahlungen für den Bereich der Pflegegeldbezieher für diese Legislaturperiode festgeschrieben sind, und darf Sie weiters darüber informieren, dass in der Sitzung der Sozialreferenten zwischen 3. und 5. Juni dieses Jahres in Schladming alle Bundesländer endlich übereingekommen sind, auch einer Valorisierung des Pflegegeldes zuzustimmen. Es ist ja auch von Seiten der Bundesländer ein Anteil zu tragen, und eine einseitige Lösung von Seiten des Bundes ist für mich nicht gerechtfertigt. Es können erst seit diesem Zeitpunkt, seit diesbezüglich die Übereinstimmung mit den Bundesländern erzielt werden konnte, nunmehr von mir die nächsten Schritte getätigt werden, nämlich innerhalb der Bundesregierung darüber die Verhandlungen mit dem Finanzminister zu führen, um das notwendige Geld für die Pflegegeldbezieher für diesen Bereich zu bekommen.

Beide Themenkreise sind mir bewusst, und der zweite Themenkreis ist auch im Regierungsübereinkommen in Form einer Einmalzahlung verankert, sodass ich mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass in dieser Legislaturperiode auch dieses Problem einer Lösung zugeführt werden wird.

Ich glaube daher, dass die heute vorliegende Novelle zum Bundespflegegeldgesetz in ihren Grundzügen ausschließlich Besserstellungen für die Betroffenen beinhaltet, wobei ich keinesfalls übersehe, dass es mehr Wünsche gibt, als wir heute erfüllen können. Aber ich sage auch dazu: Dieses Mehr an Wünschen werden wir erst dann erfüllen können, wenn wir auch unsere Fleißaufgaben in budgetärer Hinsicht, nämlich die Erreichung des Nulldefizits, erfüllt haben. Dann werden wir darauf zugehen können, in einer zweiten Offensive mehr zu geben als das, was wir heute zu gewähren in der Lage sind. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.58


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.58

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sprechen heute über Ihre Sozialpolitik. Wir sprechen über die Sozialpolitik einer christlich-sozialen Partei und über die Sozialpolitik einer Partei des – unter Anführungszeichen – "kleinen Mannes". Dass das, was Sie zu sein vorgeben, mit dem, was Sie machen, absolut nichts zu tun hat, das zeigt sich allein darin, dass Sie lange versucht haben, einen Sozialausschuss zu verhindern (Abg. Dr. Feurstein: Was? Aber Entschuldigung, bitte!), und ich glaube, aus gutem Grund – für Sie aus gutem Grund! (Abg. Dr. Feurstein: Aber wirklich nicht! Wirklich nicht!) Denn dass Sie auf Ihre Sozialpolitik nicht stolz sein können, Herr Abgeordneter Feurstein, das belegt unter anderem die Tatsache, dass Sie leider die Streicher und Reparierer der Nation geworden sind – und darauf wäre ich auch nicht stolz, das können Sie mir glauben! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber aus Fehlern kann man lernen, das war oft zu hören in letzter Zeit, etwa von Herrn Abgeordnetem Westenthaler und auch von anderen Kolleginnen und Kollegen. Auch beim vorliegenden Gesetzentwurf geben wir Ihnen die Möglichkeit, eventuell aus Fehlern zu lernen. Wir bieten sie Ihnen, indem wir heute nämlich auch einen entsprechenden Antrag einbringen wollen. Ich glaube, dass es in diesem Zusammenhang auch sehr wichtig ist, einige Fakten in Bezug auf das Bundespflegegeld aufzuzeigen beziehungsweise in Erinnerung zu rufen – wenn Sie so wollen, eine Art kleiner Nachhilfeunterricht.

Es gibt nämlich sozialdemokratische Fakten wie etwa die umfassende Reform der Pflegevorsorge 1993, meine Damen und Herren. 1993 wurde ein abgestuftes, bedarfsorientiertes Pflegegeld eingeführt, auf das – unabhängig vom Einkommen und Vermögen sowie der Ursache der Pflegebedürftigkeit – ein Rechtsanspruch besteht. Parallel dazu wurde zwischen Bund und Ländern eine Vereinbarung über gemeinsame Maßnahmen für pflegebedürftige Personen abgeschlossen. Außerdem wurde ein Arbeitskreis eingerichtet, der die Entwicklung der Pflegevorsorge begleitet und in wichtigen Fragen Empfehlungen und Vorschläge erstattet. Und natürlich gibt es seit 1996 auch einen Arbeitskreis zur Qualitätssicherung in der Pflegevorsorge. (Abg. Dr. Pumberger: Heute wird das verbessert!) Auch das ist also nichts Neues.

Eine Studie von Professor Badelt aus dem Jahr 1997 über die praktischen Auswirkungen des Pflegevorsorgesystems bestätigt, dass die Ziele der Reform in hohem Ausmaß erreicht wurden. Auf Basis dieser Erfahrung novellierte die damalige sozialdemokratische Ministerin Lore Hostasch das Bundespflegegeldgesetz insofern, als ein erleichterter Zugang zur Pflegegeldstufe 4 geschaffen wurde. Das war Anfang 1999.

Seit 1998 gibt es auch eine kostenlose Beratung für Pflegende und eine Verbesserung der Position der Pflegenden. (Abg. Dr. Pumberger: Wer hat die Stufe 1 gekürzt? Sagen Sie uns das! Wer hat die Stufe 1 gekürzt?) Die Möglichkeit einer begünstigten Weiterversicherung in der Pensionsversicherung wurde ebenfalls im Jahr 1998 gesetzlich geregelt.

Meine Damen und Herren! Diese Darstellung der Entwicklung des Bundespflegegeldes ist deswegen so wichtig, damit Sie auf der einen Seite nicht behaupten können, das alles gebe es erst, seit Sie an der Regierung sind (Abg. Dr. Pumberger: Was haben Sie mit der Stufe 1 gemacht?), und auf der zweiten Seite sollten Sie daran erinnert werden, dass die solide Basis, auf der Sie jetzt arbeiten können, einfach die sozialdemokratische Basis ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt: Wir begrüßen grundsätzlich die Tatsache, Herr Abgeordneter Pumberger, dass nun bereits ab der Geburt eines Kindes Pflegegeld gewährt werden kann. (Abg. Dr. Pumberger: Was war mit der Stufe 1?) Das war freilich auch bisher schon möglich – in den 14 Fällen, die es österreichweit gab, wurde es in 13 Fällen zuerkannt –, aber ich gestehe ein, dass der Wegfall der Härteklausel für Familien, wenn sie ein behindertes Neugeborenes haben, natürlich eine wesentliche Verbesserung darstellt.


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Im Hinblick auf die Qualitätssicherung begrüßen wir auch, dass eine gesetzliche Verankerung der Förderungsmöglichkeit von Projekten in der Pflegevorsorge geschaffen wurde. Ebenso begrüßen wir die Ausnahmebestimmung, wonach das Pflegegeld für die Dauer eines stationären Aufenthalts im Umfang der Beitragshöhe für die Weiter- oder Selbstversicherung einer Pflegeperson weiterzuleiten ist. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Da wir Sozialdemokraten natürlich konstruktive Oppositionspolitik betreiben, werden wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen, aber leider hat Sie der Mut wieder einmal ein bisschen verlassen, meine Damen und Herren. Es fehlen nämlich zwei wichtige Bereiche, die Sie schon immer gefordert haben; auch Sie, Frau Kollegin Partik-Pablé. Herr Minister Haupt hat im März in einer Presseaussendung gesagt, er möchte das Pflegegeld um ein Prozent erhöhen und sei bereits in Verhandlungen mit dem Herrn Finanzminister. – Jetzt redet er von einer Einmalzahlung. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. (Abg. Dr. Pumberger  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Genau lesen und ordentlich zuhören!)

Valorisierung und Erhöhung des Taschengeldes erscheint uns gleich wichtig, und ich gebe zu, in diesem Bereich ist länger nichts passiert, meine Damen und Herren. Das ist richtig, es ist aber genauso richtig, dass wir mutig genug sind, das zuzugeben, und zwar mit dem Willen, es auch zu ändern. Ich weiß, dass wir offene Türen einrennen, weil der Herr Bundesminister im März das gesagt hat. Und ich weiß auch, dass Frau Kollegin Partik-Pablé im April 1999 – es wurde im Plenum dann auch diskutiert – einen entsprechenden Antrag formuliert und eingebracht hat und dass er diskutiert wurde. – Okay! Wir wollen das auch! Wir wollen Ihnen helfen, Ihre Forderungen umzusetzen. Wir sind konstruktiv. Seien Sie es auch!

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Brunhilde Plank, Gabriele Heinisch-Hosek und GenossInnen betreffend Valorisierung des Pflegegeldes und die Erhöhung des Pflegetaschengeldes, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (574 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (653 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die insbesondere folgende Punkte enthält:

Die Wiedereinführung der jährlichen Valorisierung des Pflegegeldes mit dem Anpassungsfaktor nach § 108 ASVG rückwirkend mit 1.1.2001.

Die Erhöhung des Pflegetaschengeldes, bei stationärer Unterbringung, auf 20 Prozent der Pflegestufe 3."

*****

Wenn Sie 200 Millionen Schilling für eine Imagekampagne haben, wenn Sie Ihre Ministerbüros aufblähen, bis sie fast platzen und dafür viel Geld ausgeben, wenn Sie fast 18 Milliarden Schilling für das Kinderbetreuungsgeld haben, dann werden Sie doch auch die rund 300 Millionen Schilling für diese Valorisierung haben. Tun Sie das, was Sie schon immer wollten und gefordert haben, und stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

13.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt und steht daher auch mit in Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.


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Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. – Bitte.

13.05

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie haben gesagt, wir seien die Reparierer der Sozialpolitik. Es ist klar, warum wir die Reparierer sind (Abg. Heinisch-Hosek: Zuerst streichen, dann reparieren! Sie müssen besser zuhören!): Dank Ihrer Sozialpolitik, die so unsozial war, müssen wir Ihre Politik reparieren. Das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn wie sonst, liebe Frau Kollegin, kommt es zu folgender Aussage: "Der Sozialstaat ist nur ein Kostenfaktor!"? – Wissen Sie, wer diese Aussage getroffen hat? – Hostasch war das. Das war Ihre Politik: Die Sozialpolitik ist ein Kostenfaktor. So haben Sie die Sozialpolitik verstanden. (Abg. Silhavy: Natürlich! Das ist ja wohl klar! Sozialpolitik kostet einfach etwas!) Das Ergebnis, die Auswirkungen waren entsprechend: willkürliche Belastungen, willkürliche Streichungen, einfach keine Sozialpolitik mit Herz, keine Sozialpolitik mit Hirn. Das war Ihre Politik. (Abg. Heinisch-Hosek: Erst streichen, dann reparieren!)

Unser Sozialminister Herbert Haupt hat Herz für die Menschen und setzt die dafür notwendigen Dinge mit Verstand und mit Durchsetzungskraft um. Das hätte ich mir von Ihnen einmal gewünscht. (Abg. Silhavy: Darum reparieren Sie ja dauernd Ihre Gesetze, die Sie beschlossen haben!) Ihre Gesetze werden repariert, Frau Kollegin. (Abg. Silhavy: Ihre Gesetze müssen Sie reparieren! Das haben Sie zu verantworten!) Sie haben 30 Jahre Zeit gehabt, Sozialpolitik zu machen, und jetzt stellen Sie sich her und sagen, wir sollen diese Dinge machen. Also das ist wirklich eine Sauerei sondergleichen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Richtig! Das ist wirklich eine Sauerei!)

Meine Damen und Herren! Alter darf nicht als reduzierte, sondern muss gegenüber früheren Lebensstufen als modifizierte Lebensform gesehen werden. Das Erbringen von Pflegeleistungen sollte sich auch an der Lebensqualität der älteren Menschen orientieren. Qualitätsvolle Leistungen sind dann gegeben, wenn sie von den alten Leuten als Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Wertschätzung erlebt werden können und nicht als vordergründige, technokratisch ausgerichtete Dienstleistung erbracht werden.

Außer Streit steht wohl für uns alle, dass das altersbedingte Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess und die Unfähigkeit zur eigenständigen Lebensführung im hohen Alter nicht das Lebensende bedeuten, sondern vom Wohlfahrtsstaat als gesellschaftlich zu lösende Aufgabe verstanden werden sollen. Durch das Pflegegesetz sind die pflegebedingten Mehraufwendungen pauschaliert abgedeckt, damit eben die betroffenen Personen nach Möglichkeit weiter ein selbstbestimmtes und bedürfnisorientiertes Leben führen können.

Die Zahl der Pflegebedürftigen hat im März mit 272 067 einen Höchststand erreicht. Um nun weiter eine Erhöhung der sozialen Treffsicherheit zu erreichen, wurde beim Pflegegeld der Entfall der Altersgrenze umgesetzt, damit die Zuerkennung – und das war lange eine unserer Forderungen – des Pflegegelds bereits ab der Geburt eines behinderten Kindes ermöglicht werden kann. Von Ihnen wurde dies nie umgesetzt, Frau Kollegin! (Abg. Heinisch-Hosek: Das war doch schon bisher möglich! Es hat nur die Härteklausel gegeben!) Warum haben Sie es dann nicht umgesetzt? 30 Jahre lang haben Sie dazu Zeit gehabt! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja! Ich begrüße es ja!)

Eines, meine Damen und Herren, ist mir als Insider allerdings sehr wichtig. Gerade die Pflege älterer Menschen, die oft keine Angehörigen mehr haben, die sich nicht mehr wehren können, fordert Qualitätskriterien und die Kontrolle dieser Qualität. Wenn aus ökonomischen Gründen Maßnahmen bei Pfleglingen getroffen werden, die diese ruhig stellen, oder wenn eine künstliche Ernährung eingeleitet wird, sprich PEG-Sonden, weil das Füttern zu viel Zeit kostet, dann schreit dieser Tatbestand nach Kontrolle und Qualitätsstandards. Sowohl die Struktur als besonders auch die Prozessqualität der Pflege, egal ob intra- oder extramural, muss für betroffene Pfleglinge in Österreich gewährleistet werden können.


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Unsere Regierung und unser freiheitlicher Minister wissen, wo die Bedürfnisse der Menschen im Sozialbereich liegen und wo die Schwachstellen sind, wo keine soziale Treffsicherheit vorhanden ist. Wir Freiheitlichen haben eben Herz, Herz für die Menschen in unserem Land, was Ihnen immer gefehlt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

13.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Öllinger –: Das wird Ihnen jetzt schwer fallen! – Abg. Öllinger – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ach, Herr Haigermoser, Kollege Haigermoser!)

13.10

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß schon, nach den fast lyrischen Beschwörungs- und Huldigungsformeln, die Frau Kollegin Hartinger hier von sich gegeben hat, wird es, wie Kollege Haigermoser richtig feststellt, schwer fallen, hier mitzuhalten. Ich sehe es allerdings nicht als unsere Aufgabe – auch nicht als jene von Regierungsabgeordneten – an, uns in Huldigungs- und Beschwörungsformeln zu ergehen und Weihrauch zu verstreuen. (Abg. Mag. Hartinger: Der Herr Minister macht jetzt endlich das, was Sie versäumt haben!) Weihrauch und Myrrhe sind nicht die Elemente, die in diesem Haus benützt werden sollten. Heben Sie sich das für die Heiligen Drei Könige auf und feiern Sie Weihnachten und die Heiligen Drei Könige so, wie das passt, aber bitte verschonen Sie uns mit Ihrem Weihrauch hier in einer politischen Debatte, Frau Kollegin Hartinger! (Abg. Mag. Hartinger: Ihre Frau Kollegin Haidlmayr hat das auch gefordert!)

Ich möchte, nachdem das Gesetz den gar nicht so lyrischen Namen "Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002" erhalten hat und darin eine Reihe von Gesetzen abgeändert werden, ganz kurz auf zwei Gesetze eingehen. Das eine ist schon angesprochen worden, nämlich das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz.

Ich denke, Herr Bundesminister, wir haben schon in der Debatte um das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz klargemacht, dass wir diesem Gesetz, so wie es vorgelegen ist und wie es jetzt abgeändert wird, nicht unsere Zustimmung erteilen. Daher ist Ihr Anspruch, den Sie vorhin vertreten haben, Herr Bundesminister, dass alle diesem Gesetz zugestimmt hätten, insofern zu berichtigen, als die Grünen da nicht mitmachen. Und ich sage Ihnen auch, warum nicht.

Ich will die schwierige Situation von manchen beziehungsweise sehr vielen Kriegsgefangenen nicht verkennen, aber solange ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz nicht sicherstellen kann und nicht sicherstellen will, dass Kriegsverbrecher – sei es in der Uniform der Waffen-SS, sei es als Angehörige der SS – nicht auch eine Entschädigung erhalten, und das nicht ausschließen will – und dieses Gesetz kann und will das nicht ausschließen –, so lange werden wir einem solchen Gesetz nicht die Zustimmung erteilen.

Herr Kollege Dietachmayr! Das ist gleichzeitig – obwohl ich das Ansinnen in Ihrem Antrag durchaus achte – eine Antwort auf Ihren Abänderungsantrag. Ich halte es für ungehörig und unpassend, wenn auf der einen Seite Kriegsverbrecher eine Entschädigung erhalten und das dadurch kompensiert oder irgendwie aufgewogen werden soll – ich weiß nicht –, dass auch überzeugte Demokraten, die als Frei


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willige – etwa im Spanischen Bürgerkrieg – gekämpft haben, diese gleiche Entschädigung erhalten sollen.

Die Republik Österreich hat anders mit ihrer Geschichte umzugehen, meine Damen und Herren (Beifall bei den Grünen), als das hier mit einem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geschieht, das nach der Art der Geschichtsvertuschung gestrickt wird und mit dem ein einheitlicher grauer oder brauner Schleier über die Kriegsgefangenschaft drübergelegt wird.

Meine Damen und Herren! Ich betone noch einmal seitens der Grünen: Wir sind uns bewusst, es hat im Krieg und nach dem Krieg viele Menschen gegeben, die zu Unrecht gelitten haben für ein Unrechtssystem. Aber es ist die Aufgabe eines Gesetzes in der Zweiten Republik, ein Unrechtssystem auch als solches zu kennzeichnen. (Beifall bei den Grünen.) Und alle, die freiwillig dafür gearbeitet haben, dass hier in Österreich ein Unrechtssystem eingeführt wurde, dass es sich etablieren konnte, die ein Unrechtssystem nicht nur unterstützt haben, sondern aktiv daran mitgewirkt haben, dass dieses Unrechtssystem sich mit Gewalt und Terror durchgesetzt und Gewalt und Terror über ganz Europa gebracht hat, alle diejenigen können und wollen wir nicht unter dem Mantel eines Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes entschuldigen. (Beifall bei den Grünen.)

Das, meine Damen und Herren, sei Ihnen zum Thema geschichtliche Wahrheit und geschichtliche Anerkennung von Leistungen gesagt!

Damit komme ich gleich zum nächsten Gesetz, zu dem wir im Rahmen dieser Debatte auch einen Abänderungsantrag einbringen werden. Denn es ist bezeichnend und durchaus vergleich-bar mit dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, mit dem Sie auf der einen Seite unter diesem "schönen" grau-braunen Schleier auch Waffen-SSler, SSler und schwer belastete Nazis mitentschädigen wollen – oder müssen, weil Sie nicht differenzieren in diesem Gesetz, ob der eine zu dieser Gruppe gehört oder nicht gehört –, es ist bezeichnend, dass Sie in der Debatte im Sozialausschuss – und wir haben sie wieder einmal geführt, Herr Kollege Feurstein – jenen Opfergruppen des Naziregimes, die nach wie vor keine Anerkennung durch die Republik im Sinne des Rechts als Opfergruppen im Opferfürsorgegesetz finden, diese Anerkennung verweigern.

Es handelt sich dabei um die Opfergruppe derjenigen, die aus sexuellen Gründen vom Naziregime verfolgt wurden – also homosexuelle und lesbische Personen –, und es handelt sich um die so genannte Opfergruppe der Asozialen. Das sind jene Personen, die etwa in der Anstalt "Am Spiegelgrund" zu Tode gebracht wurden, als Kinder von einem Arzt zu Tode gespritzt wurden, der noch immer eine Plakette dieser Republik trägt und sie von dieser Republik offiziell verliehen bekommen hat. Da winden sich alle und meinen: Wir können dem Dr. Gross diese Plakette nicht aberkennen, wir haben sie ihm einmal zuerkannt. – Aber die Opfer, die werden noch immer nicht anerkannt, ganz egal, ob sie zu Tode gebracht wurden oder einfach nur im Er-ziehungsheim "Am Spiegelgrund" mit Spritzen von Dr. Gross drangsaliert und körperlich geschädigt wurden und deshalb als Asoziale gelten. Und es handelt sich um die Opfergruppe der Zwangssterilisierten.

Und da, Herr Dr. Feurstein, möchte ich schon die Argumentation, die Sie als Vertreter der ÖVP in der Vergangenheit und auch diesmal in veränderter Form angesprochen haben, aufgreifen. In der Vergangenheit haben Sie sich bei diesen Debatten immer hingestellt und haben gesagt: Solange die Opferverbände, also die klassischen Verbände der politisch Verfolgten, nicht zustimmen, gibt es keine Zustimmung der ÖVP. – Dieses Ihr Gebäude ist zusammengebrochen, weil die Opferverbände zustimmen; vielleicht mit Ausnahme der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten, aber alle anderen Opferverbände stimmen zu, dass diese Menschen als Opfergruppen anerkannt werden. Also haben Sie Ihre Argumentation geändert und sagen jetzt: Wir haben das geprüft. In den letzten fünf Jahren hat aus der Opfergruppe der wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten niemand einen Antrag versucht.

Wissen Sie, welche Ungeheuerlichkeit Sie damit eigentlich ausgesprochen haben? – Da verfolgt die Zweite Republik nach wie vor Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung, wie nicht zuletzt die Debatten um den § 209 zeigen, da verfolgt die Zweite Republik nach wie vor auch andere Gruppen, und Sie sagen: Aber es steht jedem frei, einen Antrag zu stellen!

Es ist auch das Vermächtnis dieser Zweiten Republik, dass sie von ihrer nationalsozialistischen Erblast offensichtlich noch nicht Abstand genommen hat, Herr Kollege Feurstein! (Abg. Dr. Feurstein: Das ist unverschämt! Nehmen Sie das zurück! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Feurstein: Das ist eine Unverschämtheit! Nehmen Sie das zurück!)

Herr Kollege Feurstein! Ich behaupte das hier mit Fug und Recht, solange ein Arzt wie Dr. Gross eine Auszeichnung dieser Republik trägt, solange seine Opfer, die so genannten asozialen Opfer des Dr. Gross, hier in dieser Republik keine Anerkennung finden. Solange Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung, und zwar ausschließlich wegen ihrer sexuellen Orientierung


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hier in dieser Republik verfolgt werden, mit dem Strafrecht bedroht werden, so lange, Herr Dr. Feurstein, werden wir wohl nicht von diesen Opfern verlangen können und wollen, dass sie einfach einen Antrag stellen und damit alle diese Demütigungen und Beleidigungen, all diese Gewalt, die an ihnen vor 50, 60 Jahren vollbracht wurde, in Form von neuen Demütigungen und Beleidigungen über sich ergehen lassen müssen.

Ich würde es Ihnen vergönnen, Herr Dr. Feurstein, den Leidensweg einer dieser Personen, die einen Antrag gestellt haben – ich habe mit einigen gesprochen, und es ist nach wie vor ein Leidensweg, in Österreich um die Anerkennung als politisches Opfer aus einem dieser Verfolgungsgründe ansuchen zu müssen –, ich würde Ihnen vergönnen, diesen Leidensweg mitzumachen. Jede Frage eines Beamten wird von diesem Opfer als eine neue Frage nach möglicher politischer Verfolgung interpretiert, auch wenn es nicht stimmen mag, auch wenn der Beamte, der diesen Antrag prüft, nicht gleichzeitig derjenige Beamte ist, der nach § 209 oder einem anderen Strafrechtsparagraphen fragen wird. Es sind Opfer, sie haben ein Leiden hinter sich gebracht, und es stünde dieser Republik gut an, diese Opfer zu entschädigen.

Deshalb bringe ich den folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 (575 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (658 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. In Artikel 2 wird vor der bisherigen Ziffer 1 des Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz geändert werden (575 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (658 der Beilagen) folgende neue Ziffer 1 eingefügt:

"1. § 1 Abs. 2 erster Satz lautet:

(2) Als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen anzusehen, die in der Zeit vom 6. März 1933 bis zum 9. Mai 1945 aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, aufgrund einer Behinderung oder als "asozial" Verfolgte durch Maßnahmen eines Gerichtes, einer Verwaltungs- (im besonderen einer Staatspolizei-) Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen in erheblichem Ausmaß zu Schaden gekommen sind (einschließlich Zwangssterilisationen)."

2. Die bisherigen Ziffern 1 bis 20 des Artikels 2 des Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz geändert werden (575 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (658 der Beilagen) lauten 2 bis 21.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen und werden Ihnen auch in Zukunft nicht ersparen, dass Sie sich mit dieser unserer Vergangenheit auseinander setzen müssen. Ziehen Sie endlich Konsequenzen im Sinne der Opfer! (Beifall bei den Grünen.)

13.22


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Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 99

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und damit auch mit zur Diskussion beziehungsweise Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

13.23

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Hohes Haus! Vielleicht würden manche Debattenredner ihrem Gemüt und der österreichischen Politik einen guten Dienst erweisen, wenn sie sich mehr der Sache und weniger dem ewigen Kritisieren widmen würden.

Meine Damen und Herren! Seien wir ehrlich: Die österreichische Sozialpolitik, die es zurzeit gibt und von der heute ein Teil diskutiert wird, kann sich in ganz Europa und in der ganzen Welt sehen lassen. Einmalig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Huber: Da haben wir auch schon ganz was anderes gehört! – Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Frau Kollegin Silhavy! Da Sie immer meinen, Sie müssten das kritisieren: Sie haben von 1945 bis zum Jahr 2000 daran gearbeitet. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Lediglich vier Jahre lang waren Sie nicht allein verantwortlich, in dieser Zeit haben Sie aber mitgearbeitet. Diese Sache ist nicht schlecht!

Das Bundespflegegeldgesetz, über das wir heute sprechen, ist ein Meilenstein der Sozialpolitik, und dieser Meilenstein trägt die Namen Hesoun und Dr. Feurstein. Das waren die Männer, die das zustande gebracht haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Öllinger! Als exzellenter Sozialpolitiker verdient sich Herr Dr. Feurstein nicht dauernd Ihre Vorträge. Bei jeder Ausschusssitzung, in jeder Plenardebatte halten Sie immer denselben Vortrag. So dramatisch die Angelegenheit auch sein mag, bitte gehen Sie doch endlich auch einmal dazu über, die Dinge sachlich zu diskutieren! (Weiterer Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Damit auch Sie zum Thema Pflegegeld zurückfinden, möchte ich zunächst einmal feststellen: Es funktioniert! An die 320 000 Bürgerinnen und Bürger Österreichs beziehen unter diesem Titel eine Leistung. In diesem Zusammenhang gehört auch einmal den Beamten des Ministeriums, etwa dem hier anwesenden Sektionschef Dr. Gruber ein Kompliment ausgesprochen. Das sind Leute, die hervorragend an der Umsetzung mitwirken. Das sind die positiven Merkmale der Sozialpolitik, über die wir reden sollten!

Anlässlich dieser Beschlussfassung ist auch ein Klimawechsel zu konstatieren. – Das hat nichts damit zu tun, dass Ihr Herr Klima woanders hin gewechselt hat! – Sie sprechen dauernd von sozialer Kälte. Nun können Sie Wärme verspüren, wenn heute zum Beispiel mit diesem Gesetz festgelegt wird, dass Kinder nunmehr von Geburt an in die Leistung einbezogen sind. Sie wurden zwar auch bislang mit Leistungen aus einem Härtefonds berücksichtigt, aber die neue Lösung hat eine andere Qualität, und das muss einmal ausgesprochen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt in dieser Gesetzesmaterie auch eine Klarstellung zu den Rückforderungen zu Unrecht bezogener Leistungen. Jawohl, auch das gibt es! Das war bis jetzt für den Sozialversicherungsträger eine ungemein schwierige Situation. Nunmehr ist das rechtlich klargestellt.

Es wird auch festgehalten, dass jene Personen, die freiwillig pensionsversichert sind, weil sie einen Angehörigen pflegen, für die Zeit des Ruhens des Pflegegeldes von der Allgemeinheit, vom Staat, aus dem Sozialtopf die Leistungen für die Pensionsversicherung bekommen. Das ist Wärme in dieser Materie! Das sollten Sie sich auch einmal vor Augen führen!

Die behandelte Materie beinhaltet auch Regelungen zur Qualitätssicherung. Ich höre sehr oft, dass die Leute sagen, dass die Pflege nicht in der entsprechenden Qualität erbracht wird, weil eben mitunter auch die Aufgaben unerwartet schnell auf die Menschen zukommen. Daher müs


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sen wir danach trachten, dass die pflegenden Personen eine entsprechende Aus- und Weiterbildung bekommen, dass flächendeckend Pflegeeinrichtungen angeboten werden können. Es gibt in einigen Bundesländern hervorragende Strukturen, aber nicht in allen.

Es wurde nun ein Weg gefunden, qualitätvolle Pflege und auch deren Kontrolle zu ermöglichen. Das Geld soll der bekommen, der Pflege braucht . Das Geld soll aber an den weitergegeben werden, der die Pflegeleistung erbringt . Und das läuft in der Praxis nicht immer ganz richtig. Nunmehr gibt es erstmals auch die Möglichkeit – natürlich nur mit Zustimmung des Pflegegeldbeziehers, aber immerhin –, Nachschau zu halten, Beratungen durchzuführen, um so vielleicht auch in mancher Familie mithelfen zu können, Konflikte besser zu lösen. Ich finde, dass das ein ganz entscheidender und positiver Schritt ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Heute wurde wiederholt in Entschließungsanträgen gefordert, das Taschengeld zu erhöhen. Es war jedoch Bundesminister Franz Hums, der eine Absenkung der Taschengeldleistung verlangt hat, weil das ansonsten nicht finanzierbar sei. Frau Silhavy! Das ist wahr! Sie können es in den Protokollen nachlesen, es war so! (Abg. Silhavy: Herr Donabauer! Ich weiß, was Sie und ich und alle beschlossen haben!)

Sie reden immer von Valorisierung, und man kann Ausführungen zu diesem Thema lesen, seit es das Pflegegeld gibt. Sie finden kein Land in ganz Europa, das für die Pflegevorsorge solche Leistungen erbringt wie Österreich. Und ich sage Ihnen noch etwas: Kein Bürger spricht mich wegen einer Valorisierung an! (Abg. Silhavy: Dann reden Sie aber mit wenigen Bürgern!) Jeder sagt: Seien wir froh, dass wir das haben! Diese Forderung ist nur ein parteipolitisches Thema, und das soll man auch in der gegenwärtigen Debatte einmal so sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Dietachmayr! Sie haben uns einen Vortrag darüber gehalten, für wie fehlerhaft Sie das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz halten. Darf ich Sie daran erinnern, dass es bis zu einer echten Leistungserbringung 55 Jahre gedauert hat? Die ganze Zeit über waren Sie maßgeblich an der Regierung beteiligt. Warum haben Sie es nicht besser gemacht? Wir setzen heute einen ersten Schritt. Verzeihen Sie, dass wir aus rein budgetären Gründen derzeit den zweiten noch nicht setzen können! Der Minister hat aber bereits erklärt, dass wir weitergehen werden. Sie können darauf vertrauen, dass wir auch diese Frage sorgfältig weiter diskutieren werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was heute beschlossen wird, sind eine Reihe von wirklichen Verbesserungen und ein leichterer Zugang zu den Leistungen – das können Sie alles im Gesetz nachlesen, das ist alles sehr gut ausgeführt –, sodass der Bürger in Zukunft auch im Gemeindeamt Unterstützungen und Leistungen beantragen kann und damit nicht mehr zu Bundes- und Landesdienststellen gehen muss. Darüber hinaus gäbe es noch eine Reihe von Dingen, die zu erwähnen wären, was ich Ihnen aber in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr zumuten will.

Herr Bundesminister! Ich möchte nur noch sagen: Wir können diese Sozialpolitik herzeigen, im Land, in Europa und in der ganzen Welt. Viele wären glücklich, wenn sie nur einen Teil von dem hätten, was wir als Selbstverständlichkeit ansehen. Deshalb werden wir selbstverständlich allen Gesetzesvorlagen zustimmen, weil sie Weiterentwicklungen und Verbesserungen bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Das hätte ich mir aber nicht gedacht! – Abg. Silhavy: Na sowas!)

13.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

13.30

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wurde heute schon sehr viel Grundsätzliches gesagt, und wir haben unsere Bedenken zu diesem Tagesordnungspunkt begründet dargelegt. Als Wehrsprecher möchte ich mich im Besonderen mit den Änderungen im Heeresversorgungsgesetz beschäftigen. Ein kleiner Lichtblick! Es geht um Verbesserungen für alle Wehrpflichtigen, die sich zu einem Auslandseinsatz gemeldet haben. In Hinkunft gibt es bereits ab der ersten Grunduntersu


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chung, ab der Vorausuntersuchung einen Schutz. Ich halte diese Verbesserung der Leistungen für die betroffenen Wehrpflichtigen für wichtig und sinnvoll, nicht nur, weil wir sie seit langem fordern, sondern auch, weil in Zukunft die Hauptaufgabe des österreichischen Bundesheeres im Bereich der internationalen Einsätze liegen wird. Das österreichische Bundesheer wird in Zukunft schwerpunktmäßig internationale Herausforderungen zu bewältigen haben. Dieser zusätzliche versicherungsrechtliche Schutz ist daher auch als weiterer Anreiz zu sehen, um die notwendige Anzahl von Freiwilligen für diese internationalen Aufgaben gewinnen zu können.

Im Rahmen des europäischen Krisenmanagements ist Österreich bekanntlich verpflichtet, 2000 Soldaten, Frauen und Männer, für einen bis zu einem Jahr dauernden Einsatz zur Verfügung zu stellen. Daher ist jede Maßnahme zu unterstützen, die der Personalgewinnung dient. Es fehlen allerdings leider noch die erforderlichen organisatorischen und personellen Maßnahmen von Seiten des Verteidigungsministeriums, die diesen österreichischen Beitrag sicherstellen würden.

Meine Damen und Herren! Durch die letzte Novelle des Wehrgesetzes wurde es auch Frauen ermöglicht, nach Ableistung des Ausbildungsdienstes eine Miliztätigkeit auszuüben. Nun wird dieser Versicherungsschutz auch auf die Frauen in der Miliz ausgedehnt, und sie genießen in Zukunft den gleichen Schutz wie ihre männlichen Kollegen.

Mit den Änderungen des Heeresversorgungsgesetzes werden die Leistungen für die Angehörigen des österreichischen Bundesheeres, vor allem für die Freiwilligen und die freiwillig Dienst leistenden Frauen verbessert und somit auch Forderungen der SPÖ erfüllt. Es gibt daher hierzu von unserer Seite Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Herr Abgeordneter! Bei Ihnen ist keine freiwillige Redezeitbeschränkung eingetragen. Wenn Sie eine wünschen: 5 Minuten. – Bitte.

13.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderung des Bundespflegegeldgesetzes bringt zahlreiche Verbesserungen für die Pflegebedürftigen in Österreich, für die Heeresangehörigen und für die Kriegsteilnehmer der beiden Weltkriege. Das befürworten alle Fraktionen in diesem Haus mit gewissen Anmerkungen, und es ist nicht zu überhören, dass es vor allem der sozialdemokratischen Fraktion recht Leid tut, dass sie gewisse Dinge für die Betroffenen nicht umgesetzt hat, als sie die Verantwortung in diesem Staat getragen und jahrelang den Sozialminister, den Finanzminister und den Bundeskanzler gestellt hat. Es wird bedauert, dass nicht für alle ehemaligen Kriegsteilnehmer, auch für die, die im Westen waren, Entschädigungszahlungen vorgesehen sind. (Abg. Silhavy: Herr Kollege! Wir stimmen der Vorlage zu!)

Frau Kollegin Silhavy! Das ist halt das Problem: Hätten Sie das seinerzeit umgesetzt – ich wäre froh gewesen, wenn Sie die Entschädigung für die Kriegsteilnehmer vor ein paar Jahren in Ihrer Regierungszeit umgesetzt hätten –, dann hätten diese Kriegsteilnehmer länger etwas davon gehabt, und meiner Meinung nach hätte es auch viel mehr sein können, als jetzt vorgesehen ist. Allein: Sie haben das ganze Geld verschleudert, und uns steht daher nicht mehr zur Verfügung. Daher unterliegen unsere Maßnahmen derzeit gewissen Einschränkungen. Wir würden sehr gerne für alle Kriegsteilnehmer, auch für die, die im Westen waren, wesentlich höhere Entschädigungen zahlen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Pflegevorsorge: Der Entfall der Altersgrenze wird auch von Ihrer Seite sehr begrüßt. Ich sage ebenfalls: Es ist begrüßenswert, dass nun die Altersgrenze bei behinderten Kindern entfällt, dass es nunmehr für pflegebedürftige Kinder eine Verbesserung gibt, dass ab Geburt ein Recht auf Pflegegeld besteht, und zwar nicht nur über den Härteausgleich, sondern allgemein.

Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung, wie sie Kollege Feurstein oder Herr Donabauer vorhin dargestellt haben, sind ebenfalls eine wesentliche Verbesserung. Vertreter der Sozialversicherungsanstalten oder der Bundessozialämter können Hausbesuche durchführen, Beratungen


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können stattfinden, die Betroffenen können entsprechend informiert werden. Neue Förderungsmöglichkeiten für Projekte in der Pflegevorsorge sind nunmehr gesetzlich verankert, und es wurden natürlich auch Vorkehrungen für die Euro-Umstellung getroffen.

Die Taschengeldkürzung wurde ebenfalls bedauert. Das Taschengeld ist seinerzeit unter einem sozialistischen Sozialminister um 50 Prozent gekürzt worden. Es ist sehr bedauerlich, dass das damals passiert ist, aber wir haben jetzt folgende Leistungsverbesserungen geplant: Bei stationären Krankenhaus- und Kuraufenthalten wird das Bundespflegegeld nicht mehr nur für fünf Wochen gezahlt, sondern es kann nunmehr drei Monate lang bezogen werden. Für die Berechnung von einkommensabhängigen Leistungen sollen Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft in Hinkunft so wie im insgesamt günstigeren System der Sozialversicherungen berücksichtigt werden.

Die Erweiterung des Anspruchs auf die Witwengrundrente auf Witwen von schwer beschädigten Kriegsteilnehmern und Heeresangehörigen, die ein Pflegegeld oder sonstige pflegebezogene Leistungen bezogen haben, stellt ebenfalls eine Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten dar.

Im Bereich der Heeresversorgung – das begrüßt auch Kollege Gaál, und auch ich bin sehr dafür – gibt es ebenfalls eine Erweiterung. Den Leistungsbeziehern nach dem Impfschadengesetz und dem Verbrechensopfergesetz werden nunmehr ebenfalls zinsenfreie Darlehen gewährt, was bisher nicht der Fall war. Und eine Einmalzahlung und die Möglichkeit eines Wertausgleichs analog zu den im Jahr 2001 vorgesehenen zusätzlichen Ausgleichszulagen ist ebenfalls vorgesehen. All das sind wesentliche Verbesserungen! Ich bin stolz auf den Staat Österreich mit seinen Sozialleistungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

13.38

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich freue mich auch sehr, dass heute im Rahmen der Kriegsopferversorgung eine mehr oder weniger symbolische Anerkennung für unsere Vätergeneration beschlossen werden kann.

Ich glaube, ich habe mich nicht verhört: Kollege Öllinger sagte, er spreche sich gegen diese "Kriegsverbrecherentschädigung" aus. Gehe ich recht in der Annahme, dass ich mich nicht verhört habe? (Abg. Öllinger: Sie können wie üblich nicht differenzieren!) Wenn das so war, dass er sagte, das sei eine Kriegsverbrecher entschädigung, dann heißt das, dass er alle, die im Krieg waren, auch die Freiwilligen, als Kriegsverbrecher bezeichnet. – Ich verwahre mich dagegen, dass unsere Väter pauschal als Kriegsverbrecher bezeichnet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Kollege Dietachmayr beklagt sich darüber, dass es erst jetzt zu dieser Entschädigung kommt. Er freut sich zwar, er stimmt auch zu, aber dass es erst jetzt dazu kommt, beklagt er. – 50, 60 Jahre lang haben Sie gewartet, davon 30 Jahre führend in der Regierung, und nie ist etwas geschehen! Und jetzt kann er zustimmen. Das freut mich, wenn er auch gleich wieder weitere Besserungen anstrebt. Natürlich wird es auch hierbei in nächster Zeit Verbesserungen geben. Es ist damit aber einmal ein erster Schritt getan, über den wir uns sehr freuen.

Das Bundespflegegeldgesetz wird verbessert. Ab Geburt steht Pflegegeld zu, das freut uns alle. 1993 wurde das Gesetz auch mit Zustimmung der Freiheitlichen eingeführt. Auch das möchte ich einmal ganz klar feststellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben auch heute wieder einen großen Schritt getan, um eine Verbesserung der Situation unserer behinderten Mitmenschen zu erreichen. Im Anschluss an den ersten Block der Tagesordnung haben wir durch die Verbesserung im Pflegegeldgesetz auch jetzt wieder dafür gesorgt, dass wir – so wie auch in Zukunft – für unsere behin


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derten Mitmenschen ein offenes Ohr und ein Herz haben. Und so werden wir auch weitermachen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brugger. – Bitte.

13.40

Abgeordneter Bernd Brugger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte eingangs folgende Feststellung treffen: Wer die Hilfe unseres Sozialstaates braucht, kann sich auf ein fest geknüpftes und solides Netz verlassen – dafür stehen wir Freiheitliche! Wir beweisen dies erneut mit den Regierungsvorlagen, über die wir heute diskutiert haben und auch abstimmen werden. Für uns Freiheitliche hatten die Anliegen der Schwächsten in der Gesellschaft immer einen besonderen Stellenwert.

Bei der Regierungsvorlage 574 der Beilagen geht es um wichtige Änderungen im Bundespflegegeldgesetz. Vor allen Dingen für behinderte Kinder mit besonderem Pflegebedarf wird, wie schon vielfach erwähnt, der Anspruch ab der Geburt eingeführt und nicht mehr, wie bisher, ab drei Jahren. Es werden auch – und das halte ich für besonders wichtig – Maßnahmen zur Intensivierung der Qualitätssicherung und neue Förderungsmöglichkeiten für Projekte in der Pflegevorsorge eingeführt.

Die Einführung der neuen Maßnahmen zugunsten der Behinderten ist also keineswegs allein ein Verdienst der Grünen, wie es Kollegin Haidlmayr sehr gerne darstellt. Ich spreche in diesem Zusammenhang überhaupt nicht gern von "Verdiensten", denn Maßnahmen für die Schwachen und Behinderten sind für uns Freiheitliche eine Selbstverständlichkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Unser Sozialstaat ist seit vielen Jahren fortschreitend aufgebaut worden. Der Sozialstaat muss in der Lage sein, auch auf aktuelle Nöte zu reagieren. Deswegen konzentrieren wir Freiheitlichen die Sozialleistungen immer mehr auf diejenigen, die sie brauchen, damit der Staat nicht länger in der Situation ist, nicht rechtzeitig reagieren zu können.

Heute schon mehrfach besprochen wurde auch der Härteausgleich für Unfallrentner im Ausmaß von 600 Millionen Schilling. Die Regierungsvorlage zum Versorgungsrechts-Änderungsgesetz enthält in diesem Sinne auch wesentliche Verbesserungen für die Leistungsbezieher. Es geht einfach darum, eine Straffung und vor allem Vereinfachung der gesetzlichen Bestimmungen zu erreichen. Bei einer Reihe von Detailbereichen gibt es starke Leistungsverbesserungen.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Österreich hat noch nie eine derart effiziente und verantwortungsvolle Sozialpolitik zugunsten der Armen und Schwachen erlebt. Erinnern wir uns daran, wie die SPÖ den gebrechlichen, kranken und schwachen Menschen das Taschengeld um die Hälfte gekürzt hat, meine Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Das Taschengeld! Und Sie nehmen ihnen die Existenz!) Eine gute und verantwortungsvolle Sozialpolitik ist ein Filigranwerk, ein feinfühliges, sensibles System. Wenn Einschnitte notwendig sind, dann dürfen sie nur dort erfolgen, wo sie begründet sind. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Da keiner der Berichterstatter ein Schlusswort wünscht, gelangen wir nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme. Ich möchte eingangs sagen, dass wir eine ganze Reihe von Abstimmungen vor uns haben. Daher bitte ich um entsprechende Aufmerksamkeit.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 574 der Beilagen.


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Dazu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Haidlmayr und Öllinger vor.

Ich werde daher über die von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 6 und 16 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche bei Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle Einstimmigkeit und damit die Annahme fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies erfolgt neuerlich einstimmig, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Erhöhung der Treffsicherheit des Bundespflegegeldgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen betreffend die Valorisierung des Pflegegeldes und die Erhöhung des Pflegetaschengeldes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 654 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 654 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen, ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 655 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 656 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 657 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 658 der Beilagen. – Ich unterbreche kurz meine Ausführungen, weil wir eine Änderung haben, da ein Antrag zurückgezogen worden ist.

Die Abgeordneten Dietachmayr und Genossen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Öllinger und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Öllinger vor.

Ich werde zunächst über die von den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Öllinger und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einführung einer Z 1 in Art. 2 und die dadurch bedingte Änderung der Ziffernbezeichnung bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dietachmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 8 Z 2 bezieht. Ich lasse daher über den Art. 8 Z 2 in der Fassung des Abänderungsantrags der Abgeordneten Dietachmayr und Genossen abstimmen.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Art. 8 Z 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dietachmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 8 Z 3 und Z 10 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dietachmayr und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer Z 11 in Art. 8 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Art. 8 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle neuerlich Einstimmigkei


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t fest. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Sozialpolitik!) Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (593 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG) (659 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (594 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden (660 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

13.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Ich kann meinen Redebeitrag zu diesem Gesetz – das im Prinzip nichts anderes bedeutet, als dass die Währungsumstellung auf Euro auch im Rahmen der Sozialversicherungsgesetze stattfindet – kurz machen.

Schon in der Begutachtung haben nicht nur Arbeiterkammer, sondern auch Wirtschaftskammer und andere Institutionen moniert, dass das Begleitgesetz zur Währungsumstellung im Unterschied zu den Regeln, die für die Privatwirtschaft gelten, sehr unterschiedliche Bestimmungen bei der Währungsumstellung anwendet. Diese würden, wenn sie in der Privatwirtschaft angewandt würden, wahrscheinlich dazu führen, dass Strafen verhängt werden.

Nach der Regierungsvorlage ist zwar durch das Ministerium an der Fassung des Ausschussberichtes einiges verbessert worden, aber der Abänderungsantrag der Kollegen Gaugg und Feurstein hat wieder Klarheit geschaffen. Dadurch wird wieder eine Umstellung vorgenommen, die die Steuerfreigrenze für Kleinunternehmer nach oben verschiebt und damit sozusagen eine Währungsumstellung bedeutet, die einen kleinen Freibetrag von immerhin 3 000 S zusätzlich für diese Personengruppen beinhaltet.

Herr Abgeordneter Feurstein! 3 000 S zusätzlich als Steuerfreibetrag, das macht für den Einzelnen wenig aus, das gebe ich zu; es kann 1 000 S oder unter Umständen 1 500 S mehr bedeuten. Aber die Summe macht die Musik! Jene Unbarmherzigkeit, mit der Sie bei anderen Personengruppen vorgehen – und zwar in Gesetzen und mit Gesetzen –, lassen Sie hier vermissen. Da wird ganz großzügig aufgerundet, aufgerundet nach oben, und da werden einige zusätzliche Euro als Steuerfreibetrag hergegeben, obwohl das die EU-Richtlinien auch in diesem Gesetz nicht erlauben.

Herr Abgeordneter Feurstein! Das ist eine Form der Währungsumstellung, die durch die zugrunde liegenden europäischen Richtlinien nicht gestattet ist. Das ist eine Form der großzügigen Aufrundung, wie wir sie in anderen Bereichen – wahrscheinlich nicht zu Unrecht – vermissen. Da sagen wir Grüne: Wenn hier schon in einem Gesetz der Währungsumstellung technisch Rechnung getragen werden soll, dann bitte korrekt, Herr Abgeordneter Feurstein und Herr Abgeordneter Gaugg, und nicht mit einem Extra-Zuckerl für die Selbständigen beziehungsweise Gewerbetreibenden oder auch Bauern! Das sei Ihnen in diesem Zusammenhang schon gesagt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das erklärt auch, warum wir gegen dieses von Ihnen beschlossene Gesetz in der vorliegenden Form stimmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

13.56

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Währungsumstellungs-Begleitgesetz im Bereich der Sozialversicherung ist natürlich ein sehr technisches. Es ist es aber trotzdem wert, einige Augenblicke dabei stehen zu bleiben, weil es ein wesentlicher Integrationsschritt ist, der hier mit 1. Jänner des kommenden Jahres vollzogen wird.

Die Aufwendungen für soziale Sicherheit betragen, alles in allem gerechnet, nicht ganz ein Drittel unseres Bruttoinlandsproduktes. Mit diesem Gesetz wird sehr technisch, Punkt für Punkt, Betrag für Betrag, der gesamte Bereich der sozialen Sicherheit in den Euro übergeführt. Zum Ausdruck bringen wollen wir damit die Festlegung der korrekten Umrechnung, die nachlesbare, nachweisbare Umrechnung und Umlegung, auch gegenüber der Bevölkerung. Sie wissen ja, es sind oft die Senioren, deren Pensionen und so weiter betroffen sind und die heute da und dort nicht laut, aber doch ängstlich danach fragen. Hier haben sie die korrekte Umrechnung: von Groschen in Cent, von Schilling in Euro.

Diese Umstellung, diese Währungsintegration hat insgesamt drei Funktionen. Wie jede Währung ist sie Gradmesser der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, und wie jede Währung ist sie Gradmesser des Vertrauens einer Bevölkerung in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sie ist aber darüber hinaus auch Gradmesser der europäischen Integration und dessen, wie stark der Euro und der Cent ab 1. Jänner 2002 von der Bevölkerung angenommen werden.

Nicht jeder Mann, nicht jede Frau gehen so an die Sache heran, wie es Kollege Bruckmann in einer Seniorenveranstaltung erlebt hat. Er sagte dort: Es wird Umrechner geben, sodass jeder bei dem Preis, den er zahlt, oder bei der Pension gleich sehen kann, dass alles richtig ist. – Darauf antwortete ihm ein älterer Mitbürger: Ja, aber diese Umrechner müsst ihr an die Jungen austeilen; wir haben ja noch Kopfrechnen gelernt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich denke also, dass wir durchaus mit Vertrauen in diese Umstellung gehen können.

Auf einen weiteren Punkt möchte ich im Zusammenhang mit der Sozialversicherung und dem Euro hinweisen. Wir haben gerade durch die Möglichkeiten des großen Währungsraumes das so genannte Währungsrisiko, das in der Sozialversicherung immer besteht – insbesondere dann, wenn wir hohe Beträge über Jahre, Jahrzehnte und Generationen zusagen –, wesentlich minimiert.

In Österreich sind wir ja letzten Endes aus der Erfahrung negativer Währungsumstellungen gerade in der Altersvorsorge in so hohem Maße auf das Umlageverfahren gekommen, weil man


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da eben auch das Währungsrisiko mit berücksichtigen muss. Mit dem Hineingehen in einen großen Währungsraum wird dieses Risiko minimiert und so die Möglichkeit geschaffen, in viel höherem Maße als bisher auch Kapitaldeckungsverfahren zur Gewährleistung von sozialer Sicherheit und zur Sicherung der Altersvorsorge zu verwenden.

Meine Damen und Herren! Ich verhehle nicht, dass es mich wundert, dass gerade der ÖGB in seiner neuesten Broschüre vor solchen Kapitaldeckungsverfahren warnt. – Das ist wirklich eine Wirtschaftsauffassung des vergangenen Jahrhunderts!

Die Angestellten der österreichischen Arbeiterkammern haben mit dem Einbringen ihrer betrieblichen Pensionszusagen nicht in eine freiwillige Höherversicherung des ASVG, sondern in Pensionskassen die Dinge richtig erkannt. Sie sind auf dem richtigen Weg. (Abg. Silhavy: Was Sie für einen Topfen daherreden!)

Ich meine, dass wir diese Gelegenheit dazu nutzen sollten, mit dem großen Währungsraum, mit der Euro-Umstellung, auch diese neuen Wege zur sozialen Sicherheit zu beschreiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, und zwar zu einer Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 659 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 594 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (426 der Beilagen): Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit (661 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Da sich weder der Berichterstatter noch sonst ein Abgeordneter zu Wort gemeldet hat, ist diese Debatte geschlossen, und wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Aus


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schusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 426 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle Einstimmigkeit fest; der Antrag ist damit angenommen.

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (473 der Beilagen): Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (662 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt keine Wortmeldung seitens des Herrn Berichterstatters vor.

Als erster Debattenredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. Ich erteile es ihm.

14.04

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im September 2000 hat die Republik Österreich die Ratifikationsurkunde für das Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung hinterlegt.

Mit diesem Übereinkommen soll die tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit sichergestellt und das Mindestalter für die Beschäftigung festgelegt werden, bei dem die körperliche und die geistige Entwicklung der Jugendlichen gesichert sind. – Dem war ein Beschluss des Ministerrates vom Juni 1999 vorangegangen, also noch aus einer Zeit, in der es einen SPÖ-Kanzler gegeben hat. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Österreich erklärt in dieser Urkunde, dass für die Zulassung zur Beschäftigung oder Arbeit auf seinem Territorium ein Mindestalter von 15 Jahren gilt. Diese Erklärung zu dieser Ratifikationsurkunde wurde allerdings auf Grund eines Versehens bisher nicht dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Der Inhalt dieser Erklärung, wonach das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung keinesfalls unter 15 Jahren liegen darf und nicht unter dem Alter, in dem die Schulpflicht endet, entspricht auch der innerstaatlichen Rechtslage.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt dieser Erklärung zu und begrüßt, dass dieses Übereinkommen in Österreich im September 2001 in Kraft tritt.

In anderen Bereichen fehlt es der so genannten Reformregierung allerdings an sozialem Gewissen und an sozialer Kompetenz. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie meinst du das?) Mit dem Zusatzbeitrag für die bisher mitversicherten Angehörigen treffen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, über 100 000 kinderlose Ehepaare in unserer Republik. In den weitaus meisten Fällen muss der Beitrag von den in Ehe oder in einer Lebensgemeinschaft lebenden Frauen geleistet werden, von denen die Hälfte bereits über 50 Jahre alt ist beziehungsweise in einem Pensionshaushalt lebt. Getroffen werden auch arbeitslose Frauen, die auf Grund der Anrechnung des Einkommens ihres Lebenspartners keine Notstandshilfe beziehen dürfen; sie haben diesen Zusatzbeitrag ebenfalls zu leisten.

Auch im Zusammenhang mit den Ambulanzgebühren wäre es notwendig, eine Nachdenkpause einzuschalten, denn da kommt nicht das herein, was man sich vielleicht erhofft hat.

Die so genannte Krankensteuer trifft wieder die Ärmsten der Armen. Ob die Einnahmen durch den Selbstbehalt nicht zur Gänze für die erhöhten Verwaltungskosten aufgewendet werden müssen, wird sich auch noch zeigen.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Sie belasten mit Ihrer Politik die Österreicherinnen und Österreicher über Gebühr – und das, obwohl bereits 900 000 Österreicherin


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nen und Österreicher als armutsgefährdet gelten. – Wenn Sie so weitermachen, meine Damen und Herren von ÖVP und Freiheitlichen, sind die Österreicherinnen und Österreicher zu einem Marsch durch die "soziale Wüste Gobi" verurteilt!

Nehmen Sie also dieses Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung zum Anlass, über Ihre Sozialpolitik nachzudenken! (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

14.08

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! In der Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen Nummer 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung wird das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung oder zur Arbeit in Österreich, entsprechend der innerstaatlichen Rechtslage, mit 15 Jahren festgelegt. Keine Person unter diesem Alter darf zur Beschäftigung oder zur Arbeit herangezogen werden.

Ich hoffe, dass das auch in anderen Ländern, etwa in Argentinien, so ist wie in Österreich. Das würde ich mir wünschen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

14.09

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wesentliche ist bereits gesagt worden, wenngleich das Thema Mitversicherung sowie andere Themen, die von Herrn Abgeordnetem Grabner vorhin erwähnt wurden, nicht in diesem Zusammenhang stehen. (Abg. Grabner: Aber wichtig für die Menschen in Österreich! Hast du das vergessen?)

Es gab schon lange keinen Tag mehr, an dem wir so viele positive Sozialgesetze wie heute beschließen konnten. Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass viele Sozialgesetze heute einstimmig beschlossen werden konnten. Das ist ein Zeichen für diese Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber nun zu dieser Erklärung: Klargestellt wurde ja bereits, dass die 15 Jahre Mindestalter bereits durch bestehende Gesetze gedeckt sind. Dennoch ist für die Beschlussfassung hier im Hohen Hause Klarheit insofern zu schaffen, als Änderungen in diesem Bereich, als die Umsetzung dieses Staatsvertrages natürlich durch die Erlassung von Gesetzen zu erfolgen hat.

Ich bringe daher gemäß § 76 Abs. 3 erster Satz GOG folgenden Antrag ein:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Feurstein, Dolinschek betreffend Beschlussfassung über den Staatsvertrag: Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Staatsvertrag: Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung ist durch Erlassung von Gesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zu erfüllen.

*****


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Das dient zur Klarstellung, und ich bitte, in diesem Sinne die Beschlussfassung hier im Nationalrat vorzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und wird daher auch einer Abstimmung unterzogen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags in 473 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle Einstimmigkeit fest; der Antrag ist damit angenommen.

Ferner lasse ich darüber abstimmen, dass der gegenständliche Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Einstimmigkeit fest; auch das ist damit angenommen.

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (480 der Beilagen): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung) (663 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (481 der Beilagen): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen (664 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es liegt dazu keine Wortmeldung seitens des Herrn Berichterstatters vor.

Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Ich erteile es ihr.

14.12

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Über das Verbot von Frauennachtarbeit ist in den letzten Jahren ja sehr viel diskutiert worden. Wenn man ehrlich ist, muss man aber sagen: Darüber ist in den letzten eineinhalb Jahren allerdings nicht mehr diskutiert worden, früher jedoch sehr wohl. Ist dieses Nachtarbeitsverbot für Frauen also nun diskriminierend oder nicht? Bedarf es eines Schutzes für Frauen, weil diese ja nach wie vor doppelt und dreifach belastet sind, und zwar gerade dann, wenn sie in der Nacht beschäftigt sind: ja oder nein?

Diese Debatte ist natürlich – das wissen wir alle – spätestens mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union in eine andere Dimension eingetreten: Die Europäische Union erklärte das spezielle Frauennachtarbeitsverbot für diskriminierend – und daran hat sich natürlich auch Österreich zu halten. Heute könnte es ja im Grunde genommen um einen Formalakt gehen, nämlich um die Kündigung eines Übereinkommens, das genau dieses Frauennachtarbeitsverbot vorsieht. Das tut es aber nicht, für uns zumindest nicht, meine Damen und Herren, denn gerade jetzt wäre es höchst an der Zeit und wäre eine einmalige Gelegenheit gegeben, neu über Nachtarbeit zu diskutieren, neu und generell über Nachtarbeit zu diskutieren; nicht aber über die


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Frauennachtarbeit, sondern über die Nachtarbeit von Frauen und Männern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich hoffe ja doch, dass sich alle Abgeordneten hier im Hohen Haus darin einig sind, dass Nachtarbeit die Gesundheit der Menschen nicht nur gefährdet, sondern diese auch maßgeblich beeinträchtigt. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich gehe auch davon aus – darüber gibt es ja zahlreiche arbeitswissenschaftliche Untersuchungen –, dass diese Gesundheitsbeeinträchtigungen erhebliche Mehrkosten im Gesundheitswesen und in der Sozialversicherung verursachen. Ich hoffe, dass sich alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien darin einig sind, dass Nachtarbeit den Lebensrhythmus der Menschen, ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und ihr soziales Umfeld nachhaltig einschränkt.

Meine Damen und Herren! Bedauerlich ist – ich erinnere mich noch daran, viele von Ihnen vielleicht auch –, dass am 7. Dezember 1997 ein Gesetzesantrag des SPÖ-Klubs – ich sage dazu: auch einer der ÖVP – vertagt wurde und dieser dann nie wieder gesehen ward. Was ist damals passiert? – Unser damaliger Koalitionspartner ÖVP hat – wieder einmal! – das Herz am "rechten" Fleck schlagen lassen, nämlich an dem der Wirtschaft und nicht an dem der Familien. Denn: Über Familien wird ja nicht heute gesprochen, über Familien sprechen wir morgen.

Dabei wäre gerade dieser Gesetzentwurf, der damals vorlag, ein ganz klares Gesetzeswerk gewesen, mit dem nicht nur die Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerinteressen entsprechend berücksichtigt worden wären, sondern sehr wohl auch Wirtschaftsinteressen, da nämlich in diesem Gesetzentwurf ein Ausgleich vorgesehen war, was die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmungen betrifft.

Aber, wie gesagt: Die oberflächlichen, einseitigen und gewinnmaximierenden Wirtschaftsinteressen haben sich damals ganz einfach durchgesetzt – und nach der Vertagung kam dieser Gesetzestext eben nicht mehr auf die Tagesordnung des Sozialausschusses; wir mussten uns mit einem Übergangsgesetz zufrieden geben. Jene Menschen in Österreich, die in der Nacht arbeiteten, mussten beziehungsweise müssen mit einem Übergangsgesetz das Auslangen finden. – Diese Übergangszeit wird mit Ende dieses Jahres eben zu Ende gehen; das wissen wir auch alle. – Aber was ist dann?, fragt sich die staunende Öffentlichkeit. – Wir hören jedenfalls diesbezüglich nichts!

In diesem Zusammenhang fürchte ich, dass wir dazu nicht nur nichts hören, sondern dass diesbezüglich tatsächlich nichts geschehen wird. Genau das ist es ja, was Sie von den Regierungsparteien wollen: kein Nachtarbeitsgesetz und damit auch keinen Interessenausgleich, keinen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz, keine Reduzierung der Gesundheitsgefährdung, keine Rücksichtnahme auf das österreichische Gesundheitssystem. Aber darin sind Sie ja schon geradezu geübt, das überrascht uns daher nicht mehr sehr; siehe Ambulanzgebühreneinführung, siehe Unfallrentenbesteuerung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren von ÖVP und Freiheitlichen, Sie könnten aber heute all das, was ich soeben gesagt habe, Lügen strafen, wenn Sie unseren Entschließungsanträgen zustimmen würden. Einen davon bringe ich jetzt ein, und zwar folgenden:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Barbara Prammer und GenossInnen zum Tagesordnungspunkt 14

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 21. September 2001 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die insbesondere folgende Punkte zugunsten von NachtarbeiterInnen enthält:


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die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von NachtarbeiterInnen,

die weitgehende Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von NachtschwerarbeiterInnen,

Ausgleichsmaßnahmen bei ausnahmsweiser Überschreitung der Begrenzungen,

Versetzungsanspruch von NachtarbeiterInnen bei gesundheitlicher Gefährdung oder Betreuung eines Kindes unter 12 Jahren oder mit maßgeblicher Behinderung oder Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger auf einen Tagesarbeitsplatz,

Zeitgutschrift von 10 Prozent pro nächtlichem Einsatz,

Benachteiligungsverbot zugunsten von NachtarbeiterInnen."

*****

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, für Sie gilt bereits heute, die Nagelprobe anzutreten. Reden Sie nicht morgen über die Familienpolitik, sondern handeln Sie heute, und zwar im Interesse der Familienpolitik, und stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und damit auch zur Debatte beziehungsweise zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Er ist nicht im Saal.

Nächste Rednerin ist daher Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Der Gaugg wird schon wieder nach Kärnten gefahren sein! Wahrscheinlich darf er nicht reden!)

14.19

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das in Österreich geltende Verbot von Nachtarbeit für Frauen wird nun endgültig, eben mit der Zustimmung zu diesen beiden Regierungsvorlagen hier im Plenum, abgeschafft. Alle anderen EU-Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel Belgien, Frankreich, Italien oder die Niederlande, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, haben das Frauennachtarbeitsverbot bereits aufgehoben. – Das Aufheben dieses Nachtarbeitsverbots – eines mit vielen Löchern – ist wieder ein weiterer Schritt sozusagen in eine Zukunft ohne Hürden.

In diesem Zusammenhang möchte ich hier auch auf eine Pressekonferenz der SPÖ-Damenriege hinweisen, bei welcher die SPÖ-Frauen vor dem Parlament von einer Abschaffung von Hürden sprachen. In der Ausgabe des "Kurier" vom 4. April 2001 heißt es: "Hürdenlauf der Frauen vor dem Parlament." – Ich sage Ihnen dazu: Wir machen das hier in diesem Hause, hier herinnen! (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Wir werden den Abbau einer weiteren Hürde, und zwar einer Hürde, deren Abbau mit Ihnen von der SPÖ nicht gelungen ist, mit diesen heutigen Vorlagen zustande bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir auch, aus einem "Standard"-Artikel von Conrad Seidl aus dem Jahre 1992 zu zitieren, in dem dieser schreibt:

"Frau Dohnal kann ruhig schlafen. Frau Hostasch auch. Und all die anderen Damen, die den Frauen das Arbeiten zu nachtschlafender Zeit verbieten wollen."

