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Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

927. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 24. Juni 2021

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

927. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 24. Juni 2021

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 24. Juni 2021: 9.04 – 21.09 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechts­anwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitge­set­zes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfassungsbestimmungen

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden

5. Punkt: Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V

6. Punkt: Kündigung des Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußball­spielen

7. Punkt: Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicher­heit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen und anderen Sportveranstaltungen

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Gebührengesetz 1957 und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden (Passgesetz-Novelle 2021)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härte­fallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantie­ge­setz 1977 geändert werden


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 2

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Heeresgebührengesetz 2001 und das Heeres­disziplinargesetz 2014 geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunter­richts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehr­gänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflicht­gesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten und das Bundesge­setz BGBl. Nr. 420/1990 geändert werden

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche Sonder­vorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen auf­grund von COVID-19 (2. COVID-19-Hochschulgesetz – 2. C-HG) geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatz­steuergesetz 1994 und das Alkoholsteuergesetz geändert werden

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz und das COVID-19-Zweck­zuschussgesetz geändert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz, das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbediens­tetengesetz 1948 geändert werden

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz und das Bundesbahn­pensions­gesetz geändert werden

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 und das Gehalts­kassengesetz 2002 geändert werden

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird

28. Punkt: Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon­sumentenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kom­mission für 2021 und des portugiesischen Arbeitsprogramms für das 1. Halbjahr 2021 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des deutschen, portugiesischen und slowenischen Rats­vorsitzes

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz (CFPG) geändert werden

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) geändert wird


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 3

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Land­arbeitsgesetz 2021 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert wird

35. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 2. Halbjahr 2021

*****

Inhalt

Bundesrat

Schlussansprache des Präsidenten Mag. Christian Buchmann .......................      15

Wortmeldung des Bundesrates Christoph Steiner zur Geschäftsbehandlung ....      29

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung:

Wolfgang Beer .........................................................................................................      83

Christoph Steiner ....................................................................................................      83

35. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ordner/innen für das 2. Halbjahr 2021 .....................................................................    200

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA .....................................    202

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    207

Aktuelle Stunde (87.)

Thema: „(Impf)Diplomatie in Zeiten der Corona-Krise: Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“ ..............................................................................      20

RednerInnen:

Ing. Eduard Köck ....................................................................................................      20

Stefan Schennach ...................................................................................................      22

Dr. Johannes Hübner .............................................................................................      24

Marco Schreuder ....................................................................................................      27

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. .......................................      30

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................      33

Elisabeth Grimling ..................................................................................................      34

Thomas Dim ............................................................................................................      35

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ..........................................................................................      36

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................      37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................      39

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union  42, 43, 44

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ......................................................................      45


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 4

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................................  38, 207

Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betref­fend „Covid-19: Herr Gesundheitsminister, wieso impfen Sie die Kinder?“ (3898/J-BR/2021) ...................................................................................................................    125

Begründung: Andreas Arthur Spanring .................................................................    125

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    130

Debatte:

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................    138

Elisabeth Wolff, BA .................................................................................................    141

Ingo Appé ................................................................................................................    142

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................    145

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................    147

MMag. Dr. Michael Schilchegger ..........................................................................    147

Christoph Steiner ....................................................................................................    150

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwalts­an­wärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden (1647/A und 926 d.B. sowie 10644/BR d.B. und 10682/BR d.B.) .........................................................................      45

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ...............................................................      46

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Be­gleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitge­set­zes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfassungsbestimmungen (1648/A und 927 d.B. sowie 10683/BR d.B.) ................................................................................      45

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      46

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presse­för­derungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (1649/A und 928 d.B. sowie 10684/BR d.B.) ..................      46

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      46

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungs­gerichtshofgesetz 1985 geändert werden (1699/A und 929 d.B. sowie 10645/BR d.B. und 10685/BR d.B.) ..................................................................................................      46

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      46


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 5

RednerInnen:

MMag. Dr. Michael Schilchegger ..........................................................................      47

Sebastian Kolland ...................................................................................................      50

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................      51

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ..........................................................................................      52

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................      53

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      55

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ...........................................................      55

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      55

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      55

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Umwelt­schutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V (812 d.B. und 903 d.B. sowie 10678/BR d.B.) .........................................................................      56

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ...............................................................      56

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustim­mung zu erteilen und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben .......................      56

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend eine Kündi­gung des Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Fehlver­halten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußball­spielen (852 d.B. und 873 d.B. sowie 10656/BR d.B.) .............................................      57

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ...................................................................      57

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Über­einkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen und anderen Sportveranstal­tun­gen (853 d.B. und 874 d.B. sowie 10657/BR d.B.) ..................................................      57

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ...................................................................      57

RednerInnen:

Silvester Gfrerer ......................................................................................................      58

Stefan Schennach ...................................................................................................      59

Thomas Schererbauer ............................................................................................      60

Marco Schreuder ....................................................................................................      61

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, 1. gegen den vor­lie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 6

vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ...........................................................      63

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ...........................................................      63

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Gebührengesetz 1957 und das Bun­des­kriminalamt-Gesetz geändert werden (Passgesetz-Novelle 2021) (860 d.B. und 875 d.B. sowie 10658/BR d.B.) .........................................................................      63

Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ...........................................................      64

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (1658/A und 876 d.B. sowie 10659/BR d.B.) ...............................................................................................      64

Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ...........................................................      64

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden (1657/A und 877 d.B. sowie 10660/BR d.B.) ..............................................      64

Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ...........................................................      64

RednerInnen:

Robert Seeber .........................................................................................................      64

Dominik Reisinger ..................................................................................................      66

Josef Ofner ..............................................................................................................      67

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................      69

Dr. Johannes Hübner .............................................................................................      71

Günter Kovacs (tatsächliche Berichtigung) ............................................................      74

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dänischer Vorstoß in der Migrationspolitik als Vorbild für Österreich“ – Ablehnung ...............................................................................  73, 75

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      74

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      74

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................      75

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (1686/A und 933 d.B. sowie 10679/BR d.B.)      75

Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................      75


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 7

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geän­dert werden (1653/A und 934 d.B. sowie 10680/BR d.B.) .......................................      75

Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................      75

RednerInnen:

Elisabeth Mattersberger .........................................................................................      76

Andrea Kahofer .......................................................................................................      77

Thomas Dim ............................................................................................................      79

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................      79

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ....................................................      81

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gratis Corona-Tests für Privatzimmervermieter*innen“ – Ab­lehnung ..........................................................................................................  78, 83

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................      82

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................      82

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Heeresgebührengesetz 2001 und das Heeresdisziplinar­ge­setz 2014 geändert werden (851 d.B. und 863 d.B. sowie 10652/BR d.B.) ............      83

Berichterstatter: Bernhard Hirczy ...........................................................................      84

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (864 d.B. sowie 10653/BR d.B.) .........................................................................................................      84

Berichterstatter: Bernhard Hirczy ...........................................................................      84

RednerInnen:

Ing. Isabella Kaltenegger .......................................................................................      84

Wolfgang Beer .........................................................................................................      85

Markus Leinfellner ..................................................................................................      86

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................      88

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................      89

Horst Schachner .....................................................................................................      90

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................      90

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................      90

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten und das


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 8

Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990 geändert werden (862 d.B. und 916 d.B. sowie 10654/BR d.B.) .........................................................................................................      90

Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................      91

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (2. COVID-19-Hochschulgesetz – 2. C-HG) geändert wird (917 d.B. sowie 10655/BR d.B.) ...............................................................................................      91

Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................      91

RednerInnen:

Doris Hahn, MEd MA ..............................................................................................      91

Ing. Judith Ringer ...................................................................................................      95

Markus Leinfellner ..................................................................................................      97

Andreas Lackner .....................................................................................................      98

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................    100

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .....................................................................    101

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................    103

Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kol­legen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 15, gegen den Beschluss des Natio­nalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schul­orga­nisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufs­tätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirt­schaft­liche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990 geändert werden (862 d.B. und 916 d.B. sowie 10654/BR d.B.), keinen Einspruch zu erheben – Ablehnung .............................................................................  96, 105

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „gesunde und biologisch hergestellte Lebensmittel an Schulen“ – Ablehnung ..........................................................................  104, 106

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    106

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­ge­setz 1994 und das Alkoholsteuergesetz geändert werden (1669/A und 935 d.B. sowie 10681/BR d.B.) .........................................................................................................    106

Berichterstatterin: Elisabeth Mattersberger ...........................................................    106

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    107

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz und das COVID-19-Zweckzuschussgesetz ge­ändert werden (1665/A und 882 d.B. sowie 10646/BR d.B. und 10661/BR d.B.) ........    107

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    107

RednerInnen:

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................    107

Ernest Schwindsackl ..............................................................................................    108


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 9

Korinna Schumann .................................................................................................    110

Christoph Steiner ....................................................................................................    113

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus für alle Krisen-Held*innen“ – Ablehnung ....  112, 115

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzieller Besserstellung von Mitarbeitern in Pflege­be­rufen“ – Ablehnung ....................................................................................  114, 115

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    115

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz, das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (1662/A und 883 d.B. sowie 10647/BR d.B. und 10662/BR d.B.) .........................................................................    115

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    116

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1660/A und 888 d.B. sowie 10648/BR d.B. und 10663/BR d.B.) ................................................    116

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    116

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbediensteten­ge­setz 1948 geändert werden (889 d.B. sowie 10664/BR d.B.) ...................................................    116

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    116

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Pensionsgesetz und das Bundesbahnpensionsgesetz geän­dert werden (890 d.B. sowie 10665/BR d.B.) ...........................................................    116

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    116

RednerInnen:

Markus Leinfellner ..................................................................................................    117

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ..........................................................................................    118

Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA ..........................................................................    119

Günter Kovacs ........................................................................................................    120

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    121

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 19, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 20, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 21, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 22, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    123


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (1251/A und 879 d.B. sowie 10649/BR d.B. und 10666/BR d.B.) .........................................................................    123

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    123

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 und das Gehaltskassen­ge­setz 2002 geändert werden (1695/A und 880 d.B. sowie 10650/BR d.B. und 10667/BR d.B.) .........................................................................................................    123

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    123

RednerInnen:

Marco Schreuder ....................................................................................................    124

Johanna Miesenberger ...........................................................................................    152

Ingo Appé ................................................................................................................    154

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................    154

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    154

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 23, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    156

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 24, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    156

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernäh­rungs­sicherheitsgesetz geändert werden (1663/A und 884 d.B. sowie 10668/BR d.B.) .......    156

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    156

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (1696/A und 885 d.B. sowie 10669/BR d.B.) .........................................................................................................    156

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    156

RednerInnen:

Andrea Michaela Schartel ......................................................................................    157

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    157

Dipl.-Ing. Andrea Holzner .......................................................................................    158

Stefan Zaggl ............................................................................................................    158

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 25, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    161

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 26, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    161

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird (861 d.B. und 886 d.B. sowie 10670/BR d.B.) ...............................................................................................    161

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................    161


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 11

RednerInnen:

Andreas Lackner .....................................................................................................    162

Johanna Miesenberger ...........................................................................................    163

Günther Novak ........................................................................................................    165

Thomas Schererbauer ............................................................................................    166

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    167

28. Punkt: Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon­sumentenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Artikel 23f Ab­satz 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Euro­päischen Kommission für 2021 und des portugiesischen Arbeitsprogramms für das 1. Halb­jahr 2021 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des deutschen, portugie­sischen und slowenischen Ratsvorsitzes (III-733-BR/2021 d.B. sowie 10671/BR d.B.) ...........    167

Berichterstatter: Andreas Lackner ..........................................................................    167

RednerInnen:

Stefan Schennach ...................................................................................................    168

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    169

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ................................................................................    172

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................    174

Dr. Johannes Hübner .............................................................................................    176

Antrag der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kol­legen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR, den Bericht des Bundesministers für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend EU-Jahresvor­schau 2021 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission für 2021 und des portugiesischen Arbeits­programms für das 1. Halbjahr 2021 sowie des Achtzehnmonats­pro­gramms des deutschen, portugiesischen und slowenischen Ratsvorsitzes (III-733-BR/2021 d.B. sowie 10671/BR d.B.), zur Kenntnis zu nehmen – Annahme ..................  175, 179

Gemeinsame Beratung über

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarkt­servicegesetz geändert werden (1659/A und 907 d.B. sowie 10651/BR d.B. und 10672/BR d.B.) .........................................................................................................    179

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................    179

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz und das COVID-19-Förderungs­prüfungsgesetz (CFPG) geändert werden (908 d.B. sowie 10673/BR d.B.) ...........    179

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................    179

31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1652/A und 913 d.B. sowie 10674/BR d.B.) ................................................................................    179

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................    179

32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 12

Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) geändert wird (1668/A und 914 d.B. sowie 10675/BR d.B.) ................................................................................    179

Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................    179

RednerInnen:

Andrea Michaela Schartel ......................................................................................    180

Heike Eder, BSc MBA .............................................................................................    183

Horst Schachner .....................................................................................................    184

Andreas Lackner .....................................................................................................    185

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................    186

Mag. Sandra Gerdenitsch ......................................................................................    187

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................    190

Sonja Zwazl .............................................................................................................    190

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Keine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche“ – Ab­lehnung ......................................................................................................  181, 193

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Mag. Sandra Gerdenitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Wirkungsvoller Mutterschutz in Zeiten von Corona“ – Ablehnung .................................................................................................  189, 193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 29, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 30, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 31, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 32, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    193

Gemeinsame Beratung über

33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeits­gesetz 2021 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1698/A und 909 d.B. sowie 10676/BR d.B.) ...........................................................    194

Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................    194

34. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert wird (1667/A und 910 d.B. sowie 10677/BR d.B.) ................................................................................    194

Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................    194

RednerInnen:

Korinna Schumann .................................................................................................    194

Dipl.-Ing. Andrea Holzner .......................................................................................    196

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................    197

Andreas Lackner .....................................................................................................    198

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................    198

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 33, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    200


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 13

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 34, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    200

Eingebracht wurden

Anträge der BundesrätInnen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Karfreitag als Feiertag für alle ArbeitnehmerInnen (295/A(E)-BR/2021)

Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratis Corona-Tests für Privat­zimmervermieter*innen (296/A(E)-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend flächendeckende Versorgung für LGBTIQ-Jugendliche (297/A(E)-BR/2021)

Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend Agrarfördermitteleinsatz zur Erreichung des Endes der Vollspaltenböden-Haltung von Schweinen in Österreich (298/A(E)-BR/2021)

Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Kastrationspflicht für alle Katzen, die mit freiem Zugang zur Natur gehalten werden („Freigängerkatzen“) (299/A(E)-BR/2021)

Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Vollspalten­böden in der Schweinehaltung (300/A(E)-BR/2021)

Wolfgang Beer, Markus Leinfellner, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Reform des Österreichischen Bundesheers – Auswirkun­gen auf die Länder (301/A(E)-BR/2021)

Anfragen der BundesrätInnen

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Straftaten am Naherholungsgebiet Auwiese in Graz (3896/J-BR/2021)

Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Festnahme eines Journalisten (3897/J-BR/2021)

Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-19: Herr Gesund­heitsminister, wieso impfen Sie die Kinder? (3898/J-BR/2021)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Der Kanzler im Korruptionssumpf (3586/AB-BR/2021 zu 3871/J-BR/2021)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Video- und Telefondolmetsch in steirischen Bildungseinrichtungen (3587/AB-BR/2021 zu 3873/J-BR/2021)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der BundesrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Breitband­ausbau in der Steiermark (3588/AB-BR/2021 zu 3872/J-BR/2021)


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 14

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Andreas Arthur Spanring, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Stillstand bei S 8 Marchfeld Schnellstraße (3589/AB-BR/2021 zu 3874/J-BR/2021)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Krankenkassenbeiträge für Asylwerber in den Jahren 2018, 2019 und 2020 (3590/AB-BR/2021 zu 3875/J-BR/2021)

 


 


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 15

09.04.30Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Christian Buchmann, Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA, Vizepräsident Dr. Peter Raggl.

09.04.31*****


Präsident Mag. Christian Buchmann: Ich eröffne die 927. Sitzung des Bundesrates, begrüße alle Erschienenen und freue mich über die Anwesenheit von Herrn Bundes­minister Alexander Schallenberg. Herzlich willkommen im Bundesrat! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 926. Sitzung des Bundesrates vom 27. Mai sind aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet ist keine Kollegin und kein Kollege des Bundesrates, das heißt, wir sind vollzählig.

09.05.20Schlussansprache des Präsidenten


Präsident Mag. Christian Buchmann: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bun­desrates! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie unsere Sitzung via ORF III oder Livestream verfolgen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine gut geübte Praxis geworden, dass sich der scheidende Bundesratspräsident am Ende seiner Funk­tionsperiode noch einmal zu Wort meldet und ein kurzes Resümee über seine Präsi­dentschaft zieht.

Meine Präsidentschaft war eine Präsidentschaft, die wie jene meiner Vorgängerin und meines Vorgängers stark gekennzeichnet war von den Folgen und den Auswirkungen der Coronapandemie. Es war unser gemeinsames Anliegen, auf der einen Seite die gesundheitlichen Folgen dieser Pandemie so gering wie möglich zu halten und auf der anderen Seite am Comeback der österreichischen Wirtschaft zu arbeiten, um damit Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen.

Jetzt, am Ende dieses ersten Halbjahres, scheint es so, dass die Wirtschaftsparameter nach oben zeigen, dass die Coronainzidenzen sinken, dass insgesamt das Stimmungs­barometer im Land ansteigt und dass wir durchaus mit Zuversicht in die nächsten Mo­nate blicken können – wenn auch im Wissen, dass diese Pandemie noch nicht besiegt ist, wenn auch im Wissen, dass immer wieder neue Mutationen auftreten, die auch unser Handeln im österreichischen Bundesrat notwendig machen werden.

Es war mir in den vergangenen Monaten wichtig, das Profil des Bundesrates zu schär­fen, das Profil des Bundesrates als Zukunfts- und Europakammer und als, wenn Sie so wollen, personifiziertes Ländergewissen in der österreichischen Bundesgesetzgebung.

Ich habe das Motto „Das Gute liegt so nah – Regionen sind die Fundamente Europas“ gewählt. Ich habe es im Vertrauen und im Wissen gewählt, dass die Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinden, unserer Städte, unserer Bundesländer das größte Ver­trauen in eben jene Gebietskörperschaften haben, die nahe am Menschen sind, und dass wir bei den übergeordneten Gebietskörperschaften ganz besonders dafür werben müssen, dass dieses Vertrauen auch diesen Gebietskörperschaften zukommt, weil es eben in den großen Fragen insbesondere Europas notwendig ist, gemeinsam zu handeln, es aber gleichzeitig auch der lokalen und der regionalen Ebene möglich sein soll, Lösungen zu finden und auch rechtliche Rahmenbedingungen zu setzen, die nahe


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 16

am Bürger sind und die durchaus auch in einer Art Wettbewerbsföderalismus gestaltet werden können.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Motto und diese Profilschärfung waren mir auch in vielen Gesprächen mit Verantwortungsträgern des öffentlichen Lebens, des politischen Lebens, des gesellschaftlichen Lebens wichtig. Ich habe die Chance genutzt, mich mit dem Herrn Bundespräsidenten ebenso auszutauschen wie mit dem Herrn Bun­deskanzler, mit Mitgliedern der Bundesregierung, insbesondere auch mit Herrn Arbeits­minister Kocher, wenn es darum geht, wie wir als Regionen dazu beitragen können, dass unsere Wirtschaft wieder anzieht, dass Arbeitsplätze gesichert werden und neue Arbeits­plätze entstehen. Uns allen ist es auch wichtig, dass die duale Ausbildung in unserem Lande, die Fachkräfteausbildung entsprechend forciert wird.

Ich konnte auch ein sehr intensives und sehr, sehr gutes Gespräch mit dem Herrn Außen­minister, der anwesend ist, führen. Lieber Herr Bundesminister Alexander Schallenberg, danke auch für diesen Austausch! Es ist hoch respektabel und entspricht auch der Linie unseres Hauses, dass du dich ganz besonders auch am Westbalkan engagierst, das wollen wir auch in Zukunft tun. Es ist auch jetzt, glaube ich, im Rahmen der Pandemie ein schönes Zeichen der Republik Österreich, dass wir da ein deutliches Zeichen setzen, was die Lieferungen von Impfstoff in diesen Raum betrifft.

Mir war es aber nicht nur wichtig, mich mit der Politik auszutauschen, ich habe selbst­verständlich auch die Chance genutzt, mit den Religionsgemeinschaften manches Ge­spräch zu führen. Für mich besonders interessant war dabei das Gespräch mit dem Doyen des Diplomatischen Corps in Österreich. Es war deshalb für mich sehr interes­sant, mich mit dem Herrn Erzbischof auszutauschen, da seine Sicht der Dinge – er ist ein weitgereister Mann – auch, glaube ich, für jeden Jüngeren in diesem Lande span­nend ist und einen zum Nachdenken bringt.

Ich habe die Chance genutzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, mich auch in zwei Land­tagen zu Wort zu melden. Ich möchte mich bei den Tiroler Kolleginnen und Kollegen sehr, sehr herzlich für die freundliche Aufnahme bedanken. Das ist eine gut geübte Praxis geworden, dass der Bundesratspräsident/die Bundesratspräsidentin, sofern es der Terminkalender hergibt, auch im Tiroler Landtag spricht, und selbstverständlich habe ich das auch in meinem Heimatbundesland, der Steiermark, getan. Es war mir auch wichtig, mich im steirischen Wirtschaftsparlament zu Wort zu melden, da es eben um das gemeinsame Comeback der Wirtschaft geht.

Dieses Motto, dass das Gute so nah liegt, weil die Regionen die Fundamente Europas sind, haben wir im ersten Halbjahr auch durch einige Formate gelebt. Besonders span­nend habe ich – und ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die daran mitgewirkt haben – das Jugendmeeting gefunden, in Rahmen dessen wir uns mit jungen Österreicherinnen und Österreichern, die sich über einen Videowettbewerb qualifiziert haben, über die Zukunft Europas ausgetauscht haben. Sie haben hier gemeinsam mit Karoline Edtstadler, mit der – eingespielt – Vizekommissionspräsidentin Dubravka Šuica und dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Othmar Karas über die Zukunft nachgedacht und sich dann mit den Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates aus­getauscht, um Perspektiven zu entwickeln. Es war auch Martin Selmayr dabei, der Repräsentant der Europäischen Kommission in Wien. Er hat in seinem Schlusswort zu dieser Veranstaltung davon gesprochen, dass das, was die jungen Menschen hier gesagt haben, Mut machend war.

Ich möchte das aufgreifen. Ich glaube, wir als österreichischer Bundesrat sollten uns auch als Mutmacher verstehen, aber nicht nur als Mutmacher, sondern insbesondere auch als Möglichmacher. Und wir sollten immer im Blick haben, was möglich ist, was an


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 17

Gestaltungskraft für dieses Land geschehen kann und wie wir damit den Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land dienen können.

Bei dieser Jugendveranstaltung ist eine junge Niederösterreicherin aufgetreten, die sich sehr engagiert zu Wort gemeldet hat, Valentina Gutkas. Sie hat auch die Möglichkeit gehabt, am vergangenen Samstag bei der Zukunftskonferenz in Straßburg das Wort zu ergreifen und sich als Bürgerin in diese Zukunftskonferenz einzubringen, und hat dabei auch sehr löblich und wohlwollend erwähnt, dass der österreichische Bundesrat eine der ersten Kammern Europas war, die dieses Thema aufgegriffen und jungen Menschen eine Stimme gegeben hat. Ich glaube, darauf können wir gemeinsam stolz sein. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Subsidiaritätskonferenz in meiner Ge­burts­stadt Graz abgehalten. Ich bedanke mich bei der steirischen Landtagspräsidentin Khom für diese Konferenz und bei den Kolleginnen und Kollegen der Europaausschüsse der neun österreichischen Landtage. Es ist ein Diskussionsprozess angestoßen worden, wie wir Subsidiarität und Proportionalität auch in Zukunft in der Mitgestaltung der Ge­setzgebung seitens der Regionen vornehmen wollen. Ich glaube, dass das ein Prozess ist, der auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, eben im Wissen, dass das Ver­trauen der Bürgerinnen und Bürger in einer Mehrebenenregierungsform, in einer Multi-Level-Governance, auf verschiedene Gebietskörperschaften aufgeteilt ist und das Ver­trauen zu jenen Gebietskörperschaften, die nahe am Menschen sind, am größten ist.

Mir war es auch wichtig, Kunst und Kultur zu leben. Deswegen hat es in den Amtsräum­lichkeiten des Vorsitzenden des Bundesrates auch eine Kunstinstallation gegeben. Prof. Richard Kriesche hat sich dabei mit Europa, der Region, der Politik und der Demokratie in einer, wie ich glaube, sehr anschaulichen Installation auseinandergesetzt. Und für mich war es sehr beeindruckend, als er bei der Vorstellung der Installation kunst-hofburg – wie er dieses Projekt genannt hat – dann gemeint hat, dass Europa mehr ist als die Summe seiner Teile. Ich glaube, das sehen auch weite Kreise dieses Hauses so. Nicht umsonst ist das Motto der Europäischen Union „in Vielfalt geeint“.

Wir haben zu Beginn der Präsidentschaft eine Buchpräsentation durchführen können, noch im hybriden Format, bei der wir auf die Rolle der 283 Regionen im gemeinsamen Europa hingewiesen haben und am Beispiel der steirischen Szene über die letzten Jahrzehnte nachweisen haben können, dass der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union maßgeblich dazu beigetragen hat, dass es die Steiermark von einer einstmals grundstofflastigen Region am Rande der Europäischen Union geschafft hat, zu einer hochtechnologischen, innovativen Region im Herzen Europas zu werden, und – das besonders Erfreuliche dabei – dass damit der Aufbau von Beschäftigung erfolgt ist, dass damit seit der Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Union rund 70 000 zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse entstanden sind. Auch wenn das jetzt während der Pandemie etwas gelitten hat, bin ich zuversichtlich, dass wir dieses Niveau wieder erreichen werden und ausbauen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der österreichische Bundesrat ist international gut vernetzt. Sie alle wissen, dass wir während der Pandemie eingeschränkte Reisemöglich­keiten hatten und dass die Reisefreiheit gelitten hat. Daher haben Videokonferenzen zum täglichen Geschäft gehört. Ich erwähne nur drei: Es hat eine europaweite Parla­mentspräsidentenkonferenz gegeben, an der ich gemeinsam mit Wolfgang Sobotka für das österreichische Parlament teilgenommen habe, wo es mir wichtig war, insbesondere in Richtung der zwölf Zweikammersysteme unter den 27 EU-Parlamenten dafür zu werben, dass Subsidiarität und Proportionalität weiter auf der Agenda bleiben. Es hat deutschsprachige LandtagspräsidentInnenkonferenzen gegeben, wo wir die Meinung des österreichischen Bundesrates miteinbringen konnten, insbesondere auch in Fragen des Informationsfreiheitsgesetzes – ein Thema, das uns über die nächste Zeit noch beschäftigen


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 18

wird. Und im Rahmen der parlamentarischen Dimension der Ratspräsidentschaft habe ich bei der Cosac-Konferenz ebenfalls das Haus vertreten dürfen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ein besonderes Erlebnis für meine beiden Vize­präsidenten und für mich war eine Delegationsreise nach Rom. Wir haben dabei den perfekten Bikameralismus italienischer Prägung kennenlernen dürfen. Wir haben uns mit der italienischen Senatspräsidentin Maria Casellati auseinandersetzen können, mit ihr darüber gesprochen, wie so ein perfektes Zweikammersystem funktionieren kann, und haben dann anschließend mit dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses Roberto Fico – den ich im Übrigen auch hier im Hause vor einigen Wochen begrüßen durfte – diskutieren können, und dabei haben insbesondere die beiden Vizepräsidenten auch auf Erfordernisse hingewiesen, die sie beispielsweise im Bildungssystem sehen oder wenn es um die Verkehrsanbindungen im gemeinsamen Europa geht. Und das war für uns schon sehr spannend und wichtig, auch zu sehen, wie die italienischen Kolleginnen und Kollegen auf diese Meinungen aus Österreich Wert legen und wie sie auch bereit sind, glaube ich, gemeinsam mit uns an diesen Problemstellungen zu arbeiten.

Es war dann die Möglichkeit, bei einer Audienz bei Papst Franziskus dabei zu sein. Das war für uns alle, die dabei sein durften, glaube ich, ein bewegender Moment. Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch dir, geschätzter Herr Außenminister, sagen, dass die österreichischen Vertretungen im Ausland etwas sind, auf das wir ganz besonders stolz sein können. Ich möchte dir sagen, dass die beiden Botschafter in Rom, die Botschafterin beim Heiligen Stuhl Franziska Honsowitz-Friessnigg und Herr Bot­schafter Jan Kickert uns nicht nur exzellent betreut und diese Reise exzellent vorbereitet haben, sondern dass das zwei Persönlichkeiten sind, auf die wir im gesamten System der Auslandsvertretungen der Republik Österreich stolz sein können. Ich danke dir dafür und würde mich freuen, wenn du ihnen das auch weitergibst. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Um das Schlusswort des scheidenden Präsidenten nicht überzustrapazieren, erspare ich Ihnen Ausführungen zur Zukunftskonferenz und mache nur mehr einige ab­schließende Bemerkungen. Erstens: Viele von Ihnen wissen, dass ich bereits länger im politischen Geschehen tätig bin. Ich habe die Möglichkeit gehabt, im Grazer Gemein­derat zu wirken, im Grazer Stadtsenat, im Landtag Steiermark und in der steier­mär­kischen Landesregierung sowie auf europäischer Ebene. Ich möchte Ihnen aber sagen, dass die Aufgabenstellung hier im Hause des österreichischen Bundesrates – und da ich Kollegin Grossmann vor mir sehe, möchte ich sagen, wir haben einen Teil unseres beruflichen und politischen Lebens gemeinsam zugebracht, wie auch mit Kollegin Schartel, wenn ich auf die andere Seite blicke – schon etwas ganz Besonderes ist, weil wir den Blick auf das Ganze haben, aber gleichzeitig auch immer die Chance haben, auch in unserer Heimat, in unserer Heimatstadt, in unserer Heimatgemeinde, in unserer Region wirken zu können.

Es ist ein Faktum, dass österreichische Bundesräte zu den bestinformierten Politikern des Landes gehören, weil wir auf der Landesebene in den Klubs und in den Landtagen mitwirken können, weil wir auf Bundesebene in den Klubs, in den Fraktionen mitwirken können und damit die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auch einbringen können. Ob wir uns mit diesen Anliegen immer durchsetzen, ist eine andere Frage, dazu braucht es den Kompromiss und dazu braucht es in der Demokratie eine Mehrheit, aber es ist eine schöne Aufgabe für einen Bundesrat, das Ganze zu sehen und als Mutmacher und als Möglichmacher zu wirken.

Ich bedanke mich ganz besonders beim Landtag Steiermark dafür, dass er mich als Listenersten namhaft gemacht hat, natürlich bei meiner Gesinnungsgemeinschaft, der Volkspartei, dass sie mich für diesen Listenplatz nominiert hat. Ich bedanke mich beim steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der gestern auch noch einmal


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beim Steiermarkabend – und ein Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren – darauf hingewiesen hat, dass in der Multi-Level-Governance den Regionen eine ganz besondere Rolle zukommt. Herr Bundesminister, ich nehme an, auch die öster­reichische Bundesregierung schätzt es ganz besonders, dass die österreichischen Bun­desländer wissen, dass sie Teil dieser Republik sind, aber auch einen wesentlichen Teil der Leistungen dieser Republik mitbringen.

Ich möchte mich bei Ihnen allen, bei euch allen für wechselseitigen Respekt nicht nur mir persönlich gegenüber, sondern insbesondere dem Amt gegenüber bedanken. Ich möchte mich ganz besonders bedanken bei den Fraktionsvorsitzenden Karl Bader, Korinna Schumann, Christoph Steiner und Marco Schreuder für deutliche Aussprachen in der Sache, aber dann immer auch ein gemeinsames Streben, die Beratungen des Bundesrates zu einem gedeihlichen Ergebnis zu führen. Dass das nicht immer ein­stimmig erfolgen kann, liegt in der Natur der Demokratie. Aber herzlichen Dank an euch, ihr seid Säulen des Parlamentarismus in der Bundesratskammer. Ohne euren Einsatz würde unser Haus nicht so gut funktionieren.

Ich möchte mich bei meinen beiden Vizepräsidenten bedanken, bei Doris Hahn und bei Peter Raggl für die Begleitung. Es war ein sehr, sehr angenehmes Arbeiten und es hat mir immer Freude bereitet, wenn wir gemeinsam etwas tun konnten.

Ein Bundesratspräsident ist natürlich nur so stark, wie das Team, das mit ihm gemein­sam diese Arbeit erledigen kann. Gestattet mir daher auch den Dank an die Abteilungen internationaler Dienst das Protokoll des österreichischen Parlaments für gute Beglei­tungen, Organisation von Gesprächen und auch die inhaltliche Vorbereitung unserer Romreise. Und ich möchte ganz besonders, weil sie gerade in diesen Tagen, da es eine Vielzahl von Veranstaltungen gibt, die jetzt mit dem Abflauen der Pandemie wieder möglich sind, enormem Druck ausgesetzt sind, der Veranstaltungsabteilung herzlich Danke sagen. Dort gibt es eine besondere Dame, die zufälligerweise aus meinem Hei­matbundesland kommt, Iris Lechner, und ihr möchte ich ein ganz besonderes Danke­schön aussprechen.

Ich bedanke mich selbstverständlich bei der Direktorin der Bundesratsdirektion Susanne Bachmann, sie sitzt zu meiner Linken. Ich bedanke mich bei ihrer Stellvertreterin Alice Alsch-Harant und ich bedanke mich bei meiner persönlichen Assistentin Paula Jenner, die mich über diese Monate immer gut begleitet und mich immer auch ausgehalten hat. Und selbstverständlich gilt mein Dank dem Consigliere Thomas Neuhauser, der mich begleitet hat, und Renat Kojic, der mich Kilometer durchs Land geführt hat, und das Ganze unfallfrei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem incoming Präsidenten Peter Raggl wünsche ich für die Tiroler Präsidentschaft gemeinsam mit dem noch zu wählenden neuen Präsidium eine gute Hand bei der Führung dieses Hauses. Wenn wir ihn gemeinsam unterstützen, wird seine Präsidentschaft eine erfolgreiche sein.

Persönlich möchte ich mit einem Zitat abschließen, das ich auch bei meiner Eröffnungs­rede erwähnt habe, in Anlehnung an Johann Wolfgang von Goethe und seinen Erinnerungen zum Glücklichsein, der sinngemäß gemeint hat, dass das Gute so nahe liegt, wenn wir das Glück gemeinsam ergreifen. Es liegt an uns, dieses Glück zu be­greifen und zu ergreifen. – Es war mir eine Ehre und Freude, diesem Haus vorstehen zu können. Bleiben Sie gesund! Ein steirisches Glückauf! (Allgemeiner Beifall.)

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein besonderer Besucher gibt uns auf der wieder­ge­öffneten Besuchergalerie die Ehre, ein vormaliger Präsident unseres Hauses: Ich begrüße


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den Herrn Bundesratspräsidenten außer Dienst Edgar Mayer. – Sei herzlich gegrüßt! (Allgemeiner Beifall.)

09.27.04Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema

„(Impf)Diplomatie in Zeiten der Corona-Krise: Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“

mit dem Herrn Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, den ich nochmals recht herzlich willkommen heiße.

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je ein Redner/eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme des Herrn Bundesministers, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wie­derum je ein Redner/eine Rednerin der Fraktionen sowie anschließend eine Wortmel­dung des Bundesrates ohne Fraktion mit jeweils einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme des Herrn Bundesministers erfolgen, die 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesrat.


9.28.13

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Bevor ich auf das Thema der Aktuellen Stunde eingehe, möchte ich im Namen unserer Fraktion ein paar Worte zu unserem scheidenden Präsidenten sagen.

Herr Präsident, du bist auf deine Arbeit eingegangen und hast die Schwerpunkte gut gezeichnet. Du hattest eine sehr schwierige Zeit, mit den beschränkenden Reise­bestim­mungen und allen Einschränkungen war es nicht einfach, eine Präsidentschaft so gut abzuführen. Du hast auf die richtigen Themen gesetzt: Subsidiarität, Zusammenarbeit von allen Institutionen, und vor allem auch hast du den Prozess Zukunft Europa hier in Österreich gestartet und auch nach Europa getragen. Dieser wird noch lange in der Zukunft Nachhall finden, denke ich.

Mit deiner Arbeit hast du den Bundesrat in der Bevölkerung sehr gut sichtbar gemacht und das Ansehen des Bundesrates auch gestärkt. Wir – unsere Fraktion – sind sehr stolz auf deine Arbeit und danken dir sehr herzlich für deine Präsidentschaft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Thema des letzten Jahres und darüber hinaus, das uns natürlich immer bewegt und bestimmt hat, ist das Thema der Pandemie und wie wir damit so schnell wie möglich klarkommen und auch darüber hinwegkommen. Man muss immer wieder ein bisschen zurückblenden, dann sieht man, dass wir doch sehr gute Schritte gemacht haben, dass wir diese Pandemie sehr gut in den Griff bekommen.

Wenn wir nur ein Jahr zurückblenden: Damals hat es noch keine Testmöglichkeiten gegeben. Als es diese dann in einer ausreichenden Zahl gegeben hat, haben wir gesagt, wir machen Teststraßen, was da und dort gar nicht für möglich gehalten worden ist. Heute sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir auf 50 Millionen Tests zurückblicken können. Diese Tests haben uns sehr viel ermöglicht, weil wir gerade mit


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den Tests jene Personen, die keine oder noch keine Anzeichen der Krankheit hatten, herausfiltern und so sehr viele Infektionsketten unterbrechen konnten und damit letzten Endes auch sehr viel mehr möglich machen konnten als Länder mit viel niedrigeren Inzidenzwerten. Damit haben wir auch unserer Wirtschaft und unseren Arbeitnehmern und allen gesellschaftlichen Bereichen geholfen, einfacher durch diese Pandemie zu kommen.

Auf der anderen Seite haben wir auch sehr viele wirtschaftliche Maßnahmen ergriffen, um die betroffenen Bereiche so gut wie möglich zu schützen und ihnen zu helfen, durch diese Pandemie zu kommen. Wenn man mit Menschen aus anderen Ländern spricht, sieht man erst, wie groß die Hilfe in Österreich war. Bei uns waren zum Beispiel Be­kannte aus Bayern anwesend und wenn man mit ihnen über die Wirtschaftshilfen, die es bei uns gegeben hat, diskutiert, dann sehen sie diesen Ausführungen relativ ungläubig zu, weil sie das so in ihrem Land nicht kennen. Bei einer Reise des Europarates in Griechenland habe ich mit den Griechen und Vertretern anderer Länder diskutiert, die auch immer wieder sehr ungläubig zuhören. Erst diese Woche wurde uns auch von Kommissionspräsidentin von der Leyen bescheinigt, dass Österreich sehr, sehr gute Wirtschaftshilfen eingesetzt hat, die in die richtige Richtung zeigen und die die österreichische Wirtschaft wieder auf einen guten Weg führen werden.

Die wichtigste Maßnahme ist aber das Impfen. Damit werden wir diese Pandemie bewältigen, in den Griff bekommen und können daher auch wieder in eine Zukunft sehen, in der wir ähnlich leben und arbeiten können wie vor zwei Jahren. Deshalb müssen wir diese Initiativen unterstützen. Und auch da möchte ich zurückblenden: Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass es zum Jahreswechsel eine Impfung gibt?, dass wir im August wahrscheinlich jedem, der eine Impfung will, eine Impfung auch anbieten können? Das waren damals Gedanken, bei denen wir an einen weit längeren Zeitraum gedacht haben (Zwischenruf bei der SPÖ) und jetzt sind wir doch bei 4,5 Millionen Personen, die zumindest eine Impfung haben, 2,5 Millionen Personen davon sind bereits durchgeimpft. Da sind wir in Europa im Spitzenfeld. Deshalb ist es auch möglich, die Öffnungen, die wir jetzt betrieben haben, früher zu machen als in Deutschland.

Wir haben in Niederösterreich sehr schnell gesehen, wie wirksam diese Impfungen sind: Als wir die Pflegeheime durchgeimpft hatten, sind in zwei Pflegeheimen Coronacluster aufgetreten und es gab nur mehr leichte Verläufe ohne Symptome. Wäre das vier Monate früher passiert, hätte es wahrscheinlich Todesfälle gegeben und sehr viele sehr schwer Kranke. Da haben wir gesehen, direkt in der Praxis: Impfen ist ganz einfach die Lösung, impfen überwindet diese Pandemie.

Gerade wir als ein Land, das sehr stark auf den Tourismus baut, dessen Bruttoinlands­produkt sehr stark vom Tourismus abhängig ist, müssen Interesse daran haben, dass es wieder Reisefreiheit gibt, dass wir wieder ohne große Beschränkungen reisen kön­nen, weil das unserer Tourismuswirtschaft vielleicht wieder zu den Gästezahlen verhilft, die wir in den vergangenen Jahren gehabt haben, weil das die Leute wieder in die Arbeit bringt, weil dadurch Wirtschaftskraft entsteht und weil das unser Land wieder nach vorne bringt.

Wir haben das seitens unserer Regierung sehr schnell erkannt, unser Kanzler und unsere Regierung waren die Ersten in Europa, die gesehen haben, dass wir einen standardisierten Pass brauchen, mit dem man international sehr schnell erkennt, dass ein bestimmter Mensch frei reisen kann. Das will ich anhand einiger Pressemeldungen aufzeigen, die durchaus auch von ausländischen Medien sind: Zum Beispiel am 24.2.: Kurz will einen grünen Pass für Geimpfte. Am 2.3.: Auch Wientourismus drängt auf einen grünen Pass. Am 5.5. Euronews: Die EU ist kritisch zu einem grünen Pass, aber Kurz kündigt einen eventuellen Alleingang mit anderen Tourismusländern an. Am 8.5. dann in Porto: Kurz drängt auf einen grünen Pass, die EU bremst. Am 20.5. beim EU-Rat: Der


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grüne Pass kommt europaweit. – Damit sehen wir, dass wir hier in Österreich, mit unse­rer Regierung eine Diskussion angestoßen haben, die letzten Endes europaweit aufge­griffen worden ist, die dazu führen wird, dass die Wirtschaft wieder in Schwung kommt, dass der Tourismus wieder in Schwung kommt.

Ich bedanke mich auch bei der SPÖ, die bei der Sondersitzung am 26.5. mitgeholfen hat, in Österreich den grünen Pass umzusetzen, weil sie offensichtlich auch erkannt hat, wie wichtig das für unsere Arbeitnehmer und für unsere Wirtschaftstreibenden ist – danke dafür! (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann. – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Da sieht man, wie vorausschauend unsere Regierung, unser Kanzler immer wieder arbeitet. Das sehen wir auch in dieser Woche bei seinem Besuch in Berlin, bei dem schon auf die Zukunft hinarbeitend zu sehen war: Was wird eventuell in Zukunft noch zu berücksichtigen sein und wie müssen wir diese Entwicklung absichern? Es geht auch darum, diese Entwicklung jetzt über die EU hinaus abzusichern, in Ländern, in Gebieten, mit denen wir sehr starken Austausch haben.

Wir haben es heute schon gehört: Initiativen am Balkan sind sehr, sehr wichtig, aber auch Initiativen in anderen Ländern, bei denen es auch darum geht, dass internationale Klientelpolitik vielleicht durchbrochen wird. Große Player in der Welt trachten immer wieder danach, sich Länder am Gängelband zu halten, auf der einen Seite durch wirtschaftliche Unterstützung oder auf der anderen Seite jetzt durch Unterstützung bei Impfungen.

Das Thema sehe ich bei unserer Regierung aber in sehr guten Händen, vor allem auch dank unseres Bundesministers Alexander Schallenberg, der in seiner kurzen Zeit als Außenminister schon sehr schnell international sehr anerkannt war und sicher die richtigen Maßnahmen ergreifen wird, damit wir diese Entwicklung international absichern können, damit Reisen, Tourismus und Wirtschaft wieder möglich werden. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

9.37


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.


9.37.58

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Außenminister! Lieber Kollege Köck! Man sollte vielleicht manchmal das Kalb im Stall lassen und nicht irgendwo hinaustreiben, denn selbst im Ausschuss haben uns die Beamten erklärt: Die erste Idee des grünen Passes kam nicht aus Österreich, sondern aus Griechenland, gefolgt von Kroatien!

Ich weiß schon, Kurz erfindet in eurer Welt alles, vielleicht sogar das Kreuz – ich weiß es nicht –, aber der grüne Pass kommt nicht aus seiner Gedankenwelt, sondern den haben andere europäische Staaten vorgeschlagen. Österreich ist aufgesprungen, hat weitergemacht und hat dann versucht, ihn vor einer gemeinsamen EU-Regelung vorzuziehen. Es ist aber so dann nicht eingetreten.

Kommen wir aber zum eigentlichen Thema dieser Aktuellen Stunde. Der zweite Teil des Titels ist richtig: Wir sind erst dann sicher, wenn alle in der Welt sicher sind. Dass Impfdiplomatie wichtig ist, hat man schon lange erkannt. Vor allem verweise ich hier auf einige Regelungen, die wir in Europa uns gegeben haben, nämlich: Wer ist zuständig, damit es zu einer Verteilung, zu einer Hilfe für die ärmsten Staaten kommt? – Das ist die Covax-Facility, geleitet von der zuständigen Organisation der WHO.


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Zweitens gibt es die Vaccine Alliance, Gavi genannt, und die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations, Cepi. Was liegt dem zugrunde? Dem liegt zugrunde, dass man hilft, ohne – ich zitiere jetzt die scheidende deutsche Kanzlerin – irgendwelche Bedingungen zu setzen, und man kein politisches Wohlverhalten einfordert. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Da stimmt eben etwas nicht in Österreich. Ich denke, die österreichische Bundes­regie­rung oder Bundeskanzler Kurz hat da von Erdoğan gelernt. Der spielt dann immer mit ein paar Flüchtlingen, um ein paar Milliarden aus der Europäischen Union zu bekommen, er treibt Flüchtlinge in Richtung Griechenland, zum Teil werden sie auch transportiert, um dann entsprechendes Wohlverhalten und entsprechendes Geld zu bekommen.

Was aber haben wir getan? – Wir haben die Staaten des Balkan eingeladen und haben gesagt: Wollt ihr Impfdosen? Ja, da gibt es aber eine Bedingung – weil sich Kurz ja aufgrund schlechter Umfragewerte wieder einmal an die Balkanroute erinnert hat –, nämlich, dass ihr jetzt Rückschiebeabkommen mit anderen Staaten macht, damit Kurz Lieblingsprojekt, die Balkanroute, wieder dicht wird. Das sind politisch unanständige Bedingungen, und das ist damit nicht gemeint. (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir es uns an: Die Covax-Facility braucht 38 Milliarden Euro, um in der Welt ausreichend Impfstoff zur Verfügung zu stellen und die Gesundheit zu heben. Deutschland hat 2,1 Milliarden Euro eingezahlt. Wir hätten das Geld, mit dem wir jetzt mit den Balkanstaaten spielen, einfach jener Stelle geben sollen, die dafür zuständig ist – das ist Covax in der Welt –, und dann hätten wir nicht diese Schande so eines schäbigen Deals auf uns laden müssen.

Diese Impfdiplomatie kennen wir bereits aus Russland und aus China. Die wollen auch Wohlverhalten von jenen Staaten, denen sie Impfdosen geben, und irgendwann werden sie es auf der UNO-Ebene dann auch einfordern. Das ist völlig klar. Was wir brauchen, ist nicht, dass eine Bundesregierung eine Bedarfsanalyse macht – Bedarfsanalysen macht die zuständige WHO. Die zuständige WHO sagt: Dort haben wir einen Bedarf und dort müssen wir vorab - - (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Das ist ja keine Frage. Wir haben nichts dagegen gehabt, dass Rumänien dem ärmsten Staat Europas, nämlich Moldawien, aufgrund der Nähe geholfen hat, aber ich kann mich erinnern, dass Kurz einmal ein Riesentamtam über ungerechte Impfdosenverteilungen gemacht hat und dann gesagt hat: Wir geben den Tschechen etwas! Die Tschechen haben aber von der Sonderzuteilung, die Österreich bekommen hat, nie etwas bekommen. Das war nur Blabla. Jetzt treiben wir dieses Spiel woanders.

Worum geht es aber eigentlich? In Deutschland gibt es zum Beispiel Frau Dr. Barth. Sie ist die oberste Impfdiplomatin Deutschlands. Es ist eine spannende Sache, dass sie gemeinsam mit dem Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit Parameter vorlegt. Da geht es erstens darum, einmal Covax in die Lage zu versetzen, Impfstoffe zu kaufen, günstige Preise auszuhandeln, und zweitens um Haftungen. Ja, wer übernimmt die Haftung für Impfungen in ärmsten Ländern? – Die übernimmt Covax. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Derzeit hat Covax bereits an über 100 Länder ausgeliefert. Wenn man das jetzt vor dem Hintergrund sieht, dass Covax an sich 190 Länder bedienen will – und wir stehen bei den ärmsten Ländern ungefähr bei Impfquoten von nur 1,5 Prozent –, dann zeigt das, wie wichtig es gewesen wäre, hätte Österreich seine Versprechungen gegenüber den Balkanstaaten so gemacht, dass die Ressourcen der Covax-Facility zugewiesen worden wären. Das wäre im Sinne der globalen Solidarität und das wäre im Sinne der internationalen Kooperation, nämlich dass Ressourcen gepoolt werden, ge­rade angesichts einer so gewaltigen Krise. Wir stehen derzeit, glaube ich, bei zwei­einhalb Millionen Toten weltweit, das bedeutet, dass es einen Ressourcenpool braucht, und deshalb ist dieses Vorgehen von uns, dieser sanfte Weg der Erpressung gegenüber den Balkanstaaten, völlig absurd.


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Kommen wir noch zu einem anderen Punkt, Herr Bundesminister. (Die BundesrätInnen der SPÖ stellen Fähnchen in Regenbogenfarben vor sich auf die Plätze, die auf einer Seite die Aufschrift „SPÖ“ tragen, auf der anderen Seite „SoHo“, „Stärker. Gemeinsam.“) Ich habe hier an diesem Rednerpult schon zweimal Ihre allzu große Nähe zum unga­rischen Außenminister kritisiert. Nun aber war Österreich nicht von Anfang an auf euro­päischer Ebene dabei, als klar war, es braucht hinsichtlich des diskriminierenden Gesetzes betreffend Menschen und ihre sexuelle Orientierung ein ganz klares Zeichen gegenüber Ungarn. (Die BundesrätInnen der Grünen stellen ebenfalls Fähnchen in Regenbogenfarben vor sich auf die Plätze.) 14 Staaten waren sofort bereit zu handeln, aber Österreich nicht. Die ÖVP-Ministerin Edtstadler musste offensichtlich noch Direktiven abholen oder keine Ahnung. Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit sind nicht verhandelbar! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Wenn ich Kommissionspräsidentin von der Leyen richtig verstanden habe, so hat sie von einer Schande gesprochen und dass wir zum Europäischen Gerichtshof gehen. Dann endlich hat Österreich eingelenkt, endlich macht Österreich mit, nach einer – ich würde sagen: seltsamen – Nachdenkphase. Wahrscheinlich liegt die Ursache dafür, dass so lange gewartet wurde und dass man Ungarn nicht kritisieren wollte, bei den Ministern Edtstadler und Schallenberg, aufgrund ihrer besonderen Nähe – würde ich jetzt einmal vorsichtig sagen – zu Ungarn.

Die EU ist aber eine Wertegemeinschaft, und es war von Anfang an klar, dass man nicht nur einer Wirtschaftsgemeinschaft, sondern einer Wertegemeinschaft beitritt, und dem hat sich Ungarn zu beugen. Sie ist eine Wertegemeinschaft, und dieses diskriminierende Gesetz muss fallen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

9.48


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Johannes Hübner. – Bitte sehr.


09.48.39

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich bedanke mich auch namens meiner Fraktion zuerst für die wirklich objektive, korrekte und effiziente Vorsitzführung durch den scheidenden Präsidenten des Bundesrates. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Das hat es hier nicht immer gegeben, gibt es hier auch nicht immer. Das gibt es auch im Nationalrat nicht immer – sagen wir es einmal so. Ein herzliches Dankeschön also, und wir hoffen, Ihre Tradition wird würdig fortgesetzt. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ja, jetzt aber zurück zum Thema: Das ist meiner Ansicht nach ja eine der absurdesten Themenstellungen, die ich in meiner parlamentarischen Zeit überhaupt vorgefunden habe: Keiner ist sicher, wenn nicht alle sicher sind. Was soll das heißen? Es geht offenbar um die Impfung. Das haben wir ja gesehen, weil das Wort Impfdiplomatie auch im Titel vorkommt. Was soll das heißen? Also entweder ist die Impfung wirksam oder einigermaßen wirksam, dann sind die Geimpften sicher, auch wenn die anderen nicht sicher sind, oder die Impfung ist unwirksam, schützt also nicht vor einem schweren Verlauf oder überhaupt vor einer Erkrankung, ja, dann werde ich mit Impfdiplomatie die Sicherheit auch nicht erhöhen können. Man muss also schon wissen, was man will. Gibt es eine wirksame Impfung, dann brauche ich mich nicht zu fürchten, wenn Einzelne nicht geimpft sind, und ich brauche als Geimpfter auch nicht mit der Maske herumzurennen. Oder gibt es keine Sicherheit? Lassen wir diese Frage einmal unbeantwortet.

Schauen wir uns einmal verschiedene Themenkreise im Zusammenhang mit der Impfung und dem Verlauf an, die teilweise angesprochen worden sind, teilweise nicht.


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Zuerst einmal die Frage – weil auch Kollege Schennach das gesagt hat: EU-weit muss vorgegangen werden – der internationalen Kooperation. Man hört ja immer und immer wieder, dass man das nationalstaatlich nicht lösen könne.

Welche Länder haben die höchsten Impfquoten? Welche haben am meisten geimpft oder haben den höchsten Prozentsatz an Geimpften? Es ist den Medien vielleicht von dem einen oder anderen entnommen worden: Interessanterweise ist Gibraltar an der Spitze. Warum weiß ich auch nicht, es ist auch kein enges Mitglied der EU, sondern ist vom Brexit betroffen, ausgeschieden. Ganz hoch liegen mit ungefähr 70 Prozent der Bevölkerung, die geimpft sind, Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain; über­haupt Weltmeister sind die Seychellen, sie sind die einzigen, die über 70 Prozent liegen. Das sind kleine Länder, die sich unabhängig von irgendwelchen bürokratischen Orga­nismen selbst organisiert haben, selbst gedealt haben. Die Preise, die diese Länder gezahlt haben, sind im Übrigen – das habe ich mir auch angeschaut – im Schnitt deutlich unter den Preisen, die uns die Gesamtbeschaffung über die EU beschert hat. Das muss man alles wissen, wenn man immer diese Phraseologie bemüht.

Jetzt ist die Effizienz dieser Impfung natürlich fraglich. Wir können es in den Zeitungen lesen, dass das mit Abstand am weitesten durchgeimpfte Land in Europa, nämlich Groß­britannien, als einziges wieder eine deutliche Zunahme der Fälle verzeichnet – aufgrund der sogenannten Delta- oder indischen Variante. Das zeigt uns also, dass die Impfung kein Allheilmittel ist, sondern allenfalls ein vorübergehendes Mittel. Einfach zu Impfen heißt also nicht, dass die Pandemie weg ist. Wie wir es ja von anderen vergleichbaren Virusstämmen, also vor allem der Influenza, aber auch anderen Coronastämmen, die für unsere Rhinitis – wo ist denn der ärztliche Kollege? – verantwortlich sind, kennen, wissen wir, dass diese sehr schnell mutieren. Sie mutieren innerhalb von vier bis sechs, acht Monaten, deswegen muss man sich ja auch jedes Jahr gegen die Grippe impfen.

Impfen ist also nie ein Allheil- und Endmittel, sondern Impfen ist allenfalls ein vorüber­gehendes Mittel. Auch wenn wir also 100 Prozent der Erde durchimpfen, ist damit die Sache nicht erledigt, sondern wir sind in einem Impfzirkel drinnen, in dem wir ständig neue Impfstoffe entwickeln und immer wieder impfen müssen.

Kommen wir jetzt vielleicht zu den internationalen Anstrengungen, den armen Ländern die Impfung zu verschaffen. Ich sehe einmal davon ab, dass – das traue ich mich zu sagen – es in den armen Ländern, etwa Afrikas, eine Menge Probleme gibt und Corona sicher nicht das größte Problem ist, weil die Verbreitung des Virus dort eine sehr, sehr geringe und sehr langsame ist und die Todesfälle im Zusammenhang damit im Vergleich zu denen im Zusammenhang mit anderen Krankheitsursachen sehr, sehr gering sind.

Wenn man wirklich sagt: Das Wichtigste für Staaten wie Afghanistan oder Nigeria ist, dass sie die Bevölkerung gegen Covid impfen, auch wenn es dort keine oder ganz wenige Fälle gibt!, was könnte man dann machen? – Man könnte zum Beispiel inter­national versuchen, die Pharmafirmen dazu zu zwingen, auf ihre Patentrechte an den Impfungen zu verzichten, denn es hat für die Pharmaindustrie, die in diesem Impf­geschäft drinnen ist, nie ein größeres Geschäft gegeben als diese Impfung. Es hat nie eine Impfung gegeben, die nach einem sechsmonatigen Entwicklungszyklus weltweit auf den Markt gebracht werden durfte. Bei Impfungen haben wir normalerweise drei-, vier­jährige Entwicklungszyklen mit mindestens Zehntausenden Testpersonen und Milliar­denkosten. Das ist da alles weggefallen. Das war die günstigste Impfung, weil alles, was auf den Markt gekommen ist, blitzschnell sogenannte Notzulassungen, vorläufige Zulas­sungen, eingeschränkte Zulassungen und so weiter erhalten hat. Das hat es, soweit ich mich erinnere, nie gegeben. Trotzdem wird da das Geschäft des Jahrtausends gemacht.

Ich habe einmal nachgeschaut, was Pfizer allein im Jahr 2020 zusätzlich nur durch die Pfizer-Biontech-Impfung verdient hat. Das waren 15 Milliarden Dollar. Dabei war 2020


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aber ein Rumpfjahr, da hat man also erst begonnen, im November ist die Impfreihe überhaupt erst losgegangen. Zahlen darüber, was Pfizer in den ersten sechs Monaten 2021 mit dieser Impfung verdient hat, liegen mir nicht vor. Es wäre doch naheliegend zu sagen, in diesen Fällen wird der Patentschutz aufgehoben. Mit einer internationalen Konvention, einem internationalen Abkommen oder zumindest einem europäischen Abkommen, dass für alle Impfstoffe, die jetzt am Markt sind, ab sofort der Patentschutz aufgehoben wird, könnte das in riesigen Mengen von den Ländern, die die Kapazitäten haben, wie zum Beispiel Indien, in großer Zahl billigst nachproduziert werden.

Die gelobte Agentur Covax – so, glaube ich, heißt sie – von der WHO, die Impfstoffe für die ärmsten Länder beschaffen soll, hat ja ganz, ganz wenig weitergebracht. Die Ver­breitungszahlen sind minimal. Das einzige Land, das wirklich in großen Mengen Impfstoff verschenkt hat, ist tatsächlich China. Kollege Schennach irrt, wenn er sagt, China hätte politische Bedingungen gestellt. Das hat es nicht. China hat den Ländern über Anfor­derung je nach ihrer Einkommenskraft den Impfstoff geliefert, geschenkt oder teilge­schenkt. Das ist also auch eine Möglichkeit. Ich bin jetzt kein Lober oder Fan von China, aber das muss man einfach objektiv sagen. Die internationalen Organisationen bringen kaum etwas oder nichts zusammen. Das einzige Land, das wirklich viel verschenkt hat, ist China. Das betrifft die Impfstoffe Sinopharm und Sinovac, die ja von der WHO auch zugelassen worden sind.

Zum Abschluss möchte ich, obwohl es nicht zum Thema gehört, ein bisschen etwas zu dem sagen, was Kollege Schennach noch über Ungarn gesagt hat. Das ist ja immer die gleiche Frage: Es wird zuerst geredet, wie wichtig es ist, nicht diskriminierend vorzu­gehen – bei der Impfung darf man niemanden diskriminieren und jeder hat sie zu krie­gen, ohne Wenn und Aber –, aber es gibt natürlich Länder, die politisch nicht gewünscht sind. (Bundesrat Schreuder hebt ein Fähnchen in Regenbogenfarben in die Höhe.) Der Kollege zeigt es im Grunde schon an. Für diese Länder gibt es natürlich nur Bedingun­gen. So hat die EU im Fall Ungarns zum Beispiel schon zweimal die Auszahlung von EU-Geldern gestoppt, blockiert, verweigert, weil Gesetze beschlossen worden sind, die politisch nicht gepasst haben.

Ich möchte wirklich wissen – der Herr Außenminister wird uns vielleicht eine Antwort darauf geben –, gegen welchen europäischen Wert oder gegen welche Regelung in der Europäischen Charta Ungarn mit einem Gesetz, das gewisse Formen der Werbung für gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Verhältnisse nicht gestattet, verstoßen hat. Es ist in Ungarn in keinster Weise eine Kriminalisierung von LBGT-Communities oder LBGT - - (Na-Rufe bei der SPÖ) Es ist in keinster Weise eine rechtliche Diskriminierung erfolgt. (Bundesrat Steiner: Die kennen nicht einmal das Gesetz, die Sozialisten!) Es ist die Möglichkeit, solche Formen zu bewerben, eingeschränkt oder gesetzlich geregelt worden. Das ist ein großer Unterschied.

Ich sage es vor allem Kollegen Schreuder, weil er diese Fahne in die Höhe gehoben hat: In einer Demokratie – Meinungsfreiheit! – ist das Wichtigste, dass der andere das Recht hat, zu entscheiden und zu sagen, was er will, nicht, dass man es selber macht. Der­jenige - - (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) – Kollege, gleich, gleich, gleich! Derjenige, der ein LBGT-Aktivist ist, der darf sich nicht nur darum kümmern, dass LBGT-Gedanken verbreitet werden können, und er darf es nicht als das Maß der Freiheit sehen, dass er am Bundeskanzleramt oder am Außenministerium vielleicht die LBGT-Fahne hissen kann. Freiheit ist es, auch gegen diese Gedanken aufzutreten. Freiheit ist, wie Rosa Luxemburg so schön gesagt hat, immer die Freiheit der anderen.

Ein Land mit einer demokratischen Struktur – das ist Ungarn unbestritten, das bestreitet in der EU niemand – (Zwischenruf bei der SPÖ), das eine – mehrfach – gewählte Re­gierung hat, das im Kern eine Pressefreiheit hat, in dem alle westlichen Medien über Internet - - (Bundesrat Schennach: Pressefreiheit in Ungarn? – Weitere Zwischenrufe


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bei der SPÖ), in dem alle westlichen Medien frei erhältlich sind - - Pressefreiheit in Ungarn - - (Bundesrat Schennach: 80 Prozent der Medien sind unter Orbán-Kontrolle! Das ist Pressefreiheit? – Bundesrat Steiner: So wie Österreich, in Österreich, Kurz!) Also ich steige in diese - -


Präsident Mag. Christian Buchmann: Herr Kollege Hübner, ich bitte, zum Schluss zu kommen.


Bundesrat Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): Ich komme jetzt zum Schluss: Mein Schlusswort oder mein Schlussappell geht vor allem an die LBGT-Aktivisten: Wer ein Aktivist für eine Sache ist und wer an Vielfalt, Meinungsfreiheit und Demokratie glaubt, muss sich dafür einsetzen – das ist meine Sicht der Dinge –, dass auch der andere seine Positionen vertreten kann, und dass er diese Positionen, wenn sie demokratisch zu­stande kommen, in einer Rechtsordnung umsetzen kann. Das ist das Wesen der Volks­herrschaft, der sogenannten Demokratie. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.59


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zur Wort gemeldet ist Herr Fraktionsvorsitzender Marco Schreuder. – Bitte.


9.59.51

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien) (ein Fähnchen in Regenbogenfarben auf das Rednerpult stellend): Danke für den Anfangsapplaus! (Bundesrat Steiner: Hahaha!) Sehr geehrter Herr Präsident! Auch im Namen meiner Fraktion möchte ich mich ganz herzlich für die Vorsitzführung bedanken. Die Steiermark ist ein schönes Bundesland und hier sehr schön vertreten. – Vielen herzlichen Dank!

Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Mayer! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde enthält diesen einen Satz, der gerade kritisiert worden ist – das ist übrigens ein Satz, den man jetzt in der gesamten Europäischen Union verwendet, der wurde ja nicht für die heutige Aktuelle Stunde erfunden –: „Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind.“ Ich muss ganz ehrlich sagen, ich finde diesen Satz sehr schön, und ich würde sagen, dieser Satz trifft auf ganz viele Bereiche zu: Eine globale soziale Sicherheit, eine Sicherheit beim Klimaschutz und dergleichen, das sind ja tatsächlich Bereiche, auf die es zutrifft, dass, wenn die anderen sicher sind, ich selber sicher bin.

Dieser Satz – erlauben Sie mir jetzt gleich diesen Sidestep, weil es gerade auch wieder Thema war – gilt natürlich auch für die Jugend Ungarns. Ich glaube, wenn wir hier über dieses Thema, über LGBTIQs sprechen und dann über das Politische hin und her diskutieren, dann sollten wir über die sprechen, um die es wirklich geht, und mit denen erkläre ich mich hier solidarisch: Das ist die Jugend Ungarns. (Beifall der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Die Jugend Ungarns soll keinem Hass, keiner Diskriminierung und keiner Ausgrenzung ausgesetzt sein, und wenn Sie, Herr Kollege Hübner, sagen, es gilt die Meinungsfreiheit, dann muss ich erwidern: Genau das wird in Ungarn verboten, weil man Jugendliche nicht mehr aufklären und informieren darf. Das ist eine Beschneidung der Meinungsfreiheit und nicht deren Unterstützung. (Beifall bei den Grünen, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich spreche als einer, der in seiner Jugend sehr früh seine Sexualität entdeckte. So mit 13, 14 entdeckte ich, dass ich Erwartungen, die meine Familie, Freunde, meine Reli­gionsgemeinschaft – ich bin in einer sehr strengen Religionsgemeinschaft aufge­wachsen – an mich hatten, nicht entspreche. Ich hatte damals übrigens kein Internet und keine Informationen. In Bad Ischl gab es auch keine Organisation, an die ich mich hätte wenden können. Ich war allein. Wir wollen die Jugend Ungarns nicht alleinlassen, denn


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wir wissen aus allen Studien: Wenn homosexuelle Jugendliche ihre Sexualität ent­decken, ist die psychologische Krisenanfälligkeit, ja sogar die Suizidrate, 14‑fach höher als bei heterosexuellen Jugendlichen. (Bundesrat Steiner: Wie nach euren Maßnahmen, Co­ronamaßnahmen! Das ist genau dasselbe!)

Deswegen ist es so wichtig, die Jugend aufzuklären und Aufklärung zu ermöglichen, auch im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Krankheiten wie Aids. Das möchte ich hier ganz bestimmt betonen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Steiner: Triagen in der Kinderpsychiatrie! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Danke an Schwarz-Grün!) – Regen Sie sich nicht auf!

So, zurück zur Diplomatie rund ums Impfen, um die geht es, aber diesen Sidestep habe ich mir jetzt erlaubt. Die Pandemie, und da brauchen wir uns gar nicht in die eigene Tasche zu lügen, hat in internationalen Organisationen, auch innerhalb der Euro­päischen Union, sowohl Schwächen als auch Stärken aufgezeigt. Es gilt natürlich jetzt, nach all dieser Zeit, auch zu schauen: Haben wir die Lessons learned, wie das so schön heißt?

Zu Beginn der Pandemie begann ja eigentlich genau das, was am Ende keinem hilft, was aber sehr oft passiert, wenn Panik ausbricht: Man schaut auf sich selber und nicht auf den anderen. Da wurde mit Nationalismen und nationalen Tönen natürlich eine gewisse Solidarität übertüncht.

Jetzt allerdings, wo es um die Bekämpfung einer Pandemie geht, erkennen wir, dass internationale Zusammenarbeit natürlich unfassbar entscheidend ist. Der Impffortschritt geht in der EU mittlerweile sehr gut voran, das muss man wirklich sagen, sowohl innerhalb der EU, aber auch außerhalb der eigenen Grenzen. Die EU hat gemeinsam – und das ist eine Zahl, die immer so abstrakt wirkt, wenn man sie nennt – 16 Milliarden Euro für die weltweite Verbreitung von Coronatests, Medikamenten und Impfstoffen zur Verfügung gestellt. Das ist eine hohe Summe.

Dazu zählen auch, und das halte ich für ganz besonders wichtig, begleitende Maß­nahmen in der Entwicklungszusammenarbeit. Für Covax, das schon genannt worden ist – so nennt sich das Programm: Covid-19 Vaccines Global Access, damit das auch einmal erklärt ist –, sind 2,2 Milliarden Euro vorgesehen. Man muss betreffend Covax auch sagen, dass die Europäische Union der größte Zahler ist. Die Europäische Union koordiniert zudem bilaterale Impfstoffhilfen und Verkäufe der Mitgliedstaaten und den Gesamtmechanismus zur Weiterverteilung von Impfstoffen. Österreich hat im Rahmen dieser Subgroup bei der Verteilung von Impfdosen an die Westbalkanstaaten eine füh­rende Rolle. Da möchte ich schon auch betonen: Da sind wir auf die Rolle Österreichs immer sehr stolz gewesen. Das war beim EU-Beitritt schon so, das war im Balkankrieg so, dass wir Brückenbauer sind, da uns mit dem Balkan eine besondere Geschichte verbindet. Deswegen finde ich es richtig und wichtig, dass wir Solidarität mit dieser Region gezeigt haben.

Wir müssen auch anerkennen, dass die EU sehr viel zur Forschung beigetragen hat. Die Forschung ist nämlich ein indirekter globaler Motor bei der Bekämpfung von Covid‑19 und zukünftig auch von anderen Pandemien. Was hilfreich wäre, das möchte ich hier schon betonen, das sage ich auch für die europäischen Grünen, wäre eine temporäre Aufhebung des Patentschutzes, damit auch arme Staaten Impfstoff produzieren können. Da würde ich mir von der Europäischen Union tatsächlich etwas mehr Engagement wünschen.

Der gemeinsame grüne Pass, der mehr gemeinsame Regeln vertragen würde, ist an sich eine sehr gute Idee, um Europas BürgerInnen wieder reisen lassen zu können, und,


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das darf man nicht unterschätzen, auch das Sicherheitsgefühl beim Reisen zu unter­stützen. Ich gehe zum Beispiel gerne in Gastronomiebetriebe oder ins Fitnessstudio, und als die vergangenen Sommer wieder geöffnet waren und man nicht wusste, ob sich der Nachbar oder die Nachbarin testen lässt, geimpft ist oder genesen ist, hatte ich ein Gefühl der Unsicherheit. (Bundesrat Spanring: Oh mein Gott! Wie schlimm!) Und jetzt weiß man, dass es gecheckt worden ist, und das hilft den Leuten, das gibt mehr Sicherheit.

Lessons learned: Mittlerweile können wir sagen, dass vieles gelungen ist, auch dass der Green Deal ganz stark dazu beitragen wird, klug in die Ankurbelung der Wirtschaft nach der Pandemie zu investieren, und trotzdem gibt es natürlich kritische Punkte, die wir uns genauer anschauen und an denen wir noch arbeiten müssen. Wir wissen nicht, ob es nächstes Jahr wieder eine Pandemie geben wird oder erst in hundert Jahren. Wir wissen es nicht, aber wir müssen jetzt auf jeden Fall schauen, dass diese Notfallszenarien auch auf internationaler Ebene gut funktionieren, und da wird die Europäische Union auch weiterhin eine ganz entscheidende Rolle spielen – und Österreich als Teil der Europäischen Gemeinschaft.

Im Hinblick auf globale Pandemie der Zukunft braucht es noch eine etwas genauere Zielgerichtetheit auf diese globale Sicht, auf die globale Zusammenarbeit. Natürlich wird das nicht immer leicht. Es gibt ja auch Staaten, große Staaten, ich nenne nur Brasilien als Beispiel, wo die Zusammenarbeit tatsächlich schwierig ist. Die USA haben gerade, ich glaube heute Nacht, drei Millionen Impfdosen für Brasilien zur Verfügung gestellt, habe ich gehört. Die Rolle der Konzerne und der Patente sollte man sich auf jeden Fall noch einmal anschauen. Natürlich ist das Verdienen mit Impfstoffen ja auch ein Motiv, dass man überhaupt forscht, das braucht man überhaupt nicht zu verschweigen, aber wenn arme Staaten sich Impfstoffe nicht leisten können, dann müssen wir schon über die Patente sprechen.

Einen weiteren Punkt möchte ich noch ansprechen: Beim Kauf von Medikamenten oder Impfstoffen ist sicher ein Thema, dass man die Verträge in Zukunft auf europäischer Ebene transparenter gestaltet, um gewisse Verschwörungserzählungen hintanhalten zu können. Je mehr Transparenz, desto weniger Verschwörung.

Ich glaube aber, alles in allem haben wir wahnsinnig viel gelernt. Wir selbst und ich persönlich, Sie persönlich, wahrscheinlich wir alle, haben sehr viel gelernt. Das war eine Zeit – sie ist noch nicht vorbei, das muss man auch betonen –, in der wir unglaublich viel dazulernen mussten, wo natürlich Fehler passiert sind, aber wo wir, glaube ich, sehr gut die Chancen erkannt haben, auch die Chancen einer globalen Zusammenarbeit. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

10.09


Präsident Mag. Christian Buchmann: Herr Fraktionsvorsitzender Christoph Steiner hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****


10.09.47

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich will nur vorsichtig daran erinnern, dass wir ja für die Aktionismusgeschichten am Platz eine Regelung haben, und ich darf schon bitten, dass die für alle gleichermaßen gilt. Die SPÖ hat die Regenbogenfahnen jetzt schon verräumt, weil sie gesehen hat, dass sich


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der Herr Steiner zur Geschäftsordnung gemeldet hat. (Nein-Rufe und Kopfschütteln bei der SPÖ.) – Vielen lieben Dank.

Ich bitte aber, dass das auch für die Grünen gilt, dass wir mit allen Fraktionen hier herinnen gleich umgehen und den Aktionismus am Platz nach 1, 2 Minuten beenden. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der FPÖ.)

10.10


Präsident Mag. Christian Buchmann: Ich nehme die Wortmeldung zur Geschäftsord­nung des Herrn Fraktionsvorsitzenden zum Anlass, auf die Würde des Hauses und auf die Usancen, die wir gemeinsam vereinbart haben, hinzuweisen, und bitte, diese auch zu respektieren.

*****

Ich darf jetzt Herrn Bundesminister Alexander Schallenberg das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundesminister.


10.10.45

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bun­desrates! Hohes Haus! Ich darf vielleicht gleich zu Beginn, wie es Herr Bundesrat Schreuder ausgedrückt hat, einen Sidestep machen und auf das Thema Ungarn eingehen. Ich kann ganz klar sagen, Herr Bundesrat Schennach: Sie können es noch so oft wiederholen, es bleibt einfach falsch und es bleibt einfach lächerlich. Die österreichische Haltung zu Ungarn ist völlig klar. Das Gesetzesvorhaben, das auf dem Tisch liegt, ist einfach perfide, und es ist völlig richtig und gut, dass die Europäische Kommission da rechtlich vorgeht. (Ruf bei der SPÖ: Das hat aber lange gedauert!)

Eine andere Sache ist auch ganz klar: Wir machen Außenpolitik nicht per Tweet, nicht auf Zuruf, sondern wir machen es so, wie es in den vergangenen Jahrzehnten gehand­habt wurde. Gerade bei einem Nachbarn ist es, glaube ich, angemessen, dass man sich zuerst die Texte anschaut und dann eine ordentliche Haltung bezieht, bevor man über Social Media kommuniziert. Ich glaube, das sollte in der Außenpolitik und in der Politik grundsätzlich gelten. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Thema – es wurde heute schon öfter genannt – der heutigen Aktuellen Stunde spricht wirklich eine der größten Herausforderungen an, denen wir gegenüberstehen. Wir haben sehr große Fortschritte in der Bekämpfung der Pandemie gemacht, aber wir wissen alle, dass wir die Gefahr noch lange nicht als gebannt bezeichnen können. Da hat natürlich auch Bundesrat Hübner recht, das ist sozusagen etwas, was uns begleiten wird. Auch das Thema Impfung wird uns in den kommenden Monaten und Jahren natürlich noch begleiten, weil der Virus nicht einfach verschwinden wird.

Es wurde angesprochen: Wir haben in den letzten Monaten eine wirklich eigenartige Situation gehabt. Wir haben zum ersten Mal eine Krise gehabt, die globaler und zugleich auch wirklich persönlicher Natur war. Sie hat jedes Land, jeden Kontinent, jede Region betroffen – das gab es in der Vergangenheit in der Form noch nicht – und gleichzeitig in jedes unserer Leben eingegriffen, in unseren privaten, persönlichen, sozialen, familiären und beruflichen Umgang. Zum allerersten Mal – zumindest seit dem letzten Jahr­hundert – war die westliche Welt nicht einfach nur unbeteiligter Beobachter, nicht nur Zuschauer, sondern wir haben diese Krise voll zu spüren bekommen.

Die Pandemie war auch ein brutaler Weckruf; ein Weckruf, wie verletzlich unsere Gesellschaften eigentlich sind, wie wahnsinnig schnell sicher geglaubte Fortschritte, seien sie wirtschaftlicher, politischer, sozialer Natur, über Nacht infrage gestellt werden


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können. Am stärksten waren auch da wieder – wie leider Gottes bei solchen Krisen immer – die Entwicklungsländer betroffen, jene Staaten mit den schwächsten Institu­tio­nen, und in diesen Gesellschaften – leider Gottes auch wie immer – die gefährdetsten Gruppen, nämlich Kinder und Frauen. Es liegt jetzt, glaube ich, eine Riesenaufgabe vor uns: in den nächsten Jahren sicherzustellen, dass wir bei den nachhaltigen Entwick­lungszielen, also den sogenannten SDGs, nicht noch weiter an Boden verlieren, als wir es in den letzten zwölf Monaten getan haben.