Weiters heißt es: "Dabei wäre es hoch an der Zeit, daß die Funktionärinnen – besonders die in Lore Hostaschs Privatangestellten-Gewerkschaft – aufwachen und erkennen, daß man Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen heute nicht mehr durch Verbote schützen kann." – Zitatende.


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Werte Kolleginnen! Nicht Verbote, sondern verantwortungsvolle Maßnahmen, nicht Diskriminierung, sondern faire Bedingungen für alle Nachtarbeiter, und zwar sowohl für Männer als auch Frauen! Handeln, statt mauern, werte Opposition! Diese Chance nicht missbrauchen, nicht mit der Angst der Menschen spielen, denn viel besser als in den EU-Richtlinien steigen Frauen bei hiesigen kollektivvertraglichen Vereinbarungen aus. So muss zum Beispiel bei den Metallern unbedingt auch noch auf die Betreuung von Kindern unter 12 Jahren Rücksicht genommen werden, und bei nachweislicher Gefährdung der Gesundheit wird auch wieder auf Tagesjob umgesattelt.

Dem Ruf von Seiten der SPÖ und der Grünen nach innerstaatlicher Verbesserung des Nachtschwerarbeitsgesetzes möchte ich entgegenhalten: Die Sozialpartner sollen doch über kollektivvertragliche Verhandlungen für die derzeit rund 300 000 Nachtarbeiter, davon zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen, etwas Besseres herausholen! (Zwischenrufe der Abg. Silhavy. )

Anführen möchte ich dazu ein positives Beispiel, und zwar den öffentlichen Dienst, in dem ja ÖAAB/FCG die Mehrheit haben: In diesem gibt es eine Gleichstellung, Frauen werden dort nicht diskriminiert, und zwar auch nicht in Bezug auf das Gehalt. Folgendes muss ich auch in diesem Zusammenhang anmerken: Im öffentlichen Dienst gibt es gleichen Lohn für gleiche Arbeit; das ist dort kein Schlagwort! – Was bisher in der Privatwirtschaft – trotz jahrzehntelanger SPÖ-Sozialminister – nicht gelungen ist, wäre natürlich auch da angesagt. Daher wiederhole ich: handeln – und nicht mauern!

Dazu, dass Kollegin Prammer hier sagte, dass Nachtarbeit generell schädlich ist: Ja, das wissen wir! (Abg. Mag. Prammer: Aber dagegen tun Sie nichts!) Weiters meinte sie, wir sollten doch ihrem Entschließungsantrag zustimmen. – Ich hingegen bitte Sie: Stimmen Sie dieser Regierungsvorlage zu und handeln Sie sozialpartnerschaftlich bei Kollektivvertragsverhandlungen, die in nächster Zeit anstehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

14.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich kann man es sich so einfach machen wie Kollegin Steibl und von einem großartigen Erfolg, von einem Fortschritt sprechen, wenn es darum geht, die Nachtarbeit für alle möglich zu machen.

Ich weiß schon, Frau Kollegin Steibl: Das bisherige Nachtarbeitsgesetz ist ein Problem gewesen, und zwar deshalb, weil es völlig unterschiedliche Regelungen für Frauen zugelassen hat, denn die einen durften, die anderen nicht. Das ist auch deshalb ein Problem gewesen, weil das Frauennachtarbeitsverbot von seiner Geschichte und von seiner Entstehung her – so ähnlich wie jetzt Ihr Kinderbetreuungsgeld – nur die Funktion hatte, die Frauen vom Arbeitsmarkt fern zu halten. Das muss man auch dazusagen! (Abg. Steibl: Das ist doch falsch ...!) Das ist doch die erklärte Funktion des Frauennachtarbeitsverbotes gewesen – und das ist die erklärte Funktion des Kinderbetreuungsgeldes! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.) Das ist doch deutlich genug gesagt worden, und zwar gerade auch und vor allem seitens der Freiheitlichen.

Da muss ich schon der Wahrheit zum Recht verhelfen, Frau Kollegin Steibl, das müssen Sie schon verstehen! Man muss das so sehen! Darüber gibt es nichts zu debattieren beziehungsweise da kann man nicht sagen, man könnte das eventuell auch anders sehen! Das war so beim Nachtarbeitsverbot – und so ist es auch beim Kinderbetreuungsgeld! Aber bei der jetzigen Debatte geht es nicht ums Kinderbetreuungsgeld, sondern um die Nachtarbeit.

Als Fortschritt aber, weil es jetzt für Frauen auch möglich ist, in der Nacht zu arbeiten, ist das deshalb noch lange nicht zu bezeichnen: zum einen deshalb nicht, weil, wie wir wissen, Nachtarbeit – ganz egal, ob es sich um Mann oder Frau handelt – gesundheitsschädigend ist (Abg. Steibl: Das habe ich gesagt! Das stimmt!), und weiters deshalb nicht, weil Frauen, wie wir wissen – vor allem Frauen, die Kinder zu betreuen haben –, gerade wegen der Kinderbetreuung oft


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auf Nachtarbeit ausweichen müssen, weil eben Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen, Frau Kollegin Steibl. Deshalb müssen Frauen auch in der Nacht noch arbeiten! Darüber gibt es doch zahlreiche Untersuchungen! (Abg. Steibl: Sie müssen schon auch ehrlich zugeben, dass nicht alle Mütter kleine Kinder haben!)

Frau Kollegin Steibl, Sie können Nachtarbeit daher für diese Frauen doch nicht als Fortschritt preisen, denn viele Frauen müssen aus der Not heraus von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, damit sie eben zu ausreichend Geld kommen. – Und das Kinderbetreuungsgeld? – Hören S’ doch auf! Diese 6 000 S! Mit denen kann doch eine Frau mit einem Kind oder zwei Kindern nicht leben! Das wissen Sie doch genauso gut wie wir! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Noch einmal zur Gesundheitsschädlichkeit von Nachtarbeit – und das ist einer der wesentlichsten Punkte, wenn auch bei weitem nicht der einzige. Es geht natürlich auch darum – das wurde ja bereits von Frau Kollegin Prammer angesprochen –, dass Nachtarbeit, wie auch andere abweichende Arbeitsformen, soziale Zeiten einschränkt, aber der bedenklichste Aspekt von Nachtarbeit, weil es direkt gegen die Gesundheit jener Menschen, die Nachtarbeit leisten müssen, gerichtet ist, ist der gesundheitliche Schaden. Frau Kollegin Steibl, es gibt auch so etwas wie eine "Ökologie der Menschen"  – und diese lässt es nicht so leicht und vor allem auch nicht ungestraft zu, dass Mann/Frau in der Nacht arbeitet, sondern das hat klar erkennbare gesundheitliche Konsequenzen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie, Frau Kollegin Steibl, meinten in etwa: Das interessiert uns als Gesetzgeber doch nicht, darum sollen sich die Sozialpartner kümmern, wie sie das regeln! Sie sagten, die Sozialpartner seien in dieser Frage gefordert. – Dazu kann ich Ihnen nur Folgendes sagen, Frau Kollegin Steibl: Genau das ist das Armutszeugnis für Ihre Politik, von dem wir auch in diesem Zusammenhang sprechen! (Widerspruch der Abg. Steibl. )

Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, seine Bürgerinnen und Bürger vor Nachtarbeit zu schützen, und zwar auch in seinem eigenen Interesse – ich betone: in seinem eigenen Interesse! –, weil natürlich Nachtarbeit nicht nur mit gesundheitlichen Schäden, sondern auch mit Kosten verbunden ist, die die Allgemeinheit zu tragen hat!

Wenn wir nicht wollen, dass völlig undifferenziert jeder/jede in der Nacht arbeiten kann und muss – das ist ja, wie ich bereits gesagt habe, nicht immer freiwillig –, dann ist es notwendig, dem im gewissen Rahmen Grenzen zu setzen. Doch das ist die Aufgabe des Gesetzgebers, und dem kann man sich nicht einfach unter Berufung auf die Sozialpartner entziehen! Das ist wirklich Ihr Armutszeugnis! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Staffaneller. – Bitte.

14.29

Abgeordneter Norbert Staffaneller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Kündigung der Übereinkommen über die Nachtarbeit der Frauen wird in Österreich eine EU-konforme Rechtslage hergestellt: Beseitigt wird die völkerrechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung einer auf Grund veränderter Technologien nicht mehr zeitgemäßen Schutzbestimmung für Frauen, die oft zur Diskriminierung der Frau im Arbeitsleben geführt hat, wie die EU meinte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Schaffung einer Rechtslage, nach der zum Beispiel in der Industrie Frauen und Männer bei der Herstellung von elektrotechnischen Bauteilen gleichermaßen in der dritten Schicht arbeiten dürfen, eröffnet den Frauen in vielen Bereichen endlich gleiche Ausbildungs-, Verdienst- sowie Aufstiegsmöglichkeiten.

Wenn es in Europa keine Nachtarbeit gäbe, wäre die Chancengleichheit für die Wirtschaft, aber auch für die Arbeitnehmerinnen hergestellt. Dem ist aber nicht so, und wir müssen uns den


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europäischen Gepflogenheiten anpassen, damit es unseren Dienstnehmerinnen und der Wirtschaft entsprechend gut geht.

Für Frauen wird es nunmehr interessant, sich in technischen Berufen so weit ausbilden zu lassen, dass sie auch Produktionsabläufe leiten und kontrollieren können. Die Erschließung vieler anderer, qualitativ höherer Arbeitsplätze wird möglich werden, und diese Chance ist auch zu nützen. Der Armut kann auf diese Art und Weise wirksam begegnet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Frauen haben auf die Verwirklichung dieses Grundsatzes der beruflichen Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und schließlich zum beruflichen Aufstieg schon lange gewartet; das weiß ich aus dreißigjähriger Berufserfahrung in der Beratung und in der Vermittlung auch von sozial benachteiligten Frauen.

Der berufliche Aufstieg ist jedoch vielfach nur dann möglich, wenn auch arbeitszeitmäßig eine gewisse Flexibilität erbracht werden kann und die EU-konforme Vorgangsweise gepflegt wird. Entsprechend eingeschränkt stellen sich derzeit noch die Ausbildungsmöglichkeiten auch in den Betrieben dar. Aber auch die vom AMS finanzierten Ein-, Um- und Nachschulungsmaßnahmen für Arbeit suchende Frauen sind auf die derzeitigen Arbeitsmöglichkeiten ausgerichtet. Auch diesbezüglich sollte sich also einiges ändern.

Natürlich soll und darf es nicht so sein, sehr geehrte Damen und Herren, dass nach dem Wegfall des Nachtarbeitsverbotes für Frauen in vermehrtem Maße Frauen dort als Hilfsarbeiterinnen eingesetzt werden, wo derzeit männliche Facharbeiter arbeiten.

Deshalb ist die Wirtschaft gefordert, bei Facharbeiterbedarf, also zur Abdeckung des Mangels an Facharbeitern die notwendige Anzahl an Frauen und Mädchen auszubilden. Es sollte nicht mehr so sein, wie es zum Beispiel die derzeitige Statistik betreffend weibliche Lehrberufe der Wirtschaftskammer in der Steiermark zeigt, wonach der Beruf Einzelhandelskauffrau von 1 400 Frauen gelernt wird und insgesamt nur 6 500 Mädchen in Lehrberufen ausgebildet werden, aber 13 707 Burschen. Warum dem noch immer so ist, das wissen wir: Man war zu wenig flexibel, und es hat zu wenig Ausbildungs- und auch Arbeitsmöglichkeiten in technischen Berufen gegeben.

Aber nicht nur die Ausbildungsmöglichkeiten in technischen Berufen sind zu reformieren, wir haben andererseits auch in der schulischen Ausbildung diesbezüglich einen Reformbedarf. Es sollte in Zukunft nicht so sein, dass jene Schulen, die mit keinem beruflichen Abschluss aufwarten, besser gefördert werden als jene Schulen, die einen beruflichen Abschluss bieten, und zwar einen beruflichen Abschluss in Zukunftsberufen, in technischen Berufen.

Lassen Sie mich auch etwas zum Thema Grenzland sagen: Es ist Zeit, die siebenjährige Übergangsfrist – und ich rede von einer mindestens siebenjährigen Übergangsfrist – für die Liberalisierung des Arbeitsmarktes für EU-Beitrittsländer zu nützen. Diese Zeit ist zu nützen, um Frauen die Chance zu geben, als Fachkräfte eingesetzt zu werden und gleich viel wie Männer zu verdienen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

14.34

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eingangs möchte ich festhalten, dass das Nachtarbeitsverbot für Frauen im Jahre 1919 eingeführt wurde. Auch damals schon wurden für die Frauen Schutzbestimmungen erreicht. 2001 – also 82 Jahre danach – wird nun das Nachtarbeitsverbot wieder aufgehoben.

Es ist richtig, dass eine EU-konforme Regelung betreffend Nachtarbeitsverbot geschaffen werden muss. Aber bei der Einführung des Nachtarbeitsverbots für Frauen hat es immer schon Ausnahmeregelungen – besonders in puncto Pflege – gegeben. Deshalb habe ich im Aus


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schuss einen Vertagungsantrag gestellt, da es viele Bereiche ohne Kollektivvertrag gibt, Bereiche, in denen keine Betriebsvereinbarungen hinsichtlich Schutzbestimmungen für Frauen und Männer möglich sind. Diesen Antrag haben Sie von ÖVP und FPÖ abgelehnt! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Was macht eine allein erziehende Mutter, die keinen Kinderbetreuungsplatz in der Nacht hat? Was macht eine allein erziehende Frau, die kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung hat, sich aber auch kein Auto leisten kann? – Das ist Ihnen von der Regierung anscheinend egal. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke da etwa an die vielen Beschäftigten von Leasingfirmen, die ohnedies von einem Arbeitsplatz zum anderen geschickt werden, und – was Sie wahrscheinlich nicht wissen, sonst hätten Sie sich anders verhalten – das zu einem niedrigen Lohn. Wenn dann im Ausschuss, insbesondere von Seiten der ÖVP, großspurig von einer Diskriminierung von Frauen gesprochen wird – und auch heute wieder von Frau Abgeordneter Steibl, die von diesem Rednerpult aus gesagt hat, dass Frauen diskriminiert seien, weil sie in der Nacht nicht arbeiten dürfen –, dann muss ich sagen: Ich hätte gerne gewusst, wo all diese Frauen sind, denn ich bin schon sehr lange Funktionärin, aber zu mir ist noch nie eine Frau gekommen, die in der Nacht arbeiten will. Im Gegenteil: Ich habe sogar Männern geholfen, aus der Nachtarbeit herauszukommen, weil sie es nicht vertragen haben, in der Nacht zu arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Liebe Kollegin Steibl, ich möchte dir noch einmal sagen: Es gibt in Österreich Bereiche, in denen es keinen Kollektivvertrag gibt. Jetzt wäre es möglich gewesen, durch innerstaatliche Regelungen genau dort Schutzmaßnahmen zu erreichen. Aber das habt ihr abgelehnt! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte es auch für eine Augenauswischerei, dass im Ausschuss gesagt wird, Frauen würden dadurch, dass sie jetzt in der Nacht arbeiten dürfen, in höher qualifizierte Positionen kommen. (Abg. Dr. Martin Graf: Mehr Chancen haben sie!) Ich werde mir genau anschauen, welche Möglichkeiten es da in einem Jahr geben wird, wie viele Frauen eine Höherqualifizierung bekommen haben werden, weil sie in der Nacht arbeiten dürfen. (Abg. Dr. Martin Graf: Mehr Chancen!) Ich kann Ihnen heute schon sagen, dass jene Frauen, für die es keine Möglichkeiten für Betriebsvereinbarungen gibt, auf der Strecke bleiben werden, weil eben Sie von ÖVP und FPÖ nicht bereit waren, mitzuhelfen, diese fehlenden Maßnahmen zu setzen.

Ich hätte mir vom Herrn Bundesminister, der selbst als Familienvater, als Arbeitgeber die verschiedenen Situationen am Arbeitsplatz kennt und der weiß – wissen muss!  –, wie es einer Alleinerzieherin oder einem Alleinerzieher geht, etwas anderes erwartet. Jene Menschen, die keine Chance haben, geschützt zu werden, werden zum Spielball für die Wirtschaft werden, denn es steht ja auch nirgends geschrieben, dass wir genau heute das Nachtarbeitsverbot aufheben müssen, sondern wir hätten vielmehr die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen zu setzen. Würden Sie die Arbeitsplatzsituation, wo der Druck jeden Tag steigt und trotzdem noch Qualität geliefert werden muss, wirklich kennen, dann hätten Sie dem Rechnung getragen, sodass wir diese Möglichkeit hätten nützen können.

Jeder weiß – das wurde hier von diesem Rednerpult aus auch von meiner Kollegin Prammer schon gesagt –, dass Nachtarbeit für Mann und Frau gesundheitsschädigend ist, dass sie bildungsfeindlich ist und dass sie vor allem auch familienfeindlich ist, weil man dann eben am Abend keine Kurse besuchen kann. (Abg. Steibl: Also bildungsfeindlich ...!)  – Auch dort, liebe Kollegin Steibl, ist es, wenn es Schutzmaßnahmen gibt, möglich, dass die Frau oder auch der Mann diese Zeiten für eine Ausbildung frei bekommt, aber wenn ich niemanden habe, wenn ich es nicht regeln kann, wird es dort auch nicht passieren.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sprechen, dann muss ich sagen: Sie wissen anscheinend nicht, wovon Sie reden, denn Tatsache ist, dass all das, was an Arbeitszeitformen schon vorhanden ist, familienfeindlich ist.


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Wir Sozialdemokraten werden daher dieser Regierungsvorlage nicht unsere Zustimmung geben, da Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, innerstaatliche Regelungen, sprich: Schutzmaßnahmen für alle Frauen und alle Männer, die in der Nacht arbeiten, verhindert haben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird mit der Kündigung des Übereinkommens über die Nachtarbeit der Frauen nun eine EU-konforme Rechtslage hergestellt.

Sehr geehrte Damen von der sozialdemokratischen Fraktion, Frau Prammer und Frau Bauer, ich glaube, Frau Kollegin Steibl hat das erwähnt ... (Abg. Sophie Bauer: Aber im Ausschuss hatten Sie eine andere Meinung!)  – Ich habe noch gar nichts gesagt, Frau Kollegin, ich habe noch nichts gesagt. Ich bin Ihrer Meinung, was die Gesundheit bei der Nachtarbeit betrifft. (Abg. Mag. Prammer: Welchen Schluss ziehen Sie daraus?) Das ist schlecht für die Gesundheit, sowohl für die Frau als auch für den Mann. (Abg. Mag. Prammer: Richtig! Welchen Schluss ziehen Sie daraus?) Das ist eine Tatsache, da stimme ich Ihnen zu. Es ist aber leider Gottes so, dass es sehr viele Branchen gibt, die ohne eine gewisse Nachtarbeit nicht auskommen. (Abg. Mag. Prammer: Welchen Schluss ziehen Sie da raus?)

Herr Kollege Öllinger hat es erwähnt: Der eine durfte, der andere durfte nicht. (Abg. Sophie Bauer: Ja, aber Schutzbestimmungen!)  – Okay, wir kommen schon noch dorthin.

Frau Kollegin Bauer! Ich bin selbst in einem Produktionsbetrieb tätig. Wir haben vermehrt Frauen eingestellt. Es gab einen Einschichtbetrieb, einen Zweischichtbetrieb und einen Dreischichtbetrieb. Irgendwann einmal war das Kontingent erfüllt. Es haben mich Damen angerufen, die gemeint haben: Ihr habt vor kurzem einige Frauen eingestellt, wieso habt ihr für mich keinen Platz? – Ich habe gesagt: Weil wir im Ein- und Zweischichtbetrieb voll sind. Ich merke Sie gerne vor, aber es ist momentan nicht möglich, vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt. Ich werde Sie benachrichtigen, wenn irgendetwas frei wird. – Darauf sagte die Anruferin: Ich arbeite auch in der Nacht. Eine Kellnerin, eine Serviererin, Krankenpflegepersonal darf auch in der Nacht arbeiten. – Ich habe ihr die Rechtslage erklärt, aber sie – so wie viele andere Frauen – versteht das ganz einfach nicht!

Verstehen Sie, das ist das Problem dabei! Viele Frauen sehen nicht ein, dass es da Unterschiede gibt. (Abg. Sophie Bauer: Schutzmaßnahmen sind für alle notwendig!) Ich bin ohnehin der Meinung, dass man die Nachtarbeit so weit wie möglich zurückdrängen sollte. Das ist überhaupt keine Frage, da stimme ich Ihnen zu. Ich bin auch für eine gesetzliche Lösung, weil diese alle umfasst (Abg. Mag. Prammer: Welcher Schluss?), aber da es verschiedene Branchen gibt, wird es notwendig sein, dass wir gewisse Dinge mittels Kollektivvertrag lösen, und in dieser Hinsicht sind die Sozialpartner gefordert, denn es ist nicht immer möglich, so etwas über Betriebsvereinbarungen zu machen. (Abg. Mag. Prammer: Jawohl!)

Ich bin gerne bereit, über Begleitmaßnahmen, die die Nachtarbeit sowohl der Männer als auch der Frauen betreffen, zu reden. Das Nachtschwerarbeitsgesetz gehört überarbeitet. Die Zeit bleibt nicht stehen, es verändert sich alles, das gehört überarbeitet.

Auch im Hinblick auf das Pensionsantrittsalter muss es meiner Ansicht nach für jene Leute, die schwer gearbeitet haben, die bei Nacht gearbeitet haben, einen anderen Berechnungsfaktor geben, damit diese Personen früher in Pension gehen können, aber ohne Abschläge. (Abg. Mag. Prammer: Auch richtig!) Das sage ich klipp und klar! (Ruf bei der SPÖ: Da sind wir auf einer Linie!)  – Eben, da sind wir gar nicht so weit auseinander!

Aber Sie haben ja schon bisher die Möglichkeit gehabt, das zu tun. Sie reden sich immer wieder auf die ÖVP aus, dass diese nicht zugestimmt habe. Wir werden sehen, ob sie jetzt bei uns so viel nachgeben werden.


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Zur Problematik der Kinderbetreuungsplätze bei Frauen ... (Abg. Sophie Bauer: ... Abstimmungen braucht man Mehrheiten!)  – Frau Kollegin! Ich habe nicht so viel Zeit. Das ist ja keine Frage, das brauchen wir auch. Vielleicht stimmen Sie irgendwann einmal mit uns mit. Wir jedenfalls haben jetzt das Kinderbetreuungsgeld geschaffen, bei dem Sie mit Vehemenz dagegen waren. Genau dieses Kinderbetreuungsgeld aber bietet nun den Müttern – unabhängig davon, ob sie allein stehend oder verheiratet sind – Wahlfreiheit, weil sie ein Einkommen haben, sie können entscheiden, ob sie ihre Kinder selbst erziehen oder sie zu Tagesmüttern geben.

Es ist ganz einfach zu teuer, öffentliche Kindergärten auszubauen, denn wenn man die Kindergartenzeiten ausdehnt, dann müssen ja die Bediensteten in den Kindergärten ebenfalls länger arbeiten! Mit Betriebskindergärten zu arbeiten, ist bei einer Struktur wie in Österreich, wo, wie Sie wissen, 85 Prozent der Betriebe weniger als 20 Beschäftigte haben, nicht möglich. Da gibt es wieder zweierlei Klassen. Daher müssen wir einfach Maßnahmen wie das Kinderbetreuungsgeld setzen, das die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht.

Sie haben gesagt, Beruf und Familie könne damit nicht vereinbar gemacht werden. Ich bin der Meinung, dass damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr wohl ermöglicht wird. (Abg. Silhavy: So eine absurde Erklärung habe ich überhaupt noch nie gehört!) Alles andere ist mit zu hohen Kosten verbunden. Ich lade Sie aber gerne ein, in Gesprächen an einer Novellierung des Nachtschwerarbeitsgesetzes mitzuarbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

14.46

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Herr Kollege Dolinschek! Ich nehme an, Sie haben selber lachen müssen, weil es für Sie selbst ja irgendwie lustig gewesen sein muss, welch abstruse Gedanken Sie im Zusammenhang mit Kindergeld und Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Nachtarbeit vorgebracht haben.

Meine Damen und Herren! Wir reden hier von zwei Vorlagen, mit denen zwei Übereinkommen über die Nachtarbeit der Frauen aufgekündigt werden. Meine Kollegin, Frau Bauer, hat es schon gesagt: Wir haben im Ausschuss ganz bewusst einen Vertagungsantrag gestellt, weil – Sie, Frau Staatssekretärin, werden das wissen – Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, und die Bundesregierung Aufgaben nicht wahrgenommen haben, die Sie eigentlich erfüllen müssten, nämlich die Umsetzung der Aspekte der Arbeitszeitgestaltung gemäß der Richtlinie 93/104/EG.

Selbst wenn Sie die Argumente, die von meiner Fraktion ins Treffen geführt worden sind und die dafür sprechen, dass wir, bevor wir diese Nachtarbeitsübereinkommen kündigen, innerstaatliche Maßnahmen setzen, nicht akzeptieren wollen, so sollten Sie wenigstens die Vorschriften der EG beziehungsweise der EU befolgen. Aber dazu gibt es nicht einmal einen Ansatz, es gibt nicht einmal einen Ministerialentwurf dazu.

Wir fordern, diese Maßnahmen unbedingt zuerst einmal innerstaatlich umzusetzen, bevor Sie ohne irgendwelche Ausgleichsmaßnahmen das Nachtarbeitsverbot für Frauen aufheben.

Sie wissen, dass diese Richtlinie eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit für NachtarbeiterInnen fordert, regelmäßige Untersuchungen des Gesundheitszustandes von Menschen, die in der Nacht arbeiten, sowie die Versetzungsmöglichkeit auf Tagesarbeitsplätze, wenn die Verrichtung der Nachtarbeit der Gesundheit der nachtarbeitenden Menschen nicht zuträglich ist.

Das, meine Damen und Herren, ist eine Aufgabe, die Sie zu erfüllen haben! Von den Rednerinnen und Rednern der Regierungsparteien habe ich aber überhaupt keine Anmerkung zu dieser Richtlinie gehört.

Wenn Kollegin Steibl an diesem Rednerpult im Zusammenhang mit der Nachtarbeit von Aufgaben der Sozialpartner spricht, dann muss ich ihr sagen: Liebe Ridi Steibl! Das ist keine Aufgabe


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der Sozialpartner. Es ist eine Aufgabe der Bundesregierung, diese EU-Richtlinien umzusetzen. Das fordern wir auf jeden Fall ein, das ist das Mindestmaß!

Aber da wurde ja nicht einmal ein Ansatz dazu gefunden. Du schiebst immer alles ab, wenn es um Verantwortung geht. Dann sind nämlich immer auf einmal die Sozialpartner gefordert. Aber dort, wo ihr selber eure Aufgaben erfüllen solltet, wo seid ihr denn da? – Ihr seid säumig, ihr bleibt alles schuldig, wenn es um den Schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geht. Ihr seid nämlich nur mehr eine Partei, die am Gängelband der Wirtschaft hängt. Das ist alles, was man dazu sagen kann! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Wirtschaften ist für euch ja etwas Schlechtes!)

Aber, Frau Staatssekretärin, von Ihnen als Regierungsmitglied will ich auf jeden Fall einfordern, dass Sie sich an die Rahmenbedingungen, die die EU vorschreibt, halten. (Abg. Dr. Puttinger: ... Wirtschaft ist katastrophal!)

Es ist keine Wirtschaftsfeindlichkeit, meine Damen und Herren, wenn man als Ausgleich für soziale Erschwernisse von Menschen Maßnahmen sucht, die diese Erschwernisse kompensieren. Offensichtlich ist Ihnen entgangen, dass zur Wirtschaft auch Menschen gehören, die das, was die Wirtschaft verdient, überhaupt erst erwirtschaften. Uns geht es auch um diese Menschen, denn diese sind ein Bestandteil der Wirtschaft. Vielleicht sollten Sie sich das einmal hinter die Ohren schreiben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Das ist der Klassenkampf des letzten Jahrhunderts!)

Meine Damen und Herren! Ihre Zwischenrufe disqualifizieren Sie selbst. Sie zeugen auch nicht unbedingt von einem besonders hohen Niveau. Eigentlich ist das traurig für dieses Haus, aber wenn Sie meinen, dass Sie auf dieser Ebene Politik machen müssen, dann bitte! Es zeigt offensichtlich Ihre eigene Ohnmacht Ihrer eigenen Gesetzgebung, Ihrer eigenen Regierung gegenüber! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Barbara Prammer und GenossInnen betreffend die Abmildung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (481 der Beilagen): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen (664 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 21. September 2001 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die insbesondere folgende Punkte zugunsten von NachtarbeiterInnen enthält:

die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von NachtarbeiterInnen,

die weitergehende Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von NachtschwerarbeiterInnen,

Ausgleichsmaßnahmen bei ausnahmsweiser Überschreitung der Begrenzungen,

Versetzungsanspruch von NachtarbeiterInnen bei gesundheitlicher Gefährdung oder Betreuung eines Kindes unter 12 Jahren oder mit maßgeblicher Behinderung oder Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger auf einen Tagesarbeitsplatz,

Zeitgutschrift von 10 Prozent pro nächtlichem Einsatz.

Benachteiligungsverbot zugunsten von NachtarbeiterInnen.

*****


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Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Wenn Sie diesem Antrag zustimmen, dann haben Sie einen Schritt zur Lösung Ihrer Aufgabe, nämlich zur Umsetzung der EU-Richtlinie, getan. Daher würde ich Sie ersuchen, im Sinne der Vernunft und im Sinne der Verpflichtungen, die Sie eigentlich zu erfüllen haben, diesem unserem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Öllinger und Dr. Lichtenberger. )

14.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem entsprechenden sachlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und damit auch mit zur Verhandlung beziehungsweise Abstimmung.

Als Nächste spricht Frau Staatssekretär Rossmann. – Bitte.

14.51

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns schon einig darüber, dass die alte Regierung den Zeitpunkt der Umsetzung beschlossen hat, und zwar unter Federführung eines sozialdemokratischen Sozialministers. Ich möchte das festhalten, damit man das in dieser ganzen Debatte nicht vergisst. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Ich glaube, es ist unbestritten, dass Nachtarbeit wirklich besonderer arbeitsrechtlicher Schritte bedarf und dass sie einen bestimmten arbeitsrechtlichen Schutz erfordert. Ich meine, es ist unbestritten, dass mit diesem Gesetz selbstverständlich endlich auch die Gleichstellung von Frauen, die auch der Europäische Gerichtshof bereits im Jahre 1991 gefordert hat, umgesetzt wird. Dass es eine Diskriminierung von Frauen in diesem Bereich gegeben hat, ist wohl unbestritten.

Weil gerade die EU-Arbeitszeitrichtlinie in ihrer Umsetzung auf die arbeitsrechtlichen Aspekte eingeht, werden auch wir diese Aspekte mit einarbeiten. Ich möchte nur erwähnen, dass die Anpassung an die EU-Arbeitszeitrichtlinie in der Definition von Nachtarbeitszeit und Nachtschwerarbeiterarbeitszeit ganz klar erfolgen wird. (Abg. Silhavy: Wann und wo?) Das heißt ganz klar, dass auch in der Nachtschwerarbeiterarbeitszeit mit einer Beschränkung auf 8 Stunden der Rest auf 10 Stunden dann als Überstunden zu bezahlen ist. Das heißt aber auch, dass die Möglichkeit in Richtung Versetzung auf einen Tagesarbeitsplatz geschaffen werden muss, und zwar natürlich nur dort, wo das möglich ist. Da sind die Sozialpartner auch auf betrieblicher Ebene gefordert, nämlich dahin gehend, dass eine Möglichkeit geboten und ein Übereinkommen mit dem Betriebsrat im jeweiligen Betrieb erzielt wird, damit die Möglichkeit einer Versetzung auf einen Tagesarbeitsplatz besteht.

Wir sind auch gesprächsbereit darüber, dass Gesundheitsuntersuchungen eventuell – gerade bei Nachtarbeit – verpflichtend eingeführt werden. Aber auch diesbezüglich sind auf betrieblicher Ebene sicher mehr Handlungsmöglichkeit und mehr Handlungsspielraum gegeben.

Die übrigen Bestimmungen der Richtlinie – sei es die Arbeitszeit der übrigen Nachtarbeiter, sei es der Sicherheits- und Gesundheitsschutz, aber auch der Arbeitsrhythmus – sind ebenfalls wichtig. Der Arbeitsrhythmus ist heute noch nicht angesprochen worden, aber gerade er stellt im Verhältnis zur Schichtarbeit und Tag- und Nachtarbeit wirklich einen gesundheitsschädigenderen Faktor als nur die Nachtarbeitszeit alleine dar. Sie wissen auch, dass es, gerade was den vegetativen Bereich angeht, dringender Adaptierungen bedarf – gerade auch bei Frauen! Da sind wiederum die Sozialpartner gefordert, und zwar wieder auf betrieblicher Ebene.

Dass Sie alles überreglementieren wollen, ist klar. Die EU-Richtlinie ist aber sehr weit gefasst, und wir werden sie in diesen Punkten erfüllen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Sophie Bauer: Sie und die Regierung beschließen es!)

14.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte.

14.54

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Frau Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Der Antrag, den die


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Kollegin Silhavy vor kurzem eingebracht hat, wirft eine Frage auf, und zwar folgende: Wo war der Antrag für jene Frauen, die bisher schon in der Nacht gearbeitet haben? – Überall dort, wo Ausnahmen benötigt wurden, wurden sie auch geschaffen. Es ist einerseits im Krankenpflegedienst, wo es diese Ausnahme gibt, so, dass Frauen seit Jahrzehnten in der Nacht arbeiten dürfen, und es gibt andererseits diese Ausnahme in der Gastronomie. Aber es gibt diese Ausnahme auch bei Ihrem Ex-Finanzminister Androsch in der Firma AT&S, wo er den Firmenstandort nur dann zu errichten bereit war, wenn die Genehmigung für die Nachtarbeit von Frauen erteilt wird.

Das heißt, überall dort, wo es aus wirtschaftlicher Sicht notwendig war, haben Sie die Zustimmung zur Nachtarbeit der Frauen gegeben. (Abg. Mag. Prammer: Aber Sie wissen schon ...?)

Jetzt reparieren wir letztlich einen Diskriminierungsparagraphen, denn Sie halten Frauen von der Tätigkeit in der Nacht ab. (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. ) Es gibt europaweit eine einheitliche Vorgangsweise, dass mit 1. Jänner 2002 auch Frauen auf dem Arbeitsmarkt in der Nacht tätig sein dürfen. Es wäre Ihnen gut angestanden, wenn Sie in den vergangenen Jahren dafür gesorgt hätten, dass die Einkommensschere nicht noch weiter auseinander geht. Sie, Frau Prammer, und Ihre Partei waren es, die dafür Verantwortung tragen, dass die Frauen bei immer mehr Arbeit immer weniger verdient haben. Das lag in Wirklichkeit in Ihrer Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wo waren denn die Verbesserungen der Bedingungen für Frauen während Ihrer Amtszeit? – Die letzte wirkliche Frauenministerin – vor dem jetzigen Frauenminister Herbert Haupt – war Frau Dohnal. Sie hat sich für die Frauen noch eingesetzt, zwar nicht unbedingt für die berufstätigen Frauen, aber zumindest gesellschaftlich hat sie durchaus Leistungen herzuzeigen gehabt. Das Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz gilt ja selbstverständlich auch für Frauen. Gott sei Dank! Oder kann ich mich da schlecht erinnern, und es ist so, dass diese da nicht mit einbezogen worden sind?

Der Zugang zur Alterspension ist in Österreich zwischen Mann und Frau noch immer unterschiedlich. Gott sei Dank gibt es Kindererziehungszeiten und Ähnliches mehr. Es gibt in diesen Bereichen noch sehr viel zu tun. Bei den Arbeitnehmerschutzbestimmungen und beim Arbeitsinspektionsgesetz werden von den Sozialpartnern immer wieder Punkte eingefordert.

Daher meine ich, dass das, was Sie hier betreiben, Panikmache ist. Ich betone noch einmal: Das war bereits 1995 anlässlich des EU-Beitritts Österreichs gegessen! Die Gleichbehandlung von Mann und Frau, von der Sie immer gesprochen haben, wird nun von der jetzigen Regierung vollzogen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Sophie Bauer: Und was ist mit Ihnen?)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Gaugg: Der ist im Gegensatz zum Verzetnitsch wenigstens da!)

14.57

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Gaugg hat soeben behauptet, die Firma AT&S – und damit Dr. Androsch – hätte im Rahmen der Nachtarbeitsregelung für Frauen eine Sonderregelung bekommen. (Abg. Dr. Grollitsch: Selbstverständlich!)  – Das ist unwahr!

Androsch unterliegt dem Industriekollektivvertrag der Gewerkschaft Metall, der Metallindustrie. In diesem Sinne hat er eine Vereinbarung – keine Sonderregelung! (Beifall bei der SPÖ.)

14.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.


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71. Sitzung / Seite 123

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen)  – ich bitte um Aufmerksamkeit; die Debatte ist bereits geschlossen! – getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags: Kündigung des Übereinkommens Nr. 89 in 480 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit. Somit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen betreffend die Abmildung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu Tagesordnungspunkt 14.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit. Somit ist der Antrag abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags: Kündigung des Übereinkommens Nr. 4 in 481 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Somit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen betreffend die Abmildung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu Tagesordnungspunkt 15.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Bevor wir nun zum 16. Punkt der Tagesordnung gelangen, steht eine Dringliche Anfrage zur Behandlung an. (Abg. Ing. Westenthaler: Dringliche Anfrage: Edlinger an Edlinger!)

Ich unterbreche nun die Sitzung für eine Minute bis 15 Uhr.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Rudolf Edlinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der ÖIAG (2517/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2517/J der Abgeordneten Edlinger und GenossInnen an den Bundesminister für Finanzen.

Diese ist inzwischen verteilt worden und allen Abgeordneten zugegangen, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Österreichische Bundesregierung hat im letzten Jahr keine gute Hand für die Unternehmen der ÖIAG bewiesen. Das letzte Jahr war ein Jahr der wirtschafts- und standortpolitischen Debakel der Bundesregierung. Österreichische industriepolitische Interessen wurden zum Schaden


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von Standort, ÖIAG-Betrieben, deren Beschäftigten und Anteilseigner wegen der blinden Erfüllung von Privatisierungsideologien geopfert.

Dass Österreich sich mit der schwarz-blauen Regierungspolitik auf dem Weg in die Sackgasse befindet, sehen inzwischen zahlreiche Experten über alle Parteigrenzen hinweg. Denn auch diese bestätigen die Haltung der SPÖ, dass österreichische Kernaktionäre standort-, industrie- und wirtschaftspolitisch in unserer kleinen Volkswirtschaft notwendig sind. Aufgrund des benötigten Kapitals kann derzeit in den Flaggschiffen der österreichischen Industrie nur der Staat Kernaktionär sein.

Beispielsweise sehen die Autoren einer IHS-Studie ("Public Private Ownership", November 2000) gute Gründe für eine Minderheitsbeteiligung des Staates an gewissen Schlüsselunternehmen. Denn dadurch sei der Staat in der Lage, gesamtwirtschaftliche Zielsetzungen einzubringen. Zudem wird festgehalten, dass Unternehmen in Streubesitz Gefahr laufen, Ziel einer feindlichen Übernahme zu werden.

Auch der nicht gerade als Apologet der Verstaatlichung bekannte Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl bekannte sich nun zu einem Kernaktionär ÖIAG: "Bei einem kompletten Abverkauf besteht die Gefahr, dass Wertschöpfung verloren geht." (Trend 3/2001)

Immer wieder werden Beschäftigte, Anleger und Märkte dadurch verunsichert, dass es offensichtlich unklar ist, inwieweit Anteile von ÖIAG-Unternehmen über die Festlegungen im Regierungsprogramm hinaus mittelfristig verkauft werden sollen. An eine diesbezüglich vor 3 Monaten geführte, breitangelegte Diskussion der Regierungsparteien sei an dieser Stelle erinnert.

Bislang war es unbestritten, dass eine kleine Volkswirtschaft wie die österreichische zum Wohle der heimischen Wirtschaft stabile Kernaktionäre für die wichtigen inländischen Konzerne – von VA Stahl über OMV bis zur Post und Telekom – braucht. Denn nur so können Kompetenzzentren, Forschung und Entwicklung und damit langfristig die Arbeitsplätze in Österreich gesichert werden.

Die Abkehr von der Kernaktionärsphilosophie bedeutet daher auch, dass die Chancen des Wirtschaftsstandortes Österreich, die Zukunft auch erfolgreich zu bewältigen, ohne österreichisches Eigentum nach allen internationalen Erfahrungen nachhaltig geschmälert wird.

Wir bekennen uns zur Wahrung österreichischer Interessen in der Wirtschaft und insbesondere zur Wahrung österreichischen Eigentums an Wirtschaftsunternehmen, dessen Sinnhaftigkeit durch zahlreiche Experten und internationale Beispiele belegt ist.

Österreichisches Eigentum ist sinnvoll, weil

– österreichisches Eigentum besser zur Standortsicherung durch den Erhalt von Kompetenzzentren, Forschung und Entwicklung und damit schließlich zur Sicherung der Arbeitsplätze beiträgt

– österreichisches Eigentum besser mit den vielschichtigen nationalen Interessen harmoniert und trotzdem global agieren kann

– österreichisches Eigentum besser die Standortsicherung mitträgt und trotzdem international kooperiert

– österreichisches Eigentum auf kommunaler Ebene hohe Akzeptanz genießt.

Wenn sich die ÖIAG nach dem Willen der schwarz-blauen Koalition als Kernaktionär zurückzieht, stellt sich die Frage, wer diese Unternehmen kontrollieren wird. Übernahmen und die Verlegung von Konzernzentralen sind eine wahrscheinliche Folge, wie viele internationale Beispiele zeigen. Erfahrungsgemäß sind damit aber auch zahlreiche Arbeitsplätze bei angelagerten Dienstleistern gefährdet, wie zum Beispiel im Bereich der Anwälte, Steuerberater, Finanzdienstleister usw., die alle zusätzliche Wertschöpfung bringen.


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Österreichisches Eigentum an den Flaggschiffen der österreichischen Industrie und dessen Wert ist durch dilettantisches politisches Handeln, Konzeptlosigkeit und Freunderlwirtschaft von bisher nicht gekanntem Ausmaß gefährdet.

Der Verkauf der UMTS-Lizenzen blieb im Ertrag weit hinter den durch internationalen Vergleich gerechtfertigten Erwartungen zurück. Die weitere Platzierung von Anteilen der Telekom an der Börse geriet aufgrund krasser Fehlentscheidungen schlicht zum Desaster und ließ fast 40.000 österreichische Erst-Kleinanleger nach nur wenigen Wochen mit rund einem Drittel weniger an Wert zurück.

Konkret bedeutet das, dass es im Vergleich zum Erlös aus den Deutschen UMTS-Lizenzen die Regierung durch ihre wirtschaftspolitische Inkompetenz geschafft hat, rund 50 Milliarden Schilling in den Sand zu setzen (in Österreich wurden gerade einmal rund 11 Milliarden erzielt, im etwa zehnmal so großen Deutschland rund 700 Milliarden). Unter einem SPÖ-Finanzminister wurden für 25 % der Telekom Austria in der letzten Legislaturperiode rund 24 Milliarden erzielt, die jetzige Regierung schaffte für 25 % netto gerade einmal 13 Milliarden (die Inkompetenz der Regierung hat hier den ÖsterreicherInnen 11 Milliarden gekostet).

Das Vertrauen der Anleger und Investoren schwindet, was sich auch deutlich im Kursverlauf der wichtigsten Titel ausdrückt. Die ÖIAG-Anteile haben im vergangenen Jahr durch die Politik der schwarz-blauen Koalition mehr als 38 Milliarden Schilling an der Börse an Wert verloren.

In dieser Situation treten nun auch noch Zweifel über die Zukunft des Konzerns insgesamt und auch darüber auf, wer überhaupt die Geschicke dieser für den Wirtschaftsstandort Österreich so wichtigen Unternehmen lenkt.

Dies ist umso entscheidender, als Industriepolitik und Standortpolitik die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes maßgeblich und nachhaltig bestimmen. Sie reduziert sich derzeit darauf, dass die "Friends of Prinzhorn (FOPs)" die Filetstücke der Republik Österreich zu Schleuderpreisen auf den Markt bringen wollen, um sich dann mit ihren Stiftungen, Immobiliengesellschaften und Industrieunternehmen günstig selbst einzudecken. Volksvermögen wird vernichtet, um sich selbst und Freunde billig zu bedienen. Nur dafür werden neue Aufsichtsräte und Vorstände in ÖIAG-Betrieben gebraucht. Die Rechnung dafür bezahlt der Steuerzahler.

Der Vorgang ist dabei immer der gleiche: zuerst werden versierte und erfahrene Aufsichtsräte überfallsartig entfernt und durch FOP’s bzw. blauschwarze Sympathisanten ersetzt, die dann das vorhandene Management so rasch wie möglich hinauskomplimentieren.

Der von der FPÖVP-Koalition durchgeführte Austausch des ÖIAG-Aufsichtrates ist selbstverständlich unter "streng objektiven Kriterien" erfolgt. Aufsichtsrat Nr. 1 und Aufsichtsratsvorsitzender ist seither Dipl.Bw. Alfred Heinzel, gleichzeitig Vorstand der Stiftung des FPÖ-Spitzenpolitikers Thomas Prinzhorn. Aufsichtsrat Nr. 2, Dr. Cornelius Grupp, ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Prinzhorns. Aufsichtsrat Nr. 3, Dr. Veit Schalle, ist Mitglied des Stiftungsrates der Prinzhorn’schen Privatstiftung. Und Aufsichtsrat Nr. 4, Dr. Veit Sorger, ist Mitglied des Stiftungsrates der Prinzhorn’schen Privatstiftung.

Bei den Österreichischen Bundesbahnen mußten nach Veränderungen im Aufsichtsrat erfolgreiche Vorstände gehen, um einem aus Deutschland weggelobten Manager Platz zu machen.

Beispiele ohne Ende: Der Aufsichtsrat der Österreichischen Elektrizitätswirtschaft AG wurde in der Hauptversammlung am 16. März 2000 umgefärbt. In den Aufsichtsrat wurden der FPÖ bzw. ÖVP nahestehende Manager, aber auch der ehemalige ÖVP-Abgeordnete Günther Fritzberg und der ÖVP-nahe Heinz Handler gesetzt.

Weitere Umfärbungen fanden in den Aufsichtsräten der Buwog, der Brenner Eisenbahngesellschaft, der Graz-Köflacher Eisenbahngesellschaft, der Asfinag, der Hochleistungs-AG, der VA Tech, der Böhler Uddeholm, der OMV und der Telekom statt. Jüngstes Beispiel ist die überfallsartige Auswechslung des Aufsichtsrates bei der Internationalen Amtssitz und Konferenz


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zentrums AG (IAKW). In all diesen Unternehmen schwingt die Ablöse der nach der neuen Farbenlehre nicht mehr genehmen Vorstände mit.

Manchmal müssen auch Vorstände als Sündenböcke für die Unfähigkeit der ÖIAG-Spitze herhalten, wie das bei der Telekom nach dem von ÖIAG-Vorstand Ditz zu verantwortenden Debakel beim Börsengang der Fall ist. Angesichts der Probleme in der Branche und den Herausforderungen, denen die Telekom Austria derzeit gegenübersteht, ist die geplante Ablöse des Telekom-Chefs Sundt ein geradezu stümperhafter Fehler, der die Prüfung von Schadensersatzansprüche gegen die Aufsichtsräte jedenfalls rechtfertigt.

Verunsicherung auch bei der Österreichischen Fluglinie AUA. Neue Aufsichtsräte sollen für die Ablöse der AUA-Vorstände Herbert Pammer und Mario Rehulka sorgen. Die Bekanntgabe der Ablöse des Vorstandsduos hatte ein Absinken des Börsekurses von 20 % zur Folge.

Für die Umfärbung und Machtergreifung in den staatlichen und staatsnahen Unternehmen ist der Koalition, vor allem aber der FPÖ und den Freunden von Prinzhorn nichts zu teuer.

Wie der Kurier in seiner Ausgabe vom 17. Mai 2001 auf Seite 17 berichtete, "kommt man auf eine Summe von locker 200 Mio. Schilling", wenn man die "Ablösesummen" aus ÖIAG, AUA, Bundesforste, Telekom Control und aller Voraussicht nach der Telekom Austria zusammenzählt. Berichten des Format dieser Woche zufolge könnten es sogar 250 Millionen Schilling sein. Durch Mißbrauch der Macht werden den betroffenen Unternehmen damit auch Mittel entzogen, die sie für Restrukturierungsmaßnahmen zur Hebung der Wettbewerbsfähigkeit besser einsetzen könnten.

Und wenn man den öffentlichen Äußerungen namhafter Funktionäre der Regierungsparteien glaubt, war das erst der Anfang. In der Tat stehen nach den Plänen Prinzhorns noch der Verkauf von VA Stahl, VA Tech, Böhler Uddeholm und anderen Betrieben auf dem Programm. Und auch die sollen ja günstig zu haben sein.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher aus Sorge um den Wirtschaftsstandort Öster-reich und die Werthaltigkeit der ÖIAG-Betriebe an den Bundesminister für Finanzen folgende nachstehende

Anfrage:

1. In welcher Höhe belaufen sich Ihren Informationen als Eigentümervertreter bzw. als Regierungsmitglied zufolge die Aufwände für Beraterfirmen im Zusammenhang mit den Neubestellungen in den Aufsichtsräten und Vorständen in ÖIAG, ÖBAG, Post AG, Telekom Austria, Austria Tabak AG, Austrian Airlines AG, OMV AG, VA Tech AG, VA Stahl AG und Böhler Uddeholm AG, IAKW sowie deren (allfälligen) Töchtern?

2. In welcher Höhe belaufen sich Ihren Informationen als Eigentümervertreter bzw. als Regierungsmitglied zufolge die Aufwände für Abfertigungen und sonstige Zahlungen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden vor Vertragsende von Aufsichtsräten und Vorständen in ÖIAG, ÖBAG, Post AG, Telekom Austria, Austria Tabak AG, Austrian Airlines AG, OMV AG, VA Tech AG, VA Stahl AG und Böhler Uddeholm AG, IAKW sowie deren (allfälligen) Töchtern?

3. Können Sie als Eigentümervertreter aufgrund der allgemeinen Erfahrung mit Kapitalmärkten und den Ihnen vorliegenden Informationen ausschließen, dass Irritationen und Unsicherheiten über die weitere Vorgangsweise des derzeitigen Kernaktionärs in den von der ÖIAG gehaltenen Unternehmen deren Börsenkurse negativ beeinflussen können? Können Sie ebenso ausschließen, dass dadurch relevante Vermögenswerte von vielen Kleinanlegern vernichtet und allfällige Verkaufserlöse zum Nachteil der Steuerzahler geschmälert werden können? Und wenn ja, warum?

4. Wie beurteilen Sie als Eigentümervertreter den Kursverlauf der Telekom Austria, und halten Sie die anhaltende Diskussion um die Vorstandsbesetzung bzw. den Telekom-Chef Sundt in der


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schwierigen Situation für förderlich, in der sich das Unternehmen im Marktumfeld und strukturell befindet?

5. Wie beurteilen Sie als Eigentümervertreter den Kursverfall der AUA am 14. Mai 2001, das ist jener Tag, an dem die Ablöse des Vorstandsduos Bammer und Rehulka angekündigt wurde? Halten Sie in diesem Zusammenhang die anhaltende Diskussion um die Vorstandsbesetzung in der schwierigen Situation für förderlich, in der sich das Unternehmen im Marktumfeld und strukturell befindet?

6. Haben Sie als Eigentümervertreter überhaupt alleine die Mehrheit im Aufsichtsrat der AUA, um eine Ablöse des Vorstands ohne weitere Absprachen mit anderen Aufsichtsräten durchführen zu können? Halten Sie eine Vorgangsweise für professionell bzw. im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, wenn eine Ablöse des Vorstands von einem der Eigentümer öffentlich angekündigt wird, ohne über eine sichere Mehrheit im Aufsichtsrat zu verfügen?

7. Welche Aufsichtsräte wurden Ihren Informationen als Regierungsmitglied und Eigentümervertreter zufolge seit Februar 2000 in ÖIAG, ÖBAG, Post AG, Telekom Austria, Austria Tabak AG, Austrian Airlines AG, OMV AG, VA Tech AG, VA Stahl AG und Böhler Uddeholm AG, IAKW sowie deren (allfälligen) Töchtern durch welche neuen Aufsichtsräte ersetzt und was waren – abgesehen von Altersgründen – die maßgeblichen sachlichen Gründe dafür?

8. Nach welchen Kriterien wurden die neuen Aufsichtsräte in den unter 7. angeführten Unternehmen ausgewählt, wurden diese Funktionen öffentlich ausgeschrieben und welche Personalberaterfirmen wurden zu welchen Kosten eingeschaltet?

9. Welche Vorstände bzw. Geschäftsführer wurden Ihren Informationen als Regierungsmitglied und Eigentümervertreter zufolge seit Februar 2000 in ÖIAG, ÖBAG, Post AG, Telekom Austria, Austria Tabak AG, Austrian Airlines AG, OMV AG, VA Tech AG, VA Stahl AG und Böhler Uddeholm AG sowie deren (allfälligen) Töchtern durch welche neuen Vorstände bzw. Geschäftsführer ersetzt und was waren – abgesehen von Altersgründen – die maßgeblichen sachlichen Gründe dafür?

10. Nach welchen Kriterien wurden die neuen Vorstände bzw. Geschäftsführer in den unter 9. angeführten Unternehmen nach Ihrer Erkenntnis als Eigentümervertreter und Regierungsmitglied ausgewählt, wurden diese Funktionen nach Ihrer Erkenntnis als Eigentümervertreter und Regierungsmitglied öffentlich ausgeschrieben und welche Personalberaterfirmen wurden zu welchen Kosten eingeschaltet?

11. Nach welchen der unter 8. und 10. näher ausgeführten Kriterien und Verfahren wurden die Vorstände und die Aufsichtsräte der Postbus AG bestellt?

12. Stimmt es, dass Personen in den Aufsichtsrat der ÖIAG entsendet wurden, die Funktionen in der Privatstiftung von Thomas Prinzhorn haben, und die im Wege einer 1,8 Millionen ATS teuren Personalsuche durch einen Unternehmensberater vorgeschlagen wurden, dessen Trauzeuge Thomas Prinzhorn war?

13. Können Sie ausschließen, dass es durch derartige Vorgangsweisen zu Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft kommt, in denen private Interessen von Unternehmern und deren Managern, die zum Freundeskreis von Thomas Prinzhorn gehören, verfolgt werden?

14. Stimmt es, dass Sie als Regierungsmitglied in einer Wohnung wohnen, zu der Sie über einen Immobilienmakler gekommen sind, den Sie selbst zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates der BUWOG bestellt haben?

15. Können Sie als Eigentümervertreter ausschließen, dass sich ein Druck bzw. verbindliche Zeitlimits zur Veräußerung von Anteilen an ÖIAG-Unternehmen negativ auf den zu erzielenden Kaufpreis auswirken kann? Und wenn nein, warum nicht?


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16. Halten Sie es als Eigentümervertreter nach grundlegenden ökonomischen Kriterien und den Ihnen vorliegenden Informationen für klug, für die ÖIAG unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für den Standort Österreich ein klares Konzept für ihre mittelfristige Zukunft zu haben? Und wenn nein, warum nicht?

17. Wenn ja zu Frage 16: Wie sieht dieses Konzept in seinen Eckpunkten ganz allgemein für die nächsten fünf Jahre aus?

18. Streben Sie als Regierungsmitglied und Eigentümervertreter an, dass es im Lauf der nächsten fünf Jahre nicht zum Verkauf von Anteilen an der ÖIAG selbst kommt und können Sie für die laufende Legislaturperiode ausschließen, dass es zu derartigen Schritten, oder zu diesbezüglichen Vorbereitungsarbeiten kommt? Wenn ja, in welchem Ausmaß planen Sie Veräußerungen?

19. Können Sie ausschließen, dass im Laufe dieser Legislaturperiode an folgenden Unterneh-men der ÖIAG der Anteil des Bundes unter 25 % sinkt: Telekom Austria, Austrian Airlines AG, VA Tech AG, VA Stahl AG und Böhler Uddeholm AG, Österreichischen Post? Können Sie ausschließen, dass hiedurch der österreichischen Volkswirtschaft Schaden entsteht?

20. Was sind die weiteren Pläne für die Postbus AG und welche Rolle spielt dabei die Gewährleistung öffentlicher Verkehrsanbindungen in geografisch und hinsichtlich der Bevölkerungsdichte schwierigen Lagen?

In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 1 GOG verlangt, diese Anfrage dringlich zu behandeln.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Sinne der einschlägigen Bestimmungen erteile ich Herrn Abgeordnetem Edlinger als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Die Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr ver-ehrten Damen und Herren! "Kaum ein Tag vergeht, wo nicht wieder ein neuer Name für eine neue Funktion im Rahmen staatsnaher Firmen genannt wird. ,Name dropping‘, also die Erwähnung bekannter Namen, ist zu einer Art Volkssport in der Politik geworden. Genauso wie das ,Manager-Mikado‘: Wer sich als Erster rührt, scheidet aus. Eigenständigkeit ist nicht gefragt, jetzt haben stromlinienförmige Karrieristen Hochsaison." – Diese Formulierung stammt nicht von mir, es ist eine von vielen hundert Berichterstattungen in den Medien. Diese stammt von Herrn Dr. Wailand aus der "Kronen Zeitung", der in seinem Kommentar weiter ausführt:

"Es wirkt mitunter wie ein gespenstisches Spiel: Rot scheidet von vornherein aus, wer auf Jagdpartien mit dabei ist, rückt zwei Felder vor, wer gar aus der Papierindustrie stammt, bekommt zusätzlich ein Freispiel."

So wird die Wirtschaftspolitik, die Sie betreiben, qualifiziert! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie wissen, dass es anders ist!)

Weiter meint Herr Wailand – ich fasse das deshalb zusammen, weil ich mir nicht anmaße ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Einen Moment, bitte! Meine Damen und Herren! Ich bitte darum, hier kein Kolloquium zu praktizieren. Die Beamten sind herzlichst dazu eingeladen, ihre Plätze einzunehmen.

Bitte setzen Sie fort, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Rudolf Edlinger (fortsetzend): Ich zitiere weiter aus dem erwähnten Kommentar des Herrn Wailand, weil ich mir gar nicht anmaße, in dieser Knappheit so treffend formulieren zu können wie er:


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"Einzelne Freiheitliche lassen da ihrem Herrschaftsanspruch freien Lauf – und die ÖVP schaut gespannt zu. Nur keinen internen Streit, um die Koalition nicht zu gefährden, lautet die Devise. Wo bleibt die Wirtschaftskompetenz dieser Partei? Das war doch früher ihr stärkster Trumpf."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese treffende Beschreibung der angewandten Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung, aber auch viele andere öffentliche Erörterungen der wirtschaftspolitischen chaotischen Wendepolitik dieser Regierung erfüllen uns mit Sorge.

Mit dem Antritt der momentanen Regierung im Februar 2000 änderte sich auch die österreichische Industriepolitik (Ruf bei den Freiheitlichen: Gott sei Dank!), besonders im Bereich staats-naher und staatseigener Unternehmen, die sich kurz so definieren und in drei Punkten zusammenfassen lässt:

Es findet erstens eine riesige Repolitisierung der ÖIAG durch Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen nach parteipolitischen beziehungsweise persönlichen Interessen statt. Zweitens erfolgt die Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen teilweise mit Personen, deren Qualifikationen zumindest zu hinterfragen sind. Und drittens findet die Vorbereitung der Unternehmen auf eine Totalprivatisierung statt und damit auf den Ausverkauf der heimischen Industrie.

Schon einmal, vor etwa 15 Monaten, stellte die SPÖ eine Dringliche Anfrage – damals an den Bundeskanzler. Der Herr Bundeskanzler hat damals beruhigend argumentiert, indem er sich für das Stellen dieser Dringlichen bedankt hat und meinte, dass wir ihm damit die Möglichkeit gegeben haben, einem breiten Publikum – es gab eine Fernsehübertragung – die Haltung der Regierung darzulegen. Er meinte weiters – ich zitiere aus dem Protokoll –: "Da ist also kein Horror-Szenario geplant, sondern eine behutsame, eine professionelle, unabhängige Privatisierung ...."

Ich wiederhole: behutsam, professionell und unabhängig! – Schöne Worte, aber alles Schall und Rauch! Die Realität ist eine andere, wie Sie auch der öffentlichen medialen Diskussion entnehmen können.

"Behutsam". Wie schreibt der "Kurier" beispielsweise am 23. Jänner 2001? ",Säuberungswelle‘ in der ÖIAG. Die neue Regierung hat ihr Schlagwort von der ,Entpolitisierung‘ in staatlichen und staatsnahen Unternehmen rasch abgelegt ..."

"Er kam, sah und schlug zu. Blau-Schwarz läßt in der Wirtschaft die Köpfe rollen. Vorstände und Aufsichtsräte werden im Stakkato ausgetauscht." – Das ist "Behutsamkeit" à la Wolfgang Schüssel. (Der Redner stellt im Folgenden Kopien der zitierten Artikel auf das Rednerpult.)

"Professionell". "Management by Chaos" schreiben die "Salzburger Nachrichten". – Das ist eine interessante Interpretation: "Der ÖIAG-Aufsichtsrat gebärdet sich wie ein Konzernherr und mischt sich überall ein, obwohl alle großen Beteiligungen börsenotiert sind und die Holding nur noch Minderheitsanteile hält. Da werden Geheimkonzepte über beschleunigte Abverkäufe angefertigt, kursschädigende Äußerungen gemacht und der politische Auftrag des Köpferollens umgesetzt." – Management by Chaos!

"Heinzel schadet der AUA." – Ihr Mann, meine sehr verehrten Damen und Herren! "Die ,Gewinnwarnung‘ des unzuständigen ÖIAG-Aufsichtsratschefs Alfred Heinzel hat die mühsam erholte AUA-Aktie wieder sinken lassen." – Überall auf der Welt wäre ein derartiger Aufsichtsratspräsident am nächsten Tag zurückgetreten.

"Chaos um Ablöse von Telekom-Chef Sundt." – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist wirklich die Spitze Ihrer Unprofessionalität; im wahrsten Sinn des Wortes! Heute fand eine Aufsichtsratssitzung statt, bei der sich der bei weitem überforderte Ditz neuerlich nicht durchgesetzt hat, neuerlich faktisch den Tagesordnungspunkt abgesetzt und damit faktisch die Spitze der Telekom in die Handlungsunfähigkeit getrieben hat. Das ist die Politik, die Sie betreiben: vorsätzlicher Schaden für die öffentliche Wirtschaft! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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"Unabhängig". Das war das Dritte, das der Herr Bundeskanzler gesagt hat. (Die Kopie eines vom Redner auf das Rednerpult gestellten Artikels kippt um. – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt ist es umgefallen!) Der "Standard" schreibt beispielsweise: "Schauprozess in der ÖIAG. Im verzweifelten Blick des als Chefankläger fungierenden Aufsichtsratschefs Johannes Ditz spiegelte sich das Wissen, dass er jederzeit das nächste Opfer sein könnte. Wie einst Stalins Chefankläger Andrej Wischinski versucht er, sein eigenes Überleben durch besondere Beflissenheit bei den Säuberungen zu sichern." – Der "Standard" über "Unabhängigkeit".

"Welche Bosse als nächstes rausfliegen", titelt das "WirtschaftsBlatt". Glauben Sie in der Tat, dass dies die Handlungsfähigkeit der Unternehmen stärkt?

"Zwischen Gelächter und Applaus" schreibt der "Kurier" am 24. Mai. – Das ist die Politik, da können Sie sich entscheiden! Damals hat es nämlich Herr Ditz bei der Aktionärsversammlung ganz besonders probiert und gesagt (Abg. Dr. Stummvoll: Haben Sie auch eine Rede oder nur Zeitungsausschnitte?), er wählte die Offensive in der Frage der Ablöse der OMV-Aktionäre. Er erklärte, dass "keinerlei politische Einflussnahme erfolgt sei".

Der "Kurier" schreibt weiter: "Unter den 569 im Austria Center Vienna anwesenden Aktionären machte sich spontan Gelächter breit". (Abg. Dr. Khol: Haben Sie eine Rede, Herr Edlinger? Das ist Zeitung vorlesen! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Zeitungsvorlesung!)

Und das Allerletzte – damit höre ich schon auf, das ist nur ein kurzer Abriss; ich weiß schon, dass Sie in Ihrer chaotischen Art und Weise abendfüllendere Politik machen, aber ich will Ihnen das ersparen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist die Rede?)  –:

"Stationen einer Umfärbung", meine sehr verehrten Damen und Herren! "Rot raus, Schwarz-Blau rein" – wobei man das "Schwarz" ein wenig in Klammern setzen darf.

Diese nur bruchstückhaft skizzierte Diskussion legitimiert die Dringlichkeit, denn ich glaube, Motive und Hintergründe dieses Chaos zu erfahren ist eine Angelegenheit, die den Nationalrat und die Öffentlichkeit ebenso interessiert wie die zukünftige Strategie, falls es eine solche von Ihnen überhaupt gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklung der Verstaatlichten bis hin zur ÖIAG war schwierig, vielleicht nicht immer erfolgreich, aber sie war getragen von dem Bemühen, im Sinne der Betriebe und ihrer Beschäftigten und der Standortsicherung zu handeln. Vielleicht wurde manche Entscheidung auch halbherzig getroffen, manche vielleicht auch zu spät – das sei dahingestellt –, aber es wäre unfair, nicht darauf hinzuweisen, dass die verstaatlichte Industrie jahrzehntelang einen wesentlichen Beitrag zur Verstärkung der österreichischen Industrie- und Exportanteile leistete. Das Stahlunternehmen Voest beispielsweise wurde zu einem Bannerträger der österreichischen Stahlindustrie, das LD-Stahlverfahren zu einer österreichischen Innovation von Weltgeltung.

1993 waren mit dem ÖIAG-Gesetz die Weichen dafür gestellt worden, aus dieser Verstaatlichten börsennotierte Betriebe zu machen, die auch die internationale Herausforderung positiv aufnehmen können.

Die früheren Regierungen waren bestrebt, die ÖIAG-Unternehmungen wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu machen, indem auch der politische Einfluss zurückgedrängt wurde, allerdings nicht unter Aufgabe der österreichischen Interessen. Jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, erleben wir, dass alle Personen in Aufsichtsräten und Vorständen ausgetauscht werden, die nicht in das Weltbild der neuen Regierung passen. Wir erleben eine Repolitisierung der ÖIAG zum Schaden der Unternehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Allein im Jahr 2000 haben die börsennotierten Unternehmen 38 Milliarden Schilling an Wert verloren, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Schauen wir uns das ein bisschen im Detail an: Leute, die jahrzehntelang, ein Leben lang erfolgreich in der Wirtschaft tätig waren und vielleicht ein paar Jahre in der Politik – wie etwa Rudolf


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Streicher –, werden ersetzt durch Leute, die jahrzehntelang in der Partei tätig waren und nur ein paar Jahre in der PTA – wie etwa Johannes Ditz –, oder einen zufällig greifbaren, nicht beschäftigten Management-Angestellten, der in diese Funktion gehievt wird.

Leute, die ein großes öffentliches Verkehrsunternehmen auf den Weg in die Wettbewerbsfähigkeit gebracht haben – wie Generaldirektor Draxler –, werden ersetzt durch Leute, deren Hauptverdienst es war, bei einem städtischen Verkehrsunternehmen in Berlin – wie Sie den Medien entnehmen können – die Tarife massiv erhöht zu haben, die Passagierzahlen spürbar gesenkt zu haben, den Personalstand halbiert zu haben und den Verlust in drei Jahren verdoppelt zu haben. Das sind die Leute, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie nach Österreich geholt haben! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Leute, die erfolgreich in der Wirtschaft waren und sind – wie Horst Pöchhacker, Stephan Koren, Walter Wolfsberger –, werden im ÖIAG-Aufsichtsrat ersetzt durch Personen, deren Hauptmerkmal im Hinblick auf ihre Auswahl für diese Funktionen – und ich betone: für diese Funktionen – offenbar darin besteht, dass sie Freundschaftsdienste für Thomas Prinzhorn in seiner Privatstiftung leisten:

Alfred Heinzel – er ist Aufsichtsratsvorsitzender der ÖIAG und zugleich Vorstand der Prinzhorn-Stiftung.

Cornelius Grupp – er ist Mitglied des ÖIAG-Aufsichtsrates und Vorstandsvorsitzender der Prinzhorn-Stiftung.

Veit Schalle – ebenfalls Mitglied der ÖIAG und Stiftungsrat der Prinzhorn-Stiftung.

Veit Sorger – ÖIAG-Aufsichtsrat und gleichzeitig Mitglied des Stiftungsrates von Prinzhorn. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ja wo sind wir denn, meine sehr verehrten Damen und Herren? Das ist eine Verflechtung, ein Skandal, der seinesgleichen in Europa sucht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Nie zuvor, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat ein einzelner Mann so viel Einfluss auf das Schicksal der heimischen Industrie gehabt wie Thomas Prinzhorn. Hier übt ein privater Industrieller mit seinen Freunden einen maßgeblichen Einfluss auf Unternehmen aus, die im öffentlichen Eigentum stehen und bei denen nicht private Interessen, sondern die Interessen der Republik im Vordergrund zu stehen haben. Und das vernachlässigen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Gestern stellte sich Herr Prinzhorn vor Fernsehkameras und sagte, eigentlich habe er überhaupt nichts zu reden. Aber wenn man in der Materie genau Bescheid weiß, dann weiß man schon: Nirgends hat sich der Pate gezeigt! (Abg. Ing. Westenthaler: Da spricht der Neid! Der pure Neid!) Wenn Herr Westenthaler beispielsweise am 14.4. im "profil" erklärt: "Er ist unser zentraler Wirtschaftszampano!", dann sagt das viel. "Zampano" oder "Pate" – das ist eigentlich völlig Wurscht. Ohne ihn läuft nichts in dieser Regierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das kritisieren wir! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Personaländerungen gab es auch in vielen anderen Unternehmungen, und sie laufen immer nach dem gleichen Muster ab: zuerst Säuberung des Aufsichtsrates, dann Liquidierung unliebsamer Vorstände, koste es, was es wolle! Ich erinnere an den Verbund, wo etwa der anerkannte Herbert Krejci ausscheiden musste, weil er eben nicht zum Prinzhorn-Clan gehörte. Ich erinnere an die BUWOG, wo jetzt der Immobilienmakler der FPÖ, Ernst Karl Plech, sowie Ministersekretäre von Grasser den Ton angeben. Ich erinnere an verschiedene Verkehrsunternehmen, wo nun Ministersekretäre der FPÖ eingezogen sind: bei der Brenner-Eisenbahngesellschaft, bei der Graz-Köflacher-Eisenbahngesellschaft oder bei der HL-AG. Ich erinnere an die Änderungen in den Aufsichtsräten der AUA, ÖBB et cetera.

Koste es, was es wolle! "200 Millionen für Farbenlehre" schreibt der "Kurier", "Hausputz für 250 Millionen" schreibt "format". Sie verschleudern öffentliches Vermögen, um unliebsame


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Personen anzubringen. Das ist schändlich, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Jüngstes Beispiel ist die IAKW. Sehr geehrter Herr Klubobmann Dr. Khol! Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Das hat sich der frühere Chef der Sektion Fremdenverkehr der Wirtschaftskammer Wien, der verdiente Kommerzialrat Fröhlich, nicht verdient, dass er zu einer Aufsichtsratssitzung kommt und während dieser Aufsichtsratssitzung erfährt, dass er die Koffer zu packen hat! So gehen Sie mit Ihren Leuten um, sehr geehrter Herr Khol! – Das bleibt Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Beifall bei der SPÖ.)

Laut einem Nachrichtenmagazin ist die Kanzlei des Zweiten Nationalratspräsidenten zu einem Personalbüro seiner persönlichen "Österreich AG" geworden. Dieser Mann ist mit Hilfe der Bundesregierung zum Drahtzieher der österreichischen Industriepolitik geworden, den die FPÖ mangels Kompetenz und die ÖVP mangels Rückgrat walten und schalten lässt. – Dass wir Ihnen das in der Öffentlichkeit vorwerfen, werden Sie sich gefallen lassen müssen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wie reagiert Thomas Prinzhorn? Er sagt: "Nur Unfähige müssen gehen!". 50 Aufsichtsräte und Manager mussten wegen Unfähigkeit gehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen mussten auch Sie gehen!) Worin besteht die Unfähigkeit? Ich frage vor allem die ÖVP, sehr geehrter Herr Dr. Khol? Worin besteht die Unfähigkeit des Herbert Krejci, des Herrn Karl Kehrer, des Herrn Stephan Koren, des Herrn Walter Wolfsberger, des Herrn Josef Fröhlich, des Herrn Ludwig Scharinger, des Herrn Walter Rothensteiner, des Herrn Engelbert Wenckheim, des Herrn Georg Wailand, des Herrn Helmut Schuster, des Herrn Horst Pöchhacker, Streicher, Rehulka, Bammer, Kastler, Feitl, Draxler, Sundt und so weiter, und so weiter?

Worin besteht deren Unfähigkeit? Sie sind alle unfähig? – Sie haben unterschiedliche politische Ansichten Ihnen gegenüber, aber eines haben sie gemeinsam: Sie passen nicht in Ihr Konzept, sie hielten der Umfärbung ganz einfach nicht stand, weil sie die geistige Gleichschaltung abgelehnt haben. Das spricht für die von Ihnen ausgeschalteten Persönlichkeiten der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dieser Regierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es nicht um kluge Konzepte für die österreichische Industrie, dieser Regierung geht es nicht um Standortsicherung und Kompetenz – dieser Regierung geht es um die brutale Durchsetzung macht-, partei- und gesellschaftspolitischer Interessen, denn diese verfolgen FPÖ und ÖVP gnadenlos: beim blau-schwarzen Proporz in Führungs- und Aufsichtsgremien öffentlicher Einrichtungen, beim Ausverkauf und der Überantwortung heimischer Unternehmen und Vermögenswerte an ausländische Kapitaleigner, aber auch bei der "Verschüsselung" des ORF, bei der Einschüchterung von Medien und Opposition, beim Missbrauch von Steuermillionen für Regierungspropaganda, bei der Umverteilung von Arm zu Reich, bei der Belastung von sozial Schwachen und Steuergeschenken für Wohlhabende, beim Zugang zum Studium nur mehr für jene, die das nötige Geld haben!

Das ist Ihre Politik, aber die Rechnung kommt, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Wien-Wahl wurde Ihnen die gelbe Karte gezeigt, bei der nächsten Nationalratswahl bekommen Sie rot! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: So viel Applaus hat der Gusenbauer noch nie gekriegt!)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.21

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich darüber, dass ich Gelegenheit habe, diese Dringliche Anfrage zu beantworten, weil sie uns die Möglichkeit einräumt, die Grundlagen und die Prinzipien der Wirtschaftspolitik und der Industriepolitik dieser österreichi


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schen Bundesregierung darzulegen und gleichzeitig die völlige Unglaubwürdigkeit Ihrer Argumentation zu beweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich habe mehrfach von dieser Stelle aus festgehalten: Unser Grundsatz ist: "Privat ist besser als der Staat!" (Abg. Edlinger: Libro! Steiner!), und das beweisen viele Unternehmer in diesem Land, die mit ihrem Herzblut, die mit ihrem Geld, die mit ihrem persönlichen Einsatz dabei sind und für den Erfolg der Unternehmen stehen. Viele Klein- und Mittelbetriebe beweisen tagtäglich, dass sie Rückgrat dieser Wirtschaft sind. Deswegen sagen wir: "Privat ist besser als der Staat!" (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich nehme zur Kenntnis, dass die Sozialdemokratie fordert: Zurück zum staatlichen Eigentum! Sie begründen in Ihrer Dringlichen Anfrage sehr ausführlich, warum staatliches Eigentum für Österreich so notwendig ist. Ich darf Ihnen Ihre Linienänderung kurz vor Augen führen: Sie haben in der Zeit sozialdemokratischer Bundeskanzler und Finanzminister allein von 1993 bis 1997 zwölf Unternehmen zu 100 Prozent privatisiert. – Offensichtlich hat man damals erkannt, dass Privat besser ist als der Staat. Jetzt sagen Sie: Dagegen sein ist alles, machen wir Totalopposition! – Ich sage, das ist keine Linie! Wir haben eine moderne Industriepolitik zu verfolgen, die für den Standort gut und positiv ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Daher ist es zutiefst abzulehnen, wenn Sie sagen: Zurück in die Vergangenheit! – in eine Zeit, in der der Steuerzahler viele Milliarden Schilling in eine verstaatlichte Industrie zuschießen musste und in der gleichzeitig viele tausend Menschen in Österreich ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Ich darf ein Beispiel bringen, das heute angesprochen worden ist. Die AT & S ist ein Beispiel für eine Privatisierung, die nicht wir, sondern Sie vorgenommen haben, und ein Beispiel Ihres eigenen Versagens in der Zeit der Verstaatlichten-Politik. Die AT & S war ein zu 100 Prozent verstaatlichtes Unternehmen. Die AT & S hat 1989 in der Zeit eines sozialdemokratischen Finanzministers und Bundeskanzlers und unter Ihrer Verantwortung ein Kunststück geschafft, meine Damen und Herren, das da lautet: 1989: Umsatz in etwa 350 Millionen Schilling, operativer Verlust 370 Millionen Schilling, ausgewiesener Bilanzverlust 600 Millionen Schilling. – So haben Sie gewirtschaftet, meine Damen und Herren! Das haben sozialdemokratische Finanzminister zustande gebracht! Wir wollen es anders tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf das Beispiel weiterführen. 1990: rote Zahlen, 1991: rote Zahlen, 1992, 1993: rote Zahlen. 1994 haben Sie gesagt, es gebe keine Hoffnung mehr: Verkaufen wir dieses Unternehmen, wir glauben nicht an eine nachhaltige Sanierung der AT & S! Sie haben die Halbjahresbilanz 1994 als Grundlage für den Kaufpreis gelegt, und dieser war aus heutiger Sicht bekanntermaßen sehr niedrig. Bereits im Jahr 1994 – die Privatisierung erfolgte im November 1994 –, als es privatisiert war, hat man erstmals einen Gewinn in diesem Unternehmen ausgewiesen. Im Jahr 1995 hat der Handyboom dieses Unternehmen überrannt. Heute hat dieses Unternehmen einen Börsenwert von 7 Milliarden Schilling; man hatte schon 15 Milliarden Schilling als Börsenwert ausgewiesen.

Wenn wir so privatisieren würden, würden Sie uns vorwerfen: Verschleuderung von Volksvermögen, Selbstbedienungsmentalität, Freunderlwirtschaft!

Meine Damen und Herren! Ich mache das nicht, sondern ich gratuliere Generaldirektor Dörflinger und auch Hannes Androsch und dem Team zu diesem großartigen Unternehmenserfolg, denn das heißt: Wertschöpfung erhöht, Arbeitsplätze geschaffen, für den Standort einen wesentlichen Beitrag geleistet, und das, weil es ein zu 100 Prozent privatisiertes Unternehmen war. Ein Musterbeispiel dafür, wie man erfolgreich privatisieren kann. Privat ist besser als der Staat – Sie haben das über lange Zeit selbst bewiesen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf weiter ausführen und Ihnen ein Angebot machen, das da heißt: Messen wir uns doch einfach an der Leistung, meine Damen und Herren! Dazu hat sich diese Bundesregierung immer schon bekannt. Was ist klüger für den Steuerzahler, was ist klüger für den Standort Österreich? Die SPÖ hat in ihrer Zeit, Finanzminister, Bundeskanzler, von 1982 bis 1997 Privatisie


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rungserlöse von 20,4 Milliarden Schilling zustande gebracht. Wir haben allein in eineinhalb Jahren Privatisierungserlöse von weit mehr als 30 Milliarden Schilling zustande gebracht. Sie haben uns in der ÖIAG Schulden von 86,6 Milliarden Schilling überlassen, wir haben diese Schulden in einem Jahr auf 37,9 Milliarden Schilling zurückgeführt, das heißt mehr als halbiert, und zwar durch sehr erfolgreiche Privatisierungen bei der P.S.K., beim Flughafen und bei der Telekom Austria. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Edlinger! Sie als mein Vorgänger haben eine Politik verfolgt, die darin bestand, Anteile der Österreichischen Tabakwerke zu verkaufen, damit Sie Zinsen zurückzahlen können. Sie haben Vermögen des Steuerzahlers weggegeben, um Zinsen zurückzuzahlen. Die Schulden sind geblieben. – Das war Ihre Politik, und eine solche Politik lehnen wir ab! Wir sind für das Vermögen des Steuerzahlers, für die Arbeitsplätze, für den Standort Österreich verantwortlich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben den Börsenwert der Beteiligungsunternehmen der ÖIAG angesprochen. Ich meine, wir sollten seriöse Zahlen nehmen, und diese seriösen Zahlen, meine Damen und Herren, besagen: Im Mai 2000 machte der Börsenwert der gesamten Beteiligungsunternehmen der ÖIAG 28,9 Milliarden Schilling aus, im Mai 2001, ein Jahr später, liegt der Börsenwert dieser Unternehmen bei 35,15 Milliarden Schilling. – Eine Steigerung in einer Zeit sinkender Börsen, bei einem Zusammenbruch mancher Indizes, eine Steigerung um 6,2 Milliarden Schilling Wert für den Steuerzahler, für die Bevölkerung, eine Performance von mehr als 20 Prozent – das müssen Sie uns einmal nachmachen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie werfen uns Freunderlwirtschaft vor, Sie werfen uns parteipolitische Postenbesetzungen vor, Sie werfen uns Abfertigungszahlungen vor, meine Damen und Herren! Ich kann dazu wirklich nur sagen: Öffnen Sie bitte Ihr Denken, anerkennen Sie, dass es eine neue Zeit gibt, übertragen Sie nicht Ihr System der Vergangenheit, der Freunderlwirtschaft, des Proporzes und Postenschachers, der Abfertigungszahlungen, in die heutige Zeit! Das ist eine neue Bundesregierung, die sich allein der Leistung und der Qualität verpflichtet fühlt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich halte es wirklich schon für mehr als anmaßend, dass Sie, Herr Abgeordneter Edlinger, sich hier herstellen und jetzt von Freunderlwirtschaft und Postenbesetzungen sprechen. Ich habe einen Ordner mitgebracht, den mir mein Kabinett, das Finanzministerium vorbereitet hat und aus dem klar ersichtlich ist, wo überall es sozialdemokratische Postenbesetzungen gegeben hat, aber ich habe nicht die Zeit dazu, um Ihnen die rot angestrichenen Namen vorzulesen. Ich denke beispielsweise nur an die ÖIAG, daran, dass es einen ehemaligen Minister Staribacher gegeben hat, der Vorsitzender der ÖIAG war, der von der Gewerkschaft in die Privatisierungsgesellschaft der Republik nominiert werden konnte. Das waren Ihre Zeiten! AUA, Kontrollbank, Oesterreichische Nationalbank und viele andere Gesellschaften, dort haben Sie ganz klar nach der Parteipolitik besetzt.

In Ihre Zeit, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, fallen Verträge, die vor allem einmal die Abfertigungen, die Pensionsleistungen sichergestellt haben und die die Leistung zuallerletzt kommen ließen, und in Ihre Verantwortung fallen daher Verträge, wie sie ein Hugo Michael Sekyra gehabt hat, wie sie ein Herr Apfalter gehabt hat, auf Grund welcher ein Herr Feitl seine Abfertigung bekommen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ein Herr Bammer und ein Herr Rehulka haben solche Verträge. Dazu gehört auch Ihr ehemaliger Bundeskanzler Klima, der auch eine entsprechende Abfertigung von einem halbstaatlichen Unternehmen bekommen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Parteibuchwirtschaft bis in den Tod! Das ist die Wahrheit!)

Unsere Kriterien sind Qualität und Leistung und ist parteiunabhängiges Vorgehen zum Erfolg dieser Unternehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Nun darf ich zur Beantwortung Ihrer Anfrage übergehen, wobei ich eines vorausschicke, was Sie als Anfrage stellende Abgeordnete sicherlich wissen, nämlich die Rechtslage dieser Dringlichen


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Anfrage. Sie wissen, dass sich in diesem Zusammenhang gestellte Fragen überwiegend auf Angelegenheiten beziehen, die nicht Gegenstand der Vollziehung durch den Bundesminister für Finanzen sind. Der Bundesminister für Finanzen nimmt ausschließlich die Rechte der Republik Österreich als Alleineigentümerin der ÖIAG in der Hauptversammlung der ÖIAG wahr. Er hat daher nach der bestehenden Gesetzeslage keine Möglichkeit, die Auswahl und die Bestellung von Organmitgliedern in Beteiligungsgesellschaften der ÖIAG oder in Konzerngesellschaften zu beeinflussen.

Weiters betreffen die vorliegenden Fragen zum großen Teil unter anderem Entscheidungen von Beteiligungsgesellschaften der ÖIAG oder von Konzerngesellschaften solcher Beteiligungsgesellschaften. Damit besteht keine Vollzugszuständigkeit des Bundesministers für Finanzen, es liegt auch keine Angelegenheit der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten vor. Die Fragen sind somit überwiegend von dem in § 90 Geschäftsordnungsgesetz determinierten Fragerecht nicht erfasst.

Daher darf ich mich im Hinblick auf diese Rechtsgrundlage nur im Einverständnis mit der ÖIAG äußern, und die erteilten Informationen, die jetzt folgen, sind daher zum größten Teil Informationen, die ich von der ÖIAG erhalten habe.

Frage 1 darf ich wie folgt beantworten:

Die Kosten für das mit der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern der ÖIAG beauftragte Beratungsunternehmen beliefen sich auf 1,9 Millionen Schilling, für Vorstände auf 1,6 Millionen Schilling, bei den übrigen Gesellschaften sind bisher keine Beraterhonorare angefallen.

Zur Frage 2:

Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Aufsichtsratsmitgliedern sind keinerlei Zahlungen angefallen. Zu allfälligen Zahlungen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern kann aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angabe gemacht werden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ah! – Rufe bei der SPÖ: Steht eh in der Zeitung!)

Zur Frage 3:

Wenn Sie die Kursentwicklung an der Wiener Börse in den Jahren von 1994 bis zum Jahr 2000 betrachten und diese beispielsweise mit dem EuroStock-Index vergleichen, dann werden Sie wissen, dass wir einen EuroStock-Index hatten, der in diesen sechs Jahren um 170 Prozent gestiegen ist, während die Wiener Börse praktisch auf ihrem Niveau verharrt hat und keine Steigerungen verzeichnen konnte. Seit Jahresanfang 2001 ist der ATX um mehr als 10 Prozent angestiegen, war einer der bestentwickelten Börsenindices weltweit, während der EuroStock-Index um 7 Prozent zurückging.

Wir konnten eine Steigerung des Börsenwerts der ÖIAG-Gesellschaften um 6,2 Milliarden Schilling verzeichnen. Daher bin ich zutiefst davon überzeugt, dass die Privatisierungsinitiative dieser österreichischen Bundesregierung der richtige Weg ist. Ob das Ansprechpartner in den USA oder in Asien sind, es gibt überall ein enorm positives Feedback für diese Privatisierungsinitiative. Jeder weiß: Das ist zum Erfolg dieser Unternehmen, das ist wichtig für den Wirtschaftsstandort Österreich und für die Arbeitsplätze in unserem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr souverän! – Abg. Dr. Gusenbauer: Nicht einmal das Argument stimmt!)

Zur Frage 4:

Darin geht es um die Kursentwicklung der Telekom Austria. Sie wissen sicherlich, wie sich andere Telekom-Unternehmen seit Jahresanfang 2001 entwickelt haben: Die British Telecom hat minus 10,7 Prozent Performance, die Telecom Italia hat plus 1,6 Prozent, die Swisscom hat plus 4,4 Prozent, die Deutsche Telekom hat minus 19 Prozent. Die Telekom Austria hat plus 6,5 Prozent und war damit der sich seit Beginn des Jahres 2001 am weitaus besten ent


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wickelnde Wert, besser als jener der Deutschen Telekom, besser als jener der Swisscom, besser als jener der Telecom Italia, besser als jener der British Telecom.

Ich kann auch keinen negativen Einfluss der Vorstandsdiskussion im Kurswert erkennen. (Abg. Edlinger: Warum muss dann Sundt gehen?) Vielleicht sieht man das als positive Investition für die Zukunft, weil diese Bundesregierung sich ausschließlich der Leistung, der positiven Entwicklung eines Unternehmens und dem Turnaround verpflichtet fühlt.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie haben uns Probleme in der AUA hinterlassen, Sie haben uns Probleme in der Telekom hinterlassen, Sie waren nicht in der Lage, eine rechtzeitige Trennung der Post und der Telekom herbeizuführen. Ihr Finanzminister Klima ist es, der dafür verantwortlich ist, dass wir die letzte Privatisierung durchführen mussten. Sie haben uns Probleme in der VA Tech AG hinterlassen. Sie sollten uns unterstützen, denn wir machen wieder gut, was Sie angerichtet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Wenn Dummheit schreien könnte, wäre es laut im Saal! Warum muss der Sundt gehen?)

Zur Frage 5:

Ich gehe davon aus, dass für den erwähnten Kursverfall in der AUA die unternehmensspezifischen Gründe ausschlaggebend waren, bin aber Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, ein Weniger an Diskussion wäre gut. Das gilt aber auch für die Opposition, denn man sollte den Unternehmen die Möglichkeit geben, sich in Ruhe zu entwickeln und die geschäftliche Gebarung durchzuführen.

Zur Frage 6:

Als Bundesminister für Finanzen habe ich in keinem Aufsichtsrat die Mehrheit. Die Aufsichtsräte werden, wie Sie wissen, von der Hauptversammlung gewählt. Zu der erwähnten Vorgangsweise kann ich daher nicht Stellung nehmen, da dies eine Angelegenheit des Aufsichtsrates der AUA ist und in dessen Organverantwortung liegt.

Zur Frage 7:

Ich darf die Antwort am Beispiel der ÖIAG geben: Einen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Staribacher, der nach eigenen Auskünften von der Gewerkschaft dorthin nominiert worden ist, und einen Aufsichtsrat, der durchaus das Kriterium einer Proporzbesetzung erfüllt, haben wir ersetzt durch einen Aufsichtsrat, der sich aus folgenden Persönlichkeiten zusammensetzt: Dr. Paul Achleitner, Dr. Cornelius Grupp, Diplombetriebswirt Alfred Heinzel, Dipl.-Ing. Jürgen Hubbert, Franz Rauch, Direktor Veit Schalle, Dr. Veit Sorger, Dr. Paul Tanos, Professor DDr. Hellwig Torggler, Dr. Erich Wiesner.

Das sind Unternehmerpersönlichkeiten, die, wie Sie, meine Damen und Herren, wissen, für in etwa 500 000 Mitarbeiter Verantwortung tragen und für in etwa 2 000 Milliarden Schilling Umsatz stehen und die daher mit ihrer Erfahrung und mit ihrem Know-how bewiesen haben, dass sie es verstehen, große Konzerne zu managen. Wir müssen deswegen dankbar sein, dass sie die Verantwortung für die ÖIAG als Aufsichtsräte übernommen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Frage nach den anderen Aufsichtsräten darf ich Ihnen als Auskunft der ÖIAG schriftlich nachreichen, da dies in den Verantwortungsbereich der ÖIAG fällt.

Zur Frage 8:

Der Aufsichtsrat der ÖIAG wurde gemäß der gesetzlichen Verpflichtung nach einer professionellen Personalsuche mit unabhängigen und erfolgreichen Wirtschaftsmanagern und Persönlichkeiten mit langjähriger Erfahrung im Wirtschaftsleben ersetzt. (Abg. Edlinger: Wie unabhängig?) Sie sind Garant dafür, dass der bisher mögliche politische Einfluss auf die Prozesse des Marktes endgültig ausgeschaltet wird. Durch diesen Modus, den wir gewählt haben, nämlich


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auch der Selbsterneuerung des Aufsichtsrates der ÖIAG, wird die Entpolitisierung des Aufsichtsrates der ÖIAG sichergestellt.

In diesem Zusammenhang darf ich auch darauf verweisen, dass in Ihrer Verantwortung, Herr Abgeordneter Edlinger, die Bestellung und die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der ÖIAG direkt beim Bundesminister für Finanzen lag (Abg. Edlinger: Das ist falsch!) und damit im Gegensatz zu heute eine entsprechende politische Einflussnahme möglich war. (Abg. Edlinger: Sie wissen, dass das falsch ist!) Das unterscheidet die Arbeit der vergangenen von jener der neuen Bundesregierung! Wir sind für Entpolitisierung, für privatwirtschaftliches Management! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf außerdem festhalten, dass wir uns, ohne dass dafür eine gesetzliche Verpflichtung bestanden hätte, der Unterstützung durch ein Personalberatungsunternehmen bedient haben, um bei der Bestellung dieser Aufsichtsräte möglichst auch den Kriterien der Objektivität sowie der Güte und der Qualität gerecht zu werden. Die Kosten dieses Personalberatungsunternehmens sind in der Beantwortung der ersten Frage entsprechend dargestellt.

Zur Frage 9:

Was die Vorstandsveränderungen betrifft, ist zu sagen: Nach dem Ausscheiden von Dr. Streicher aus dem Vorstand der ÖIAG per 31. Jänner 2001 wurde über Beschluss des Aufsichtsrates vom 25. Mai 2001 Dr. Peter Michaelis zum weiteren Mitglied des Vorstandes der ÖIAG neben Dr. Johannes Ditz bestellt. Andere Vorstandsveränderungen darf ich Ihnen ebenfalls schriftlich als Auskunft der ÖIAG nachreichen.

Zu den Fragen 10 bis 13 darf ich Folgendes festhalten:

Vorstände und Geschäftsführer werden von den dafür verantwortlichen Unternehmensorganen grundsätzlich nach ihrer fachlichen Eignung und nach ihrer beruflichen Erfahrung bestellt. Eine öffentliche Ausschreibung erfolgt im Allgemeinen dann, wenn dies nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes erforderlich ist.

Nochmals betonend: Qualität, Leistung, Erfahrung, persönlicher Background sind die Kriterien, nach denen unsere Aufsichtsratsbesetzungen oder die der ÖIAG in ihrer Verantwortung wahrgenommen werden.

Zur Frage 14:

Das ist eine besonders interessante Frage, sie betrifft meine private Wohnung, die ich erworben habe. Es wird gefragt, ob Herr Ernst Karl Plech, der zum Aufsichtsratsvorsitzenden der BUWOG bestellt wurde, auch mein Immobilienmakler war.

Erstens darf ich Ihnen sagen, dass, wie Sie bereits aus der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 2227/J vom 28. März 2001 wissen, eventuelle vertragliche Beziehungen in meinem Privatbereich nicht dem Fragerecht gemäß § 90 Geschäftsordnungsgesetz unterliegen. Auf gut Deutsch gesagt: Das geht Sie relativ wenig an! (Abg. Sophie Bauer: Das spricht für die "Qualität" des Finanzministers! Seien Sie mir nicht bös: Das ist ein Charakter!)

Ich sage Ihnen aber auf der anderen Seite auch sehr deutlich: Sie unterschätzen den Bundesminister für Finanzen. Ich habe ganz normal ein Inserat in der Zeitung gelesen, bin zum Eigentümer dieser Wohnung gefahren, habe mir die Wohnung angesehen und habe dann die Wohnung um einen fairen Preis käuflich erworben. Ich habe mich keines Immobilienberaters bedient. Daher: Die Selbständigkeit ist relativ groß! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Das hat jetzt aber nach einem sehr schlechten Gewissen geklungen! – Lebhafte ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Gegensatz zu Ihren Reihen darf ich Ihnen sagen: Mein Gewissen und meine weiße Weste können Sie noch viele Jahre lang erforschen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der


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ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Gusenbauer.  – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Zu den Fragen 15 bis 17:

Bei der Ausübung ihrer Funktionen sind die Organe der ÖIAG lediglich an das ÖIAG-Gesetz 2000 gebunden, in dem insbesondere die Aufgaben des Privatisierungsmanagements und des Beteiligungsmanagements definiert sind.

Das ÖIAG-Gesetz 2000 ordnet im § 8 Abs. 4 an, dass der Vorstand der ÖIAG dem Aufsichtsrat für die Unternehmen, deren Privatisierung beabsichtigt ist, ein mehrjähriges Privatisierungsprogramm zur Genehmigung vorzulegen hat. Dieses Privatisierungsprogramm entspricht einem mittelfristigen Konzept. Dieses wurde von der ÖIAG auch entsprechend vorgelegt.

Sie kennen den Privatisierungsauftrag der österreichischen Bundesregierung, der folgende Beteiligungen umfasst: Österreichische Staatsdruckerei, Dorotheum, Print Media Austria, Flughafen Wien, Telekom Austria und Austria Tabak.

Ich sehe kein zeitliches Limit – mit Ausnahme der Formulierung: "in dieser Legislaturperiode zu privatisieren". Daher sehe ich den zeitlichen Druck, welchen Sie in Ihrer Frage ansprechen, nicht. Ich bin der Überzeugung, dass man so wie bisher im Interesse Österreichs vorzugehen hat, das heißt: Wertsteigerung dieser Unternehmen, das heißt: Entscheidungsmöglichkeiten weiterhin in unserem Land behalten, das heißt: Arbeitsplätze nicht nur erhalten, sondern, wenn möglich, vermehren, das heißt: Wertschöpfung dieser Unternehmen erhöhen, das heißt: dem Standort Österreich dienen. Genau auf diesem Weg ist die Privatisierungslinie der ÖIAG festgelegt!

Zur Frage 18:

Die Frage der Veräußerung von Anteilen des Bundes an der ÖIAG stellt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

Zur Frage 19:

Es sei auf den am 17. Mai 2000 in der Hauptversammlung der ÖIAG erteilten Privatisierungsauftrag verwiesen. Ein adaptierter oder neuer Privatisierungsauftrag wurde bislang nicht erteilt.

Zur letzten Frage, zur Frage 20:

Wie die ÖIAG mitteilt, werden die weiteren Überlegungen in Abstimmung mit dem Infrastrukturministerium unter Berücksichtigung des notwendigen Bedarfs und der regionalpolitischen Gegebenheiten verantwortungsvoll weitergeführt werden. Ziel muss natürlich auch beim Postbus die Erzielung eines Turnaround sein.

Meine Damen und Herren! Abschließend sei nochmals gesagt: Moderne Industriepolitik heißt nicht staatliches Eigentum, wie Sie das festgeschrieben haben wollen, heißt nicht, Mauern rund um Österreich zu bauen, sondern heißt, Vertrauen in privates Eigentum zu setzen, heißt attraktive Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft, heißt, den Freiheitsgrad der Wirtschaft zu erhöhen. Sie kennen sicherlich die Untersuchung, die jüngst weltweit präsentiert worden ist, in welcher Österreich von Platz 25 auf Platz 15 vorgereiht wurde, also um 10 Plätze nach vor. Das war möglich, weil wir die Wirtschaft liberalisieren und damit zu mehr Wachstum beitragen, mehr Arbeitsplätze in unserem Land schaffen, höheres Einkommen und höhere Lebensqualität erzielen. Das ist ein Weg, auf den man stolz sein kann und den Sie unterstützen sollten! – Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Es ist bekannt: Jeder Klub hat eine Redezeit von 25 Minuten, kein Redner darf länger als 10 Minuten sprechen.


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Bevor ich dem ersten Debattenredner das Wort erteile, erhält Herr Abgeordneter Edlinger zu einer tatsächlichen Berichtigung das Wort. Redezeit: 2 Minuten. Geschäftsordnung: bekannt. – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Jetzt schaut er alt aus, der Edlinger! – Die Abgeordneten Mag. Schweitzer und Ing. Westenthaler  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Edlinger –: Meister der Misswirtschaft!)

15.44

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Bundesminister Grasser hat vor wenigen Minuten hier behauptet, dass der frühere Finanzminister persönlich und direkt Aufsichtsratsbestellungen in ÖIAG-Unternehmungen vorgenommen hätte. – Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass ich nie derartige Bestellungen vorgenommen habe. (Ruf bei den Freiheitlichen: Aber angeschafft haben! – Abg. Ing. Westenthaler: Der Ministersekretär!) Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das jetzt der Klubobmann Nummer 1, Nummer 2 oder Nummer 3?)

15.45

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Hohes Haus! Was wir heute erlebt haben, war ein Beispiel für Arroganz der Macht. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Das Sunnyboy-Lächeln des Herrn Finanzministers ist verflogen. Er will immer der Vorzugsschüler sein. Heute muss ich sagen: Thema verfehlt. Nicht genügend. Setzen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser hält eine Tafel in die Höhe mit der Aufschrift: "Buenos Dias SPÖ! Viktor Klima. 27 Millionen ÖS abkassiert.")

Er kann sich nicht hier herstellen und sagen: Mein Name ist Grasser, ich sitze im Finanzministerium, und ich weiß von nichts! Das nimmt ihm doch keiner ab! Oder will er uns vielleicht erklären, wenn er demnächst einen der Aufsichtsräte sucht, die entfleucht sind, dass er dann am Telefon nur mehr "tut-tut-tut" hört und sagt: Oje, wieso meldet sich da niemand mehr?, und dass dann irgendein Sekretär kommt und sagt: Da wird sich etwas verändert haben, da müssen wir nachfragen! (Abg. Haigermoser: Schade um den Kostelka!)

Oder will er uns weismachen, dass er einen seiner Vorstände sucht und dass sich plötzlich ein anderer meldet und er dazu sagt: Jö, so ein Zufall, ein Freund von mir sitzt im Vorstand, ja wie bist denn du dort hingekommen (Heiterkeit bei der SPÖ), kannst du mir das nicht erzählen, wie man das macht?, und dass der ihm dann die Geschichte erzählen und sagen wird: Ja, das war ganz, ganz schwierig, aber eines Tages kam Prinzhorn, und plötzlich war ich dort, wo ich jetzt bin!, und er dann darauf sagt: Tststs, das überrascht mich aber!? (Heiterkeit bei der SPÖ.)

So ungefähr ist die Geschichte, die er uns heute erzählen will! Da sage ich Ihnen: Das braucht er uns nicht zu erzählen (Beifall bei der SPÖ), denn wenn hier eine Säuberungskampagne stattfindet, von der ein Günter Mittag aus der DDR – für Sie aus der SED – nur träumen kann, nämlich mit welcher Perfektion das stattfindet (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein "echter" Klubobmann mit "Format"!), dann kann ich nur sagen: Das ist ein staatssozialistisches Säuberungsmodell, das wir hier vorgeführt bekommen, das seinesgleichen sucht. Glauben Sie mir das! Da kann ja Nordkorea noch etwas abschauen, wie man da Veränderungen in der Wirtschaft vornimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Am besten finde ich ja den Satz: Privat ist besser als Staat. – Schauen Sie: Es gibt Privatunternehmen, die Pleite gegangen sind, und es gibt Staatsunternehmen, die Pleite gegangen sind (Rufe bei den Feiheitlichen und der ÖVP: "Konsum"!); es gibt Private, die Gewinne gemacht haben, und es gibt Staatsbetriebe, die Gewinne gemacht haben. Alles andere ist Ideologie! (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit dem "Konsum"?)


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Wissen Sie, was Ideologie ist? – Ideologie ist, wenn ich sage: Ich verkaufe jetzt ein Unternehmen, egal zu welchem Preis, Hauptsache, ich muss! (Abg. Ing. Westenthaler: Wie lange hast du die Rede einstudiert!) Ich spüre einen Drang, ich muss, ich muss an die Börse! Oje, ich bekomme nur 11 Milliarden! So ein Pech! Aber ich muss, ich spüre einen Drang! – Das ist Ideologie!

Oder für Sie, Herr Westenthaler: Sie gehen auf den Naschmarkt, plötzlich kommt ein Gurkenverkäufer, und Sie sagen: Ich will gar keine Gurken! (Abg. Ing. Westenthaler: Ich glaube, Sie haben die Rede vor dem Spiegel einstudiert!) Er sagt: Egal, ich verkaufe sie Ihnen trotzdem! Umsonst! Billig! Und dann haben Sie die Gurken für den Gurkensalat. – Das ist Ihr marktwirtschaftliches Verständnis! Das ist Ihre Wirtschaftskompetenz! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zur Beantwortung der Fragen: Wenn ich an die Beraterfirmen denke, bekomme ich ja Lachkrämpfe. Eine "unabhängige" Beraterfirma sucht zufällig permanent immer jene Leute aus, die man parteipolitisch will, die aber ohne Parteibuch sind – ich weiß schon –, die jedoch jene engen geistigen und körperlichen Beziehungen aufweisen, die garantieren, dass alles stimmt, wenn die Positionen besetzt werden. (Abg. Haigermoser: Herr Kostelka, bleiben Sie Klubobmann! – Abg. Ing. Westenthaler: Den Stil Kostelkas wird er nie kriegen!)

Bei der Frage 2 hätte uns schon die Gesamtsumme aller Abfertigungen und Aufwendungen interessiert. Das fällt nicht unter das Datenschutzgesetz. Sagen Sie es uns: Waren es 200 Millionen Schilling? Waren es 250 Millionen Schilling? Was war Ihnen dieses machtpolitische Spiel à la DDR wert? Was musste der Steuerzahler dafür berappen, dass Prinzhorn und Sie Ihre Leute untergebracht haben? – Warum ist es übrigens bei der ÖVP die ganze Zeit so still? Haben Sie niemanden untergebracht? Oder sind Sie wieder vergessen worden? Oder ist es jetzt anders: Vergessen die (in Richtung Freiheitliche weisend) jetzt auf Sie?  – Das wäre einmal eine neue Variante. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Mitterlehner ist eh deiner Meinung!)

Was sagt Herbert Krejci? – Herbert Krejci sagt: Aufsichtsräte werden zu Parteihengsten abgestempelt, scheibchenweise demontiert und ohne Rücksicht auf Verluste rausgeworfen. Das kritisiert Herbert Krejci, ehemals Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Dieses Spiel ist für die Wirtschaft äußerst gefährlich. Besonders erzürnt ist Krejci darüber, dass die Volkspartei das ganze Feld Thomas Prinzhorn überlässt. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kapiert nicht, dass Politik auf diesem Gebiet auch Personalpolitik ist. Die ÖVP ist absolut weggetreten. – Also er beschreibt den Zustand, den Sie heute gerade haben, bereits vorher in diesem Zitat. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun wollen wir uns doch noch kurz ein bisschen mit Herrn Prinzhorn beschäftigen, und zwar deswegen, weil er diesen tollen Satz kreiert hat: "Nur Unfähige müssen gehen!" Ist Herr Prinzhorn ein solch toller Wirtschaftshengst, dass er so quasi als neoliberaler Wirtschaftsguru auftreten darf? (Abg. Ing. Westenthaler: Endlich liest er den "Falter"! Wenigstens einer liest den "Falter"! Wirtschaftspolitik aus dem "Falter"! Wirtschaftspolitik aus dem "Falter"!)

Lassen wir doch einen ehemaligen Finanzminister zu Wort kommen, der es wissen muss: Hannes Androsch. (Abg. Dr. Pumberger: Steuerhinterzieher!) Dass es ihn als Unternehmer überhaupt noch gibt, sagt Androsch über Prinzhorn, hat 1978 der damalige Finanzminister möglich gemacht. Die staatliche Finanzierungsgarantie für eine Papiermaschine hat er nur durch die ausdrückliche Beauftragung des Finanzministers bekommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist die Wirtschaftspolitik à la "Falter"! Cap! Wirtschaftspolitik à la "Falter"!) In den neunziger Jahren lag er im wirtschaftlichen Sterbezimmer. Und wieder wurde er durch massive Staatshilfe reanimiert. Seine Staatsphobie kann ich daher nicht nachvollziehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten einmal etwas anderes lesen als den "Falter"!) Mehr dankbare Demut wäre mehr als angebracht. Daher heißt das Credo von Prinzhorn in Wirklichkeit: Ohne den Staat bin ich nichts! – Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher reduziert sich all das eigentlich nur darauf (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Cap! Die Zuschauer auf der Tribüne verlassen fluchtartig den Raum! Die gehen alle heim! Sie reden, und die gehen alle heim!), dass Prinzhorn unter Privatisieren versteht: Selbstbedienung. Er will einfach,


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dass er und seine Leute sich am Volksvermögen, das man vorher schlecht redet und dann verschleudert, selbst bedienen. Das ist die Wahrheit! Man muss einmal den Österreicherinnen und Österreichern sagen, was hier vor sich geht.

Sie können den Duden umschreiben: Statt "Privatisieren" heißt es "Selbstbedienen" in Ihrer Sprache, im "blauen Duden", den Sie irgendwann einmal schreiben sollten. Statt "Entparteipolitisieren" heißt es "Freunderlwirtschaft". Sie kreieren eine neue Sprachkultur. Damit man Sie überhaupt versteht, sollten Sie das übersetzen, damit man sieht, was wirklich vor sich geht.

Was ich besonders reizend finde, ist die ganze Kernaktionärsdebatte und die Konsequenz Ihrer Privatisierungsstrategie, dass letztlich mit dem Ausverkauf österreichischer Schlüsselindustrien etwas passieren kann, worauf wir immer wieder hinweisen werden (Abg. Dr. Martin Graf: Bank Austria!): Es wird die Standortsicherung gefährdet sein, es werden Beschäftigte gefährdet sein. Ihr Satz "Österreich zuerst" wandelt sich jetzt in "Österreich zuletzt". Das ist Ihre Philosophie, die Sie dabei einbringen! Ihnen sind die Arbeitsplätze Wurscht, und Ihnen ist das österreichische Eigentum ebenfalls gleichgültig. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn das so ist, dann, so glaube ich, hat der Satz von Prinzhorn doch Sinn, wenn er sagt: Nur Unfähige müssen gehen! – Es ist an der Zeit, dass Sie alle diesen Satz endlich berücksichtigen. Auf Sie bezogen stimmt er nämlich – auch für den Ex-Sunnyboy. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war’s? Das war’s?)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Cap! CA! Bank Austria!)

15.54

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, ich tue Ihnen wirklich einen großen Gefallen, indem ich auf die Rede von Herrn Cap überhaupt nicht eingehe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber wir sind natürlich sehr froh über die Dringliche Anfrage, und zwar auch über die Diktion des Herrn Abgeordneten Edlinger, denn er hat damit heute etwas erklärt. Was heißt denn eigentlich "Umfärben"? – Da muss doch vorher schon alles eingefärbt gewesen sein! War das zufällig rot eingefärbt? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

War das zufällig rot eingefärbt wie Ihre Krawatte, Kollege Edlinger? – Hier wurde nicht umgefärbt, sondern hier wurden Positionen auf Grund der Qualifikation umbesetzt. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Jeder vernünftige Wirtschaftsunternehmer tauscht seinen Vorstand aus, wenn es im Unternehmen nicht funktioniert. Das hat nichts mit Umfärben zu tun – Umfärben vielleicht nur in Ihrem Sinn, aber nicht in unserem Sinn!

Herr Alt-Finanzminister Edlinger! (Abg. Edlinger: Was ist, Herr Alt-Generalsekretär? Haben Sie etwas zu sagen?) Ich kann mich noch ganz gut erinnern, als es damals in der Oesterreichischen Kontrollbank unbedingt notwendig erschien, einen dritten Vorstandsdirektor einzusetzen, weil man einen Posten für den damaligen abgetretenen Verkehrsminister Scholten gebraucht hat. Da gab es eine Aufsichtsratssitzung. Die Aufsichtsratssitzung der Oesterreichischen Kontrollbank betreffend Vorstandsangelegenheiten dauerte nur kurz. Das ist kein Protokoll, das ist ein Schreiben von Herrn Gerhard Praschak: Rudolf Scholten wird zum dritten Vorstandsmitglied ernannt, allerdings mit einer Vertragslaufzeit von fünf Jahren; die Altverträge laufen nur zwei Jahre. – Man braucht also dort unbedingt einen dritten Vorstandsdirektor, weil das dort rot eingefärbt ist, wie Sie das richtig gesagt haben, Herr Kollege Edlinger! (Abg. Edlinger: Ich habe das nie gesagt! – Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das ist ja unglaublich!)

Da brauchte man unbedingt einen dritten Vorstandsdirektor, weil sich die Geschäftsfelder dort so intensiviert und aufgebläht haben. Praschak hat Selbstmord begangen, weil er in die Knie ge


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zwungen worden ist, und zwar von dem politischen roten System. (Abg. Ing. Westenthaler: Parteibuchwirtschaft!) Das schreibt er auch in seinem Abschiedsbrief. Er schreibt in diesem Abschiedsbrief auch, dass er sich anlässlich eines Mittagessens mit Scholten getroffen hat, um die Geschäftsaufteilung zu besprechen, wie es auf Grund der Funktion notwendig ist, nachdem er die leidige Raumaufteilung offensichtlich abgeklärt hat.

Scholten sagte: Wenn es bei der bisherigen Aufteilung bleibt, dass er Vorsitzender bleibt, dann gibt es aber anständig Zoff. Dann ist er nämlich im Sinne des Haupteigentümers ein Sicherheitsrisiko. Wenn er sich daran nicht hält, dann wird man die politische Karte spielen. Ja etwa die freiheitliche? – Na sicherlich die sozialistische! Das ist Tatsache. Und das schreiben Sie sich endlich einmal hinter die Ohren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Genieren Sie sich! Schämen Sie sich, Herr Edlinger!)

Als er dann gesehen hat, wie man mit ihm umgeht – das ist keine Erfindung, das steht alles hier in diesem Abschiedsbrief, die Echtheit ist von jeder Seite bestätigt worden (Abg. Ing. Westenthaler: Parteibuch bis in den Tod!)  –, sagte er: Die Mühle ist zu.

Die Mühle ist zu (Abg. Jung: Mühle der Ohnmacht!) – das ist Ihr Umgang mit den Menschen. Das, was Sie den Freiheitlichen zum Vorwurf machen, ist ungerechtfertigt, denn das, was Sie betreiben, das ist menschenverachtend! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben mittlerweile das Gefühl, für Sie beginnt die Zeitrechnung am 4. Feber 2000. Alles, was vorher war, gab es nicht. Da hat es kein Milliardendesaster in der verstaatlichten Industrie gegeben. Da hat es keinen "Konsum" gegeben – immerhin 26 Milliarden Schilling, wobei man dann den Vorstandsdirektor des "Konsum" herangezogen und ihm die gesamte Verantwortung zugeschoben hat, obwohl die Verantwortung eigentlich beim Eigentümer liegt. Und wer war der Eigentümer? – Der Österreichische Gewerkschaftsbund!

Nach welchen Qualifikationskriterien der Gewerkschaftsbund seinen Aufsichtsrat ausgesucht beziehungsweise den Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt hat, fragt man sich, nachdem dieser ein jämmerliches Bild in einer Fernsehdiskussion abgegeben hat, da er nicht einmal gewusst hat, was eine Bilanz ist, was in einer Bilanz das Anlage- und das Umlaufvermögen ist und was Passiva sind. Den nehmen Sie als Vorsitzenden für einen Aufsichtsrat! Da wollen Sie Herrn Gerharter vor Gericht belangen, obwohl die alleinige Verantwortung beim Eigentümervertreter ÖGB liegt! Hier wollten Sie die Verantwortung nur auf den Kleineren abschieben, aber die Verantwortung liegt bei Ihnen. Aus dieser Verantwortung werden wir Sie niemals herauslassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist eine Chronologie der Schuldenkaiser und Arbeitsplatzvernichter: Lacina, Streicher, Klima, Einem, Edlinger. – All das sind Paradebeispiele. Haben Sie diese Beispiele schon alle vergessen? – Neben dem "Konsum" gab es die Verstaatlichten-Milliardenpleite Intertrading: immerhin 4 Milliarden Schilling; Chemie Linz, Merx: 600 Millionen – das ist unter 1 Milliarde, darüber reden wir gar nicht, gell?; das ist ein Lercherl für Sie –; Mega-Pleite AMAG: 15 Milliarden Schilling; Mega-Mega-Bankenskandal CA-Länderbank – ein eigenes Bundesgesetz musste geschaffen werden, damit man das auf 15 Jahre abschreiben kann, denn sonst hätte damals die Länderbank in die Riemergasse gehen müssen! Das wissen Sie ganz genau.

Aus dem Bundesbudget sind nach wie vor jährlich Milliardenbeträge dorthin überwiesen worden. Und so weiter und so fort. – Das ist eine Wirtschaftspolitik, deretwegen es heißt, dass privatisiert werden muss, dass der Staat aus der wirtschaftlichen Verantwortung der Unternehmen heraus muss.

Sie haben selbst gesagt, indem Sie mit der ÖVP die Koalitionsverhandlungen vorangetrieben haben, dass man privatisieren muss und dass das Ziel ist, 75 bis 80 Milliarden Schilling rasch zu lukrieren – 75 bis 80 Milliarden Schilling! Dazu, wie man vorher mit den so genannten Privatisierungen umgegangen ist, nenne ich Ihnen jetzt ein Beispiel. (Abg. Eder: Wo ist Herr Steiner hingeflüchtet? Der Privatunternehmer Steiner? Wo ist Steiner hingeflüchtet? Rosenstingl! Wo ist Herr Steiner?)


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Der Rechnungshofbericht stellt etwas klar fest, und zwar dass der ÖIAG für alle Geschäftsbereiche ein umfassendes Unternehmenskonzept fehlt. Warum er auf das Ganze kommt, zeigt nämlich folgendes Beispiel, wie Sie privatisiert haben: Bei der Privatisierung in der ÖIAG früher wurde kein Bewertungsgutachten gemacht, kein Gutachten über die Vermögenswerte gemacht, sondern man hat bestenfalls – das hat der Rechnungshof festgestellt – im Nachhinein ein so genanntes Rechtfertigungsgutachten erstellen lassen. (Abg. Edlinger: Herr Alt-Generalsekretär! Sie waren schon besser!)

Ich sage Ihnen ein Beispiel, die Austria Metall: Im Jahr 1996 hat man die Austria Metall verkauft, zwei Jahre darauf hat die AMAG bereits einen Gewinn in der Höhe von 412 Millionen Schilling gemacht, obwohl sie im Jahr 1996 noch ein Zuschussbetrieb in der Größenordnung von 1,2 Milliarden Schilling war. (Abg. Mag. Schweitzer: Eines der besten Beispiele überhaupt!) Das ist ein Paradebeispiel! Wem hat man denn das geschenkt? – Man hat nicht einmal ein Gutachten über den Vermögenswert dieses Wertes gemacht! Sie werfen dieser Bundesregierung vor, Eigentum zu verschleudern! Sie haben es verschleudert!

Sie waren diejenigen, die das verursacht haben, dass bei der Post und Telekom nicht der Wert zu erzielen war, der zu erzielen gewesen wäre, und zwar durch zwei Maßnahmen – das wissen Sie ganz genau –: Die erste Maßnahme war: Durch den Zweckbindungsschlüssel bei den Telefongebühren haben Sie jährlich – unabhängig davon, welche Ergebnisse die Post erzielt hat – bis zu 10 Milliarden Schilling abgeschöpft, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995 und so weiter Beträge zwischen 7 und 10 Milliarden Schilling. (Abg. Edlinger: Nicht und so weiter!)

Was war das Ergebnis? – Das Ergebnis war, dass die Post im Jahr 1976 einen Fremdkapitalanteil in Österreich von 13,3 Prozent gehabt hat – in der Schweiz waren es 94 Prozent. 1991 war die Post bereits mit 54,8 Prozent Fremdkapital verschuldet – in der Schweiz mit 70,2. In der Schweiz ist der Fremdkapitalanteil heruntergegangen, in Österreich ist er hinaufgegangen.

Sie haben – das haben auch die Gewerkschafter der Post kritisiert – die Post ständig ausgehöhlt und in einem miserablen Zustand verkauft beziehungsweise bei der ersten Transaktion einen Syndikatsvertrag mit den Italienern abgeschlossen, der praktisch Nachfolgegeschäfte schwer diskriminiert hat. Wer für diese Option zuständig war, dass an die Italiener so verkauft worden ist, dass es auch diese Probleme gegeben hat, war niemand anderer als der damalige Kabinettschef des Herrn Vranitzky, Herr Kramer – er hat dort die Fäden gezogen, das ist Tatsache.

Sie waren diejenigen, die verursacht haben, dass bei der Post und Telekom dieser Privatisierungserlös, den man angestrebt hat, nicht erreicht werden konnte, aber dieses Papier ist ein sehr sicheres Anlegerpapier und wird den österreichischen Publikumsaktionären in Zukunft noch viel Freude bereiten. (Abg. Edlinger: Das glaubt Ihnen niemand!)

Eines noch zum Abschluss, Herr Alt-Finanzminister! (Abg. Edlinger: Bitte, Herr Alt-Generalsekretär!)  – Generalsekretär war ich nicht! (Abg. Ing. Westenthaler: Er war nie Generalsekretär, aber das können Sie nicht wissen! Sie glauben heute noch immer, wir haben nur 20 Milliarden Schilling Defizit!)

Der Umgang mit den Zahlen war immer Ihr größtes Problem.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, jetzt ist auch die gesetzliche Redezeit abgelaufen. Ich bitte um den Schlusssatz.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – In meinem Schlusssatz möchte ich sagen, dass die Maßnahmen, die diese Bundesregierung in Richtung Privatisierung der ÖIAG gesetzt hat, die richtigen sind. Gott sei Dank wurde diese Bundesregierung mit Finanzminister Edlinger abgewählt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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16.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

16.05

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte nur auf die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Edlinger erwidern, weil ich es nicht so stehen lassen möchte, tatsächlich korrigiert zu werden.

§ 4 Abs. 1 ÖIAG-Gesetz alt hat gelautet: Der Bundesminister für Finanzen hat vor der Bestel-lung und der Abberufung seinen Vorschlag der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen. – Wenn das nicht die Kompetenz des Finanzministers zur Bestellung und Abberufung des Aufsichtsrates festschreibt, was dann? (Abg. Ing. Westenthaler: Das weiß er nicht mehr! Das hat er schon vergessen!)  – Sie wissen offensichtlich nicht, welche Kompetenzen Sie hatten, oder mögen sich nicht daran erinnern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Redezeit ist 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Ing. Westenthaler: Gähnende Leere bei den Antragstellern! Sie nehmen sich selbst nicht ernst! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ein Rohrkrepierer! – Weitere Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

16.06

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Dringliche Anfrage der SPÖ ist wirklich erstaunlich. Ich würde fast, wenn ich nicht Sorge hätte, dass dafür ein Ordnungsruf kommt, den Ausdruck "Chuzpe" verwenden – ich verwende ihn nicht, Herr Präsident (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen)  –, aber erstaunlich ist diese Dringliche Anfrage wirklich.

Sie ist nicht erstaunlich, weil sie so dringlich ist, dass der Parteiobmann und der Klubobmann nicht mehr da sind (Abg. Ing. Westenthaler: Der Ersatzklubobmann ist da!), sie ist nicht erstaunlich, weil die Dringlichkeit darin zum Ausdruck kommt, dass seitenweise ganze Absätze von einer ebenfalls Dringlichen Anfrage mit Datum 26. April 2000 abgeschrieben sind, aber sie ist deshalb erstaunlich, weil sich eine Partei als Schutzherr und Retter der heimischen Industrie aufspielt, die politisch für das größte Industrie-Debakel in der Geschichte der Zweiten Republik verantwortlich ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie ist verantwortlich für das Debakel der verstaatlichten Industrie mit mehr als 100 Milliarden Schulden, mit zehntausenden verlorenen Arbeitsplätzen. Diese Partei, die politisch für die größte Handelspleite in der Geschichte der Zweiten Republik verantwortlich ist – Stichwort "Konsum": über 20 Milliarden Schulden, 5 000 verlorene Arbeitsplätze (Abg. Sophie Bauer: Waren Sie nicht auch in der Regierung und dafür verantwortlich?)  –, spielt sich hier auf als Schutzherr der heimischen Betriebe und der heimischen Industrie. Das ist schon erstaunlich, meine Damen und Herren! Ich verwende das andere Wort jetzt bewusst nicht, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Zum Wiehern ist das!)

Es ist zweitens erstaunlich, meine Damen und Herren, dass sich diese Partei in dieser Anfrage darüber beklagt, dass Bundesanteile verkauft werden, dass Familiensilber, wie es heißt, verkauft wird, und Sie wissen gar nicht, dass Sie das Ganze verursacht haben. Denn warum geschieht denn das, bitte? – Weil dieses Familiensilber mit mehr als 100 Milliarden Verbindlichkeiten und Schulden belastet war! Wir treten dafür ein, dass die ÖIAG genau so handeln muss wie jeder ordentliche Kaufmann.

Wenn heute ein Unternehmen, ein privater Betrieb überschuldet ist, ist die erste Frage jedes Sanierers: Wo ist ein nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das zur Rettung des Unternehmens verkauft werden kann? – Die Alternative, die Sie offensichtlich wollen, wäre, dass der Steuerzahler diese Schulden zurückzahlt. Daher stellen wir uns schützend vor den Steuerzahler! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es wird nicht der kleine Rentner, es wird nicht der kleine Arbeiter das zurückzahlen, was Sie verursacht haben! Dafür sorgt diese Regierung vor.

Noch zu Beginn dieser Regierung betrug der Schuldenstand über 80 Milliarden Schilling. Es ist in diesen eineinhalb Jahren gelungen, diesen Schuldenstand zu halbieren. Ich bekenne mich


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dazu, dass es viel sozialer ist, wenn wir Schulden durch Vermögensverkäufe tilgen als dadurch, den kleinen Steuerzahler zu belasten, was Ihre jahrelange Strategie war, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Dringliche Anfrage ist aus einem dritten Grund erstaunlich: Es kommt hier wieder Ihre Grundphilosophie zum Ausdruck. Es heißt immer "Österreich", und Österreich ist der Staat. – Es heißt, Sie sind für den österreichischen Kernaktionär, aber das kann nur der Staat sein. Sie sind für das österreichische Eigentum, aber das kann nur der Staat sein. – Da unterscheiden wir uns eben: Wir bekennen uns zum privaten Eigentum, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bekennen uns zum privaten Investor, und nicht nur der Staat ist ein Investor, nicht nur der Staat kann Kernaktionär sein.

Das ist Ihre Philosophie: Österreich ist der Staat, und die SPÖ ist der Staat. – Diese Denkphilosophie, meine Damen und Herren, ist vorbei, das sind 30 Jahre Geschichte. (Abg. Sophie Bauer: Waren Sie nicht schon 14 Jahre in der Regierung?) Jetzt heißt es "Österreich neu regieren". (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin! Eines fällt mir auch auf: In der Dringlichen Anfrage ist auch eine Reihe von Namen genannt. Darin sind der Name Veit Sorger, der Name Cornelius Grupp, der Name Alfred Heinzel und der Name Veit Schalle genannt. Man wirft diesen Persönlichkeiten nicht vor, dass sie schlechte Manager wären – das sind Spitzenkaliber der österreichischen Industrie –, sondern man wirft ihnen vor, dass sie mit Thomas Prinzhorn befreundet sind. Sehr erstaunlich! (Rufe bei der SPÖ: Nein, überhaupt nicht!)

Sie fragen, wer wessen Immobilienmakler war. Das nächste Mal fragen Sie, wessen Kinder mit wem in die Schule gegangen sind. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Das ist für Sie volkswirtschaftliche Grundsatzpolitik, meine Damen und Herren? – Das sind lächerliche Fragestellungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Oberhaidinger: Steiner!)

Ich sage Ihnen eines: Ich bin sehr froh und dankbar, dass derart große Kaliber wie ein Veit Schalle, ein Veit Sorger, ein Cornelius Grupp, ein Alfred Heinzel überhaupt bereit waren, sich das anzutun, das zu sanieren, was Sie verursacht haben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Sophie Bauer: Wo waren Sie die 14 Jahre?)

Aber eines sage ich Ihnen durchaus auch in aller Ausgewogenheit: Auch ich würde mir wünschen, dass manche Personaldiskussion im großen Bereich der ÖIAG mehr in den Organen und weniger in der Öffentlichkeit geführt würde. Hiebei entsteht in der Tat eine Diskrepanz. Schauen Sie sich das heutige "WirtschaftsBlatt" an: Der ATX, in dem 40 Prozent börsennotierte ÖIAG-Unternehmen enthalten sind, hat ein einmaliges Jahreshoch. Es gibt also eine erstklassige Performance, aber in der Öffentlichkeit entsteht durch diese Personaldiskussionen ein negatives Image, und das bedaure ich. Ich würde mir daher wünschen, dass diese Personaldiskussionen weniger in der Öffentlichkeit stattfinden!

Eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Im Gegensatz zu früher – der Herr Minister hat es sehr deutlich gesagt – herrscht jetzt Organdisziplin. (Abg. Sophie Bauer: Mit einer Arroganz, die normalerweise ein Bundesminister nicht haben sollte!) Es gilt das Aktiengesetz. Da wird nicht hineinregiert. Der Aufsichtsrat hat die Vorstandsbestellung gemäß Aktiengesetz durchzuführen. Da gibt es keine politischen Zwischenrufe, Herr Kollege Edlinger! Wir melden uns deshalb nicht zu Wort, weil wir genau diese politischen Zwischenrufe nicht haben wollen. (Abg. Edlinger: Geh, hör auf! Glauben Sie das selbst?) Dort sitzen verantwortliche Spitzenleute, die nach dem Aktiengesetz die Verantwortung zu tragen haben. (Abg. Dr. Martin Graf: Das kann sich Edlinger gar nicht mehr vorstellen!)

Sie würden politische Zwischenrufe machen. Das kennen wir, Herr Kollege Edlinger! Wir machen das nicht. Das ist andere Politik. Auch das heißt "Österreich neu regieren". (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist jenseits seiner Vorstellungskraft!)


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Meine Damen und Herren! Wir sehen heute, dass die Politik der Bundesregierung mit dieser forcierten Privatisierung industriepolitisch richtig ist. Industriepolitik heißt nicht Hineinregieren der Politik in Industriebetriebe, wie Sie das immer verstanden haben, sondern heißt, Standortbedingungen zu verbessern, damit unsere österreichische Industrie wettbewerbsfähig ist. Es ist gesellschaftspolitisch richtig, weil die Privatisierung die einzige Garantie einer Entpolitisierung der Wirtschaft ist. Und es ist auch finanzpolitisch richtig, weil es viel besser ist, durch Vermögensverkäufe Schulden zu reduzieren, als den Steuerzahler zu belasten.

Meine Damen und Herren! Ich bin an und für sich ein Freund der freien Rede und halte nichts davon, am Rednerpult nur Zeitungsausschnitte zu verlesen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber einen Zeitungsausschnitt habe ich mir mitgenommen, Herr Kollege Edlinger, ich habe zwar keine 17 Zeitungsausschnitte mit, aber dafür einen. Die Farbe der Zeitung verrät, dass es der "Standard" ist. Darin hat der wirklich angesehene Leiter der Wirtschaftsredaktion Erik Frei zu dem auch in Ihrer Dringlichen Anfrage genannten Fall der Telekom etwas geschrieben. (Abg. Edlinger: Den habe ich zitiert!) Lassen Sie mich drei Sätze zitieren.