Dazu kommt – und ich habe das, glaube ich, in diesem Haus schon öfter betont –, dass die letzten zwölf Monate bewiesen haben, dass internationale Krisen und Konflikte im Schatten der Pandemie nicht verschwunden sind. Tatsächlich hat sich Covid-19 als Brandbeschleuniger von internationalen Krisen erwiesen. Wenn man sich die Krisen­landkarte anschaut, dann sieht man, dass es eigentlich an allen Ecken und Enden um Europa herum brennt, es gibt quasi einen Feuerring um Europa, der von der Westsahara in Marokko über Libyen, den Nahen Osten bis nach Osteuropa reicht – man denke nur an die brutale Eskalation der Hamas vor Kurzem im Nahen Osten oder an das andau­ernde demokratiepolitische Drama in Belarus.

Ich werde gleich anschließend an diese Sitzung gemeinsam mit meinem litauischen und meinem rumänischen Kollegen im Auftrag der Europäischen Union, also im Namen des Hohen Vertreters Josep Borrell, nach Aserbaidschan, Armenien und Georgien fahren. Der Krieg in Bergkarabach war einer jener Konflikte, die in der Zeit der Pandemie plötzlich von einem schwelenden Konflikt zu einem militärischen Krieg geworden sind. Ich glaube, es ist gut und richtig, dass die internationale Diplomatie endlich wieder in Gang kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt in Europa ja den Impfturbo gezündet, wir machen große Fortschritte in Richtung Normalität. Das Hauptthema – höchstwahrscheinlich auch hier im Bundesrat in den Couloirgesprächen – ist, wo man die Sommerwochen verbringt. Ich glaube, das ist aber gerade eine Phase, wo wir ein bisschen innehalten, in uns gehen und vielleicht auch ein bisschen über den Tellerrand blicken sollten, denn nicht jeder auf diesem Planeten, nicht jeder in unserer Nachbar­schaft, sogar in der unmittelbarsten Nachbarschaft, ist in dieser glücklichen Lage.

Ich habe in den letzten Wochen viele Kontakte mit unseren Nachbarn gehabt – im West­balkan, in Georgien, Armenien, Nordafrika, der Ukraine, Moldau –, und da waren sehr unterschiedliche Stimmen zu hören, Stimmen, die hier in Österreich in der Öffentlichkeit nicht wahrnehmbar sind: fast schon Verzweiflung über nicht verfügbare Impfstoffe, Ver­zweiflung, dass sie noch mitten in der Pandemie stecken. Ich glaube und bin zutiefst davon überzeugt, dass gerade die Europäische Union gegenüber der näheren und weiteren Nachbarschaft eine besondere Verantwortung hat, und ich bin stolz darauf, dass Österreich den Anfang gemacht hat.

Es ist erstaunlich, dass das die SPÖ-Fraktion nicht genannt hat, denn es gibt nicht nur Covax – darauf komme ich nachher noch zu sprechen –, es gibt auch den EU Vaccine Sharing Mechanism, und innerhalb dieses EU Vaccine Sharing Mechanism wurde Österreich sozusagen in einem Team Europe beauftragt, als erster Staat mit der Impf­hilfe für Drittstaaten – und zwar für den Westbalkan – zu beginnen. Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen. Wir haben immerhin 651 000 Dosen Biontech/Pfizer für den Westbalkan zusammenstellen können. Das war eine schwierige Aufgabe. Ich sage auch dazu: Das waren keine Impfdosen, die für Österreich geplant waren – oder rot-weiß-rote Impfdosen –, sondern das war ein EU-Batch, den wir mit Biontech/Pfizer koordiniert haben, für den wir zweieinhalb Monate verhandeln mussten, sehr schwer verhandeln mussten, und den wir im Mai schließlich übergeben konnten.


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Das ist, das sage ich auch dazu, in engster Absprache mit der WHO erfolgt. Ich war laufend in Kontakt mit Hans Kluge, dem Regionaldirektor der WHO, der in Kopenhagen, Dänemark, sitzt und der uns ausdrücklich, auch medial, für diese Hilfe, die wir für unsere Nachbarn leisten, gedankt hat – nicht nur Österreich, sondern der Europäischen Union.

Das war natürlich nur der erste Schritt, und wir werden da als Österreich nicht halt­machen. Sobald die impfwilligen Österreicherinnen und Österreicher den Impfstoff er­halten haben und wir mehr Impfstoff haben, als wir brauchen, in dem Moment werden wir selbstverständlich Impfstoff weitergeben. Das liegt, glaube ich, in der Natur der Sache, das ist für mich einfach eine Frage der menschlichen Logik.

Natürlich werden wir in erster Linie an die unmittelbarste Nachbarschaft denken, das ist für mich in erster Linie ganz klar der Westbalkan. So hat der Herr Bundeskanzler auch letzte Woche beim Gipfeltreffen der sechs Westbalkanstaaten völlig zu Recht ange­kündigt, dass wir ab August schrittweise eine Million zusätzliche Impfdosen für diese Region anbieten werden – und nein, es gab keine Bedingungen, überhaupt keine Bedin­gungen, genauso wenig wie bei den ersten 651 000 Dosen, die wir zur Verfügung gestellt haben. Das ist einfach Hilfe gemäß dem logischen Hausverstand, die wir leisten. Ich muss ja wohl nicht daran erinnern, dass wir in diesem Land 550 000 Menschen mit familiären Wurzeln am Westbalkan haben, die dort hinfahren, dort Familie haben, die sie besuchen wollen. Es ist also logischerweise einfach Eigeninteresse, das uns leitet, abgesehen davon, dass wir mit dieser Region wirtschaftlich und politisch sehr eng verbunden sind.

Ich freue mich in diesem Zusammenhang auch, dass mit dem heutigen Tag drei Staaten des Westbalkans – Albanien, Nordmazedonien und Serbien – auf der grünen Liste sind und damit Reisen für 3G – also Genesene, Getestete und Geimpfte – völlig problemlos möglich sind. Das ist die Richtung, in die es gehen muss.

Wir wollen aber natürlich nicht nur dem Westbalkan helfen, sondern auch unseren Partnern in der östlichen Nachbarschaft, in der südlichen Nachbarschaft, aber auch unseren Partnerländern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Ich habe schon den EU Vaccine Sharing Mechanism erwähnt. Da hat die Europäische Union bereits zwei Millionen Dosen ausgegeben. Wir haben eben mit der Lieferung unserer 650 000 Do­sen begonnen, und die Europäische Union hat beim letzten EU-Gipfel im Mai zugesagt, dass sie bis zum Ende des Jahres weitere 100 Millionen Dosen als Hilfe für ärmere Länder zur Verfügung stellen wird. Ich glaube, das ist ein völlig richtiger Zugang.

Dazu kommt dann – und das hat Bundesrat Schennach vorhin erwähnt – Covax, das Instrument der WHO. Es wurde schon gesagt: Die Europäische Union ist der größte Unterstützer mit 2,5 Milliarden Euro – und nein, es ist nicht so, dass da nichts geschieht, ganz im Gegenteil: Für viele Staaten ist das die wesentliche Lebenslinie. 88 Millionen Dosen wurden bereits an 131 Staaten ausgeliefert, darunter immerhin sechs der elf Schwerpunktregionen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit: Äthiopien, Uganda, Mosambik, Moldau, Kosovo und Palästina.

Das ist also, glaube ich, eine sehr richtige Politik, die natürlich noch am Anfang steht, wo wir in den nächsten Monaten unsere Anstrengungen noch massiv verstärken müssen. Es ist ganz klar – und das ist ja der logische Titel dieser Aktuellen Stunde –: „Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“.

Ich habe es auch vorhin angesprochen: Ich glaube, das gilt gerade für ein Land wie Österreich. Wir sind vom Export abhängig, wir brauchen den Tourismus, in unserem Land leben so viele Hunderttausende Menschen, die unser Land bereichern, die aber familiäre Wurzeln im Ausland haben und dort hinfahren wollen, vor allem nach diesen schwierigen letzten zwölf Monaten. Für uns ist es einfach in unserem schlicht wohl­verstandenen Eigeninteresse, diese europäische Solidarität auch zu leben, und zwar


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nicht nur am Westbalkan, sondern auch in der östlichen Partnerschaft, in der südlichen Partnerschaft; dass wir ihnen helfen, diese Krise so bald wie möglich zu überwinden.

Es gibt aber noch einen politischen Aspekt, den ich auch noch kurz erwähnen will: Während wir in Europa der Meinung sind, dass Antikörperchen keine Nationalfarben tra­gen, dass man mit Immunsystemen nicht Geopolitik betreiben sollte, sehen das andere Staaten auf dieser Welt offenbar ganz anders. Sie sind der Meinung, dass das Spielfeld der Impfdiplomatie für sie ein Mittel ist, ein potenzieller weiterer Hebel, um ihre Ein­flusssphären zu erweitern. Ich spreche natürlich von China und Russland.

Diesen Spin, der ganz bewusst gespielt wird, dass die westliche Welt, die demokratische Welt in der Pandemiebekämpfung gescheitert ist, dass wir unsere Partner im Stich lassen, können wir nicht einfach auf sich beruhen lassen. Da ist es einfach notwendig, und ich glaube, das sollte das europäische und auch das österreichische Selbstver­ständnis sein, dass wir diesem Spin ein klares europäisches Narrativ entgegensetzen, nämlich das Narrativ der Hilfe für unsere Partner, der Hilfe für unsere Nachbarschaft. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kittl.)

10.21


Präsident Mag. Christian Buchmann: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Harald Himmer. – Bitte.


10.21.38

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich darf zu Beginn ebenfalls ganz kurz Danke für eine großartige Präsidentschaft sagen. Ich selbst habe im Bundesrat schon über 40 Präsidentschaften miterleben dürfen, und Christian Buchmann hat hervorragend gezeigt, dass man als Politiker auf der einen Seite eine eigene Meinung haben kann, dass aber trotzdem gleichzeitig eine absolut objektive Vorsitzführung möglich ist.

Damit bin ich schon beim Thema, weil gerade in der Pandemiebekämpfung das Ge­meinsame ganz besonders im Vordergrund steht, wenn man dabei erfolgreich sein will – nicht nur hier in Österreich, sondern auch global, also weltweit.

Nun ist es hier in diesem Haus üblich, dass die Mitglieder der Regierung die Neigung haben, den Sinn ihrer Tätigkeit zu sehen, und die Opposition die Neigung hat, auch den Unsinn herauszuarbeiten. Ich selber muss sagen, bei den unterschiedlichen Rednern hört man unterschiedlich gerne zu, jeder hat ja einen anderen Zugang. Kollege Steiner ist gerade nicht da, aber wenn der herauskommt, nimmt er den Bihänder, fährt über alles drüber, und irgendwann einmal ist die Redezeit vorbei oder der dritte Ordnungsruf da, und dann lässt er es wieder gut sein.

Kollege Hübner ist mehr der, der mit dem Degen dem einen oder anderen einen Stich versetzt, der auch begründet, was er sagt und auf Widersprüche hinweist. Ich höre da immer sehr gerne zu und muss oft schmunzeln, denke mir auch bei dem einen oder anderen Mal: Touché!, es gibt aber auch Widersprüche, die ich nicht sehe, beispiels­weise dass Gibraltar schnell durchgeimpft ist: Ich muss sagen, bei dem Tempo, das wir jetzt draufhaben, wären wir mit den 35 000 in Gibraltar an einem Vormittag fertig und könnten die paar Äffchen auch noch mitnehmen. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.)

So hat halt jedes einzelne Land seine unterschiedliche Geschichte, auch dort, wo man besonders hohe Durchimpfungsraten hat. Es ist natürlich auch kein Widerspruch, dass man, auch wenn man selbst geimpft ist, noch ein Mehr an Sicherheit hat, wenn alle ge­impft sind. Uns ist, glaube ich, bewusst, dass wir noch viel zu tun haben, dass wir nicht


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genau prognostizieren können, wie und mit welchen Zuckungen sich diese Pandemie noch weiterentwickeln wird, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die Menschheit gemeinsam mit der Wissenschaft letztendlich obsiegen wird.

Zu Kollegen Schennach – auch einer meiner Lieblingsredner – in Bezug auf das Zuhö­ren: Ich habe in meinen jungen Jahren das Privileg gehabt, Stefan Schennach hier als grünen Fraktionsobmann zu erleben. Ich hätte mir nie gedacht, einmal erleben zu dürfen, dass er dann, wenn die Grünen regieren, als Oppositionspolitiker agiert. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das ist für mich lustiger als für andere hier im Plenarsaal, aber auch da darf ich sagen: Es ist letztendlich schon so, dass es eine engagierte Politik in der Be­kämpfung der Pandemie gibt.

Jetzt hat der Bundesminister aufgeklärt, dass es diese Verknüpfung mit den Rück­füh­rungen nicht gegeben hat; das entspringt offensichtlich einem Wissen, von dem ich nicht genau weiß, woher du (in Richtung Bundesrat Schennach) das hast. Ich möchte aber schon sagen, dass es in der Politik durchaus vorkommen kann, dass mehrere Themen gleichzeitig diskutiert werden, und dass das Thema der Rückführungen auch kein absurdes Thema ist.

In dem Sinne wünsche ich uns allen, dass es uns auch weiterhin gelingt, die - - (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann.) – Ich habe nichts zugegeben, ich war da nicht dabei, ich habe nichts zuzugeben, Frau Fraktionsvorsitzende! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Ich habe das deswegen so betont, dass ich gesagt habe: Frau Fraktionsvorsitzende!, weil ich einmal zu ihr Obfrau der Sozialdemokratie gesagt habe und sie dann eine tatsächliche Berichtigung gemacht hat, dass sie die Fraktions­vorsitzende ist. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das war die lustigste Berichtigung, die ich hier erlebt habe, weil Sie damit etwas richtiggestellt haben, was niemand falsch verstanden hat. – In dem Sinn: Danke! (Beifall bei der ÖVP.)

10.27


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Elisabeth Grimling. – Bitte.


10.27.29

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Außen­minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und via TV beziehungsweise Livestream! Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Bundesminister, für das interessante The­ma, schon des Öfteren erwähnt, „(Impf-)Diplomatie in Zeiten der Corona-Krise: Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“ bedanken und damit aber auch gleich dem Ansatz der Bundesregierung und des Bundeskanzlers widersprechen.

Ja, die Infektionszahlen in Österreich sind rückläufig, die Inzidenzen sinken, und ja, na­tür­lich können wir in Österreich endlich Öffnungsschritte, insbesondere für junge Men­schen, setzen. Dennoch dürfen wir den globalen Aspekt dieser Pandemie nicht aus den Augen verlieren.

Als außenpolitische Sprecherin der SPÖ im Bundesrat möchte ich daher aus einem Leitartikel der „Kleinen Zeitung“ zitieren: „Corona ist erst besiegt, wenn die ganze Welt durchgeimpft ist. Die Globalisierung verbietet es, in nationales Triumphgeheul auszu­brechen.“ Genau an diesem Punkt sind wir nun angelangt. Ich möchte deshalb zur Illus­tration einige Zahlen nennen.

Auf der Welt gibt es gegenwärtig täglich rund 8 500 Todesfälle wegen Covid-19, Ten­denz steigend. Weltweit gab es bisher rund 3,8 Millionen Tote und 175 Millionen bestä­tigte Fälle. Die meisten Todesfälle pro Million Einwohner melden Länder wie Paraguay, Uruguay, Surinam, Argentinien und Brasilien – Länder, die wir in Österreich kaum im Blick haben. Während Österreich sich gegenwärtig über eine Vierzehntageinzidenz von


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rund 33,2 freuen kann, beträgt die Vierzehntageinzidenz in Brasilien 423 und in Argen­tinien unglaubliche 919  Zahlen, die in Österreich nicht genannt werden. (Vizeprä­sidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Wir planen gerade unseren Urlaub und ich möchte Sie darüber informieren nur, damit man das bei der Planung auch berücksichtigt , dass die höchsten Steigerungsraten gegenwärtig auf den Seychellen und auf den Malediven verzeichnet werden. Apropos Urlaubsplanung: Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, dass Sie die Österreicherinnen und Österreicher aktiv über diese Umstände informieren und nicht nur über die sehr informative Homepage. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bekämpfung der weltweiten Pandemie wird, wie schon ausgeführt, nur durch eine Durchimpfung möglich sein. Betrachten wir die Verteilungen: Bisher wurden 2,6 Milliar­den Impfdosen verabreicht, davon 321 Millionen in Europa. Sieht man die Weltkarte an, so sieht man, dass sie hinsichtlich dieser Statistik unterschiedlich eingefärbt ist. Während Europa, China, Nordamerika und Australien dunkler werden, die Zahl der Impfungen also steigt, verbleiben Südamerika, Afrika und der Rest von Asien hell. An dieser Karte kann man die Ungleichbehandlung der Erdenbürgerinnen und Erdenbürger deutlich erkennen. Da gilt es, solidarisch zu sein.

Es ist daher erfreulich, dass im Rahmen des G7-Gipfel kürzlich angekündigt wurde, min­destens eine Milliarde Impfdosen zu spenden. Die Reaktion des UNO-Generalsekretärs António Guterres war natürlich Dankbarkeit, aber er wies darauf hin, dass dies deutlich zu wenig sei, und hat die G7 zu deutlich mehr Einsatz gemahnt. Ich fordere daher die reichen Staaten zu einer Solidarität mit den ärmeren Staaten, die sich die Beschaffung von Impfstoff nicht leisten können, auf. (Beifall bei der SPÖ.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Frau Bundesrätin, Ihre Redezeit mit 5 Minuten ist leider zu Ende.


Bundesrätin Elisabeth Grimling (fortsetzend): Als letzten Gedanken, Herr Bundes­minister: Pandemien betreffen immer die ärmeren Schichten stärker, dies zunächst ab­hängig von der Entwicklung, vom Herkunftsland, aber auch abhängig von der Verwund­barkeit innerhalb der Gesellschaft. Ich glaube, dort müssen wir hinschauen, um diese Gruppen müssen wir uns kümmern.

International müssen wir sogar in unserem eigenen Interesse solidarisch sein, denn, Herr Bundesminister, es ist nicht genug, wenn Österreich seine niedrigen Zahlen feiert, aber die Solidaritätsarbeit vernachlässigt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.33


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Dim. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile dieses.


10.33.53

Bundesrat Thomas Dim (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind.“ Ernsthaft? – Ich bin überrascht. Ich wundere mich über eine Selbstverständlichkeit, die in Zeiten wie diesen zu einer Ungeheuerlichkeit aufgebauscht wird, und ich meine damit nicht die Impfstrategie der Regierung oder die Impfstoffbesorgung in Europa, ich meine damit feiernde Jugendliche, die vor der Wiener Karlskirche und entlang des Donaukanals das nachholen, worauf sie Monat für Monat verzichtet haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Einige von ihnen haben Maß und Ziel verloren, ja, einige Deppen sind auch nur zum Randalieren und zum Demolieren gekommen, die meine ich nicht. Ich spreche von der überwiegenden Anzahl der Jugendlichen, die einfach nur feiern wollen. Maß und Ziel


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haben aber auch jene verloren, die diese Partynächte jetzt verurteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die, die jetzt ausgelassen feiern, haben vorher mehrheitlich verzichtet, vor allem zum Schutz der älteren Generation. Es gab keine ausgelassenen Geburtstagspartys, kein Feiern mit Gleichaltrigen, kein Auslandsjahr, kein Praktikum, keine Tanzschule, keine Bälle, Clubs waren zu, der Betrieb an Schulen und Unis lief auf Sparflamme – und das noch mit Vollmaskierung. Was bekommen sie jetzt dafür, jetzt, wenn die Pandemie in Österreich gefühlt abgesagt ist? Herr Kollege Schreuder! Ich setze mich hier für die österreichische Jugend ein, die liegt mir besonders am Herzen, denn da fällt die Antwort kurz aus: Ihre Wünsche und Sorgen waren der Regierung in den vergangenen Monaten vielfach nur ein paar Halbsätze wert, geändert hat sich an dieser Einstellung auch in der sogenannten neuen Normalität nichts. Besonders flott werden die Jugendlichen eben von jenen verurteilt, die sich stolz und entspannt mit Impfpass ausgestattet in den Bars und Restaurants des Landes niederlassen. Ihre Welt ist längst wieder in Ordnung, die der Jugend leider noch lange nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Denen schickt man, Kollege Köck, noch kein Impfangebot, dafür aber ein größeres Aufgebot an Polizei, die auch gleich mit einem Platzverbot für den öffentlichen Raum im Gepäck ausgestattet ist. Das war vor Monaten schon nicht anders, als die Jugendlichen vor dem Stephansplatz regelmäßig ihre Geldtaschen zücken durften, weil sie in Klein­gruppen zusammenstanden und Ihre Abstandsregeln nicht eingehalten haben. Ein paar Meter weiter entfernt durfte die Proseccofraktion ebenso ohne Abstand  aber unbe­helligt feiern. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch andere Beispiele in Europa. Es gibt Regie­rungen, die anders gehandelt haben, die ihrer Bevölkerung mehr Vertrauen entgegen­gebracht haben, die den Menschen in ihrem Land mehr Freiheit und Selbstbestimmung überlassen haben und genauso gut durch die Krise gekommen sind. Von diesen wird halt nicht so gerne gesprochen, weil sie eben nicht hinter Merkel und Macron nach­hecheln und sich ein eigenes, differenzierteres Bild der Lage gemacht haben.

Ich gebe zu, dazu gehört auch Mut Mut, den ich bei dieser Regierung leider vermisst habe und auch immer noch vermisse. (Beifall bei der FPÖ.)

10.37


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.38.09

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Verehrte ZuseherInnen! Ehrlich gesagt halte ich den Begriff Impfstoffdiplomatie für zumindest sehr heikel, denn immerhin geht es um die Gesundheit von Menschen und gerade auch um die Gesundheit von Menschen, die in Ländern leben, in denen der Zugang zu Impfstoff nicht so einfach ist oder die schlicht ein finanzielles Problem haben, Impfstoff im nötigen Ausmaß um viele Hunderte Millionen Euro oder gar Milliarden Euro zu kaufen.

Es kommt also sehr darauf an, wie das im Detail aussieht, denn Diplomatie signalisiert ja grundsätzlich, dass man mit Impfstofflieferungen politische Ziele verknüpft. Was wir vielmehr bräuchten, wäre eine Impfstoffsolidarität. Das heißt, wir helfen einfach nur, weil Hilfe notwendig ist, das heißt, wir teilen den Impfstoff einfach nur, damit alle eine Chance auf einen Zugang zum Impfstoff haben. Leider ist diese Frage des internationalen beziehungsweise globalen Impfstoffzugangs immer noch stark von nationalen Inter­essen überlagert. Aus meiner Sicht sind das missverstandene nationale Interessen, da eben diesen längerfristig oft damit am besten gedient ist, wenn man in der Krise solidarisch


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hilft, denn das stärkt dann die Beziehungen und das stärkt das Vertrauen untereinander, auch für später. Das gilt besonders für Europa, das gilt für Europa mit seiner Geschichte, mit seinen Beziehungen zu afrikanischen Ländern, zu asiatischen Ländern.

Immerhin ist es schön zu sehen, dass es der Europäischen Kommission in der Covid-Krise zunehmend gelungen ist, die Impfstoffverteilung innerhalb von Europa zu orga­nisieren und auch aktiv viele Millionen Impfdosen an andere Staaten weiterzugeben. Ich möchte da auch ausdrücklich die Aktion der Bundesregierung begrüßen, am West­bal­kan übrigens auch im Rahmen der Europäischen Union  sehr aktiv zu werden. Soweit ich das wahrnehmen kann, sind diese Impfstofflieferungen an keine Gegenleistungen gebunden, sondern sie sind ein Zeichen der Freundschaft mit dem Westbalkan.

Ein wichtiger Schritt, um Impfstoffe schnell und vor allem kostengünstig verbreiten zu können, wäre eine zumindest vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes. Wir haben es gehört, es ist vielleicht weniger an die Oberfläche gekommen: Das Euro­pä­ische Parlament hat vor wenigen Tagen einen wichtigen Schritt gesetzt, indem es mehrheitlich einen Beschluss gefasst hat, den Patentschutz auszusetzen, beziehungs­weise gefordert hat, die Verhandlungen mit der WTO, die da zuständig ist, entsprechend aufzunehmen. Grundsätzlich wäre das ja im Rahmen des betreffenden Abkommens zum Schutz des geistigen Eigentums wohl auch möglich. Das ist nicht zuletzt auch eine Forderung von Ärzte ohne Grenzen, eben genau mit der Zielsetzung, rasch eine flächen­deckende, leistbare Versorgung für alle Staaten zu unterstützen. Übrigens haben über hundert Staaten genau diese Forderung bereits unterschrieben.

Abschließend möchte ich noch meinen Respekt bekunden. Das erschließt sich im ersten Moment vielleicht nicht unmittelbar; es hängt mit einer Megakrise zusammen, die uns noch lange und intensiv beschäftigen wird. Bereits im April dieses Jahres sagte Greta Thunberg, dass sie angesichts der extremen Ungleichverteilung des Impfstoffs – da war es noch krasser als jetzt – an der nächsten Klimakonferenz nicht teilnehmen wird. (Bun­desrat Steiner: Gott sei Dank!) Da spricht sie, finde ich, einen sehr entscheidenden Aspekt an, nämlich, dass Krisen und Herausforderungen diesen Ausmaßes, dass glo­bale Fragestellungen, die sich durch eine unmittelbare Vernetztheit  wie das bei beiden Krisen der Fall ist  auszeichnen, nur solidarisch gelöst werden können. Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir sie umspannend als gemeinsame Aufgabe mit einem gemein­samen Ziel verstehen, denn wenn Einzelne nicht mitmachen oder mitmachen können, kann das für die Gesamtheit fatal sein. Aus meiner Sicht ist das eine wichtige Erkenntnis, die jedweder Außenpolitik zumindest in der Krisenbewältigung – eigen sein sollte.

Ich habe zum Schluss noch eine direkte Bitte an Sie, Herr Außenminister: Setzen Sie sich bitte für den Wiener Studenten Ahmed Samir ein – ich glaube, dass Sie das tun werden –, der dieser Tage in Ägypten zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, einfach nur deshalb, weil er Missstände in Gefängnissen aufgezeigt und sich damit für Menschen­rechte eingesetzt hat. Ich denke, das ist etwas – mit Blick auf Ungarn, mit Blick auf Ägypten –, das gar nicht geht. Wir müssen alles tun, um ihn wieder nach Hause zu be­kommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.43


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.43.45

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die NEOS-Kritik an der Impfstoffdiplomatie oder an der Impfstoffpolitik war, dass Österreich dabei in der Europäischen Union leider zu den Blockierern gehört. Wenn etwas funktioniert, reklamiert


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Bundeskanzler Kurz es für Österreich – noch genauer für die österreichische Bundes­regierung und noch präziser reklamiert er es für sich –, wenn etwas danebengeht, schiebt er es auf die EU.

Nach dem unsäglichen und auch falschen Impfbasarsager hat Bundeskanzler Kurz dann die freiwillige Umverteilung – weil Tschechien nicht genug bekommen hat – abgelehnt, dann hat er – er, nämlich – Tschechien bilateral 30 000 Dosen geschenkt. Das hat er am 2. April angekündigt. Wie viel Symbolpolitik das in Wirklichkeit ist, merkt man daran, dass zumindest zwei Monate später selbst diese Kleinstlieferung noch immer nicht einge­troffen ist.

Ein Aspekt, der heute noch überhaupt nicht erwähnt wurde, ist, dass die Europäische Union als Ganzes in der Impfstoffdiplomatie sehr gute Arbeit leistet. Über 200 Millionen Impfdosen wurden in der Europäischen Union produziert, ungefähr die Hälfte der Pro­duktion wurde exportiert. Das ist zum Beispiel ein wesentlicher Unterschied zu den USA, die zwar weniger oder ungefähr gleich viel produzieren – das muss man ins Verhältnis setzen –, aber alles im eigenen Land gelassen haben.

Am Westbalkan ist, wie wir heute gehört haben, Österreich Koordinator der EU-Lieferungen. Dort gab es ja zuerst großen Unmut über eine fehlende Solidarität Europas. China und Russland haben die Situation ausgenützt und sehr öffentlichkeitswirksam Impfstoffe geschickt. Wir erinnern uns an die in Wirklichkeit unschöne Szene im Zu­sammenhang mit der chinesischen Lieferung, als Serbiens Präsident Vucić persönlich zum Flughafen gefahren ist und dort einen Lobgesang auf China und dessen autoritäres Regime angestimmt hat. Mittlerweile hat Österreich – das ist sehr zu begrüßen – diese erwähnten 651 000 Dosen für den Westbalkan organisiert, das heißt, die Logistik orga­nisiert und die Zwischenfinanzierung geleistet, die Bezahlung erfolgt letztendlich ja auch aus den Kassen der EU. Da Serbien auch wegen China und Russland schon eine hohe Durchimpfungsrate hat, sind insbesondere in Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Nordmazedonien noch kaum Impfstoffe eingetroffen, deswegen sollen diese Länder den größten Anteil der Impfstoffe erhalten: Von den 651 000 Impfstoffdosen soll ungefähr ein Drittel an Bosnien und Herzegowina, ungefähr 20 Prozent an Albanien, 15 Prozent an Nordmazedonien und die weitere Menge an Kosovo, Montenegro und der kleinste Teil davon an Serbien gehen.

Als Resümee steht die Forderung von uns NEOS betreffend Impfstoffpolitik und Impfstoffdiplomatie: dass Österreich alle Initiativen unterstützt und sich aktiv einbringt, wenn es darum geht, in internationale Pools einzuzahlen oder zu spenden – wir haben Covax schon erwähnt –, momentan gibt es ja einige solcher Möglichkeiten, im Aus­schuss im Nationalrat geht es zum Beispiel um die asiatische Entwicklungsbank. Wenn so etwas auf die Tagesordnung kommt, sollte Österreich nicht sparsam, sondern voraus­eilend sein. – Vielen Dank.

10.47


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Aktuelle Stunde ist somit beendet.

Ich begrüße an dieser Stelle sehr herzlich die Frau Bundesministerin für EU und Ver­fassung, Frau Mag.a Edtstadler. – Schönen guten Morgen hier im Bundesrat! (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

10.48.00 Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,


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der Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt des Bundeskanzlers und weiterer Mitglieder der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union,

eines Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Auf­enthalt von Bundesministerin für Landesverteidigung Mag.a Klaudia Tanner vom 22. bis 25. Juni 2021 in Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Libanon bei gleichzeitiger Be­auftragung der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger für die Zeit der Sitzung des Bundesrates mit ihrer Vertretung sowie

eines Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Auf­enthalt von Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg vom 24. Juni bis 27. Juni 2021 in Armenien, Aser­baid­schan und Georgien bei gleichzeitiger Beauftragung von Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann mit seiner Vertretung

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilt Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung ange­schlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf diese gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenogra­phi­schen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 13)

2. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitglieds­staat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Vertretung von Frau Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration MMag. Dr. Susanne Raab ab 15. Juni 2021 durch Frau Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Ka­roline Edtstadler gemäß Art. 73 Abs. 1 B-VG bis auf Widerruf (Anlage 2)

und

Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc am 23. Juni (vormittags) und 24. Juni 2021 in Prag, wobei seine Angelegenheiten im Bundesrat gemäß Art. 73 Abs. 3 B-VG Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck wahrnehmen wird (Anlage 3)

sowie

Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz am 24. und 25. Juni 2021 in Brüssel, wobei seine Angelegenheiten im Bundesrat gemäß Art. 73 Abs. 3 B-VG Herr Vizekanzler Mag. Werner Kogler wahrnehmen wird (Anlage 4)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung) sowie


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2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

(siehe Tagesordnung)

sowie

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2020 (III-752-BR/2021)

zugewiesen dem Ausschuss für Verkehr

und

Bericht der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Tourismus in Österreich 2020 (III-753-BR/2021)

zugewiesen dem Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur

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BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 42

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BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 43

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BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 44

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Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Bericht, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorbe­ratungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das zweite Halbjahr 2021 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlags beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4 sowie 6 und 7 sowie 8 bis 10 sowie 11 und 12 sowie 13 und 14 sowie 15 und 16 sowie 19 bis 22 sowie 23 und 24 sowie 25 und 26 sowie 29 bis 32 sowie 33 und 34 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Covid-19: Herr Ge­sundheitsminister, wieso impfen Sie die Kinder?“ an den Herrn Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

10.51.041. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden (1647/A und 926 d.B. sowie 10644/BR d.B. und 10682/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfassungsbestimmungen (1648/A und 927 d.B. sowie 10683/BR d.B.)


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3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (1649/A und 928 d.B. sowie 10684/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichts­hof­gesetz 1985 geändert werden (1699/A und 929 d.B. sowie 10645/BR d.B. und 10685/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelan­gen nun zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu Tagesordnungspunkt 1 ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Adi Gross, Be­richt­erstatterin zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 4 ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Ich bitte um die Berichte.


10.52.22

Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerinnen! Ich darf zu TOP 1 berichten und bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


10.53.21

Berichterstatterin Heike Eder, BSc MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerinnen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes sowie das Außer­krafttreten einiger Verfassungsbestimmungen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stel­lung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bringe weiters zu TOP 3 den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föde­ralismus über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseför­de­rungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geän­dert werden.


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Dieser Bericht liegt Ihnen ebenso in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Schlussendlich bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Födera­lismus über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsge­richts­hofgesetz 1985 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Berichte und darf an dieser Stelle auch noch Justizministerin Dr.in Alma Zadić sehr herzlich im Bundesrat be­grüßen. – Schönen guten Morgen, Frau Ministerin! (Beifall bei BundesrätInnen von Grünen, ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist zunächst Herr Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger. Ich erteile ihm dieses.


10.55.37

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Bundesministerinnen! Geschätzte Damen und Herren! Der haupt­säch­liche Inhalt dieses Gesetzesbeschlusspakets, über das wir hier abstimmen sollen, lässt sich im Wesentlichen damit zusammenfassen, dass der Coronaausnahmezustand in der Justiz, im Bereich der Justizverwaltung im weitesten Sinne verlängert wird, es werden wieder einige Fristen aufgeschoben.

Ich sage einmal, es wird das, was bis 31. Juli hätte gelten sollen, bis 31. Dezember ver­längert. Ich kann schon absehen, dass es wahrscheinlich am Ende des Jahres wie­der so fortgeschrieben wird und wir hier wieder eine neue Verlängerung des Corona­ausnahmezustands beschließen sollen.

Während andere Länder in der ganzen Welt, insbesondere in den Vereinigten Staaten, diese Coronasondergesetzgebung bereits aufgehoben haben und dort wieder ein nor­males Leben möglich ist, sind wir in Österreich immer noch dem Gedanken verhaftet, man müsse das jetzt ewig fortschreiben. Das österreichische Provisorium wird also zum Dauerzustand, wir kennen das, nichts anderes haben wir von dieser türkis-grünen Bun­desregierung erwartet. (Beifall bei der FPÖ.) Daher stimmen wir dem größten Teil dieses Gesetzespakets auch nicht zu. Ich finde das sehr schade, denn es ist wieder einmal ein Teil dieser Selbstbeschäftigung, die man bei der türkis-grünen Bundes­regie­rung sieht.

Im Justizressort wäre so viel zu tun – ich rede jetzt noch gar nicht von unseren frei­heitlichen Initiativen im Justizbereich, die ja leider mit dem Ausscheiden aus der Regie­rung und dem Ende unserer Regierungsbeteiligung begraben wurden. Da gab es genug: Da gab es die Reform des Insolvenzrechts, die wir angeregt haben, da gab es auch viele Initiativen im Strafprozessrecht, was zum Beispiel die Reform des Haupt- und Rechts­mittelverfahrens betrifft und, und, und.


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Bleiben wir einmal bei dem, was sich die türkis-grüne Bundesregierung selbst vor­ge­nommen hat! Da sind ja auch gute Überschriften, die man im Programm finden kann, bei denen man sagen kann: Gut, wenn das sinnvolle Angelegenheiten sind, die auch für viele Bürger wichtig sind, reden wir darüber, bringen wir uns konstruktiv ein und stimmen wir auch einmal mit! Wo aber sind denn diese Reformen? Wo ist die Reform des Unter­haltsrechts, das ja schon längst antiquiert ist und viele Baustellen zeigt? Wo ist denn die umfassende Reform des Wohnrechts, mit dem Ziel, wie Sie so schön im Regierungs­programm schreiben, Wohnraum für Mieter und Eigentümer leistbar zu machen?

Da kann das Justizministerium an vielen Stellschrauben drehen. Ich weiß schon, dass das in der freien Marktwirtschaft schwierig ist, ich weiß schon, dass da auch viel Län­dermaterie dabei ist, das ist ja ganz klar, das Justizressort hat aber trotzdem zum Bei­spiel die Hoheit über das Wohnungseigentumsgesetz, über das Mietrechtsgesetz, Woh­nungsgemeinnützigkeitsgesetz und, und, und, also da kann man an vielen Schrau­ben drehen. Wo ist denn die Neuregelung der Maklerprovisionen? Nach dem Besteller­prinzip wollen Sie es künftig haben, ja, da kann man ja darüber reden. Das ist ja eine sinnvolle Neuerung, das wurde in Deutschland längst gemacht. Sie bleiben da aber untätig und tun einfach nichts, das ist sehr schade.

Das ist wie gesagt alles Teil Ihres Regierungsprogramms, das haben Sie, Frau Bun­desministerin Zadić, selbst mitverhandelt. Diesen Teil können Sie jetzt als Ressort­verantwortliche also auch umsetzen, da brauchen Sie nicht Arbeitskreise einzuberufen und Hunderte Leute oder vielleicht die Makler zu fragen, was sie davon halten. Sie brauchen das einfach nur umzusetzen, also das können Sie einmal als Entwurf aus Ihrem Ressort bringen, aber ich sehe da nichts.

Man sieht nur das, was Sie medial verkaufen wollen: die Entmachtung des Sektionschefs Pilnacek – ja, da kann man ja durchaus sagen, das ist einmal ein positives Zeichen gewesen, aber es ist Selbstbeschäftigung, die nichts bringt. Wenn Sie sagen, Sie seien die Vorkämpferin gegen die Korruption und Sie sorgen dafür, dass gegen die türkisen Regierungsmitglieder von den Staatsanwälten und von den Gerichten natürlich ganz frei ermittelt werden kann, dann ist das schön und gut, aber es ist wiederum Selbst­be­schäftigung.

Das muss man sich einmal vorstellen, dass eine Regierung sagt: Liebe Staatsanwälte, ihr habt von mir freie Hand, macht bitte eure Arbeit!, und dann sagt, das ist gute Justiz­politik. Das ist sie natürlich nicht, wenn gegen die eigenen Regierungsmitglieder ermittelt werden muss. Das ist eine rein mediale Diskussion, da können Sie medial schön punk­ten, aber in der Sache, in der Substanz bleibt da wenig übrig.

Bei diesem Coronapaket ist es ähnlich, das ist eine reine Selbstbeschäftigung.

Bleiben wir vielleicht beim Thema Wohn- und Mietrecht, weil das jetzt so viele Menschen betrifft, die schwer von Ihren Coronamaßnahmen getroffen sind! Diese haben schwer in die Wirtschaft eingegriffen und viele in Probleme gestürzt.

Ich habe es Ihnen schon öfter gesagt: Sie waren dort untätig, wo Sie tätig hätten werden sollen, nämlich im Bereich der Geschäftsraummieten. Dort haben Sie sich vornehm zurück­gehalten, und es ist auf einmal ein enormer Regelungsbedarf entstanden. Was heißt denn das jetzt für Geschäftsräume, die nicht mehr oder nur mehr teilweise nutzbar sind? – Ja, das sollen die Gerichte entscheiden, dazu gibt es nichts in der Judikatur. Sie treiben die Leute in teure Rechtsstreitigkeiten. Ich habe Ihnen schon oft gesagt, was da das Problem ist und was ganz einfach zu tun wäre, nämlich eine Verordnung zu erlassen, in der man klare Richtsätze definiert und sagt: Für diese Maßnahme, die wir im Gesundheitsressort setzen, wäre dieser Prozentsatz beispielsweise in der Gastro­nomie, dieser Prozentsatz in der Hotellerie angemessen. Daran kann sich dann jeder,


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Vermieter und Mieter, orientieren. Sie haben aber gesagt: Dieses heiße Eisen fassen wir nicht an!

Und dort, wo Sie lieber untätig hätten bleiben sollen, sind Sie auf einmal tätig geworden, nämlich im Bereich des Wohnungsmietrechts. Sie haben den Leuten versprochen: Na ja, gut, jetzt ist einmal Coronakrise, jetzt braucht ihr einmal keine Miete zu zahlen! Diese Stundungsregelungen sind auch Teil dieses COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes, über das wir heute schon wieder reden. Sie haben gesagt: Machen wir doch einmal eine Stun­dung! – Ja, das ist doch ein Danaergeschenk, das ist ja ein Trojanisches Pferd! Wer weiß denn schon wirklich, was eine Stundung ist? Ich möchte jetzt niemanden belei­digen, aber das sind ja oft Fachbegriffe, mit denen man nicht viel anfangen kann.

Da kriegt man die Information: Aha, gut, ich brauche meine Miete einmal nicht zu zahlen! Wer kann denn aber wirklich drei Bruttomonatsmieten einfach so zurücklegen und dann nach einem Jahr, wenn das alles ausgelaufen ist, samt Verzugszinsen bezahlen? Das ist doch komplett weltfremd. Wir sehen es jetzt beispielsweise an den Delogierungs­zahlen in Wien: Tausende, Zehntausende Menschen sind betroffen. Ich sage jetzt nicht, jede einzelne Delogierung ist auf dieses Gesetzespaket zurückzuführen, aber Sie haben einen großen Teil dazu beigetragen. Das ist eigentlich ein Armutszeugnis für die Miet- und Wohnrechtspolitik Ihres Ressorts. (Beifall bei der FPÖ.)

Ähnliches gilt für die Stundungen von Verbraucherkreditverträgen. Das ist auch eine Zeitbombe, die noch immer tickt. Genauso wie die Verschleppung der Insolvenzen: Sie haben auch die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Da schieben wir wie eine Lawine vor uns her. Das Problem wird also mit fortschreitender Zeit immer größer und größer, weil Sie einfach auch das Wesen einer Insolvenz nicht verstanden haben. Niemand freut sich darüber, das ist schon klar, aber es gibt ja im geltenden Insolvenzrecht auch Maßnah­men, die dann beiden helfen, den Gläubigern und dem Schuldner – dem Schuldner, in­dem er sich wieder erholen kann, eine angemessene Quote zahlen kann, sodass er sein Unternehmen sanieren kann; den Gläubigern, weil sie zumindest noch einen Teil ihres Geldes erhalten.

Das Insolvenzrecht hat ja einen Sinn, und Sie sagen auf einmal: Nein, das Insolvenz­recht ist superböse, schieben wir das einmal auf! Es hat ja einen Sinn, warum Insol­venz­verschleppung auch strafbar ist. Sie legalisieren das jetzt, damit ist aber das wirt­schaftliche Problem nicht beseitigt. Sie tun wie bei einem Provisorium, einem öster­reichischen Provisorium: das Problem vor sich herschieben.

Irgendwelche großen Ansätze sind nicht erkennbar, ich sehe sie auch bei diesem Paket wiederum nicht. Sie verlängern wie gesagt damit nur den Coronaausnahmezustand und können sich dann wieder auf die Schulter klopfen, wie viel denn nicht im Justizressort geschehen sei.

Sie werden jetzt vielleicht darauf verweisen, dass Sie ja auch schon Erfolge gehabt und auch andere Gesetzespakete auf den Weg gebracht haben, wie zum Beispiel die Reform des Exekutionsrechts. Dazu sage ich: Das betrifft natürlich wirklich sehr viele Leute, und es ist auch ein großer Wurf, wenn dabei legistisch ein bisschen etwas modernisiert wird. Das ist aber nicht das, was die Menschen bewegt. Die Menschen interessieren beispiels­weise Miet- und Wohnrecht. Dort gibt es wirklich viel zu tun!

Gut, dann werden Sie noch sagen: Na ja, wir haben beim Medienrecht ein bisschen etwas gemacht, das Hass-im-Netz-Paket! Dazu habe ich Ihrer Kollegin Edtstadler, die damals bei der Debatte dabei war, auch schon einmal gesagt, dass Sie damit die Ruine des Medienrechts, das ja schon zersplittert ist, einfach nur weiter vergrößert und neue Instrumente geschaffen haben. Sie haben aber nicht wirklich etwas kodifiziert, verein­facht und klarer geregelt. Dieses Hass-im-Netz-Paket ist also ebenfalls ein Danaer­ge­schenk und bringt keine einzige Verbesserung in dieser wichtigen Abwägung zwischen


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Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit. Dadurch haben Sie einfach eine ohnehin schon komplizierte Rechtsmaterie noch komplizierter gemacht.

Das ist immer schon so typisch für eine rot-schwarze Politik des Stillstands und des im­mer wieder Aufbauens von neuen Bausteinen ohne Vereinfachungen, ohne Deregu­lierung gewesen. Und das setzt sich jetzt unter Türkis-Grün nahtlos fort. Das finden wir schade und deswegen werden wir diesem Entwurf auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.04


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Sebastian Kolland. – Bitte, Herr Bundesrat.


11.05.08

Bundesrat Sebastian Kolland (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin bei den Tagesord­nungs­punkten 1 bis 3 doch etwas anderer Meinung als Kollege Schilchegger. Ich halte es für sehr wichtig und auch notwendig, dass wir auch weiterhin eine rechtliche Basis dafür haben, dass wir wichtige Entscheidungen von Gremien, die wir brauchen, um die Republik am Laufen zu halten, auch zukünftig via Videokonferenz treffen können.

Warum? – Wir sind zwar in der Pandemiebekämpfung ohne Frage gut am Weg – die Inzidenzzahl ist niedrig, die Infektionen sinken, die Durchimpfungsrate steigt –, wir sind aber eben noch nicht durch. Es gibt Unsicherheiten, es gibt Unwägbarkeiten wie bei­spielsweise die Deltavariante, die sich doch in manchen Regionen Europas derzeit sehr rasant ausbreitet. Ich glaube, es gibt überhaupt keinen Grund zur Panik, auch weil wir wissen, dass alle Impfstoffe, die wir zur Verfügung haben, auch gegen die Deltavariante schützen.

Es ist aber notwendig, auch vorsichtig zu bleiben, und deshalb, glaube ich, ist es richtig, sollte es vielleicht angesichts steigender Infektionszahlen notwendig sein, die körper­liche Kontaktaufnahme wieder etwas zu reduzieren und von Präsenz- in Videokon­feren­zen zu wechseln, eine entsprechende Basis dafür zu haben.

Ich stimme diesen Bestimmungen auch deshalb ohne Bedenken zu, weil wir in den letzten Monaten schon gesehen haben, dass alle, denen diese Möglichkeit eingeräumt worden ist, auch sehr verantwortungsvoll mit den Instrumenten umgehen. Das ist sowohl in der Justiz der Fall, wo Richter sehr genau abwägen, unter welchen Verfahrens­schrit­ten sie Videokonferenzen hinzuziehen, und auch immer ein Auge darauf haben, dass die Verfahrensqualität dadurch nicht negativ beeinflusst wird.

Und das ist auch bei den Gemeinden der Fall. Ich kenne keinen Gemeinderat und keinen Bürgermeister, der eine Freude damit hat, Sitzungen mittels Videokonferenz abhalten zu müssen – im Gegenteil: Es ist anstrengend, eine teilweise wirklich lange Tagesordnung über Stunden mittels Videokonferenz durchführen zu müssen. Niemand macht das gerne, aber wenn es aus Verantwortung gegenüber der Gesundheit aller Sitzungs­teil­nehmer notwendig ist, dann ist es gut, dass es diese rechtliche Möglichkeit gibt und dass wir sie auch bis Jahresende verlängern.

Zusammengefasst: Das sollte natürlich nicht ins Dauerrecht übergehen, da bin ich bei Kollegen Schilchegger, aber wir sollten uns nach Überwindung der Pandemie durchaus in Ruhe, aber sehr intensiv, damit auseinandersetzen, welche Möglichkeiten, die wir in den letzten Monaten intensiv genutzt haben, es auch wert sind, eventuell ins Dauerrecht übernommen zu werden. Jetzt, solange wir in dieser Situation sind, ist es aber wichtig, dass man eine rechtliche Basis schafft, um Entscheidungen treffen zu können.


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Deshalb ist es eine gute Entscheidung, diese Entscheidung heute zu treffen. Vielleicht ist auch die FPÖ noch zu überzeugen. Wir werden diesen Anträgen auf jeden Fall zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

11.08


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Soeben im Hohen Haus eingetroffen ist Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr.in Margarete Schramböck. – Herzlich willkommen im Bundesrat! (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und Grünen.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann. – Bitte, Frau Bundesrätin.


11.08.58

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Werte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Die Rednerin trägt einen Button in Regenbogenfarben mit dem Aufdruck SPÖ.) Ja, heute beschließen wir einmal mehr eine Verlängerung der coronabedingten Sonderregelungen, vorerst bis Ende 2021. Natürlich hoffen wir alle, dass dieser Ausnahmezustand bis dahin oder idealerweise schon früher beendet sein wird und wir die Pandemie überwunden haben werden.

Was wir heute beschließen, sind eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, ich würde ein­mal sagen No-na-Beschlüsse, die notwendig sind, um trotz Einschränkungen der per­sönlichen, der physischen Kontakte das Justizwesen, das öffentliche Leben in den Gemeinden, in den verschiedenen Gremien, wie etwa im Publikumsrat des ORF, im Par­teientransparenzsenat, in der KommAustria und so weiter, am Laufen zu halten.

Dazu muss man sagen, zum Glück haben wir diese technischen Möglichkeiten mit Video­konferenzen, Smartphones und so weiter. Es wäre gar nicht auszudenken, wie unser Land in dieser Situation quasi funktionieren würde oder müsste, wenn wir das nicht hätten. Jedenfalls ist es natürlich sinnvoll, diese Instrumente einzusetzen.

Aus der pandemiebedingten Not heraus hat unser Justizsystem ja gewissermaßen auch einen Technologieschub erfahren: Videokonferenzen können für gerichtliche Anhörun­gen, Verhandlungen, Beweisaufnahmen und Gremialsitzungen fast aller Art eingesetzt werden. Man muss dabei aber natürlich berücksichtigen, dass es das verfassungs­recht­liche Prinzip des persönlichen Verfahrens gibt, das es selbstverständlich zu wahren und zu schützen gilt. Es spricht aber dennoch einiges dafür – da bin ich durchaus bei meinem Vorredner –, sich diese neuen Möglichkeiten genau anzuschauen und auch zu evalu­ieren und abzuwägen, was davon eventuell doch ins Dauerrecht übernommen werden könnte, wenn es eben darum geht, das Leben der Betroffenen zu erleichtern und auch vielleicht die Verfahren rascher und billiger abwickeln zu können. Das muss aber unter einer wesentlichen Voraussetzung geschehen, nämlich dass die Prozessparteien ihre klare Zustimmung geben. Das ist selbstverständlich eine Voraussetzung. Wie gesagt, es geht um das Grundprinzip des persönlichen Verfahrens, aber dennoch ist eben eine Ab­wägung vorzunehmen.

Etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren, was jedenfalls ins Dauerrecht übernom­men werden sollte, sind beispielsweise die Gebührenfreiheit bei Entscheidungen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen beziehungsweise überhaupt die Erleichterun­gen im Unterhaltsverfahren beziehungsweise im Verfahren, um zu einem Unterhalts­vorschuss zu kommen, als Vorstufe zu einer echten Unterhaltssicherung für Kinder und auch für nicht selbst erhaltungsfähige, in Ausbildung befindliche junge Erwachsene.

Ich habe es hier schon sehr oft thematisiert: Österreich ist ein reiches Land, es sind aber auch sehr viele Menschen arm. Es werden besonders pandemiebedingt auch immer mehr, vor allem nämlich Kinder von Alleinerzieherinnen, die keinen oder nicht ausreichenden


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Unterhalt erhalten. Zur Bekämpfung der Kinderarmut liegen seitens der SPÖ schon lange realisierbare Konzepte vor. Die ÖVP ist diesbezüglich leider immer auf der Bremse gestanden. Es liegt nicht einmal eine aktuelle Kinderkostenanalyse vor, um auch ab­schätzen zu können, was ein Kind in der jeweiligen Altersstufe, in der jeweiligen Lebens­phase braucht, um ein gutes Leben führen zu können und sich optimal entwickeln zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Frage der Unterhaltssicherung ist also dringender Handlungsbedarf gegeben. Es ist gerade jetzt höchste Zeit für eine Kindergrundsicherung, denn Kinderarmut darf in Österreich einfach nicht hingenommen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundes­rätin Kittl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen das einmal mehr und ich werde nicht müde, es immer wieder zu betonen und dafür zu kämpfen, dass alle Kinder in Österreich ein Auskommen haben, ein würdevolles Leben führen können und Bedin­gungen vorfinden, in denen sie sich optimal entwickeln können. Dabei geht es um die Zukunft unseres Landes, und dafür – wenn dieser Begriff schon immer wieder strapaziert wird – sollte uns nichts zu teuer sein: „Koste es, was es wolle“ – eine Aussage, die in der Vergangenheit sehr oft strapaziert wurde. In dieser Frage muss wirklich dringend etwas getan werden, es ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Es wurde auch angesprochen, dass genauso Obdachlosigkeit nicht hingenommen wer­den darf. Wir haben auch immer wieder darauf hingewiesen, dass wir steigende Delogie­rungszahlen haben. Die Menschen können sich ihre Mieten nicht mehr leisten, oder – das darf man auch nicht vergessen – vielleicht auch die Kredite nicht mehr bedienen, die sie aufgenommen haben, um sich ein Eigenheim zu finanzieren. Auch diesen Men­schen gehört geholfen, denn die Folge könnte Obdachlosigkeit sein. Dafür braucht es auch einen Fonds, der einspringt und den Menschen unter die Arme greift. Ich ersuche, auch da dringend tätig zu werden, nicht nur anzukündigen, sondern auch wirklich tätig zu werden, denn auch Obdachlosigkeit darf in Österreich nicht hingenommen werden. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.15


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.


11.15.35

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Ministerinnen! Ich finde es schon ein bisschen aben­teuerlich von der FPÖ, Notmaßnahmen in einer Krise, die jetzt wirklich allen das Leben erleichtern, als verfehlt darzustellen. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Sie übersehen sehr bewusst, dass es begleitend eine Reihe von Hilfsmaßnahmen und Programme zur Unterstützung Betroffener gibt. Ich erinnere an unseren Sozialminister, der in dieser Woche 24 Millionen Euro als ersten Schritt bereitstellt, um Delogierungen zu vermeiden, um zu schauen, dass die Menschen möglichst ihre Wohnungen nicht ver­lieren. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das ist ja das Wenigste, was man tun kann! Ihr habt es ja selber verbockt!)

Wir haben gehört, es geht in der Sache im Wesentlichen um eine Reihe von Frist­ver­längerungen für getroffene Krisenbewältigungsmaßnahmen, die Durchführung virtueller Verhandlungen in Zivilverfahren zum Beispiel, Umlaufbeschlüsse bei Gerichten, Ge­meinderatsbeschlüsse, die via Videokonferenz gefasst werden können und so weiter. All diese sind wieder mit Befristung, die meisten bis Jahresende.

Okay, jetzt kann man schon sagen, die getroffene Zurückhaltung und Vorsicht bei den gesetzlichen Änderungen durch relativ kurz gewählte automatische Verfallsfristen bringen


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uns jetzt wieder neue Beschäftigung und Beschlussfassungen. Ja, das stimmt natürlich. Auf der anderen Seite finden wir trotzdem oder gerade deshalb auch, dass es richtig ist und war. Lieber einmal mehr in überschaubaren Fristen verlängern, als zu lange irgend­welche Sondermaßnahmen aufrechterhalten – das war von Anfang an ein wichtiges Prinzip, und das haben übrigens auch viele zu Recht eingefordert.

Wir hoffen auch, dass es diesmal mit den Fristen reichen wird. Es sieht im Moment zwar gut aus, aber niemand von uns kann garantieren, dass wir diese Regelungen im Herbst nicht wieder brauchen werden. Und sollte dies der Fall sein, ist es besser, jetzt den Rahmen dafür zu schaffen, als dann möglicherweise schnell wieder Fristverlängerungen auf den Weg bringen zu müssen.

Ein wichtiger Punkt ist ja auch, dass die betroffenen Einrichtungen davon nicht Gebrauch machen müssen. Teils ist es ja sogar ausdrücklich geregelt, dass es nur dann in An­spruch genommen werden kann, wenn es anders nicht geht.

Ziel ist, die Arbeitsfähigkeit von Institutionen zu erhalten und die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern zu sichern. Die Verlängerungen sind übrigens ja auch teils auf aus­drück­lichen Wunsch der Betroffenen vorgenommen worden, eigentlich unspektakulär, auch im Punkt 4 der Tagesordnung, in dem es um etwas anders geht, nämlich um eine Re­paratur nach einem VfGH-Erkenntnis. Auch das ist unspektakulär und es ist gut, dass dort Klarheit hineingebracht wird.

Noch ein paar Worte zu den auch hier bereits entstehenden Diskussionen, ob bestimmte Maßnahmen und Erleichterungen, die getroffen wurden, nicht dauerhaft verankert wer­den sollen: Ja, auch wir glauben, dass es Aspekte gibt, die Sinn machen. Allerdings muss man wirklich mit ganz, ganz großer Vorsicht herangehen. Es sind mit diesen Regelungen ja auch tatsächlich Einschränkungen von Rechten verbunden, auch Ein­schränkungen in der Unmittelbarkeit, in der Wahrnehmung von Rechten. Das ist natür­lich sehr sensibel. Nur weil formal zum Beispiel eine Videokonferenz oder Verhandlung möglich ist, ist es vielleicht noch nicht gut für die Betroffenen.

Wir legen mit Sicherheit großen Wert darauf, dass die jetzigen Fristen dann auch tat­sächlich automatisch verfallen, dass aber danach sehr wohl eine Debatte geführt wird, wo es Sinn macht, etwas ins Dauerrecht überzuführen, vor allem auch wenn es darum geht, wo man noch gleichzeitig sozialpolitisch Verbesserungen herbeiführen kann. In diesem Sinne ersuchen wir Sie um möglichst breite Zustimmung. – Ich danke dafür. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.20


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Mag.a Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Minister.


11.20.18

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, betraut mit der Vertretung der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen auf der Regie­rungs­bank! Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte! Geschätzte Zuseherinnen und Zu­seher! Sie haben mit einer Aktuellen Stunde zum Thema „Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“ begonnen. I couldn’t agree more, würde ich jetzt als Europa­ministerin sagen. Das ist auch der Zugang Österreichs in der Europäischen Union.

Sie haben heute ja mit dem Außenminister den Austausch gepflegt. Wir haben uns auch dafür eingesetzt, dass andere Regionen Europas, zum Beispiel der Westbalkan, Impf­dosen bekommen. Ich kann nur sagen, wir sind in Österreich stolz darauf, dass wir durch konsequentes Testen, durch einen entsprechend guten Impffortschritt so gut durch die Krise gekommen sind, dass wir jetzt an einem Punkt stehen, an dem wir positiv in den


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Sommer gehen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube aber auch, dass wir vorsichtig bleiben müssen. Einige von Ihnen haben es schon angesprochen: Es gibt Varianten, es gibt Länder, in denen man wieder überlegt, zu einer Maskenpflicht zurückzukehren. Als Europaministerin war ich auch während der Pandemie unterwegs. In Madrid hatte man überall, auch draußen, die Maskenpflicht und in Italien ist es auch jetzt noch so. Erst vor Kurzem durfte ich mit dem Bundespräsidenten dort sein. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Der Umgang ist unterschiedlich, aber das Ziel eint uns: Wir wollen sicher durch die Krise kommen. Und das Ziel, das ich mit der Justizministerin gemeinsam habe, ist, die Ver­waltung und die Justiz funktionsfähig zu halten, woran wir alle gemeinsam arbeiten, auch für den Fall, dass es wieder dramatischer wird, was wir alle nicht hoffen. Das ist aber der Grund dafür, warum ich Sie heute bitte, bei diesen Anträgen keinen Einspruch zu erheben und diese Dinge zumindest bis 31.12. zu verlängern. Es ist schön, wenn wir es nicht brauchen, aber wir wollen gerüstet sein.

Ich erinnere daran, dass uns diese Krise, die Pandemie, im letzten Jahr ziemlich über­raschend getroffen hat, und zwar nicht nur uns in Österreich, sondern auch Europa und die ganze Welt. Daher halte ich es für ganz, ganz wichtig und notwendig, dass Sie heute hier auch möglichst geschlossen mitgehen.

Zum 4. Punkt der Tagesordnung darf ich auch ganz kurz etwas ausführen: Die Ände­rungen im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und im Verwaltungsgerichtshofgesetz sind solche, die durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden sind. Es sind aber auch Klarstellungen enthalten. Ich darf an dieser Stelle betonen, dass auch die Länder mitgewirkt haben, dass wir das gemeinsam mit den Län­dern besprochen haben. Ziel ist, dass jede Partei auch in jeder Phase des Verfah­rens weiß, wo ihr Akt ist, wo er einzubringen ist. Es ist auch im Sinne der Parteien, dafür ein besseres Vorgehen zu wählen. Was dahintersteckt, ist im Grunde das Recht auf ein faires Verfahren des Artikels 6 EMRK. Ich sage das jetzt, weil ich noch ein paar Worte zu einem Thema verlieren möchte, das Sie, glaube ich, auch in der Aktuellen Stunde angesprochen haben, nämlich zum Thema Ungarn und der dortigen Gesetzeslage.

Ich habe mich letzte Woche sehr, sehr deutlich im Plenum des Nationalrates geäußert, dass es im 21. Jahrhundert nicht sein könne, dass es diskriminierende Gesetzgebung in Europa gibt. (Bundesrat Spanring: Habt ihr die Covid-Verordnungen vergessen, oder was?) Wir hatten diese Woche am Dienstag den Rat für Allgemeine Angelegenheiten, und ich habe ganz klar vor der Sitzung gesagt, dass ich mir anhören möchte, was die ungarische Regierung zu sagen hat, da ich es als ehemalige und gelernte Richterin auch gewohnt bin, mir ein unmittelbares Bild zu machen. Nach der Anhörung sind aber unsere Bedenken einfach nicht kleiner, sondern größer geworden. Deshalb haben wir gestern die Erklärung der schon anderen 13 Staaten unterschrieben. Es sind mir im Übrigen noch drei Staaten gefolgt, nämlich Italien, Griechenland und Zypern.

Ich halte es für richtig und notwendig, dazu ein klares Zeichen zu setzen, weil Dis­kriminierung im 21. Jahrhundert nichts verloren hat, nicht in der Europäischen Union, nicht in Europa und eigentlich nirgends. Wir müssen auch entsprechende Zeichen set­zen. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Bundesrat Steiner: Und die Covid-Verordnungen?!)

Um wieder zur Tagesordnung zurückzukommen, darf ich Sie in diesem Sinne nochmals bitten, gegen die Anträge keinen Einspruch zu erheben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Man richtet es sich, wie man es braucht!)

11.24

11.24.16



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 55

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Wie ich sehe, sind die Plätze eingenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung und weitere Gesetze geändert wer­den.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleit­gesetzes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfassungsbestimmungen.

Dieser Beschluss ist ein Fall des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in der Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zu­stimmung des Bundesrates.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit von Mitgliedern des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu er­heben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zu­stimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der gegenständliche Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen. Aus­drücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderlich Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 56

11.27.27 5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Umweltschutz­pro­tokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V (812 d.B. und 903 d.B. sowie 10678/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Ich bitte um den Bericht.


11.27.50

Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Bericht des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

11.29.03


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für den Bericht.

Hierzu liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein! Wie ich sehe, ist das geschehen.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständ­lichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu er­heben.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 57

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.30.396. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend eine Kündigung des Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußballspielen (852 d.B. und 873 d.B. sowie 10656/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienst­leistungen bei Fußballspielen und anderen Sportveranstaltungen (853 d.B. und 874 d.B. sowie 10657/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 6 und 7, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um die Berichte.


11.31.20

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Werte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend eine Kündigung des Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fuß­ballspielen.

Im Rahmen des Europarats wurde das Europäische Übereinkommen über Gewalttätig­keiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußballspielen erarbeitet.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 7. Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 be­treffend ein Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen und anderen Sportver­an­staltungen.

Österreich unterzeichnete das neue Übereinkommen des Europarats über einen ganz­heitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen und anderen Sportveranstaltungen am 22. Februar 2017 in Straßburg. Dieses hat zum Ziel, Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen und auch umzusetzen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag,


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 58

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen. – Herzlichen Dank.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen somit in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. – Bitte, Herr Bundesrat.


11.33.48

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen, die unserer Plenarsitzung beiwohnen! Es geht zum einen um eine Kün­digung – zum Tagesordnungspunkt 6 –, die scheint mir nicht so wichtig zu sein. Schwer­punkt ist Tagesordnungspunkt 7 – Abschluss des aktualisierten Abkommens des Euro­parates über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, um Schutz und Dienstleistungen, speziell bei Fußballspielen und bei anderen nationalen und internationalen Sportver­anstaltungen, sicherzustellen.

Sport betrifft wirklich die ganze Bevölkerung von der Wiege bis ins hohe Alter – national und auch international. Ich denke, wenn ein Kind die ersten Schritte wagt – und man beobachtet, wie mühsam und anstrengend das ist –, dann weiß es gar nicht, dass das auch Sport, Bewegung ist. Das kann man durchaus mit Sport vergleichen, und das Gleiche gilt für betagte Menschen, die jeden Tag versuchen, sich mit Bewegung fit zu halten. Ich denke auch, dass Fitness und Bewegung zur Gesundheit beitragen – und das ist auch Sport.

Alles, was dazwischen liegt, was in den Schulen passiert, was in den Sportvereinen ebenso wie im privaten Freizeitsport bis hin zum Spitzensport geleistet wird, hat für ein Sportland wie Österreich und für seine Menschen – für die aktiven Sportler, als Vor­bildwirkung, speziell auch für die Jugend, genauso aber auch für viele Zuschauer und Fans – enorme menschliche, gesundheitspolitische und wirtschaftliche Bedeutung. Sport ist emotional, macht Begeisterung, Leidenschaft, und es ist Herzblut mit dabei.

Wir erleben zurzeit eine wirklich tolle Fußball-Europameisterschaft, es wird sie jeder mit­verfolgen – viele tolle Spiele, eine gute Stimmung, begeisterte Zuschauer und Fans –, und ob man sportbegeistert ist oder nicht, da kann man nicht aus, das nimmt einen mit, ob man will oder nicht, und das ist wirklich auch gut so. Sport ist verbindend.

Was sind jetzt die wesentlichen Änderungen des Übereinkommens aus dem Jahr 1985? – Einige Schwerpunkte: der Aufbau von nationalen Koordinierungsstellen ist besonders wichtig; Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen in Sportstadien und in öffent­lichen Räumen; die Erstellung von Eventualfall- und Notfallplänen; die Beziehung zu den Fans und zur örtlichen Bevölkerung; Polizeistrategien und -einsätze müssen entwickelt werden; die Verhinderung und Sanktionierung von rechtswidrigem Verhalten ist vorran­gig zu beachten; und die Errichtung nationaler Fußballinformationsstellen.

Was wünschen sich die Menschen, die Fans und die Sportbegeisterten? Es muss für Familien, Fans und Freunde des Sports selbstverständlich sein, angstfrei und ohne Be­denken Sportveranstaltungen besuchen zu können. Wenn es um Sicherheit geht, dürfen wir uns nicht von kleinen, fanatischen und radikalen Gruppen beeinflussen lassen. Das hat nichts mit fairem Sport zu tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Anspruch muss sein – und ist es auch –, die Sicherheit für Sportler, für Besucher, Gäste und Zuschauer von nationalen und inter­nationalen Sportveranstaltungen zu verbessern und zu gewährleisten.


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Zum Abschluss möchte ich noch unserer Fußballnationalmannschaft für die bisherigen Spiele im Rahmen der Europameisterschaft sehr, sehr herzlich gratulieren, wünsche ihr natürlich, dass sie noch einige Schritte vorwärts kommt und für die weiteren Spiele alles Gute. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ, FPÖ und Grünen.)

11.38


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.


11.38.56

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Gerade jetzt, da in elf Ländern die Europameisterschaft stattfindet, kommt diese Konvention des Europarates zu einer neuerlichen – nachdem die alte ja gekündigt wurde – Ratifikation. Da muss man sich einmal ganz kurz erinnern, was der Ausgangspunkt war: Das war das Spiel Liverpool gegen Juventus Turin am 29. Mai 1985 im Brüsseler Heysel-Stadion. Dabei starben 39 Menschen, 450 bis 600 Men­schen wurden verletzt. Es war damals die Entscheidung des Bürgermeisters von Brüssel, aber auch der Polizei, das Spiel aus Sicherheitsgründen weiterlaufen zu lassen.

Ich kann mich noch an damals erinnern – dass ich das im Fernsehen gesehen habe, und da ist ein Band gelaufen: Das ist kein Spiel, das ist eine Katastrophe!, und das war eine der ganz, ganz großen Katastrophen.

Dann hat sich der Europarat entschlossen, eine Konvention – wie so viele Konven­tionen – zum Schutz der Menschen in Europa zu erstellen. Gerade im Bereich des Sportes gibt es ungefähr zehn Konventionen des Europarates, zum Beispiel gegen Spielmanipulation, für fairen Wettbewerb, aber auch für diesen ganzheitlichen Ansatz für die Sicherheit und Durchführung von Spielen. Ich war selber in den letzten Jahren in all den Beratungen – Teil davon –, als wir mit der Uefa, Fifa und allen wirklich lange, lange beraten haben. Es gibt zum Beispiel auch den Schutz durch den Europarat gegen Kin­desmissbrauch im Sport – auch etwas ganz, ganz Wichtiges –, und nicht zuletzt auch gegen Doping gibt es eine Konvention, die schützt und die Maßstäbe vorlegt.

Nun, jetzt wird diese modernisiert. Man darf sich einmal ganz kurz 1985 in Erinnerung rufen: Da gab es einen sogenannten Block Z, der die beiden Gruppen – die Hooligans aus Liverpool und die Fans von Juventus – auseinanderhalten sollte. Es gab, abgezählt, acht Sicherheitskräfte. Es gab acht Sicherheitskräfte, und das Beste war: Die Funkgeräte der Polizei hatten keine Batterie, und als die Polizei die Gendarmerie zu Hilfe rufen wollte, merkte sie, dass die Geräte zwischen Polizei und Gendarmerie nicht kompatibel sind. Ich meine!

So: Jetzt heißt es einfach – auch mit Deeskalationsprogrammen und, und, und –, die Sicherheit zu gewährleisten. Spiel ist Spiel, und Spiel ist nicht Krieg, es ist auf keinen Fall Krieg mit anderen Mitteln. Man muss natürlich aufpassen, auch heute, bei diesen Spielen, dass sozusagen nicht alles der gänzlichen Vermarktung unterworfen wird, dass auch noch ein Leben der Fans mit Blut und Herzblut und alles möglich ist. Das betrifft jetzt nicht nur den Fußball, es betrifft den Skisport, es betrifft die Gymnastik und so weiter und so fort. Nur: Das Wichtige ist, dass wir da einfach einen Maßstab haben, an dem sich traditionelle Stadien in der Sicherheit für die Zuschauer anpassen müssen, und das ist gut so.

Das Heysel-Stadion gibt es heute nicht mehr. Es wurde nach dieser unglaublichen Katastrophe komplett renoviert, das heißt, eigentlich wie neu gebaut und heißt heute König-Baudouin-Stadion. Allerdings erinnert ein Denkmal in diesem Stadion an die Tra­gödie dieser Menschen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 60

In diesem Sinne: Selbstverständlich stimmen wir der Ratifizierung dieser Konvention zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

11.44


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Schererbauer. – Bitte, Herr Bundesrat.


11.44.19

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Am 29. Mai 1985 trafen im Brüsseler Heysel-Stadion die Mannschaften von Juventus Turin und FC Liverpool zum Finale im Europacup der Landesmeister aufeinander. Bereits vor dem Spiel war es zu ersten Auseinandersetzungen zwischen den jeweiligen Fangruppen gekommen. Knapp ein Jahr zuvor hatten Fans von Manchester United bei einem Europapokalspiel in Turin schwer randaliert und viele Italiener verletzt. Die aufgepeitschte Stimmung verlagerte sich ins Stadion. Als Anhänger Liverpools in den neutralen Sektor stürmten, brach Panik aus, und eine Wand stürzte ein. 39 Menschen wurden dabei getötet.

Katastrophale Fehlentscheidungen der zuständigen Sicherheitskräfte verursachten am 15. April 1989 die nächste Tragödie: Weil immer mehr Menschen vor dem Anstoß des Cuphalbfinales zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forest in das Sheffielder Hillsborough-Stadion drängten, die Zäune am Spielfeldrand und zwischen den Blöcken jedoch verhinderten, dass die eingekeilten Menschen der Enge entfliehen konnten, fanden am Ende 96 Menschen den Tod. Die meisten von ihnen wurden eingequetscht und erstickt, sie erstickten nur wenige Meter vom Spielfeldrand entfernt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die schrecklichen Vorkommnisse des 29. Mai 1985 waren der Anstoß für diesen Staatsvertrag. In diesem Übereinkommen des Euro­parates wird der Fokus darauf gelegt, dass Sicherheitssysteme funktionieren, eine internationale Polizeizusammenarbeit gewährleistet ist, Sicherheitskonzepte bei An- und Abreise vorliegen und alles dafür unternommen wird, dass ein Besuch im Stadion sicher für die ganze Familie ist.

Sport ist Emotion, Sport ist Leidenschaft. Sport kann die Stimmung eines ganzen Landes beeinflussen. Erst vor wenigen Tagen hat die österreichische Fußballnational­mann­schaft bei der Europameisterschaft Geschichte geschrieben und konnte erstmalig bei einer EM-Endrunde ein Spiel gewinnen und als Tabellenzweiter ins Achtelfinale aufsteigen. – Bravo! (Beifall bei der FPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

Es muss in Zukunft alles dafür Notwendige unternommen werden, damit sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen, denn der Sport in all seinen Facetten hat auch einen unglaublich wichtigen Auftrag für unsere und in unserer Gesellschaft: Zusammenhalt, Kameradschaft, Integration und vieles mehr. Sportlerinnen und Sportler können die Menschen durch ihre Leistungen dazu inspirieren, ihre eigenen Ziele trotz aller Anstren­gungen nie aus den Augen zu verlieren. Außerdem motivieren sie die Menschen, auch selbst körperlich aktiv zu werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ein Thema stößt mir besonders sauer auf und dafür gibt es von mir ganz klar die Rote Karte – nämlich für Rassismus. Der hat nichts im Sport und schon gar nichts in unserer Gesellschaft verloren. Es ist ohnehin traurig, dass wir im 21. Jahrhundert überhaupt noch darüber diskutieren müssen, und ich sage es mit aller Deutlichkeit – und bitte entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise –: Ich lasse mir meinen Sport nicht von ein paar unverbesserlichen Idioten schlechtmachen. (All­gemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 61

Mit der gleichen Vehemenz lehne ich auch eine Instrumentalisierung des Sports durch die Politik ab. Sport muss Sport bleiben und darf nicht durch politisch motivierten Aktionismus missbraucht werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Gott sei Dank wurden in den letzten Jahren große Fortschritte im Kampf gegen Rassis­mus im Sport, vor allem im Mutterland des Fußballs, in England, gemacht. Erreicht wurde dies durch eine beeindruckende Deutlichkeit und eine gesellschaftliche Bandbreite, mit der in England gegen Rassismus im Fußball Stellung genommen wird. Ein wirksames Mittel ist die Repression. Wer sich diskriminierend benimmt, schadet dem eigenen Klub, denn die Ligen bestrafen die Spieler und Klubs mit Sperren, Punkteabzügen und Geis­terspielen. Dazu kommt das Strafrecht. Ein Fan der Blackburn Rovers wurde beispiels­weise zu einer Buße von 1 000 Pfund und einem fünfjährigen Stadionverbot verurteilt, weil er den dunkelhäutigen Spieler Dwight Yorke aufs Übelste beschimpft hat.

Da Sport für mich persönlich eine Herzensangelegenheit ist, freut es mich sehr, dass da auf internationaler Ebene zusammengearbeitet wird, damit die Menschen auch in Zu­kunft zu Sportveranstaltungen oder in Fußballstadien gehen können, ohne Angst vor Gewalt oder Ausschreitungen haben zu müssen. – Vielen Dank, und bleiben Sie in Bewegung! (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Seeber.)

11.49


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Marco Schreuder. – Herr Bundesrat, bitte schön.


11.49.32

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Da ist noch eine Maske. (Eine FFP2-Maske vom Rednerpult nehmend und in die Höhe haltend.) Herr Schererbauer, ist das Ihre? (Rufe: ... bleibe in Bewegung! – Heiterkeit der Bundesräte Schererbauer und Schreuder, während Bundesrat Schererbauer zum Rednerpult geht und die Maske in Empfang nimmt.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schererbauer, ich möchte mich ganz ausdrücklich für diese Rede bedanken. Ich glaube, das ist das Wichtigste am Sport überhaupt. Ich war einmal selbst im Vorstand des Wiener Sport-Club – zwar nicht lange, aber da haben wir sehr engagiert im Fußball gearbeitet.

Wenn man dann gerade mit der Jugend und mit dem Nachwuchs arbeitet, merkt man eigentlich, was für eine integrative Kraft der Sport ist, wie toll das ist – gerade im Mannschaftssport –, wenn man dann lernt, sich aufeinander zu verlassen. Das ist jetzt wirklich etwas Besonderes, vielen Dank für diese Rede! Ich habe mir trotzdem erlaubt, auch das Regenbogenfähnchen noch einmal mitzunehmen (auf das Regenbogen­fähnchen auf dem Rednerpult weisend), weil ich trotzdem auch der Meinung bin, dass die Uefa die vielen Farben durchaus akzeptieren kann und man ein Zeichen von Inklusion nicht unbedingt verbieten sollte.

Ja, meine Damen und Herren, als die Euro 2008 in Österreich und der Schweiz stattfand, war ich damals, als Wiener Gemeinderat in einer Stadt, die international Gastgeber sein durfte, sogar das Finalspiel austragen durfte, schon ziemlich stolz, muss ich sagen. Da werden sich eh viele erinnern, nicht? Die Fanmeile auf der Ringstraße, die inter­natio­nalen Fans, die hier feierten, sangen, mitfieberten, jubelten, trauerten – was auch immer dann gerade passierte, und auch das gehört natürlich zum Fußball dazu.

Ich war damals auch in der Wiener Tourismuskommission, wo ich unter anderem auch Kollegen Kaske, unseren früheren Bundesratskollegen, der jetzt wieder im Gemeinderat ist, kennengelernt habe. Wir waren schon ganz neugierig auf die Nächtigungsrekor­de, die eine Euro-Austragung in so einer Stadt bringen könnte, und waren dann eigent­lich recht überrascht, als wir hörten: Die Nächtigungszahlen gehen während einer


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 62

Fußballeuropameisterschaft recht stark zurück! Zwar sind diese Werbebilder natürlich unbezahlbar – nachhaltig gesehen –, aber für die meisten Touristinnen und Touristen bedeutet es: Da ist Fußball, da fahre ich nicht hin. Das fand ich eine sehr interessante Information, die ich damals bekam: dass also eigentlich eine Euro gar nicht so ein Ad-hoc-Booster, sondern eher ein nachhaltiger Booster ist.

Wenn man sich anschaut, woran das liegt, dann ist das einfach auch immer noch ein gewisser schlechter Ruf des Fußballs, der ihm vorauseilt – meistens zu Unrecht, das möchte ich schon auch sagen. Dass aber viele das Kulturleben in der Stadt dann nicht genießen wollen, weil sie sich vor Fußballfans fürchten, fand ich erstaunlich. Also muss man dafür sorgen, dass dort, wo Fußball stattfindet, auch Sicherheit herrscht, und das ist ja das Grundkonzept dessen, was wir heute beschließen. Warum ist das so wichtig? Wir sehen es ja auch jetzt in den Fernsehbildern, wir sehen sehr viele Kinder, Familien, auch Frauen in den Fußballstadien, und das muss man einfach unterstützen: die Sicher­heit in den Stadien und vor den Stadien und im öffentlichen Raum.

Gleichzeitig gibt es natürlich eine Fußballkultur und eine Tradition der Fankultur, die man auch genauso unterstützen muss, und die eine absolute Daseinsberechtigung hat. Um das zusammenzubringen, bedarf es einfach der Anstrengung aller. Fußball ist nun ein­mal ein vielfältiger, traditionsreicher Sport, der viele Facetten zu berücksichtigen hat, und deswegen müssen wir als Verwaltung – alle Vereine, Verbände und Organisationen, auch die Gemeinden und die Länder – da so stark zusammenarbeiten. Fußball muss ein Safe Space sein, trotzdem seine Kultur behalten, und Fußball sollte auch ein Safe Space für alle ohne Angst, ohne Sorge und auch, wie schon der Kollege gesagt hat, ohne Rassismus, aber auch ohne Homophobie sein.

Als das Vorgängerabkommen unterzeichnet wurde – das wurde eh schon von meinen Vorrednern gesagt –, war gerade die Heysel-Katastrophe – das Spiel der Reds aus Liverpool und der alten Dame aus Turin – passiert, als 39 Menschen starben. Die Zeit hat sich mittlerweile weiterentwickelt – meist zum Positiven, muss man auch sagen –, aber die Herausforderung im Fußball, um Fans, Verwaltung, Exekutive und Vereine miteinander zu verknüpfen und intensiv miteinander, nicht nur gegeneinander zu arbei­ten, hat sich verstärkt.

Dieses Abkommen ist immerhin ein Staatsvertrag, das ist ja viel wert. Es stärkt den Aufbau von nationalen Koordinierungsstrukturen, hebt Sicherheit, Schutz und Dienstleis­tungen in Sportstadien und im öffentlichen Raum, Eventualfall- und Notfallpläne werden erstellt, Beziehungen zu den Fans und der örtlichen Bevölkerung – das finde ich beson­ders wichtig – werden intensiviert, Polizeistrategien und -einsätze spielen eine enorme Rolle, und die Verhinderung und Sanktionierung rechtswidrigen Verhaltens ist auch ein ganz wichtiger Bestandteil dieses Staatsvertrags.

Derzeit läuft, obwohl wir 2021 haben, die Euro 2020. Wir sehen ja wieder, welche Bedeu­tung der Fußball für uns alle hat, also auch ich versuche, meine Termine so anzupassen, dass ich mir doch die Spiele anschauen kann. Ich finde auch schön, dass der Bundesrat heute an einem spielfreien Tag stattfindet (erheitert), das muss ich ganz ehrlich ge­stehen. Der Fußball hat nun einmal eine große gesellschaftliche und integrative Bedeu­tung, daher ist der Sport ja auch so schön. Ich freue mich natürlich sehr über die Erfolge der österreichischen Nationalmannschaft und werde da absolut mitfiebern, auch wenn ich als gebürtiger Niederländer gestehe, dass meine Brille immer etwas oranje eingefärbt ist. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.55

11.55.55


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 63

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt.

Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein! – Das ist geschehen, wie ich sehe.

Wir gelangen somit zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend eine Kündigung des Europäischen Übereinkommens über Gewalttätig­keiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußballspielen.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zu­stimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußballspielen und anderen Sportver­anstal­tungen.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf auch dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen somit zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Hand­zeichen. – Auch dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

11.58.248. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Gebührengesetz 1957 und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden (Passgesetz-Novelle 2021) (860 d.B. und 875 d.B. sowie 10658/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 64

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (1658/A und 876 d.B. sowie 10659/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthalts­gesetz, das BFA Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden (1657/A und 877 d.B. sowie 10660/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 8 bis 10, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Ich bitte um die Be­richte.


11.59.10

Berichterstatterin Elisabeth Mattersberger: Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bun­des­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992, das Gebührengesetz 1957 und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Des Weiteren bringe ich den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden. (Vizepräsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Robert Seeber. Ich erteile ihm dieses.


12.01.25

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich spreche


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 65

heute zu einem Thema, zu dem wir in den Ausschüssen eine einhellige Abstimmung gehabt haben. Es geht um die Passgesetz-Novelle, das Sicherheitspolizeigesetz, das Asylgesetz und das Staatsbürgerschaftsrecht.

Wir stehen nun am Beginn der Reisezeit. Ich darf als Touristiker berichten, dass die Buchungslage hierzulande sehr gut ist und dass mehr als die Hälfte der Österreiche­rinnen und Österreicher im heurigen Jahr einen Urlaub in Österreich, aber auch fast die Hälfte einen Urlaub im Ausland plant. Das passt sehr gut dazu: Wenn man reist, braucht man einen Reisepass – und diese Umsetzung einer EU-Verordnung macht unsere Reisepässe und unsere Personalausweise generell fälschungssicher. Das steht hinter dieser EU-Verordnung.

Nur einen kleinen Hinweis, damit man eine Vorstellung davon hat: Circa 750 000 Rei­se­pässe und 200 000 Personalausweise werden in Österreich jährlich ausgestellt. Nun wird es auch bei den Personalausweisen einen elektronischen Datenträger geben, da gibt es dann neben dem Foto auch zwei Fingerabdrücke. Auch die Reisepässe, wie wir sie alle kennen, werden fälschungssicherer gemacht; sie bekommen ein neues Erschei­nungsbild. Das wird natürlich auch bei der Kriminalitätsbekämpfung und auch beim Austausch mit den Geldwäschestellen helfen.

Alle unter uns, die viel reisen, wissen: Man kann mit dem österreichischen Reisepass ohne Visum fast alle Länder dieser Welt bereisen. Das heißt, wir haben hier ein sehr gutes und sicheres Produkt, es zählt zu den stärksten Reisepässen weltweit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir ebenfalls ein paar Worte zum Sicher­heitspolizeigesetz: Wir haben festgestellt, dass nicht nur heuer, sondern auch schon im vorigen Jahr eine sehr starke Zunahme der häuslichen Gewalt zu verzeichnen war. Jede fünfte Frau wird in Österreich Opfer von häuslicher Gewalt. Das ist natürlich verwerflich, verbrecherisch, schrecklich und abscheulich. Wenn man in diesem Themenkreis helfen will, dann gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit, um dem Problem Herr zu werden: Es bedarf einer Zusammenarbeit aller Institutionen. Ich meine damit nicht nur die Polizei, ich meine auch die Justiz, die Jugendämter, die NGOs bezie­hungs­weise die Gewalt­schutzeinrichtungen. Ich darf auch erwähnen: Es wurde ein ständiges Dialogforum eingerichtet. Danke auch an die SPÖ, die da viel Initiative gezeigt hat. Es wird in Zukunft, auch wenn es kein behördlich verhängtes Annäherungs- und Betretungs­verbot gibt, möglich sein, entsprechende Informationen zu bekommen. Das wird ein weiterer Mosaik­stein sein, um in dieser Thematik Fortschritte zu erzielen.

Was das Asylgesetz betrifft, möchte ich, um den Bogen zu spannen, erwähnen, dass es im Fremdenrecht, wie wir alle wissen, natürlich sehr viel Parteienverkehr gibt. Man ist mit viel Bürokratie befasst. Im Zuge der Coronapandemie hat man im vorigen Jahr eine Reduktion der Kontakte veranlasst. Das Gesetz, mithilfe dessen man das erreichen wollte, war zuvor bis zum 31.12.2020 befristet und wäre nun mit Ende Juni außer Kraft getreten. Man hat es nun noch einmal bis zum Jahresende verlängert.

Ich möchte dann noch erwähnen, dass sich in der EU natürlich auch viele Bürger befinden, die eine unbegrenzte Aufenthaltsbewilligung bekommen. Wir alle wissen, dass aufgrund der Reisebeschränkungen, die nicht nur den Tourismus betroffen haben, auch Personen mit einer unbeschränkten Aufenthaltsbewilligung oft Probleme hatten, zurück­zukehren, weil ja die Reisetätigkeit eingeschränkt war. Man hat auch die diesbezüglichen Regelungen noch einmal auf zwölf Monate verlängert.

Abschließend möchte ich noch betreffend das Staatsbürgerschaftsrecht Folgendes erwähnen: Es hat ja vor Kurzem noch Diskussionen darüber gegeben, dass in Bezug auf die Staatsbürgerschaft bereits nach sechs anstelle von zehn Jahren ein Anspruch bestehen sollte, dass die Frist verkürzt werden sollte, und dass das bisherige Prinzip, das sich an der Staatsbürgerschaft der Eltern orientiert, durch das Prinzip der Geburt


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 66

ersetzt werden sollte. Wir sind der Überzeugung, dass dies nicht ausreicht, sondern dass eine Verleihung der Staatsbürgerschaft am Ende einer erfolgreichen Integration stehen muss. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich bin der festen Überzeugung, dass der Staat festlegt, zu welchen Bedingungen jemand eine Staatsbürgerschaft bekommt. Das ist weltweit so. Es ist geltende Rechtslage in Österreich – speziell im Asylrecht –, dass man sich nicht aussuchen kann, anderswo zu leben als im ersten sicheren Drittstaat. (Bun­desrat Ofner: Das macht er aber perfekt, der Nehammer!) Wir wollen, dass das so bleibt. (Bundesrätin Grimling: ... euer Vorschlag!) Wir sind die Herren in unserem eigenen Haus und wir wollen nicht, dass die Staatsbürgerschaft entwertet wird, das heißt, deren Verleihung muss am Ende einer gelungenen Integration erfolgen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das ist allgemeiner Konsens, den ich auch vonseiten der Bevölkerung verneh­me. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.08


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile ihm dieses.


12.08.22

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, und vor allem auch liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie, die ja erstmals seit vielen Monaten wieder bei uns Platz nehmen dürfen! Ja, lieber Kollege Robert Seeber, an und für sich ist die Materie, die du soeben angesprochen hast, nicht Bestandteil der heutigen Debatte. Du weißt, dass die SPÖ da einen sehr diskussionswürdigen und sachlichen Vorschlag gemacht hat, der sicher auch noch das eine oder andere Mal debattiert und diskutiert wird. Ich werde aber nun auf die heutigen Tagesordnungspunkte eingehen und gleich vorweg festhalten, dass wir diesen Gesetzesmaterien, die wir gerade unter den Tagesordnungspunkten 8, 9 und 10 debattieren, zustimmen werden – ganz einfach, weil sie sinnvoll, notwendig und, wie wir gehört haben, coronabedingt teilweise ja auch nur befristet sind.

Kollege Seeber hat einiges ausgeführt; ich werde mich auch auf das Wesentliche be­schränken. Unter Tagesordnungspunkt 8 ist die Passgesetz-Novelle subsumiert. Da geht es im Wesentlichen darum, dass die Sicherheitsstandards bei unseren Reisedokumenten – also beim Reisepass wie auch beim Personalausweis – erhöht werden.

Wir wissen, dass sich die technischen Möglichkeiten der Dokumentenfälscher auch stetig verbessern und mit der Zeit gehen. Deshalb ist es unabdingbar, die Sicher­heitsstandards nun auf ein höheres, europäisches Niveau zu bringen und da nach­zujustieren. Im Wesentlichen geht es dabei um Finderabdrücke, um eine andere Mate­rialauswahl bei den Dokumenten und natürlich auch um das Foto. Als Polizist – selbst auf das Erkennen von Fälschungsmerkmalen geschult – kann ich das nur begrüßen und voll und ganz unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichzeitig, das haben wir auch gehört, soll der Informationsaustausch zwischen den Geldwäschemeldestellen und den Strafbehörden verbessert werden. Da ist vor allem der internationale Kontext sehr wichtig, weil es schließlich auch darum geht, Terroris­musfinanzierung aufzudecken oder auch das Vorbereiten von Straftaten so früh wie möglich zu erkennen.

Tagesordnungspunkt 9: Es geht um die Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes. Für diese Änderung gibt es leider einen sehr traurigen Hintergrund, nämlich den rasanten Anstieg bei Gewalttaten, vor allem gegen Frauen. Die erschreckend hohe Zahl der Frauenmorde allein in diesem Jahr macht natürlich sehr betroffen und auch nach­denklich. Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben, und zwar auf mehreren Ebenen:


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 67

Es braucht mehr Geld für Präventionsmaßnahmen, Beratungsstellen und Gewalt­schutz­zentren. Diesbezüglich gibt es leider auch Versäumnisse seitens der Regierung, die schleunigst behoben werden müssen. Es wurde ganz einfach zu lange zugeschaut und nun brennt wirklich der Hut.

Es braucht aber auch die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Mit dieser SPG-Novelle wird nun nachgeschärft und sichergestellt, dass personenbezogene Datensätze zum Schutz dieser Menschen auch dann an Interventionsstellen übermittelt werden dürfen, wenn kein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt wurde. Das umfasst auch alle Fälle von Stalking. Es wird eine zentrale Gewaltschutzdatei geben und eine zumindest sechsstündige Gewaltpräventionsberatung, die dann auch innerhalb von 14 Tagen starten muss – also absolut richtige Maßnahmen.

Damit komme ich auch schon zu Tagesordnungspunkt 10, da geht es um die bekannten Coronasonderregelungen im gesamten Fremdenrechtspaket. Auch da hat es Beispiele gegeben; das wesentliche ist jenes, dass man für Antragstellungen in bestimmten Be­reichen nicht mehr persönlich vor der Behörde erscheinen muss, es genügt eine schrift­liche oder elektronische Antragstellung. Zusätzlich wird diese Maßnahme auch nur bis Ende dieses Jahres befristet sein, also kein Dauerrecht, dieses Gesetz wird ein Ablauf­datum haben.

Wie erwähnt, wird die SPÖ diesem Gesetzespaket zustimmen. – Danke für Ihre Auf­merk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.13


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses.


12.13.42

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Werte Kollegen! Verehrte Zuschauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen! In Bezug auf die zu behandelnden Tagesordnungspunkte hinsichtlich der Novellierung des Passgesetzes, des Sicherheitspolizeigesetzes sowie der Verlängerung der Corona­ausnahmebestimmungen bis zum 31.12.2021 kann ich vorausschicken, dass wir diesen Änderungen unsere Zustimmung erteilen werden, und darf kurz auf einige Themenstel­lungen eingehen.

Nach der Passgesetz-Novelle, das ist schon mehrfach zum Ausdruck gebracht worden, soll es in Zukunft einheitliche Mindestsicherheitsmerkmale geben, auch für Personalaus­weise, etwa die Implementierung von elektronischen Datenträgern, wie sie auch bei den Reisepässen vorgesehen ist. Das bedeutet, dass wir nunmehr auch bei den Personal­ausweisen Fingerabdrücke haben werden und damit erhöhte Sicherheitsstandards zur Anwendung gelangen, die wir jedenfalls begrüßen.

Wir begrüßen dies nicht nur deshalb, weil es zu einer Erhöhung des Sicherheitsniveaus kommt, die dazu führt, dass Ausweise fälschungssicherer werden, sondern vor allem, weil die Kriminalitätsbekämpfung einen entsprechenden Stellenwert einnimmt und die Datenübermittlung für bestimmte Verfahren nach dem Passgesetz ermöglicht wird.

Der zweite Punkt ist die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz und die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Sicherheitsbehörden und Interventionsstellen zum Schutz gefährdeter Menschen. Das ist natürlich eine wichtige Änderung für den Opfer­schutz, denn – da sind wir uns auch im Plenum einig – bei Gewalt in der Familie muss der Opferschutz höchste Priorität haben. Da geht es aber nicht nur um den Schutz von Frauen, sondern auch um den von Kindern und Jugendlichen. Wenn es, wie wir wissen, mehr als 10 000 Betretungs-und Annäherungsverbote im Jahr gibt, so gilt es, in diesem Bereich die Lücken zu schließen, die auch im Grevio-Bericht im Zuge einer Evaluierung


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 68

aufgeworfen worden sind. Dazu zählt natürlich auch, dass die Behörden Möglichkeiten erhalten, im Falle der beharrlichen Verfolgung diese Daten weiter übermitteln zu können. Da muss politisch alles unternommen werden, um Frauen bestmöglich und effektiv vor körperlicher Gewalt zu schützen, um jene grauenvollen Auswüchse der letzten Monate möglichst zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Es gibt noch sehr viel zu tun. In diesem Zusammenhang braucht es aber nicht nur bei körperlicher Gewalt einen klaren und harten gesetzlichen Riegel, sondern vor allem auch bei sexueller Gewalt und Vergewaltigung, bei Zwangsheiraten, bei Genitalverstümme­lungen, bei Zwangsabtreibungen und -sterilisierungen sowie bei Straftaten, die im Namen der sogenannten Ehre begangen werden. Da ist die Bundesregierung auch aufgefordert, rasch effektive gesetzliche Maßnahmen zu schaffen, ohne auf dem linken Auge blind zu sein, weil man das teils religiös und kulturell motivierte Gefährdungspotenzial, das in vielen Fällen nach Österreich eingeschleppt wurde, aus politischen und koalitionstech­nischen Gründen herunterspielt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun kommen wir noch zum dritten Punkt, und da geht es mir nicht um die Verlängerung der sogenannten Sunsetklauseln, sondern um den Unterschied zwischen den Fakten, der Realität, und den von der ÖVP erzählten Märchen. Heute haben wir es wieder einmal live erfahren können, Kollege Seeber ist hier gestanden und hat gesagt: Die Asylbeantragung sollte, wenn es nach der österreichischen Bundesregierung geht, in einem sicheren Drittstaat erfolgen. Was ist aber die Realität? – Im Jahr 2020 hat es in Österreich 13 400 Asylerstanträge gegeben, und wir wissen, dass der Innenminister ein ÖVP-Minister ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau dasselbe hat sich widergespiegelt, als der Herr Innenminister Nehammer in Zeiten von Corona einen De-facto-Einreisestopp verhängt hat: Im Jahr 2020 hat es trotzdem 21 600 Aufgriffe von Illegalen gegeben – und wir wissen, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher ist. Wir können uns noch gut an die Situation im vergangenen Jahr erinnern, eine Situation an der griechisch-türkischen Grenze, als Tausende Migranten vor den Toren Europas gestanden sind. Dann kam Corona und Herr Minister Nehammer hat es zwar geschafft, die eigene Bevölkerung als Lebensgefährder zu bezeichnen und alle Österreicher mit unverhältnismäßigen Maßnahmen über Monate zu Hause einzusperren, er hat es aber nicht geschafft, unsere Grenzen zu schützen. Ich frage mich: Wo sind nun die Tausenden Migranten von der griechisch-türkischen Grenze? Ich denke nicht, dass die Situation stattgefunden hat, dass sie gesagt haben: Ui, alle in Europa haben Corona, wir gehen wieder nach Hause! Selbstverständlich sind sie hereingekommen, das belegen auch die Aufgriffe von Illegalen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was war mit unserem effektiven Grenzschutz, den der Herr Minister immer so lobt? – Den hat es natürlich nicht gegeben. Dafür können die Exekutivbeamten und die Beamten des Bundesheeres nichts, die tragen keineswegs die Schuld, die leisten – obwohl es einen Minister Nehammer gibt – unentwegt hervorragende Arbeit. Herr Nehammer ist dafür verantwortlich, dass es nicht so funktioniert, wie es funktionieren könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, vielleicht können Sie ihm ausrichten, er sollte sich für eine seiner nächsten Reisen – er ist ja in letzter Zeit sehr viel unterwegs – vielleicht einmal Finnland als Destination aussuchen und sich die Sicherung der Außengrenzen in Finnland an­sehen. Die Finnen zeigen, wie effektiver Außengrenzschutz über eine Länge von 1 350 Kilometern an der östlichen Grenze zu Russland funktioniert – und das ohne EU-Hilfe und ohne gemeinsamen Außengrenzschutz.

Solche Bilder werden natürlich in Europa – auch in Österreich – nicht gezeigt. Wir haben willfährige und wohlfinanzierte Medien als Erfüllungsgehilfen, und daher werden solche


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Bilder nicht publiziert. Österreich ist ja mittlerweile zum Paradebeispiel geworden, wenn es um das Thema bezahlte Regierungspropaganda geht.

Wir dürfen uns aber in Finnland ein Bild machen, und wir wissen, dass beispielsweise auch Dänemark einen restriktiven Kurs fährt, wenn es darum geht, einen klaren Unterschied zwischen Asyl und Migration zu machen – Kollege Hübner wird das heute noch näher ausführen.

Handlungsbedarf wäre mehr als gegeben – nicht aber dahin gehend, sich bei der Ab­haltung von Pressekonferenzen der Inszenierung hinzugeben und die eigene Bevölke­rung jedes Mal aufs Neue zu drangsalieren, nein, es würde Maßnahmen brauchen, bei denen es darum geht, Österreich zu schützen und nicht zu gefährden, wie der Herr Minister das im letzten Jahr auch gemacht hat, was schlussendlich in einem schlimmen Terroranschlag zu Ende geführt worden ist, in dessen Folge er den Attentäter auch noch als Toten und nicht als eliminiert bezeichnet hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Es verwundert allerdings leider oft nicht mehr, wie da vorgegangen wird, denn Herr Minister Nehammer passt halt wahrscheinlich auch – vielleicht so wie Sie – zur gemein­samen Familie, einer Familie der Ankündigungskaiser und der Umsetzungszwerge, de­ren Lebenselixier halt aus einer Selbstinszenierung besteht. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

12.22


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.


12.22.38

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wie schon meine Vorredner gesagt haben, werden wir in diesem Tagesordnungspunkt die Änderung von drei Gesetzen diskutieren: Dies ist zum einen die Änderung des Passgesetzes, bei der es im Wesentlichen um die Umsetzung der EU-Verordnung zur Erhöhung der Sicherheit von Personalausweisen geht – das wurde auch von meinen Vorrednern schon sehr genau ausgeführt. Es werden weitere Sicherheitsmerkmale für den Personalausweis festgelegt.

Zum Zweiten werden einige Sonderregelungen im Staatsbürgerschaftsgesetz, dem Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz, dem BFA-Verfahrensgesetz und dem Asylge­setz noch einmal verlängert, und das hängt – auch dies wurde von meinen Vorrednern schon erwähnt – damit zusammen, dass sich die epidemiologische Lage noch nicht so weit entspannt hat, dass man mit 30.6. schon zu den alten Regelungen zurückkehren könnte.

Nun möchte ich allerdings zu den Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz kommen, die ich für wirklich wichtig und sehr wesentlich halte. Unerwünschte E-Mails, Whatsapp-Nachrichten oder Anrufe, das Verbreiten von Gerüchten, das Veröffentlichen von intimen Bildern, das Abpassen auf dem Weg zur Arbeit, verbale Bedrohungen, körperliche Gewalttätigkeiten und auch sexuelle Übergriffe: Das, was im Strafgesetzbuch als „Beharrliche Verfolgung“ bezeichnet wird, ist für jede siebte Frau in diesem Land Realität – Stalking.

Stalking, sehr geehrte Damen und Herren, ist kein Kavaliersdelikt, sondern Gewalt. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schartel.) Diese Bundesregierung nimmt den Kampf gegen Gewalt an Frauen sehr, sehr ernst, und ich freue mich, dass wir heute im Gewaltschutz gemeinsam den nächsten Schritt gehen können, nämlich die Änderung des Sicherheits­polizeigesetzes. Worum geht es nun ganz genau bei dieser Änderung? – 2019 ist gemeinsam von ÖVP und FPÖ ein Gewaltschutzpaket ausgearbeitet worden, das dann auch in Kraft getreten ist, das jedoch von OpferschützerInnen sehr breit kritisiert wurde.


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Es gab Kritik vom Österreichischen Frauenring, vom Frauenvolksbegehren, von der Allianz gewaltfrei leben, von den österreichischen Gewaltschutzzentren und so weiter.

Es wurde völlig zu Recht wirklich breite Kritik formuliert, weil dieses Gesetz in vielen Punkten Verschlechterungen im Gewaltschutz gebracht hat (Bundesrätin Schartel: Stimmt ja gar nicht! Stimmt ja gar nicht!), Verschlechterungen statt Verbesserungen (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), unter anderem genau im Bereich Stal­king. Wie das? – Ich erkläre es: Bis zum Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes 2019 war mittels Erlass geregelt, dass den Opferschutzeinrichtungen personenbezogene Daten und auch die Vernehmungsprotokolle im Fall von Stalking übermittelt werden, sodass die Gewaltschutzeinrichtungen nämlich proaktiv auf die von Stalking Betroffenen zugehen konnten. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Mit dem Gewaltschutzgesetz 2019 ist genau diese Regel weggefallen, und in der Praxis sieht es derzeit so aus, dass die Opfer bei der Anzeige ein Informationsblatt bekommen, auf dem zwar alle relevanten Informationen vorhanden sind, aber es erfolgt in Wirk­lichkeit keine weitere Erklärung dazu und keine aktive Kontaktaufnahme seitens der Opferschutzeinrichtungen.

Ich glaube, ich muss jetzt nicht extra sagen, dass man als Opfer in einer besonderen Ausnahmesituation nicht den Infozettel ganz genau studiert, um dann den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und sich an die Opferschutzeinrichtung zu wenden. Genau das ist mir neulich auch beim Besuch einer Familienberatungsstelle in meinem Nachbar­bezirk gesagt worden.

Von den dortigen BeraterInnen in der Prozessbegleitung wird die vorliegende Gesetzes­änderung sehr begrüßt und als äußerst wichtig eingestuft. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Dadurch wird es nun wieder möglich sein, dass von Stalking Betroffene wieder wirklich wichtige Informationen über wesentliche Opferschutzrechte wie die Pro­zess­begleitung und auch die Möglichkeit zur Durchsetzung von Schadenersatz­an­sprüchen bekommen; eben indem sie kontaktiert werden können und dadurch auch Beratung – insbesondere im Hinblick auf ihre eigene Sicherheit – besser in Anspruch nehmen können.

Darum ändern wir dieses Sicherheitspolizeigesetz, und das ist wichtig. (Beifall bei Bun­desrätInnen von Grünen und ÖVP.) Wir führen ein, dass künftig bei Stalking diese personenbezogenen Daten den OpferschützerInnen wieder proaktiv übermittelt werden, nämlich nicht erst nachdem es ein Betretungs- oder Annäherungsverbot gegeben hat, sondern schon dann, wenn es zur Anzeige wegen Stalking kommt. Wir korrigieren nun einen Fehler, das ist gut, richtig und wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mit dieser Fehlerkultur und mit den Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz gehen wir einen nächsten und wichtigen Schritt bei der Stärkung von Gewaltschutz und Opfer­schutz und setzen eine wirklich zentrale Forderung von Expertinnen und Experten um.

Ich weiß – und das wurde von meinen Vorrednern auch schon gesagt –, die Stärkung des Gewaltschutzes ist unser gemeinsames Ziel hier, und ich möchte mit einem Danke­schön abschließen, nämlich einem Dankeschön an all jene, die täglich im Gewaltschutz, im Opferschutz und in der Gewaltprävention wichtige Arbeit zum Schutz von von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern leisten: Vielen, vielen Dank für Ihre Arbeit, sie ist sehr wichtig und wir werden Sie weiterhin bestmöglich dabei unterstützen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.29


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Johannes Hübner. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Kannst du sagen, dass Grün Stillstand heißt?)



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12.29.10

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte und liebe Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer vor den Fernsehbildschirmen und auf der Galerie! Ich werde mich nun dem dritten Teil unseres Debattenblocks, nämlich den Themen Einreise, Fremdenrecht und Asylrecht, widmen. Im Gegensatz zu dem, was meine Vorrednerin zum Sicherheitspolizeigesetz gesagt hat, nämlich dass ein bisschen etwas weitergeht – ob in die richtige Richtung, sei dahingestellt, aber es geht jedenfalls etwas weiter –, geht in dem Bereich gar nichts weiter, und die Situation ist absolut inakzeptabel. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben heute eine Situation, in der Asylbestimmungen – ein Recht, das nach dem Zweiten Weltkrieg angesichts der Tragödien, die in Europa durch Vertreibungen, Mas­sen­aussiedlungen, Zwangsübersiedlungen und dergleichen passiert sind, geschaffen wurde – auf in weltweit einzigartige Weise missbraucht werden, um illegale Einwande­rungsströme zu legalisieren. Nichts anderes ist es.

Ein illegaler Einwanderer aus der Dritten Welt, der etwa in unsere Heimat kommt und da einen Asylantrag stellt, legalisiert damit seinen Status. Im Gegensatz zu einem legalen Einwanderer, der dort, wo er zu Hause ist, einen Antrag stellt, ob er nach Österreich kommen kann, Wochen, Monate darauf wartet, Riesenprobleme hat, reist der einfach ein, überschreitet illegal die Grenze, und – in ganz Europa haben wir fast dieselbe Situation – legalisiert seinen illegalen Aufenthalt, solange dieses Verfahren dauert. (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Das führt genau zu den Tragödien, die es heute gibt, und zu der Situation, dass Europa der Magnet schlechthin für die illegale Einwanderung aus der Dritten Welt, insbesondere aus Schwarzafrika, geworden ist, aus Staaten, von wo man verständlicherweise in ein anderes Land übersiedeln will. Ganz klar: Wenn ich heute in der Demokratischen Re­publik Kongo, im Senegal, in Nigeria, im Tschad, in Somalia, in Afghanistan oder der­gleichen leben würde, hätte auch ich größtes Interesse, nach Europa zu kommen. Nur kann es in einem Rechtsstaat nicht die Lösung sein, dass man eine Wanderungs­be­wegung hinnimmt, die für uns völlig unakzeptabel ist, weil es sich nicht um Millionen oder Dutzende Millionen, sondern um Hunderte Millionen potenzieller Einwanderer han­delt. Es gibt dazu Studien, die allein Afrika südlich der Sahara 400 bis 600 Millionen poten­zielle Europaeinwanderer nachsagen. Es handelt sich also um eine riesige Welle, die seit Jahrzehnten über uns hereinbricht.

Wir haben mithilfe der Institutionen der Europäischen Union, aber auch der inter­natio­nalen Gerichtshöfe, unserer eigenen Versäumnisse und der Judikatur unserer eigenen Gerichte, insbesondere des Verwaltungsgerichts, eine Situation geschaffen, die Europa immer mehr zu einem Magneten und die Anziehungskraft immer größer macht.

Es sind riesige kriminelle Netzwerke weltweit, vor allem in Westasien und Afrika, ent­standen, die die Menschen nach Europa schleusen. Es sind riesige menschliche Tragö­dien in den Wüsten vor allem Malis, Nigers, Tschads, Südlibyens zu verantworten. Es sind riesige Tragödien entstanden. Leute haben ihr geringes Vermögen dafür aufge­wendet oder Anleihen bei allen Verwandten genommen, um sich auf die illegale Reise nach Europa zu machen, und wir tun weiterhin alles, um diese Handlungsweise attraktiv zu gestalten.

Die Europäische Union hat alles getan, damit es keine Abhilfe gibt. Alle Vorschläge der europäischen Grenzüberwachung, die wir haben, zielen darauf ab: Wer Europa erreicht, wird in Europa legalisiert. Er wird in einem Lager der Europäischen Union untergebracht. Da wird dann untersucht, ob er Asylgründe hat, und wenn ja, dann wird nach dem Wunsch der EU eine Aufteilung auf alle europäischen Staaten vorgenommen. Das heißt,


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es wird der nationale Widerstand unmöglich gemacht und durch eine zentrale Verteilung ersetzt.

Kein Staat, keine demokratische Institution, kein Volk, wenn man so will, kann so einen Zustand länger dulden. Es gibt auch Widerstand, es gibt Staaten, die sich von diesem Wahnsinn befreit haben. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Australien ist das beste Beispiel. Deswegen wird es natürlich von Leuten der grün-linken Seite jetzt speziell gehasst. Australien war ebenfalls ein Magnet für die illegale Einwanderung, und zwar aus Südasien. Was hat Australien gemacht? – Australien hat gesagt: Wir haben zwei demokratische Nachbarstaaten – Papua-Neuguinea und die kleine Inselrepublik Nauru –, und wer in Australien Asyl zu suchen vermeint, wird mehr oder minder auto­matisch in diese Staaten gebracht. Dort wird von australischen Experten der Asylgrund geprüft, und sofern eine Asylberechtigung festgestellt wird, bekommt man eine Dauer­aufenthaltsberechtigung in Papua-Neuguinea beziehungsweise Nauru. Das hat dazu geführt, dass die Zahl der Asylwerber in Australien gegen null gegangen ist. Das liegt aber Jahre zurück.

Die Europäische Union hat das natürlich mitgekriegt. Die lesen ja auch Zeitungen und unterhalten sich mit australischen Leuten, tun aber so, als ob sie das nicht tun würden. Wenn Australien erwähnt worden ist, dann nur bei irgendwelchen Menschen­rechtsver­letzungen, die angeblich im Asylverfahren in Papua-Neuguinea unterlaufen sind, bei an­geblichen Rechtsverletzungen. (Bundesrat Schennach: Erheblich! Erheblich!)

Die Frage ist: Warum geschieht in Europa nichts? – Das ist schwer zu beantworten. Die europäische Nomenklatura, die vor allem hier links von mir sitzt, tut alles, um eine offene Diskussion über diese Frage, das Ausmaß des Problems und das Ausmaß der Men­schenlawine, die dadurch in Bewegung gesetzt wird, zu verhindern.

Wenige Staaten haben sich widersetzt. Das natürlich vor allem auf dieser Seite (in Richtung SPÖ) besonders gehasste Ungarn hat extrem restriktive Bestimmungen erlas­sen und hat das, was wir nicht geschafft hätten. (Bundesrätin Grimling: Wir haben Orbán gesagt, nicht Ungarn! Schön aufpassen, was man sagt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich rede aber von Ungarn. Ungarn hat zusammen mit Polen – das muss man sagen – etwas gemacht, bei dem wir kläglich versagt hätten: Es hat den EU-Wahnsinn einer Zwangsverteilung des Massenimmigrationsstromes auf alle Länder verhindert. (Beifall bei der FPÖ.) Allein dafür sollten wir Ungarn und, wenn Sie wollen, auch der ungarischen Regierung, den zuständigen Ministern und dem zuständigen Minister­prä­si­denten, den ich nicht nenne, um nicht einen neuen Aufschrei auf der linken Seite aus­zulösen, Generationen lang dankbar sein. (Beifall bei der FPÖ.)

So, jetzt hat aber ein weiteres Land in Europa die Reißleine gezogen, natürlich ein sozialdemokratisches Land, weil die Sozialdemokraten – anders als in Österreich – in anderen Ländern durchaus die Interessen des Volkes wahren. (Bundesrätin Schumann: Aber!) Dieses weitere Land – das ist eh bekannt – ist Dänemark. Die haben dem Wahn­sinn auf EU-Ebene zugesehen, die haben gesehen, dass da nichts geschieht, und wenn etwas geschieht, dann nur etwas, um den illegalen Einwandererstrom noch anzufachen, und haben jetzt selbst die Verhandlungen mit einem afrikanischen Partnerstaat über­nommen, um dem Prinzip der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen, um die mensch­lichen Tragödien, die kriminellen Organisationen, das Schlepperunwesen zu bremsen und die Überlastung des eigenen Sozialsystems, die Milliardenkosten und dergleichen zu stoppen.

Das Ganze ist ja nicht nur dafür geeignet, um europäische Großstädte – siehe Brüssel, Paris und so weiter; ich möchte nicht alle nennen; man kann Berlin, Frankfurt in diese Liste aufnehmen – teilweise zu Dritte-Welt-Städten zu machen – ganze Viertel sind in diesen Städten nicht mehr als europäisch zu erkennen –, sondern es hat auch Milliarden


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Euro Kosten verursacht und versursacht jedes Jahr Milliarden Euro Kosten. Natürlich gibt es keine klaren Statistiken, natürlich wird das nicht errechnet und aufgeschrieben, natürlich weigern sich alle europäischen statistischen Behörden, diese Kosten richtig zu erfassen. Sie sind in Österreich jedenfalls jenseits der 2-Milliarden-Euro-Grenze, wenn man es konsolidiert. Davon kann man einmal ausgehen.

Das ist also kein Witz, sondern da wird den Steuerzahlern und den Staaten für ein Sys­tem, das nur schädlich ist, das nur kriminelle Strukturen und menschliches Leid erzeugt, das Geld aus der Tasche gezogen.

Selbstverständlich haben die dänischen Sozialdemokraten all das analysiert, erkannt und jetzt auch gehandelt, denn das Dogma, der Glaubenssatz oder wie auch immer Sie das nennen wollen, dass jeder, der – aus welchem Grund auch immer – in Österreich oder in Schweden Asyl beantragt, da ein Asylverfahren bekommen und letztendlich Asyl erhalten muss, ist natürlich völlig absurd.

Jeder Kontinent hat heute funktionierende Asylsysteme. Das wird nur verschwiegen. Die Afrikanische Union hat ein sehr ausgeklügeltes und dichtes Asylsystem. Da gibt es ein Recht und eine Verpflichtung jedes Staates, Asyl zu gewähren. Die meisten afrikani­schen Staaten sind heute auch Demokratien. Ich möchte jetzt die Ausnahmen nicht nen­nen, aber die meisten, wenn nicht fast alle, sind Demokratien, nicht perfekte Demo­kratien, aber wenn ich nach links schaue, dann, meinen Sie, ist ja auch Ungarn keine perfekte Demokratie und Polen keine perfekte Demokratie und, und, und. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) – Ja, ist klar, aber trotzdem sind wir in Europa. Perfekte Demokratien gibt es sehr wenige. Hoffen wir, wir sind eine! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Lösung nach australischem Vorbild – bald kann man ja auch sagen: nach sozial­demokratisch-dänischem Vorbild – sollte Österreich auf europäischer Ebene, aber natür­lich in erster Linie auf nationaler Ebene durchzusetzen versuchen. Wir wissen, der Weg ist lang, der Widerstand ist groß, denn die Kräfte, deren Vertreter ich auch in diesem Raum hier sitzen sehe, die alles sabotieren, was eine vernünftige Entwicklung ermög­licht, sind stark.

Es folgt unser Antrag, an den Bundesminister für Inneres gerichtet:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dänischer Vorstoß in der Migrationspolitik als Vorbild für Österreich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert,

- den dänischen Vorstoß in der Migrationspolitik, Asylzentren in Drittländern zu errichten, in denen die Asylwerber auf die Bearbeitung ihres Antrags warten und darüber hinaus bei Asylgewährung im betreffenden Land“ – betreffenden unterstreiche ich dreimal – „verbleiben oder in einer Einrichtung der UN untergebracht werden, umzusetzen;

- Teile Syriens als sichere Rückkehrländer einzustufen und nach dem griechischen Vorbild einen Stopp für Asylanträge aus den fünf Staaten Somalia, Pakistan, Afghanis­tan, Syrien und Bangladesch einzuführen;“

Zur Erklärung: Das sind einmal die dringenden Sofortmaßnahmen, bis wir Punkt eins umsetzen.


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- „die Idee der ‚innerkontinentalen Fluchtalternative‘, das bedeutet Asyl kann es nur mehr auf dem Kontinent geben, von dem die Migranten stammen, auf europäischer Ebene voranzutreiben.“

*****

Ich bitte nicht nur um Zustimmung, weil ich weiß, dass dieses Ersuchen in vielen Fällen hoffnungslos ist (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Schennach), sondern ich ersuche Sie, diese Dinge zumindest einmal zu überlegen und aus dem Wolken­kuckucksheim der Realitätsverweigerung herab auf den Boden der Tatsachen zu treten. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.41


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Dr. Johannes Hübner, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Dänischer Vorstoß in der Migrationspolitik als Vorbild für Österreich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Bundesrat Günter Kovacs zu Wort gemel­det. Ich erteile ihm das Wort und bitte, die diesbezüglichen Bestimmungen der Ge­schäfts­ordnung einzuhalten.


12.41.23

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Dr. Hübner hat vor wenigen Minuten behauptet, dass wir, die Sozialdemokratie, die Ungarn hassen. (Bun­desrat Hübner: Nein!) – Ich weise das als Bundesrat des Burgenlandes auf das Aller­schärfste zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Dr. Hübner, ich erwarte mir von Ihnen eine Entschuldigung – wir haben im Burgen­land 20 000 Mitarbeiter aus Ungarn –, denn genau das Gegenteil ist der Fall: Wir schät­zen unsere Mitarbeiter aus Ungarn und wir hassen sie nicht; wir lieben unsere Ungarn. So schaut es aus im Burgenland. Ich hoffe, Sie werden sich für diesen Satz ent­schul­digen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

12.42.11


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlos­sen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte, nehmen Sie Ihre Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend eine Passgesetz-Novelle 2021.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Dänischer Vorstoß in der Migrationspolitik als Vorbild für Österreich“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

12.44.3611. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfonds­gesetz) geändert wird (1686/A und 933 d.B. sowie 10679/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden (1653/A und 934 d.B. sowie 10680/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Ich bitte um die Berichte.


12.45.14

Berichterstatter Otto Auer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und zu Hause! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds – Härtefallfondsgesetz – geändert wird.

Die Unterlagen liegen Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förde­rungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden.

Die Unterlagen liegen Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. Ich erteile ihr das Wort.


12.46.43

Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Mit der vorliegenden Gesetzesänderung soll der Härtefallfonds von derzeit 2 Milliarden Euro auf maximal 3 Milliarden Euro aufgebes­sert, auf weitere Gruppen ausgeweitet und zudem zeitlich verlängert werden. Das ist eine wichtige, für manche leider auch immer noch existenzsichernde Maßnahme in der Pandemie – zu Beginn daher ein Dankeschön an den Herrn Finanzminister für die Bereitstellung der Mittel und ein Dankeschön an die Fraktionen, die dieser Geset­zes­änderung, dieser wichtigen Maßnahme heute zustimmen werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Obwohl sich die vorgenommenen Öffnungsschritte sehr positiv auf die österreichische Wirtschaft und natürlich auch auf die damit einhergehenden Beschäftigungszahlen auswirken und die Wachstumszahlen für die österreichische Wirtschaft vom IWF, vom Wifo, aber auch von der Kommission laufend nach oben revidiert werden, gibt es immer noch Branchen, die nach wie vor unter der Coronakrise leiden und wirtschaftlich noch immer stark betroffen sind. Ich denke da zum Beispiel an die Veranstaltungsbranche, an den Kongresstourismus, an die Hotellerie, die überwiegend vom internationalen Touris­mus abhängig ist. Da unser Wirtschaftssystem sehr stark tourismus- und dienstleistungs­lastig ist, ist Österreich international gesehen wirtschaftlich relativ stark von den Aus­wirkungen der Coronapandemie betroffen.

Die Maßnahmen, die wir heute beschließen, richten sich an diese Branchen, und die Hilfen sollen auch weiterhin besondere Härten abfedern. Die Hilfe kommt über die Aus­weitung des Härtefallfonds auf maximal 3 Milliarden Euro, die Hilfe kommt über die Verlängerung des Ausfallsbonus, die Hilfe kommt über die Verlängerung des Verlust­ersatzes, und sie kommt über die Verlängerung der Vergabe von Überbrückungs­garantien und Haftungen bis zum 31.12.2021. Zudem sind weiterhin keine Verzugs- oder Stundungszinsen zu bezahlen.

Speziell beim Härtefallfonds sieht man, dass darauf geachtet wurde, dass alle Bereiche der verschiedenen Lebenswelten umfassend unterstützt wurden und noch immer wer­den. So wird zum Beispiel mit der heute zu beschließenden Gesetzesänderung klar­gestellt, dass auch mehrfach geringfügig und fallweise Beschäftigte anspruchsberechtigt sind.

Aus dem Härtefallfonds wurden bisher 1,71 Milliarden Euro über die Wirtschaftskammer ausbezahlt. Nach ein paar naturgemäßen Anfangsschwierigkeiten und notwendigen Adaptierungen und Nachschärfungen hat die Abwicklung über die Wirtschaftskammer sehr gut funktioniert. Das, meine Damen und Herren, muss auch einmal gesagt werden.

Die Coronahilfsmaßnahmen werden also, speziell abgestimmt auf die noch immer besonders betroffenen Branchen, verlängert. Die Verlängerung der Hilfsmaßnahmen ist essenziell, um Unternehmen und damit auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestmöglich zu unterstützen.

Zudem wird es zum Tagesordnungspunkt 12 von der SPÖ einen Entschließungsantrag geben, und zwar geht es da um Gratistests in der Privatzimmervermietung. Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, aber wir stimmen nicht deswegen nicht zu, weil das keine sinnvolle Maßnahme ist, sondern weil es das alles schon gibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Doch, das gibt es schon, das ist vom Testangebot Sichere Gastfreundschaft


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seit September 2020 mitumfasst. (Bundesrätin Schumann: Nein!) – Doch, das stimmt. (Bundesrätin Schumann: Nein, das stimmt nicht!)

Ich ersuche Sie namens meiner Fraktion, den Gesetzesänderungen zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

12.51


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. Ich erteile ihr das Wort.


12.51.29

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Ja, die Abänderungen der Bundesgesetze sowohl zum Härtefall­fonds- als auch zum KMU-Förderungsgesetz sind nach wie vor wichtig, notwendig. Sie enthalten Maßnahmen wie eben die Verlängerungen des Verlustersatzes, auch mit der 50-Prozent-Verlustregelung, die Überbrückungshilfen, die Steuerbefreiungen für Masken und Desinfektionsmittel und vieles mehr. Auch wenn wir uns in einer Phase der Pan­demie befinden, in der Entspannung möglich ist, ist es Sorglosigkeit noch lange nicht, aber wir dürfen hoffen.

In den letzten Tagen ist sehr viel Optimismus über die wirtschaftliche Situation in Öster­reich aufgekommen. Es ist viel über den Aufschwung gesprochen worden. Auch das macht Mut, aber auch wenn es von der Regierung gern anders präsentiert wird, wissen wir doch alle: Die wirtschaftliche Situation ist vielerorts und für viele Menschen noch sehr, sehr angespannt.

Wir haben in Österreich nach wie vor über 360 000 arbeitslose Menschen, wir haben um 360 000 zu viele. Wir haben 360 000 Menschen, die mit 55 Prozent Nettoersatzrate leben oder, sagen wir, überleben müssen. Die können sicherlich nicht die Wirtschaft ankurbeln. Es ist wirklich Zeit – und ich sage das hier noch einmal –: Die Nettoersatzrate gehört angehoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben auch noch 299 600 Menschen in Kurzarbeit, in der Phase vier sind 230 000 angemeldet. Auch das ist noch eine erheblich große Zahl.

Jetzt aber zurück zu den KMUs: Natürlich ist durch die Öffnungen ein Silberstreifen am Horizont zu erkennen, aber nicht in allen Branchen ist der Aufschwung gleich groß, und vor allem ist er auch nicht in allen Betriebsstrukturen gleich groß. Es sind gerade die Branchen, in denen man körpernah arbeitet, die im Kongresstourismus, die im Städtetourismus angesiedelt sind, und die Klein- und Mittelbetriebe und vor allem auch die EPUs noch sehr betroffen.

Die Einpersonenunternehmen sind ja auch schon vor der Krise mit erschwerten Bedin­gungen auf dem Markt konfrontiert gewesen. Ein ganz wichtiger Punkt des Sozialdemo­kratischen Wirtschaftsverbandes, des Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer Nieder­öster­reich und Präsidenten des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Nieder­österreich Thomas Schaden und der Vizepräsidentin Kommerzialrätin Martina Klengl war auch schon bei der Investitionsprämie, dass die Mindestsumme von 5 000 Euro für EPUs, für Einpersonenunternehmen, gar nichts bringt. Die waren da schon ziemlich außen vor.

Es ist mir heute auch ein großes Anliegen, nicht nur über Maßnahmen der Krisenbewälti­gung zu reden, sondern vor allem auch über die Voraussetzungen, unter denen Klein- und Mittelbetriebe und vor allem Einpersonenunternehmen ihre wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, und darüber, was die brauchen.


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Das ist keine kleine Gruppe. In Niederösterreich sind 65 Prozent der Betriebe Einper­so­nenunternehmen. Das ist auch ein Frauenthema, denn über 50 Prozent sind Frauen, und nicht immer gehen Frauen in diese Selbstständigkeit, weil es ihr Lebenstraum war, sondern weil sie auf dem Arbeitsmarkt schwer unterkommen. Dazu kommt, dass das durchschnittliche Alter, mit dem gegründet wird, bei 47 Jahren liegt.

Dann preisen wir diese Einpersonenunternehmen als flexibel, anpassungsfähig, ganz schnell. – Ja, das sind sie, weil sie es sein müssen, um bestehen zu können, weil sie rund um die Uhr im Einsatz sein müssen – wie es so schön heißt: selbst und ständig arbeiten – und dabei sehr schlecht sozial abgesichert sind. Das ist die andere Seite der Medaille.

Warum zahlen diese UnternehmerInnen nach wie vor 20 Prozent Selbstbehalt für Arztbesuche? Das ist eine Ungerechtigkeit. Sie zahlen genau so viel ein wie die nach dem ASVG Versicherten. Warum müssen sie sechs Wochen darauf warten, wenn sie krank sind, dass sie ab dem vierten Tag der Krankheit, nicht ab dem ersten, rückwirkend Krankengeld bekommen? Warum gelten für diese Unternehmerinnen und Unternehmer bei langer Erkrankung nicht die gleichen Absicherungen? Warum gilt da nicht die Bezugsdauer von 52 Wochen und die Wartefrist von 13 Wochen?

Eine altbekannte Forderung: Steuergerechtigkeit! Warum dürfen diese Unternehme­rin­nen und Unternehmer ihren Arbeitsplatz, der zu Hause ist, nicht steuerlich geltend machen, schon gar nicht, wenn er nicht räumlich getrennt ist? Da wäre eine Pauschale angebracht.

Wichtig für diese kleinen regionalen Unternehmerinnen und Unternehmer wäre die Wie­dereinführung des Handwerkerbonus – das ist Konjunkturbelebung, das sichert Arbeits­plätze in der Region –, 2018 erfolgreich von der Wirtschaftskammer Niederöster­reich, vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband umgesetzt. Der wurde wieder ein­gestellt.

Was seitens der Regierung für diese Betriebe, für diese Unternehmen getan werden kann, ist auch, dass sie bei öffentlichen Auftragsvergaben mehr Möglichkeiten bekom­men: kleinere Losgrößen, mehr hin zum Bestbieterprinzip. Natürlich hat die Novelle des Bundesvergabegesetzes die beiden Kriterien aufgewertet, aber auch da gibt es noch viel zu tun.

Bedenken wir immer: 99,5 Prozent der österreichischen Betriebe sind kleine und mittlere Unternehmen. 62,8 Prozent des Umsatzes werden von Einpersonenunternehmen er­wirtschaftet. KMUs erwirtschaften 60 Prozent der Wertschöpfung. Sie haben zum Bei­spiel in Niederösterreich 16 943 Lehrlinge ausgebildet. Die 134 500 kleinen Betriebe in Niederösterreich haben 500 000 MitarbeiterInnen. Das alles sind wesentliche Faktoren für unsere Wirtschaft.

Ich möchte zum Schluss noch auf eine Meldung der letzten Tage eingehen, auf die vorhin angesprochenen Gratistestungen für die Gastgeberinnen und Gastgeber und die Mitarbeiter im Bereich des Tourismus. Liebe Frau Kollegin Mattersberger, ich muss Ihnen da widersprechen, denn auch da sind die PrivatzimmervermieterInnen und die Mitarbeiter in diesem Sektor nicht erfasst. Die sollen das selber zahlen, obwohl sie es sowieso schon sehr schwer haben.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gratis Corona-Tests für Privatzimmervermieter*innen“


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 79

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort sowie die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Touris­mus, solle umgehend die Berücksichtigung der Privatzimmervermieter*innen bei den Gratis Corona-Tests im Bereich der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe veranlas­sen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gratis Corona-Tests für Privatzimmervermieter*innen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Ver­handlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrat Thomas Dim. Ich erteile dieses.


13.01.27

Bundesrat Thomas Dim (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich einmal vorausschicken, dass auch unsere Fraktion diesen beiden Gesetzesänderungen zustimmen wird. Wir werden zustimmen, weil wir glauben, dass wir jenen Unternehmen, die bisher von Zuwendungen ausgeschlossen wurden und daher quasi durch die Finger geschaut haben, die Mög­lichkeit geben müssen, Hilfen in Anspruch zu nehmen. Frau Kollegin Mattersberger hat das ja bereits inhaltlich ausgeführt. Ich kann das nur unterstützen.

Eines unterscheidet uns aber schon: Ich bedanke mich explizit nicht beim Finanz­minis­ter, sondern bei den österreichischen Steuerzahlern, denn die sind es, die in Zu­kunft die Zeche bezahlen müssen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Die Treffsicherheit wird dadurch erhöht. Das zeigt zugleich auch wieder einmal, auf wie viele Klein- und Kleinstunternehmen die Regierung ursprünglich vergessen hat. Hätte man von Anfang an, so wie von uns gefordert, alle Hilfen über die Finanzämter abge­wickelt, wäre aufgrund der vorhandenen Daten die Treffsicherheit vermutlich von Anfang an höher gewesen. Und jetzt, nach eineinhalb Jahren Pandemie, müssen wir immer noch bei der Anspruchsberechtigung nachbessern, und zwar nicht nur beim Zeithorizont, was nachvollziehbar ist. Wenn etwas länger dauert, muss man verlängern; das ist klar. Die Anspruchsberechtigung an sich hätte man vielleicht aufgrund der in den Finanz­ämtern vorhandenen Daten schon früher feststellen können. Der Einfluss der ÖVP wäre allerdings deutlich geringer gewesen. Eines fällt nämlich an der Datenschnittstelle schon auf: Wer beim Wirtschaftsbund Mitglied ist, ist genau dort, wo die Daten hingeliefert werden müssen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Ich hoffe ja, dass sich dadurch nicht die Auszahlungsgeschwindigkeit für manche – unter Anführungszeichen – „Familienmitglieder“ erhöht oder für andere verringert haben wird. Wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt und ist das Letzte, was stirbt. (Beifall bei der FPÖ.)

13.03


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als Nächste ist Bundesrätin Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.


13.03.53

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Gäste hier – eine


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 80

ist noch da – und vor den Fernsehgeräten! Frau Mattersberger hat alles schon wun­derbar ausgeführt. Wir freuen uns über die 50-prozentige Aufstockung des Härtefall­fonds auf 3 Milliarden Euro. Wir freuen uns auch über die Klarstellung, dass die Non-Profit-Organisationen nun einen eigenen Fonds haben und das natürlich auch den Härtefallfonds nochmals entlastet. Was wir auch sehr gut finden, ist die neuere und die genauere Definition der Personen, die dem Härtefallfonds gegenüber anspruchs­berech­tigt sind. Es sind Personen, die ein aufrechtes Versicherungsverhältnis in einer ge­setzlich vorgeschriebenen oder auch freiwilligen Kranken- oder Pensionsversicherung haben oder solche aus den freien Berufen, deren Versicherungsverhältnis durch eigene Tätigkeit begründet wird.

Ja, ich bin die letzte Rednerin hierzu. Es wird wahrscheinlich nicht mehr gesagt, dass es gut war. Die Wirtschaft hat sich mehr erholt, als prognostiziert war, auch die Arbeits­losenzahlen gehen zurück, natürlich nicht so schnell, wie wir alle uns das wünschen würden.

Worauf ich jetzt aber eingehen möchte, ist die Debatte, die jetzt allenthalben ange­sprochen wurde, nämlich die, wie wieder Geld in die Bundeskasse hineinkommen soll. Nach unserer Positionierung sollte das kein Sparkurs sein und, wie das unser Kollege Koza immer sagt, auch kein Kürzungskurs. Einen solchen wollen wir nicht einschlagen. Wir finden eine Erhöhung der Produktivität mittels Investitionen, vor allem Investitionen in den Klimaschutz, in erneuerbare Energie und in Richtung Green Jobs sehr gut.

Ein kleiner Sidestep: Es braucht auch Investitionen zur Förderung von Berufen in Branchen mit Fachkräftemangel, und da vor allem für Frauen, um in besser bezahlte Mint-Berufe zu kommen und die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu schließen.

Geht es nach uns, sollte ein solcher Kürzungskurs also nicht eingeschlagen werden. Ganz im Gegenteil: Wir würden uns freuen, wenn wieder eine Vermögensteuer einge­führt würde, die es ja schon einmal gegeben hat, aber unter Bundeskanzler Gusenbauer abgeschafft worden ist. Jetzt fordern sogar die Reichen selbst diese Steuer – Tax me now! ist das Sichtwort dazu. Mein Appell ist: Trauen wir uns das! Führen wir sie endlich wieder ein, es wird uns nicht schaden! (Beifall bei BundesrätInnen der Grünen und bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Es wurde auch die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten diskutiert. Tut mir leid, ich bin die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt und es ist Mittag, aber darauf, warum wir die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nicht wollen, vor allem nicht der Sonntagsladenöffnungszeiten, würde ich gerne ein bisschen genauer eingehen wollen. Dazu führe ich vier Punkte an.

Erster Punkt: Wer von Freiwilligkeit am Markt spricht – ich muss mich da entschuldigen –, der hat keine Ahnung vom Markt, der aus Konkurrenz und Wettbewerb besteht. Öffnen ein paar, müssen alle mitziehen, und vor allem werden die Großen öffnen, die sich Wochen­endzuschläge leichter leisten können. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Die anderen, die Kleinen – ich habe heute von Frau Kahofer „selbst und ständig“ gelernt, das ist sehr gut – müssen um ihre Existenz bangen.

Zweiter Punkt: Liberalisierte Öffnungszeiten bringen natürlich auch Druck auf die Han­delsangestellten. Wer sind die Handelsangestellten? – Es sind vor allem Frauen. Diese werden dann wohl, um ihren Job nicht zu verlieren, sagen, dass sie am Wochenende arbeiten, aber sie müssen sich dann halt auch um eine Kinderbetreuung, die am Sonntag wahrscheinlich nicht gratis ist, kümmern. Sonntag ist Ruhetag! Das sagt nicht die Kirche, sondern das sagt eben das Arbeitsruhegesetz.


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Dritter Punkt: Der soziale Rhythmus unserer Gesellschaft ist klassisch Monday to Friday. Wir kennen es: In manchen Berufen trägt man am Freitag schon legere Kleidung, um ins Wochenende zu fahren. Menschen, die am Sonntag arbeiten, fallen aus diesem Rhythmus heraus. Das kann, ich betone, das kann ihnen vielleicht mehr Geld bringen, aber es frustriert sozial, denn sie können weder Freunde noch Familie treffen, sie können keine Aktivitäten mit ihnen unternehmen. Man muss arbeiten gehen. Ich glaube, wir hier, die wir politisch tätig sind und oft abends und am Wochenende arbeiten, kennen das alle sehr gut. Uns geht es aber finanziell, so glaube ich, nicht schlecht.

Vierter Punkt: Die Menschen würden vermehrt am Wochenende einkaufen gehen. Ich glaube, das war das Motiv dieses Liberalisierungswunsches. Dazu würde ich gerne eine kleine Anekdote erzählen. Ich habe einmal mit einer US-amerikanischen Diplomaten­gattin gesprochen und habe sie gefragt: Was gefällt Ihnen denn am besten in Wien? Und sie sagte: dass am Sonntag die Geschäfte zu sind. Ich habe mich ein bisschen ge­wundert über diese Aussage und habe gefragt: Warum? Und sie sagte: Ja, weil ich nicht mehr shoppen gehen kann, sondern ich muss ins Museum gehen oder mich anderwärtig kulturell bilden! Sie sagte, das war eine unglaublich Bereicherung für ihr Leben.

Das Fazit ist: Sonntagsöffnungszeiten sind ein riesiger Verlust an nichtkonsumorien­tierter Lebensqualität; sie nehmen uns Raum und Zeit für unsere Familie, für unsere Freunde; sie nehmen uns Zeit, uns unserer körperlichen Gesundheit durch Bewegung, Sport oder durch Nichtstun zu widmen und um uns zu erholen und abschalten zu können. Sie nehmen uns auch die Zeit für unsere geistige Gesundheit und kulturelle Weiterbildung, für Ausflüge in andere Welten, um so auch unsere eigene Welt etwas größer zu machen. Der gesellschaftspolitische Wert des Sonntags als Ruhetag ist nicht zu unterschätzen, denn nicht alles, nicht jeder Tag sollte sich um die Wirtschaft und ums Einkaufen drehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

13.10


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Margarete Schramböck zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.


13.10.10

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Härtefallfonds ist ein wichtiges Instrument, das wir gemeinsam ins Leben gerufen haben, um gerade EPUs, Kleinstunternehmen und mittel­ständische Unternehmen in dieser schwierigen Phase zu unterstützen. Ich möchte Ihnen ganz kurz einen Überblick geben und auf ein paar Aussagen, die hier getätigt wurden, eingehen.

Den Härtefallfonds gibt es seit dem 27.3. des vergangenen Jahres, und es sind 1,8 Mil­lionen Anträge gestellt worden. 226 000 Personen sind unterstützt worden; 1,7 Mil­liarden Euro haben wir aus dem Härtefallfonds ausbezahlt. Das bedeutet eine durch­schnittliche Unterstützung mit circa 8 000 Euro in dieser Zeit. Nicht alle hatten zu jeder Zeit den gleichen Unterstützungsbedarf.

Sie sind sehr stark darauf eingegangen, dass EPUs unterstützt werden müssen. Und ja, der Härtefallfonds ist genau die Unterstützung für die EPUs. Das beweisen auch die Zahlen. 92 Prozent der Personen, die eingereicht haben, sind EPUs. Er ist also ein gutes Instrument, um gerade auch die EPUs zu unterstützen.

Auch Frauen sind stark vertreten; 44 Prozent der Personen, die unterstützt wurden, sind Frauen. Dieser Härtefallfonds ist also eindeutig ein Instrument, um Frauen, die selbstständig


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 82

sind, gerade auch im Dienstleistungsbereich als EPU begonnen haben, in dieser Phase zu unterstützen.

Ich möchte kurz auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates Dim eingehen, der eine Unterstellung geäußert hat, die ich so nicht stehen lassen kann. (Bundesrat Dim: Eine Hoffnung! Eine Hoffnung!) Wenn Sie nachgeschaut hätten, könnten Sie wissen, wie die Erledigungsquote des Härtefallfonds ausschaut. Die liegt nämlich bei 97,67 Prozent. Es wird niemand bevorzugt und es wird nicht hineingeschaut, sondern es werden alle gleich behandelt und unterstützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht uns darum, mittelständische Unternehmen zu unterstützen, und es wird wohl auch Ihr Ziel sein, EPUs und mittelständische Unternehmen zu unterstützen. Das tun wir in Österreich mit einer Vielzahl von Maßnahmen. Die Investitionsprämie ist dabei ganz wesentlich. Sie steht mittelständischen Unternehmen zur Verfügung. 94 Prozent aller Anträge kommen von Kleinst- und Mittelbetrieben, übrigens auch aus Tirol und aus den anderen Bundesländern. Ich freue mich, dass gerade KMUs das so stark genutzt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich freue mich auch, dass Sie hier letztes Mal mit Mehrheit eine Aufstockung der Inves­titionsprämie beschlossen und das nicht verzögert haben. Das war gerade für die KMUs ein ganz, ganz wichtiger Schritt. Für jedes dieser Unternehmen war das ein wichtiger Schritt, und mit einem Gesamtrahmen von 7,8 Milliarden Euro haben wir eine Voraus­setzung dafür geschaffen, dass die KMUs nicht nur Liquidität bekommen, sondern auch an diesem Konjunkturaufschwung, an diesem Wirtschaftswachstum teilhaben und sich entsprechend die Prämie von 14 Prozent abholen können.

Die österreichischen Familienbetriebe sind mir ganz besonders wichtig. Sie wurden vor Kurzem ausgezeichnet. Da war der Harmonikaerzeuger aus Kärnten genauso dabei wie der Bootsbauer aus Oberösterreich, der Parketterzeuger aus der Steiermark, das Bau­unternehmen aus Tirol oder das IT-Unternehmen aus Wien. Wir können stolz auf die österreichischen Familienbetriebe sein; wir unterstützen sie so gut wir können. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.14

13.14.30


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt.

Bitte nehmen Sie die Plätze ein! – Das ist in der Zwischenzeit passiert.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Härtefallfondsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantie­gesetz 1977 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 83

Es liegt ein Entschließungsantrag der Bundesräte Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gratis Corona-Tests für Privat­zimmervermieter*innen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Schriftführung und Präsident nehmen an der Abstimmung teil.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – So, jetzt müssen wir zählen. Ich bitte die Schriftführung, mich dabei zu unterstützen.

Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Ent­schließung ist somit abgelehnt. (Bundesrat Beer: Ich ersuche um Nachzählung! – Wei­tere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das Ergebnis der Abstimmung ist festgestellt worden.

Wir gehen weiter in der Tagesordnung. Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 13 und 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden. (Zwischen­rufe bei der SPÖ. – Bundesrat Beer: Zur Geschäftsordnung!) – Mir liegt eine Wortmel­dung zur Geschäftsbehandlung von Bundesrat Beer vor. – Bitte.

*****


13.17.44

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte darauf hinweisen, dass, wenn es Unstimmigkeiten bei der Auszählung der Stimmen gibt, es verpflichtend ist, dass nachgezählt werden muss. Und da wird jetzt ganz einfach gesagt: Nein, wir sind schon fertig, es ist die Minderheit!

Es sind aber, wenn ich so herumschaue, alle anwesend (Widerspruch bei Bun­des­rätInnen von ÖVP und FPÖ), und daher ist eine Auszählung, auch wenn es nicht so sein sollte, eigentlich verpflichtend notwendig. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

13.18


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Bundesrat Steiner, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.


13.18.50

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vize­präsident! Der Vorwurf stimmt nicht, dass nicht nachgezählt worden ist. Ich habe ge­sehen, dass der Herr Präsident und die Schriftführung mehrmals gezählt haben. Und es gibt halt jetzt einmal, so wie ich es gezählt habe, um eine Stimme keine Mehrheit; somit ist sie nicht gegeben.

13.19


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Es hat keine Unstimmigkeiten bei der Auszählung gegeben. Es war klar, bei der SPÖ haben Mandatare gefehlt, und ich kann es aber auch sagen - - (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.) – Bei der FPÖ, Entschuldigung! Bei der FPÖ haben Bundesräte gefehlt. Die Abstimmung ist 28 : 30 ausgegangen.

*****

Wir gehen weiter in der Tagesordnung.

13.19.32 13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heeresgebührengesetz 2001 und das Heeresdisziplinargesetz 2014 geändert werden (851 d.B. und 863 d.B. sowie 10652/BR d.B.)


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14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (864 d.B. sowie 10653/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 13 und 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Bernhard Hirczy. – Ich bitte um die Berichte.


13.20.18

Berichterstatter Bernhard Hirczy: Herr Präsident! Ich berichte über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heeres­gebührengesetz 2001 und das Heeresdisziplinargesetz 2014 geändert werden.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Punkt 14: Ich berichte über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird.

Nach einer kurzen Debatte stellte der Landesverteidigungsausschuss nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Bevor wir in die Debatte eingehen, darf ich Bundes­ministerin Elisabeth Köstinger begrüßen. Herzlich willkommen im Bundesrat! (Allge­meiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Isabella Kaltenegger. Ich erteile ihr dieses.


13.21.32

Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Das österreichische Bundesheer ist seit dem Ausbruch der Coronapandemie ständig im Einsatz und hat damit bewiesen, dass es eine strategische Reserve der Republik Österreich ist. Seit März des Vorjahres waren im Durchschnitt jeden Tag 1 000 Soldatinnen, Soldaten und Zivildienstleistende im Rahmen von Assistenzeinsätzen im Covid-19-Einsatz. An Spitzentagen waren es sogar 8 000 Per­sonen.

Um während der Pandemie all diese Kräfte aufbringen zu können, wurden im Frühjahr des Vorjahres zwei Maßnahmen getroffen: erstens eine Verlängerung des Präsenz­dienstes – das heißt, dass bei 2 300 Soldatinnen und Soldaten der Grundwehrdienst um drei Monate verlängert wurde – und zweitens die Teilmobilmachung der Miliz. Die Teil­mobilmachung der Miliz ist erstmalig in der Geschichte des österreichischen Bundes­heeres, aber auch erstmalig in der Geschichte der Zweiten Republik erfolgt.

Mit der heute vorliegenden Gesetznovelle zum Heeresgebührengesetz können wir ge­meinsam mit der Besoldungsangleichung im Einsatzfall die Ungerechtigkeit bei der Be­zahlung beseitigen.

Die vorliegende Novelle enthält noch einen zweiten Schwerpunkt, nämlich das Modell Mein Dienst für Österreich. Mit diesem Modell ist es gelungen, für junge Soldatinnen und Soldaten ein attraktives berufliches Angebot zu schaffen. Für die Freiwilligen bietet das Heer neben einem guten Verdienst auch die Möglichkeit, berufliche Wartezeiten zu


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überbrücken. Dieses Modell wird sehr gerne angenommen; aktuell sind es 630 Frei­willige.

Um die Zahl der Freiwilligen noch zu erhöhen, soll die Neueinführung einer Freiwilligen­prämie – das sind circa 400 Euro netto – als Anreiz für freiwillige Meldungen zur Miliz dienen. Zusätzlich soll eine Kaderausbildungsprämie von circa 200 Euro netto für jene geschaffen werden, die während des Grundwehrdienstes eine Milizkaderausbildung beginnen. Warum schon während des Grundwehrdiensts? – Weil dieser die Basis für alles ist. Ohne Grundwehrdiener gibt es keine Kadersoldaten, und ohne Grundwehr­diener gibt es keine Miliz.

Da der Zivildienst ein Heerersatzdienst ist, werden auch da Anpassungen betreffend Vergütung vorgenommen. Alles in allem sind diese Gesetzesänderungen Teil einer großen Reform. Ein modernes, leistungsfähiges Heer ist das Ziel: von Großinvestitionen wie der Anschaffung von Leonardo-Hubschraubern über nötige Verbesserungen bei der Mannesausrüstung bis zu strukturellen Veränderungen mit einer Verschlankung der Zentralstelle.

Man sieht an diesem Beispiel eindrucksvoll, dass starke Frauen in einer bisherigen Män­nerdomäne viel bewegen können – deshalb ein großes Dankeschön an die zuständigen Ministerinnen für ihren unermüdlichen Einsatz. Ich ersuche Sie, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Wolfgang Beer. Ich erteile ihm dieses.


13.25.24

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es geht darum, dass Anpassungen im – ich will nicht sagen Gehalts­gesetz – Heeresgebührengesetz durchgeführt werden, was schon längst überfällig war. Ich muss sagen: Gleiche Leistung bedingt gleiche Bezahlung. Es war ja eigentlich auch immer ein Wahlspruch und ein Slogan der ÖVP, dass das in dieser Richtung geregelt werden muss, nur war es eigentlich nicht mehr als ein Slogan. Die Einzigen, die das umgesetzt haben, waren die Gewerkschaften, aber nicht die ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Bereich gibt es zum ersten Mal eine Angleichung, die noch nicht ganz stimmt, bei der es noch einige – sehr, sehr viele sogar! – Anpassungen geben muss, damit wir in diesem Bereich dann der Gleichstellung und Gerechtigkeit endlich wenigstens ein wenig näherkommen.

Was wir heute noch gehört haben, ist, dass es zu einem großen Umbau des Bundes­heers kommt. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon irgendetwas über diesen Umbau gehört hat, schon etwas darüber weiß. Die entsprechenden Unterlagen sind nicht ge­kommen, zumindest nicht an unsere Fraktion und schon gar nicht an mich als Vor­sitzenden der Landesverteidigungskommission im Bundesrat. Passiert das im Gehei­men? Was wird da passieren? Was machen wir da? Haben wir dann andere Chargen? Haben wir andere Standorte? Bleiben alle Standorte geöffnet? Werden Standorte zuge­sperrt, verlegt? – Das hat ja alles auch Auswirkungen auf die Regionen. Es ist für uns hier im Bundesrat immens wichtig, was in den Regionen passiert. Ganze Regionen können zugrunde gehen, nur weil es eine Kaserne nicht mehr gibt, weil die Zulieferer, die ja großteils aus den örtlichen Bauern bestehen, dann auf einmal keine Abnehmer und keine Arbeit mehr haben. – Aber die Frau Ministerin sagt nichts!

Ich verlange von der Frau Ministerin, dass sie endlich mit ihren Vorschlägen und Vor­stel­lungen auch zu uns, gerade zu uns in den Bundesrat kommt und diese hier präsentiert.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 86

(Beifall bei der SPÖ.) Im Grunde ist dieses Gesetz jetzt aber ein Schritt in die richtige Richtung, und daher werden wir dem auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.


13.28.55

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Also ich habe mir eigentlich erwartet, dass ich mich heute ein wenig mit unserer Frau Verteidigungsminister unterhalten kann, aber Frau Bundesminister, ich bin wirklich froh, dass Sie da sind, weil ich glaube, dass damit der Wert des Tagesordnungspunktes – und damit wahrscheinlich auch die Kompetenz – um ein Vielfaches gehoben wurde.

Zur Reform kann ich eigentlich nur sagen – so, wie es Kollege Beer vorhin schon getan hat –: spät, aber auch zu spät! Wir haben bei diesem Einsatz Gehaltsunterschiede in der Höhe von mehr als 100 Prozent gehabt. Präsenzdienstleistende haben rund 1 800 Euro verdient, Waffenübende mehr als 3 500 Euro und Berufssoldaten rund 4 200 Euro pro Monat. Diese Anpassung im Heeresgebührengesetz ist also wirklich längst überfällig, aber sie kommt auch zu spät.

Wie wir wissen, haben wir im Jahr 1991 einen Einsatzpräsenzdienst gehabt und einen im Jahr 2020, sprich: 30 Jahre sind dazwischen vergangen. Hintennach ist nun einmal der berühmte Kuhschweif, wie es so schön heißt. Dieser Einsatzpräsenzdienst ist beendet, die Anpassung kommt für all diese Soldaten zu spät. Man greift wieder einmal Dinge an, die in der Vergangenheit liegen, aber nicht Dinge, die in der Gegenwart oder in der Zukunft liegen.

Was man damals gemacht hat oder was unsere Frau Verteidigungsminister damals gemacht hat: Sie hat eine Prämie in der Höhe von 300 Euro ausbezahlt, und ich sage, das grenzt an Verhöhnung. Bei dem, was unsere Soldaten geleistet haben, was unsere Österreicher für das Land geleistet haben, 300 Euro auszubezahlen, wenn es Gehalts­unterschiede von mehr als 2 000 Euro gibt, das ist schlicht und ergreifend eine Ver­höhnung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt herzugehen, wenn dieser ganze Einsatz beendet ist, und das Heeresgebüh­ren­gesetz zu ändern, obwohl zig Soldaten die Frau Bundesminister angeschrieben haben, obwohl Ihnen die Oppositionsparteien gesagt haben, dass wir etwas ändern müssen – da waren wir handlungsunfähig –, ist in Wahrheit eine Unfähigkeitserklärung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Präsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)

Man hat es nicht zustande gebracht, bei den Unteroffizieren – das ist etwas, womit wir jetzt wirklich in der Gegenwart sind – für Gerechtigkeit im Bereich des Besoldungs­sys­tems zu sorgen. Man hat unter Hans Peter Doskozil eine Reform begonnen, die sehr, sehr gut war. Man hat versucht, den MBUO 2, sprich den Unteroffizier, den Wacht­meister, C-wertig zu machen im Vergleich mit einem Beamten der allgemeinen Ver­waltung – ein sehr, sehr guter Ansatz, wie es auch bei der Polizei im E-Schema üblich ist. Allerdings sind da noch Schritte notwendig. Man hat damals den MBUO 2, sprich den D-Beamten, zwar C-wertig gemacht, man hat aber auf den MBUO 1 vergessen.

Ich möchte das ein wenig genauer erklären. Ein Grundwehrdiener, der mit seinem Grundwehrdienst fertig ist und in die Unteroffiziersausbildung geht, kommt nach rund einem Jahr als sogenannter Wachtmeister und früherer MBUO 2 zurück, er ist Gruppen­kommandant, Kanzlei-UO oder was auch immer und hat die Verantwortung über rund acht Personen. Um dann MBUO 1 zu werden, muss er fünf Jahre Dienstzeit haben, eine weitere Ausbildung von rund einem Jahr oder sogar mehr als einem Jahr absolvieren


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und kommt dann als MBUO 1, als Fachunteroffizier, zurück. Er hat dann die Verant­wortung über 40 Personen oder im Falle eines Dienstführenden oder etwas Ähnlichem auch über Hunderte bis sogar 1 000 Menschen. Beide Personengruppen besoldet man im Bundesheer inzwischen gleich, sprich: Weder die Funktion noch die Ausbildung noch sonst etwas ist damit finanziell abgegolten. Ich glaube, da müsste man wirklich einmal für Gerechtigkeit sorgen, das System auch zu Ende denken, es reformieren und tat­sächlich an das Besoldungssystem der Polizei, in dem es diese Unterscheidung sehr wohl gibt, anpassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade in diesem Bereich besteht gegenwärtiger Handlungsbedarf. Da haben wir nichts Historisches, sondern da haben wir eine Ungerechtigkeit, die beendet werden muss, die viele Soldaten Monat für Monat am Ersten jedes Monats erleben.