Ich zitiere Erik Frei, den hoch angesehenen Wirtschaftsjournalisten: Der Telekom-Börsegang wird als das Waterloo der schwarz-blauen Regierung gesehen. Aber viele Ursachen für das verpatzte Börsendebut gehen auf die frühere Regierung zurück, vor allem auf Entscheidungen eines Mannes, der sich inzwischen komplett aus Österreich zurückgezogen hat: Ex-Kanzler Viktor Klima.

Dann wird ein ganzes Sündenregister von Klima aufgezählt. Hier heißt es weiter: Gegen den Widerstand der ÖVP hat er entschieden, die Telekom nicht aus der PTA auszugliedern. – Eine Fehlentscheidung! Es werden ihm Fehlentscheidungen in der Personalbesetzung vorgeworfen. (Abg. Auer: Buenos días!)

Meine Damen und Herren! Das war Ihre Politik. Jetzt kommen keine Zwischenrufe. Jetzt ist niemand mehr da. (Abg. Sophie Bauer: Das ist alles nicht in Ordnung, was Sie jetzt produzieren!) Das zeigt, dass es Ihnen nicht darum geht, eine Grundsatzdiskussion über die Zukunft unserer Industrie zu führen. (Abg. Dr. Khol: Die schauen jetzt ganz belämmert! Niemand ist mehr da!) Sie glauben, Sie können billiges tagespolitisches Kleingeld daraus schlagen, indem Sie Anfragen stellen, die zumindest ein Jahr alt sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: "Belämmert" ist nicht schön, das ist kein nobles Wort!)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Er hat das Wort. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Ich stelle den Antrag auf Herbeischaffung der anfragestellenden Fraktion! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Am Wort ist dennoch Herr Abgeordneter Kogler!

16.15

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Haigermoser: Die diskutieren gerade über die Nachfolge von Cap nach dieser Rede! – Neuerliche Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Über den vierten Klubobmann!) Kollege Stummvoll hat sich wieder bemüht, uns hier den mittlerweile schon etwas vergilbten Slogan vom "Neu Regieren" vorzupredigen. Bleiben wir doch dabei! Was steht denn im Koalitionsabkommen? Was war in der Antrittsrede von Schüssel zu hören? Was hat sich hin und wieder noch in Grassers Budgetreden gefunden? – Von Entpolitisierung und einer ganz neuen Industriepolitik im Sinne einer Privatisierung war die Rede.

Darüber, welche Strategie nun richtig ist oder nicht, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ich darf als bekannt voraussetzen, dass sich die grüne Fraktion nicht a priori gegen jede Art von Privatisierung ausspricht. Wesentlich ist, dass der Staat dort, wo er Interessen hat, zum Wohle seiner Bürgerinnen und Bürger über Regulierungen oder ähnliche Mechanismen zu seinen Zielsetzungen gelangt.

Was bleibt beziehungsweise fehlt, ist offensichtlich die Fragestellung nach der Sinnhaftigkeit der Kernaktionäre, ob wir diese in Österreich gewährleisten können oder nicht, und ist allenfalls


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auch eine vernünftige Debatte darüber. Momentan ist davon überhaupt nichts zu bemerken. Es ist auch so, dass der industriepolitische Ausschuss, der dafür zuständig wäre, monatelang nicht zum Tagen kommt; pikanterweise handelt es sich dort um einen einschlägig vorbelasteten Vorsitzenden.

Lassen wir all diese Einübungen der schwarz-blauen Regierung wie "Neu Regieren", Privatisieren, Entpolitisieren und so weiter und so fort weg! Schauen wir uns ein paar wenige Beispiele an, um die es hier tatsächlich geht, denn dann wird nämlich klar, was das Malheur ist. Das Malheur ist nicht, dass irgendjemand die Freundschaft zu Kollegen Prinzhorn grundsätzlich als Sündenfall bezeichnen will – das ist nicht der Punkt –, sondern es geht darum, dass Freundschaften in diesem Bereich bestimmte Auswirkungen haben. Es kann doch niemand glauben, wenn jemand wesentliche Funktionen in der Stiftung des Präsidenten Prinzhorn hat, dass er sonst nichts mit ihm zu tun hat, dass er sonst völlig unabhängig von diesen Interessen agiert. Das ist das Problem!

Und was ist das Interesse des Kollegen Prinzhorn? – Er hat im Prinzip eine klare industriepolitische Linie im Auge und entzieht sich völlig der Debatte, nämlich Privatisieren auf null, und zwar so schnell als möglich, und das um jeden Preis. Und das ist der Schaden für die Volkswirtschaft, der da angerichtet wird. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb ist es nicht egal, wer der Freund von Prinzhorn ist, wo er sitzt und wo nicht. Sich einerseits dieser Debatte zu entziehen und andererseits vor sich hin zu fuhrwerken – noch dazu im Chaos, aber darauf werden wir noch eingehen –, ist nun wirklich keine glückliche Performance.

Kommen wir zum Beispiel Telekom. Herr Minister! Wenn da alles so super ist, wie hier getan wird – Sie sind auch schon zitiert worden, dass im dortigen Management kein Fehler erkennbar ist –, dann frage ich Sie, warum Sundt jetzt gehen muss, noch dazu um diese Summe. – Ich will jetzt gar nicht auf diese bloß polemische Ebene einsteigen. 52 Milliarden, um ihn herauszukaufen, sind kein Pappenstiel. Aber warum muss er gehen? – Sie haben gerade die Performance der Aktienentwicklung gelobt.

Ich sage Ihnen, warum er gehen muss: Es wurde auch hier jemand gefunden, der mit Kameraden Prinzhorn besser bergsteigen kann. Das ist die Ursache. Das klingt so komisch, ist aber leider wahr; man muss sich nur die Recherchen anschauen, die es zu diesem Bereich gibt.

Was war der Fall? – Ditz blamiert sich bis auf die Knochen bis zum heutigen Tag. Die ganze Aktion wird abgeblasen. Wie sich das auf die Kurse auswirkt, können wir uns dann gleich nachher gemeinsam anschauen. Es soll ein neuer Vorstand kommen. Eine Begründung dafür gibt es in der Öffentlichkeit nicht. Aber darüber öffentlich zu diskutieren ist das Blödeste, was man einem Unternehmen antun kann.

Ditz fliegt in Begleitung zu Pfingsten nach Rom. Mit wem fliegt Ditz zu Pfingsten nach Rom? (Abg. Dr. Stummvoll: Mit dem Flugzeug!) Mit wem, nicht mit was (allgemeine Heiterkeit), aber diese Differenzierungen habe ich Ihnen ohnehin schon nicht mehr zugetraut. (Beifall bei den Grünen.)

Ditz fliegt mit Heinzel nach Rom. Der Aufsichtsratsvorsitzende Ditz, der angeblich so unabhängig in der Telekom agiert, bekommt ein Beiwagerl aus dem ÖIAG-Aufsichtsrat, der wiederum nichts anderes mit Prinzhorn zu tun hat, als ein Bergkamerad zu sein. Was wird dort gemacht? – Man fahndet nicht nach der Erleuchtung des Heiligen Geistes in Rom, nein, es wird der Partner Telecom Italia aufgesucht, um ihnen Herrn Häberli schmackhaft zu machen, den der Chef der Telecom Italia "schlucken" soll. Was ist mit ihm? – Jedes Kriterium, das man hätte prognostizieren können, trifft zu: Er ist ein Freund der besagten Herren, jemand, der "in Papier" gemacht hat, diesfalls "in Papierservietten". Alle Prognosen treffen also zu.

Ich bin gespannt, wie die nächsten Vorstandsbestellungen ausschauen werden, ich bin mir gar nicht sicher, wer aus dieser Branche und aus dem Freundeskreis Prinzhorn noch nicht angesprochen wurde. Das ist das Problem dieser Sache. Es geht nicht darum, dass jemand ein Freundschaftsverhältnis hat, sondern darum, dass jemand im Interesse eines anderen, der ganz


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offenkundig zum Nachteil der Republik agiert, etwas ausführt, und das ist das Problem. Das wollen Sie nicht wahrhaben, und deshalb gehen Sie von der ÖVP jetzt lieber auf Tauchstation. Genauso machen Sie es bezüglich der Fragestellung, warum Sie in all den Jahren zuvor nichts Besseres beigetragen haben. Aber aus dieser Verantwortung wird Sie ohnehin niemand entlassen.

Nächster Punkt: AUA. Es betrifft wieder Ditz. Ditz verkündet, die Personen gehören abgelöst. Wie kommt Ditz eigentlich dazu? – Man hätte meinen können, dass Ditz – wir haben von ihm bisher keine so schlechte Meinung gehabt – passable Argumente dafür hat. Aber es bleibt bei näherer Prüfung tatsächlich nichts anderes über, als dass die Personen von der alten Regierung bestellt worden sind, im Sinne der alten Farbenlehre, wenn man es so will, wie Sie das dankbar aufgegriffen haben, und sie jetzt deshalb wegmüssen. Das ist das Kriterium, koste es, was es wolle, samt Golden Handshake und zig Millionen Abfertigung. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Grasser. )

Herr Finanzminister! Das Ergebnis der AUA ist mitunter auch deshalb nicht besser geworden, weil diese geplante Ablöse in einem dilettantischen Stil angegangen wurde. Ich habe, wenn Sie genau zugehört haben, ausdrücklich nicht davon geredet – das entspricht auch der Meinung meiner Fraktion –, dass Ablösen vor der Zeit nicht grundsätzlich und betriebswirtschaftlich gesehen eine glückliche und günstige Investition sein können. Wenn es wirklich nicht mehr geht, wenn gravierende Fehler und alle Gründe, die für so etwas ins Treffen zu führen sind, vorliegen, dann ist es zu befürworten. Aber das wird kaum gemacht, und das war insbesondere im Fall der Telekom nicht so. Im Gegenteil: Dort wird ständig gelobt, auch von Ihnen. Ich würde mir gerne anhören, wie das begründet wird. Bei der AUA mag man streiten, aber die Vorgangsweise – ich kann noch ein weiteres Indiz anführen – gerade auch von Ditz war dilettantisch. Wir werden noch die Frage zu beantworten haben, warum er das macht.

Was hat er gemacht? Er beauftragt als Aufsichtsratschef ein Unternehmensberatungsinstitut, ein Headhuntinginstitut, mit der Suche nach neuen Vorständen, obwohl der Aufsichtsrat überhaupt noch nicht entschieden hat, ob die alten Vorstände gehen sollen. Wenn das nicht schön langsam fahrlässig ist, dann weiß ich es nicht. All das wird in aller Peinlichkeit öffentlich zelebriert, und am Schluss kann er sich nicht einmal durchsetzen. Das ist für mich dilettantisch und inkompetent. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie das unter "Neu Regieren" verstehen, dann "gratuliere" ich Ihnen. Sie können sich nicht aus der Affäre ziehen, indem Sie sagen, das "Neu Regieren" bestehe darin, dass man mit den ganzen Dingen nichts mehr zu tun hat. So weit reichen die Freundschaften hoffentlich dann doch noch.

Fassen wir die Ankündigungen dieser Regierung zusammen: neue Industriepolitik und unabhängige Personalbesetzung in den Unternehmungen. Davon bleibt relativ wenig übrig. Die industriepolitische Ausrichtung beträgt gleich null, denn man verscherbelt zum Billigsttarif. Man hat eher den Eindruck, die ÖIAG ist zur Verscherbelungsagentur degradiert worden. Man fragt sich, wem das nutzt. Man wird sich noch genau anschauen, welche Käufer da sozusagen in die Gunst kommen werden.

Bei den Bundesforsten hat sich genau das herausgestellt, was befürchtet worden ist, dass nicht der kleine Waldbauer – selbstverständlich nicht – im Zuge irgendwelcher Arrondierungen seiner Terrains einen Nutzen gezogen hat, sondern dass ein paar große "Filets" günstig über den Ladentisch gewandert sind. Und genauso wird es auch in den anderen Bereichen sein.

Die industriepolitische Ausrichtung ist nicht erkennbar, geht gegen Null. Bezüglich der Unabhängigkeit dieser Postenbesetzungen kann ich nur sagen, noch nie zuvor hat der Begriff Freunderlwirtschaft eine derart greifbare Aufladung erfahren wie in diesem Fall. Ich brauche das nicht weiter auszuführen, denn es ist mittlerweile peinlicherweise überall nachlesbar. Wenn das "Neu Regieren" ist, dann danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

Dass Sie sich von der Kompetenz gegenüber dem angeblichen und so genannten kleinen Mann verabschiedet haben, ist eh schon evident, aber dass Sie die Wirtschaftskompetenz auch noch


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auf diese Art und Weise aufs Spiel setzen, ist doch ein wenig verwunderlich, ebenso die Tatsache, dass die ÖVP auf Tauchstation ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlusssatz.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Faktum ist, dass das Ganze ein Nachspiel und ein Wiedersehen haben wird. (Abg. Neudeck: Bitte um den Schlusssatz!) Ich habe mich genau erkundigt, die Telekom wird nach wie vor vom Rechnungshof geprüft, es wird daher im Haus ein Wiedersehen geben, und ich hoffe, dass wir nicht zu sehr Beklagenswertes vorfinden werden. Aber wenn dem so ist, dann weiß ich, auf wessen Kappe das geht. (Beifall bei den Grünen.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

16.27

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! (Abg. Ing. Westenthaler: Waren Sie das in der "ZIB 3" gestern?) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Je länger diese Regierung im Amt ist, desto öfter stellt man sich die Frage, wodurch sich ihr angeblicher Ruf, Wirtschaftskompetenz zu besitzen, eigentlich rechtfertigen lässt. Aber ich muss zugestehen, meine Damen und Herren, in der letzten Zeit ist wirklich eine ganze Menge dazu beigetragen worden, um uns sehr deutlich und sehr nachdrücklich zu demonstrieren, was diese Regierung unter Wirtschaftskompetenz tatsächlich versteht und was wir uns darunter vorstellen können.

Wenn wir die Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen jetzt Revue passieren lassen, dann kann man Folgendes feststellen: Wirtschaftspolitik der Marke FPÖ/ÖVP heißt offensichtlich, die Entscheidungsträger in den großen österreichischen Unternehmen in der Öffentlichkeit zu verunglimpfen, zu beschimpfen, zu desavouieren, um sie dann im Nachhinein leichter eliminieren zu können. Wirtschaftskompetenz heißt nach Ihrer Vorstellung, dass man zuerst die Unternehmensführung beseitigt und erst danach die Suche nach einem geeigneten Nachfolger aufnimmt. Wirtschaftskompetenz heißt anscheinend auch, dass die Qualität der Führungskräfte und der Aufsichtsräte so ziemlich das Letzte ist, was irgendjemanden interessiert. Wirtschaftskompetenz, meine Damen und Herren, heißt in der Diktion der Regierung aber vor allem, das Aktienrecht zu ignorieren, die Kontrollorgane zu übergehen und damit einen Kursabsturz der Aktien zu provozieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wirtschaftskompetenz, Herr Minister Grasser – damit sind Sie ganz persönlich angesprochen –, heißt anscheinend, den Termin für den Börsengang eines Unternehmens von der Regierungsbank aus festzulegen und sich dann auch noch zu wundern, warum dieser Börsengang ein Flop wird. Wirtschaftskompetenz, Herr Minister Grasser – auch da sind Sie ganz persönlich angesprochen –, heißt auch, von der Regierungsbank aus negative Zensuren über die Performance von Unternehmen auszuteilen und auch damit wiederum zu provozieren, dass die Kurssituation beeinflusst wird. Wirtschaftskompetenz heißt schließlich und endlich, Investorengruppen höchst professionell und höchst nachhaltig zu verschrecken.

Zusammengefasst, meine Damen und Herren, bedeutet Wirtschaftskompetenz der Marke ÖVP/FPÖ andauernde und tief greifende Einmischung der Politik in die Führung der Unternehmen und damit einen Rückfall in eigentlich längst vergangene Zeiten und das genaue Gegenteil dessen, was Sie unter dem Motto "Privat ist besser als Staat" ununterbrochen auf den Lippen führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da können auch die schönen Worte von Ihnen, Herr Minister Grasser, nicht darüber hinwegtäuschen, was mittlerweile wirklich mehr als offensichtlich in der gesamten Welt ist: Die wirtschaftspolitische Performance dieser Regierung ist an Peinlichkeit wirklich nicht mehr zu überbieten. Sie ist ein Rückfall in finsterste Zeiten staatlicher Interventionspolitik.


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71. Sitzung / Seite 150

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was uns hier seit Wochen vor Augen geführt wird, ist die Umkehr einer Politik, die es in den letzten zehn Jahren verstanden hat, in aller Ruhe und ohne großes Getöse Regierungsinterventionismus in den Unternehmen zurückzudrängen. Das ist wirklich die Umkehr einer Politik, der es gelungen ist, die größten ÖIAG-Betriebe mehrheitlich und sehr erfolgreich an der Börse zu platzieren, und es ist die Umkehr einer Politik, die durch Berechenbarkeit, durch Beständigkeit und durch Kompetenz das Vertrauen der Investoren erwerben hat können. (Beifall bei der SPÖ.) Und letztlich ist es auch die Umkehr einer Politik, die sich nicht kurzsichtige Gewinnbestrebungen zum Ziel gesetzt hat, sondern die die langfristige Sicherung des Wirtschaftsstandortes zum Ziel hatte.

Privatisierung und Entpolitisierung, meine Damen und Herren, sind nicht etwas, was diese Regierung neu erfunden hat. Neu ist in dem Zusammenhang nur der Dilettantismus, mit dem diese Regierung diese Ziele zu erreichen versucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Grasser, wenn Sie diese Worte – was ich mir gut vorstellen kann – aus dem Mund der Opposition nicht wahrhaben wollen, wenn Sie diese Worte nicht ernst nehmen wollen, dann glauben Sie wenigstens den Kräften, die Sie üblicherweise für unfehlbar halten. Herr Minister Grasser, glauben Sie wenigstens den Kräften des Marktes, denn allein die Ankündigung, den AUA-Vorstand ohne Aufsichtsratsbeschluss abzusetzen, hat den Kurs an diesem Tag um 20 Prozent gesenkt.

Herr Stummvoll ist jetzt nicht da, aber ich möchte gerade den Herrn Stummvoll, der vorhin so groß davon gesprochen hat, dass das Aktienrecht die Aktivitäten dominiert, darauf aufmerksam machen, was da eigentlich passiert ist.

Herr Minister Grasser, wenn Sie sich wieder einmal wundern, warum ausländische Investoren die Wiener Börse meiden, dann sollten Sie das nächste Mal vielleicht nicht mehr Ihre hoch dotierten Berateragenturen befragen, sondern vielleicht zur Abwechslung Ihre ebenfalls hoch dotierten ÖIAG-Vertreter in der Führungsetage der ÖIAG fragen, was dafür eigentlich der Grund ist, denn dort hat man wirklich in der letzten Zeit, in den letzten Tagen und Wochen, alles dazu beigetragen, um diese Investoren zu vertreiben.

Zum Abschluss, Herr Minister Grasser, möchte ich Sie wirklich sehr dringend ersuchen, sich bewusst zu werden, was hier eigentlich abläuft. Es sollte Ihnen wirklich sehr schnell bewusst werden, dass Sie hier nicht mit Ihrem Privatvermögen spielen, sondern dass es um Vermögenswerte der österreichischen Bevölkerung geht. Letztendlich sind Sie für das verantwortlich, was durch Dilettantismus, Unprofessionalität und Machtgier mit diesen österreichischen Vermögenswerten passiert: dass es zu einer unwiederbringlichen Verschleuderung dieser Vermögenswerte kommt. Ich bitte Sie, Herr Minister Grasser, versuchen Sie es und nehmen Sie diese Verantwortung endlich einmal wahr! (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Er hat das Wort.

16.34

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Man müsste eigentlich wirklich schön langsam Mitleid haben mit den Sozialdemokraten. Was seit dem 4. Februar an Dringlichen Anfragen und Dringlichen Anträgen von der SPÖ gekommen ist, war eigentlich immer ein Rohrkrepierer – so wie heute. Und was Kollege Edlinger nicht zustande gebracht hat, hat der designierte Klubobmann Cap vollendet. Es ist diese Dringliche Anfrage ein veritabler Bauchfleck geworden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Mit Ihrer wirtschaftspolitischen und industriepolitischen Vergangenheit hier eine solche Dringliche Anfrage zu stellen, erfordert schon eine große Portion an Kühnheit oder politischer Selbstverleugnung. (Abg. Neudeck: Masochismus!) Das ist, wie der Kollege richtig sagt, Masochismus.


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71. Sitzung / Seite 151

Ich möchte nicht die ganze Latte an Zeitungsartikeln zitieren, die man zitieren könnte, sondern nur ein paar ganz kurze Zitate bringen, wie es Kollege Edlinger getan hat.

"Im Höllentempo ins Finanz-Debakel". – Übrigens: Im Jahr 1986 heißt der Abfertigungs-Kaiser Streicher; er bekam 5,1 Millionen Schilling für das freiwillige Ausscheiden. Sie haben schon die Abfertigung bei Selbstkündigung vorweggenommen. Streicher, offensichtlich kein Freiheitlicher, sondern SPÖ-Präsidentschaftskandidat: 5,1 Millionen freiwillige Abfertigung.

"Minister Klima sagt bewusst eine Unwahrheit" – im Zusammenhang mit der AMAG.

"Amag-Desaster verschlingt fast 15 Milliarden Schilling": "Sekyra und ‚sein‘ Minister Klima".

Aber es geht noch weiter. Sie haben heute kritisiert, dass die Privatisierung viel zu schnell geht. Früher, als Sie noch in der Regierung waren, haben Sie etwas anderes behauptet. März 1997: "In Österreich wird viel zu zögerlich entstaatlicht, kritisiert Wifo-Experte Karl Aiginger." Er fordert mehr Konkurrenz für weniger effiziente Staatsunternehmen. Die Kommentatoren schreiben: "Die Regierung vergisst auf Strukturreformen."

Oder 1998: "Steyr-Verkauf: Die unendliche Geschichte". Peter Muzik vom "WirtschaftsBlatt" schreibt: "Es ist zum Winseln, wie amateurhaft manche Transaktionen in Österreich abgewickelt werden. Da verkauft die CA ihre Anteile an Steyr-Daimler-Puch still und heimlich ... – und dann tauchen ein paar Wochen später plötzlich Hannes Androsch und eine deutsche Gruppe auf, die ihr angeblich wesentlich mehr bieten würden." "Androsch und die Deutschen legen der CA ein Ei." –Sozialistische Wirtschaftspolitik!

Oder: Sie kritisieren die Bestellung der Vorstandsmitglieder, der Aufsichtsräte. Mittwoch, 19. Mai 1999: "Die Ausschreibung der ÖIAG-Vorstände wird zur Farce."

"WirtschaftsBlatt", Peter Muzik: "ÖIAG: Der Rückfall in die Steinzeit". "Polit-Packelei in uraltem Stil wertet Streicher und Ditz ab." – Ihre Personalpolitik!

Oder: Sie haben Bedenken, dass zu 100 Prozent privatisiert wird, zu Recht zu 100 Prozent privatisiert wird. Wie war denn das, als Sie noch glaubten, in eine Regierung zu kommen? Da heißt es in den "Salzburger Nachrichten" am 18. Jänner 2000: "Start zum Abverkauf". "Auf den weitestgehenden Staatsrückzug aus der Industrie haben sich SPÖ und ÖVP geeinigt." "In den nächsten vier Jahren wird zügig privatisiert, wobei auch die oft beschworenen Sperrminoritäten ... in den Kernunternehmen kein Tabu mehr sind." – Hört, hört: Die SPÖ habe die Kernunternehmen-Philosophie aufgegeben. Darauf hätten sich die Koalitionsverhandler von SPÖ und ÖVP geeinigt, heißt es im "WirtschaftsBlatt". (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie haben in der verstaatlichten Industrie 60 000 Arbeitsplätze vernichtet. Sie haben 120 Milliarden Schilling volkswirtschaftliches Vermögen verschleudert. Sie haben jeden verlorenen Arbeitsplatz, jeden vernichteten Arbeitsplatz mit 2 Millionen Schilling dotiert. Und wenn Sie heute hier sagen, es werden Abfertigungen bezahlt, darf ich Christian Ortner vom "Format" zitieren. Er sagt: "Die SPÖ jault nun auf, weil in der Verstaatlichten in diesem Jahr 200 Millionen sinnloserweise für Abfertigungen von Managern vergeudet werden." – Passen Sie gut auf! – "Das entspricht gerade jenem Betrag, der bei der alten VOEST unter sozialdemokratischer Herrschaft und Verantwortung Mitte der achtziger Jahre an sechs normalen Werktagen an Verlusten produziert worden ist." – Da ist die Geldentwertung noch gar nicht eingerechnet.

Meine Damen und Herren! Die Situation, in der sich die SPÖ heute befindet, zusammenfassend, möchte ich mit einem Zitat von Christian Ortner schließen, der da sagt: "Die SPÖ gleicht einem Brandstifter, der die Taktik der Feuerwehr kritisiert." (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

16.40

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Anfrage, obwohl in weiten Teilen gleich lautend wie die vom vergangenen Jahr, ist es wert, gelesen zu werden, um den Geist zu erfassen, den die SPÖ noch immer beim Wirtschaften hat. (Ruf bei der SPÖ: Das verstehen Sie nicht!)

"Aufgrund des benötigten Kapitals", heißt es da schon im zweiten Absatz, "kann derzeit in den Flaggschiffen der österreichischen Industrie nur der Staat Kernaktionär sein."

Meine Damen und Herren! Das soll eine Debatte über die Zukunft der ÖIAG sein – nach Ihrer eigenen Anfrage! – und keine Gedenkveranstaltung für das Versagen des roten Staatskapitalismus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Erinnerung: 60 000 Arbeitsplätze, 100 Milliarden Schilling Verlust, Sanierung der Reste, indem man die über 50-Jährigen hinausgeschmissen und damit die größte Altersarbeitslosigkeit der achtziger und neunziger Jahre produziert hat, feindliche Übernahme der Ost- und Mitteleuropa-Bank durch die Bank Austria, die dann ebenfalls ans Ausland verschleudert wurde, Verwendung der Telekom, die Sie so oft hier erwähnen, zur Schikane von weiten Teilen der Bevölkerung, weil es nicht einmal noch zehn Jahre her ist, dass man auf einen Telefonanschluss in dieser Stadt so lange warten musste wie auf den Trabanten in der DDR, verbunden mit allen Unwägbarkeiten von Intervention und Korruption.

Und trotz all dieser Zustände genieren Sie sich nicht, sondern geht der Herr Kollege Cap heraus und liefert hier eine Kabarett-Nummer. Das ist wirklich eine Schande! (Abg. Mag. Kogler: Kollege Tancsits, mit deinem Vokabular ...!)

Meine Damen und Herren! Sich von Führungskräften und von Aufsichtsorganen dieser Denkungsart zu trennen ist meiner Meinung nach die Aufgabe eines verantwortlichen Eigentümers. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn diese Trennung – ich komme noch einmal auf die Kabarett-Nummer des Kollegen Cap in einer ernsteren Sache zu sprechen –, die gut abgefedert ist auf Grund der bestehenden Verträge, mit den blutigen Säuberungen in Nordkorea, in der DDR und in anderen Ländern, wo Ihr Parteivorsitzender einmal den Boden geküsst hat, verglichen wird, dann ist das ein Skandal, und ich erwarte für diese Entgleisung eine Entschuldigung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich darf noch einmal darauf zurückkommen. Es wurde schon zitiert, dass die Investition in Abfertigungen oft die beste Zukunftsinvestition eines Betriebes ist. Ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen, dass im Gegensatz zur Führung der ÖIAG unter roter Vorherrschaft, das, was Sie so nett als Einfärben oder eingefärbt bezeichnet haben, jetzt die Betriebe gut dastehen? Ist Ihnen schon aufgefallen, dass die in den Boden geredeten Betriebe nicht nur ein Umsatzplus machen, sondern, wenn sie börsennotiert sind, auch einen entsprechenden Kursgewinn aufzuweisen haben? (Abg. Öllinger: Wie heißen die Betriebe?)

Meine Damen und Herren! Eigentümer haben das Recht und die Pflicht, für das entsprechende Management und Aufsichtsorgane Sorge zu tragen. Ich komme noch einmal auf die Telekom zu sprechen, die Ihnen so am Herzen liegt; vielleicht einige Vorfälle dazu.

In einem Baubetrieb in Kärnten erscheint plötzlich ein Abgesandter der Landesdirektion, sagt: Der Arbeitsplatz ist aufgelöst!, und beginnt sofort mit dem Abbau. Die Leute haben sich in einem so genannten Personalpool einzufinden.

Da wird in Innsbruck das neu renovierte Call Center geschlossen; die Leuten haben sich nicht mehr am Arbeitsplatz einzufinden. Da wird die Lehrlingsausbildung eingestellt, da werden die Ausbildungs- und Fortbildungsstätten für die Angehörigen des Unternehmens eingestellt.

Meine Damen und Herren! Wenn in dieser Arbeitsmarktsituation und bei den vorliegenden Prognosen eine Unternehmensführung Zukunftsinvestitionen wie Lehrlingsausbildungsstätten


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einstellt, dann brauche ich eigentlich keine Bilanz mehr zu lesen, dann weiß ich schon, dass man es aufgegeben hat, an die Zukunft dieses Unternehmens zu glauben. (Abg. Edler: ... ÖBB!)

Ich verstehe nicht, dass eine Partei, die sich einmal als Arbeiterpartei bezeichnet hat, zu diesem Umgang mit dem Personal in einem so wichtigen Betrieb wie der Telekom nichts zu sagen hat (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edler ), dass die Herren Edler – danke für den Zwischenruf; immer wenn der Herr Edler dazwischen ruft, weiß ich, dass ich verstanden werde (Heiterkeit bei der ÖVP)  –, Riepl und wie sie heißen zu diesem Umgang mit Mitarbeitern in österreichischen Unternehmen nichts zu sagen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin froh darüber, meine Damen und Herren, dass es wenigstens Aufsichtsorgane gibt, die noch an die Zukunft der Mitarbeiter und dieser wichtigen Unternehmen denken. Daher bin ich sicher, dass der von Regierung und Regierungskoalition eingeschlagene Weg (Abg. Riepl: Der falsche Weg!), dass entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass Unternehmen marktfit gemacht werden, dass sie hier bestehen können und nicht durch politisches Hineinintervenieren und -regieren zugrunde gerichtet werden, der richtige Weg ist. – In diesem Sinne danke für Ihre Anfragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Gabriela Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.47

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Marktfit ist sicherlich ein großes Ziel. Marktfit, das soll den ArbeitnehmerInnen genauso Nutzen bringen wie dem Eigentümer beziehungsweise der Eigentümerin, der Republik. Diesbezüglich teile ich durchaus Ihre Ansicht, aber, Herr Kollege Tancsits, das, was unter Marktfit-Machen jetzt läuft, hat bereits einer oder haben vielleicht sogar mehrere meiner VorrednerInnen deutlich als Säuberungspolitik darlegen können, als Schauprozess in der ÖIAG, als Politik der "verbrannten Erde", als "Seilschaften und Postenschacher". – Ich zitiere absichtlich, Sie haben es vielleicht bemerkt, immer Schlagzeilen von entweder der "Presse" oder dem "Standard", also von Zeitungen, die sich sehr wohl immer wieder als Sprachrohr der Marktwirtschaft deklarierten.

Dieses Echo, dieser Spiegel und die Kritik gerade aus dieser Ecke der Marktwirtschaftler erscheinen mir bei dem Fall ÖIAG, bei der Herangehensweise von Seiten des Eigentümers oder, besser gesagt, bei der Herangehensweise des Drähteziehers Präsident Prinzhorn wohl am geeignetsten. Das ist für mich der Spiegel, der Ihnen vorgehalten werden muss. In der Situation, wo Sie zu Recht sagen, die Betriebe gehören marktfit gemacht, machen Sie nämlich genau das Gegenteil.

Josef Urschitz: "Verbrannte Erde". Er sagt ganz deutlich noch einmal: "Der Eigentümer hat natürlich das Recht, ... Vorstände nach seinen Vorstellungen zu besetzen. Aber wer Eigentümer hat, die so vorgehen, braucht wirklich keine Konkurrenten mehr." – Ich glaube, ein vernichtenderes Urteil über Ihre Personalpolitik, Herr Präsident Prinzhorn, unter der Schutzherrschaft auch von Herrn Finanzminister Grasser, gibt es kaum. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, Herr Kollege Tancsits, ich glaube, da sprechen die Fakten für sich. (Beifall bei den Grünen.)

Mir geht es darum, dass, wenn schon privatisiert werden soll – über die Diskussion der Privatisierung sind wir noch nicht ins Detail gegangen –, privatisiert wird zu Gunsten des Eigentümers, zu Gunsten des Unternehmens und zu Gunsten vor allem der dort Beschäftigten. Diesen Dreiklang schaffen Sie nicht, denn wer schaut dabei durch die Finger? – Einerseits die Beschäftigten, weil massiv Personal reduziert wird, andererseits der Eigentümer, aber vor allem der Steuerzahler und die Republik, weil nicht die Erlöse erzielt werden, die erzielt werden können.

Herr Finanzminister, im Regierungsübereinkommen gibt es ja Termine. Ich erinnere Sie nur: Bei Telekom soll 2002 die nächste Tranche an die Börse gebracht werden. Herr Vorstandsvorsitzender Heinzel hat Ihnen schon über die Medien ausrichten lassen – ich glaube, es war in einem


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Interview in "Format" –, dass er das als eine Art nichtrelevante Auftragserteilung betrachtet, weil er nämlich nicht mit der Pistole an der Brust ein Unternehmen an die Börse jagt, wo er niemals das lukrieren kann (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser )  – ich kann es Ihnen dann noch im Original zitieren –, was uns als Eigentümer vielleicht auch zustünde. Ich weiß, Sie wollen 33 Milliarden, aber in der jetzigen Situation wird das nicht möglich sein. Sie haben im Herbst 13 Milliarden geschafft. Sie wollten damals durch den Börsegang an die 30 Milliarden lukrieren – 13 Milliarden sind es schließlich geworden.

Die Perspektive für 2002 sind jetzt 33 Milliarden. Was wird dann tatsächlich herauskommen? Vielleicht 10 Milliarden insgesamt. Und bitte was fehlt Ihnen denn dann? Dann fehlt Ihnen nämlich das, weshalb Sie diese ganze Privatisierung durchführen, nämlich das Geld für die Tilgung der Schulden der ÖIAG. Dann fehlen Ihnen 13 bis 18 Milliarden. Woher nehmen Sie denn die zur Schuldentilgung?

Ihr großer Titel, der über der Privatisierung steht – neben dem Bekenntnis der Ideologie, dass Private besser wirtschaften können; darüber kann man ja auch diskutieren –, Ihr großer zweiter Titel ist ja Schuldenabbau. Wie bauen Sie Schulden ab, wenn Sie nicht die Erlöse erzielen? Und die Erlöse erzielen Sie nicht, weil Sie bis jetzt eine miserable Personalpolitik betrieben haben. Wie wollen Sie denn das schaffen mit diesen Rochaden jetzt? Die Telekom-Aufsichtsratssitzung heute ist ja wirklich ein Paradebeispiel dafür: Es gibt wieder keine Ablöse, obwohl sie jetzt schon drei Monate, glaube ich, propagiert wird. Die Ablöse ist wahrscheinlich völlig sinnlos, weil das Unternehmen wieder ein Jahr Zeit verliert.

Diese Diskussion um die Personalsituation reduziert den Wert der Unternehmungen. Und das ist unser größter Vorwurf, neben dem Vorwurf, dass sich mehr oder weniger unter der Ägide Prinzhorn der Postenschacher von einer schwarz-roten Seite her in eine Seilschaft umgewandelt hat, die sowohl wörtlich zu nehmen ist als auch im übertragenen Sinn, wo es darum geht, Menschen, die aus der Papier-Branche kommen, in einflussreiche Positionen zu bringen. Sie haben sicherlich gelesen: Häberli aus der Schweiz hat so viel Ahnung von einer Telekom-Firma wie Sie und ich, er kann nämlich telefonieren. – Originalzitat aus einer Zeitung. Er gab zu, er kann telefonieren. Das ist seine Qualifikation für die Nachhilfe und die Nachfolge von Sundt. (Abg. Öllinger: Na bitte! – Beifall bei den Grünen.)

Ja, so weit sind wir durch die Seilschaften vom Herrn Präsidenten Prinzhorn, die Sie decken. Und Ihre Verantwortung ist eine extrem politische Verantwortung, Herr Finanzminister, denn Sie sind Eigentümervertreter. Und heute haben Sie uns wieder einmal durch Ihr wunderbares Zitat aus der ÖIAG-Gesetzgebung gezeigt, dass Sie jetzt sozusagen in keiner Weise mehr irgendwie gefragt werden dürfen, dass Sie nicht mehr zuständig sind, dass Sie auf diese Sache nicht mehr angeredet werden dürfen. – Ich frage mich: Wieso? Wieso hat dann die Republik überhaupt noch Aktienanteile? Sie dürfen darüber nicht mehr reden, und deshalb, Herr Bundesminister, ist es für mich sehr wichtig, dass wir einen Entschließungsantrag verabschieden und gemeinsam beschließen, mit dem zumindest Grundrechte eines Eigentümers gewahrt werden. Und Sie sind ja sehr für Eigentum; der Herr Kollege Tancsits ist ja auch immer wieder für Eigentum. Ich nehme Sie jetzt einmal beim Wort: Eigentümerrechte soll man wahren!, und bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Mag. Werner Kogler, Freundinnen und Freunde betreffend regelmäßige Berichte über die Entwicklung der ÖIAG-Holding

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Minister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat einmal jährlich einen schriftlichen Bericht über die Entwicklung der ÖIAG-Holding, insbesondere der Beteiligungsstrategie, vorzulegen.

*****


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Informieren Sie die Eigentümerinnen, informieren Sie die Eigentümer! Sagen Sie uns, wie es steht! Wir diskutieren das gerne, wir mischen uns auch nicht weiter hinein, wir kritisieren nur, wenn Sie über Vorstandsbesetzungen, Aufsichtsratsrochaden den Ruf der Unternehmungen schädigen und damit unser Eigentum schmälern. Das ist unser Ansatzpunkt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

16.54

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Abgeordneten Tancsits kann ich natürlich verstehen, er ist dauernd mit den Vorwürfen aus der eigenen Organisation konfrontiert – ich könnte ihm da eine Reihe von Namen sagen –, er soll doch hier in diesem Haus die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Generalsekretär des ÖAAB vertreten. Und er zittert halt, dass er wieder gewählt wird.

Er hat uns aber auch sehr klar dargelegt, er hat ein "Josef-Cap-Syndrom". Und ich kann nur sagen, ich kann das verstehen, denn du kannst noch zehn Jahre da heruntergehen, du wirst so eine gute, intelligente Rede wie der "Sepperl" Cap nie zusammenbringen. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)

Zum Herrn Bundesminister und zum Herrn Abgeordneten Trattner: Mehr Privat statt Staat! Ich zitiere Ihnen etwas, Herr Bundesminister: 1 306 Unternehmen mussten im ersten Quartal, in den ersten drei Monaten, 2001 Insolvenz anmelden. 8,4 Milliarden Schilling! Und wissen Sie, was das Interessante ist? Die Pleitenstatistik: Sieben von zehn Pleiten sind durch die privaten Unternehmer selbst verschuldet. 33 Prozent gehen zurück auf unternehmerische Fehler, 27 Prozent auf Fahrlässigkeit und 7 Prozent auf persönliches Verschulden.

Und wo ist denn der Herr Steiner, wo ist denn der Herr Rettberg von der Firma Libro? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich zitiere Ihnen noch etwas, eine Presseaussendung: ... übt heftige Kritik an ÖIAG-Politik, ortet anhaltende Politisierung – weil Sie die Politisierung abgelehnt und gesagt haben, Sie haben sie entpolitisiert. (Bundesminister Mag. Grasser: Haben wir auch!) Ich zitiere weiter: ... übt heftige Kritik an der Personalpolitik in den Unternehmen der ÖIAG. Durch die Ablösedebatten in der AUA und der Telekom Austria werde das Vertrauen der Anleger erschüttert und der Eindruck einer anhaltenden Politisierung erzeugt. Vor allem die Wortmeldungen von FP-Wirtschaftssprecher Thomas Prinzhorn seien schädlich, sagte er dem "Standard". – Zitatende.

Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer dies sagte? Wissen Sie, Herr Altgeneralsekretär Dr. Stummvoll, wer dies sagte? Der heutige stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, der von mir hoch geschätzte Abgeordnete Reinhold Mitterlehner sagte dies. (Beifall bei der SPÖ.)

Zwei weitere Schmankerln, weil der Herr Minister gesagt hat, Sie haben entpolitisiert. Ein Zitat aus der "Wirtschafts-Krone" vom Samstag: "Wir haben unser Amt auch in völlig unpolitischer Absicht angetreten. Dann hat uns die Politik eingeholt." Das sagte wer? Was glauben Sie, Herr Bundesminister, wer das gesagt hat? – Alfred Heinzel, Präsident des ÖIAG-Aufsichtsrates. Von der Politik ist er eingeholt worden.

Ein weiteres Zitat, und ich zitiere es so, wie es da steht, nämlich im Dialekt: "Da hauens den Draxler raus, holen einen vorm, hinter oder im Walde, und der sagt dann, dass das eh alles klass’ is, so wie es der Draxler gemacht hat." Wissen Sie, geschätzter Herr Bundesminister, wer das gesagt hat? Der von Ihnen so hoch gelobte – und ich teile das Lob – Hannes Androsch über


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die Personalpolitik dieser Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich lade Sie ein, ich lade Sie wirklich ein, zeigen Sie mir nur einen einzigen Kommentar eines Journalisten in einer Zeitung aus den letzten Wochen oder Monaten, der Ihre Politik in der ÖIAG lobt, der sie für gut befindet! – Das Gegenteil ist der Fall: Jeder zeiht Sie des Chaos und des Dilettantismus.

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie irgendwelche strategischen zukunftsweisenden Entscheidungen getroffen hätten, aber nein, in den letzten Wochen und Monaten ist die ÖIAG nur mit Personalfragen in den Schlagzeilen. Und da gehen Sie halt auch sehr dilettantisch und unprofessionell vor.

Was sind die Folgen dieser Ihrer Politik? Man kann das nicht oft genug wiederholen: Sie haben ganz einfach Volksvermögen verschleudert! Allein im letzten Jahr haben die ÖIAG-Beteiligungen einen Wertverlust von 38 Milliarden Schilling verzeichnen müssen. Ebenso ist der Wert der OMV-Aktien – ich zitiere das "WirtschaftsBlatt" vom 10. März 2000 – von Ende Jänner bis März 2000 um 18 Prozent gesunken.

Wenn Sie wenigstens dazu gestanden wären! Aber heute herzugehen, sich da herzustellen, genau an diesem Tag, wo der Aufsichtsratspräsident in der Öffentlichkeit kundtut, dass Bammer und Rehulka abgelöst werden, und die Aktien um 20 Prozent hinunterstürzen, und zu sagen, das werden halt innerbetrieblich gemachte Probleme sein, das, Herr Bundesminister, ist die Verabschiedung von Managern, die sich leider nicht wehren können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiteres Beispiel: Telekom-Verkauf. Herr Präsident! Ich entschuldige mich für den Aus-druck, aber ich zitiere das "WirtschaftsBlatt" vom 19.1.2001: "Telekom-Verkauf – saumäßig schlecht!" Ich hätte diesen Ausdruck nicht gebraucht, ich habe nur das "WirtschaftsBlatt" zitiert.

Göweil schreibt im "Kurier" vom 23.1.2001: Pure Kapitalvernichtung, Privatisierung völlig miss-glückt, schlechte Kursentwicklung seit dem Verkauf, Zigtausende Kleinanleger haben innerhalb weniger Monate bereits ein Drittel ihres Vermögens verloren.

Ich bin überzeugt, Sie haben sich keine Telekom-Aktien gekauft, weil Sie wahrscheinlich dieses Desaster vorhergesehen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich muss noch einmal darauf zurückkommen – "Kurier": Die großen Probleme des Johannes D. Das "D." steht für Ditz, Sprecher des Vorstandes. In Wirklichkeit wollten Sie andere Persönlichkeiten haben, aber von den wirklich gestandenen, erfahrenen internationalen Managern hat Ihnen jeder einen Korb gegeben, also ist es Herr Ditz geworden. Ich kenne seine Qualifikation nicht, ich hoffe, er wird seine Sache gut machen. Ob aber der zweite Vorstandsdirektor, den Sie hergeholt haben, der Wunderwuzzi ist, bezweifle ich, denn er war auch nicht erste Wahl. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin aber neugierig, ob Sie als Eigentümer den Herrn Dr. Ditz zur Verantwortung ziehen werden, denn das, was er heute aufgeführt hat mit der Abberufung des Herrn Sundt, was er da und dort angekündigt hat – zum Beispiel hat er schon den Auftrag gegeben, bei der AUA drei neue Manager zu finden –, das ist wirklich nicht akzeptabel. Aber das ist ja überhaupt ein moderner Stil geworden, den anderen Aufsichtsräten über die Zeitung mitzuteilen, wie sie bei der Aufsichtsratssitzung stimmen müssen. Also die Vertreter der Banken und andere Wirtschaftsfachleute erfahren über die Zeitung, was ihnen Herr Ditz anschafft.

Ich erwarte mir also von Ihnen die entsprechenden Konsequenzen, weil ich überzeugt bin, dass der Herr Ditz wahrscheinlich einen großen Bauchfleck landen wird. Er wird im Aufsichtsrat keine Mehrheit finden, und ich bin gespannt, ob Sie ihn dann zur Verantwortung ziehen und in die Pflicht nehmen werden, ob er das Gutachten, das er in Auftrag gegeben hat, aus der Privatschatulle bezahlen wird und ob Sie ihn ohne Handshake für diesen Bauchfleck in die Wüste schicken werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02


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71. Sitzung / Seite 157

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Das waren recht interessante Ausführungen des Kollegen Nürnberger. Erstaunlicher aber ist der kollektive Gedächtnisschwund der SPÖ in der Frage der Verstaatlichten. Sie tun so, als ob es vor dem Februar 2000 in der verstaatlichten Industrie perfekt funktioniert hätte.

Da gibt es einen unter Ihnen, der ist die lebendig gewordene Unschuld mit pseudowitzigen Krawatten, nämlich Ex-Minister Edlinger. Lebendig gewordene Unschuld: Er geht zu einer tatsächlichen Berichtigung zum Rednerpult und meint, er hätte nie interveniert. Und da gibt es den Noch-nicht- und Ex-Klubobmann, denn wenn es so weitergeht, wird er es wahrscheinlich nicht lange sein. Er wird von Nürnberger gelobt, und dann lobt Nürnberger Herrn Mitterlehner – das sind eigenartige Varianten, die sich da auftun.

Sie vergessen die Pleiten, Sie vergessen die vielen Pleiten und die darunter Leidenden. Die Verlierer bei den Pleiten der Verstaatlichten waren die Zulieferer und waren die Arbeitnehmer. Die Gewinner dieser Pleiten waren immer die so genannten und angeblichen Manager und die Spitzenfunktionäre der SPÖ, die dann untergekommen sind in der Arbeiterkammer, beim ÖGB und in ähnlichen Bereichen. Die sind immer alle bestens versorgt worden.

Was kann daran schlecht sein, wenn die ÖIAG den Schuldenstand von 90 Milliarden auf derzeit nunmehr 37 Milliarden reduziert hat? Was ist daran schlecht?

In Ihrer Dringlichen Anfrage wird von feindlichen Übernahmen gesprochen. Nur weil es ausländische Unternehmen sind, die sich dafür interessieren, in Österreich Beteiligungen zu haben, sind es feindliche Übernahmen? Sind für Sie Ausländer nur dann gute Ausländer, wenn sie Sozialhilfeempfänger sind, und nicht auch dann, wenn gutes Geld von guten Unternehmen in Österreich platziert wird?

Sie schreiben, es würden versierte und erfahrene Aufsichtsräte entfernt. Ich glaube durchaus, dass Herr Ex-Minister Staribacher Erfahrung hat, aber was haben Sie gegen Leute wie Veit Schalle, Veit Sorger und so weiter? Das frage ich Sie wirklich. Denn das klingt so vorwurfsvoll: weil sie ihre wirtschaftlichen Kontakte haben.

Und wenn dann Namen wie Streicher, Scholten und Co fallen, dann frage ich mich: Warum haben sich denn diese Herren nie in den scharfen Wind der Privatwirtschaft begeben? Die waren immer im Schoß der Parteizentralen. Der Herr Streicher hat eine sensationelle Karriere hinter sich: Von einer Abfertigung zur anderen ist er gewandert, von der AMAG zu Steyr, zur ÖIAG und so weiter, also immer bestens versorgt mit vielen Millionen Schilling.

Kunde und Markt waren Störfaktoren. Das war die Politik der Vergangenheit, sodass selbst Bundeskanzler Klima im Jahr 1997 den Auftrag erteilt hat, 73 österreichische Unternehmen zu privatisieren. Gebremst hat einer, nämlich die lebendig gewordene Unschuld, seines Zeichens Finanzminister damals, der Herr Edlinger. Er hat nie interveniert! Kollege Cap hat von der Arroganz der Macht gesprochen. Da muss ich sagen: Das stimmt schon. Ich kann nur sagen: Freundschaft, Genossen!

Ich komme jetzt auf ein Protokoll zu sprechen. Der Herr Praschak wurde am 14.3.1997 zum Herrn Finanzminister Edlinger zitiert, mit der höflichen Bitte, den Vorstandssessel in der Österreichischen Kontrollbank zu räumen. Man hätte für ihn schon den Vorstandssessel in der Investkredit vorbereitet. Und wenn er sich dem nicht fügt – wörtlich –, gäbe es auch andere Alternativen. Man könne mit ihm auch anders reden. (Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich!)

Das, Herr Ex-Klubobmann Cap, ist Arroganz der Macht: Man könne mit ihm auch anders reden. – Das sind mafiose Methoden. Da ist einer nicht willfährig, einer wie Praschak, der einem


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Scholten weichen soll, gibt nicht gleich im ersten Gespräch nach, und dann wird ihm gedroht: Wir können mit dir auch anders reden. – Mit Herrn Praschak brauchen Sie nicht mehr zu reden, der ist freiwillig aus dem Leben geschieden. Die Verantwortung dafür tragen ausschließlich Sie und Ihre Funktionäre. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Beschämendste in dieser Situation war: Damals hat man dahin gehend argumentiert, man würde unbedingt einen dritten Vorstandsdirektor in der Kontrollbank brauchen. Die Geschäfte haben sich so erweitert, daher lassen wir den Herrn Praschak halt dort, wenn er unbedingt möchte, aber der Herr Scholten muss dort auch einen Platz haben. Seit dem Tod des Herrn Praschak gibt es dort nach wie vor zwei Vorstandsdirektoren, und ich glaube, die Kontrollbank wird so halbwegs geführt.

Daher sage ich: Arroganz der Macht – vorbei! Messen Sie uns an den Ergebnissen! Sie malen immer den Teufel an die Wand. Wie der Schelm denkt, so handelt er. Sie gestehen mit Ihrem Verhalten ein, dass Ihre chaotische Politik in der verstaatlichten Industrie dazu geführt hat, dass Zigtausende Österreicher die Arbeitsplätze verloren haben und es letztlich keine gesunde Wirtschaft in diesem Bereich gibt. Und es ärgert Sie, dass erfolgreich Privatisierungen von uns durchgeführt werden.

Sie waren dabei: SPÖ und ÖVP einigen sich auf ein umfangreiches Privatisierungspaket. 100 Prozent Privatisierung kein Tabu mehr. Donnerstag, 2. Jänner 2000. – Es handelt sich hier um eine Vereinbarung, dass Telekom Austria, Austria Tabak und so weiter zu 100 Prozent in Privatbesitz wechseln können. (Abg. Edlinger: Nein, falsch!) Zu 100 Prozent in Privatbesitz wechseln können – das haben Sie vereinbart! Und weil das jetzt vollzogen wird und Sie nicht dabei sind, spielen Sie beleidigte Leberwurst. Diese Position können Sie aufgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.  – Abg. Gaugg: Machen wir eh! ... Sie waren ja einmal etwas! – Abg. Böhacker: Der steinerne Gast auf der Regierungsbank! – Abg. Gaugg: Wie ist denn die Rechnungshofprüfung in Wiener Neustadt ausgegangen? Nur weil die Personaldecke so dünn ist, sitzt der Herr Wittmann noch da herinnen!)

17.08

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Auch diese heutige Dringliche Anfrage beweist, dass die Sozialdemokraten den Abschied von der politischen Macht nicht verkraften (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), denn das, was Sie heute an der Privatisierung kritisieren ... (Abg. Dr. Cap: Textbaustein Nummer 337!)  – Herr Kollege Cap, ich würde ein bisschen zurückhaltend sein. Ich fürchte, nach den Reden, die Sie hier halten, wird es bald wieder die große Sehnsucht nach Herrn Klubobmann Kostelka in der Sozialdemokratischen Partei geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das war heute eine überraschend oberflächliche und unseriöse Rede. Und eines haben Sie heute sicher bewiesen: dass Sie sich in der Wirtschaftspolitik nicht besonders gut auskennen. Bleiben Sie bei der Kulturpolitik oder beim Langlaufen, ich weiß nicht genau, wo (Abg. Schwarzenberger: Beim Fußball!), aber versuchen Sie sich nicht allzu oft in der Wirtschaftspolitik, Herr Kollege Cap!

Eines ist auch klar: Die Sozialdemokratie hat hier weitgehend abgedankt, weil auch ihre Ideologie in diesen Fragen abgedankt hat. Deshalb ist heute auch nicht über Wirtschaftspolitik und über die Notwendigkeit der Privatisierungspolitik gesprochen worden, sondern eigentlich nur über Personalfragen. Für Sie sind Personalfragen als Synonym für Machterhaltung letztlich Ersatzideologie geworden. Das hat sich heute wieder ganz klar und deutlich gezeigt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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71. Sitzung / Seite 159

Bei dieser Machtpolitik hat es auch einige Punkte gegeben, wo Sie wirklich danebengegriffen haben. (Abg. Dr. Cap: Sechs haben applaudiert!)

Herr Kollege Edlinger! Sie haben hier die Ablöse des ÖBB-Generaldirektors Draxler beklagt. Ein besonders fähiger Manager, haben Sie gesagt, der den Hut nehmen musste. Aber ich sage Ihnen: Die sozialdemokratischen Gewerkschafter sind da offensichtlich nicht Ihrer Meinung, denn erstens haben sie der Bestellung des neuen Vorstandes im Aufsichtsrat zugestimmt und zweitens haben sie in der entsprechenden Information an die Wiener Ortsgruppenobmänner geschrieben – unterschrieben von Willi Haberzettl; der ist Ihnen ja nicht ganz unbekannt –: Die Gewerkschaft der Eisenbahner hat nun endlich die Ära Draxler mit beendet. – Eigenartig ist nur, dass nun diejenigen, die sieben Jahre eine Beendigung der Draxler-Zeit gefordert haben, dieser jetzt nachtrauern.

Und dann sagen sie: Ein Märtyrer sollte auf keinen Fall geboren werden. Es ist zu erwarten, schreibt Herr Haberzettl, dass die Umgebung Draxlers in der nächsten Zeit noch weiteren Blödsinn kundtut. (Abg. Böhacker: Wer hat das gesagt?)

Herr Kollege Edlinger! Ich möchte Sie nicht in "die Umgebung Draxlers" rechnen, obwohl der Verdacht auftauchen könnte, weil Sie heute so massiv für ihn eingetreten sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Zwei haben applaudiert!)

Meine Damen und Herren! Ich komme aus einem Kernland der verstaatlichten Industrie in Oberösterreich. Wir alle wissen, dass ein großer Teil der SPÖ und ihrer Gewerkschaften die verstaatlichte Industrie immer gleichsam als politisches Lehen angesehen haben, dass Sie, die SPÖ und ihre Zentralbetriebsratsobmänner, der wahre Machtfaktor in diesen Unternehmen waren. Der Verlust dieser politischen Machtbasis ist es ja, der Sie in diesem letzten Jahr in geradezu unverantwortlicher Panikmache gegenüber der Privatisierung agieren hat lassen. Sie haben eine unverantwortliche Panikmache gegenüber der Privatisierung veranlasst und versucht, die Gewerkschaft entsprechend zu mobilisieren.

Aber die Bevölkerung weiß, dass die 5 Milliarden Schilling aus der "Konsum"-Pleite von Ihren Genossenschaften verursacht wurde, dass das Verstaatlichten-Debakel die österreichischen Steuerzahler rund 110 Milliarden Schilling und zusätzlich den Verlust von 50 000 Arbeitsplätzen gekostet hat. Warum haben Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, heute in dieser Debatte Ihren Wählern, der österreichischen Bevölkerung nicht gesagt, dass der österreichische Steuerzahler bis weit in den Anfang dieses Jahrtausends für die desaströse Verstaatlichten-Politik Kreiskys und aller Ihrer Verstaatlichten-Minister zahlen wird müssen? Seien Sie doch ehrlich zu Ihren Wählern, sagen Sie ihnen doch auch das, verheimlichen Sie das nicht, denn das sind doch auch die Ergebnisse Ihrer Verstaatlichten-Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

VOEST- und AMAG-Debakel sind uns allen noch in bester Erinnerung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Als die AMAG Anfang der neunziger Jahre vor der Pleite stand, wurden ihr vom Steuerzahler 11 Milliarden Schilling zugeschossen. Als man drei Jahre später erkannte, dass der Staat sie nicht führen kann und 1 000 Arbeitsplätze verloren gingen, entschloss man sich, sie zu verkaufen. Es wurden noch einmal 1,2 Milliarden Schilling zugeschossen, und dann wurde sie an einen privaten Eigentümer praktisch verschenkt. Heute erwirtschaftet die AMAG einen Cashflow von mehreren hundert Millionen Schilling, und der Gesamtkonzern ist wieder rund 5 Milliarden Schilling wert, meine Damen und Herren! Die Mitarbeiteranteile, die es dort im Rahmen einer Mitarbeiterbeteiligung Gott sei Dank gegeben hat, sind heute rund 1 Milliarde Schilling wert.

Das ist die Geschichte einer erfolgreichen Privatisierung! Das sollten Sie verbreiten und den Arbeitnehmern sagen! Sie jedoch versuchen, Panik zu machen!

Wie es mit den Privatisierungsaktionen ausschaut, für die Sie mitverantwortlich sind, hat sich nicht zuletzt am Beispiel der Bank Austria gezeigt: ein sozialdemokratisch beherrschter Vorstand, ein sozialdemokratisch beherrschter Aufsichtsrat. Dort ist weiter privatisiert worden, aber diese Bank befindet sich heute in ausländischer Hand, Herr Kollege Cap. Die Creditanstalt wurde von der Bank Austria aufgekauft (Abg. Eder: Die ÖVP Wien hat das verlangt! Das ist ja nicht


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zu glauben!), und was ist nun? – Sie existiert nicht mehr oder wird in den nächsten Monaten nicht mehr existieren, und Tausende Arbeitsplätze sind verloren gegangen.

Das ist Ihr Stil, das ist sozialdemokratische Privatisierung! Das ist eine Privatisierungspolitik, die wir nicht akzeptieren können, die wir auch nicht vertreten und die Sie allein zu verantworten haben, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Wirtschaftspolitik, die Sie auf Kosten der Zukunft betrieben haben, war nicht nur fahrlässig, sondern geradezu verantwortungslos, und es ist höchste Zeit, dass das finanzpolitische Ruder in diesem Land herumgerissen wurde und dass wieder verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das haben nicht einmal die eigenen Leute geglaubt!)

17.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Behutsam und professionell – behutsam und professionell werden die Privatisierungen dieser neuen Koalitionsregierung sein, hat uns Bundeskanzler Schüssel versprochen.

Nehmen wir dazu ein Zitat eines Wirtschaftskapitäns, den Sie alle kennen, denn er war ja schließlich auch in diesem Parlament, schauen wir, was der zu der "behutsamen und professionellen" Art dieser neuen Regierung sagt.

Der frühere Abgeordnete Haselsteiner meinte gegenüber "profil": "Was wir erleben, ist eine unverfrorene Inbesitznahme von Machtpositionen. Nach dieser ÖIAG-Entscheidung können die Herren Prinzhorn oder Grasser oder Schüssel in Zukunft jedenfalls nie mehr behaupten, diese Regierung würde Parteieneinfluss zurückdrängen. ... Wer jetzt die Herrschaft antritt, das sind die Blauen und die Schwarzen – mit Tarnkappe."

Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass Herr Präsident Prinzhorn während der ersten zwei Stunden an dieser Debatte nicht teilgenommen hat, obwohl er in dem ganzen Spiel eine nicht unwesentliche Rolle spielt. (Abg. Parnigoni: Aber ohne Tarnkappe!)

"Behutsam und professionell", hat Herr Schüssel gesagt. Behutsam war die Art und Weise, wie die Bundesregierung beziehungsweise der Herr Finanzminister beispielsweise bei der Auswahl der ÖIAG-Aufsichtsräte gearbeitet und die Spuren verdeckt hat. Und professionell, das kann man durchaus anerkennen, war das Honorar der Firma Zehnder, die als Headhunting-Agentur für den Herrn Finanzminister diese Aufträge erfüllt hat.

Warum, meine Damen und Herren? – Es ist doch interessant, nachzuverfolgen, wie die Firma Zehnder zu Ihrem Auftrag gekommen ist: Der Geschäftsführer der Firma Zehnder, Herr Kappel, der das Naheverhältnis zur FPÖ dementiert, aber Mitherausgeber der Zeitung "Zur Zeit" von Andreas Mölzer ist und einen Trauzeugen hat, der im Parlamentspräsidium sitzt, hat eine Frau, die die Assistentin des Parlamentspräsidenten Prinzhorn war und auch bei Herrn Grasser gearbeitet hat. Und gerade jenes Personalbüro – rein zufällig natürlich, versteht sich! –, das Personalbüro des Herrn Kappel, hat den Auftrag erhalten. (Rufe bei der SPÖ: Als Bestbieter!)

Welchen Auftrag für 1,8 Millionen Schilling hat dieses Büro als Bestbieter erhalten? – Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Partik-Pablé, wir reden im Untersuchungsausschuss über "Euroteam", aber diesen Auftrag würde ich auch gerne untersuchen. (Abg. Grabner: Kommt schon noch!) 1,8 Millionen Schilling hat die Firma Zehnder dafür erhalten, dass sie aus einer Liste von 44 Personen, die die Firma Zehnder aufgelistet hat und die als mögliche Aufsichtsräte in Frage kamen, eine "Shortlist" gemacht hat. Man hat sich also mit der Firma Zehnder, sprich Herrn Kappel, den ja Herr Prinzhorn und Herr Minister Grasser kennen, zusammengesetzt, und


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dann wurde aus dieser Liste von 44 Personen der potentiellen Aufsichtsräte in Absprache mit der ÖVP, die da ja sonst nicht viel zu melden gehabt hat, eine "Shortlist" gemacht mit 14 Personen, die übrig blieben. Und aus dieser "Shortlist" durfte dann das Personalberatungsbüro oder Headhunter Kappel, sprich Zehnder, zehn Personen für den Aufsichtsrat herausfiltern. Eine "beachtliche" Leistung für 1,8 Millionen Schilling. Eine beachtliche Leistung!

Vor allem dürfte die Auswahl dieser zehn Personen deshalb nicht sehr schwer gefallen sein, weil man sich ja vorher schon kannte. Man musste also nur noch auf bestimmte Personen deuten und sagen: Den Herrn Sorger, den kennen wir, den Herrn Schalle,, den kennen wir, und so weiter und so fort. All diese Personen waren miteinander gut bekannt, stehen in freundschaftlichen, aber auch wirtschaftlichen Beziehungen zueinander, dienen einander gegenseitig als Aufsichtsräte und tun einander nicht weh. – Das kann man dazu sagen.

Frau Kollegin Pablé! So ist die Personalauswahl um 1,8 Millionen Schilling erfolgt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe sie nicht gekriegt!) Aus 44 Personen wurden 30 herausgestrichen. Das ist relativ schnell gegangen. Das sind wahrscheinlich die gewesen, die man nicht gekannt hat. Und die 14, die man gekannt hat, sind dann übrig geblieben. 1,8 Millionen Schilling für diese verdienstvolle Tätigkeit für den Herrn Finanzminister und den Herrn Prinzhorn, die Freunde in der Wirtschaft aus einer Liste heraus zu erkennen und dann zu einem ÖIAG-Aufsichtsrat zu schmieden.

Dieser ÖIAG-Aufsichtsrat hat dann in verdienstvoller Form weiter gearbeitet, hat dem Herrn Ditz ein Mandat erteilt – und das möchte ich Ihnen doch schon noch vorführen –, das ja insgesamt zum politischen Vorhaben dieser Bundesregierung gehört hat, nämlich behutsam und professionell beispielsweise die Telekom zu privatisieren, behutsam und professionell – wie es diese Bundesregierung vorgegeben hat.

Behutsam und professionell hat man gewusst, der Ertrag dieser Viertelprivatisierung soll 30 bis 40 Milliarden sein. Der Herr Finanzminister kann sich jetzt nicht mehr erinnern. Es ist ihm auch, wie er mir in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt hat, egal, was der Erlös ist, denn das interessiert ihn nicht. Er steht für die Republik als Eigentümer da, aber nicht, um Einfluss auf die ÖIAG zu nehmen. Deswegen ist es ihm auch egal, ob der Erlös 10, 9, 8 oder 7 Milliarden oder doch die 40 Milliarden ist, die man sich ursprünglich erhofft hat.

Der Herr Ditz hat diesen Auftrag zur behutsamen und professionellen Privatisierung jedenfalls sehr ernst genommen und hat gepusht, was das Zeug nur gehalten hat, um die Privatisierung der Telekom zum optimal ungünstigsten Zeitpunkt durchzuführen. Das ist ihm erfolgreich gelungen! Es ist das der absolut ungünstigste Zeitpunkt für die Telekom-Privatisierung gewesen. Man musste den niedrigsten Ausgabekurs festsetzen, den man nur finden konnte. 9 j  – das war das unterste Ende des Preisbandes, auf das man sich geeinigt hat, nachdem man schon gewusst hat, dass die ursprünglichen Erwartungen nicht einzuhalten sein werden. Diese 9 j hat man tatsächlich festgesetzt und darauf gehofft, dass zumindest daraus eine positive Kursentwicklung erwachsen wird.

Nachdem man sich auf die 9 j geeinigt hatte, war auch schon klar: Der Ertragserlös von 30 bis 40 Milliarden ist nicht zu halten. Na gut, wir sind irgendwo bei 15 Milliarden gelandet. Man ziehe dann die 3 Milliarden ab, die man an die Telecom Italia zahlen musste – das interessiert den Herrn Finanzminister nicht mehr, davon weiß er nichts, das interessiert nur die ÖIAG –, und man ziehe davon ab das Honorar für die emittierende Bank: rund 1 Milliarde Schilling. Dann bleiben nach meinen Schätzungen zirka 12 Milliarden Schilling übrig. Der Herr Finanzminister konnte uns keine Schätzungen dahin gehend vorlegen, was aus dem Börsegang übrig geblieben ist.

Stellen Sie sich das vor! Meine Damen und Herren! Mit 30 bis 40 Milliarden Schätzung ist der Herr Finanzminister angetreten (Bundesminister Mag. Grasser: Ich bin nicht damit angetreten!), der sich vorher von den UMTS-Erlösen auch noch etliches erhofft hatte. Nachdem das schon baden gegangen ist, Herr Finanzminister, nachdem die UMTS-Lizenzen baden gegangen sind, haben Sie gesagt: Na gut, dann wird die Privatisierung der Telekom umso erfolgreicher sein.


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Der Effekt war 12 Milliarden Schilling netto für 25 Prozent der Telekom und ein Börsegang, der sich gewaschen hat, über den der Herr Urschitz von der "Presse" geschrieben hat – und das ist ja bekanntlich keine linksradikale Zeitung –, das sei der Verkauf von Familiensilber zum Schrottpreis. – Er hat auch Recht, denn es wurde im Vorfeld des Börseganges alles getan, damit möglichst wenig Ertrag herauskommt. Man hat nämlich auch noch den Banken Sonderrabatte gegeben, und die haben, nicht faul ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte! Die Redezeit ist beendet.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Die haben dann tatsächlich auch noch zum günstigst möglichen Preis Aktien erworben und sie am ersten Tag wieder verkauft. So schaut die Privatisierungspolitik dieser Bundesregierung aus! (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Seilschaften in der Politik sind schlecht, aber in der Wirtschaft mindestens ebenso. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Verbleibende Redezeit, Herr Abgeordneter: 5 Minuten.

17.26

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Dilettantismus, Machtgier, Unprofessionalität – tönt der Herr Edlinger. Gerade er aus der SPÖ-Propagandawalze, gerade der Herr Edlinger! In ein ähnliches Horn stößt mein Vorredner, Herr Kollege Öllinger. Zum Herrn Öllinger muss ich sagen: Er sagt halt etwas und weiß nicht, wovon er spricht. (Abg. Grabner: Eine Gemeinheit!) Denn würde er beispielsweise den Telekom-Syndikatsvertrag kennen, dann würde er sich auf die Zunge beißen. (Abg. Öllinger: Wer hat den ausverhandelt?) – Den Telekom-Vertrag, den Syndikatsvertrag, den hat dieser Herr Edlinger, Ihr Freund, ausverhandelt! (Abg. Edlinger: So ein Blödsinn!) Und der Herr Ditz, Herr Kollege Öllinger, der war ihm damals recht, der war ihm damals willkommen, der war damals ein wertvoller Erfüllungsgehilfe. Jetzt putzt sich Herr Edlinger ab und sagt: Was ist das für ein Manager, der Herr Ditz?

Meine Damen und Herren! Auch ich habe von manchen Personen eine durchaus geteilte Auffassung. Aber was Sie machen, Herr Edlinger, nämlich zuerst Ihren ehemaligen Koalitionspartner hoch in den Himmel loben, weil Sie ihn brauchen, und dann sagen, der ist nichts wert, das ist einfach schäbig! (Abg. Huber: Das, was Sie machen, ist schäbig! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich fühle mich leicht belustigt über so manche selbst ernannte Telekom-Experten hier. Wissen Sie, meine Damen und Herren, da wird immer die Frage gestellt: Warum gibt es soviel Zoff im Vorstand? Ich kann Ihnen eines sagen: Es gibt heute in Europa wahrscheinlich kein Telekomunternehmen, in dem das Management, der Vorstand nicht auf dem Prüfstand steht.

Schauen Sie nach Deutschland! Sie brauchen nur zu beobachten! Schauen Sie sich einmal an, was sich beispielsweise Herr Ron Sommer anhören muss. Der muss sich nämlich den Vorwurf gefallen lassen, er hätte die UMTS-Lizenz überzahlt. Da sind ja immerhin 600 Milliarden geflossen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie kommen her und sagen: Die UMTS-Lizenz in Österreich wurde verschenkt. (Abg. Grabner: No na!)

Das ist schon ein doppelbödiges Spiel. Wenn die Telekom kräftig für diese Lizenz gezahlt hätte, hätten Sie auf der einen Seite gesagt, es sei überzahlt worden, deshalb sei das Unternehmen heute so schlecht. Da dies nicht stattgefunden hat, da zum Leidwesen des Finanzministers eigentlich eine moderate Preisbasis gegeben war, sagen Sie, der Finanzminister sei schuld.

Also Sie drehen es, wie Sie es wollen. Sie wollen eigentlich nur polemisieren! Sie wollen nicht sachlich über Telekomfragen diskutieren, Sie wollen sich hier nur zu selbst ernannten Telekom-Experten aufspielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich sage Ihnen eines: Herr Kollege Edlinger! Sie waren damals, im Jahre 1997, der Pate, als in der Schweiz der Vertrag mit den Italienern abgeschlossen wurde. Damals sind Ihnen 80 Millionen Schilling an Gebühren für die Republik Österreich entgangen! Sie haben zugeschaut, Ihnen war das recht, Ihnen war damals alles recht – aus hemmungsloser Gier heraus. Denn Sie und Ihre Vorgänger haben zuerst das Unternehmen ausgesackelt, und dann hat man schnell etwas machen müssen, um das Budget zu sanieren. Das ist die Realität!

Sie, Herr Finanzminister a.D., haben mit Ihrem Vorgänger und Ihren Vorvorgängern gemeinsam immer die Tatsachen negiert. Sie haben nicht gesagt, dass das irgendwann einmal ein Problem werden könnte. Sie haben nicht gesehen, dass man ein Telekom-Unternehmen nur einzeln an die Börse bringen kann, sondern Sie haben einen Vertrag abgeschlossen, der den weiteren Weg in eine erfolgreiche Privatisierung zumindest sehr, sehr erschwert.

Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde ist es hoch an der Zeit, dass in der ÖIAG heute ein anderes Management im Aufsichtsrat und im Vorstand werkt. (Abg. Grabner: Der Herr Ditz!)

Meine Damen und Herren! Wir wollen dort Vorstände haben, die marktorientiert agieren. Wir wollen dort Aufsichtsräte haben, die keine Apparatschiks sind. Nicht so, wie Sie das gerne hätten: Alles bleibt beim Alten, und der Herr Edlinger gibt die Befehle aus den Parteizentralen und sagt: Zeigt es denen! Das wäre Ihre Taktik. Das war Ihre Absicht, Herr Kollege. (Abg. Edlinger: Noch nie getan!) Sie können das gar nicht negieren. Das wäre Ihnen recht. Es tut Ihnen eben weh, dass das nicht so ist. Es sind andere Voraussetzungen geschaffen worden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Klingelzeichen.) – Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident!

Meine Damen und Herren! Wir wollen Aufsichtsräte, die eine Bilanz lesen können, die wissen, dass der Verlust auf der linken Seite und der Gewinn auf der rechten Seite steht.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (fortsetzend): Das ist unser Credo. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn das erfolgreich weitergeführt wird, ist die ÖIAG auf einem guten Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend regelmäßige Berichte über die Entwicklung der ÖIAG-Holding.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Kurze Debatte über einen Fristerstreckungsantrag

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die nun folgende kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Kiss, Dr. Krüger und Kollegen die dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 98/A per 30. Juni 2001 gesetzte Frist bis 30. Juni 2002 zu erstrecken.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristerstreckungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung 10 Minuten Redezeit zukommen. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.


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Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Kiss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

17.33

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In einer sehr ambitionierten Debatte hat am 16. Mai der Unterausschuss des Verfassungsausschusses das so genannte Demokratiepaket diskutiert. Wir haben die Problematik von allen Seiten beleuchtet, natürlich divergierend, wie es bei verschiedenen Standpunkten von Parteien eben der Fall ist. Aber eines hat die Regierungskoalition registriert: Es geht der Opposition um Folgendes. SPÖ und Grüne waren der Auffassung, die Zeit, um dieses sehr sensible Thema zu diskutieren, ist uns zu kurz. Gut, haben wir gesagt, akzeptiert, einverstanden, diskutieren wir länger. Machen wir Nägel mit Köpfen! Reden wir uns nicht auf allfällige kurze Fristen aus!

Das Ergebnis dieser unserer internen Überlegungen zwischen der ÖVP und der FPÖ ist jener Antrag, den wir heute einbringen, den ich einbringe, den wir diskutieren:

Antrag

der Abgeordneten Kiss, Dr. Krüger und Kollegen betreffend Fristerstreckung gemäß § 43 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 GOG

Der Nationalrat wolle gemäß § 43 GOG beschließen, die dem Verfassungsausschuß per 30. Juni 2001 zur Berichterstattung über den Antrag 98/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalratswahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz, die Europawahlordnung, das Volksbegehrengesetz, das Volksabstimmungsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz geändert werden, gesetzte Frist bis zum 30. Juni 2002 zu erstrecken.

*****

Als wir die Vertagung damals unter Ihrem Vorsitz, Herr Kollege Kostelka, gleichsam für die nächste Zeit akzeptierten, war uns intern klar, wir müssen etwas tun. Und wir tun mit diesem Antrag etwas. Denn die Debatte war ja, so wie ich es eingangs gesagt habe, äußerst interessant. Da hat es von Ihnen Wortmeldungen gegeben, und ich habe Ihnen damals gesagt, Kollege Kostelka, Sie seien ein großer Theoretiker fern jeglicher Praxis, würden nur nach dem Buchstaben der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen argumentieren, und es fehle Ihnen an der Sensibilität dafür, was eben in der Praxis nun einmal beispielsweise ein Bürgermeister mit einbringe.

Ich habe damals auch dem Kollegen Schieder attestiert, er, der damals Stadtrat in Wien war, hätte sich um die Problematik gekümmert, kenne sich aus. Und ich glaube, dass wir gut daran tun, in der Sache selbst weiterzureden. Und wenn Schieder der Praktiker ist, dann ist Häupl zumindest nach meinem Verständnis in der SPÖ der Macher, der Boss, der Chef, nicht Gusenbauer ist es. Und es ist Häupl, der am 27. April des heurigen Jahres anlässlich seiner Regierungserklärung im Wiener Landtag Folgendes gesagt hat: Das Wahlrecht wird reformiert. Kommen werden demnach eine Wahlmöglichkeit mit 16 Jahren, die Briefwahl und ein Wahlrecht für Ausländer auf Bezirksebene.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, aber auch von den Grünen! Wir bieten Ihnen jetzt die Möglichkeit, dieses Thema in einer sehr seriösen Art und Weise zu diskutieren, bei einer zeitlichen Vorgabe von einem Jahr. Insgeheim habe ich die Hoffnung, Kollege Kostelka, da Sie doch in die Volksanwaltschaft absiedeln und ein anderer dem Verfassungsausschuss, zumindest SPÖ-intern einmal, vorsitzen wird, dass dort ein anderer Schwung hineinkommt, dass nicht so sehr betoniert wird und dass mehr an Drive und Pfiff in die Debatte hineinkommt. So haben wir also einmal die zeitlichen Vorgaben erfüllt, die der Wunsch der Opposition gewesen sind.


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Wir haben auch mit dem, was Häupl sagt, offensichtlich einen Verbündeten einige wenige hundert Meter weiter im Wiener Rathaus. Denn wenn Häupl der Boss ist, wird er doch Manns genug sein, und die Fraktion der SPÖ-Nationalratsabgeordneten, die aus Wien kommen, ist groß genug und stark und zahlreich genug, um den Druck des Landesparteiobmannes und Bürgermeisters von Wien eben auch in dieses Plenum des Nationalrats mit einzubringen, dass die Briefwahl kommt.

Und diese Briefwahl, Kollege Kostelka – ich habe es Ihnen gesagt –, ist ein Kriterium, das uns einen demokratiepolitischen Fortschritt bringt. Briefwahl aus unserer Sicht, aus Sicht der ÖVP ist ganz einfach in der heutigen Zeit eine demokratiepolitische Notwendigkeit. Daran führt künftig kein Weg vorbei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Innenministerium hat diesen Entwurf auch grundsätzlich einmal begutachtet, neu überlegt und, wie ich meine, mit diesem neuen Entwurf jenen Intentionen Rechnung getragen, die wir auch in der Debatte im Unterausschuss bereits vorgegeben haben. Es wird – und das ist die wichtigste Botschaft – mit der Briefwahl endlich das erreicht, was wir alle miteinander wollen: Kein Bürger in diesem Land, keine Österreicherin, kein Österreicher, kein Wiener, Kollege Kostelka, und keine Wienerin (Abg. Dr. Kostelka: Auch keine Burgenländerin!) soll von der Wahl zur Gemeinderatsvertretung, von einer Landtags- oder Bundeswahl ausgeschlossen werden. Erst mit der Briefwahl erreichen wir dieses Ziel. Wir als Regierungskoalition, ich als Vertreter der ÖVP, wir werden nicht locker lassen, dieses Ziel sicher auch mit Ihrer Überlegung mit umzusetzen.

Wir haben gleichzeitig auch garantiert, dass die Wahlgrundsätze eines geheimen und persönlichen Wahlrechtes dank einer eidesstattlichen Erklärung – auch dies ist in den Unterlagen ersichtlich – umgesetzt werden. Das komplizierte Auslandsösterreicherwahlrecht könnte entfallen. Darüber hinaus müsste – eine Änderung zum Erstentwurf – die Wahlkarte spätestens am zweiten Tag nach dem Wahltag bis 12 Uhr bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde eingelangt sein.

Das heißt also zusammengefasst: Mit der neuen Regelung einer Briefwahl wird das Wahlprocedere zweifelsfrei vereinfacht, beschleunigt, im Sinne der Bürger, im Sinne des Wählers besser gestaltet. Ich frage mich, was dagegen spricht, dieses Wahlrecht des einzelnen Bürgers zu beschleunigen, besser zu stellen, allen Menschen einen Zugang zum Wahlrecht zu ermöglichen, was in der Demokratie eine Selbstverständlichkeit ist.

Ich frage mich, was die SPÖ bis dato gehindert hat, dieser Briefwahl die Zustimmung zu geben. Und ich frage mich vor allem, was im Zuge der nächstjährigen Debatte an Argumenten kommen wird. Sie, Kollege Kostelka, werden es als Volksanwalt zumindest in den Medien, Zeitungen, Zeitschriften, im Radio und Fernsehen verfolgen können, wie wir intern diskutieren. Wir sind aber auch bereit, den persönlichen Disput mit Ihnen zu führen. Sie werden es also von der Galerie aus beobachten können – ich glaube, ohne Sie wird es besser gehen –, dass also diese Briefwahl ein Thema ist, das wir konsequent und hartnäckig weiter verfolgen.

Wenn sich die SPÖ bis dato gesträubt hat, dann fehlen ihr meiner Ansicht nach, unserer Auffassung nach, die entsprechenden griffigen Argumente. Argumente, wie wir sie im Unterausschuss gehört haben, haben so gelautet: Na, da gibt es noch andere Überlegungen, und zwar im Zusammenhang mit der Senkung des Wahlalters. – Ich frage mich: Was hat eine Senkung des Wahlalters mit dem Briefwahlrecht zu tun? Sie haben verschiedene Dinge miteinander verquickt, so gleichsam ein Gemenge daraus gemacht, um nur ja nicht Antwort auf unsere offenen Fragen geben zu müssen, die evident sind.

Und wenn ich mich frage, was also die SPÖ nach wie vor daran hindert, ja zur Briefwahl zu sagen, dann glaube ich, dass schön langsam auch jene Kohorten, die in der SPÖ noch fest gegen die Briefwahl einzementiert sind, auf Dauer bröckeln werden. Wenn Häupl das Thema vorgibt, wenn Häupl in seiner Regierungserklärung im Wiener Landtag im April ja zur Briefwahl gesagt hat, dann glaube ich, dass auch die SPÖ auf Trab zu bringen ist. Wir werden in diesem Unter


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ausschuss des Verfassungsausschusses jedenfalls alles dazu tun, damit die SPÖ auf Trab gebracht wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenitsch. )

Wenn wir Druck in Sachen Briefwahl machen, dann natürlich auch mit einem weiteren Hintergedanken, denn wir Praktiker wollen etwas verbessern. In diesem Hohen Haus sitzen eine Unzahl von Bürgermeistern, Vizebürgermeistern, also Funktionären, die bei Wahlen – egal, ob es Wahlen in die Gemeindevertretung, in den Landtag oder auf Bundesebene sind – tagtäglich mit der Abwicklung der Wahl selbst zu tun haben, die wissen, wie problematisch es ist, manche Bestimmungen auch in die Praxis umzusetzen, die wissen, wie schwierig es ist, bettlägerigen Menschen, kranken Menschen oft unter unwürdigsten Bedingungen gleichsam das Ja zu dieser Wahl und letztlich auch das "Kreuzerl" abzuringen. Wir wollen es besser machen, und mit der Briefwahl machen wir es besser! Und mit diesem unserem Antrag auf Fristerstreckung kann dieser Weg auch verfolgt werden.

Ein letzter abschließender Gedanke: Ein Jahr der Fristerstreckung scheint uns eine faire Frist zu sein. Ein Jahr der Fristerstreckung ermöglicht beispielsweise ab dem kommenden Herbst eine sehr, sehr intensive Beratung, ein Jahr der Fristerstreckung bewirkt aber auch ein Umdenken, und zwar vor allem in der SPÖ. Wir wissen, Sie wissen, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass es auf einfachgesetzlicher Basis zu diesem Gesetzeswerk keine Möglichkeiten der Beschlussfassung gibt. Wir brauchen Sie also!

Mit dem Antrag auf Fristerstreckung sagen wir Ihnen, Herr Kollege Kostelka, dass wir bereit sind zu diesem Gespräch, zu diesem Diskurs auf einer fairen Ebene, wo Argumente und Gegenargumente eingebracht werden (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen), wo aber unter dem Strich eines klar sein soll: Die Briefwahl ist eine demokratiepolitische Notwendigkeit. Das sollte auch die SPÖ einsehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten 5 Minuten beträgt.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

17.43

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kiss, Sie haben mir mit manchen Ihrer Bemerkungen den Abschied leicht gemacht, aber ich will trotzdem auf Ihre Argumente eingehen, weil Sie mit diesem Antrag einen Akt der Vernunft und einen Akt des Realismus gesetzt haben.

Sie haben hier den Eindruck erweckt, als wäre über Ihren eigenen Antrag in dem Unterausschuss, dem wir nunmehr ein Jahr mehr Zeit geben, lediglich die Briefwahl zu diskutieren. Aber in diesem Zusammenhang muss ich Sie darauf hinweisen, dass wir uns über alle Fraktionen hinweg am 20. Oktober vorigen Jahres auf ein Demokratiepaket geeinigt haben, das die Absenkung des Wahlalters enthält, die Briefwahl, die verpflichtende Volksabstimmung bei Volksbegehren, die Stärkung des Persönlichkeitswahlrechtes, das Auslandsösterreicher-Wahlrecht, das Ausländerwahlrecht und acht weitere Punkte.

Sie fragen, warum wir in diesem Zusammenhang das Wahlalter mit dem Briefwahlrecht verquicken wollen. Die Antwort ist sehr einfach: Weil erstens beides Wahlrecht betrifft, Herr Kollege, und zweitens, weil es verfassungslegistisch, aber auch politisch in höchstem Maße unsinnig ist, zwei Mal hintereinander in denselben Artikel 26 unserer Bundesverfassung einzugreifen und Dinge zu ändern, die zueinander gehören.

Wir haben uns darauf verstanden, dass ein gemeinsames Paket geschnürt wird, in dem Sie sich wiedererkennen, in dem aber auch wir uns wiedererkennen. Wir waren und sind bereit, über die Briefwahl zu reden, aber wir wollen auch über das Wahlalter und das Persönlichkeitswahlrecht reden, über das Minderheitsrecht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, aber auch über Dinge wie das Botschafter-Hearing.


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Meine Damen und Herren! Das Briefwahlrecht ist zu diskutieren, und dazu hat sich meine Fraktion auch bekannt, aber Demokratie endet nicht bei der Briefwahl, sondern es gibt darüber hinaus weitere wesentliche Schritte, die zu tun sind.

Das, was ich in diesem Zusammenhang aber zurückweisen muss, ist, dass wir von der SPÖ gemauert haben. Es wurde auf unser Betreiben am 20. Oktober Einvernehmen über diese Liste von Gesprächsthemen erzielt, aber wir haben dann mit Staunen zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie uns offensichtlich in Ermangelung anderer Themen in Ihrer Klub-Klausur im Jänner über die Medien ausgerichtet haben: Jetzt wird eine Frist gesetzt.

Ich habe daraufhin unverzüglich meinen Pendants im Verfassungsausschuss ein Angebot von insgesamt zehn Ausschussterminen übermittelt, aber ich musste bedauernd zur Kenntnis nehmen, die erste Sitzung hat nicht im Februar, hat nicht im März, sondern hat erst am 16. Mai stattgefunden. Und am Ende dieser Verhandlung am 16. Mai waren wir nicht einmal in der Lage, den nächsten Termin zu vereinbaren! – Soviel zu Ihrem Engagement betreffend Demokratie-Vorlagen, Herr Kollege Kiss. Mit dieser Geschwindigkeit wird auch eine Fristerstreckung von einem Jahr nicht ausreichen, und ich ersuche Sie daher dringend, noch vor Ende dieser Tagung im Herbst einen Verhandlungsplan aufzustellen, nach dem wir diese Themen – die wichtigen Themen: wichtige Themen für Sie, aber auch für uns – abarbeiten und nach gemeinsamen Lösungen suchen.

Ein letztes Wort. – Herr Kollege Kiss! All das bedarf aber auch eines anderen Klimas und einer anderen Verfassungs- und Gesprächskultur. Oft haben wir den Eindruck, ihr wollt ja gar nicht reden – ein Verdacht, der durchaus aufkommen kann und muss, wenn es insgesamt viereinhalb Monate braucht, um einen Termin mit euch vereinbaren zu können, obwohl wir eine ganze Fülle von Terminen angeboten haben. Daher namens meiner Fraktion von meiner Seite noch einmal das Angebot: Wenn Sie Demokratie wollen, dann wagen Sie sie auch – nicht zuletzt durch das Akzeptieren von Gesprächen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Moser und Mag. Kogler. )

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

17.49

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es entspricht einer alten Verhandlungsweisheit, dass eine Übereinkunft umso schwerer zu erzielen ist, je mehr Themen abzuhandeln sind. Es geht im Demokratiepaket, wie mein Vorredner zu Recht angeführt hat, nicht nur um die Fragen der Briefwahl, nicht nur um die Fragen der Veränderung des Verfassungsgerichtshof-Gesetzes, um die Fragen der Veränderung – möglicherweise in Richtung Initiativrecht – der Volksanwaltschaft, sondern auch um andere Fragen. Das ist überhaupt keine Frage. Aber je mehr ich die Verhandlungen mit neuen Themen überfrachte, desto geringer ist die Chance, zu einer Übereinkunft zu kommen. Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier nicht über Mehrheitsverhältnisse oder über eine einfache Mehrheit, sondern wir befinden uns tief im Verfassungsrecht, in dem nun einmal eine Zweidrittelmehrheit gefragt und auch erforderlich ist.

Ich möchte jetzt einen Vergleich ziehen zwischen der Art und Qualität der Reden meiner beiden Vorredner, weil ich glaube, dass dabei sehr schön die Unterschiede zwischen Regierung neu und Regierung alt zum Vorschein gekommen sind. Herr Kollege Kiss hat mit Recht darauf hingewiesen: Wenn eine Materie vernünftig zu regeln ist und es keinen wirklichen Einwand dagegen gibt, wie es nun einmal bei der Briefwahl der Fall ist, dann kann man nicht unter Hinweis auf irgendwelche Junktims die Zustimmung verweigern. Das ist "neu regieren"!

"Alt regieren" hingegen heißt: Ich bin zwar deiner Meinung, ich stimme deinem Vorhaben uneingeschränkt zu, aber ich möchte für mich etwas herausschlagen! Ich möchte zum Thema c, d und e deine Zustimmung, dann gebe ich dir auch die Zustimmung zu a, obwohl ich sie dir ohnehin geben wollte, weil ich ja deiner Meinung bin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren!


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Diese Zeiten des Packelns, des Paktierens und des gegenseitigen Aufrechnens sind ein für alle Mal vorüber! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn aber mein Kollege Kiss im Zusammenhang mit dem scheidenden Klubobmann Kostelka sagt, er glaubt, dass jetzt ein Praktiker nachkommt, der die Aufgabe für die SPÖ besser wahrnehmen kann, dann kann ich diesem Optimismus nicht ganz folgen. Ich glaube nicht, dass hier etwas Besseres nachkommt – ich meine das durchaus nicht verächtlich –, und ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, um Herrn Klubobmann Kostelka für seine im Ausschuss durchaus objektive Verhandlungsführung zu danken. Das ist überhaupt keine Frage. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube aber auch – auch das sage ich keineswegs mit einem ironischen Beigeschmack –, dass sein Abschied aus der sozialdemokratischen Fraktion in die Volksanwaltschaft durchaus eine starke Lücke innerhalb der SPÖ-Fraktion reißen wird. Ich möchte die anderen Kollegen nicht heruntermachen, aber ich habe Herrn Kollegen Kostelka doch als einen sehr profunden Kenner der österreichischen Bundesverfassung kennengelernt und bin gespannt, wer von der SPÖ versuchen wird, in seine durchaus großen Schuhe zu schlüpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf nun noch zum Inhalt, zur Briefwahl, etwas sagen. Wenn Kollege Kiss hier anführt, es soll ausreichen, dass der Brief mit dem Wahlzettel zwei Tage nach der Wahl einlangt, dann sollte dies meines Erachtens nur unter der Einschränkung möglich sein, dass objektiv feststellbar und nachgewiesen ist – und nicht etwa mit einer eidesstattlichen Erklärung, wie das offensichtlich angedacht ist –, dass das Votum auch tatsächlich vor Schluss des letzten Wahllokales abgegeben wurde.

Für mich wäre es nicht akzeptabel, es als gültig anzusehen, wenn jemand am nächsten Tag nach dem Wahlsonntag das Kuvert so rechtzeitig in den Kasten wirft, dass es dann am Dienstag um zwölf Uhr bei der Wahlbehörde einlangt. Ich denke, das kann nicht im Interesse des österreichischen Verfassungsgebers sein. Damit wäre die Unmittelbarkeit einer Stimmabgabe, die jetzt ohnedies teilweise aufgeweicht wird, ja völlig aufgelöst, wobei ich selbstverständlich für die Briefwahl bin, weil wir aus vielen Gesprächen vor allem mit den Auslandsöster-reichern wissen, dass die bürokratischen Hürden so hoch waren, dass sie schlussendlich dazu geführt haben, dass etwa 20 Prozent dieser Voten ungültig waren. Das gilt es durch die Brief-wahl auszuräumen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Demokratiepaket und zu den Ausführungen meiner beiden Vorredner möchte ich ganz kurz etwas sagen. Herr Klubobmann Kostelka! Ich freue mich darüber – ich habe das seiner Rede entnommen –, dass er offensichtlich unseren Antrag unterstützt. Daraus entnehme ich, dass seine Fraktion in Sachen Briefwahl weiterhin gesprächsbereit ist. Das möchte ich grundsätzlich begrüßen, und ich freue mich darüber.

Aber ein Wort zu dem von Ihnen sehr anklagend vorgetragenen Vorwurf der Gesprächsverweigerung, die von unserer Seite angeblich betrieben wird. Das möchte ich mir nicht vorhalten lassen, denn ich habe immer das Gespräch gesucht und es letztlich auch gefunden, wenn es auf der anderen Seite ebenfalls gesucht wurde. Aber ich muss sagen, man kann auch Angebote machen, die einfach nicht erfüllbar sind. Auch das gibt es. – Das nur zu den von Ihnen angeführten zehn Terminen, sehr geehrter Herr Klubobmann Kostelka.

Zur Frage der Briefwahl. – Die demokratiepolitische Reife eines Staates kann daran gemessen werden, wie es den Wählerinnen und Wählern ermöglicht wird oder auch vereinfacht wird, an einer Wahl teilzunehmen. Das allgemeine Wahlrecht ist ein Kernprinzip der Demokratie. Man muss den Wählern dieses Wahlrecht nicht nur einräumen, sondern auch die effektive Mög


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lichkeit zur Teilnahme sichern. Die Briefwahl erleichtert diese Teilnahme, und das ist, so viel ich weiß, auch ziemlich unumstritten.

Die ÖVP ist bei diesem Thema sehr hartnäckig. Seit Anfang der sechziger Jahre – und zwar das erste Mal 1963 – haben ÖVP-Abgeordnete einen diesbezüglichen Antrag gestellt, weil uns das Thema wichtig ist, weil wir den Wählerinnen und Wählern die Teilnahme an der Wahl erleichtern wollen und ihnen dazu auch die Möglichkeit geben wollen. Wir haben im Prinzip Hoffnung, dass die Oppositionsparteien sich endlich auch Sachargumenten zugänglich zeigen.

Wenn man sich bei Demokratieangelegenheiten dazu bekennt, dass eine Weiterentwicklung wichtig und möglich ist, dann kommt man an der Frage der Briefwahl als dem ersten und einfachsten Schritt nicht vorbei. Die Briefwahl kommt den geänderten Lebensumständen der Bevölkerung, der verstärkten Mobilität entgegen, ohne revolutionär zu sein. Außerdem gibt es positive Erfahrungen bezüglich der Briefwahl, zum Beispiel die Arbeiterkammerwahlen in Tirol. Dort ist die Wahlbeteiligung von früher 26 Prozent auf letztlich 60 Prozent gestiegen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das nenne ich ein eindeutiges Sachargument für eine Briefwahl. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist auch eindeutig ein Signal der Wählerinnen und Wähler, dass sie diese Briefwahl wollen.

Herr Klubobmann Kostelka! Sie werden nicht mehr dabei sein, daher appelliere ich an Ihre Fraktionskollegen, ohne Junktimierungen, die meistens aus rein parteipolitischen Interessen erfolgen, einen kleinen und auch durchaus erprobten Schritt einer Weiterentwicklung der demokratiepolitischen Spielregeln in diesem Land gemeinsam mit den Regierungsparteien zu machen, gemeinsam mit uns im Herbst den vorliegenden Antrag zu verhandeln und der Briefwahl nach immerhin fast 40 Jahren vielleicht doch endlich den erhofften Durchbruch zu gewähren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Martin Graf. )

17.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

17.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Fristsetzung und nunmehrige Fristverlängerung läuft unter der Überschrift "Demokratiepaket". Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer! Ich finde, diese Bezeichnung "Demokratiepaket" ist für einen Antrag zur Briefwahl wohl ein wenig zu hoch gegriffen. Das ist nicht einmal ein Päckchen!

Wenn Sie gesagt haben, bitte keine Junktims, dann meine Gegenfrage: Warum denn nicht? Wenn es insgesamt verschiedene Änderungswünsche, Bedürfnisse und Anliegen gibt, dann ist es doch nur grundvernünftig, dass verschiedene Interessen und Anliegen gemeinsam verhandelt werden, wobei dann hoffentlich etwas dabei herauskommt, was man mit Fug und Recht "Demokratiepaket" nennen kann, und dann kann und darf sich das nicht lediglich auf die Frage der Briefwahl beschränken. (Beifall bei den Grünen.)

Selbst wenn wir beim Thema Wahlrecht bleiben – wir haben Ihnen das ja auch in den bisherigen Ausschussberatungen gesagt –, wäre es wohl das Allermindeste, um wenigstens zu einem Päckchen zu kommen, dass wir dann die Korrekturbedürfnisse innerhalb des Themenbereiches Wahlrecht in seiner Gesamtheit besprechen.

Wenn wir darüber reden, wie wir für Menschen, die aus irgendeinem Grund in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder die weite Distanzen zu überwinden hätten, die Möglichkeit, an der Wahl teilzunehmen, verbessern können, dann ist es aus unserer Sicht, aus der Sicht der Grünen, absolut unverzichtbar, dass man Maßnahmen zur Beseitigung schreiender Defizite, die unser Wahlrecht aufweist, auch mit in die Verhandlungen aufnimmt. Das ist etwa die Gewährung zumindest des kommunalen Wahlrechts für Menschen, die keinen österreichischen und keinen EU-Reisepass haben, die hier seit vielen Jahren leben, arbeiten und Familie haben, aber nicht einmal auf der Bezirksebene, auf der Gemeindeebene ihr Wahlrecht ausüben können. Das ist ein Unding! (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn wir über erweiterte Möglichkeiten einer demokratiepolitischen Partizipation reden, dann wird das aus grüner Sicht – ich hoffe, auch aus sozialdemokratischer Sicht – nur möglich sein, wenn das Wahlrecht insgesamt verbessert und korrigiert wird.

Um aber von einem echten Demokratiepaket sprechen zu können, müssen wir auch – ich nenne das hier nur als Schlagworte – über die Mechanismen reden im Zusammenhang damit, wie mit den Instrumenten der direkten Demokratie umgegangen wird. Ich erinnere immer wieder an die Volksbegehren, die so erfolgreich waren – Frauen-Volksbegehren, Gentechnik-Volksbegehren, Tierschutz-Volksbegehren – und von denen nicht ein einziger Punkt umgesetzt wurde. Ich lade Sie immer wieder ein: Zeigen wir doch der Bevölkerung, dass wir es mit der direkten Demokratie ernst meinen! Nehmen wir doch einen Punkt dieser großen und erfolgreichen Volksbegehren schleunigst und ernsthaft in Verhandlung! (Beifall bei den Grünen.)

Aber genauso – und ich führe auch hier nur Schlagworte an – müssen wir über die parlamentarischen Kontrollmechanismen reden, über das Recht, Untersuchungsausschüsse einzurichten. Wir müssen über die Massenverfahren reden – wir haben begonnen, auch in diesem Bereich Gespräche zu führen, sind aber eigentlich nicht weitergekommen. Wir müssen über den Rechtsschutz auf der Ebene der Bundesländer reden. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist seit langem reformbedürftig und muss verbessert und gestärkt werden. Und wir müssen schließlich auch über eine sinnvolle Neuordnung der Kompetenzen im Bundesstaat reden: Es gibt Materien, die auf der Landesebene nicht mehr sinnvoll sind – Schlagwort: Tierschutz, oder auch der Bereich der Energiewirtschaft; wir haben heute in der Früh darüber diskutiert. Es gibt aber vielleicht andere Kompetenzen, die man getrost auf eine untere Ebene verlagern kann.

All das würde in ein solches Demokratiepaket gehören. Der Weg, wie wir dazu kommen, ist ein reichlich verschnörkelter und gewundener: zuerst Fristsetzungsantrag der Regierungsparteien; jetzt, wo man erkennt, dass es so nicht gehen wird, nur die Briefwahl als Demokratiepaket zu verkaufen, erfolgt der Rückzieher. Aber wenn es Ihrerseits ernst gemeint ist, dass wir jetzt in Verhandlungen eintreten, dann soll es uns recht sein. (Beifall bei den Grünen.)

18.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, die dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 98/A per 30. Juni 2001 gesetzte Frist bis 30. Juni 2002 zu erstrecken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristerstreckungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (566 der Beilagen): Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens (Supplementary Agreement for the Application of the Convention bzw. Accord complémentaire pour l'application de la Convention) (665 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen somit zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 566 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (587 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (637 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (585 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird (638 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (586 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (639 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (584 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird (640 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 bis 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. (Abg. Dr. Heindl – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es genügen fünf, Herr Präsident!)  – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.05

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich vorige Woche die Sitzung des Finanzausschusses eröffnete, war ich überrascht über die Präsenz von drei Regierungsmitgliedern. (Bundesminister Mag. Haupt  – auf den auf der Regierungsbank anwesenden Bundesminister Molterer und auf sich selbst weisend –: Wir sind zwei!) – Drei Regierungsmitglieder waren vorige Woche da, deswegen betone ich das; heute sind es zwei, vielleicht kommt der Dritte noch. – Wir waren alle sehr froh, weil wir gedacht haben, es wird eine sachliche Auseinandersetzung geben.

Das, was herausgekommen ist, meine Damen und Herren, war aber leider Gottes nicht wirklich informativ, sondern es sind viele Fragen – viele wichtige Fragen – unbeantwortet geblieben. Wir hätten gerne – ich sage das namens meiner Fraktion – über diese vier wichtigen Materien deswegen, weil das für die leidgeprüften Bauern ebenso wie auch für die verunsicherten Konsumenten wichtig gewesen wäre, einen einvernehmlichen Beschluss gefasst.

Geschehen ist Folgendes: Fragen, kaum eine Antwort, gar keine Antwort. Wichtige Aussagen wurden eigentlich negiert. Das Wichtigste für mich – ich sage Ihnen das, meine Herren auf der Regierungsbank – war, dass sich herausstellte: Es gab einmal mehr keine Begutachtung, es wurden einmal mehr die Betroffenen, nämlich Gemeinden und Städte, nicht befragt. Ich frage mich wirklich: Wie fühlt sich ein Abgeordneter hier in diesem Haus, der entweder Bürgermeister vertritt oder selbst Bürgermeister ist? Diese Institutionen sind ja besonders davon betroffen. Es gab insbesondere keine Antwort auf die Fragen: Wie sieht das jetzt aus? Welche Rolle spielt der


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ausgelöste Mechanismus? Wird das Gesetz jetzt so beschlossen, oder wartet man die Länderentscheidung ab? Was sagen die Länder zu dieser Entscheidung? – Es gab keine korrekten Antworten. (Abg. Böhacker: Die Zustimmung der Länder liegt vor! Die Länder haben zugestimmt!)

Meine Herren! Noch nie, solange ich Obmann bin, habe ich korrekte Antworten darauf bekommen. Diesmal bin ich – ich habe mir das angetan – der Sache nachgegangen, und es ist ja überraschend: Am 29. war die Sitzung des Finanzausschusses. Am 31. gingen bei den Ländern Schreiben der Minister Grasser, Haupt und Molterer ein, in denen darauf hingewiesen wird, man möge raschest zu diesen vorgeschlagenen Texten und Novellen Stellung nehmen, und das Verlangen von Verhandlungen im Konsultationsgremium soll zurückgezogen werden.

Ich habe angerufen – es hat lange gedauert, bis ich den einen oder die andere zum Apparat bekommen habe –: Entschieden ist bis zur Stunde nichts. Das, was Landeshauptmann Haider als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ausgesandt hat, stimmt also: Hinsichtlich der Aufteilung der BSE-Folgekosten gibt es nach Angaben Haiders keine einheitliche Auffassung seitens der Länder. Oberösterreich und Salzburg haben laut Haider ihr Nein auch schriftlich deponiert. Konsultationsmechanismus ausgelöst.

Am Freitag ging bei den Landeshauptleuten ein Fax von Landeshauptmann Haider ein, in dem er schreibt:

Sehr geehrte Kollegen! Das Schreiben der Bundesminister Grasser, Molterer und Haupt über die Finanzierung der BSE-Folgekosten wurde am 29.5. zugestellt. Im Hinblick auf eine einheitliche Vorgangsweise in dieser Frage darf ich um dringende Stellungnahme zu den unterbreiteten Vorschlägen ersuchen, wobei das Ablaufen der Übergangsregelungen vordringliche Behandlung erfordert. – Zitatende. Ich möchte jetzt gar nicht weiter darauf eingehen.

Meine zweite Frage war dann noch: Bitte, wann entscheidet ihr euch? Wann entscheiden die Landesfinanzreferenten, die Landeshauptleute, ob nun ein Zuschuss seitens der Länder kommt oder nicht?

Antwort: Wir treffen uns das nächste Mal am 13. Juni, also nächste Woche, bei der Landesfinanzreferententagung. – Ob so oder so entschieden wird, konnte ich bei den Telefonaten, die ich geführt habe, von den zuständigen Landesfinanzreferenten nicht in Erfahrung bringen.

Mein Vorschlag, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien – manchmal ist vielleicht auch ein Vorschlag eines Oppositionsabgeordneten gut –: Am 13. Juni findet die entscheidende Sitzung der Landesfinanzreferenten statt, daher: Wir verweisen die Gesetzentwürfe außer dem Entwurf zum Tiermehl-Gesetz zurück, halten nach dem 13. Juni noch einmal eine Sitzung ab, dann werden wir, wenn wir unsere sachlichen Argumente dargelegt haben, vielleicht zu einer einvernehmlichen Vorgangsweise finden. So, bitte, ohne Begutachtung, für ein Ho-ruck-Verfahren werden Sie unsere Zustimmung nicht bekommen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Heindl, ich habe die Auskunft der beiden Minister und auch des Herrn Staatssekretärs Finz im Ausschuss anders verstanden, und zwar in der Richtung, dass sich alle Bundesländer grundsätzlich vorstellen können, dieses Maßnahmenpaket mitzutragen, mit einer Ausnahme – und darüber wird am 13. Juni verhandelt. Daher ist aus meiner Sicht voll informiert worden. Ich sehe das also nicht so, wie Sie, Herr Kollege Heindl, das dargestellt haben, dass das nicht der Fall gewesen wäre.

Zunächst darf ich folgenden Antrag einbringen:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Dkfm. Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (587 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (637 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Die Bezeichnung des Gesetzes lautet wie folgt: "Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird"

2. In Artikel 1 entfällt die Bezeichnung "Artikel 1" sowie die Überschrift "Änderung des Katastrophenfondsgesetzes 1996".

3. Artikel 2 entfällt.

*****

Meine Damen und Herren! Die in Verhandlung stehenden vier Regierungsvorlagen sind ein Maßnahmenpaket zur Bewältigung der BSE-Krise in Österreich: Es wird für die Finanzierung der BSE-Folgekosten Vorsorge getroffen. Es kommt zu einer Verlängerung des Tiermehl-Verfütterungsverbotes, bis es zu einer endgültigen Regelung auf EU-Ebene kommt. Es kommt zu Anpassungsregelungen im Zusammenhang mit dem Verbot der Herstellung von Tierfutter aus Schlachtabfällen. Und schließlich werden in bestimmten Bereichen Unvereinbarkeitsbestimmungen für Amtstierärzte geschaffen, sodass diese nicht in allen Fällen Fleischuntersuchungen durchführen dürfen.

Aus meiner Sicht sind diese Vorlagen eine durchaus runde Sache. Ich bedauere, dass die sozialdemokratische Fraktion einer dieser vier Regierungsvorlagen nicht die Zustimmung erteilen kann, weil diese Vorlagen in sich ein abgerundetes Paket darstellen und es wirklich hoch an der Zeit ist, dass sich alle fair an der Finanzierung dieser BSE-Folgekosten beteiligen.

Eines muss nämlich schon gesagt werden: Österreich hat keinen BSE-Skandal! Bedauerlicherweise haben wir aber eine BSE-Krise. Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: In Großbritannien hat man mehr als 180 000 BSE-Fälle verzeichnet, in der Bundesrepublik Deutschland 65 Fälle bei etwa 15 Millionen Rindern, und in der Schweiz – von der Struktur ihrer Landwirtschaft her mit Österreich vergleichbar – 36 Fälle. (Abg. Auer: Nein! 375, Herr Kollege!) 36, war meine letzte Information. (Abg. Auer: 370 waren es!) 370! – Ich nehme diese Korrektur gerne zur Kenntnis. Es gibt auch Begründungen, warum das so ist.

Allein Österreich weist trotz 80 000 Untersuchungen, die durchgeführt wurden, keinen einzigen BSE-Fall auf. Österreich ist daher BSE-frei. Ich würde daher hoffen – ich appelliere in diesem Sinne an die Medien –, dass in der diesbezüglichen Berichterstattung endlich einmal die Tatsache, dass es in Österreich keinen BSE-Fall gibt, entsprechenden Niederschlag findet.

Diese Tatsache aber darf uns nicht sorglos machen, denn die Bedrohungen rund um uns sind nach wie vor vorhanden. Und wir müssen unseren Bauern eigentlich dankbar dafür sein, dass sie trotz einer verfehlten EU-Agrarpolitik, dass sie trotz der Aussage des deutschen Bundeskanzlers Schröder, wonach mit dieser "Schrebergarten-Landwirtschaft" kein Staat zu machen sei, dass sie trotz Globalisierung auch in der Landwirtschaft, dass sie trotz erschwerter Rahmenbedingungen, unter denen unsere Bauern produzieren müssen, nicht den Weg der Tugend verlassen haben. Dafür sollten wir gerade als Konsumenten unseren Bauern durchaus dankbar sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir sollten auch umdenken. Es kann doch wirklich nicht so sein oder System werden oder bleiben, dass Milch billiger ist als Mineralwasser, dass Butter billiger ist als


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eine Qualitätsschuhcreme, und es darf nicht so sein, dass von jedem Schilling, der für Nahrungsmittel ausgegeben wird, nur 8 Groschen beim Produzenten, beim Bauern bleiben. Es muss zu einem Umdenken kommen, und wir müssen uns immer wieder selbst die Frage stellen: Was sind uns gesunde Lebensmittel wert?

Unsere Bauern brauchen einfach faire Preise für ihre hervorragenden Produkte. Unsere Bauern brauchen keine Almosen, keine Subventionen, sondern sie brauchen ein Leistungsentgelt für ihre Tätigkeit, unter anderem auch für die Pflege und Erhaltung der österreichischen Kulturlandschaft. Österreich hat durch diese BSE-Krise eine große Chance – der Weinskandal hat es vorgezeigt –, wirklich zum Feinkostladen Europas zu werden, wenn hier konsequent weitergearbeitet wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber –: Nehmen Sie jetzt einmal zurück, was Sie über Österreich gesagt haben!)

18.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetzesänderungen sind das vorläufig letzte Kapitel in der "Bewältigung" oder Nicht-"Bewältigung" der BSE-Krise. "Bewältigung" ist hier unter Anführungszeichen zu setzen, denn es ist das an sich eine europäische Frage, und diese muss auch auf europäischer Ebene gelöst werden.

Ich glaube, aus österreichischer Sicht wäre es dringend erforderlich, die Ursachenforschung im Bereich BSE weiter zu forcieren (Abg. Haigermoser: ... dass Sie Österreich als Schweinestall bezeichnet haben!) und auf europäischer Ebene voranzutreiben, denn nur dann, wenn wir über die Ursachen wirklich klar Bescheid wissen, können wir auch nachhaltig eine Politik gestalten, die nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Entsorgungsmöglichkeiten für Tiermehl sichert, die kostendeckend sind.

Bei den vorliegenden Vorschlägen – ich möchte in diesem Zusammenhang die von Kollegen Heindl angebrachte Kritik aufgreifen – geht es zum Teil offensichtlich um einige Schnellschüsse, Schnellschüsse, Herr Bundesminister Haupt, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, weil sie aus Ihrem Bereich kommen. Eines ist unbestritten, und dafür werden wir auf jeden Fall stimmen: dass die Frist 30. Juni 2001 für das Verbot der Verfütterung von Tiermehl ausgesetzt wird. Das ist klar. Diesbezüglich haben wir, glaube ich, nationalen Konsens. Das ist Voraussetzung, damit wir Qualitätssicherung in Österreich betreiben können.

Ein anderer Punkt ist die Änderung des Katastrophenfondsgesetzes. Meine Damen und Herren! Der vorliegende Vorschlag hat jetzt einen Abänderungsantrag erfahren, ich habe das mit Interesse zur Kenntnis genommen. Ich denke, die Verfahrensmängel, Herr Bundesminister, sind nach wie vor evident; ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt. Ich glaube, es wäre wichtig gewesen, hier auch eine detaillierte Aufstellung der bisher angelaufenen Kosten beizustellen. Sie haben nur gesagt, was mit dem Tiermehl geschehen ist, Sie haben aber nicht dezidiert die Kostenpositionen aufgelistet, nicht aufgelistet, welche Anteile für die einzelnen Entsorgungsschritte und notwendigen Maßnahmen konkret verwendet wurden.

Meine Damen und Herren! Einen Vorschlag der Grünen haben wir auch im Ausschuss zu diskutieren versucht, nämlich die Frage, ob wir nicht BSE-Qualitätskontrollabgaben auf Futtermittel vorsehen sollen. Sie werden sagen: Das trifft ja doch wieder nur die Landwirtschaft. – Ich denke, das ist insofern nicht ganz richtig, als gerade eine solche Abgabe auf rein industriell verarbeitete Futtermittel die Chance mit sich bringt, dass dadurch kreislauforientierte Fütterung und Futtermittelproduktion in landwirtschaftlichen Betrieben zusätzlich positiv unterstützt wird. Das ist


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ein Vorschlag, den wir zur Diskussion gestellt haben. Wir sind damit bei Ihnen nicht auf Gegenliebe gestoßen. Ich denke, dass wir uns langfristig aber darüber Gedanken machen sollten.

Was positiv zu erwähnen und aus unserer Sicht auch notwendig ist, ist die Erhöhung der Anzahl der Kontrollen bei Futtermitteln. Sie haben das im Ausschuss bereits angekündigt. Das ist sicher ein notwendiger und richtiger Schritt. Letztlich bleibt aber für 2002 ein offener Finanzierungsbetrag von 250 Millionen Schilling, der teilweise aus der Tierkörperverwertung beziehungsweise aus Fleischuntersuchungsgebühren gedeckt werden soll, soweit ich das verfolge. Auch diesbezüglich ist mir die genauere Kostenentwicklungsschätzung im Gesetzesvorschlag abgegangen. Im Sinne von Transparenz, Herr Bundesminister, wäre das wünschenswert und notwendig.

Wir haben auch urgiert, dass die Abwicklung von Kosten über die Position aus den qualitätsverbessernden Maßnahmen Ihres Budgets im Landwirtschaftsressort für uns nicht in Frage käme. Ich habe jetzt gehört, dass der betreffende Artikel durch den Abänderungsantrag gestrichen wird. Das nehme ich mit Wohlwollen zur Kenntnis.

Herr Bundesminister Haupt! Bezugnehmend auf die Vollzugsanweisung betreffend Tierkörperverwertung in den entsprechenden Anstalten sehen wir es als sehr bedenklich an, dass Ausnahmen von der Abfuhrpflicht dem Landeshauptmann überantwortet werden. Sie geben keine genauen Beschreibungen, welche Ausnahmen gewährt werden können, Sie erteilen hier eine Generalklausel. Auch das halte ich für eine österreichweit einheitliche Qualitätssicherung grundsätzlich für problematisch.

Sie haben diese Entwürfe, wie gesagt, keinem Begutachtungsverfahren unterworfen – das wurde mehrfach von Bundesländern kritisiert, und das ist auch nicht rechtskonform –, und auch die Frage der kostendeckenden Entgelttarifgestaltung mittels eines Kostenausgleichssystems ist in diesem Konzept nicht modellhaft beschrieben. Es ist unklar, was Sie damit meinen. Denn wenn Sie damit eine kostendeckende Tarifgestaltung meinen, die auch die Entsorgung des Tiermehls beinhaltet, dann brauchen wir doch auch keine Finanzierung der Tiermehlentsorgung aus dem Katastrophenfonds. Also hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Es ist nicht klar, was Sie damit meinen, Herr Bundesminister.

Im Bereich des Fleischuntersuchungsgesetzes ist aus unserer Sicht vor allem zu bemängeln, dass es keine bundeseinheitlichen Kontrollpläne gibt. Sie sprechen von einer Flexibilisierung im Kontrollbereich zugunsten von Kleinbetrieben, aber wir haben keine Gewähr dafür, dass jeder Landeshauptmann das gleichermaßen so berücksichtigt, wie Sie das meinen. Auch hier gibt es wieder nur eine Generalklausel, dass der Landeshauptmann je nach Bedarf Kontrollpläne fixieren kann. Das halte ich angesichts unserer Qualitätsdebatte für nicht zeitgemäß. Ich glaube, es wäre auch da notwendig, einen Bundesrahmen für die Kontrollen sicherzustellen und gleichzeitig dezidiert zu klären, in welchen Bereichen der Landeshauptmann davon Abstand nehmen kann.

Ein Punkt, der aus bäuerlicher Sicht meiner Meinung nach auch nicht unwichtig ist, ist die Frage der TBC-Freiheit, die ebenfalls in dieser Fleischuntersuchungsgesetz-Novelle mit geklärt ist, nämlich dass Kälber von Hausschlachtungen in Zukunft auch der tierärztlichen Kontrolle unterliegen sollen, wovon etwa 6 000 Kälber im Jahr betroffen sind. Ich denke mir, es wäre notwendig gewesen, den zum Handkuss gekommenen Bäuerinnen und Bauern mit einer Kostenübernahme des Bundes eine entsprechende Signalwirkung zu geben, weil gerade die Meldung von solchen Hausschlachtungen nicht ganz einfach ist. Das wissen wir beide. Wenn eine zusätzliche Kostenbelastung für den bäuerlichen Betrieb anfällt, gibt es nicht unbedingt großes Interesse daran, das auch zu melden und das so durchzuführen, wie Sie es beabsichtigen. Es wäre also auch vorzusehen gewesen, diese Kosten durch die öffentliche Hand abzudecken, weil Sie sich auf der anderen Seite – wie ich mich erinnere, haben wir im Ausschuss darüber diskutiert – etwa 30 Millionen Schilling einsparen. Daher wäre eine Abdeckung der Kosten in diesem Hausschlachtungsbereich möglich gewesen.

Auf Grund der genannten Mängel, vor allem im Bereich der Tierkörperverwertungs-Vollzugsanweisung und im Fleischuntersuchungsgesetz, können wir diesen Vorlagen nicht zustimmen. Das


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Tiermehl-Gesetz sehen wir als notwendige Maßnahme an, und beim Katastrophenfondsgesetz denken wir, dass es in dieser geänderten Fassung einer von möglichen Kompromissen ist, dem wir im Interesse der Sicherheit der österreichischen Fleischqualität und auch der Sicherheit in Bezug auf die Rindfleischmärkte – trotz vieler Mängel – zustimmen werden. (Beifall bei den Grünen.)

18.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.25

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein bisschen interessant waren die Ausführungen des Kollegen Heindl schon. Bisher gab es gerade auch von dieser Seite (in Richtung SPÖ) massive Kritik, dass bei der Lösung der BSE-Problematik nichts weiterginge, dass man dieses und jenes versäumt hätte. Die Bundesminister seien säumig, es wäre hier Handlungsbedarf gegeben.

Meine Damen und Herren! Nun gibt es eine Einigung, und ich bedanke mich ausdrücklich bei den beiden Bundesministern, bei der Regierung dafür, dass diese Einigung zustande kommt. Aber nun erklärt uns diese Seite, nein, jetzt ginge es zu schnell, jetzt könne man nicht zustimmen, denn da müsste noch das eine oder andere geklärt werden.

Meine Damen und Herren! Offensichtlich hat man aus diesem Grund den Finanzsprecher der SPÖ als Erstredner in dieser Debatte herausgeschickt, damit sich die agrarisch Beteiligten in der SPÖ etwas leichter tun, sozusagen die Kurve zu kratzen.

Meine Damen und Herren! Eines sei auch gesagt, Herr Kollege Pirklhuber: Ja, die Ursachenforschung ist eine europäische Frage. Sie zu betreiben wäre wichtig – das ist unbestritten –, es ist aber auch das Verursacherprinzip eine europäische Frage, denn wie kommen die österreichischen Bauern und Konsumenten, der Handel, die Fleischhauereibetriebe dazu, dass sie eine Suppe auslöffeln, für die wir in unserem Land aber schon gar nichts können? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und wie kommt denn letztlich auch der österreichische Steuerzahler dazu, meine Damen und Herren?

An Österreich, wo hervorragende Qualität produziert wird, wo hygienische Standards eingehalten werden, wo Bestimmungen in einer Schärfe gefahren werden, die uns letztlich zugute gekommen ist, weil eben seit 1990 das Verfüttern von Tiermehl an Wiederkäuer verboten ist, weil man in der Kadaverbeseitigung, in der Erzeugung von Tiermehl neue Wege gegangen ist, die von wirklicher Vorsicht geprägt waren, könnten sich viele europäische Staaten ein Beispiel nehmen.

Es hat jedoch nichts mit einer europäischen Agrarpolitik zu tun, dass BSE in diesem Gebiet so stark aufgetreten ist, denn meiner Erinnerung nach ist die Schweiz nicht bei der Europäischen Union. Sie hat eine ähnliche Struktur wie Österreich, hat jedoch, bezogen auf die Größe des Landes, ein Vielfaches gegenüber dem, was leider auch Deutschland an BSE-Fällen – jeder Fall ist zu viel – aufzuweisen hat.

Wir könnten an und für sich stolz sein und sollten fast ein Jubiläum feiern: 85 000 BSE-Tests in Österreich – und Gott sei Dank kein einziger Fall! Zeugt das nicht von einer sorgsamen Agrarpolitik? Zeugt das nicht von einer verantwortungsvollen Landwirtschaftspolitik des zuständigen Ministers, des Gesundheitsministers, aber auch der österreichischen Bäuerinnen und Bauern und der Betriebe, die in diesem Bereich tätig sind, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mich wundert es, dass gerade diese Seite (in Richtung SPÖ) heute nicht zustimmen kann, denn das sind ja auch Ergebnisse aus der Vergangenheit. Da wart ihr doch mit in der Regierung! Freut euch doch mit uns, meine Damen und Herren, und tut nicht plötzlich so, als ginge euch das nichts an! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Bis vor einem Jahr war man doch stolz darauf.


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(Abg. Huber: Da redet gerade der Richtige!) Liebe Kollegin Bauer! Ihre Ausführungen zur Agrarpolitik sind grenzenlos. Sie sind bekannt, aber leider nicht tragfähig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In der heutigen "Presse" schreibt eine junge Dame, die Veterinärmedizin studiert: Wer billig kauft, kauft teuer. – Ein gutes Geschäft zu machen, etwas billig zu erstehen, freut jeden. Aber würden Sie nicht doch misstrauisch werden, wenn plötzlich etwas ganz unter seinem Wert verkauft wird, zum Beispiel ein Auto zu einem Bruchteil des Listenpreises? Da würde jeder vorsichtig werden, würde sagen: Nein, das möchte ich testen lassen, das würde ich gerne überprüfen lassen, da gehe ich lieber zu einem Fachhändler.

Nur bei den Produkten, die als Lockartikel im Lebensmittelhandel, im Großhandel sehr oft angeboten werden, fragt man nicht, was dahinter steht, welche Erzeugung, ob hier sorgsam gewirtschaftet, nachhaltig produziert wurde. Nein, wichtig ist, es soll nichts oder ganz wenig kosten. Da scheut man auch nicht die Mühe, über die Grenze zu fahren, wo es keine hygienischen Standards, keine Vorschriften gibt. Wichtig ist: Billig ist gekauft! Das ist das Entscheidende. Und wehe, wenn ein Becher Joghurt um einen Schilling teurer wird oder gar die Milch 8 S kostet. Das ist einem Verbraucher nicht zumutbar!

Meine Damen und Herren! Sie sollten froh sein, dass es eine derartige österreichische Qualität gibt. Unterstützen Sie eine derartige Produktion! Freuen Sie sich mit uns, dass es eine derartige Garantie für die österreichischen Lebensmittel gibt! Ich sage daher auch: Freuen wir uns, dass mit der heutigen Beschlussfassung in den verschiedensten Bereichen die Finanzierung sichergestellt ist, freuen wir uns, dass Regelungen getroffen werden, die tragfähig sind! Denn entscheidend ist, dass für die Konsumenten eine Garantie gegeben ist, entscheidend ist, dass sich die Landwirtschaft darauf verlassen kann, dass auch in Zukunft Futtermittel produziert werden, die einwandfreien Qualitätskriterien unterzogen worden sind. Und freuen wir uns, dass es letztlich gelungen ist, eine faire Kostenaufteilung zwischen Bund, Ländern, den Konsumenten und den Bauern zu finden! Ich bin auch dankbar dafür, dass es möglich ist, aus dem Katastrophenfonds entsprechende Mittel zu erhalten.

Meine Damen und Herren! Es ist auch bemerkenswert, wie sich die Kosten der Entsorgung verringert haben, nämlich von ursprünglich rund 3 000 S pro Tonne auf heute immerhin 1 260 S. Und wenn es gelingen könnte, diese Materialien energetisch noch besser zu verwerten – in der Nachfolgekette quasi (Beifall des Abg. Hornek )  –, dann müsste noch einmal eine Verbilligung denkbar sein.

Die Expertin der Freiheitlichen Partei hat – und das hat mich gefreut – im Finanzausschuss klar dargelegt, dass Österreich auf Grund der vorausschauenden Agrarpolitik, auf Grund der Struktur, auf Grund der Maßnahmen BSE-frei ist und, so können wir hoffen, auch bleiben wird. Wir haben daher in Österreich keine BSE-Krise im tatsächlichen Sinn, aber wir hatten eine Krise der medialen Berichterstattung (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), und manches Mal hatte ich den Eindruck, meine Damen und Herren – ich sage ausdrücklich: den Eindruck –, als ob manche Kollegen der einen oder anderen Fraktion es fast nicht erwarten konnten, dass auch in Österreich ein derartiger Fall auftreten würde. (Abg. Böhacker: So ist es!)

Meine Damen und Herren! Bauer-Sein, die Tätigkeit in Landwirtschaft ist – und das sollten wir wissen – eine Lebenseinstellung, aber es ist auch ein Beruf, und letztlich muss jeder Bauer danach trachten, etwas zu erwirtschaften. Und da gibt es zwei Möglichkeiten, wenn er ständig Verluste schreibt: entweder billig produzieren oder aufhören. Billig produzieren heißt Massentierhaltung, heißt Tiermehlverfütterung und so weiter.

Bleiben wir bei der sorgsamen österreichischen Agrarpolitik – im Interesse aller in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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71. Sitzung / Seite 178

18.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.34

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Kollege Großruck, nur die Produzenten allein würden es nicht machen, sondern die Landwirtschaft braucht auch solche Leute wie dich und mich, nämlich die Konsumenten. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Es sollte eigentlich unsere Hauptaufgabe sein, dafür Sorge zu tragen, dass die Sicherheit unserer Produkte – auch unsere, auch Ihre, Kollege Großruck, auch meine als Konsument –, so groß ist, dass wir überhaupt keine Bedenken haben müssten und nicht darüber zu diskutieren bräuchten. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Auer! Du hast in deiner Einleitung erwähnt, dass die SPÖ den Kollegen Heindl hier als Erstredner ans Rednerpult nominiert hat. Das ist richtig. Er ist nämlich Ausschussvorsitzender im Finanzausschuss und als solcher, denke ich, berufen, Agenden, die den Finanzausschuss betreffen, hier im Hohen Haus zu debattieren und auch einzuleiten.

Herr Kollege Auer! Es war ja nicht wirklich die Intention der Oppositionsfraktionen, dieses Paket im Finanzausschuss gemeinsam zu behandeln, sondern das war ja eher eine Idee der Regierungsfraktionen, die wir gerne aufgenommen haben, denn entgegen den bisher immer wiederholten Behauptungen, dass wir ständig Fundamentaloppositionspolitik betreiben, sind wir ja an Lösungen interessiert. Und das ist ein Beweis dafür. (Abg. Auer: Warum stimmt ihr dann nicht zu?) Ich werde dir erklären und erläutern, warum nicht, Herr Kollege Auer.

Ein weiterer Punkt: Du hast vom Verursacherprinzip gesprochen, Kollege Auer. Jetzt frage ich mich: Wo sind denn die Verursacher in der jetzigen Regelung tatsächlich mit eingebunden? Woher kommen denn diese Dinge? Woher kommt denn das Tiermehl, das verfüttert wurde? Nicht in Österreich! Aber wo ist diese Regelung? Ich sehe sie nicht. Die Verursacher werden bis dato nirgends zur Kassa gebeten. Das ist jedoch eine Forderung, die von uns kommt und die auch von euch zu unterstützen wäre. Diejenigen, die das verursacht haben, sollen jetzt auch zur Kassa gebeten werden (Abg. Hornek: Sagen Sie das dem Herrn Blair!), um die Folgekosten zu tragen und von den gut produzierenden Bauern, Kollege Hornek, die Belastungen zu nehmen. Darum ginge es. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Auer: Sag das dem Blair, deinem Parteifreund!)