Eine weitere Ungerechtigkeit, die besteht, die beendet werden muss und bei der es auch um Bezüge und Vergütungen geht, betrifft die Dienstreisen. Ich erwähne das deswegen, weil das vielen, vielen Soldaten wirklich ein Anliegen ist.

Wie Sie wissen, gibt es die sogenannten Diäten, wie sie auch im Zivilen bestehen. Wenn ein Soldat 5 Stunden, 8 Stunden – wie auch immer – außerhalb seines Dienstortes ist und für die Verpflegung, die er sonst zu einem kostengünstigen Preis in der Kaserne konsumieren kann, selbst aufkommen muss, bekommt er eine Vergütung in der Höhe von 8,80 Euro. Ist es aber so, dass mehr als fünf Personen auf dieser Verlegung sind, dann bekommen diese Personen nichts mehr.

Dazu darf, glaube ich, schon gesagt werden, dass – auch wenn es fünf oder sechs Per­sonen sind – diese Personen außerhalb der Kaserne essen müssen. Noch dubioser wird das Ganze, wenn eine Angelobung zum Beispiel im Burgenland stattfindet. Fährt ein Trupp oder eine Personengruppe mit sechs Soldaten aus der Steiermark zu dieser Angelobung, dann schauen diese sechs Soldaten durch die Finger. Wenn zwei zur Unterstützung aus Wien kommen, dann bekommen sie ihre 8,80 Euro als Verpflegs­ersatz.

Das sind Dinge, zu denen ich sage: Damit sind wir wieder bei Ungerechtigkeiten. Diese Ungerechtigkeiten sind gegenwärtig, und auch mit diesen Ungerechtigkeiten muss aufgeräumt werden. Das widerspricht aus meiner Sicht jeglicher Logik, und darin haben wir wirklichen Reformbedarf.

Beim Wort Reform komme ich auch schon zur jetzigen Heeresreform. Ich habe heute im „Standard“ einen Artikel mit der Überschrift „Eine Heeresreform sieht anders aus“ gefun­den. Einige Medien haben vom größten Umbau, von der größten Reform des Minis­teriums seit 30 Jahren geschrieben, doch was sieht man bei dieser Reform wirklich? – Wie es Kollege Beer vorhin schon erwähnt hat: Wir wissen relativ wenig über diese Reform. Das Einzige, das wir wissen: Es handelt sich um eine Organisationsänderung im Bereich der Zentralstelle.

Die Zentralstelle ist aber im Einsatzfall auch dafür verantwortlich, den Einsatz politisch-strategisch zu führen. Genau diese Zentralstelle möchte man jetzt entmilitarisieren, sprich zivile Arbeitsplätze hineinbringen, die militärischen Arbeitsplätze hinausbringen. Ich glaube, dass man nicht von der großen Reform und von der großen Verbesserung sprechen kann, vor allem dann nicht, wenn wir wissen, wie die Posten im Bereich der ÖVP vergeben werden.

Es gibt wirklichen Reformbedarf. Wir haben bei der Ausrüstung einen Investitionsstau von 1,7 Milliarden Euro und bei der Infrastruktur einen Investitionsstau von rund 10 Mil­liarden Euro. Das sind Dinge, die nicht angegriffen werden. Ich sage, wir werden in einigen Jahren, wenn sich am Budget des Bundesheeres nichts ändert, nur noch in der Lage sein, zu helfen, aber nicht mehr zu verteidigen. Wir werden nicht mehr in der Lage


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sein, bei Naturkatastrophen zu unterstützen, bei einem Blackout oder bei Terrorbe­dro­hungen entsprechend schlagkräftig zu sein.

Das sind Dinge, über die man sich Gedanken machen sollte. Man sollte sich über die Schutzausrüstung beim Einsatz unserer Soldaten Gedanken machen, denn diese Schutzausrüstung ist nicht vorhanden, und unsere Soldaten sind einem sehr, sehr großen Risiko ausgesetzt.

Ich sage, diese Reform dient einzig und allein dazu, neue, hochwertige Arbeitsplätze neu auszuschreiben. Wir wissen, was in der Vergangenheit bei der ÖVP dabei herausgekommen ist. Die Schmid-AG-2.0 wollen wir im Bereich des Bundesheeres nicht haben. Ich sage, diese ÖVP-Tradition sollte da nicht weiter fortgesetzt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend – ich wollte es eigentlich der Frau Bundesminister sagen, aber ich glaube, dass es auch bei Ihnen, Frau Ministerin Köstinger, sehr, sehr gut angebracht ist, weil Sie es weitergeben werden –: Was ich zu Beginn gesagt habe, war wirklich ernst gemeint. Ich bin froh, dass wir heute eine Ministerin hier haben, die sich wirklich für das Bun­desheer interessiert. Wichtig wäre, das Verteidigungsbudget zu erhöhen und etwas weniger auf die eigene, türkise Familie zu schauen – die Schmid-AG 2.0 darf im Bundes­heer nicht gegenwärtig werden. Ich weiß nicht, ob die Frau Verteidigungsminister Airbus schon kennengelernt hat, aber mir wäre es sehr, sehr recht, wenn sie der Finanzminister einmal kennenlernen würde. (Beifall bei der FPÖ.)

13.39


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Elisabeth Kittl. – Bitte.


13.39.31

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Gäste, lieber Gast hier und liebe Gäste vor den Bildschirmen! Es geht um die Ungleichheit bei der Besoldung der Miliz, des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes – wir haben es gehört –, die jetzt aufgehoben werden soll. Gerade bei Letzterem haben wir uns kräftig eingesetzt und freuen uns sehr, dass dieses lange Anliegen nun endlich umgesetzt wird.

Wenn Grundwehrdiener und Zivildiener – ich sage es in der männlichen Form, die gibt es nur männlich (Bundesrat Steiner: Ist ja wurscht, gendern wir trotzdem!), es gibt keine weiblichen Zivildienerinnen und auch keine Grundwehrdienerinnen, denn die machen einen Ausbildungsdienst, so wurde ich aufgeklärt – ihren Dienst nach dem Pflichtdienst verlängern, wird die Besoldung von derzeit 550 Euro auf das Vierfache, also knapp 2 000 Euro, erhöht.

Wenn sich Zivildiener und Frauen oder Männer aus der Miliz freiwillig für einen Einsatz melden, wird die Besoldung von 1 855 auf 3 170 Euro erhöht. Das sind ordentliche Schritte, die die Leistung der im Krisenfall Eingesetzten adäquat honorieren. Der Grund­wehrdienst und die Miliz sollen durch finanzielle Anreize attraktiver gemacht werden – wir haben es gehört –, aber auch, was besonders begrüßenswert ist, durch eine bessere Ausbildung, durch verschiedenste Kurse. Ich habe lustigerweise im Nationalrat Segel­kurse verstanden und habe mich sehr gewundert. Es sind aber Säge- oder eben Holz­kurse, IT-Kurse, Kochkurse, Führerschein, Sprachkurse. Für das alles werden Zertifikate ausgestellt, die man nachher im beruflichen Lebensweg auch nutzen kann.

Ein kleiner Exkurs auch zu den Frauen: Es wäre schön, wenn weitere Anreize für die Frauen, die zum Bundesheer gehen, geschaffen werden, wie zum Beispiel eine familien­freundlichere Ausbildung mit Kinderbetreuungseinrichtungen in der Nähe der Ausbil­dungsstätten. Der Grundwehrdienst soll aber natürlich Ausbildung bleiben, um vor allem


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qualifizierte MilizsoldatInnen zu generieren, die Assistenzeinsätze – ich habe es schon gesagt – sollten daher stark reduziert werden. Ziel ist es, dass das Bild des Grundwehr­dienstes verbessert wird, dass es eine sinnvolle und moderne Ausbildungsmöglichkeit für junge, motivierte Männer und Frauen wird oder als eine solche wahrgenommen wird, die damit eine Miliz, auf die wir in Krisenzeiten, in ganz prekären Situationen angewiesen sind, qualitativ und quantitativ bereichern.

Ein kleiner Punkt noch zum Grund und Boden, den das Bundesheer besitzt: Wir be­trachten einen Verkauf des öffentlichen Grund und Bodens – es ist nichts anderes – sehr kritisch, weil Grund und Boden eine wertvolle und begrenzte Ressource sind. Gerade wenn wir auf die staatliche Lenkungsmaßnahme Daseinsvorsorge und auf leistbares und qualitatives Wohnen blicken, wofür der Staat auch Sorge zu tragen hat, sollten Grund und Boden nicht aus der öffentlichen Hand gegeben werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.43


Präsident Mag. Christian Buchmann: Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Bundesministerin.


13.43.24

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Herr Bundesrat Leinfellner hat hervorgestrichen, dass es durchaus ein großes Interesse meinerseits am österreichi­schen Bundesheer gibt. Das stimmt, das kann ich nur bestätigen, und in diesem Zusam­menhang darf ich auch unseren Soldatinnen und Soldaten ein ganz großes Dankeschön dafür sagen, dass sie nicht nur in Zeiten der Coronapandemie Außerordentliches leisten, für Schutz und Sicherheit sorgen und jederzeit bereit sind, sich für unser Land und die Menschen einzusetzen, sondern dass sie auch generell in unserem Land eine zentrale und ganz bedeutende Rolle spielen – ein großes Dankeschön dafür. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Anwesenheit heute hier im Hohes Haus ist aber vor allem mit meiner Zustän­digkeit als Zivildienstministerin begründet. Sie wissen, der Zivildienst ist ein Wehr­ersatz­dienst, und damit hat die Anpassung der Besoldung von Präsenzdienern mit der Novelle des Heeresgebührengesetzes auch Auswirkungen auf den Zivildienst und die Vergütung der Zivildienste.

Der Verfassungsdienst hat eine vergleichbare Vergütung bei vergleichbaren Ein­satz­voraussetzungen und entsprechenden Belastungen für geboten erachtet. Das trifft auch auf die außerordentlichen Zivildienstleistenden zu, zum einen für die Verlängerten ent­sprechend den Aufschubpräsenzdienern und für die Freiwilligen entsprechend den Einsatzpräsenzdienern. Das heißt, wir nehmen eine notwendige Anpassung vor, schaf­fen einen wichtigen Schritt hin zu mehr Vergleichbarkeit und Gerechtigkeit.

Ich freue mich, dass im Verteidigungsausschuss und dann auch im Nationalrat alle Parteien ihre Zustimmung gegeben haben. Ich hoffe, dass wird auch hier im Bundesrat so sein.

Abschließend erlauben Sie mir, auch unseren Zivildienern ein ganz großes Dankeschön auszusprechen. Wir haben im letzten Jahr das erste Mal in der Geschichte der Zweiten Republik einen außerordentlichen Zivildienst ausgerufen. Die Zivildiener haben damit auch gezeigt, dass sie eine ganz wichtige strategische Reserve in unserem Gesund­heitssystem sind und dass wir uns auf unsere Systeme verlassen können – auf die Blau­lichteinrichtungen, auf die Pflegeeinrichtungen, auf die Krankenanstalten. – Vielen herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 90

Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.46.11

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Präsident! Liebe Frau Ministerin! Ich möchte gleich einmal mit einem Dank an alle Zivildienerinnen und Zivildiener, die fleißig gearbeitet haben, anfangen. Sie haben wirk­lich gezeigt, was Österreich alles kann, was die Menschen, die hier wohnen, alles kön­nen. Das war einfach eine hervorragende Leistung, die sie da gebracht haben. (Allge­meiner Beifall.)

Deshalb bin ich auch froh, dass wir heute ein Gesetz verabschieden können, über das dann Bundesheerler, Grundwehrdiener und Zivildiener ziemlich ähnlich verdienen werden. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig.

Ich kann mich jetzt kurz halten, weil wir heute noch viel vorhaben. Wir werden dem vorliegenden Gesetzesvorschlag mehr oder weniger unsere Zustimmung geben. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

13.47

13.47.18


Präsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte ge­schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Die Plätze sind eingenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Heeresgebührengesetz 2001 und das Heeres­disziplinargesetz 2014 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenom­men.

13.48.39 15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunter­richtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schul­zeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990 geändert werden (862 d.B. und 916 d.B. sowie 10654/BR d.B.)


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16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche Sondervorschriften an Universi­täten, Pä­da­gogischen Hochschulen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (2. COVID-19-Hochschulgesetz – 2. C-HG) geändert wird (917 d.B. sowie 10655/BR d.B.)


Präsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 15 und 16, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag.Christine Schwarz-Fuchs. – Ich bitte um die Berichte.


13.49.17

Berichterstatterin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunter­richtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forst­wirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeit­ge­setz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990 geändert werden (862 d.B. und 916 d.B. sowie 10654/BR d.B.).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit im Ausschuss nicht zustan­de gekommen.

Ich bringe weiters den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über hochschulrechtliche Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogi­schen Hochschulen und Fachhochschulen aufgrund von Covid-19 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stel­lung.

Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattungen.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Faßmann im österreichischen Bundesrat. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Vizepräsidentin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Kollegin.


13.51.25

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen, die alle heute auf ORF III mit dabei sind! Ich darf mit einem Zitat beginnen, das, glaube ich, die meisten von uns kennen: Non scholae, sed vitae discimus – also: Nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben. Ich glaube, vermutlich noch zu keiner Zeit hat dieses abgewandelte Zitat von Seneca in


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diesem Ausmaß zugetroffen, wie es in den knapp 16 Monaten, die jetzt vergangen sind, der Fall war.

Die wiederholten Lockdowns und die damit verbundenen Schulschließungen ebenso wie der Schichtbetrieb haben im Grunde alle am Schulleben beteiligten Personen – ich möchte tatsächlich sagen – zu Höchstleistungen gebracht, ja, vielmehr bringen müssen: die Schülerinnen und Schüler, die sehr rasch lernen mussten, sich selbstständig oder zumindest weitgehend selbstständig zu organisieren, selbstständiger und eigenverant­wortlicher zu lernen und zu arbeiten, als dies bisher der Fall und nötig war. Sie haben Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien, mit Hardware und Software gleicher­maßen, in einer Geschwindigkeit erworben, wie das vermutlich noch kein Jahrgang vor ihnen geschafft hat.

Auch die Lehrkräfte haben der nötigen Umstellung auf den Unterricht von zu Hause aus rasch Rechnung getragen und vielfach neue Lehr- und Lernmethoden in ihren Schul­alltag integriert. So mancher hat einen eigenen Lernvideokanal entwickelt und aufge­baut; flipped classroom, inverted classroom und vieles mehr sind jetzt, glaube ich, keine Fremdworte mehr. Unterricht wurde während der Phase des Schichtbetriebs schon einmal live nach Hause gestreamt, so wie das auch in meiner Schule der Fall war, um auch wirklich alle Schülerinnen und Schüler live mit dabei haben zu können.

Die Schulleiterinnen und Schulleiter waren nicht minder gefordert, wie ich denke. Es gab immer und immer wieder Informationen des Ministeriums, die nicht oder viel zu spät eingetroffen sind, die gefehlt haben, um rechtzeitig und auch wirklich gut geplant reagie­ren zu können, zusätzliche administrative Aufgaben, wie das fast schon tägliche Inven­tarisieren der Antigentests zum Beispiel, das Warten auf Verordnungen und Erlässe oft bis sonntagabends, das Herstellen dann auch der grundlegenden Infra­struktur für das Homeschooling, das Arbeiten im Schichtbetrieb und nicht zu vergessen – und das ist, glaube ich, die schwierigste Aufgabe in diesen vergangenen 16 Monaten gewesen – das Aufklären, das Überzeugen, das Bilden eines Sicherheitsgefühls, denn – und das muss ich leider wirklich so sagen – seitens des Ministeriums war leider eher Verunsicherung an der Tagesordnung.

Die Eltern haben ebenfalls einen ganz wesentlichen Teil zum Gelingen dieser ver­schiedenen und ungewöhnlichen Situationen beigetragen. Hier im Hohen Haus haben wir das, glaube ich, wiederholt besprochen, auch die Mehrfachbelastungen, die es ge­geben hat, besonders für die Mütter. Wir haben immer wieder darauf aufmerksam ge­macht.

Summa summarum waren das also knapp 16 Monate Ausnahmezustand für alle im Schulleben. Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass Schule ein lebendiger, ein lebender Organismus ist, der eben nur gemeinschaftlich, also im Miteinander der ein­zelnen Beteiligten, wirklich bestehen und sich entwickeln kann. Da geht es nicht alleine um das reine Faktenlernen, um das Erlernen und Verstehen von Wissen und Fakten, sondern es geht auch um das soziale Lernen, das ganz essenziell ist, um das Bilden einer Klassengemeinschaft, um eine Form der Beziehungsarbeit, um einen Austausch mit den Peergroups, um das Erkennen der eigenen Fähigkeiten, natürlich auch im Vergleich mit den anderen, und vieles, vieles mehr.

Schule ist aus meiner Sicht auch ein Ort des Aufgehobenseins in der Klassengemein­schaft, und genau diese Gemeinschaft hat in den vergangenen 16 Monaten in der gewohnten Form nicht mehr stattfinden können. Daher möchte ich die Gelegenheit an dieser Stelle nutzen, sechs beziehungsweise elf Schultage vor Beginn der wahrlich wohlverdienten Ferien, um den Schülerinnen und Schülern einmal Danke zu sagen und auf der anderen Seite zu gratulieren – nämlich zu danken für ihr Durchhaltevermögen und ihr Verständnis, dass es auch für die Lehrkräfte nicht immer einfach war. Ich möchte


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mich bei den Kolleginnen und Kollegen in der LehrerInnenschaft bedanken, wie natürlich auch bei den Schulleiterinnen und Schulleitern für ihr wirklich tolles Engagement und ihren Einsatz in den vergangenen Monaten zum Wohle ihrer Schülerinnen und Schüler.

Ich glaube, sie alle können gemeinsam stolz darauf sein, was in diesen 16 Monaten trotz aller Hürden, die es gegeben hat, bewältigt worden ist. – Ein großes Kompliment und Gratulation von meiner Seite! (Beifall bei der SPÖ.)

So viel zum Positiven, das wir aus der Coronakrise im Bildungsbereich sehr wohl mit­nehmen können, wir wissen aber auch, dass es nicht für alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen leicht war. Wir wissen, dass es Kinder und Jugendliche gibt, bei denen sich Lernlücken entwickelt und teilweise verfestigt haben. Wir wissen evidenzbasiert, dass die Bildungsschere in Österreich während der Pandemie noch weiter auseinan­dergegangen ist. Wir wissen, dass es Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die Psyche der Kinder und Jugendlichen gibt.

Da könnte man jetzt natürlich auf die Idee kommen, dass das zuständige Ministerium auch wirklich alle möglichen Schritte unternimmt, um dem entgegenzuwirken, um den Druck, der zusätzlich entstanden ist, auch wirklich herauszunehmen. – Mitnichten, muss ich sagen, denn: Was tut das Ministerium? – Es schafft in Wahrheit weitere Hürden.

Genau deshalb sehen wir als Sozialdemokratie es auch mehr als kritisch, dass nun das Fach Lebende Fremdsprache – zumeist betrifft das natürlich Englisch – in der Volks­schule von der verbindlichen Übung – also ohne Note, sondern nur mit dem Vermerk teilgenommen im Zeugnis – zu einem Pflichtgegenstand in der dritten und vierten Schulstufe gemacht werden soll.

Ich weiß, wir haben im Ausschuss zwar vom Experten gehört, die Beurteilung solle keine Rolle spielen, gerade im Zusammenhang mit der AHS-Reife, er hat uns versichert, dass dazu natürlich auch der § 40 entsprechend hätte geändert werden müssen, aber, und Sie wissen das so gut wie wir alle, eine Ziffernnote ist immer in irgendeiner Form eine Einteilung in besser und schlechter, ist immer eine Selektion.

Gerade jetzt, so kurz vor Notenschluss, merkt man – das merke ich auch aus eigener Erfahrung –, wie sehr diesbezüglicher Druck besteht – Druck nämlich: Werde ich auf einer höheren Schule aufgenommen oder nicht? Es ist ein Druck, um zu zeigen: Nein, mir ist die Matura nicht geschenkt worden. Der Druck, die AHS-Reife zu erhalten, ist für die ganz Kleinen schon immens stark. Die frühe Selektion der Kinder wird damit aus meiner Sicht noch weiter befeuert werden, daher gibt es auch unsererseits keine Zustim­mung dazu.

Ebenfalls nicht mitgehen können wir bei der nun im Gesetzentwurf vorliegenden Verord­nungsermächtigung für Sie, Herr Minister, was auch mögliche kommende Lockdowns und Schulschließungen betrifft.

Man sollte eigentlich meinen, dass es jetzt nach 16 Monaten der Pandemie genügend Erfahrungen damit gibt und inzwischen auch genügend Pläne für unterschiedliche Situationen, die da entwickelt wurden, um einen neuerlichen Anstieg im Infektions­geschehen hintanzuhalten und dennoch die Schulen offenhalten zu können, also sozusagen: Wenn Situation A eintrifft, dann folgt Plan B, und dergleichen mehr. Statt­dessen soll es nun quasi eine Vollmacht für den Minister geben.

Der Experte im Ausschuss hat dazu ausgeführt, man werde sich im Falle des Falles am besten an Infektionszahlen und Inzidenzwerten orientieren. – Na ja, „am besten“ ist aus meiner Sicht eine wenig konkrete Aussage. Da hätten wir und vor allem die Betroffenen, nämlich Lehrer, Schüler, Eltern und alle, die dazugehören, uns zumindest ganz konkrete Angaben erwarten dürfen, worauf sich jetzt eine derartige Entscheidung stützen kann und darf – und das bereits jetzt im Lichte der Deltavariante, die ja, wie es ausschaut,


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auch in Österreich bereits verstärkt auftritt. Das heißt, wie kann ein sicherer Schulbetrieb im Herbst ohne Schulschließungen ermöglicht werden? Dazu haben wir bis dato eigentlich nicht wirklich viel gehört.

Worauf wir ebenso noch warten, sind die angekündigten neuen, verstärkt kompetenz­orientierten Lehrpläne. Diese sind ja grundsätzlich positiv zu beurteilen. Im Gesetz­entwurf geht es jetzt in erster Linie einmal darum, kosmetische Änderungen vorzuneh­men, da heißt es halt statt Musikerziehung nur mehr Musik, Bildnerische Erziehung wird jetzt in Kunst und Gestaltung umbenannt. – So weit, so gut. Wir werden uns aber auf alle Fälle die im Ausschuss für den Herbst in Aussicht gestellten neuen Lehrpläne ganz genau anschauen, gerade auch zumal in vielen Fällen ja die Kompetenzorientierung bereits jetzt gang und gäbe, also bereits gegebene Praxis ist.

Etwas, das wir uns auch noch gewünscht hätten, wäre die Berufsorientierung, die ja gerade in der Mittelschule ein sehr erfolgreiches Modell ist und als verbindliche Übung geführt wird. Da hätten wir uns ganz dringend gewünscht, dass das auch in der Unterstufe der AHS als verbindliche Übung und als Gegenstand eingeführt wird, denn diese Orientierung, diese Information ist gerade in Pubertätsphasen so wichtig, wenn in dem Alter vielleicht noch nicht ganz klar ist, wo es denn beruflich einmal hingehen soll.

Was mir persönlich noch fehlt, sind ganz konkrete Angaben bezüglich des Digitalisie­rungsplans, also des Achtpunkteplans, den Sie ja gestern im Rahmen der Pressekon­ferenz Nummer 300 – ich weiß es nicht genau, ich habe nicht mehr mitgezählt – prä­sentiert haben. Auch das: so weit, so gut.

Ja, der Ankauf der Endgeräte ist im Laufen, das ist so weit positiv. Ja, es wurde dieser Mooc ins Leben gerufen, der Massive Open Online Course, zur Vorabweiterbildung und Information der Lehrkräfte, die damit befasst sind – auch ich habe ihn gemacht, so nebenbei –, aber, das muss ich schon immer wieder feststellen, auch in der Presse­mappe, die ich auch gelesen habe, ist immer nur die Rede von den Bundesschulen. Im Pressepapier liest man kein Wort von Pflichtschulen, auf die wird offensichtlich gänzlich vergessen.

Darüber hinaus, und das muss ich Ihnen schon ganz deutlich sagen, fragen die Schulen, die an der Geräteinitiative teilnehmen, nach konkreten weiteren Schritten: Wie geht es jetzt weiter? Was passiert wann? Passiert im Juni noch etwas oder im September oder wann auch immer? Das heißt: Wann passiert was? Die Eltern wollen vor allen Dingen ganz genau wissen, wie es jetzt mit den Laptops, den Tablets ausschaut, und so weiter und so fort.

Ich orte hier, muss ich sagen, ganz große Unterschiede auch im Informationsbereich. Das heißt, da gibt es Bundesländer, die offensichtlich mehr wissen als andere, es gibt SchulleiterInnen, die mehr wissen als andere; es gibt SchulleiterInnen, die die Eltern bereits informieren können, andere nicht. Zuletzt habe ich in Niederösterreich gehört, dass das mit Oktober/November unter Umständen nichts werden könnte, also man vertröstet uns da schon möglicherweise eher auf das Semesterende. Da heißt es: Geduld haben! Planbarkeit für den Unterricht, für die eigene Praxis: Fehlanzeige. Planbarkeit für die Wartung und Instandhaltung der Geräte: auch Fehlanzeige, muss ich sagen.

Da ich es auch immer wieder Ihrerseits höre: Die Zuständigkeit, ob das jetzt das Ministerium oder die Bildungsdirektion ist, interessiert in diesem Fall die Eltern und die Lehrer in Wahrheit relativ wenig. Ich darf nur ganz kurz noch aus der Zeitschrift der Pflichtschulgewerkschaft zitieren (eine Ausgabe in die Höhe haltend), hier heißt es auch ganz eindeutig: „Es handelt sich hier nicht um Schulbücher, sondern um Hightechgeräte, die installiert, gewartet, vernetzt, aufgeladen, upgedatet und wohl auch überwacht wer­den müssen. Hier stellt sich grundsätzlich die Frage, wer dafür verantwortlich ist und wer


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sich um diese Thematiken kümmert.“ Und: „Wer stellt sich der Herausforderung und wer bezahlt sie?“ – Alles Fragen, die ungeklärt sind.

Ein letztes Thema anzusprechen sei mir noch erlaubt, auch das liegt mir persönlich sehr am Herzen, von dem habe ich eigentlich seit Schwarz-Blau nichts gehört und auch unter Türkis-Grün leider sehr wenig, nämlich die inklusive Bildung. Dazu höre ich rein gar nichts außer Lippenbekenntnissen, muss ich sagen. Wir setzen in Österreich in Wahrheit die UN-Behindertenrechtskonvention, zu der wir uns bekannt haben, nicht um. Öster­reich ist da nach wie vor säumig, und dabei, muss ich sagen, ist es eigentlich ganz, ganz einfach. Das Geld für Neubauten von Sonderschulen ist da, wie zum Beispiel bei mir in meinem Heimatbezirk. Wenn das Geld da ist, muss aber auch eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Form der Inklusion da sein, und dann ist es auch da, wenn man es denn möchte – aber auch in diesem Bereich geht Ihnen offenbar Selektion und Sepa­ration vor Bildungsgerechtigkeit und vor allem Chancengerechtigkeit.

Abschließend bitte ich Sie hier wirklich, Ihre Augen, Ihre Ohren zu öffnen und zu schau­en, wo es bereits Leuchtturm- und Vorzeigebeispiele und -projekte gibt, wo inklusive Bildung bereits gelebt wird, und nein – in Richtung auch der FPÖ –, das hat nichts mit Parteiideologie zu tun, denn aus meiner Sicht ist eines ganz wichtig: Egal, wo ein Kind herkommt, egal, wer seine Eltern sind und wie viel sie verdienen, jedes Kind ist ein Kind ist ein Kind und hat die gleichen Chancen auf die beste Bildung verdient. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten, jetzt arbeiten, damit eben alle Kinder gemeinsam und vonei­nander lernen können. Das wäre meine große Bitte über die Sommerferien an Sie, Herr Minister. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

14.05


Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Judith Ringer. – Bitte.


14.05.42

Bundesrätin Ing. Judith Ringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es unter anderem darum, die Schul­versuche in den schulischen Regelbetrieb überzuführen. Das ist sehr begrüßenswert, da dadurch neue Innovationen verankert werden. Auch Englisch als Pflichtfach in der Volksschule ist absolut begrüßenswert, denn ich kann Ihnen sagen: Im internationalen Vergleich ist es einfach eine Notwendigkeit, Englisch stärker zu forcieren. Da, glaube ich, sind wir uns alle einig, dass dies immer wichtiger wird. Wie meine Vorrednerin schon ausgeführt hat, ist das keine Selektion beim Wechsel in die AHS, da das hier nicht berücksichtigt wird, aber es schafft eine wichtige Basis. (Bundesrätin Hahn: Ja, natürlich ist es ...!)

Auch die Einbeziehung der Jahresnote in die Maturanote ist eine sinnvolle Maßnahme. Unsere Maturantinnen und Maturanten haben ihre Prüfungen unter ganz speziellen und sehr fordernden Bedingungen abgelegt. Dass das so gut geklappt hat, ist auch unseren kompetenten Professorinnen und Professoren und den Direktorinnen und Direktoren zu verdanken. Dafür möchte ich mich bei allen ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und Grünen.)

Jetzt steht aber eines an: Nicht alle haben die Matura geschafft, nicht alle haben sie abgeschlossen, und es braucht halt Nebentermine. Damit diese Nebentermine auch in dieser ganz speziellen Covid-Form abgewickelt werden können, braucht es eine Verlän­gerung, und dazu braucht es eine Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung. Ich darf hier auch allen Absolventinnen und Absolventen ganz herzlich zu ihrer Matura gratu­lieren. Dass sie das auch in dieser speziellen Zeit geschafft haben, ist eine ganz


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spezielle Herausforderung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und Grünen.)

Eine Nichtzustimmung zu dieser Gesetzesänderung bringt eine Verunsicherung für ge­nau jene Personen, die diese Nebentermine abwickeln dürfen, die dort antreten müssen. Genau diese Situation können wir nicht brauchen. Wir brauchen Klarheit, wir brauchen Planbarkeit – wie auch schon oft erwähnt worden ist –, und deshalb ersuche ich alle um Zustimmung zu diesem Tagesordnungspunkt.

Da es auch um die Kompetenzen des Herrn Ministers und des Ministeriums geht: Der Herr Minister hat uns in dieser Krise gezeigt, dass er sehr sorgsam und sehr verantwor­tungsvoll mit dieser Situation umgeht. Ich bin davon absolut überzeugt, dass der Herr Minister alles Menschenmögliche unternehmen wird, die Schulen offenzuhalten und er keine pauschalen Schließungen verordnen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Hoffen wir es einmal!) In Krisensituationen braucht es aber rasche Lösungen, schnelle Lösungen, und die sind nur mit einer Kompetenzerweiterung sicherzustellen.

Weiters geht es um die Schaffung der Möglichkeit für die Unis, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen, im Wintersemester 2021/22 Maßnahmen zur Verhinde­rung der Virusverbreitung durchzuführen, damit auch Präsenzveranstaltungen und der gewohnte Uniunterricht gewährleistet werden können. Statt dem üblichen Testnachweis ist ein Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr zu erbringen. Das soll sicherstellen, dass wir wieder zum gewohnten Ablauf zurückkehren können, und das ist auch nur auf das Wintersemester 2021/22 beschränkt.

Da meine Vorrednerin Frau Hahn über die Inklusion und Selektion gesprochen hat, möchte ich hier noch eines sagen: Als Mutter eines schwerstbehinderten Kindes bin ich sehr froh, dass meine Tochter nicht in einer Integrationsklasse ist, weil sie damit überfordert wäre. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Inklusion ist ein Wunsch, aber nicht für alle immer das Beste. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, genau. (Bundesrätin Hahn: ... Rahmenbedingungen kann man auch in Regelschulen schaffen!) – Da geht es nicht um Rahmenbedingungen, sondern da geht es um spezielle Ausbildungen und das Ganze rundherum. Das ist nicht so einfach, und ich bin zutiefst dankbar, dass meine Tochter in eine Schule gehen kann, wo das gewährleistet ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich bringe nun folgenden Antrag gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR ein:

Antrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen zu TOP 15, „Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulzeitgesetz 1985, das Min­derheiten-Schulgesetz für Kärnten und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990 geändert werden (862 d.B. und 916 d.B.)“, in der 927. Sitzung des Bundesrates

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.11



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 97

Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung einge­brachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schul­organisationsgesetz und weitere Gesetze geändert werden, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte.


14.12.24

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Kollegin Ringer hat gerade gesagt, es braucht diese Verordnungsermächtigung, es braucht rasche Lösungen, es braucht schnelle Lösungen.

Das haben wir alles gehabt, was mir aber etwas gefehlt hat, das waren die guten Lö­sungen da drinnen, und das stimmt mich auch etwas nachdenklich in Bezug auf das letzte Schuljahr. Das Ende des Kinderlachens kann ich nur sagen – wir haben es hier bereits auch plakativ dargestellt gehabt. Es ist aber nicht nur dieser Stofffetzen schuld, Herr Bundesminister, es gibt auch viele weitere Gründe, warum es zu diesem Ende des Kinderlachens gekommen ist.

Als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern kann ich nur sagen: Das letzte Schuljahr ist schlicht und ergreifend katastrophal verlaufen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Der Präsenzunterricht ist wieder eingestellt worden, bevor er eigentlich richtig losgegangen ist. Die Eltern wussten so gut wie zu keiner Zeit, ob das Kind am nächsten Tag oder am Montag überhaupt noch in die Schule gehen kann.

Dann kam ein Schwachsinn nach dem anderen: Heimunterricht, Lernen auf Distanz, ein 35-seitiges Konvolut über die Regelungen der Coronaampel – der Lernzielkatalog für ein komplettes Schuljahr hat hingegen sechs Seiten, meine sehr geehrten Damen und Her­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Weiter ging das Ganze mit einer Maskenpflicht, mit Klassenteilungen, mit Zwangs­testun­gen, und als Gipfel der Perversion hat man jetzt auch noch den Ninja-Pass eingeführt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ja nichts anderes als ein Mittel, um unsere Kinder zu stigmatisieren und in diese neue Normalität dieser türkis-grünen Bundesregierung hineinzuzwängen. Aber was ist das Endergebnis von diesem Ninja-Pass? – Das Endergebnis ist, dass auf die Kinder mit dem Finger gezeigt wird, wenn sie am Sonntagnachmittag nicht mehr ins Freibad hineindürfen. Das ist das Endergebnis dieses Ninja-Passes. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich kann Ihnen nur sagen, diese Bundesregierung hat den Öster­reichern schon so viel genommen, aber Sie sind dafür verantwortlich. Sie haben unseren Kindern den Zugang zum Bildungssystem genommen mit Ihrem Heimunterricht, mit dem Lernen auf Distanz, mit den Eintrittstestungen, ohne die sie am Bildungssystem nicht mehr haben teilnehmen können. Sie sind verantwortlich dafür, dass wir hier auf dem besten Weg sind, eine Generation Corona zu schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

All diese völlig überzogenen Maßnahmen der vergangenen Monate sind auch dafür verantwortlich, dass es diese Generation in ihrem ganzen Leben nicht leichter haben wird. Es ist zu befürchten, dass sie Einkommenseinbußen über das gesamte Erwerbs­leben haben wird. Das ist eine Riesensauerei, Herr Bundesminister, verzeihen Sie mir diesen Ausdruck. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wäre so einfach gewesen, wenn Sie einmal auf die Vorschläge von uns Freiheit­lichen ge­hört hätten. Wir haben den Vorschlag eingebracht, Raumluftreiniger in den


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Klassenzimmern einzubauen, Trennwände in den Klassenzimmern einzubauen. Statt­dessen hat man 139 Millionen Euro für diese Zwangstestungen in den Schulen einge­setzt – 139 Millionen Euro! Meine sehr geehrten Damen und Herren, irgendwann wird sich auch jemand Gedanken darüber machen müssen, dass das Geld zurückbezahlt werden muss, das diese Bundesregierung mit beiden Händen im wahrsten Sinne des Wortes beim Fenster hinauswirft. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, das heurige Schuljahr ist so gut wie zu Ende, aber was unsere Österreicher jetzt brauchen, das ist Planungssicherheit: Planungssicherheit für den Herbst, Planungssicherheit für das neue Schuljahr. Unsere Schulen müssen planbar offen sein, unsere Schulen dürfen nicht mehr geschlossen werden. Das Bildungsniveau darf nicht weiter sinken, meine sehr geehrten Damen und Herren. Geschlossene Schulen bedeu­ten Bildungsverlust und geschlossene Schulen bedeuten in weiterer Folge auch Ein­kommensverlust.

Die Kinder haben in der Vergangenheit schon so viel mitgemacht. Der Druck auf unsere Kinder ist im vergangenen Jahr massiv gestiegen. Den einzigen Peak, den wir in diesem Land wirklich erreicht haben, war jener auf den Kinderpsychiatrien, und dafür ist schlicht und ergreifend nur diese Bundesregierung verantwortlich. (Beifall bei der FPÖ.) Die Schulen waren leer, die Kinderpsychiatrien voll. Das beschreibt mit wenigen Worten die Leistungsbilanz dieser Bundesregierung.

Abschließend kann ich Ihnen nur sagen: Finger weg von den Zwangsimpfungen unserer Kinder! Das geistert ja auch schon in den Köpfen dieser Bundesregierung herum. Da werden Sie auf den Widerstand der Bevölkerung stoßen, aber auch auf den Widerstand der Freiheitlichen Partei. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18


Präsident Mag. Christian Buchmann: Herr Bundesrat Leinfellner, ich ersuche, in der Wortwahl der Würde des Hauses gerecht zu werden.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile es ihm.


14.18.27

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident, ich stehe heute hier zum ersten Mal am Rednerpult und möchte die Gelegenheit auch nutzen, mich für deine aus meiner Sicht wirklich sehr souveräne Präsidentschaft zu bedanken.

Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es geht hier zum einen um ein Schulrechtspaket. Im Schulbereich kommt es immer wieder zu Adaptierungen und Anpassungen, was logisch ist, denn nichts wäre fataler, als im Status quo zu verharren. Es geht also um eine Weiterentwicklung und darum, das System an die Bedürfnisse der Gegenwart und der Zukunft anzupassen.

Das Legistikpaket beinhaltet unter anderem – es ist schon erwähnt worden – die Über­führung von Schulversuchen ins Regelschulwesen, und ich möchte an dieser Stelle die Innovationskraft und den Pioniergeist vieler Schulversuche hervorheben. Ohne dieses Engagement sähe es mit der Weiterentwicklung unseres Bildungssystems sicherlich schlechter aus. Weiters enthalten sind Änderungen im Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten und für die Kärntner Slowenen.

Ein wichtiger Punkt betrifft die Weiterentwicklung der abschließenden Prüfungen. Das finde ich äußerst sinnvoll, denn in der Coronakrise wurde ja eingeführt, bei schriftlichen Prüfungen im letzten Schuljahr die in der letzten Schulstufe erbrachten Leistungen mitzuberücksichtigen. Das hat sich sehr bewährt und das wird jetzt auch auf die münd­lichen Prüfungen ausgedehnt. Das ist sehr zu begrüßen.


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Ebenso wichtig ist die Übernahme des Aufbaulehrgangs für AbsolventInnen der Fach­schule für pädagogische Assistenzberufe in das Regelschulwesen, denn damit wird eine weiterführende Ausbildung zur diplomierten Elementarpädagogin möglich. Die Moderni­sierung von Lehrplanbestimmungen ist eine Aufgabe, die uns sicher noch länger be­schäftigen wird. Diese wird jetzt sozusagen auch auf die Reise geschickt. Die Lehrpläne werden auf Kompetenzorientierung umgestellt, im Gesetz werden jetzt die Weichen dafür gestellt.

Nicht zuletzt: Englisch in der Volksschule, in der dritten und vierten Klasse als Pflicht­gegenstand – das ist natürlich eine total wichtige Sache (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn), und es ist – entgegen den Behauptungen vonseiten der SPÖ – nicht selektiv wirksam. Es findet keine neue Selektion statt, weil - - (Bundesrätin Hahn: Es steht aber im Zeugnis drinnen! Das ist ja unrealistisch! Das ist an der Wahrheit, an der Realität vorbei!) – Ja, natürlich steht es im Zeugnis, aber diese Gegenstände werden bei den Aufstiegsregeln nicht berücksichtigt, das hat uns der Experte aus dem Ministerium am Dienstag im Ausschuss ganz klar so dargestellt.

Was im Vorfeld für Diskussionen sorgt, ist die angestrebte Verlängerung der Covid-Regelungen im Bereich der Schulen. Warum ist das wichtig? Ich glaube, Kollegin Ringer hat es erwähnt: Es geht vor allem um die Durchführung der Herbstmatura. Wenn es da zu längeren Verzögerungen kommt, wird es auch aufgrund von Fristen knapp werden. Das haben sich die Schüler eigentlich nicht verdient.

Kern der Kritik von Oppositionsseite ist, dass der Minister damit – so wird es zumindest dargestellt – einen Freibrief hätte und quasi nach Gutdünken die Schulen jederzeit zusperren könnte. So ist es natürlich nicht, denn zum einen haben wir Minister Faßmann als jemanden erlebt, der sich persönlich dafür eingesetzt hat, dass die Schulen offen bleiben, und der sich immer in diese Richtung bemüht hat. Zum anderen kann ein Minister gar nicht so eigenmächtig handeln. (Bundesrat Steiner: Wieso?) Der Verfas­sungsgerichtshof in Österreich ist ein Garant dafür, dass so etwas nicht durchgeht. Die Schließung der Schulen müsste natürlich sachlich sehr gut begründet sein. Es wird letztlich immer auf das Infektionsgeschehen und auf die Situation in den Spitälern ankommen.

Weil sich das Schuljahr dem Ende zuneigt, möchte ich mich bei dieser Gelegenheit bei allen Schulpartnern für ihr Engagement bedanken. Es war wirklich ein schwieriges Jahr, Kollegin Hahn hat das auch sehr ausführlich geschildert. Es hat sich auch gezeigt, dass mit Engagement und Zusammenhalt einiges möglich ist, und das ist etwas, das mich doch sehr positiv stimmt.

Zum Entschließungsantrag der SPÖ bezüglich Biolebensmittel möchte ich Folgendes erwähnen: Wir sind dabei, genau das umzusetzen. Gestern wurde im Ministerrat der Aktionsplan nachhaltige Beschaffung beschlossen, das war ein guter Tag. Dort wurde festgelegt, dass der Bioanteil in öffentlichen Einrichtungen des Bundes ab 2023 mindestens 25 Prozent, ab 2025 30 Prozent, ab 2030 50 Prozent betragen muss. Wir gehen diesen Weg Schritt für Schritt. Zusätzlich wurde festgelegt, dass es immer mindestens eine vegetarische oder vegane Hauptspeise geben muss, sowie erhöhte Tierwohlstandards und GVO-freie Fütterung für tierische Produkte. Auch das wurde in einem ansteigenden Stufenplan beschlossen.

Dieser Aktionsplan nachhaltige Beschaffung gilt grundsätzlich für den Bund und seine Einrichtungen. Die Länder haben sich übrigens in einem politischen – zwar nicht verbind­lichen, aber immerhin – Beschluss zur Umsetzung in ihren Bereichen bekannt, mittels Beschluss der Konferenz der Landesagrarreferenten.

Abschließend möchte ich noch etwas zu den Hochschulen sagen. Es kommt nun auch die 3G-Regel im tertiären Bereich, und damit ist eine gute Basis für Präsenzunterricht an


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den Unis, Fachhochschulen und Hochschulen gegeben. (Bundesrat Steiner: ... mit der 3G-Regel!) Bitte, liebe Universitäten, nutzt dies auch und geht wieder viel mehr in den Präsenzunterricht! Gerade für die Studierenden, die erst seit einigen Semestern studie­ren, ist das immens wichtig, denn nichts ist wichtiger als der persönliche Austausch mit KollegInnen und das Kennenlernen neuer Leute. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.25


Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächster Redner ist Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte schön.


14.25.12

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungsvorlage zu den Schulgesetzen, das ist TOP 15, ist leider wieder ein Sammelgesetz aus ver­schiedenen Dingen, teilweise Dauerrecht, teilweise Coronamaßnahmen. Sie enthält po­sitive Komponenten, einerseits, wie wir heute schon gehört haben, die Überführung von Schulversuchen ins Regelschulsystem. Das ist eine sehr sinnvolle Maßnahme, wir begrüßen das. Das bringt einen Innovationsschub für das bestehende Bildungssystem. Ein weiterer positiver Punkt ist die Änderung im Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten. Das ist eine gute Sache, auch das begrüßen wir ausdrücklich. Ambivalent, aber immer noch positiv, fällt die Abwägung bezüglich der Neuregelung der Abschlussprüfungen, der Matura, aus, obwohl wir uns da ein bisschen mehr Diskussion gewünscht hätten. Es hätte die Chance gegeben, das große Thema auch breiter zu diskutieren und aus verschiedenen Perspektiven anzugehen. Das ist nicht passiert und das finden wir schade.

Allerdings gibt es von uns insgesamt keine Zustimmung wegen eines Dealbreakers in diesem Gesetzespaket, das ist die pauschale Verlängerung der Coronaausnahmerege­lungen, die Verordnungsermächtigung für das gesamte nächste Schuljahr, also bis 4.9.2022. Wir haben schon von Kollegin Ringer, von Kollegen Lackner gehört, dass das einzig und allein dafür notwendig wäre, um Rahmenbedingungen für den Matura­neben­termin heuer im September zu schaffen. Das ist natürlich nicht so, man hätte spezifischer die Abschlussprüfungs- beziehungsweise Nebenterminregelungen in eine Verordnungs­ermächtigung oder ins Gesetz gießen können, aber es wäre nicht notwendig gewesen, alle Coronaausnahmeregelungen für das gesamte nächste Schuljahr zu verlängern.

Wir wissen natürlich nicht, wie sich die Covid-Situation weiter entwickelt, aber wir wissen, dass, wenn bis zum September 2022 Maßnahmen notwendig sein sollten, das Ganze hier im Parlament zu diskutieren und zu beschließen sein sollte. Wir wollen nicht jetzt schon einen Freifahrtschein für das ganze nächste Schuljahr geben, das heißt, nicht nur Distancelearning als Ultima Ratio, sondern bereits Regelungen für Schichtbetrieb, Rege­lungen für Tests und Regelungen für Masken.

Für uns NEOS war es immer das deklarierte Ziel, dass die Schulen offen bleiben sollen, und deswegen kann jetzt nicht der Fokus sein, die Ausnahmeregelungen für das ganze nächste Schuljahr jetzt schon zu verlängern, sondern jetzt sind die Maßnahmen zu setzen, damit es im nächsten Wintersemester und im ganzen Schuljahr einen gesicher­ten und einen guten Schulbetrieb geben kann. Die Kinder sollen in die Schule gehen, das ist die Zukunft, sie haben ein Recht auf die bestmögliche Bildung und nicht auf eine Verlängerung einer weiteren Verlängerung.

Wir wissen, dass die Schule nicht nur ein wichtiger Ort des Lernens ist, sondern auch ein wichtiger Ort des sozialen Miteinander. Nicht nur wir alle brauchen den Kontakt zu Freundinnen und Freunden, sondern auch die Kinder, die Jugendlichen, die jungen Erwachsenen. Das brauchen sie sogar umso mehr. In diesem Zusammenhang freut es


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mich, dass wir NEOS gemeinsam mit den Regierungsfraktionen den Antrag eingebracht haben, der zu TOP 16 verhandelt wird, der den Hochschulen die Möglichkeit gibt, ab Herbst die 3G-Regelung anzuwenden. Das ist gut und wichtig. Die Hochschulleitungen wissen daher jetzt schon und können sich jetzt schon darauf einstellen, was sie im Herbst alles machen können. Die Präsenzlehre kann dann wieder stattfinden und auch ein Studentenleben an den Hochschulen vor Ort wird dadurch wieder möglich.

Zurück zu TOP 15: Wenn unser Ziel ist, dass ein Schulbetrieb möglich ist, ohne Masken tragen zu müssen, ohne getestet zu werden, ohne Angst vor Schichtbetrieb oder Distancelearning zu haben, dann müssen jetzt die Maßnahmen dafür gesetzt werden.

Die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben in den vergangenen 15 Mo­naten vieles nicht machen können, vieles nicht erleben können. Deswegen muss Ihr Fokus, Herr Bundesminister, aber auch der von uns allen, speziell auf diesen Alters­gruppen liegen. Da müssen die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden. Die Kin­der, Eltern und Lehrkräfte wollen jetzt wissen, welche Maßnahmen Sie und auch Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung setzen, damit im Herbst das Schuljahr gut beginnen kann. Die Antwort, dass schlicht die Coronaausnahmeregelungen jetzt schon für das nächste Schuljahr verlängert werden – das kann es nicht sein! Eltern, Kinder und Lehrkräfte haben sich da mehr verdient. Es geht jetzt nicht darum, was im Herbst sein wird, sondern darum, was Sie jetzt schon tun können, damit es im Herbst gut weitergeht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.30


Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesminister.


14.30.57

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Haben Sie Dank für die Redebeiträge, die ich aufmerksam verfolgt habe. Im Wesentlichen geht es um das Schulrechtspaket mit drei Dingen, die, glaube ich, schon mehrmals wiederholt worden sind.

Überführung von Schulversuchen: Ich glaube, es ist eine sehr vernünftige Sache, dass es Schulversuche gibt. Es ist ein innovatives Element im Schulsystem, aber irgendwann muss man auch einmal zu Schulversuchen sagen: Überführen ins Regelschulwesen oder auch nicht.

Zweitens gibt es eine Modernisierung von Lehrplanbestimmungen. Die eigentliche kom­petenzorientierte Lehrplanerstellung wird dann im Herbst auch im Hohen Haus diskutiert werden.

Drittens gibt es die Verlängerung der Covid-19-Bestimmungen. Da ist für mich klarer­weise die Skepsis, die mir hier entgegenschlägt, nicht zu übersehen. Dafür habe ich Verständnis, aber ich glaube, einer meiner Vorredner hat gesagt, ich werde damit ganz sicherlich vertrauensvoll umgehen, und dessen können Sie sich gewiss sein. Ich handle hier nicht leichtfertig. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Herr Leinfellner, Sie haben eine engagierte Rede gehalten. Sie haben Probleme ange­sprochen, die mir klarerweise auch bewusst sind. Ich gehe ja mit offenen Augen durch die Zeit und durch die Gesellschaft. Ich möchte Sie vielleicht nur auf zwei Dinge, zwei Inkonsistenzen aufmerksam machen. Wenn Sie auf der einen Seite die Kosten der Testung kritisieren, muss ich Ihnen sagen: Ja, die Testungen kosten. Sie kosten Zeit, Mühe und Geld. Aber die Testungen – und das ist erwiesenermaßen so – haben uns ermöglicht, eine lange Präsenzphase in der Schule zu errichten, eine viel längere Prä­senzphase, als es die deutschen Bundesländer zusammengebracht haben, die auf eine Testung verzichtet haben. (Bundesrat Steiner: Man soll nie das schlechteste Beispiel


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nehmen! Schweden hat nicht so ...!) Wenn Sie also hier die hohen Kosten kritisieren und gleichzeitig aber auch sagen, Schulschließungen kosten viel – was ja auch richtig ist – über Bildungsverluste, da muss ich Ihnen sagen (Bundesrat Steiner: Vergleichen wir uns vielleicht mit Schweden und nicht Deutschland!): Die Kosten fürs Testen sind viel geringer, als die Bildungsverluste monetär übersetzt ausmachen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Müssen wir uns immer mit den Schlechtesten vergleichen?)

Mein zweiter Hinweis: Die Anschaffung von Luftreinigern ist eine Aufgabe der Schul­erhalter. Ich glaube, es gibt in Ihren Reihen ja auch FPÖ-Bürgermeister. (Bundesrat Ofner: Und wo sollen die das Geld hernehmen? – Bundesrat Steiner: Wo sollen die das Geld hernehmen?) Ich werde mir einmal erlauben, zu recherchieren, ob die FPÖ-Bürgermeister entsprechende Luftreiniger gekauft haben. Es bleibt verfassungsmäßig und kompetenzmäßig Aufgabe der Schulerhalter. (Bundesrat Ofner: Das geht sich nicht aus! – Bundesrat Steiner: Die einfachste Ausrede war das jetzt, oder? Eine Gemeinde ohne Geld ...!)

Ich möchte einen dritten Punkt aufgreifen. Frau Hahn, Digitalisierung der Schule, das Thema ist gestern vorgestellt worden – ja, in einer Pressekonferenz. Ich halte es für durchaus legitim, dass man die Öffentlichkeit auch informiert. Ich glaube, es ist in einer Demokratie selbstverständlich (Bundesrätin Hahn: Aber die Betroffenen brauchen auch ...!), dass Demos, das Volk informiert wird. Ich finde es auch sehr schön, dass sie Ihnen Mut gemacht haben. Ich hoffe, Sie haben den Mut als einigermaßen professionell empfunden. (Bundesrätin Hahn nickt.) Danke schön dafür.

Ich glaube, dass diese Art der Wissensvermittlung, letztlich zeit- und ortsungebunden, ein ganz wesentlicher Schritt in die richtige Richtung ist. Es ist eine Richtung, die wir wahrscheinlich an den Universitäten auch vermehrt einschlagen könnten, weil wir dort sehr viel an gleichsam standardisiertem Wissen weitergeben können.

Die Wartungsfrage, Frau Hahn, ist geklärt. Ich habe es gestern auch vorgestellt: Es gibt so etwas wie einen First-Level-Support mit IT-Kustodiaten, dann einen zweiten mit IT-Systemadministratoren, die in der Bildungsdirektion sind. Hier ist auch mit den Bundes­schulen die Kostenfrage geklärt und mit den meisten Ländern ist sie fast schon geklärt. Die letzten Bundesländer werden sich einen Stesser geben und bei der Mit­finanzierung helfen.

Die Informationen, Frau Hahn, kommen Schritt für Schritt. Es würde wahrscheinlich wenig Sinn machen, wenn wir jetzt alle Informationen knapp vor den Sommerferien übermitteln. Die landen dann wahrscheinlich woanders und nicht dort, wo sie gebraucht werden. (Bundesrätin Hahn: Es warten alle händeringend!) Sie kommen aber Schritt für Schritt. Frau Hahn, wenn Sie jetzt schon dringende Fragen haben, der OeAD hat eine Hotline eingerichtet. Sie können sofort anrufen. Er hat auch einen One-Stop-Shop ein­gerichtet, bei dem man alle weiteren Informationen erhält. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bun­desrat Beer: Eine Holschuld!) Der OeAD ist die österreichische Agentur für Bildung und Inter­nationalisierung – nur zur Information.

Ich darf vielleicht abschließend noch meinen letzten Punkt sagen. Wohin gehen die Per­spektiven? Die Perspektiven gehen bei mir – und da hätten Sie mich eigentlich kennen sollen – klarerweise in Richtung Schule, die in Präsenzunterricht funktioniert, die so viel Normalität wie möglich ausstrahlt. Wenn die Entwicklung weiter so ist, wie sie jetzt ist, dann bin ich sehr, sehr optimistisch, dass das auch so geschehen kann. Die Dinge wie die Deltamutation muss man sicherlich zur Kenntnis nehmen und beobachten, aber ich möchte Ihnen mitteilen, wohin meine Perspektive geht und das ist relativ klar.

Was ich im Juli machen werde, ist eine Reihe von Gesprächsrunden mit den Bildungs­sprechern der politischen Parteien, mit den Gewerkschaften, mit den Elternvertretern,


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mit den Schülervertretern. Ich bitte, mir das zuzugestehen, dass ich gerne auch hier einen breiteren Konsens pflege und im August, wenn man dann sozusagen auch weiß, wie sich der September gestalten wird, den endgültigen Plan bekanntgebe.

So weit meine Interventionen – ich bitte auch hier um Zustimmung zum entsprechenden Antrag. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.37


Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke, Herr Bundesminister Dr. Heinz Faßmann.

Willkommen im österreichischen Bundesrat, Herr Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. – Bitte.


14.37.38

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Herren Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Letzte zu diesem Tagesordnungspunkt und sogar nach Ihnen, Herr Minister, möchte ich vielleicht zusammenfassen: Ich habe den Eindruck gewonnen, dass über alle Fraktionen hinweg heute der Appell an Sie gerichtet wird, diesen Sommer bestmöglich zu nutzen, damit ein sicherer Bildungsbetrieb – nämlich für alle Bildungs­einrichtungen in Österreich – im Herbst gewährleistet wird. Im letzten Sommer haben wir auch vermutet oder gehofft, dass im Herbst ein sicherer Betrieb stattfinden kann, was dann aber nicht der Fall war, und wir hatten das Gefühl – und es hat sich ja dann auch gezeigt –, dass diesbezüglich nicht alle Vorkehrungen getroffen wurden. Darum kommt heute dieser dringende Appell, in diesem Sommer auch vorausschauend zu arbeiten, damit, falls wieder Mutationen kommen, trotzdem ein sicherer Bildungsbetrieb gewährleistet werden kann. Da orte ich eine große Einigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Was uns abgeht und warum wir auch dieser Initiative jetzt nicht unsere Zustimmung geben können, ist Folgendes: Wir hätten uns erwartet, dass jetzt in verschiedenen Sze­narien gedacht und geplant wird und wir transparente Informationen bekommen, bei welcher Situation im Herbst welche Maßnahmen, welche Pläne in Kraft treten. Diese transparenten Informationen liegen uns nicht vor. Wir sollen aber eine Ermächtigung geben, und das ist uns zu wenig. Darum werden wir unsere Zustimmung nicht geben. Diese Planungssicherheit, zu wissen, was im Herbst in welcher Situation in Kraft tritt, wäre das, was jetzt sowohl die SchülerInnen als auch die PädagogInnen und Mitar­bei­terInnen in diesem Bereich, aber auch die Eltern und Familien so dringend bräuchten. Das ist eben das, was wir bemängeln und was wir vermissen.

Apropos Planungssicherheit: Es ist in diesem Gesetz – Vorredner haben es schon erwähnt – auch die Überführung eines Schulversuchs ins Regelschulwesen enthalten, bei der es um Qualifizierung von MitarbeiterInnen in der Elementarbildung geht. Sie wissen, die Elementarbildung ist mir ein Herzensanliegen. Angesichts des eklatanten Personalmangels in diesem Bereich und auch angesichts der Situation der KollegInnen, die im Feld stehen, die nämlich jetzt 16 Monate permanent im Einsatz und permanent an der Leistungsgrenze und auch oft diesem Virus schutzlos ausgeliefert waren, können wir Initiativen, die es in diesem Bereich gibt, sehr befürworten, denn wir brauchen alle Menschen, die sich qualifizieren, die sich auch weiterentwickeln und in diesem Bereich arbeiten wollen.

Es ist allerdings ein Puzzleteil, und was in diesem Bereich vermisst wird, sind die großen, langfristig nachhaltigen Lösungen. Dieser – ich muss es so sagen – Fleckerlteppich, der in der Elementarbildung existiert, ist sehr unbefriedigend. Wir kommen auch in diesem


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Elementarbildungsbeirat nicht recht weiter (Beifall bei der SPÖ), weil die Länder unterschiedliche Dinge zugeben, Unterschiedliches wollen, weil die SozialpartnerInnen nicht eingebunden sind. In diesem Bereich – ich weiß nicht genau, wie sehr Sie in diese Elementarbildungsszene involviert sind – brodelt es und der Frust und der Unmut unter den KollegInnen ist groß. Dieser Wunsch nach nachhaltigen dauerhaften Gesamt­lösun­gen wäre etwas, das dringend an der Zeit wäre, erfüllt zu werden, damit es auch wieder Sicherheit und Orientierung für die Menschen in diesem Bereich gibt.

Wir als Sozialdemokratie sind davon überzeugt, dass es für dieses Modell des Kinder­gartens, der Elementarbildung, wo dieses Lernen ohne Druck passiert und wo Kinder grundlegende Kompetenzen erwerben, wo sie die bestmöglichen Entwicklungschancen bekommen könnten, mehr Mittel braucht. Dafür braucht es gut qualifiziertes Personal und hoch motiviertes Personal. Zum Thema Personal in Kindergarten und Schule: Gerade nach diesen 16 Monaten Pandemie ist jeder einzelne erwachsene Kopf, der in diesen Einrichtungen tätig ist, äußerst notwendig, um den Kindern das anbieten zu können, was sie brauchen. Hier bräuchte es flächendeckend, österreichweit Aufstockun­gen des Personals im Kindergarten- und im Schulbereich, nämlich eine Aufstockung, die tatsächlich in den Gruppen und in den Klassen ankommt, damit dort aufgefangen werden kann, was in diesen 16 Monaten sozusagen pandemiebedingt passiert ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Kindergarten und die Schule sind natürlich auch ein Ort – können im Idealfall ein Ort sein –, an dem auch die physische und psychische Gesundheit der Kinder, der jungen Menschen gefördert wird. Dazu gehört auch eine gesunde Ernährung und auch eine kostenlose Ernährung. Finnland macht uns das seit vielen Jahren vor. Dort bekommt jedes Kind, das in einer Bildungseinrichtung ist, einmal am Tag ein kostenloses ge­sundes Essen. Wir wissen alle, dass es sich mit einem guten Essen im Bauch leichter lernt und leichter studiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher bringe ich einen Entschließungsantrag ein, zu dem ich auch von Kollegen Lackner schon so etwas wie Zustimmung gehört habe (Bundesrat Schennach: Öh! – Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ):

Entschließungsantrag

der Bundesrätinnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesunde und biologisch hergestellte Lebensmittel an Schulen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert,

- sich verstärkt für eine Versorgung mit gesunden, biologisch hergestellten Lebens­mitteln aus der Region an allen österreichischen Schulen und Kinderbetreuungsein­richtungen einzusetzen,

- dem Nationalrat und dem Bundesrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die für alle Schulen, die dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und For­schung und dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus unter­stehen, konkrete Ziele zur signifikanten Erhöhung des Anteils an biologisch hergestellten Lebensmitteln bei Mittagessen und Schulbuffet vorsieht,

- für eine dieser Zielsetzung entsprechende finanzielle und organisatorische Unterstüt­zung aller Schulen zu sorgen, die dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und


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Forschung und dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus unterstehen.“

*****

Schön, wenn sich das mit einem Regierungsvorhaben deckt. Insofern steht einer breiten Zustimmung nichts im Wege.

Ein Thema möchte ich aber auch noch ansprechen, von dem ich mir vorgenommen habe, es Ihnen mitzugeben, nämlich das Thema der Inklusion. Ich möchte mit einem Missverständnis aufräumen: Das, was Kollegin Ringer für ihr Kind fordert und für Kinder, die einen besonderen Bedarf haben, die eine besondere Förderung brauchen, wün­schen wir uns überall dort, wo diese Kinder in Schulen und Kindergärten sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.) Wir wollen die besten Ressourcen, diese individuellen Ressourcen für jedes Kind in dem Verband, in dem es ist, und regional dort, wo es ist, damit es nicht irgendwo gesondert hingebracht werden muss. Wir haben das einmal überspitzt Sonderschule für alle genannt, weil die Rahmenbedin­gungen in der Sonderschule ermöglichen, dass jedes Kind individuell bestens gefördert wird.

Nun aber zu einem konkreten Punkt: Mich hat letzte Woche eine Familie mit einem Kind, das behindert ist, kontaktiert. Sie haben sich bei mir beklagt, dass das Kind die Sommer­schule nicht besuchen darf. (Bundesminister Faßmann: Ist erlaubt!) Da würde ich Sie bitten, ein gutes Auge darauf zu haben. Ich habe dann ein bisschen nachgefragt und auch die Behindertenverbände haben mir gesagt, dass es sich tendenziell im Bildungs­bereich einschleicht, dass Kinder mit Behinderung immer wieder im Unterricht im normalen Schulablauf freigestellt werden, auch im Kindergarten, weil es vielleicht kompli­ziert ist oder so. Ihnen wird erlassen, irgendwo mitzumachen, bei Exkursionen mitzu­gehen, und bei mir als gelernter Sonder- und Heilpädagogin läuten da die Alarmglocken. Ich bitte Sie eindringlich, da ein Auge darauf zu haben, dass wirklich diese Inklusion gelebt wird, damit die Kinder in diesen Bildungseinrichtungen wie alle Kinder gut aufgehoben sind und bei allen Dingen mitmachen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47

14.47.40


Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Mag. Daniela Gruber-Pruner, Genossinnen und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „gesunde und biologisch hergestellte Lebensmittel an Schulen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte ge­schlos­sen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Die Plätze sind eingenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und weitere Ge­setze geändert werden.

Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, um


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ein Handzeichen. – Danke. – Gegenprobe. – Das ist Stimmengleichstand. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kolle­gen - - (Bundesrat Steiner: Das geht sich nicht aus, ist aber wurst!) Bitte? (Bundesrat Steiner – in Richtung ÖVP weisend –: Da fehlen ein paar, aber ist wurscht! Aber es ist verkündet!) – Herr Fraktionsvorsitzender Steiner, es wäre nicht erforderlich, ich mache es trotzdem: Es ist 30 zu 30 ausgegangen, das ist Gleichstand nach Adam Riese, und damit ist der Antrag abgelehnt. (Bundesrat Steiner: Es ist nicht Gleichstand!)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kolle­gen auf Fassung einer Entschließung betreffend „gesunde und biologisch hergestellte Lebensmittel an Schulen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Auch das ist Stimmengleichstand. Der Antrag ist damit abgelehnt. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Da fehlt ja jemand bei der ÖVP! – Bundesrat Ofner: Aber das geht sich nicht aus! – Ruf bei der FPÖ: Der Vorsitzende!) – Der Vorsitzende hat sein Stimmrecht ausgeübt, und damit steht es 30 zu 30, Frau Kollegin, nur zur Klarheit. (Bundesrat Schennach: Schriftführer!) – Der Schriftführer sowieso, der ist ja in der ersten Abstimmung automatisch mitgezählt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

14.51.0217. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Alkoholsteuergesetz geändert werden (1669/A und 935 d.B. sowie 10681/BR d.B.)


Präsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Ich ersuche um die Berichterstattung.


14.51.28

Berichterstatterin Elisabeth Mattersberger: Herr Präsident! Die Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Alkoholsteuer­gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

14.52.19


Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattung.

Bis dato liegen keine Wortmeldungen vor. Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir gelangen zur Abstimmung. Ich ersuche wieder, die Plätze einzunehmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenommen.

 

14.52.4918. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz und das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert werden (1665/A und 882 d.B. sowie 10646/BR d.B. und 10661/BR d.B.)


Präsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tages­ord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um den Bericht.


14.53.08

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz und das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stel­lung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke für die Berichterstattung.

Die Berichterstatterin hat sich auch gleich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses. – Bitte.


14.53.48

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen und natürlich sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Das Pflegefondsgesetz hat zum Ziel, beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und KonsumentInnenschutz einen Verwaltungsfonds, den sogenannten Pflegefonds, einzurichten, der durch die Gewährung von Zweckzuschüssen die Länder und Gemeinden im Bereich der Lang­zeitpflege unterstützt. In § 2b sind Bestimmungen für den Fall einer Pandemie formuliert, die nunmehr angepasst werden sollen.

In Zukunft soll es möglich sein, außerordentliche Zuwendungen an Betreuungs-, Pflege- und Reinigungspersonal zu leisten. Diese Zuwendungen sollen zudem von allen bun­desgesetzlichen Abgaben befreit sein. Der Zuschuss des Bundes ist auf eine betragliche Höhe von durchschnittlich 500 Euro pro Bezieherin beziehungsweise pro Bezieher be­grenzt.

Die Änderungen des COVID-19-Zweckzuschussgesetzes beziehen sich zunächst darauf, die Anzahl der von öffentlichen Apotheken abgegebenen Sars-Cov-2-Antigentests zur Eigenanwendung von fünf auf zehn pro Packung und Monat ab 1. Juni 2021 zu erhöhen.

In einem neu eingeführten § 1f werden auch im COVID-19-Zweckzuschussgesetz Son­derbestimmungen für außerordentliche Zuwendungen festgehalten. Aus den Mitteln des


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Covid-19-Krisenbewältigungsfonds wird vom Bund ein Zweckzuschuss an die Länder und an die Gemeinden geleistet. Dieser ist für die Zahlung außerordentlicher Zuwendun­gen und für den Ersatz für die Zahlung außerordentlicher Zuwendungen an Personen bestimmt, die bei den Krankenanstalten oder bei vorübergehend eingerichteten medizi­nischen Versorgungseinrichtungen für die an Covid-19 Erkrankten und Krankheits­ver­dächtige oder bei Einrichtungen, die vorwiegend der stationären Rehabilitation dienen, beschäftigt sind oder waren. Diese außerordentliche Zuwendung ist auch für Personen vorgesehen, die für im persönlichen Kontakt verrichtete medizinische oder nicht medizi­nische Betreuung von PatientInnen oder für im unmittelbaren Umfeld von betreuten Patienten verrichtete Reinigungsdienste zuständig waren. – Das sei zu den Veränderun­gen, die wir heute beschließen wollen, gesagt.

Ich persönlich finde es sehr wichtig, dass wir nach dem kollektiven Klatschen und vielen verbalen Danksagungen jetzt auch eine Anerkennung der Leistungen des Pflege- und Betreuungspersonals sowie des medizinischen Personals und der Reinigungskräfte in finanzieller Form vornehmen. (Bundesrat Schennach: Dafür seid ihr ja in der Regie­rung!) Dieser Beitrag des Bundes ist dabei auf 500 Euro begrenzt, aber die Betreiber von Einrichtungen und Krankenanstalten haben die Möglichkeit, diesen Pflegebonus nach eigenem Ermessen zu gestalten. Wenn also beispielsweise eine Krankenanstalt beschließt, den eigenen MitarbeiterInnen für die Tätigkeit in den vergangenen Monaten einen Bonus von 1 000 Euro pro Person auszuzahlen, so ist das natürlich möglich.

Jetzt noch kurz zu den wichtigen Leistungen der Pflege, da wir ja alle sehr schnell zum Vergessen neigen und viele Dinge für selbstverständlich halten: Im März 2020 waren Pflegekräfte Schlüsselarbeitskräfte. Während sich ein Großteil der Menschen im Home­office wiederfand, fuhren Pflegepersonen täglich weiter zur Arbeit. Sie versuchten, die BewohnerInnen von Alten- und Pflegeheimen vor einem Virus zu schützen, von dem im letzten Jahr noch sehr wenig bekannt war. Gleichzeitig haben sich diese Pflegekräfte um Kontakte zu Angehörigen oder auch um Friseurtermine bemüht, und sie mussten einfach extrem viel kompensieren. Das nur als kleines Beispiel, und da habe ich noch gar nicht von den Leistungen des Pflegepersonals gesprochen, die auf den Intensivstationen um das Leben der schwer an Covid-19 erkrankten Menschen gekämpft haben.

Die Arbeit des Pflegepersonals war im Jahr 2020 im Fokus der Öffentlichkeit wie eigent­lich schon lange nicht mehr oder sogar noch nie zuvor. Das, glaube ich, ist auch wichtig, das sollten wir vor dem Hintergrund der anstehenden Pflegereform auf keinen Fall ver­gessen.

Das Jahr 2020 und natürlich auch Teile von 2021 sind sicherlich eine Ausnahmesituation gewesen, doch die ganz großen Themen wie fehlendes Personal und adäquate Be­zahlung bestehen auch zu normalen Zeiten, und sie spitzen sich weiter zu. Insofern freue ich mich heute, dass wir diese Form der finanziellen Abgeltung beschließen können und dass das Ganze breite Zustimmung findet. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

14.58


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Bitte.


14.59.04

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Wer­ter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher vor den Bild­schirmen! Bei Erreichung des Ziels haben die meisten vergessen, wer am Start die richtigen Vorgaben und Maßnahmen gesetzt hat. (Bundesrat Steiner: Das vergessen wir euch nie! Niemals!) Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher hat es nicht


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vergessen! Sie wissen, dass die Bundesregierung die Coronapandemie rechtzeitig erkannt und verantwortungsvoll (Bundesrat Steiner: Niemals werden wir euch das vergessen!) mit Mut, mit Zuversicht, mit Weitblick, mit Einbindung von Expertinnen und Experten (Bundesrat Steiner: Bitte keine Sektenrede! – Bundesrat Schennach: Bitte nicht ...!) und unbeschreiblichem persönlichen Einsatz vorbildlich reagiert und vor allem auch gesteuert hat. (Bundesrat Spanring: Herr Kollege, wollen Sie ... verhöhnen?)

Kein Gelingen ist selbstverständlich. (Ruf bei der SPÖ: Peinlich!) Daher ist Dankbarkeit – für viele ein Begriff, den sie nicht kennen – die einzig passende Antwort dafür. (Rufe bei der FPÖ: Danke! Danke!) Dankbar können wir als Gesetzgeber sein, dass der über­wiegende Teil der Bevölkerung den Maßnahmen, den gesetzlichen Vorgaben nachge­kommen und gefolgt ist. Das ist doch ein toller Erfolg, den wir letztlich auch hier angelegt und auch erreicht haben. Aber das geht dann alles sehr rasch in die Vergesslichkeit über.

Die Dankbarkeit und das Gefühl des Miteinanders, des Zueinanderstehens – auch Be­griffe, die manche aus ihrem Fundus gestrichen haben – helfen, wo eben Hilfe nötig war, und das konnte man ganz spontan in vielen Ortschaften, in Städten, in vielen ver­schiedenen Bereichen auch miterleben, ob das jetzt musikalische Darbietungen waren, ob Tanzformationen, die von einem FPÖ-Abgeordneten als sinnlose Hopserei abgetan wurden, was auch immer. Das waren großartige Zeichen der Dankbarkeit. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Und jetzt kommt es: Mit Respekt und Wertschätzung dankt die Bundesregierung in einer großzügigen Form mit einem Pflegebonus, und zwar im Ausmaß von 100 Millionen Euro, für rund 200 000 Menschen, die im Pflegebereich tätig sind: Personen, die stundenlang in derselben Schutzkleidung, mehrere Kleidungsschichten übereinander, mit Vollmontur, Maske, Schild, ohne Möglichkeit einer Pause, ohne Möglichkeit, die Maske abzu­neh­men, direkt am Patienten, am Krankenbett ihre Arbeit verrichten und weiterhin verrichten werden. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Aber nicht nur – und auch das wurde von meiner Vorrednerin angeführt – medizinisches Personal, sondern zum Beispiel auch Reinigungskräfte partizipieren und profitieren davon. (Bundesrätin Schumann: Ja, weil wir sie hineinreklamiert haben! – Bundesrat Schennach: Nur seid ihr nicht von selber draufgekommen!)

So, jetzt kommt es (weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Schumann) – das Stichwort von Ihnen ist ein Volltreffer –: Eine sozialpolitische Entgleisung lieferte der Gesundheits­sprecher der Sozialdemokratischen Partei am 17. Juni. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er nannte den Antrag, für die oben angeführten Personen, also für diesen Personenkreis, diese Gruppe, einen Coronabonus zu gewähren, einen „Wischiwaschiantrag“ der Bun­des­regierung. – Ja bitte, gehtʼs noch?! (Bundesrat Schennach: Zu kleiner Personen­kreis!) Wie kann man einen attraktiven, steuerfreien Betrag von 500 Euro für 200 000 Men­schen – das sind doppelt so viele Personen, wie dieser Kollege aus seiner Heimatstadt Klagenfurt kennt – so bezeichnen? Der hat derart abgehoben (Bundesrat Schennach: Zu kleiner Personenkreis! Wo sind die Sanitäter und Sanitäterinnen?) und diese Heldinnen und Helden in dieser Pandemie vor den Kopf gestoßen. Es ist unglaublich, was hier vonseiten der Sozialdemokratie angerichtet wurde! (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Gesundheitssprecher – ich nenne den Namen nicht, weil er nicht so wichtig ist, aber Sie kennen ihn - - (Bundesrat Schennach: Der ist wichtiger als Sie!) – Das ist immer eine Frage der Wertschätzung und der Person. Sie sind mir zum Beispiel wichtig.

Wie er sich mit den Themen rund um diese Pandemie und vor allem dem Coronabonus auseinandergesetzt hat, zeigt ein Sidestep in seiner vielleicht vorgegebenen, vorge­schriebenen Rede. Dass er auf einmal in Steyr war, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von MAN, ist ja sehr positiv. Allerdings hat er gleich einen Seitenhieb an


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den Bundeskanzler – no na – gerichtet und gesagt, der schert sich dort um nichts. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mittlerweile weiß natürlich auch dieser Abgeordnete und wissen alle anderen auch, vor allem die in Steyr, dass durch den Kauf des Steirers Siegfried Wolf dieses Werk weiterhin in Steyr sein wird – durch den Einsatz unseres Bundeskanzlers und auch des Landeshauptmannes Stelzer. (Beifall des Bundesrates Seeber. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt komme ich wieder zurück zum Thema – der Kollege hat sich damit viel länger auseinandergesetzt –: Ich halte eine weitere Ausweitung von Personengruppen weder budgetär für machbar noch für sinnvoll. (Bundesrat Schennach: Das hat gar nichts damit zu tun!) – Das war jetzt mein Beitrag, um zu zeigen, wie sich dieser Gesund­heitssprecher mit der Gesundheit beschäftigt.

In weiterer Folge ist eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip nicht nur unpro­fessionell, sondern auch ungerecht. Diese 500 Euro sind der Kostenbeitrag des Bundes, also von uns allen. Das heißt, die Träger der Krankenanstalten sowie die Länder, Städte, Gemeinden, sie alle sind eingeladen – das ist natürlich eine budgetäre Frage –, weitere Zuwendungen zu schaffen und ebenfalls Dank und Anerkennung auszusprechen. Der Coronabonus darf nicht verwechselt werden mit dem, was von meiner Vorrednerin auch angesprochen wurde: mit dem Modul der Pflegereform. Daran wird auch gearbeitet, und das muss auch rasch reformiert werden.