Wir haben – da stimme ich mit dir überein, Kollege Auer – Gott sei Dank in Österreich keinen BSE-Fall gehabt, und ich hoffe, wir werden auch in Zukunft keinen haben. Ich verlasse mich darauf, dass die Bäuerinnen und Bauern wissen, wie sie ihre Tiere behandeln müssen, wie sie sie füttern müssen, damit es auch so bleibt. Aber ich lasse mir nicht unterstellen – auch wenn du mich nicht persönlich angesprochen hast, so glaube ich doch, dass du die beiden Oppositionsfraktionen damit gemeint hast –, dass wir uns einen derartigen Fall herbeigesehnt hätten. (Abg. Auer: Das habe ich nicht behauptet! – Widerspruch bei der SPÖ.) Lies im Protokoll nach! Ich nehme ja nicht an, dass du Kollegen wie Großruck oder Stummvoll damit gemeint hast. Du hast mich nicht mit Namen genannt (Abg. Auer: Das habe ich nicht behauptet!), aber da wir einander schon längere Zeit kennen, verstehen wir auch die Kleinigkeiten zwischen den Worten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein letzter Punkt und damit zur Erläuterung, warum unsere Haltung so ist, wie sie ist, nämlich dass wir diesem Paket in drei Punkten nicht zustimmen können und die Rückverweisung an den Finanzausschuss verlangen: Herr Kollege Auer, du hast gesagt, die Finanzierung sei sichergestellt. Wodurch? – In der Finanzausschusssitzung am 29. Mai habe ich den Herrn Bundesminister gefragt, wie es denn mit der Zustimmung der Länder sei, denn bereits am 2. Mai flatterte uns während der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses eine APA-Aussendung des Herrn Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz auf den Tisch, in der er bekannt gab, dass die Länder in dieser Angelegenheit den Konsultationsmechanismus anrufen würden. Wir haben in der allgemeinen Aussprache darüber diskutiert, und der Herr Bundesminister hat mir zur Antwort gegeben: Das werden wir alles klären.

In der Finanzausschusssitzung am 29. Mai war die Antwort auf diese Frage: Das ist bereits alles geklärt, und die Länder werden das mitfinanzieren. Jetzt hören wir aus den Bundesländern, dass


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dieser Konsultationsmechanismus tatsächlich angerufen worden ist und dass die Bundesländer nicht bereit sind, den ihnen zustehenden Teil zu finanzieren. Und Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen heute – und auch du als Bürgermeister willst das – hier im Hohen Haus einen Beschluss fassen, ohne dass diejenigen, die mitzahlen sollen, irgendwann einmal auch kundgetan hätten, dass sie es wollen. Da frage ich dich: Wo ist die Finanzierung gesichert, wenn die Länder nicht mitfinanzieren? (Abg. Auer: Das werden sie!) Gut. Wir werden ja sehen, aber bis jetzt ist diese Frage noch nicht geklärt. (Abg. Böhacker: Abwarten und Tee trinken!) Daher würde ich meinen, dass wir das an den Finanzausschuss rückverweisen und dort noch einmal behandeln sollten.

Aber es gibt auch noch einige andere Punkte in diesem Gesetz, die fachlich nicht ganz korrekt sind.

Herr Bundesminister Haupt! Sie haben in der Ausschusssitzung angesprochen, dass Sie die Befangenheit der Tierärzte ausschalten wollen, doch im Gesetz sind nur die Amtstierärzte angeführt. Die praktizierenden Tierärzte sind nicht angeführt, das heißt, praktizierende Tierärzte können nach diesem Fleischuntersuchungsgesetz weiterhin Fleischuntersuchungen durchführen, auch wenn es ihre Kunden betrifft.

Das ist eine Ungleichheit, daher darf ich zu diesem Punkt folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Genossinnen und Genossen betreffend Gesetzesantrag im Bereich des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (556 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Die Bezeichnung "Artikel 1" entfällt.

2. Z 2 des bisherigen Art. 1 lautet:

"2. § 6 Abs. 3 lautet:

"(3) Amtstierärzte dürfen im Bereich ihres Amtssprengels nicht zu Fleischuntersuchungstierärzten bestellt werden.""

3. Art. 2 entfällt.

*****

Weiters hat einer meiner Vorredner, nämlich Herr Kollege Böhacker, gesagt, die grundlegende Änderung müsste eigentlich in der Agrarpolitik stattfinden. Ich gebe Ihnen völlig Recht, Herr Kollege. Wenn wir die Agrarpolitik änderten, dann müssten wir nicht, so wie heute, über End-of-pipe-Lösungen diskutieren. (Abg. Böhacker: International!) Ja. Damit Sie die Möglichkeit haben, einen nationalen Beitrag dazu zu leisten, Herr Kollege Böhacker (Abg. Böhacker: Den haben wir geleistet!), bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein, der die Kernpunkte unserer Vorstellungen umfasst:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Gradwohl, Mag. Maier, Mag. Ulrike Sima, Anna Huber, Lackner, Genossinnen und Genossen betreffend grundlegende Neuausrichtung des Agrarsystems (Abg. Hornek: Auf EU-Ebene!)


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"Der Bundesminister für Land- und Fortwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,

im Rahmen einer nachhaltigen "Bio-Offensive" durch massive Erhöhung der Förderungsmittel für Biolandbau für einen weiteren Ausbau dieser besonders ökologisch und tierfreundlich geführten Wirtschaftsweise stärker zum Durchbruch zu verhelfen;

eine soziale Staffelung von Agrarförderungsmitteln, insbesondere der Marktordnungsprämien, zur gerechteren Verteilung im Sinne einer inneragrarischen Solidarität einzuführen."

*****

Damit wäre ein erster Schritt getan, diese Agrarpolitik in die richtige Richtung zu ändern. Und Sie, Herr Kollege Böhacker, haben die Möglichkeit, hier zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Genossinnen und Genossen ist ebenfalls ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.42

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Zufrieden haben sich am Freitag nach den Verhandlungen die Herren Minister Haupt und Molterer im Finanzausschuss gezeigt, weil wir einen Mehrheitsbeschluss zuwege gebracht haben, wonach die BSE-Folgekostenfinanzierung gesichert ist. Im Gegensatz zu Herrn Kollegen Heindl richte ich daher einen Appell an alle Ländervertreter, doch, wie vereinbart, ihren Beitrag zu leisten, damit dieses traurige Kapitel endlich abgeschlossen werden kann und nicht noch höhere Belastungen auf unsere Bauern und Konsumenten zukommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Auer ist jetzt nicht im Saal, aber ich könnte ihm schon erklären, warum die SPÖ diese Anträge nicht mittragen kann: Aus der SPÖ ist nämlich leider in der letzten Zeit eine desinteressierte, desorientierte Neinsagerpartei geworden, meine Damen und Herren. Das ist traurig, aber wahr. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Eckdaten sind Ihnen bekannt. Für mich nicht zufrieden stellend – das sage ich auch von diesem Pult aus einmal, und ich habe es auch bei den Verhandlungen im Vorfeld angeschnitten – ist die Finanzierung der 250 Millionen Schilling, die auf die Schlachthofgebühren zukommt. Man kann nur hoffen – mir fehlt allerdings der Glaube –, dass diese Gebühren – und da setze ich auf unsere Minister, dass Sie uns dann zu Hilfe eilen –, dass diese Kosten nicht auf die Bauern und in zweiter Linie wieder auf die Konsumenten abgewälzt werden.

Meine Damen und Herren! Sollte dies doch der Fall sein, hoffe ich, dass auch die Kollegen aus der Agrarpolitik mir Hilfe leisten, wenn es darum geht, dass wir gemeinsam mit den Konsumenten eine Lösung finden, damit das eben nicht einzig und allein auf den Erzeuger abgewälzt wird.

An die Damen und Herren von der Opposition: Sie müssen gemeinsam mit uns mithelfen, eine Kennzeichnung der Importprodukte zu erreichen, damit wir das aufzeigen können. Es darf nicht so sein, dass wir in Österreich Produkte erzeugen, für die wir keine Tiermehle mehr im Fütterungsbereich verwenden, aber auf der anderen Seite auf Umwegen über andere EU-Länder, über Ostländer, Drittländer Produkte in unseren Läden Platz finden, die unseren Preis letzten Endes kaputt machen.


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Als weiteren Punkt möchte ich die Änderung des Fleischuntersuchungsgesetzes hervorheben, besonders den Punkt eins, mit dem man Interessenkonflikte, die zu Zweifeln an der Unparteilichkeit führen könnten, unterbindet, indem man Amtstierärzte nicht mehr zu Fleischuntersuchungstierärzten bestellt.

Meine Damen und Herren! Abschließend ein Appell: Machen wir es so, wie es unsere beiden Minister Haupt und Molterer gemacht haben: Stellen wir das Gemeinsame vor das Trennende! Dann werden wir auf uns zukommende Krisen wie die BSE-Krise und die Maul- und Klauenseuche positiv bewältigen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

18.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.46

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion um die BSE-Folgekosten zeigt wieder eines: Die Pleiten-, Pech- und Pannenpolitik dieser Bundesregierung geht weiter. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist das Kennzeichen von "Regieren neu". Die Finanzierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht gesichert! (Abg. Schwarzenberger: Weil wir keinen BSE-Fall haben, ist das eine Pleite? – Abg. Auer: Ja, das ist schon ärgerlich!)

Ich stimme Kollegen Auer grundsätzlich zu, wenn er bei der Bewältigung der BSE-Krise, bei der Bewältigung der BSE-Seuche von einer europäischen Frage redet. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere dazu den Vorsitzenden des auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok von der CDU, der sich mit dieser Frage ausreichend auseinander gesetzt hat: Die Agrarminister im Ministerrat sind gleichzeitig Gesetzgeber, Exekutive, Kontrolleure und auch Finanziers ihrer Politik. Das ist natürlich eine sehr schwerwiegende Fehlkonstruktion, die dringend verbessert werden muss.

Herr Bundesminister Molterer! Sie waren Teil dieser Fehlkonstruktion und sind damit für uns für diese europäische Agrarpolitik mitverantwortlich. (Abg. Böhacker: Das ist aber schon sehr weit hergeholt!)

Wenn wir heute über die Bewältigung der BSE-Krise diskutieren, geht es darum, dass Kosten zur Bekämpfung der Seuche ersetzt werden. Nur: Die rechtzeitige Bekämpfung der Seuche ist damals, 1997, durch den Agrarministerrat verhindert worden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte es ganz offen aussprechen: Normalerweise ist es üblich, dass nach einer Runde von Abgeordneten die Vertreter der Regierung das Wort ergreifen. Ich stelle nur fest: Die erste Runde ist bereits vorbei, aber Sie haben anscheinend die Sprache verloren. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das Chaos ist perfekt. Streit innerhalb der Koalition. Man kann sich nicht einigen über die Kosten.

Herr Bundesminister Molterer! Herr Bundesminister Haupt! Ich frage Sie hier konkret: Warum haben Sie im Ausschuss Tatsachen verschwiegen? – Man könnte es auch anders formulieren. – Warum haben Sie uns nicht darüber informiert, dass die Bundesländer den Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt haben? Die Bundesländer, wie beispielsweise das Bundesland Salzburg, haben das ausreichend begründet.

Nur zu Ihrer Information, denn Sie sind anscheinend nicht vollständig informiert: Es gibt ein Schreiben des Bundeskanzleramtes an das Amt der Salzburger Landesregierung, innerhalb einer Woche zu diesem Paket Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme wurde mit 15.5.2001 übermittelt, und es wurde darin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Länder, insbesondere das Land Salzburg, nicht bereit sind, diese Kosten zu tragen, weil die Bekämpfung von Tierseuchen Angelegenheit des Bundes und nicht der Länder ist.


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Ich zitiere: Die im Zuge der BSE-Krise erforderlichen Maßnahmen sind solche des Veterinär-, Gesundheits- und Ernährungswesens einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle und fallen daher zur Gänze, in Gesetzgebung und Vollziehung, in die Kompetenz des Bundes. (Abg. Murauer: Im Prinzip selber gemacht! Das ist dein Problem!)

Und jetzt kommt es: Die BSE-Folgekosten sind daher ausschließlich von der Europäischen Union und dem Bund zu tragen. – Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht nur Salzburg, sondern auch andere Bundesländer haben diesen Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt. Uns hat man im Finanzausschuss vorgegaukelt, es würde nur noch Wien ein Problem darstellen. Herr Bundesminister! Wir sind gerne bereit, gemeinsam etwas zu machen, aber nicht unter diesen Voraussetzungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gäbe zu den Gesetzesmaterien im Einzelnen noch einiges einzuwenden. Kollege Gradwohl hat bereits gesagt, beim Fleischuntersuchungsgesetz geht es um die Frage von Amtstierarzt und praktischem Arzt. Aber das Hauptproblem sehe ich darin, dass BSE-Untersuchungen dem Fleischuntersuchungsgesetz unterworfen werden und damit auch der Gebührenhoheit der Länder unterliegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten uns grundsätzlich mit der Frage der Lebensmittelsicherheit auseinander setzen. Hier geht es uns um das Problem der Sicherung der personellen Ressourcen in den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung und in den anderen Bundesanstalten. Dort kommt es bei Kündigungen zu keinen Nachbesetzungen mehr, auch nicht – wie in Salzburg –, wenn jemand in Pension geht. Ich denke daher, wir sollten gemeinsam dafür eintreten – dies ist ein konstruktiver Antrag der Sozialdemokratie –, dass diese Posten nachbesetzt werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Heinz Gradwohl, Anna Huber und GenossInnen betreffend Sicherung der personellen Ressourcen in den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung und anderen Bundesanstalten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, durch Pensionierung oder Kündigung freiwerdende Planstellen in den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung, der bakteriologisch-serologischen Bundesanstalt sowie der Veterinärmedizinischen Bundesanstalt nachzubesetzen, um die für die Lebensmittelsicherheit notwendigen Untersuchungen und die Forschungstätigkeiten dieser Bundesanstalten dauerhaft in Österreich abzusichern!"

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sind eingeladen, einen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit zu leisten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. )

18.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier, Genossen und Genossinnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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71. Sitzung / Seite 183

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, komme ich auf einen Debattenbeitrag im Rahmen des Dringlichen Antrages zurück. Abgeordneter Gaugg hat in diesem Debattenbeitrag wörtlich von "mafiosen Methoden" gesprochen und damit, wie sich bei Einsicht ins Protokoll zeigt, eindeutig den Abgeordneten Edlinger gemeint. Ich erteile ihm dafür einen Ordnungsruf.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zellot. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

18.53

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Präsident! Die Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Heute ist der Tag der Beschlussfassung über das Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz geändert wird, und über verschiedene begleitende Maßnahmen wegen der BSE-Folgekosten. Ich glaube, das ist wirklich eine Entlastung der Bauern. Sie haben das Gefühl, heute endlich von dieser Last befreit zu werden, auch von der Last der Ungewissheit.

Es ist auch Folgendes anzuführen: Es gibt keine "Pannen", und es gibt auch kein "Pech". So etwas ist wahrscheinlich in den anderen Mitgliedstaaten zu finden. Denn so schnell, wie der "Schnellschuss"-Veterinärminister, Bundesminister Haupt, in dieser Sache in Zusammenarbeit mit Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Molterer gehandelt hat, gibt es das in keinem anderen europäischen Mitgliedstaat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Die Bauern sind stolz darauf, und sie wissen, dass sie sich auf jemanden verlassen können, der nicht mit leeren Worten kommt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es kommt hier vielleicht nicht immer zu einer idealen Lösung, aber es ist sicher und steht fest, dass die Bauern endlich von dieser Last befreit werden. Die Regierung ist natürlich nicht nur Garantin für den Schutz der Konsumenten, sondern für beide, sowohl für die Konsumenten als auch für die Bauern. Wir stehen zu diesem Bündnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Es gibt, was die Regierungsvorlage für das Fleischuntersuchungsgesetz betrifft, auch von mir einen Abänderungsantrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Zellot, Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (586 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (639 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Der gemäß Punkt 6 anzufügende Abs. 5 des § 26b hat wie folgt zu lauten:

"(5) Abs. 4 gilt nicht für Tiere, bei denen Substanzen gemäß Anhang IV der Verordnung des Rates Nr. 2377/90/EWG (ABl. Nr. L 224 vom 18. 8. 1990) oder Stoffe, deren Anwendung gemäß Richtlinie des Rates Nr. 96/22/EG (ABl. Nr. L 125 vom 23. 5. 1996) verboten ist, festgestellt wurden."

2. Im Punkt 7 werden im Artikel 2 Abs. 3 die Worte "sechs Monate" durch die Worte "ein Jahr" ersetzt.

Begründung:

Zu Punkt 1:

Durch die Einfügung der Worte "verboten ist," wird ein beim Textumbruch unterlaufener Schreibfehler korrigiert.


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Zu Punkt 2:

Die Verlängerung der Übergangsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr gibt dem Landeshauptmann wie den betroffenen Amtstierärzten mehr Zeit, um auf die geänderte Rechtslage entsprechend reagieren zu können.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Zellot, Dr. Stummvoll und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. Eine freiwillige Redezeit von 6 Minuten ist eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.57

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir hatten schon im Ausschuss eine relativ heftige Debatte zum Thema BSE-Folgekosten. Ich muss leider feststellen, dass sich unsere Befürchtungen eigentlich in vollem Ausmaß erfüllt haben. Der heutige Gesetzesvorschlag bezüglich der BSE-Folgekosten ist der traurige Höhepunkt einer langen Debatte. Es herrscht wieder einmal Chaos bei den BSE-Folgekosten. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das ist doch ..., dass wir keinen BSE-Fall haben!)

Ich werde es Ihnen gleich erklären, Herr Kollege: weil mit den Ländern einfach nicht verhandelt worden ist; zumindest ist es zu keinem Abschluss gekommen. Das ist wirklich nicht die beste Art und Weise, hier einen Erfolg zu erzielen. Vor allem haben wir diese Debatte – da möchte ich fast schon ein bisschen historisch ausholen – schon öfters mitverfolgen müssen. Es gab eine BSE-Folgekosten-Debatte Ende Dezember, es gab eine Ende Februar, und es gab eben eine Ende April. Immer ging es um die Aufteilung der Folgekosten zwischen Bundesregierung und Ländern, und wie immer war die Bundesregierung schlecht vorbereitet.

Nach langen Streitereien und vielen widersprüchlichen, einander widersprechenden Vorschlägen, die hier präsentiert wurden, hat man sich wieder auf Übergangslösungen geeinigt. Ein paar davon möchte ich jetzt zitieren, weil das wirklich eine absolut absurde und meiner Meinung nach fast schon unwürdige Debatte war.

So hat Landwirtschaftsminister Molterer im Jänner noch von BSE-Gebühren gesprochen, also von einer Abwälzung auf den Konsumenten. Die Landwirtschaftskammer hat kurz danach eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gefordert, um die BSE-Folgekosten zu decken. Der Finanzminister hat die Mehrwertsteuer unmittelbar darauf wieder ausgeschlossen. Landeshauptmann Haider hat einen BSE-Schilling vorgeschlagen und sich am nächsten Tag von seiner eigenen Forderung distanziert. Gesundheitsminister Haupt hat gefordert, die EU solle alle Folgekosten übernehmen, und am nächsten Tag hat er gesagt: Der Handel soll die Kosten für die BSE-Folgen tragen. – Das war jetzt nur eine kleine Auswahl an Vorschlägen, ich könnte das noch viel länger vorlesen.

Sie merken, dass es hier offensichtlich keine einheitliche Meinung in der Bundesregierung gegeben hat. Es war eine schlechte Vorbereitung, und jetzt ist eigentlich wieder das Gleiche passiert. Die Übergangslösung ist abgelaufen, und zwar schon Ende April. Wir haben mittlerweile Anfang Juni, und es gibt noch immer keine fertige Lösung, die wirklich auf dem Tisch läge und mit den Ländern ausverhandelt wäre.

Ich finde, Sie haben es geradezu sträflich vernachlässigt, die weitere Finanzierung der BSE-Folgekosten sicherzustellen. Mit einer milden Bezeichnung kann man diese Vorgangsweise nur "ungeschickt" nennen. Denn im Ausschuss eine Regelung zu beschließen, die mit den Ländern


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nicht fertig verhandelt worden ist und für die es keine Zustimmung der Länder gibt, das kann man nur noch als ungeschickt bezeichnen.

Was mich interessieren würde, ist: Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Wollen Sie das hier und heute einfach beschließen und die Länder vor vollendete Tatsachen stellen? Glauben Sie wirklich, dass das eine gute Strategie ist, wenn Sie 40 Prozent der Kosten von den Ländern bezahlt haben wollen? – Ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine gute Strategie ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Haben Sie sich überlegt, was mit diesem Vorschlag, den Sie heute hier beschließen wollen, passiert, wenn die Länder sich im Rahmen des Konsultationsmechanismus doch dazu entscheiden, nicht zu zahlen? Wer übernimmt dann die 40 Prozent, die Sie hier vorgesehen haben? – Das sind lauter offene Punkte, die nicht wirklich geklärt worden sind.

Ich möchte zum Schluss kurz auf die Erhöhung der Schlachthofgebühren eingehen. Wie Sie wissen, haben wir immer betont, dass es uns sehr wichtig ist, dass die Konsumenten nicht doppelt belastet werden. Die Konsumenten müssen ohnehin schon einmal für die Finanzierung der Landwirtschaftspolitik zahlen. Mit den Schlachthofgebühren, die mit Sicherheit auf die Konsumenten abgewälzt beziehungsweise eins zu eins an die Konsumenten weitergegeben werden (Abg. Großruck: ... das ist eine Logik!), müssen diese dann zweimal für die Landwirtschaft zahlen: einmal für die Politik, die Sie eingeschlagen haben, und einmal für die Entsorgung. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das ist wieder die falsche Argumentation!)

Nein, das ist nicht die falsche Argumentation. Das ist die Argumentation, die Sie nicht gerne hören wollen! Das kann ich auch verstehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: ... für die Importe haben Sie immer plädiert!) Das ist überhaupt nicht wahr!

Wir werden selbstverständlich der Verlängerung des Tiermehlverfütterungsverbots zustimmen, wie meine Kollegen schon betont haben. Aber für die Schlachthofgebühr und für diesen schlecht vorbereiteten Entwurf zur Übernahme der BSE-Folgekosten werden Sie unsere Zustimmung nicht bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.02

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Maier hat hier gesagt: Die Pannen in dieser Regierung gehen weiter. – Er hat weiters gesagt: Molterer ist mitverantwortlich dafür, dass wir die BSE-Krise haben. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Maier, Sie sind ein besonders Mutiger, ich "gratuliere"! Sie waren nämlich einer derjenigen, die am lautesten mitgeschrien haben, wie schön es in der EU ist, und die Leute breitgeschlagen haben. Aber jetzt, da wir wissen, dass in der EU längst nicht alles rosig ist, was dort geschieht, jetzt sind auf einmal einzelne Menschen verantwortlich! Ich "gratuliere" Ihnen dazu; ich hätte mir da etwas anderes vorgestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber eines sage ich Ihnen ebenfalls: Wenn die EU in der Agrarpolitik so arbeiten würde – und ich habe jetzt keinen Grund, Molterer zu verteidigen – wie unser Landwirtschaftsminister Molterer, wie ein Bundesminister Haupt oder wie unsere Bauern, dann wäre die Welt in Ordnung. Dort müssen sie eben noch lernen; ich hoffe, dass sie lernfähig sind. Seien wir stolz darauf, dass ein "kleiner" Minister aus einem kleinen Land der EU sagt, wo es langgeht. Die EU glaubt es noch nicht, aber sie wird schon noch draufkommen.

Liebe Kollegin Sima! Es besteht kein Chaos in den Folgekosten. Wenn Sie den § 6 gelesen hätten, würden Sie wissen, dass die Bauern auch über Schlachthofgebühren nicht dazu herange


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zogen werden dürfen, dafür zu bezahlen. (Zwischenruf des Abg. Zellot. ) Aber Sie haben schon Recht, wir haben bereits Mittel in Milliardenhöhe für die BSE-Krise verbraucht und werden weitere Mittel dafür verbrauchen. Damit soll eine Sache in den Griff gebracht werden, die wir nicht verursacht haben.

Unsere Bauern haben Gott sei Dank so gut gearbeitet, dass wir keinen BSE-Fall haben. Gott sei Dank wurde die Gefahr der Verfütterung von Tiermehl in Österreich schon lange vor der EU erkannt, und es wurde das verboten. Aber es würde mich interessieren, wann die EU den Mut haben wird, das generell zu verbieten – jetzt gibt es ja wieder nur eine Verlängerung –, weil das natürlich dazugehört. Wir sagen es ihnen ohnehin jeden Tag, liebe Frau Sima, nur glaubt uns das bis jetzt keiner. Ich frage mich, wann sie dort einmal darüber nachdenken werden, ob es nicht schon genug Katastrophen gegeben hat.

Die Verursacher sind – das ist heute schon angesprochen worden – selbstverständlich Futtermittelhersteller und Großbetriebe. Bei uns in Europa besteht das System, dass man immer erst nach dem Brandausbruch die Feuerwehr holt; man verhindert den Brand nicht. Die österreichischen Bauern haben schon lange vor der Brandstiftung gebremst, und sie verhindern diese Brände. Aber wir sind eben nur ein kleines Körnchen in einem großen Wirtschaftsblock.

Meine Damen und Herren! Die nächste, wieder zu erwartende Katastrophe sehe ich beim Holz kommen. Ich war vor kurzem in einem Sägewerk und habe dort Holz gemessen. Dort hatte man Holz aus der Schweiz angeliefert, das Katastrophenholz, das vor zwei Jahren der "Lothar" umgerissen hat. Ich kann Ihnen eines sagen: Dieses Holz ist voll gepfropft mit Schädlingen – vom Holzbock angefangen, und vom Borkenkäfer rede ich gar nicht –, und es gibt keine Möglichkeit, auch nicht gegenüber Drittländern, den Import zu verbieten. Ich habe mich im Ministerium und beim Landesforstdirektor erkundigt: Es ist einfach nicht möglich. Dort sehe ich die nächste Katastrophe kommen. Ich frage mich noch einmal, ob denn die EU nichts daraus lernt.

Professor Prodi sagte in den "Europa-Nachrichten": "BSE und Maul- und Klauenseuche sind die katastrophalen Auswirkungen einer verfehlten Politik." – Ich möchte euch bitten, sagt das einmal der grünen Landwirtschaftsministerin in Deutschland, und sagt es auch dem Herrn Schröder! Sie haben dort wahrscheinlich noch nichts davon gehört, dass es so ist. Aber Herr Prodi ist anscheinend schon draufgekommen.

Sie werden keinem Landwirt erklären können, warum unser Bauer die teuerste Produktion zur Kenntnis nehmen muss und dass aber durch die Großproduktion der anderen Länder der Druck auf den Preis in Österreich so hoch wird, dass der Landwirt das Auslangen einfach nicht mehr finden kann. Am Ende soll immer der Kleine für die Sünden der Großen und der Schlampigen zahlen. Das ist nicht einsehbar, so kann es auf Dauer nicht sein! Auch nicht, dass unser Bundesminister Molterer wie ein einsamer Rufer in der Wüste der EU immer wieder sagt, was notwendig wäre und wo es langgeht – das ist nämlich die Wahrheit. Die müssen darüber einmal nachdenken.

Jesus hat gesagt, als man ihn gekreuzigt hat: "Herr, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" – Darf ich Ihnen eines sagen: Die Herren in der EU wissen genau, was sie tun. Sie nützen nur die Zeit schändlich aus, solange es andauern wird, dass wir zu allem Ja und Amen sagen. Aber wenn es einmal so weit sein wird, dass wir beim Ölberg angelangt sind, wird es zu spät sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

19.07

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Kollege Zellot! Ich möchte Sie fragen: Wissen Sie ganz genau, was Sie tun? – Wenn Sie heute dieses Gesetzespaket für die Abdeckung der BSE-Kosten tatsächlich durchdrücken, dann befinden Sie sich auf sehr dünnem Eis. (Abg. Böhacker: Das war nicht Zellot, das war Pistotnig!) Sie wissen das ganz genau.


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71. Sitzung / Seite 187

Von den 400 Millionen Schilling sollen die Länder 130 Millionen zahlen – das ist immerhin mehr als ein Drittel. Sie sind ohne Begutachtung mit diesem Gesetz einfach drübergefahren. Eine Einigung ist nicht in Sicht, auch wenn Sie sie noch so beschwören; es kommen deswegen diese 130 Millionen Schilling zurzeit noch nicht auf die Welt. Sie wissen genau, dass der Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt worden ist. Daher frage ich Sie ernsthaft, meine Herren Minister (Abg. Böhacker: Am besten, wir machen gar nichts?): Wo soll dann dieses Drittel herkommen, wenn die Länder nicht mitzahlen? (Abg. Böhacker: Wo ist Ihr Vorschlag? Woher kommen ...? – Abg. Mag. Trattner: Wollen Sie, dass die Bauern bezahlen müssen?)

Es beunruhigt mich sehr, dass Sie es auf der anderen Seite im Lebensmitteluntersuchungsgesetz den Landeshauptleuten überlassen, wie die Kontrollpläne aussehen sollen. Sehr geehrte Herren von der Regierung! Wie wollen Sie denn einheitliche Standards garantieren, wenn nicht einmal dieselbe Kontrollfrequenz vorgesehen oder garantiert werden kann? (Abg. Mag. Trattner: ... Wort im Mund!)

Es beunruhigt mich auch, dass ausgerechnet in dieser Zeit, in der die Konsumenten – wohl sehr berechtigt oder auch unberechtigt – große Sorgen um die Unbedenklichkeit von Fleisch haben, die Kapazität der Lebensmitteluntersuchungsanstalten eingeschränkt wird. Meinen Sie tatsächlich, dass Personalreduktionen und damit auch Reduktionen der Kontrollen das Vertrauen der Konsumenten besonders stärken werden?

Es beunruhigt mich auch, dass die Mittel, die das Gesundheitsministerium zur Finanzierung beisteuert, von den Mitteln abgezogen werden, die bisher für die Qualitätsverbesserung vorgesehen waren. Das bedeutet doch, bitte schön, dass weitere Qualitätsverbesserungen derzeit nicht vorgesehen sind.

Es beunruhigt mich weiters, dass trotz der BSE-Probleme – die ja bei uns Gott sei Dank nicht aufgetreten sind – wieder einmal nicht die Verursacher zur Zahlung herangezogen worden sind. Zahlen müssen aber sehr wohl die Konsumenten, und sie zahlen doppelt und dreifach: über die Steuern und über den Fleischpreis.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Ich bitte Sie daher, lassen Sie Vernunft walten und nehmen Sie den Vorschlag unseres Ausschussvorsitzenden Heindl auf: Verweisen wir dieses Finanzierungspaket zurück an den Finanzausschuss! Stellen Sie den Konsens mit den Ländern her, und beschließen wir im Juli eine runde, ordnungsgemäße Finanzierung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

19.10

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin als Bauer sehr betrübt darüber, dass hier auf dem Rücken der Rinderbauern, die durch die Preisverluste bereits nahezu eine Milliarde Schilling an Einkommensverlusten erlitten haben, Stimmung gegen eine geordnete Finanzierung der Risikoverwertung und der Tests gemacht wird. (Abg. Huber: Eine geordnete Finanzierung gibt es ja nicht!)

Wir werden bald 100 000 BSE-Tests durchgeführt haben, und ich hoffe, dass bei diesen 100 000 kein einziger positiver Fall dabei sein wird. Es wird auch seine Wirkung haben, dass wir in Österreich bereits 1990 die Tiermehlverfütterung an Wiederkäuer verboten und auch kontrolliert haben, dass das Verbot eingehalten worden ist.

Wenn der Abgeordnete Maier dabei von einer "Pleite" spricht, muss ich sagen: Es ist für mich keine "Pleite", wenn wir neben Schweden und Finnland eines der drei Länder sind, die noch keinen BSE-Fall haben. Es gibt also keine "Pleite" unserer Regierung, sondern man sollte dies anerkennen, dem Rechnung tragen und die Maßnahmen, die wir setzen und gesetzt haben, entsprechend unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Minister Molterer hat auch den Vorschlag von Kommissar Fischler unterstützt, eine Obergrenze von 90 Tierprämien je Betrieb in allen 15 Staaten der Europäischen Union einzuführen. Dieses Thema und diese Vorschläge sind vor zwei Wochen im Europäischen Parlament behandelt worden. Dort haben auch die österreichischen SPÖ-Abgeordneten und der grüne Abgeordnete Voggenhuber diesen Vorschlag der Einschränkung auf 90 Tierprämien pro Betrieb abgelehnt.

Ich muss darauf aufmerksam machen, dass diese Tierprämien zu 100 Prozent von der EU bezahlt werden; das kann nur durch eine Änderung der EU-Richtlinien geändert werden. Ein Bauer hat bei uns darauf einen Rechtsanspruch. Würde das Ministerium die Auszahlung über 90 Prämien verweigern, so könnte der betroffene Bauer diese Prämien einklagen. Es muss in der EU geregelt werden, und das ist ein Ziel der österreichischen Bundesregierung.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag zur Regierungsvorlage 584 der Beilagen ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwarzenberger, Wenitsch und Kollegen betreffend Grundlinien österreichischer Agrarpolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat

unterstützt die Bestrebungen, dass die Landwirte für ihre hoch qualitativen Nahrungsmittel auch einen fairen Preis erhalten. Lebensmittel, unabhängig ihrer Produktionsform, sind zu wertvoll, um als billige Lockartikel herhalten zu müssen. Gemeinsam mit Verarbeitern und Handel sollen zukünftig Lebensmittel wieder den Stellenwert erhalten, der ihnen auch zukommt.

ersucht die Bundesregierung, alle Möglichkeiten zu prüfen, dass der bürokratische Aufwand für bäuerliche Betriebe bei der Abwicklung der Ausgleichszahlungen verringert wird. Insbesondere das bereits auf europäischer Ebene angedachte Pauschalierungsmodell soll in den Überlegungen besondere Berücksichtigung finden.

unterstützt die Bestrebungen der Bundesregierung, dass auf europäischer Ebene die Wettbewerbsverzerrungen auf den Betriebsmittelmärkten zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten beseitigt werden.

ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin darauf hinzuarbeiten, dass zukünftig auf europäischer Ebene die zweite Säule der Agrarpolitik, nämlich die Förderung der ländlichen Entwicklung, stärker an Bedeutung gewinnt. In diesem Zusammenhang sind besonders die Maßnahmen der Agrarumweltprogramme, die Zahlung für benachteiligte Gebiete sowie die investiven Maßnahmen für den ländlichen Raum auszubauen.

ersucht schließlich die Bundesregierung, sich bei einer Reform der EU-Agrarpolitik mit Nachdruck für die Interessen bäuerlicher Klein- und Mittelbetriebe einzusetzen.

*****

Ich bitte im Interesse aller österreichischer Bauern, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem ausreichenden Zusammenhang mit dem Verhandlungsgegenstand und steht daher mit zur Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.


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Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

19.15

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Zur Frage der europäischen Diskussion betreffend die Rinderprämien wird mein Kollege Pirklhuber ein paar Worte sagen.

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es stellt sich wirklich sehr die Frage – insbesondere auch betreffend die Haltung der ÖVP in der Vergangenheit –, wie Sie es selbst mit der Aufforderung gehalten haben, die Sie am Ende Ihres Antrags vorgelesen haben: die Interessen der bäuerlichen Klein- und Mittelbetriebe mit Nachdruck zu vertreten. Herr Abgeordneter Schwarzenberger, ich weiß nicht, wie viele grüne Anträge abgelehnt worden sind in Richtung einer zwingenden, verbindlichen Produktdeklaration, und zwar nicht erst dann, wenn ein Tier nur noch Produkt ist – wenn es Fleisch ist oder wenn wir über Eier reden –, sondern dann, wenn wir über Lebewesen, über Tiere reden. Eine verbindliche Produktdeklaration nach der Art, wie das Tier zuvor gelebt hat – den Tiergerechtheitsindex –, haben Sie immer verweigert, obwohl das einer der wichtigsten Schritte auch in Richtung des Schutzes bäuerlicher Interessen gewesen wäre. Das halte ich nicht für eine glaubwürdige Politik, was Sie hier vortragen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Zu einigen konkreten Fällen möchte ich Sie fragen, wie es einige Ihrer Kollegen, Ihrer Bürgermeister-Kollegen damit halten. Sie kennen die Namen, etwa aus Oberösterreich, vom größten österreichischen Hühnerhalter, der nach wie vor – jetzt im niederösterreichischen Bereich, in Seitenstetten – in die Käfighaltung von Hennen investiert. Da können die Regierungsmitglieder auf der europäischen Ebene noch so viel über den Ausstieg aus den Hühnerbatterien verhandeln – Herr Latschenberger investiert weiter und weiter und weiter. Dann erfahren wir auch, dass die Grenzen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht eingehalten werden. Wenn die TierschützerInnen draufkommen, dann verschwinden eben bei Nacht und Nebel wieder ein paar 10 000 Hühner und gehen vorzeitig zur Schlachtbank.

Das ist nicht der Schutz der bäuerlichen Interessen. Kehren Sie da bitte einmal vor Ihrer eigenen Tür! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl. )

Ich möchte eigentlich kurz ein paar Worte betreffend das Fleischuntersuchungsgesetz sagen.

Herr Bundesminister Haupt! Sie wissen, dass wir selbstverständlich für strengste Untersuchungen eintreten. Wir haben kein Verständnis dafür, wenn es irgendwo Interessenkollisionen gibt, die zu Lasten der Produktqualität und zu Lasten des KonsumentInnenschutzes gehen könnten. Aber ich stelle mir die Frage, ob dieses Gesetz und diese Art der Regelung jenem Ziel wirklich gerecht wird beziehungsweise ob es unter Aspekten der Verfassung in dieser Art und Weise haltbar sein wird.

Ich stelle auch die Frage: Wer hat die Verfassungskonformität dieser Regierungsvorlage überprüft, und was hat diese Überprüfung ergeben? – Wenn es hier in den Erläuterungen heißt, was die Kontrollfunktion der Amtstierärzte betrifft, könnten Zweifel an der Unparteilichkeit möglicherweise nicht ausgeschlossen werden, bringt mich das zu den Fragen: Gab es da konkrete Anlassfälle? Wie waren diese gelagert? Lag oder liegt es an der Funktion einer Person als Amtstierarzt oder Amtstierärztin, oder könnten nicht auch Interessenkollisionen – gegen die wir alle sind – bei anderen Personen, also bei TierärztInnen und -ärzten, die nicht als AmtstierärztInnen bestellt sind, genauso gegeben sein? Was tun wir gegen diese Interessenkollisionen?

AmtstierärztInnen dürfen nicht als BetriebstierärztInnen fungieren, daher meine ich, dass bei dieser Personengruppe die Wahrscheinlichkeit solcher Interessenkollisionen eher geringer sein dürfte. Und wenn man dazu noch – und ich kann mich in dieser Hinsicht dem von Abgeordnetem Gradwohl eingebrachten Antrag durchaus anschließen – eine geographische Trennung der Funktionen vornimmt, dann halte ich die Wahrscheinlichkeit von Interessenkollisionen bei AmtstierärztInnen eigentlich nicht für größer als bei anderen.

Interessenkollisionen sollten wir zweifellos bekämpfen, aber einer bestimmten Gruppe, deren Salär in der amtlichen Funktion nicht gerade weltbewegend ist, damit doch – und zwar mit einer


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schlagartigen Regelung – eine Einnahmequelle und auch eine Möglichkeit, Praxiserfahrungen zu sammeln, abzuschneiden, das scheint mir auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten der Erwerbsfreiheit und des Gleichheitssatzes nicht ganz unbedenklich. Außerdem stelle ich mir auch die Frage, inwieweit es einer Bundesbehörde, einem Bundesminister möglich sein soll, so mir nichts, dir nichts eine Bestellung, die meiner Information nach durch die Landeshauptfrau oder den Landeshauptmann erfolgt, für nichtig zu erklären. – Ich hätte mir dazu legistische Erläuterungen zur Verfassungskonformität erwartet.

Ein Allerletztes: Herr Bundesminister Haupt! Sie sind in einer Mehrfach-Funktion nicht nur für diesen Bereich, sondern auch für Frauenangelegenheiten zuständig, und Sie haben in dieser Ihrer Funktion vor ganz kurzer Zeit einen die sprachliche Gleichbehandlung betreffenden Ministerratsvortrag kundgemacht, in dem es ausdrücklich heißt, dass das Mitgemeint-Sein für Frauen zu wenig ist. Sie wissen so gut wie ich, dass das Studium der Veterinärmedizin gerade in letzter Zeit sehr häufig und sehr intensiv auch von Frauen betrieben und absolviert worden ist. Warum Sie selbst entgegen dem von Ihnen eingebrachten Ministerratsvortrag wieder einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem Frauen, was die sprachliche Diktion betrifft, nicht einmal ignoriert werden, das muss wohl einer höheren Logik der legistischen Abteilungen in Ihrem Haus entspringen.

Insgesamt können wir diesem Bereich nicht zustimmen. Zu den Rinderprämien wird Kollege Pirklhuber noch Stellung nehmen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl. )

19.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Schwarzenberger hat vorhin noch einmal die europäische Ebene angesprochen. Ich meine, es ist notwendig, einiges klarzustellen, was Sie derzeit in Ihren Agrarmedien von sich geben und verbreiten.

Es ist nämlich so, dass gerade die konservative Fraktion im Europaparlament unter Führung der Christdemokraten in Person des britischen Berichterstatters Sturdy einen Vorschlag in den Agrarausschuss gebracht hat, der die Abschaffung der 90-Rinder-Grenze intendiert. Das ist ein Faktum, Herr Schwarzenberger, nur Sie wissen das offensichtlich nicht. (Abg. Schwarzenberger: Das ist nach dem Fischler-Vorschlag die Obergrenze!)

Ich gestehe Ihnen zu, dass Ihre Parteikollegen für eine bindende Grenze von 90 Rindern waren, allein sie konnten sich mit dieser Position nicht einmal in ihrer eigenen Europaparlaments-Fraktion durchsetzen. Das ist die Realität! (Beifall bei den Grünen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.  – Abg. Auer: Wie war das in Ihrer Fraktion?) Das ist die Realität, Kollege Schwarzenberger, und man soll sie nicht verheimlichen. – Ich komme schon noch dazu, Kollege Auer! 

Der grüne Änderungsvorschlag hat auf europäischer Ebene das erste Mal die Komponente der Arbeitskraft auf die Agenda gesetzt, das heißt, Betriebe sollen, was Förderungen betrifft, sehr wohl auch danach beurteilt werden, wie viele Mitarbeiter es in diesem Betrieb gibt. Ich denke, das ist ein erster Schritt. Ich gestehe Ihnen aber durchaus zu: Auch ich bin nicht zufrieden mit diesem Vorschlag, weil mir ein konkretes Element abgeht, nämlich eine Degressions-Komponente. Die fehlt in diesem Vorschlag, und ich meine, in diese Richtung sollten wir auf europäischer Ebene auch weiterhin auf eine Änderung dieser Richtlinie hinarbeiten.

Ich möchte jedoch abschließend – und dies zu Ihrer Information! – auch nicht verhehlen, dass die Fördergrenze in Österreich derzeit bei 200 Mastrindern liegt. Das steht in der Tierprämien-Verordnung aus dem Jahr 2000, das sollte man nicht vergessen. (Beifall bei den Grünen.)


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71. Sitzung / Seite 191

19.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

19.25

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren! Den Erläuterungen meines Vorredners zu den Vorwürfen Kollegen Schwarzenbergers ist nichts hinzuzufügen, aber etwas muss doch noch erwähnt werden:

Geschätzte Damen und Herren, vor allem auch der Regierungskoalition! Wir verhandeln hier ein Paket von Finanzierungen. Im Rahmen dieser Verhandlungen wurden einige Fragen aufgeworfen. Bemerkenswerterweise sitzen drei Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank, aber kein einziger hat sich an dieser Diskussion beteiligt. Auch wenn Sie es nicht bemerken, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen: Diese Diskussionsverweigerung, diese Gesprächsverweigerung ist eine Missachtung des Parlaments! (Abg. Auer: Gradwohl sei Dank!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, das betrifft auch Sie! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zu einer ganzen Reihe von Abstimmungen.

Hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden, liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen vor, über den ich sogleich abstimmen lasse.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden, an den Finanzausschuss rückzuverweisen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ferner liegt hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird, ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, den gegenständlichen Gesetzentwurf in 585 der Beilagen an den Finanzausschuss rückzuverweisen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich liegt hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Heindl und Genossen vor. Auch über diesen Rückverweisungsantrag lasse ich sogleich abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, den Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, an den Finanzausschuss rückzuverweisen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die einzelnen Gegenstände selbst, die ich getrennt vornehmen werde.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 587 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung des Artikels 2 und die dadurch bedingten Änderungen in der Ziffernbezeichnung und im Titel bezieht.


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Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen.

Ich ersuche im Falle der Bejahung um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 585 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 586 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Zellot, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Gradwohl und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gradwohl und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 2 sowie auf die Streichung der Artikelbezeichnung 1 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Zellot, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 6 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist neuerlich die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Gradwohl und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung des Artikels 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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71. Sitzung / Seite 193

Die Abgeordneten Zellot, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Absatz 3 in Artikel 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist neuerlich die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Sicherung der personellen Ressourcen in den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung und anderen Bundesanstalten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 584 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist neuerlich Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap und Genossen betreffend grundlegende Neuausrichtung des Agrarsystems durch radikale Umstellung des Förderungssystems mit strikter Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit und die nachhaltige Forcierung des Biolandbaus in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schwarzenberger, Wenitsch und Genossen betreffend Grundlinien österreichischer Agrarpolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Es ist dies die Mehrheit und somit angenommen. (E 85.)

21. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (562 der Beilagen): Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001 (602 der Beilagen)


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22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (590 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001) (603 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (567 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden (4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle) (604 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (589 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG) (605 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (554 der Beilagen): Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (607 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (591 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank (606 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 21 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich gehe davon aus, dass auf die Berichterstattung verzichtet wird, sodass wir unmittelbar in die Debatte eingehen können.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Ich erteile es ihm hiermit.

19.35

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute ein Bündel von Gesetzen, die die Euro-Umstellung betreffen.

Die Teilnahme Österreichs an der Wirtschafts- und Währungsunion bedeutet für Österreich die Teilnahme an einem historisch einzigartigen Integrationsprojekt und damit die Chance für unser Land, an einem leistungsfähigen Währungs- und Wirtschaftsraum teilzunehmen und davon zu profitieren.


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Der Wegfall der Wechselkursrisken und die erhöhte Preistransparenz haben den innereuropäischen Handel entscheidend stimuliert. Die Wirtschafts- und Währungsunion war in den nun fast zweieinhalb Jahren ihres Bestehens durchaus von Erfolgen gekennzeichnet. Das vorrangige Ziel des Euro-Systems, Preisstabilität und damit Kaufkraft zu sichern, wurde weitestgehend erreicht. In den EU-Ländern sind die Inflationsraten trotz Energiepreissteigerungen zurückgegangen. Das Wirtschaftswachstum ist gut, die Arbeitslosigkeit sinkt, und die Budgets der Euro-Länder entwickeln sich in Richtung Stabilisierung.

In letzter Zeit wurde oft der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro diskutiert. Meine Damen und Herren! Ohne die Kursrelation Euro: US-Dollar vernachlässigen zu wollen, möchte ich doch auf zwei wesentliche Aspekte hinweisen: Die zwölf EU-Mitgliedsländer der Euro-Zone erwirtschaften 85 bis 90 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts innerhalb der Euro-Zone.

Wir sollten auch nicht kurzfristig denken. Denken wir doch zurück an die Bocksprünge, die die Kursrelation des Euro zum Schilling und zur D-Mark in den letzten 10, 15 Jahren machte! Die waren jedoch nicht unbedingt entscheidend für die Wirtschafts- und Währungssituation in unserem Land.

Meine Damen und Herren! Mit der Euro-Bargeldeinführung steht nun eine weitere große Herausforderung unmittelbar bevor, und zwar für die Unternehmen ebenso wie für die Konsumenten. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts hat sich die österreichische Bevölkerung mehrmals auch im Rahmen von Währungsreformen an neue Währungen gewöhnen müssen. Die Umstellung von Schilling auf Euro unterscheidet sich jedoch von früheren Währungsumstellungen vor allem dadurch, dass es sich diesmal um eine freiwillige Währungsumstellung und nicht um eine Währungsreform mit allen ihren negativen Auswirkungen – wie schon mehrmals im vergangenen Jahrhundert – handelt.

Es ist verständlich, dass eine derartige Umstellung für viele Teile der österreichischen Bevölkerung, insbesondere für die ältere Generation, mit einem gewissen Gefühl der Unsicherheit einhergeht. Bei Währungsreformen in der Vergangenheit mussten die Österreicherinnen und Österreicher bislang immer mit Verlusten rechnen. Außerdem war und ist das Vertrauen der Menschen in den Schilling sehr groß. Der Grund dafür liegt in erster Linie in der erfolgreichen Stabilitäts- und Hartwährungspolitik der letzten 30 Jahre. Der Beginn dieser Hartwährungspolitik war nicht einfach und ohne Zweifel ein Erfolg der innerösterreichischen Realverfassung, nämlich des Zusammenwirkens der Sozialpartner mit der Regierung. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In unserem Land gab es in diesen 30 Jahren kaum Inflation, und wir hatten eine harte Währung. Angesichts der Umstellung auf eine neue Währung haben viele Bürger die Hoffnung, dass auch der Euro eine harte Währung sein wird, verbunden mit Stabilität, keiner oder nur geringer Inflation und wirtschaftlicher Prosperität. Die Erwartungen der Bevölkerung richten sich daher vorrangig darauf, dass auch dem Euro im selben Maße vertraut werden kann wie dem Schilling.

Meine Damen und Herren! Politik und Wirtschaft haben ohne Zweifel die zentrale Aufgabe, dieses Vertrauen zu vermitteln und nicht Verunsicherung zu schüren. Die Währungspolitik der Europäischen Union verfolgt deshalb schon lange das Ziel, den Euro stabil zu halten. (Abg. Böhacker: Nicht ganz erfolgreich!) War es Anfang der achtziger Jahre in etlichen Ländern der EU nichts Außergewöhnliches, Inflationsraten von 20 Prozent und mehr zu haben, ist in den letzten zweieinhalb Jahren eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten. Praktisch alle Staaten im Euro-Gebiet konnten ihre Inflationsraten unter 5 Prozent drücken. Die Kaufkraft des Euro ist somit gesichert.

Meine Damen und Herren! Meinungsumfragen signalisieren uns eine Zustimmung zur Euro-Umstellung, zum Euro in der Größenordnung zwischen 50 und 53 Prozent in Österreich. Wir müssen aber beachten, dass zirka 38 Prozent der österreichischen Bevölkerung der Euro-Einführung nach wie vor sehr kritisch oder sogar ablehnend gegenüberstehen. Die Informationskampagnen der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer und zuletzt auch der Bundesregierung


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beginnen jedoch zu greifen. Seit diese Kampagnen laufen, beobachten wir eine bis zu fünfprozentige Zunahme der Zustimmung in der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren! Auch die Unternehmen sind gefordert. Viele Unternehmen haben zwar bereits die doppelte Preisauszeichnung eingeführt, die Euro-Preise sind jedoch überwiegend nur zurückhaltend und eher klein gedruckt ausgewiesen. Deren Wahrnehmbarkeit und damit die Auseinandersetzung der Konsumenten mit Euro-Preisen wird derart nicht besonders gefördert.

Speziell dem staatlichen und öffentlichen Bereich kommt in der Vertrauensbildung eine Vorbildrolle zu. Meine Damen und Herren! Es ist ein wichtiges Signal, und daher richte ich auch den Appell an die Regierung, staatliche Gebühren im Zuge der Euro-Umstellung nicht zu erhöhen. Seitens der Regierung hat Finanzminister Grasser im Finanzausschuss die Erklärung abgegeben, dass er sich dafür verbürge, dass es im Zuge der Euro-Umstellung zu keinen Preissteigerungen und Belastungen der Bürger kommen werde, dass sogar ein Vorteil von zirka 250 bis 300 Millionen Schilling an Entlastung zu erwarten sei. In einigen Bundesländern wird bereits diesbezüglich Beobachtungsarbeit geleistet, und ich hoffe sehr, dass das generell in Österreich Platz greift.

Meine Damen und Herren! Für die österreichische Wirtschaft bietet der Euro viele zusätzliche Chancen. Speziell der Export kann profitieren: Wegfall der Transaktionskosten für den Währungstausch, Wegfall von Exporthemmnissen für Klein- und Mittelbetriebe. Die Währungsrisken fallen weg. (Abg. Böhacker: Auslandsüberweisungen sind weiterhin teuer!) Die neue einheitliche Währung schafft Transparenz der Preise und erleichtert den Preisvergleich. Gleichzeitig sind im Wettbewerb dadurch natürlich besondere Herausforderungen gegeben.

Wir hören mit besonderem Interesse – zumindest ich habe es getan –, dass laut Nationalbank im Jahr 2000 bereits 40 Prozent der Neuemissionen weltweit in Euro erfolgt sind und dass laut einer IWF-Analyse der Anteil des Euro an den internationalen Devisenreserven Ende 1999 bereits 13 Prozent betrug. Das bedeutet: Der Euro ist nach dem US-Dollar bereits die zweitstärkste, zweitwichtigste Reservewährung. Zudem fungiert der Euro weltweit in rund 50 Staaten bereits direkt oder indirekt als Ankerwährung für deren Wechselkursregime.

Meine Damen und Herren! Dennoch ist es notwendig, auch die Gefahren und die Probleme zu sehen, die mit dieser Euro-Umstellung Hand in Hand gehen. Experten der Arbeiterkammer sehen insbesondere drei Gefahren: heimliche Preiserhöhungen bei der Umstellung, falsche Umrechnungen und gleicher Preis für kleinere Packung. In diesem Bereich sind – ich habe es schon einmal gesagt – sowohl seitens der Wirtschaft als auch seitens der Konsumenten und letztlich auch der Regierung besondere Beobachtungen angebracht.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen, meine Damen und Herren! Ich möchte nochmals sagen: Wir sollten uns vor Augen halten und insbesondere unseren Mitbürgern bewusst machen, dass es sich bei der Euro-Umstellung um keine Währungsreform, sondern um eine rechnerische Umstellung handelt, bei der Guthaben wie Schulden gleich viel wert bleiben.

Der europäische Binnenmarkt umfasst derzeit 360 Millionen Einwohner, davon werden zirka 300 Millionen den Euro verwenden. So wie wir den Schilling als unsere Währung empfunden haben und auch bis zuletzt empfinden, so hoffe ich sehr, dass es uns gelingen wird, bald auch von "unserem Euro" zu sprechen. Wir Sozialdemokraten werden daher allen diesen Gesetzen unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

19.44

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Heindl! Es wäre geradezu verlockend, auf Ihre Ausführungen zu replizieren, insbesondere was die Stabilität und den inneren und äußeren Wert des Euro betrifft. Sie


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haben es vorgezogen, eine Lobeshymne auf den Euro zu singen. Ich teile Ihre Meinung nicht uneingeschränkt, das ist aber Ihre Angelegenheit.

Ich möchte nun nach Ihren währungspolitischen Höhenflügen zu den Niederungen der vorliegenden Gesetzesmaterie zurückkehren und zunächst einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen zum Euro-Steuerumstellungsgesetz einbringen. Der Antrag wurde bereits verteilt. Im Wesentlichen geht es in diesem Antrag um Rundungen, insbesondere sollten gewisse Freibeträge erhöht werden, um durch 12 teilbare Werte zu erhalten. Teilweise handelt es sich nur um Klarstellungen aus der Verwaltungspraxis. Es sollte einfach eine entsprechende gesetzliche Vorsorge getroffen werden. Im § 33 EStG geht es um einen gleichmäßigen Tarifverlauf.

Zum Zweiten möchte ich mich mit dem Euro-Steuerumstellungsgesetz beschäftigen. Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat versprochen, nicht erst im Finanzausschuss, sondern bereits vorher, dass es bei der Umrechnung, bei den Rundungen zu keinen zusätzlichen Belastungen für den Steuerbürger kommen wird, sondern ganz im Gegenteil: Rundungen sollten zugunsten des Steuerpflichtigen ausfallen. Man kann dieses Euro-Steuerumstellungsgesetz so charakterisieren: Kein Körberlgeld für den Finanzminister bei der Euro-Umrechnung.

Bei der Ersetzung von Schillingbeträgen durch Euro-Beträge ist das Finanzressort durchaus fair und damit auch vorbildlich vorgegangen.

Kollege Heindl hat dieses Thema bereits angeschnitten: Durch diese Umstellung wird es nicht zu einer Belastung kommen, sondern ganz im Gegenteil: Steuern und Abgaben werden um etwa 250 bis 300 Millionen Schilling verringert, was im Prinzip nichts anderes darstellt als eine kleine Steuerreform, eine Steuersenkung. Also durchaus kein Körberlgeld für den Finanzminister. Dass Kollege Heindl bereits die Zustimmung seiner Fraktion zu diesem Euro-Steuerumstellungsgesetz angekündigt hat, zeigt, dass das auch von der Opposition so gesehen wird.

Ich würde mir wünschen, dass auch im Bereich der privaten Wirtschaft die Umstellung von Schilling auf Euro nicht dazu benutzt wird, stille Preiserhöhungen durchzuführen. Diesbezügliche Marktbeobachtungen und Preisvergleiche lassen durchaus erwarten, dass sich auch die Wirtschaft in diesem Bereich sehr positiv verhalten wird und dass es, von Ausnahmen abgesehen, in der Regel zu keinen Erhöhungen auf Grund der Euro-Umstellung kommen wird.

Ein paar Worte noch zum Zollrechts-Durchführungsgesetz: Es ist bekannt, dass die Zollverwaltung den Wirtschaftsunternehmen anbietet, auch außerhalb des Zollamtsplatzes und außerhalb der Amtsstunden Verzollungen durchzuführen, so genannte Hausbeschauen. Die dafür bisher verrechneten Gebühren waren nicht mehr kostendeckend. Der Rechnungshof hat mehrfach kritisiert, dass nicht mit kostendeckenden Tarifen gearbeitet wird. Der entstandene Abgang beläuft sich auf etwa 20 Millionen Schilling. Eine entsprechende Novellierung soll nunmehr dafür sorgen, dass wieder kostendeckend gearbeitet werden kann.

In anderer Hinsicht gibt es für die Wirtschaft mit dieser Gesetzesnovelle eine Erleichterung beziehungsweise eine Ermäßigung: Bisher wurde jede angefangene Stunde als volle Stunde verrechnet, nunmehr soll jede angefangene Stunde nur mehr als halbe Stunde verrechnet werden. Auch durch den Ausbau von Zoll-Online, also den Einsatz von EDV, wird es Erleichterungen für die Wirtschaft geben.

Die freiheitliche Fraktion wird selbstverständlich all den vorliegenden Gesetzesnovellen ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der vom Abgeordneten Böhacker vorgestellte Abänderungsantrag hat einen großen Umfang und wurde bereits im Plenum verteilt. Er ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit zur Verhandlung. – Er wird verteilt, er ist noch nicht verteilt worden, aber er wird verteilt werden. Ich bitte, ihn auch entsprechend zur Kenntnis zu nehmen.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001) (590 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (603 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) lautet die Z 1:

"1. In den in Spalte 1 angeführten Rechtsvorschriften treten an die Stelle der in Spalte 2 angeführten Schillingbeträge die jeweils in Spalte 3 angeführten Eurobeträge und an die Stelle der Währungsbezeichnungen "S" und "Schilling" die Währungsbezeichnung "Euro":

Spalte 1
Rechtsvorschrift

Spalte 2
Betrag in Schilling

Spalte 3
Betrag in Euro

§ 1 Abs. 4

96.000

6.975

§ 3 Abs. 1 Z 15 lit. a

4.000

300

§ 3 Abs. 1 Z 15 lit. b

20.000

1.460

§ 3 Abs. 1 Z 15 lit. c

500.000

36.400

§ 13

5.000

400

§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. b

5.280

384

10.560

768

15.840

1.152

§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c

2.880

210

11.520

840

20.160

1.470

28.800

2.100

§ 16 Abs. 3

1.800

132

§ 17 Abs. 2 Z 2

3.000.000

220.000


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71. Sitzung / Seite 199

§ 18 Abs. 1 Z 5

1.000

75

§ 18 Abs. 2

819

60

§ 18 Abs. 3 Z 2

40.000

2.900

20.000

1.460

500.000

36.400

700.000

50.900

§ 24 Abs. 4

100.000

7.300

§ 26 Z 4 lit. b

360

26,40

§ 26 Z 4 lit. c

200

15

§ 26 Z 8

20.000

1.460

§ 27 Abs. 1 Z 7

20.000

1.460

§ 27 Abs. 3 Z 3

200.000

14.600

§ 29 Z 3

3.000

220

§ 30 Abs. 4

6.000

440

§ 33 Abs. 4 Z 1

5.000

364

60.000

4.400

30.000

2.200

§ 33 Abs. 4 Z 2

5.000

364

§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a

700

50,90

§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. b

350

25,50

525

38,20

700

50,90

§ 33 Abs. 5 Z 1

4.000

291

§ 33 Abs. 5 Z 2

750

54

§ 33 Abs. 5 Z 3

750

54

§ 33 Abs. 6

5.500

400

230.000

16.715

300.000

21.802

§ 33 Abs. 8

5.000

364

1.500

110


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71. Sitzung / Seite 200

§ 34 Abs. 4

100.000

7.300

200.000

14.600

500.000

36.400

§ 34 Abs. 8

1.500

110

§ 35 Abs. 


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71. Sitzung / Seite 201

3

996

75

1.332

99

3.324

243

4.020

294

4.992

363

5.964

435

6.960

507

9.984

726

§ 39 Abs. 1

300

22

§ 40

5.000

364

§ 41 Abs. 1 Z 1

10.000

730

§ 41 Abs. 3

10.000

730

§ 41 Abs. 4

23.000

1.680

8.500

620

§ 42 Abs. 1 Z 3

96.000

6.975

120.000

8.720

§ 42 Abs. 2

50.000

3.630

§ 45 Abs. 1

4.000

300

§ 63 Abs. 1 Z 4

1.200

90

§ 63 Abs. 4

12.000

900

§ 67 Abs. 1

8.500

620

23.000

1.680

§ 67 Abs. 8 lit. f

300.000

22.000

§ 68 Abs. 1

4.940

360

§ 68 Abs. 2

590

43

§ 69 Abs. 1

750

55

3.000

220

§ 69 Abs. 2

230

20

§ 69 Abs. 3

230

20

§ 77 Abs. 4

23.000

1.680

8.500

620

§ 104 Abs. 1

2.340

171

§ 105

10.920

801

§ 107 Abs. 3 lit. b

4,50

0,33

§ 107 Abs. 4

4,50

0,33

36

2,62

§ 107 Abs. 5

30

2,18

§ 107 Abs. 6

100.000

7.300

25.000

1.825

8.500

620

§ 107 Abs. 9 Z 1

4,50

0,33

§ 121 Abs. 5 Z 2

200.000

14.600

500.000

36.400

§ 124b Z 31

20.000

1.460"

2. In Artikel I (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird nach der Ziffer 1 folgende Ziffer 1a eingefügt:

"1a. § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c lautet:

"c) Erstattungsbeträge für Kosten im Zusammenhang mit der Unfallheilbehandlung oder mit Rehabilitationsmaßnahmen, weiters einmalige Geldleistungen, soweit nicht Ansprüche auf laufende Zahlungen abgefunden werden, aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, oder aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbstständig Erwerbstätigen""

3. In Artikel I (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) Ziffer 2 tritt an die Stelle des Wertes "14.520" der Wert "14.530 Euro".

4. In Artikel I (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) Ziffer 3 tritt jeweils an die Stelle des Wertes "7 280 Euro" der Wert "7 270 Euro".

5. In Artikel I (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird nach der Ziffer 10 folgende Ziffer 10a eingefügt:


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71. Sitzung / Seite 202

"10a. In § 124b Z.48 wird der Ausdruck "§ 3 Abs. 1 Z. 4," durch folgenden Ausdruck ersetzt:

"§ 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2001 sowie""

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend:  Nächster  Redner  ist  Herr  Abgeordneter  Ing. Maderthaner. – Bitte.

19.48

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen im Haus! Eine wichtige Maßnahme zur Weiterentwicklung des gemeinsamen Europa steht nun vor der konkreten Umsetzung: die Verwendung des Euro als tägliches Zahlungsmittel. Dazu ist es natürlich notwendig, die entsprechenden Begleitmaßnahmen zu setzen und ihnen auch die legistische Grundlage zu geben. Dazu gehört auch die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001. Das heißt, der 31. Dezember, an dem die Kreditinstitute auf Grund des großen Arbeitsanfalles durch die Einführung des neuen Zahlungsmittels geschlossen haben werden, wird hinsichtlich der Zahlungsfristen mit Samstagen, Sonntagen, Feiertagen und Karfreitag gleichgestellt. Das ist gut so, denn für alle Österreicher, gerade auch für die Betriebe, entsteht durch diese Währungsumstellung ein erheblicher Arbeits-Mehraufwand.

Meine Damen und Herren! Diese kurzfristige Mehr- oder Überbelastung kann aber sehr gerne in Kauf genommen werden, so meine ich, wenn wir die positiven Auswirkungen dieser Einführung einer gemeinsamen Europawährung auch als tägliches Zahlungsmittel näher betrachten.

Meine Damen und Herren! Die EU ist eine einzige Erfolgsstory, so würde ich sagen, wenn wir ihre Entwicklung seit der Gründung betrachten. Sie ist sowohl eine Erfolgsstory aus persönlicher Sicht – der Besuch anderer Länder oder anderer Städte ist heute so problemlos, wie wenn Sie von Wien nach Salzburg fahren oder von Wien nach Innsbruck fliegen, aber beim Geldwechseln fängt es schon an. Ich habe das erst vorige Woche wieder in Frankreich festgestellt: Sie können zwar problemlos einreisen und durch jede Zollstelle durchmarschieren, aber wenn Sie Geld wechseln wollen, gibt es schon Probleme, im Hotel gibt es damit Schwierigkeiten und so weiter; das fällt alles weg. Sie ist aber auch eine Erfolgsstory aus wirtschaftlicher Sicht – wenn wir das in den letzten Jahren betrachten, so sehen wir, dass die Exporttätigkeit wesentlich gesteigert wurde, vor allem natürlich der Export in die EU-Länder –, und die EU ist auch eine Erfolgsstory, wenn Sie sie als friedensstiftende Maßnahme betrachten, und hier ganz besonders.