Abschließend: Wo bleiben der Respekt und die Anerkennung gegenüber den 100 000 ehrenamtlich tätigen Männern und Frauen, die ihren Angehörigen vor und nach der Coronaerkrankung zur Seite standen und stehen? Darüber wurde wenig gesagt. Da geht es also meistens nur um das Monetäre.

Respekt und Wertschätzung von meiner Seite und auch vonseiten der ÖVP-Fraktion gelten allen, die sich wirklich bis an die Grenzen ihrer Kräfte engagiert haben und das auch weiterhin tun werden. – Danke für Ihre großartige Aufmerksamkeit und ein steirisches Glückauf! (Beifall bei der ÖVP.)

15.06


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Frak­tionsvorsitzende Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Bundesrätin.


15.06.14

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zu­seher! Bevor ich mit meiner Rede anfange, möchte ich dem scheidenden Präsidenten Buchmann für seine verbindende Präsidentschaft und Präsidentschaftsführung wirklich herzlich Danke sagen. Wir hoffen, dass der kommende Präsident diese Gepflogenheit auch so weiterführt und mehr die Verbindung als das Trennende sucht, und ich darf mich auch ganz herzlich bei Vizepräsidentin Doris Hahn für ihre ausgezeichnete Arbeit bedanken. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Jetzt zum Thema: Österreich hätte kein weiteres Beispiel dafür gebraucht, wie eine großartig aufgemachte Ankündigung der Regierung leider wieder danebengeht, nein, wirklich nicht, aber die Regierung hat wieder einen Bauchfleck gelandet, und das wieder auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Coronabonus für die Gesund­heits- und Pflegeberufe, den wir heute diskutieren, wurde zum Lehrbeispiel, wie man es bitte nicht machen soll – aber der Reihe nach.

Viele der Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeberufen haben für uns wirklich ihr Leben auf das Spiel gesetzt, haben unter schwersten Bedingungen gearbeitet und sind am Limit. Es wurde geklatscht, Danke gesagt, wie wir auch hier in vielen Reden der Bundes- - (Bundesrat Schennach: Wie der Herr Schwindsackl!) – Genau, wie Bundesrat


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Schwindsackl gerade: Danke, danke!, in vielen Reden der BundesrätInnen der ÖVP und der Grünen. Wir SozialdemokratInnen haben aber, genauso wie die Gewerkschafterin­nen und Gewerkschafter, bereits im ersten Lockdown gesagt: Klatschen und danken allein wird nicht reichen. Die Forderung nach einem Coronatausender für alle, die in der schweren Pandemiezeit das Land am Laufen gehalten haben, war und ist immer noch wichtig und richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber die Regierung hat diese Forderung ganz lange Zeit ignoriert. Die Beschäftigten in den systemerhaltenden Berufen sind, ich sage es Ihnen ehrlich, wütend. Zuerst wurde geklatscht und gedankt, aber bald war das vorbei, und man hat vergessen. Im letzten Lockdown wurde nicht einmal mehr geklatscht – bis es für den Kanzler aufgrund der Vorkommnisse um den Untersuchungsausschuss eng wurde. Die peinlichen Chats, die unglaublichen Familiensysteme der türkisen ÖVP wurden in bestürzender Weise offen­bart, und jetzt haben wir eine Ankündigung gebraucht, wieder etwas Positives. Was nehmen wir denn? – Der Coronabonus für Gesundheits- und Pflegeberufe in der Höhe von 500 Euro wurde angekündigt. – Gut, haben wir uns gedacht, wunderbar, na bitte, ein erster Schritt, den kann man begrüßen!

Aber nein, als sich der Nebel um das Ankündigungsgeschwurbel wieder gelichtet hat, war bereits klar: Der Teufel liegt im Detail. Nicht alle angesprochenen Berufsgruppen sollten die Prämie erhalten. Die Reinigungskräfte, von denen Bundesrat Schwindsackl gesprochen hat, waren in der Erstfassung des Textes nämlich gar nicht drinnen. Auf die hat man vergessen. Gerade diese Gruppe, die schlecht bezahlt wird, die schwere Ar­beitsbedingungen hat und von denen 87 Prozent Frauen sind, braucht diesen Bonus, denn die leisten Unglaubliches. Man sieht sie nicht, aber wir brauchen sie für die Sauber­keit und für die Hygiene, sie sind unverzichtbar, und sie verdienen diesen Bonus auf jeden Fall! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Kannst du das für den Herrn Schwindsackl wiederholen, damit er es nicht ganz ...?) – Na, jetzt habe ich es eh gesagt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den privaten Spitälern waren auch nicht dabei, und vor allen Dingen waren die Sanitäterinnen und Sanitäter nicht dabei.

Die Beschäftigtengruppen haben sich geärgert, und zwar auch jene, die den Bonus er­halten, weil es einfach ungerecht ist, Berufsgruppen auseinanderzudividieren – das geht nicht! Die beeindruckende Demonstration der Gewerkschaften GPA, Younion und Vida am letzten Donnerstag, die durch die Sozialdemokratie unterstützt wird, zeigt eindeutig, wie groß die Solidarität aller Beschäftigten in diesen Bereichen ist, sie ist ein Zeichen dafür, dass das ausgezeichnete Gesundheitssystem in Österreich nur funktioniert, wenn alle Teile ineinandergreifen. Jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin ist wichtig, Gesund­heits­personal genauso wie Sicherheitspersonal und Reinigung, Pflegerinnen, Pfleger und Verwaltung. Und was macht die Regierung? – Sie wählt aus (auf unterschiedliche Personen im Saal deutend): Du bekommst die Prämie, du bekommst sie, du bekommst sie nicht, du bekommst sie auch nicht! (Bundesrat Schwindsackl: 200 000!) Und dann wurden nach dem deutlichen Protest der Sozialdemokratie in letzter Minute doch noch einige Beschäftigungsgruppen aufgenommen: das Reinigungspersonal und das Per­sonal in den Reha-Einrichtungen. Daher stimmen wir heute dem Gesetz auch zu, aber es ist zu wenig.

Wieder wurden wichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergessen. Die Sanitäte­rinnen und Sanitäter, die in Schutzausrüstung ganz direkten Patientinnen- und Patien­tenkontakt gehabt haben, die hat man vergessen. Für mich ist das völlig unverständlich, insbesondere auch, da ÖVP-Klubobmann Wöginger Betriebsrat des Roten Kreuzes in Oberösterreich war, und er lässt jetzt die Sanitäterinnen und Sanitäter im Stich, die kriegen keinen Bonus. Bitte, das könnte mir doch jemand erklären, ich kann es nicht verstehen!


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Die Beschäftigten im Behindertenbereich erhalten den Bonus auch nicht. Da weiß man, wie die türkise ÖVP denkt: „Koste es, was es wolle“ gilt für die Wirtschaftsförderung, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht. Da wird man dann kleinlich und knausrig. 9 Millionen Euro PR-Ausgaben hat der Kanzler in diesem ersten Quartal gehabt, eine unglaubliche Summe. Wenn man die auf ein ganzes Jahr aufrechnet, sind wir bei 36 Mil­lionen. (Bundesrat Schennach: Er hat es notwendig!) Diese PR-Ausgaben zählen zu den größten Werbevolumina dieses Landes, aber das ist nicht Geld einer Firma, sondern das ist Steuergeld, und das ist etwas ganz anderes.

Millionen für Werbung, aber bei den Heldinnen und Helden der Krise geizen, das ist nicht fair! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schwindsackl: 100 Millionen?!) Millionen! Daher stellen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus für alle Krisen-Held*innen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Finanzminister werden aufgefordert, bei der Zuteilung des ‚Corona-Bonus‘ alle Beschäftigten, die unser Gesundheitswesen am Laufen halten, zu berücksichtigen und darüber hinaus auch den Arbeitnehmer*innen in den Bereichen der Daseinsvorsorge und anderen unverzichtbaren Branchen, wie zum Beispiel im Lebens­mittelhandel, eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.“

*****

Ich kann Ihnen versprechen: Wir bleiben dran, denn da geht es um Fairness, auch für all jene Beschäftigten, die leer ausgehen und die sich diesem großen Ansteckungsrisiko ausgesetzt haben.

Ich darf an die ElementarpädagogInnen erinnern, die keine Maske tragen konnten und Dienst gemacht haben, ich darf an die Beschäftigten in der Produktion und im Handel erinnern, und ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass der Anteil der Frauen in all den systemerhaltenden Bereichen sehr, sehr hoch ist, wir gehen von 70 Prozent aus; von Frauen, die Großartiges geleistet haben. Aber die extrem schweren Belastungen für Frauen und die Verschlechterungen ihrer Arbeitsmarktsituation sind dieser Regierung seit Beginn der Krise völlig gleichgültig, und auch das ist nicht fair. (Ruf bei der ÖVP: Unrichtig!)

Auseinanderdividieren von Gruppen, Ausgrenzen und Verschweigen von Problemen sind nicht der Weg, um gut aus dieser Krise zu kommen, aus einer Krise, aus der wir alle herauswollen und wo wir uns irre freuen, wenn die Ansteckungszahlen und die Arbeits­losenzahlen sinken, aber die Krise ist noch nicht vorbei, und ihre Auswirkungen werden uns noch lange, lange begleiten.

Nur wenn alle faire Chancen erhalten und niemand zurückgelassen wird, kann man die Pandemie und alle ihre Herausforderungen, die ja noch parallel zu dieser Pandemie da sind, meistern (Beifall bei der SPÖ), und daran, wie sie das meistert, ist diese Regierung zu messen, und das werden wir auf jeden Fall tun. – Glückauf! (Beifall bei der SPÖ.)

15.15


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Corona-


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Bonus für alle Krisen-Held*innen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.15.22

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Zuerst einmal muss ich meiner Sorge Ausdruck verleihen, ich habe jetzt bei der Rede von Herrn Kollegen Schwindsackl von der ÖVP wirklich Sorge bekommen und habe dann gegoogelt, ob es irgendwo einen Sektenbeauftragten gibt. Ich habe ja nicht gewusst, Herr Schwindsackl, dass man im gesetzten Alter noch in eine Sekte hineinrutschen kann. (Zwischenruf des Bundesrates Schwindsackl.) Also ich habe mir da jetzt Sorgen gemacht, habe das gegoogelt und muss sagen: Es gibt die Bundesstelle für Sektenfragen, und die würde ich Ihnen sehr ans Herz legen, bevor Sie da noch weiter reinrutschen und dann überhaupt nicht mehr herauskommen. Sie wissen, wie schwierig das ist. (Beifall bei FPÖ und SPÖ. – Bun­desrat Schwindsackl: Das ist ja lächerlich!)

Ich weiß nicht, wie die Sekte heißt, Türkis oder Anbetungsverein für Sebastian, das weiß ich jetzt nicht, aber auf jeden Fall hat es die Tendenz zu einer Sekte. (Bundesrat Bader: Das ist eine Herabwürdigung!)

Auch bei diesem Gesetz zeigt die Regierung halt wieder einmal ihr wahres Gesicht und wie unfair und spalterisch sie dieses Land regiert. Wie bei Geimpften und Ungeimpften, Getesteten und Ungetesteten wird halt nun einmal unterschieden in die besseren Helden und in die schlechteren Helden der Gesundheit.

Nicht nur, dass ihr euch nach eurem Geklatsche mehr als ein Jahr habt Zeit gelassen, betteln gelassen, dass das jetzt endlich gemacht wird. Nein, was macht ihr? – Ihr deckelt das Ganze auch noch! Ihr deckelt das Ganze mit 100 Millionen Euro und schränkt noch den Bezieherkreis ein! Habt ihr das einmal aufgerechnet? (Bundesrat Schwindsackl: Ja, klar!) – Ja, klar, Herr Schwindsackl! Hast du einmal aufgerechnet, wie viel Geld das überhaupt pro Monat ist für jene, die das jetzt bekommen? – Ich kann es dir sagen: pro Monat läppische 35 Euro, nicht mehr und nicht weniger als 35 Euro, das sind 4,50 Euro am Tag, und für das feiert ihr euch jetzt ab! Geh, schämts euch! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Es wird aber noch unfairer, denn es wird ja unterschieden zwischen Personen in Kran­kenhäusern und Personen zum Beispiel im Rettungsdienst. Personen, die oft freiwillig in ihrer Freizeit Dienst am Menschen versehen – ich habe das selbst jahrelang gemacht –, die sind euch völlig wurscht, die sind euch egal, die bekommen nicht einen Cent! Auch die hätten sich das verdient, die sind nämlich in ihrer Freizeit stundenlang mit kranken Personen im Rettungswagen unterwegs, und denen gebt ihr nicht einen Cent! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Und da stellt sich Herr Kollege Schwindsackl hier heraus und sagt: Das ist budgetär nicht möglich! – Na, wenn ich einen Türkisen von budgetär nicht möglich reden höre! „Koste es, was es wolle“, da haben wir Geld genug gehabt. Für die ÖVP-Inserate, für die Regie­rungsinserate war Geld genug da. Jetzt, wo wir den Leuten einmal etwas zurückgeben müssen, stellt sich Herr Kollege Schwindsackl hier heraus und sagt: Budgetär ist das nicht möglich! Budgetär ist das nicht darstellbar! – Also wirklich wahr, Herr Kollege Schwindsackl, denken Sie einmal zurück, was ihr vor drei, vier Monaten alles behauptet habt, was alles möglich ist! Und jetzt solch einen Spruch herauszulassen – schämen Sie sich, schämen Sie sich, Herr Kollege Schwindsackl! (Beifall bei der FPÖ und bei Bun­desrätInnen der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 114

Uns wurde heute bewiesen, dass jetzt die Zeit des „Koste es, was es wolle“ zumindest für all jene, die nicht zum engen Bezieherkreis der türkisen Bussi-Bussi-Familie gehören, vorbei ist. Jetzt ist das halt ein für alle Mal klar. Aufgrund dieser Ungerechtigkeit werden wir heute wieder selbst einen Antrag einbringen, aber auch dem SPÖ-Antrag zustimmen und ihm damit hoffentlich eine Mehrheit verschaffen.

Wir hatten aber hier herinnen schon vor einem Jahr, glaube ich, vier oder fünf Anträge für den Coronatausender. Das wäre eine Lösung gewesen: für jeden Österreicher 1 000 Euro in Form eines Gutscheins, den er nur in österreichischen Betrieben einsetzen kann, aber, liebe SPÖ, da habt ihr bis heute nicht zugestimmt; das wäre eine Lösung für die Wirtschaft und die Leute in diesem Land gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mich beschleicht jetzt aber halt auch wieder das Gefühl, und das bestätigt sich auch in den Redebeiträgen der türkisen ÖVP und in ihrer Art, dass sich für euch das Thema jetzt erledigt hat und dass ihr mit dem einmaligen Almosengschichtl, das ihr da jetzt macht, wieder zur Tagesordnung übergehen wollt. Aber diese Almosen vertuschen halt nicht die wahnsinnigen Probleme im Gesundheits- und Pflegebereich.

Leider gibt es halt von dieser Showregierung nicht einen einzigen Vorschlag. Unsere Vorschläge liegen am Tisch und ich sage es euch jetzt noch einmal: Ihr könnt unsere Vorschläge gerne kopieren und als die euren verkaufen, das ist mir völlig egal, aber bitte macht etwas, um endlich zu erreichen, dass den Betroffenen im Gesundheitsbereich endlich geholfen wird! Es ist mir egal, kopiert unsere Anträge, verkauft sie als die euren, Hauptsache, den Leuten wird geholfen! Mir ist das mittlerweile echt egal, aber bitte helft endlich den Leuten im Pflegebereich und im Gesundheitsbereich! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Da sprechen wir nicht von einer mickrigen Einmalzahlung, sondern da sprechen wir schon von Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen, der Erhöhung der Entlohnung, der Behebung des Pflegenotstands und einer massiven Ausbildungsoffensive, um eine personelle Aufstockung im Pflegebereich endlich sicherstellen zu können. Jetzt ein Appell – ich weiß, es bringt nichts, aber ich appelliere trotzdem noch einmal an ÖVP und Grüne und an den Herrn Gesundheitsminister –: Nützen wir den Sommer! Wir dürfen den Sommer nicht noch einmal verschlafen, denn dann erwachen wir dank eurer Untätigkeit im Herbst wieder einmal böse. Das will niemand in Österreich, ihr hoffentlich auch nicht.

Wir helfen euch gerne noch einmal weiter und deshalb bringen wir, wie schon ange­kündigt, folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzieller Besserstellung von Mitarbeitern in Pflegeberufen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzu­legen, der die finanzielle Besserstellung von Menschen in allen Pflegeberufen bundes­weit vorsieht und der zu einer leistungsgerechten Entlohnung diesem Teil der Bevöl­kerung führt und auch die physische und psychische Belastung honoriert, denen diese Berufsgruppe im Arbeitsalltag dauerhaft ausgesetzt ist. Darüber hinaus soll ein Einmal-Bonus von 1.000 Euro für alle in der Corona-Pandemie eingesetzten Mitarbeitern in


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Gesundheits- und Pflegeberufen, - unabhängig von ihrem berufsrechtlichen Status und ihrem Ausbildungsgrad, ausbezahlt werden.“

*****

Ich hoffe, die SPÖ stimmt auch diesem – unserem – Antrag zu, ich darf auch die ÖVP und die Grünen um Zustimmung bitten. Dann hört bitte ein für alle Mal mit eurer Heuchelei auf und macht wieder einmal ordentliche Politik hier herinnen, falls ihr, als Türkise, das überhaupt noch könnt! Danke. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Schwindsackl.)

15.23

15.23.02


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „finanzieller Besserstellung von Mitarbeitern in Pflegeberufen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Corona-Bonus für alle Krisen-Held*innen“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundes­rä­tin­nen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Hand­zeichen. Und ich ersuche die Schriftführung wieder um Unterstützung bei der Feststel­lung der Mehrheit beziehungsweise Minderheit.

Ich bitte um die Gegenprobe und darf noch darauf hinweisen, dass ich von meinem Stimmrecht Gebrauch mache. Wir haben jetzt ein Endergebnis von 28 „Ja“- Stimmen zu 29 „Nein“-Stimmen. Somit ist das die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „finanzieller Besserstellung von Mitarbeitern in Pflegeberufen“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundes­rätin­nen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Hand­zeichen. Das ist die Stimmenminderheit, wieder mit 29 zu 28 Stimmen. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

15.26.0919. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz, das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnah­mengesetz geändert werden (1662/A und 883 d.B. sowie 10647/BR d.B. und 10662/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 116

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1660/A und 888 d.B. sowie 10648/BR d.B. und 10663/BR d.B.)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (889 d.B. sowie 10664/BR d.B.)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz und das Bundesbahnpensionsgesetz geändert werden (890 d.B. sowie 10665/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 19 bis 22, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.


15.27.01

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Herr Minister! Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz, das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnah­mengesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stel­lung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf auch den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe auch den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehalts­gesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 117

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni mit Stimmen­mehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe auch den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz und das Bundesbahnpensionsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zunächst zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Herr Bundesrat, Sie gelangen zu Wort.


15.29.17

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Also ich muss sagen, ich bin wirklich froh, dass wir bei diesem ganzen Sammelsurium an Gesetzen zumindest etwas länger Zeit hatten als unsere Kollegen im Nationalrat. Es handelt sich wieder einmal um unzählige Frist­ver­längerungen ohne erkennbares System, aber das ist ja nichts Neues bei dieser Bundes­regierung, das sind wir ja schon seit vielen Monaten gewohnt.

Da möchte ich auch gleich zur Drogenersatztherapie kommen, denn auch da ist der Kontakt mit dem Arzt ja jetzt noch bis zum 31. Dezember 2021 weiterhin eingeschränkt. In diesem Zusammenhang möchte ich schon wieder einmal darauf hinweisen, dass die Drogenersatztherapie in Österreich auch wirklich verbesserungsfähig wäre; Sie wissen, wie das inzwischen mit diesem Substitol läuft. Österreich ist eines der wenigen Länder, die Substitol überhaupt noch verwenden, in den meisten Ländern ist dieses Medikament bereits verboten. Es eignet sich aber sehr gut für Wiederverkäufer, wir wissen, dass sehr viele dabei sind, die kein Drogenproblem haben, aber sich ein lukratives Taschengeld mit Substitol verdienen können. Da gäbe es definitiv Verbesserungsbedarf.

Was ist in der Vergangenheit alles passiert, als Menschen, die wirklich Hilfe brauchen, die in diesem Entzug sind, einen Arzt gebraucht hätten, der sich das einmal anschaut, der die Menschen richtig einstellt und der diese Personen betreut? Allein bei mir im Bezirk, in meinem Umkreis, ist in den letzten Wochen so einiges passiert. Meine Tochter hat am vergangenen Wochenende im Freibad einen Mann mit Verletzungen an der Schulter gesehen und den Mann gefragt, was passiert sei. Das habe ein Mann, der in einem Substitutionsprogramm ist, verursacht. Er hat geglaubt, es handle sich um seine Familie, der Mann habe ihm seine Familie weggenommen, und hat dann bei der Haus­türe auf diesen Mann eingestochen. Das ist auch dem geschuldet, dass diese Bundes­regierung den Kontakt mit den Ärzten seit vielen Monaten unterbindet und jetzt noch weiter unterbinden möchte. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist da noch enthalten? – Diese Fristverlängerungen, die – vor allem beim Covid-19-Maßnahmengesetz – nichts anderes zeigen, als dass diese Bundesregierung ihre Zu- und Einsperrfantasien weiter auslebt. Die Bundesregierung wird uns mit dieser neuen Normalität über den Sommer führen und bereitet jetzt wieder unzählige verfas­sungswidrige Maßnahmen für den Herbst vor. Wir sind es bereits gewöhnt. Mit diesen Fristverlängerungen bereitet sie den Herbst vor, den in Österreich wirklich so niemand


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mehr haben möchte. Die Menschen in diesem Land haben Begriffe wie Homeoffice, Homeschooling, Distancelearning, Lockdown, 3G und neue Normalität satt, die Men­schen können diese Begriffe nicht mehr hören.

Was die Menschen in diesem Land wirklich brauchen, ist ihre gewohnte Normalität, ein funktionierendes Gesundheitssystem, ausreichend Spitalskapazitäten, aber genau da hat diese Bundesregierung im letzten Jahr schlicht und ergreifend versagt. (Beifall bei der FPÖ.) Bis heute wissen wir nicht, wie groß die Intensivbettenkapazitäten in Öster­reich überhaupt sind  und das mehr als ein Jahr nach Beginn dieser Pandemie , da hat man im wahrsten Sinn des Wortes geschlafen.

Man hat aber auch dabei geschlafen, Pflegekräfte auszubilden, denn bei der Ausbildung der Pflegekräfte sind wir leider nicht am historischen Höchststand, sondern in Wirklich­keit auf einem historischen Tiefststand. Ebenso auf einem historischen Tiefststand sind wir in Österreich bei den Spitalsbettenkapazitäten; der einzige Höchststand, den wir in Österreich erreicht haben, ist die Auslastung der Kinderpsychiatrien. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist keine positive Leistungsbilanz dieser türkis-grünen Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Hohes Haus! Herr Bundesminister! Wir brauchen keinen Lockdown, wir brauchen keine 3G-Regelung, wir brauchen ein G, nämlich unsere gesunden Österreicher. Wir brauchen keine Zwangsimpfungen, wir brauchen keine Zwangstestungen, wir brauchen keine neue Normalität, wir Österreicher brauchen unsere gewohnte Normalität wieder zurück, aber das ist mit dieser türkis-grünen Bundesregierung anscheinend nicht mehr möglich. Deswegen kann ich Ihnen nur empfehlen: Treten Sie geschlossen zurück! (Beifall bei der FPÖ. Bundesrat Steiner: Bravo!)

15.34


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.34.55

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Auch da geht es – zum Teil haben wir es schon gehört – um Fristverlängerungen von Sonderregelungen im Rahmen der Covid-19-Krisenbekämpfung.

Impfmöglichkeiten im niedergelassenen Bereich werden verlängert. Es soll weiter einen Kostenersatz für die Software für den elektronischen Impfpass geben. Apotheken kön­nen jetzt gerade im Hinblick auf die Sommerferien Selbsttests an Zehnjährige ausgeben. Es gibt Verlängerungen bei Ansprüchen auf Waisenversorgungsgenuss und eine Streckung der Dienstfreistellungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst für Risikogruppen. Das sind alles ganz wichtige Dinge, das meiste sind übrigens auch Kannbestimmungen und anzu­wenden, wenn man sie braucht, man muss es aber nicht.

Ich möchte aber darüber hinaus einen neuen Punkt hervorheben, der Teil dieses Pake­tes der TOPs 19 bis 22 ist, nämlich die Erweiterung der Entgeltausnahmebestimmungen für DienstnehmerInnen im Sozialversicherungsgesetz für Zeitkarten im öffentlichen Verkehr. Gemeint sind damit Wochen-, Monats- und Jahreskarten, wenn die Karte zumindest am Wohn- oder Arbeitsort gültig ist. Für die Dienstgeber ist das übrigens steuerbefreit, das ist bereits geregelt worden und tritt mit Juli dieses Jahres in Kraft. Das klingt jetzt alles sehr technisch, nach einer kleinen technischen Anpassung, aber in Wahrheit ist das ein Riesending und wird eine große Wirkung haben.

Diese Entgeltfreistellung gilt nicht als Einkommen, ist nicht zu versteuern, es ist ein Superanreiz, öffentliche Verkehrsmittel zu nützen, und geht über die reine Verwendung zwischen Arbeitsort und Wohnort hinaus, es gibt nämlich eine generelle Möglichkeit, diese Zeitkarten, bis hin zu den Jahreskarten, selbstverständlich auch privat zu nutzen.


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Das wird sicher eine wichtige Motivation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie auch Arbeitgeber werden, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Das ist sozial­politisch ein sehr wichtiger Aspekt. Wenn man sich zum Beispiel ansieht – ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen –, welche Einkommensgruppen eigentlich ein eigenes Auto haben und welche nicht, dann sieht man, dass im untersten Einkommensviertel 44 Prozent gar keines haben, im obersten Viertel sind das nur noch 9 Prozent. Ein eigenes Auto zu fahren ist eben die teuerste Möglichkeit, mobil zu sein, für viele ist das überhaupt nicht möglich.

Für die Arbeitgeber wiederum besteht der ökonomische Anreiz einerseits darin, dass diese Zurverfügungstellung von Zeitkarten steuerbefreit ist, und andererseits ist es eine Kostenentlastung bei der Bereitstellung von teuren Abstellplätzen. Das wird ein immer wichtigerer Faktor, das wird immer mehr zu einem relevanten Aspekt auch für Arbeit­geber, denn die Bodenpreise schießen in die Höhe. Selbstverständlich ist das ein ent­scheidender Beitrag zu einer ökologischen Mobilitätswende, ein entscheidender Beitrag zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs, der bekannterweise nicht nur ein Segen ist und immerhin die Kleinigkeit von 30 Prozent der gesamten Klimagiftemis­sio­nen zu verantworten hat. Jede Maßnahme, die dem entgegenwirkt und in eine nach­haltige Richtung geht, ist zu begrüßen.

Auf jeden Fall ist das ein gutes Beispiel dafür, wie Klimaschutz und Sozialpolitik zu­sammengehen können. Das ist eines unserer Kernanliegen, das wir auf jeden Fall weiterhin konsequent verfolgen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.39


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck. – Bitte, Frau Bundesrätin.


15.39.10

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben aufgrund von Corona eine schwere Zeit hinter uns – jeder in Österreich. Ich glaube, dass das für uns alle deswegen etwas ganz Besonderes ist.

„Genießt das [...]“, das hat unser erfolgreicher Torschütze Christoph Baumgartner gesagt, der unsere Nationalelf so siegreich ins EM-Achtelfinale geschossen hat. Ich glaube, damit hat er es nicht nur beim Fußball wirklich gut getroffen. Es liegt eine sehr, sehr herausfordernde Zeit hinter uns, eine Zeit, die viel Leid, viel Schicksal gebracht hat, die auch jeden und jede in Österreich auf eine ganz besondere Art und Weise gefordert hat.

Ich glaube, wir haben heute auch allen Grund dazu, positiv in die Zukunft zu schauen, und ich glaube, das sind nicht nur die saisonalen Effekte, die da eine Rolle spielen, sondern wir haben uns alle gemeinsam die Voraussetzungen dafür erkämpft, dass wir uns jetzt umso mehr auf diesen Sommer freuen können.

Lassen Sie mich das vielleicht anhand der drei Gs kurz erklären: Geimpft ist in Österreich mittlerweile über die Hälfte der Bevölkerung. Ich freue mich ganz besonders, dass wir in Niederösterreich die Ersten waren, die die Alterspriorisierung aufheben konnten und es jedem ermöglicht haben, sich zur Impfung anzumelden, und dass wir speziell auch bei den jungen Leuten gut und schnell unterwegs sind.

Ich kann mich selbst erinnern, als ich geimpft worden bin, hat die Ärztin zu mir gesagt: Das ist jetzt schon ein wirklich gutes Gefühl, oder? – Ich glaube, da geht es vielen von Ihnen da herinnen und von denen, die jetzt zuschauen, sehr ähnlich. Es ist wirklich ein gutes Gefühl, es ist viel Freude, es ist viel Erleichterung und es ist auch viel Dankbarkeit


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gegenüber all jenen, die das ermöglichen  von den VirologInnen und ForscherInnen bis zu den Produzenten und zu jenen, die das Impfen vor Ort so hochprofessionell orga­nisieren. Ob im Austria Center oder in Niederösterreich in den Impfzentren oder bei den niedergelassenen Ärzten: Alle leisten einen ganz wesentlichen Beitrag zu diesem Impf­fortschritt.

Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir die Voraussetzung, dass die Gratisimpfung auch über den Juni hinaus möglich ist. Es geht auch darum, die Apotheken bei der Imple­mentierung des E-Impfpasses zu unterstützen. Ich glaube, das sind wichtige Schritte, denn das Impfen ist unser Gamechanger, wir sehen, dass es auch gegen die Mutationen wirksam ist. Ich glaube, man kann jetzt, da es auch genügend Impfstoff im Land gibt, an der Stelle nur einmal mehr sagen: Jeder, der die Möglichkeit hat, möge sich impfen lassen.

Zum zweiten G: Getestet wird in Österreich so viel wie sonst nirgends. Im Fußball können wir noch um den Europameistertitel kämpfen. Beim Testen, da haben wir uns den mit einem breiten Netzwerk von Apotheken, den Ländern, den Gemeinden, die das hoch­professionell organisieren, und auch den Selbsttests, die eine ganz wesentliche Rolle spielen, wirklich schon erarbeitet. Auch da setzen wir, glaube ich, rechtzeitig vor dem Start der Sommerferien, wenn in den Schulen nicht mehr getestet wird, einen wichtigen Schritt. Künftig werden an alle ab zehn Jahren zehn Selbsttests in den Apotheken abge­ben.

Zum dritten G: Genesen im Sinne von überwunden haben wir diese Pandemie noch nicht. Ich glaube, so groß die Vorfreude auf den Sommer ist, so wichtig ist es auch, dass wir uns gut auf den Herbst vorbereiten. Darum, glaube ich, ist es auch wichtig, dass wir mit dem heutigen Beschluss einige Fristverlängerungen beschließen werden, beispiels­weise wenn es um das Contacttracing geht oder auch wenn es um die Dienstfreistellung bei der Zugehörigkeit zu einer Covid-19-Risikogruppe oder bei der Verlängerung des Anspruches auf die Waisenpension geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Beginn ist diese Pandemie oft mit einem Marathon verglichen worden. Es sind ohne Zweifel viel Kondition und viel Durchhalte­vermögen von jedem Einzelnen gefragt. Ich glaube, wir haben aber in den vergangenen Monaten auch alle gesehen, dass es nicht nur auf Einzelleistungen ankommt, sondern dass wir alle gefragt sind.

Dementsprechend möchte ich vielleicht ein viertes G anschließen: gemeinsam. Nicht nur unser Nationalteam braucht am Samstag eine starke Mannschaftsleistung, auch wir brauchen weiterhin den Zusammenhalt, damit wir den Sommer umso mehr genießen können. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.43


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Günter Kovacs. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie gelangen zu Wort.


15.43.34

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Minister, herzlich willkommen! Bevor ich noch einige Anmerkungen zu diesen Gesetzentwürfen mache, möchte ich ein großes Dankeschön aussprechen: Frau Vizepräsidentin Doris Hahn, du hast das in den letzten sechs Monaten hervorragend gemacht. Ein bisschen Kritik hat es bei einer Sitzung von Herrn Bundesrat Himmer gegeben, das hat mich sehr gestört, das sage ich ganz offen; die Kritik von Herrn Bundesrat Bader hat mich auch ein bisschen gestört. Vielleicht kann man jetzt für die gute Leistung von Frau Vizepräsidentin Doris Hahn applaudieren. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen.)


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Natürlich möchte ich mich auch bei Mag. Christian Buchmann, der das toll gemacht hat, für seine Präsidentschaft und natürlich auch bei Vizepräsidenten Dr. Peter Raggl, der das in den letzten sechs Monaten hervorragend gemacht, bedanken. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich darf noch einige Anmerkungen zum Tagesordnungspunkt machen – die Kollegin vor mir, Frau Mag. Zeidler-Beck, hat ja schon sehr vieles dazu gesagt –: Bei TOP 19 geht es bei den drei Gesetzentwürfen – Suchtmittelgesetz, Epidemiegesetz, COVID-19-Maß­nahmengesetz – um Verlängerungen, diese Regelung ist von 1. Juli bis 31. Dezember vorgesehen. Wir werden dem natürlich zustimmen, weil wir als Sozialdemokraten das für sehr sinnvoll erachten.

Dann gibt es diese Änderungen bei ASVG, GSVG, BSVG und B-KUVG. Da geht es um Beitragsfreiheit, wenn der Arbeitgeber Wochen-, Monats- oder Jahreskarte zahlt, um Mitversicherungen, eine Krankenversicherung während Corona. Es wird weiter Tests durch Vertragsärzte geben; niedergelassene Ärzte dürfen weiter impfen; es geht um die Software für den elektronischen Impfpass; Risikoatteste, Testungen von Schulkindern in den Ferien, die Preisbildung bei Generika und bei Biosimilars sind dabei. Auch da werden wir zustimmen, weil das sehr sinnvolle Maßnahmen sind.

Auch bei TOP 21, das betrifft das Gehaltsgesetz und das Vertragsbedienstetengesetz, die Dienstfreistellung für Risikogruppen, werden wir natürlich zustimmen.

Dann noch zum Pensionsgesetz, das ist TOP 22: Da werden die Waisenver­sorgungs­genüsse bis 30. September verlängert. Auch dem werden wir unsere Zustimmung erteilen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bun­desrätInnen von ÖVP und Grünen.)

15.46


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dr. Wolfgang Mückstein zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


15.46.14

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher zu Hause! Ich möchte zu zwei Punkten Stellung nehmen, zum einen zur Gästeregistrierung, also der Kontaktpersonennachverfolgung.

Diese Möglichkeit ist, glaube ich, gerade in Zeiten niedriger Inzidenzen besonders wich­tig. Das zeigt sich jetzt auch. Selbst wenn man tatsächlich recht wenige positive Tests hat, ist es umso wichtiger, dass man, wenn sich Cluster bilden, die Kontaktdaten der anderen Gäste oder die Daten bei Veranstaltungen erheben kann. Das ist besonders wichtig, da wir ja mit der Deltavariante vor einer ganz neuen Herausforderung stehen.

Wir wissen, dass sich die Deltavariante über den Sommer ausbreiten wird. Die Emp­fehlung der Coronakommission wird morgen herauskommen, im Moment ist noch nicht abschätzbar, wie schnell das über den Sommer gehen wird, wie hoch der Peak sein wird. Jedenfalls sehen wir aber in anderen Ländern Europas, zum Beispiel in Groß­britannien, was passieren kann, wenn es zu schnell geht und wenn diese ansteckendere Variante, die auch im Verdacht steht, dass sie schwerere Krankheitsverläufe macht, auf eine Bevölkerung trifft, die eben noch nicht zu einem ausreichenden Grad durchgeimpft ist.

Das heißt, wir müssen impfen, impfen, impfen, daher auch hier meine Bitte und meine Aufforderung, dass Sie den nächstmöglichen Impftermin, den Sie bekommen können – und es wird immer leichter –, auch wirklich wahrnehmen. Anfügen möchte ich auch: Bitte


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gehen Sie jedenfalls auch zur zweiten Teilimpfung, denn nur die schützt dann aus­reichend gegen die neue Deltavariante!

Der zweite Punkt betrifft die Vidierung durch den Amtsarzt, die seit Anfang der Corona­pandemie nicht mehr persönlich erfolgen muss. Ich habe das in der Ordination selber auch erlebt. Es hat nach anfänglichen Schwierigkeiten dann am Ende ganz gut funk­tioniert, muss man sagen. Ich möchte da schon anmerken, dass die Vidierung durch den Amtsarzt eine rein formale Bestätigung ist und die Richtigkeit des Rezepts überprüft. Das heißt, der Amtsarzt darf nicht das Rezept ohne Rücksprache verändern, er darf auch nicht die Dosis ändern, aber er darf anmerken, wenn zum Beispiel die Gültigkeits­dauer nicht korrekt ist. Das heißt, das kann auch auf elektronischem Weg erfolgen, die Sicherheit ist auch da gegeben.

Zu anderen E-Medikationen, dem E-Impfpass oder auch zur Krankmeldung am Telefon: Wir gehen in ein Zeitalter, in dem nicht mehr alles persönlich am Amt stattfinden muss, das sehen wir in anderen Bereichen auch. Wenn die Sicherheit gewährleistet ist, dann spricht überhaupt nichts dagegen, dass man das auch in dieser Form macht.

Die Kritik am Substitol verwundert mich jetzt, denn das ist ein etabliertes Medikament in der Drogenersatztherapie. Das sind in erster Linie einmal Schwerkranke, chronisch und schwer kranke Menschen, die mit einer Drogenersatztherapie behandelt werden. Die möchte ich nicht unter einen Generalverdacht stellen, dass sie das als Drogenersatz­medikament handeln. Ich glaube auch, dass Missbrauch jedenfalls minimiert werden kann, wenn es einen engen therapeutischen und ärztlichen Kontakt zu substituierenden Personen gibt.  Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

15.49

15.49.56


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Wie ich sehe, sind die Plätze eingenommen.

Wir gelangen somit zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbe­diens­tetengesetz 1948 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein


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Handzeichen. – Dies ist wiederum die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz und das Bundesbahn­pen­sionsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenom­men.

15.51.4923. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (1251/A und 879 d.B. sowie 10649/BR d.B. und 10666/BR d.B.)

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 und das Gehaltskassengesetz 2002 geän­dert werden (1695/A und 880 d.B. sowie 10650/BR d.B. und 10667/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zu den Punkten 23 und 24 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.


15.52.22

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Auch bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Berichte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich weise darauf hin, dass ich um 16 Uhr für den Aufruf der Dringlichen Anfrage unterbrechen muss. Möchten Sie trotzdem beginnen? – Bitte, Herr Bundesrat.



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15.53.30

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin, das geht sich aus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Präsidentin, natürlich auch seitens der grünen Fraktion einen ganz, ganz herzlichen Dank für Ihre hervorragende Vorsitzführung im letzten halben Jahr! (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

Zuerst zu TOP 24: Ich gehe wie schon im Nationalrat von einem einstimmigen Ergebnis aus. Wir regeln jetzt einige Punkte so, wie sie auch die Apothekerinnen und Apotheker selbst gerne hätten. Um zwei Beispiele zu nennen, was mit diesem Gesetz ermöglicht wird: virtuelle Sitzungen – da könnte man sagen: jetzt erst?– oder die Schaffung einer Schlichtungskommission.

TOP 23 ist für uns im Bundesrat besonders interessant und spannend, denn dabei geht es eigentlich ganz anschaulich darum, wie man österreichweit einheitliche Standards schafft und gleichzeitig die Kompetenzen an die Bundesländer übergibt.

Was ist genau passiert? – Der Verfassungsgerichtshof hat ein Gesetz aufgehoben, weil für eine verfassungskonforme Gültigkeit die Zustimmung der Länder hätte eingeholt wer­den müssen. Dieser Fehler ist passiert. Wenn Sie jetzt fragen, wer denn den Fehler verursacht hat, muss man ein bisschen zurückschauen, das passierte nämlich vor 35 Jahren. Und nunmehr reparieren wir das.

Die Verhandlungslage ist in solch einem Fall ja durchaus nicht einfach. Es sind sehr viele Player – Ärztekammer, die neun Bundesländer, der Bund –, die alle dasselbe wollen müssen, natürlich aber auch oft in verschiedene Richtungen gehen. Deshalb hat es ja auch noch knapp vor dem Beschluss im Nationalrat Verhandlungsrunden gegeben, sogar noch am selben Tag. Die gute Nachricht ist, es gibt ein Ergebnis, und darüber stimmen wir heute ab. Ich denke, das ist eine gute Nachricht.

Im Wesentlichen geht es um drei Punkte, die ich gerne zusammenfassen kann. Es gibt jetzt eine sogenannte Ärzteliste oder auch ÄrztInnenliste, in der steht, wer Arzt oder Ärztin ist. Es stehen diejenigen nicht in der Liste, die keine Ärztinnen oder Ärzte sind. Das ist gar nicht so unwichtig, wenn man bedenkt, dass es ja manche gibt, die sich als Arzt oder Ärztin bezeichnen, aber nicht wissenschaftlich vorgehen, sondern etwas völlig anderes anbieten, was eher in dem Bereich Scharlatanerie oder Abrakadabra anzu­siedeln ist. Es ist eine gute Möglichkeit, zu überprüfen, ob dieser Arzt oder diese Ärztin, den oder die ich besuche, auch tatsächlich auf der Liste steht. Das sagt uns dann die Ärztekammer, die dafür zuständig sein wird.

Die Aus- und Fortbildungsstätten für Ärztinnen und Ärzte sind der zweite Punkt dieser Novelle. Dieses Thema ist etwas anders gelagert, und wir werden im restlichen Halbjahr 2021 und auch im nächsten Jahr mit allen Playern weiter im Gespräch bleiben. Es wird sehr hart gearbeitet werden, um auch da einen Übergang in die Länder­kompetenz zu schaffen und gleichzeitig einheitliche Standards festzuschnüren, die wiederum in der Kompetenz des Gesundheitsministeriums bleiben. Dass die Standards in jedem Bundesland anders wären, wir neun verschiedene Normen hätten, kann auch die Länderkammer nicht wollen.

Beim dritten Punkt ist die Sache ähnlich gelagert, und es ist ebenfalls ein Thema, das die Gesundheitspolitik seit vielen Jahren beschäftigt, nämlich die Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich. Auch dafür gibt es nun den Fahrplan, es wird auch daran gearbeitet, und ich hoffe, dass wir auch in diesem Bereich unterschiedliche Standards verhindern können, indem wir trotz Länderkompetenz einheitliche Standards schaffen können.


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Es gibt also mit dem heutigen Beschluss noch immer viel zu tun. Ich weiß die Aus­arbeitung in den besten Händen. Bundesminister Mückstein kennt ja die praktische Perspektive, und ich wünsche viel Erfolg. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

15.58


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

15.58.04Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betref­fend „Covid-19: Herr Gesundheitsminister, wieso impfen Sie die Kinder?“ (3898/J-BR/2021)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Spanring, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Andreas Arthur Spanring als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.58.36

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und hier im Haus! Beginnen muss ich mit etwas Traurigem, weil ich es gerade gelesen habe, und zwar ist in Vorarlberg ein zehnjähriges Kind mit schweren Vorerkrankungen an oder mit Covid verstorben. Ich sage das ganz bewusst vor meiner Rede, weil sich dadurch inhaltlich an meiner Rede nichts ändern wird. Ich erwähne es aber auch, weil es, glaube ich, das Schlimmste ist, was Eltern passieren kann, wenn sie ihren eigenen Kindern ins Grab nachschauen müssen. Ich möchte an dieser Stelle auch den Eltern, den Verwandten, Freunden und Bekannten mein tiefstes Mitgefühl aussprechen.

Der Grund für unsere Dringliche Anfrage, meine Damen und Herren, liegt – wie die Dringlichkeit selbst – auf der Hand. Ich kann mich erinnern, als ich vor circa einem Jahr hier gestanden bin, hatte ich ein Schild vor mir stehen. Darauf war ein kleines Mädchen mit einem Mund-Nasen-Schutz vor dem Gesicht, und auf dem Bild stand in großen Lettern: Keine Masken für unsere Kinder.

Ich war damals schon von den Grauslichkeiten und auch der Gleichgültigkeit dieser schwarz-grünen Regierung gegenüber unseren Kindern schockiert. Masken und Tests für Kinder sind sinnlos, sauteuer und eine physische und auch eine psychische Belas­tung für unsere Kleinsten, für viele eine echte Qual.

Vielleicht war ich damals zu blauäugig, denn ich hätte mir nie träumen lassen, wie weit diese Regierung zu gehen imstande sein wird, nämlich unsere Kinder allen Ernstes als Versuchskaninchen zu missbrauchen und diese undifferenziert impfen lassen zu wollen – ganz nach dem bekannten ÖVP-Motto: „Koste es, was es wolle“, oder anders formuliert: ohne Rücksicht auf Verluste. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, meine Damen und Herren, Sie haben schon richtig gehört: Versuchskaninchen – und das ist noch die höflichste Formulierung, die mir eingefallen ist. Fakt ist auf alle Fälle: Alle Impfstoffe sind nur mittels Notzulassung am Markt. Längere Studien zur Sicherheit


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und Wirkung fehlen. Demgegenüber wird bei einer regulären Zulassung ein neuer Impf­stoff jahrelang getestet, bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, in unterschied­lichen Dosierungen. Darunter ist auch immer eine Gruppe mit Placebos, und die Proban­den werden oft jahrelang dabei beobachtet.

Jetzt nehmen alle, die geimpft werden, bis 2023 an der Phase-drei-Studie teil. Alle, die sich jetzt impfen lassen oder haben impfen lassen, sind Teil dieser Studie. Sie, meine Damen und Herren Geimpfte, sind die Probanden der Studie, bewusst oder unbewusst. Für alle, die das freiwillig mittragen, ist das auch in Ordnung. Was aber sicher nicht in Ordnung ist, ist die Tatsache, dass es nur in den seltensten Fällen eine ordentliche, ausführliche Impfaufklärung gibt. Was es gibt, sind Massenabfertigungen an Impf­straßen. Was es gibt, sind tagtäglich hirnwaschende Werbungen, die uns suggerieren: Wir müssen uns alle impfen lassen, denn nur dann wird wieder alles gut! – Was es gibt, sind sinnbefreite TV- und Radiospots, die uns einreden wollen, dass die Impfung alter­nativlos, die einzige Möglichkeit ist, dass wieder alles gut wird. Was es gibt, sind Zei­tungsinserate, die uns weismachen wollen, dass die Impfungen völlig ungefährlich sind.

Es ist eine Gehirnwäsche, finanziert mit Steuermillionen der Österreicher, ohne auch nur im Ansatz über mögliche Risiken aufzuklären: Risiken gibt es nicht. – Und ja, das stimmt sogar für manche, zum Beispiel für die Pharmakonzerne. Diese haben kein Risiko, denn diese wurden von sämtlicher Verantwortung für etwaige Impfschäden befreit. Impf­schäden und Nebenwirkungen werden von den fürstlich alimentierten Systemmedien genauso gerne verschwiegen, wie manche offenbar pharmalobbyierende und gewis­senlose Politiker zum Durchimpfen der Kinder aufrufen. Einer davon ist leider auch der Gesundheitsminister von Österreich, ein Arzt, der es eigentlich besser wissen müsste. (Beifall bei der FPÖ.)

Was sagen nun aber Ärzte dazu, die es wirklich besser wissen, zum Beispiel Frau Dr. Hubmer-Mogg – ich zitiere –: „Die Impf-Notfalls-Zulassung aus den USA erfolgte mit geringer Teilnehmerzahl, eine Langzeitbeobachtung ist nicht gegeben.“ – Sie kritisiert auch, dass Kinder dieselbe Dosis wie Erwachsene erhalten, und sie appelliert an die Eltern, dass es deren moralische Verantwortung und Verpflichtung sei, sich die Daten genau anzuschauen, und dass Kinder eben nur ein sehr geringes Erkrankungsrisiko haben.

Frau Dr. Kyra Borchhardt sagt: „Ich bin gegen die Kinderimpfung, weil Kinder die Impfung gegen SARS-Cov 2 nicht brauchen. [...] Die vermeintlichen Impfstoffe bieten keinen Schutz und können schaden.“

Mir ist klar, meine Damen und Herren von Schwarz-Grün, dass Sie all diese Stimmen negieren. Mir ist klar, dass solche Aussagen nicht in Ihr politisches Konzept passen, und mir ist klar, dass Sie kritische Stimmen am liebsten zum Verstummen bringen wollen. Mir ist aber auch klar, dass Ihnen das jetzt ganz einfach nicht mehr gelingen wird, denn es werden von Tag zu Tag mehr, es werden mehr Ärzte, mehr Virologen, mehr Epi­demiologen, mehr Wissenschaftler diverser Fachgebiete, die ihr Schweigen brechen.

Sie brechen ihr Schweigen trotz des Wissens, dass ihnen ihre Äußerungen beruflich schaden können. Sie brechen Ihr Schweigen, obwohl es für manche bedeuten kann, dass sie ihre Arbeit verlieren oder auch ihre gute Reputation schädigen. Sie tun es aus einem Grund, den Sie von Schwarz-Grün nicht verstehen können: Sie tun es, weil sie ein Gewissen haben. Sie haben ein Gewissen, und ihnen sind die Zukunft und die Gesundheit der Bevölkerung eine Herzensangelegenheit. Sie tun es, weil sie Angst um ihre und alle Kinder haben.

Mehr als 120 österreichische Ärzte kritisieren inzwischen ganz offen die Covid-Impfung für Kinder, 60 davon namentlich, und, wie gesagt, es werden täglich mehr. Deren ge­meinsame Botschaft lautet: „Wer, wenn nicht wir – Ärzte mit Erfahrung aus der täglichen


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Praxis und mit dem Wissen über die aktuelle wissenschaftliche Datenlage“. Sie sprechen sich ganz klar und deutlich gegen die Impfempfehlung für Kinder aus.

Apropos es werden täglich mehr: Sagt Ihnen von der ÖVP der Name Marcus Franz etwas? – Dr. Marcus Franz ist ein bekannter Wiener Internist und ehemaliger National­ratsabgeordneter der ÖVP. Er warnt vor Impfung von Kindern und Jugendlichen – ich zitiere –: „‚Bei neuartigen Impfstoffen auf genetischer Basis wissen wir nichts über die Nebenwirkungen.‘ Deshalb rate die deutsche Impfkommission vor dem Impfen von Kindern zwischen 12 und 15 Jahren ab.“ Selbiges tue man bereits in England.

Apropos England: Aus dem aktuellem Report des Public Health England geht hervor, dass doppelt Geimpfte, also zweimal Geimpfte, sechsmal häufiger an oder mit der Delta­variante versterben als Ungeimpfte. Apropos Deltavariante – indische Variante darf man ja politisch korrekt nicht mehr sagen –: Haben Sie sich zufällig die Gesamtzahlen in England angeschaut? Abgesehen davon, dass eben zweifach Geimpfte sechsmal häu­figer an oder mit der Deltavariante sterben als Ungeimpfte, ist es dort so, dass das generelle Sterbegeschehen fast zum Erliegen gekommen ist – Gott sei Dank! Die betroffenen Ungeimpften haben aber durchaus Kopfschmerzen, Schnupfen und eine raue Kehle. Deswegen machen Sie von Schwarz-Grün wieder allen Österreichern Angst? Und deshalb wollen Sie unsere Kinder impfen, Herr Minister? – Das ist verrückt! Das ist einfach nur verrückt. (Beifall bei der FPÖ.)

Apropos verrückt: Thrombosen, immuninduzierte Thrombozytopenie, Herzmuskel­ent­zün­dungen und ähnlich schwere Erkrankungen sind mittlerweile häufige Nebenwirkun­gen der experimentellen Coronaimpfstoffe. Von Astra Zeneca und Johnson & Johnson gibt es dazu sogar die Rote-Hand-Warnung. Herr Minister, hören Sie gut zu: So etwas wollen Sie an unsere Kinder verimpfen; vielleicht weil Sie bis heute glauben, der Impfstoff geht nicht ins Blut? (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Das Gegenteil ist der Fall.

Wir wissen auch, dass Thrombosen insbesondere bei Langstreckenflügen eine reale Gefahr darstellen, in Verbindung mit der Impfung unter Umständen eine tödliche Kombi­nation. Darum will zum Beispiel British Airways geimpfte Piloten nicht mehr fliegen las­sen. Immerhin sind bereits vier Piloten zeitnah mit der Impfung verstorben. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Meine Damen und Herren, glauben Sie an so einem Zufall? – Wohl eher kaum.

Es wird auch Zeit für Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP und den Grünen, dass Sie Ihre schwarz-grünen Scheuklappen abnehmen und endlich von Ihrer Angst-und-Panik-Politik Abstand nehmen.

In anderen Ländern ist man in der Denkweise weiter und offener, insbesondere wenn es um Studien renommierter Wissenschaftler geht. Diese werden dort nicht einfach als Covidioten, als Aluhutträger, als Verschwörungstheoretiker heruntergedodelt. Diese Wissenschaftler werden dort angehört, und deren Überlegungen werden in die Entschei­dungsprozesse miteingebunden. Daraus könnte besonders Österreich lernen. In den vom politischen Mainstream gesteuerten Ländern geschieht das aber eben anders, leider auch in Österreich.

Meine Damen und Herren von der Regierung, schön langsam wird es eng für Sie. Herr Minister Mückstein, zusätzlich zu den von uns gestellten Fragen: Was sagen Sie dazu, dass jetzt auch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, von Impfungen für Kinder abrät? Auf der offiziellen Seite der WHO konnte man es lesen: Kinder und Jugendliche nicht impfen – es gibt keine Evidenz für den Nutzen der Covid-19-Impfung für Menschen unter 18 Jahren. (Beifall bei der FPÖ.)


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Mit diesem Satz bestätigt die WHO ganz eindrucksvoll, was viele kritische Mediziner schon lange sagen: Kinder und Jugendliche zu impfen ergibt keinen Sinn, denn wenn Sie überhaupt an Covid-19 erkranken, dann äußerst mild, und auch in der Weitergabe des Virus stellen Kinder keine wesentlich gefährliche Quelle dar.

Was jetzt, liebe Kollegen von den Regierungsparteien? Sind jetzt die Entscheidungs­trä­ger der WHO ebenfalls Covidioten, Verschwörungstheoretiker, Aluhutträger, Rechtsex­treme, oder ist es nicht vielmehr so, dass auch Sie endlich Verantwortung übernehmen sollten? Ich freue mich schon heute auf den Tag, an dem Sie sich bei all den von Ihnen verächtlich gemachten Wissenschaftlern werden entschuldigen müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Das würde zumindest der Anstand gebieten – aber was rede ich? Anstand ist für Sie maximal ein Wort, das Sie plakatieren. Stimmt es, liebe Grüne? (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Es wurde zuvor schon angesprochen: In Deutschland rät die Stiko, die Ständige Impf­kommission, von Impfungen für Kinder und Jugendliche ab. Dazu einige interessante Zahlen aus Deutschland: Circa 1 000 Kinder in Deutschland sterben jährlich durch Gewalt, durch Unfälle oder Suizid. 116 Kinder sind 2018/19 an der Grippe, also an der Influenza, verstorben, 49 Kinder sind 2020 in Deutschland ertrunken, und vier Kinder starben 2020 und 2021 an oder mit Covid. Genauere Infos dazu gibt es nicht, zum Beispiel ob diese Kinder Leukämie oder Karzinome hatten.

Meine Damen und Herren, heute wissen wir vieles besser. Die Regierung weiß es übrigens auch, es ist ihr trotzdem egal, sie hält weiter an der verfehlten und zerstöre­rischen Coronapolitik fest, immerhin kann man damit ja viel Geld verdienen und auch an gute Freunde verteilen. Ich sage Ihnen, ich traue Ihnen nicht! Zutrauen kann man Ihnen wirklich alles, aber im negativen Sinne.

Ich kann mich erinnern, wir alle wurden als Unwissende hingestellt, nur gibt es nun Studien dazu, was sogar der Erfinder des PCR-Tests selbst gesagt hat: Ein PCR-Test sagt nichts über die Infektiosität aus. Ein PCR-Test ist auch keine brauchbare Grund­lage für politische Maßnahmen. Das bestätigt jetzt unter anderem die Universität Duisburg-Essen. Auch der Leiter der Ages, der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit in Österreich, Univ.-Prof. Dr. Franz Allerberger – auch nicht unbekannt – sagt: „Ohne PCR-Tests wäre die Pandemie niemandem aufgefallen“. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Schennach.)

Meine Damen und Herren! Ich weiß, das werden Sie von der Regierung wieder alles ignorieren. Ignorieren können Sie auch die Tatsache, dass es nur ein einziges Land gibt – nicht in Europa, auf der ganzen Welt! –, welches diese 3G-Schwachsinnsregeln durchzieht, nämlich Österreich – dank dieser Regierung und dank dieser Coronawahn­sinnspolitik.

Herr Minister Mückstein, Sie sind ja wirklich leicht zu durchschauen. Als Sie in einer Ihrer letzten Reden hier angekündigt haben, dass die Gratistests über den Sommer noch aufrechterhalten werden, war mir sofort klar, dass Sie spätestens im Herbst die Bürger selbst dafür zur Kasse bitten und somit den finalen Schritt zum Impfzwang durch die Hintertür setzen werden. Gratis sind die Tests übrigens jetzt sowieso auch nicht, sie kosten den österreichischen Steuerzahler Millionen. Dafür kassieren aber einige ÖVP-Freunde und die Ordination von Minister Mückstein, wie wir gehört haben, voll ab.

Gestern gab es ganz zufällig die Aufforderung des Gemeindebundes, dass die Tests, sobald jedem ein Angebot zur Impfung gemacht wurde, also im Herbst, selbst zu bezahlen sein sollen. (Bundesrat Ofner: Der Gemeindebund ist die Regierungs­gewerk­schaft!) Meine Damen und Herren, daran erkennt man, welch Geistes Kind die ÖVP ist. Ja, da muss ich jetzt insbesondere Sie von der ÖVP allen Ernstes fragen: Was läuft bei Ihnen eigentlich falsch? Sie verordnen völlig sinnbefreite Zwangsmaßnahmen, Sie schränken


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die Grundrechte von uns allen ein und wollen dann verlangen, dass wir dafür zahlen sollen, was Sie uns antun? Das ist verrückt! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Meine Damen und Herren, das, was Sie da machen, ist ein Verbrechen an der österreichischen Bevölkerung und typisch für diese Regierung. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Die Grünen machen ohne Anstand und Charakter alles mit. Ich bin ja schon auf die heutige Anfragebeantwortung vom Herrn Minister gespannt und hoffe, dass diese diesmal ernsthafter vonstattengeht als letztens jene von Kanzler Kurz, der damit einmal mehr gezeigt hat, dass ihm der Parlamentarismus ziemlich egal und auch lästig ist.

Herr Minister, Sie hatten bei Ihrer vorherigen Stellungnahme wieder die Maske auf. Sie sind schlecht verständlich. Ich weiß, es besteht eine irrsinnige Gefahr! – Das war jetzt Sarkasmus, falls Sie es nicht verstanden haben. – Die Inzidenz ist ja so niedrig wie schon lange nicht mehr. Ich würde Sie bitten, vielleicht schaffen Sie es, für diese 5 Minuten die Maske herunterzunehmen, damit man Sie ordentlich versteht. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Gesundheitsminister, Sie sind für die Gesundheit der Bevölkerung und natürlich auch für die Gesundheit der Kinder zuständig – und nicht für die Impfungen. Das, was Sie machen, steht ganz eindeutig im Gegensatz zur Gesundheit unserer Kinder. Wenn ich Ihnen zuhöre, könnte ich mir auch sehr gut vorstellen, dass Sie selbst vielleicht sogar ein versteckter Impflobbyist sind. Das, was Sie gerade mit Ihrer Impfkampagne für Kinder abziehen, ist für mich eine Nötigung von Eltern und Kindern, in erster Linie natürlich von Kindern.

Warum lassen sich viele Menschen in diesem Land impfen? – Nicht deshalb, weil sie an die Impfung glauben, nicht deshalb, weil sie Angst vor der Krankheit haben, nein, nur deshalb, weil sie ohne Einschränkungen und Schikanen wieder an einem ganz normalen Leben teilnehmen wollen. Sie drangsalieren Kinder und Jugendliche. Das ist eine Schande, und Ihr Verhalten als Minister dieser Republik ist eine Schande. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Herr Minister, für mich verstoßen Sie dabei auch ganz klar gegen den Nürnberger Kodex. (Bundesrat Steiner: Den kennt er ja gar nicht!) Dieser Kodex besagt zusammengefasst, dass die betroffenen Personen, in diesem Fall also die zu Impfenden, in der Lage sein müssen, „unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug,“ – das geht vielleicht noch – „List, Druck, Vortäuschung oder irgendeine andere Form der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen“. – Genau das Gegenteil ist derzeit durch Ihre Impfpropaganda und Nötigungsversuche der Fall. Da kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, ich habe in der Vergangenheit Herrn Minister Anschober einige Male dafür kritisiert, dass er ein schwacher Minister war. Für so schwach ich Herrn Minister Anschober auch gehalten habe, für so gefährlich halte ich Sie. Sie als Mediziner müssten die Daten und die Studien kennen, und ich sage Ihnen: Mir wäre ein schwacher Minister lieber als ein gefährlicher. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundes­rätin Schumann.)

16.19


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu Wort gemel­det. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesminister.



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16.19.29

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Bundesrätin Steiner-Wieser: Die Maske runter! Ich verstehe nichts!) – Ich werde mich bemühen, dass ich laut rede. Ist es besser, wenn ich so rede? Geht das so? – Alles klar, dann rede ich ein bisschen lauter!

Geschätzte Mitglieder der Bundesrates! Lassen Sie mich zuerst festhalten, dass ich mich über die heutige Dringliche Anfrage freue – eigentlich sehr freue –, weil sie mir die Mög­lichkeit gibt, Ihnen ausführlich über das Thema Impfen Bericht zu erstatten. Die Covid-Impfung ist das entscheidende Mittel zur Bekämpfung und zur Beendigung der Covid-19-Pandemie, zum Schutz von Menschenleben und zur Aufrechterhaltung unseres Ge­sundheitswesens, insbesondere auch um Krankenhauskapazitäten auf der Intensiv­station zu schützen. Wir als Politikerinnen und Politiker haben eine besondere Verant­wortung dafür, dass sich Menschen über die Impfung informieren und dieses nieder­schwellige Angebot möglichst auch in Anspruch nehmen. (Bundesrat Hübner: Informie­ren, aber nicht propagieren! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es betrübt mich aber auch, dass es in diesem Haus eine Fraktion gibt, die seit Monaten bewusst auf Stimmenjagd bei VerschwörungstheoretikerInnen und Wissenschafts­fein­den geht (Zwischenrufe bei der FPÖ) und in zynischer Weise seit Wochen und Monaten Impfungen wider besseres Wissen diskreditiert. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn Sie noch einer Familie, die ein Kind verloren hat – weil eingangs davon ge­sprochen wurde –, kondolieren, Eltern, die ihrem Kind ins Grab nachschauen, und gleichzeitig die Impfung mit wissenschaftlichem Blödsinn diskreditieren, den Leuten sagen, sie sollen nicht testen gehen, dann verstehe ich das nicht! Ich erinnere mich an Frau Gesund­heitssprecherin Belakowitsch, die doch tatsächlich vor Weihnachten gemeint hat, man solle nicht testen gehen, denn es könnte sein, dass man positiv ist, und dann kann man die Großeltern nicht treffen. – Können Sie so etwas vertreten? (Rufe bei der FPÖ: Ja!) – Ja, dann stecken wir die Großmutter lieber an, und dann stirbt sie vielleicht besser. Lieber nicht testen gehen – ja! (Bundesrat Steiner: A geh, hörst auf mit dem Populismus! Du Populist du! Populist! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist kein Populismus! Man muss die Leute anständig informieren, und ich kann Ihnen auch sagen, was zum Beispiel die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugend­heilkunde über die Impfung sagt – neben dem Nationalen Impfgremium, neben der EMA und neben mehreren Millionen geimpften Kindern in den USA und in Kanada. (Bundesrat Steiner: WHO! WHO! Ja, du Zauberer! – Bundesrätin Schartel: WHO is nix?) Ich kann Ihnen das gerne berichten.

Ich darf aus diesem Brief vom 21. Juni 2021 – das ist der Montag gewesen –, der übrigens an die Eltern und an Familien, also auch an die Kinder, gerichtet ist, zitieren: „Wie Ihnen bekannt ist, wurde unlängst ein COVID-19-Impfstoff auch für Personen unter 16 Jahren zugelassen. Das Österreichische Nationale Impfgremium (NIG) hat am 28.05. [...] eine Impfempfehlung auch für Kinder und Jugendliche von 12 bis 15 Jahren aus­gesprochen. Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde [...] hat sich dieser Empfehlung nach reiflicher Überlegung und Sichtung der bisher vorliegenden Daten und wissenschaftlichen Literatur angeschlossen. Somit ist aus unserer Sicht die Impfung auch für 12- bis 15-Jährige zu empfehlen.“

Sie begründet das auch, und die Begründung ist, glaube ich, ganz wesentlich: „Im Sinne seriöser und transparenter Information möchten wir aber auch zur Kenntnis bringen, dass die Deutsche Ständige Impfkommission“ – die Stiko, die heute auch schon genannt worden ist – „eine solche generelle Impfempfehlung bisher nicht ausgesprochen hat“. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ich höre ...!) – Sie ist nicht gegen das Impfen, sie spricht


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keine Empfehlung aus. Das ist ein Unterschied. Sie hat diese vorerst auf gewisse Risikogruppen beschränkt. „Zahlreiche andere Länder wie z.B. Frankreich, Italien, USA, Kanada und Israel haben aber wie wir“ – in Österreich – „eine allgemeine Impfempfeh­lung für alle Personen ab 12 Jahren ausgesprochen.“ (Bundesrat Steiner: Deutsch­land?)

„Wir verstehen gut, dass derartige unterschiedliche Empfehlungen Eltern und Familien verunsichern können und möchten daher unsere eigene Empfehlung folgendermaßen begründen.

1. Auch wenn Kinder und Jugendliche wesentlich seltener schwer an COVID-19 erkran­ken als Erwachsene, kommen auch in dieser Altersgruppe schwere Verläufe vor. Bis Mai 2021 sind etwa 150 Kinder und Jugendliche schwer an COVID-19 erkrankt (viele davon infolge überschießender Immunreaktion bzw. mit Behandlung an einer Intensiv­station) und über 500 mussten wegen dieser Infektion in Spitälern aufgenommen werden. [...] Eine Impfung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit Ihr Kind vor einem schwe­ren Verlauf und einem notwendigen Spitalsaufenthalt schützen. Dieser ‚Individual­schutz‘“ – und das ist wesentlich – „ist aus unserer Sicht das wichtigste Argument für eine Imp­fung – aus derzeitiger Sicht überwiegt der Nutzen ein mögliches Nebenwirkungsrisiko sehr deutlich.“ (Bundesrat Steiner: Nein!)

Das ist ganz wichtig, denn es gibt nämlich einen zweiten Grund, warum man Kinder impfen lassen sollte, aber der wird als nicht so wichtig eingeschätzt: Das ist der Gemeinschaftsschutz.

„Nach derzeitiger Datenlage muss zwar mit Impfreaktionen wie Fieber, Muskel­schmerzen und dgl. gerechnet werden,“ – ich werde sie nachher noch ausführlicher aufzählen. Das sind übrigens die gleichen Impfnebenwirkungen, wie man sie bei herkömmlichen Imp­fungen, die jeder von Ihnen kennen mag, auch hat (Bundesrat Spanring: Warten wir zwei Wochen, irgendwoher ... Corona!): Das ist manchmal Fieber, das ist eine schmerz­hafte Einstichstelle, das ist eine Rötung an der Einstichstelle, das ist Übelkeit, das ist in der Regel nach ein bis zwei Tagen weg.

Und weiter heißt es: „schwere durch die Impfung bedingte Nebenwirkungen sind jedoch sehr selten.“ (Bundesrat Steiner: Pfizer-Studie?) „In der Zulassungsstudie von BioNTech/Pfi­zer wurde keine einzige schwere Nebenwirkung beobachtet. Mittlerweile wurden einige Millionen Impfdosen an 12- bis 15-Jährige ohne Häufung von schweren Folgen ver­abreicht.“ (Bundesrätin Schartel: Aber man weiß nicht, was in drei, vier, fünf Jahren pas­siert!)

Das ist ein Zettel, der drei Tage alt ist – drei Tage: mehrere Millionen Impfungen, und es ist keine einzige schwere Nebenwirkung entdeckt worden. Es gibt „vereinzelt Fälle“ – und so weiter. Ich sage Ihnen also: Halten wir uns doch an das, was die Kinderärzte sagen, was uns die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde sagt! Halten wir uns an das, was das Nationale Impfgremium sagt! Halten wir uns an das, was uns die EMA, die europäische Behörde, sagt!

Schauen wir doch auch nach, was in den letzten sechs Monaten – gerade von Ihrer Fraktion (in Richtung FPÖ) – berichtet worden ist und was tatsächlich passiert ist! Der Beobachtungszeitraum von Medikamenten in der Nachbeobachtung ist in aller Regel sechs Monate. Die sind vorbei. Es sind Hunderte Millionen Menschen auf der Welt geimpft worden, und es sind keine Nebenwirkungen im überschießenden Ausmaß aufgetreten, und immer noch – auch wenn die Deltawelle kommt und wenn wir wissen, dass nur eine doppelte Impfung uns schützen wird, wenn England schon wieder zusperrt oder die Öffnungen verschiebt und alle davor warnen –, trotzdem stellen Sie sich her und machen den Leuten Angst und verhindern damit, dass sich Leute impfen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Rufe bei der FPÖ: Angst macht’s ihr!)


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Ich darf nun zu der Beantwortung Ihrer Fragen kommen. (Bundesrat Steiner: War das alles, oder was?)

Die Fragen 1 und 2 möchte ich einfach mit Ja beantworten. Ich glaube, dazu ist sonst nichts zu sagen.

Zur Frage 3:

Ich halte fest, dass für mich als Gesundheitsminister der Schutz von Menschenleben meine Priorität bleibt: einerseits durch hervorragende medizinische – und in Fällen eines schweren Verlaufs einer Infektion mit Sars-Cov-2 intensivmedizinische – Betreuung und andererseits durch die dringend notwendige Entlastung des Personals in Kranken­anstalten. Ich sehe keinerlei Grund zu der Annahme, dass dadurch ein Eingriff in die unantastbare Würde der Patientinnen und Patienten oder Bürgerinnen und Bürger geschieht. Es ist Aufgabe des Gesundheitspersonals, erkrankte Menschen zu behan­deln, und meine als Gesundheitsminister, in dieser Pandemie dafür zu sorgen, dass möglichst wenige Menschen überhaupt erst erkranken, sowie die notwendigen Maßnah­men für diese Prophylaxe zu schaffen.

Zu den Fragen 4 bis 6:

Frage 4: „Üben Sie tatsächlich Ihren Beruf und Ihr Ministeramt in diesem Zusammen­hang mit der von Ihnen vertretenen Corona-Politik nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis aus?“, werde ich gefragt.

Frage 5: „Teilen Sie tatsächlich in diesem Zusammenhang mit der von Ihnen vertretenen Corona-Politik ihr medizinisches Wissen zum Wohle aller Patienten und zur Verbes­serung der Gesundheitsversorgung?“ (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... Antwort ...!) – und –

Frage 6: „Wenn ja, wie konnten Sie zulassen, dass das Nationale Impfgremium eine Emp­fehlung für die Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche ausgesprochen hat [...]?“

Kinder und Jugendliche erkranken im Vergleich zu Erwachsenen zwar seltener schwer an Covid-19 – ich habe das gerade gesagt –, dennoch sind schwere Krankheitsverläufe wie ein Multisystem-Inflammationssyndrom – lateinisch: Hyperinflammationssyndrom – auch in Österreich mit einer Häufigkeit von 1 zu 500 bis zu 1 zu 1 000 bei Kindern bekannt. Das führt jedenfalls zu einer Krankenhausaufnahme, oft ist sogar eine Behand­lung auf der Intensivstation erforderlich. Auch Long Covid ist ein Thema bei Kindern – das betrifft nämlich auch Kinder. Eine Impfung schützt vor Erkrankung und möglichen schweren Krankheitsfolgen und sollte deshalb auch dieser Altersgruppe nicht vorent­halten werden. (Vizepräsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)

Frage 7: „Welche exakten medizinischen und wissenschaftlichen Bewertungen außer der Empfehlung der Europäischen Arzneimittelkommission (EMA) wurden durch das Nationale Impfgremium in Österreich zur Entscheidungsfindung herangezogen?“

Das kann ich folgendermaßen beantworten: Ganz besonderes Augenmerk wurde auch auf die Zahlen aus Österreich gelegt. Das erwähnte Multisystem-Inflammationssyndrom, das schwere Krankheitsverläufe zeigt und mit einer Häufigkeit von 1 zu 500 bis zu 1 zu 1 000 auftritt, war sicherlich auch Basis oder ein Teil der Basis dieser Entscheidung.

Es ist auch klar, dass die Erfahrungen aus der Anwendung von Covid-19-Impfstoffen in den USA und Kanada, wo in der Zwischenzeit mehrere Millionen Kinder geimpft worden sind, berücksichtigt wurden. Das ist schon sehr breit im Einsatz.

Frage 8: „Inwieweit sehen Sie die Impfpflicht für Kinder und Jugendliche mit Corona-Impfstoffen durch die Empfehlung des Nationalen Impfgremiums realpolitisch verwirk­licht?“


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 133

Es gibt keine Impfpflicht, kann ich einmal sagen. Es sollte für junge Menschen möglich sein – möglich sein! –, eine Impfung mit zugelassenen Impfstoffen wahrzunehmen, wenn der Nutzen das Risiko überwiegt. Hierzu gibt es seitens des Nationalen Impf­gremiums eine Empfehlung und Einschätzung. Um jedoch diese weiterhin persönliche Entscheidungsfindung der jeweiligen Personen zu unterstützen, müssen wir eine entsprechende Aufklärung gewährleisten. Das heißt, Impfärztinnen und -ärzte sind aufgerufen, eine besonders ausführliche mündliche Aufklärung mit dieser Personen­gruppe und dieser Altersgruppe durchzuführen und Fragen alters- und entwicklungs­gerecht zu beantworten. Bei unmündigen Kindern ist, wie bekannt, die Zustimmung eines Elternteils oder einer Person, die mit der Pflege und Erziehung betraut ist, einzu­holen.

Damit auch den jungen Menschen die Möglichkeit – die Möglichkeit! – einer Impfung eingeräumt wird, können sich diese unter Berücksichtigung der Priorisierung – je nach Alter und Bundesland – und weiterer Risiken bereits für eine Impfung anmelden.

Ich kann hier auch erwähnen, dass meine beiden Töchter, zwölf und 15, bereits in Wien für einen Impftermin angemeldet sind. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Die armen Dirndln!)

Frage 9: „Wie können Sie ausschließen, dass die Empfehlung des Nationalen Impf­gremiums gemeinsam mit der gesetzlich eingeführten ‚3-G-Regelung‘ und dem Grünen Pass im Resultat zu einer Impfpflicht für Kinder und Jugendliche mit Corona-Impfstoffen führt?“

Ich beantworte das folgendermaßen: Um individuellen Entscheidungen gerecht zu wer­den und Diskriminierung zu entgegnen, ist es mit der 3G-Regelung möglich, unter­schiedliche kostenlose Wege zu nutzen, um sich selbst und andere zu schützen. Wer sich nicht impfen lassen möchte oder sich aufgrund von Kontraindikationen oder Erkran­kungen nicht impfen lassen kann, hat beispielsweise die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Somit bleibt die Impfung für alle Altersgruppen freiwillig. Auch wenn sich je­mand – unabhängig vom Alter – nicht impfen lassen möchte, bestehen noch andere kos­tenlose Möglichkeiten, die 3G-Regelung zu erfüllen.

Frage 10: „Warum wurde durch das Nationale Impfgremium nicht analog zur Vorgangs­weise der deutschen STIKO [...] entschieden, und ausdrücklich keine Empfehlung für die Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche ausgesprochen?“

Die Beweggründe für die Entscheidung der Stiko müssen Sie bei der Stiko erfragen. Die Empfehlung für Österreich wurde jedenfalls basierend auf Zahlen und Fakten, die auch in Österreich erhoben worden sind, getroffen. (Bundesrätin Schartel: ... Risiko ...!)

Frage 11: „Warum wollen Sie Kinder und Jugendliche mit Corona-Impfstoffen impfen, obwohl es sich nur um eine Notzulassung [...] handelt und die deutsche STIKO die Impfung für Kinder nicht freigegeben hat?“

Es handelt sich bei der Zulassung von Biontech/Pfizer in Europa nicht, wie in den USA, um eine Notzulassung, sondern um eine ganz regulär bedingte Zulassung mit Auflagen, dass weitere Daten vorgelegt werden müssen. Die EMA hat die Erweiterung der Indikation von Biontech/Pfizer auf Kinder und Jugendliche von zwölf bis 15, basierend auf den eingereichten Daten, im Rahmen eines Änderungsverfahrens empfohlen, und die Europäische Kommission hat – der Empfehlung der EMA folgend – den Impfstoff in dieser Altersgruppe zugelassen.

Die Entscheidung der Stiko wäre direkt bei der Stiko zu hinterfragen, aber das Nationale Impfgremium hat, basierend auf der Nutzen- und Risikoevaluierung, gemeinsam mit Daten zur Krankheitslast in dieser Altersgruppe in Österreich, diese Empfehlung ausge­sprochen.


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Frage 12: „Wie beurteilen Sie die Empfehlung des Weltärztepräsidenten Frank-Ulrich Montgomery, derzeit keine Kinder und Jugendlichen gegen Corona impfen zu lassen, da es dafür keine entsprechende Datenlage gibt?“

Es steht natürlich jedem frei – auch dem erwähnten Dr. Frank-Ulrich Montgomery –, eine entsprechende Empfehlung abzugeben. Meine Entscheidung basiert auf den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums, das sind die österreichischen Expertinnen und Experten.

Frage 13: „Gab oder gibt es im Zusammenhang mit der Impf-Empfehlung des Natio­nalen Impfgremiums eine politische Abstimmung innerhalb der Regierungskoalition, ins­besondere mit dem Bundeskanzler?“

Bei der Anwendungsempfehlung des Nationalen Impfgremiums handelt es sich um eine rein medizinisch-fachliche Empfehlung, wie Impfungen anzuwenden sind. Insofern gab es bei den medizinisch-fachlichen Empfehlungen keine Abstimmung mit der Regierungs­koalition oder dem Bundeskanzler. Im Gegensatz dazu wurde der Covid-19-Impfplan des Gesundheitsministeriums, der in drei Phasen die logistische Umsetzung der Impfung vorgibt, mit dem Bundeskanzleramt eng abgestimmt.

Folgefrage auf Frage 13 – ob es eine politische Abstimmung gab –, Frage 14: „Wenn ja, wann und auf welcher rechtlichen Grundlage?“

Die Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt erfolgte nicht auf einer rechtlichen Grund­lage, sondern deshalb, weil es in der Bekämpfung der Pandemie wichtig ist, zu­sam­menzuarbeiten und die Impfung bestmöglich umzusetzen, weil die Impfungen maßgeb­lich dazu führen werden, dass die Pandemie besser bewältigt werden kann.

Frage 15: „Wurden Sie als Gesundheitsminister in die Willensbildung der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums eingebunden?“

Es ist umgekehrt, der Weg ist da ein anderer: Das Nationale Impfgremium berät zu den Themen, zu welchen ich um eine Beratung und Unterstützung ersuche, und spricht nach diesbezüglichen Beratungen unabhängig Empfehlungen aus.

Frage 16: Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und auf welcher rechtlichen Grundlage?“

Das kann ich Ihnen gern beantworten: Beim Nationalen Impfgremium handelt es sich um eine Kommission laut § 8 Bundesministeriengesetz zur fachlichen Beratung des Ge­sund­heitsministers. Die Termine, an denen die Sitzungen stattgefunden haben, inklusive auch aller Ergebnisprotokolle, sind auf der Website meines Hauses abrufbar.

Frage 17: „Welche Gründe können Sie gesundheitspolitisch und medizinisch nennen, die eine Befolgung der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums rechtfertigen?“

Bei den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums handelt es sich um medizinisch-fachliche Empfehlungen, die von ausgewiesenen Expertinnen und Experten aus dem medizinischen Bereich in Österreich ausgesprochen werden. Es gibt das Impfgremium, weil mir die Impfempfehlungen des NIGs für die gesamte Bevölkerung wichtig sind und diese gebündelt von den besten Expertinnen und Experten des Landes ausgesprochen werden. Lesen Sie sich die Liste einmal durch, wer aller im Nationalen Impfgremium sitzt! Das ist wirklich die Crème de la Crème. (Bundesrat Steiner: Die habe ich mir durchgelesen! ... Ich habe mir’s durchgelesen! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Eine Geisterbahn! Das ist eine Geisterbahn!)

Frage 18: „Übernehmen Sie die Ministerverantwortung im Zusammenhang mit der Befolgung der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums?“

Die Expertinnen und Experten des Nationalen Impfgremiums wurden dafür nominiert und haben mein vollstes Vertrauen. Darum bin ich als Minister natürlich auch dazu bereit,


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Verantwortung für die seitens meines Hauses ausgesprochenen Empfehlungen zu übernehmen, und diese basieren auf Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums.

Frage 19: „Wie viele Impfschäden wurden bisher bereits nach Corona-Impfungen seit dem 1.1.2021 in Österreich dokumentiert?“

Bislang haben 52 Personen nach Covid-Impfungen einen Antrag nach dem Impfscha­dengesetz eingebracht. Es erfolgte noch keine Anerkennung eines Impfschadens, da sind die Verfahren noch offen.

Frage 20: „Welche Altersgruppen in welchen Bundesländern sind durch diese Impf­schäden nach Corona-Impfungen betroffen?“

Eine statistische Aufgliederung nach Altersgruppen liegt mir nicht vor. Von den nach Covid-Impfungen antragstellenden Personen haben sechs Personen ihren Wohnsitz in Wien, 14 in Niederösterreich, eine im Burgenland, elf in Oberösterreich, eine in Salzburg, sieben in Tirol, sechs in Vorarlberg, fünf in der Steiermark und eine in Kärnten.

Frage 21: „Durch welche Corona-Impfstoffe wurden diese dokumentierten Impfschäden hervorgerufen?“

Die 52 noch nicht entschiedenen Anträge wegen Covid-Impfungen nach dem Impf­schadengesetz betreffen folgende Impfstoffhersteller: 28 Astra Zeneca, 21 Biontech/Pfi­zer und drei Moderna.

Frage 22: „Welche anderen Nebenwirkungen außer dokumentierten Impfschäden sind bisher nach Corona-Impfungen seit dem 1.1.2021 in Österreich bekannt geworden?“

Dazu darf ich Sie auf die Internetseite des Basg verweisen. Da gibt es einen Bericht über die vermuteten Nebenwirkungen, der wird aktuell alle zwei Wochen veröffentlicht, aber grundsätzlich entsprechen die „gemeldeten vermuteten Nebenwirkungen [...] sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Häufigkeit den aus den Zulassungsstudien zu erwartenden Reaktionen.“ – Ich lese den Satz noch einmal vor, weil er wichtig ist: Grundsätzlich ent­sprechen die „gemeldeten vermuteten Nebenwirkungen [...] sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Häufigkeit den aus den Zulassungsstudien zu erwartenden Reaktionen.“

Neben Reaktionen an der Einstichstelle zählen Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskel­schmerzen oder Unwohlsein, Fiebrigkeit, Gelenksschmerzen, Schüttelfrost und Fieber über 38 Grad auch in den klinischen Studien zu den häufigsten gemeldeten Impf­reaktionen. Ich sage noch einmal dazu – das habe ich auch in der Ordination oft gesehen –: Das sind normale Impfreaktionen. Die hat man nach der Zeckenimpfung und teilweise nach der Hepatitisimpfung, die hat man teilweise auch, wenn man gegen Mumps, Masern, Röteln geimpft wird und wenn man gegen Diphtherie, Tetanus, Polio und Keuchhusten geimpft wird. Das sind normale Impfreaktionen, die treten auf. Das ist eine Nebenwirkung, das ist richtig, aber man muss halt die Wirkung und die Neben­wirkungen in Relation setzen, und da gewinnt mit Sicherheit die Entscheidung für die Impfung.

In Österreich traten nach Impfungen mit Covid‑19-Impfstoff von Astra Zeneca Fälle von einer Kombination von Thrombose und Thrombozytopenie, auch als VITT – Vakzine-induzierte thrombotische Thrombozytopenie – bezeichnet, auf. Das heißt, die Personen, die zu wenig Blutplättchen haben, können gehäufter mit einer Thrombose rechnen. Das wird in Zusammenhang mit Astra Zeneca gebracht.

Frage 23: „Welche Altersgruppen in welchen Bundesländern sind durch diese Neben­wirkungen nach und durch Corona-Impfungen betroffen?“

Eine Auswertung auf Bundeslandebene ist aktuell nicht möglich. Die Auswertung der Altersgruppen mit Stand 11.6.2021 – das sind die vermuteten Nebenwirkungen – sieht


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folgendermaßen aus: unbekanntes Alter: 860, über 75: 933, 65 bis 75: 1 059, 45 bis 64: 9 214, 18 bis 44: 15 718 und 16 bis 17: 45.

Frage 24: „Welche Maßnahmen treffen Sie, um Impfschäden bei“ Kindern „und Ju­gendlichen im Zusammenhang mit Corona-Impfungen aktuell und zukünftig zu verhin­dern?“

In Österreich werden ausschließlich Impfstoffe eingesetzt, die europaweit zugelassen sind. Eine entsprechende Zulassung erfolgt nur, wenn ein positives Nutzen-Risiko-Ver­hältnis gegeben ist. Ich wiederhole da noch einmal, was auch die Vereinigung der Kinderärzte gesagt hat: Es ist wesentlich, dass anständig aufgeklärt wird. Es ist we­sentlich, dass mündig aufgeklärt wird und dass auch in einer altersgerechten Sprache aufgeklärt wird, und es ist notwendig, dass abgewogen wird. Das ist bei jeder Impfung wichtig, und das ist natürlich bei der Impfung von Kindern ganz besonders wichtig.

Frage 25: „Welche Maßnahmen treffen Sie, um andere Nebenwirkungen außer dokumentierten Impfschäden bei“ Kindern „und Jugendlichen im Zusammenhang mit Corona-Impfungen aktuell und zukünftig zu verhindern?“

Noch einmal: In Österreich werden ausschließlich Impfstoffe eingesetzt, die europaweit zugelassen sind. Eine entsprechende Zulassung erfolgt nur, wenn ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis gegeben ist. Zudem müssen vor jeder Impfung eine entsprechende Beurteilung der Impftauglichkeit und eine Impfaufklärung erfolgen. Dies ist auch in den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums beschrieben.

Frage 26: „Welche medizinische Situation müsste im Zusammenhang mit dokumen­tierten Impfschäden und Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen im Zusammen­hang mit Corona-Impfungen eintreten, damit Sie als Gesundheitsminister von der Emp­fehlung des Nationalen Impfgremiums abgehen?“

Das Nationale Impfgremium ist in regelmäßigem Austausch mit meinem Haus, und es ist sichergestellt, dass etwaig notwendige Änderungen in den Empfehlungen umgehend umgesetzt werden. Im Impfgremium gibt es auch ein Safety Board, das sich mit Impf­reaktionen und Nebenwirkungen auseinandersetzt und diese regelmäßig evaluiert. Insofern kann ich mir keine Situation vorstellen, in der ein Abgehen von der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums gerechtfertigt wäre. Ich halte mich also an die Empfeh­lungen der Experten.

Frage 27: „Können Sie ausschließen, dass Personen, insbesondere Kinder und Jugend­liche, die gegen Corona geimpft sind, trotzdem mit dem Virus infiziert werden und erkranken?“

Das kann ich natürlich nicht ausschließen, weil – wie andere Impfungen – auch Corona­impfungen keine hundertprozentige Wirksamkeit haben. Ich kann mich aber erinnern, wie am Anfang, im Juni, Juli, über den Impfstoff berichtet worden ist. Da haben die Experten gesagt, wenn wir eine Wirksamkeit von 50 Prozent erreichen, dann sind wir schwer weiß – 50 Prozent! Jetzt haben wir eine Wirksamkeit, je nach Impfstoff, von zumindest 80, 90 Prozent. Der Impfstoff wirkt also sehr gut. (Bundesrat Spanring: ... das stimmt ja alles nicht! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Frage 28: „Warum werden keine Unterschiede bei der Corona-Impfstoffmenge zwischen Erwachsenen und Kindern sowie Jugendlichen“ – so, wie zum Beispiel bei der FSME-Impfung für Kinder und Jugendliche – „gemacht? [...] Können Sie das auch als Arzt“ - - Das ist kein deutscher Satz; aber ich soll als Arzt den Unterschied erklären.

Welche Dosierung zum Einsatz kommt, entscheidet der Hersteller und muss dies auch in entsprechenden Studien belegen. Es gibt auch andere Impfstoffe, zum Beispiel die Impfstoffe gegen, wie schon erwähnt, Diphtherie, Tetanus, Polio und Keuchhusten oder


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auch Meningokokken oder auch der Grippeimpfstoff, bei denen zumindest für Schul­kinder und Erwachsene dieselbe Dosis zum Einsatz kommt. Das ist nichts Ungewöhn­liches.

Die Fragen 29 bis 31 werde ich kumulativ beantworten:

Frage 29: „Wie viele Anzeigen sind aufgrund des Werbespots ‚Initiative Österreich impft‘, der unter Federführung des Roten Kreuzes ins Leben gerufen wurde und gegen die §§ 51 ff AMG verstößt, bei den Verwaltungsstrafbehörden und bei der Aufsichts­behörde gegen die verantwortlichen Personen eingelangt?

a. Wurde ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die verantwortlichen Personen ein­ge­leitet?

b. Wenn ja, mit welchem Ausgang?

c. Wenn nein, weshalb nicht?“

Frage 30: „Wie viele Anzeigen sind aufgrund des Werbespots der Österreichischen Gesundheitskasse [...] ‚Baby lass uns impfen, ich und du, wir zwei, lass uns hier ver­schwinden, endlich sind wir frei. Komm, wir gehen jetzt Impfen, Du kannst mir vertrauen.‘ [...], welchem die gesetzlichen Mindestanforderungen an Arzneimittelwerbun­gen samt Risikohinweisen fehlen, bei den Verwaltungsstrafbehörden und bei der Aufsichtsbe­hörde gegen die verantwortlichen Personen eingelangt?“

Frage 31: „Wurde ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die verantwortlichen Personen, siehe Frage 30 – eingeleitet? [...] Wenn ja, mit welchem Ausgang? [...] Wenn nein, wes­halb nicht?“

Zu den Fragen 29 bis 31 ist zunächst festzustellen, dass meiner Meinung nach die entsprechende Homepage der Kampagne sehr umfassend und ausgewogen ist – ich bitte um Kontrolle – und den Vorgaben des AMG zur Arzneimittelwerbung entspricht. Das Video und das Lied bewerben das Impfen und nicht einen Impfstoff, weshalb nicht von einer Arzneimittelwerbung auszugehen ist. Die zuständige Verwaltungsstrafbehörde nach dem AMG ist die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde, daher liegen meinem Ressort keine Informationen dazu vor. Diese müssten erst erhoben werden, was mir jedoch in der Kürze der Zeit nicht möglich war.

Frage 32: „Wie hoch sind die Steuermittel, die für die Unterstützung derartiger Impf­kampagnen aufgewendet werden (aufgeschlüsselt nach Rechtsträger und Fördervolu­men)?“

Frage 33: „Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen diese Förderungen?“

Frage 34: „Wurde die Durchführung dieser Werbekampagnen als Dienstleistung gemäß den gesetzlichen Rahmenbedingungen [...] ausgeschrieben?“

Da die Beauftragung und Umsetzung der Kampagne „Österreich impft“ über das Bun­deskanzleramt abgewickelt werden, können vonseiten des Sozialministeriums zu den Fragen 32, 33 und 34 keine näheren Angaben übermittelt werden. Im Budget des Bun­desministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und KonsumentInnenschutz für das Jahr 2021 wurden keine Mittel für eine österreichische Impfkampagne veranschlagt.

Zur Frage 35:

Die Impfkampagne „Österreich impft“ bezieht sich weder auf produktbezogene Aspekte noch auf ein bestimmtes Arzneimittel oder einen bestimmten Impfstoff und ist daher auch keine Werbung für Arzneimittel. Es soll im Zuge der Kampagne über die Wichtigkeit, die Sicherheit und die Wirksamkeit der Coronaschutzimpfung informiert werden, damit sich jeder und jede Einzelne anhand medizinisch fundierter und transparenter Kommunikation


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eine eigene Meinung zur persönlichen Impfentscheidung bilden kann. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Appé.)

16.49


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Danke für die Beantwortung der schriftlichen Anfrage. (Bundesrat Schreuder: Sehr gut geantwortet!)

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile ihr dieses.


16.49.57

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, was Sie uns da soeben zur Antwort gegeben haben, erschüttert mich schon ein wenig. Es wundert mich nicht, aber es erschüttert mich. Sie sind da gestanden und haben gesagt, das entscheidende Mittel zur Beendigung der Pandemie sei die Impfung. (Bundesrat Schreuder: Ja!) Ich glaube, das entscheidende Mittel zur Beendigung der Pandemie wäre, dass wir wieder ein bissel den Hausverstand einsetzen, die Leute nicht kopfscheu machen – und die Gesundheit ist das Wichtigste für die Menschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es sind von Ihnen bei der Beantwortung der Fragen sehr unkonkrete und unvollständige Antworten gekommen. Ich habe zuerst gesagt: Bitte, ein bissel lauter sprechen, weil ich am linken Ohr taub bin! Ich halte es Ihnen zugute, dass Sie daraufhin wiederholt haben – aber was da gekommen ist, waren leere Worthülsen. Sie haben sich in dem, was Sie gesagt haben, auch permanent widersprochen. Sie reden also von Impfungen, auf der anderen Seite aber davon, dass die Impfungen wahrscheinlich gar nicht helfen werden, weil die Mutationen da sind. (Bundesrat Schreuder: Hat er nicht gesagt! Hat er nicht gesagt!) In der Antwort auf die Frage 27 können Sie als Mediziner keine Garantie da­für abgeben, dass diese Impfungen heilsam wären. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Es ist eigentlich eine einzige Pflanzerei! Die Antworten sind sehr halb­herzig dahergekommen. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Was Sie gut beherrscht haben, ist, dass Sie uns Freiheitlichen wieder ein Manterl um­hängen wollten, dass wir die Panikmacher und die Angstmacher sind. Glauben Sie mir aber, Sie brauchen sich nicht zu wundern, dass wir Freiheitliche als Oppositionspartei uns (Zwischenruf bei der SPÖ), wenn wir so eine Wischiwaschiantwort kriegen, unter Umständen sehr direkt mit unseren Ausführungen wehren und sicherlich kein Blatt vor den Mund nehmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

All Ihre Aktionen, all das, was momentan aufgeführt wird, diese große Impfstrategie, passiert auf den Rücken von Kindern – Kinder, welche unter Druck gesetzt werden; Kinder, denen man verklickert, dass sie ohne Impfung vom gesellschaftlichen Leben aus­geschlossen sind; Kinder, welchen seit eineinhalb Jahren wertvolle Bildungszeit und wertvolle Lebenszeit geraubt wurde.

Die seit einigen Wochen immer wieder kolportierten, ständig sinkenden Zahlen – Sie müssten uns doch eigentlich recht geben, Herr Minister – müssten doch eigentlich erlau­ben (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), dass man die ganzen sinnlosen Coro­namaßnahmen endlich zur Gänze aufhebt. (Beifall bei der FPÖ.) Es wäre ein Gebot der Stunde. (Bundesrat Schennach: ... Angst?!) Gerade die bisherigen Strategien zur Bekämpfung der Pandemie haben Kinder und Jugendliche besonders hart getroffen. Wir haben es heute schon gehört: Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind übergegangen. Dort hat es Triagen gegeben, und das ist wirklich unglaublich.


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Letzte Woche hat in Salzburg, meinem Heimatbundesland, der Runde Tisch Menschen­rechte gemeinsam mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft eine Stellungnahme ge­schrieben. Wir haben es schriftlich, da steht unter anderem drin: „Es ist […] höchste Zeit, ihren Interessen“ – also Interessen von Kindern – „mehr Gewicht beizumessen […]. Dies ist nicht zuletzt ein Gebot der gesellschaftlichen Solidarität, in deren Namen Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Monaten sehr viel abverlangt wurde.“ Im Hinblick auf die Impfungen ist an den Vorrang des Kindeswohls zu denken und an die Autonomie der Kinder zu erinnern. Die Rücksichtnahme auf die Interessen und das Wohl von Kindern „entspricht auch einer menschenrechtlichen Verpflichtung, zu der sich Österreich auf internationaler und europäischer Ebene bekannt hat“ und die in der Bundesverfassung steht. – Das sagt der Runde Tisch Menschenrechte. Was macht diese schwarz-grüne Bundesregierung? – Na, die fährt wieder einmal drüber. Die fährt ohne Rücksicht auf Verluste drüber, und seit eineinhalb Jahren werden Kindern und Jugendlichen in diesem Land Grund- und Freiheitsrechte geraubt und eingeschränkt.

Erzählt mir bitte nie wieder irgendjemand von euch Schwarzen, Grünen und Türkisen von einer UN-Kinderrechtskonvention, an die ihr euch anscheinend nicht haltet! Erzählt mir bitte nie wieder etwas von irgendeinem Kinderrechtsausschuss, den ihr mit dieser Aktion genauso indirekt mit Füßen tretet! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Eure Politik ist reines Placebo und Makulatur. (Beifall bei der FPÖ.)

Seit eineinhalb Jahren werden Kinder und Jugendliche von Schwarz-Grün unter Druck gesetzt und mit Horrorgeschichten in Angst und Panik versetzt. Erinnern wir uns doch ein Jahr zurück! Ich meine, diese Werbespots ziehen sich eh durch wie ein roter Faden. Erinnern wir uns doch an wirklich geschmacklose Werbefilme im Fernsehen, in denen die Großeltern auf der einen Seite und die Kinder auf der anderen Seite sind und sie sich durch eine Glasscheibe, durchs Fenster hindurch zuwinken und begrüßen durften! Das ist menschenunwürdig! Der älteren Generation sind die Kinder und die Sozialkontakte abgegangen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Kinder haben sich nicht mehr ausgekannt. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Es ist geschmacklos, geschmacklos und geschmacklos! Kinder durften ihre Freunde nicht mehr treffen, obwohl wir wissen, dass in dieser Entwicklungsphase Sozialkontakte enorm wichtig sind. Kinder durften monatelang nicht in die Schule gehen, weil diese von heute auf morgen geschlossen wurden, und mussten sich – gemeinsam mit den Eltern – mit dem Distancelearning durchkämpfen. Dann haben sie wieder in die Schule gehen dürfen und sind monatelang mit ungesunden FFP2-Masken schikaniert worden – stun­den­lang ohne Pause, ohne Lobby, ohne Gewerkschaft. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Schennach.)

Kinder müssen sich derzeit nach wie vor bis zu dreimal die Woche testen lassen (Zwi­schenruf des Bundesrates Schreuder), damit sie am Präsenzunterricht teilnehmen dürfen (Bundesrat Schennach: Ja ..., ist das schlimm?!) – und nun werden sie auch noch als Versuchskaninchen herangezogen. Sie müssen für einen Impfstoff herhalten, der nicht einmal ordentlich erforscht ist. Für mich ist es völlig unverständlich, wie das von einem grünen Minister kommen kann, aber vielleicht können Sie mir das erklären, Herr Minister! Das ganze Jahr esst ihr Grünen eure gesunden Körndln (Bundesrat Schreuder: Na, ich war schon mal beim McDonald’s ...!), ihr kämpft gegen gentechnisch manipulierte Lebensmittel (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), die GMOs, ihr achtet auf vegane Ernährung (Bundesrat Schennach: ... der Kogler ...!), ihr kleidet euch – außer Ihren Turnschuhen – in Jute statt Plastik und kümmert euch immer und überall um die Menschenrechte – also wie diese euch Grünen gerade so passen (Ruf: ... Baby-McDo­nald’s?) –, und auf der anderen Seite werden da nun Kinder als Versuchskaninchen benutzt. Kindern soll nun ein genbasierter Impfstoff verabreicht werden, der nicht ordentlich


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erforscht und nur halb zugelassen ist, dessen Langzeitwirkungen ja überhaupt nicht bekannt werden. Das ist heuchlerische Politik, bitte. (Beifall bei der FPÖ.)

Was mich allerdings noch weit mehr auf die Palme bringt, ist, dass man den Kindern und uns allen, dem Volk, verklickern möchte (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), dass diese Impfungen ja freiwillig sind. Diese Impfungen sind ja bei Weitem nicht freiwillig! Echte, wirkliche Freiwilligkeit und Wahlmöglichkeit schauen doch ganz anders aus. Das, was ich an der Geschichte so schmutzig finde, ist, dass mit ganz subtilen unterschwelligen Methoden gearbeitet wird, welche einem wirklich die Gänsehaut aufsteigen lassen. Genau das ist das Verwerfliche.

Kindern wird versprochen: Wenn du dich impfen lässt, dann kannst du deine Omi und deinen Opi wieder sehen. Wenn du geimpft bist, kannst du Freunde treffen, auf Konzerte gehen und Sport betreiben, dann darfst du wieder in die Schule gehen. – Bei Kindern werden einfach falsche Bilder gezeichnet. Das ist reine Augenauswischerei. Den Kindern wird kein reiner Wein eingeschenkt, offen und ehrlich, wie es sein sollte – und daher hat das nichts mit echter Freiwilligkeit zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht aber noch weiter: Im Zuge der Impfungen wird nicht einmal mehr davor zurückgeschreckt, dass man Schwangere zu Impfungen zulässt. Nun mag man ja sagen – ich bin ein Freiheitsliebhaber –: Jeder Erwachsene soll mit seinem Körper tun und lassen, was er will, das ist nicht mein Bier! – Eine Schwangere mit einem unge­borenen Kind, das sich nicht wehren kann, zu impfen, halte ich allerdings für höchst bedenklich. Ich darf schon noch daran erinnern, dass es im 20. Jahrhundert in Europa den Contergan-Skandal gab. Ich hoffe nicht, dass wir Contergan 2.0 mit Corona miterleben müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir alle hier wissen nicht, welche Auswirkungen der Impfstoff hat und welche Lang­zeitschäden es gibt. Wir wissen über die MRNA-Impfstoffe so gut wie gar nichts. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ... gar nicht!) – Das stimmt schon, unsere schwarz-grüne Bun­desregierung fährt aber drüber, ohne Rücksicht auf Verluste. Es wird schon jemand gut daran verdienen. Das kann schon sein; ich bin niemandem etwas neidig, nur kämpfe ich für die Rechte der Kinder und für ungeschützte Menschen.

Derweil werden die Stimmen der Fachleute immer lauter. Unzählige Ärzte – keine Allge­meinmediziner; ich will Ihren Titel nicht schmälern, aber es sind nicht nur Allge­mein­mediziner, sondern Fachärzte, wirklich hohe Kapazunder, Experten, die sich jahrelang mit der Thematik beschäftigt haben – warnen immer lauter vor diesen Impfungen, spe­ziell bei Kindern. Die Ständige Impfkommission in Deutschland warnt – wir haben es bereits gehört. Sie haben vorhin von der WHO gesprochen. Ich lese Ihnen nun die Empfehlung der WHO vor: Weil Kinder eben leicht oder nicht erkranken, empfiehlt die WHO die Impfung nur für Kinder mit Vorerkrankungen. – Für alle anderen Kinder schließt die WHO sie aus. Bitte zitieren Sie richtig, Herr Minister, wenn Sie schon zitieren! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bravo!)

Ja, und so zieht es sich durch wie ein roter Faden. Die Nebenwirkungen und das Risiko von Langzeitfolgen für Kinder sind nicht überschaubar. Die Fachärzte, all die Kapa­zunder lehnen die Impfung aus den verschiedensten Gründen ab, aber das ist alles fachlich begründet. Sie sagen das ja nicht nur, weil sie lustig sind, sondern sie begründen das auch fachlich – und das wäre eigentlich Pflicht. Bei Ihnen als Mediziner und als Politiker kommt ja eine gute Doppelkombination zusammen. Es wäre eigentlich Ihre Ver­antwortung, sich nicht auf dieses Nationale Impfgremium – denn in diesem Gremium sitzt wirklich nicht gerade das Gelbe vom Ei drin –, sondern auf wirkliche Experten und Fachleute zu verlassen und ihnen zu vertrauen. Ehe wir da einen Schnellschuss machen und Kinder verheizen und schauen, dass sie durchgeimpft werden, obwohl wir nicht wissen, was da passieren kann, kann man doch warten, bis man dann ordentliche


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Ergebnisse hat. Da können sich die Kinder, wenn sie erwachsen sind – so lange dauert nämlich ein Forschungsprozess – dann selbst entscheiden.

Gehen Sie nicht auf wehrlose Kinder los! Noch einmal: Ihre Anfragebeantwortung heute war mehr als dürftig. Ich kann nur sagen: Kinder sind keine Versuchskaninchen! Schauen Sie, dass 3G wegkommt, und schauen Sie, dass all die Schikanen für Kinder endlich eingestellt werden! – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

17.02


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Elisabeth Wolff. – Ich erteile ihr dieses.


17.02.44

Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem: Werte Zu­sehe­rinnen und Zuseher zu Hause! „Herr Gesundheitsminister, wieso impfen Sie die Kin­der?“ – Das ist eine gute Frage, und ich freue mich, kurz dazu Stellung zu beziehen.

Ich habe in den letzten Monaten mit vielen Eltern und Kindern – auch im näheren Be­kannten- und Verwandtenkreis – diskutiert, denn sie warten sehnsüchtig darauf, endlich zu einer Normalität zurückkehren zu können. (Heiterkeit des Bundesrates Ofner. – Bun­desrätin Steiner-Wieser: Die haben aber lang die Masken getragen!) Die Impfung verschafft Gewissheit: Ich bin geschützt, ich bin sicher. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Nur medizinisch ist das Schwachsinn!)

Es ist, entgegen der Annahme bei Bekanntwerden des Virus, mittlerweile klar: Auch Kinder können an Covid-19 erkranken. Gerade die neuen Mutationen führen dazu, dass immer mehr jüngere Menschen an dem Virus erkranken. Auch Kinder haben zum Teil Langzeitschäden durch die Erkrankung mit Covid-19. (Bundesrat Ofner: Durch eure Maßnahmen! Weil sie die Masken tragen müssen!) Obwohl sie direkt bei der Erkrankung oft noch keine Symptome haben, ist es leider so, dass ab drei Wochen nach der Erkrankung dann Spätfolgen wie Long Covid oder das Pims-Syndrom auftreten. Man glaubt, alles ist wieder gut, es ist nichts weiter passiert – und dann kommt der Rück­schlag.

Experten schätzen, dass 7 bis 12 Prozent der infizierten Kinder an diesen Langzeitfolgen leiden. Was kann man sich nun darunter vorstellen? – Das fängt mit Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, dem Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Konzentrations­schwächen und Gedächtnisproblemen an – die Kinder können dem Unterricht nicht mehr folgen oder zum Teil nicht einmal mehr mitschreiben. Es geht aber noch schlimmer: Das Pims-Syndrom, ausgelöst durch eine Coronainfektion, ist eine Multientzün­dungs­erkrankung bei Kindern, die zwei bis drei Wochen nach einer Infektion auftreten kann. Dabei greift das Immunsystem den eigenen Körper an, und es führt zu irreparablen Organ­schäden. Auf die psychologischen Folgen einer ständigen Angst, sich zu infi­zieren, will ich gar nicht erst weiter eingehen, weil ich denke, das würde den Rahmen meiner Rede weitaus sprengen. Deswegen sage ich: Herr Gesundheitsminister, zum Glück schützen Sie unsere Kinder! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die EMA ist weltweit eine der strengsten Zulassungsbehörden. Auch auf nationaler Ebene gibt es die Empfehlung, die Impfung für über zwölfjährige Kinder freizugeben. Das bedeutet eben nicht, dass jeder oder jede Zwölfjährige nun zwangsgeimpft wird, sondern es ist eine Möglichkeit – und ich bitte Sie: Sehen wir über die Landesgrenzen! In den USA und in Kanada können sich die Zwölf- bis 15-Jährigen seit Mai impfen lassen; über 2,5 Millionen Kinder wurden in den USA bereits geimpft. Es gibt da also Erfah­rungen, auf die wir uns stützen können.


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Ich möchte den Bogen noch etwas weiter spannen: Wenn wir in die Geschichte zurück­schauen, gab es einige Krankheiten, die dank Impfungen von Kindern in Europa als ausgerottet gelten. Ich habe das Glück, in einer Generation geboren zu sein, in der man keine Angst vor Polio oder Pocken haben muss, denn diese stellen durch die Impfung heutzutage keine Gefahr mehr dar. Genau das wünsche ich mir für meine Kinder und für meine Enkelkinder in Bezug auf Covid-19. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Deswegen bitte ich vor allem Sie zu Hause vor den Bildschirmen: Denken Sie fakten­bezogen, ohne Schaum vor dem Mund! Schützen wir unsere Kinder! Gehen Sie bei Bedenken zum Hausarzt oder zum Kinderarzt, informieren Sie sich! Wir haben genügend Impfstoff – und ich denke, es ist wichtig, das Angebot zu machen, im Rahmen der 3G-Strategie auch endlich die Kinder ab zwölf Jahren zu impfen, wenn sie das wollen. Deswegen sage ich nun ein letztes Mal vielen Dank: Vielen Dank an die gesamte Bun­desregierung, dass Sie uns sicher durch diese Krise führen! (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

17.07


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Ingo Appé. – Ich erteile ihm dieses.


17.07.26

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Schöne in diesem Haus ist, dass jeder und jede sagen kann, was er oder sie will (Bundesrätin Steiner-Wieser: Gott sei Dank! – Bundesrat Dim: Stimmt!) – ob es gescheit ist oder nicht. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Da in der Dringlichen Anfrage eine Anzahl von Publikationen aus dem Netz zitiert wurde, möchte auch ich mit einem Artikel meinen Redebeitrag beginnen. Heute stand auf Seite 15 der „Neuen Zürcher Zeitung“: Zertifikat bringt Freiheit, nicht Diktatur. „Diese Warnung vor einer Zweiklassengesellschaft ist eine groteske Verzerrung der Realität. Der Bundesrat“ – in dem Fall der Schweizer – „hat am Mittwoch klargemacht, wie das Impfzertifikat zum Einsatz kommt. Da ist keine Diktatorentruppe am Werk, sondern eine Kollegialregierung, die mit Augenmass vorgeht.“ – „Jeder urteilsfähige Mensch hat das Recht, auf die Impfung zu verzichten. Entwickelt sich die Pandemielage weiterhin so positiv wie in den letzten Wochen, sind die Konsequenzen für die Verweigerer verkraft­bar“. – „Einen obrigkeitlichen Druck oder gar einen Zwang, sich […] in den Arm spritzen zu lassen, gibt es somit nicht. Aber sehr wohl eine Motivation: Wer schnell wieder das Leben zurückhaben möchte, wie es bis Februar 2020 normal war, kann dies mit“ einer „Impfung erreichen. Das müsste insbesondere für“ junge Erwachsene „ein Anreiz für die Impfung sein. In dieser Bevölkerungsgruppe zögern“ noch „viele aus Angst vor […] Nebenwirkungen.

Klar ist aber auch, dass das Impfzertifikat nur eine Übergangslösung sein kann. Eine, die den Weg in die Freiheit ebnet.“

Sie sehen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Diese Thematik ist kein öster­reichi­sches Phänomen. Eines sollte uns schon klar sein – gerade im Hinblick auf unsere Kinder: Wir sollten den Sommer dazu nutzen, im Herbst wieder einen geregelten Schul­betrieb zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Es ist kein Geheimnis, dass wir uns nur dann erfolgreich dem Virus stellen können, wenn wir einen bestimmten Prozentsatz an Geimpften in der Gesamtbevölkerung erreichen können. Für uns ist aber auch klar, dass der Präsenzunterricht im Herbst und im Winter für Geimpfte, aber auch für Nichtgeimpfte gewährleistet werden muss. Es darf auf keinen Fall zu einem Ausschluss von Kindern kommen, die keine Impfung nachweisen können.


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Wir können der Forderung der AK-Präsidentin Anderl, dass Schulschließungen im Herbst nur eine Ausnahme darstellen können, nur beipflichten. Daher richte ich auch den Appell an Sie, Herr Bundesminister, aber auch an den Bildungsminister, die Sommerzeit dazu zu nutzen, die Voraussetzungen zu schaffen, um den Herausforderungen zeitgerecht entgegenzutreten. Gesundheitsrisken müssen minimiert und gleichzeitig Bildungsange­bote und Kontaktmöglichkeiten zu KlassenfreundInnen sichergestellt werden. Diesbe­züglich hoffe ich auf qualifizierte Vorschläge von Ihnen, Herr Bundesminister – und nicht auf eine Reaktion wie die von Herrn Bundesminister Faßmann, der heute hier die Ver­antwortung, als Schulerhalter die Voraussetzungen für den Klassenbetrieb zu schaffen, auf die Gemeinden und die Bürgermeister abgeschoben hat.

Nun komme ich auf die in der Anfrage gestellten Fragen zurück, wobei ich mich bei Ihnen ganz besonders bedanken möchte, weil wir in letzter Zeit leider nicht daran gewohnt sind, Anfragen in dieser Qualität beantwortet zu bekommen. Das sehe ich etwas anders als die Kollegin von den Freiheitlichen. Da wird die Frage gestellt: Wieso impfen Sie Kinder? – Fast alle Eltern entscheiden sich heutzutage dafür, ihr Kind impfen zu lassen. Dies zeigen auch die Ergebnisse in den Schuleingangsuntersuchungen: Rund 95 Pro­zent der Erstklässler haben wesentliche Grundimpfungen erhalten. Viele Eltern möchten sich vor der Impfung ausführlich informieren; sie fragen, wie gefährlich die Krankheiten sind und was an den Berichten über Nebenwirkungen von Impfungen wirklich dran ist. Solche Fragen und Unsicherheiten sind ganz normal und legitim.

Wenn viele geimpft sind, treten die Krankheiten seltener auf, geraten in Vergessenheit und werden damit als harmlos eingestuft. Die möglichen Nebenwirkungen einer Impfung werden dann kritischer gesehen. Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Masern, Keuch­husten und Mumps sind aber alles andere als harmlose Kinderkramgeschichten. Sie sind hoch ansteckend, können sich sehr schnell ausbreiten und schwere Folgen haben. Um eine weitere Ausbreitung der Bevölkerung zu verhindern, ist es wichtig, dass mög­lichst viele geimpft werden. (Bundesrat Steiner: „Eine weitere Ausbreitung der Bevölke­rung zu verhindern“ ...?!) Dies gilt für nachfolgende Impfungen, aber genauso für die Impfung gegen Covid.

Weil die Begriffe Kinder und Jugendliche sehr vermischt wurden, möchte ich festhalten, dass man unter Kindern Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren versteht. Für sie sind folgende Impfungen vorgesehen: Diphterie, FSME, Grippe, Hepatitis B, Haemophilus influenzae Typ B, HPV, Keuchhusten, Masern, Meningokokken, Mumps, Pneumo­kokken, Polio, Rotaviren, Röteln, Tetanus und Windpocken. Für die Jugendlichen von 12 bis 17 sind dies: Diphterie, FSME, Grippe, Hepatitis B, HPV, Keuchhusten, Masern, Mumps, Polio, Röteln, Tetanus und Windpocken. (Ruf bei der FPÖ: ... und Corona!)

Wenn man nun den Empfehlungen bezüglich der Impffreudigkeit und der möglichen Impfungen nähertritt, was der Herr Bundesminister bereits angeführt hat, so ist ganz klar vom Nationalen Impfplan festgelegt, dass er Impfungen für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren uneingeschränkt befürwortet. Auch die EMA ist dieser Meinung. Die Ständige Impfkommission aus Deutschland, die Stiko, ist auch bereits zitiert worden; sie spricht eine andere Empfehlung aus, nämlich Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren nur dann zu impfen, wenn sie Vorerkrankungen oder ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Krankheitsverlauf haben oder sie mit Personen aus diesen Risikogruppen in Kontakt sind. Risikogruppen bedeutet: starkes Übergewicht, Diabetes, Asthma oder andere Vorerkrankungen, die im Falle einer Covid-19-Erkrankung ein erhöhtes Risiko darstellen. Die Fachleute der Stiko sprechen sich jedoch nicht prinzipiell gegen eine Impfung aus, wenn ein junger Mensch diese nach entsprechender Aufklärung erhalten möchte.

Nun komme ich ein bisschen zum Cherrypicking der FPÖ: Wir hören immer wieder, wie toll alles in den Vereinigten Staaten ist, dass dort alles frei ist, dass dort der Virus


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eigentlich nicht mehr existiert. – Auch die amerikanische Zulassungsbehörde, die FDA, erachtet es hingegen als sinnvoll, alle Kinder und Jugendlichen zu impfen; denn infizierte Kinder können die Infektion an andere weitergeben. Ganz so ist es nicht; wenn man immer nur die Argumente herausschreibt, die einem gefallen, sollte man eigentlich auch das ganze Bild betrachten.

Warum sollen Impfungen notwendig sein? – Da sie einen Schutz der geimpften Person hervorrufen, den Individualschutz. Zusätzlich bewirken viele Schutzimpfungen, wie zum Beispiel die Covid-Impfung, dass auch nicht immune Personen indirekt geschützt wer­den, weil die Verbreitung von Infektionen verhindert wird, den sogenannten Gemein­schafts­schutz. Sich impfen zu lassen ist daher nicht nur ein Akt der Eigenverantwortung, sondern auch der freiwilligen Solidarität zum Schutz empfänglicher Mitglieder unserer Gesellschaft, die nicht durch eine Impfung geschützt werden können, wie zum Beispiel Säuglinge oder Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.

Wem von uns, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht die Gesundheit der eigenen Kinder die größte Herzensangelegenheit? Nach der Geburt fängt das ganze Dilemma schon an. Spätestens im dritten Lebensmonat eines Kindes ist man als Elternteil mit der Impffrage konfrontiert. Einige sind unsicher, ob es wirklich notwendig ist, dass ihre Kinder geimpft werden. Schließlich – so lautet oft der besorgte Einwand – können Impfungen auch Nebenwirkungen hervorrufen. Ist es nicht besser, sie die vermeintlich harmlosen Kinderkrankheiten durchmachen zu lassen? – Das ist, glaube ich, nicht der richtige Weg. Weil Eltern von heute viele der durch die Impfung ver­meid­baren Erkrankungen gar nicht mehr kennen, ist der Respekt vor derartigen Erkran­kungen leider stark gesunken. So gibt es dank Impfungen Kinderlähmung in Österreich nicht mehr, Wundstarrkrampf ist eine Seltenheit geworden, und die bakterielle Gehirn­hautentzündung durch Haemophilus influenzae Typ B kommt bei Kindern in Österreich praktisch gar nicht mehr vor.

Es kann auch festgehalten werden, dass sogenannte Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps oder Keuchhusten keineswegs harmlos sind und Personen aller Altersgruppen betreffen können. Durch Impfungen vermeidbare Krankheiten können mit schweren Komplikationen wie zum Beispiel Hirnschäden, Lähmungen, Blindheit und Gehörlosig­keit einhergehen oder sogar zum Tod führen. Durch Impfungen können diese Krank­heiten und damit auch die Folgeschäden verhindert werden.

Impfen: Ja oder Nein? – Diese Frage wird in Österreich nicht nur derzeit, sondern sie wurde auch bereits in der Vergangenheit heiß diskutiert, denn eine Impfpflicht besteht hierzulande nicht. Jeder kann ohne Angabe von Gründen eine Impfung für sich oder sein Kind ablehnen. Den Eltern obliegt es, die Schutzimpfungen bei ihren Kindern rechtzeitig vornehmen zu lassen.

Ich merke zu Kollegin Steiner-Wieser bezüglich der UN-Konvention für Kinderrechte an: Da möchte ich schon hoffen, dass es hier in diesem Haus eine breite Zustimmung gibt (Ruf bei der FPÖ: Selbstverständlich, nur ...!), denn entsprechend der UN-Konvention vom 20. November 1989 haben Kinder das Recht auf beste Gesundheitsversorgung. (Ruf bei der FPÖ: Richtig! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Richtig! Genau das ist es! Genau das ist es!) – Hör einmal zu! Dazu gehört aber auch der Schutz vor Erkran­kungen, die durch Impfungen vermeidbar sind. (Bundesrat Steiner: Oder hervorgerufen werden!)

Beim Thema Impfen geistern viele Informationen und Halbwahrheiten herum. Viele Eltern sind daher schnell verunsichert: Schadet die Impfung den Kindern nicht mehr, als sie nutzt? Warum soll man sein Kind gegen Infektionskrankheiten impfen lassen, die bereits ausgerottet sind? (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... da drin steht’s!) Sind Imp­fungen wirklich sicher? – Das Robert-Koch-Institut hat gemeinsam mit dem Paul-Ehrlich-


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Institut den häufigsten Einwänden gegen das Impfen harte Fakten gegenübergestellt. Die Beantwortungen sollen helfen, diese Behauptungen einzuordnen und sich vom Nutzen des Impfens ein Bild zu machen. Man kann das im Internet sehr genau nach­lesen. Impfen fundiert zum großen Teil auf Vertrauen: Vertrauen in die Medizin, Vertrau­en in die Experten und Vertrauen in die Entscheidungsträger.

Da hat Panikmache keinen Platz, denn es geht um die Gesundheit unserer Kinder und unsere Zukunft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.20


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses. – Bitte.


17.20.18

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Meine VorrednerInnen, Kollegin Wolff und Herr Kollege Appé, haben wirklich schon sehr viel dazu ausgeführt, welchen Nutzen, welchen Zweck Impfungen haben können. Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen, aber ich möchte schon sagen, dass die Bewältigung dieser Pandemie und der Diskurs darüber uns nun schon seit einem Jahr beschäftigen. Es geht eben um die Bewältigung.

Es ist ja in der Tat so, dass uns vier, also mehrere Impfstoffe, von der EMA, zugelassen, zur Verfügung stehen und dass in Österreich impfwillige Menschen die Möglichkeit haben, schnell, viel schneller als in anderen europäischen Ländern, zu einer Impfung zu kommen.

Eines sollte uns allen klar sein: Gerade jetzt, mit der neuen Deltamutation, die wahr­scheinlich um 40 bis 60 Prozent ansteckender ist, wird es so sein, dass es früher oder später nur zwei Szenarien geben kann: Entweder man ist geimpft oder man wird wahr­scheinlich erkranken. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Oder man ist gesund!) Da gilt es natürlich abzuwägen, wie hoch das Risiko des Einzelnen beziehungsweise von Per­sonengruppen im Zuge einer Infektion mit Corona ist.

Zu Beginn der Pandemie, wenn wir uns erinnern, hat man angenommen, dass es nur die Risikogruppen betrifft, also insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen oder auch ältere Menschen, aber gerade im Zuge des Mutierens des Virus – und so ein Virus ist ja ziemlich schlau, muss man sagen (Ruf bei der FPÖ: Ja, enorm!) – hat es auch Menschen sehr stark betroffen, die keiner Risikogruppe angehören. Auch bei ihnen kommt es zu schweren und sehr schweren Krankheitsverläufen und zu Todesfällen. Das gilt auch für jüngere Menschen, für Menschen ohne Vorerkrankung. Genau dagegen schützt uns die Impfung.

Ich muss das aus eigener Erfahrung nach durchgemachter Erkrankung in der Familie sagen: Covid-19 ist extrem heimtückisch. Das gilt während der Infektion und für viele, viele Menschen auch noch, was die Folgen danach betrifft. Die können wir wahr­scheinlich in dem Ausmaß, in dem sie uns als Gesellschaft treffen werden, noch gar nicht abschätzen. Auch dagegen schützt uns die Impfung schlussendlich. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Eben nicht!)

Die Impfung ist freiwillig. Sie wird empfohlen, ja. Warum auch nicht? Sie tut uns ja gut, sie schützt uns ja. Es ist jedem und jeder überlassen, die Möglichkeit der Impfung zu nutzen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Eben nicht! – Bundesrat Spanring: Eben nicht, und genau darum geht es!) Niemand wird gezwungen, sich impfen zu lassen. Wenn es tatsächlich so ist, dass sich jemand aus faktischen Gründen nicht impfen lassen kann oder impfen lassen möchte, hat er immer noch die Möglichkeit, mit weitreichenden Test­angeboten genau dieselbe Partizipation an der Gesellschaft zu haben wie die Menschen,


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die über die anderen zwei G verfügen. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich möchte schon auch sagen, dass eine Testung durchaus verhältnismäßig ist. Wenn ich jetzt zum Beispiel von mir ausgehe: Ich wohne auf dem Land. Innerhalb von zwei Kilometern Umkreis gibt es zwei Teststationen, und wenn ich meine Papiere ausgefüllt habe, dauert es genau 1 Minute, in die Teststation hineinzugehen, und dann habe ich für 48 Stunden wieder einen Persilschein, dass von mir wahrscheinlich ein geringeres Risiko ausgeht. Das ist nun wirklich, wenn wir die Folgen von Corona bedenken, kein Aufwand. Es gibt Wohnzimmertests mit QR-Code, in Wien gibt es die Gurgeltests. Also das sollten wir schon auf uns nehmen, um andere Menschen zu schützen. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich glaube, man muss in Wirklichkeit die Menschen – außer verschiedene Gruppen – auch nicht von der Sinnhaftigkeit der Coronaschutzimpfung überzeugen, weil auf der Plusseite wesentlich, wesentlich mehr als auf der Minusseite steht. (Bundesrat Spanring: Wenn ihr so überzeugen können würdet, bräuchtet ihr die Propaganda und den Zwang nicht!)

Natürlich gibt es bei Impfungen immer Impfreaktionen, aber – das haben wir heute auch schon gehört – das ist bei anderen Impfungen ganz genauso der Fall.

Was mir bis jetzt vielleicht noch – es wurde zwar schon viel gesagt – ein bisschen in der Diskussion gefehlt hat, das ist die Frage, was die Jugendlichen möchten. Es ist wirklich die Frage, was die Jugendlichen möchten. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Die wollen tanzen gehen!) Die Freundin meiner Tochter ist 15 Jahre alt und hat sich in den letzten Wochen nichts sehnlicher gewünscht, als endlich zu einer Impfung zu kommen, und genauso ist es ihren Freundinnen gegangen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie ist unbe­einflusst, sie hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt, und für sie ist es komplett in Ordnung gewesen. Sie ist mit dem Impfstoff von Pfizer geimpft worden. Es kommt jetzt die zweite Impfung, und es ist total stimmig für sie. Genau so ist es auch bei meinen drei eigenen Kindern gewesen. Diese waren wirklich froh und erleichtert, als sie endlich geimpft gewesen sind. (Bundesrat Steiner: Ja, weil sie Freiheit wollen!)

Das sollten wir vielleicht in der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass die Jugend­lichen sehr wohl auch darüber entscheiden können und das auch dürfen sollen. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage es jetzt noch einmal: Niemand wird in diesem Land zu einer Impfung gezwun­gen! (Bundesrat Steiner: Wegen der Maßnahmen! Wegen der Maßnahmen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) In vielen anderen Ländern wünschen sich die Menschen sehnlichst, ein Impfangebot zu bekommen, aber davon haben wir ganz am Anfang der Sitzung auch schon ausführlich gesprochen.

Auch wenn es in Zukunft hoffentlich ein wirksames Medikament gegen Covid-19 gibt, muss man bedenken, dass die Erkrankung ja dann schon da ist, und dann gibt es möglicherweise doch Langzeitfolgen. Also spricht auch das wieder für die Impfung. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Es muss unser gemeinsames Ziel sein und bleiben, solidarisch durch diese Pandemie zu gehen, sie zu bewältigen. Dazu bietet uns die Impfung die beste Möglichkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.26


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 147

17.26.45

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich heute sehr kurz halten. Wir NEOS stehen ja nicht im Verdacht, dass wir alles, was aus Ihrem Ressort kommt, kritiklos hinnehmen. Gerade heute sieht man: Bei den Gesetzes­vor­lagen Ihres Ressorts sind wir teilweise die Einzigen, die dagegen stimmen, aber beim Thema Impfen ist dem, was Sie gesagt haben, sehr wenig hinzuzufügen. Dem stimmen wir zu, auch dem, was die meisten der Vorredner gesagt haben.

Ich habe nur eines noch zu den freiheitlichen Kollegen zu sagen: Worin ich mit Ihnen übereinstimme, ist, dass man zwischen Infektion und Erkrankung differenzieren muss – da muss man begrifflich sehr aufpassen – und dass es natürlich auf das individuelle Nutzen-Risiko-Verhältnis ankommt, ob man sich dafür entscheidet, sich beziehungs­weise die Personen, für die man obsorgeberechtigt ist, impfen zu lassen oder nicht, aber – und das ist auch ein Aspekt, der vielleicht bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fallen könnte – abgesehen von der individuellen Entscheidung gibt es auch so etwas wie Kameradschaft. (Bundesrat Steiner: Impfung schützt nur einen selbst!) – Nein, das ist halt nicht richtig. Auch wenn man nicht erkrankt ist, sondern nur symptomlos infiziert ist – dass die Infektion symptomlos verläuft, kommt, je jünger man ist, desto häufiger vor –, verbleibt noch ein Risiko der Weitergabe dieser Infektion. (Bundesrat Steiner: Wie hoch?) Deswegen ist die Impfung von Personen, für die ein individuell niedriges Erkran­kungsrisiko besteht, ein Akt der Kameradschaft mit denen, die bei einer Ansteckung ein höheres Erkrankungs- und Sterberisiko haben, aber sich nicht selbst schützen können. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.28


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Danke.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Schilchegger. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


17.29.05

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Wenn Sie sich an die asiatische Grippe erinnern – 1957, 1958, da, glaube ich, waren sehr viele von uns noch nicht auf der Welt (Ruf bei der ÖVP: Ja, du nicht!) –: Das war die zweitschlimmste Pandemie des 20. Jahrhunderts. Zwei Millionen Menschen sind ihr zum Opfer gefallen.

Wenn man sich anschaut, wie die Staaten darauf reagiert haben, und wenn man sich ansieht, wie die Staatenwelt heute auf eine Pandemie reagiert, dann fragt man sich schon, in welche Richtung unsere Gesellschaft geht oder gehen will. Damals wurden die Menschen beruhigt, es wurde ihnen empfohlen: Na ja, wenn ihr Symptome habt, bleibt zu Hause, trinkt einen Tee, kuriert euch aus! Es wurde kein staatlicher Zwang in irgendeine Richtung ausgeübt, es wurden auch keine Kampagnen empfohlen, es wurde nicht die Wirtschaft heruntergefahren, es wurden keine Notmaßnahmen gesetzt.

Wenn man sich andere Länder anschaut, die ein bisschen gegen den Zeitgeist stehen, wie Schweden oder einzelne Bundesstaaten der USA, dann sieht man: So kann es auch gehen. Das ist auch ein Weg, den wir Freiheitliche auf jeden Fall bevorzugen würden.

Herr Bundesminister! Ich muss Ihnen trotzdem meine Anerkennung, meinen Dank aus­sprechen. Sie haben sich sehr bemüht, unsere Fragen hier zu beantworten. Das ist nicht selbstverständlich. Wir kennen es von manchen Ihrer Regierungskollegen, dass sie oft sehr über die Dringlichen Anfragen von uns oder von den anderen Oppositionsfraktionen drüberfahren und sich nicht einmal bemühen, eine ordentliche Antwort zu geben. Also hierfür einmal mein Dank vorweg.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 148

Inhaltlich werden wir natürlich nicht zusammenkommen. Ich habe mir einige Punkte aufgeschrieben. Sie haben uns vorgeworfen, wir Freiheitliche würden immer Angst in Bezug auf die Impfung verbreiten. – Ja, das ist halt so ein Narrativ. Wir haben keine Angst vor der Impfung, sondern wir gehen, glaube ich, einfach mit einem sehr gesunden Menschen- und Hausverstand an die Sache heran und betonen die Freiheit.

Eine Impfung ist ein medizinischer Eingriff, der mit gewissen Risiken und Neben­wir­kungen verbunden ist. Das wird ja mittlerweile auch von Ihnen selbst anerkannt. Sie sagen natürlich: Sie ist trotzdem von Nutzen!, und wegen des Nutzen-Risiko-Verhält­nisses empfehlen Sie sie. Das ist ja auch Ihr gutes Recht, Sie sind ja auch Arzt, es kann Ihre fachliche Meinung so sein. Es gibt auch viele andere fachliche Meinungen. Wogegen wir uns aber wenden, ist, dass man die Menschen hineintreibt.

Noch dazu – und darauf habe ich auch immer hingewiesen, das werden Sie mir zuge­stehen, meine Damen und Herren – müssen Sie natürlich auch den staatlichen Rahmen dafür schaffen, dass man Menschen, die Nebenwirkungen und schwere Impfschäden erleiden, nicht einfach im Regen stehen lässt. Das haben Sie aber durch Unterlassung zu verantworten.

Natürlich gibt es ein Impfschadengesetz, das gibt es, ja. Ihr Vorgänger hat das aufge­nommen, dass auch Covid-19-Impfungen empfohlen werden und man daher grund­sätzlich, wenn man einen Impfschaden hat, berechtigt ist, einen Antrag zu stellen. Was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass diese Pauschalsätze lächerlich niedrig sind. Da verliert jemand ein Bein als schwere Nebenwirkung aufgrund der Covid-Impfung – das ist ein tragischer Fall; überhaupt keine Frage – und kann dann eine pauschale Ent­schädigung von 1 000 Euro beanspruchen. – Das geht nicht. Man kann nicht auf der einen Seite eine staatliche Impfkampagne fahren und die Impfung bewerben und sagen: Das ist sicher! Tut das! Das ist im allgemeinen Interesse!, und dann derart unsolidarisch sein und die Impfgeschädigten im Regen stehen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da ist der Staat auch einfach unehrlich. Die Unehrlichkeit ergibt sich auch daraus: Das ist fast schon nach dem Versicherungsprinzip, möchte ich meinen, wenn Sie das kennen: Man schließt irgendeine Versicherung ab, und in den Klauseln ist versteckt enthalten, warum man dann auf einmal die Versicherungsleistung einfach nicht beziehen kann.

So ähnlich ist derzeit der Zustand unseres Impfschadengesetzes. Da wird zunächst versprochen: Der Bund leistet Ersatz für Schäden, die aus Impfungen entstehen, die empfohlen wurden!, und im Detail steht dann zum Beispiel: Ja, man muss schon beweisen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Nachteil, den man erlitten hat, und der Impfung besteht! Ja, wie führt man denn diesen Nachweis in der Praxis? Man ist da völlig der Behördenwillkür ausgeliefert.

Ich bitte Sie wirklich – wir haben als Freiheitliche schon Initiativen in diese Richtung gesetzt; die wurden natürlich ignoriert –: Sie könnten einmal Ihr Haus beauftragen, zu prüfen, ob man da nicht generell großzügig mit jenen sein kann, die Nachteile erleiden und das Impfschadengesetz zumindest für diese Covid-Impfungen so weit ausdehnen kann, dass die Menschen keinen Nachteil haben, wenn Sie schon sagen: Das ist gut!, und wenn Sie diese Impfung schon so empfehlen.

Ich wollte noch kurz zu dem rechtlichen Teil unserer Anfrage kommen. Da haben Sie zusammenfassend gesagt: Na ja, all diese Werbespots – das habe ich gar nicht gewusst – sind vom Bundeskanzleramt und nicht von Ihrem Ressort finanziert. Natürlich sind aber Ihre untergeordneten Behörden, glaube ich, als Aufsichtsbehörde zuständig. Da gibt es irgendeine Unterbehörde des Gesundheitsministeriums, die als Aufsichts­behörde für das Arzneimittelgesetz tätig wird.


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Insofern glaube ich also schon, dass wir an der richtigen Adresse sind, wenn wir Sie fragen: Was ist mit diesen Kampagnen? – Da ist, glaube ich, Ihre Antwort sinngemäß gewesen: Na ja, das sind ja gar keine Arzneimittelwerbungen im eigentlichen Sinn, weil da ja nicht einmal das Produkt genannt wird! Es wird nur eine Impfung beworben, aber nicht der Impfstoff selbst! – Da kann ich nur entgegenhalten: Es gibt schon eine Judikatur zum Arzneimittelrecht, dazu, ab wann eine unzulässige Laienwerbung vorliegt.

Da möchte ich Ihnen einfach aus einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Geschäftszahl 4 Ob 81/07a zitieren. Da wurde ganz klar mit Blick auf die ständige Rechtsprechung festgehalten: „Für die Frage, ob die veröffentlichte Information Angaben über ein bestimmtes Arzneimittel enthält und das Ziel verfolgt, den Absatz dieses Arzneimittels“ – also in diesem Fall: die Impfung – „zu fördern, ist die Auffassung der Verkehrskreise entscheidend, an die sich die Angaben richten [...]“ – und jetzt kommt es – „wobei das Fehlen der Produktbezeichnung nicht ausschlaggebend ist. Arznei­mittel­werbung liegt auch dann vor, wenn zwar die Bezeichnung des Arzneimittels nicht ausdrücklich genannt wird, den angesprochenen Verkehrskreisen aber aufgrund der Werbeaussage klar ist, auf welches Arzneimittel sich die [...] Aussage bezieht“.

Na ja, na gut, okay, da kann man natürlich jetzt von Werbebotschaft zu Werbebotschaft unterschiedlicher Meinung sein. Aus meiner Sicht ist es im Zuge dieser Pandemie immer ganz klar, welche Impfstoffe gemeint sind.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Da war dieser Werbespot, der, glaube ich, ziemlich am Beginn einmal ausgestrahlt wurde; der war Teil dieser Rot-Kreuz-Kampagne Österreich impft. Da war ein älterer Herr in seiner Wohnung zu sehen, der hat gesagt: Ich bin 94 Jahre alt! Ich habe darum gebeten, dass ich geimpft werde! All die jetzt entwickelten Impfstoffe sind sicher! – Anmerkung: Na ja, welche Impfstoffe werden denn gerade entwickelt? – Natürlich genau die gegen Covid-19. Das ist ja in aller Munde.

Dann geht es weiter mit der Werbung: Die zweite Impfung kriege ich in 14 Tagen! Da werden wir schauen, wie die geht, aber die wird sicher auch harmlos sein, nicht? Alle sollten sich impfen lassen, je mehr, umso besser! Ich kann nur empfehlen: so bald wie möglich!

So, das war im Wesentlichen die Werbebotschaft. Das kann man ja machen, aber ich verstehe als Jurist nicht, warum man sich da nicht einfach an die gesetzlichen Grund­lagen für Arzneimittelwerbung hält? Das ist ja nicht so schwierig. Wäre es so schlimm, wenn man diese Botschaft einblendet, wie man sie auch bei Werbung für andere Medi­kamente oder Arzneimittel sieht, nämlich: Bitte fragen Sie zu Risiken und Neben­wirkungen Ihren Arzt oder Apotheker!? Da ist ja nichts dabei. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben ja auch von Ihrer Kommission hier zitiert, dass es natürlich immer ganz wichtig ist, bevor man die Kinder zu irgendwelchen Impfungen drängt – da sagen Sie, Impfungen empfehlen Sie –, auch Aufklärung zu leisten. – Na ja, aber wo gehört denn die Aufklä­rung hin? Sie können doch nicht erwarten, dass sich die Leute, die im ORF zufällig diese Werbebotschaft sehen, dann auch tatsächlich diese Website anschauen, wo vielleicht irgendwo auf der hintersten Seite versteckt irgendetwas zu Risiken und Nebenwirkungen steht. Das ist ja nicht realistisch. Deswegen braucht es eben diesen Hinweis schon in den Werbespots: Es kann auch Nebenwirkungen geben.

Das ist der freiheitliche Zugang, dass wir sagen: Die Bürger sollen selbst entscheiden! Sie sollen frei und informiert entscheiden! – Mit einem solchen Weltbild können Sie ja gar nichts mehr anfangen, meine Damen und Herren von der türkis-grünen Fraktion, und offenbar auch Sie nicht, Herr Bundesminister. Natürlich kann man sagen: Na ja, die Leute kennen sich ja nicht so aus! Man muss sie in eine bestimmte Richtung drängen und schubsen! – Das ist aber eben nicht unser Weltbild. Also wenn sie uns wählen, dann können sie darauf vertrauen, dass unser Weltbild eines ist, das von dem Leitgedanken


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der Freiheit geprägt ist. Jeder soll selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen will oder nicht. Das ist nicht eine Frage der nationalen Volksgesundheit, bei der man die Leute zu irgendetwas drängt, sondern das ist für uns einfach eine Frage, die man für sich selbst beantworten muss und die man sich mit seinem Arzt ausmacht, und eine Entscheidung, die man selbst anhand der verfügbaren, breiten Informationen treffen kann. Also wie gesagt: freie Selbstbestimmung!

Jetzt stelle ich Ihnen zum Abschluss meiner Rede noch ein, zwei rhetorische Fragen. Wenn jetzt auf einmal gesagt würde: Darmspiegelungen sind ganz gut, die sollte man jedes Jahr machen, das wird jetzt empfohlen!, würden Sie dann auch alle wie die Lem­minge und wie die Schafe auf einmal sagen: Na gut, dann müssen wir staatlicherseits die Leute dazu drängen, und sie dürfen nicht mehr ins Gasthaus gehen, wenn sie nicht eine Bescheinigung haben, dass sie ihre jährliche Darmspiegelung gemacht haben!? (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Das erscheint Ihnen jetzt vielleicht als absurdes Beispiel, aber ich habe mir vor der Pandemie auch nie gedacht, dass man so einen – meinetwegen: durchaus gefähr­lichen – Virus zum Anlass dafür nimmt, dass man Impfungen, die einen selber schützen, auf einmal für alle ausrollt und sagt: Es ist egal, ob du das willst oder nicht! Du musst das jetzt machen! Das eine Frage der Solidarität!, obwohl damit ja nicht gesichert ist, dass man nicht andere anstecken kann. Das ist mir persönlich völlig unverständlich.

Wenn man sagen würde: Man kann Verkehrsunfälle verhindern, indem man auf der Autobahn nur mehr 50 km/h erlaubt! Das ist super, dann haben wir weniger Verkehrs­tote!, würden Sie dann auch sagen: Na gut, dann verordnen wir halt 50 km/h auf der Autobahn! Das ist gut für die Volksgesundheit!? – Nein, das würden Sie nicht sagen, weil man einfach irgendwann sagen muss: Stopp!

Es geht um die Abwägung – Freiheit, individuelle Selbstbestimmung, gewisse Risiken müssen eingegangen werden. Da hat einfach die Gesellschaft, da hat der Staat nichts verloren. Das ist eben der Unterschied zwischen einem freiheitlichen Weltbild, wie wir es vertreten, und diesem paternalistischen Weltbild, wie Sie es vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.39


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm dieses.


17.40.09

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Vizepräsident! Herr Minister! Bei Ihrer Beantwortung ist mir folgender Satz eingefallen: Primum nihil nocere! Zuallererst nicht schaden! Kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor? Nicht? Er müsste Ihnen aber bekannt vorkommen, denn Sie haben sich als Arzt dazu verpflichtet, zuallererst nicht zu schaden. Wenn Sie Ihrem Eid treu bleiben würden, dann könnten Sie nie und nimmer – nie und nimmer! – einer Impfung für Kinder zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sogar die Pfizer-Studie, die Sie falsch zitiert haben, kann nicht oft genug erwähnt wer­den, Herr Minister. Die Studie, die bei 1 131 Kindern durchgeführt wurde, kam nämlich zu einem anderen Ergebnis, als Sie das hier behauptet haben: Bei 86 Prozent aller 1 131 Kinder gab es Nebenwirkungen: bei 466 Kindern leichte Nebenwirkungen, bei 393 Kindern mittelschwere Folgen und bei sieben Kindern schwere Folgen. Sie können also diesen Irrweg der Kinderimpfung auch nicht mehr mit Zahlen, Daten, Fakten unterlegen, denn wie wir wissen, gibt es diese ganz einfach nicht.

In Österreich leben 1,3 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Davon sind anscheinend drei Kinder mit oder an Corona gestorben, aber auch das steht nicht fest. Wissen Sie, Herr Minister, wie viele Prozent das sind? – Das sind 0,002 Prozent, also 0,2 Promille in


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Österreich. Mit diesen Zahlen, bei aller Liebe, können und dürfen Sie als Arzt niemals eine Zwangsimpfung von Kindern rechtfertigen. Das ist der blanke Wahnsinn. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher muss ich Sie fragen, Herr Minister: Darf man Kinder, die ihr gesamtes Leben noch vor sich haben, aus ethischer Sicht mit einem Vakzin impfen, das sich aktuell noch in einer Studie befindet? – Sie haben keine Antwort. Das ist traurig, Herr Minister. Auf diese wichtige Frage müssten Sie eine klare Antwort finden, und diese heißt: Zuallererst nicht schaden!, also ein klares Nein.

Daraus ergeben sich aber auch noch viele weitere folgenschwere ethische, medizinische sowie juristische Fragen. Jedenfalls gibt es bei jeder Impfung, bei jeder medikamentösen Behandlung einen Leitsatz, an den sich jeder Mediziner zu halten hat: Der Nutzen muss das Risiko jedenfalls überwiegen. Niemand kann derzeit wissen, ob das in diesem Fall zutrifft, da es keinerlei Studien dazu gibt und dieser Impfstoff, wie wir wissen, mit einer Notzulassung nur bedingt – Sie haben es zuerst selbst gesagt – zugelassen ist.

Derzeit habt ihr alle ja keine Ahnung, ob euer Impfstoff bei Kindern zu schweren und ganzheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Es können keine validen wissen­schaft­lich fundierten Aussagen über Langzeitnebenwirkungen getroffen werden.

Was wir bisher – auch aufgrund der Pfizer-Studie – wissen, ist, dass es oft und speziell bei Jungen zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Fieber, Erbrechen, schweren Aller­gien bis hin zum allergischen Schock kommt. Somit sind Jüngere häufiger von starken Impfreaktionen betroffen, und Kindern – das müssen Sie sich einmal vorstellen – wird die gleiche Menge Impfstoff verabreicht wie Erwachsenen. Bei allen anderen Impf­stoffen, die Sie zuerst zitiert haben, bei allen anderen medikamentösen Behandlungen wird natürlich zwischen Kindern und Erwachsenen unterschieden, Herr Dr. Mückstein. Das müssen Sie doch wissen, oder? Nein? Ja? Wird unterschieden oder nicht? – Unglaublich! Da bekommt man keine Antwort. Natürlich wird unterschieden, Herr Minis­ter! Bei der FSME-Impfung zum Beispiel, die in Österreich sehr viel verimpft wird, be­kommen die Kinder die Kinderimpfung mit 0,25 und die Erwachsenen die Impfung mit 0,5. Das wird bei jedem Medikament und bei jeder einzelnen Impfung in Österreich so gemacht, außer bei der Coronaimpfung. Da bekommen auch die Kinder den vollen Wumms gespritzt. Das ist doch unglaublich, Herr Minister! (Beifall bei der FPÖ.)

Geben Sie, Herr Minister, Ihre persönliche Garantie – das würde ich gerne einmal von Ihnen hören –, dass es keine Folgen für unsere Kinder geben wird? Ansonsten verstoßt ihr, Sie und diese Regierung, mit eurer Angst- und mit eurer Panikmache gegen das Wohl unserer Kinder in Österreich, denn Kinder haben keine Lobby. Ihr Glück und ihre Unversehrtheit liegen in unseren Händen. Die Rechte der Kinder dürfen niemals an eine Impfung gekoppelt werden. Merkt euch das! (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Kinder zu impfen ist also ein gesundheitspolitisches Harakiri, dem Sie als Arzt nicht mit gutem Gewissen zustimmen können. Diese ganzen politischen Wahnsinnigkeiten wer­den ja von dem heute so oft und viel zitierten Impfgremium in Österreich noch unterstützt. Da muss man aber schon einmal dazusagen: Wer sitzt denn in diesem Impfgremium? – Man muss sich das einmal vorstellen: Die gute Frau Wiedermann-Schmidt sitzt im Impfgremium in Deutschland, wo sie eine Kinderimpfung ablehnt. Dieselbe Frau sitzt ein paar Tage später im österreichischen Impfgremium, wo sie einer Kinderimpfung zustimmt, und auf dieses Gremium berufen Sie sich. Es ist unglaublich, wie da zulasten unserer Kinder politisch agiert wird! (Beifall bei der FPÖ.) Dieselbe Frau, die in Deutschland Nein zu einer Kinderimpfung sagt, setzt sich in Österreich ins Impfgremium und sagt Ja zu einer Kinderimpfung. Also dieses Gremium ist alles, aber sicher kein Beratergremium, auf das Sie sich verlassen sollten, Herr Minister.


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Gott sei Dank gibt es aber abseits dieser Frau Wiedermann-Schmidt und abseits des Herrn Dr. Mückstein noch Mediziner, die bei diesem Wahnsinn der Kinderimpfung nicht mitmachen und nun endlich eine Aufklärungsplattform gegründet haben. Diesen mutigen Ärzten gilt unser voller Respekt. Ich möchte mich von dieser Stelle aus wirklich aufrichtig bei allen Ärzten von #wirzeigenunserGesicht für ihren Mut bedanken. (Beifall bei der FPÖ.)

Von diesen mittlerweile über 100 Ärzten in ganz Österreich – und es werden Gott sei Dank täglich mehr – haben sehr viele Stellungnahmen auf der Website von #wirzeigenunserGesicht abgegeben. Einige davon darf ich nun kurz zitieren. Ich zitiere Dr. Levan aus Linz: „Aufgrund der unzureichenden Datenlage und des praktisch nicht vorhandenen Wissens über die Langzeitfolgen eines MRNA-Impfstoffes ist es absolut unverantwortlich, diesen Impfstoff an Kindern zu verabreichen. Kinder sind alles anderes als Versuchskaninchen. Ich spreche mich daher entschieden gegen die Covid-19 Impfung an Kindern ab 12 Jahren aus.“

Dann darf ich noch einen weiteren Arzt, Dr. Alfred Riesser, zitieren: „Ich bin gegen die Impfung von jugendlichen, da im Verhältnis der Risiken einer Coronaerkrankung das Risiko der schon bekannten Nebenwirkungen einer Impfung viel zu hoch sind.“

So geht es weiter. Das sind über 30 Seiten mit Stellungnahmen (ein Schriftstück in die Höhe haltend), die ich ausgedruckt habe, Herr Minister. Ich gebe sie Ihnen dann mit, und vielleicht würden Sie sich diese Stellungnahmen einmal anschauen, anstatt andauernd auf das österreichische Impfgremium zu schielen, in dem Frau Wiedermann-Schmidt sitzt, die einmal so und einmal anders entscheidet.

Zum Abschluss noch, an die Eltern gerichtet: Liebe Eltern, lassen Sie sich nicht von dieser Panik- und Angstmache einschüchtern! Unsere Kinder haben ein Recht auf Unversehrtheit. Diese Ärzte von #wirzeigenunserGesicht, über 100 in Österreich, stehen hinter euch, liebe Eltern, aber auch wir von der FPÖ versprechen euch: Wir stehen zu 100 Prozent hinter euch.

Lassen Sie mich mit einem Zitat, das ich heute zufällig auf Social Media gefunden habe, enden, das eigentlich ganz gut zu dieser Regierungstruppe und zu den Bundesräten der Regierungsparteien passt. Ich darf zitieren: Wer 16 Monate lang gesund geblieben ist, gilt nun als gefährlich – eure Klatsche ist unendlich. – Zitatende.

Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.50


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

17.50.54Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Ich nehme nun die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf. Wir setzen die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 23 und 24 fort.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


17.51.32

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ Dieses Zitat von Arthur Schopenhauer kennen, glaube ich, die meisten von uns. Es bekommt meist dann eine Bedeutung, wenn wir vor einem gesundheitlichen Problem


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stehen, das es zu lösen gilt, und so wenden wir uns dann ganz selbstverständlich an den Arzt oder die Ärztin unseres Vertrauens und hoffen und wissen natürlich, dass uns der medizinische Fortschritt und die Expertise der Ärztin und des Arztes ehestmöglich wieder die ersehnte Gesundheit verschaffen.

Wir machen uns dabei aber weniger Gedanken über die hohe Qualität der Ausbildung unserer Ärzte, ja, wir setzen sie voraus, mehr noch, wir erwarten, dass sie unseren hohen medizinischen Ansprüchen gerecht wird und auch in Zukunft so erhalten und wei­tergeführt wird.

Worum geht es? Ich möchte nach dieser Unterbrechung durch die Dringliche Anfrage ein paar Punkte, die Kollege Marco Schreuder schon kurz erläutert hat, wiedergeben. Es geht um eine Gesetzesänderung, weil der VfGH in seinem Erkenntnis 2020 drei wesentliche Punkte im Ärztegesetz kritisiert hat. Das betrifft die Ärzteliste, es betrifft die Ausbildung, und es betrifft die Qualitätssicherung. Hinsichtlich dieser drei Punkte ist jetzt eine Umsetzung notwendig.

Bei den Verhandlungen zwischen der Österreichischen Ärztekammer, dem Bundes­minis­terium und den Bundesländern über die notwendigen Änderungen war es wichtig, zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen. Ich gebe zu, wir wissen das, dass das derzeitige Ergebnis noch nicht bei allen Betroffenen auf die vollste Zufriedenheit gestoßen ist.

Es ist jetzt im Gesetz vorgesehen, dass die Ärztekammer noch bis Ende 2022 mit der An- und Aberkennung einer Anstalt als Ausbildungsstätte und der Qualitätssicherung im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereichs durch den Bund betraut ist. Bis dahin sollte aber die Zeit genutzt werden, um mit allen Stakeholdern bei diesem Thema zu einer guten, gemeinsamen Umsetzung zu kommen. Ab 2023 soll die Zuständigkeit dann eben an die Länder übertragen werden.

Jetzt ist es wichtig, dass das gemeinsame Ziel im Sinne der Patientinnen und Patienten verfolgt wird, dass auch in Zukunft über alle Bundesländer hinweg gleiche Standards bei der Ausbildung und bei der Qualitätssicherung geschaffen werden. Ich appelliere daher an alle Beteiligten in diesem Prozess, die Zusammenarbeit zu suchen, auf Augenhöhe an Lösungen zu arbeiten und dabei die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht aus den Augen zu verlieren.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich auch noch kurz auf die Änderung im Apothekerkammergesetz und im Gehaltskassengesetz eingehen! Da sieht der Ge­setzesbeschluss ein paar technische Änderungen und Anpassungen im Bereich der Selbstverwaltung und des eigenen Wirkungsbereiches der Apothekerkammer vor: Die Organe der Apothekerkammer sollen um eine Schlichtungskommission erweitert wer­den, und ein Verfahren vor der Schlichtungskommission soll auch noch eingerichtet werden. Weiters gibt es ein paar Anpassungen bei Anerkennungen von Ausbildungs­nachweisen bei den angestellten Apothekern. Änderungen, die die Selbstverwaltung der Apothekerkammer betreffen, sind in dieser Gesetzesänderung ebenfalls enthalten, die wir selbstverständlich auch mittragen.

Abschließend möchte ich sagen, dass das vergangene Jahr gut aufgezeigt hat, wie wichtig und notwendig die einzelnen Gesundheits- und Versorgungseinrichtungen in Österreich sind. Ziel ist es, dass man aus den Erfahrungen gerade aus dieser Zeit lernt. Es hat sich bereits in der Vergangenheit bewährt, und es soll auch in Zukunft so sein, dass in Krisenzeiten und darüber hinaus durch eine gute Kommunikation und durch eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten im System die beste und vor allem schnelle Versorgung der Bürgerinnen und Bürger sichergestellt wird.


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Setzen wir uns gemeinsam mit Bund und Ländern weiterhin für eine gute, für die beste Ausbildung ein, für hohe Standards und für ein gutes Verhältnis aller Stakeholder, denn allein die Gesundheit der Menschen muss im Vordergrund und klar im Fokus der Gesetzgebung stehen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.57


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm dieses.