Weil der Erfolg zu sehen und auch zu spüren ist, muss aber auch alles getan werden, diese Europäische Integration zu stärken und weiterzuentwickeln. Und diese Gemeinschaftswährung leistet einen wesentlichen Beitrag zu dieser Weiterentwicklung, wie ich meine.

Es stehen noch große Aufgaben vor uns, daher ist es wichtig, jede gemeinschaftsfördernde Maßnahme zu ergreifen, um diese großen Aufgaben auch zu bewältigen, und die größte dieser Aufgaben, die wir in der Zukunft zu bewältigen haben, ist sicherlich die Vollintegration der mittel- und osteuropäischen Länder. Wir haben alles zu tun – mit entsprechender Vorbereitung natürlich –, dass West- und Osteuropa zusammengeführt werden, weil der Wettbewerb der Zukunft, meine Damen und Herren – und das interessiert natürlich insbesondere die Wirtschaft, und die Wirtschaft sind wir alle –, stattfinden wird zwischen Europa und Amerika und zwischen Europa und Asien. Und dazu, so glaube ich, brauchen wir das ganze gemeinsame Europa: Osten und Westen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir werden alles tun müssen, um gut zusammenzuarbeiten, die Stärken jedes Landes nutzend, und wir werden auch alles tun müssen, um einander nicht nur mit dem Herzen zu verstehen, sondern um uns auch, wenn möglich, in einer gemeinsamen Sprache zu verständigen.

Meine Damen und Herren! Das wird auch eine große Herausforderung und eine große Aufgabe werden, aber ich könnte mir gut vorstellen – und wir werden darum sicher nicht herumkommen in der Zukunft –, in allen Ländern Europas schon in der Volksschule oder schon im Kindergarten


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71. Sitzung / Seite 203

neben der eigenen Landessprache auch Englisch zu lehren. Ich glaube – das sage ich hier durchaus in vollem Bewusstsein dessen, was das bedeutet, aber auch aus der Erfahrung eines, der in vielen Ländern herumgekommen ist –, das wäre durchaus ein großer Vorteil für die Festigung dieses gemeinsamen Europas. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich wünsche uns allen Verständnis dafür und auch den Mut, dies zu tun und über den eigenen Schatten zu springen.

Meine Damen und Herren! Da ich mit Ende Juni mein Mandat zurücklegen werde, ist dies auch meine letzte Rede als Abgeordneter in diesem Haus. Sie gestatten mir daher, auch dazu ein paar Worte zu sagen. Ich bin nun fast auf den Tag genau 22 Jahre in diesem Haus tätig: 10 Jahre im Bundesrat und 12 Jahre im Nationalrat; in 12 Tagen werden es genau 22 Jahre sein.

Es ist ein interessanter und spannender Lebensabschnitt gewesen, den ich nicht missen möchte. Die Arbeit in diesem Haus ist immer und war für mich auch immer eine Herausforderung. Sie war nicht immer ganz befriedigend. Sagen wir das auch sehr deutlich und klar. Es ist in diesem langen Zeitraum von 22 Jahren viel geschehen. Es wurde eine Reihe von wichtigen Beschlüssen gefasst, wichtige Gesetzesbeschlüsse für die Wirtschaft, die den Betrieben insgesamt, also Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Positives gebracht haben, die sie auch in die Lage versetzt haben, sich kräftig und tüchtig weiterzuentwickeln und in der heimischen wie auch in der Exportwirtschaft zu zeigen, was Qualitätsprodukte sind. Die österreichischen Qualitätsprodukte – das kann ich durchaus sagen – kommen sowohl als Waren als auch als Dienstleistung im Ausland wirklich sehr gut an, und darüber sollten wir uns auch freuen.

Meine Damen und Herren! Dass der Export sich gerade in den letzten zehn Jahren besonders erfolgreich entwickelt hat, freut mich ganz besonders, weil ich dafür mitverantwortlich war. Und ich bin auch durchaus ein bisschen stolz, wenn ich sagen kann: 1990 hatten wir ein Volumen von 470 Milliarden Schilling im Export zu verzeichnen und nun, im Jahr 2000, etwa 950 Milliarden Schilling, also in etwa eine Verdoppelung des Gesamtexportvolumens. Und das ist sehr erfreulich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Heindl. )

Ich freue mich auch sehr, dass ich gerade den Beitritt zur Europäischen Union in entscheidenden Phasen unterstützen und vorantreiben konnte und damit, so glaube ich, auch einen positiven Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung Österreichs und der österreichischen Wirtschaft leisten konnte.

Ich freue mich auch, dass ich als Politiker manchen Menschen in wichtigen Anliegen helfen und so manches Leid lindern konnte.

Wie ich schon eingangs gesagt habe, ist manches auch nicht befriedigend gewesen. So darf ich wohl sagen, dass ich so manches mitbeschlossen habe, was nicht ganz im eigenen Sinn war – es geht uns wahrscheinlich allen manchmal so, keine Frage –, und dass ich zum Beispiel hinsichtlich der Absenkung der Lohnnebenkosten – auch ein Spezialkapitel von mir – trotz Bemühens noch immer keinen besonderen Erfolg feststellen kann. Daran werden Sie oder werden alle, die das irgendwie beeinflussen können, noch arbeiten müssen.

Was mich auch etwas traurig stimmt, meine Damen und Herren, wenn ich so Bilanz ziehe, ist, dass ich manchen Menschen in ihren Sorgen oder in ihren Anliegen eben nicht helfen konnte – aus verschiedenen Gründen.

Jedenfalls möchte ich die Gelegenheit nutzen, allen zu danken in diesem Haus, allen Mitarbeitern dieses Hauses, vom Erdgeschoss bis zum zweiten Stock, die mich in verschiedenen Situationen helfend unterstützt haben. Herzlichen Dank! Ich werde dies nie vergessen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte auch allen Kollegen danken, die gut mit mir zusammengearbeitet haben. Es haben sich daraus auch sehr gute Freundschaften entwickelt.


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71. Sitzung / Seite 204

Bei einer solchen letzten Rede darf man wohl auch Wünsche äußern. Ich habe nicht sehr viele, aber ein paar würde ich ganz gerne anbringen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn es für jeden, der an der Gesetzesmaschinerie mitarbeitet, für alle, die Gesetze vorbereiten, Prämien gäbe, wenn zwei relativ unverständliche Gesetze in einem, das leicht verständlich ist, vereint werden könnten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn man da Prämien bezahlen würde, wäre das sicherlich ein Ansporn und ein echter Dienst am Bürger.

Mein zweiter Wunsch: Meine Damen und Herren! Liebe Freunde! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen, die Sie weiter in diesem Hause arbeiten, viel Freude in Ihrer Tätigkeit im Hohen Haus und viel Erfolg in Ihrer Arbeit, die getragen sein soll von gegenseitiger Achtung – ich sage das ganz bewusst –, um auch der Jugend ein gutes Vorbild zu geben, und die vor allem auch getragen sein soll von einem hohen Maß an Verantwortung für unser schönes Österreich. – Danke. (Allgemeiner anhaltender Beifall. – Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen, einige gehen zu Abgeordnetem Ing. Maderthaner und reichen ihm die Hand.)

19.59


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71. Sitzung / Seite 205

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich dem nächsten Redner, nämlich dem Abgeordneten Kurt Eder, zu einer tatsächlichen Berichtigung das Wort erteile, erlauben Sie mir, dass ich auch vom Vorsitz aus noch einige persönliche Worte zu Leo Maderthaner sage.

Lieber Leo Maderthaner! Du warst und bist nicht nur einer der herausragenden Parlamentarier durch deine mehr als zwanzig Jahre dauernde Tätigkeit in diesem Hause, sondern du bist durch Jahre hindurch das Sinnbild für Wirtschaft und auch für die soziale Partnerschaft für uns gewesen. Du selbst warst einer, der sich nicht nur für die ihm anvertraute Interessenvertretung eingesetzt hat, sondern der auch den Ruf Österreichs persönlich in die Welt hinausgetragen hat, und wir alle wissen, dass wir einen guten Teil der österreichischen Exporterfolge auch deinem Wirken zuzuschreiben haben.

Wir wissen aber auch deine Tätigkeit beim Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und auch bei der Teilnahme Österreichs an einer gemeinsamen europäischen Währung zu würdigen. Wir danken dir dafür und wünschen dir auf deinem zukünftigen Lebensweg alles Gute!

Du hast in deiner letzten Rede hier an diesem Platz das Wort "das ganze Gemeinsame" gebraucht, und du hast es immer so gehalten, gemeinsam das Ganze zu sehen und das Ganze auch gemeinsam durchzuführen.

In diesem Sinne wünschen wir dir alles Gute, und du wirst in vielen Belangen für uns weiterhin ein Modell und Vorbild sein. (Allgemeiner Beifall.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Kurt Eder gemeldet. – Bitte.

20.01

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Maderthaner hat in seiner Rede gemeint, dass er in seinen 22 Jahren parlamentarischer Arbeit eine gute Arbeit geleistet hätte, und ich möchte feststellen, dass das nur bedingt richtig ist.

Ich möchte hier feststellen: Kollege Maderthaner hat in diesen 22 Jahren eine sehr gute Arbeit geleistet (Beifall bei SPÖ, Freiheitlichen und ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), und ich darf ihm auch namens meiner Fraktion allerherzlichst gratulieren. Ich danke für seine letzte Rede. Ich hoffe, wir bleiben Freunde, und ich wünsche ihm Gesundheit und hoffe auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, Freiheitlichen und ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

20.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzter Kollege Maderthaner! Sie haben mir das Glück beschieden, und zwar das überraschende Glück, bei einem Konglomerat von an sich eher faden Tagesordnungspunkten doch zu zwei Dingen Stellung zu nehmen, die auch für die grüne Fraktion wichtig sind.

Zum einen haben Sie Ihren Redebeitrag zum eigentlichen Tagesordnungspunkt so gestaltet, dass Sie zu Recht darauf hingewiesen haben, dass wir jetzt ein Gesetzeswerk vor uns liegen haben, das zwar rein technisch um die Kurve kommt, das aber in Wirklichkeit eines der wichtigen und großen Umstellungswerke und eines der wenigen Dinge ist, die sich hier im Haus im Jahr 2001 anlässlich der Euro-Einführung sozusagen überhaupt anbieten. Kollege Maderthaner hat die Chance genutzt und ein paar europa- und wirtschaftspolitische Worte gesprochen. Ich finde das sehr in Ordnung, und ich möchte dann noch kurz darauf Bezug nehmen.

Anlässlich der immer schwierigen Situation, jemanden zu verabschieden, mit dem man aus der Geschichte heraus eigentlich einen sehr kritischen Umgang gepflegt hat, will ich nur zwei Dinge anmerken, nämlich die Rolle der Sozialpartnerschaft und das Wirken des Einzelnen hier im Haus.

Die Rolle der Sozialpartnerschaft ist aus der Tradition der Grünen heraus natürlich sehr ambivalent zu sehen, was die Auseinandersetzungen der achtziger Jahre betrifft – das ist richtig –, andererseits sind, was die Fragestellung der konkordanz-demokratischen Mittel betrifft, diese dort, wo sie ihre Vorteile bieten, auch von den Grünen nicht nur abgelehnt worden. Es gibt gewisse Vorteile des Verhandelns, und jetzt ist die Frage – ich spanne den Bogen zur Gegenwart –, was sozusagen von den Vor- und Nachteilen einer Konkordanz-Demokratie relativ rasch beiseite geschoben wird. Insofern kann ich auch bei dem Lob für Ihre Tätigkeit aus der Vergangenheit etwas Kritisches in die Gegenwart mitnehmen und habe sozusagen beide Rollen, die ich hier zu erfüllen habe, erfüllt. Aber ich meine das durchaus ehrlich.

Das Zweite in diesem Zusammenhang: Es ist für uns bis zum Schluss nicht so eindeutig geblieben, inwieweit Interessenvertreter im Parlament sitzen oder einfach nur – salopp formuliert; Sie entschuldigen das und nehmen das zur Kenntnis – draußen bleiben sollen. Ich bin da nicht ganz zu einer einhelligen Meinung gelangt. Es hat nämlich schon auch gewisse Vorteile, wenn durch die Interessenvertretung sozusagen eine Art von kultiviertem Lobbyismus – in Teilen, nicht in quantitativ dominierenden Teilen – auch hier im Haus stattfindet.

Dazu haben Sie sicher Ihren Beitrag geleistet, und insofern darf ich jetzt noch dem Parlamentarier Maderthaner auch von Seiten der Grünen für die Zukunft alles Gute wünschen. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Bleibt das eigentliche Thema, das Sie angesprochen haben – ich werde nicht zu lange sprechen, denn es ist schon 20 Uhr –: die Frage der Euro-Einführung und auch der Osterweiterung aus wirtschaftlicher Sicht.

Zur Euro-Einführung: Sie wissen, die Grünen waren der Sache gegenüber relativ skeptisch. Ich stehe auch im Nachhinein dazu, dass das Vor- und Nachteile hat. Die Nachteile vom einheitlichen Wirtschafts- und Währungsraum waren auch bekannt. Es ist dies der Verlust einer eigenständigen Geldpolitik und so weiter und so fort, es sind dies die Benachteiligungen von Ländern – nicht von Österreich –, die mit den Konvergenzkriterien vielleicht noch nicht so weit sind, namentlich eher im Süden Europas, sodass zumindest in der wirtschaftspolitischen Beratung die Lage Mitte der neunziger Jahre – das muss man ja heute reflektieren – nicht so eindeutig war. Auch viele bürgerliche Ökonomen, bei denen ich in den achtziger Jahren noch studieren durfte, haben das Projekt sehr skeptisch betrachtet. Die Grünen haben einiges von dieser Skepsis übernommen, aber auch Vorteile erkannt.


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Ich stehe nicht an, im Nachhinein anzuerkennen, dass eine Währungsunion, dieser große Wurf, wenn überhaupt, nur dann gelingen kann, wenn man sie zum politischen Projekt erhebt. Ich glaube, sie ist überhaupt zum politischen Projekt gemacht worden, weil es eines gebraucht hat in Europa, aber ich habe jetzt jedenfalls schon die Einsicht gewonnen, dass das ewige Zuwarten darauf, bis alle Konvergenzkriterien genau passen, bis alle Politiklinien im wirtschaftspolitischen Design – die Finanzpolitik, die Budgetdefizite et cetera – völlig harmonisiert sind, möglicherweise ein Warten auf Godot ist.

Insofern ist es tatsächlich – im Nachhinein anerkannt; ein paar grüne Stimmen hat es auch damals schon gegeben – ein großer politischer Wurf gewesen, und ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass so ein Projekt gar nicht anders eingeführt werden kann. Dieses sei hier vermerkt.

Trotzdem spüren wir auch einige Nachteile der Währungsunion, aber die wollen wir heute nicht ausdrücklich bejammern. Faktum ist, dass es damals nicht nur Gescheite und nur Blöde gegeben hat, sondern das war ein klassisches Abwägen von Für und Wider, und es haben ziemlich viele vernünftige Argumente Platz gegriffen.

Was die Osterweiterung und die wirtschaftspolitische Ausrichtung und Linie dieser Bundesregierung betrifft, bin ich mir nicht so sicher, wie schnell ein tatsächlich brauchbarer einheitlicher Kurs gefahren werden wird, und ich darf hinsichtlich des vorhin breit Ausgeführten hier feststellen, dass die Grünen da eigentlich schon wesentlich weiter sind, weil sie zwar die Möglichkeit und die Sinnhaftigkeit der Implementierung von Übergangsfristen anerkennen, aber dass diese möglicherweise akkurat und definitiv und genau bei sieben Jahren festgeschrieben werden sollen, halte ich für ein bisschen überzogen.

Es wäre vielleicht noch eine andere Möglichkeit festzuhalten: dass es auch gewisse bilaterale Möglichkeiten gibt und der Beitrittsvertrag der Ostländer diese bilateralen Möglichkeiten einräumt. Dann könnten noch einmal spezifische Übergangsfristen vereinbart werden; das wäre schon ein wesentlicher Schritt. Ich weiß, dass manche Verhandlungen auch in diese Richtung gehen. Allerdings muss man skeptisch sein, wenn man das andererseits mit den wirtschaftspolitischen Vorhaben der "F" vergleicht, die auf Grund von familien- und migrationspolitischen – wie soll ich sagen? – Erkenntnissen oder dem Verteidigen ihrer eigenen Linie eigentlich einen schwer wirtschaftsschädlichen Kurs fährt. Ich halte das für einen großen Schaden, wenn die Regierung sich nicht löst von dem, was bestimmte Teile der FPÖ vorgeben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker  – auf das rote Licht am Rednerpult zeigend –: Redezeit!) Die Zeit ist freiwillig. Kollege Böhacker, Sie sollten sich das noch genau anhören.

Es ist einfach nicht zu dulden, weder unter dem Aspekt der Menschenfreundlichkeit noch unter dem der Menschenrechte, aber jedenfalls auch nicht aus wirtschaftspolitischen Gründen, dass hier derart restriktiv vorgegangen wird. Da hätte ich mir gerade in den letzten Tagen eine andere Linie und ein anderes Durchsetzungsvermögen der ÖVP erwartet.

Dies zu dem vom Kollegen Maderthaner aufgeworfenen Thema. Ich will es dabei bewenden lassen. Die anderen Tagesordnungspunkte finden ja unsere Zustimmung. Das muss man nicht mehr weiter erläutern, da ja schon so viele gescheite Reden dazu gehalten worden sind. (Abg. Böhacker: Meinen Sie mich damit?)  – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sodian. – Bitte.

20.11

Abgeordneter Andreas Sodian (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Kollege Maderthaner! Ich darf dir als doch noch junger Abgeordneter im Namen der Freiheitlichen Partei recht, recht herzlich für deine außergewöhnliche und wirklich engagierte Arbeit in diesem Haus danken. Ich als junger Abgeordneter, der dich in den letzten eineinhalb Jahren kennen und schätzen gelernt hat, der dein Wirken aber schon in jahrzehntelanger medialer Präsenz verfolgt hat, möchte dir nochmals herzlich dafür danken und dir alles Gute für die nächsten Jahrzehnte und für deinen weiteren Werdegang wünschen. Ich danke dir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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71. Sitzung / Seite 207

Nun ein paar Worte zum Produktpirateriegesetz, meine Damen und Herren: Weltweit ist eine immense Zunahme von schwerwiegenden Delikten durch Produktpiraterie und Produktfälschung zu verzeichnen. Ganze Industriezweige mancher Länder beschäftigen sich nur mit der Herstellung von Billigkopien.

So hat sich die Zahl der beschlagnahmten Waren in den letzten sechs Jahren fast verzehnfacht. In den ersten drei Quartalen 2000 wurden in Österreich von den Zollämtern 274 Aufgriffe getätigt und 235 000 Stück nachgeahmte Waren beschlagnahmt. Bei der überwiegenden Anzahl der Fälle handelt es sich um Bekleidung und Accessoires. Immer häufiger werden Uhren und Schmuckgegenstände und mit steigender Tendenz CDs, Computersoftware sowie Parfümeriewaren und Kosmetika beschlagnahmt. Den höchsten Zuwachs in den letzten Jahren gab es im Bereich der Autozulieferindustrie, ja selbst vor der Fälschung der Potenzpille Viagra wird nicht Halt gemacht.

Zu den häufigsten Herkunftsländern von gefälschten Produkten, meine Damen und Herren, sind Hongkong, China, die Ukraine und Thailand zu zählen. Nach Studien der OECD und der internationalen Handelskammer beträgt der weltweite Schaden durch Produktpiraterie 250 Billionen j im Jahr.

Erleichterungen soll hier das neue Produktpirateriegesetz bringen, welches die EU-Verordnung aus dem Jahr 1995 ergänzt. Diese Regelung legt für die Zollverwaltung Maßnahmen fest und schafft ein Instrumentarium, das den Zollbehörden erlaubt, schutzrechtsverletzende Waren möglichst frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Dieses abgekürzte Verfahren hat den Vorteil, dass damit die Gerichte entlastet werden. Die Republik Österreich hat hier auf Kosten des Rechtsinhabers nur noch für die Vernichtung der Waren zu sorgen und kann sie mit dessen Erlaubnis karitativen Zwecken zuführen.

Die Produktpiraterie hat besonders negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und auf den fairen Wettbewerb. Der finanzielle Verlust, der den Unternehmen durch Fälschung entsteht, führt zwangsläufig zu Einsparungen, wodurch nicht zuletzt auch in Österreich Arbeitsplätze verloren gehen. Die Produktpiraterie hat in Europa bereits mehr als 200 000 Arbeitsplätze gekostet, ganz zu schweigen von den entgangenen Steuereinnahmen für den Staat.

In Zusammenarbeit mit der österreichischen Zollverwaltung als Partner der Wirtschaft im Kampf gegen die Produktpiraterie wird damit zur Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Österreich beigetragen und für die Unternehmen der finanzielle Verlust durch Fälschungen erheblich verringert.

Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren, dieser Vorlage die Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

20.15

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme dem Kollegen Kogler zu, dass es eigentlich ein glücklicher Zufall ist, dass heute die Abschiedsrede des Präsidenten Leo Maderthaner in die Diskussion hineingefallen ist, denn wir sind es an sich gewohnt, gleichsam routinemäßig und gar nicht mit heller Aufmerksamkeit eine Fülle von Euro-Anpassungsgesetzen zu beschließen, wobei wir uns vielleicht gar nicht bewusst sind, welch historischen Quantensprung die Einführung des Euros im Rahmen der Europäischen Integration bedeutet.

Da möchte ich auch ein Wort zu dir, lieber Leo Maderthaner, sagen. Ich glaube, es war ein erhebendes Gefühl, zu sehen, wie hier spontan, aus einer emotional positiven Grundstimmung heraus, die Wertschätzung aller Fraktionen zum Ausdruck gekommen ist. Ich glaube, wir haben alle gespürt, dass heute eine große politische Persönlichkeit von der Bühne des Hohen Hauses Abschied nimmt. Aber alle Freunde, die dich genau kennen, wissen, dass das nur ein formaler Abschied ist. Du wirst deine Eigenschaften, die dich als Politiker prädestinieren, nämlich auf die


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71. Sitzung / Seite 208

Menschen zugehen zu können, die Menschen gern zu haben, immer dort zu helfen, wo Hilfe notwendig ist, nicht ablegen, du kannst diese Eigenschaften gar nicht ablegen. Insofern wirst du immer einer von uns bleiben, auch ohne formale Zugehörigkeit zu diesem Hohen Haus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn ich gesagt habe, es ist eigentlich gut, dass wir uns zumindest in diesem Augenblick der Abschiedsrede des Kollegen Maderthaner bewusst wurden, welcher Quantensprung in der Europäischen Integration die Einführung des Euro ist, so zitiere ich in diesem Zusammenhang gerne, was kluge Leute schon – fast unvorstellbar! – vor einem halben Jahrhundert gesagt haben. So hat zum Beispiel Jacques Rueff, der Berater von Charles de Gaulle in Wirtschaftsfragen, schon in den fünfziger Jahren gesagt: Es wird ein gemeinsames Europa geben als Währungsunion oder gar nicht.

Das zeigt: Es geht hier nicht um währungstechnische Fragen, sondern es geht um eine eminent politische Frage. Die europäische Idee war immer eine Friedensidee, und Friedensidee heißt: Wir brauchen ein solides Wirtschaftsfundament. Das ist durch den Binnenmarkt gegeben. Aber jedem muss klar sein: Binnenmarkt ohne gemeinsame Währung ist ein Torso, ist ein Fragment. Was soll ein Binnenmarkt, in dem es möglich ist, dass einzelne Länder dieses Binnenmarktes – und das ist in der Vergangenheit geschehen – über Nacht aus kompetitiven Gründen ihre Währungen abwerten, sodass die Betriebe dann plötzlich dastehen, und die Lira, die Schwedenkrone ist über Nacht um 10 oder 15 Prozent weniger wert? Erst die gemeinsame Währung ist gerade für ein kleines exportorientiertes Land – jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich ist irgendwie vom Export abhängig – eine unglaubliche politische Notwendigkeit.

Dass du, lieber Leo Maderthaner, dazu auch einen Beitrag geleistet hast, ist dir hoch anzurechnen. Ich behaupte, jetzt ist es eine Herausforderung an uns alle. Bitte, seien wir uns dessen bewusst: In neun Monaten gibt es den Schilling als gesetzliches Zahlungsmittel nicht mehr, weil am 28. Februar 2002 die Geschichte des Schillings endet. Ich glaube, da sind wir alle als politische Entscheidungsträger unglaublich gefordert, unseren Bürgern zu erklären, dass das keine Währungsreform, sondern eine Währungsumstellung ist. Da sind wir, glaube ich, gefordert, und ich halte das, Herr Kollege Kogler, seit unserem Bemühen um den EU-Beitritt für die größte kommunikative Herausforderung, die wir haben, auch als Abgeordnete hier haben, weil es ja darum geht, dass wir letztlich die politische Akzeptanz unserer Bürger und Bürgerinnen für diese neue Währung brauchen. Das ist gerade bei uns, aber auch in Deutschland eine gewaltige Herausforderung, denn für die Deutschen war halt seit Ende des Zweiten Weltkrieges die D-Mark das Symbol für Stabilität, bei uns war der Schilling das Symbol für wirtschaftliche Stabilität.

Dass wir hier eine gewaltige Herausforderung vor uns haben, darauf wollte ich in meinem Diskussionsbeitrag hinweisen. Es geht nicht nur um die Beschlussfassung technischer Anpassungsgesetze, sondern es geht um eine kommunikative Herausforderung für uns Parlamentarier, und ich freue mich, dass wir in diesen Fragen einen breiten Konsens haben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. – Bitte.

20.19

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 in Berlin unter anderem festgehalten, dass das System der Eigenmittel der EU gerecht, transparent, kostenwirksam und auf Kriterien gestützt sein soll, die der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten bestmöglich Rechnung tragen, wobei auf strikte Haushaltsdisziplin zu achten sei. Dass einige Änderungen bezüglich des bisher gültigen Eigenmittelbeschlusses vorgenommen wurden, bedarf der Annahme dieser neuen Regelung durch die Mitgliedstaaten und somit auch der Genehmigung durch den Nationalrat.

Prinzipiell ist festzuhalten, dass sich die EU nicht verschulden kann. Die Begründung lautet dahin gehend, dass zuerst die Ausgaben festgelegt werden, und daraus resultiert dann die Höhe der Einnahmen. Die ersten Regelungen bezüglich der Eigenmittelvorschriften stammen aus dem


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71. Sitzung / Seite 209

Jahre 1970. Sie sahen Agrarabschöpfungen, Zölle und eine an der Mehrwertsteuer orientierte Finanzierungsquelle vor. Dieses System gelangte erst ab 1980 zur vollständigen Anwendung, eine Weiterentwicklung gab es jeweils in den Jahren 1985, 1988 und 1994. Der Eigenmittelbeschluss 1994 ist die Grundlage des derzeit noch geltenden Eigenmittelsystems, das nun durch den Beschluss vom September 2000 abgelöst werden soll.

Folgende Einnahmen stellen den Haushaltsplan der EU dar: Erstens sind das die traditionellen Mittel, die Agrarzölle. Diese stellen einen Ausgleich zwischen den Weltmarktpreisen und den EU-Marktpreisen dar. Wie hinlänglich bekannt ist, sind die EU-Agrarpreise gestützt und deshalb höher als die Weltmarktpreise. Zweitens sind es die Zölle für Importe aus den Drittländern. Weiters gibt es im Zuckerbereich eine Produktions- und Lagerabgabe, die von den Zuckerfabriken bezahlt wird. Die geltende 10-prozentige Einhebungsvergütung für diese traditionellen Eigenmittel wird nun rückwirkend mit 1. Jänner 2001 auf 25 Prozent angehoben.

Zweitens betrifft es die Mehrwertsteuer. Jedes Mitgliedsland errechnet sich eine Mehrwertsteuerbasis; von dieser Grundlage wurde bisher 1 Prozent abgeführt. Dieser Prozentsatz wurde nun zugunsten der EU-Länder auf 0,75 Prozent für die Jahre 2002 und 2003 sowie weiter auf 0,5 Prozent ab dem Jahr 2004 gesenkt. Die Begründung für diese Senkung lautet dahin gehend, dass die Abgabenberechnung bezüglich des Mehrwertsteuersystems als nicht ganz gerecht angesehen wird. Die ärmeren Mitgliedsländer profitieren nun von dieser Abschwächung.

Es wird dann noch das Bruttosozialprodukt herangezogen. Das ist die Grundlage für eine weitere Eigenmittelberechnung.

Zusammenfassend erlaube ich mir die Feststellung, dass die beiden Änderungen – Erhöhungen der Rückhalte bei den traditionellen Mitteln von 10 auf 25 Prozent und die Senkung der Mehrwertsteuerbasis-Berechnung von derzeit 1 Prozent auf 0,75 und in weiterer Folge 0,5 Prozent – unserem Staat Vorteile bringen.

Einen noch größeren Vorteil für Österreich bringt die Änderung beim – einfach ausgedrückt – England-Rabatt mit sich. Diese Sonderregelung für das Vereinigte Königreich stammt aus dem Jahre 1985. Auf Grund der Tatsache, dass Großbritannien einen großen Nettozahler darstellte, der fast keine Rückflüsse aus der EU zu verzeichnen hatte, wurde damals der England-Rabatt ausgehandelt. Dieses Land bekommt von einem Teil der Nettozahlungen zwei Drittel zurück. 2001 betrugen diese Rückvergütungen sage und schreibe 5,2 Milliarden Euro.

Diese Rückvergütung fehlt natürlich im EU-Budget und den anderen 14 Mitgliedstaaten, wobei Deutschland nur zwei Drittel seines eigenen Anteils trägt. Durch ein sehr geschicktes Verhandlungsmandat unserer Vertreter in der EU, die unter der Leitung von Frau Mag. Peter standen, kann nun ein für Österreich sehr gutes Ergebnis präsentiert werden. Die Länder Österreich, Deutschland, Schweden und Niederlande werden vom 1. Jänner 2002 an nur noch 25 Prozent der bisherigen Zahlungen zu leisten brauchen. Auf die nächsten vier Jahre hochgerechnet sind das einige Milliarden Schilling.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Der Finanzausschuss hat diese Regierungsvorlage in seiner Sitzung vom 16. Mai 2001 in Verhandlung genommen. Er hat einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses des gegenständlichen Staatsvertrages zu empfehlen. Ich ersuche Sie nun, dieser Regierungsvorlage die Genehmigung zu erteilen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. – Bitte.

20.24

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn von der Einführung des Euro gesprochen wird, dann wird immer wieder von einer zunehmenden Dynamik in der Wirtschaft gesprochen. Mir fehlt aber dabei ein Aspekt oder eine Betrachtungsweise. Ich glaube


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71. Sitzung / Seite 210

nämlich, dass durch die Einführung des Euro auch eine ganz eminente politische Dynamik innerhalb der EU-Länder herbeigeführt wird.

Wenn ich Sie jetzt frage: Sind 20 000 italienische Lire an Familienbeihilfe viel, oder sind 1 000 Schwedische Kronen an Familienbeihilfe wenig?, dann werden Sie mir aus dem Stand heraus sicherlich keine Antwort geben können. Stellen Sie sich vor, ab 1. Jänner des nächsten Jahres werden alle diese Leistungen vergleichbar sein! Es ist geradezu erstaunlich, dass dies bisher nicht stärker bemängelt wurde, denn wir haben in vielen anderen Bereichen – etwa durch metrische Maße – selbstverständlich Vergleiche, wenn es um Mengen und um Qualitäten geht, wir haben aber keine Vergleiche, wenn es um staatliche Leistungen geht. Das ist sicherlich ein Aspekt, der eine gewaltige Dynamik in die Politik der EU-Länder hineinbringen wird; davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte eigentlich zu einer anderen Sache Stellung nehmen, nämlich zur 4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle. Diese Novelle bringt die Verzollung näher zum Kunden. Ohne Zweifel ist sie zum Teil mit höheren Kosten verbunden, wobei ich glaube, dass diese Kostenanpassung zum Teil eine Anpassung der Verwaltungskosten an die tatsächlichen Kosten ist.

Im Großen und Ganzen aber glaube ich, dass gerade diese Novelle zeigt, dass die Regierung bereit ist, die Verwaltungsreform anzugehen. Ich bin mir dessen bewusst, dass dieser Reformschritt ein Schrittchen ist und dass noch mehr kommen muss, beispielsweise in Richtung einer eigenen Rechtsmittelbehörde. Das wäre sicherlich eine wesentliche Reformleistung. Ich bin überzeugt davon, dass diese Reformleistung auf Grund der Bemühungen dieser Regierung auch in nächster Zeit zustande gebracht werden wird.

Ich hoffe aber, dass die Oppositionsparteien, wenn es um Reformentscheidungen geht, nicht einfach Haltung dagegen einnehmen werden, sondern dass sie in der Lage sein werden zu erkennen, dass jedwede Reform – und sei sie noch so lange ersonnen, noch so lange diskutiert – sich erst in der Praxis zu bewähren hat. Deshalb bitte ich auch darum, ein Reformwerk erst dann zu messen, wenn es sich in der Praxis bewährt hat.

Ich glaube, dass viele Kritikpunkte, die jetzt schon im Voraus für große Reformschritte gesetzt worden sind, nicht gerechtfertigt sind, weil es sich in der Praxis erweisen wird, dass die Bevölkerung mit diesen Reformen gut leben kann und sie auch ganz gut akzeptieren wird. Ich denke da etwa an das Kinderbetreuungsgeld. Dies wird ein familienpolitischer Reformschritt sein, der sehr viel von all dem, was hier an Kritik angebracht worden ist, ad absurdum führen wird. (Abg. Edler: ... vereinnahmen!) Ich bin überzeugt davon, dass es eine Maßnahme ist, die auch der Bevölkerung zeigen wird, wie kräftig zu agieren diese Regierung bereit ist. (Beifall bei der ÖVP.)

20.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Abg. Edler  – in Richtung des Abg. Mag. Mühlbachler –: Der Wiener sagt, das war der Einser-Schmäh!)

20.29

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man könnte zwar unter dem Motto "Es ist zwar schon alles gesagt, nur nicht von mir" die Rede bereits wieder beenden, weil tatsächlich sehr viel Richtiges gesagt wurde. (Abg. Mag. Schweitzer  – demonstrativen Beifall spendend –: Ja!) Ich möchte nur einen Aspekt noch verstärken, auf den Kollege Stummvoll hingewiesen hat, nämlich die Information zur Euro-Umstellung.

Meine Damen und Herren! Achtzigjährige in Österreich haben eine derartige Währungsumstellung bereits mehrmals hinter sich. Sie wissen, dass 1924 der Schilling eingeführt wurde; bis dahin hatten wir die Krone. 1938 kam die Reichsmark, 1945 wieder der Schilling, und mit 1. Jänner des nächsten Jahres kommt der Euro. Ich möchte mich bei der Bundesregierung und beim Finanzministerium ausdrücklich bedanken für die positiven Unterlagen, die es gibt. Diese sind


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71. Sitzung / Seite 211

überschaubar, sehr wertvoll, klar und verständlich abgefasst, sie erleichtern den österreichischen Staatsbürgern die Handhabung mit dem neuen Geld.

Meine Damen und Herren! Einen kleinen Schmerz empfinde ich dabei, dass die kleinste Banknote 5 Euro beträgt. Vielleicht wird es in den europäischen Zentralen irgendwann einmal möglich sein, an eine kleinere Banknote zu denken. (Beifall des Abg. Zweytick. ) Es ist nicht gerade sehr praktisch, dass wir dann quasi einen Plastiksack mit Cent und so weiter mit uns herumtragen müssen. Das wird aber das Einzige sein, was dabei vielleicht ein wenig schmerzvoll ist.

Eine ausgezeichnete Broschüre, nämlich "Auf dem Weg zum Euro-Bargeld", gibt es auch von der Oesterreichischen Nationalbank; das sei lobend erwähnt. Sie ist sehr positiv gestaltet.

Insgesamt gesehen bringt der Euro für die Wirtschaft, für die Beschäftigung, für die Menschen sehr viel Positives. Er ist – wie Kollege Maderthaner sehr zu Recht gesagt hat – quasi ein "Hit". Es ist das eine Erfolgsstory.

Meine Damen und Herren! Der Euro hat sehr großes Potential. Es liegt an uns, dieses Potential tatsächlich auszuschöpfen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

20.32

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir diskutieren heute auch den Beschluss des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften und werden diesen genehmigen. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen wichtigen Punkt der heutigen Tagesordnung lenken, der vielleicht mehr Interesse verdienen würde, weil es darum geht, konsequente österreichische Politik zu würdigen.

Der Europäische Rat hat in Berlin Vorgaben für die Finanzierung gemacht. Sie soll gerecht, transparent, kostenwirksam und so gestaltet sein, dass sie der Beitragskapazität der Länder bestmöglich Rechnung trägt. Es gilt dabei das Prinzip der strikten Haushaltsdisziplin. Das ist ein Prinzip, das vielen in diesem Haus fremd ist. Das Prinzip bedeutet nämlich: keine Schulden; es bedeutet nicht: keine neuen Schulden mehr, sondern einfach: keine Schulden. Wir haben in Österreich zu diesem Weg zurückfinden müssen, und wir sagen heute: keine neuen Schulden mehr – weil wir wissen, dass das die richtige Politik ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Agenda 2000 hat sich die EU vier wichtige Bereiche vorgenommen: die gemeinsame Agrarpolitik, die Konzentration der Strukturpolitik, die Instrumente zur Beitrittsvorbereitung, und es soll in der Agenda auch Spielraum für die Erweiterung geschaffen werden. Finanziert wird das über Agrarabschöpfungen, deren Ausmaß immer geringer wird; der Lagerkostenausgleich in der Zuckerwirtschaft fällt ebenfalls weg. Die Zölle werden weniger, weil die Preise durch die Agenda zunehmend auf Weltmarktniveau abgesenkt worden sind. Die Mehrwertsteuer aus Eigenmitteln wird weniger, weil das bewusst so gewollt wurde. Das heißt, die Einnahmen entsprechen dem Bruttosozialprodukt, sie werden also der Wirtschaftsleistung der Länder entsprechend steigen.

In Zukunft lautet das Prinzip: Wer etwas leisten kann, soll auch seinen Beitrag leisten. Das bedeutet, dass bereits heute 47 Prozent des EU-Budgets nach der wirtschaftlichen Leistungskraft der Länder und nach objektiven Kriterien eingehoben werden. Verwendet wird dieses Geld dafür, verschiedene Politiken zu finanzieren. Mir als Weinviertler ist besonders wichtig, dass die Mittel in die ländliche Entwicklung fließen, also auch in die Umweltprogramme, in die Ausgleichszahlungen und besonders in die Erweiterungsvorbereitung.

Wir wissen heute, wie wichtig es ist, dass es diese Ausgleichszahlungen gibt. Es ist in allen industrialisierten Ländern unmöglich, Landwirtschaft in offener Konkurrenz zum Weltmarkt zu betreiben. Bedenken Sie: Diese Ausgleichszahlungen ermöglichen billige Lebensmittel in Europa,


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71. Sitzung / Seite 212

preiswerte Lebensmittel in Europa in guter Qualität, und in Österreich noch dazu mit hohen Umweltleistungen! (Beifall bei der ÖVP.)

Bedenken Sie, dass wir in diesem europäischen System unsere besonderen österreichischen Qualitäten halten konnten. Bedenken Sie, dass Sie mit 2 Groschen auf jeder Semmel Beiträge dafür leisten, dass die Umwelt erhalten bleibt, und mit 30 Groschen auf jedem Schnitzel Beiträge leisten, damit unsere Umwelt erhalten bleibt. Viel mehr machen alle diese hohen EU-Förderungen, von denen wir immer reden, auf den Einzelnen umgerechnet nicht aus, von derart marginalen Beträgen reden wir da. (Beifall bei der ÖVP.)

Trotzdem ist viel Geld auch viel Geld, und wir wollen sparen. Deshalb ist es sehr lobenswert, dass Kommissar Fischler und Bundesminister Molterer mit guter Vorarbeit das Gewicht der Finanzierung in der EU auf die Stärkung der ländlichen Regionen, die Umwelt und die Wirtschaftskraft legen. Österreich erspart sich in Zukunft durch die neue Beitragsgestaltung enorme Summen.

Obwohl wir uns viel Geld ersparen, bekommen wir noch mehr Geld als bisher zurück. Das Erstaunliche ist, dass wir in Zukunft um 1,3 Milliarden Schilling im Jahr weniger bezahlen werden und in den kommenden zwei Jahren jeweils noch 700 Millionen zusätzlich einsparen werden, weil die Mehrwertsteuer-Tangente verändert wurde. Das bedeutet für uns, dass der Finanzminister in den nächsten zwei Jahren seinen Spielraum um zwei Milliarden Schilling vergrößert hat, und den braucht er dringend, um das Budget zu sanieren. Das gefällt dem Staatssekretär, und es gefällt uns allen.

Keine neuen Schulden mehr und trotzdem mehr für unser Land leisten – das ist das Prinzip! Wir sehen, so macht es Molterer, so gehört es gemacht, so ist es gut für uns, für die Umwelt, für das Land, für das Budget, einfach für alle – bravo! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. – Bitte.

20.37

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ein ganz kurzer Debattenbeitrag von meiner Seite, der mir aber wichtig zu sein scheint, weil er darauf hinweisen wird, dass es dieser Bundesregierung ernst ist nicht nur mit zukunftsweisenden neuen Regelungen, sondern vor allem mit einer Verwaltungsreform im Sinne unseres föderalen Systems.

Dieses föderale System – gestatten Sie mir, das zu sagen – hat auch unser lieber Freund Leo Maderthaner immer sehr hoch gehalten. Da ich einer von denjenigen bin, die als Landespolitiker immer wieder sehr viel mit ihm zu tun hatten, möchte ich ihm dafür danken, dass er nicht nur dieses föderalistische Österreich immer hochgehalten hat – im Sinne der Anhörung und der Akzeptanz auch von Anregungen aus den Ländern –, sondern dass er es vor allem auch in seiner Organisation immer hochgehalten hat. Das ist eine ganz besondere Facette an deinem Wirken – und dafür danke ich dir ganz besonders! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pumberger: ... "ganz kurz"?)

Meine Damen und Herren! Es wird Ihnen möglicherweise gar nicht aufgefallen sein: Was diese Neuregelungen zum Produktpirateriegesetz betrifft, die zweifellos wichtig und notwendig sind, die letztlich dem Wirtschaftsstandort Österreich zusätzliche Impulse und vor allem zusätzlichen Schutz verleihen, wird die Vollziehung der Regelungen aus diesem Gesetz und der dazugehörigen Verordnung bundesweit vom Zollamt Arnoldstein wahrgenommen. Es ist meines Wissens das erste Mal, dass die Zuständigkeit für eine bundesweite Verwaltungsangelegenheit derart dezentral verlagert wird. (Abg. Böhacker: Föderalismus!)

Ich meine, auch das ist ein Beispiel für "neu regieren". Dafür möchte ich dir, lieber Herr Staatssekretär, sehr herzlich danken (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), aber auch die


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Hoffnung daran knüpfen, dass das keine Eintagsfliege bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 562 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Einstimmigkeit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 590 der Beilagen, unter Berücksichtigung der dem Ausschussbericht 603 der Beilagen angeschlossenen Abänderungen.

Dazu haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung der dem Ausschussbericht 603 der Beilagen angeschlossenen Abänderung sowie unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit und damit die Annahme fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese erfolgt wieder einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 567 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 589 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages, Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften in 554 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit und damit die Annahme fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 591 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wieder einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

27. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (352 und Zu 352 der Beilagen): Bundesgesetz über begleitende Regelungen zur EMAS-V II (Umweltmanagementgesetz – UMG) (645 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Ulrike Sima zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

20.44

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr – noch nicht anwesender – Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde angesichts der späten Stunde meine Rede etwas kürzer halten, was Sie sicher freuen wird. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Danke.

Das neue Motto dieser Bundesregierung im Umweltschutz scheint zu lauten: Freiwilligkeit statt ordnungspolitischer Maßnahmen. Statt den Umweltschutz für Betriebe zu verbessern, sollen viele wichtige behördliche Umweltauflagen für Betriebe, die ein EMAS-Zertifikat haben, in Zukunft einfach entfallen. Dabei besagt dieses Zertifikat eigentlich nicht mehr, als dass ein Umweltmanagementsystem im Betrieb eingeführt wurde. Aber es gibt keinen Beweis und auch keine Kontrolle dafür, dass dort tatsächlich ausreichende Umweltschutzmaßnahmen gesetzt wurden. Warum man diesen Betrieben mit dem neuen Umweltmanagementgesetz, das wir hier diskutieren, in Zukunft einen Persilschein ausstellt, kann ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehen. Wir haben das auch schon in der Vergangenheit ausführlich kritisiert.

In Zukunft wird es zum Beispiel möglich sein, eine Kapazitätserweiterung von Firmen ohne behördliche Genehmigung durchzuführen. Ich möchte hier als Negativ-Beispiel nur den Salzburger Flughafen nennen, bei dem das künftig möglich sein wird. Behördliche Kontrollen werden entfallen ... (Abg. Haigermoser: Das stimmt nicht!) – Das stimmt schon! Herr Kollege, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie überhaupt wissen, was dieses Gesetzt bedeutet, geschweige denn, es überhaupt gelesen oder verstanden zu haben. (Abg. Böhacker: Keine Überheblichkeiten!) Also


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bitte, schauen Sie es sich lieber einmal an! (Abg. Haigermoser: Spielen Sie sich nicht so auf! So gescheit sind Sie nicht!) Ja, ja, aber Sie auch nicht! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Behördliche Kontrollen entfallen. Nachbarn und Anrainer können in umweltrelevanten Angelegenheiten kaum noch mitreden. Auch Emissionsdaten solcher Betriebe müssen künftig nicht mehr aufgezeichnet werden. Als freiwilliges Instrument wäre dieses EMAS-Zertifikat ja akzeptabel und durchaus wünschenswert. Aber warum in Zukunft plötzlich derartige Privilegien mit dem EMAS-Zertifikat verbunden werden sollen, ist mir völlig rätselhaft, unverständlich und nicht nachvollziehbar.

Außerdem bringt dieser Entwurf auch Nachteile für die Wirtschaft mit sich, auf die wir schon mehrmals hingewiesen haben. Das Gesetz schafft nämlich Rechtsunsicherheit. Bisher war der Besitz einer behördlichen Genehmigung ein Schutz vor Unterlassungsklagen. Aber da die behördliche Genehmigung bei EMAS-zertifizierten Firmen überhaupt nur noch im Ausnahmefall notwendig sein wird, entfällt diese Genehmigung und damit auch der Schutz vor Unterlassungsklagen.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz liegt ganz auf der Linie Ihrer neuen schwarz-blauen Umweltpolitik. (Abg. Haigermoser: Jawohl!) Es ist ein Abbau von Mitspracherechten und ein Abbau von Umweltstandards, den wir ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent. (Abg. Mag. Schweitzer: Da klatscht der Kostelka und weiß nicht, warum!)

20.47

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin kann ich nur bekräftigen, dass wir der Meinung sind, dass wir freiwilligen Maßnahmen den Vorrang geben sollten. Wir glauben, dass damit mehr Bereitschaft besteht, umweltrelevante Maßnahmen wirklich in die Tat umzusetzen.

1993 hat der Rat der Europäischen Kommission die EMAS-Verordnung beschlossen. Damit wird die freiwillige Beteiligung von gewerblichen Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltprüfung geregelt. Alle fünf Jahre – oder nach fünf Jahren – ist es notwendig, die Erfahrungen einzuarbeiten und gegebene Änderungen dem Rat vorzuschlagen. Das Ergebnis ist eben diese EMAS-II-Verordnung, die nun in Form eines Umweltmanagementgesetzes zur Beschlussfassung vorliegt.

Die wichtigsten Elemente von EMAS II sind die Erweiterung des Anwendungsbereiches auf alle Organisationen und Branchen, zweitens die Übernahme der internationalen Norm ISO 14001, drittens die Einbeziehung der Arbeitnehmer, viertens die Förderung einer einheitlichen Anwendung der Verordnung in den Mitgliedstaaten und fünftens die Schaffung eines eigenen Logos zur besseren Öffentlichkeitswirksamkeit.

Zur Umsetzung der EMAS-II-Verordnung auf nationaler Ebene sind innerstaatliche Bestimmungen anzupassen. Das Umweltmanagement stellt diese Grundlage dar. Die Zulassung von Umweltgutachtern und die Aufsicht über die Umweltgutachter sind ein Schwerpunkt dieses Umweltmanagementgesetzes. Weitere Schwerpunkte sind die Führung eines Verzeichnisses der eingetragenen Organisationen, besondere Verwaltungsabgaben für die Zulassung und Beaufsichtigung von Umweltgutachten sowie für die Eintragung der begutachtenden Organisationen und die Verwaltungsvereinfachung für EMAS-Organisationen.

Ein sehr wesentlicher Bereich und ein Schlüsselpunkt dieser Verordnung ist die Erlassung eines konsolidierten Genehmigungsbescheides. Ich glaube, dass dies eine sehr gute, eine sehr wichtige Maßnahme im Sinne der Verwaltungsvereinfachung ist. Die Bezirkshauptmannschaften erstellen aus der Summe der vorliegenden Bescheide einen letztgültigen, konsolidierten Bescheid. Es wird in Zukunft leichter möglich sein, entsprechende Anlagenveränderungen und Vorhaben, die die Unternehmen planen, auch umzusetzen.


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Das Positive daran ist, dass die Parteienrechte gewahrt bleiben. Dies ist deswegen sehr wichtig, weil wir glauben, dass die Beteiligung der Betroffenen an diesen Prozessen entscheidend ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Verordnung beinhaltet Freiwilligkeit, gewährt nach wie vor Parteienrechte, hat zum Inhalt, einen konsolidierten Bescheid für zukünftige Vorhaben vorlegen zu können, und stellt sicher, dass die Finanzierung geregelt ist. Kurz: Sie stellt eine gute, runde Sache im Sinne der Wirtschaft und der Ökologie dar. – Ich danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

20.51

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Hohes Haus! Ich werde mich auch kurz fassen. Tatsächlich ist die Einschätzung, dass dieses Gesetz eine runde Sache sei, eine falsche. Es ist überschießend, was die Befreiung von staatlicher Aufsicht für Betriebe betrifft, die sich freiwilligen Umweltmanagementsystemen unterwerfen. Ich bin der Auffassung, dass es grundsätzlich systemimmanente Grenzen gibt: Man kann nicht alles mit freiwilligen Umweltsystemen regeln. Das ist in dieser Vorlage überschießend geregelt worden.

Wir nehmen eine differenzierte Position ein, und ich möchte daher auch die positiven Punkte erwähnen: In der alten Vorlage von uns als fehlend kritisiert, gibt es nunmehr neu eine Konzentration der Zuständigkeiten für die Eintragung der Umweltgutachter beim Umweltministerium. Zweitens gibt es eine Symmetrie beim Rechtsschutz: Gegen die Eintragung ins Standortverzeichnis können nunmehr auch die Umweltanwaltschaften als Vertreter der Umwelt Einspruch erheben. Das sind aus unserer Sicht zwei positive Punkte.

Die negativen Punkte, die uns zur Ablehnung dieses Entwurfs zwingen, sind: Ein solch freiwilliges System steht und fällt mit der Unabhängigkeit der UmweltgutachterInnen. In diesem Punkt wurde nichts verbessert. Es ist nach wie vor nur von Unabhängigkeit und Integrität die Rede; das sind sehr offene, sehr schwammige Begriffe. Die "legal compliance", die Übereinstimmung mit der Gesetzeslage, ist aus unserer Sicht nicht gewährleistet. Es wird nur vorgegeben, dass dafür gesorgt werden soll, und nicht, dass die Einhaltung auch garantiert werden muss. Natürlich ist auch die Genehmigungsfreiheit für Anlagenänderungen unserer Meinung nach überschießend, und zwar vor allem deswegen, weil das Kriterium, dass es pro Produktionseinheit oder erbrachter Leistung zu einer Reduktion des Ressourcenverbrauches kommen muss, sich im konkreten Einzelfall durchaus auch negativ auf die gesamte Output-Belastung auswirken kann.

Insgesamt ist es also doch ein Umweltgesetz, das mehr Deregulierung und Umweltabbau verfolgt als einen fairen Ausgleich. Im Übrigen verstehen wir auch die Eile nicht, den Grund, warum diese Verordnung so rasch umgesetzt werden musste. EMAS II liegt gerade erst auf dem Tisch, und es hat auch viele kritische Stellungnahmen der Bundesländer dazu gegeben. Bezeichnend ist auch, dass mehrmals vertagt werden musste, weil keine Einigung mit den Bundesländern erzielt werden konnte.

Mit den Begründungen, die ich soeben angeführt habe, wegen dieser überschießenden Deregulierung und Befreiung stimmen wir also gegen diesen Vorschlag, anerkennen aber auch, dass es wenigstens in zwei Punkten Verbesserungen gegeben hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

20.54

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben in der österreichischen Umweltpolitik mit ordnungspolitischen Maßnahmen in den letzten Jahren, ja fast Jahrzehnten viel erreicht, sind aber nunmehr doch an einem Punkt angelangt, an dem wir mit ordnungspolitischen Maßnahmen an Grenzen stoßen,


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an Grenzen der Akzeptanz von Konsenswerbern bei Anlagengenehmigungen und vielen anderen Dingen, aber auch an Grenzen der Belastbarkeit der öffentlichen Verwaltung.

Es ist in der Tat so, wie Frau Kollegin Sima festgestellt hat – nur hat sie es leider negativ kommentiert –, dass wir mit diesem Gesetz einen sehr tauglichen Versuch unternehmen, einen anderen Weg zu gehen, nämlich einen Weg mit freiwilligen Vereinbarungen, einen Weg einer Partnerschaft zwischen Umwelt auf der einen Seite und Verwaltung und Wirtschaft nicht auf der anderen Seite, sondern als weitere Partner. Wir wollen eine aktive Praktizierung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit auf dem Wege einer Partnerschaft erreichen, weil wir eben, wie gesagt, irgendwo an Grenzen der Machbarkeit von Ordnungspolitik stoßen.

Frau Kollegin Glawischnig! Wenn Sie Deregulierung automatisch, wie Sie das getan haben, gleichsetzen mit Umweltabbau, dann ist das – entschuldigen Sie – schlicht und einfach Unsinn. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Überschießend! – Abg. Dr. Lichtenberger: "Überschießend" hat sie gesagt!)

Sie haben es gleichgesetzt! Sie haben Deregulierung mit Umweltabbau gleichgesetzt, und das ist ein Unsinn! Ich wiederhole das noch einmal. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass Regulierung automatisch zu Umweltschutz führt. Ich behaupte: Das Gegenteil ist der Fall, denn wenn man überreguliert, dann führt das zu Abwehrverhalten, zu Umgehungsverhalten bei den Betroffenen.

Wir befinden uns in der glücklichen Situation, dass immer mehr Betriebe bereit sind, sich freiwillig einer Zertifizierung zu unterwerfen, die keine Kleinigkeit ist, sondern eine enorme Belastung für die Unternehmen darstellt. Sie tun es freiwillig, und sie verdienen im Gegenzug dafür ein gewisses Maß an Vertrauen, das man ihnen entgegenbringt, indem man sie eben von gewissen Meldepflichten, von gewissen Kontrollen befreit, indem man bei Bagatellfällen von Verwaltungsstrafen absieht und solchen zertifizierten Unternehmen auch in gewissen Fällen Genehmigungsfreiheit für Anlagenänderungen gewährt. Ich meine, Unternehmen, die eine Zertifizierung auf sich nehmen, verdienen dieses Vertrauen und verdienen keine undifferenzierte Kritik, wie sie von Ihnen gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.57


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Als Nächster spricht Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

20.57

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit in aller Kürze: Ich denke, die Erfahrung zeigt, dass Zertifizierung im Umweltbereich – und nicht nur im Umweltbereich! – ein hoch attraktives, modernes Instrument ist. Betriebe stellen sich freiwillig diesen höheren Anforderungen und erzielen damit mehr Rechtssicherheit. Letztendlich ist damit auch für die anderen Beteiligten, für die Nachbarn mehr Sicherheit gegeben. Für die Betriebe ist die Zertifizierung ein zusätzliches Marketingargument und so weiter.

Frau Abgeordnete Glawischnig! Wenn Zertifizierung als richtiges Instrument anerkannt wird, und davon gehe ich aus, dann müssen die Betriebe die Zertifizierung auf eine vernünftige Art und Weise durchführen können. Deswegen gibt es mit diesem Gesetz auch Verwaltungsvereinfachungen. Zweitens gilt es auch, den Anreiz zu erhöhen, sich tatsächlich einer Zertifizierung zu unterziehen, und das ist ein neuer Weg, den wir beschreiten. Der zusätzliche Anreiz besteht darin, dass die Betriebe in Zukunft mit weniger Verwaltungsaufwand rechnen können, weil sie sich selbst dem Zertifizierungsaufwand stellen. So gesehen ist das ein kommunizierendes Gefäß, wo keine Seite überschießt. Wenn tatsächlich ein Betrieb selbst Verantwortung übernimmt, kann er sich also gleichzeitig von staatlichen Verwaltungsaktivitäten entlasten. Ich meine, das ist ein hoch moderner Gedanke, und ich bin daher dankbar, dass dieses Gesetz heute beschlossen werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rainer Wimmer.

20.59

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Als Opposition sehen wir naturgemäß die Situation im Zusammenhang mit dem Umweltmanagementgesetz doch etwas anders. (Abg. Mag. Kukacka: Nur weil Sie Opposition sind?) Dieses Umweltmanagementgesetz ist ein gutes Beispiel dafür, welchen Stellenwert die Umweltpolitik für die Bundesregierung hat. Es ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man auf Kosten der Umwelt ganz massive Erleichterungen für die Industrie umsetzt. Es sieht auch ganz so aus, als würden zurzeit ausschließlich die Interessenvertretungen der Wirtschaft, die Bundeswirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung, die österreichische Umweltpolitik gestalten – und was dies bedeutet, können wir bereits erahnen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es sind bereits eine Reihe dieser Erleichterungen angeführt worden. Ich möchte mir angesichts der bereits vorgeschrittenen Zeit ersparen, diese aufzuzählen, aber was diese massiven Erleichterungen mit offensivem Umweltschutz zu tun haben, Herr Bundesminister, das müssen Sie uns allerdings schon noch erklären.

Im Begutachtungsverfahren gab es sehr viel Kritik vor allem von Seiten der Länder, die Bedenken geäußert haben, weil mit diesem Umwelt-Gütesiegel nach EMAS auch Verantwortung an die Unternehmen delegiert wird. In diesem Zusammenhang ist die Haftungsfrage absolut ungeklärt, nicht zuletzt auch deshalb, weil bis heute ein taugliches Instrument fehlt: Wir haben bis heute kein Umwelt-Haftungsgesetz. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Zum Abschluss möchte ich feststellen: Heute ist meines Erachtens kein guter Tag für die österreichische Umweltpolitik. Diese Vorlage verschlechtert ganz deutlich unsere bestehenden Standards. Für dieses traurige Schauspiel müssen Sie allein die Verantwortung übernehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Er hat das Wort.

21.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die heutige Debatte verstärkt meine Freude darüber, dass nicht Rot und Grün in diesem Hause das Sagen haben, sondern eben eine schwarz-blaue Regierung neu regiert und Deregulierungen ermöglicht. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Im Zusammenhang mit dem UMG, dem Nachvollzug einer EU-Richtlinie, und zwar von EMAS II, nachdem an EMAS I weitergearbeitet wurde und Verbesserungen Eingang gefunden haben, kommen von Ihrer Seite Argumente gegen Freizügigkeit und für ordnungspolitische Maßnahmen, die Sie immer wollen, und eine Deregulierung kommt für Sie offensichtlich überhaupt nicht in Frage.

Ich halte es für unzulässig, wenn Argumente gebracht werden wie: Der Flughafen Salzburg wird dann ausgebaut, und es ist kein ordnungspolitisches Verfahren mehr vonnöten. – Mitnichten, denn es sieht so aus, dass das UVP-Gesetz immer noch Schwellenwerte vorgibt, wonach ein UVP-Verfahren einzuleiten ist, wenn diese Schwellenwerte überschritten werden. Betriebe, Organisationen, die während des Betriebes eine sinnvolle Erweiterung vornehmen wollen, haben die Möglichkeit, diese als zertifiziertes Unternehmen, als zertifizierte Organisation auszuweisen und dabei den Verwaltungsaufwand zu minimieren. Es stimmt einfach nicht, dass Standards abgebaut werden; technische Standards sind beizubehalten.

Ich bin froh, dass es zu dieser vorteilhaften Verwaltungsvereinfachung kommt und vor allem zu einer Verkürzung der Zeitläufe. Unsere Betriebe werden es uns danken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was in diesem Zusammenhang geschieht, geht keinesfalls auf Kosten der Umwelt. Wir beschreiten hier nur einen neuen Weg und nehmen eine Dere


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gulierung vor. Ich halte die Freiwilligkeit der Zertifizierung für eine gute Sache. Selbstverständlich können Behörden bei zertifizierten Betrieben, die in der Liste eingetragen sind, Überprüfungen vornehmen, und sie werden diese Überprüfungen auch vornehmen. Gegen die Tatsache, dass ein eingetragener und geprüfter Gutachter eine Beurteilung vornimmt, ist nichts einzuwenden, wenn hierbei eine Verwaltungsvereinfachung erfolgt.

Wir begrüßen also dieses Gesetz und werden ihm selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 645 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass die Vorlage auch in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen ist.

28. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (553 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird (646 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Er hat das Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

21.05

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Der Ministerialentwurf zur Änderung des Immissionsschutzgesetzes-Luft war ein guter Ansatz zur Verbesserung der Standards für die Luftqualität. Der Regierungsvorlage aber sieht man bereits den Einfluss des Wirtschaftsministers und Ex-Umweltministers Bartenstein auf die Festsetzung von Grenzwerten an. Insbesondere möchte ich die Grenzwerte für Stickstoffoxid hervorheben, die 1997 mit der Erlassung des IG-L unter dem Industriellen und Umweltminister Bartenstein gelockert wurden. Damals, sehr geehrte Damen und Herren, wurde neben dem zulässigen Halbstunden-Mittel kein zulässiger Tagesmittelwert festgelegt, obwohl die Österreichische Akademie der Wissenschaften bereits darauf hingewiesen hat, dass wiederholt auftretende Spitzenbelastungen mit Stickstoffoxid die Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen herabsetzen. – Dieser Tagesmittelwert war im Ministerialentwurf enthalten, in der Regierungsvorlage ist er aber nicht mehr zu finden.

In ihrer Gesamtheit genommen würde die Regierungsvorlage trotzdem das Potential zur nachhaltigen Verbesserung der österreichischen Luftqualität haben, aber dieses Potential hätte auch schon das bestehende IG-L gemeinsam mit dem Smogalarmgesetz gehabt, wenn das bestehende IG-L seit dem In-Kraft-Treten im Jahre 1997 nicht totes Recht wäre, denn in Österreich wurden zum Beispiel in den Ballungsräumen Linz, Salzburg, Graz, Innsbruck und Wien wiederholt Überschreitungen der Immissions-Grenzwerte für Stickstoffoxid und Staub gemessen.


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Noch drastischer, sehr geehrte Damen und Herren, ist die Situation in Bezug auf das Atemgift Ozon: Der Zielwert für Ozon ist 1999 sogar in allen 110 Messstellen überschritten worden. In den so genannten Reinluft-Gebieten des Mittel- und Hochgebirges, wo die Erholung suchende Bevölkerung vermeintlich gesunde, frische Luft atmen will, sind hohe Ozon-Konzentrationen festzustellen. Dass diese Ozon-Spitzen in den Reinluft-Gebieten durch Stickstoffoxid-Verfrachtungen aus den Ballungsräumen hervorgerufen werden, ist auch wissenschaftlich gesichert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gemäß § 10 des IG-L 1997 hat der Landeshauptmann auf Grund der Statuserhebungen Maßnahmenkataloge mittels Verordnungen zu erlassen. Trotz der erwähnten Überschreitungen, trotz der gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung wurde bisher von keinem Landeshauptmann und auch von keiner Landeshauptfrau ein Maßnahmenkatalog oder eine entsprechende Verordnung gemäß dem IG-L erlassen.

In einer parlamentarischen Anfrage habe ich Sie, Herr Bundesminister, gefragt, ob Sie bereit sind, den Landeshauptmännern Weisungen zu erteilen, wenn es nicht bis Jahresende zur Ausarbeitung entsprechender Maßnahmenkataloge kommt. – Ihre Antwort war im Wesentlichen abschlägig: Sie werden keine Weisungen erteilen, Maßnahmenkataloge zu erstellen, Sie wollen aber, dass wir Sozialdemokraten einer Gesetzesänderung zustimmen, die unter anderem das Smogalarmgesetz aufhebt und den bestehenden Smogalarm-Plänen die rechtliche Grundlage entzieht.