17.57.12

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon alles gesagt. Ich werde euch daher meine vorbereitete Rede nicht aufoktroyieren. Kollege Schreuder hat eigentlich schon die wesentlichen Merkmale dieser beiden Gesetze zur Kenntnis gebracht. Von unserer Seite wäre nur zu sagen, dass diese Vorgangsweise vonseiten der Länder – was uns als Länderkammer auch betrifft – natürlich begrüßt wird und man froh ist, mehr Transparenz ins Ärztegesetz zu bringen, denn den bisherigen Zustand, dass die Qualitätssicherung in österreichischen Arztpraxen durch die ÖQMed GmbH, ein Tochterunternehmen der Ärztekammer, durchgeführt wurde, hat der Rechnungshof ja schon kritisiert. Diese Absurdität, dass sich die Ärzte selber kontrollieren, wird ein bisschen beseitigt.

Im Prinzip betrifft es zwei Standesvertretungen. Die Ärztekammer ist entrüstet, die Apo­thekerkammer freut sich, also steht es – in Zeiten der Europameisterschaft – 1 : 1 (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann), deswegen stimmen wir diesen beiden Tages­ord­nungspunkten zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.58


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich bitte darum.


17.58.33

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich heute ebenfalls kurz halten, wie Kollege Appé. Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es eben zum einen um eine Novelle zum Ärztegesetz und zum anderen um eine Novelle zum Apothekerkammergesetz. Wir haben es heute von Kollegen Schreuder schon gehört, da sind vor über 30 Jahren bei der Entstehung Fehler passiert, weil eben in Länderkompetenzen eingegriffen wurde.

Aufgrund einer VfGH-Klage wurde das jetzt noch einmal neu aufgerollt. Wie es aus­schaut – und das ist uns Ländervertretern ja wichtig –, dürfte es tatsächlich zu einer zufriedenstellenden Lösung zwischen den Ländern, der Ärztekammer und den Sozial­versicherungen gekommen sein. Damit ist also ein schönes Ziel erreicht, und wir Frei­heitliche werden unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.)

17.59


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Stellungnahme hat sich Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.59.36

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich vor zwei Monaten angefangen habe, hat es, was die Ärztekammer, die Ärzte betroffen hat, vier Themen gegeben. Das eine war das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, dann


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eben die Ärzteliste, die An- und Aberkennung von Ausbildungsstätten und schlussend­lich die Qualitätssicherung.

Es wurde ja schon letzten Monat das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz beschlossen, auch Sie haben das beschlossen. Wir haben diese Opt-out-Möglichkeit für vier Jahre verlängert, auf 55 Stunden, und dann wird die durchschnittliche Arbeitszeit, die Spitals­ärzte arbeiten dürfen, auf 52 Stunden reduziert. Ich glaube, das ist ein guter Kompromiss zwischen den Bedürfnissen vor allem der kleinen Häuser am Land und auch den Be­dürf­nissen der Kolleginnen und Kollegen, der Ärztinnen und Ärzte, die doch wissen, dass sie sich im Verlauf der nächsten Jahre dann der EU-weiten Arbeitszeitrichtlinie von 48 Stun­den annähern werden.

Dann gibt es – und da möchte ich differenzieren – zwei weitere Themen, nämlich die Ärzteliste und die An- und Aberkennung von Ausbildungsstätten. Da hat es, wie heute auch schon erwähnt worden ist, vor 35 Jahren hier im Parlament einen Fehler gegeben. Da ist nämlich in Landeskompetenzen eingegriffen worden, es sind Kompetenzen an die Ärztekammer übertragen worden, die Länder sind aber bei diesem übertragenen Wir­kungsbereich nicht gefragt worden, und das ist eingeklagt worden. Daher hat der VfGH schon vor, glaube ich, drei Jahren in einem ersten Schritt den Ländern die Aberkennung von Ausbildungsstätten übertragen, wie es halt dem normalen Verlauf entsprochen hätte, wenn dieser Fehler vor 35 Jahren nicht gemacht worden wäre. Er hat auch die Ärzteliste infrage gestellt.

Wir haben mit den Ländern, die dafür eigentlich kompetenzmäßig zuständig sind, ver­handelt. Das war ein langer und aufwendiger Verhandlungsprozess, und wir haben eine Lösung gefunden, bei der die Ärzteliste grundsätzlich bei der Kammer verbleibt, auch unbefristet, und die Länder umfangreichen Zugriff auf die Daten bekommen. Damit ist, glaube ich, beiden gedient. Bei der An- und Aberkennung der Ausbildungsstätten haben die Länder diese Karte gezogen. Das gehört ihnen kompetenzmäßig, und daher bekom­men sie es auch. Die Österreichische Ärztekammer hat ein Anhörungsrecht bekommen, und die Länder wiederum müssen begründen, warum Ausbildungsstätten an- und aber­kannt werden, falls sie von der fachlichen Stellungnahme der ÖÄK abweichende Be­schlüsse fassen. Das ist, wie es ist.

Betreffend Qualitätssicherung möchte ich anmerken: Es hat an sich, wie man auch hier an den Redebeiträgen sieht, über alle Fraktionen des Hauses einen sehr breiten poli­tischen Konsens gegeben, aber auch die Länder haben mit einer Stimme ge­sprochen, ebenso wie die PatientInnenanwaltschaft. Überall hat man vernommen, dass die Quali­tätssicherung im ärztlichen Bereich neu geregelt werden soll. Dem haben wir jetzt mit langen Übergangsfristen entsprochen. Falls es tatsächlich bis zum 31. Dezember 2023 keinen Konsens zwischen den Systempartnern gibt – wobei ich hier durchaus auch die Ärztekammer als Systempartner sehe –, dann fällt es an das Gesundheitsministerium. Dann übernehmen wir die Agenden der Qualitätssicherung im ärztlichen Bereich.

Also ich glaube, dass diese vier Themen, die zum Teil doch über zweieinhalb Jahre ver­­handelt worden sind, jetzt abgeschlossen sind. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen hier für die Mitarbeit, dass wir das endlich haben erledigen können, und ich glaube, es ist ins­ge­samt ein respektables Ergebnis geworden. – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

18.03

18.03.38


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit ge­schlossen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 156

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.04.5725. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetz geändert werden (1663/A und 884 d.B. sowie 10668/BR d.B.)

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (1696/A und 885 d.B. sowie 10669/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 25 und 26, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.


18.05.32

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Präsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)

Auch berichte ich über die Verhandlungen des Gesundheitsausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 157

Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke vielmals für die Berichterstattung.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte.


18.06.34

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine werten Kollegen! Ich spreche zum Tagesordnungspunkt bezüglich des Medizin­pro­duktegesetzes. Das wäre normalerweise ja nichts Tragisches, weil es eigentlich nur um die Umsetzung von drei EU-Richtlinien in zwei EU-Verordnungen geht und Öster­reich dadurch die Gesetzeslage anpassen muss. Warum für mich, wie man sagt, der Teufel im Detail liegt und warum ich auch dieser Gesetzesänderung jetzt nicht zustimme, ist jener Passus, den man jetzt bereits wieder hineinmoniert: Sollten irgendwelche be­son­deren Krisensituationen eintreten, kann die Kontrolle von medizinischen Produkten – wie es zum Beispiel auch bei den Covid-19-Tests war – wieder ausgehebelt werden, und diese CE-Zertifizierung ist wiederum nicht notwendig. Dann funktioniert das anscheinend doch wieder.

Es sollte jedoch schon Standard sein, so wie wir bei so vielen Dingen wirklich sehr, sehr gute Kriterien und Standards und Sicherheitsmaßnahmen haben, egal, um welches medizinische Produkt es sich handelt, egal, warum man ein medizinisches Produkt benötigt, dass immer die höchste Sicherheit gewährleistet ist, im Sinne derjenigen, die die Produkte brauchen und benutzen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.08


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.


18.08.10

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Lieber Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste! Es geht hier darum, eine EU-Verordnung im Medizinproduktebereich in nationales Recht zu überset­zen. Andererseits gilt sie auch direkt, und manches wird analog zum Arzneimittelgesetz geregelt. Ziel ist eine EU-weite Harmonisierung von Sicherheitsstandards für einen über­sichtlicheren Markt im Medizinproduktebereich. wobei es aber vor allem darum geht, Qualität zu sichern: in der Forschung, in der Entwicklung sowie im Verkauf von Medizin­produkten. Ein wichtiger Punkt ist die Anwendungssicherheit für die VerbraucherInnen, natürlich mit dem Ziel eines besseren Schutzes der Gesundheit der PatientInnen. Für Studien mit neu entwickelten Medikamenten, in die Menschen involviert sind, soll es strengere Vorgaben geben, und alle Studien, ob mit oder ohne Menschen, sollen eine Prüfung durch die Ethikkommission durchlaufen.

Bei Produkten, die Probleme machen, soll es immer eine verpflichtende Meldung beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen geben, und wenn es sich um Produkte mit nichtmedizinischer Zweckbestimmung handelt, bei den HerstellerInnen direkt. Per­sonen, die gewerbsmäßig mit Medizinprodukten handeln, aber nun auch jene, die nur ab und zu mit ihnen handeln, unterliegen den Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Medizinprodukten und der besonderen Marktüberwachung. Das betrifft nun auch Kos­metikerInnen oder Tattoostudios, die mit Medizinprodukten arbeiten.

Für aktive implantierbare medizinische Geräte, wie es zum Beispiel Herzschrittmacher sind oder auch andere Produkte wie zum Beispiel die Spirale, wird es einen Implanta­tionsausweis geben, in dem die PatientInnen wichtige Informationen erhalten. Es wurde gefordert, dass das auch für andere Dinge gilt wie zum Beispiel für Zahnimplantate, und das wird – Herr Mückstein hat das ohnehin gesagt – mit den Stakeholdern beraten und dann eine diesbezügliche akkordierte Richtlinie herausgegeben. Es wird auch zusätzlich


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ein datenschutzkonformes persönliches Implantateregister geführt, in dem wird dann geschrieben, wer welches Produkt im Körper trägt. Das ist wichtig, um Fehlfunktionen oder Qualitätsmängel der Produkte feststellen und die PatientInnen so schnell wie möglich darüber informieren zu können. Das ist eine wirklich existenziell wichtige Maßnahme für die PatientInnen.

Das Gesundheitsministerium kann zusätzlich auf sogenannte pseudonymisierte Daten aus diesem Register zugreifen, um eben diese Qualitäts- und Sicherheitsstandards zu verbessern und vor Gesundheitsgefahren zu warnen und gegen diese vorzugehen.

Es war auch noch das Argument, dass es bei den Wohnzimmertests angeblich um ein Verkaufsargument geht, aber die Wohnzimmertests – und das ist jetzt irrsinnig toll, finde ich –, die schon in allen Bundesländern zu Hause durchgeführt werden können, gelten auch als Schnelltestmethode, als Eintrittstests. Das hat unser Leben, finde ich, sehr erleichtert, und dafür danke ich sehr. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

18.11


Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Andrea Holzner. – Bitte.


18.12.02

Bundesrätin Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher vor den Bildschirmen! Kollegin Kittl hat schon genau erläutert, was das Medizinprodukte­ge­setz umfasst, dass eine Anpassung an EU-Richtlinien vorgenommen wird. Ich möchte zum Verständnis noch kurz ergänzen, was eigentlich unter das Medizinproduktegesetz fällt: Das sind Bedarfsartikel wie Pflaster, Verbände, Spritzen, Hilfsmittel wie Rollstühle, Geräte wie Röntgengeräte, Ultraschallgeräte und In-vitro-Diagnostika wie Blutzucker­test­streifen. Ganz wesentlich ist auch die Verbesserung, dass die Liste der implan­tier­baren Medizinprodukte erweitert und laufend evaluiert wird.

In Tagesordnungspunkt 26 haben wir dann noch eine Anpassung des IVF-Fonds-Gesetzes, die dem Brexit geschuldet ist. Inhaberinnen eines Aufenthaltstitels laut Arti­kel 50 der EU-Verträge haben bei einer In-vitro-Fertilisation Anspruch auf Mitfinan­zie­rung.

Ich freue mich auf breite Zustimmungen, zum einen im Sinne der Patientensicherheit und zum anderen, damit unerfüllte Kinderwünsche erfüllt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.13


Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Zaggl. Ich erteile es ihm.


18.13.47

Bundesrat Stefan Zaggl (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Wir sprechen heute über die Änderung des Medizinproduktegesetzes und die Änderung des IVF-Fonds-Gesetzes. Mein Hauptaugenmerk lege ich auf das Medizinproduktegesetz, dennoch ein paar kurze Worte zur Änderung des IVF-Fonds-Gesetzes: Wir sehen uns einer EU-Richtlinie gegenübergestellt, die nun in das IVF-Fonds-Gesetz übernommen wird. Sie betrifft Personen, die einen Aufenthaltstitel nach Artikel 50 EUV haben. Das bedeutet, dass man erwerbstätig ist oder sich den Aufenthalt in Österreich ohne Bezug von Sozialhilfeleistungen für sich und seine Familienangehörigen leisten kann und über


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eine umfassende Krankenversicherung verfügt. Als Familienmitglied einer solchen Person behält man auch sein Aufenthaltsrecht.

Personen, die schon ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben, können ebenso einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach Artikel 50 EUV stellen. Wie bisher sind keine Deutschkenntnisse erforderlich. Sie erhalten einen Aufenthaltstitel nach Artikel 50 EUV im Scheckkartenformat. Dieser gilt für fünf Jahre. Haben sie schon ein Dauer­aufent­haltsrecht erworben, gilt der Aufenthaltstitel für zehn Jahre. Damit können sie ihr wei­teres Aufenthaltsrecht nach dem Austrittsabkommen nachweisen und frei nach Öster­reich einreisen und aus Österreich ausreisen. Mit dem Aufenthaltstitel nach Artikel 50 EUV dürfen sie weiterhin in Österreich leben, arbeiten und studieren. Auch der Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts ist möglich. Bürger, auf die das zutrifft, können auch vom IVF-Fonds unterstützt werden.

Seit 1. Jänner 2000 ist das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz), BGBl I Nr. 180/1999, zuletzt geändert durch die Novelle zum IVF-Fonds-Gesetz, BGBl I Nr. 37/2018, in Kraft. Der IVF-Fonds besteht beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon­sumentenschutz. Die Mittel des IVF-Fonds werden durch Überweisungen aus dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen der gesetzlichen Krankenversicherungsträger, der Krankenfürsorgeeinrichtungen und der privaten Versicherungsunternehmen aufge­bracht.

Vom Fonds werden bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen 70 Prozent der Kosten für die Maßnahmen der In-vitro-Fertilisation, kurz IVF, grundsätzlich für höchs­tens vier IVF-Versuche getragen. Dies führt zu einer finanziellen Entlastung von betrof­fenen Kinderwunschpaaren, da nur mehr ein Selbstbehalt in der Höhe von 30 Prozent der Kosten vom betroffenen Paar zu übernehmen ist. Wir stimmen dieser Änderung zu.

Nun zum Medizinproduktegesetz: Es werden drei alte EU-Richtlinien gegen zwei Verord­nungen ausgetauscht. Ein kurzer Auszug aus dem Jahr 2015: „Nach § 1 MPG ist der Zweck des MPG, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten sowie für die Gesundheit und den erfor­derlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen. Das bedeutet, dass in Bezug auf die Sicherheit von in Österreich in Verkehr gebrachten Medizin­produkten die Bestimmungen des MPG Anwendung finden.

Marktüberwachung und Vigilanz:

Um die Produktsicherheit und damit den Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten über den gesamten Produktlebenszyklus sicherzustellen, muss der Hersteller ein System zur Marktüberwachung einrichten (PMS-System). Er beobachtet und bewertet im Rah­men seiner Verkehrssicherungspflichten sein Produkt aktiv im Markt und kann so auf bisher nicht erkannte und zukünftige potentielle Gefahren, die von seinem Produkt aus­gehen, reagieren. Gegebenenfalls muss er Korrekturmaßnahmen (FSCA) setzen, falls – Fehlerhafte Medizinprodukte - Eine Betrachtung aus regulatorischer und haftungs­recht­licher Sicht – das Produkt von den in der technischen Dokumentation erhaltenen Eigen­schaften abweicht. Der Hersteller hat sich dabei am Stand der Technik zu orientieren und muss daher die relevanten technischen Normen berücksichtigen. Insbesondere ist die laufende Überprüfung und Bewertung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses unverzicht­bar.

Entspricht das Produkt nicht mehr den berechtigten Sicherheitserwartungen und stellt es somit ein nicht vertretbares Sicherheitsrisiko dar, ist notfalls ein Rückruf des Produkts zu starten.


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Das MPG konkretisiert das PMS-System und sieht für die Sicherstellung der Produkt­sicherheit ein eigenes Vigilanzsystem für Medizinprodukte vor. Gemäß §§ 70 MPG iVm § 42 Abs 8 MPG muss der Implantathersteller Beinahezwischenfälle, Zwischenfälle und korrektive Maßnahmen mit Medizinprodukten unverzüglich dem BASG melden sowie alle Beobachtungen und Daten mitteilen, die für die Medizinproduktesicherheit von Be­deutung sein können.“ – Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, Vigilanz, Marktüberwachung, Stand 30.1.2015. 

Es stellt sich da einmal in erster Linie die Frage, warum es nicht gleich eine Registrierung für medizinische Implantate gab. Wenn der Hersteller sein Produkt verfolgt und, sollte es schadhaft sein oder andere Probleme auftreten, diese meldet, warum konnten sie dann nicht gleich an den Endverbraucher weitergemeldet werden, sondern waren auf einer Homepage angeführt, sodass der Patient jeden Tag nachsehen muss, ob eventuell etwas mit seinem medizinischen Implantat nicht stimmt? Das ist ja eher eine Bringschuld als eine Holschuld!

Wie darf man sich das vorstellen? Beim Morgenkaffee: Du, Schatz, hast du heute schon nachgesehen, ob mit deinem Implantat alles passt? – Nein, muss ich noch. Und beim Abendessen genau dasselbe noch einmal. (Allgemeine Heiterkeit.) Einfach kurz einmal mit Humor gesehen, obwohl es eigentlich mehr als traurig ist.

Es hätte diesen Zusatz in der vorliegenden Gesetzesänderung gar nicht gegeben, wenn er nicht auf Druck von uns, der SPÖ, gekommen wäre. Es treten immer wieder Probleme mit medizinischen Implantaten auf. So gab es zum Beispiel 2019 Probleme bei Hüft­gelenksimplantaten, Brustimplantate, die brüchig wurden, wobei darin enthaltene Lösun­gen in den Körper gelangt sind, und bei Zahnimplantaten eventuell Keramikdefekte auftreten konnten.

Ein aktueller Fall, der gerade stark in den Medien aufscheint, ist die Sammelklage betreffend defekte Hormonspiralen. Probleme mit diesem Produkt gab es anscheinend bereits 2018, jedoch wurde das mehr oder weniger totgeschwiegen. Da gibt es nun von den geschädigten Patientinnen eine Sammelklage gegen den Hersteller und gegen die Republik. Durch das Brechen der Spirale kam es zu inneren Verletzungen, die in weiterer Folge, sollte sich doch einmal ein Kinderwunsch ergeben, zu Schwangerschafts­prob­lemen führen können. Ebenso gab es einige ungewollte Schwangerschaften durch das defekte Produkt. Wenn es jetzt zum Beispiel so Aussagen gibt wie: Das betrifft ja nur die Hälfte der Bevölkerung!, so stimmen die nicht. Als Mann kann es meine Frau, meine Partnerin, meine Tochter oder meine Mutter betreffen, und wenn ich das als Mann nicht so sehe, stimmt mit meinem Gedankengut etwas nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Zurück zur Thematik: Wenn man sich auf die Bundesagentur für Sicherheit im Gesund­heitswesen verlässt, ist man verlassen, da diese zwei Jahre gebraucht hat, bis sie das erste Mal eine Warnung mit diesem Bezug ausgesprochen hat. Wenn wir daran denken, dass der erste Herzschrittmacher 1967 eingesetzt wurde und die Registrierung dann gleich in den Siebzigerjahren passiert ist, um Patienten zu informieren, ist es, da es bis jetzt immer mehr medizinische Implantate gibt, umso fragwürdiger, dass diese nicht erweitert wurde. Jegliches medizinische Implantat müsste eigentlich schon seit Jahren einer Registrierungspflicht unterliegen, um den Patienten schnellstmöglich zu infor­mieren, ob es Probleme mit seinem Implantat gibt. Denn ganz im Ernst, sobald irgend­etwas bei einem Auto nicht passt, nicht funktioniert, gibt es eine Käuferinformation und eine öffentliche, mediale Rückrufaktion, aber bei fehlerhaften medizinischen Implantaten passiert nichts. (Beifall der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Na ja, ich kürze ein wenig ab. – Dank dem Druck der Sozialdemokratie hat sich die Bun­des­­regierung nun bereit erklärt, diese schon längst überfällige Möglichkeit einer Rückholaktion


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ins Gesetz zu schreiben. Wir von der SPÖ werden darauf achten, dass dies von der Regierung umgesetzt wird und diese ihre Versprechen einhält.

Zum Abschluss möchte ich mich noch mit einem kurzen Hinweis auf die Medicrime-Konvention an den Herrn Minister wenden. Österreich hat diese zwar im Mai 2005 in Warschau unterschrieben, jedoch bis heute nicht ratifiziert. Zweck dieses Übereinkom­mens ist es, Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit zu verhüten und bekämpfen, indem erstens die Kriminalisierung bestimmter Handlungen vorgesehen wird, und zwei­tens die Rechte der Opfer von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen definier­ten Straftaten geschützt werden und die nationale und internationale Zusammenarbeit in diesem Zusammenhang gefördert wird.

Ein Gesundheitsrisiko geht zum Großteil von gefälschten Medikamenten aus. Dass diese Schutzkonvention gegen Medicrime tatsächlich funktioniert, verdanken wir drei afrikani­schen Ländern, die sie ratifiziert haben. Herr Minister, holen Sie diese Ratifizierung drin­gend nach und schützen Sie unsere Bevölkerung auch in dieser Hinsicht. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Steiner.)

18.24

18.25.00


Präsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte ge­schlos­sen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Ich ersuche, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über TOP 25: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Ge­sund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über TOP 26: Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

18.26.1827. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird (861 d.B. und 886 d.B. sowie 10670/BR d.B.)


Präsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um den Bericht.


18.26.35

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird, zur Kenntnis bringen.


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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stel­lung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juni 2021 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.


Präsident Mag. Christian Buchmann: Danke vielmals für die Berichterstattung.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile ihm dieses.


18.27.21

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Regierungs­vorlage, um die es hier geht, ist pure Anpassung an EU-Recht. Es geht dabei um die Verwendung des Standarddatenformats zur Übermittlung von Informationen im Geneh­migungsantrag und um die Neuregelung der Vertraulichkeit von Daten bei Verfahren zur Freisetzung oder Inverkehrbringung von gentechnisch veränderten Organismen. – So weit, so gut.

Ich möchte nunmehr auf die aktuelle Diskussion im Bereich der Gentechnik beziehungs­weise der sogenannten neuen Gentechnik im Kontext der EU eingehen. Rufen wir uns einmal die Lobpreisungen und Ankündigungen der Gentechniklobby vor etlichen Jahren in Erinnerung. Was wurde uns damals nicht alles versprochen! (Bundesrat Schennach: Das ist aber die Bundesregierung!) Es werde höhere Erträge geben, man werde weniger Pestizide brauchen und man werde endlich das Problem des Welthungers lösen. Das alles wurde lautstark propagiert.

Passiert ist etwas ganz anderes: Die Erträge sind zumindest teilweise zurückgegangen, die Erträge im Sinne höherer Einkommen bei den Bäuerinnen und Bauern sind nach­weislich nicht eingetreten, der Pestizideinsatz ist im Bereich der Gentechnik massiv ge­stiegen, weil es mit der Zeit zu Pestizidresistenzen kam und sogenannte Superspritz­mittel notwendig wurden. Die Abhängigkeit der Bäuerinnen und Bauern von Chemie- und Agrar­konzernen ist durch zahlreiche Patentierungen und Lizenzierungen von Saat­gut deutlich gestiegen, und auch das Problem des Welthungers ist heute alles andere als gelöst. Kurz: Nichts von dem, was versprochen wurde, ist eingetreten, und profitiert haben am Ende nur Konzerne wie Monsanto.

Nun, wie sieht es aus mit der sogenannten neuen Gentechnik? Was ist eigentlich neu daran? – Unter neuer Gentechnik versteht man neue Techniken der zielgerichteten Ver­änderung des Erbguts. In der alten Gentechnik wurde mit ungenauen Verfahren gear­beitet, bei der artfremde DNA in Zellen eingebracht wurde. Diese dockte dann mög­licherweise irgendwo an, man wusste aber nicht genau, ob, wie und wo genau. Bei der neuen Gentechnik wird präziser gearbeitet, es werden direkte technische Eingriffe in die DNA-Struktur vorgenommen. Meist werden künstliche, im Labor hergestellte Enzyme verwendet, DNA-Abschnitte können so sehr präzise entfernt oder verändert werden.

Die Proargumente sind im Wesentlichen dieselben geblieben. Der Klimawandel ist dazu­gekommen; aufgrund dessen hat man die Trockentoleranz mit hineingenommen. Das heißt, mithilfe der Genschere sollen Pflanzen gezüchtet werden, die trockentolerant sind. Die Wahrheit ist, es sind gerade 120 Pflanzen in der Entwicklung, und bei diesen 120 Pflanzen geht es keinesfalls um Trockentoleranz, sondern es geht um Raps, der herbizidresistent ist – das kennen wir schon –, es geht um länger haltbaren Salat, es geht um Tomaten ohne Stilansatz, und es geht um Kartoffeln ohne schwarze Flecken. Das sind also eher Lifestyleprodukte, die nicht unbedingt etwas mit den Zielen der nachhaltigen Ernährungssicherheit zu tun haben.


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Herbizidresistenzen sind wie in der alten Gentechnik ein großes Thema und könnten damit den Pestizideinsatz weiterhin erhöhen. Zusätzlich wird die Vormachtstellung der großen Agrarindustrie noch weiter verfestigt, da eben nur diese Konzerne auch die Mittel haben, in die neuen Verfahren zu investieren. Mittels Gentechnik hergestelltes Saatgut beziehungsweise Pflanzen werden patentiert, lizenziert, die Abhängigkeit von den Agrarkonzernen damit verstärkt.

Bezüglich Kennzeichnung und Transparenz ergeben sich neue Problemlagen. Da kein fremdes DNA-Material eingebracht wird und die mit neuer Gentechnik hervorgerufenen Mutationen häufig denen ähneln, die auch natürlich vorkommen, sind die mit neuer Gentechnik veränderten Organismen deutlich schwieriger als solche zu identifizieren. Damit wird auch die Biolandwirtschaft gefährdet, denn aufgrund des Risikos der Ein­kreuzung mit anderen Pflanzen ist ein Nebeneinander von Biolandwirtschaft und Gen­technik so gut wie unmöglich – das gilt übrigens für die alte Gentechnik genauso. Würde die Regulierung der neuen Gentechnik verwässert werden, würde auch das Konsu­men­tIn­nen­vertrauen in die Biolandwirtschaft gestört, denn man kann sich dann eben nicht mehr sicher sein, tatsächlich auch GVO-frei zu konsumieren.

Unsere Position, die Position der Grünen ist aus den genannten Gründen daher ganz klar: Wir wollen dieselben Prinzipien, wie sie bisher für die Gentechnik gelten – Vor­sor­geprinzip, Risikobewertung, Kennzeichnung –, auch für die neue Gentechnik anwenden, so wie für die alte. Wir sehen die neue Gentechnik als kostenintensive und potenziell gefährliche Ablenkung von den Lösungen, die wir eigentlich bräuchten, um unser Land­wirtschafts- und Ernährungssystem endlich nachhaltig zu gestalten. Wir setzen uns für einen Wandel weg von einer inputintensiven Agrarindustrie hin zu ökologischen Anbau­methoden und lokaler Saatgutzüchtung ein.

Österreich hat in der Frage der Antigentechnik eine Vorreiterrolle gespielt. Nächstes Jahr wird es übrigens ein Vierteljahrhundert her sein, dass über 1,2 Millionen Menschen das Antigentechnikvolksbegehren, das zweiterfolgreichste in der Geschichte Österreichs, unterschrieben haben. Ja, wie gesagt, Österreich hat eine Vorreiterrolle gespielt und sollte das auch bei der neuen Gentechnik tun.

Es freut mich auch, dass vorige Woche im Nationalrat gemeinsam mit der ÖVP ein Entschließungsantrag eingebracht wurde, der sinngemäß keinen Unterschied zwischen neuer und alter Gentechnik macht; dieser wurde einstimmig angenommen. Gerade unser Land mit seiner im Vergleich kleinstrukturierten Landwirtschaft ist gut beraten, weiterhin gegen gentechnisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft aufzu­treten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

18.34


Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächste Rednerin ist Johanna Miesenberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


18.34.51

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! In der Novellierung des Gentechnikgesetzes geht es im Wesentlichen um die Umsetzung neuer EU-Vorschriften. Mit den neuen Bestimmungen soll über die gesamte Risikoanalyse hinweg eine transparente und kontinuierliche Kommunikation gewähr­leistet werden, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in diesen Prozess stärkt.

Mein Kollege, mein Vorredner hat schon erwähnt, dass diese Gesetznovelle im Zusam­menhang mit einer Diskussion steht, die seit dem Frühjahr in der Europäischen Union geführt wird. Zurzeit müssen Pflanzen, die aus der Anwendung neuer Züchtungstechniken hervorgehen, als gentechnisch veränderter Organismus definiert werden.


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Im Zuge meiner Recherchen habe ich auf der Seite der Ages einiges gefunden. Exper­tinnen und Experten der Ages haben in drei Forschungsprojekten mehrere Fragestel­lungen umfassend beleuchtet. Fragen wie: Fallen neue Techniken der Pflanzenzüch­tung, sogenannte grüne Gentechnik, unter die Regelungen für GVO oder doch nicht? In welchem Umfang müssen mögliche Risiken der Pflanzen und der daraus hergestellten Produkte bewertet werden? Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Be­hörden? Kann man noch eindeutige Grenzen zwischen GVO und traditionell gezüch­teten Pflanzen ziehen? Wo fängt Gentechnik an, wo hört sie auf, und wann ist es schon synthetische Biologie? – Eines lässt sich zusammenfassend sagen: Eine einfache Antwort auf die brennenden Fragen nach der Einordnung gibt es tatsächlich nicht; dazu sind die Faktoren einfach viel zu vielschichtig.

In den Berichten im Rahmen der Forschungsprojekte der Ages finden sich neben den technischen Grundlagen grüner Gentechnik Anwendungsmöglichkeiten, Vergleiche zur traditionellen Pflanzenzüchtung und Risikobewertungsansätze. Dabei geht es nicht um eine Klassifizierung der Züchtungsansätze, sondern wirklich darum, Chancen zu nutzen und mögliche Risiken tatsächlich zu erkennen.

Genauer beleuchtet wurde das neuartige genomische Verfahren, eine neue Züchtungs­technik, die seit 2001 genutzt wird. Zu diesen Verfahren gehört unter anderem auch die Technik der Genomeditierung wie zum Beispiel Crispr-Cas, das eine zielgerichtete Ver­änderung des Erbguts ermöglicht.

Die Ergebnisse aus den Ages-Forschungsprojekten zeigen auf, dass es gerade in Bezug auf Nachweis und Rückverfolgbarkeit wirklich wichtig ist, dass Österreich in allen natio­nalen und europäischen Gremien an der im Regierungsprogramm festgeschriebenen Position zur neuen Gentechnik unbedingt festhält.

Ich möchte noch zwei mir wichtige Punkte anfügen: Ich denke, die Österreicherinnen und Österreicher wollen auch in Zukunft keine mit GVO veränderten Lebensmittel auf ihren Tellern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Das müssen wir im Sinne unserer Kinder und Kindeskinder unbedingt gewährleisten, denn die Folgen sind einfach nur schwer abzuschätzen. Schon jetzt kann festgestellt werden, dass sich Probleme in der Produk­tion lediglich verlagert haben, zum Beispiel betreffend Resistenzen; das ist bereits an­gesprochen worden.

Für uns Bäuerinnen und Bauern ist für die Zukunft daher ein weiterer Punkt ganz ent­scheidend. Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren in Österreich hochwertige, zu 100 Prozent gentechnikfreie Lebensmittel, die Produktion ist zu 100 Prozent transpa­rent, und die Betriebs- und Futtermittel sind zu 100 Prozent nachvollziehbar. Das ist Lebensmittelstandard und -sicherheit auf höchstem Niveau.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit müssen wir künftig noch mehr in den Fokus rücken. Viele Lebensmittel werden nach Österreich importiert; gleichzeitig exportieren wir wertvolle Lebensmittel ins Ausland. Für mich ist deshalb eines klar: Wir brauchen eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung, um den Konsumenten wirklich ehrlich Wahlfreiheit zu ermöglichen und die Entscheidung zu erleichtern. Der Konsument, die Konsumentin soll sich beim Griff ins Regal oder auch beim Außerhausverzehr bewusst entscheiden können: Sind diese Lebensmittel aus Österreich und somit zu 100 Prozent gentechnikfrei, oder kommen sie aus Importländern, in denen zu ganz anderen Pro­duktionsstandards, zu anderen Tierschutzstandards und zu anderen Sozialstandards der bäuerlichen Familien produziert wird?

Im Zuge dessen möchte ich hier auch noch anmerken, dass wir an einem klaren Nein zum Mercosur-Abkommen nach derzeitigem Verhandlungsstand festhalten müssen. Es dürfen nicht zusätzlich 100 000 Tonnen Rindfleisch auf den europäischen Markt kommen;


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 165

damit würden die Preise für die bäuerlichen Betriebe in den Keller fallen und viele Be­triebe zum Aufhören oder Zusperren gezwungen.

Mein abschließender Appell: Greifen wir zu regionalen, zu österreichischen Lebens­mit­teln! Diese sind nämlich nicht nur von höherer Qualität, sondern wir leisten damit auch gemeinsam einen Beitrag, damit die Produktion im Land und die Lebensmittelsicherheit gewährleistet bleibt.

In diesem Sinne, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Schaffen wir gemeinsam mit unserer politischen Arbeit Perspektiven und Möglichkeiten, entscheiden wir uns gemein­sam für eine gute Zukunft der Menschen in unserem Land. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

18.41


Präsident Mag. Christian Buchmann: Bundesrat Günther Novak ist der nächste Red­ner. – Bitte.


18.41.15

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher! Frau Miesenberger hat jetzt gerade etwas ganz Interessantes gesagt und das Thema Mercosur angeschnitten. Hinter dem, was sie gesagt hat, steht die Landwirtschaftskammer mit den Bauern sicherlich voll, die Wirtschaftskammer aber bei Weitem nicht. Genau das ist das Problem in der Gen­technikfrage. Die Diskussion darüber, ob gentechnisch veränderte Pflanzen Gesundheit oder Umwelt gefährden und belasten, ist daher schon heftig und oft sehr kontroversiell. Da klaffen die Interessenlagen weit auseinander, weil es da ja auch um viel Geld geht; das muss man dazusagen. Ich werde später noch kurz darauf zurückkommen.

Dass EU-Recht jetzt in nationales Recht umgesetzt wird, ist bitter nötig. Dass die Risiko­bewertung in einer Datenbank verzeichnet wird, sodass man nachschauen kann, ist in Zeiten wie diesen ja wohl bitter nötig. Die Transparenz gewährleistet die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die Efsa, und dort können das die Kunden sehen, die die Produkte schlussendlich kaufen.

All diese Studien, wissenschaftlichen Ergebnisse und Informationen, die einen Antrag an die Efsa unterstützen, sind automatisch zu veröffentlichen, sobald ein Antrag validiert oder für zulässig befunden wird. Das geschieht bereits in einer sehr frühen Phase des Risikobewertungsprozesses in einer leicht zugänglichen Form. Es muss jeder Mensch die Möglichkeit haben, über eine Datenbank Zugang zu bekommen und sich das anzu­schauen.

Betroffen sind davon Risikobewertungen für alle zulassungspflichtigen Produkte und Erzeugnisse, die aus gentechnisch veränderten Organismen hervorgehen, wie meine beiden Vorredner gesagt haben. Worum es da geht, ist schon gesagt worden, aber ich möchte auf einen Punkt ganz kurz eingehen. Es geht um Lebens- und Futtermittel, Le­bens­mittelzusatzstoffe, Lebensmittelenzyme, Aromen, Raucharomen, Lebensmittelkon­takt­stoffe und neuartige Lebensmittel. Dazu fällt mir Folgendes ein: Wir wissen, Fleisch kommt aus ganz Europa, Amerika und überall her zu uns nach Österreich, und ich werde oft gefragt: Wie ist es, wenn Fleisch bei uns veredelt, ein gutes Produkt daraus gemacht wird, aber kein Mensch weiß, woher das Fleisch wirklich ist? Wenn dann irgendwo noch das AMA-Gütesiegel drauf ist, gehen viele davon aus, dass das Fleisch selbst­ver­ständlich von einem österreichischen Bauern kommt – in Wirklichkeit wird es aber bei denen höchstens vorbeigetragen.

Pflanzenschutzmittel wurden heute bereits angesprochen – bei dieser Gelegenheit fällt mir das Thema Glyphosat ein: Unser Landeshauptmann und sein Team haben Glypho­sat in Kärnten schon vor einigen Jahren für die Gemeinden und das Land verboten. Bei


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unserer letzten Sitzung haben wir das auch für Österreich durchgesetzt. In der Land­wirtschaft haben wir es noch nicht durchgesetzt, darüber könnten wir wieder lange diskutieren.

Der öffentliche Diskurs im Zuge der Wiederzulassung in der EU wird spannend werden. Die Lobbyisten stehen da sicherlich schon vor der Türe, denn da reden wir ja nicht von ein paar Hundert Millionen Euro, da reden wir ja von Milliarden Euro an Umsätzen. Die Saatgutindustrie wird versuchen, da wieder ihre Interessen durchzusetzen, damit sie weiterhin ihr Geld machen kann.

Weitere Kernelemente der neuen EU-Transparenzverordnung sind die Sicherstellung und die einheitliche Kommunikation. Natürlich kann man vieles über Datenbanken ver­öffentlichen, da sind dann aber auch personenbezogene Daten dabei, dadurch ist es ein bisschen schwieriger. Wenn es um die Gesundheit von Menschen oder Tieren oder um die Umwelt geht, kann die Behörde in einer Notfallsituation aber auch diese sensiblen Informationen weitergeben.

Zum Abschluss: Die Novellierung des Gentechnikgesetzes ist natürlich zu begrüßen, da brauchen wir gar nicht darüber zu reden; wir alle wollen das ja schon lange. Die Menschen haben ein Anrecht auf möglichst viel Information und Transparenz, und – weiter gedacht – sie haben auch das Recht darauf, selbst zu entscheiden, ob sie mit Gentechnik hergestellte Lebensmittel wollen oder nicht, daher sind eine entsprechende Kennzeichnung und mehr Transparenz mehr als je zuvor erforderlich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.46


Präsident Mag. Christian Buchmann: Bundesrat Thomas Schererbauer ist zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


18.46.42

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Eines vorweg: Der Anbau gene­tisch veränderter Lebensmittel ist in Österreich Gott sei Dank vonseiten der Ages ver­boten. Auf 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche wird nach wie vor kein einziges genetisch verändertes Saatkorn angebaut.

In vielen Ländern dieser Erde schaut die Situation jedoch ganz anders aus. Die USA zum Beispiel bauen auf 39,1 Prozent der nationalen Ackerfläche gentechnisch veränder­tes Saatgut an, das sind unglaubliche 75 Millionen Hektar; gefolgt von Brasilien mit 51,3 und Argentinien mit 23,9 Millionen Hektar. Speziell in diesen Ländern hat genetisch verändertes Saatgut längst die Vorherrschaft in der Landwirtschaft übernommen.

Genmais, -soja und -baumwolle werden in großem Stil angebaut. Umweltschutz­organi­sationen und Medien berichten über die dramatischen Folgen für Menschen und Umwelt. Saatkonzerne argumentieren, Gentechnik brauche man für die Ernährung einer sehr stark anwachsenden Weltbevölkerung. Europa verbietet den Anbau weitgehend, impor­tiert aber gentechnisch veränderte Pflanzen in Form von Tierfutter, Kleidung und Bio­diesel. Im Jahr 2016, also 20 Jahre nach den ersten Sojaimporten, importiert Europa mehr gentechnisch verändertes Soja im Jahr als alle Europäer an Körpergewicht auf die Waage bringen.

Österreich nimmt mit dem Gentechnikfrei-Kontrollzeichen und völlig gentechnikfreien Branchen eine Vorreiterrolle ein. 1997 gab es das erste Gentechnikvolksbegehren mit 1,2 Millionen Unterschriften, 1998 die ersten gekennzeichneten gentechnikfreien Pro­dukte am Markt. Seit 2010 produziert die Milchwirtschaft komplett gentechnikfrei, seit 2011 produzieren führende Eierhersteller gentechnikfrei, und seit 2012 ist der Großteil der Mastgeflügelproduktion gentechnikfrei.


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Mit dem drohenden Mercosur-Abkommen, das wie ein Damoklesschwert über uns hängt, laufen wir in Österreich jedoch Gefahr, dass gentechnisch manipulierte Lebens­mittel zu uns auf den Teller kommen. Es kann und darf nicht sein – Frau Kollegin Johanna Miesenberger hat es bereits erwähnt –, dass Unmengen von Rindfleisch aus Süd­amerika zusätzlich auf den europäischen Markt kommen, die Preise für die heimischen bäuerlichen Betriebe in den Keller fallen und viele Landwirte dadurch in den finanziellen Ruin getrieben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Schon jetzt ist in vielen Konsumgütern Gentechnik versteckt, darum möchten auch immer mehr Menschen wissen, woher ihre Lebensmittel kommen, ob sie umweltfreundlich und gentechnikfrei hergestellt wurden und wie es den Menschen und Tieren geht, die entlang der Wertschöpfungskette an der Produktion der Lebensmittel beteiligt sind. Verpackun­gen geben uns offene und versteckte Hinweise, gleichzeitig verschweigen sie uns We­sentliches; einige Angaben sind unmissverständlich, andere können irreführend sein. Eine klare und verständliche Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln ist daher un­ausweichlich. Wir alle sollten gemeinsam daran arbeiten, dieses Vorhaben so schnell wie möglich umzusetzen.

Abschließend möchte ich noch an alle appellieren, den eigenen CO2-Fußabdruck so klein wie möglich zu halten, beim Einkaufen auf Regionalität zu setzen und damit einen Beitrag zu leisten, dass die Produktion im eigenen Land bleibt und dadurch die Lebens­mittelsicherheit gewährleistet ist. Setzen wir auf Qualität aus Österreich! – Glück auf! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

18.50

18.50.28


Präsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte ge­schlossen.

Ich ersuche, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenommen.

18.51.0428. Punkt

Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­tenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kom­mission für 2021 und des portugiesischen Arbeitsprogramms für das 1. Halbjahr 2021 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des deutschen, portugiesischen und slowenischen Ratsvorsitzes (III-733-BR/2021 d.B. sowie 10671/BR d.B.)


Präsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Ich ersuche ihn um den Bericht.


18.51.44

Berichterstatter Andreas Lackner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­ten­schutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 168

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ein Beschluss über den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Art. 23f Abs. 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2021 und des portugiesischen Arbeitsprogramms für das 1. Halbjahr 2021 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des deutschen, portugiesi­schen und slowenischen Ratsvorsitzes zur Kenntnis zu nehmen, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.


Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gelangt Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte.


18.52.46

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Es ist ein bisschen eine Premiere für mich: Es ist in 20 Jahren das zweite Mal, dass ich vorschlage, einen Arbeitsbericht auf Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission hier nicht zur Kenntnis zu nehmen. Der Grund der Nichtkenntnisnahme ist nicht das auf allen Ebenen wirklich ambitionierte Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission, der Grund ist die Minderleistung Österreichs und der österreichischen Bundesregierung in diesem Bereich.

Österreich ist sowohl im Gesundheits- als auch im Sozialbereich in Europa mäßig engagiert. Herr Bundesminister, wir kennen uns noch nicht so gut, aber: Was im Himmel hat Sie geritten, nicht zu einem der ganz, ganz seltenen Sozialausschüsse zu kommen? Die portugiesische Ratspräsidentschaft hat nach jenem in Göteborg wieder einen gemacht. Warum stolpern dort ein Herr Kocher und der Bundeskanzler herum und warum ist der Sozialminister nicht dort? (Beifall bei der SPÖ.)

In Göteborg ist ja ein Wunder geschehen: Endlich wurde diese vierte Säule der sozialen Sicherheit Realität. Jetzt heißt es eigentlich, diese Säule mit Leben zu erfüllen, damit die Europäische Union auch soziale Sicherheit gibt. Und es kommen ganz tolle Vorschläge, die wir uns so von der Kommission eigentlich noch gar nicht erwartet haben, wie zum Beispiel die Grenzgängerregelung bezüglich des Arbeitslosengeldes. Und wer blockiert? – Österreich!

Als Nächstes drängt die Bundesregierung bei den Grenzgängern um eine Indexierung der Familienleistungen. Es ist wieder dasselbe: Arbeiten schon, aber ihre Familien inter­essieren uns nicht! (Bundesrätin Schartel: Na, das stimmt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Es stimmt! Ihr könnt aber dann ja gerne auch dazu Stellung nehmen.

Jetzt komme ich zur Pandemie, Herr Bundesminister. Ich meine, es gab einen Wechsel an der Spitze des Ressorts, aber Kollege Anschober war immer der Meinung, die Pandemie lassen wir im nationalen Bereich. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Ja, ja, ist schon gut. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Die andere Frage aber ist: Gibt es denn nicht – und da sehen wir eine ganze Reihe wichtiger Audits und Stresstests, die wir hierzu machen müssen – eine Bevorratung und Entwicklung krisenrelevanter Produkte?

Wenn wieder eine Pandemie kommt – und es wird wieder eine kommen –, brauchen wir eine EU-Gesundheitstaskforce. Man hat ja der EU immer vorgeworfen, mangels Kom­petenz zu langsam gewesen zu sein, die nationalen Grenzen nicht überbrückt zu haben. Jetzt schlägt die Kommission das vor, und Österreich sagt: Na, das lassen wir lieber in der nationalen Zuständigkeit! – Das ist keine Vorbereitung auf die nächste Krise, Herr Bundesminister! Man sollte außerdem die Pläne, die Europa vorschlägt, eine Gesund­heitsunion mit einer verbesserten Koordination und einem zielgerichteten Krisenmana­ge­ment, ein bisschen aktiver und nicht so passiv angehen. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 169

Jetzt kommt ein Musterstück: Die Europäische Kommission sagt – hört einmal zu (in Richtung FPÖ), man glaubt es nicht, was aus der Kommission kommt –, wir brauchen mehr soziale Gerechtigkeit beim digitalen und beim ökologischen Wandel. Hallo, das sagt die Kommission! Und sie verlangt ein europäisches Sozialmodell, damit wir nach diesen großen Umbrüchen nicht im Regen stehen.

Weiters – ich schaue jetzt Kollegin Gruber-Pruner an –: Die Europäische Kommission fordert eine Kindergarantie. (Beifall bei der SPÖ.) Mit dieser Kindergarantie will sie den Kindern alle Basisdienste wie Gesundheit, Bildung und angemessenes Wohnen garan­tieren. – Na, wie klingt denn das? Das ist doch eine hervorragende Sache. Und wo stehen wir? – 2017 wurde das in Österreich angedacht, seither aber ist überhaupt nichts geschehen. Was die Kinder betrifft, verlangt die Kommission mehrjährige nationale Aktions­pläne, insbesondere auch betreffend das Wohnen. Also, liebe Daniela Gruber-Pruner von den Kinderfreunden: Klopft auf diesen Punkt! Wo sind die Aktionspläne? Die müssen bis 2030 von Österreich abgeliefert werden. Ich kenne keinen.

Nächster Punkt: neue Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen. Das ist okay, da kann uns der Minister vielleicht noch sagen, wie man sich das im Konkreten vorstellt.

Jetzt aber kommt das, was wir immer wieder in der Cosac diskutiert haben – das hat immer Österreich eingebracht –: sozialer Wohnbau, sozialer Wohnbau, sozialer Wohn­bau! Raus damit aus den Maastrichtkriterien! Jetzt verlangt der EU-Ratsvorsitz die Eingliederung wohnungsloser Menschen in die Gesellschaft als ein wesentliches Anliegen. Ich weiß, wenn Frankreich im Europarat den Vorsitz übernimmt – das hat die Vertreterin Frankreichs schon angemerkt –, wird es als Erstes eine Initiative setzen: Raus mit der Knebelung von Gemeinden und Städten aus den Maastrichtkriterien! Lasst die Gemeinden ihre Investitionen machen, lasst die Gemeinden und nehmt sie raus, denn es sind die Gemeinden, die letztlich Nachfrage und Beschäftigung schaffen! – Das hat unsere Bundesregierung nach der zögerlichen Hilfe für die Gemeinden in der Pandemie auch noch nicht ganz verstanden.

Kommen wir noch zu etwas, das mir auch sehr wichtig ist: die Verbesserung der Ar­beitsbedingungen für Plattformbeschäftigte. Es ist ja etwas Neues, dass man auf Platt­formen beschäftigt ist. Ich finde es nicht gut, wenn manche Leute, die für eine solche Plattform arbeiten, gar nicht wissen, wie das Endprodukt ausschaut. Wie auch immer sich unser Lebens- und Arbeitsraum entwickelt, aber jetzt sagt die Kommission – und da kommt nichts von Österreich, es kommt nichts! –, wir müssen die Arbeitsbedingungen für solche Plattformbeschäftigte verbessern. Das sagt die Kommission – und Österreich sagt Njet.

Wie gesagt, das ist einer der Gründe, warum wir diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen; nicht wegen der Kommission, sondern wegen des österreichischen Anteils. Vielleicht, Herr Bundesminister, könnten Sie uns in Ihrer Stellungnahme etwas zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Plattformbeschäftigte aus Ihrer Sicht sagen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01


Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu dieser Stellungnahme hat sich Herr Bun­des­minister Dr. Wolfgang Mückstein bereits zu Wort gemeldet, und ich erteile ihm dieses. – Bitte.


19.01.17

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Mitglieder des Bundesrates! (Ruf: Lauter!) – Jetzt bin ich schon wieder zu


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 170

leise. (Bundesrat Steiner: Das wäre ja kein Wunder, wenn man 6 Stunden die Maske oben hat!)

Die Bewältigung der Covid-19-Krise – geht es so? (Zustimmung im Saal), sehr gut –, die Stärkung der Resilienz sowie das Vorantreiben des grünen und digitalen Wandels ste­hen im Fokus des Programms der Europäischen Kommission für 2021. Das Programm des zu Ende gehenden portugiesischen Ratsvorsitzes war ebenfalls von der Bewälti­gung der Covid-19-Situation und der Sicherstellung eines koordinierten Krisenmanage­ments auf EU-Ebene geprägt. Mit 1. Juli 2021 übernimmt bekanntlich Slowenien den Vorsitz im Rat der EU. Die Konjunkturerholung, die Stärkung der Resilienz und der strategischen Autonomie der EU werden zentrale Themenstellungen sein.

Ich möchte Ihnen nun die Themenbereiche, die mein Ressort betreffen, näher erörtern. Zum Bereich Sozialpolitik: Die Covid-19-Pandemie kann neben der gesundheitlichen auch eine wirtschaftliche und soziale Krise in Europa auslösen. Wir wissen aus Unter­suchungen vorangehender Wirtschaftskrisen, dass die sozialen Folgen erst zeitver­zögert auftreten. Damit aus der Gesundheitskrise keine Sozialkrise wird, muss langfristig europaweit auf gute Lebensbedingungen geachtet werden, und es ist wichtig, unser Sozial- und Gesundheitssystem armuts- und krisenfester zu machen.

Ich bin deshalb sehr froh, dass die Europäische Kommission weitere Schritte zur Um­setzung der Säule sozialer Rechte unternommen und Anfang März einen Aktionsplan zur Umsetzung vorgelegt hat. Dem portugiesischen Ratsvorsitz ist es Anfang Mai beim Sozialgipfel in Porto gelungen, auf Staats- und Regierungschefebene, aber auch von­seiten der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner Zustimmung zu den im Aktionsplan vorgeschlagenen EU-weiten Zielsetzungen in den Bereichen Beschäftigung, Ausbildung und Armutsbekämpfung zu erreichen.

Mit dem Bekenntnis zur vertieften Umsetzung der seit 2017 bestehenden Europäischen Säule sozialer Rechte, die sowohl auf EU-Ebene als auch den Mitgliedstaaten als Leit­faden für ein soziales Europa dient, tritt Europa entschlossen für sozialen Zusammenhalt ein. Der slowenische Ratsvorsitz wird mit den Schwerpunkten Qualität der Arbeit, Lebensqualität und nachhaltige Arbeit sowie Gesundheit und Sicherheit weitere Schritte setzen.

Lassen Sie mich ein paar Punkte hervorheben: Armut und sozialer Ausgrenzung ent­schieden entgegenwirken: Die Armutsquote soll EU-weit um 15 Millionen reduziert wer­den, wobei die Armutsquote bei Kindern um fünf Millionen gesenkt werden soll. Armuts­bekämpfung bleibt damit weiterhin auch auf europäischer Ebene ein wichtiges Thema, insbesondere der spezielle Fokus auf Kinder ist mir ein besonderes Anliegen. Die vorige Woche im Beso-Rat verabschiedete Empfehlung für eine europäische Kindergarantie, die auf Armutsvermeidung, gesunde Ernährung und Zugang zu entsprechenden sozialen Dienstleistungen fokussiert, wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

Wenn auch die Zahlen in Österreich besser als im EU-Durchschnitt aussehen, werden 2021 die Folgen der Rezession vermutlich deutlich spürbarer werden. In Österreich ist aktuell rund jedes fünfte Kind unter 18 Jahren armutsgefährdet. Die österreichische Bun­desregierung hat sich bereits vor der Pandemie der Armutsbekämpfung verschrieben und sich im Regierungsprogramm das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Anteil von armuts­gefährdeten Menschen in Österreich bis 2024 um die Hälfte zu reduzieren.

In unserem gut entwickelten Sozialstaat konnten kombiniert mit zahlreichen Krisenmaß­nahmen der Bundesregierung schwerwiegendere soziale Auswirkungen weitgehend verhindert werden. Auf bestehende Lücken im sozialen Netz hat die Covid-Pandemie jedoch wie ein Brennglas gewirkt, daher arbeiten wir derzeit an Maßnahmen zur Milde­rung der sozialen Auswirkungen der Pandemie vor allem auf vulnerablere Gruppen wie


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zum Beispiel Kinder und Jugendliche, aber auch ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung.

Gut ausgebaute Systeme der sozialen Sicherheit inklusive Finanzierung sind meiner Meinung nach ebenfalls besonders hervorzuheben. Es zeigt sich europaweit, dass gut ausgebaute und für alle zugängliche Sozialschutz- und auch gute Gesundheitssysteme essenziell für die Krisenbewältigung sind. Ihr Funktionieren ist ein Gradmesser für die Resilienz. Ein sorgfältiger Umgang mit Investitionen in den Sozialschutz und in die Pflege, wie er auch in der Säule angesprochen ist, haben sich bewährt.

Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit zählen zu den extremsten Formen der sozialen Ausgrenzung. In der EU sind derzeit etwa 700 000 Menschen von Obdachlosigkeit be­troffen, was einem Anstieg von 70 Prozent innerhalb von zehn Jahren entspricht. Während der jüngsten Gesundheitskrise ist diese Zahl aufgrund von Sofortmaßnahmen und der Unterbringung der Schwächsten gesunken. In einem ersten Schritt dieser Ent­wicklung Rechnung tragend wurde im Juni eine europäische Plattform zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit eingerichtet.

Die ältere Generation ist ein weiteres zentrales Thema. Stichwort Altern: Bereits im Jänner hat die Kommission ein Grünbuch zum Thema Altern vorgelegt. Damit wurde vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine breite öffentliche Debatte über die Herausforderungen und Chancen einer alternden Gesellschaft in Europa angestoßen. Aus meiner Sicht sollten gerade auch die Chancen des gesunden Älterwerdens für die Betroffenen und die Gesellschaft herausgearbeitet werden. Neben dem gesunden und aktiven Altern, der Vermeidung von Altersarmut und vielen anderen Themen wird die steigende Nachfrage nach ausreichenden, zugänglichen, qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Gesundheits- und Langzeitpflegedienstleistungen als zentrale Heraus­forderung genannt.

Lassen Sie mich noch kurz etwas zum Thema inklusive Gesellschaft sagen: Ein wich­tiger Baustein für eine inklusive Gesellschaft ist die von der Europäischen Kommission am 3. März 2021 vorgelegte neue Strategie für die Rechte von Menschen mit Behin­derungen 2021 bis 2030. Das Ziel der Strategie ist es, die EU und die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu unterstützen. Ich begrüße diesen Schwerpunkt sehr. Gerade die ohnehin schon vor der Pandemie oftmals benach­teiligten Personengruppen trifft die Krise umso mehr.

Für den Bereich Gesundheit kann ich Ihnen Folgendes berichten: Bereits seit über einem Jahr bestimmt die Covid-19-Pandemie nun das politische Geschehen auf nationaler und europäischer Ebene und offenbart die Vorzüge der europäischen Zusammenarbeit. Bei aller berechtigten Kritik war die gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen auf euro­päischer Ebene der richtige Weg. Von den zugelassenen Impfstoffen wurden bereits mehr als 1,5 Milliarden Dosen für die EU produziert und werden den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. Auch für die Jahre 2022 und 2023 wurden seitens der Europäischen Kommission bereits Verträge über 1,8 Milliarden Dosen abgeschlossen. Es ist eine Initiative, die ich sehr begrüße.

Sicherlich gibt es auch Verbesserungspotenzial. Ich begrüße daher ausdrücklich die Initiative der Europäischen Kommission, um die Herausforderungen in der europäischen Zusammenarbeit und Krisenkoordination besser zu bewältigen. Es handelt sich dabei um Maßnahmen zur Stärkung der gemeinsamen Prozesse zur Krisenkoordination im Falle grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren sowie zur Erweiterung der Mandate der beiden Gesundheits-EU-Agenturen, der EMA und der ECDC. Die Pandemie hat gezeigt, dass beide Agenturen gestärkt und mit robusten Mandaten ausgestattet werden müssen.


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Weiters ist ein Vorschlag der Kommission zur Errichtung einer europäischen Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion, abgekürzt Hera, angekündigt, die eine schnellere Reaktion auf gesundheitliche Notlagen ermöglichen soll. Erste Maßnahmen wurden bereits im Rahmen des Hera-Inkubators auf den Weg gebracht. Damit sollen eine schnellere Analyse von Virusvarianten, die Beschleunigung des Zulassungsverfahrens sowie die Ausweitung von Produktionskapazitäten sichergestellt werden.

Die Pandemie hat die Freizügigkeit in einem zuvor kaum dagewesenen Maße beschränkt und so soziale und wirtschaftliche Beziehungen gestört. In einer Rekordzeit von 62 Tagen konnten sich Rat und Europäisches Parlament über den Vorschlag der Europäischen Kommission betreffend die Verordnung für ein digitales Covid-19-Zertifikat der EU einigen, das mit 1. Juli in Kraft tritt. Es legt Format und Inhalt interoperabler Zertifikate zu Covid-19-Impfungen, -Testungen und -Genesungen fest. Aufgrund des steigenden Anteils Geimpfter sowie Genesener in der Bevölkerung schafft die vorlie­gende Verordnung ein einheitliches Dokument zur Überprüfung des Infektions­status und ermöglicht Reise- und Bewegungsfreiheit. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität gesetzt. Das grüne Zertifikat führt keinesfalls zu einer Impfpflicht, es umfasst ebenso Getestete wie auch Genesene. Die Möglichkeit zur Ergreifung erneuter Be­schränkungen, wie etwa Quarantänebestimmungen für Reisende, sollten diese nötig sein, bleibt bestehen.

Bereits Ende März ist die Verordnung für ein gestärktes EU-Gesundheitsprogramm, EU4Health, in Kraft getreten. Aufgrund der Erfahrung mit Covid-19 wurde beschlossen, das Budget im Vergleich zum laufenden Programm deutlich anzuheben und thematisch jene Elemente zu verstärken, die durch die Covid-19-Krise an Bedeutung gewonnen haben.

Abschließen möchte ich mit dem Bereich Verbraucherschutz: Ich begrüße die ambitio­nierte Verbraucheragenda der Europäischen Kommission, die die konsumenten­politi­schen Schwerpunkte für die nächsten fünf Jahre setzt. Regelungsbedarf besteht vor allem bei der Verwirklichung des grünen und digitalen Wandels. Die Schwerpunkt­setzungen der europäischen Verbraucherpolitik dazu sind zu begrüßen.

Mit dieser ambitionierten Agenda werden wir langfristig den sozialen Zusammenhalt in Europa und in Österreich stärken. Gleichzeitig arbeiten wir an mehr Resilienz und Ko­operation, um aus dieser Krise zu lernen und um langfristig unser Gesundheitssystem zu schützen. Für die KonsumentInnen schaffen wir einen Rahmen, der sowohl den grünen wie auch den digitalen Wandel im Sinne der Menschen gestaltet. Ich bin froh, dass wir in Europa diese positiven Impulse gemeinsam setzen können, und freue mich auf die Umsetzung. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

19.13


Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte, Frau Bundesrätin.


19.14.13

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie uns noch via Livestream zuschauen! Kollege Schennach, wir diskutieren schon diesen 32-seitigen Bericht (ein Schriftstück in die Höhe haltend), du aber hast eine Abrechnung mit der österreichischen Bundesregierung an sich gemacht. Es geht hier um die Inhalte dieses Berichtes. Der Herr Minister hat diese Inhalte auch noch einmal sehr präzise dargestellt, und darum verstehe ich nicht, warum ihr nicht mitgehen könnt. Wir haben ja im Ausschuss auch darüber geredet, und die Einzige, die dort Fragen gestellt hat, war ich. Ihr habt euch ja nicht gemeldet. Es gab


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keinerlei Fragen von eurer Seite an die Experten. (Bundesrätin Schumann: ... den Bericht des Arbeitsministers! – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Steiner-Wieser.)

Ja, also an sich ist es schon etwas komisch, denn ich glaube, es geht um den Bericht, und diese Usance, einen Bericht nicht zur Kenntnis zu nehmen – ihr habt es schon einmal gemacht –, ist für mich ein bisschen, sagen wir, gewöhnungsbedürftig. (Zwi­schenrufe der BundesrätInnen Schennach und Schumann.)

Ich darf jetzt nur noch ein paar Dinge anführen, die mir inhaltlich zu dem Bericht wichtig sind, denn der Herr Bundesminister hat ohnedies schon sehr viel ausgeführt. (Zwischen­rufe bei der FPÖ.) Es geht der EU-Kommission also konkret um die Verbesserung der Koordination und des Krisenmanagements im Fall von Pandemien und anderen grenz­überschreitenden Gesundheitsgefahren. Eine europäische Gesundheitsunion ist in Verhandlung, und es laufen die legistischen Vorbereitungen. Wir haben das im Aus­schuss gehört. Vielleicht wird unter dem Vorsitz von Slowenien auch hierzu ein Ergebnis erzielt, das wäre schön. Zudem werden erweiterte Meldepflichten für die Mitgliedstaaten, etwa über freie Krankenhauskapazitäten, Intensivpflegekapazitäten und die Anzahl der medizinischen Fachkräfte, vorgeschlagen.

Wichtig ist für mich auch, dass es im Bereich Resilienz ein deutliches Umdenken der Gesellschaft in der Krise gibt. Es gibt Überlegungen, wie man die Produktionen von medizinischen Produkten wieder zurück nach Österreich holt, um die bekannten Eng­pässe, die wir ja zu Beginn der Pandemie hatten, zu vermeiden. Da hat sich die öster­reichische Bundesregierung sehr wohl sehr ins Zeug gelegt. Man denke an Kundl, an Novartis, an die Antibiotikaproduktion, und die weltweite Penicillinproduktion verbleibt weiterhin in Tirol. Das haben wir Frau Bundesminister Schramböck, Herrn Bundes­kanzler Kurz und Herrn Landeshauptmann Platter zu verdanken. – Also da war sehr wohl Initiative da! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Steiner und Steiner-Wieser.)

Es gibt auch ein neues EU4Health-Programm. Das soll überlegt werden, und dafür gibt es mehr budgetäre Mittel. Österreich steht all diesen Vorschlägen – der Herr Minister hat das ohnedies schon gesagt – grundsätzlich positiv gegenüber. Die Wahrung der natio­nalen Rechte im Gesundheitsbereich ist uns natürlich wichtig.

Von der europäischen Kindergarantie haben wir schon gehört. Das hat Kollegin Gruber-Pruner im Ausschuss sehr positiv bewertet. Wir haben kurz darüber geredet, dass es das jetzt gibt. Österreich ist sehr wohl sehr aktiv, was die Kinderrechte betrifft. Wir haben zum Beispiel den Kinderrechteausschuss, also wir treffen uns immer wieder und sind im Austausch. Es tut sich da etwas. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Das Grünbuch zum Thema Altern möchte ich noch erwähnen – der Herr Minister hat es schon gesagt –: Es sollen einfach die Bedürfnisse der älteren Menschen in allen Be­reichen des öffentlichen Lebens mitbedacht werden. Für mich als Seniorenvertreterin ist das natürlich ganz, ganz wichtig, und wir werden das auch speziell unterstützen, das kann ich sicher sagen, denn da geht es ja um viele, viele Fragen, etwa die des guten Alterns, der Finanzierung des Pensionssystems et cetera. Es soll dazu eine Plattform auf den Weg gebracht werden.

Stichwort wohnungslose Menschen: Wir haben schon gehört, dass das Portugal, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, ein wichtiges Anliegen ist.

Außerdem will die Kommission unter anderem mit einem Paket zur Kreislaufwirtschaft die Sammlung, Wiederverwertung und Reparatur von Mobiltelefonen, Laptops und an­de­ren Geräten forcieren sowie Praktiken in Richtung geplante Obsoleszenz von Produkten – also


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ein vordefiniertes Kaputtwerden – und Greenwashing Einhalt gebieten. Das wollen wir ja alle, und ich glaube, da sind wir alle mit an Bord.

Eine Ausweitung des Anwendungsbereiches der Verbraucherkreditrichtlinie ist ebenfalls in Planung.

Dieser Bericht ist also sehr umfassend. Er enthält sehr viele und sehr interessante Vorhaben, die wir im EU-Ausschuss sicher gerne weiter begleiten. Unter dem Vorsitz unseres Präsidenten diskutieren wir immer wieder solche Vorhaben, die für uns wichtig und notwendig sind. Ich kann Sie nur bitten, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen; Kollegin Hauschildt-Buschberger wird den entsprechenden Antrag noch stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.19


Präsident Mag. Christian Buchmann: Die schon Adressierte ist die nächste Rednerin. – Bitte, Frau Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.


19.19.44

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die EU-Jahresvorschau in den Themenfeldern Gesundheit, Soziales und Kon­sumentInnenschutz für das Jahr 2021 beinhaltet einige sehr wichtige Projekte – wir haben das jetzt schon gehört –, deren Fortschritt zum Beispiel auch wichtige Impulse für die Pflegereform und für die Armutsbekämpfung in Österreich geben könnte.

Ich spreche jetzt ganz bewusst nicht näher über die Überlegungen zu einer Gesund­heitsunion. Die Erfahrungen im Umgang mit der Coronapandemie könnten und sollten gebündelt werden, um in zukünftigen Krisensituationen doch ein vielleicht erfahreneres Management wirksam werden zu lassen, denn da gibt es tatsächlich Handlungsbedarf. Ich glaube, das wissen wir alle nach eineinhalb Jahren Coronapandemie.

Stattdessen möchte ich mich jetzt noch ganz kurz auf drei Initiativen fokussieren, die mehr Aufmerksamkeit verdienen, wir haben es schon gehört: die europäische Kinder­garantie, die EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und das Grünbuch zum Thema Altern.

Die europäische Kindergarantie hat sich zum Ziel gesetzt, Kinderarmut und soziale Ausgrenzung von Kindern zu bekämpfen. Dabei soll sichergestellt werden, dass Kinder Zugang zu folgenden Leistungen haben: Bildung inklusive frühkindliche Bildung und Betreuung, Erholung, Sport und kulturelle Aktivitäten, Gesundheitsleistungen und auch angemessenes Wohnen.

Wir haben es schon gehört: Jedes vierte Kind in der EU ist von Armut betroffen, in Öster­reich jedes fünfte – dazu gibt es einen sehr umfassenden Bericht von der Volkshilfe –, insgesamt betrifft es 372 000 Kinder und Jugendliche. Das ist ein Grund, sich einmal mehr die Frage zu stellen, ob Maßnahmen wie zum Beispiel die Sozialhilfe nach dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz tatsächlich geeignet sind, Armut zu verhindern.

In Oberösterreich ist zum Beispiel im Sozialhilfe-Ausführungsgesetz festgelegt, dass der Bezug der Sozialhilfe mit jedem weiteren Kind sinkt. Das heißt, eine Familie mit drei Kindern, die Sozialhilfe bezieht, erhält für das erste Kind 25 Prozent des Nettoaus­gleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende, für das zweite Kind dann nur noch 20 Prozent und für das dritte Kind 15 Prozent. Bedeutet das, dass das zweite und dritte Kind weniger Bedürfnisse zu stillen haben? – Ich glaube nicht. (Bundesrat Schennach: Das ist schon Strafe!)


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Auch wenn wir das Beispiel Bildung – Bildung als Ausweg aus der Armut – hernehmen: Armutsgefährdete Kinder und Jugendliche haben tatsächlich wesentlich schlechtere Chancen, denn sie haben vermutlich keine Eltern, die darauf achten oder achten können, dass sie die Hausaufgaben machen, oder die sie gar dabei unterstützen. In manchen Familien mangelt es sogar an ganz wesentlichen, grundlegenden Dingen, nämlich an einem Ort, wo die Kinder ihre Hausübung ungestört machen können. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Es gibt teilweise schlichtweg gar keinen Schreibtisch, geschweige denn ein eigenes Zimmer für jedes Kind. (Bundesrat Steiner: Das war euch wurscht im letzten Jahr! Wurscht war euch das!) Insofern ist die EU-Initiative betreffend die Kindergarantie (Bundesrat Steiner: Heuchler!) auch für uns in Österreich ein wichtiger Impuls, den wir nutzen sollten, die Armut zu bekämpfen, und nicht die Armen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Völlig blunzen war es euch!)

Die EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen – wir haben auch das schon gehört – hat zum Ziel, die UN-Behindertenrechtskonvention weiter umzusetzen. Dabei geht es darum, dass Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt und selbst­bestimmt am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können. In den vergangenen Jahren hat es in diesem Bereich tatsächlich viele Fortschritte gegeben, dennoch sind Menschen mit Behinderungen stärker von Armut und sozialer Ausgren­zung bedroht.

Auch mit der Selbstbestimmung ist es nicht immer ganz einfach. Ich möchte das am Beispiel des Wohnens festmachen: Häufig müssen Menschen mit Behinderungen in institutionelle Wohneinrichtungen ziehen, weil es schlichtweg an Unterstützungs­ange­boten wie zum Beispiel persönliche Assistenz fehlt. Statt des selbstbestimmten Woh­nens in den eigenen vier Wänden heißt es dann: betreute WG. Insofern ist es wirklich wichtig, dass die weitere Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich verfolgt wird und dass Augenmerk auf den Ausbau niederschwelliger Unterstützungs­leistungen gelegt wird. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Dann noch ganz kurz: Das Grünbuch zum Thema Altern ist das erste Grundsatzpapier, das sich allgemein mit verschiedenen Themenfeldern des Alterns auseinandersetzt. Es werden darin einige allgemeine Themen angesprochen, wie ein gesundes und aktives Altern, aber auch spezielle Themen, etwa die Altersarmut bestimmter Bevölkerungs­gruppen – Frauen, Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Behinderungen –, oder die Herausforderungen für die Gesundheitsversorgung und die Langzeitpflege. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Pflegereform liefert das Grünbuch zum Thema Altern grundlegende Fakten mit einer europäischen Perspektive, die für die hierzulande ge­führte Diskussion sicherlich von Interesse sein können.

Im Sozial- und Gesundheitsbereich gibt es ganz, ganz viel zu tun, und die europäische Vernetzung und Zusammenarbeit liefern – wie die drei von mir kurz erwähnten Beispiele zeigen – wichtige Ansatzpunkte für die nationale Umsetzung in diesen Bereichen.

Ich stelle daher folgenden Antrag gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR:

Antrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend „TOP 28) Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2021 und des portugiesischen Arbeitsprogramms für das 1. Halbjahr 2021 sowie des


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Achtzehnmonatsprogramms des deutschen, portugiesischen und slowenischen Rats­vorsitzes (III-733-BR/2021 d.B.) in der 927. Sitzung des Bundesrates

Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.“

*****

Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.26


Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, den vorliegenden Bericht des Bundesministers für Sozi-ales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2021 gemäß Art. 23f Abs. 2 B-VG, auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2021 und des portugiesischen Arbeitsprogramms für das 1. Halbjahr 2021 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des deutschen, portugie­sischen und slowenischen Ratsvorsitzes, zur Kenntnis zu nehmen, ist genügend unter­stützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen vor. – Herr Bundesrat Hübner, ich erteile Ihnen das Wort, bitte. (Rufe bei ÖVP und SPÖ: Nein! – Bundesrat Steiner: Das ist aber ein bisschen respektlos! – Ruf bei der FPÖ: Nach den Grünen ...! – Heiterkeit bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Zwischenrufen ist erlaubt!)


19.27.33

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien) (erheitert): Danke für die freundliche Begrüßung (Heiterkeit bei der FPÖ), aber Kollege Schennach wird sich wundern: Heute sind wir im Ergebnis sogar einer Meinung. Das kommt nicht oft vor, aber wir kommen im Ergebnis zum Gleichen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Wir kommen zwar von verschiedenen Dingen, aber die Pole ziehen sich an und auf einmal treffen sie sich in der Mitte und kommen zu den gleichen Erkenntnissen (Beifall bei der FPÖ – Zwischenruf des Bundesrates Schennach) – das kommt schon noch –; aber das ist nicht der Grund meiner Wortmeldung.

Der Grund meiner Wortmeldung ist, dass ich jetzt der Debatte zugehört habe. Ich wollte mich eigentlich nicht melden, aber die Debatte ist einfach ein so perfektes Beispiel dafür, wie das Newspeak der EU die Fähigkeit zu einem rationalen, faktenbasierten Handeln und Argumentieren vernebelt. Es gibt diese wenigen Begriffe – es sind vielleicht 15, 20 –, die in der EU-Sprache seit 20 Jahren durchgewirbelt werden, die ständig wiedergekäut werden, die ständig propagandistisch – wie soll man sagen? – auf uns einrieseln. Ein­rieseln, das wäre das richtige Wort, so würde es  Hans Magnus Enzensberger in seiner EU-Schrift sagen.

Das sind Dinge wie Harmonisierung, Resilienz, Solidarität, Transparenz, Stärkung, Ge­meinschaft, Stärkung, Resilienz und so weiter; und wie in einer Kirche im Weihrauch­schwang vergessen wir (Bundesrat Schennach: Was?), einmal zu schauen, was dahin­tersteckt. Beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt haben wir über Gentechnik, über Glyphosat diskutiert, und da haben wir gesehen, welche Nachteile es für einen Ein­zelstaat oder eine einzelne Gebietskörperschaft bringt, nicht selbst entscheidungs­fähig zu sein. Man hängt zum Beispiel von einem Riesending ab, dessen Entschei­dungen man so gut wie nicht beeinflussen kann, wenn alle anderen an einem Strang ziehen, weil man dort nur 2 oder 2,8 Prozent der Stimmen hat.


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Jetzt kommen wir zum nächsten Punkt: Da sind vollkommen absurde Zentralisierungs­vorschriften drinnen, die im Bericht des Ministeriums nicht als solche erkannt, sondern noch gelobt werden. Da gibt es eine Suada der Einigkeit, wie toll das wäre. Gehen wir einmal zur Pandemie. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Kollege, bitte, die Kompetenz, die Sie einfordern, nämlich, dass bei sogenannten grenzüberschreitenden Gesundheitsnotständen die EU eingreifen kann, gibt es ja längst. Diese Kompetenz gibt es, es hat sich nur herausgestellt, dass ein bürokratischer Moloch wie die EU (Bundesrat Schennach: Aber geh!) diese Kompetenz aus der Ferne nicht sinnvoll wahrnehmen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich, denn die Entscheidung, ob der Bezirk XY oder die Stadt Ischgl abgeriegelt wird oder die Discos schließen müssen, wird sinnvollerweise nicht einmal in Wien ge­troffen, allenfalls in Innsbruck, am besten aber von den lokalen BHs, weil die vor Ort sind. Stellen Sie sich vor, die ganzen Maßnahmen wären zentral in Brüssel getroffen worden! Wahrscheinlich wären wir seit zwölf Monaten in einem Dauerlockdown und dürften im Freien nur mit Maske verkehren, weil natürlich der Duktus wäre: Leben über alles und wichtig und Solidarität – wenn die Sizilianer Masken tragen müssen, müssen das die Schweden auch tun, und wenn die Finnen nicht in die Disco gehen dürfen, dann dürfen die Kroaten auch nicht gehen und so weiter. Im Sinne der Harmonie, der Resilienz, der Solidarität müsste das natürlich einheitlich sein. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Also jeder, der die vergangenen zwölf Monate ein bisschen Revue passieren lässt, müsste sagen, dass diese Kompetenz, wie sie existiert, an sich schon ein Fehler ist. Sie wurde aber nicht exekutiert, weil sie unexekutierbar ist. Die Konsequenz, die die EU daraus zieht, die das Papier daraus zieht, das der Vorgänger des Sozialministers schrift­lich und der heutige Sozialminister hier mündlich besprochen hat, ist, dass es weiterer Kompetenzen bedarf. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Natürlich, es bedarf weiterer Kom­pe­tenzen, einer weiteren Zentralisierung und einer Ineffektivierung des Gesundheits­we­sens.

Was haben wir da im Verordnungsvorschlag? – Nationale Pläne müssen entwickelt werden; darüber müssen Audits gemacht werden; Stresstests müssen gemacht werden (Bundesrat Schennach: Wie bei den Banken!); die EU-Behörden müssen gestärkt und finanziell ausgestattet werden; es muss eine neue EU-Gesundheitstaskforce geschaffen werden; diese wird dann wahrscheinlich in Ischgl die Betreiber von Diskotheken befragen, ob man in vier Wochen schließen soll. Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Es wird dem Unfug kein Ende gesetzt.

Selbst in einem reinen Bundesstaat wie den USA ist es überhaupt keine Frage, dass Gesundheitskompetenzen komplett bundesstaatliche Kompetenzen sind. Deswegen haben auch die Hälfte dieser Bundesstaaten, weil sie anders sind, aufgrund von Voten ihrer Volksvertretungen entweder die Covid-Maßnahmen total aufgehoben oder es in 22 oder 23 Fällen bei relativ hohen Strafen sogar ausdrücklich verboten, Impfpässe auszustellen, Impfpässe anzunehmen, Impfpässe zu verlangen. Deswegen haben diese Staaten – kommen wir noch einmal zu Ungarn zurück – selbstverständlich volle Auto­nomie im Strafrecht. Manche Staaten haben die Todesstrafe, andere Staaten haben kumulierte Strafen, die bis zu 1 000 Jahren ausmachen können. In machen Staaten kann man bis zu 20 Jahre für Ehebruch kriegen, in anderen Staaten ist eine sexuelle Handlung mit einem unter 19-Jährigen, dabei natürlich auch mit LBGT-Aktivisten, mit hohen Strafen bedroht. So funktioniert dieser Bundesstaat.

Kommen wir zur nächsten Geschichte, zur sozialen Säule. Wir haben soziale Defizite: Wir haben Kinderdefizite, wir haben Altendefizite, wir haben Betreuungsdefizite und so weiter. Die normale Reaktion in einem funktionierenden und nicht benebelten Staat ist: Gehen wir es an, schauen wir, wo wir etwas verbessern können! – Die heutige Diskussion


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ist: Wir müssen die soziale Säule der EU stärken, wir brauchen da EU-Direktiven. Wir müssen hoffen, dass die EU - -, wir freuen uns, dass wir in Lissabon beschlossen haben - - und so weiter. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Was steckt denn da dahinter? Was soll denn die soziale Säule der EU werden? – Es gibt zwei Möglichkeiten: Das wesentliche Soziale sind natürlich die unterschiedlichen Löhne, die existieren, das riesige Lohngefälle (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), die Probleme im Pensionssystem, die Probleme bei der Kinderbeihilfe und, und, und. Diese kann man lösen, indem man einen europäischen Mindestlohn und eine europäische Min­destpension festsetzt. Da bei uns ja keiner unter 1 000 Euro verdient, müsste der euro­päische Mindestlohn, wenn wir auch Österreich stärken wollen, wahrscheinlich ungefähr bei 1 000 Euro liegen, was zum unverzüglichen Staatsbankrott zumindest von Bulgarien und Rumänien, aber auch von einigen anderen Staaten führen würde. Ge­nauso ist in manchen Mitgliedsländern eine Mindestpension von 190, 200 Euro natürlich standard­mäßig undiskutabel. Eine Erhöhung auf den österreichischen Mindeststandard von 900 Euro Ausgleichszulagengrenze würde dort aber zum Staatsbankrott und zum Bank­rott der Systeme führen. Das wäre ein Unfug, das wird daher auch nicht gemacht.

Die Alternative ist natürlich – das ist auch schon angedeutet –, wie es die EU bei den Kindern immer macht. Kinder, das ist etwas, wo keiner Nein sagen kann. (Bundesrätin Schartel: Außer wir in Österreich!) Da heißt es schon, da müsste es finanzielle Unter­stützungen der EU geben. Die Folge der sozialen Säule wäre also, ein Umverteilungs­system zu machen. Man könnte diese Mindestlöhne, Mindestpensionen, Mindestkinder­standards, Mindestschulstandards und alles, was da an Mindeststandards gefordert wird und was so wichtig ist, auf das man sich geeinigt hat, zentral finanzieren. Das wäre dann genauso sinnvoll wie der sogenannte Wiederaufbaufonds, der eingerichtet worden ist. (Bundesrätin Schumann: Bei aller ...!) Das wäre genauso sinnvoll, dass man das Geld von den Mitgliedsländern absammelt und es dann zentral mit einem bürokratischen Riesenaufwand möglichst fern von den Orten, an denen es ausgegeben wird, verwaltet und entscheidet.

Ein Riesengeschäft für Österreich: Wir sind mit ungefähr 15 Milliarden Euro an der Auf­bringung der Mittel beteiligt und kriegen heiße 3,5 Milliarden Euro. Jeder würde sich an den Kopf greifen, aber hier wird das ausnahmslos bejubelt – also da (in Richtung SPÖ) bejubelt, da (in Richtung ÖVP) hat man schon Bauchweh, der Finanzminister war auch nicht ganz glücklich –, es wird einfach hingenommen. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Schennach und Schumann.)

Es wird nicht gesagt: Wir haben da 10 Milliarden Euro für Europa gespendet! Wir sind eh so reich, wir haben keine Probleme bei uns, macht nichts, dafür sind wir solidarisch, wir sind harmonisch, wir sind resilient und was weiß ich, was sie sagen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Das wird aber nicht gesagt. Gesagt wird: Wir haben für Österreich 3,5 Milliarden Euro geholt. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Also lieber Kollege (in Richtung Bundesrat Schennach), ich komme jetzt wieder zurück: Aller Anfang ist ein Ende und jedes Ende kehrt zum Anfang zurück; nicht nur im Leben. Sie können sich daher vorstellen, dass wir mit Ihnen übereinstimmen, dass dieser Be­richt, der all das, was ich ein bisschen skizziert habe, nicht einmal in Ansätzen angeht, sondern kritiklos das EU-Newspeak bejubelt, von uns, da wir ihn aus Geschäfts­ord­nungsgründen nicht ablehnen können, nicht zur Kenntnis genommen wird, obwohl wir ihn natürlich genau kennen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.37

19.37.14



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 179

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, darf ich an dieser Stelle noch den Herrn Bundes­minister für Arbeit recht herzlich im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen, Herr Minister Martin Kocher. (Allgemeiner Beifall.)

Wir gelangen somit zur Abstimmung. Die Plätze sind, wie ich sehe, eingenommen.

Es liegt hierzu ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ist somit angenommen.

19.38.1529. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarkt­service­ge­setz geändert werden (1659/A und 907 d.B. sowie 10651/BR d.B. und 10672/BR d.B.)

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz (CFPG) geändert werden (908 d.B. sowie 10673/BR d.B.)

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1652/A und 913 d.B. sowie 10674/BR d.B.)

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) geändert wird (1668/A und 914 d.B. sowie 10675/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 29 bis 32, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. – Ich bitte um die Berichte.

19.39.05


Berichterstatterin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Aus­schus­ses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu Tagesordnungspunkt 29 über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem


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das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktservicegesetz ge­än­dert werden. Es geht dabei im Wesentlichen um die Regelung der Kurzarbeit.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 30 und dem Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz (CFPG) geändert werden. Es geht darum, die Kurzarbeit für die Lehrlinge zu ermöglichen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 31 bringe ich den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird. Es geht dabei um die Regelung der Sonderfreistellung für Schwangere.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 32 bringe ich den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Covid-19-För­derung für betriebliche Testungen geändert wird. Es geht also um das betriebliche Testen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.


19.41.38

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Bevor ich zu den einzelnen Tagesordnungspunkten komme, möchte ich eine große Bitte an Sie richten, und zwar: Es ist jetzt im Ausschuss wieder vorgekommen, dass uns gerade von Ihrem Ministerium zu so wichtigen, durchaus arbeitsrechtlichen Stücken bedauerlicherweise kein Experte zur Verfügung gestanden ist, dem wir sozu­sagen Fragen stellen konnten, die er uns beantworten könnte. Es ist wirklich so, dass das gerade in Ihrem Bereich immer wieder vorkommt, daher ersuche ich Sie, Herr Minister – ich gehe einmal davon aus, dass Sie sicher Fachbeamte in Ihrem Ressort haben –, dass


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Sie uns wirkliche Experten schicken. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Grossmann.)

Wir haben jetzt hinsichtlich der Materie mehrere unterschiedliche Tagesordnungspunkte, ich möchte mich auf zwei konzentrieren. Bei dem einen geht es um das Mutterschutz­gesetz. Ich habe ganz am Anfang, als die Pandemie losgegangen ist, die große Hoffnung gehabt da waren gerade weibliche Ministerinnen für diese Materie zuständig , dass man das gerade in solch einer Situation ins Mutterschutzgesetz aufnimmt. Was wäre dabei gewesen? Es hätte  es gibt auch jetzt schon sehr, sehr viele Gründe einen Grund gegeben, ein vorverlegtes Beschäftigungsverbot zu machen, damit wäre gerade den Betroffenen irrsinnig geholfen. Wir müssten nicht immer neue Gesetze machen, alles verlängern, und wir hätten da Sie ja immer davon reden, man muss ja weiter­denken, es ist noch nicht ausgestanden, es kann ja wieder etwas kommen, in einem Jahr, in zwei Jahren  dann vor allem ein Gesetz, das wir in vielen Bereichen, wenn es um solche medizinischen, gesundheitlichen Krisen geht, anwenden könnten. Das wäre wirklich ein Appell, das wäre zukunftsorientiert und würde viele, viele werdende Mütter einfach seelisch entlasten. (Beifall bei der FPÖ.)

Nein, was macht die Regierung? Sie führt die indirekte Impfpflicht für werdende Mütter ein. Jetzt wird diese Sonderfreistellung, die noch dazu bis 30.9. befristet ist, an einen Nachweis der werdenden Mutter gekoppelt, ob sie nicht doch vielleicht schon den ge­eigneten Impfschutz hat und dadurch ja überhaupt kein Recht hat, denn bei einer werdenden Mutter ist die Ansteckungsgefahr, wenn sie zweimal geimpft ist, nicht vor­handen, aber bei allen anderen ist sie dann doch wieder vorhanden, denn wir brauchen trotzdem wieder die Maske. Die Möglichkeit, dass man mit dem grünen Pass am Leben teilhaben kann, ist befristet, aber bei den werdenden Müttern ist man sich ganz, ganz sicher, also da hilft die Impfung tausendprozentig. Glauben Sie das wirklich? (Beifall bei der FPÖ. Bundesminister Kocher schüttelt den Kopf.) Eben!

Das ist auch der Grund, warum wir das ablehnen, denn keiner von der Regierung traut sich, sich hierherzustellen und den Menschen zu sagen: Ja, wir sind für die Impfpflicht ohne Wenn und Aber! – Ihr versteckt es immer im Hintergrund. Man findet irgendwelche Dinge, die in Wirklichkeit eine Impfpflicht und nichts anderes sind. Das Schlimmste, finde ich, ist, dass es bei werdenden Müttern um ein ungeborenes Leben geht. Heute habt ihr schon wieder darüber philosophiert, dass wir die Welt und die armen Kindern retten müssen und was weiß ich. Sind euch die eigenen gar nichts mehr wert? (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb ist es mir persönlich ganz, ganz wichtig, jetzt diesen Entschließungsantrag zu dieser Thematik einzubringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Keine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass

- die aktuell geltende Impfempfehlung im Zusammenhang mit Covid-Impfstoffen für Kin­der und Jugendlichen zurückgenommen wird und


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- es zu keiner Impfpflicht für Kinder und Jugendliche im Zuge der Einführung des soge­nannten ,Grünen Passes‘ und der ,3-G-Regelung‘ kommt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Was sicherlich eine sehr gute und wesentliche Sache ist, die auch in diesem Konvolut der Gesetze versteckt ist, ist die Verlängerung oder die Neuregelung der KUA Phase fünf – Phase fünf haben wir jetzt schon, damit ich das nicht vergesse, zu sagen. Natürlich wird es Betriebe geben, die aufgrund bestimmter Veränderungen, wie der Aufhebung von Schließungen, durchaus schön langsam wieder in einen normalen Berufsalltag hineinkommen. Dort wird es auch Arbeitnehmer geben, die durchaus wieder von der Teilzeitbeschäftigung in eine Vollzeitbeschäftigung kommen.

Es gibt aber auch sehr viele Betriebe, die von anderen Betrieben abhängig sind, für die sie zum Beispiel Werbung machen also die Werbemittelverteiler, die Prospektverteiler, die ja eh leider nicht sehr viel verdienen –; bei denen ist es davon abhängig, wie das Reisebüro, der Busfahrer wirbt, und dann haben sie vielleicht die Chance, einen Umsatz zu machen. Deshalb ist das sicherlich gut, da die unter Umständen auch diese KUA Phase fünf brauchen.

Wozu ich Sie jetzt etwas fragen muss, lieber Herr Minister da ich ja keinen Experten im Ausschuss fragen konnte, weil ja leider keiner da war , ist die Geschichte mit dem Urlaub. Ich habe mir jetzt also alle Stenographischen Protokolle durchgelesen, National­rat und so weiter. Ist das jetzt wirklich so – nehmen wir an, man nutzt die KUA Phase fünf zur Gänze aus, ich glaube, bis Ende des Jahres gilt das –: Es sind jetzt vom 1. Juli an sechs Monate, es steht, dass für mindestens zwei Monate eine Woche Urlaub zu verbrauchen ist: Muss man dann drei Wochen Urlaub verbrauchen? Was macht man aber, wenn es zum Beispiel unter Umständen gerade dann, in dieser Zeit anläuft und nun endlich Arbeit da wäre, der Arbeitgeber jetzt aber seinen Leuten Urlaub geben muss, da er sonst gestraft wird? Also es wäre toll, wenn Sie mir das nachher bitte beantworten könnten.

Dass das Berufsausbildungsgesetz auch angepasst werden muss, ist wichtig, da es natürlich auch Betriebe sein können, in denen Lehrlinge noch in einem Lehrverhältnis sind. Natürlich muss diesbezüglich das Berufsausbildungsgesetz angepasst werden.

Der letzte Tagesordnungspunkt in diesem Konvolut betrifft die Geschichte mit dem Kos­tenersatz für die Betriebstestungen. Das ist auch wieder so etwas, bei dem ich mir denke, bei manchen Dingen hört die Pandemie im September auf, bei anderen im Dezember, manches geht sogar nur bis März 2021. Das sind so Dinge, die nicht nur die Menschen verunsichern, ich finde das schön langsam ein bisschen lächerlich. Wenn man sich hierherstellt und sagt: Um Gottes willen, wir brauchen die Masken, das alles ist noch immer tragisch, die Impfung ist nicht schlecht, aber in Wirklichkeit eigentlich doch nicht so hundertprozentig, Betriebe müssen unbedingt testen, testen, testen, aber zahlen dürfen sie es selber!, dann passt das für mich einfach alles nicht zusammen.

Wie gesagt, ich kann es nur wiederholen, eine Kollegin von mir hat es heute schon ge­sagt: Entweder Sie arbeiten im Sinne der Österreicher oder Sie treten zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

19.49


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Keine


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Impfpflicht für Kinder und Jugendliche“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Bitte, Frau Bun­des­rätin.


19.50.01

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Arbeitsminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim an diesem intensiven Plenartag! Bei Unfällen, die einen für längere Zeit außer Gefecht setzen, gibt es für die meisten Menschen zwei Prioritäten, nämlich erstens natürlich so schnell wie möglich wieder gesund zu werden und zweitens die eigene finanzielle Grundlage abzusichern, um diese Zeit bestmöglich zu überstehen.

Genau diese Prioritäten haben wir auch in der Bewältigung dieser Krise gesetzt, nämlich einerseits die Menschen, die Beschäftigten vor Corona zu schützen und andererseits Arbeitsplätze abzusichern. Die Kurzarbeit, da sind wir uns, glaube ich, alle – oder hier im Saal zumindest weitestgehend – einig, ist die Erfolgsgeschichte in der österreichi­schen Krisenbewältigung. Durch die Kurzarbeit sind wir besser durch die Krise gekom­men als viele andere Länder, weil wir eben viele Menschen in Beschäftigung halten konnten, das bedeutet, dass wir 1,2 Millionen Arbeitsplätze wirklich absichern konnten.

Mit den großen Öffnungsschritten, der gut etablierten Teststrategie und dem fortgeschrit­tenen Impfstatus ist jetzt eine richtige Dynamik am Arbeitsmarkt in Gang gekommen. Das ist besonders erfreulich und extrem gut, wie ich finde. Deshalb können wir die Kurzarbeit nun wieder nahe an die Kurzarbeit vor der Coronakrise – es gab ja auch bereits vor der Coronakrise ein Kurzarbeitsmodell – heranführen. In den Branchen, die weiterhin stark von der Krise betroffen sind, wie Nachtgastronomie oder Stadthotellerie, wird das bisherige Kurzarbeitsmodell um sechs Monate verlängert, wenn man Umsatz­einbußen von mindestens 50 Prozent vorweisen kann.

Wichtig ist mir auch, dass die Lehrlingskurzarbeit, das wurde schon gesagt, verlängert wird, damit eben junge Menschen weiterhin eine Chance auf Ausbildung haben. Auch das beschließen wir mit diesem heutigen Tagesordnungspunkt.

Ein Problem, welches die Pandemie verursacht hat, ist die hohe Zahl an Arbeitslosen und speziell auch Langzeitarbeitslosen. Während Sie, liebe Sozialdemokraten, dieses Problem mit der Aktion 40 000 lösen möchten, haben wir einen anderen Ansatz, einen zielführenderen Ansatz. (Bundesrätin Schumann: Tut einmal was! Fangt endlich an!) Wir möchten nämlich mit der Aktion Sprungbrett Einstiegsarbeitsplätze für Langzeit­arbeitslose schaffen und dadurch an die 50 000 Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integrieren, und zwar, im Unterschied zur Aktion 40 000, die Sie vorschlagen, in allen Bereichen der Wirtschaft (Bundesrätin Grimling: ... auch überall!) – in allen Bereichen der Wirtschaft, ganz richtig, ja, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.)

Wir möchten mit dem Neustartbonus den Einstieg von Personen erleichtern, die corona­bedingt länger arbeitslos waren. Schlussendlich wollen wir auch weiterhin Kampfgeist, Optimismus und Positivität versprühen, statt den Finger in eine offene Wunde zu legen. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir alle, die wir hier sind, wissen, dass eine positive Grundstimmung Beschäftigung schafft. Optimismus und Zuversicht fördern den Konsum und kurbeln auch Investitionen an. Das wiederum führt zu einem erhöhten Bedarf an Mitarbeitern in Unternehmen und dann sinkt auch die Arbeitslosenquote. Das wissen wir alle, dieses volkswirtschaftliche Grundwissen, denke ich, haben wir uns alle schon angeeignet. (Bundesrätin Grimling: Wir schon, Sie nicht!) Deshalb hilft sudern


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rein gar nichts, sondern anpacken und optimistisch in die Zukunft schauen, denn das ist das Rezept, das sind die Zutaten für ein gelungenes Arbeitsmarktcomeback. (Beifall bei der ÖVP.)

Neben dem Erhalt des Arbeitsplatzes haben wir noch eine zweite Priorität gesetzt, ich habe das eingangs auch schon erwähnt, nämlich den Schutz der Menschen, den Schutz der Arbeitnehmer vor Corona. Deshalb möchten wir heute auch mit diesem Tagesord­nungspunkt die Testmöglichkeiten in Betrieben bis 30. September verlängern, weil es nach wie vor wichtig ist, ein niederschwelliges und unkompliziertes Testangebot für alle, die sich noch nicht haben impfen lassen oder auch nicht impfen lassen wollen (Bun­des­rat Steiner: Vielleicht nicht impfen lassen können!) – oder können, genau Herr Kollege –, bereitzustellen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Schlussendlich wollen wir auch die Freistellung unserer werdenden Mütter ab der 14. Schwangerschaftswoche bis Ende September verlängern, sofern sie in körpernahen Berufen arbeiten und vorübergehend kein Ersatzarbeitsplatz möglich ist und (Zwischen­ruf der Bundesrätin Grimling) – Sie sagen es, Frau Kollegin –, das ist jetzt neu, sofern sie noch nicht den vollen Impfschutz haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Da das Nationale Impfgremium erst vor wenigen Wochen die Empfehlung für diese Impfung ausgesprochen hat, konnten noch nicht alle schwangeren Frauen geimpft werden. Deshalb ist es wichtig, diese auch nach wie vor zu schützen, und zwar so lange, bis die durch die Impfung dann voll geschützt sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.55


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. – Bitte, Herr Bundesrat.


19.55.14

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch kurz zu TOP 29 und TOP 30, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Arbeitsmarkt­service­ge­setz und COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz Stellung nehmen.

Die Kurzarbeit, sehr geehrte Damen und Herren, die funktioniert bei uns. Die Zusam­menarbeit zwischen den Sozialpartnern war während der gesamten Krise eine hervor­ragende, deswegen steht Österreich auch mit der Kurzarbeit nicht schlecht da, muss man dazusagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Deswegen beginnt am 1. Juli die Phase fünf für eine Vielzahl von Betrieben, während für besonders stark betroffene Betriebe die Phase vier bis Ende des Jahres verlängert wird. Damit erhalten die Beschäftigten in Kurzarbeit auch weiterhin 80 bis 90 Prozent ihres vorherigen Einkommens.

Die Kurzarbeit ist ein Erfolgsmodell, die Sozialpartner haben es wirklich gut ausge­handelt, das habe ich schon früher gesagt. Die Firmen können sich mit der Kurzarbeit ihre Arbeitskräfte erhalten, aber auch für den Erhalt des Konsums im Land ist die Kurzarbeit sehr sinnvoll gewesen und ist es noch immer. Es fragt sich nur, wie Sie, werte Vertreterinnen und Vertreter von Türkis und Grün, den Arbeitslosen erklären, dass sie bei der Kurzarbeit 10 oder 20 Prozent weniger haben und die Arbeitslosen fast 50 Pro­zent weniger haben.

Ich habe es hier schon ein paar Mal gesagt, Arbeitslose sind nicht Menschen, die in der Hängematte liegen, das sind Menschen, die in der Krise unschuldig arbeitslos geworden sind, die nichts dafürkönnen. Diese Menschen speist man einfach mit 55 Prozent des vorigen Einkommens ab, das sind ungefähr 1 000 Euro! Da frage ich noch einmal, ich habe hier schon viermal gefragt: Wie würde jemand von uns hier herinnen auskommen, wenn er nur 1 000 Euro im Monat zum Leben hätte? Das geht sich einfach nicht aus. (Beifall bei der SPÖ.)


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Deshalb wäre eine deutliche Erhöhung der Nettoersatzrate für schuldlos arbeitslos gewordene Menschen in Österreich das Gebot der Stunde. Es ist schlecht, dass Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Regierungskoalition diesen Schritt nicht tun wollen. Wir haben euch schon bisher mangelnden Einsatz für die Arbeitslosen vorgeworfen und müssen das auch weiterhin tun. Es braucht Volldampf, um die Arbeitslosigkeit zu be­kämpfen und neue Arbeitsplätze zu schaffen, von euch aber kommt nur ein lauwarmes Lüfterl. Es reicht nicht, sich nur auf die Öffnung der Gastronomie und den Sommer zu verlassen und dann Woche für Woche leichte Verbesserungen der Arbeitslosigkeit zu verkünden. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit braucht es viel, viel, viel mehr, aber das hat Türkis-Grün leider immer noch nicht erkannt – leider! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kommt jetzt aber trotzdem noch zu weiteren sinnvollen Maßnahmen, die heute zur Abstimmung kommen, die ich kurz ansprechen möchte. Es ist dies die Verlängerung der Kurzarbeit auch für Lehrlinge, was eigentlich nur gescheit ist. Außerdem wird die För­derungsprüfung auch außerhalb der Lohnsteuerprüfung ermöglicht, um die Einhaltung der Kurzarbeitsregeln zu kontrollieren.

Dann beschließen wir noch die Regel für selbstständig Erwerbstätige, die infolge von Betriebsschließungen eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Auch dieser Maßnahme werden wir unsere Zustimmung geben, aber ohne ein Aber kann ich dieses Thema einfach nicht abschließen, da der Gesamtbefund für die Regierungspolitik weiterhin wie folgt lautet: Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze wird nur halbherzig angegangen.

Meine Fraktion und ich aber werden auch weiterhin Vorschläge einbringen und Konzepte entwickeln, damit möglichst viele Menschen in Österreich eine gute Arbeit haben und Arbeitslose ein menschenwürdiges Arbeitslosengeld bekommen, sehr geehrte Damen und Herren. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.59


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Bitte schön.


19.59.42

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Wir diskutieren hier die Phase fünf der Kurzarbeit, die mit 1. Juli beginnen soll. Die österreichische Wirtschaft ist glücklicher­weise dank der Impfungen und dank der Öffnungen besser unterwegs, als wir uns das noch vor ein paar Monaten vorstellen konnten. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Beschäfti­gungszahlen steigen wieder – das ist eine erfreuliche Entwicklung. Es ist aber natürlich nicht in allen Branchen gleich, es gibt nach wie vor Branchen, in denen es noch nicht so läuft und in denen noch nicht so hochgefahren werden kann.

Daher wird in der fünften Phase nun auch differenziert, und es kommen jetzt zwei Mo­delle zur Anwendung: Bis Ende des Jahres läuft für jene Branchen, die noch besonders von der Krise betroffen sind und die eben noch unter den Coronamaßnahmen leiden, die Coronakurzarbeit noch so, wie wir sie jetzt kennen. Dabei ist jedoch nun – das ist vielleicht eine Neuerung – nachzuweisen, dass der Umsatzverlust 50 Prozent beträgt, und ebenso, dass die Maßnahmen auch greifen. Diese Variante soll wie gesagt mit Jahresende auslaufen.

Auf der anderen Seite haben wir ein Kurzarbeitsmodell für Betriebe aus allen anderen Branchen, die auch noch in einer ökonomischen und wirtschaftlichen Notsituation sind. Es ist zeitlich befristet und eben nicht dazu da, Liquidität für spätere Zeiten zu schaffen, sondern tatsächlich in der Krise zu unterstützen. Deshalb gibt es da die Verkürzung der Arbeitszeit auf 50 Prozent, die Selbstbehalte und der Urlaubsanspruch müssen


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einvernehmlich zwischen den Sozialpartnern vereinbart werden. Diese zweite Variante ist vom Zeitraum her mit Ende Juni des nächsten Jahres begrenzt.

Was in beiden Modellen nach wie vor gleich ist, ist die Lohnersatzrate von 80 bis 90 Pro­zent. Horst Schachner hat es schon erwähnt: Dass die Kurzarbeitsregelungen in der Phase fünf auch auf den Lehrlingsbereich ausgedehnt werden, ist natürlich nur logisch und findet auch unsere Zustimmung.

Ebenso begrüßen wir die Verlängerung der Möglichkeit auf Freistellung für Schwangere, wenn diese nicht geimpft sind beziehungsweise noch keinen vollen Impfschutz haben, in Berufen mit Kundinnen- und Kundenkontakt. Die Impfung ist für Schwangere eben erst seit kurzer Zeit möglich, daher ist es nur logisch, dass es weiterhin die Möglichkeit auf Freistellung gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

20.02


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bun­desminister Mag. Dr. Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


20.02.41

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine werten Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren! Schönen guten Abend! Wir sind in der glücklichen Situation, muss man fast sagen, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt in den letzten Wochen doch um einiges besser entwickelt hat, als wir noch vor ein, zwei Monaten erwartet haben.

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, es ist bedingt durch eine insgesamt bessere wirtschaftliche Entwicklung  heute haben die Institute in Österreich die Wachstums­pro­gnosen für dieses Jahr und für nächstes Jahr massiv nach oben revidiert. Das gibt uns die Hoffnung und den Optimismus, dass sich auch der Arbeitsmarkt in den nächsten Wochen und Monaten positiv entwickeln wird, was nicht heißt, dass alle Probleme gelöst sind, aber wir können mit etwas mehr Optimismus in die Zukunft blicken und können auch wieder etwas positivere Nachrichten überbringen.

Was waren die zwei großen Prioritäten des Arbeitsministeriums während der Pande­mie? – Das war erstens die Sicherung von Arbeitsplätzen die Kurzarbeit war eines der wichtigsten Instrumente, um Arbeitsplätze zu sichern – und zweitens der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Arbeitsplatz.

Ich sage vielleicht etwas zur Kurzarbeit – einige Dinge wurden in den Reden schon angesprochen –: Es gab eine sehr ausführliche Analyse der Lage am Arbeitsmarkt mit den Sozialpartnern, mit dem Finanzministerium, wir haben auch über verschiedene Mo­delle und Varianten gesprochen. Wir haben immer noch eine unsichere Situation, des­halb war es wichtig, einerseits Sicherheit zu geben und jene Betriebe zu unterstützen, die zum Teil immer noch und auch sehr stark negativ von der Pandemie betroffen sind. Andererseits ist es aber auch wichtig, wieder die Dynamik am Arbeitsmarkt zuzulassen und die Kurzarbeit so zu gestalten, dass diese Dynamik unterstützt wird, dass Menschen in Beschäftigung kommen und nicht zu lange in Kurzarbeit sind, wenn es nicht mehr unbedingt notwendig ist.

Das Ergebnis dieser Diskussion mit den Sozialpartnern war das Modell mit zwei Varian­ten der Kurzarbeit: die Coronakurzarbeit als Variante eins, die Fortführung dieser Co­ronakurzarbeit zu mehr oder weniger den gleichen Bedingungen wie bisher  bis zum Ende dieses Jahres, um Betriebe zu unterstützen – aber nur die Betriebe zu unter­stützen, die einen Umsatzausfall von mindestens 50 Prozent vorweisen können, also Betriebe, die massiv von der Pandemie betroffen sind. Ich glaube, das ist sehr wichtig.


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Wir haben auch gesagt, dass diese Kurzarbeit immer dann zur Verfügung steht, sollte es behördliche Schließungen geben zum Beispiel gibt es die noch in der Nacht­gastronomie , denn wir wissen ja nicht, wie sich die Lage weiterentwickelt. Sie ist also ein Sicherheitsnetz für die Betriebe, die das wirklich noch brauchen.

Die zweite Variante, das zweite Modell, ist ein Übergangsmodell, das schon sehr nahe an der Kurzarbeit ist, die es schon vor Corona gegeben hat, eine Kurzarbeit, bei der die Mindestarbeitszeit 50 Prozent sein muss und kein Umsatzausfall vorgewiesen werden muss, dafür aber ein Abschlag von 15 Prozent auf die Förderhöhe passiert. Damit wird natürlich die Nutzung der Kurzarbeit etwas eingeschränkter sein, als das jetzt der Fall ist, weil eben auch dieser Abschlag zu bezahlen ist.

In beiden Varianten der Kurzarbeit das ist mir auch sehr wichtig, zu erwähnen  ist es so, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 80 bis 90 Prozent ihres Lohnes er­halten, natürlich bis zu einer Obergrenze, aber das war auch bisher in der Kurzarbeit so der Fall. Das heißt, wir haben zwei Varianten der Kurzarbeit, die es schaffen, die Balance zwischen der Unterstützung der Dynamik, die jetzt am Arbeitsmarkt entsteht – wir haben sehr viele offene Stellen –, und gleichzeitig der Absicherung von Arbeitsplätzen in den Bereichen, die noch stark betroffen sind, herzustellen. Es war mir als Arbeitsminister sehr wichtig, diese Balance zu gestalten.

Wir waren uns am Ende dieser Gespräche mit den Sozialpartnern einig, dass diese Zwei­teilung auch Sinn macht. Die Kurzarbeit hat über eine Million Beschäftigungs­verhältnisse gerettet, sie ist jetzt auch in diesem Übergang aus der Coronakrise heraus noch ein wichtiges Instrument, aber sehr eingeschränkt für ganz spezifische Bereiche – dafür soll sie auch da sein.

Was den Bereich des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes betrifft, da spreche ich jetzt den Freistellungsanspruch für Schwangere in körpernahen Berufen an. Was ist der Status quo? – Werdende Mütter in Berufen, bei denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, haben die Möglichkeit, sich freistellen zu lassen, das sind zum Beispiel eben Friseurinnen, Physiotherapeutinnen oder Elementarpädagoginnen. Dieser Anspruch wäre Ende Juni ausgelaufen, gleichzeitig hat mittlerweile das Nationale Impfgremium die Impfung auch für Schwangere ab der 13. Schwangerschaftswoche empfohlen, aber erst vor ein paar Wochen, deshalb war es natürlich nicht möglich, die Betroffenen zu impfen. Die Betroffenen haben deshalb noch keinen Schutz, keine Immunität gegen Corona, deshalb wird diese Sonderfreistellung im Mutterschutzgesetz für all jene unverändert fortgeführt, die noch nicht vollständig immunisiert sind. Also da geht es um die vollständige Immunisierung, das ist für die normalen Impfstoffe nach einem gewissen Zeitraum nach der zweiten Impfung der Fall.

Die Betriebe – das ist auch wichtig, zu erwähnen – bekommen die Kosten für die Frei­stellung unverändert vollständig vom Bund ersetzt. Die Regelung gilt ab 1. Juli, wenn sie heute beschlossen wird, und schließt damit lückenlos an die Regelung an, die im Moment herrscht. Sie ist in dieser Übergangsphase eine ganz wichtige Regelung, um den Schutz von werdenden Müttern am Arbeitsplatz sicherzustellen und genug Zeit zu haben, bis die Impfungen für alle ausgerollt sind. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.08


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag.a Sandra Gerdenitsch. – Bitte schön.


20.09.10

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Kolleginnen


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 188

und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause! Ich beziehe mich auf die Verlängerung der Freistellung von Schwangeren, da es mir als Landesfrauengeschäftsführerin der SPÖ Burgenland wirklich ein Anliegen ist, für die schwangeren Frauen jetzt einmal eine Lanze zu brechen.

Frauen, die ein Kind erwarten, sind grundsätzlich eine vulnerable Gruppe, deren Schutz oberste Priorität haben sollte. Die vollkommen zu Recht strengen bestehenden Regeln sichern, dass Schwangere eben einen besonderen Schutz genießen. Durch die Corona­krise sind jetzt neue Problemstellungen aufgetaucht. Es stellen sich insbesondere die Fragen, wie sich das Virus auf eine schwangere Frau auswirkt und wie man die Frauen, die ein Baby erwarten, schützen kann.

Aus Sicht der SPÖ wurden hier nicht ausreichend Anstrengungen unternommen, ins­besondere das Abstellen des Risikos bei Schwangeren auf Körperkontakt ist einfach viel zu eng. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielmehr muss man die Frage beantworten, wo erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht. Naturgemäß ist das bei Kontakt mit vielen Menschen der Fall, und das ist gerade im Handel und in der Gastro gegeben. Lassen Sie es mich ein bisschen sarkastisch formulieren: Homeoffice als Kassiererin ist halt leider noch nicht möglich.

Das Klatschen allein reicht für die Heldinnen nicht aus, echte Lösungen, die den Schwangeren wirklich helfen, sind jetzt gefragt. Kollege Lackner hat vorhin gesagt, es geht darum, Schwangere zu schützen, die Kunden- und Kundinnenkontakt haben. Ja, und das wäre im Handel, in der Gastro oder in der Produktion eben auch der Fall.

Es kommt mir fast ein bisschen so vor, als müssten wir Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten Sie auf der Regierungsbank unentwegt darauf aufmerksam machen, was recht und billig für die Menschen im Land ist. Sie vergessen das leider immer wieder zu einem großen Teil. Es erscheint auch ein wenig zynisch, wenn Sie, Herr Minister, in einer Aussendung vorige Woche titeln lassen: „Kocher: Schutz von Schwangeren in der Pan­demie weiterhin wichtig“. – Natürlich, damit haben Sie schon recht, aber es ist halt nur die halbe Wahrheit, weil es eben nur für die Beschäftigten in den körpernahen Berufen gilt.

Ich begrüße ausdrücklich alle Öffnungspläne ab Juli, aber im Lichte der aktuellen Entwicklungen mit Mutationen ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, das Thema Freistellung von werdenden Müttern in Zeiten von Corona noch einmal zu überdenken, neu zu bewerten und neue Lösungen dafür zu finden. Es darf einfach nicht sein, dass diese Regelung aktuell nur auf die werdenden Mütter mit Tätigkeit in körpernahen Berufen angewendet wird. Ich fordere Sie deshalb noch einmal und zum wiederholten Male auf, dass diese Schutzmaßnahmen auch für die schwangeren Beschäftigten im Handel, in der Gastro und in der Produktion angewendet werden, um so auch ihre unge­borenen Kinder zu schützen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, das neu zu denken.

Dazu kommt auch – das ist ein ganz wesentlicher Kritikpunkt der SPÖ –, dass die Frei­stellung nicht anzuwenden ist, wenn die Schwangere einen vollständigen Impfschutz hat. Was folgt daraus? – Logisch: Für werdende Mütter, bei denen der volle Impfschutz bereits eingetreten ist, endet die Frist für die Freistellung mit 30. Juni. Ab dann sind vollständig immunisierte Frauen, die ein Kind erwarten, nicht mehr freigestellt, und das übt immensen Druck auf die Frauen aus.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für die Selbstbestimmung der Frau, und in diesem Fall muss jede schwangere Frau selbst entscheiden können, ob sie sich impfen lassen möchte oder eben nicht. Es kann nicht sein, dass in Richtung schwangerer Frauen solch ein massiver Druck aufgebaut wird. (Bundesrat Steiner: Der


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Druck wird auf alle ausgeübt!) Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, muss den Frauen ausschließlich frei von jeglicher Einflussnahme überlassen werden.

Ja, natürlich, die Freistellungsregelung, wie sie aktuell vorliegt, muss verlängert werden, aber bitte unabhängig davon, ob die Frauen geimpft sind oder nicht. Ich habe mit einer Expertin von der burgenländischen Arbeiterkammer gesprochen, die sagt, sie hat mit zahlreichen Allergikerinnen gesprochen, die sich impfen lassen würden, wenn sie nicht schwanger wären. Man könne aber eben nicht ausschließen, dass es vielleicht doch zu einer allergischen Reaktion kommen könne, weil sie eben schwanger sind. Das sind Beispiele aus der Praxis, das ist nicht erfunden.

Ich kann das absolut nachvollziehen. Während meiner beiden Schwangerschaften habe ich immer hundertmal überlegt, ob ich bei starken Kopfschmerzen überhaupt eine leichte Tablette nehme. Frauen, die schwanger sind, machen sich also nicht nur über sich selbst Gedanken, sondern natürlich auch über ihr ungeborenes Kind. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Dann verhindert die Impfpflicht für Schwangere!)

Auch wenn die Impfung im Normalfall absolut zu befürworten ist, ist dieser Druck, der dabei ausgeübt wird, einfach inakzeptabel. Wir sehen es jedenfalls kritisch. (Bundesrat Steiner: Die Kopfwehtablette nimmt sie nicht, aber die Covid-Impfung!) – Ich glaube nicht, dass Sie schon schwanger waren! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Wir sehen es jedenfalls kritisch: Der Arbeitgeber, die Arbeitgeberin hat erstmals außer­halb der Gesundheitsberufe die gesetzliche Berechtigung, den Impfstatus seiner, ihrer Beschäftigten zu erfragen. Eine Meldepflicht der Impfung ist vorgesehen, und das war in dieser Form auch noch nicht gegeben. Gerade in einer solch wirklich sensiblen Situation, in der man als Frau alles richtig und zum Wohle des ungeborenen Kindes machen möchte, muss die Schwangere diese Entscheidung, sich impfen zu lassen, selbstbe­stimmt und ohne Druck treffen können. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Genau! Deshalb keine Covid-Impfpflicht!)

Es darf auch keinen Druck seitens des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin geben, denn einer Sache bin ich mir auch ziemlich sicher: Der Arbeitgeber, die Arbeitgeberin wird Druck ausüben, und die Arbeitnehmerinnen werden erstmals verpflichtet werden, ihrem Arbeitgeber oder ihrer Arbeitgeberin ihre Gesundheitsdaten bekannt zu geben. Das darf nicht sein!

Wir stimmen heute natürlich zu, damit die Verlängerung mit 1. Juli nahtlos an die bis­herige Regelung anschließt, fordern Sie mit unserem Antrag aber auf, dass kein Druck auf Frauen ausgeübt wird, sich während einer Schwangerschaft gegen das Sars-Cov-2-Virus impfen lassen zu müssen. Daher müssen diese Bestimmungen entfallen. (Bundes­rätin Steiner-Wieser – Beifall spendend –: Ja, genau!)

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag. Sandra Gerdenitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirkungsvoller Mutterschutz in Zeiten von Corona“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, in der ein wirkungsvoller Schutz werdender Mütter vor einem Ansteckungsrisiko mit Sars-Cov-2 unabhängig von ihrem Impfstatus sichergestellt und das Mutterschutz­gesetz 1979 dahingehend geändert wird, dass insbesondere überall dort, wo bei einem


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Beschäftigungsverhältnis von einem erhöhten Ansteckungsrisiko auszugehen ist, auf Verlangen der Schwangeren ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche ein vorzeitiger Mutterschutz und damit ein vorzeitiges Beschäftigungsverbot erfolgt.

Eine erfolgte Freistellung wirkt auch über ein mögliches Ende der Pandemie, bis zum Beginn der Achtwochenfrist hinaus fort.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.15


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag.a Sandra Gerdenitsch, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Wirkungsvoller Mutterschutz in Zeiten von Corona“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Mag.a Daniela Gruber-Pruner. – Bitte, Frau Bun­desrätin.


20.16.18

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz und ich spreche zu Tagesordnungspunkt 32, den betrieblichen Testungen. Wir als Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemokraten finden das Modell der betrieblichen Testungen ein sehr gelungenes und wichtiges. Generell sind wir davon überzeugt, dass Testen eine extrem wichtige Maßnahme ist.

Nach unserer Einschätzung wird es gerade nach dem Sommer wichtig sein, wieder Testangebote zur Verfügung zu stellen. Wir wissen, nach dem Sommer kommen die Menschen wieder aus verschiedenen Urlaubsländern zurück, kommen wieder in die Betriebe, kommen wieder in die Schulen, in die Kindergärten. Die Durchimpfungsrate wird dann noch nicht hoch genug sein, das heißt, die Testungen werden enorm wichtig sein.

In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig, dass die Testangebote wohnortnah, be­triebsnah und vor allem auch kostenlos sind und bleiben. Wir haben mittlerweile in Österreich ein wirklich gut erreichbares kostenloses Testangebot, und wir finden, das sollte auch über den 30. September hinaus bestehen bleiben. Die jetzige Regelung sieht diese Maßnahme nur bis 30. September vor. Wir denken, das wird erweitert werden müssen, weil wir wahrscheinlich froh sein müssen, wenn sich viele Menschen im Herbst, im September, Oktober, testen lassen. Dazu ist es notwendig, dass die Tests erreichbar und kostenlos sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.18


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. – Bitte schön.


20.18.11

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich den Eindruck, den wir heute hier erweckt haben, nämlich dass Privatzimmervermieter keine kostenlosen Coronatests bekommen, beseitigen und das richtigstellen: Das stimmt nicht. Ich möchte nur sagen, es geht, das könnt ihr unter www.sichere-gastfreundschaft.at nachlesen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 191

Frau Kollegin Gruber-Pruner, ich sage ein herzliches Dankeschön, denn auch für uns sind die betrieblichen Testungen sehr wichtig. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich von Anfang an davon gesprochen habe und gesagt habe: Ich möchte ganz unkomplizierte Testungen in meinem Betrieb haben. Ich habe auch gesagt, ich hätte das gerne von Anfang an schon zwei-, dreimal in der Woche mit meinen Mitarbeitern gemacht, ich freue mich aber, wenn wir uns das jetzt anschauen.

Wir haben ja auch im Ausschuss gehört, dass 54 Prozent der Anträge zu den betrieb­lichen Testungen von Betrieben mit unter 50 Mitarbeitern waren und 46 Prozent von Be­trieben mit über 50 Mitarbeitern. Wir haben im Ausschuss auch gehört, dass eine Verlän­gerung nicht ausgeschlossen ist. Ich glaube, das ist etwas Wesentliches und Wichtiges. Und wenn wir die Coronapandemie in den Griff kriegen wollen, dann geht natürlich nichts anderes, als dass wir wirklich diejenigen laufend testen, die eben noch nicht geimpft sind und den Impfschutz nicht haben. Wir haben auch gehört, dass wir 2 104 Anträge gehabt haben und sich 971 087 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Tests unterzogen haben. Daran sieht man, dass es angenommen wurde.

Ich bin auch sehr froh, dass das Arbeitslosengeld für Selbstständige jetzt reformiert wurde, dass es möglich ist, dass man unmittelbar nach der Schließung, nach der Zurücklegung das Arbeitslosengeld bekommt und nicht erst am nächsten Monatsersten. Und es ist natürlich auch ein wesentlicher und wichtiger Punkt, dass auch die Corona­erleichterungen für die Altersteilzeit bis 31.12. verlängert wurden.

Angesprochen wurde, dass wir keine Ideen haben und nichts für Langzeitarbeitslose tun. Das hat mich schon ein bisschen gestört! Wir haben Langzeitarbeitslose auch vor der Coronazeit gehabt. Gerade wir als Sozialpartner bemühen uns hier, und wir in Niederösterreich haben Projekte für die Langzeitarbeitslosen.

Wir haben uns immer mit jungen Leute beschäftigt, wir haben sie aufmerksam gemacht und gesagt: Schau einmal, wer du bist! Lern etwas! Mach eine duale Ausbildung! Damit sind wir auch erfolgreich. Das sieht man auch daran, dass wir trotz Coronazeit sehr viele offene Lehrstellen, aber auch sehr viele Lehrstellensuchende haben und dass eine Lehre für die jungen Leute jetzt auch etwas Erstrebenswertes geworden ist. Das hängt aber von uns ab. Wir sollten diese Dinge nicht schlechtreden, sondern müssen ganz einfach aufzeigen, wie wichtig es ist.

Mit Langzeitarbeitslosen, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, beschäftige ich mich viel. Wir haben in Niederösterreich ein Ausbildungszentrum der anderen Art einge­richtet, gerade für Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind, die schon lange nicht in einem Arbeitsprozess sind. Wir haben hier Menschen zwischen 18 und 46 Jahren, denen wir gemeinsam mit dem AMS, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer eine Chance geben.

Worum geht es eigentlich? – Man muss diesen Menschen, die so lange arbeitslos sind, wieder einmal ein Selbstwertgefühl geben. Ich muss euch sagen, die Aussagen, die sie treffen, sind ganz einfach: Ich bin ja nichts wert, ich kann ja nichts, mich mag ja keiner! Das ist ein wesentlicher Punkt. (Bundesrätin Schumann: Richtig!) Wir müssen schauen, dass wir sie wieder teamfähig machen, dass sie eine Zusatzqualifikation kriegen beziehungsweise überhaupt eine Ausbildung machen.

Wir haben jetzt diese Einrichtung, in der die Arbeitslosen für einen längeren Zeitraum sind, wobei sie auch in diesem Ausbildungszentrum wohnen können. Und wir sind sehr erfolgreich. Wir haben die Leute in die Ausbildung gebracht. Wir haben zwei, die ihre Lehrabschlussprüfung nachgemacht haben. Wir helfen ihnen, dass sie auch den Führer­schein machen können, und wir helfen ihnen auch, dass sie wieder Selbstwertgefühl kriegen, dass sie auch auf sich selbst achten.


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Es ist auch so, dass wir bei diesen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Beispiel auch darauf schauen, dass sie zum Zahnarzt gehen. Ich habe einen jungen Mann, und wenn er mit dir redet, ist der erste Eindruck: Dem fehlen auf der rechten Seite alle Zähne. Wenn jetzt jemand zu mir kommt, um sich vorzustellen, und ich habe zwei Bewerber und der eine schaut dementsprechend aus und hat ein vollständiges Gebiss, dann werde ich mir eher den nehmen. Obwohl er sich mit Händen und Füßen gewehrt hat, zum Zahnarzt zu gehen – Injektion lässt er sich schon gar keine geben –, haben wir ihn jetzt dazu gebracht. Er ist jetzt dabei und kriegt ein Gebiss. Dabei muss ich auch unseren Sozial­partnern und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse ein herzliches Danke­schön für die Unterstützung sagen, denn alleine hätte er das nicht gestemmt.

Mein Zugang ist: Was tue ich, damit ich die Menschen in Arbeit bekomme? Und gerade wenn jemand lange aus dem Arbeitsprozess heraußen ist, muss ich mich fragen, warum das so ist. Welche Zusatzqualifikation braucht er? Wie ist er als Mensch? Ich denke, das ist ein wichtiger und wesentlicher Punkt, und darüber sollten wir uns wirklich viel mehr Gedanken machen und Beispiele anschauen. Ich lade euch gerne alle ein. Ich würde euch gerne dieses Ausbildungszentrum zeigen, damit man sieht, dass es Wege gibt, auch Menschen, die lange aus dem Arbeitsprozess draußen sind, die nicht mehr an sich glauben, die sich auch nichts mehr zutrauen, wieder dazu zu bringen. Ich glaube, das ist der wesentliche und wichtigste Punkt. Geld alleine ist es nicht, obwohl ich ganz genau weiß, dass man schon Geld braucht, um über die Runden zu kommen.

Ich bin sehr froh, dass die Kurzarbeit auch für Lehrlinge verlängert wurde, und zwar natürlich vor allem in den Eventbranchen, denn dort ist es notwendig. Ich freue mich auch darüber, dass es da jetzt Förderungen gibt, weil nämlich 50 Prozent der aus­gefallenen Zeit junger Menschen in ihre Ausbildung investiert werden muss, damit sie das Ausbildungsziel auch erreichen können. Ich bin sehr froh, dass wir auch diese Unter­stützung haben, weil immerhin 75 Prozent der Ausbildungskosten erstattet werden.

Mir ist klarerweise auch der Mutterschutz besonders wichtig. Viele Mitarbeiterinnen meiner Firma haben schon Babys bekommen. Ich denke, es wird kein Druck auf die Frauen ausgeübt, und selbstverständlich nimmt man immer auf die Frauen Rücksicht. Es ist natürlich klar, dass es in diesen personenbezogenen Dienstleistungsbetrieben eine Selbstverständlichkeit ist.

Ich bin ja selbst auch im Handel, und du hast die Kassiererinnen angesprochen: Diese kann man ja durch ein Schild, durch eine Verblendung schützen. (Bundesrätin Schumann: Das reicht leider nicht!) – Du musst aber auch daran denken, du kannst nicht jede, die schwanger wird, sofort nach Hause schicken, wenn man die Möglichkeit im Betrieb hat, sie woanders einzusetzen und sehr wohl auch die Sicherheitsbestimmungen einzu­halten. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) – Na schon, Korinna, du brauchst für jede Frau auch eine Ersatzkraft. Über die Ersatzkräfte reden wir auch nicht (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), denn wenn ich die nach Hause schicke, brauche ich jemand anderen. Und wenn die wieder zurückkommt, dann entferne ich diese wieder. (Anhaltende Zwischenrufe der Bundesrätin Schumann.)

Ich denke, dass es wichtig ist, die Frauen zu schützen, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. (Bundesrat Steiner: Haut euch zusammen auf einen Spritzer!) Du kannst mir aber nicht sagen, dass eine Schwangere in der Gesellschaft keinen Kontakt mit Freunden und mit der Familie hat, und da ist der Kontakt oft enger als im Betrieb. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, dass man das Machbare machen soll, aber alles geht ganz einfach nicht. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Ich bitte, das einfach auch wirklich zu ver­stehen. Korinna, es ist so, dass wir diese Frauengruppe, diese Personengruppe jetzt herausgenommen haben. Man muss sich überlegen, wie das bei den anderen geht, aber


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im Handel kann man sehr wohl die Frauen als Kassiererinnen auch schützen, und dafür muss man auch diese geeigneten Maßnahmen treffen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.28

20.28.04


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Die Plätze sind eingenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Keine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundes­rätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständ­lichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der BundesrätInnen Mag.a Sandra Gerdenitsch, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Wirkungsvoller Mutterschutz in Zeiten von Corona“ vor.

Ich lasse auch über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bun­desrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Testungs-Gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 194

20.30.4933. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1698/A und 909 d.B. sowie 10676/BR d.B.)

34. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert wird (1667/A und 910 d.B. sowie 10677/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 und 34 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs. – Ich bitte um die Berichte.


20.31.19

Berichterstatterin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen wiederum in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Bundesrätin Korinna Schumann zu Wort. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.


20.33.04

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Die in Tagesordnungspunkt 33 zusammengefassten Gesetze sind ein echtes Foul. Wie konnte man dazu übergehen, zwei Gesetze miteinander zu junktimieren, die nichts miteinander zu tun haben, die Menschen aber ganz stark betreffen? Bei dem einen trifft es jene Menschen, die keine Arbeit haben – das ist die Regelung, mit der die Not­standshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes angehoben wird. Auf der anderen Seite


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ist es die Verlängerung der Frist, in der man die Kündigungsfristen von Arbei­terinnen, Arbeitern und Angestellten nicht zusammenführt, um weitere drei Monate.

Ganz ehrlich gesagt: Wer auf diese perfide Idee gekommen ist, diese beiden Gesetze ineinander zu verwurschteln – das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Es geht um zwei ganz verschiedene Themen, es geht aber immer um Menschen, die Unter­stützung brauchen, und um Menschen, die jetzt endlich Anerkennung brauchen, vor allen Dingen die Gleichstellung der Kündigungsfristen von ArbeiterInnen und Ange­stellten. Das wäre mehr als notwendig.

Es kann doch nicht sein, dass wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit zwei Klassen schaffen. Das wollen wir nicht! Wir kämpfen als Gewerkschaft und auch als Sozialdemo­kratie schon so lange, dass diese Zweiklassengesellschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgelöst wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Es hat geheißen, mit 1.1. dieses Jahres wird diese Angleichung endlich umgesetzt. – Gut, dann wieder nicht. Man hat verhandelt, es ging um die Sonderbetreuungszeit. Jetzt wäre es Zeit gewesen, mit 1.7. hätte es umgesetzt werden sollen, und es wurde wieder nicht umgesetzt und wieder bis Oktober verschoben. Das klingt ja so: Na, mein Gott, was kann denn da sein? – Da geht es aber um Menschen und ihre Arbeitswelt und ihre Situation.

Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass viele Menschen keine sechs Wochen Kün­digungsfrist haben, sondern einfach nur zwei Wochen oder eine Woche. Zwei Wochen haben Schlosser und Schlosserinnen, Mechaniker, Mechanikerinnen, Installateure, Installateurinnen, eine Woche haben Bäcker und Bäckerinnen, teilweise auch nur einen Tag. Die Ladnerinnen, jene Frauen, die Ihnen das Weckerl, das Mohnweckerl oder das Kornspitzerl über die Budel reichen, haben eine Kündigungsfrist von einem Tag, denn sie werden nicht als Handelsangestellte, sondern als Ladnerinnen geführt. Einen schlechten Verdienst und dazu noch eine solche Kündigungsfrist – das darf nicht sein! Wir kämpfen dafür, dass die Kündigungsfristen der Arbeiter und Angestellten endlich angeglichen, umgestellt und zusammengeführt werden, es ist aber noch immer nicht der Fall.

Dabei geht es ja um Schicksale, und wir wissen genau, dass es Branchen gibt, die eine Fluktuation von 80 Prozent haben. Das heißt, das gesamte Risiko der Auftragslage wird auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewälzt. Hire and fire: Komm her, wir brauchen dich jetzt als Arbeitnehmerin, als Arbeitnehmer!; dann: Jetzt brauchen wir dich nicht mehr! – Das kann es doch nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Gewerkschaft hat gekämpft, um das in den Kollektivverträgen irgendwie auszu­gleichen. Es ist nicht gelungen, weil sich die Arbeitgeberseite total gegen eine An­gleichung verwehrt hat. Deshalb brauchen wir diese gesetzliche Angleichung. Es geht um die Wertschätzung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und es geht um die Wertschätzung der Arbeiterinnen und Arbeiter.

Wir wissen, in der Lockdownphase wurden in den ersten 14 Tagen 200 000 Menschen gekündigt, und ein Großteil von ihnen waren Arbeiterinnen und Arbeiter – es waren nicht die Facharbeiterinnen und Facharbeiter, sondern es waren jene, die ungelernt sind, die angelernt sind, die nur einen Pflichtschulabschluss haben. Sie haben ihre Arbeit verloren, bis dann das Kurzarbeitsprogramm gegriffen hat. Das heißt, das ist die am meisten gefährdete Gruppe, und wir brauchen endlich die Anpassung.

Es geht um die Menschen! Was einem dazu sofort einfällt, ist dieses berühmte SMS des Herrn Thomas Schmid: „Oh Gott. Reisen wie der Pöbel“ – Das ist der Begriff, der dahin­ter steht: der Pöbel. (Ruf bei der ÖVP: Gib mir dein Handy!) Das ist das Menschenbild,


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das dahinter steht, und das lehnen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ganz grundlegend ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen diese Schlechterstellung nicht, wir wollen eine Besserstellung, und wir werden diesen Gesetzen nicht zustimmen. Wir wissen, dass es dadurch zu keiner Schlech­terstellung für die Menschen kommt, die Notstandshilfe beziehen, weil ihre Summen aufgehoben und nachträglich bezahlt werden.

Ganz ehrlich, ich kann die FPÖ nicht verstehen, warum sie dieser Regelung zustimmt. Wenn man irgendwie ein Herz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat, kann man nicht zustimmen, dass die Angleichung der Kündigungsfristen noch einmal verschoben wird. Es ist mir unbegreiflich, wie man dazu sagen kann: Wunderbar, na machen wir das! Nur jene, die kein Herz für ArbeitnehmerInnen, für die Arbeiterinnen und Arbeiter haben, die mit voller Kraft unter den schwierigsten Bedingungen, unter oft schlechter Bezahlung hackeln, geben dazu ihre Zustimmung. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden das sicher nicht sein. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

20.38


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Dipl.-Ing.in Andrea Holzner. – Bitte, Frau Bundesrätin.


20.39.23

Bundesrätin Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher! Es gibt aktuell 360 000 Arbeitslose, und jeder davon ist einer zu viel. Es gibt aber durchaus auch Anlass für Optimismus: Es sind um 136 000 Menschen weni­ger als vor einem Jahr, und seit den Öffnungsschritten am 19. Mai gibt es 37 500 Men­schen mehr in Beschäftigung.

In dieser sensiblen Aufschwungphase ist es ein Entgegenkommen an die Arbeitgeber, die Angleichung der Kündigungsfristen um drei Monate zu verschieben.

Es sind über 100 000 Menschen langzeitarbeitslos. Für diese wird die Notstandshilfe für weitere drei Monate auf das Niveau des Arbeitslosengeldes angehoben.

Frau Kollegin Schumann! Es gibt auch eine Personalleasingbranche. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Diese Arbeitskräfte haben ganz spezielle Kündigungsfristen, weil von ihnen hohe Flexibilität gefordert wird. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Sie arbeiten mit, um zusätzliche Aufträge abzuarbeiten, und sie sind die Ersten, die gekündigt werden, wenn die Wirtschaftsleistung zurückgeht. Für diese Per­sonal­leasingbranche sind die Kündigungsfristen leicht verlängert worden. Das bedeutet zusätzliche Sicherheit. Ebenso ist für die Mitarbeiter in der Leasingbranche der Referenzlohn nun seit dem ersten Arbeitstag gültig und nicht mehr erst nach der Pro­bearbeitszeit. Das bedeutet zusätzliche Sicherheit für Leasingarbeitskräfte, die in dieser Zeit auch besonders betroffen sind.

Der Herr Bundesminister hat ein feines Instrumentarium entwickelt, um den Anfor­de­rungen, die der Arbeitsmarkt jetzt an uns stellt, gerecht zu werden. Es gibt große Unter­schiede zwischen den Branchen, daher wird auch die Kurzarbeit branchenspezifisch eingesetzt.

Es können, wie gesagt, von diesen Langzeitarbeitslosen nicht alle in den nächsten Monaten eine Arbeit finden, aber mit der Aktion Sprungbrett bekommen Langzeit­arbeitslose die Chance auf einen nachhaltigen Arbeitsplatz, in Unternehmen, die diese Menschen wirklich brauchen. Es gibt nämlich deutliche Verwerfungen. 360 000 Arbeits­losen stehen 100 000 Arbeitsplätze in Tourismus, Industrie, Handwerk und Gewerbe gegenüber. Oberösterreich sucht dringend Fachkräfte. Mit dieser Chance auf Coaching,


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auf Qualifizierung bekommen diese Menschen eine Aussicht und können ihre Kräfte, ihre Talente dann vielleicht in einem neuen Beruf einbringen.

Herr Bundesminister! Die Infektionszahlen sinken, die Wirtschaft nimmt Fahrt auf, die Arbeitslosigkeit sinkt, immer mehr Menschen sind geimpft, die Öffnungen werden mit Tests zusätzlich abgesichert. Wir sind gut unterwegs in Österreich, was ich auch sage, wenn ich an die Zukunft der Arbeit denke. In der Pandemie hat sich die Art zu arbeiten – siehe Homeoffice – bereits verändert. Ich denke, mit zunehmender Digitalisierung, dem Einsatz von Robotik, KI gibt es immer mehr Menschen, die sowohl unselbstständig als auch freiberuflich tätig sind, Grenzen werden verschwimmen. Ich bin zuversichtlich, mit Ihnen als Arbeitsminister, mit der Bundesregierung, die einen großen Schwerpunkt auf Weiterbildung und Qualifizierung legt, finden wir einen guten Weg in die Arbeitswelt nach Covid-19, mit fitten Unternehmen und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

20.43


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin.


20.43.29

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit den Ausführungen anfange: Kollegin Schartel hat Ihnen vorhin eine Frage bezüglich Urlaub und Kurzarbeit gestellt. Vielleicht können Sie, weil wirklich niemand von den Experten im Ausschuss war, dazu Auskunft geben.

Als Nächstes darf ich meinen Blick auf die Sozialdemokraten richten. Ich weise das, was Frau Schumann vorhin von sich gegeben hat, mit aller Schärfe, mit aller Härte zurück. Dass jeder, der jetzt diesem Paket zustimmt, gegen die Arbeitnehmer, gegen die Arbeiter in diesem Land ist, das weise ich für uns Freiheitliche mit aller Entschiedenheit zurück. (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schumann und Grimling.) Wer in diesem Hohes Haus tatsächlich arbeiterfeindlich ist, das werden Sie dann in meinen Ausführungen noch kurz hören.

Ich bin nach der letzten Ausschusssitzung zu einem Ihrer Fraktionskollegen gegangen und habe ihn gefragt, wie das Abstimmungsverhalten sein wird. (Bundesrätin Schumann: Wir haben im Ausschuss nicht zugestimmt!) Wir möchten auch gerne dagegenstimmen. Leider geht das nicht. Anscheinend kann man aus technischen Gründen – so wurde es uns erklärt – über die beiden Gesetzesmaterien nicht getrennt abstimmen.

Herr Minister! Ich empfinde es wirklich als Wahnsinn, dass Sie da Äpfel mit Birnen vermischen und verschiedenste Gesetzesmaterien vermischt werden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Es gibt nicht die Möglichkeit einer getrennten Abstim­mung, sodass man sagen kann: Dem einen stimmen wir zu, dem anderen stimmen wir nicht zu! Jetzt müssen wir dem Gesamtpaket zustimmen, weil es eben so ist: Die Notstandshilfe wird auf die Höhe des Arbeitslosengeldes angehoben.

Was ich aber sagen möchte: Ich empfinde es wirklich als Wahnsinn, ich finde es unver­antwortlich, dass die ÖVP seit Jahren und Jahrzehnten, mittlerweile mit den Grünen als Spielzeug, die Arbeiter mit Füßen tritt. Die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten ist schon lange überfällig. Es gehören alle Kündigungsfristen angeglichen. Ihr fahrt über die Arbeitnehmer drüber, dass es keine Freude mehr ist. Da fällt mir die Hacklerpension ein, bei der ihr wieder die fleißigen Leute in diesem Land bestraft habt, indem ihr sie nach 45 Jahren Arbeit nicht abschlagsfrei in Pension gehen lasst. (Beifall bei der FPÖ.)

So zieht es sich durch wie ein roter Faden, und ich kann mich nur fragen, warum die Grünen da mitspielen. Ihr braucht nicht mehr als Moralapostel und große Sozialpolitiker


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aufzutreten. Ich verstehe sicherlich vom chinesischen Konjunktiv mehr als irgendein Schwarzer oder Grüner von sozialer Kompetenz. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

20.46


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Bitte schön.


20.46.33

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon mehrmals gehört: Die Wirtschaft erholt sich, und das rascher, als wir uns das noch vor ein paar Monaten vorstellen konnten. Die Arbeits­losigkeit sinkt glücklicherweise wieder und die Beschäftigung steigt.

Die Entwicklung ist natürlich nicht in allen Branchen gleich, und sie ist auch nicht für alle Arbeitslosen gleich. Gerade Menschen, die bereits länger ohne Job sind, haben es schwieriger, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Es ist allgemein bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Dauer der Arbeitslosigkeit und den Chancen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Menschen, die länger weg vom Arbeitsmarkt sind, wieder in diesen zu integrieren, benötigt besondere Anstrengungen und gezielte Programme. Die Aktion Sprungbrett ist ein solches. Darin wird auch einiges von der geforderten Aktion 40 000 aufgenommen, aber so richtig anlaufen wird das erst im Herbst. Wir verlängern daher die Anhebung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosen­geldes um weitere drei Monate bis Ende September. Dies hat auch eine wichtige soziale Komponente, weil durch eine höhere Notstandhilfe die Einkommen sozial Schwächerer und potenziell armutsgefährdeter Menschen erhöht werden.

Kurz noch zur Verschiebung der Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten bei der Kündigung (Bundesrätin Schartel: Ja, die Arbeiter sind auch betroffen!): Ja, ich hätte diese Verschiebung auch nicht gebraucht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schartel: Ja, warum setzt ihr euch in der Regierung nicht durch?) Wir Grüne haben uns darüber auch nicht gefreut.

Es ist erst ein paar Monate her, da wurde in einer Einigung der Sozialpartner – dazu gehören auch der sozialdemokratisch dominierte ÖGB und die Arbeiterkammer – eine Verschiebung von sechs Monaten, nicht von drei Monaten beschlossen. (Bundesrätin Schumann: Die Sonderbetreuung ...!) – Ja, da gab es eben auch ein Gegengeschäft. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Steiner: Ein Gegengeschäft! Ach so! Ach so!) Ich glaube, Frau Kollegin Schumann, Sie wissen, wie das in der Sozialpartnerschaft läuft, und ich finde es etwas unangebracht, sich hier so künstlich zu inszenieren. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Das ist relativ wenig glaubhaft. Uns war es wichtig, eine weitere Erhöhung der Notstandshilfe für drei Monate zu erreichen, und dafür haben wir es getan. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

20.49


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


20.49.29

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsidentin! Werte Bundes­rätinnen und Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage vielleicht noch ein paar Dinge, was die Arbeitsmarktlage betrifft. Das habe ich vorhin recht kurz gemacht.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 199

Wir sind jetzt, was die Arbeitslosigkeit betrifft, zwar unter dem Niveau der Arbeitslosigkeit von Juni 2015, 2016 und 2017 oder ungefähr auf dem gleichen Niveau, allerdings immer noch um 25 000 Personen über dem Niveau von 2019, dem Jahr vor der Pandemie. Das heißt, die Pandemiefolgen sind auf dem Arbeitsmarkt noch nicht voll verdaut, das wird noch dauern. Heute hat es in den Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute auch ganz klar geheißen, auf dem Arbeitsmarkt wird es noch ein bis zwei, vielleicht drei Jahre dauern, bis die Pandemie völlig verarbeitet ist. Deshalb geht es auch darum, in dieser Phase jetzt weiter zu unterstützen.

Neben der Verlängerung der Kurzarbeit geht es darum, auch die Menschen, die auch nach solchen Rezessionen besonders betroffen sind, die auch noch im Aufschwung betroffen sind, zu unterstützen. Die Erhöhung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes ist so eine Maßnahme. Wir verlängern das bis Ende des dritten Quartals. Ich halte es für richtig, diese erhöhte Notstandshilfe bis Ende September auszuzahlen.

Warum ist auch dieser Zeitpunkt entscheidend? – Weil wir ein Programm für Langzeit­arbeitslose in Planung haben, das mit 1. Juli beginnt, aber erst im Herbst vollständig ausgerollt wird. In dieser Übergangsphase braucht es die Erhöhung der Notstandshilfe als Übergang.

Wir haben eine Erhöhung der Zahl der Langzeitarbeitslosen gesehen, und es muss für jeden Langzeitarbeitslosen, für jede Langzeitarbeitslose ein Angebot geben. Mit dem Programm Sprungbrett wird es das geben.

Ich verstehe auch nicht ganz, warum es immer kleingeredet wird. Wir sprechen von zusätzlichen 300 Millionen Euro zum Start. Das ist ein recht beachtlicher Brocken, der da zur Integration von Langzeitarbeitslosen eingesetzt wird.

Ich verstehe auch nicht ganz, warum immer gesagt wird, wir warten zu lange. Stellen Sie sich vor, wir hätten dieses Programm vor drei Monaten gestartet, in einer Phase, als noch bei Weitem mehr Menschen arbeitslos waren, als bei Weitem weniger Beschäf­tigung geschaffen worden ist! Diese zusätzlichen Arbeitsplätze hätten dann Leute verdrängt, die keine Förderung bekommen hätten. Diese Verdrängungseffekte sind im Aufschwung bei Weitem geringer. Deswegen macht es ja auch absolut Sinn, zu diesem Zeitpunkt, wenn der Aufschwung da ist, das Programm auszurollen. Also all das macht Sinn. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben mit der Erhöhung der Notstandshilfe 215 000 Personen erreicht oder er­reichen sie, die davon profitieren und deren Entschädigung auf dem Niveau des Arbeits­losengeldes bleibt.

Natürlich gibt es auch bei den Betrieben in der Pandemie immer noch Schwierigkeiten, und deshalb – das ist der Hauptgrund – wird die Angleichung der Kündigungsfristen noch einmal um drei Monate verschoben. Ich stehe zu dieser Angleichung, aber diese Fristverlängerung erlaubt jetzt noch einmal den Kollektivvertragsparteien, weitere Kon­kretisierungen vorzunehmen. Auch da gab es den Wunsch, noch etwas Zeit zu haben. Die Angleichung kommt, und ich halte sie für gut.

Ich muss noch eine Frage beantworten, die gestellt worden ist. Das mache ich jetzt explizit: In dieser Kurzarbeitsregelung ist eine verpflichtende Vereinbarung auf Betriebs­ebene zum Abbau des Urlaubs vorgesehen. Das ist vorgesehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

20.53

20.53.13



BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 200

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Die Plätze sind eingenommen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

20.54.1635. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten/innen, der Schriftführer/innen und der Ord­ner/in­nen für das 2. Halbjahr 2021


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen nun zum 35. Punkt der Tages­ordnung.

Mit 1. Juli 2021 geht der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Tirol über. Gemäß Art. 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz ist der an erster Stelle entsendete Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl, zum Vorsitz berufen. Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsord­nung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten/innen


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich werde die Wahl der beiden Vizeprä­si­dentIn­nen durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wäh­lenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Günther Novak lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Vorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit einhellig angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 201

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt. (Bundesrat Steiner – in Richtung Bun­desrat Novak –: Da hast du ein Glück gehabt!)

*****

(Bundesrat Günther Novak bedankt sich und nimmt die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

*****

Wir kommen nunmehr zur Wahl der zweiten zu wählenden Vizepräsidentin des Bun­desrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt dazu ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Auch dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vorschlag ist somit einhellig angenommen.

Ich frage daher die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

*****

(Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs bedankt sich und nimmt die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

*****

Wahl der Schriftführer/innen


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführe­rinnen beziehungsweise Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Mag.a Dr.in Doris Berger-Grabner, Andreas Arthur Spanring, Wolfgang Beer und Johanna Miesenberger für das 2. Halbjahr 2021 zu Schriftführerinnen beziehungs­weise zu Schriftführern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. (Bundesrat Steiner – in Richtung Schriftführer Spanring –: Aber nur, weil du so fesch bist da dro­ben!)

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 202

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

*****

(Die BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Mag. Dr. Doris Berger-Grabner, Andreas Arthur Spanring, Wolfgang Beer und Johanna Miesenberger nehmen die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

*****

Wahl der Ordner/innen


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordnerinnen beziehungsweise Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Ernest Schwindsackl, Elisabeth Grimling, Josef Ofner und Claudia Hauschildt-Buschberger für das 2. Halb­jahr 2021 zu Ordnerinnen beziehungsweise zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte also jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zu­stimmung geben, um ein Handzeichen. – Auch dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

*****

(Die BundesrätInnen Ernest Schwindsackl, Elisabeth Grimling, Josef Ofner und Claudia Hauschildt-Buschberger nehmen die Wahl an. – Allgemeiner Beifall.)

*****

Bevor sich die Tagesordnung erschöpft, möchte ich noch die Gelegenheit nützen, um dem scheidenden Präsidenten Buchmann Dank und Anerkennung für das vergangene Halbjahr zu zollen. Vielen Dank für die fraktionsübergreifende gute Zusammenarbeit, auch für die Möglichkeit, nach Italien zu reisen.

Ich wünsche dir, Herr Bundesratspräsident in Vorbereitung, schon alles Gute für das kommende Halbjahr. – Vielen Dank. Alles Gute! Gratulation! (Allgemeiner Beifall.)

20.59.13Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungs­punkte 1 bis 34 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls.

„TO-Punkt 1 bis TO-Punkt 4:

Abstimmungen:


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 203

TO-Punkt 1:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 2:

Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit Stimmenmehrheit (und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit) angenommen.

TO-Punkt 3:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 4:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 5:

Abstimmung:

Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenom­men,

3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 6 und TO-Punkt 7 :

Abstimmungen:

TO-Punkt 6:

Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenom­men.

TO-Punkt 7:

Berichterstattung: Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 204

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenom­men.

TO-Punkt 8 bis TO-Punkt 10:

Die Bundesräte Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 10 den Entschließungsantrag Beilage 10/1 EA ein.

Abtimmungen:

TO-Punkt 8:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 9:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 10:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 10/1 EA wird abgelehnt.

TO-Punkt 11 und TO-Punkt 12:

Die Bundesräte Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 12 den Ent­schließungsantrag Beilage 12/1 EA ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 11:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 12:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 12/1 EA wird abgelehnt.

TO-Punkt 13 und TO-Punkt 14:

Abstimmungen:

TO-Punkt 13:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 14:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen

TO-Punkt 15 und TO-Punkt 16:

Die Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu TOP 15 den Antrag, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (Beilage 15/1).


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Die Bundesräte Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 15 den Entschließungsantrag Beilage 15/2 EA ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 15:

Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 15/2 EA wird abgelehnt.

TO-Punkt 16:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 17:

Abstimmung:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 18:

Die Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 18/1 EA ein.

Die Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 18/2 EA ein.

Abstimmung:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 18/1 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 18/2 EA wird abgelehnt.

TO-Punkt 19 bis TO-Punkt 22:

Abstimmungen:

TO-Punkt 19:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 20:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 21:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 22:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 23 und TO-Punkt 24:

Um 15:58 Uhr Unterbrechung der Verhandlungen zu den Tagesordnungspunkten 23 und 24 und Durchführung der Dringlichen Anfrage (Beilage C).


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Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz beant­wortet die an ihn gerichteten Fragen.

Um 17:51 Uhr Fortsetzung der Verhandlungen zu den Tagesordnungspunkten 23 und 24.

Abstimmungen:

TO-Punkt 23:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

TO-Punkt 24:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 25 und TO-Punkt 26:

Abstimmungen:

TO-Punkt 25:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 26:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 27:

Abstimmung:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 28:

Die Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen (Beilage 28/1).

Abstimmung:

Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

TO-Punkt 29 bis TO-Punkt 32:

Die Bundesräte Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 31 den Entschließungsantrag Beilage 31/1 EA ein.

Die Bundesräte Mag. Sandra Gerdenitsch, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 31 den Entschließungsantrag Beilage 31/2 EA ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 29:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 207

TO-Punkt 30:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

TO-Punkt 31:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 31/1 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 31/2 EA wird abgelehnt.

TO-Punkt 32:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

TO-Punkt 33 und TO-Punkt 34:

Abstimmungen:

TO-Punkt 33:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

TO-Punkt 34:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit an­genommen.

*****

(Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils des Amt­lichen Protokolls? (Bundesrat Bader: Kannst du es noch einmal vorlesen? – Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist nicht der Fall.

Ich glaube, 2 Minuten Konzentration werden wir noch brauchen, bitte.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 34 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als ge­nehmigt.

Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen, 3896/J-BR/2021 bis 3898/J-BR/2021, eingebracht wurden.

Eingelangt sind der Entschließungsantrag 295/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Karfreitag als Feiertag für alle Arbeit­nehmerInnen“, der dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zuge­wiesen wird,

der Entschließungsantrag 296/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Andrea Kahofer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Gratis Corona-Tests für Privatzimmervermieter*innen“, der dem Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur zugewiesen wird,


BundesratStenographisches Protokoll927. Sitzung, 927. Sitzung des Bundesrats vom 24. Juni 2021 / Seite 208

der Entschließungsantrag 297/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Korinna Schumann, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „flächendeckende Versorgung für LGBTIQ-Jugend­liche“, der dem Ausschuss für Familie und Jugend zugewiesen wird,

der Entschließungsantrag 298/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Agrarfördermitteleinsatz zur Erreichung des Endes der Vollspaltenböden-Haltung von Schweinen in Österreich“, der dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zugewiesen wird,

der Entschließungsantrag 299/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend „eine Kastrationspflicht für alle Katzen, die mit freiem Zugang zur Natur gehalten werden („Freigängerkatzen“)“, der dem Gesundheits­ausschuss zugewiesen wird,

der Entschließungsantrag 300/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot von Vollspaltenböden in der Schweine­haltung“, der dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wird,

sowie der Entschließungsantrag 301/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Wolfgang Beer, Markus Leinfellner, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen, be­tref­fend „Reform des Österreichischen Bundesheers – Auswirkungen auf die Länder“, der dem Landesverteidigungsausschuss zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Mittwoch, der 14. Juli 2021, beziehungsweise Don­nerstag, der 15. Juli 2021, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Einspruchs­recht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 13. Juli, 14 Uhr, vorgesehen.

Ich wünsche ein gutes Nachhausekommen. (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

 

21.09.47Schluss der Sitzung: 21.09 Uhr

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