Herr Bundesminister! Ich zitiere aus Ihrer Anfragebeantwortung zum Thema Luftreinhaltepolitik: "Bislang wurde noch von keinem Bundesland ein Maßnahmenkatalog erstellt. Dies ist grundsätzlich mit dem erheblichen Zeitaufwand für die Erstellung einer Statuserhebung, die Einholung von Stellungnahmen und die nachfolgende Ausarbeitung eines Maßnahmenkatalogs begründet. Weiters bedingen angemessene Maßnahmen oft auch einschneidende Änderungen, die eine sorgfältige Planung und Einbindung der Betroffenen erfordern und daher nicht in kürzester Zeit umgesetzt werden können." – Zitatende.

Herr Bundesminister! In den österreichischen Bundesländern existieren schon seit vielen Jahren Luftgüte-Messnetze. Sie wollen uns doch wohl nicht einreden, dass die Überschreitung der Grenzwerte des IG-L 1997 seit dessen In-Kraft-Treten vor fast vier Jahren die zuständigen Behörden in den Bundesländern erst in den letzten Wochen und Monaten wie ein Blitz getroffen hat und seither ohnehin alle Kräfte konzentriert an der Behebung dieses Problems arbeiten? Es entsteht eher der Eindruck, dass augenzwinkernd über die Verfehlungen von so manchen Industriebetrieben hinweggesehen wird. Es macht sich eher der Eindruck breit, dass Sie nicht bei den Wirtschaftsfunktionären und den zuständigen Landesregierungen anecken wollen, Herr Bundesminister.

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie hiermit nochmals auf, den Landeshauptleuten die Weisung zu erteilen, umgehend Maßnahmenkataloge zur Verbesserung der Luftqualität zu erlassen. Da Sie dazu bisher nicht bereit oder imstande waren, können wir Sozialdemokraten der Änderung des IG-L und der Abschaffung des Smogalarmgesetzes nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Herbert Graf. Er hat das Wort.

21.12

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Heinzl! Ich möchte anmerken, dass Ihre Argumentation für die Ablehnung des Gesetzes eine ganz andere ist, als sie Ihre Kollegin Sima im Ausschuss vorgetragen hat. Ich bedaure, dass wir keine gemeinsame Lösung finden können. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht!) Das stimmt schon. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht! Sie haben halt nicht aufgepasst!)

Ich nehme zur Kenntnis, dass wir keine Gesetze durchlesen und dass wir nicht aufpassen. Ich darf jedoch auf die "Parlamentskorrespondenz" Nr. 405 verweisen, der die Feststellungen von


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Kollegin Ulrike Sima zu entnehmen sind, die den von Ihnen soeben gemachten Aussagen genau diametral entgegengesetzt sind. Das muss ich der Ordnung halber einmal festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: Uneinigkeit in der eigenen Fraktion! Das desavouiert Sie!) Bitte, lesen Sie es sich durch! Ich habe es mir durchgelesen.

Im Übrigen haben Sie gesagt, dass der Herr Bundesminister und die Bundesregierung der Wirtschaft nachgegeben hätten. Auch das stimmt nicht. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Ihnen sagen: Bei diesem notwendigen Gesetzentwurf handelt es sich um die Umsetzung einer Tochterrichtlinie der EU, die uns aufgetragen hat, bis 19. Juli 2001 für eine entsprechende Umsetzung für die Grenzwerte von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Partikel von Blei, Kohlenmonoxid und Benzol zu sorgen.

Sie bejammern den Ausfall des Smogalarmgesetzes. – Das besonders Positive daran ist jedoch, dass wir in dieses neue Gesetz die Alarmschwellen für Schwefeldioxid ebenso wie für Stickstoffdioxid mit aufnehmen und dadurch auch das Smogalarmgesetz nicht mehr brauchen. (Abg. Heinzl: Was ist mit dem Tagesmittelwert?) Ich nehme gleich dazu Stellung. – Das ist ein besonderer Vorteil, und die Bundesregierung, der Bundesminister gehören einmal besonders dafür gelobt, dass eine Bereinigung von Gesetzen durchgeführt wird, dass man ein Gesetz, wenn es nicht mehr notwendig ist, im Zuge der Erlassung eines neuen aufhebt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein besonderes Anliegen dieses Gesetzes ist es aber auch, erstmals eine Grenzwertmessung von Staub einzuführen. Sie haben zuvor von der Staubkonzentration in Linz gesprochen. (Abg. Heinzl: Nicht nur in Linz, auch in Wien, Innsbruck und Graz!) Sie wissen ganz genau, dass man den Staub nur über ein galvanometrisches Verfahren messen kann. Hierfür wurde erstmals ein größenselektierendes Verfahren eingesetzt – der Wert PM10 –, sodass es eine Staubkonzentrationsmessung für alle Werte auch in mobilen Stationen geben kann. Wir wissen es alle, und es wurde auch von der EU festgestellt, dass gerade der Staub jener Faktor ist, der die größte Auswirkung auf die menschliche Gesundheit hat. (Abg. Heinzl: Was ist mit dem Tagesmittelwert?)

Sie können das einmal im Bericht nachlesen, Herr Kollege. Sie haben vorhin gesagt, wir würden die Gesetze nicht lesen. Lesen Sie es einmal nach, dann sehen Sie, dass auch der Tagesmittelwert zur Messung herangezogen werden kann. Das ist der besondere Vorteil.

Ich möchte jetzt aber nicht auf Ihre Fragestunde eingehen, sondern noch etwas besonders hervorheben: Das Normungsinstitut und der Fachnormenausschuss für Heizung haben eine langjährige Vorarbeit geleistet, und zwar beginnend mit dem Jahr 1992, als erstmals in Österreich Heizungsanlagen genormt und in weiterer Folge vom europäischen Fachnormenausschuss CEN übernommen wurden. Das bildet erst die Grundlage für eine allgemeine Normung nach diesem neuen Gesetz.

Meine Damen und Herren! Ich kann nur immer wieder die Worte des Herrn Abgeordneten Gaál zitieren: Wenn es um ein allgemeines Thema geht, bedaure ich, dass das in ein parteipolitisches Hickhack ausartet. Lesen Sie sich bitte den Gesetzentwurf noch einmal genau durch! Sie werden sehen, es ergeben sich nur Vorteile für uns und unsere Gesundheit, und deswegen ersuche ich Sie, dem auch zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Das war jetzt aber wirklich übertrieben, Herr Graf! – Zwischenruf bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie desavouieren die Abgeordnete Sima!)

21.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

21.17

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin immer bereit, sachlich und völlig offen über bestimmte Gesetzesvorlagen differenziert zu diskutieren und dabei die positiven und negativen Punkte ins Licht zu rücken. Aber dass das Gesetz nur Vorteile für die Gesundheit hat, das


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stimmt einfach nicht, das geht völlig an der Sache vorbei. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das stimmt aber!) Nein!

Ich werde noch einmal, sozusagen als Bestrafung, die Geschichte dieses Gesetzes kurz vortragen, damit man sich einmal vor Augen führt, was da wirklich passiert ist. Es hat einen relativ ambitionierten Entwurf des Umweltministeriums gegeben, der dann durch das Wirtschaftsministerium massiv verwässert und abgeändert worden ist. Ich habe das im Ausschuss schon berichtet. Aber die Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums war so bemerkenswert, dass sie es wert ist, hier noch einmal vorgetragen zu werden. Vor allem muss man bedenken, dass das ein ehemaliger Umweltminister in seiner Verantwortung verfassen hat lassen.

Es kommt nämlich der Vorwurf, dass diese Vorlage über eine reine Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie hinausgehe und dass sich der Verdacht aufdränge, dass Österreich als Umweltmusterland im Bereich der Luftreinhaltepolitik innerhalb der Europäischen Union präsentiert werden soll. Dass das von Seiten des Wirtschaftsministeriums kritisiert wird, ist meiner Meinung nach wirklich abartig.

Es wird aber noch ärger. Da gibt es eine bemerkenswerte Bezugnahme auf Kyoto  –  ich zitiere –: Die Vorgangsweise, möglichst strenge, EU-rechtlich nicht geforderte Anforderungen an die Luftqualität in Österreich zu normieren, ohne auch deren Realisierbarkeit in Erwägung zu ziehen – diesbezüglich ergeben sich für den objektiven Betrachter gewisse Parallelen zum Kyoto-Prozess –, kann seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit keinesfalls goutiert werden.

Was heißt das? – Das heißt, dass das Wirtschaftsministerium Kyoto als unrealistisch ansieht, nicht für realisierbar hält und damit den Konsens der österreichischen Klimaschutzpolitik verlässt. Da sehe ich gewisse Parallelen zu George Bush, nicht aber zum Umweltmusterland.

Diese Stellungnahme ist wirklich unglaublich! Herr Graf! Ich verstehe nicht, dass Sie die Tatsache so übergehen können, dass diese Vorlage – dieses IG-L ist ohnehin schon so ein behäbiges Gesetz – so massiv verwässert wurde und die Forderungen des Wirtschaftsministeriums – ich nenne noch einmal die drei wichtigsten: Grenzwertaufweichung durch Toleranzmargen, Überschreitungsmöglichkeiten und späteres In-Kraft-Treten des Gesetzes, Entfall der Tagesmittelwerte bei Stickstoffoxiden – alle umgesetzt wurden.

Der VCÖ kritisiert dieses Gesetz (Abg. Böhacker: Wer ist das? Das habe ich noch nie gehört!)  – ich zitiere –: Grenzwerte für Gesundheitsschutz abgesenkt. Die Grenzwerte für die Schadstoffbelastung der Luft nach dem Immissionsschutzgesetz liegen zum Teil erheblich über den Empfehlungen der Akademie der Wissenschaften.

Es ist also insgesamt ein eher trauriges Kapitel, das wir heute zu behandeln haben. Mir tut es oft Leid um Vorlagen des Umweltressorts, die dann vom Wirtschaftsministerium zusammengestutzt werden. Zu sagen, das sei das gute Recht des Wirtschaftsministeriums, wie das Kollege Kopf im Ausschuss gemacht hat, ist illegitim, denn es gibt einen gewissen Grundkonsens, und dieser Grundkonsens lautet auch: Nicht alles, was Umweltschutz ist, schadet der Wirtschaft. Im Gegenteil! Gerade bei der Luftreinhaltepolitik hat Österreichs Wirtschaft im Technologieexport massiv davon profitiert. Das wird deutlich, wenn wir etwa die Anlagen in unseren Nachbarstaaten anschauen. In diesem Zusammenhang haben österreichische Unternehmen große Aufträge erhalten. Die haben davon profitiert, dass wir in diesem Bereich ein Musterland waren. Mit dieser Vorlage wird dieser Weg aber verlassen. Deswegen werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen, Herr Graf! (Beifall bei den Grünen.)

21.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Er hat das Wort.

21.20

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So unterschiedlich wird das eben gesehen, Frau Kollegin Glawischnig: Die


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einen meinen, das wäre ganz schlecht, alles wäre schlecht, die anderen sagen, das ist ein relativ modernes Gesetz. Ich halte es auch für ein solches.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Glawischnig, Sie können und dürfen nicht glauben, dass es auch nur einen Politiker in Österreich, in den Vereinigten Staaten oder in der EU gibt, der heute noch ernsthaft die Frage der Luftqualität oder der Umweltqualität in Frage stellt. Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, tun wir nichts anderes, als die Grenzwerte, die ohnedies schon bestehen – zum Teil haben wir sehr strenge Grenzwertrichtlinien –, den EU-Rahmenrichtlinien anzupassen. Wo zum Teil national strengere Richtlinien bestehen, werden diese national strengeren Richtlinien bestehen bleiben. Ich halte das für gut und richtig. Das ist modern.

Meine Damen und Herren! Ich versuche das Ganze aus der Sicht des Bürgers zu sehen, der sehr oft ohnmächtig dem Zahlenwirrwarr und den verschiedensten chemischen Bezeichnungen gegenübersteht und sich in Wirklichkeit nicht auskennt. Da haben wir Politiker eine relativ hohe Verantwortung, und genau deswegen definieren wir Grenzwerte. Wir wollen damit dem unwissenden und nicht informierten Bürger ganz einfach Erleichterungen und Hilfestellungen geben, und mit diesen Grenzwerten haben wir verantwortungsbewusste Politik betrieben.

Meine Damen und Herren! Wir bewegen uns durchaus auf europäischem Niveau und auf europäischen Standards, und ich möchte nicht zulassen, dass man das auf Dauer ständig heruntermacht. Wir tun uns nichts Gutes dabei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das werden Sie zulassen müssen!)

Meine Damen und Herren! Ich werde mich relativ kurz fassen, weil das meiste bereits gesagt ist. Eines ist mir aber schon ein sehr großes Anliegen, weil nicht nur die Schadstoffbelastung in der Luft außerhalb der Räume, sondern auch innerhalb der Räume eine sehr wesentliche Auswirkung auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen hat. Es gibt eine Untersuchung des Hygieneinstitutes in Graz, das Luftmessungen in fünf verschiedenen Grazer Schulen durchgeführt hat, und dort wurden erschreckende Werte festgestellt. Herr Minister, man sollte meines Erachtens vor allem dort ansetzen, dass man Schulen und Institutionen informiert, wie wichtig es ist, eine frische Raumluft zu haben.

Herr Präsident! Ich darf auch Sie ansprechen. Die Raumluft hier im Hause ist nicht immer die beste. Ich würde mir wünschen, dass wir auch hier für Frischluft sorgen. Ich glaube, das täte auch uns allen gut. Vielleicht wäre es machbar, in der nächsten Zeit einmal eine Änderung des Belüftungssystems hier im Hause zustande zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Oberhaidinger. )

Wenn alle Kräfte im Hause das wollen, dann könnten Sie so erfolgreich sein, wie unser Umweltminister es ist. – Ich danke recht schön für das ständige Bemühen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist der Herr Bundesminister. Er hat das Wort.

21.23

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zu einigen der bisher aufgeworfenen Fragen kurz Stellung nehmen.

Erstens: Dieses Immissionsgesetz-Luft ist ein Fortschritt. Man kann immer geteilter Meinung darüber sein, wie groß der Fortschritt ist, aber er ist auf jeden Fall im Sinne einer Umweltpolitik eine Verbesserung im Vergleich zum jetzigen Rechtszustand.

Warum? – Weil wir mit diesem Immissionsgesetz-Luft neu beispielsweise einen Grenzwert für Feinstaub einführen, und zwar als Jahres- respektive Tagesmittelwert. Sie wissen, meine Damen und Herren, dass das eine der wichtigen Fragestellungen schlechthin ist, weil die Frage der


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Staubbelastung im Zusammenhang mit dem Gesundheitsrisiko eines der ganz großen Themen ist.

Zweitens: Mit diesem Gesetz halten wir einerseits unsere Standards, andererseits gehen wir dort, wo wir es für richtig halten, auch über die in der EU-Richtlinie geltenden Standards hinaus. Sie wissen, dass das etwa bei der Frage der Jahresmittelwerte für NO2 der Fall ist, wo wir im Gesetz 30 Mygramm festgeschrieben haben, während die EU 40 Mygramm vorsieht.

Zu der von Ihnen angesprochenen Frage des Tagesmittelwertes für NO2: Dieser ist in der Anlage 5 des Gesetzes enthalten, allerdings nicht als Grenzwert, sondern als Zielwert. Damit gibt der Gesetzgeber auch ein ganz klares Signal, welches Ziel er für das richtige in diesem Zusammenhang hält.

Zur Frage des Ozons auch ein offenes Wort: Ich habe Ihnen im Ausschuss schon gesagt, wir haben Ozon deshalb nicht in diese Richtlinieneinarbeitung übernommen, weil wir einerseits die Ozon-Tochterrichtlinie der Europäischen Union und andererseits die Richtlinie über die nationalen Emissionsgrenzwerte abwarten wollen. Wir erwarten diese Richtlinien noch im heurigen Jahr und werden dann die entsprechende Adaption auch rechtlich vornehmen.

Zur hier angesprochenen Frage der Landeshauptleute kann ich nur wiederholen, was ich im Ausschuss gesagt habe: dass wir an die Landeshauptleute auch auf Grund dieser Diskussion im Ausschuss hinsichtlich der Frage der Umsetzung der Gesetzesaufträge schriftlich herantreten werden.

Letzter Satz – und das ist mir wichtig –: Mit diesem Gesetz können wir auch ein Gesetz, nämlich das Smogalarmgesetz, außer Kraft setzen. Das ist einer der wenigen Rechtsakte, die mit der Schaffung eines Gesetzes gleichzeitig ein anderes aufheben, und zwar deshalb, meine Damen und Herren, weil unsere Luftpolitik in den letzten Jahren so erfolgreich war, dass wir dieses Gesetz schlicht und einfach nicht mehr brauchen. Das darf auch einmal klar gesagt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Er hat das Wort.

21.26

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die in Verhandlung stehende Novelle ist im Großen und Ganzen eine europäische Vorgabe und grundsätzlich auch nützlich und notwendig. Im Sinne einer nach vorne gerichteten Umweltschutzpolitik ist es jedoch bedauerlich, dass diese vorhin schon mehrfach zitierte Veränderung der Regierungsvorlage im Vergleich zum Ministerialentwurf vorgenommen wurde.

Wir Sozialdemokraten unterstützen nicht die neu eingeführten Toleranzmargen, da Sie damit Grenzwertüberschreitungen erlauben, was nichts anderes als eine Grenzwerterhöhung bedeutet. Wir unterstützen es nicht, dass Sie konkrete Grenzwerte durch Zielwerte ersetzen.

Natürlich wird die Interpretation dieser Vorlage unterschiedlich – je nachdem, ob sie Regierungsfraktionen oder Oppositionsfraktionen vornehmen – ausfallen. Ich glaube aber, dass die euphorische Darstellung der Regierungsfraktionen übertrieben ist, dass es sich dabei eher nur um ein Schönreden oder um eine nicht ganz redliche Darstellung handelt. Wenn Regierungsabgeordnete meinen, dass die Anzahl der Überschreitungen streng limitiert ist, dann ist das zwar richtig, ändert aber nichts an der Tatsache, dass Grenzwerte überschritten werden können, was Sie ja selbst zugeben und bedauerlicherweise auch ganz bewusst zulassen.

Wir Sozialdemokraten verlangen von verantwortlicher Umweltpolitik jedenfalls eine Verbesserung der Situation und nicht die Aufweichung von Grenzwerten. Umweltpolitik muss sich hohe ökologische Ziele setzen und darf keinesfalls hinter bereits gesetzte Standards gehen. Das haben Sie mit dieser Vorlage getan, und daher werden wir diesem Entwurf auch nicht unsere Zustimmung geben. (Abg. Dr. Martin Graf: Keine Überraschung!)


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Im Zusammenhang mit dieser Novelle stehen Sie aber vor einer Reihe von Problemen. Die Probleme mit den Ländern hat Kollege Heinzl schon angesprochen; ich kann mir das daher ersparen. Auch beim bodennahen Ozon wird noch viel mehr notwendig sein, als in dieser Novelle vorgesehen ist. Dieses Problem wird alleine innerstaatlich nicht lösbar sein. Daher wird es auch europäischer Lösungen bedürfen, und dazu darf ich Ihr forciertes Engagement, Herr Bundesminister, einfordern.

Eine weitere Schwachstelle sind die fehlenden Messstellen für Benzol und Blei.

Zusammenfassend darf ich festhalten, dass sich in den letzten Jahren die Luftqualität zwar verbessert hat, dennoch aber besonders beim Verkehr und bodennahen Ozon großer Handlungsbedarf besteht, dem Sie allerdings mit dieser Vorlage nicht gerecht werden.

Daher darf ich zur Qualitätssteigerung des Ausschussberichtes einen Abänderungsantrag einbringen. Dieser lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Kaipel, Heinzl und GenossInnen zum Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (553 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen,

den Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage 553 der Beilagen wie folgt zu ändern:

Anlage 1 lautet:

Als Immissionsgrenzwert der Konzentration zum dauerhaften Schutz der menschlichen Gesundheit in ganz Österreich gelten die Werte in nachfolgender Tabelle:

Konzentrationswerte in µg/m3 (ausgenommen CO: angegeben in mg/m3)

Luftschadstoff

HMW

MW8

TMW

JMW

Schwefeldioxid

200

120

Kohlenstoffmonoxid

10

Stickstoffdioxid

200

80

30

Schwefelstaub

150

PM10

50*)

40

Blei in PM10

0,5

Benzol

5

 

*) Der Immissionsgrenzwert gilt als überschritten, wenn der Tagesmittelwert von 50 µg/m3 mehr als 25 mal in einem Kalenderjahr überschritten wird.

*****


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Ich darf Sie einladen, diesen Abänderungsantrag anzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der vorliegende Abänderungsantrag entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht daher mit in Verhandlung.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Er hat das Wort.

21.31

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Seit 1. April 1998 gilt in Österreich das Immissionsschutzgesetz-Luft, ein Gesetz zum dauerhaften Schutz der Gesundheit des Menschen, zum Schutz von Tieren, Pflanzen, Kultur und Sachgütern vor schädlichen Umwelteinflüssen.

Die EU hat nun eine Tochterrichtlinie zur Rahmenrichtlinie Luftqualität mit Grenzwerten für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Partikel, Blei, Kohlenmonoxid und Benzol erlassen, die die Mitgliedstaaten bis zum 19. Juli 2001 umsetzen müssen. Dies macht die Novellierung des Immissionsschutzgesetzes-Luft notwendig, zu der die Bundesregierung nun einen Entwurf vorgelegt hat.

Wie der letzte Immissionsschutzbericht zeigt, ist Österreich auf Grund seiner intensiven Bemühungen ein Vorreiter in Sachen Luftreinhaltung. Vor allem beim Schadstoff Schwefeldioxid konnte in den letzten zehn Jahren eine beachtliche Reduktion von 90 Prozent erreicht werden. Österreich gehört somit im europäischen Vergleich zu den besten Ländern.

Beigetragen dazu haben die Bemühungen unserer Nachbarstaaten, ihre Luftqualität zu verbessern. Hiermit wird klar, dass Österreich zwar als Vorreiter und Beispielgeber vorangehen kann, ein positives Ergebnis allerdings nur dann möglich ist, wenn internationale Standards der Luftreinhaltung auch von unseren Nachbarländern eingehalten werden.

Mit der Novelle zum Luftreinhaltegesetz werden die geltenden Grenzwerte für Blei und Benzol verschärft. Für kleine Staubpartikel – diese haben einen Durchmesser von unter 10 Mikrometern – wird überhaupt erstmals ein Grenzwert eingeführt. Dieser Staub ist nach Berechnungen der Europäischen Kommission jener Luftschadstoff, der mit Abstand die größten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, und ich stelle diesbezüglich den größten Handlungsbedarf für die nächste Zeit fest. Gerade diese Partikel müssen in Zukunft reduziert werden.

Auch in diesem Bereich kann Österreich binnen kürzester Zeit Antworten bieten. Der Einsatz von Biodiesel reduziert in Relation zum herkömmlichen Dieselkraftstoff die Schadstoffbelastung, und zwar in beeindruckenden Dimensionen. Biodiesel stößt 46 Prozent weniger Kohlenwasserstoffe, 52 Prozent weniger Ruß und 36 Prozent weniger Partikel aus. Biodiesel setzt bei der Verbrennung nur jenes CO2 frei, das vorher von der Pflanze aus der Atmosphäre aufgenommen wurde. Somit ist der CO2-Kreislauf geschlossen.

Biokraftstoff ist ein nachwachsender Rohstoff, der vorwiegend aus Pflanzenölen gewonnen wird. Selbst der verbleibende Presskuchen ist hochwertigstes Eiweißfuttermittel und kompensiert somit Sojaimport.

Durch den Einsatz von Vielstoffmotoren – ein Begriff, den man sich für die Zukunft merken wird müssen – wäre es problemlos möglich, Pflanzenöle ohne Veresterung direkt als Kraftstoff einzusetzen. Dies würde bedeuten: auf der einen Seite eine drastische Reduktion von Luftschadstoffen aus dem Motorenbereich, auf der anderen Seite Arbeitsplätze für den ländlichen Raum. (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Herr Kollege, ich praktiziere das bereits!

Diese Regierungsvorlage erfüllt nicht nur EU-Vorgaben, sondern geht in manchen Bereichen weit über diese hinaus und leistet somit einen Beitrag dazu, dass die Vorreiterrolle Österreichs


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in Bezug auf die Luftgüte massiv unterstrichen wird. Speziell im Hinblick auf den Nachholbedarf unserer Nachbarländer im Bereich Luftreinhaltung besteht eine große Chance, den österreichische Know-how- und Technologievorsprung zum Vorteil beider Seiten zu nutzen.

Daher ersuche ich Sie, dieser Regierungsvorlage Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 646 der Beilagen.

Dazu hat der Abgeordnete Ing. Kaipel einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Der Abgeordnete Ing. Kaipel hat also einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Z 19 Anlage 1 bezieht, und ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit.

Daher kommen wir sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist mehrheitlich angenommen.

Ich komme weiters zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Bejahung. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass die Vorlage in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

29. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 435/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, geändert wird (647 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Der erste Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Er erhält das Wort für zirka 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.38

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Zeit will ich es sehr kurz machen. (Beifall bei


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der ÖVP.) Ich bin bekannt dafür, dass ich Ankündigungen dieser Art auch einhalte. Ich danke für den vorauseilenden Applaus und die Dankesbezeigungen.

Meine Damen und Herren! Wirklich nur die wesentlichsten Punkte, die bereits im Ausschuss angesprochen wurden. Herr Bundesminister, Fachleute lassen uns im Zusammenhang mit der Änderung des ALSAG wissen, dass wir in den nächsten 20 Jahren für rund 2 500 Altlasten, die nach bereits gesicherten Erkenntnissen zumindest zum Teil grundwassergefährdende Altlasten sind, zirka 50 Milliarden Schilling aufbringen werden müssen, um sie sanieren zu können.

Auch wenn wir wissen, dass mit der vorliegenden Änderung eine bereits erfolgte Änderung lediglich erweitert werden sollte oder wird, sind wir nach wie vor der Meinung, meine Damen und Herren, dass der von den Regierungsparteien eingeschlagene Weg nicht zielführend ist, zu wenig verursachergerecht ist und insgesamt zu kurz greift.

Daher ersuchen wir die Bundesregierung in dem bereits im Ausschuss eingebrachten Entschließungsantrag, bis 31.12.2001 ein Konzept zur langfristigen Sicherung der Finanzierung der Altlastensanierung in Österreich vorzulegen. Ich glaube, meine Damen und Herren, das wäre im Sinne aller, und ich darf Sie bitten, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. Er hat das Wort.

21.40

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht, wie bereits gesagt, bei dem vorliegenden Antrag um eine bessere finanzielle Abwicklung von großen Sanierungsfällen im Bereich der Altlastensanierung, wie zum Beispiel der Fischer-Deponie in der Mitterndorfer Senke, und das ist uns sicherlich ein sehr wichtiges Anliegen.

Bisher waren die Mittel für Ersatzvornahmen bei der Altlastensanierung beim Bundesministerium für Inneres zu budgetieren. Mit der Änderung des Bundesministeriengesetzes im vorigen Jahr ist diese Kompetenz zum Bundesminister für Landwirtschaft und Umweltschutz gewandert, einschließlich der Finanzierung der Ersatzvornahmen im Bereich der Altlastensanierung. Die Durchführung solcher Maßnahmen erfordert bei einigen großen Deponien sehr erhebliche finanzielle Mittel, und es war daher notwendig, durch eine Änderung des Altlastensanierungsgesetzes diese Finanzierung auch auf eine andere rechtliche Basis zu stellen.

Mit dem heutigen Beschluss können die erforderlichen Mittel für die Finanzierung von Ersatzvornahmen in der Höhe von bis zu 22 Millionen j beziehungsweise zirka 300 Millionen Schilling für die Jahre 2001 und 2002 aus dem Altlastensanierungsfonds zur Verfügung gestellt werden. Wenn ich an die unendliche Geschichte der Fischer-Deponie in der Mitterndorfer Senke in Niederösterreich denke, muss ich sagen, ich bin froh, dass es hier eine positive Weiterentwicklung gibt.

Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Sanierung von Altlasten und zum geschaffenen Finanzierungsmodell für den Altlastenbeitrag. Die aufgewendeten Mittel sind in der Tat beträchtlich. Ich erwähne nur, dass bei der letzten Sitzung der Altlastenkommission Projekte in Höhe von 1,9 Milliarden Schilling genehmigt wurden und dazu Förderungen in Höhe von 986 Millionen Schilling.

Der Antrag der SPÖ, der dazu gestellt wurde, nämlich die Altlastensanierung zu überdenken, ist daher unserer Auffassung nach nicht notwendig, da die Altlastensanierung in Österreich sukzessive und gut voranschreitet. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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71. Sitzung / Seite 229

21.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Loos. Er hat das Wort.

21.43

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Rahmen der Sanierung der Fischer-Deponie ist man praktisch draufgekommen, dass es durch die derzeitige gesetzliche Lage nicht möglich ist, auch die Kosten für Experten zu übernehmen.

Wir alle, die wir in der Praxis mit derartigen Dingen zu haben, wissen, wie kostenintensiv die Altlastensanierung ist. Es hat mich bei der Ausschusssitzung daher etwas gestört, dass gesagt wurde, hier gehe praktisch nichts voran. Ich habe mir angesehen, wie sich das in den letzten Jahren entwickelt hat, und ich darf Ihnen einige Zahlen nennen: 1990 wurden ungefähr 142 Millionen Schilling für die Altlastensanierung ausgegeben, 1997 – eine Zahl dazwischen – waren es zirka 450 Millionen Schilling, und im Budget für das Jahr 2002 haben wir bereits eine Summe von 1,41 Milliarden Schilling für die Altlastensanierung vorgesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass die Gebietskörperschaften – die Länder, die Gemeinden – dafür verantwortlich sind, wenn aber der Bund diesen Gebietskörperschaften nicht unter die Arme greift, so ist eine Altlastensanierung praktisch nicht möglich. Daher ist es auch so notwendig, dass wir heute diese Änderung beschließen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte aus meiner eigenen Erfahrung ein Beispiel bringen: Wir haben, wie Sie wissen, im Nationalpark Neusiedler See/Seewinkel, einem wunderschönen Gebiet – falls Sie heuer noch keinen Urlaub gebucht haben, würde ich Ihnen raten, dorthin zu kommen  (Beifall bei der ÖVP)  –, drei besondere Altlasten. Betroffen davon sind drei Gemeinden, die insgesamt 6 000 Einwohner haben. Die Kosten, um diese drei Altlasten, die mitten im Nationalpark liegen, zu beseitigen, betragen ungefähr 55 Millionen Schilling, und dieser Betrag ist von uns aufzubringen. Wenn nicht der Bund, das Land Burgenland und der Umweltdienst Burgenland gewesen wären, die uns 85 Prozent davon finanzieren, sodass nur 15 Prozent für die Gemeinden übrig bleiben, hätten wir das nicht sanieren können. Jetzt können wir mit Unterstützung des Bundes, mit Unterstützung des Landes, mit Unterstützung des Burgenländischen Müllverbandes diese Altlasten wegbringen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es wird also ein praktischer Beitrag geleistet. Daher werden wir dieser Änderung selbstverständlich gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

21.45

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage der Altlastensanierung und vor allem die große Problematik der Sicherung der finanziellen Mittel für diese Altlastensanierung waren nicht umsonst Thema im Umweltausschuss, denn eines – und diese Wahrheit muss man hier ganz klar aussprechen – stellt sich heraus: Wenn ein Land, wenn eine Gebietskörperschaft keine Möglichkeit hat, Ersatzvornahmen zu tätigen, um eine in Frage stehende gefährdete Fläche zu sanieren, dann wird es letzten Endes unmöglich sein, eine Sanierung auch in entsprechender Zeit zu erreichen, weil sich oft herausstellt, dass Akteure lieber über Jahre hinweg Katz‘ und Maus mit der Behörde spielen, als die entsprechenden Schritte einzuleiten.

Insofern halte ich das für einen wesentlich Schritt, vor allem dann, wenn es darum geht, die Gutachterfrage abzuhandeln. Gerade bei der Bestellung von Gutachtern und bei der Entwicklung der verschiedenen Sanierungskonzepte ist es von zentraler Bedeutung, dass hierfür die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.

Es bedeutet das Aufräumen der Sünden, der Altlasten aus der Vergangenheit eine finanziell gigantische Aufwendung auch noch über die nächsten Jahre hinweg, und es ist eigentlich ein Trauerspiel, dass in den letzten Jahren, in denen es notwendig gewesen wäre und in denen auch die finanzielle Situation der Gemeinden noch nicht so schlecht war, wie sie jetzt in vielen


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71. Sitzung / Seite 230

Fällen schon ist, viel zu wenig auf diesem Sektor geschehen ist, dass viel zu wenig Sanierungsaufträge ergangen sind, weil dem oft ewig lange Rechtsstreite wegen des Geldes vorangegangen sind und sich überhaupt nichts bewegt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Altlastensanierungsgesetz selbst: Wir werden dieser Regelung, die hier zum Beschluss vorliegt, zustimmen. Ich halte das für einen wichtigen Schritt, der vielleicht eine gewisse Beschleunigung in das Sanierungsprocedere bringen könnte.

Zum Gesetz an sich aber möchte ich mein ceterum censeo schon noch anbringen: Die Begünstigung von Verbrennungsrückständen in diesem Bereich halte ich für eine ganz negative Entwicklung, halte ich für eine absolute Fehlentscheidung in der Umweltpolitik, weil dadurch ein Verfahrensmonopol für die Verbrennung entsteht, das ich so nicht hinnehmen kann. Es wird erstens die Konsumentinnen und Konsumenten, die Müll produzieren, enorm viel Geld kosten, zweitens wird es die Verfahrenskonkurrenz verunmöglichen oder extrem erschweren, wenn es darum geht, sich zwischen biologisch-mechanischen Behandlungsmethoden und Verbrennung entscheiden zu müssen. So, wie die gesetzliche Lage derzeit ist, ist es praktisch eine große, breite Autobahn in Richtung Verbrennung, und solange ein Verfahren das Monopol hat, werden Entwicklungen in diesen Verfahren natürlich auch extrem gebremst. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Wenn Sie im Altlastensanierungsgesetz im Bereich der Beiträge eine gute Tat für die Umwelt setzen wollen, dann ändern Sie diese Begünstigung, werfen Sie sie hinaus! Ermöglichen Sie damit Verfahrenskonkurrenz, ermöglichen Sie damit neue Techniken, die genauso gut und genauso effizient eingesetzt werden können und die gerade in manchen Bereichen, wenn es um Deponieraum und seine Finanzierung geht, viel besser einsetzbar wären als die derzeitige Regelung.

Fassen Sie sich ein Herz und wehren Sie sich gegen die Verbrennungslobby! Das ist das ceterum censeo, das ich Ihnen nicht ersparen kann. (Beifall bei den Grünen.)

21.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 647 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in 647 der Beilagen ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Auch diesmal bitte ich im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist.

30. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 260/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Rettung der Mehrwegsysteme im Getränkebereich und über den Entschließungsantrag 375/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die Einführung einer Einwegabgabe (648 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt mir nicht vor. Ich gehe daher sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


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71. Sitzung / Seite 231

21.51

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Hohes Haus! Viele Jahrzehnte hindurch galt Österreich als das Umwelt-Musterland in Europa und im Speziellen in der Europäischen Union. Österreich nahm in Sachen Umweltschutz in vielen Bereichen die Vorreiterrolle ein, zum Beispiel in der Anti-AKW-Politik oder im Abfallwirtschaftsbereich.

Diese Position ist seit dem Amtsantritt dieser Bundesregierung in akuter Gefahr. Unser Land ist auf dem besten Weg, vom Spitzenreiter ins Mittelfeld europäischer Umweltpolitik abzusacken. Umweltschutz wurde in Österreich zu einem Anhängsel degradiert.

Herr Bundesminister! Sie beweisen mit Ihrer Politik eindeutig, dass Ihnen das Thema Umwelt und deren Schutz nur eine lästige Pflicht ist und Sie lieber ausschließlich Landwirtschaftsminister wären. Die negativen Auswirkungen Ihrer nicht vorhandenen Umweltpolitik haben sich selbst schon bis zur Europäischen Kommission durchgesprochen. So kritisierte die schwedische EU-Umweltkommissarin Margot Wallström beim jüngsten Österreich-Besuch die heimische Umweltpolitik sehr deutlich. Neben der verfehlten Politik des Kampfes gegen die Produktion von Treibhausgasen stand vor allem die österreichische Abfallwirtschaftspolitik im Zentrum ihrer Kritik. Das war aus meiner Sicht völlig berechtigt, stellt doch etwa die neue Getränkezielverordnung einen eindeutigen Rückschritt im Bereich des Umweltschutzes dar.

Statt die Verpackungsverordnung so umzugestalten, dass endlich der Kurs in Richtung Schutz der Umwelt geht, wurden von Ihnen, Herr Bundesminister, die rechtlichen Anforderungen zur Müllvermeidung heruntergeschraubt und die Barrieren für Unternehmen gegen die Einwegflut weitestgehend aus dem Weg geräumt. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie soll es gehen?) Statt konkreter Maßnahmen wie etwa einer Einwegabgabe kommen freiwillige Vereinbarungen zum Tragen (Abg. Mag. Schweitzer: Steuern?)  – mit dem Resultat des Öffnens von Tür und Tor für Einwegverpackungen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch die Steuern?) Das ist eine Bankrotterklärung für die bisherige Politik der Verpackungs- und Müllvermeidung ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch die Steuern?) Ich komme schon noch dazu. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch soll sie sein, die Steuer? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Vor allem geschieht das vor dem Hintergrund, dass der Mehrweganteil bei Getränken von 80 Prozent Mitte der achtziger Jahre auf derzeit rund 50 Prozent gesunken ist. Jetzt werden die ursprünglichen Einzelziele durch eine Verwertungsquote von 80 Prozent über alle Verpackungsstoffe hinweg ersetzt, und das ist eine eindeutige Begünstigung von Einwegverpackungen. Damit wird das ursprüngliche Ziel der Verpackungszielverordnung, die Verwertungsquoten nach und nach zu erhöhen, nicht nur verfehlt, sondern ins Gegenteil verkehrt. Um möglichst vollendete Tatsachen hinsichtlich der Verdrängung von Mehrwegsystemen auf dem Verpackungssektor zu schaffen, soll darüber hinaus die erste Quotenprüfung erst im Jahr 2004 erfolgen.

Der Gipfel des umweltpolitischen Rückschrittes ist aber der Umstand, dass das stumpfe Instrument der Freiwilligkeit für die Wirtschaft, welches sich bereits in der Vergangenheit als untauglich erwiesen hat, auch in dieser Verordnung wieder angewendet wird. Es wird auch in Zukunft keinerlei Sanktionen geben. Diese Bundesregierung schlägt sich wieder einmal ganz auf die Seite der Unternehmen und der Industrie und entspricht ausschließlich den Interessen des Handels. Den Bedürfnissen nach einer nachhaltigen Abfallvermeidungspolitik, nach einer Stärkung der Mehrwegsysteme – alles Themenfelder, die von einem Großteil der heimischen Bevölkerung mitgetragen und unterstützt werden – wird hier leider eine Absage erteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Während eine Mehrwegflasche aus Glas bis zu 60 Mal wiederbefüllt werden kann und am Ende ihres Umlaufzyklus als Altglas wieder in die Glasproduktion zurückgeführt wird, rechnen jetzt Landes-Abfallverbände mit – und das ist das Unverantwortliche – bis zu einer Verdoppelung des Hausmüllvolumens. Eine Folge dessen sind erhöhte Kosten für die Gemeinden und natürlich erhöhte Kosten für unsere Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein volkswirtschaftliches Negativ-beispiel!


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Dass es auch anders geht, beweist Dänemark mit seinem Dosenpfand und entsprechenden umweltpolitischen Erfolgen. Aber auch in Deutschland wurde von Umweltminister Trittin eine entsprechende Verordnung erlassen. Weil aber Pfänder in erster Linie den Konsumenten belasten und nur schwierig administrierbar sind, favorisieren wir von der sozialdemokratischen Fraktion die Einführung einer Einwegabgabe. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch?) Diese Einwegabgabe als sinnvolles Lenkungsinstrument müsste in erster Linie von den Produzenten und vom Handel getragen werden. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hoch, die Steuer? – Abg. Dr. Khol: Wie hoch?) Das wäre ein richtiger und wichtiger Schritt hin zum Verursacherprinzip und zu dem Gedanken der Produzentenverantwortung mit entsprechendem Produktdesign. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Wie hoch, diese Steuer?)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich fordere Sie auf: Befreien Sie sich aus der Geiselhaft der Industrie, betreiben Sie endlich eine glaubhafte Abfallvermeidungs- und -verwertungspolitik! Wir von der Opposition und weite Teile der Bevölkerung wären bereit, Sie auf diesem Weg zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Führen Sie die Einwegabgabe ein! Schreiben Sie die ursprünglichen Mehrwegquoten wieder fest, wodurch es zu einer Trendumkehr im Verpackungsbereich zugunsten eines höheren Mehrweganteils kommen könnte. Ergänzen Sie die freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft um wirksame Sanktionen. Zeigen Sie, Herr Bundesminister, dass Umweltpolitik für Sie nicht nur eine lästige Pflicht, sondern eine Herausforderung zur Sicherung einer gesunden und lebenswerten Umwelt zukünftiger Generationen ist! (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

21.57

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ersten halte ich fest, dass die SPÖ eine neue Steuer will. (Abg. Haigermoser: Ja, das ist richtig!) Allerdings wurde nicht klar gesagt, wie hoch sie sein soll. (Abg. Dr. Khol: Höher!) Deshalb warten wir noch auf die Ausformulierung. Erst wenn klar gesagt wird, wie hoch sie sein soll, kann man darüber debattieren. (Abg. Mag. Prammer: Nein, da haben Sie eh genug selbst beschlossen!)

Ich sage Ihnen: Eine Belastung der Bürger auf Grund Ihres Vorschlages wird unter dieser Bundesregierung sicherlich nicht zustande kommen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Zweiten darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass das, was Sie vom Handel erwarten, im Endeffekt wieder auf den Bürger übergewälzt wird und deshalb so nicht zu realisieren ist. (Abg. Öllinger: Geh, bitte!) Eine Abgabe, die der Handel bezahlen soll, wird sich im Endeffekt auf den Preis auswirken, der vom Konsumenten zu entrichten ist. Das heißt, es ist wieder eine Verteuerung des Produktes für den Konsumenten. (Abg. Dr. Glawischnig: Wer zahlt denn jetzt ...?) Der Handel wird diese Abgabe nicht schlucken. (Abg. Dr. Glawischnig: Was zahlen die Konsumenten für Müllgebühr ...?)

Zum Dritten – weil Sie, Frau Kollegin Glawischnig, ja noch herauskommen und einige Fragen stellen werden – verweise ich auf eine Anfragebeantwortung vom 1. Juni 2001, in der vom Herrn Bundesminister hervorragende Antworten auf alle Ihre Fragen gegeben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Sie hat das Wort. (Abg. Schwarzenberger: Kollege Schweitzer hat schon geantwortet auf ihre Fragen!)

21.59

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Man könnte wirklich sehr lange darüber diskutieren, was eine vernünftige Lösung gegen das Dilemma ist, mit dem wir im Bereich Getränkever


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packungen mit dem absoluten Siegeszug von Einweg-Plastikflaschen konfrontiert sind. Es ist uns deswegen ein solches Anliegen – und ich glaube, es sollte auch Ihnen eines sein –, weil das für viele Menschen der Ausdruck ihres Umweltbewusstseins und ihrer Umweltaktion ist, dass sie Müll säuberlich trennen und dass sie gerade bei Getränkeverpackungen mit hoher Sorgfalt einkaufen.

Wir haben in den letzten Jahren wirklich Besorgnis erregende Zahlen zu verzeichnen gehabt, und es war absehbar, dass wir unsere Ziele und unsere Quoten nicht erreichen. Was hat der Umweltminister gemacht? – Das haben wir auch massiv kritisiert: Er hat die Quoten abgesenkt; im Gegenzug gab es eine freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft.

Ich möchte jetzt anhand dieses Beispiels erklären, warum es intelligente Vereinbarungen gibt und warum es Vereinbarungen gibt, die kritikwürdig sind – und diese ist eine solche. Zum Beispiel versucht der deutsche Umweltminister Trittin, mit den Atomkonzernen in Deutschland zu vereinbaren, dass diese keinen – unter Anführungszeichen – "schmutzigen Strom" aus Mittel- und Osteuropa importieren. Das ist meiner Ansicht nach eine vertragliche Vereinbarung, die für die betreffenden Konzerne gewisse Opfer mit sich bringt, schwer zu erreichen ist und auch Konsequenzen hat. Das ist ein Vertrag, rechtlich abgesichert – da wäre das Endprodukt eine intelligente Vereinbarung, wenn es klappt.

Jene Vereinbarung aber, die die Wirtschaft mit dem Umweltministerium abgeschlossen hat, enthält zum Thema Mehrweg einen einzigen Punkt, und dieser besagt: Die Wirtschaft verpflichtet sich, in Zukunft Mehrwegverpackungen ausreichend anzubieten.

Ich frage Sie: Ist das eine Lösung, um dem Siegeszug der Einweg-Plastikflasche in irgendeiner Form entgegenzutreten? – Ich sage ganz klar: Nein! Was soll das bewirken, nachdem man vorher die Quoten versäumt hat, nun eine so schwammige, nichts sagende Formulierung zu wählen, die in keiner Weise irgendeine Richtschnur für die Wirtschaft darstellt?

Wir haben auch massiv kritisiert, dass es bei dieser Vereinbarung keinen Einbezug der Konsumentenschutzverbände und keinen Einbezug der Umweltschutzverbände gegeben hat. Daher haben wir für diesen Bereich ein alternatives Modell vorgelegt.

Herr Kollege Schweitzer! Es ist ja nicht so, dass es im Moment keine Mehrbelastungen gibt. Es wird damit gerechnet, dass es bis zu einer Milliarde an Mehrbelastungen für die Gemeinden geben wird, und die Gemeinden geben das über die Müllgebühren an ihre Bürgerinnen und Bürger weiter. Es wird also Probleme geben, und es hat massive Kritik von den Bundesländern gegeben, auch von Herrn Landes-Umweltreferenten Gorbach, auch von Frau Haubner aus Oberösterreich – das ist auch in Richtung der Freiheitlichen gesprochen. So kritiklos, wie Herr Abgeordneter Schweitzer es darstellt, war das überhaupt nicht.

Das ist eine extrem umstrittene Entscheidung des Herrn Umweltministers, die wir massiv kritisieren. Ich glaube, wenn man hier nicht in irgendeiner Form Einhalt gebietet, dann werden wir im Jahr 2004 die Mehrwegsysteme flächendeckend aus den Regalen verdrängt haben. Damit wird auch viel an Umweltbewusstsein in der österreichischen Bevölkerung zerstört. Ich bitte Sie, noch einmal darüber nachzudenken. Vielleicht fällt uns hier noch etwas Klügeres ein als diese komische freiwillige, nichts sagende, schwammige, überflüssige Vereinbarung zwischen Bundesminister Molterer und Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl, die wirklich zu nichts führen wird. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dobnigg. )

Zum Abschluss noch eine Bemerkung: Was mich persönlich etwas geärgert hat, ist, dass diese Verordnung auf der Grundlage einer Untersuchung erfolgt ist, die in der wissenschaftlichen Literatur wirklich einzigartig ist. Sie kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass das Einwegsystem sowohl ökologisch als auch unter anderen Gesichtspunkten günstiger als das Mehrwegsystem ist. – Das ist wirklich einzigartig und fußt auf vielen falschen Annahmen. Wir werden die Gelegenheit noch nutzen, um diese Studie, die die Entscheidung offensichtlich in irgendeiner Form beeinflusst hat, auch wissenschaftlich zu kritisieren. Das ist ein unglaubliches Werk.


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Weiters hat es im "Standard" eine Inseratenserie um 500 000 S gegeben, in der genau diese Aussage – Einweg ist besser als Mehrweg – beworben worden ist. Ich finde, das sollte man als Umweltminister in Österreich einfach nicht tun. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Gahr. Er hat das Wort.

22.03

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Zunahme der Zahl der Einwegverpackungen in Österreich stellt Konsumenten und Wirtschaft – und dort vor allem die Getränkeerzeuger und -abfüller – vor neue Herausforderungen. Das Kaufverhalten in Österreich hat sich in den letzten Jahren dahin gehend entwickelt, dass die Zahl der Einwegverpackungen zugenommen hat und die Zahl der Mehrwegverpackungen zurückgegangen ist.

Die Gründe dafür, sich für Einwegverpackungen zu entscheiden, liegen wohl in der Bequemlichkeit der Konsumenten, aber auch in der gewünschten höheren Flexibilität. Getränkeerzeuger und Handel haben in den letzten Jahren, dem Trend entsprechend, auf das Konsumentenverhalten reagiert und in neue Abfüllanlagen sowie neue Logistiksysteme investiert. Es ist eigentlich kurios, dass viele Bürger zwar angeben, Mehrwegverpackungen zu bevorzugen, dass aber das Kaufverhalten und die Sammelquoten eine andere Sprache sprechen.

Trotz intensiver Bemühungen ist es in einigen Bereichen nicht gelungen, die Mehrweggebinde zu erhalten. Das gilt zum Beispiel für Milch. Man hat jahrelang versucht, die Mehrweggebinde im Glas zu forcieren, aber das Kaufverhalten ist trotzdem hin zur Tetrapackung gegangen. Mineralwasser wird europaweit aus Wettbewerbsgründen in PET-Flaschen gefüllt. Als Tiroler kann ich hier feststellen, dass zwei namhafte Abfüller auf PET-Flaschen umstellen mussten, um nicht gänzlich vom Markt zu verschwinden. Es ist also schwierig, Glasflaschen auf dem Markt unterzubringen.

Wie soll die Politik darauf reagieren? – Ordnungspolitische Maßnahmen haben ihre Grenzen und sind in diesem Bereich keine Erfolgsgarantie. Aus diesem Grund wurde die Zielverordnung für Verpackungsabfälle novelliert und durch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft ergänzt. Die ökologische Sinnhaftigkeit von Mehrwegsystemen muss stärker in den Köpfen der Bürger verankert werden.

Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Fallent und Kollegen soll die objektive Information über die Zweckmäßigkeit verstärkt werden. Außerdem sollen die Getränkeabfüller und der Handel aufgefordert werden, die Wahlfreiheit zwischen Mehrweg- und Einwegsystemen aufrechtzuerhalten. Zwangsmaßnahmen sind nicht der richtige Weg. Die Bürger müssen erkennen, dass der Kauf von Mehrwegsystemen ökologische Vorteile hat.

In diesem Sinne hoffe ich, dass die "Einwegbombe" nicht komplett explodiert und dass ökologisch sinnvolle und ökonomisch vertretbare Mehrwegsysteme sich auf dem Markt behaupten können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. Er hat das Wort.

22.06

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Glawischnig und Frau Kollegin Sima! Ja, auch ich bin nicht zufrieden mit der derzeitigen Entwicklung, insbesondere im Bereich von Mineralwasser und Fruchtsäften, wo der Konsument in zunehmend geringerem Maße die Möglichkeit vorfindet, zwischen Einweg- und Mehrwegverpackungen zu wählen. Wir wissen auch von den Entsorgungsbetrieben, dass sie immer mehr über volle Sammellager klagen.


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Ich halte aber in diesem Zusammenhang nichts von neuen Abgaben, die selbstverständlich – wie schon meine Vorredner gesagt haben – der Konsument zu bezahlen hätte. Es würde sich mit Sicherheit wahrscheinlich nur einer, nämlich der Finanzminister, darüber freuen, aber die Haushalte würden zusätzlich belastet werden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Haben Sie sich einmal das mit dem Pfandsystem überlegt?) Ich halte auch nichts von Pfandsystemen. Wir wissen vom Beispiel Schweden, dass sich dann im Osten sofort Organisationen bilden, die dort die Dosen und Flaschen sammeln und in groß angelegten Organisationen nach Westen transportieren würden, um dort das Pfand zu kassieren. Daher sind wir mit Sicherheit gegen solche Abgaben.

Wir glauben an die Vernunft des Handels und daran, dass der Handel die Rute, die ihm ins Fenster gestellt wurde, auch sehen wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sehen schon, aber nichts tun! Das ist das Problem!) Sehen wir uns an, was der Handel in den nächsten Jahren im Rahmen der neuen Verpackungszielverordnung machen wird, die im Dezember des vorigen Jahres erlassen wurde. Geben wir ihm die Chance, dass er sich an diese freiwilligen Vereinbarungen hält!

Aber eines sage ich auch ganz klar: Der Handel muss wissen und davon überzeugt sein, dass es dann im Jahr 2004, wenn die Quoten überprüft werden, diese Sanktionen tatsächlich geben wird – wie es auch der Bundesminister in seiner Anfragebeantwortung gesagt hat – und dass es dann kein "Hintertürl" mehr geben wird. Ich ersuche Sie daher, Herr Minister, dies dem Handel auch klar und deutlich zu sagen.

Meine Damen und Herren! Der gemeinsame Antrag der Koalitionsparteien setzt auf Information, auf eine freiwillige Vereinbarung und nicht auf neue Abgaben. Ich ersuche Sie daher, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Von Seiten der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 648 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt mit Mehrheit.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 648 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Entschließung stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Entschließung, die dem Ausschussbericht beigedruckt wurde, ist mit Mehrheit angenommen. (E 86.)

31. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 317/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend eine österreichische Initiative für EU-Projekte zur Sanierung nuklearer Altlasten auf der Halbinsel Kola und in der Barents-See (649 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 31. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt mir nicht vor, daher gehen wir in die Beratung ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


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22.11

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor fast einem Jahr, genau am 12. August 2000, hat eine Katastrophe die Öffentlichkeit aufhorchen lassen. Es war dies der Untergang des russischen Atom-U-Bootes "Kursk", welches mit 118 Mann Besatzung in zirka 100 Meter Tiefe gesunken ist.

Nicht nur dass das menschliche Leid von großer Tragweite war – Familien haben ihre Väter verloren, Frauen ihre Ehemänner und Mütter ihre Söhne –, gab es auch noch ein unnötiges Theater um die Hilfestellung bei der Bergung der eventuell noch lebenden Besatzungsmitglieder. Aus Aufzeichnungen und Abschiedsbriefen ist hervorgegangen, dass 23 Mann der Besatzung das Unglück anfangs überlebt hatten.

Weiters wurden die katastrophalen Missstände bei der Entsorgung der nicht mehr gebrauchten russischen Atom-U-Boot-Flotte bekannt. Es geht dort wahrscheinlich um 50 bis 70 Atom-U-Boote, die noch hoch aktiven Nuklearbrennstoff an Bord haben und langsam vor sich hin rosten. Zehntausende Atombrennstäbe werden direkt im Wasser der Arktis gelagert – unvorstellbar, was da alles passieren kann!

Es ist für mich auch unvorstellbar, dass man mit derart gefährlichem Material so unsachgemäß und sorglos umgeht. Rund 30 000 Kubikmeter radioaktiver Müll sollen auf der Halbinsel Kola unter freiem Himmel lagern. Nicht nur die Gegend ist umweltschutzmäßig beeinträchtigt, auch das dort befindliche Fischgewässer wird immer mehr in Mitleidenschaft gezogen.

Es muss daher unsere Pflicht sein, Forderungen aufzustellen. Vor allem wäre es sehr wichtig, dass die Abwrackung der Atom-U-Boote nur unter internationaler Aufsicht durchgeführt werden darf oder eine generelle Abwrackung dieses Waffensystems schon aus Umweltschutzgründen verboten wird.

Herr Bundesminister! Wir ersuchen daher das Außenministerium, sich bei den Institutionen der Europäischen Union gemeinsam mit den in dieser Frage besonders betroffenen und engagierten skandinavischen Mitgliedstaaten für die Erstellung einer umfassenden Schadensanalyse in der Barents-See und auf der Halbinsel Kola einzusetzen und diese selbstverständlich gemeinsam mit Russland vorzunehmen. Weiters wäre es sinnvoll, auf höchster Ebene zwischen der Europäischen Union und Russland eine gemeinsame Problemlösungsstrategie zu vereinbaren.

Meine Fraktion wird daher diesen Entschließungsantrag unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. Er hat das Wort.

22.14

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Den Ausführungen von Frau Kollegin Pfeffer ist, was das betrifft, nichts mehr hinzuzufügen.

Auch wir werden zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Matthias Ellmauer. Er hat das Wort.

22.14

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gefahren der Kernenergie sind für uns eine äußerst wichtige Angelegenheit. Österreich setzt bei drohenden Atomgefahren auch auf die Solidarität der Gemeinschaft. Die Bedrohung durch nukleare Altlasten muss von uns daher ernst genommen werden.


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Dass bereits der richtige Weg zur Lösung der Probleme eingeschlagen worden ist, verdanken wir auch den Anstrengungen der österreichischen Ratspräsidentschaft 1998 und insbesondere unserer Außenministerin. Durch ihren Einsatz für das Konzept der nördlichen Dimension in der Ratsarbeitsgruppe Osteuropa – auch unter Einbeziehung von Kaliningrad, dem früheren Königsberg – ist dieser Prozess vorangetrieben worden. Dass dabei die Verhandlungsführung im Vorfeld des Gipfeltreffens von Feira nicht leicht war, ist uns allen klar und sollte den Sanktionsbefürwortern von der linken Reichshälfte besonders klar sein.

Die besondere Dimension der Problematik ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich bei den nuklearen Altlasten um rund 60 ausgediente Atom-U-Boote noch aus sowjetischen Beständen handelt. Genau in diesem Zusammenhang müssen auch die politische Dimension und die Durchsetzbarkeit dieses Projektes gesehen werden. Es ist eine Frage von geopolitischer Bedeutung, bei der der Russischen Föderation die zentrale Rolle zukommt. Es gilt, Präsident Putin für dieses Projekt zu gewinnen.

Für die erfolgreiche internationale Hilfe ist der Abschluss des so genannten nuklearen Umweltprogramms für die russische Föderation die Voraussetzung. Es bleibt zu hoffen, dass die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Paraphierung noch während der schwedischen Ratspräsidentschaft durchzuführen, auch in die Tat umgesetzt werden wird. Inzwischen gilt es, die Finanzierung für eine umfassende Schadensanalyse und eine erfolgreiche Beseitigung durch die Geberkonferenz sicherzustellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Sie hat das Wort.

22.17

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich mache es ebenfalls kurz. Wenn Sie sich das nächste Mal den Film "Jagd auf Roter Oktober" mit Sean Connery anschauen, dann können Sie sich vielleicht darüber freuen, dass wir heute zu diesem Problem der Altlasten und der Atomreaktoren in U-Booten gemeinsam etwas beigetragen haben.

Wir unterstützen die schwedische Präsidentschaft in ihren Bemühungen um diese Halbinsel, auf der es nur so wimmelt von Atomreaktoren. Dort liegt ein Fünftel der weltweit außer Betrieb und in Betrieb befindlichen Atomreaktoren. Es freut mich, dass wir diesen Vier-Parteien-Antrag zustande gebracht haben.

Anti-Atom-Politik ist allerdings unteilbar. Ich komme jetzt als letzte Rednerin noch einmal auf den Ausgangspunkt des heutigen Tages zurück, sehr verehrte Kollegen von der freiheitlichen Fraktion, und bringe einen Entschließungsantrag ein, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig, Lichtenberger, Moser, Freundinnen und Freunde betreffend österreichische Anti-Atompolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, die Bemühungen der schwedischen Präsidentschaft betreffend eine Lösung für die nuklearen Altlasten in Russland zu unterstützen.

2. Der Nationalrat bewertet den Verkauf der KELAG an die RWE als mit der österreichischen Anti-Atom-Politik und der Intention des Atomsperrgesetzes unvereinbar und fordert die Bundesregierung auf, an die Landeshauptleute und die Landtage zu appellieren, offensiv auf eine öster


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reichische Stromlösung hinzuarbeiten. Erster Schritt soll die Gründung einer österreichweiten Netzgesellschaft als Rückgrat der österreichischen Stromversorgung sein.

*****

Ich denke, den ersten Punkt können Sie mittragen.

Weiters sind wir wieder bei dem Punkt: Konkrete Atompolitik hört nicht bei Entschließungen auf, sondern sie hört bei der Wirtschaftspolitik und bei der Energiepolitik auf. (Beifall bei den Grünen.) Auch wenn Sie es nicht übers Herz bringen, weil es für Sie ein so großer Schritt ist, etwas gegen die falsche Entscheidung des Herrn Landeshauptmannes Jörg Haider zu tun, die durch nichts zu rechtfertigen und eine Bankrotterklärung der Anti-Atom-Politik ist (Abg. Mag. Trattner: Das sagen Sie als Kärntnerin?)  – das sage ich als Kärntnerin in aller Offenheit, da habe ich überhaupt kein Problem –, auch wenn Sie das nicht übers Herz bringen, bitte ich Sie trotzdem, über diese Problematik nachzudenken. Sie soll sich nicht wiederholen. Das ist ein Warnschuss für die restlichen österreichischen Bundesländer. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie in irgendeiner Weise über Ihren Schatten hätten springen können und nicht immer nur dem nachrennen würden, der sagt, er ist der Chef und er hat Recht. In diesem Fall hat er so etwas von Unrecht, dass es fast nicht auszudrücken ist! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Er hat das Wort.

22.19

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass es doch noch zu einem Vier-Parteien-Antrag in Bezug auf die Anti-Atom-Politik unseres Landes gekommen ist. Danke – ich stehe nicht an, den Regierungsparteien für ihre Einsicht zu danken! Ich möchte aber dazu ausdrücklich nochmals betonen, dass meine Fraktion den "Melker Prozess" nicht mehr als geeigneten Prozess für einen Ausstieg der Tschechen aus dem Atomkraftwerk Temelin ansieht.

Meine Damen und Herren! Zu dem soeben vorgebrachten Entschließungsantrag der Kollegin Glawischnig habe ich einen Entschließungsantrag meiner Fraktion einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Oberhaidinger und Genossen betreffend raschestmögliche Absicherung einer österreichischen Stromlösung zur Forcierung der Anti-Atompolitik der Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, die Bemühungen der schwedischen Präsidentschaft be-treffend einer Lösung für die nuklearen Altlasten in Rußland zu unterstützen.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, eine österreichische Stromlösung bis zum 31.12.2001 zu realisieren, um einen weiteren Ausverkauf von Energiegesellschaften an das Ausland im Sinne einer glaubhaften Anti-Atompolitik zu verhindern. Diese umfasst die Schaffung eines wettbewerbsstarken österreichischen Wasserkraftkonzerns, die Errichtung einer österreichischen Netzgesellschaft im öffentlichen Eigentum sowie die Errichtung einer österreichischen Energieholding mit einem einheitlichen Vertriebsapparat.

*****


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71. Sitzung / Seite 239

Danke und gute Nacht! (Beifall bei der SPÖ.)

22.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Entschließungsantrag ist ebenfalls ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

22.21

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bringe zum Abschluss dieser heutigen Debatte noch einen Entschließungsantrag ein. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Fallent, Mag. Ulli Sima, Dr. Eva Glawischnig und Kollegen betreffend die konsequente Fortsetzung der gemeinsamen Anti-Atompolitik Österreichs

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat

bekräftigt den Aktionsplan "Österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang", insbesondere seine diesbezügliche Entschließung vom 13. Juli 1999;

bekräftigt seine Position zum KKW Temelin, wie sie in den Entschließungen vom 19. Oktober 2000, 5. September 2000 und 5. Juli 2000 zum Ausdruck kommt;

unterstützt die Initiativen der Bundesregierung zur Schaffung hoher europäischer Sicherheitsstandards, zur Reform und Integration des Euratom-Vertrags in den EG-Vertrag im Sinne einer völligen Neudefinition der Inhalte dieses Vertrages wie beispielsweise einer Forcierung erneuerbarer Energieträger und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der Energienutzung insbesondere in Hinblick auf "Ausstiegsszenarien" und ersucht die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Aufstockung des Euratom-Kreditrahmens erfolgt und dass keine Kredite europäischer Finanzinstitutionen für den Neubau, Fertigbau oder Nachrüstung von KKW eingesetzt werden.

unterstützt die Bundesregierung in ihrer Haltung, die energetische Nutzung der Kernenergie weder als kompatibel mit den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung noch als geeignete Maßnahme zur Erreichung von Klimaschutzzielen anzusetzen;

und ersucht die Bundesregierung,

mit Nachdruck alle zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um auch im Dialog mit der Regierung der Tschechischen Republik die österreichischen Interessen bezüglich des KKW Temelin im Sinne der bisherigen Beschlüsse in Richtung endgültiger Ausstieg aus der Atomkraft zu vertreten.

*****

Vielen Dank und eine gute Nacht, meine Damen und Herren. (Allgemeiner Beifall.)

22.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich diese Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.


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71. Sitzung / Seite 240

Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Kopf ist als Vier-Parteien-Antrag ebenfalls genügend unterstützt.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 649 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser dem Ausschussbericht beigedruckten Entschließung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist offenbar einstimmig angenommen. (E 87.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig betreffend österreichische Anti-Atompolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Dr. Glawischnig stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Oberhaidinger und Genossen betreffend raschestmögliche Absicherung einer österreichischen Stromlösung zur Forcierung der Anti-Atompolitik der Bundesregierung.

Auch hier bitte ich jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Fallent, Mag. Sima, Dr. Glawischnig und Genossen betreffend die konsequente Fortsetzung der Anti-Atompolitik Österreichs.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Antrag ist vom Nationalrat einstimmig angenommen. (E 88.)

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen damit, wie am Beginn der Sitzung angekündigt, zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 438/A betreffend ein Pensionsreformgesetz 2001 eine Frist bis zum 3. Juli 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, der Fristsetzungsantrag ist mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist somit erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 446/A (E) bis 450/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2517/J bis 2550/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 7. Juni 2001, 9 Uhr ein.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
71. Sitzung / Seite 241

Die Tagesordnung ist der im Sitzungssaal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die morgige Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet.

Die heutige Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.27 Uhr